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SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
JAHRGANG 1889.
ZWEITER HALBBAND. JUNI BIS DECEMBER.
STÜCK XXIX—LIN MIT SECHS TAFELN, DEM VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCK-
SCHRIFTEN, NAMEN- UND SACHREGISTER.
BERLIN, 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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23, Sept Ki I ı
INHALT.
Conze: Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich deutschen archaeologisehen Instituts.
Laxporr: Über die genaue Bestimmung des Schmelzmanlsee organischer Substanzen ER:
Kroxecker: Die Decomposition der Systeme von n? Grössen a ihre Anwendung auf die Theorie
der Invarianten.
Braun: Über Dfonaniesone. Dritte Mittheilung
Cuux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln im Winter 1887/88 ee krie Reise. ei Abtheilang,
(EBerzuslags IN : AS 5
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien "(hieran Taf. im).
Qurmanns: Beiträge zur vergleichenden Entwickelungsgeschiehte der Fucaceen rn Taf. v)
Kronecker: Die Decomposition der Systeme von n® Grössen und ihre Anwendung auf die Theorie
der Invarianten (Fortsetzung)
Munk: Über die eentralen Organe für das Sehen und de Hören bei "den beine "(Sehluss)
Bacınsky: Über den Ursprung und den centralen Verlauf des Nervus acustieus des Kaninchens und
kp IRA onen re Dee ee ee oe Re u hose
Kösıs und Bropnun: Experimentelle Untersuchungen über die psychophysische Fundamentalformel in
Bezug auf den Gesichtssinn. Zweite Mittheilung . REIT ro VER Bra EBEN
Srunmann: Zweiter Bericht über eine mit Unterstützung der Königlichen Akademie der Wissen-
schaften nach Ost- Africa unternommene Reise
Diers: Zu Hypereides gegen Athenogenes Ana
Currws: Festrede zur Feier des Leissız’schen Gedichinteetiges
Kunpr: Antrittsrede . I DE:
E. pu Borss-Reymoxp: Antwort an Hrn. Kuspor . .
Dümmter: Antrittsrede . . . - A er Fa ED RL
Monmmsen: Antwort an Hrn. Dünuter .
Kontex: Antrittsrede .. - - . 21:
Currıus: Antwort an Hrn. Könter . E
Warpever: Die Placenta von Inuus nemestrinus e
Fuc#s: Zur Theorie der linearen Diferentileleichungen Workee ne) e
A. Weser: Über die Samyaktvakaumudi, eine eventualiter mit Tausendundeine Nacht auf Gleiche Quelle
zurückgehende indische Erzählung . . . EEE ee SEN
von Hermnorız: Über atmosphaerische Bewegutgen: Zweite Mittheilung
L. Weser: Über Blitzphotographien (hierzu Taf. VI) . . . :
LapeneurG: Über die Darstellung optisch activer Tropasäure und ee activer nn
Statut der Graf Lousar-Stiftung . . 2 2 2.2.2.
Preisausschreiben für die Lousar-Stiftung .
Würrxer: Über den allmähliehen Übergang der eat in dus eehreaknen Foren £
PeEıser: Die Zugehörigkeit der unter Nr. 34. 2—11 im British Museum registrirten entf am man
zu den Thontafelsammlungen des Königlichen Museums zu Berlin (hierzu Taf. VII)
Rrye: Über lineare Mannigfaltigkeiten projeetiver Ebenenbüschel und eollinearer Bündel oder Räume
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[30]
Inhalt.
Seite
Krem: Die Meteoriten-Sammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am
15:0 ctobenl880 er. n, Der
Kronecker: Über eine summatorische Function ae A
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. m.
Kırcuuorr: Bemerkungen zu Euripides’ Andromache 1173 f. . BuIRn ts cr
Cıenorius: Römische Staatsurkunden aus dem Archive des Asklepiostempels zu Mytilene 5
Zusatz von Mommsen . . . . ur & R
Zeiten: Über die ältesten Zeugnisse zur eeernehte des an as.
Mösıus: Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch (hierzu Tat. VIII).
Risse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes
Rınse: Über Gismondin vom Hohenberg, bei Bühne in Westfalen . ; Nee
Brunner: Duodeeimalsystem und Decimalsystem in den Busszahlen der fränkischen Volksröchte
Vauten: Über eine Rede bei Livius. . . . . .»
A. Weser: Über zwei Vedänta-Texte . . . . .
GERHARDT: Lewniz und SEm0zA . » . x... er
Tosrer: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet a a na
Frırsecn: Das numerische Verhältniss der Elemente des elektrischen Dre der Torpedineen zu den
Elementen des Nervensystems . A &
Wörner: Die allmähliche Entwickelung des Ww Bee OHNE A Aa
Wirt: Bericht über Studien zur Entwickelungsgeschiehte von Platydactylus mauritanieus .
E. vu Boıs-Reyuoxp: Über secundär - elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben
Herz: Die angebliche Metaphysik des Herennios
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
Namenregister .
Sachregister.
843
867
883
945
953
973
985
999
1007
1027
1059
1049
1065
1075
1085
1101
1113
1121
1131
1167
0)
(39)
(45)
445
1889.
XXIX.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
6. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen.
Hr. von SygeL las zur Geschichte der Berliner Märztage.
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447
Jahresbericht über die Thätigkeit des
Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts.
(In der Gesammtsitzung vom 9. Mai 1889 erstattet von Hrn. Conxze
[s. oben S. 393].)
er wir uns anschicken den Jahresbericht über die Thätigkeit des
Instituts zu erstatten, gedenken wir vor Allem der allgemeinen vater-
ländischen Trauer, welche auch dem Institute auf seinem eigenen
Gebiete besonders nahe trat. In schmerzlich kurzer Frist folgte auf
den Heimgang Kaiser Wırnern’s Majestät, der die Umwandlung
des Instituts aus einer Privatanstalt in eine Königlich preussische und
sodann in die Kaiserliche Reichsanstalt vollzogen hatte, das Hinscheiden
Sr. Majestät Kaiser Frırprıcn's, der als Kronprinz zum Zeichen
seiner warmen Antheilnahme an unseren Arbeiten gestattet hatte,
seinen Namen unter die der Ehrenmitglieder des Instituts einzureihen.
Die ordentliche Plenarversammlung der Centraldireetion fand im
Rechnungsjahre 1888/89 am ı1.— ı4. April statt.
Zu ordentlichen Mitgliedern des Instituts wurden in ihr ernannt
die HH. Brünser in Zürich, Buric in Spalato, Gravinıc in Zara, Lorwy
und von SCHNEIDER in Wien; zu Correspondenten die HH. Bornrau in
‚Berlin, Jupeicn z. Z. in Rom, pe Presıcıs in Alatri, Puscnı in Triest,
Reiscn, Sıx und STScHurARErF z. Z. in Athen, SchucHnArpr z. Z. in
Berlin, pı Tuccı m Rom, Winter z. Z. in Athen, Vorzsrar in Brüssel,
ZvEKAUER in Florenz. Zum 9. December wurden ernannt zum Fhren-
mitgliede Hr. von Morrureo in "Triest, zum Correspondenten Hr. GirBAL
in Gerona.
Die Reisestipendien für 1888/80 wurden vom Auswärtigen Amte
auf Vorschlag der Centraldireetion verliehen den HH. Berrur, BrÜCcKNER,
(FERCKE, WINNEFELD, sowie das für christliche Archaeologie Hrn. EurHARrD.
Von den drei Sitzen in Berlin, Rom und Athen aus nahm die
Thätigkeit des Institus mit wechselseitiger Unterstützung auch in diesem
Jahre ihren Fortgang.
47*
448 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 6. ‚Juni. — Mittheilung v. 9. Mai.
In Berlin erschien der dritte Band des Jahrbuchs, zu welchem
die Beiträge aus verschiedenen Gebieten der archaeologischen Forschung
reichlich geboten wurden. Dem Generalseeretar stand bei der Heraus-
gabe Hr. Korrr zur Seite. Mit Beginn des Jahres 1889 wurde dem
Jahrbuche mit Rückkehr zu Grrnarp’s gleichnamigem Beiblatte der
archaeologischen Zeitung ein Anzeiger beigegeben. Er ist zunächst für
gelegentliche Mittheilungen bestimmt, hat den Abdruck der Sitzungs-
berichte der Berliner archaeologischen Gesellschaft wieder aufgenommen
und bringt als stehende Rubrik die Bibliographie. Auf deren Vollstän-
digkeit wird unter Mitwirkung der Centraldireetion und der Secretariate
in Rom und Athen, wie auch anderer auswärtiger Freunde fortgesetzt
gesteigerte Aufmerksamkeit verwandt; wir möchten hier namentlich
den HH. Hauser in Stuttgart, Kırseritzky in Petersburg und Remach
in Paris für ihre Beiträge den Dank aussprechen. In den Anzeiger
werden ferner übergehen die jährlichen Erwerbungsberichte der
Museen, welche zu vervollständigen wir uns angelegen sein lassen.
Als ı. Ergänzungsheft des Jahrbuchs erschien die Arbeit des
Hrn. Srrzyeowskı über die Calenderbilder der Chronographen vom
Jahre 354.
Das dritte Heft des ı. Bandes der Antiken Denkmäler hat erst um
ein Vierteljahr verspätet ausgegeben werden können, weil nament-
lich die Herstellung einer Farbentafel sich verzögerte. Die Absicht,
gerade polychrome Kunstwerke, z. Z. namentlich die aus Funden auf
der Akropolis von Athen, farbig zu publieiren und so das an den
Originalen unausbleiblich Vergängliche der Kenntniss zu erhalten, ist
auch in diesem Jahreshefte verfolgt, ebenso wie das Bestreben in
dem Ganzen der Archaeologie auch durch unsere Publieationen der
Arechitekturforschung ihren gebührenden Platz mehr und mehr zu
sichern.
Betrieben, aber nicht zum Abschlusse gebracht, wurde die Heraus-
gabe eines Ergänzungsheftes der Monumenti inediti, um eine grössere
Anzahl in Rom schon länger fertig liegender Kupferplatten nutzbar
zu machen, sowie eine Sonderausgabe der Malereien und Stuckarbeiten
des Tiberinischen Hauses in Rom mit Texten der HH. Lrssıns und
Mau, endlich die Drucklegung der umfangreichen Monographie des
Hrn. KoLpewey über die Alterthümer der Insel Lesbos.
Nach vollendeter Herausgabe der Compositionen aus der biblischen
Geschichte von ALEXANDER IwAnorr ist die Reproduction der Architektur-
zeichnungen von Sersıus [wanorr testamentarischer Bestimmung ent-
sprechend begonnen worden. Die Blätter werden in drei Abtheilungen,
Griechisches, Pompejanisches und Caracallathermen, erscheinen. Bio-
graphische Mittheilungen über Sersıus Iwanorr, welche bei dieser
Coxze: Jahresbericht des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. 449
Herausgabe verwerthet werden sollen, verdanken wir Hrn. MicnArr
Bopxkın in Petersburg.
Von dem unter Leitung des Hrn. Rogerr stehenden Corpus der
römischen Sarkophagreliefs wurde der Text des zweiten Bandes bis
zum 30. Bogen gesetzt, die Tafeln desselben Bandes bis zur 56. mit
Sehrift vollendet, Aufnahmen von Handzeichnungen in der Bibliothek
des Escurial wurden der Vermittelung der HH. Fıcxer, Hüsser und
Merınpa verdankt.
Für die Herausgabe der griechischen Terraeotten unter Leitung
des Hrn. Kexur# wurden nach Auswahl des Hrn. von Roupes im Louvre
die nöthigen Aufnahmen der Campana-Reliefs durch den Photographen
Hrn. Dontenvirn vollendet, wozu Hr. Hruzev in der geneigtesten
Weise die Anordnungen traf. Ausserdem wurden Aufnahmen und
Zeichnungen in Rom durch das Seeretariat besorgt und in Wien durch
Hrn. Orro ausgeführt.
Für die Sammlung der etruskischen Urnen wurde durch Hrn. KörrE
mit dem Drucke des Textes zum 2. Bande begonnen. Neues Material
wurde Hrn. Mıranı in Flerenz verdankt.
Von der Fortsetzung der GernuArp’schen Sammlung etruskischer
Spiegelzeichnungen, deren Drucklegung die Königliche Akademie der
Wissenschaften unterstützt, gab Hr. Körrte die Lieferungen S und 9
des fünften Bandes heraus.
Hr. Conze widmete sich mit Unterstützung namentlich des Hrn.
BrÜcKNER sowie des athenischen Seeretariats, aber auch anderer Freunde
des Unternehmens, der von der Kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften zu Wien herauszugebenden Sammlung der attischen Grab-
reliefs, deren Vervollständigung und Fortsetzung das Institut über-
nommen hat. Es darf hier auf den eingehenden Bericht verwiesen
werden, welcher im Anzeiger der Kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften zu Wien (1889, IX, 3. April) abgedruckt ist. Das erste Heft
ist in der Herstellung weit vorgeschritten. Auch den ausserattischen
Grabreliefs wurde fortwährende Aufmerksamkeit zur Vorbereitung der
Sammlung geschenkt, namentlich durch Hrn. Kırserırzey für die Exem-
plare südrussischen Fundorts.
Von den mit Unterstützung des Königlich preussischen Unterrichts-
ministeriums und des grossen Generalstabs unter Leitung der HH. Currıus
und Kavurperr erscheinenden Karten von Attika gelangten die letzten
beiden von den bisher in Angriff genommenen Blättern, Marathon und
Tatoi, nur deshalb noch nicht zur Ausgabe, weil eine geringe Ver-
vollständigung an Ort und Stelle vorzunehmen nicht wohl eher mög-
lich war, als bis über die höchst wünschenswerthe Erweiterung des
ganzen Unternehmens entschieden war. Diese Entscheidung ist im
450 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 9. Mai.
December v. J. erfolgt, indem Se. Exeellenz der Königlich preussische
Herr Minister der geistlichen, Unterriehts- und Medieinalangelegenheiten
weitere Geldmittel für die Aufnahmen der Art bewilligte, dass nun-
mehr die Ausdehnung des Kartenwerks auf den ganzen Umfang von
Attika fest in Aussicht genommen werden kann. Mit Genehmigung
Sr. Excellenz des Herrn Chefs des Generalstabs ist Hr. Hauptmann
vos Kurowskı im März nach Athen abgegangen, um die trigono-
metrischen Vorarbeiten zur Aufnahme der bisher bei Seite gelassenen
Gebiete, namentlich des eleusinischen, auszuführen. Hrn. MıLcuHörer’s
Text zu den bisher erschienenen Blättern einschliesslich der Seetionen
Marathon und Tatoi ist druckfertig.
In verschiedener Weise kam den Institutsinteressen eine Reise
des Generalseeretars nach Paris im Spätherbst vorigen Jahres zu Statten,
Dank dem wirksamen Entgegenkommen dortiger Fachgenossen und
Mitglieder des Instituts.
In Rom erschien der 3. Band der dortigen Mittheilungen. Der
Druck des Repertoriums für die Jahrgänge ı864— ı885 der römischen
Institutsschriften wurde beendet.
Unter Mitwirkung des Instituts wurde durch Hrn. Rıcnrer der
Caesartempel und der Augustusbogen auf dem Forum durch Aus-
grabung untersucht, der Bogen von ihm zuerst nachgewiesen; Unter-
suchungen an der Regia wurden durch Hrn. HüLsen vorgenommen.
Der erste Secretar, Hr. PErersen, bereiste im Mai und Juni Sicilien,
der eommissarische zweite Seeretar, Hr. Hürsen, besuchte die Gegend
der Volskerberge und der pontinischen Sümpfe, später das Liristhal,
Sulmona und Aquila. Die Königlich italienische Regierung gestattete
dem Secretariate bei den Ausgrabungen an der Stelle des kleinen,
durch seine Terracotta-Verkleidung merkwürdigen Tempels bei Alatri
zu assistiren und die Publication der Ergebnisse zu übernehmen. Die
Herausgabe wird sich auch auf andere antike Reste von Alatri er-
strecken und voraussichtlich im 2. Hefte der diesjährigen Mittheilungen
durch Hrn. Winnerern erfolgen. Bei der Vorbereitung des Unter-
nehmens besuchte der erste Secretar in Athen, Hr. DörrrELn, auf
seiner Durchreise durch Italien den Ausgrabungsplatz.
Der Hülfsarbeiter beim Seeretariate, Hr. Mau, hat im Jahre 1888
zum ersten Male (nicht, wie im vorigen Jahresberichte irrthümlicher
Weise gesagt war, schon 1887) einen Cursus in Pompeji abgehalten,
sich längere Zeit zu Studienzwecken dort aufgehalten und eine Reise
nach Deutschland benutzt, um sich auf Bibliotheken über die Anlage
von Realeatalogen zu unterrichten, da die Neuherstellung eines solchen
Uatalogs ein dringendes Bedürfniss für die römische Institutsbibliothek ist.
ConxzE: Jahresbericht des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. 451
Die erfolgte Anschaffung eines eigenen photographischen Apparats
soll der Vermehrung des Vorrathes von Abbildungen bei dem Institute
auch in Rom zu Gute kommen; in diesem Jahre wurde ausserhalb
Roms besonders in Pompeji und Corneto gezeichnet und photo-
graphirt.
Die Sitzungen fanden in Rom in gewohnter Weise, unter Be-
theiligung vornehmlich deutscher und italienischer Gelehrten, wöchent-
lieh vom 7. December ab, statt; ausserdem versammelten sich jüngere
Gelehrte wöchentlich ein Mal zu wissenschaftlichen Besprechungen
unter Leitung der Secretare; die Seeretare hielten auch die Curse vor
den Denkmälern unter Betheiligung der Stipendiaten und anderer
deutscher und namentlich auch österreichischer Gelehrten. Einmal
fand ein Ausflug nach Veji statt.
Die Wohnungen im Institutshause wurden das ganze Jahr über
benutzt, sowohl von Stipendiaten, als auch von anderen Gelehrten,
welche mit dem Institute in Verbindung standen, und sich an dessen
Thätigkeit betheiligten. Die Benutzung der Bibliothek fand auch von
Mitgliedern anderer Nationen rege Antheilnahme.
Die athenische Zweiganstalt hat einen grossen Fortschritt zu ver-
zeichnen, indem sie zu Anfang September das von Hrn. SCHLiEMANnN
eigens für die Zwecke des Instituts erbaute und Dank Bewilligung
der Kaiserlichen Regierung auf 25 Jahre gemiethete neue Haus be-
zogen hat. Für die Institutsbeamten und Stipendiaten, für die auch
in diesem Jahre wieder starke Zahl anderer gelehrter, zunächst deut-
scher Besucher Athens, für die Bibliothek, welche damit einer voll-
ständigen Neuordnung entgegengeht, und für die in erfreulicher Auf-
nahme begriffenen Sitzungen ist damit nach lange schon ziemlich
bedrängter Raumlage nunmehr ausreichender Platz geschaffen.
Am ı. April 1888 hat Hr. Loruıne seine Stellung als Hülfsarbeiter
bei dem athenischen Secretariate, welche er seit dem Jahre 1879
in verdienstvoller Weise auf das Dankenswertheste versehen hatte,
mit einer Anstellung bei der Königlich griechischen General-Ephorie
der Alterthümer vertauscht.
Der ı3. Band der athenischen Mittheilungen ist erschienen, trotz
besonderer Schwierigkeiten, welche sich der Herstellung der Abbil-
dungen in den Weg stellten, ohne erhebliche Verspätung.
Die Ausgrabung des Kabirenheiligthums bei Theben wurde im
April 1888 beendet; eine Sonderausgabe der gesammten Ergebnisse
ist in Vorbereitung, nachdem vorläufige Berichte bereits in den Mit-
theilungen geliefert sind.
Im Mai 1888 unternahmen beide Secretare mit Stipendiaten und
452 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 6. ‚Juni. — Mittheilung v. 9. Mai.
anderen Gelehrten eine Reise zu Lehrzwecken in den Peloponnes bis
nach Olympia.
Bei Ausgrabungen. welehe im Sommer 1888 von Seiten des
Berliner Orient-Comites in Syrien vorgenommen wurden, übernahm
es Hr. Wister, in Vertretung des Instituts für Beobachtung und Auf-
nahme mitzuwirken und blieb dieser Aufgabe unbeirrt durch klinnE BE
Nachtheile bis zum Ende treu.
Auch bei einer kürzeren Ausgrabung, welche von Seiten des
genannten Comites in Tralles ausgeführt wurde, betheiligte sich das
Institut durch Hrn. Dörrrern, namentlich zu Gunsten der Freilegung
und Aufnahme des dortigen Theaters.
Der commissarische zweite Secretar, Hr. WorTters, besuchte im
Februar 1889 zur Erkundung Thessalien und Hr. Graer bereiste im
Auftrage des Instituts eine Strecke im nördlichen Kleinasien. In Athen
endlich nahm Hr. Dörprern Ausgrabungsuntersuchungen im Dionysi-
schen Theater vor.
Die Sammlung photographischer Aufnahmen vermehrte sich in
Athen sehr ansehnlich. Copien der Negative sollen, wie übrigens
auch von Rom aus, verkäuflich gemacht werden; das Nähere darüber
wird der Anzeiger des Jahrbuches bringen.
Die Sitzungen fanden unter zahlreicher Betheiligung auch aus-
ländischer Gelehrten und Architekten statt. Ebenso hielten beide
Seeretare die Vorträge vor den Denkmälern ab; als Abschluss war
auch dieses Mal eine inzwischen im Mai d. J. ausgeführte Reise in-
den Peloponnes in Aussicht genommen.
Den Direetionen des Kaiserlich Königlichen Österreichisch -ungari-
schen Lloyd, der Kaiserlich österreichischen Südbahngesellschaft und
Nordwestbahn, sowie der privilegirten österreichisch - ungarischen Staats-
Eisenbahngesellschaft ist das Institut auch in diesem Jahre für Er-
leichterung der Reisethätigkeit zu besonderem Danke verbunden.
Ausgegeben am 20. Juni.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
6. Juni. Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs- Reymonv.
1. Hr. Lanporr las über die genaue Bestimmung des
Schmelzpunktes organischer Substanzen.
2. Hr. Kronecker las über die Decomposition der Systeme
von n’ Grössen und ihre Anwendung auf die Theorie der
Invarianten.
3. Hr. von Hermmorrz legte eine Mittheilung des Hrn. Prof.
Ferpınann Braun in Tübingen vor über Deformationsströme.
4. Hr. Scnurze legte einen zweiten Bericht des Hrn. Dr. Srunr-
mann aus Sansibar vor über dessen Untersuchungen der dortigen
Süsswasserfauna, sowie über eine nach Quilimane unter-
nommene Forschungsreise.
Die Mittheilungen ı. 2 und 3 folgen hier, die 4 in einem der
nächsten Stücke.
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455
Über die genaue Bestimmung des Schmelz-
punktes organischer Substanzen.
Von H. LAnporr.
Die nachfolgenden Versuche hatten den Zweck zu ermitteln, bis zu
welcher Genauigkeitsgrenze sich die Schmelz- oder Erstarrungstempe-
raturen organischer Körper bei Anwendung verschiedener Methoden und
Vornahme exacter thermometrischer Messung feststellen lassen. Diese
Prüfungen bilden eine Vorarbeit zu einer anderweitigen Untersuchung.
Angewandte Thermometer.
A. Für Temperaturen von 0 — 100°, in Zehntel-Grade getheilt.
Nr. I Verfertigt von R. Fuzss Berlin 1887 aus Jenaer Glas. Bez.
Nr.256. Gleichtheilige Scale. Länge von 0— 100°: 42 1"“,
» II Verfertigt von Dr. Geısster’s Nachfolger (Fr. Mürrer) Bonn,
September 1888 aus Jenaer Glas vom Jahre 1887. Bez.
Nr. 10. Scale gleichtheilig. Länge von 0— 100°: 460”,
» III Verfertigt von W. Haax Jena, Januar ı885 aus Jenaer Glas
Nr. XIV. Bez. Nr. 241. Getheilt von 10 zu ıo° nach vor-
heriger Calibrirung. Länge von 0— 100°: 366”"”.
B. Für Temperaturen über 100°, von o0— 360° gehend, in
ganze oder halbe Grade getheilt, sämmtlich aus Jenaer Glas.
Nr. IV Verfertigt von W. Haax Jena 1885. Bez. Nr. 252. Theilung
nach vorheriger Calibrirung. Länge von 0— 100°: 164”.
» V Bezogen von R. Furss Berlin 1888. Bez. Nr. 605. Länge
von 0— 100°: 98”.
» VI Bezogen von R. Furss Berlin 1888. Bez. Nr. 603. Stab-
thermometer. Länge von 0— 100°: 97"”"5.
» VI Bezogen von Warugrunn & Quiz Berlin. Verf. 1889.
Bez. Nr. 9gı5. Länge von 0o-—-ı100°: g6"”.
» VIII Bezogen von Warnugrunn & Quiz Berlin. Verf. 1889.
Bez. Nr. 917. Länge von 0— 100°: 97”.
Für sämmtliche Thermometer wurden zunächst folgende Correetions-
grössen bestimmt:
ı. Die Caliberfehler. Die Calibrirung geschah bei Nr. I—II
mittels abgetrennter Quecksilberfäden von 5, 10, 25, 50, 75° Länge,
456 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. Juni.
bei Nr. IV—-VIIN mit solchen von 25, 50, 100, 150, 200, 250 und
300°. Zur Ablesung der Kuppen diente ein von Hrn. Dr. PerNET
angegebenes Instrument folgender Einrichtung: Auf einem Brette von
80°” Länge und 25°” Breite befindet sich ein horizontal und vertical
verschiebbares Lager für das Thermometer, und darüber in schräger
Richtung eine starke Messingschiene, auf welcher sich zwei Mikroskope
mittelst Schlitten bewegen lassen. Die ganze Vorrichtung ist auf
einem gusseisernen Fussgestell befestigt und kann um eine horizontale,
durch die kurze Seite des Brettes gehende Axe beliebig geneigt werden.
Hierdurch wird es möglich, bei lufthaltenden Thermometern oder
solchen von sehr ungleichem Caliber der in ebener Lage leicht ein-
tretenden Verschiebung des Quecksilberfadens vorzubeugen und letzteren
an jeder gewünschten Stelle festzuhalten. Zur genauen Ablesung der
Kuppen ist eines der Mikroskope mittels Mikrometerschraube verstellbar
und enthält im Gesichtsfeld einen Faden, welehen man in die Mitte
zwischen zwei Scalentheile rückt, so dass '/,,° geschätzt werden kann. —
Die Berechnung der Calibereorreetionen wurde nach dem Verfahren
von NEUMANN-THIEsEnN' ausgeführt. Um eine Vorstellung der bei den
obigen Thermometern aufgefundenen Fehler zu geben theile ich folgen-
den Auszug aus den Gorreetionstabellen mit.
Thermometer Nr.
Thermometer Nr.
Grade | Grade
v1.
o o o
+ 0.01 | + 0.01 | + 0.02
+.0.02 | +.0.03 | + 0.04
| # 0.02 | + 0.04 | + 0.05
| + 0.01 | + 0.01 | + 0.02
0.00 0.00 0.00
+ 0.04 | # 0.05 | — 0.03
+ 0.14 | + 0.12 | — 0.04
+ 0.22 | 0.20 | — 0.03
! M. Tuıesen, Carr’s Repert. d. Exp. Phys. 15. 285.
Br
Laxvorr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 457
2. Bestimmung der Fundamentalpunkte und zwar:
a) des Eispunktes nach längerer Ruhe und einstündigem Ver-
weilen im Eise = X,
b) des Siedepunktes, redueirt auf 760"" — S,
ce) des Eispunktes nach halbstündiger Erhitzung auf 100° — er
d) bei den höher gehenden Thermometern des Eispunktes nach
einstündiger Erwärmung auf 275° = E,..
Hieraus wurde abgeleitet:
&) für die Thermometer I— II die Lage des Eispunktes bei
irgend einer Temperatur £, unter Anwendung der Näherungsformel:
EHE, = Eo+ alıo0 — I)
EK-E
“o 100
mit der Constanten a = —
“
100
£) der Gradwerth des Thermometers
und die Gradwertheorreetion für die benutzte Temperatur !:
= (GP r700)%-
Die Bestimmungen hatten folgende Zahlen ergeben:
A. Bei den Thermometern I—III
Therm. ES Br S
I + 0.070 + 0.016 99.985
II + 0.067 + 0.015 99.970
II — 0.025 — 0.055 100.085
woraus folgt:
Nullpunkte I
Therm. I E,= + 0.016 + 0.00054 (100 — {)
2 el E,= + 0.015 + 0.00052 (100 — {)
E,
» Tl —= — 0.055 + 0.00030 (100 — f)
Gradwerthe Gradwertheorreetion
Therm. I % = 11.00031 9g=+ 0.000311
Ze 7 = 1.00045 g=+ 0.000945 f
3 SIT 7 = 0.099860 g= — 0.001401
! Die Constante a ergab sich nahe übereinstimmend mit dem von A. BörrcHer
(Zeitschr. f. Instrumentenkunde 1888. 409) für Thermometer aus neuerem Jenaer Glas
gefundenen Werthe 0.00056. Therm. III, welches aus älterem Glase verfertigt ist,
zeigt eine kleinere Zahl. — Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass bei den vielfachen
und verschieden lange andauernden Erhitzungen, welchen die Thermometer ausgesetzt
wurden, die aus den obigen Formeln berechneten Nullpunkte nicht immer der Wirk-
lichkeit entsprachen. Directe Bestimmungen mittels Eis, welche von Zeit zu Zeit vor-
genommen wurden, zeigten aber, dass die Fehler nie beträchtlich sein konnten.
458 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
B. Bei den Thermometern IV— VI.
Therm. Eo E00 E»75 S G g
IV + 0.05 0.00 — 0.04 100.03 woraus 0.9997 und — 0.0003 t
V — 0.15 —0.15 —0.20 99.90 » 0.9995 ” — 0.0005 L
VI 0.00 — 0.05 —0.08 100.00 » 0.9995 ” — 0.0005 f
VII + 0.03 0.00 —0.10 100.12 » 0.9988 » — 0.0012
VII — 0.40 — 0.50 —0.52 0940 » 1.0010 » + 0.0010
Aus der Tabelle zeigt sich, dass ein einstündiges Erwärmen auf
275° "eine geringe Depression des Eispunktes bewirkt hat, aber noch
keine Erhöhung, wie das nach den Versuchen von H.F. Wire! bei
mehrstündigem Erhitzen der Fall ist.
Bei den obigen nur für Temperaturen über 100° benutzten
Thermometern wurde die jeweilige Lage des Nullpunktes aus den
Werthen von E,„ und E,, geschätzt, wobei allerdings zufolge der
vielen unregelmässigen Erhitzungen der Instrumente Fehler bis zu
o.1° nicht ausgeschlossen waren, wie mehrfache Controlbestimmungen
mittels Eis zeigten.
3. Zur Correction bezüglich der niedrigeren Tempe-
ratur des aus dem erhitzten Raum herausragenden Queck-
silberfadens habe ich empirische Formeln angewandt, welche sich
auf Versuche stützen, die Hr. Dr. Rmsacn in meinem Laboratorium
angestellt hat und deren Resultate derselbe demnächst mittheilen
wird. Es wurde versucht, in der zuerst von Hrn. A. Mousson” an-
gegebenen Weise die Correction blos aus der Länge des herausragenden
Fadens abzuleiten, ohne Zuziehung der mittleren Temperatur desselben,
deren Bestimmung bekanntlich immer grosse Unsicherheit darbietet.
Die Versuche, welche mit einer Anzahl sämmtlich aus Jenaer Glas
angefertigter Thermometer von verschiedenen Längen angestellt worden
sind, zeigten, dass eine einconstantige Correctionsformel nieht ausreicht,
dass aber, wenn man einen Ausdruck mit zwei Constanten wählt,
die Werthe für diese letzteren bei Instrumenten von annähernd gleichen
Dimensionen so übereinstimmend ausfallen, dass Mittelzahlen von all-
gemeinerer Anwendbarkeit genommen werden können. So ergaben
sich bei den hier in Frage stehenden 'Thermometern für die Faden-
eorreetion f folgende Formeln, in welchen ? die abgeiesene 'Tempe-
ratur und n die Länge des herausragenden Fadens in Graden bedeutet:
ı. Für die Thermometer I, I, III
f = (0.0001309-n — 0.001318) L
welcher Ausdruck ohne Nachtheil gekürzt werden kann zu:
! Zeitschrift für Instrumentenkunde. Jahrg. 1888. S. 373.
2 Pose. Ann. 133. 316.
Lanvorr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 459
f= %000131°(R —ro) (A)'
Die Abweichungen der nach dieser Formel corrigirten Tempera-
turen von den wahren betrugen nie mehr als 0°02.
2. Für die Thermometer V, VI, VII, VIII war die Formel (A)
ebenfalls anwendbar; die damit berechneten Werthe zeigten meist
unter o°ı liegende Fehler, was in Anbetracht der oft mehrere Grade
betragenden Correetion als befriedigend gelten kann.
3. Bei dem Thermometer Nr. IV, welches in den Dimensionen
von den vorhergehenden stark abweicht, erwies sich die aus einigen
Versuchen abgeleitete einconstantige Formel:
f = 2.000109 nt
für Temperaturen über 100° als ausreichend.
Mit Hülfe aller oben abgegebenen Correetionen ergab sich endlich
die berichtigte Temperatur 7 aus der Formel:
T=t+k+te+g+f
in welcher bedeutet:
! den abgelesenen 'Thermometerstand ,
k die Correetion bezüglich des Caliberfehlers,
e = — E, die Nullpunktscorreetion,
g die Gradwerthcorrection,,
f die Correetion für den herausragenden Faden, berechnet
aus der Länge (n) desselben in Graden.
Die Berichtigung bezüglich der Theilungsfehler der Thermometer-
seale konnte als zu unerheblich weggelassen werden. Ebenso habe
ich die Reduction auf das Luft- oder Wasserstoff- Thermometer nicht
in Anwendung gebracht.
Schliesslich ist noch zu bemerken, dass sämmtliche Thermometer-
ablesungen mittels eines schwach vergrössernden Mikroskops vor-
genommen wurden, welches sich an einem verticalen Stativ auf und
niederschieben und durch eine Mikrometerschraube fein bewegen liess.
Ein Horizontalfaden im Mikroskop, welchen man in die Mitte zwischen
1
/
zwei Theilstrichen einstellte, erlaubte die Schätzung von ı/20°.
Die angewandten Thermometer wurden nun zunächst unterein-
ander verglichen. Dies geschah bei Nr. I, II, II in einem Wasser-
! Wie spätere Versuche ergeben haben, lässt sich noch genauer setzen:
f = 0.000128 (n — 10) t.
460
hade, in welches
Fadencorrection wegfiel.
enthaltenen Zahlen:
die Instrumente ganz eintauchten,
Hierbei ergaben sich die in folgender Tabelle
Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 6. Juni.
so dass die
Thermometer Nr. lea
| Mittel u
I a ‘w
I =
Beoh. t 10.170 10.225 10.110| 10.1698 = 0.033
k — 0.004 | — 0.057 | — 0.003
Pr = I}
e — 0.065 | — 0.062 | + 0.028
7] + 0.003 | + 0.005. | — 0.014
Corn. 7. 10.104 | 10.111 | ao.aı 10.112 + 0.005
|
Beob. t 19.900 19.920 19.800 19.873 = 0.037
k — 0.035 | — 0.069 | — 0.007
e — 0.059 | — 0.057 | + 0.031
g + 0.006 | + 0.009 | — 0.028
Corr. T 19.812) 19.803 | 19.796] 19.804 -+ 0.005
Beob. t 34.940| 34.855] 34795| 34.863 + 0.042
k — 0.132| — 0.043 | — 0.005
e — 0.051 | — 0.049 | + 0.035
g + 0.011 | + 0.016| — 0.049
Cor. T 34768| 34779| 34776| 34774 + 0.003
|
Beoh. t 51.975| 51.730 51.775| 51.827 = 0.075
k — 0.197 | + 0.044 | + 0.02
e — 0.042 | — 0.040 | + 0.041
9 + 0.016) + 0.023 | — 0.073
Gore. T 51.752 51.757 51.745| 51.751 = 0.004
Beoh. t 74.720 74.450 74-480| 74-550 -+ 0.087
k — 0.277 | — 0.031 | — 0.003
e — 0.030 | — 0.028 + 0.047
g + 0023| + 0.034 | — 0.104
Cor. T 74-436 74-425 74.420| 74-427 + 0.005
Beob. t 90.350 90.230 90.300| 90.293 + 0.035
k — 0.113 0.000 0.000
e — 0.021 Nez 0.020 | + 0.052
9 + 0.028| + 0.041 | — 0.126
Corr., 7! 90.244 | 90.251 90.226] 90.240 + 0.007
!
Man sieht aus der Tabelle, dass der mittlere Fehler des Mittels
aus den 3 Thermometerständen, welcher bei den nicht corrigirten
Temperaturen +
0°o3 bis 0°og beträgt, durch die Anbringung der
Correetionen auf + 0?003 bis 0°007, also auf !/,o des vorigen Werthes
heruntergedrückt werden kann.
Zur Vergleichung der Thermometer Nr. IV, V, VI, VII und VII
wurden dieselben dieht neben einander in einen kupfernen Cylinder
461
Lasporr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen.
eingesenkt, welcher mit syrupdickem Glycerin gefüllt war und mittels
eines Gasofens erhitzt werden konnte. Durch Regulirung der Flamme
hielt man die Temperatur auf einem bestimmten Punkte möglichst
constant und las sodann die 5 'Thermometerstände der Reihe nach
hin und her ıo Male ab, wobei am Ende der hierzu nöthigen Zeit
eine Änderung der Temperatur um höchstens 0°4 eingetreten war.
Schliesslich wurde für jedes Thermometer das Mittel aus den Ab-
lesungen genommen.
Beobachtungen:
oO
Die folgende Tabelle enthält das Resultat dieser
The rm ometer Nr. Mittel Mittlerer
IV v vr | wu van Beuler
125.07 -+ 0.08
Corr. 126.09 | 126.35 + 0.08
Beob. t 151.04 | 151.08 150.89 150.97 150.67 150.93 -+ 0.07
k + 0.13:.| —0o.11 | # 0.33 | + 028 | + 0.03
e + 0.02 = ou17 + 0.06 + 0.03 Zr os
g — 0.05 | — 0.08 | — 0.08 | — 0.18 | + 0.15
151.14 | 151.06 151.20 151.10 151.36
(n) (127) | (107) (103) (101) (103)
gr + 2.09 | + 1.92 | + 1.34 | + 1.80 | + 1.84
Core, T 153.23 | 152.98 153.04 | 152.90 153.20 153.07 + 0.06
| | |
Beobh. t£ 175.88 176.28 175-91 176.08 175-7 175.97 =& 0.10
k + 047 | — 027 | + 0.34 | 4 0.19 | + 0.14
e + 0.02 + 0.18 | + 0.06 | # 0.04 | + 0.51
g — 0.05 | — 0.09 | — 0.9 | — 0.21 | + 0.18
176.02 | 176.10 176.22 176.10 | 176.54
(n) (152) | (132) | (128) (126) | (128)
jE + 2.92 | + 2.81 | + 2.72 | +4 268 | 4 272
Corr. T 178.94 178.91 | 178.94 178.78 179.26 178.97 = 0.08
Beob. t 177:06 177-40 177.04 177.19 176.63 177.06 = 0.13
k + 0.17 | — 027 | # 0:34 | + 0.19 | + 914
e + 0.02 | + 0.18 + 0.07 + 0.04 + 0.51
9 — 0.05 | — 0.09 | — 0.09 | — 0.21 | + 0.18
| | =
177.20: | 177.22 177-306 177-21 177.46
(n) (156) (136) (132) (130) (132)
Sr + 3.01 | + 2.93. | + 2.84 [Est 278 | + 2.34
Cor. T 180.21 | 180.15 180.20 | 179.99 | 180.30 180.17 & 0.05
Sitzungsberichte 1889. 48
462
Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
Thermometer Mittel Mittlerer
Fehler
Beob. t 225.36 225.14 224.61 224.93 223.79 22497 = 0:27
k + 0.19 | + 0.56 | + 1.10 | + 1.08 | + 1.26
e + 0.03 + 0.19 + 0.07 + 0.07 + 0.51
g — 10:07 — 0.Il — O.Il — 0.27 + 0.23
225.51 225.78 225.67 225.81 | 225.79
(n) (206) | (186) (182) (180) | (182)
SF 1 +55&6| #522 | #509| #503) + 509
Corr. T 230.57 230.99 230.76 | 230.84 | 230.88 230.81 = 0.07
Beob. t = 250.63 250.69 250.19 249-338 250.22 + 0.30
k - + 133 | + 1.84 | + 213 | + 1.99
e — + 020 | + 0.08 | + 0.10 | + 0.52
g = — oo 13 Fo oo je0:25
252.03 252.48 252.12 252.14
(n) — (208) (204) (202) (204)
fi — + 6.54 | + 641 | + 6.34 | + Ö6lgı
Corr. T — 258.57 | 258.89 | 258.46 258.55 258.62 + 0.09
Beob. t nn 276.25 276.25 | 275.85 274-93 275.82 + 0.30
k — + 2.11 | + 282 | + 3.00 | + 2.72
e — + 0.20 | + 0.08 | + 0.10 | + 0.52
g _ — 0.14 |) — 0.14 | — 0.33 |) + 0.28
278.42 279.01 278.62 | 278.45
(n) — (234) (230) (228) | (230)
F _ + 817 | # 804 | # 7.94 | + 8.03
Gorr. T. E 286.59 | 287.05 | 286.56 | 286.48 280.071, 08
| |
Es zeigt sich sonach,
ı. die Gorreetion bezüglich
übrigen weit übertrifft und 2.
300° sich eine Übereinstimmung der Beobachtungen bis auf + o.ı
erreichen lässt.
dass unter den gegebenen Verhältnissen
des herausragenden Quecksilberfadens alle
selbst bei "Temperaturen bis gegen
o
Angewandte Methoden der Schmelzpunktsbestimmung.
Von den verschiedenen bekannten Verfahrungsweisen sind folgende
der Prüfung unterworfen worden:
Laxporr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 463
ı. Schmelzen und Erstarrenlassen grösserer Mengen Substanz
mit direet in dieselbe eingetauchtem Thermometer.
2. Erhitzen der Substanz in Capillarröhrehen verschiedener
Form, auch Pıicoarn’schen Röhrchen,' mittels Flüssigkeits-
oder Luftbädern.
3. Erwärmen eines mit der Substanz überzogenen Platindrahtes
in einem Quecksilberbade, bis durch Absehmelzen Contact
der Metalle entsteht und dadurch ein elektrischer Strom
geschlossen wird, der eine Klingel zum Ertönen bringt. —
Methode von J. Löwe? mit ihren Abänderungen."
I. Anethol.
Kühlt man Anethol, welches durch Erwärmen über 22° ge-
schmolzen worden ist, auf 17 bis ı8° ab, und bewirkt sodann die
Erstarrung durch Einwerfen von etwas fester Substanz, so entsteht
bei anhaltendem Umrühren eine breiartige Masse, welche zu ungefähr
gleichen Theilen aus klein krystallisirter und aus flüssiger Verbindung
besteht. Das eingesenkte Thermometer steigt erst langsam und bleibt
dann bei einem bestimmten Punkte stehen, welcher sich lange Zeit
vollkommen constant erhält, gleichgültig ob die äussere Temperatur
höher oder niedriger liegt. Dies Verhalten liess erwarten, dass man
die Schmelz- oder Erstarrungstemperatur des Anethols zur Ermittelung
eines fixen Punktes am Thermometer werde benutzen können, sowie
zur Herstellung eines Bades von bestimmtem und constantem Wärme-
grad. Jedoch hat sieh diese Hoffnung nieht erfüllt, indem die Er-
fahrung gemacht wurde, dass bei ein und demselben Praeparate (die
Umwandlungstemperatur nach häufig wiederholtem Schmelzen und
Erstarrenlassen allmälig immer mehr sinkt. Dies tritt ferner besonders
ein, wenn die Substanz längere Zeit, d. h. mehrere Tage- im flüssigen
Zustande erhalten wird. Die Ursache hiervon habe ich nicht auffinden
können, eine chemische Veränderung der Substanz dürfte kaum an-
zunehmen sein.
Zur Darstellung des Anethols wurden 2" russisches Kümmelöl
durch Abkühlen zum Erstarren gebracht und die feste Masse in kleinen
Portionen zwischen Filtrirpapier dem Drucke einer Schraubenpresse
t J. Pıccarp. Ber. d. D. chem. Ges. 8, 687.
® J. Löwe. Discrer Pol. J. 201, 250. — Fresenivs Zeitschr. f. analyt. Ch. 1. zrı.
® C.H. Worrr. Fres. Zeitschr. ı5, 472. — Krüss. Zeitschr. f. Instrumenten-
kunde 4. 33.
Eine Vergleichung verschiedener Methoden mit kleineren Mengen Substanz hai
Ü. Reınnaror (Fres. Zeitschr. 25. ı1) angestellt.
48*
464 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
wiederholt ausgesetzt. Nach dem ersten Pressen war der Schmelz-
punkt des Praeparates 20.4°, nach dem zweiten und ebenso dritten
21.6°. Die Ausbeute betrug schliesslich 1200°.
Zunächst führe ich einige Versuche an, welche die lange Zeit-
dauer der eintretenden eonstanten Temperatur zeigen.
Versuch I. 650° Anethol wurden in ein eylindrisches Glas-
gefäss mit weiter Öffnung gebracht und letztere mittels eines Korkes
geschlossen, durch welchen zwei Thermometer, sowie die Stange eines
ringförmig gestalteten Rührers aus Holz ging. Nachdem der brei-
artige Zustand hergestellt worden war, setzte man das Gefäss in
einen diek mit Watte ausgefütterten Pappeylinder und liess von Zeit
zu Zeit den Rührer auf und nieder gehen. Die äussere Temperatur
betrug während der ganzen Dauer der Beobachtungen 17.5°.
Direete Ablesung Corrigirte Temperatur
Zeit Thermometer Nr. Thermometer Nr.
20.81 —
21.21 _
53 21.413 21.415
21.70 21.613 21.585
21.72 21.623 21.605
21.74 21.643 21.025
21.76 21.653 21.645 \
76 21.058 21.645
7065 21.653 21.650
76 21.058 21.645 |
76 21.058 21.645 )
755 21.058 21.640
21.75 21653 21.635
21.76 21.048 21.645
21.7 21.653 21.640
21.655 | 21.643
+ 0.035| + 0.0043
ee a a
Mittlerer Fehler einer
Beobachtung
Man sieht, dass nach Verfluss einer Stunde. (1" 00’) die constante
Temperatur eingetreten war und dieselbe bis 5 Uhr, wo der Ver-
° schwankte.
Den nächsten Vormittag nach Verfluss von ı8 Stunden betrug der
Stand des Thermometers I noch 20°88, während die Aussentemperatur
auf 15° gesunken war.
such unterbrochen werden musste, um nicht mehr als 1 Ho)
Versuch I. Die beim vorigen Versuch beobachtete grosse
Constanz der Temperatur veranlasste mich zur Anwendung von Ther-
Lanporr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 465
mometern überzugehen, welche in hundertstel Grade getheilt sind und
also noch tausendstel zu schätzen erlauben. Die benutzten Instru-
mente besassen die von E. Beckmann! angegebene Form, und es um-
fasste die arbiträre Scale derselben 6 Celsiusgrade, von welchen jeder
derselben die Länge von 38”” hatte. Nr. A war von F. O. R. Götze
in Leipzig, Nr. Bund © von R. Furss in Berlin verfertigt. Der Grad-
werth der benutzten Gegend wurde durch Vergleichung zweier Punkte
mit dem Thermometer Nr. I festgestellt. Bei einem mit 800° Anethol
vom Schmelzpunkt 20°3 vorgenommenen Versuche, während dessen
ı2 stündiger Dauer die Aussentemperatur zwischen ı8°5 und 19:5
schwankte, ergaben sich folgende Aufzeichnungen:
Direete Ablesungen Corrigirte Temperaturen
Zeit Thermometer Nr. Thermometer Nr.
A B
Vorm. 9" 30 g
40 AN) ö
50 239
10 00 259
30 92.3 172.4 279 | 20.276 | 20.293 | 20.278
I1 00 92.1 172-4 284 275 291 278
2" 20.37 | 340.0 | 191.7 172.2 279 | 273 287 276
Nm. ı 20.377 | 340.0 | 191.8 172.3 279 273 288 277,
2 20.34 | 338.0 190.3 170.6 249 253 273 260
3 20.37 339.8 191.5 171.8 279 271 285 272
4 20.35 | 337.7 | 189.4 | 169.8 259 250 264 252
5 20.35 338.0 189.2 169.5 259 253 262 249
6 20.35 338.0. | 188.7 | 168.8 259 253 | 257 242
7 20.36 339-2 189.3 168.8 269 265 | 263 242 /
S 20.34 | 338.4 187-5 168.0 249 257 245 234
{) 20:32. | 337.0 186.9 167.0 229 243 239 224
Nach weiteren ) |
15 Stunden eo
Fasst man die Thermometerstände zwischen 10" 30° Vorm. und
7" Nachm. in’s Auge, so lässt sich während dieser 8'/,stündigen Zeit-
dauer bei den Thermometern Nr. I und A nur eine Abnahme um
o°oı, bei Nr. B und Ö eine solehe von 0°03 erkennen. Die letztere
etwas stärkere Verminderung dürfte davon herrühren, dass die In-
strumente B und © viel grösser und dicker im Glase waren als die
anderen, wodurch leichter etwas Wärme nach aussen abgeleitet werden
konnte. Die kleinen Schwankungen in den Thermometerständen stehen
mit dem Rühren im Zusammenhang, indem bei jedesmaligem Mischen
der Masse die Temperatur etwas sank und nachher sich wieder hob.
! Zeitschr. f. physikalische Chemie II, 639. 644. 1888.
466 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Jun.
Wendet man nicht so grosse Mengen Anethol an wie bei den
obigen Versuchen, sondern benutzt kleine Gefässe mit. blos 100°
Substanz, so lässt sich ‚loch der constante Thermometerstand mehrere
Stunden lang erhalten. In diesem Falle ist es jedoch zweekmässig,
nur wenig zu rühren, indem sonst bei stark abweichender Luft-
temperatur die von aussen zugeleitete Wärme nicht sofort ver-
‘schwindet.
Bei wiederholter Ausführung des Versuchs wurde nun aber, wie
schon bemerkt, die Beobachtung gemacht, dass die Schmelztemperatur
des benutzten Anethols sich nicht gänzlich auf dem gleichen Punkte
erhielt, sondern eine allmälige kleine Abnahme zeigte. So hatten
sieh zu verschiedenen Zeiten folgende constante Thermometerstände
(corrigirt) ergeben:
I ı- Januar 1889. 1 — 21.65
212. » » 21.58
= 2 2 21.56
25. » » 21.56
ı4. Februar » DA
110% » » Da
29. März » 21.43
Vom 30. März an wurde das Gefäss mit dem Anethol, da letzteres
über Nacht im ungeheizten Zimmer stets zu einer harten Masse er-
starrte und «das Schmelzen jedesmal längere Zeit in Anspruch nahm,
in einen eylindrischen mit Sand gefüllten Behälter gesetzt, dessen
Temperatur man mittels einer kleinen Flamme fortwährend zwischen
22 und etwa 26° hielt, so dass das Anethol flüssig blieb. Als nach
Vertluss von ı6 Tagen wiederum der Erstarrungspunkt bestimmt wurde,
zeigte sich, dass derselbe blos 20°27 betrug, also gegen denjenigen
vom 29. März eine Abnahme um 1716 stattgefunden hatte. Es tritt
also, wenn die Substanz längere Zeit im geschmolzenen Zustande
erhalten wird, entschieden eine Veränderung derselben ein. Um zu
prüfen, ob diese etwa durch stärkere Erhitzung beschleunigt wird,
erwärmte man sodann 100° Anethol vom Schmelzpunkt 20.27 in
einem zugeschmolzenen Rohr 4 Stunden lang auf 100°; die Masse
besass nachher die Erstarrungstemperatur 20:07, welche gegen die
frühere blos um 0°2 niedriger ist. Es scheint demnach, dass auf
die Veränderung des Anethols weniger die Höhe der Erhitzung als
vielmehr die Dauer des Erhaltens im flüssigen Zustande von Einfluss
ist. — Lässt man übrigens die veränderte Substanz gefrieren und
presst die Masse zwischen Papier, so kann wieder ein erheblicher
Theil Anethol von hohem Sehmelzpunkte (21?60— 21.65) gewonnen
werden.
Lanporr: Genane Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 467
In Folge dieser Erfahrungen ist leider das Anethol nicht geeignet,
um eine bestimmte Temperatur regelmässig wieder zu erzeugen. Handelt
es sich aber darum, einen zwischen 20 und 22° liegenden Wärme-
grad mehrere Stunden lang vollkommen constant zu erhalten, so
wird in solchen Fällen, wie z. B. bei der Vergleichung von T'hermo-
metern mit einem Normalinstrumente, die Substanz Anwendung finden
können.
Versuche, den Schmelzpunkt nach anderen Methoden zu be-
stimmen, habe ich bei Anethol nicht angestellt.
Naphtalin.
Das angewandte gross krystallisirte und vollständig reine Prae-
parat verdanke ich der Gefälliekeit des Hrn. Dr. G. Kräner in Berlin.
fo)
Versuche mit grossen Mengen Substanz.
a) Bestimmung des Schmelzpunktes.
Versuch ı. In 400° geschmolzenes und auf 82° erwärmtes
Naphtalin wurden 400° gepulvertes eingerührt, und der die Masse
enthaltende Blecheylinder in ein Wasserbad gesetzt, dessen Temperatur
zwischen 8o und 8ı° schwankte. Das Thermometer im Naphtalin zeigte
Anfangs 79°55, blieb sodann über eine Stunde constant bei 79.62
und stieg zuletzt höher. — Therm. Nr. II. t= 79.62, k = — 0.002,
2 7250.07465, 05 o.v11, RM — 54) J— 0.4590. — T= 80.04.
er
Versuch 2. 20° gepulvertes Naphtalin wurden in einem 30””
weiten Reagirrohr im Wasserbade (Becherglas) von So bis Sı° erwärmt,
und mit einem unten ringförmig gebogenen dünnen Glasstabe häufig
umgerührt. Die schmelzende Masse zeigte während S Minuten constant
die Temperatur 79.60; letztere stieg erst höher, als beinahe 80 Pro-
cent der Masse flüssig geworden war. — Therm. Nr. II. {= 79.60,
k= — 0.022, e= — 0.035, 9g=+ 0.036, (n=6o) f=+ 0.521. —
T'=180.10:
b) Beobachtung des Erstarrungspunktes.
Versuch ı. 1000° Substanz wurden in einem Glaskolben ge-
schmolzen, letzterer sodann mit Watte umhüllt und in freier Luft
abkühlen gelassen. Das eingesenkte Thermometer zeigte beim Beginn
des Erstarrens 79°50, blieb dann 30 Minuten lang constant bei 79°47;
468 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
und sank nachher rasch. — Therm. Nr. II. ?= 79.47, k= — 0.002,
e=+ 0.074, 9=— o11ı1, (n=6o) f=+ 0.625. — T= 80.06.
Versuch 2. 800° geschmolzenes Naphtalin in einem bedeekten
Blecheylinder im Wattetopf langsam abkühlen gelassen. "Thermometer
während 50 Minuten constant bei 79°60, wobei der Rührer sich noch
bewegen liess. — Therm. Nr. II. ?=79.60, k=— 0.002, e=+- 0,074,
9g=— 0,ııı, n=55) f=+ 0.469. — T = 80.03.
Versuch 3. Ausgeführt wie Versuch 2, aber mit drei ein-
gesenkten Thermometern.
Therm. Nr. I II III
! 79.65 79.42 79-51
k — 0.241 — 0.022 — 0.002
e — 0.027 — 0.026 + 0.049
g +.0.025 + 0.036 — 0.1 I-L
1) (65) (70) (58)
AUGE ERSTE Eur PISBE In TER 10-508 m
en 79-98 80.03 79-95 79-99:
Versuch 4.
100” geschmolzenes Naphtalin in einer Glastlasche
ohne Rührer im Wattetopf abkühlen gelassen. Die Temperatur hielt
sich während des Sinkens ı5 Minuten lang bei 79.45 bis 79.44. —
Therm. Nr. Il. ?{=.79.445, k=— 0.002, e= +#0.074, 9=— 0.111,
(n = 70) f= + 0.624. — T — 80.03.
Versuch 5. Während des Erkaltens von 20° im Reagensrohr
geschmolzenen Naphtalins in einem Wasserbade von constant 78°
begann die Erstarrung bei 79.56 (Therm. Nr. II), aber innerhalb
8 Minuten war die Temperatur schon bis 79:44 gesunken, und daher
kein constanter Punkt notirbar.
Im Mittel ergiebt sich der Schmelz- oder Erstarrungspunkt des
angewandten Naphtalins aus allen obigen Versuchen zu:
80°028 + 0.016.
Jul
Bestimmungen unter Anwendung kleiner Mengen Substanz.
A. Mit Capillarröhrchen.
a) Unten geschlossene Röhrchen, in welche einige Fragmente
Substanz gebracht wurden. Erwärmen des neben dem Quecksilber-
gefäss des Thermometers befestigten Röhrchens in einem mit Wasser
gefüllten Becherglase unter stetigem Umrühren bis zum Beginn der
Schmelzung.
ı. Röhrchendurchmesser etwa 0"”"”8. Erwärmung so regulirt, dass
von 77° an das T'hermometer während einer halben Minute um 1° stieg.
Lanvorr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 469
Versuch ı. t= 80.15 I Therm. Nr. I, k= — 0.236,
» Dame N 20 &— 0.027,40, 0.025,
» 3. = 80.40 \ Se —= 68) f= + 0.608.
Mittel = 80.25. — 80.62.
Als Erstarrungstemperatur 2 im Röhrchen entstandenen Flüssig-
keitssäule wurde beobachtet bei Versuch:
; 1) 160°. 2) 51.8. BR
Es kann also eine sehr bedeutende Unterkältung stattfinden, ehe
die Substanz fest wird.
mmnı
2. Röhrehendurehmesser etwa ı""5 Leitung der Erhitzung wie
bei vorhergehenden Versuchen.
Versuchan. 47031
» 2% 79.8, I Iherm: Nr. ,.2= 0.241;
» Reel 7045 Ei 20202578 05 1.0202)5,
» 04.1 79.9 (n = 66) = + 0.583
» DE — 79-2 ı
Mittel {= 79.50. T= 79.84.
Erstarrungstemperatur bei Versuch ı. = 71°
In dem weiteren Röhrchen wurde also stets ein etwas niedrigerer
Schmelzpunkt erhalten als in dem engeren.
3. Röhrchendurchmesser 3"". — Thermometer wieder in einer
halben Minute um ı° steigend.
Versuch u. 2 80.20 ) Therm. Nr. 1, k= — 0.23
» 2. = 80.20 OE—=10:085 (nr 04
Mittel 1= 80.20. — 80:58.
Die Ursache, weshalb hier trotz der noch grösseren Röhrenweite
wieder ein höherer Schmelzpunkt gefunden wurde, dürfte daher rühren,
dass die Übertragung der Wärme auf die locker im Röhrchen sitzenden
Substanzsplitter weniger durch die Glaswandung als vielmehr durch
die Luftschicht vor sich ging, was eine Verzögerung der Schmelzung
bewirken kann.
O1 10:027,
)
f=-.0,.566.
b) Offene Capillarröhrchen, in deren unteres Ende eine etwa 10””
hohe Schicht der vorher geschmolzenen Substanz aufgesogen war.
Erwärmen des neben dem Thermometer befestigten Röhrchens, bis
Aufsteigen der Säule erfolgt.
1. Durchmesser der Röhrchen etwa 0""6. Thermometer in
’/, Minuten um ı° steigend.
Versuch ı. Z= 80.00 | Therm. Nr. , k=—
» 2. t= 80.20 g9=-+ 0.025, n=70) f=+ 0.629.
Mittel != 80.10. T = 80.49.
mm
Röhrehendurchmesser ı Erhitzung wie vorhin.
470 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
Versuch 1. = 79.25 | Therm. Nr. 1,1% = — 0.241 ,\e >= 0.027,
» 2. t= 79.64 g— 0.025, m = 70) f= + 0.024
Mittel"? = 79.445. 7779.83.
Auch hier ergab sich im engeren Röhrchen ein höherer Schmelz-
punkt als im weiteren.
e) Pıocarv’sche Röhrchen. Die in der Capillare befindliche Naphta-
linsäule war durch einen Quecksilbertropfen vom Luftraum abgetrennt.
ı. Mit enger Capillare, Durchmesser etwa 0""4.
Versuch ı. ?= 79.85) Therm. Nr. II, k= — 0.021,
2. 709:00 6 - 0:025,19-E1.00088,
„2, 3.0079,80.), IN ITS) 100g
Mittel 779.85. 37:80:50.
2. Mit weiter Capillare, Durchmesser etwa ı""5.
).60 Therm. Nr. I, k= — 0.022,
9.45 e—- 0.025, 9— 0.0306,
= 73.207950 75) 140.500
1m
[57
—
||
|
»
Vase, Di
7
Mittel 7952. -1°180.10:
Man sieht, dass die mit den Pıccarp’sehen Röhrchen unter gleichen
Bedingungen angestellten Versuche sehr übereinstimmend ausfielen,
aber auch bei dieser Methode trat ein Einfluss der Capillarenweite in
dem früher bemerkten Sinne auf.
Im Allgemeinen. sind dem Obigen zufolge die mit den verschie-
denen Capillarröhren erhaltenen Resultate wenig befriedigend. Die
gefundenen Schmelzpunkte, nämlich:
ı. mit engen Röhrchen: 80.62 80.49 80.50
2. mit weiten Röhrchen: 79.84 79.83 80.10
weichen von dem richtigen Werthe 80.03 in fast allen Fällen erheb-
lich ab, und es kann wie ersichtlich dieses Verfahren auch bei sorg-
fältiger Ausführung leicht Fehler bis zu einem halben Grade geben.
Dass dieselben bei eiliger Vornahme der Versuche, d.h. zu rascher
Temperatursteigerung noch viel grösser werden können, ist selbst-
verständlich.
B. Mittels des elektrischen Apparates.
a) Ein in ein enges Glasröhrcehen .eingeschmolzener pferdehaar-
dicker Platindraht ragte am Ende hervor und wurde hier mit
Naphtalin überzogen. Diese Spitze tauchte man nebst einem blanken
Drahte und dem Thermometer in Quecksilber, welches in einem 30"”
„nm
I
weiten Reagensrohr befindlich war. Langsame Erhitzung des letzteren
im Wasserbade unter stetieem Umrühren bis zum Ertönen der elek-
trischen Klingel.
Laxporr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 47]
Versuch ı. {= 79.70
an be179272 Therm. Nr. I.
» 37 2-79.5% 1 AI 0.240
» 4.0 — 79:75 e = — 0,027,
» 5 — 79870192 —=20.025,
» 6.790 Mn 60) = + 0.521
17 t= 17978}
Mittel = 79.73. T= 80.01.
b. U-förmig gebogener Platindraht (Verfahren von ©. H. Worrr').
Apparat im Übrigen wie vorhin.
Versuch ı. dünner Überzug ?—= 79.8] _ k= — 0.238,
» 2. » » i 50.0 & 21050275
g= + 0.025,
80.45 T = 80.92 | (n = 78)
MR 10:7 13:
Ein dieker Überzug von Naphtalin verzögert hiernach das Ein-
treten des elektrischen Contacts.
ec. Eine ı0 Br
» 3. dicker Überzug t—= 80.4
» 4. » » E 80.5
mm
weite und ı°” lange Glasröhre wurde am Ende zu
einer kurzen eylindrischen Spitze ausgezogen, und letztere mit einer
Säule geschmolzener Substanz gefüllt. Nach dem Erstarren goss man
in die Röhre eine Schicht Quecksilber und senkte die Spitze in ein
ebenfalls Quecksilber enthaltendes weites Reagirrohr. Nachdem durch
Eintauchen von Drähten in beide Gefässe elektrische Verbindung mit
Batterie und Klingel hergestellt worden war, wurde der Apparat im
Wasserbade erhitzt, bis die Quecksilbersäule in der engeren Röhre
das schmelzende Naphtalin herausdrückte und Contact beider Queck-
silbermassen eintrat, d.h. die Klingel ertönte. Das Thermometer (Nr. I)
befand sich in der inneren Röhre dicht über der Substanz.
I II
Höhe der Naphtalinsäule .......... 57 IT,
Durchmesser dem Spitze... .ı. ...|.n.. 2» 2»
Höhe der drückenden Quecksilbersäule 9» 15»
l Il
ersuchen — 81.0 a 78:0:05
» 1018222 i== | 79:85
» I VE en — 479.80
Mittel = 81.53 79.90
Re 70.0704! — 0.238
e= — 0.027 - 0.027
g9=-+ 0.025 2 0,025
(n= 80) f=+ 0.746 + 0.731
T= 82.05 80.39.
ı C.H. Worrr. Fresenius, Zeitschr. f. analyt. Chemie. ı5. 472.
472 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
Im Allgemeinen haben sich hiernach mittels der elektrischen
Apparate Schmelzpunkte ergeben, welche wenig untereinander über-
einstimmen und meist erheblich höher als der wahre Werth (80.03) sind.
II. Mannit.
Zu den Bestimmungen diente ein aus der Fabrik von C. F. Kanur-
Baum bezogenes klein krystallisirtes Praeparat.
Versuche mit grossen Mengen Substanz.
a) 620° Mannit wurden in einem kupfernen Cylinder von 10°”
Durchmesser und ı 8°” Höhe, welcher in einen Gasofen eingesetzt war,
vollkommen in Fluss gebracht, wobei man die Temperatur nie über
170° steigen liess. Der Schmelzpunkt konnte nieht beobachtet werden,
weil die theilweise noch feste Masse sich zu Klumpen ballte und mit
dem Rührer nicht zertheilbar war. Der Gylinder wurde mittels einer
Korkplatte geschlossen, durch welche fünf Thermometer führten, und
sodann in einen mit Glaswolle ausgefütterten Behälter gesetzt, worin
langsame Abkühlung erfolgte. Der im Gefäss befindliche Rührer liess
sich nur kurze Zeit bewegen, da an der Wandung bald eine erstarrte
Schicht entstand.
Thermometer Nr.
Zeit
IV V VL VIH vu
2400’ 165.9 166.3 100.0 165.9 165.2
' 10 164.4 164.9 164.8 164.6 164.0
20 163.3 164.4 \| 164.4 164-3 \ 163.05
30 163.5 | 164.3 1644 164.3 162.3
40 163.4 ) |. 164.4 164.5 164.15 161.3
50 163.5 164.4 164.5 ) | 164.25 160.2
3:00 163.2 164.45 \ | 164.5 164.3 [| 157.7
10 163.0 ° | 164.5 164.4 164.3 155.5
15 162.3 164.55 164.2 164.35 152.5
20 161.9 164.5 163.9 164.3 151.0
25 160.9 164.4 163.1 164.1 149.3
30 160.2 | 164.3 162.5 163.9 147-5
35 159.1 164-1 161.6 163.5 144-5
409 153.3 103.5. 212°7160:6. 7 |7163.2 142.0
De 163.88 164.42 164.41 164.28, | _
N + 0.16 | — 0.19 | + 0.33 | + 0.08 E=
0 0.00 | + 0.30 | + 0.10 | + 0.30 —
gy= —.0.05 | — 0.08 — 0.08 | + 0.16 —
(n)= (110) (50) (50) (50) —
i + 2.1
N 166.14 | 165.31 165.62 | 165.68
2 i : e ; me
Lasvorn: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. A473
Die Klammern umfassen diejenigen Zahlen, innerhalb deren die
Temperatur als eonstant angesehen werden konnte und welche zur
Bildung des Mittels # verwandt wurden. Man sieht, dass die Zeit-
dauer dieses Zustandes 40 bis 70 Minuten betrug. Der etwas ab-
weichende Gang der fünf Thermometer rührt offenbar davon her, dass
die Masse in den verschiedenen Theilen des Gefässes ungleichförmig
erkaltete. Was das Thermometer Nr. VII betrifft, so war dieses ab-
siehtlieh nahe an die Wandung gerückt worden und zeigte demzufolge
ein rascheres Sinken.
Als Erstarrungspunkt des Mannits ergiebt sich aus den obigen
vier Zahlen im Mittel:
T = 165.69 + 0.08.
Bei einem zweiten Versuche wurden die Thermometer nicht un-
mittelbar in die geschmolzene Masse tauchen gelassen, sondern es gingen
dureh den Deckel des Cylinders dünnwandige unten geschlossene Glas-
röhren, in welchen etwas Quecksilber befindlich war und die zur Auf-
nahme der Thermometer dienten. Hierbei zeigte sich, dass diese Röhren
doch erheblich Wärme ableiteten, denn die beobachtete Erstarrungs-
temperatur fiel um 2° niedriger aus als bei dem obigen Verfahren.
b) Erhitzen von 20° Mannit in einem mit Rührer versehenen
weiten Reagensrohre im Glycerinbade.
ı. Steigende Temperatur.
Zeit 1200, = 109.5
2 163.4 Beginn des Schmelzens,
3 163.8
4 \ is Masse theils flüssig, theils
5 a fest,
6 163.8
8 164.3 grösstentheils geschmolzen,
10 164.5 alles flüssig.
Als Schmelzpunkt kann die zwischen ı" 3’ und 6’ beobachtete
Temperatur genommen werden, deren Mittel ist £—= 163.83. — Therm.
Ne-IV. RZ 0.16, e=+ 0.02, 9= 0.05, n=099) f= +1.77,
sonach T — 165.73.
2. Sinkende Temperatur.
Zet 5) =1164.3
1.7 (163.8 Beginn der Erstarrung,
18 \ 163.65
19 163.8
20 NOaNzT
21 163.3 Rührer nieht mehr bewegbar,
23 163.0
ATA Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
Nimmt man als Erstarrungspunkt die eingeklammerten Zahlen, so
ist {= 163.74, und mit gleichen Correctionen wie oben wird: T'= 165.64.
1.
Versuche mit kleinen Mengen Substanz.
mm
a) Unten geschlossene Gapillarröhrehen von ı — ı""z Durch-
messer, Erhitzen im Glycerinbade.
Versucht 1. # 164.0 \Dherm. Nr. IV. 2a 202163
» 2% 165.0 |
1644 ) Ve) re
Mittel t= 164.47. T= 167.54-
Der Schmelzpunkt wurde also um 2° zu hoch gefunden.
b) Elektrische Methode.
Platindraht aus der Glasröhre ı"" hervorragend und mit einem
e—= — 0.08, = — 0.05,
So
Knöpfchen der Substanz überzogen. Erhitzen des Quecksilbergefässes
im Glycerinbade.
Therme NSIV.rR = 20016;
on ed == — 0.08, g= 7 0.05,
[7
Versuchnt, uNoMrAe
163.6
» ar 164.1
$ 2 ano \ (n = 160) f= + 2.86.
Mittel = 164.03. T = 166.92,
somit um ı°2 zu hoch.
2. Gebogener Platindraht nach Worrr.
Therm. Nr. IV.
Correetionen wie oben.
Versuch 1. 2= 164.0
» 5 164.3
164.15. 17=367.04.
3. Der Apparat hatte folgende Einriehtung: Zwei isolirt in eine
Glasröhre eingesechmolzene dünne Platindrähte ragten am Ende in
einem Abstand von 2”" und der Länge von 20”” hervor. Zwischen
diese beiden parallelen Spitzen wurde ein Tropfen Substanz gebracht
und nach dem Erstarren die Röhre in einen Kork geschoben, dureh
welchen gleichzeitig das Thermometer sowie ein Glasstab ging, der
unten ein kleines Gefäss mit Quecksilber trug. In letzteres tauchten
die Platindrähte und das Thermometerreservoir. Die ganze Vorrichtung
lange und 30""” weite
mm
senkte man in eine unten geschlossene 450
Glasröhre, welche wiederum in einer noch weiteren am Ende ge-
schlossenen Röhre befindlich war. Das Ganze war endlich umhüllt
von einem beiderseitig offenen hohen Glaseylinder, in welchem der
heisse Luftstrom einer darunter befindlichen Lampe emporstieg. Der
Zweck dieser Luftbad-Vorrichtung war, das Thermometer seiner ganzen
Laxovorr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 475
Länge nach zu erhitzen und so die Correetion für den herausragenden
Faden zu umgehen. Es zeigte sich aber, dass die Temperatur im
obern Theile des innersten Cylinders bis zu 40° niedriger sein konnte,
als am unteren Ende, so dass eine Fadencorreetion doch noch an-
gebracht werden musste. Hierfür war der gänzlich anderen Verhält-
nisse wegen die bis jetzt gebrauchte Formel (A) nicht anwendbar,
und ich habe daher zu der von TnorrE' aus früheren Beobachtungen
von mir” abgeleiteten Formel f= 0.000143 .n(f—1,) gegriffen, wozu
die in der Mitte des Quecksilberfadens herrschende Temperatur £,
mittels eines Hülfsthermometers zu bestimmen war.
Versuch ı. {= 164.9 |
» De 165-4.) Dherm..Nr.V. k=— o.2i,
» 3% RoR00 2 ee | 018,9g — 0.08,
» A. 165.0 u 175.1 — 130), — -110.88.
» 5 164.7
Mittel t= 165.00. 7.65.77.
Es wurde somit eine dem richtigen Schmelzpunkt des Mannits
sehr nahestehende Zahl erhalten.
III. Anthracen.
Das angewandte käutliche Praeparat enthielt möglicherweise noch
eine kleine Menge Kohlenwasserstoffe von niedrigerem Schmelzpunkt.
Versuche mit grossen Mengen Substanz.
mm
15° pulverförmiges Anthracen wurden in ein 30 weites und
175" langes Reagensrohr gebracht, und letzteres in ein solches von
A'Osan
beiderseitig offenen Glaseylinder, unter welchem eine Lampe mit
Durchmesser eingesetzt. Das Ganze umgab man mit einem
ringförmigem Brenner sich befand. -Die innerste Röhre war durch
einen Kork geschlossen, durch den das Thermometer und ein Rührer
ging. Letzterer wurde mit der Hand in Bewegung gesetzt, sowie
beim Erhitzen dieses Luftbades das Schmelzen begann.
! Journ. of the Chem. Soc. 37. 160.
° Liesıg's Ann. Suppl. Bd. 6. 143.
476 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
ı. Steigende "Temperatur.
Zeit 3? 10° t= 195.0
I 196.0 Beginn des Schmelzens,
12 196.1
12 \ 196.0
14 196.2
15 \ 196.1
16 196.4 grösstentheils geschmolzen,
17 197.0 alles geschmolzen.
Somit = 196.103; Therm. Nr. VII. ı.%= + 0.43, een
9= + 0.20, (rn von dem in der Mitte der Erhitzungsröhre liegenden
Theilstriche [40] an gezählt = 156) f= + 3.37, woraus T = 200.61.
2. Sinkende Temperatur bei schwach brennender Lampe. Bei
196.2 begann die Bildung einer Kruste an der Gefässwandung, welche
das Umrühren verhinderte. Die Temperatur sank stetig während jeder
Minute um ı° und ein constanter Stand konnte nicht beobachtet werden.
1.
Versuche mit kleinen M. ngen Substanz.
a) Unten geschlossene Haarröhrcehen. Erhitzung in dem oben
angegebenen Luftbade.
Versuch ı. {= 197.0 | Therm. Nr. VII. k=+0.43,e=+ 0.51,
»-2. 197.9) 9=+ 0.20, m=157) f= + 3.79.
Mittel {= 197.45. T = 202.38.
b) Elektrischer Apparat.
ı. Platindrahtspitze von ı""”. Erhitzung im Luftbade.
Versuch ı. {= 206.0 ) Therm. Nr. VII. k=+ 0.49,
» 2% 199.2 4 —=1.03575.,05— 0.205
Fe 202.0... (Mn = 162), - 44.02.
Mittel £—= 202.4. T— 207.62.
2. Gekrümmter Platindraht nach Worrr.
Versuch 1. = 202.0
Therm. Nr. VII.
» 2. 200.0 k 3
Correetionen wie oben.
» 3 s I 9 8 oO
Mittel’ ?= 200.0. "T’= 285.22.
Das Loslösen der Substanz vom Drahte kann also beträchtliche
Verzögerungen erleiden, während deren die Temperatur des Thermo-
meters steigt.
Die Ergebnisse der sämmtlichen obigen Schmelzpunkts-Bestim-
mungen sind endlich in folgender Tabelle zusammengestellt:
Lanporr: Genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. 477
Methode: Naphtalin.
Schmelzen grösserer Mengen
Substanz 80.04 — 80.10
Erstarrenlassen grösserer
Mengen Substanz 79.99 -- 80.03 — 80.03 — 80.06
Capillarröhrehen, weite 79.83 — 79.84 — 80.10
» enge 80.49 — 80.50 — 80.62
Elektrisches Verfahren 80.01 — 80.37 — 80.39 — 80.92 — 82.05
Mannit. | Anthracen.
Schmelzen grösserer Mengen
Substanz 165.73 200.61
Erstarrenlassen grösserer
Mengen Substanz 165.64 — 165.69 —
Capillarröhrehen 167.54 202.38
Elektrisches Verfahren 165.77 — ı66.92— | 205.22 — 207.62
167.04 |
Aus dieser Übersicht, namentlich aus den bei Naphtalin erhaltenen
Resultaten geht Folgendes hervor:
t. Die Methode des Schmelzens oder Erstarrenlassens grösserer
Mengen Substanz liefert stets sehr übereinstimmende Zahlen und sie
muss als die einzige bezeichnet werden, welche zu sicheren Resultaten
führt. Hierfür ist aber stets die Anwendung von mindestens 20° des
Körpers nöthig: bei Benutzung grösserer Quantitäten lässt sich im
Allgemeinen leichter die Temperatur der Erstarrung als diejenige der
Schmelzung ermitteln.
2. Die Schmelzpunkts-Bestimmungen mittels der Gapillarröhrehen
verschiedener Form können untereinander erheblich abweichen; bis-
weilen fallen dieselben mit dem richtigen Werthe überein, meist aber
sind die erhaltenen Resultate zu hoch, namentlich bei Anwendung
enger Röhrchen.
3. Die elektrische Methode giebt ebenfalls wenig übereinstimmende
und leicht zu hohe Schmelzpunkte.
Sitzungsberichte 1889. 49
479
Die Decomposition der Systeme von 7” Grössen und
ihre Anwendung auf die Theorie der Invarianten.
Von L. Kronecker.
la $. 3 meines Aufsatzes »über symmetrische Systeme«' habe ich
die Deeomposition eines beliebigen Systems von n’ Grössen in gewisse
einfache Systeme nur zu dem Zwecke auseinandergesetzt, um daran
den stetigen Zusammenhang aller derjenigen Systeme, deren Determi-
nanten dasselbe Vorzeichen haben, unmittelbar aufzeigen zu können. Ich
will nun hier, wie ich es schon mehrmals in meinen algebraischen Uni-
versitäts-Vorlesungen gethan habe, näher auf jene Decomposition be-
liebiger Systeme von n” Grössen eingehen und daran auch einige An-
wendungen auf die Theorie der Invarianten knüpfen.
als
72
In den folgenden Entwickelungen werden einige (symbolische)
Compositionsgleichungen gebraucht, die hier zuvörderst für Systeme
von 4 Grössen aufgestellt werden sollen:
0, —I I, 1\ 0, -I\S (1, ı\ (0, —ı Al
Tolle) no] a9 aa al aa}
I
! Sitzungsbericht vom 25. April 1889, Stück XXI.
49*
480 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
(D) - SO IE ) (de = ı),
0,1 OsgL OS 0,1
(dm),
D” LOW TEA ELTONW OR ir 20 eh
E— —t#t'=ı).
en EEE NO DNS 13 Wo, ll
Dabei ist zu bemerken, dass:
ist. Bedeutet nun:
(ci („k=1,2,...n)
ein System, für welches:
„9 (0)
a REN N,
M=1ı, eo WSKIN,KR—2,13, 0. none)
ist, welches also aus dem Einheitssystem (d,) entsteht, indem darin
die erste und die rte Horizontalreihe mit einander vertauscht und
zugleich das Vorzeichen der neuen ersten Horizontalreihe verändert
wird, bezeichnet man ferner ähnlich wie im Eingange meines
eitirten Aufsatzes »über symmetrische Systeme« — mit:
0) (@)
(a 0) , (du 0)
zwei Systeme, in welchen:
a) =t,bl)=1t
ır
ist, während alle übrigen Elemente ausserhalb der Diagonale gleich
Null und die sämmtlichen Diagonalelemente gleich Eins sind, so lassen
sich ‘folgende allgemeinere, für Systeme von n? Grössen geltende
Compositionsgleichungen aufstellen, welche aus den entsprechenden,
für Systeme von 4 Grössen stattfindenden Gleichungen unmittelbar
hervorgehen:
(A) (*) (a) (ar) ) = (N),
(A) (e +) (ar (— 1) lee) (a% ( —1)) (&)= (ar '(1) )),
(B) (ca) (betı )) (cr)' (Di (1)) (e G)= (di 1),
(B’) (c#) (Bi. ( >. )) (e ea); (Bi ( (1) (e = (dk),
Kronecker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 481
(Oje: (brcı )) (ai (1 )) (dic ro) (6%),
© (ER) ER) =).
(D) | (du ()) (a1 1 )) (d (>
)
(D') d.()) (ar (— DI EICT t)),
(D) ( er (0) ( 7)» — (9% 0).
Mit. d,.(2) ist hier, ähnlich wie im $. 3 meines Aufsatzes »über
symmetrische Systeme«, ein Diagonalsystem' bezeichnet, in welchem
das erste Element gleich /, jedes folgende aber gleich Eins ist, ferner
aber mit:
(9%)
ein solches, in welchem das erste Diagonalelement gleich t, das rte
gleich n und jedes der übrigen Diagonalelemente gleich Eins ist.
An die vorstehenden Compositionsformeln möge noch die Be-
merkung geknüpft werden, dass für ein beliebiges System (y;) die
Composition:
(r)
023) (=)
eine Vertauschung der ersten und rten Verticalreihe des Systems (,)
und zugleich die Zeichenänderung der neuen rten Verticalreihe, aber
die Composition:
Ru
(*) (u)
eine Vertauschung der ersten rten Horizontalreihe nebst einer
Zeichenänderung der neuen ersten Horizontalreihe bewirkt, während
von den beiden aus der Composition:
023) (a 2) )); (ai (£) ) (v«)
resultirenden Systemen das erstere aus dem ursprünglichen System
(y.) entsteht, wenn darin die erste Verticalreihe mit 2 multiplieirt
und alsdann zur rten Verticalreihe addirt wird, das letztere, wenn
in dem ursprünglichen System (y,) die rte Horizontalreihe mit Z
multiplieirt und zur ersten addirt wird.
! Unter einem »Diagonalsystem« ist, wie in meinem Aufsatz »über symmetrische
Systeme« ein solches zu verstehen, in welchem sämmtliche Elemente ausserhalb der
Diagonale gleich Null sind.
482 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
Sao
Die im $. 3 meines Aufsatzes über symmetrische Systeme aus-
einandergesetzte Methode der Reduction eines beliebigen Systems (94),
dessen Determinante von Null verschieden ist, lässt sich nunmehr,
zugleich einfacher und vollständiger, in folgender Weise darlegen.
Ist „,, das erste von Null verschiedene Element der ersten Hori-
'ır
zontalreihe, so hat man durch Vertauschung der ersten und rten
Verticalreihe, also durch Composition mit einem System (er ein
neues System (n,) zu bilden, in welchem „2 0 ist. Alsdann hat
man dieses durch Composition mit einem Systeme (a (d), wenn {1
durch die Gleichung:
m, +9n,.=0
bestimmt wird, in ein solches zu transformiren, in welchem das rte
Element der ersten Horizontalreihe gleich Null ist. Man gelangt
daher durch Composition von (n,;.) mit einem Systeme (&) und höchstens
n—ı, den Werthen r = 2, 3,...n entsprechenden Systemen (40)
zu einem Systeme (n,), in welchem:
LOAASE „ er N „u 2
Nı2 Hz Nın 0
s > € (m) 3 P -
ist. Wird nun ein System (%%) mit (n,) zusammengesetzt, so ist die
nte Horizontalreihe des aus der Composition:
‚n) n
Cr ) (A
resultirenden Systems (7;;) eben jene erste Horizontalreihe des Systems (1;,),
in welcher alle Elemente ausser dem ersten gleich Null sind, und
(0) (9x)
liefert also, wenn ? durch die Gleichung:
die fernere Composition:
m m
Ennı mim Ni — ©
; . TUN
bestimmt wird, ein System (N ör in welchem das erste Element der
ersten Horizontalreihe, so wie sämmtliche Elemente der ten Hori-
zontalreihe, mit Ausnahme des ersten, gleich Null sind.
> £ (2) le)
Wird alsdann ein System (4) mit (Mi ) zusammengesetzt, und
bezeichnet man das aus der Composition:
(2)
. 5 (P) . . D
resultirende System mit (Ma % so unterscheidet sich dieses von dem
: av n 4 R i
Systeme (A ) nur dadurch, dass die ersten beiden Horizontalreihen
KRonEcKER: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 483
mit einander vertauscht und dabei die Zeichen der einen verändert
sind. In dem Systeme (ni) ist daher das erste Element der zweiten
Horizontalreihe, so wie jedes Element der nten Horizontalreihe, mit
Ausnahme des ersten, gleich Null. Bestimmt man nun in dem
Systeme a0) die Grösse { gemäss der Bedingung:
A >
Nnı I Nır —u 0
(a) (na )
Bee m » : ; ä
ein System (Mi 1 in welchem die ersten Elemente der beiden ersten
t
so liefert die Composition:
Horizontalreihen, so wie sämmtliche Elemente der „ten Horizontal-
reihe, mit Ausnahme des ersten, gleich Null sind.
Durch Fortsetzung dieses Compositionsverfahrens gelangt man
offenbar zu einem System, in welchem die ersten Elemente der n — ı
ersten Horizontalreihen sowie sämmtliche n — ı auf das erste Element
folgenden Elemente der nten Horizontalreihe gleich Null sind, und
wenn man dieses System mit einem System (ch) ceomponirt, so wird
die erste Verticalreihe mit der letzten vertauscht, und es entsteht
daher ein System (9), in welchem die Elemente der letzten Vertical-
reihe und der letzten Horizontalreihe, mit alleiniger Ausnahme des
letzten Elementes 7?,, sämmtlich gleich Null sind.
Das Ergebniss der bisherigen Entwickelungen kann durch die
(symbolische) Compositionsgleichung:
i (&) (Mi) (9) = (0%) EZ 1,2,...n)
dargestellt werden, in welcher («),) und (8%) Systeme bedeuten, welche
aus der Composition von Systemen:
(a,) und (c;,.)
resultiren.
In analoger Weise, wie mit dem ursprünglichen Systeme (n;),
kann nun mit dem Systeme („},) so verfahren werden, dass dasselbe
dureh Composition mit Systemen (a\) und (c), bei denen aber der
Index r nur die Werthe ı,2,...2 —ı hat,’ auf ein System (n%)
redueirt wird, in welchem die Elemente der vorletzten Verticalreihe
und der vorletzten Horizontalreihe, mit alleiniger Ausnahme von
Yun, Sämmtlich gleich Null sind, und die letzte Horizontalreihe
sowie die letzte Verticalreihe mit derjenigen von 7} übereinstimmt.
In dem Systeme (7%) sind also die sämmtlichen Elemente der beiden
letzten Horizontal- und Verticalreihen, mit alleiniger Ausnahme der
beiden Diagonalglieder:
De ) Na 2
gleich Null.
484 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
Bei weiterer Anwendung dieses Verfahrens gelangt man schliess-
lich zu einem Diagonalsystem (d,). Setzt man dann ein solches mit
: N 2 Re:
einem Systeme @9: zusammen, so geht es in ein Diagonalsystem (d;)
über. in welchem:
deu
ed
Y B
119 rr Fr? An = di (k >, k S r)
: - re (\2
ist. Setzt man ferner (d,) mit einem Systeme (ea) zusammen, SO
resultirt efn System (dj), in welchem:
dr
„ £
“rr rr 3 Ay —lr dy ’
und aber, wenn k von r und s verschieden ist:
„
(er = Ah
ist. Man kann also durch Composition mit Systemen (c,) bewirken,
dass sämmtliche Elemente des resultirenden Diagonalsystems oder alle,
mit Ausnahme des ersten, positiv werden.
Das Ergebniss der vorstehenden Auseinandersetzung lässt sich
nunmehr durch die (symbolische) Compositionsgleichung:
(E) (&) (Nix) (9) — (d;,)
darstellen, in welcher (&,) und (8,) Systeme bedeuten, welche aus
der Composition von Systemen:
(a,) und (c;)
resultiren, während (d,,) ein »Diagonalsystem«, d. h. ein solches be-
deutet, welches nur in der Diagonale von Null verschiedene Elemente
enthält, und in welchem überdies die an — ı Elemente d,,,d,,,...dn
sämmtlich positiv sind.
un
[@*}
[4
Da aus der Composition zweier Diagonalsysteme (d,,) , (d;) das
Diagonalsystem (d,.d;) resultirt, so lässt sich jedes Diagonalsystem (d;)
als Resultat der Composition von nDiagonalsystemen auffassen, von
denen das rte dadurch zu charakterisiren ist, dass jedes Element der
Diagonalreihe, mit Ausnahme (les rten gleich Eins, dieses rte Element
aber gleich d,, ist. Wird das System (%) mit einem solchen System
componirt und das resultirende System alsdann mit dem System (&):
zusammengesetzt, so entsteht ein Diagonalsystem (d,), in welchem
das, erste Element d,, gleich d,,, jedes der übrigen aber gleich Eins
ist. Jenes rte Diagonalsystem lässt sich daher als Resultat der Com-
(3) (8%) (2)
position:
KRoNECcKER: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 485
darstellen, und jedes Diagonalsystem (d,,), dessen Determinante posi-
tiv ist, kann demnach als Resultat der Composition von Systemen:
(c,) und (d;)
aufgefasst werden, während, wenn die Determinante negativ ist, noch
ein Diagonalsystem (du — ı)) hinzugefügt werden muss, in welchem
das erste Element gleich — ı, jedes der übrigen aber gleich + ı ist.
Aus der Compositionsgleichung (E) des $. 2:
(&4) (Nix) (du) = (d;)
geht unmittelbar die folgende hervor:
(E’) (na) = (&) (die) (9) ;
wenn (#,) das zu (4,) reeiproke System und (;) das zu (,) reeiproke
System bedeutet. Da die Systeme (2), (9) aus der Composition
von Systemen:
(a4) ; (Ci)
resultiren, und die Systeme:
(c#) und (> so wie («4 (0) und (4-0)
zu einander reciprok sind, so können auch die Systeme (&4) , (94)
als Resultate der Composition von Systemen:
(a4) » (Ci)
aufgefasst werden. Nun ist die Determinante des Systems (d,) gleich
der Determinante von (n,), und es ist oben gezeigt worden, dass
je nachdem diese Determinante positiv oder negativ ist, sich das
System (d,) als Resultat der Composition von Systemen:
(6) und (d;)
allein oder unter Hinzufügung eines Diagonalsystems (9-1) dar-
stellen lässt. Es folgt daher,
dass sich jedes System (9), dessen Determinante positiv
ist, als Resultat der Gomposition von Systemen:
(a (&)) » (&=) > (da) W=2,3....n)
darstellen lässt, während, wenn die Determinante negativ
(F) ist, noch am Anfange oder am Ende der Reihe der Com-
ponenten-Systeme ein System (d,(—1)), d.h. ein solches hinzu-
zufügen ist, welches aus dem Einheitssysteme entsteht, in-
dem für das erste Element an Stelle der positiven die nega-
tive Eins gesetzt wird.
Dabei bedeutet:
(a, (t))
486 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
ein System, welches in der Diagonale lauter Elemente + ı, ferner
als rtes Element der ersten Horizontalreihe die Grösse / und im Übrigen
nur Nullen enthält. Ferner bedeutet (c.) ein System, in welchem das
rte Element der ersten Horizontalreihe gleich — ı, das erste Element
der rten Horizontalreihe gleich + ı, jedes der übrigen Elemente dieser
beiden Horizontalreihen gleich Null ist, und welches im Übrigen nur
Diagonalelemente, und zwar sämmtlich gleich + ı, enthält. Endlich
bedeutet (d,) ein System, in welchem d,, positiv und:
D. d,, De I 2
jedes der übrigen Elemente d,. aber gleich Null ist.
72
4-
Aus der Compositionsgleichung (C) des $. ı geht hervor, dass
in dem oben bei (F) formulirten Satze anstatt der Systeme (c,) die
Systeme (dit I )) genommen werden können. Es wird hiernach ersichtlich,
dass jedes System (9) aus der Composition von Systemen:
(6) («) > (br) > (Re) =2,3,...n)
resultirt, denen nur, falls die Determinante von (n,.) negativ
ist, noch ein System (d(—1)) hinzuzufügen ist,
und dies stimmt genau mit dem im $. 3 meines Aufsatzes über
symmetrische Systeme formulirten Ergebniss der dortigen Entwicke-
lungen überein.
Gemäss den Gleichungen (D) des $. ı kann jedes System (0),
wenn Z positiv ist, als Resultat der Composition von Systemen:
()
(ar (1) > (dx)
ausgedrückt werden, bei denen d,,, wie oben, positiv ist. Es folgt
ferner aus der Gleichung (D’) des 8. ı, in Verbindung mit der Gleiehung
2 - (r) = oe
(A), dass jedes System (a4 — 2), wo wiederum 7 als positiv voraus-
gesetzt ist, sich als Resultat der Composition von Systemen:
0) (0)
(44 (1)) , (0); (d;)
.. (r) >
darstellen lässt. Nun geht das System (ax ()); falls der Index r
grösser als 2 ist, in ein solches über, dessen Index r gleich 2 ist,
wenn man in dem ersteren Systeme sowohl die zweite und rte Vertical-
reihe als auch die zweite und rte Horizontalreihe mit einander ver-
tauscht und zugleich die Zeichen der neuen rten Reihen verändert.
KRronEcKER: Decomposition der Systeme von n2 Grössen. 487
Diese Vertauschungen werden aber durch Composition des ursprüng-
lichen Systems (a9) mit Systemen (c) bewirkt. Es lässt sich daher
jedes System (0); in welehem der Index r grösser als 2 ist, als
Resultat der Composition eines Systems (a (£)) mit Systemen Ca) auf-
fassen. Hieraus folgt,
dass jedes System von n’ Grössen mit positiver Determinante
sich als Resultat der Composition von Systemen:
(H) (a4 (1 ne (cx 2 (di r=2,3,...n)
darstellen lässt, während, wenn die Determinante negativ
ist, noch am Anfange oder am Ende der Reihe ein System
(3-1) hinzuzufügen ist.
(a ( (1))
ein System, in welchem die »+ ı Elemente:
Dabei bezeichnet
250, re und‘d,,
sämmtlich gleich Eins, alle übrigen aber gleich Null sind, während
die Systeme («) und (d,,) die obige am Schlusse des $. 3 noch einmal
hervorgehobene Bedeutung haben, und es ist zu bemerken, dass die
Anzahl der verschiedenen Systeme (=) gleich n—ı ist, da der In-
dex r nur die Werthe 2,3,...n haben kann.
Um die Decomposition eines beliebigen Systems (n,) in Systeme
(a ı)); (4), (&,) für den einfachsten Fall an = 2 vollständig anzu-
geben, stelle ich hier die Reihe der 16 Systeme auf, aus deren Com-
a, 8
position das System ( : ve resultirt:
Y;
a
0,—ıI N o „—ı ß, 0 1 —, 0
y ß
ER) o 0,1 os T
Gemäss der Gleichung a des $. ı lässt sich (c,)’, und also, da
(4)? (Cu) (Ca? = (Cu)
ist, auch (c,.) selbst als Resultat der Composition von Systemen:
(4 (1)) » (bu (— ı))
darstellen. Man kann daher in dem bei (H) formulirten Satze die
488 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
er) :
n — ı Systeme (=) durch die 2(n—ı) den Indexwerthen r=2,3,...n
entsprechenden Systeme:
1) 0)
(au (1)) D (ba (= ı))
ersetzen, und es zeigt sich also,
dass jedes System von n’Grössen sich als Resultat der Com-
position von Systemen:
r) (0)
(J) («4 (1)) \ (dr ı)) A (d.) (= 2,3,...n)
darstellen lässt, denen nur, falls die Determinante negativ
ist, noch ein System (da (— ı)) hinzugefügt werden muss.
Fr . . . A 4
So erhält man die bezügliche Darstellung des Systems ; 3)
N y,
wenn man in den oben angegebenen Componenten-Systemen:
Or OR.
; dureh ;
Io due — 19)
und alsdann, gemäss der Gleiehung (CE) des $. ı:
Or De ON ala
durch ; ?
= 1,0 DO Nor
ersetzt.
SE:
Aus den im vorigen Paragraphen bei (H) und (J) angegebenen
Darstellungen eines beliebigen Systems von n? Grössen ,. folgt un-
mittelbar der Satz; }
dass eine Function der n? Grössen eines eomponirten Systems:
(0) (Ya) »
deren Werth mit derselben Function der n° Grössen des
componirten Systems:
(Yu) (Wir)
übereinstimmt, nur eine Funetion der Determinante der
n® Grössen sein kann,
d.h. also, dass der Werth einer Funetion der n?” Grössen eines com-
ponirten Systems, nur dann von der Reihenfolge der Systeme un-
abhängig ist, wenn die Function einzig und allein von der Deter-
minante des Systems der n’ Grössen abhängt.
In der That muss bei der gemachten Voraussetzung die Function
der n’ Grössen ;. ihren Werth behalten, wenn man die Reihenfolge
Kronecker: Decomposition der Systeme von n2 Grössen. 480)
der Componenten-Systeme in der bei (H) angegebenen Darstellung
beliebig verändert. Nimmt man nun zuerst alle Systeme (d,,), alsdann
2) . .. . N (r) .
alle Systeme (ai (1)) und zuletzt die sämmtlichen Systeme (c,;) in
irgend welcher Reihenfolge, so ergiebt sich als Resultat der Com-
position ein System (nz), welches durch die (symbolische) Compositions-
(m) = (8) (ED) (E) (EI) () --
definirt ist. Dabei bedeutet p eine positive ganze Zahl, nämlich die
Anzahl der in der Decomposition des ursprünglichen Systems (N)
gleichung:
vorkommenden Systeme (4 (1)); die Zusammensetzung des Systems
mn) mit den Systemen (c;) bewirkt, gemäss der im $. ı an die
Gompositionsformeln geknüpften Bemerkung, nur eine Vertauschung
von Verticalreihen des Systems (a (P)) nebst gewissen Zeichen-
änderungen; das Resultat der Composition:
CROIICHLCHL CHE
ist also wiederum ein System, in welchem, wie in (“(P)). ein
Element gleich p ist, während » Elemente gleich Eins und die
übrigen »’ — n —ı Elemente gleich Null sind. Da nun auch in dem
Diagonalsystem (d%) alle Elemente, mit Ausnahme des ersten d,, nur
die Werthe Null oder Eins haben, so sind die Elemente des com-
ponirten Systems (7;) lauter lineare ganzzahlige Functionen von d,,
und eine Function dieser Elemente kann also nur eine Function von
d°, sein. Nun ist aber offenbar d°, gleich der Determinante des
Systems (n,), welche mit derjenigen des ursprünglichen Systems (n,.)
übereinstimmt. Eine Function der n? Grössen n,;., welche ihren Werth
behält, wenn man die Reihenfolge der Componenten-Systeme in der
bei (H) angegebenen Decomposition beliebig verändert, kann also in
der That nur eine Function der Determinante des Systems (n,) sein.
8. 6.
Nimmt man in der CGompositionsgleichung (E’) des 8. 3:
(N) = (&i) (die) (8)
für das System (n,) ein solches, dessen Determinante gleich Eins ist,
so ist auch die Determinante des Systems (d;,) gleich Eins und also,
da dieses ein Diagonalsystem ist:
Ay,d. sone Ayn —ue
490 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 6. Juni.
Dieses System (d,) kann als Resultat der Composition von n —ı Dia-
gonalsystemen:
0)
(9, (== 278%. 207)
.
dargestellt werden, deren Elemente durch die Gleichungen:
(2) (r)
de DIE (k—2,,3, 2 ar ee)
9 —d,
rm?
I
"Rn ’
definirt sind, und die besonderen schon im $. ı benutzten Diagonal-
systeme (9%) können dadurch charakterisirt werden, dass darin das
erste und rte Element zu einander reciprok und alle übrigen gleich
Eins sind. Für r> 2 wird aber ein solches System (0%) durch Ver-
tauschung des zweiten und rten Elements in ein System (0%) ver-
wandelt, d. h. in ein solches, in welchem das erste und zweite Element
zu einander reciprok und alle übrigen gleich Eins sind, und eine
solche Vertauschung lässt sich gemäss den im $. ı an die Compositions-
formeln geknüpften Bemerkungen durch Zusammensetzung mit Systemen
(c4) bewirken.
Denn für jedes Diagonalsystem (d,,) ist das Resultat der Com-
(2) (2) (2) a) EYE)
ein anderes Diagonalsystem, welches aus dem ursprünglichen durch
position:
Vertauschung der Elemente d,, und d,. entsteht.
Berücksichtigt man nun, dass in der oben angeführten Glei-
chung (E’) des 8. 3:
(ni) — (&) (di) (9)
die beiden Systeme (4), (24) sich in lauter Systeme:
(«) ’ (“.) MDB en)
decomponiren lassen, dass ferner, wie schon im $. 4 hervorgehoben
worden, jedes System (a (2) in eine Reihe von Systemen:
(a4 (0) 9 (cx) Very)
zerlegt werden kann, so erschliesst man mit Hülfe der obigen Ent-
wickelungen unmittelbar, dass jedes System von n? reellen Grössen,
dessen Determinante gleich Eins ist, sich als Resultat der Compo-
sition von Systemen:
(ax ()) ’ (ci) ’ (&%) va SUoSIE n)
darstellen lässt.
KrosEcRkER: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 49]
Nimmt man ferner die aus der Compositionsformel:
ae) e
P i ig Se —H®) Ile
(K) I l —
Hz uNoy Fir CE
N On
unmittelbar folgende allgemeinere:
(2) (2) A(2),y/ (2) 5 h
(K') (di (d) («+ 1)) (dat )) = (au(+ P)) (et = ı),
so wie jene Compositionsformel (A) des S. ı:
(rl ı)) — (Ci) (ax(1)) (C)° (“.(1)) (Ci)
zu Hülfe, so erschliesst man,
dass jedes System von n? reellen Grössen, dessen Deter-
minante gleich Eins ist, als Resultat der Composition von
Systemen:
[0) e) (2)
(L) (di (1)) ; (%) i (9x) (Bene en)
dargestellt werden kann, und zwar so, dass auch die Ele- j
mente der Systeme (9%) reelle Werthe haben.
Hierbei bedeutet (4° das System, welches aus dem Einheits-
Air ( I ) y
systeme entsteht, wenn an der zweiten Stelle der ersten Horizontal-
reihe die Null durch Eins ersetzt wird. Ferner ist (c%) dasjenige
System, welches aus dem Einheitssysteme hervorgeht, wenn man
darin die erste und rte Horizontalreihe vertauscht und dann der
Eins, an der rten Stelle der ersten Horizontalreihe, das Minuszeichen
. . (2) .
vorsetzt. Endlich bezeichnet (9%) ein System, welches aus dem
Einheitssystem dadurch gebildet werden kann, dass man die Eins in
dem ersten Diagonalelement durch irgend eine reelle Grösse ! und
die Eins in dem zweiten Diagonalement durch die Grösse 7 ersetzt.
Die bei (L) dargelegte Decomposition eines Systems von n’Grössen,
dessen Determinante gleich Eins ist, geht für n— 2 aus der Com-
positionsgleichung:
/ N
M% 3 4,0 ß &,
In. = — 6, —ı\ 0, — I IL, — A
[7 I 07 = By-+ı
Te (6) 0, — Ir [6) N —
0, I & os.) De
hervor, wenn noch zur Zerlegung des ersten und letzten Systems
auf der linken Seite von der obigen Formel (K) Gebrauch gemacht
und dabei für /” das eine Mal der absolute Werth von Rn das an-
&
[c6)
dere Mal derjenige von
genommen wird.
&
492 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. Juni.
97:
Benutzt man die Compositionsgleichung (D”) des S. ı:
(27) @o) (27) e) = Er)
bei jener mit (L) bezeichneten Formulirung des Resultats der im
vorhergehenden Paragraphen enthaltenen Entwickelungen, so ergiebt
sich, dass jedes System mit der Determinante Eins sich aus Systemen:
(a4 (t)) D (62H) (c#) (=2,3,...n)
zusammensetzen lässt. Wenn ferner von der Compositionsgleichung (C)
des . ı:
(c+) = (ba(1)) (er (-1)) (B%(t))
Gebrauch vers wird, so folgt zuvörderst, dass das System («%)
weggelassen werden kann, da es sich aus den Systemen (aut DI (bi () }
zusammensetzen lässt,
dass also jedes System von n? reellen Grössen, dessen
Determinante gleich Eins ist, in einfache Systeme:
(M) (a (t ()), (bi (). (Cie ) r=3,4,-...n)
mit reellen Grössen ? decomponirt werden kann,
und es folgt ferner,
dass jedes System von n* reellen Grössen, mit der Deter-
minante Eins, sich als Resultat der Composition von ein-
fachen Systemen:
(N) (alt )): (bil )) a)
darstellen lässt, und zwar so, dass die sämmtlichen in den
Systemen (a@,), (3) vorkommenden Elemente ? reelle Werthe
haben.
Die Gesammtzahl der verschiedenen Arten von einfachen Systemen
bei (M) ist gleich rn, die Gesammtzahl derjenigen bei (N) ist gleich
an —2.
$. 8.
Ein System (9), dessen Determinante gleich A ist, lässt sich
als Resultat der Composition der beiden Systeme (J,), (d,,) auffassen,
wenn:
Ni
Car TR Cie = Nie (k=2,3,...n),
N A 3 N = I (Kar SELLER)
und jedes der übrigen Elemente d,, gleich Null genommen wird.
KRronEcKER: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 493
Da die Determinante des Systems (Z,.) gleich Eins ist, so lässt
Ss
sich dieses auf die verschiedenen im $. 6 bei (L) und im $. 7 bei (M)
und (N) angegebenen Arten decomponiren.
Es folgt daher,
dass sich ein beliebiges System von n°” Grössen, dessen
Determinante gleich A ist, sowohl aus Systemen:
(«()) 3 («) 3 (dx) (r=2,3,...n)
als auch aus Systemen:
(0) («.W) s (dd) » (ci) = 3,4,...n)
und endlich auch aus Systemen:
(a0) 3 (9) ee)
zusammensetzen lässt, wenn nur noch am Ende der Reihe der
Componenten-Systeme ein Diagonalsystem angefügt wird,
in welchem das erste Element gleich A, jedes der übrigen
Diagonalelemente aber gleich Eins ist.
Bei dieser Darstellung eines Systems (z,,) als Resultat der Com-
position aus gewissen einfachen Systemen kann man so verfahren, dass
die in den Componenten-Systemen vorkommenden Grössen sämmt-
lieh reelle Werthe erhalten, aber sie werden nicht, wie bei den im
$. 7 mit (H) und (J) bezeichneten Decompositionen, lediglich durch
rationale Operationen aus den Elementen n,. gebildet, sondern es
kommen noch Quadratwurzel- Ausziehungen hinzu.
un
20%
Die Deeomposition der Systeme von n° Grössen kann zur Verein-
fachung der Bedingungen benutzt werden, denen die Invarianten eines
Systems homogener Formen von » Variabeln genügen müssen. Dabei
ist in der üblichen Weise unter der Invariante eines Formensystems
eine Funetion der Coeffieienten zu verstehen, welche ungeändert bleibt,
wenn man dafür die Coeffiecienten derjenigen Formen einsetzt, welche
aus den ursprünglichen durch eine lineare Substitution mit der Deter-
minante Eins hervorgehen.
Zuvörderst zeigt sich aus der im vorhergehenden Paragraphen
angegebenen Decomposition eines beliebigen Systems von n’ Grössen,
dass jede Invariante, wenn man darin die Coeffieienten der Formen
durch die Coeffieienten solcher Formen ersetzt, welehe durch eine
lineare Substitution mit der Determinante A daraus hervorgehen, einen
Sitzungsberichte 1889, 50
494 "Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
und denselben Werth annimmt, welche Substitution mit der Deter-
minante A man auch anwenden mag. Denn ein Substitutionssystem
mit der Determinante A ist nach $. 8 das Resultat der Composition
eines Systems (Z,), «dessen Determinante gleich Eins ist, mit einem
Diagonalsystem (d,,), in welchem:
Den N Du (kon Seen)
ist, und da die Invariante bei Anwendung der Substitution (Z,) un-
geändert bleibt, so kann sie bei Anwendung irgend einer Substitution
mit der Determinante A nur denjenigen Werth annehmen, den sie
bei Anwendung der speciellen Substitution (d,.) erhält. Hieraus folgt
von selbst, dass der Werth, welchen eine Invariante bei Anwendung
irgend einer linearen Substitution annimmt, nur durch den Werth
der Determinante des Substitutionssystems bedingt, im Übrigen aber
von den Substitutionscoefficienten unabhängig ist.
Dies zeigt sich auch deutlich, wenn man sich das System homo-
gener Formen von vornherein mittels eines Substitutionssystems:
(dy) (MR een
dessen Elemente‘ » Unbestimmte« sind, transformirt denkt, so dass
die Coefficienten der transformirten Formen zugleich Funetionen der
ursprünglichen Coefficienten und der Unbestimmten ,. werden. Die
Invarianten sind dann eben solche Funetionen und können einfach
dadurch eharakterisirt werden, dass sie ihren Werth behalten sollen,
wenn man das System der Unbestimmten %,, durch irgend ein trans-
formirtes System (w;) ersetzt, welches durch die Relationen:
Ur = > Ent (kn kan)
i
mit dem ursprünglichen System verbunden ist. Dabei ist das System
der Substitutionscoefficienten (&,) einzig und allein der Bedingung
unterworfen, dass dessen Determinante gleich Eins sein soll; zwischen
den beiden Systemen (2), (u) besteht daher nur die Beziehung,
dass :ihre Determinanten einander gleich sind. Man kann demnach
die Invarianten des Systems homogener Formen von „ Variabeln auch
dadurch vollständig charakterisiren,
dass sie für alle »aequivalenten« Systeme (z,), d.h. für
alle, welche dieselbe Determinante haben, invariant sind.
Bezeichnet man die Variabeln der Formen mit:
Uydlyye dm,
so muss also z. B. jede Invariante bei zwei verschiedenen Trans-
formationen:
/ !
PU, = Plz 3... Pa
(a
für welche:
PıP2 - --Pn = IıQz2 In
ist, einen und denselben Werth annehmen.
Io.
un
Da jedes Substitutionssystem mit der Determinante Eins nach
(2) (r) (2)
(«x (1)) 2 () £ (9 ) Wa en)e
nach $. 7 (M) aus Systemen:
(a. (0) B (5.0) ; (=) —=3,4,...n),
und nach $. 7 (N) aus Systemen:
r), r)
(4). (6) ey,
zusammengesetzt werden kann, so genügen zur Charakterisirung
$. 6 (L) aus Systemen:
der Invarianten sowohl die n + ı Bedingungen, dass sie bei jeder,
mittels einer von den Substitutionen:
(4. (1) 3 (c) 2 (9x) (= 2,35...)
bewirkten Transformation ungeändert bleiben sollen, als auch die
auf die Substitutionen: i
(ar (): (du) h (ce) (r=3,45...n)
bezüglichen Bedingungen, so wie endlich die 20 — 2 Bedingungen, dass
die Invarianten ihren Werth behalten sollen, wenn das Formensystem
mittels einer der Substitutionen:
r (r)
(ai 0)) > (di ()) r=2,3,...n)
transformirt wird.
Nun ist die Transformation:
(r) . / 7 ,
DE — > Ge (di; mibe 20 8, Wr, (k>ı),
=
\ ,(r) ö ’ ’ \ , =
De _ > balö)z, mit: 0 mw t3,. = (kr),
k
£ 2 = EL, S
=> ar mit: =, =, u =% (kn; hzr),
k
I
%. >. 0% ER LH AR =, (k> 2)
k
(Han or)
50*
496 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
identisch. Es genügen daher zur Charakterisirung der Invarianten
eines Systems homogener Formen von &,.%&,,...x, sowohl die n+ ı
Bedingungen der Unveränderlichkeit bei den 'Transformationen:
za man, (k>ı),
[2
[2 [4 _
(L) %, — —UR a , — Kr (k5> 1, N Zinn zZ ySn een)?
/£ I [4 ,
2, — a, — a u, (k>2),
als auch die » Bedingungen der Unveränderlichkeit bei den Trans-
formationen: -
Tr a wg, Ve
(M') De Moe are 1, (kn 334,
Dr De Tr (h>ı, h2r;r—3,4,..:n),
sowie endlich die 22 — 2 Bedingungen, dass bei jeder von den Trans-
formationen:
’ , ’
BER 1 — Ah, SAN 49 (h>ı),
(N) er, z
Ur — U, ee 0, - (kr),
welche den Indiees r— 2,3,... entsprechen, die Invarianten ihren
Werth behalten sollen.
12T
un
Von den im vorhergehenden Paragraphen angegebenen Bedin-
gungen ist keine entbehrlich.
Bezeiehnet man nämlich mit:
(d
(08%
Ps Pa »+--Pn
„ in der gten Form des Systems
homogener Formen, dessen Invarianten betrachtet werden, so ist
a A» a P,
den Üoefficienten von Br 1 ET,
zuvörderst ersichtlich, dass den Bedingungen der Unveränderlichkeit
bei den Transformationen:
!
ae eine (k>i,hzr,e- oA)
. \ . a2 * (2) ..
durch jede Function der Quadrate der Coeffieienten 6, 2. genug
BERN;
wird, welche in Beziehung auf die Indices:
POP BESDIEN:
symmetrisch ist, d. h. welche ihren Werth behält, wenn man diese
Indices in irgend einer Weise permutirt.
Lässt man nun von den Bedingungen (L)) die erste fort, so genügt
denselben jedes Product von Quadraten aller derjenigen Coeffieienten:
(d
PıPgv+++Pn?
KRoNECKER: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 497
die aus irgend einem durch Permutation der n Indices p,,P2,.. pP,
hervorgehen. j
Lässt man von den Bedingungen (L)) die zweite fort, welche
die Unveränderlichkeit bei der Transformation:
/ ’
ı = %, bb =, ad kestanen)
fordert, so bleiben nur diejenigen, welche sich auf die 'Transfor-
mationen:
I U) /
LT, = Andi, %, = & (Ban),
/ / / n
DT 6 (KEnıhzn.n 34, n)
(P)
y / /
DE a — F a (3,4, N)
beziehen. Da nun die besonderen Üoeffieienten:
ec?
Pi» Or Par +: Pu
von der ersten der drei Transformationen (P) unberührt bleiben, so
bleibt jede Function dieser besonderen Coefficienten, welche nur bei
den Transformationen:
! I [
DE, en zn),
N iv) A — x WE EN)
ihren Werth behält, bei allen Transformationen (P) ungeändert. Eine
solehe Function ist z. B. jede »absolute« Invariante' desjenigen Formen-
systems, welches aus dem ursprünglichen entsteht, indem w, = o ge-
setzt wird, ferner der Quotient der Division von:
(9) 1 be m Walch) 2
Ne. 2] durch Ne ’
wo sich das eine Productzeichen auf alle Permutationen der Indices
Ps Pz> -- -P,, das andere auf sämmtliche Permutationen von p,,P4> +: Pu
bezieht und die als grade Zahlen vorausgesetzten Exponenten A, A
durch die Relation:
x N , 7 I
m tB+...+p)= Alp tPp3+.-:Pn)
mit einander verbunden sind. Es giebt also stets, wenigstens wenn
n> 2 ist, Funetionen, welche den Bedingungen (P), d. h. also den
Bedingungen (L’), bei Weglassung der auf die Transformation:
’
f/ r
=, =, , =% Werissos)
bezüglichen, genügen, ohne Invarianten des Formensystems zu sein.
! Unter einer »absoluten« Invariante wird nach Aroxnorp's Vorgang eine Function
der Coefficienten des Formensystems verstanden, welche bei jeder linearen Trans-
formation, auch wenn die Substitutions - Determinante von Eins verschieden ist, unge-
ändert bleibt.
498 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. ‚Juni.
.. . . ! *
Für n= 2 bleiben, wenn man von den Bedingungen (L’) die
zweite weglässt, allein die Bedingungen der Unveränderlichkeit bei den
beiden Transformationen:
= L,.— nr, %, — %,,
I
(0 BE = zT,
übrig und diesen genügt freilich in dem Falle, wo das Formensystem
lediglich aus der einen quadratischen Form:
ax + bx,2%, + 05
besteht, nur die Diseriminante 4ae — b’; aber abgesehen von diesem
einzigen Falle genügen den Bedingungen der Unveränderlichkeit bei
den Transformationen (@) noch Funetionen, die nicht Imvarianten
des Formensystems sind. Wenn nämlich das System mindestens zwei
Formen:
rue „ 7 N ‚
N N Or a’ >
PET
Pı».Ps PP,
(P, >0, P, >0, P, Sa, = Pp\ >o0, FÜR >= 0, pP! + p — v!)
enthält, so bleibt der Quotient:
bei jeder von den beiden Transformationen (Q) ungeändert. Wenn
ferner auch nur eine einzige Form:
Y MEILE
> RE ER
PıxP,
(P, >10, P, =0, P, 4p% = v)
vorhanden und aber v > 2 ist, so wird dureh:
en
(2vC,,C,, — (v— n)0, I) (GE
eine Function der Coeffieienten € dargestellt. welche bei jeder von
den beiden 'Transformationen (@) ihren Werth behält. Denn bei der
ersteren werden die Coeffieienten C/,,C/.C,, der transformirten Form
durch die Relationen:
9 = Co e) C, =; ve, Sr C,, $) C., — n v(v jr 1) C. Sr (v g7 1)/C,, Sr C., .
1
bei der letzteren durch:
NL sn
6,
bestimmt, und bei der einen wie bei der anderen Bestimmungsweise
besteht die Gleichung:
Rene ae Zee
Kronecker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 499
Lässt man von den Bedingungen (L’) eine derjenigen fort, welche
die Unveränderlichkeit bei den Transformationen:
’ ’
a (h>ı1. Zr)
für einen der Werthe r=3,4,...n betreffen, so genügt den übrig
bleibenden Bedingungen eine Funetion der Coeffieienten, sobald sie
nur eine Invariante desjenigen Formensystems ist, in welches das
gegebene für x, = o übergeht. Eine solehe Funetion kann also zu-
gleich eine beliebige Funetion der Coeffieienten derjenigen Glieder der
Formen sein, welche x, allein enthalten.
Lässt man endlich von den Bedingungen (1) die letzte auf die
Transformation:
’ I ’ /
I le ln dh (aan)
bezügliche weg, so genügen den übrig bleibenden Bedingungen trans-
eendente Funetionen der Coeffieienten der Formen, welche die weg-
gelassene Bedingung nicht erfüllen und also nicht Invarianten — in
dem oben bezeichneten üblichen Sinne — sind.
So stellt z. B. für eine positive quadratische Form:
> (Os X; Ir (ee oh)
i,k
die Reihe:
_— > r 4 -
O,.m; m;.
Ser
wenn die Summation auf alle ganzzahligen (positiven und negativen)
Werthe von m,,m,,... m, erstreckt wird, eine transcendente Function
der Coeffieienten (, dar, welche bei den Transformationen (L/) der
ersten beiden Kategorien, aber auch nur bei diesen, unverändert bleibt.
Hiermit ist nachgewiesen, dass, abgesehen von dem besonderen
Falle, wo das Formensystem nur aus einer einzigen quadratischen
Form von 2 Variabeln besteht, die Unveränderliehkeit bei allen n + ı
Transformationen (L') ein nothwendiges Erforderniss für die Inva-
rianten des Formensystems bildet.
Seun2r
.. . } . o .
Lässt man von den Bedingungen (M) im $. 10 die erste weg,
so bleiben nur die (n— ı) Bedingungen der Unveränderlichkeit bei
den Transformationen:
eur, = (h=1,3,4,:.:n),
‚ ’ / —
= %, u, u U (k1, hRzrsr=3, 4).
r . > D
500 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 6. Juni.
Nun bleibt bei allen diesen Transformationen in jeder Form der
Coeffieient desjenigen Gliedes, welches x, allein enthält, ungeändert;
jeder dieser Coeffieienten selbst genügt also den n — ı angegebenen
Bedingungen.
Lässt man ferner von den Bedingungen (M’) die zweite fort, so
bleiben diejenigen übrig, welche sich auf die n — ı Transformationen:
men Ham, ma (= 2.37-aunn
ve. en, mu NOS her, ns, aan
beziehen. Bei der ersteren bleiben sämmtliche Coefficienten:
Y
ca
O5 Par Pns
d. h. alle Coeffieienten derjenigen Glieder, welche x, nicht enthalten,
für sich ungeändert, und jede symmetrische Function der Quadrate
aller derjenigen Coeffiecienten, welche aus Gr durch Permu-
tation der Indices p,.p,,...p„ entstehen, behält offenbar auch bei
jeder von den » — 2 'Transformationen:
? i , Ss
mel, nei, Mei (RT, RZ Rn nen)
ihren Werth bei.
Lässt man endlich von den Bedingungen (M’) eine der letzten
fort, z. B. die für r—=n, so bleiben nur die Bedingungen:
I \S Oo
Jf / [2
Te Un, (h=2,3,...n),
J /
on Ey (h=1,3,4,...n)%
! ! ! ><
nei, ei, = (AZ 11h rn — Sarnen)
übrig, und diesen genügt offenbar jede Invariante desjenigen Formen-
systems, welches aus dem der Betrachtung zu Grunde gelegten hervor-
geht, wenn man damın x, = 0, setzt.
Auch die Unveränderlichkeit bei allen » Transformationen (M’)
bildet daher ein nothwendiges Erforderniss für die Invarianten des
Formensystems.
Um endlich dasselbe für die 2» — 2 Transformationen (N) zu
zeigen, genügt es offenbar nachzuweisen, dass für irgend einen Werth
des Index r, z.B. für r—=n, weder die Transformation:
2, Fee (h=2,3,...n)
noch die Transformation:
wo, ua 7, irn (Seen)
ausser Acht gelassen werden darf.
Sieht man zuvörderst von der ersteren Transformation ab, so
bleiben nur die Bedingungen der Unveränderlichkeit bei den 22 — 4
Transformationen:
Kroneerer: Decomposition der Systeme von n? Grössen. >01
Ban, ala (h> 1)
! I !
u EB; + X., 4, = %&, (hZr)
r
für r=2,3,...n--ı und bei der Transformation:
/ r /
I, == 10: + X 5 X), = LU, (h —HI LE MIZIT):
Bei allen diesen 22 — 3 Transformationen bleiben die Coefficienten
derjenigen Glieder der Formen, welche «, allein enthalten, d. h. also
die Üoefficienten:
C
0,0,...0,P,
ungeändert, und jeder dieser Coeffieienten genügt daher den an-
gegebenen Bedingungen.
Sieht man ferner von der letzteren Transformation ab, so bleiben
nur die Bedingungen der Unveränderlichkeit bei den 2n — 4 Trans-
formationen (R) fürr—=2,3,...n—ı und bei der Transformation:
ES —D, bo, 0 (Ben).
Bei dieser letzteren Transformation bleiben die Coeffieienten derjenigen
Glieder der Formen, welche x, nicht enthalten, d. h. also die Coeffi-
ejenten:
(&
ZP Pas - Pur
ungeändert, und eine Function dieser Coeffieienten genügt offenbar
den Bedingungen der Unveränderlichkeit bei den Transformationen (R),
sobald sie eine Invariante desjenigen Formensystems ist, welches aus
dem ursprünglichen entsteht, wenn man darin x, = o setzt.
723
Da
Zur Charakterisirung vrationaler Funetionen der Coeffieienten:
ren Pi>P3»---
r
a PıtPpt---
Ve Peaore
eines Systems homogener Formen der Dimensionen v,,v,,v,,
Pı>»Pa3---Pun —
N @ P, „Pa „Pn : :
> Ge RN PRTPp, ten:
Ps Pas---D, I—1I,2,3,...
als dessen Invarianten bedarf es nur der Bedingung der Unveränder-
lichkeit bei den Transformationen:
aa ,, I VERsehooad):
ver— ll, r+l,...n )
.Nn
„
(L) Mn nt ; An ! PRILEIT! ‚9.7 omg
L, eG Ur, L, > XL, £) u? Eu L ,3
ei) -,
Um dies zu zeigen, bemerke ich zuvörderst, dass die Reihe der
Transformationen:
502 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. Juni.
f? 4
Dee N 0,
! „ ’ „ I „
DI TE N EEE DET (k=3,4,...n)
„ m m m m
zu folgender führt:
(K=Bsarr en)e
welche daher den Transformationen (L”) hinzugefügt werden kann.
Wenn ferner sowohl diese Transformation als auch die erste der
Transformationen (L”) amal angewendet wird, so entstehen die Trans-
formationen:
er A en ’ Ege /
1 4, —4, ar ML, —D,, —M, De
(L ) . / 2 Y Y kK3areen)e
ne De Ur
bei denen also die Invarianten ungeändert bleiben müssen. In den
auf diese Weise transformirten Formen sind die Üoefficienten ganze
Funetionen von u, und eine rationale Function derselben kann also
nur dann für alle ganzzahligen Werthe von u einen und denselben
Werth haben, wenn sie von u unabhängig ist. Jede bei den Trans-
formationen (L”) ungeändert bleibende rationale Function der
Coefficienten der Formen behält demnach auch dann ihren Werth
bei, wenn anstatt u eine unbestimmte Variable ? genommen und eine
der n Transformationen:
/ , , /
NE ey, äh: (R=3,4,- un),
! ! ! I
— m, +, =, m = EZ a
! ! ir
ee neh TI Te
angewendet wird. Dies sind aber genau die im $. ro mit (M’) be-
zeichneten n Transformationen, und es ist a. a. O. gezeigt worden,
dass die Bedingung der Unveränderlichkeit bei diesen n Transfor-
mationen zur Charakterisirung der Invarianten eines Systems homogener
Bormen: yon ar. a,
Aus der vorstehenden Auseinandersetzung folgt zugleich, dass
vollständig genügt.
sowohl die Unveränderlichkeit bei den » Transformationen:
en ’ /
Fl RE h=3,4,...n),
Ir f: ! ! /
(M) N ke u
a ae r= 3,4...
als auch die Unveränderliehkeit bei den 2» — 2 Transformationen:
—, Hl 4 jr — 24 — N
X, LT, L,, %, — d., TU, cz I, hzr; )
! I
ne, DT r=2,3,...n
r
(N)
— a
zur Charakterisirung rationaler Invarianten ausreicht. Denn die
» mal wiederhelte Anwendung solcher Transformationen führt zu den
folgenden:
Krox£cker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 505
I ! I I
a 1 En HL. , L.=4,, u, = %,
[2
r r F Wenn zB — 2, a),
= tt, = 5 m = i
und eine rationale Funetion der Coeffieienten ist, wie oben näher
dargelegt worden, nur dann bei solchen Transformationen invariant,
wenn sie zugleich — für unbestimmte Variable 2? — bei den Trans-
formationen:
/
! ’ ’
NE EL — Dir,
4 [4 / !
= N 0,
ihren Werth beibehält. Die nach $. 10 zur Charakterisirung der In-
varianten ausreichende Unveränderlichkeit einer Funetion der Coefhi-
eienten der Formen bei den Transformationen (M’) oder (N’) ist also
eine nothwendige Folge der Unveränderlichkeit bei den Transfor-
mationen (M”) oder (N”), sobald noch die Bedingung der Rationalität
hinzutritt.
Man kann dieses Resultat auch dahin formuliren,
dass für rationale Invarianten die Bedingung der Unver-
änderlichkeit bei denjenigen Transformationen genügt, welche
aus den Transformationen (L). (M’), (N’) entstehen, wenn
man darin ? = 1 setzt.
Die Transformationen (1) redueiren sich, da die letzte derselben
für = ı wegfällt, genau auf diejenigen, aus denen sich, wie ich
schon in meiner Mittheilung vom ı5. October 1866' angegeben habe,
jede Transformation mit ganzzahligen Substitutionscoeffieienten, deren
Determinante gleich Eins ist, zusammensetzen lässt. Die suecessive
Anwendung der dabei auftretenden n — ı Transformationen:
f ne KR Br E93, r—1,r+1,...n;
= ra I. (; ie )
—D.5
führt zu allen Permutationen der Variabeln z,,,,... @,, verbunden
mit gewissen Zeichenänderungen. Da man andrerseits mit Hülfe von
je zwei Substitutionen — falls sie nicht so besonders ausgewählt sind,
dass sie zu einer »besonderen« Gruppe gehören’ — durch deren
wiederholte Anwendung zu jeder Permutation gelangt, so kann man
jene n— ı Transformationen auf die mannigfachste Weise durch zwei
Transformationen ersetzen. Ich habe dies aber in meiner Mittheilung
vom 15. October 1866 und auch in dieser Arbeit deshalb nicht ge-
than, weil es bei der Decomposition beliebiger Systeme von n° Grössen
! Monatsberichte der Akademie vom October 1866,
2
® d.h. zu einer Gruppe, welche nicht alle z!Substitutionen enthält.
304 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
in gewisse einfache nicht auf die Anzahl der Arten von Decomponenten-
Systemen, sondern lediglich auf deren Beschaffenheit ankommt. Diesen
Gesichtspunkt habe ich schon in meiner erwähnten früheren Mittheilung
dadurch hervorgehoben, dass ich die dort benutzten einfachen Deeom-
ponenten-Systeme als »elementare« bezeichnet habe. Dass eben dieser
Gesichtspunkt bei der Auswahl der Deeomponenten-Systeme maassgebend
sein muss, zeigt sich auch ganz deutlich bei den Anwendungen, welche
ich von der Decomposition in meinem vorhergehenden Aufsatz ȟber
symmetrische Systeme« und in der vorliegenden Arbeit gemacht habe.
So. müssen die n + ı einfachen Systeme (L) des $. 6 durch die 2n — 2
Systeme (N) des $. 7 ersetzt werden, wenn man die Decomposition
der Systeme zum unmittelbaren Nachweis des stetigen Zusammenhangs
derjenigen, deren Determinante dasselbe Vorzeichen hat, benutzen will.
So ist ferner dieselbe Art der Decomposition zur Herleitung der
partiellen Differentialgleichungen erforderlich, welchen die Invarianten
von Formensystemen genügen.
Wenn nun auch, wie sich an den angeführten Beispielen zeigt,
die Wahl der »einfachen« Systeme, aus denen jedes System zusammen-
zusetzen ist, durch die speeielle Anwendung, welche davon zu machen
ist, bedingt sein kann, so gilt doch stets für die »Einfachheit« der
Decomponenten-Systeme das Prineip, dass jede einzelne, durch das
einfache Substitutionssystem bewirkte Transformation sieh auf mög-
lichst wenig Variabeln zu erstrecken hat. Diesem Principe gemäss
sind alle Decomponenten-Systeme in den obigen Entwickelungen so
gewählt worden, dass die bezüglichen Transformationen sich nur auf
zwei Variabeln erstrecken, und es ist klar, dass bei Festhaltung dieses
Prineips die Anzahl der Decomponenten-Systeme nicht kleiner als die
der Variabeln sein kann. Die Anzahl der nach dem angegebenen
Prineip in meiner Mittheilung vom 15. October 1866 aufgestellten
»elementaren« Systeme lässt sich also nicht verringern; dass sie
aber auf 3 redueirt werden kann, wenn man — wie es Hr. Krazer'
gethan hat — von dem bei meiner Aufstellung der elementaren Systeme
leitenden Prineip absieht, ist selbstverständlich, da sich, wie schon
oben erwähnt worden, aus je zwei nicht zu einer besonderen Gruppe
gehörigen Substitutionen alle zusammensetzen lassen.” Die von Hrn.
Krazer gewählten Transformationen sind:
ı Über die Zusammensetzung sanzzahliger linearer Substitutionen von der Deter-
minante Eins aus einer geringsten Anzahl fundamentaler Substitutionen. (Annali di
matematica pura ed applicata, Ser. II. Tomo XI.)
® Im $. 69 von Hrn. Nerro’s Substitutionentheorie wird mit Recht hervorgehoben,
dass zwei beliebig gewählte Substitutionen in der Regel nicht zu einer anderen als
der symmetrischen Gruppe gehören.
Ar,
r N h y $
he u} Ei
f - Kronecker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 505
I (4 } {2 fr
ut +, = (Rap ann.en),
1 14 [4
u, =, ML (h=3,4,...n),
en Met IR En, AI:
li) In %, —=d, I, dm m,
diese letzte Transformation erstreckt sich, im Gegensatz zu dem er-
ähnten Prineip, auf alle Variabeln und muss also, bei Festhaltung
‚des Prineips, in 2 —ı Transformationen, welehe sich nur auf je zwei
' Variabeln erstrecken, zerlegt werden.
(Fortsetzung folgt.)
507
Über Deformationsströme.
Von Prof. Fervınanpd BRAUN
in Tübingen.
(Vorgelest von Hrn. vos Hrrmnortz.)
(Dritte Mittheilung.)
I einer ersten Mittheilung habe ich Ströme beschrieben, welche
durch Verlängerung und Verkürzung von Nickelspulen entstehen, und
in einer zweiten speciell die Frage untersucht, ob die Ströme aus
magnetelektrischer Induction, speciell aus Änderungen der eireularen
Magnetisirung erklärbar seien. Nachdem es mir erst vor Kurzem
möglich war, auf die Erscheinungen zurückzukommen, möchte ich
mir gestatten, im Folgenden ı. noch einige speciellere Angaben zu
machen zur Erläuterung früher gegebener Resultate; 2. einige Ver-
suche anzuführen, welche die früheren Beobachtungen erweitern und
zu einer Erklärung der Erscheinungen führen bez. zeigen, was man
aus den Beobachtungen schliessen darf.
ı. Zunächst sollen einige Zahlen angeführt werden zum Beweise,
dass der Deformationsstrom, wenn auch abhängig von der Stärke der
permanenten longitudinalen Magnetisirung, doch mit derselben nicht
in so engem Zusammenhang steht, dass er derselben proportional
wäre bez. mit dem Sinn derselben sich umkehrte.
Nickelspulen wurden (zwischen den Polen eines Elektromagnetes)
theilweise oder ganz ummagnetisirt, ihr permanentes magnetisches
Moment bestimmt und der Deformationsstrom, welcher stets der
gleichen Dilatation entsprach, gemessen.
Die Spulen sind, wie schon früher erwähnt, selten symmetrisch
magnetisirt; dies spricht sich in den unter »Momente« angeführten
Zahlen aus; die eine enthält die Ablenkung, wenn der Nordpol, die
andere, wenn der Südpol dem abgelenkten Magnete zugekehrt war.
Die einzelnen Windungen gaben trotz der somit vorhandenen Folge-
punkte wesentlich gleiche Ströme bei Deformation.
508 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. Juni.
Ni. 17- Ni. 16. Ni. 18.
Momente Dilstr. Momente Dilstr. Momente | Dilstr.
+ 8097 64807 = 507 61:75 + 2
(— 13 + 68 1 +18 —ı4 +67 —9+7|-9
(+ 9-11? 2 a 20 — 57 + 32 | —30
(— 21 +22! +51 ENoR 52 3 137 125 | +52
(— 16 +142 +43 —40 +36 —42
N +84 —73 77
+140 —ı38 | +75
Die Zahlen zeigen, dass kein durehgängiger Parallelismus zwischen
Magnetisirung und Deformationsstrom besteht.
Auch in Spulen von hartem Eisendraht habe ich, nachdem es
mir nun möglich war, dieselben stark zu magnetisiren, Ströme"nach-
weisen können, welche den Deformationsströmen in Nickel zu ent-
sprechen scheinen. Sie zeigen aber lange nieht die Intensität der
in Nickel auftretenden und auch nicht deren Regelmässigkeit. Eine
Dilatation, welche einer Compression folgt, verhält sich anders, als
wenn ihr eine Dilatation voranging. Der Sinn des Stromes ist also
nicht, wie bei Nickelspulen, einfach durch die Art der Deformation
bestimmt, sondern hängt auch von der der letzten Deformation un-
mittelbar vorhergegangenen ab; z. B. gab
1. Dilat 5 3. Dilat. —5
20.1 es ı. Compr. —5
ı. Compr. — 20 1. Dilat. +5
darauf 1. Dilatte +5 Denn —5
Zeil wg > IE Fer
u.8.w
. Zieht man eine Spule sehr stark in die Länge, so rollt sie
©
sich gleichzeitig auf. Sie wird dabei also auch tordirt. Ich habe
früher schon des Weiteren ausgeführt, dass diese Torsion, wobei, wie
G. WIEDEMANN zuerst an magnetisirtem Eisen und Stahl gefunden hat,
Ströme entstehen (welche ich später” auch bei Nickel beobachten
konnte). nicht die Erklärung für die von mir als Deformationsstrom
bezeichnete elektrische Bewegung abgeben kann. Ich habe mich davon
nochmals in verschiedener Weise überzeugt. Eine sehr einfache Ver-
suchsform ist die folgende: Einen (ca. 3"") dicken Nickeldraht klemme
man horizontal mit dem einen Ende in einen Schraubstock; am freien
Ende befestige man senkrecht zur Axe des Drahtes einen leichten
Feilkloben und schalte den Draht in einen Multiplicatorkreis. Weder
! Vor den Messungen des Dilatationsstromes.
2 Nach » » » »
3 Vergl. Anm, in Wien. Ann, 37. 110. 1880.
a
Braun: Über Deformationsströme. 309
\
temporäres noch permanentes Verbiegen des Drahtes in einer Ebene
bringt, wie schon früher erwähnt, einen Strom hervor. Verbiegt
man ihn aber erst in einer Verticalebene und zieht dann das freie
Ende in horizontaler Richtung, so entsteht ein Strom. Man kann so
aus dem Draht das Stück einer Rechts- oder Linksspule machen und
die früher angegebenen Resultate einfach prüfen. Bei dieser horizon-
talen Verbiegung wird der Draht auch um seine eigene Mittellinie
tordirt. Der Sinn der Torsion ergiebt sich direct aus der Anschauung,
er macht sich auch unmittelbar durch den Druck, welchen der Feil-
kloben auf die ihn führende Hand ausübt, bemerkbar. Tordirt man
nun, während das Ende des Drahtes im Raume ruht, in demselben
Sinn weiter, so entsteht ein schwacher Strom, welcher aber stets
entgegengesetzt zu dem beim Biegen erhaltenen war.
Durch diese Torsion tritt aber wieder in dem freien Theile des
Drahtes eine, wenn auch geringe, Durchbiegung ein. Es schien mir
wünschenswerth auch diese zu vermeiden. Ich ging daher wieder
auf die reciproke Erscheinung zurück. Einen über drei Meter langen,
geraden Nickeldraht hängte ich, mit einem Gewicht belastet, vertical
auf und liess sein unteres Ende in Quecksilber tauchen. Als ich dann
einen Strom von + 5 Amp. hindurchschickte, war mit Spiegel und
s
Scala eine Torsion von + 4°“ nachweisbar; die Vergrösserung und
sc
Entfernung des Fernrohres waren der Art bemessen, dass '/,,“ noch
mit voller Sicherheit geschätzt werden konnte. Nun wurde der Draht
zu einer Spule gewickelt, und der gleiche Strom hindurchgelassen.
Die Spiegelnormale verschob sich jetzt, weder in einer horizontalen,
noch in einer verticalen Ebene um + o0”ı, d.h. nicht um den 8o. Theil
des vorher gemessenen Betrages.
Der gerade Nickeldraht verhielt sich, nebenbei bemerkt, für die
Torsion durch den Strom wie ein gleich magnetisirter Eisendraht
nach den Beobachtungen von G. WIEDEMANN, entgegengesetzt also dem
von Hrn. Knorr und Bıpwerr!' für Nickel gefundenen Verhalten. Andere
Nickeldrähte, welche ich gelegentlich prüfte, folgten der von genannten
Herren angegebenen Regel. Es scheint demnach auch für die Torsion,
welche ein Strom bewirkt, der Sinn der Magnetisirung nicht unbe-
dingt maassgebend zu sein.” Vielleicht ist die Stärke der Magnetisirung
entscheidend; auch scheint es mir mehr als wahrscheinlich, dass tem-
poräre und permanente Magnetisirung sich nieht gleich verhalten.
! Vergl. G. Wırpemann, Wien. Ann. 27. 381. ı886. Bıpwerr, Phil. Mag. (5)
22. 251. 1886.
2 Auch das auffallende Verhalten von Nickel, welches gleichzeitig mechanischen
und magnetisirenden Kräften unterworfen ist, dürfte hiermit im Zusammenhang stehen
(A. Nacaora, Borromrey und Tanakapare in Phil. Mag. Feb. 1889).
Sitzungsberichte 1889. 51
>10 Sitzung der physikalisch -mathematischen. Classe vom 6. Juni.
Versuche zur Erklärung der Erscheinungen.
Aus den früher ermittelten Thatsachen schloss ich, dass man
die Fähigkeit, Deformationsströme zu liefern, einstweilen als eine
neue Eigenschaft des Nickels, wahrscheinlich magnetisirbarer Metalle
überhaupt ansehen dürfe. Entscheidend für diese Auffassung war das
charakteristisch verschiedene Verhalten, welches Nickeldrähte einer-
seits und durch einen starken Strom eircular magnetisirte Eisendrähte
andererseits bei Änderungen der Gestalt und Temperatur zeigten.
Indem ich nun versuchte mir nach den bisher bekannten Thatsachen
eine Vorstellung über die mögliche Ursache der Deformationsströme
zu bilden und aus dieser Vorstellung Consequenzen zu ziehen, deren
Prüfung dem Versuche zugänglich war, zeigten sich die erwarteten
Folgerungen nicht erfüllt; dies führte mich trotz der vielen Gründe,
welche dagegen sprachen, immer wieder auf die Frage zurück, ob
es nicht doch möglich sei, aus magnetischer Induction die Ströme
abzuleiten.
4. Es schien mir denkbar, dass die Beobachtungen erklärt werden
könnten, wenn man etwa ausgeht von der folgenden Versuchsanord-
nung: Eine Eisenspule befinde sich in einem magnetischen Felde,
die Cylinderaxe der Spule parallel den Kraftlinien. In dieser _Axe
sei ein Kupferdraht ausgespannt. Ändert man nun die Feldstärke
und damit die Magnetisirung der Eisenspule, so wird in dem axialen
Draht ein Induetionsstrom auftreten. Bezeichnet man diese Änderung
der Magnetisirung als einen magnetischen Strom und berücksichtigt,
dass bewegte Elektrieität auf Magnetismus ponderomotorisch und um-
gekehrt bewegter Magnetismus auf ruhende Leiter elektromotorisch
wirken muss, so ergiebt sich die Richtung des entstehenden Stromes
am einfachsten. Es folgt dann unmittelbar, dass bei gleichnamiger
Änderung der Magnetisirung eine Rechtsspule ünd eine Linksspule
aus Eisen entgegengesetzte Wirkungen hervorbringen müssen. Ein
gerader, dem Kupferdraht paralleler Eisendraht, desgleichen eine
Spirale,' deren Ebene vom Kupferdraht senkrecht durchsetzt wird,
würden keinen Strom erzeugen.
Nimmt man nun an, dass durch Form- oder Temperaturänderung
einer Nickelspule Änderungen ihres freien Magnetismus eintreten, d.h.
dass ein magnetischer Strom dieselbe durchfliesst, so liegt der weitere
Gedanke nahe, dass dieser von einer elektromotorischen Kraft be-
gleitet sei, welche (ebenso wie im angezogenen Versuche) indueirt
wird in der Richtung der Ganghöhe der Schraube. Je nach der
! Ich will im Folgenden immer streng unterscheiden zwischen Spirale und Spule.
Der Draht einer Spirale liegt in einer Ebene, der einer Spule bildet eine Schraubenlinie.
F
Braun: Über Deformationsströme. sy
Gestalt der letzteren fällt aber eine verschieden grosse Stromeomponente
in die Richtung des Drahtes, und nur diese kann am Galvanometer
beobachtet werden. In der zur Spulenaxe senkrechten Riehtung mag
eine Kraft vorhanden sein oder nicht — sie kann nicht in die Er-
scheinung treten.
Mit einer derartigen Vorstellung würden sich die früheren
Beobachtungen erklären lassen, wenn man die weitere Voraussetzung
macht, dass der freie Magnetismus einer Spirale sich in der gleichen
Weise ändert, mag dieselbe nach rechts oder nach links aus ihrer
Ebene deformirt werden.
Fragt man aber, welcher Art die vorauszusetzenden Änderungen
der Magnetisirung sein müssten, so überzeugt man sich leicht vom
Folgenden: Ist der Querschnitt homogen in Bezug auf Magnetisirung
oder existirt in ihm wenigstens ein Durchmesser, der den Querschnitt
in zwei magnetisch symmetrische Hälften theilt (wie man bei einer
Spirale doch anzunehmen hat), so müssen alle Inductionswirkungen
der verlangten Art, welche nach irgend einer Linie im Querschnitt
möglich sind, über einen ganzen Querschnitt integrirt, sich aufheben.
Damit fällt ein derartiger Erklärungsversuch in sich zusammen.
Auch erhielt ich in Übereinstimmung mit diesem theoretischen Resultate
bei Versuchen, eine nach der Ebene eines Querschnittes gerichtete
elektromotorische Kraft nachzuweisen, nur negative Resultate und
zwar unter Bedingungen, wo nach der Schätzung aus den sonstigen
Wirkungen ein positiver Ausfall wäre zu erwarten gewesen.
5. Als die einzige Möglichkeit der Zurückführung auf Induction
blieb also doch nur die eirculare Magnetisirung, welche ich auf Grund
früherer Versuche glaubte zurückweisen zu müssen. Die früheren
Schlüsse beruhten auf der Annahme, dass eirculare Magnetisirung sich
in Eisen und Nickel wenigstens qualitativ gleich verhalten würden.
Will man dies nieht annehmen, so kommt man zu sonderhbaren
Folgerungen; z. B. ı. Leitet man durch eine Eisenspule einen Strom
von 4 Amp./Mm.”, so erhält man nachher bei den ersten Deformationen
starke »Erschütterungsströme«;' in Nickel konnte ich solehe früher
nicht nachweisen; ich habe jetzt sogar nach dem Durchgang eines
Stromes von 40 Amp./Mm.? (der nur ganz kurze Zeit diese Intensität
haben darf, weil der Draht sonst glühend wird) kein dem des Eisens
analoges Verhalten beobachtet. Und doch müsste man aus der That-
! Man kann bei Eisenspulen leicht zeigen, dass die Geschwindigkeit der
Deformation für die Änderung der Magnetisirung iindestens nur untergeordnete
Bedeutung hat; es handelt sich wesentlich darum, dass die Volumelemente elastische
Deformationen durchgemacht haben. Der Name »Erschütterungsströme«, den ich, als
eingebürgert, beibehalten habe, ist eigentlich. nicht ganz bezeichnend.
51*
512 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
sache, dass eine Niekelspule sich durch einen Strom, je nach dessen
Richtung, verlängert oder verkürzt, auf eine temporäre Änderung
der eireularen Magnetisirung schliessen. 2. Es ist bekannt, wie ausser-
ordentlich stark in Eisenröhren die eireulare Magnetisirbarkeit ab-
nimmt, wenn irgend eine Unterbrechung der Continuität vorliegt.
Herwig! hat in Röhren, welche er erst als Ganzes untersuchte und
dann, nachdem sie durch plötzlich ins Gefrieren gebrachtes Wasser der
Länge nach aufgeschlitzt waren, eine Abnahme der eireularen Magneti-
sirbarkeit auf '/30 des früheren Werthes beobachtet. Dieselbe steigerte
sich auch nur unwesentlich, nachdem der entstandene Schlitz mit
Eisenblech ausgefüllt war. Im Gegensatz dazu zeigten mit Naht ge-
zogene Niekelröhren Wirkungen, welche nicht etwa auffallend kleiner
waren als die von Drähten ungefähr gleichen Gewichtes. Auch im
folgenden gelegentlich angestellten Versuch sprieht sich ein ähnliches
Verhalten aus. Gewisse Überlegungen veranlassten mieh zu prüfen,
wie sich eine Nickelspule verhalten möchte, wenn man von dem ur-
sprünglich kreisförmigen Querschnitt des Drahtes allmählich von der
einen Seite aus mehr und mehr wegnähme, so dass schliesslich die
eine Kreishälfte ganz wegfalle. Dies gelang ohne störenden mechani-
schen Eingriff gut auf elektrolytischem Wege. Nach Analogie zum
Herwig’schen Versuche wäre zwar nicht gefordert, aber doch wohl
wahrscheinlich, dass die eirculare Magnetisirung und damit der De-
formationsstrom wesentlich rascher abnehme als der Querschnitt des
Drahtes. Dies fand aber nicht statt, vielmehr war derselbe immer
angenähert proportional dem Querschnitt selber, auch nachdem reichlich
die Hälfte des 3”" dicken Drahtes entfernt war.
Will man die in Nickel beobachteten Ströme aus eircularer
Magnetisirung erklären, so wird man also gleichzeitig ein ungewghnt
stabiles Verhalten derselben in diesem Metall voraussetzen müssen.”
Mag dies auch unerwartet sein, so ist es doch denkbar, und ein
entscheidender Versuch nöthig. Einen solehen konnte ich erst an-
stellen, nachdem mir durch das liebenswürdige Entgegenkommen der
Schwerter Werke Nickelröhren zur Verfügung gestellt waren. Ich
bekam solehe von etwa ı"" Wandstärke, 5”" inneren Durchmesser
und ı"ro Länge. Sie waren nicht ohne Naht gezogen, sondern
mit Messing hartgelöthet, ein Umstand, der freilich für Erzeugung
cireularer Magnetisirung nieht günstig schien.
In eine Röhre wurde ein übersponnener, 4”” dicker Kupferdraht
isolirt eingeschoben und dann eine Spule daraus gewickelt. In der
ı Pose. Ann. ı51. 451. 1875.
2 Ich glaubte daher die im vorhergehenden Paragraphen besprochenen Gedanken
zu einer Erklärung wenigstens kurz berühren zu sollen.
Braun: Über Deformationsströme. Suls!
Nickelröhre traten bei Deformation die früher beschriebenen Ströme
auf; genau in der gleichen Richtung und nahezu auch in der gleichen
Stärke entstanden aber auch solche im Kupferdraht. Dieser Versuch
scheint beweisend dafür, dass die Deformationsströme doch nur die
Folge einer Induetion durch Änderung der eireularen Magnetisirung sind.
Um des Resultates sicher zu sein, wurde die Anfangs als Rechts-
spule gewickelte Röhre in eine Spirale verwandelt, so dass nach
Belieben aus ihr eine konische Rechts- oder Linksspule gebildet
werden konnte. Die Spirale zeigte die früher erwähnten Ströme;
die gleichen entstanden auch im Kupferdraht.
In einem zweiten Rohr wurde die ursprüngliche Magnetisirung
(alle besassen am gezogenen Ende einen Südpol) noch künstlich ver-
stärkt und dann aus ihm eine Spirale gebildet; in dem Inneren des
Rohres war ein dünnerer übersponnener Kupferdraht angebracht;
ein Neusilberdraht war an denselben gelöthet. Die beiden zusammen-
gelötheten Drähte waren in einen Multiplicationskreis eingeschaltet.
Je nach Belieben konnte in das Rohr der Kupfer- oder der Neusilber-
draht gezogen werden. Bei der gleichen Deformation entstanden
wesentlich gleiche Ausschläge im Multiplicator, mochte der eine oder
der andere Draht sich im Rohr befinden. Auf grosse Genauigkeit
kann der Versuch zwar keinen Anspruch erheben; immerhin wird
durch denselben im höchsten Maasse unwahrscheinlich, dass dem
Material des Drahtes in welchem der Strom entsteht, noch ein
specifischer Einfluss zukomme.
Die Drähte bewegen sich bei diesen Versuchen in einem seine
Stärke ändernden magnetischen Felde. Dadurch können zwar, wie
ich schon in meiner früheren Mittheilung zeigte, die Ströme nicht
entstehen. Der Sicherheit halber habe ich aber umgekehrt einen
dieken Nickeldraht in ein dünnwandiges Messingrohr eingebettet; bei
Deformation entstanden im Nickel Ströme; aus dem Messingrohr
konnten keine abgeleitet werden.
Sieht man nach diesen Versuchen als bewiesen an, dass die De-
formationsströme durch Änderungen der eireularen Magnetisirung her-
vorgerufen werden, so ergiebt sich aus dem früher Mitgetheilten auch
der Sinn der Änderung; z. B. in einer Rechtsspule müssten bei Con-
traction die Molecularmagnete mit ihren Nordpolen, gesehen vom
Nordpol des Drahtes aus, eine Drehung ausführen entgegen dem Sinn
des Uhrzeigers (oder in markirterer Form: nähert man die Gestalt
einer Spirale der einer Linksspule, so ordnen sich ursprünglich der
Drahtaxe parallele Molecularmagnete, zu einer Rechtsspule an — und
umgekehrt. Zusammendrücken einer Rechtsspule wird dabei betrachtet
als Annähern an eine Linksspule ete.).
514 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 6. Juni.
Wenn so die Deformationsströme den Sinn festlegen, in dem
sich die eirculare Magnetisirung ändert, so handelt es sieh weiter
darum, zu prüfen, ob mit den hieraus fliessenden Folgerungen auch
die anderen Thatsachen, nämlich die Erwärmungsströme, in Einklang
zu bringen sind. Man wird auch diese aus Änderungen der Magneti-
sirung erklären müssen, geräth aber dabei auf Schwierigkeiten; z. B.
es war beobachtet: Wickelt man eine Rechtsspule in eine Linksspule
um, so ändert sich gleichzeitig mit dem Sinn des Dilatationsstromes
auch der des Erwärmungsstromes. Daraus folgt, dass in einem geraden
Draht durch Temperaturänderung gar kein Strom entstehen dürfte.
Nun kann man aber einen geraden Draht so herstellen, dass er offenbar
eireulare Magnetisirung besitzen muss. Nämlich, man mache aus einer
konischen Rechtsspule (durch die Form einer ebenen Spirale hindurch)
eine konische Linksspule, so entsteht fortwährend Strom in der gleichen
Richtung, d. h. es ändert sich fortwährend die eirculare Magnetisirung
im selben Sinn. Setzt man voraus, dass in dem Drahte, wenn er
eine langgestreckte Rechtsspule bildet, d.h. nahezu gerade ist, keine
oder nur geringe circulare Magnetisirung vorhanden sei, so müsste
eine solche existiren, wenn er in eine langgezogene Linksspule ver-
wandelt wäre (und umgekehrt), folglich sollte er dann auch Erwärmungs-
strom liefern
Oder: man nehme eine Spirale und drücke sie in die Gestalt
einer konischen Rechtsspule; erwärmt, muss sie nun Strom liefern
und Strom in entgegengesetzter Richtung, wenn man sie in eine konische
Linksspule verwandelt hat. Folglich darf sie als Spirale keinen Strom
geben. Ich habe diesen Schluss, dessen Prüfung mir früher, namentlich
wegen der Störungen durch eintretenden Thermostrom nicht genügend
gelungen war, jetzt an einer grösseren Anzahl von Spiralen sehr be-
friedigend bestätigen können. Es empfiehlt sich, einen Multiplieator
mit kurz schwingender und gut gedämpfter Magnetnadel zu benutzen,
wenn seine Empfindlichkeit auch nicht sehr gross ist (Wırpemann’sche
Bussole mit nicht astasirter Nadel).
Der Draht in Spiralform muss, wie aus den Deformationsströmen
folgt, eireulare Magnetisirung besitzen und doch liefert er durch
Änderung der Temperatur keinen Strom. Wie lösen sich die Wider-
sprüche? Ist es denkbar, dass die ganze Vorgeschichte eines Drahtes
(z. B. Drillungen, welche er erfahren hat und welche die eirculare
Magnetisirung ändern werden) bekannt sein .muss, um über seinen
Erwärmungsstrom etwas Sicheres aussagen zu können? Dagegen spr un
die Regelmässigkeit der Erscheinungen.
Es schien nöthig, vom jetzt gewonnenen Standpunkte aus, die
Versuche nochmals aufzunehmen. Ich habe daher eine ebene Spirale,
Bravn: Über Deformationsströme. 515
welche in dieser Form nur einen sehr schwachen, als konische Spule
aber einen starken Erwärmungsstrom gab, zu einem geraden Draht
ausgezogen; hätte er in der ersten Gestalt keine cireulare Magneti-
‚sirung besessen, so musste er nun gerade gestreckt eine ceirculare
Componente haben. Aus dem geraden Drahte wurde eine Spule ge-
wiekelt und erwärmt; sie hätte dabei einen starken Strom geben
sollen, sie gab aber einen schwachen.
Der Draht wurde nun wieder gerade gereckt, etwa 4X 360°
permanent um seine Axe tordirt, zu einer Spule gewickelt und wieder
'erwärmt — es zeigte sich auch jetzt nur ein schwacher Erwärmungs-
strom. Wieder ausgereckt, um 10 X 360° entgegen der früheren
Richtung permanent tordirt und zu einer Spule gewickelt, gab er
beim Erwärmen das gleiche Resultat. In eine Spirale verwandelt,
verhielt er sich ebenso; als diese zu einer konischen Spule durch-
gedrückt war, folgte aber der Erwärmungsstrom wieder der Regel.
Auch eine Änderung in der Windungsweite, der Spule war ohne
Einfluss. Solche negativen Resultate führten endlich zu der Annahme,
dass die Gestalt allein gar nicht entscheidend sei für den Erwär-
mungsstrom, dass vielmehr eine Spule, welche in ihrer permanenten
Gestalt belassen wird, bei Temperaturänderung keinen oder nur einen
schwachen Strom liefere, und dass die Bedingung wenigstens für
Auftreten von relativ starken Erwärmungsströmen darin bestehe, dass
sie temporär deformirt sei, sich also in einem Spannungszustand be-
finde. Dann sollte, wie aus anderen Thatsachen zu schliessen, eine
temporär verlängerte Spule Strom in einer Riehtung, eine temporär
zusammengedrückte Strom in der entgegengesetzten Richtung liefern
können.
Die früheren Beobachtungen, wonach der Erwärmungsstrom stets
dem Dilatationsstrom gleichgerichtet war, bezogen sich zwar meist
auf nicht absichtlich gestreckte Spulen; es konnte aber der Umstand
mit untergelaufen sein, dass man die dünndrahtigen Spulen, ohne es
zu wollen, oder um sie besser gegen Deformation beim Eintauchen
zu schützen, etwas gespannt hatte. Nach der Art der Befestigung
war dies möglicherweise auch da vorgekommen, wo man glaubte, sie
in natürlicher Länge einzutauchen.
Zur Prüfung wurde eine Spule aus dickerem Drahte hergestellt;
bei einer solehen ist wegen ihrer grösseren Federkraft leichter zu
beurtheilen, welches ihre permanente Gestalt ist. Sie war ı 1°" lang;
möglichst bei der normalen Länge von 25° auf 125° erwärmt gab
sie einen schwachen, dem Dilatationsstrom gleiehgeriehteten Strom
von etwa —2 bis — 4”; um 3°” verlängert — ı5“; um 3°”
un 8°,
verkürzt
516 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. Juni.
Eine in ihrer permanenten Gestalt ebene Spirale, welche beim
Erwärmen nur schwachen Strom lieferte, gab temporär rechts konisch
deformirt einen starken Strom. Als man ihr diese konische Gestalt
als eine permanente aufgezwungen hatte, zeigte sie bei Temperatur-
änderung in dieser Form keinen merklichen Strom mehr; nun aber
in eine temporär ebene verwandelt, gab sie Strom nach einer Richtung,
stärkeren, wenn sie temporär zu einer Linksspule gemacht war; ent-
gegengesetzten als sie temporär in eine Rechtsspule gedrückt wurde,
welche spitzer war als ihre ‘permanente Gestalt.
Den einfachsten Ausdruck für die Richtung der Erwärmungs-
ströme wird man finden, wenn man sie wieder mit den Deforma-
tionsströmen in Beziehung setzt. Für die letzteren bleibt die frühere
Regel ungeändert; betreffs der Erwärmungsströme aber muss sagen:
Temperatursteigerung bringt denselben Effect hervor, wie diejenige
Deformation, welche die Spule aus ihrer permanenten Gestalt in die
jeweilige temporäre überführt.
Ob in der permanenten Gestalt bei Temperaturänderung gar kein
Strom auftritt oder ob derselbe für eine temporäre Gestalt verschwindet,
welche der permanenten nur nahe liegt, will ich unentschieden lassen.
Stellt man die Thatsachen zusammen, so überzeugt man sich,
dass man die Erwärmungsströme nicht wohl erklären kann aus der
Vorstellung, die Magnetisirung überhaupt (und damit auch die eireulare
Componente derselben) vermindere sich durch Temperatursteigerung.
Man wird vielmehr sagen müssen: durch die Deformation ändert sich
die eirculare Magnetisirung; Erwärmen einer temporär deformirten Spule
ändert die eirculare Magnetisirung noch weiter im gleichen Sinne.
7. Mag man sich zur Erläuterung der Thatsachen nun die Vor-
stellungen, wie eine solche Änderung der eireularen Magnetisirung
zu Stande kommen mag (etwa aus Drehungen der Moleeularmagnete)
mehr oder weniger speciell ausbilden, unabhängig davon ist der Schluss
aus den Thatsachen, dass die gesammte Elektrieitätsmenge, welche
man aus einer Spule ableiten kann, wenn man sie Tremperatur-
und Gestaltsänderungen unterwirft, verschieden wird je nach deren
Reihenfolge.
Es sei z. B. eine in ihrer permanenten Gestalt ebene Spirale
gegeben. Deformirt man sie bei der Temperatur /, so entsteht ein
gewisser Stromimpuls (1); ein gleichsinniger (2), wenn sie nunmehr
auf T erwärmt wird. Erwärmt man sie aber erst auf T, so entsteht
kein oder ein schwacher Strom; wird sie nachher bei 7 deformirt,
so entsteht jedenfalls ein schwächerer Strom (3) als bei der 'Tempe-
ratur £. Durch fortwährend sich folgende Kreisprocesse könnte man
also eine resultirende Strömung in einer Richtung erhalten.
Braun: Über Deformationsströme. Spur
Es schien mir von Interesse diesen Schluss zu prüfen. Eine
Spirale gab z.B. (= 25°; T= ı25°)
Strommengeilz).s 8. — ul?
» D)ernant i% — ee
Summe = + 28
Strommensen(a)i.. Jer.r — EL 0)
Differenz = + ı8
In anderen Fällen habe ich die Spirale wirklich den ganzen
Kreisprocess durchlaufen lassen; es wäre möglich, ja es schien sogar
wahrscheinlich, dass eine erste Abkühlung in der jetzt wieder er-
langten permanenten Gestalt noch eine Elektrieitätsmenge freimache,
welche bei einer zweiten, dritten u. s. w. Abkühlung nicht mehr
entsteht. Dies fand aber nicht statt; z. B.
Spirale V Spirale IV
Detornietnbeltt ar. ne. +14 ee TT
Erwärmt von t bis T....... + 17 + 7
Zurückdeformirt bei T.... . — ıı — [0
Sheekühlt UuEif....:.....: o SL of
Summe = + 20 + 9
Auch wenn man ? und 7 vertauscht, ergeben sich gleiche
Resultate; z. B.
Spirale V
Detormuntzbein in 222. OL 18
Abgekühlt von T auf t........ — 30
Zurückdeformirt bei 1......... —_ 929
ERwarmtzaut ee. on
Summe — — 36
Kleine Ausschläge bleiben oft bei der letzten Temperaturänderung,
weil man nicht immer genau die Anfangsgestalt wieder trifft. Diese
wiederholen sich aber dann auch bei einem zweiten und dritten Er-
wärmen der nicht weiter deformirten Spirale.
Die Spiralen bestanden aus etwa 2" Draht von 2"" Stärke; 1 lag
zwischen 25 und 40°, T zwischen ı20 und 140°.
Der Versuch konnte oft hinter einander mit dem gleichen Er-
gebniss wiederholt werden.
Dass der Ausfall desselben nicht durch zufällig getroffene Tem-
peraturen bedingt ist, geht zur Genüge daraus hervor, dass eine Spule,
welche in einem Metallrohr bis zu etwa 200° allmählich erhitzt wurde,
dabei eine stetige Abnahme der Stromintensität für die gleiche De-
formation zeigte. Bei 210° war der Strom nahezu die Hälfte des bei
20° erhaltenen.
518 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 6. Juni.
8. ‚Mit dem Unterschied zwischen temporär und permanent de-
formirtem Nickel scheinen in einem gewissen Parallelismus endlich die
Widerstandsänderungen zu stehen, weiche Nickel bei Deformation zeigt.
Ich habe früher angegeben, dass durch Dilatation der Widerstand
einer Spule sich um ungefähr 0.3 Procent erhöhe. Als ich diese
Beobachtungen wieder aufnahm und etwas ausführlicher - verfolgte,
fand ich, dass weder sehr hart gezogene, noch auch sehr stark
magnetisirte Drähte besonders grosse Änderungen zeigten. Weitere
Versuche belehrten mich, dass die Widerstandsänderung gerade bei
weichen Drähten am erheblichsten ist. Die Spulen können dabei aber
doch noch hinreichende Federkraft besitzen, um nach Ausziehen um
etwa die Hälfte ihrer Länge wieder merklich in ihre ursprüngliche
Gestalt zurückzukehren, und starke Deformationsströme dabei liefern.
Solche Spulen gaben bei jeder temporären Deformation aus der per-
manenten Gestalt (Ausdehnen, Zusammendrücken, Zusammenrollen,
Auseinanderrollen) Zunahme des Widerstandes. Die permanente Ge-
stalt wäre also diejenige, bei welcher der Widerstand ein Minimum
ist. — Führt man die Spule in eine neue permanente Gestalt über,
so hat der Widerstand in ihr wieder ein relatives Minimum. Ich
habe aber nicht verfolgt, wie sich der Widerstand beim Übergang
aus einer permanenten Gestalt in eine andere permanente ändert. Die
Grösse der temporären Zunahme zeigte sich in Übereinstimmung mit
den früher gefundenen Werthen.
9. Wenn man nach den im Vorstehenden mitgetheilten That-
sachen kaum noch bezweifeln kann, dass die beschriebenen Erschei-
nungen bedingt sind durch eireulare Magnetisirung, so nöthigen die-
selben andererseits doch zur Annahme einer so unerwartet eigenartigen
Stabilität derselben im Nickel und führen zu einem so auffallenden
Unterschied im Verhalten dieses Metalles gegenüber dem des Eisens,
dass man, ohne im Besitz des entscheidenden Versuches zu sein, eher
denken müsste, man habe eine wesentlich neue Eigenschaft vor sich als
ein so verschiedenes Verhalten zweier sich sonst so nahe stehender
Stoffe,
519
Bericht über eine nach den Ganarischen Inseln
im Winter 1887/88 ausgeführte Reise.
Von Prof. CarL CHun
in Königsberg i. Pr.
(Vorgelegt von Hrn. Scuurze am 28. Februar [s. oben S. 137].)
Hierzu Taf. II.
Il. Abtheilung.
Beobachtungen über die pelagische Tiefen- und Oberflächenfauna
des östlichen Atlantischen Oceans.
Wie ich bereits in dem ersten Theile meines Berichtes (XLIV. ı888
S. 1141) erwähnte, so war es mir durch die Zuvorkommenheit der
HH. Worrnmans und Bonten ermöglicht von dem Dampfer » Lulu
Bohlen« aus einige Züge in grösseren Tiefen zu veranstalten. Die
bei der Überfahrt nach den Canarischen Inseln im Anfang September
angestellten Beobachtungen ergänzte ich dann im December 1887
durch einige vor dem Puerto de la Luz auf‘ Gran Canaria mit Be-
nutzung eines Schleppdampfers in geringeren Tiefen ausgeführte Züge.
Behufs Ausführung der pelagischen Tiefenfischerei hatte ich mich
mit einem 1600” langen und 2°" dicken Tau versehen, das sich gut
bewährte und weiterhin mit mehreren offenen Netzen, deren eiserner
Rahmen einen Durchmesser von einem Meter besass. Selbstverständ-
lich war ich auch darauf bedacht mich mit Schliessnetzen auszurüsten,
welche nach dem Prineip des früherhin von mir beschriebenen von
PETERsen’schen Netzes! eonstruirt und wesentlich umgestaltet wurden.
Dem Schliessnetze in seiner früheren Gestalt hafteten noch zwei
Mängel an, die zu beseitigen mir gelungen ist. Einerseits nämlich
kam es bei den früherhin im Mittelmeer angestellten Versuchen ge-
legentlich vor, dass durch den starken seitlichen Druck, welche die
!C. Cuun, Die pelagische Thierwelt in grösseren Meerestiefen. Bibliotheca
Zoologica, Heft I, Taf. I. ı888.
520 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr. f
sich auslösenden Drähte auf den mit einem Schraubengewinde ver-
sehenen Messingstab ausübten, ein Öffnen und Schliessen des Netzes
nicht erfolgte, andererseits blieb nach dem Schluss des Netzes ge-
legentlich ein schmaler, etwa fingerbreiter Spalt zwischen den beweg-
lichen Hälften des Rahmens frei.
Dem zuerst erwähnten Übelstande habe ich dadurch abgeholfen,
dass der mit dem Gewinde versehene Messingstab, welcher früher
durch Heben das Auslösen der Drähte bewerkstelligte, nun seine
Lage beibehält und sich lediglich durch die Flügel des Propellers
getrieben um seine Achse dreht. Dagegen wurde die ‚Schrauben-
mutter beweglich gemacht und zugleich mit seitlich angebrachten
Rollen versehen, welche leicht an den ‘die Drähte festhaltenden
eisernen Dornen aufgleiten. Durch einige weitere Vorrichtungen,
die ich nicht erwähne, da sie ohne Abbildung schwer verständlich
sein würden, ist es nun gelungen, das Öffnen des Netzes in der
Tiefe und den späteren Schluss so exact zu gestalten, dass ein
Fehlschlagen vollständig ausgeschlossen ist.
Prof. Hrsnsen und Branpr in Kiel, welche mit dem verbesserten
Netze Versuche in der Ostsee anstellten und von dem exacten Funetio-
niren desselben sich überzeugten, stellten mit der Logleine fest,
dass das Netz geöffnet eine Strecke von 250” Länge durchfischt.
Die Öffnungsdauer des Netzes kann übrigens durch Verstellen der
Propellerflügel, welehe ich verschiebbar anbringen liess, verlängert
bez. verkürzt werden. -
Was den zweiten Punkt, nämlich das Freibleiben eines Spaltes,
anbelangt, so schien mir dasselbe in der Theorie bedenklicher, als
es thatsächlich bei practischer Handhabung der Fall ist. Bei meinen
früheren Versuchen im Mittelmeer kam das Netz, falls es in der
Tiefe sich nicht geöffnet hatte, aber doch einen schmalen Spalt
zwischen beiden Rahmen frei liess, stets völlig leer an die Oberfläche.
Nur ein Mal fand ich in demselben eine Appendicularie der Tiefsee
(Stegosoma) vor. Hatte dasselbe dagegen gut functionirt, so war
auch stets eine grosse, oft überraschend reiche Zahl von Formen in
demselben vorhanden. Offenbar rührt der Mangel von Thierformen
in dem unvollkommen geschlossenen Netze davon her, dass dasselbe
das Wasser nicht seiht, sondern die Wassermasse vor sich her drängt
und ein Hereinschwemmen von Arten ausschliesst.
Immerhin musste auch, um jedem Einwurfe zu begegnen, dafür
Sorge getragen werden, dass der Schluss ein völlig hermetischer ist. ı
Ich erreichte ihn dadurch, dass die beiden den Schluss des Netzes
herbeiführenden Drähte nicht an dem Rahmen selbst, sondern an
zwei seitlich weit hervorstehenden eisernen Bügeln angreifen. Hier-
Caun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 521
durch wird auf den breit gearbeiteten und ıit Filzplatten belegten
Rahmen nach Schluss des Netzes bei dem Aufwinden ein so starker
Druck ausgeübt, dass die Filzplatten fest aufeinander gepresst werden.
Indem weiterhin dafür Sorge getragen wurde, dass die eine Hälfte
des Rahmens (nach Art des Verschlusses bei eisernen staubfreien
Schränken) scharnierartig in die andere Hälfte eingreift, so dürfte
ein zufälliges Hereinschwemmen auch der kleinsten 'Thierformen bei
dem Aufwinden ausgeschlossen sein. Neuerdings habe ich zudem
noch dafür Sorge getragen, dass die Öffnungsdrähte des Netzes nicht
mehr im Inneren desselben liegen, sondern ausserhalb desselben an
einem halbkreisförmigen Bügel ansetzen, welcher coneentrisch die
Rahmen des Netzes umgiebt. Indem ich schliesslich noch hinzufüge,
dass die Propellerschraube und der messingene mit dem Gewinde
versehene Stab durch ein eisernes Gitter gegen jeglichen Stoss geschützt
wurden und dass durch eine Schnappvorrichtung ein Drehen der
Flügel bei dem Herablassen ausgeschlossen wurde, so hätte ich die
wesentlichsten Verbesserungen an dem Schliessnetze angedeutet.
Das Schliessnetz wurde bei der Überfahrt der »Lulu Bohlen«
mit Rücksicht auf die beschränkte Zahl auszuführender Züge dreimal
und zwar in Tiefen von 500, 1000 und 1600” herabgelassen. Da es
an und für sich ziemlich schwer ist und zudem noch durch ein an-
gehängtes Bleilot belastet wurde, so sank es ziemlich rasch.
Erst an Bord des Dampfers kam ich auf die damals leider nieht
mehr ausführbare Idee, mehrere Schliessnetze an demselben Tau in
verschiedenen Abständen zu befestigen und mit denselben in verticaler
Richtung die Wassermasse bei dem Aufwinden zu durchfischen. Da,
wie eben erwähnt wurde, von jedem Netze die Öffnungsdauer bez.
die Länge des durchfischten Weges sich leicht erproben und derart
reguliren lässt, dass eine Strecke von 100, 200 oder mehr Metern
durehfischt wird, so kann bei vielfach wiederholten Versuchen ein
genaues Bild über die verticale Verbreitung pelagischer 'Thiere im
Meere gewonnen werden. Neuerdings von mir in der Ostsee an-
gestellte Versuche mit derartiger Anordnung der Netze (deren eiserne
Rahmen zudem noch nach dem Schlusse des Netzes durch eine ein-
springende Klammer fest zusammengehalten werden) versprechen ein
günstiges Resultat. Möge es mir vergönnt sein, diese Versuche im
grösseren Maassstab im freien Ocean weiterzuführen!
Indem ich nun in Kürze meine Wahrnehmungen über die pelagische
Tiefenfauna der dem Mittelmeer benachbarten Theile des Atlantischen
Oceans darlege, brauche ich wohl kaum ausdrücklich zu betonen, dass
diese Beobachtungen gewissermaassen nur tastende Versuche reprae-
sentiren. Um ein nur einigermaassen erschöpfendes Bild über die
522 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
pelagische Tiefenfauna eines beschränkten Theiles des Oceans zu er-
halten, müssten dem einzeln stehenden und auf sich selbst angewie-
senen Beobachter ganz andere Hülfsmittel zur Verfügung gestellt werden,
als sie mir der Natur der Sache nach geboten werden konnten. In
erster Linie wäre ein seetüchtiger, wenn auch kleiner Dampfer er-
forderlich, der nicht an einen bestimmten Curs gebunden, dem Unter-
sucher für mehrere Wochen völlig zur Disposition stünde. Weiterhin
sind Taue von mindestens der dreifachen Länge des von mir verwen-
deten, Dampfwinden mit Zählwerk (an meinem Tau waren von 100 zu
100" Marken angebracht), eine reiche Ausstattung mit Schliessnetzen
und offenen Netzen und ein Assistent erforderlich, welcher die müh-
selige Arbeit des Conservirens theilweise übernimmt. Mit relativ ge-
ringen Kosten könnte auf diese Weise ein reicher Schatz von Er-
fahrungen gesammelt werden, der nicht nur unsere Kenntnisse über
die Biologie märiner Thiere erheblich erweitern, sondern auch zu quan-
titativen Tiefseeuntersuchungen vermittelst der Hrssen’schen Apparate
anregen würde.
Wenn ich trotz der geringen Zahl von Zügen auf manche neue
Formen aufmerksam zu machen im Stande bin, welche durch ihre
Organisation Interesse erregen und auch andererseits einige Wahr-
nehmungen über die verticale Verbreitung pelagischer Organismen im
freien Ocean mitzutheilen vermag, so ermuthigen diese Versuche
hoffentlich zu umfassenderen Studien.
Ich schildere zunächst die in dem Schliessnetz beohachteten Arten,
gebe dann eine provisorische Übersicht über bemerkenswerthe Tiefen-
und ÖOberflächenformen und lasse zum Schluss einige allgemeine Be-
merkungen über die vertieale Verbreitung mariner Organismen folgen.
Da während der ersten sechs Tage der Überfahrt stürmisches
Wetter die Tiefenfischerei unmöglich machte, so habe ich erst nach
Verlassen des Meerbusens von Biscaya die Netze an folgenden sieben
Stellen herablassen können:
I. 8. September 1887. 500” lat. 41°02 N. long. 11°30 W.Gr. (Schliessnetz).
11228: » 1000” jbidem (vor Cap Finisterre).
II. 9. » „ 1500” lat. 37:45 N. long. 13?°38 W. Gr.
IV. ı0. » » 1000” lat. 34:18 N. long. 15°34 W. Gr.
VE ID: D D 1000” ibidem (Schliessnetz).
VI. ı0. » » 500” lat. 32730 N. long. 16°492 W. Gr. (vor Funchal).
NAUGSSIER \ » ı600” (Schliessnetz und oflenes Netz). Zwischen Teneriffa und
Gran Canaria.
Gleichzeitig wurde an sämmtlichen Stellen mit dem Oberflächen-
netz gefischt.
Was nun das Ergebniss dieser Züge anbelangt, so lieferten die
beiden ersten aus 500” und 1000” ein sehr reichhaltiges Material,
Cuun: Bericht iiber eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 923
während späterhin nach dem freien Ocean zu eine bemerkenswerthe
Abnahme des thierischen Lebens in der Tiefe zu constatiren war. In
dem Schliessnetz des Zuges I waren aus 500” Tiefe folgende Arten
enthalten:
Doliolum sp. ı kleine Amme.
Hyalaea trispinosa 3 Exemplare.
ı junger Decapode (Loligo sp.).
Stylocheiron mastigophorum Cuus ı Exemplar.
Cetochilus sp. N
Leuckartia sp. \ enkure-
Östracoden 2 sp. in 4 Exemplaren.
Sergestes (longispinus Sp. BaTE?) ı Larve.
Bassia perforata Quov und Gamarp ı Exemplar.
Aulacantha scolymantha Haecx. zahlreiche Exemplare.
In dem Schliessnetz des Zuges V aus 1000” fanden sich fol-
gende Formen vor:
ı junger unbestimmter Copepode.
ı skeletlose unbestimmbare Phaeodarie mit Centralkapsel,
an welcher Skelete von Dietyocha fibula und Dietyocha
epiodon Haec. klebten.
Der Tubus mit dem Inhalt aus dem Schliessnetz des Zuges VII
aus 1600” zerbrach leider auf dem Transporte; er enthielt einen
Copepoden und einen Östracoden.
Was weiterhin die Fänge in den grossen offenen Tiefennetzen
und bemerkenswerthe Obertlächenformen anbelangt, welche letztere
ich meist vor Orotava beobachtete, so will ich versuchen, in syste-
matischer Reihenfolge dieselben aufzuzählen und gleichzeitig einige
Arten kurz zu diagnostieiren.
: 1. Radiolaria.
Über die von mir gesammelten Radiolarien wird Prof. Branpr,
dem ich auch die Bestimmung der oben aufgeführten Radiolarien
verdanke, ausführlicher berichten. Wie in dem Mittelmeer, so ist
auch in der Tiefe des Oceans massenhaft die Aulacantha scolymantha
verbreitet. Unter den bei den Zügen II—-IV in dem offenen Netz
erbeuteten Radiolarien fielen besonders die schönen Sagosphaeriden
Hazcx. von 5—-6”® Grösse mit relativ kleiner Centralkapsel (nach
Branpr einer neuen Art von Sagosphaera zugehörig) auf.
524 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Il. Coelenterata.
Von Hydromedusen erwähne ich einer auf pelagischen
Thieren fixirten Hydroidencolonie. Dieselbe erschien Mitte Januar
auf der Schale einer lebenden HAyalara trispinosa festgeheftet. Offen-
bar gehört die Colonie zu der Gattung Perigonimus Sars, denn
der kriechende Stamm mit seinen zahlreichen wurzelförmig sich ver-
ästelnden Ausläufern knospte direet die Medusen, während die keulen-
förmigen, mit S— 9 kurzen knopfförmigen Tentakeln versehenen Po-
Iypen der Medusenknospen entbehrten. Die Colonie bedeckte fast
vollständig die eine Schalenhälfte und zerfiel in eine lediglich Medusen
knospende und in eine mit Polypen bedeckte Partie. Die in allen
Entwickelungsstadien vorhandenen Medusen sassen auf Stielen fest
und liessen vor dem Loslösen vier an der Basis kolbig angeschwollene
Tentakel erkennen. Das Entoderm der Polypen und der Innenraum
des aus der Subumbrella nicht hervorragenden Magens waren schwefel-
gelb gefärbt. Ich beobachtete die Colonie einen halben Tag lang
lebend und bemerkte nicht, dass die plumpen Polypen sich streekten
oder dass ihre kurzen knopfförmigen in einer Ebene gestellten Ten-
takeln sich lang auszogen. Ich nenne die neue, dem Perigonimus
serpens Auıman nahe stehende Art P. sulfureus.
Über die von mir gesammelten craspedoten Medusen wird
Dr. Vannörren späterhin berichten. Hervorheben möchte ich nur,
dass die gemeinste Craspedote des Atlantischen Oceans, nämlich
Aglaura hemistoma Per. Les. nie in den Tiefennetzen gefunden wurde.
Sie repraesentirt offenbar eine Oberflächenform, die gemeinsam mit
den Eucopiden und gelappten Ctenophoren die Tiefe meidet.
Von semäostomen Medusen beobachtete ich ziemlich häufig
während des Winters die Pelagia phosphora Harer. Auffällig war da-
gegen der vollständige Mangel von Rhizostomen. Dass sie indessen
den CGanaren nicht fehlen, glaube ich sicher den Mittheilungen der
Fischer entnehmen zu können, nach denen sie bei Gran Canaria wie
bei Teneriffa im Juli und August in grossen Schwärmen erscheinen
und massenhaft auf den Strand gerathen.
Von bemerkenswerthen pelagischen Coelenteraten hebe ich weiter-
hin noch das häufige Vorkommen von Aktinienlarven (wahrscheinlich
Edwardsia-Larven) hervor, deren älteste sechs Tentakel und zwar
zwei grössere und vier kleinere aufwiesen. Die Larven waren braun
pigmentirt. Auch die merkwürdige Teiraplatia volitans Busch erschien
im Anfang Januar.
Unter den GÖtenophoren mache ich an dieser Stelle auf zwei
neue Cydippiden aufmerksam. Die eine derselben ist der Vertreter einer
Cuun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 525
neuen Gattung Ute. Ich nenne diese zierliche Rippenqualle Ute eyanea
wegen ihrer intensiv blauen Färbung, die am ganzen Körper und
auch an den Tentakeln auftritt. Sie repraesentirt eine der kleinsten
Cydippiden, insofern die geschlechtsreifen Exemplare nicht über
3—4"" messen. Da der Körper im Querschnitt rundlich ist und da
weiterhin die Hauptaxe dreimal an Länge die Queraxen übertrifft, so
ist sie den eylindrischen Pleurobranchiern, von denen bisher nur relativ
grosse Arten bekannt waren, einzureihen. Immerhin nimmt sie unter
letzteren insofern eine isolirte Stellung ein, als zwei nierenförmige,
in der Triehterebene (Tentakelebene) gelegene Fortsätze der Gallerte
den Sinnespol überragen und dadurch an die analogen zipfelförmigen
Verlängerungen der Callianira bialata erinnern. Die Mundöffnung, ver-
mittels deren die Individuen sich gelegentlich an die Glaswände
festsaugten, ist breit; der Trichter liegt in der Mitte des Körpers
und aus ihm entspringen fast direet die breiten vom Sinnespol bis
zum Mundrande verlaufenden Meridionalgefässe. Die Tentakel treten
aus einer schmalen und langen Scheide im oberen Körperdrittel aus
und besitzen einfache Nebententakel. Die Rippen setzen sich aus
etwa je 20 auffällig breiten Schwimmplättehen zusammen, welche
diejenigen der benachbarten Rippen berühren. Das untere Viertel
des Körpers ist frei von Schwimmplättchen. Die Polfelder wölben
sich wie bei Callianira hoch über den Sinneskörper empor.
Üte cyanea erschien, wenn auch nicht allzu häufig, so doch
immerhin sehr regelmässig den ganzen Winter hindurch. Gleichzeitig
waren auch ihre Jugendformen in dem Auftrieb vertreten. Dieselben
gestatteten wegen des Mangels von blauem Pigment einen befriedi-
genderen Einblick in die inneren Organe, als er bei erwachsenen
Thieren möglich ist. Auffällig waren an letzteren besonders die
ansehnlich entwickelten dicht unter dem Trichter gelegenen und
intensiv rosa pigmentirten Magenwülste.
Die zweite Cydippide, auf welche ich noch hinweisen möchte,
gehört der Gattung Hormiphora an. Sie ist vollkommen durchsichtig,
erreicht eine Grösse von 5—10”"” und gleicht im Bau der medi-
terranen H. plumosa. Wie letztere, so besitzt auch sie an den Fang-
fäden Nebententakel von zweierlei Form. Während die kleineren,
bei jungen Exemplaren zu 3—4, bei älteren bis zu 8 nebeneinander
sitzend, einfach keulenförmig gestaltet sind, so erreichen die grösseren
eine ganz ungewöhnliche Ausbildung und Länge. Sie messen näm-
lich 3”", sind also bei jüngeren Exemplaren nahezu halb so lang wie
das Thier. Diese grossen Anhänge von handförmiger Gestalt sind
bräunlichgelb pigmentirt und besitzen 7 Fortsätze, nämlich zwei
untere plumpe, vier obere schlanke und einen längeren terminalen
Sitzungsberichte 1889. 52
526 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Fortsatz. Hormiphora palmata, wie ich die in Rede stehende Art
benenne, erschien vereinzelt während des ganzen Winters.
II. Eehinodermata.
Unter den Echinodermenlarven fielen mir auffällig grosse Aurieu-
larien auf, die eine Länge von erreichen. Der Wimperkranz
derselben erhebt sich zu zahlreichen zöttehenförmigen Auswüchsen,
„um
/
die dendritisch verästelt und regelmässig symmetrisch angeordnet, der
Larve das Aussehen eines kleinen Opisthobranchiers verleihen. Sie
erschienen im Februar und März vor Orotava.
Gleichzeitig gelangten prächtige Tornaria-Larven zur Beobachtung
von 3—-5"" Grösse. Der Verlauf ihrer Wimperschnüre stimmt im
Allgemeinen mit jenem der Ascassız’schen Larven überein, insofern der
praeorale und postorale Wimperkranz je drei gegen den Scheitelpol
convergirende Schleifen bilden, von denen die grössere dorsale und
ventrale Schleife sich am Scheitel berühren. Sämmtliche Schleifen
sind mit zöttchenförmigen unverästelten Fortsätzen bedeckt. auf welche
die Wimperschnur übergreift. Dagegen entbehrt die praeanale Wimper-
schnur der Zöttehen. Der Darmtractus ist durch einen relativ schlanken
Mitteldarm ausgezeichnet, welcher durch eine trichterförmig vor-
springende Strietur gegen den Enddarm abgesetzt ist, während an
dem Übergang in den Vorderdarm eine schmale, lebhaft flimmernde
Wimperplatte auf der Ventralseite auftritt.
Die Larven verharrten trotz ihrer Grösse noch auf einem frühen
Entwiekelungsstadium, insofern die Peritonealblasen noch nicht an-
gelegt waren. Das Wassergefässsystem zeigt die gewöhnliche Aus-
bildung; der lange gerade gestreckte Kanal mündet genau in der
Medianlinie dorsalwärts am unteren Körperdrittel aus und entsendet
einen feinen Gefässstamm zur Scheitelplatte. Direct über der Grenze
von Vorder- und Mitteldarm gabelt sich die Wassergefässanlage und
gibt zwei lange sich zuspitzende Kanäle nach links und rechts ab.
IV. Vermes.
Wie im Mittelmeere, so sind auch in den Tiefen des Atlantischen
Oceans die Sagitten häufig vertreten. Vor Allem war Sagıtta Iyra
Kronx in relativ sehr grossen Exemplaren stets in den offenen Tiefen-
netzen nachweisbar. An der Oberfläche fiel mir besonders das häufige
Erscheinen der im Mittelmeere seltenen Spadella draco Krous auf,
deren Vorkommen an den Canaren bereits OÖ. HerTwıe an conservirtem
Material nachwies.
Crux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 527
Auch der interessante Typhloscolex (Sagitella) Mülleri Busch erschien
den ganzen Winter hindurch häufig an der Oberfläche. Eine prächtige
neue Art des Typhloscolex von nicht weniger denn ı8"”" Länge, deren
Beschreibung ich mir vorbehalte, fischte ich vor Las Palmas aus
450” Tiefe.
Von Anneliden beobachtete ich gelegentlich Heteronereis und Sac-
conereis Canariensis GREEFF, sowie sämmtliche durch GrEEFF' und LAnGEr-
HANS’ von den Canaren beschriebene Tomopteriden und Aleiopiden.
Auffällig war mir der vollständige Mangel der grossen Tomopteris
euchaela Cnun, welche gerade in den Tiefen des Mittelmeeres häufig
vertreten ist.
V. (Crustacea.
Die grossen von Dourn als Archizoöa gigas beschriebenen Cirri-
pedienlarven erschienen vereinzelt während des Winters vor Orotava.
Indem ich weiterhin hervorhebe, dass das reiche Material von
Östracoden und Copepoden der Tiefsee und Oberfläche von competenter
Seite durch Prof. Craus und Dr. Popre in Bearbeitung genommen ist,
so wende ich noch im Folgenden zur Schilderung einiger interessanter
Crustaceen aus den Ordnungen der Amphipoden, Schizopoden und
Decapoden.
Hyperina. Bereits bei den ersten Zügen in grösseren Tiefen
fielen mir zierliche, rosa pigmentirte Phronima-Arten auf, die ich auch
späterhin in dem Inhalt der offenen Tiefennetze vor Las Palmas wieder-
fand. Da wir bisher von der Gattung Phronima nur eine Art, nämlich
die bekannte, im Mittelmeer und freien Ocean weit verbreitete Phro-
nima sedentaria Forsk. kennen (Craus hebt mit Recht hervor, dass
die als Phr. custos Risso, Atlantica Guer. und Wirte unterschiedenen
Arten nur Jugendformen der sedentarwı sind) so glaube ich um so
mehr eine durch Fig. 5 illustrirte Beschreibung der Phronima Diogenes,
wie ich die neue Art nenne, rechtfertigen zu dürfen, als ich im Ver-
laufe der Untersuchung zu der Entdeekung des wahren, bisher un-
bekannt gebliebenen Männchens der Phronima sedentaria geführt wurde.
Phronima Diogenes fand ich vereinzelt in allen Tiefennetzen von
350—1500” sowohl in männlichen wie in weiblichen Exemplaren;
ein Weibchen erschien auch im Februar an der Oberfläche mit seiner
Brut in der unteren Schwimmglocke einer Abyla festsitzend. Letzteres
U R. Grerrr, Untersuchungen über die Aleiopiden. Nova acta Acad. Caes. Leop.
Bd. 39. Nr. 2. 1876.
® P. Langeruans. Die Wurmfauna Madeira’s in Zeitschrift f. Wiss. Zool. Bd. 33
1879 p. 312.
Ka
ww
*
528 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
‚ war zugleich das grösste Exemplar und besass eine Länge von ı 1".
An Grösse bleibt demnach Phr. Diogenes bedeutend hinter der Phr.
sedentaria zurück, mit der sie im Übrigen die originelle Lebensweise
in Gallert-Tönnchen ausgefressener pelagischer Thiere theilt.
Während Phr. sedentaria vollkommen durchsichtig ist und nur
in der Jugend wenige ramificirte Pigmentzellen am Bauche aufweist,
so ist die Pigmentirung bei Phr. Diogenes ziemlich intensiv ausgebildet.
Regelmässig sind die breiten Basalglieder der Pleopoden intensiv
dunkelrosa gefärbt; ausserdem tritt die gleiche Färbung an den Bauch-
segmenten des Abdomens und der Brust, an den Mundwerkzeugen und
vor Allem an den 4 Endgliedern des zur Greifhand umgebildeten fünften
Brustfusspaares auf. Am prächtigsten sind die verästelten Chromato-
phoren, welche die Färbung bedingen, auf dem Metacarpus der Greif-
hand entwickelt. Ältere Exemplare waren intensiver pigmentirt als
die jüngeren, bei welchen letzteren die Bauchseite des Körpers und die
oberen Glieder des fünften Fusspaares pellucid blieben.
Von sonstigen Eigenthümlichkeiten im Bau der Phronima Diogenes
hebe ich zunächst die Gestaltung der Thoracalfüsse hervor. Das dritte
Paar derselben inserirt sich hoch dorsalwärts und wird stets nach
vorne geschlagen getragen. Auch das sechste und siebente Paar sind
dorsalwärts gerichtet, offenbar um leichtere Fixirung in dem Gallert-
tönnchen zu erzielen. Der wichtigste Charakter der neuen Art, durch
den sie sich auf den ersten Blick von Phr. sedentaria unterscheidet,
liegt indessen in der Gestaltung des fünften Brustfusspaares. Während
bei Phr. sedentaria Carpus und Metacarpus desselben relativ schlank
gebildet sind, so zeigen sie sich bei der weiblichen Phr. Diogenes
auffällig verbreitert und mit den von Craus' bei dem Männchen der
Phr. sedentaria beschriebenen gleichnamigen Gliedern geradezu identisch
gebildet. Der Metacarpus weist ausser dem äusseren grossen Endzahn
noch vier an Grösse successive abnehmende Zähnchen auf und lässt
leicht die charakteristischen Drüsengruppen erkennen. Das Endglied
(daetylus) besitzt ausser der beweglich abgesetzteun Endklaue keinen
zahnförmigen Fortsatz.
Indem ich noch weiterhin erwähne, dass die Gestaltung der
weiblichen Antennen mit jener der Phr. sedentaria übereinstimmt, in-
sofern auch hier das erste Antennenpaar relativ kurz bleibt, während
das zweite zu einer borstentragenden kugligen Hervorwölbung redueirt
ist und dass weiterhin die Bildung der Brutlamellen, Kiemenschläuche
' Zur Naturgeschichte der Phronimiden. Zeitschr. f. wissenschaftl. Zool. Bd. 22.
1872. S. 331 Taf. 26 u. 27. Der Organismus der Phronimiden. Arbeiten d. Zool. Inst.
Wien. Bd. I S. 59. Taf. II Fig. 14.
Chun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 529
und Uropoden keine wesentlichen Unterschiede aufweist. so hätte
ich flüchtig die systematisch wichtigsten Merkmale der weiblichen
Phr. Diogenes charakterisirt.
Wie ich schon oben hervorhob, so erschienen gleichzeitig mit den
Weibchen auch die Männchen der Phr. Diogenes. Auch diese waren
rosa pigmentirt und unterschieden sich von den Weibchen weder durch
die Gestaltung des fünften Thoracalfusspaares, noch durch geringere
Grösse, noch durch auffällig verbreiterte Basalglieder der Pleopoden.
Der einzige äussere, schon durch Craus betonte Unterschied zwischen
Männchen und Weibehen beruht auf der Bildung der Antennen. Indem
ich in Fig. 6 den Kopf des ältesten vor Las Palmas aus 450" Tiefe er-
beuteten 9""” messenden Männchens darstelle, so brauche ich nur hervor-
zuheben, dass die ansehnliche Entwickelung der Vorderantenne mit
ihreım diehten Wald von Spürhaaren, die dem Schafte aufsitzen und
das Auftreten eines zweiten Antennenpaares mit dreigliedriger Basis und
langer vielgliedriger Geissel vollkommen an die gleichen Auszeichnungen
des von Craus geschilderten Männchens der Phronima sedentaria er-
innern. Auch die Lagerung des Hodens und seiner Ausfuhrgänge
stimmt durchaus mit der Schilderung überein, die Craus von der
männlichen Phronima gibt.
Vergeblich bemühte ich mich bei den jüngeren und älteren
Männchen der Phr. Diogenes charakteristische Unterschiede von den
durch Craus geschilderten Männchen der Phr. sedentaria aufzufinden.
Da schwer anzunehmen war, dass zwei verschiedene Phronima- Arten
identisch gestaltete Männchen aufweisen möchten, so zweifelte ich
sogar eine Zeit lang an der Berechtigung der Aufstellung einer neuen
Atlantischen Art. Allein die Untersuchung zahlreicher junger Weibchen
von Phr. sedentaria lehrte doch, dass vor Allem die Differenzen in der
Ausbildung des fünften Brustfusspaares so auffällige und constante
sind, dass mir die Artberechtigung der Phr. Diogenes gesichert schien.
Da nun Cravs die von ihm beschriebenen und nach Lage der Dinge
‚mit Recht auf Phr. sedentaria bezogenen Männchen unter Spiritus-
material auffand, welches aus dem Atlantischen Ocean und von der
Küste von Chile stammte, so kam ich schliesslich auf die Vermuthung,
dass er das Männchen der Phr. Diogenes vor sich hatte und dass die
Männchen der gemeinen Pr. sedentaria überhaupt noch nicht bekannt
geworden seien. Ich unterzog daher das Phronimidenmaterial, welches
ich früherhin in grösseren Tiefen des Mittelmeeres gefischt hatte,
einer genaueren Prüfung und war nicht wenig überrascht, als ich
bald unter demselben eine grössere Zahl von Männchen auffand,
welche thatsächlich die bisher unbekannt gebliebenen Männchen der
Phronima sedentaria repraesentiren.
530 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Indem ich in Fig. 7 eine Skizze der männlichen Phr. sedentaria
gebe, so bemerke ich von vornherein, dass Männchen und Weibehen
nicht so auffällig von einander verschieden sind, als man bisher an-
zunehmen geneigt war. Allerdings sind dieselben kleiner als die
Weibchen, insofern die vier mir vorliegenden aus sehr verschiedenen
Tiefen (von 100— 1200”) ausserhalb Capri gefischten Männchen nur
8—10"” lang sind. Vergleicht man dieselben jedoch mit gleich
grossen Weibehen, so ergibt sich zunächst die bemerkenswerthe That-
sache, dass ebenso wenig wie bei Phr. Diogenes die Bildung der Greif-
hand des fünften Thoracalfusspaares eine Handhabe zur Unterscheidung
des Geschlechtes abgibt. Weder sind Carpus und Metacarpus der
männlichen Greifhand breiter als bei dem Weibehen, noch auch lassen
die Drüsen und die Anordnung der Zähne am Metacarpus Differenzen
erkennen. Was letztere anbelangt, so sind am Metacarpus 5 an Grösse
successive abnehmende Zähnehen bei beiden Geschlechtern nach weis-
bar. Wie bereits Craus richtig beschreibt, so gehört zu jedem Zahn
eine Borste. Diese Borsten nehmen ebenfalls gegen die Insertions-
stelle des Dactylus zu an Grösse ab und rücken gleichzeitig näher
an den Zahnfortsatz. Die erste grösste Borste steht mitten zwischen
dem ersten und zweiten Zahn, während die folgenden immer dichter
an den Zahn heranrücken. Der fünfte nur undeutlich ausgebildete
Höcker weist ebenfalls eine feine Borste auf.
Dass allerdings bei dem späteren Wachsthum des Weibchens
wesentliche Umgestaltungen an den Zahnfortsätzen der weiblichen
Greifhand Platz greifen, hat Craus bereits hervorgehoben.
Die Pleopoden sind nicht auffällig bei dem Männchen verbreitert,
wie ein Blick auf die Abbildung lehrt.
Somit redueiren sich die äusseren (Geschlechtsunterschiede —
abgesehen von dem Mangel der Brutlamellen bei dem Männchen —
im Wesentlichen auf die Gestaltung der Antennen. Allein auch in
dieser Hinsicht zeigt sich eine sehr bemerkenswerthe Abweichung von
dem Männchen der Phr. Diogenes, insofern dem Männchen der
Phronima sedenlaria die unteren Antennen fehlen. Sie sind,
genau wie bei dem Weibehen, auf eine kuglige, Borsten tragende
Hervorwölbung redueirt. Man könnte allerdings einwenden, dass ich
nur jugendliche Märmchen vor mir hatte, die späterhin noch die
untere Antenne zur Ausbildung bringen. Allein dagegen spricht der
Umstand, dass bei den jugendlichen Männchen der Phr. Diogenes und
der Phronimella elongata die unteren Antennen auf sehr frühen Stadien
als stummelförmige, ungegliederte Fortsätze nachweisbar sind. Die
Schilderung, welche Craus von der Entwickelung der männlichen
Cmun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 531
unteren Antennen bei den zuletzt erwähnten Arten gab, kann ich
nach dem mir vorliegenden Material bestätigen.
Was schliesslich die oberen Antennen des Männchens anbelangt,
so fällt an denselben die keulenförmige Verdickung des Schaftgliedes
auf, welches an seinem Ende eine beschränkte Zahl starrer Borsten
differenzirt. An ihrer Basis hat die Antenne zwei Glieder zur Son-
derung gebracht, während der Spitze des Schaftes eine kurze fünf-
gliedrige Geissel aufsitzt. Die oberen Antennen waren bei allen
Exemplaren gleichmässig entwickelt und zeigten eine Ausbildung, wie
sie das Männchen der Phr. Diogenes vor der letzten Häutung aufweist.
Es fehlen nämlich die feinen Spürhaare an dem Schaftgliede, die
Geissel ist kurz und an der Basis sind nicht drei, sondern nur zwei
Glieder differenzirt.
Der männliche Geschlechtsapparat ist wie bei Phr. Diogenes sym-
metrisch gebaut. Dicht hinter dem Kopfe liegen beiderseits unter-
halb des Magens die Samendrüsen (/), welche in die langgestreckten,
im unteren Drittel zu einem Spermatophorensack leicht anschwellen-
den Ausfuhrgänge übergehen. Dieselben biegen im siebenten Seg-
mente scharf rechtwinklig geknieckt nach der Medianlinie um und
münden auf einer Geschlechtspapille aus.
Fassen wir nun nochmals in Kürze die Resultate der obigen
Bemerkungen über die Phronima- Arten zusammen, so ergibt es sich
aus denselben, dass im Ocean zwei wohl charakterisirte Arten, näm-
lieh Phronima sedentaria und Phr. Diogenes vorkommen, die sich, ab-
gesehen von ihrer Färbung, namentlich durch die Gestaltung der
Greifhand des fünften Fusspaares und durch die Differenzen in der
Antennenbildung der Männchen unterscheiden. Da man indessen
das Männchen der Phronima Diogenes auf Phr. sedentaria bisher be-
z0g, so wurde man zu der Annahme geführt, dass die seeundären
Geschleehtsunterschiede zwischen Männchen und Weibehen derselben
Art auffälligere seien, als sie thatsächlich vorliegen. Im Wesentlichen
reduciren sich die äusseren Geschlechtsunterschiede auf die Bildung
der Antennen, während die Gestaltung der Greifhand bei gleich
grossen Männchen und Weibchen identisch ist. Untere Antennen
sind bei dem bisher unbekannt gebliebenen Männchen der Phr. seden-
faria vudimentär, bei jenem der Phr. Diogenes ansehnlich entwickelt.
Von sonstigen Phronimiden erwähne ich der Phronimella elongata
Craus, die gelegentlich an der Oberfläche erschien und in grosser
Zahl vor Las Palmas aus 450” Tiefe gefischt wurde. In den Tiefen-
532 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
netzen bis zu 1600” fanden sich weiterhin männliche und weibliche
Exemplare der selteneren Paraphronima gracilis Cuaus (ein weibliches
Exemplar erbeutete ich im Februar an der Oberfläche) und drei
Exemplare der Phronimopsis spinifer Craus, deren Auftreten im Atlan-
tischen Ocean (vor Las Palmas) hiermit zum ersten Mal constatirt wird.
Unter den zahlreichen Platysceliden hebe ich lediglich das Vor-
kommen des seltenen Rhabdosoma armatum M. Epw. hervor, das in
3 Exemplaren Ende Februar an der Oberfläche erbeutet wurde. Die
Exemplare waren an der Brust und auf dem Bauch rosa pigmentirt.
Ausserdem trat rosa Pigment an den Thoracalfüssen, am Kopfe und
an den enorm langen Kopfstacheln auf.
Als Commensalen der Eucharis multicornis fand ich weiterhin den
grossen Oxycephalus piscator M. Epw. und an der Oberfläche schwimmend
den Oxycephalus typhoides Cuaus. Letzterer war ebenfalls intensiv rosa
pigmentirt.
Die Schilderung der Amphipoden will ich nicht abschliessen,
ohne auf eine sehr sonderbar gestaltete Form aufmerksam zu machen,
die ich keiner der bisher bekannten Amphipodenfamilien einzureihen
vermag. Indem ich in Fig. 8, 9 und ıo eine Abbildung des in Rede
stehenden Krebses gebe, so bemerke ich, dass ich ein männliches
Exemplar desselben aus ı600” Tiefe zwischen Teneriffa und Gran
Canaria fischte, während späterhin das auf Fig. 8 abgebildete Weibchen
an der Oberfläche vor Orotava Ende Januar erschien. Dasselbe theilt
mit den Phronimiden die originelle Lebensweise in Gehäusen pela-
gischer Thiere und zwar waren es diesmal zwei Schwimmglocken
eines Hippopodius, welche mit einander zugekehrter Subumbrella von
dem Weibehen vermittels des fünften Thoracalfusspaares festgehalten
wurden. Nachträglich fand ich dann in dem Inhalt des offenen Netzes
aus 1000” Tiefe (Zug IV) noch ein jugendliches Weibchen. Das
Männchen misst 5"”, das ältere Weibchen ‚8"””.,
Die neue Gattung, welcher ich mit Bezugnahme auf ihren Fundort
den früheren Namen der Canarischen Inseln Fortunata gebe, ist durch
ihren rundlichen, nicht seitlich comprimirten Körper ausgezeichnet.
Das Kopfsegment ist nicht mit dem ersten der 7 Thoracalsegmente
verschmolzen; von dem Thorax ist das sechsgliedrige schmale Ab-
domen deutlich abgesetzt. Das Kopfsegment (Fig. 9) ist relativ klein
» und verdankt seine geringe Grösse offenbar den auffällig kleinen, an
den Seiten gelegenen Augen. Jedes Auge besteht aus nur 9—ı0
Facetten. Sehr ansehnlich sind dagegen die oberen Fühler, welche
an der gerade abgestutzten Vorderseite des Kopfes sich inseriren.
Cuun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 533
Sie sind bei Männchen und Weibehen gleichmässig gebildet und be-
stehen aus einem zweigliedrigen Schafte, dessen äusseres Glied all-
mählich sich zuspitzend an der Innenseite mit zahlreichen in mehreren
Reihen nebeneinander stehenden Spürhaaren bedeckt ist. Von der
unteren Partie des dreieckigen Gehirnes entspringt der Antennennerv,
welcher längs der Insertionsstelle der Spürhaare ein langgezogenes
Ganglion (g) bildet.
Von den unteren Fühlern ist bei dem Weibchen nicht einmal
ein Rudiment nachweisbar, während: sie bei dem Männchen (Fig. 10)
wohlentwickelt hinter dem kleinen Auge auftreten. Sie bestehen aus
drei an Länge successive zunehmenden Basalgliedern und aus einer
langen siebengliedrigen Geissel. Fortunata lepisma, wie ich die Art
benenne, besitzt 7 Paare von Thoracalfüssen. An denselben sind
deutlich abgesetzte Coxalglieder nieht nachweisbar. Scheerenbildungen
treten nicht auf, vielmehr enden sämmtliche Beinpaare mit einfachen
Klauen. Die beiden vorderen Beinpaare (Gnathopoden) sind kurz,
bedeutend länger dagegen die vier folgenden, während das siebente
Paar wieder verkürzt erscheint. Das fünfte Thoracalfusspaar inserirt
sich dorsalwärts und wird nach oben gerichtet getragen; es dient
zur Fixirung in dem Gehäuse. Sein Femur ist vor dem Kniesegment
mit einem starken Dorn versehen. Neben dem dritten bis sechsten
Beinpaare sitzen wie bei Paraphronima vier Paare von Riemenschläuchen ;
ausserdem treten an ihnen bei dem geschlechtsreifen Weibchen vier
Paare von Brutlamellen auf, deren Innenrand mit langen Dornen besetzt
ist. Sie bergen die zahlreichen ovalen Eier zwischen sich.
Die drei Paare von Pleopoden schliessen sich in ihrer Form den
entsprechenden Abdominalfusspaaren der Hyperinen an. Auch die
drei Paare von schmalen, lanzettförmigen Uropoden gleichen jenen
der Phronimiden. Das vorderste Paar ist am längsten und an der
Innenseite mit einem kleinen Dorn versehen, der sich an den beiden
hinteren Paaren zu einem selbständig abgesetzten lanzettförmigen
Anhang ausbildet.
Was die inneren Organe anbelangt (die nur bei dem in Chrom-
Osmium conservirten kleineren Weibchen deutlich erhalten waren),
so hebe ich zunächst hervor, dass der lange und schmale Herzschlauch
sich vom sechsten Brustsegment an bis zum Kopfe erstreckt. Das
Gehirn (Fig. 9) ist dreieckig gestaltet und entsendet den relativ feinen
Augennerv und etwas tiefer von seinem unteren Lappen (ce. {) die
starken Nerven zur oberen Antenne. Der schräg nach vorn auf-
steigende Oesophagus geht in den Vormagen (p. v) über, welcher
vollständig in den voluminösen, bis zum sechsten Thoracalsegment
reichenden Magendarm (v) eingestülpt ist. Zwei kleine nach hinten
534 Sitzung der phys. -math. Classe v. 6. ‚Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
gerichtete Leberschläuche (die bei Männchen und Weibchen deutlich
nachweisbar sind) liegen dorsal zu beiden Seiten des Pylorialabschnittes.
Zwischen den Leberschläuchen und dem Anfangstheil des Dünndarmes
ist bei dem kleineren Weibchen die paarige Anlage der Geschlechts-
drüse nachweisbar.
Was schliesslich die systematische Stellung der Fortunata lepisma
anbelangt, so fällt es nicht leicht, sie einer der bisher bekannten
Amphipodenfamilien einzureihen. Mit den Gammariden hat sie die
geringe Grösse der Augen und des Kopfsegmentes gemein, während
der Mangel einer seitlichen Compression des Körpers und die Ge-
staltung der Segmentanhänge an die Organisationsverhältnisse mancher
Hyperinen erinnern. Immerhin scheinen mir die Beziehungen zu den
Gammariden, die sich ja im Wesentlichen auf die Kleinheit der Augen
redueiren, weniger bedeutungsvoll zu sein, als jene zu den Hyperinen.
Mit Recht ist bereits durch Mırne Enwarps die Gestaltung der An-
tennen als wichtiges Merkmal für die Eintheilune der Hyperinen
verwerthet worden. Dass nun die ortunata in dieser Hinsicht sich
den Hyperinen anschliesst, geht einerseits aus dem Mangel von
Nebengeisselbildungen, andererseits aus dem Dimorphismus der An-
tennenbildung bei Männchen und Weibchen hervor, insofern untere
Antennen lediglich dem Männchen zukommen. Da nun weiterhin
die für die Platysceliden (Hyperines anormales M. Epw.) charakteristische
ziekzackförmige Knieckung an den unteren Antennen fehlt, so kämen
zunächst die Hyperiden im engeren Sinne (Hyperines ordinaires M. Epw.)
in Betracht. Unter letzteren sind es nun die Phronimiden, welche in
ihrer Antennenbildung die meisten Beziehungen bieten. Wie bei diesen,
so sind auch bei Fortunata die vorderen Antennen zweigliedrig, während
die hinteren dem Weibchen fehlen. Allerdings verhält sich Fortunata
insofern eigenthümlich, als Differenzen in der Ausbildung der Vorder-
antennen bei Männchen und Weibchen nicht zu beobachten sind, es sei
denn, dass man den etwas angeschwollenen Basaltheil der männlichen
Antenne als gesondertes drittes Schaftglied in Anspruch nähme.
Was nun die geringe Grösse des Kopfsegmentes anbelangt, so
repraesentirt unter den Hyperinen die Gattung Vibilia immerhin einen
Vertreter mit wenig angeschwollenem Kopfe, dessen Augen allerdings
im Vergleich mit jenen der Fortunata noch recht ansehnliche Dimen-
sionen erreichen. Auch die kolbige Anschwellung des vorderen
Schaftgliedes der oberen Antenne bei Vibilia erinnert an die ähn-
liche Bildung der Fortunata. Andererseits aber bedingt dies Auf-
treten unterer Antennen bei dem Weibchen, die gammaridenähnliche
Compression des Körpers und das breite von dem Thorax nicht
scharf abgesetzte Abdomen auch wieder wesentliche Differenzen.
*
Chun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 535
Mit den Phronimiden zeigt nun Fortunata eine unleugbare Ver-
wandtschaft in der Gestaltung der Brust und des Abdomens mit ihren
Segmentanhängen. Zwar fehlen Scheerenbildungen an den Thoracal-
füssen, allein seitdem wir in der Gattung Paraphronima durch Craus
eine Phronimide mit mangelnder Scheerenbillung kennen lernten,
dürfte dieser Umstand nicht schwer in die Waeschale fallen. Das
Auftreten von vier Paaren von Kiemenschläuchen und Brutlamellen
an der Brust erinnert ebenso an die Phronimiden, wie der Mangel
deutlich abgesetzter Epimeralplatten an den Brustfüssen. Immerhin
ist nicht zu leugnen, dass in jenen Fällen, wo bei Phronimiden eine
Rückbildung der Augen auftritt — ich erinnere an die merkwürdige
Gattung Mimonectes Bovaruıus' — die kuglige Auftreibung des Kopf-
segmentes nicht aufgegeben ist. Während andererseits die völlige
Einstülpung des Vordarms in den Magendarm Beziehungen zu den
Phronimiden bietet, so zeigen sich doch auch wieder in dem Auf-
treten zweier kurzer nach hinten gerichteter Leberschläuche Differenzen,
insofern ja die Phronimiden vier nach vorn gerichtete sackförmige
Leberschläuche aufweisen.
Nach dem hier Mitgetheilten glaube ich wohl berechtigt zu sein,
wenn ich die Gattung Fortunata zum Vertreter einer neuen Amphi-
podenfamilie erhebe, deren Diagnose folgendermaassen lauten würde.
Fortunatae. Amphipoden mit kleinen gammaridenähnlichen Augen
und kleinem Kopfsegment, das mit dem ersten Thoracalsegment nicht
verschmolzen ist. Körper nicht seitlich comprimirt. Das sechsgliedrige
Abdomen ist schmal und scharf von dem siebengliedrigen Thorax
abgesetzt. Obere Antennen bei Männchen und Weibchen gleich ge-
staltet, von ansehnlicher Grösse, zweigliedrig und mit zahlreichen
Spürhaaren besetzt. Untere Antennen nur bei dem Männchen vor-
handen, mit dreigliedrigem Schaft und langer Geissel. Thoracalfuss-
paare mit einfachen Klauen endend, ohne Epimeralplatten. Kiemen-
schläuche vorhanden. Zwei kurze, nach hinten gerichtete Leber-
schläuche am Magendarm. Die Weibehen leben in Gehäusen, welche
aus abgestorbenen pelagischen Thieren gebildet werden.
Schizopoda. Wie in dem Mittelmeere, so machen auch in den
Tiefen des Atlantischen Oceans die Schizopoden einen sehr charakte-
ristischen Bruchtheil der pelagischen Bevölkerung aus.
Unter den Mysideen hebe ich zunächst das Auftreten der merk-
würdigen Buchaetomera Iypica G. ©. Sars” hervor, deren Vorkommen
! Bovarzıus: Mimonectes a vemarkable genus of Amphlipoda Hyperina in: Nova
Acta Reg. Soc. Sc. Upsal. Ser. III Vol. 13. 1886. Fase. I.
® Voy. Challenger, Zool. Vol. XIII. Report on the Schizopoda p. zı1. Taf. 37.
536 Sitzung der phys.-matlı. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
im Atlantischen Ocean hiermit zum ersten Mal mit Sicherheit con-
statirt wird. Ich fischte ein männliches Exemplar derselben aus 500"
Tiefe vor Funchal. Durch die erstaunliche Länge ihrer oberen An-
tennen (die bei allen vom Challenger im pacifischen Ocean erbeuteten
Exemplaren abgebrochen waren), durch die Grösse ihrer Endopodiden,
durch die auffällige Verkürzung des Carapax und des Telsons bildet -
Euchartomera typica eine charakteristische Übergangsform zwischen
Mysis und der von mir früherhin in den Tiefen des Mittelmeeres
erbeuteten Arachnomysis Leuckartü. Zudem besitzt das Männchen einen
ganz Ähnlich gestalteten Schopf von Spürhaaren an den vorderen
Antennen und ausserdem noch (die von Sars übersehenen) Dornen
an den Abdominalsegmenten, insofern letztere an ihrer Hinterseite
jederseits mit 6—7 Dornen ausgestattet sind.
Unter den Euphausiden hebe ich vor Allem das häufige Auf-
treten der Nematoscelis- und Stylocheiron-Arten mit ihren Jugend-
formen in der Tiefe hervor.
Von der Gattung Nematoscelis erbeutete ich aus 500” Tiefe vor
Funchal (Zug VI) ein grosses ı5
mm
messendes Männchen einer neuen
Art, die ich N. Mantis benenne. Dieselbe unterscheidet sich von
N. megelops G. O. Sars, der sie im Übrigen am nächsten steht, durch
das Vorkommen von 7 Borsten an der Greifhand des zweiten Fuss-
paares (N. megalops besitzt deren acht) und durch ein gerade ge-
strecktes sanft aufwärts gebogenes Rostrum (bei N. megalops ist das-
selbe scharf abwärts gekrümmt). Da Sars überhaupt in dem Challenger-
Material der Nematosceliden kein Männchen vorfand, so bemerke ich
noch, dass das Männchen einen Schopf zahlreicher kräftiger Spür-
haare an dem Basaltheil der unteren Geissel aufweist. Die beiden
Geisseln der oberen Antennen sind halb so lang wie der Körper;
etwas länger noch ist die Geissel der unteren Antenne. Bei den von
Sars beschriebenen Nematoscelis- Arten sind überhaupt die Geisseln
bedeutend kürzer als bei N. Mantis. Sehr lange Wimpern sitzen ausser-
dem noch den Basalgliedern des Schaftes der oberen Antenne auf.
An dem Carapax war ein Zahnfortsatz jederseits nicht nachweisbar.
Ausserdem fischte ich noch Nematoscelis rostrata SAaRrs aus 450"
Tiefe vor Las Palmas in 3 Exemplaren.
Unter den Stylocheiren erwähne ich vor Allem das häufige Vor-
kommen von Stylocheiron mastigophorum Crun. In allen Tiefen war
diese von mir aus dem Mittelmeer beschriebene Art' regelmässig ver-
treten; ein Exemplar fand sich auch in dem Schliessnetz aus 500"
ı C. Cuun. Die pelagische Thierwelt in grösseren Meerestiefen. Bibl. Zool,
Heft I. S. 30. Taf. 4 Fig. ı.
Caun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 934
Tiefe (Zug I). Einmal erschienen auch am 27. Februar und 26. März
mehrere Weibchen und Jugendstadien dieser Art an der Oberfläche.
Zur Ergänzung meiner früheren Beschreibung gebe ich in Fig. 3 eine
nach dem lebenden 'T'hier entworfene Abbildung mit der natürlichen
Haltung der Antennen und Greiffüsse. Indem ich bezüglich der De-
tails auf meine frühere Beschreibung verweise, so bemerke ich noch,
dass die Leuchtorgane hochroth pigmentirt sind und dass die grossen
den Antennengliedern aufsitzenden Wimpern durchweg mit sehr feinen
Fiedern ausgestattet sind, die zweizeilig divergiren.
Zum Schlusse der Besprechung pelagischer Tiefenformen unter
den Euphausiden gestatte ich mir noch auf eine neue, 'ansehnliche
Stylocheiron- Art aufmerksam zu machen, welche ich St. chelifer wegen
der kräftigen Entwickelung der scheerenartigen Raubfüsse benenne.
Ich fischte sie aus 500” Tiefe vor Funchal (Zug VI) und aus 1000”
(Zug IV) und finde sie identisch mit 3 Exemplaren, die ich früherhin
aus grösseren Tiefen des Mittelmeeres erbeutete. Stylocheiron chelifer
erreicht vom Rostrum bis zur Schwanzspitze gemessen eine Länge
von 14—16"””; die Antennen sind ebenso lang wie der Körper. Sie
repraesentirt also eine der grössten Arten und steht 87. abbreviatum
G. OÖ. Sars durch die Kürze des Carapax und durch die auffällig grossen
Augen nahe. Immerhin unterscheidet sie sich von der genannten
Art durch die reiche Entfaltung ihrer Kiemenbüschel und durch das
gerade gestreckte Rostrum, dessen Spitze sanft aufgebogen ist (nicht
abwärts gekniekt wie bei Sf. abbreviahım). An ihrer Greifhand des
dritten Fusspaares, die ich in Fig. 4 abbilde, fällt die kräftige Ent-
wiekelung der beiden Scheeren auf, von denen die dorsale mit 3 sue-
cessive an Grösse abnehmenden Zähnen ausgestattet ist (S71. abbreviatum
besitzt deren nur 2); an Stelle eines vierten Zahnfortsatzes findet sich
eine Borste. Ausserdem kommt noch ein basaler kräftiger Dorn hinzu,
der ebenfalls St. abbreviatum fehlt. Zwischen beiden Scheeren tritt
endlich noch ein ziemlich langer und breiter Dorn auf.
Die Gattung Kuphausia war durch E. gracilis Dana und E. gibba
G.O. Sars in allen Tiefen bis zu 1500" häufig vertreten. Auch an
der Oberfläche erschienen öfter die genannten Arten.
Sergestidae. In seinem »Report on the Crustacea Macrura of
H. M. S. Challenger« beschreibt Srenez BarEe eine grosse Zahl neuer
Sergestiden. Leider lässt jedoch der Erhaltungszustand des Challenger-
Materiales so viel zu wünschen übrig, dass der Leser ein nur un-
vollkommenes Bild von der Organisation dieser exquisit pelagischen
zarten Decapoden erhält. Abgesehen davon, dass nahezu an sämmtlichen
neu beschriebenen Sergestiden die erstaunlich langen Antennen ab-
gebrochen sind, ist SpencE BATE öfter darauf angewiesen, Formen zu
538 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
charakterisiren, denen die zarten Brustfüsse fehlen. Dass bei dieser
Sachlage vielfach Zweifel an der Artberechtigung aufsteigen und dass
es späteren Beobachtern nicht leicht fallen wird, tadellos erhaltene
Sergestiden auf Arten zurückzuführen, deren Beschreibung nach ver-
stümmelten Exemplaren entworfen wurde, liegt auf der Hand.
Immerhin glaube ich im Recht zu sein, wenn ich zunächst einen
Sergestes als neu beschreibe, der unter Verhältnissen, auf welche ich
in den Schlussbemerkungen zurückkommen werde, an der Oberfläche
am 27. Februar vor Orotava erschien.
Sergestes sanguineus (Fig. ı), wie ich die neue Art wegen der blut-
rothen Färbung der erstaunlich langen unteren Antennen benenne,
zeichnet sich vor allen bisher beschriebenen Sergestiden durch die un-
gewöhnliche Entwickelung des vorletzten Brustfusspaares aus. Dieselben
übertreffen an Länge die übrigen Füsse um das drei- bis vierfache. Der
Carapax besitzt ein Rostrum von mittlerer Länge, neben dem seitlich
Je ein kleiner Dorn sich inserirt. Ausserdem ist noch im vorderen
Drittel des Carapax jederseits ein Dorn vorhanden. Die unteren An-
tennen weisen etwa an ihrem ersten Drittel einen Knick auf, der für
alle Sergestiden charakteristisch zu sein scheint. Hinter demselben
beginnt eine feine Bewimperung bis zur Spitze der Antennen. Die
Ausbildung der Bewimperung scheint mir für alle Sergestiden ein wich-
tiges Kennzeichen für die Art abzugeben. Bei Sergestes sanguineus
speeiell sitzen an der Basis jeden Gliedes in proximaler Richtung drei
Fiederborsten. Die mittlere, etwas kürzere ist zweizeilig bewimpert,
während die längeren, seitlichen Borsten weniger reich mit einzeilig
angeordneten Wimpern ausgestattet sind.
Sergestes sanguineus misst vom Rostrum bis zur Spitze der Uro-
poden ı1""; die unteren Antennen übertreffen den Körper an Länge
um das Vierfache. Über seine röthliche Pigmentirung gibt Fig. ı
Auskunft.
In der Bewimperung der Antennen stimmt mit der eben be-
schriebenen Art Sergestes longirostris Sp. Bare überein. Er war der
häufigste aller Sergestiden und fand sich regelmässig in dem Inhalt
der Tiefennetze. Wahrscheinlich gehört zu ihm ein Jugendstadium,
das ich in 500” Tiefe im Schliessnetz vorfand. Seltener erschien er
an der Oberfläche; ein bei Orotava im Anfang März gefischtes Exemplar
war an den Brustfüssen, auf der..Bauchseite, am Abdomen, auf der
Schuppe und den Uropoden durch prächtig verästelte Chromatophoren
orangegelb gefärbt.
Sergestes Atlanticus M. Epw., der wohl mit S. FrisiÜ Krov. identisch
sein dürfte, wurde in wechselnden Tiefen (bis zu 1000”) erbeutet;
zwei Exemplare fischte ich an der Oberfläche vor Funchal und Orotava.
Crun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 939
Die unteren Antennen, welche wiederum den Körper um das Vier-
fache an Länge übertreffen, zeigen nieht nur den charakteristischen
Knick, sondern sind auch von demselben an dicht bewimpert. Indem
ich in Fig. 2 einen Theil der Antenne abbilde, so bemerke ich, dass
die Fiederborsten links und rechts an dem proximalen Absehnitt der
kleinen Glieder zu je zwei sich inseriren. Sie sind nach hinten mit
einzeilig angeordneten Wimpern dicht bedeckt. Zwischen je 6 Gliedern
findet sich regelmässig eine starke mediane zweizeilig bewimperte
Fiederborste.
Schliessliieh mache ich noch auf die Bewimperung der unteren
Antennen von Sergestes armatus Krov. aufmerksam, den ich Ende
Februar an der Oberfläche fischte. Bei ihm sitzen den ungemein
langgestreckten Antennengliedern kranzförmig 6 Borsten auf, von
denen eine kurze kräftige Borste zweizeilig bewimpert ist. während
die übrigen einzeilig gefiedert sind.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, wenn ich noch der
mannigfachen vor Las Palmas in Tiefen bis zu 450" erbeuteten Deca-
poden (Lowopis tridens Dana, Diaphoropus Sp. Bate, Oodeopus Sp. BATE)
und Decapodenlarven gedenken wollte. Unter letzteren erschien der
sonderbare Amphion Reynaudi auch gelegentlich vor Orotava an der
Oberfläche. Er besitzt ebenfalls ungemein lange Vorderantennen,
welche bei den bisher beobachteten Exemplaren abgebrochen waren.
Einzelne Antennenglieder sind spatelförmig verbreitert und mit ver-
ästelten rothen Chromatophoren bedeckt. Da bei Amphion neuerdings
durch Spenxee BAtE auf die Anlage männlicher und weiblicher Geschlechts-
drüsen hingewiesen wurde, so dürfte er ohne tiefer greifende Ver-
änderungen zu einer den Ephyrinen zugehörigen Art sich entwickeln.
unter denen ja (ich erinnere an die von mir beschriebene Miersia
clavigera) ebenfalls solche spatelförmige Verbreiterungen der Antennen-
glieder vorkommen.
VI. Mollusca.
Pteropoda. Die Pteropoden steigen auch in dem Atlantischen
Ocean in grössere Tiefen herab. Unter den beschalten Formen fand
sich Hyalaea trispinosa Les. in 3 Exemplaren im Schliessnetz aus 500"
Tiefe, während an der Oberfläche zu gleicher Zeit nie ein Exemplar
beobachtet wurde. Auch die Oreseis- und Cleodora-Arten waren ziemlich
zahlreich in den offenen Tiefennetzen vorhanden. Besonders charak-
teristisch für die Tiefenfauna ist ebenso wie im Mittelmeer die inter-
essante, an der Oberfläche seltene Gattung Spirialis (Limacina Cuvv.),
von der ich vier Arten aus allen Tiefen in grösserer Zahl sammelte.
540 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Unter den Gymnosomen möchte ich an dieser Stelle auf den
Vertreter einer neuen Familie aufmerksam machen, der, wie ich
wohl annehmen darf, durch die Eigenthümlichkeiten in seinem Bau,
allgemeineres Interesse beansprucht.
Desmopterus papilio, wie ich die neue Gattung und Art benenne,
erschien während des ganzen Winters sehr vereinzelt an der Ober-
fläche vor Orotava. Ich beobachtete im Ganzen ı0o Exemplare dieses
originellen in Fig. ı 1—- ı4 dargestellten Pteropoden. Er ist der kleinste
aller Gymnosomen, insofern die grössten Exemplare eine Flossenbreite
von’ nur 30%
mm
5 und eine Länge von 2"" erreichen. Der Körper zer-
fällt in einen umfangreichen Kopfabschnitt und in eine relativ kleine,
fast rechtwinklig abgebogene hintere Partie. An dem Kopfabschnitt
fällt vor Allem der vollständige Mangel von Kopfkegeln und die
rudimentäre Ausbildung der Tentakeln auf, welch’ letztere nur als
zwei kleine, leicht zu übersehende Knötchen angedeutet sind. Der
hintere Körperabschnitt ist vom Rücken gesehen breit und an seinem
Ende in einer Spiraltour gewunden.
Bei keinem Pteropoden dürften die Flossen eine im Verhältniss
zur Grösse des Thieres so mächtige Entfaltung nehmen, wie bei
Desmopterus. Als charakteristisch für die Gattung ist in erster Linie
der vollständige Mangel eines mittleren Fussabschnittes
(Protopodium) hervorzuheben. Um so mächtiger entwickeln sich die
Seitentheile (Epipodien) zu zwei in der Medianlinie zusammenfliessen-
den Flossen. Am unteren Rand der Flossen schneiden jederseits
zwei tiefe Buchten ein und bedingen eine Trennung in zwei paarige
Abschnitte, deren. oberer der grössere ist, und in eine mediane un-
paare fast quadratisch gestaltete Partie. Durch diese Lappenbildung
erhalten die Flossen eine ungefähre Ähnlichkeit mit Schmetterlings-
flügeln, die noch dadurch gesteigert wird, dass die Flossennerven
einen den Flügelrippen analogen Verlauf nehmen.
Eine sehr eigenartige und den übrigen Pteropoden fremde Aus-
zeichnung erhalten nun die Flossen dadurch, dass an der Grenze der
oberen und mittleren Lappen zwei lange Tentakeln sich inseriren.
Dieselben sind bandförmig comprimirt, intensiv roth pigmentirt und
im Leben durch eine lebhafte Flimmerung ausgezeichnet.
Desmopterus papilio ist am Körper zart hochroth pigmentirt. Auf
den Flossen treten vier rothe Flecken constant bei allen Exemplaren
auf; ausserdem ist noch der obere Flossenrand und die Spitze der
mittleren Lappen roth gefärbt.
Was die innere Organisation der Miiiere anbelangt, so habe ich
an den lebenden Exemplaren, die zudem noch sehr empfindlich sind,
einen nur unvollkommenen Einblick erhalten. Bei der geringen Grösse
Cuux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 541
und einer immerhin nur mässigen Durchsichtigkeit entschloss ich
mich mehrere Exemplare in Längs- und Querschnittserien zu zer-
legen, die denn auch in die Lageverhältnisse fast aller Organe einen
befriedigenden Einbliek gestatteten. Ich will versuchen in aller Kürze
über den inneren Bau einige Andeutungen zu geben.
Der Darmkanal beginnt mit einer breiten, von sehr beweglichen
Lippen begrenzten Mundöffnung, welche in den kräftigen Pharynx
führt. Derselbe ist mit einer Radula versehen, deren Zähnchen
einfach hakenförmig gestaltet sind und keinen durch abweichende
Form ausgezeichneten Mittelzahn aufweist. Etwa 20—30 Zähnchen
sind in jeder Querreihe nachweisbar. Hakensäcke sind ebensowenig
wie bei der Gattung Halopsyche ausgebildet; auch fehlt ein vorstülp-
barer Rüssel. Zu beiden Seiten des Pharynx liegen Zellen, welche
die Speicheldrüsen repraesentiren. Der von dem Pharynx scharf ab-
gesetzte enge Oesophagus geht in der Höhe des Ansatzes der Flossen
in einen Magendarm von ungewöhnlicher Weite über. Der vordere
Abschnitt desselben wölbt sich haubenförmig in die Kopfpartie des
Körpers vor, während die hintere Abtheilung bruchsackförmig bis
in die Nähe des spiral gewundenen Körperendes herabzieht und da,
wo sie der gleich zu erwähnenden Leber autliegt, intensiv gelb pig-
mentirt ist. Der Enddarm entspringt an der rechten Seite des Magen-
darms und verläuft horizontal oder schräg abwärts, um auf der rechten
Körperseite ungefähr an der Grenze des unteren Körperviertels aus-
zumünden. Er ist sehr dünnwandig und schwer nachweisbar. In
die rechte Seite des Magendarmes mündet vermittelst eines sehr langen,
an der Eintrittsstelle meist trichterförmig angeschwollenen Ganges die
umfangreiche Leber ein. Letztere erfüllt das hintere Körperende in
einer halben Spiraltour, die wahrscheinlich durch eine bei der Larve
auftretende Schale bedingt wurde. Die Leberzellen sind regelmässig
pallissadenförmig in einschichtiger Lage nebeneinander angeordnet;
der Lebergang entspringt auf der linken, etwas breiteren Seite der
Leber und verläuft dann längs des Magendarmes schräg nach rechts,
um oberhalb der Einmündung des Oesophagus sich in den Magendarm
mit trichterförmig verbreitertem Ende zu öffnen.
Das Nervensystem setzt sich aus zwei Üerebralganglien, zwei
dieht ihnen anliegenden Pedalganglien und einem unpaaren hinter letz-
teren gelegenen Visceralganglion zusammen. Die Ganglien umfassen in
gewohnter Weise den Oesophagus an seiner Einmündung in den Magen-
darm. Links und rechts hinter den beiden Pedalganglien liegen die
zwei runden Otolithenbläschen mit ihren zahlreichen kleinen Otolithen.
Von dem zugespitzten Vorderende der birnförmigen Cerebral-
ganglien entspringen je zwei Nerven. Die oberen verlaufen längs
Sitzungsberichte 1889. 53
542 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
des Oesophagus zu den vier Buccalganglien, die der Grösse des
Pharynx entsprechend eine ansehnliche Entwickelung erreichen. Die
hinteren beiden Buccalganglien sind kleiner als die beiden vorderen;
sie liegen nebeneinander über der Austrittsstelle des Oesophagus aus
dem Pharynx. Die beiden unteren von der Vorderfläche des Hirnes
entspringenden Nerven sind etwas kräftiger als die Buccalnerven und
verstreichen in ihrem weiteren Verlaufe sich gabelnd zu den Lippen-
rändern des Mundes. Endlich entspringen mit je zwei Wurzeln von
der Dorsalfläche des Hirnes zwei zu den rudimentären Tentakeln
ziehende Fühlernerven. Die Commissuralnerven treten äusserlich nicht
hervor, sondern sind erst auf Schnitten zwischen den Cerebral-,
Pedal- und Visceralganglien nachweisbar. Die ansehnliche Entwicke-
lung der Flossen mit ihrer aus den Abbildungen ersichtlichen kräftigen
Muskelentfaltung bedingt wiederum eine ausgiebige Stärke der Pedal-
nerven. Sie entspringen links und rechts mit einem breiten kurzen
Stamm aus den Pedalganglien, der sich in drei starke Äste gabelt.
Der obere Ast verstreicht in der Nähe des Vorderrandes der Flosse,
der mittlere gabelt sich und gibt einen Zweig in die Flosse ab,
während der untere Zweig in die Flossententakel unter Bildung eines
kleinen an der Tentakelbasis gelegenen Ganglions eintritt. Der untere
Ast tritt in die mittleren Flossenlappen ein und gibt Seitenäste zu
dem unteren medianen Lappen ab. Sämmtliche Flossennerven ver-
laufen in der zwischen den dorsalen und ventralen Muskellagen auf-
tretenden Gallerte; sie stehen durch Quercommissuren in Verbindung
und geben ausserdem zahlreiche sich verzweigende Ästchen zu den
Muskeln ab. Die Gallertlage wird ausserdem noch von zahlreichen
kurzen Bindegewebefasern senkrecht durchsetzt. Von den Visceral-
ganglien entspringen zwei Visceralnerven, die auf der Ventralseite
des Magendarmes nach hinten verstreichen. Endlich wäre noch ein
kräftiger Genitalnerv zu erwähnen, der von dem reehten Pedalganglion
entspringend auf der rechten Seite des Magendarmes zu den Mündungs-
gängen der Geschlecehtsdrüse zieht.
Desmopterus besitzt ein aus Vorhof und Kammer zusammengesetztes
Herz, das im hinteren Körperende rechts oberhalb der Leber gelegen
ist und von einem Pericardium umgeben wird. Unterhalb des Herzens,
der Leber dicht aufliegend, ist das Exeretionsorgan nachweisbar.
Dasselbe besteht aus einem dünnwandigen Sacke, der nach links
sich verschmälernd bis zur Mitte der Leber zieht. Eine auf der
rechten Seite nach Aussen sich öffnende Mündung war an einem
Schnitte nachweisbar.
Von der Leber bis in die Nähe des Afters und der Mündung
der Genitalorgane läuft auf der rechten Ventralseite unterhalb des
d 5 Be s N e 0. 5 EAN
Cuux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 543
Herzens eine sehr energisch flimmernde Leiste von Flimmerzellen.
Ob dieselbe als Sinnesorgan oder, wie wohl wahrscheinlicher ist,
als rudimentäre Kieme fungirt, lasse ich dahingestellt. Ausserdem
ist noch eine lebhafte Flimmerung an der ventralen Innenseite des
hinteren spiral gekrümmten Körperendes hervorzuheben.
Was schliesslich noch die Geschlechtsverhältnisse des Desmopterus
papilio anbelangt, so hielt ich ursprünglich denselben für getrennt
geschlechtlich, bis ich mich überzeugte, dass eine ungleichzeitige
Reife der Geschlechtsproducte in der Genitaldrüse vorliegt und zwar
derart, dass die männliche Reife der weiblichen vorangeht. Es
scheinen also ähnliche Verhältnisse zu obwalten, wie sie LEUCKART'
für Cymbulia Peronü bereits nach wies.
Die im Verhältniss zu der Kleinheit des 'Thieres ungewöhnlich
grosse Genitaldrüse liegt dorsal und erstreckt sich von der Leber an
bis nahe zu dem haubenförmig vorgezogenen Vorderende des Magen-
darmes. Zur Zeit der männlichen Reife lässt der prall mit Sperma-
tozoenbündeln angefüllte Hoden eine Scheidung in zwei Hälften
erkennen. Aus jeder derselben entspringt ein zum vas deferens sich
vereinigender Kanal. Der Samenleiter verläuft wenig schräg aufwärts
biegend an der rechten Seite des Magendarmes und mündet dieht
oberhalb des Afters auf der rechten Körperseite aus. Vor seiner
Ausmündung knäuelt er sich mehrmals und weist dort auch einen
kleinen sackförmigen Anhang auf.
Desmopterus ist Hermaphrodit wie die übrigen Pteropoden. Ich
entnehme dies aus dem Umstande, dass zur Zeit der völligen Reife
der Spermatozoen an der dorsalen Wandung der Genitaldrüse grössere
Zellen auftreten, die offenbar die jugendlichen Eizellen repraesentiren.
Immerhin ist bei keinem der Exemplare, das ich in der weiblichen
Reife vorfand, eine Spur von Spermatozoen auf Schnitten nachweisbar.
Das Ovarium zerfällt in seiner unteren Hälfte, wie der Hoden in
zwei gleich grosse Lappen, die oberhalb der Körpermitte zu einer
unpaaren Partie zusammenfliessen. Die sich polygonal abplattenden
Eier erfüllen in allen Entwickelungsstadien den Innenraum der Ge-
schlechtsdrüse. Der Oviduet nimmt denselben Verlauf wie der Samen-
leiter und windet sich vor der Ausmündung oberhalb des Afters
spiral auf. Ihm hängt vor der Mündung ein grosser, dickwandiger
und im Innern flimmernder Sack an, der bis in die Nähe der Leber
herabreieht und andererseits oberhalb der Einmündung in den Oviduet
ein kurzes Divertikel bildet. Es ist möglich, dass dieser Uterussack,
UR. Leverarr: Zoologische Untersuchungen Ill. Heft, Heteropoden, Zwitter-
schnecken, Hectocotyliferen S. 76. 1354.
un
©
544 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
welcher wahrscheinlich durch Verlängerung des sackförmigen Anhanges
bei den in männlicher Reife befindlichen Exemplaren entsteht, die
Eier vor der Ablage aufnimmt oder gar, wie MacvonAaun! bei Halop-
syche beobachtet haben will, als Brutsack für die Embryonen dient.
Desmopterus papilio vermag durch energisches Schlagen seiner
Flossen sehr rasch durch das Wasser zu schwimmen; gelegentlich
macht er durch einmaliges Schlagen weite Sprünge Die bandförmigen
Flossenanhänge werden bald gerade gestreckt, bald spiral aufgerollt
getragen. Ich beobachtete ihn zum ersten Male Anfang October und
von da an selten und vereinzelt den Winter hindurch.
Was schliesslich die systematische Stellung des Desmopterus an-
belangt, so finde ich in der ganzen Pteropodenlitteratur nur eine
einzige Form erwähnt, welche eine annähernde Ähnlichkeit mit diesem
originellen Wesen besitzt. GEGENBAUR beschreibt nämlich in seinen
ausgezeichneten » Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden «
eine auf Taf. II Fig
.2ı abgebildete Larvenform unter dem Namen
Oymbulia eirroptera (S. 53), welche durch kurze flimmernde Fortsätze
an dem Hinterrande der Flossen und durch einen tentakellosen vor-
gebogenen Kopfabschnitt ausgezeichnet ist. Sollte diese Larve, über
deren innere Organisation GEGENBAUR allerdings keinen Aufschluss
erhalten konnte, thatsächlich dem Desmopterus zugehören (die Gliede-
rung des Flossenrandes ist freilich durch das Auftreten von zwei
mittleren Lappenpaaren abweichend gestaltet), so liegt zunächst auf
der Hand, dass die Gattung Cymbulia, welcher die Jugendform zuge-
wiesen wird, nicht in Betracht kommen kann. Da ich geschlechts-
reife 'Thiere beobachtete, welche keine Spur von Schalenbildungen
aufweisen, so erhellt daraus die Zugehörigkeit des Desmopterus zu den
gymnosomen Pteropoden. Damit stimmt die Insertion der Flossen
fern vom Kopfe in der Mitte des Körpers, der Bau des Üentral-
nervensystems und der Mangel eines Mantels.
Unter den Gymnosomen nimmt jedoch Desmopterus eine sehr
eigenartige Stellung ein. Es fehlen die Kopfanhänge, die Tentakel
sind auf kleine Rudimente redueirt, es fehlt vor Allem jegliche An-
deutung eines mittleren Fussabschnittes und von Augenflecken, die
den sonstigen Gymnosomen zukommen, ist keine Spur vorhanden.
Dagegen stehen die sonderbaren flimmernden bandförmigen Flossen-
tentakeln ohne jegliche Analogie da.
Die angeführten Charaktere würden allein schon genügen, um
eine neue Familie von gymnosomen Pteropoden: Desmopteridae zu be-
gründen, deren Diagnose folgendermaassen lautet:
! Macvonarn: On the anatomy of Burybia Gaudichaudi in: Trans. Linn. Soe.
Lond. Bd. XXII. 1858. p. 246.
—
Chux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. D45
Desmopteridae. Gymnosome Pteropoden ohne Kopfkegel mit rudi-
mentären Tentakeln. Ein mittlerer Fussabschnitt (Protopodium) fehlt.
Flossen in der Medianlinie zusammenfliessend, mit in Lappen ge-
theiltem hinteren Flossenrand und zwei langen bandförmigen {lim-
mernden Flossententakeln. Leber im spiral gewundenen hinteren
Körperende gelegen und durch nur einen langen Lebergang rechts-
seitig in den sehr grossen Magendarm einmündend. Augenflecke
fehlen.
Was die Verwandtschaftsverhältnisse der neuen Familie anbelangt,
so möchte ich im Ralımen eines kurzen Berichtes mich nicht auf eine
breite Erörterung einlassen. Durch Boas' und Persexneer” sind wir
zwar mit einer Anzahl interessanter neuer Arten von Gymnosomen be-
kannt geworden, allein keine derselben entfernt sich im Bau so weit
von den bisher beschriebenen schalenlosen Pteropoden wie Desmop-
terus. Zudem wird bei den Erörterungen über die Verwandtschafts-
verhältnisse der Bau eines einzelnen Organsystems, nämlich des Nerven-
systems, fast ungebührlich in den Vordergrund gestellt, während wir
über die sonstigen inneren Organe der bei einem Vergleich mit Des-
mopterus vorwiegend in Betracht kommenden Gattung Halopsyche eine
wenig befriedigende Auskunft erhalten.
Als eigenthümliche Züge in dem inneren Bau des Desmopterus
möchte ich die kräftige Entwickelung des Pharynx, den Mangel von
Hakensäcken und ausstülpbarem Rüssel, die ansehnliche Grösse des
-Magendarmes und die auffällige Kürze des Enddarmes hervorheben.
Während weiterhin bei den bisher untersuchten Gymnosomen die
Leber den Magendarm umgibt und durch zahlreiche Gänge einmündet,
so liegt sie hier im Körperende und mündet dureh nur einen weiten
und langen Gang rechtsseitig in das Vorderende des Magendarmes
ein. An dem Nervensystem fällt die Viertheilung der Buccalganglien-
masse, die Länge der Buccalcommissur und die unpaare Anlage des
Visceralganglions auf. Endlich wäre noch die ungewöhnliche Grösse
der dorsal gelagerten Geschlechtsdrüse und die ungleichzeitige Reife
der Sexualproducte zu betonen.
Wenn die alte Auffassung pe Bramvirır’s und Sourzver'’s über
die nahe Verwandtschaft der Pteropoden mit Opisthobranchiern (spe-
eiell mit Aplysia und Gastropteron) neuerdings mit guten Gründen von
BoAs, PELSENEER, GROBBEN u. A. verfochten wird, so liegt auf der
Hand, dass Desmopterus bei mangelnden Kopfanhängen und vollstän-
U Boss, Spolia Atlantica. Bidr. til Pteropodernes. Mem. Acad. Roy. Copen-
hague. 6. Ser. Vol. IV. No. ı. 1866.
® P. Perseneer. Voy. Challenger. Report on the Pteropoda. Vol. XIX.
XXI.
>46 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
die fehlendem mittleren Fussabschnitt ıden am stärksten modifieirten
Pteropoden abgibt. Ich glaube daher, dass eine eingehendere Schilde-
rung seiner inneren Organisation, über die freilich bei der geringen
Grösse und Seltenheit des 'Thieres nur schwierig Aufschluss zu er-
halten war, nieht unwillkommen sein wird.
(Gasteropoda. Unter den Gasteropoden mache ich auf eine neue
Art von Phyllirhoö aufmerksam, die ich in wenig Exemplaren während
des Winters an der Oberfläche vorfand. Sie nimmt durch ihre Lebens-
weise Interesse in Anspruch, da ich sie zweimal an pelagischen Thieren
und zwar an Colonien von Halistemma vermittels eines an der Ven-
tralseite des Kopfes gelegenen saugnapfähnlichen Fortsatzes festsitzend
fand. Sie ist bedeutend schlanker als Phyllirhoö bucephala PEr. et Les.
und die von Bereu' als Ph. Atlantica unterschiedene Varietät, insofern
erreicht.
ının ınm
sie ‚bei einer Länge von 7—ı0"" eine Höhe von nur 2
Indem ich mich an dieser Stelle lediglich auf eine Charakteristik
der systematisch “wichtigen Organe beschränke, hebe ich zunächst
hervor, dass der Mund und Pharynx nicht abwärts gebogen sind,
sondern direet unterhalb der Tentakeln gerade nach vorn sich er-
strecken. Oberhalb der Mundöffnung tritt ein schildförmiger dicker
Hautsaum auf, das Nackenschild, dem seitlich die Tentakeln von
mittlerer Länge aufsitzen. Die Leberschläuche sind an ihrer Einmün-
dung in den breiten Magendarm nicht verengt; die beiden hinteren
erstrecken sich bis in die Nähe des verschmälerten und gerade abge-
stutzten Hinterleibsendes. Eine auffällige Abweichung von den bis-
her bekannten Phyllirhoö-Arten. wird durch den Verlauf des End-
darmes bedingt. Derselbe entspringt nämlich rechts aus dem Magen-
darm, zieht rechts neben dem vorderen Leberanhang gegen den Kopf,
um dieht hinter den Tentakeln dorsal auszumünden. Eine derartige
Ausmündung des Enddarmes ist bis jetzt weder bei den PAyllirhoe-
noch bei den nahe verwandten Acura- Arten beobachtet worden. Die
mit verschmälertem Vorderende in das Pericardium einmündende Niere
verläuft horizontal neben dem oberen hinteren Leberschlauch gerade
nach hinten, um dann in einem scharfen Knick nach abwärts zwischen
beiden Leberschläuchen bis an das Körperende zu verstreichen. Die
Zwitterdrüsen sind in der Fünfzahl vorhanden; die beiden hinteren
langgestreckten Drüsen liegen zwischen den Leberschläuchen, eine
unpaare Drüse tritt an der Einmündungsstelle der Leberschläuche in
den Darm auf und endlich verstreichen zwei langgestreckte Zwitter-
drüsen in der Körpermitte längs der Ventralseite. Sämmtliche Zwitter-
drüsen sind mit zahlreichen zöttehenförmigen Ausstülpungen bedeckt.
UR. Berenm. Malacologische Untersuchungen, 1. Hälfte in: Semrer, Reisen im
Arch. d. Philippinen. 2. Bd. S. 212.
ö
®
Crun: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. D41
Phyllirhoö trematoides, wie ich die wohl charakterisirte Art benenne,
ist zart röthlich gefärbt und nicht so durchsichtig wie Ph. bucephala.
VII. Tumiecata.
Appendieulariae. Die Appendieularienfauna der Canaren ist ausser-
ordentlich reich. Oikopleura- und Fritillaria- Arten trifft man jederzeit
in grosser Zahl an der Oberfläche. Überrascht war ich vor Allem
von dem häufigen Erscheinen einer grossen Appendicularie, die ich
in dem Mittelmeer nur in der Tiefe auffand und als Stegosoma pellu-
eidum beschrieb. Als Ergänzung zu meiner früheren Darstellung hebe
ich hervor, dass Stegosoma ein Herz besitzt, welches nahezu qua-
dratisch gestaltet rechts neben dem Vorderende der grossen Leber
ungefähr in der Körpermitte gelegen ist. Über den feineren Bau
desselben werde ich an anderem Orte Mittheilung machen.
Allgemeine Bemerkungen.
Wenn ich auch eine nur geringe Zahl von Zügen in grösseren
Tiefen auszuführen vermochte, deren Ergebnisse nicht ohne Weiteres
verallgemeinert werden dürfen, so will ich doch nicht unterlassen
einige Wahrnehmungen über die verticale Verbreitung pelagischer
Organismen im freien Ocean mitzutheilen.
Zunächst geht aus «den Schliessnetzfunden hervor, dass an den
untersuchten Stellen pelagische Thiere, welche bisher nur an der
Oberfläche beobachtet wurden, bis zu Tiefen von 500 und 1000"
verbreitet sind. Da nach den Messungen des Challenger die Tem-
peratur des östlichen Atlantischen Oceans von Madeira bis Teneriffa
in 500” Tiefe 1177 C., in 1000” 7?°2 C. beträgt, so vermögen .also
die Obertlächenformen bedeutende Schwankungen der Temperatur zu
ertragen. Da auch in 1600” Tiefe mit einer Temperatur von 5°C.
einzelne Crustaceen beobachtet wurden, so wäre es von besonderem
Interesse, zu erfahren, wie tief überhaupt pelagische, bisher nur an
der Oberfläche beobachtete Thiere im Ocean herabsteigen. In Zu-
sammenhang hiermit steht die Frage, ob die Verbreitung der pela-
gischen Fauna eine Gliederung in geographische Zonen, die durch
bestimmte, in oberflächliche Schiehten nie aufsteigende Arten charak-
terisirt sind, zulässt. Ich möchte vermuthen, dass eine derartige
Gliederung nur in sehr weiten Grenzen durchführbar ist, da die
Existenzbedingungen ausserordentlich vereinfacht sind durch den
948 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. ‚Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Wegfall einer ganzen Zahl von Motiven, welche auf dem Festlande
eine scharfe Sonderung geographischer Zonen in verticalem Sinne
bedingen. Im Wesentlichen ist es ja die abnehmende Wärme und
Intensität des Lichtes, welche im Ocean die Verbreitung pelagischer
Organismen beeinflussen. Es ist leicht denkbar, dass Arten, welche
in grösseren Tiefen leben, ausserordentlich empfindlich sind gegen
die erhöhte Temperatur in oberflächlichen Schichten, aber immerhin
stehen ihnen ja enorme Gebiete zur Verfügung, in denen die Tem-
peratur in vertiealer Richtung nur unwesentlichen Schwankungen
unterworfen ist.
Unter jenen Thierformen, welche die kühleren Wasserschichten
der "Tiefe bevorzugen und nur selten an der Oberfläche erscheinen,
sind mir vor Allem die Spirialis- Arten, die Plhronimiden, Sergestiden
und unter den Schizopoden die Mysideen, die Stylocheiron- und
Nematoscelis- Arten aufgefallen. Ähnliche Formen fand ich ja auch
früherhin in den Tiefen des Mittelmeeres. Insofern jedoch ergaben
sich auch einige bemerkenswerthe Unterschiede von der Mittelmeer-
fauna, als in der Tiefe des letzteren constant und häufig die grosse
Tomopteris euchaeta auftrat — eine Form, welche dem Atlantischen
Ocean zu fehlen scheint — und als weiterhin die grossen Appen-
dieularien, so die Gattung Stegosoma, an der Oberfläche vor Teneriffa
häufig erschien, während sie in der Tiefe selten war. Unter den
Radiolarien ist im Mittelmeer und in dem Ocean Aulacantha scolymantha
an der Oberfläche und in der Tiefe gemein verbreitet. Da ich täglich
vor Orotava die bemerkenswerthesten Oberflächenformen sammelte und
auch andererseits an jenen Stellen, wo die Tiefennetze herabgelassen
wurden, gleichzeitig den Oberflächenauftrieb conservirte, so wird sich
erst nach Sichtung des reichhaltigen Materiales (speciell von Copepoden
und Ostracoden) ergeben, welche Arten die Oberfläche und welche
die Tiefe bevorzugen bez. gleichmässig in beiden verbreitet sind.
Wie ich schon oben hervorhob, so fiel es mir auf, dass die
pelagische Fauna in der Nähe des Festlandes reichhaltiger in der
Tiefe ist, als im freien Ocean. Auch dieser Punkt bedarf weiterer
Untersuchung, da die grössere Zahl von Individuen durchaus nicht
durch das Auftreten hemipelagischer Larvenformen bedingt wird.
Erst in direeter Nähe der Küste erscheinen die Larven der Echi-
nodermen, Dekapoden und Squilliden in solcher Menge, dass durch
sie das Quantum an Plankton wesentlich beeinflusst wird. Bei den
Zügen l und II waren es jedoch durchweg eupelagische Arten, welche
in auffällig grösserer Zahl in die Netze geriethen, als bei den späteren
Zügen. Es ist immerhin möglich, dass die Ausläufer des Golfstromes
eine reiche Zahl von pelagischen Thieren gegen das Festland an-
Cuux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln auseeführte Reise, 549
schwemmen und dass diese sich bei dem Herabsteigen in die Tiefe
massenhafter in der Nähe des Festlandes anstauen.
Als ich Ende September vor Orotava meine regelmässigen Aus
fahrten begann, fiel mir die gegen alles Erwarten kärgliche Ausbeute
an pelagischen Thieren auf. Auch den ganzen October und November
hindurch war der Auftrieb recht spärlich. Erst gegen Ende December
und mit Beginn des Januar ward die Oberfläche belebter. Um die
Mitte des Januar erschienen plötzlich die Physophoriden, zahlreiche
Craspedoten, die Pyrosomen, Heteropoden, Pteropoden und Crustaceen,
deren ich trotz weit ausgedehnter Fahrten weder vor Teneriffa noch
vor Gran Canaria in den vorhergehenden Monaten habhaft werden
konnte. Es scheinen also an den Canaren ähnliche Verhältnisse obzu-
walten, wie in dem Mittelmeere, nur dass an ersteren das massen-
hafte Erscheinen pelagischer Thiere sich bis zum Januar verzögert.
Da ich nun einen Theil der erst im Januar an der Oberfläche plötzlich
und zahlreich erscheinenden Arten bereits im September in den Tiefen-
netzen beobachtete — ich hebe z. B. Hyalaea trispinosa, die Phroni-
miden, Sergestiden und Euphausiden hervor — so dürfte der Schluss
wohl nicht zu gewagt sein, dass der grössere Reichthum der Ober-
flächenfauna vom Beginn des neuen Jahres an theilweise durch ein
Aufsteigen pelagischer Thiere aus der Tiefe bedingt wird. In letzterer
verharren sie theils als Larven, theils als ausgebildete Formen. Ebenso
möchte ich das Verschwinden der pelagischen Oberflächenformen
während des Hochsommers auf ein Absteigen in die Tiefe zurück-
führen. Andererseits kann auch nicht in Abrede gestellt werden.
dass ein Anschwemmen zahlreicher Arten aus dem westlichen Atlan-
tischen Ocean durch den Golfstrom erfolgt.
Für diese periodischen Wanderungen in verticaler Richtung ist
wohl in erster Linie die höhere Temperatur des Oberflächenwassers
im Sommer und Herbste und die allmähliche Temperatur-Erniedrigung
während des Winters in Anschlag zu bringen. Da mir andauernd fort-
gesetzte Temperaturmessungen des Oberflächenwassers nicht bekannt
sind, so glaube ich immerhin die Mittelwerthe angeben zu dürfen,
welche ich für das Oberflächenwasser vor Orotava nach vom Boote
aus in weiterer Entfernung vom Lande angestellten Beobachtungen
eonstatirte. Danach ergibt sich die Obertlächentemperatur für
Oetaberl Narr, 232C.
November . . ... 22.8
December .... 21
Jana 220
Februar 19:2
Marz one) B8.7
550 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Aus dieser Übersicht erhellt eine sehr allmählich erfolgende Ab-
nahme der Temperatur vom October bis zum März. Die relativ
niedrige Temperatur während des März mag vielleicht durch die
abnorm kühle Witterung im vergangenen Jahre bedingt sein. Die
Temperaturschwankungen des Obertlächenwassers an mehreren hinter-
einander folgenden Tagen waren ausserordentlich geringfügige und
betrugen kaum einen halben Üelsiusgrad. Da die Messungen in den
grösseren oder kleineren Strömungen gemacht wurden, so erwähne
ich noch, dass die Temperatur des Wassers in der Nähe des Landes
gewöhnlich um emen halben, selten um einen ganzen Grad niedriger
war. Offenbar wird «diese Erniedrigung durch das Verdunsten in
der Brandung und in sehr geringem Maasse durch (die emmündenden '
kühleren Süsswasserrinnsale bedingt.
Wenn auch, wie oben hervorgehoben wurde, viele pelagische
Thiere eine erhebliche Abkühlung zu ertragen vermögen, so scheinen
sie doch gegen eine geringfügige Erhöhung der Temperatur sehr
empfindlich zu sein. Andererseits dürften manche Gruppen — so
z. B. die Rhizostomen — gerade die warmen Oberflächenschichten
während des Hochsommers vorziehen.
Das Erscheinen pelagischer Thiere an der Oberfläche, die man
meist nur mit den Tiefennetzen in grösserer Zahl erbeutet, erfolgt
indessen nicht nur durch active Wanderungen, sondern wird offenbar
auch passiv durch ein Aufwühlen tieferer Schichten bedingt. In
dieser Hinsicht möchte ich auf ein Phaenomen aufmerksam machen,
das meines Wissens bisher unbeachtet geblieben ist und das ich um
so lieber hier zur Sprache bringe, als in denselben Monaten des
vergangenen Winters auf dem bekannten »United States coast sur-
vey steamer „Blake‘« ähnliche Wahrnehmungen gemacht und durch
Messungen belegt wurden." Die canarischen Fischer machten mich
nämlich darauf aufmerksam, dass kurz nach Eintritt des Vollmondes
die Strömungen ziemlich rasch zu fliessen beginnen, dass späterhin
die Stromgeschwindigkeit abnimmt und in der vorletzten Woche vor
Eintritt des Vollmondes nahezu gleich Null ist. Thatsächlich ist denn
auch diese Beeintlussung der Stromgeschwindigkeit durch den Vollmond
eine so auffällige, dass ich zu der angegebenen Zeit mit dem Boote oft
weit vom Lande abgetrieben wurde, wenn im Eifer des Sammelns
inmitten grosser Strömungen das rasche Fliessen nicht beachtet wurde.
! Explorations of the Gulf Stream by Lieut. J. E. PırrspurG in: SILLıman,
American Journal of Seience, III. Ser. Vol. XXXVI. 1888 p. 225.
»The greatest veloeity is generally about nine hours before the upper transit of
the moon . . . The average daily currents vary during the month, the strongest set
eoming a day or two after the greatest declination of the moon. «
Caux: Bericht über eine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 551
Höchst merkwürdig nehmen sich nun die Strömungen — und
zwar auch die kleineren Seitenzweige aus, wenn bei Eintritt des
Vollmondes das oft etwas dunkler blau gefärbte Strömungswasser sich
in Bewegung zu setzen beginnt. Schon von Weitem fällt eine wirbel-
artige Bewegung auf, welche von der Tiefe nach der Oberfläche gerichtet
ist und Alles ergreift, was von pelagischen Organismen im Bereiche
der Strömungen flottirt. Ein Schöpfen grösserer Formen mit den
Gläsern ist nicht möglich; sie steigen durch die Bewegung des Wassers
mitgerissen aus der Tiefe auf und sinken, an der Oberfläche an-
gekommen, ebenso rasch wieder hinab. Ich musste an den zwei bis
drei Tagen vor und während des Eintritts des Vollmondes (so lange
dauert es, bis der Strom ruhig fliesst) auf das Gerathewohl die Netze
herablassen und erbeutete denn auch regelmässig zu jener Zeit Thier-
formen, welche ich unter anderen Verhältnissen nur mit den Tiefen-
netzen erhielt, bez. nie an der Oberfläche beobachtete.
Um durch ein Beispiel das Gesagte zu belegen, so sei erwähnt,
dass ich am 27. und 28. Februar den in Fig. ı abgebildeten Sergestes
sanguineus n. Sp., drei Exemplare des seltenen KAhabdosoma armatum
M. Eow., vier Exemplare von Stylocheiron mastigophorum Cn., einen
rosa gefärbten Oxycephalıs typhoides Oraus und mehrere grosse Ostra-
eoden erbeutete: durchweg Formen, welche bis dahin an der Ober-
fläche fehlten oder nur in der Tiefe in die Netze geriethen.
Tafelerklärung.
Fig. 1. Sergestes sanguineus n. sp. Vergr. 2
Fig.
Antenne.
[8
Sergestes Atlantieus M. Epw. (S. Frisü Kroy.) Theil der unteren
Fig. 3. Stylocheiron mastigophorum 2 Cnun. Vergr. = aus 1000” Tiefe.
Nach dem Leben gezeichnet.
Fig. 4. Stylocheiron chelifer n.sp. Aus 500" Tiefe vor Funchal. Scheeren-
hand des dritten Thoracalfusspaares. Vergr. =
Fig. 5. Phronima Diogenes 2 n.sp. Aus 500" Tiefe. Nach dem Leben
gezeichnet. Vergr. 7.
Fig. 6. Phronima Diogenes, Kopf des Männchens. Vergr. zn Aus 450%
Tiefe vor Las Palmas (Gran Canaria).
552 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 28. Febr.
Fig. 7. Phronima sedentaria Forsk. Männchen aus 1200” Tiefe vor Capri.
Vergr. X. te. Hoden. gl. Schenkeldrüsen.
Fig. 8S—ı0. Fortunata lepisma n. gen. et sp.
Fig. 8. Grösseres Weibehen, das zwischen zwei Schwimmglocken von
ippopodius sitzend Ende Januar an der Oberfläche vor Orotava erschien.
Verer. 4,
Fig. 9. Kopf des jugendlichen Weibehens aus 1000” Tiefe von der
Rückenseite gesehen:
c.s, oberer Hirnlappen,
ec. i. unterer Hirnlappen,
n. at. Antennennerv mit ganglionärer Anschwellung g,
oes. Vesophagus,
p. v. Vordarm,
v. Magendarm,
c. Herz.
Fig. 10. Männchen aus 1600” Tiefe (zwischen Teneriffa und Gran
Canaria). Vergr.
Fig. 11—14. Desmopterus papilio n. gen. et sp. Von der Oberfläche
bei Orotava., )
Fig. ı1. Grosses Exemplar, ruhigim Wasser schwebend. Vergr. = Von
der Ventralseite.
Fig. 12. Von der Seite bei energischer Schwimmbewegung. Loupen-
VErSTÖSSEegUNg.
Fig. 13 u. 14. Anatomie des Desmopterus. Die Contouren sind nach
lebenden Thieren bei weiblicher Reife entworfen: die inneren Organe sind
zum Theil nach Schnittserien reconstruirt. 2
Fig. 13. Von der rechten Seite Vergr. = Die Flosse ist im medianen
Längsschnitt gezeichnet.
Fig. 14. Hintere Körperregion vom Rücken ‘gesehen. Vergr. ”. Gemein-
same Bezeichnungen:
o. Mund,
ph. Pharynx mit Radula,
oes. Vesophagus,
v. Magendarm,
an. After,
h. Leber,
d. h. Lebergang,
o.d. h. Triehterförmige Mündung des Leberganges,
{. Tentakelrudiment,
pt. Flosse,
mu. Flossenmuseulatur,
ga. Gallertschichte der Flosse.,
g. c. ganglion cerebrale,
9. p. ganglion pedale. Hinter beiden Ganglien liegt das unpaare
ganglion viscerale.
9. b. Grösseres vorderes, g. b! kleineres hinteres Buccalganghon.
Von dem Hirn entspringt ein sich verzweigender Lippennerv
und ein zu den Tentakeln ziehender Fühlernery.
Lith Anst.v Werner Werte Franktar T
Lith Anst vr Warnera Wirto Franktart UM
pelagische Tiefenfauna.
Sr
a
r
e nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise. 593
‚Visceralnerv,
n. g. Genitalnerv,
ot. Otolithenbläschen,
v. ce. Herzventrikel, =
a. c. Vorhof des Herzens,
p- ec. Pericardium,
ex. Niere,
br. Flimmerleiste (Kieme),
ov. Ovarıum,
ov. d. Eileiter,
ut. Uterus,
0. 9. Mündung der Geschlechtsorgane.
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Beiträge zur Kenntniss der Monochasien.
Von Dr. K. Schumann
in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. Schwenpeser am 2. Mai |s. oben S. 379.)
(Hierzu Taf. IV.)
I. Die Beziehungen der Lage der Blüthen
zu den Deckblättern.
E: ist eine bekannte Thatsache, dass die Blüthen an wickeligen
Infloreseenzen durch das kräftig sich entwickelnde Sympodialglied aus
dem geförderten Vorblatte bei Seite gedrängt und nach dem gegen-
überliegenden Vorblatte geschoben werden. Ich habe in meiner
Arbeit über das Borragoid diese Stellungsveränderungen au der In-
floresceenz von Ruta genauer verfolgt und geschildert. Wenn dann
nach der Anthese das Sympodium sich gerade stellt, so erscheinen
die Blüthen in zwei Längszeilen wie an einem Monopodium befestigt.
Da sie über den #-Vorblättern stehen und diese hier um 90° gegen
das Deckblatt divergiren, so sind auch die beiden Orthostichen, in
welche die Blüthen geordnet sind, um '/, des Kreisumfanges von
einander entfernt. Unter der Voraussetzung, dass bei dieser und
ähnlichen Inflorescenzen die Querschnittselemente des Stengels an der
Insertion der Blüthen einander gleich sind, wird also eine Projeetion
auf die Querschnittsebene einen Kreis darstellen, an dem es vier
ausgezeichnete Punkte giebt, die je um 90° von einander entfernt
sind. Es liegen in Fig. ı:
bei A die Blüthen bez. die Vorblätter ##” «'..... RE
BB » DI AN. 48. aa...
Den Schutzblätter reden aa jeie.
a)» N three. (DNS en ee
Beim Gipfelsprosse fällt D weg, deshalb ist es in Klammern ge-
schlossen, ist dagegen der Blüthenstand ein axillärer, so beginnen
die 8-Blattreihen mit D. Die Quersehnittselemente sind aber nur
auf kurze Strecken einander annähernd gleich. Wollten wir die Pro-
S
556 Sitzung der plıys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
Jeetion auf die ganze Ausdehnung der Inflorescenz fortsetzen, so fallen
die bez. Zeilen nieht mehr in einen Punkt zusammen, sondern liegen
auf coneentrischen Kreisen, und zwar so, dass die Grössen mit höheren
Coeffieienten dem Mittelpunkte näher sind, als die mit niederen. Die
Divergenzen werden dabei nieht geändert: d. h. also, wenn auch die
absoluten Masse der Kreisbögen zwischen den benachbarten Gliedern'
auf gleiche Höhe redueirt, kleiner werden; so bleiben doch die rela-
tiven Entfernungen unter sich, d. h. die Divergenzwinkel gleich.
Meine Untersuchungen an Keheveria und Calandrinia haben ergeben,
dass auch bei diesen Pflanzen, deren Vorblätter nach hinten conver-
giren, nach der Anthese die gleiche Anordnung der Blüthen in Längs-
zeilen oberhalb der &-Blätter stattfindet. Nur sind jetzt der Conver-
genz entsprechend die Orthostichen nicht mehr um 90° von einander
entfernt, sondern um einen kleineren Winkel. Ebenso divergiren die
Reihen der &-Blätter um eine Grösse, welche von der bei Ruta
heobachteten verschieden ist.
Begnügen wir uns nun damit, aus einem längeren Blüthenstande
nur zwei auf einander folgende Knoten zu untersuchen, so können
wir, ohne groben Fehler zu begehen, die Quersehnittsebenen einander
gleich setzen; alsdann werden die Punkte, welche wir bei der Ver-
tiealprojeetion auf diesen Querschnitt erhalten, in den Kreis fallen,
welchen der Querschnitt durch den unteren Knoten darstellt.
Ganz Ähnlich verhalten sich aber auch die Schraubeln, nur dass
bei ihnen bereits zur Zeit der Anthese, aus später noch zu be-
sprechenden Ursachen, das Sympodium regelmässig eine gerade schein-
bar einfache Axe darstellt.
Die Ausbildung der Sympodien zu anscheinend monopodialen
Axenkörpern giebt uns nun die Möglichkeit an die Hand, mit Hülfe
von Lineal und Zirkel, die Lage der Blätter und Blüthen auf den
Kreisen, welche die Verticalprojeetionen ergeben, abzutragen, und
auf diese Weise sind wir im Stande, durch Anwendung einfacher
mathematischer Sätze die Abhängigkeit zu ermitteln, welche zwischen
der Lage der Deckblätter und der Blüthen in diesen beiden Haupt-
formen der Monochasien herrscht.
Ich werde zuerst die Wickel betrachten. Ihre Besonderheit liegt
bekanntlich darin, dass die Vorblätter in den auf einander folgenden
Merithallien umsetzen: liegt also in dem ersten & links und ® rechts,
so befindet sich im zweiten & auf der rechten, ® aber auf der linken
Seite.
Der Divergenzzuschlagswinkel sei #, so liegen « und 8 von D
nicht um 90°, wie bei dem vorigen Falle entfernt, sondern um
90° +2.
SCHUMANN: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. Aa
Die Vorblätter des Merithallium’s aus 8 divergiren wiederum
um 90-+9, daher fällt &’ an die Stelle, welche ich in der Figur 2
mit diesem Buchstaben versehen habe, 8 aber fällt über D, d.h. in
der Projeetion mit /) zusammen. Daraus geht hervor, dass sich bei
8” dieselbe Lage wieder herstellt, die 8 gehabt hat und dass «” mit
& zusammenfällt, ebenso muss 3” und &” wieder genau dieselbe Lage
haben wie #’ und ® u. s. f., d. h., wir haben auf dem Kreise wieder
4 ausgezeichnete Punkte:
bei A liegen wieder & @” a+......222.2.2..0. a"
» B „ » ELSE at
» (0% » » 8 ®& x 8 ehe ten are ee ee g"
» D » » (D) [0% &” 85 ac a. rt
nr .. . . 4 .. . .
Dass © genau über D liegt, hat seinen Grund natürlich darin,
dass die Divergenz von D 8 so gross ist, wie von d—ß’ und daraus
ergiebt sich nothwendig, dass die charakteristischen Punkte über-
einander fallen müssen.
Jetzt ist zunächst die Grösse der Divergenz zwischen & und «
zu bestimmen.
Die Divergenz von D—« beträgt R+9
» » u... D—8 » R+®
» » een R-+d
die Divergenz & — DD — B-ad 0 = 3R43®
sie ist also für &—-«& unmittelbar gemessen 4 R—(3 R+3 $)
=R-39
Daraus ergiebt sich die interessante Beziehung, dass sich die
Blüthenzeilen bei einer Convergenz der Vorblätter nach hinten viel
rascher einander nähern, als durch den Zuschlagswinkel bestimmt
wird. Der Öffnungswinkel der Orthostichenebenen vermindert sich
nicht um 2%, sondern um 34.
Man kann nun leicht ermitteln, wenn die beiden Geradzeilen sich
ineinander schieben und in eine verschmelzen. Dies ist der Fall, wenn
RZ39=o
d.h. wenn R—36
oder = — ist.
3
Sobald also der Divergenzzuschlag 30° beträgt, d. h., wenn &
und & von D nieht um 90°, sondern um ı20° divergiren, so stehen
die Wickelblüthen auf der einen Seite des Sympodium genau über-
einander. Umgekehrt ist der Schluss vollkommen richtig, dass, wenn
die Wickelblüthen in einer Ebene liegen, die Vorblätter an den Meri-
Sitzungsberichte 1389. 54
558 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
thallien einen Divergenzzuschlagswinkel von 30° haben müssen, dass
sie also gegeneinander einen Winkel von 120° einschliessen. Für
diesen speciellen Fall ist es also möglich, die Convergenz der Vor-
blätter sicher zu bestimmen. Wie weit es andererseits angeht, aus
dem Öffnungswinkel der Orthostichen einen ähnlichen Schluss zu
ziehen, kann ich vorläufig nieht absehen, weil ich nicht weiss, ob
man im Stande sein wird, den Winkel genau zu bestimmen. Gelingt‘
dies aber, so ist die Bestimmung des Divergenzzuschlages leicht, denn
nennen wir w, den Öffnungswinkel, in Graden ausgedrückt, so ist
w—=R— 30
R—-u= 3»
R— uw
Dr rag
Der Gleichung » —= R — 3& entsprechend braucht nun die Be-
wegung der beiden Orthostichen gegeneinander mit $ = 30° nicht ge-
schlossen zu sein, denn man kann in der Formel für $ auch noch höhere
Werthe eingesetzt sich denken. Die beiden Reihen rücken also bei
vergrössertem Divergenzwinkel nicht blos aufeinander zu und stellen sich
endlich in eine Zeile, sondern gehen auch aneinander vorbei, so dass
dann die #’-Reihe dort liegt, wo ehedem die &-Reihe sich befand
und umgekehrt. Die Grenze würde dann erst eintreten, wenn $ = 90°
wäre, dann fielen nämlich & und 8 zusammen und der Öffnungs-
winkel zwischen beiden Orthostichen wäre
W= 90 — 270 = — 180°
d. h., die eine Reihe: die «-Blüthen lägen in der einfachen Zeile
der &- und £-Vorblätter, die #-Reihe um 180° divergent.
Mir scheint es aber, als ob in Wirklichkeit der Öffnungswinkel
der Orthostichen bei gleichem Zuschlage nicht über o herausgeht und
dass ® = 30° den Grenzwerth für die Wickel darstellt. Wahrschein-
lich ist der Druck von der Axe gegen den Terminalspross der nächst
höheren Ordnung zu gross, als dass der Winkel der Vorblätter diese
Grenze überschreiten könnte.
Eine weitere Complication in der Stellung der Zeilen könnte
dadurch zu Stande kommen, dass die beiden Zuschlagswinkel der
Divergenzen ungleich sind. Über die Grösse derselben ist bis heute
überhaupt niehts ermittelt, man begnügt sich mit der Abschätzung
durch das Augenmaass, indem man ungefähr angiebt, die beiden
Vorblätter eonvergiren nach hinten. Es ist mir im höchsten Grade
wahrscheinlich, dass diese Differenz besteht, da sicher die Druck-
verhältnisse nicht immer auf beiden Seiten der Mediane des Deck-
blattes gleich sind... Wir haben dann, wenn wir den Zuschlags-
Scnumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 559
winkel von 8 wieder $, den von & aber W nennen, nach Fig. 3 fol-
gende Relationen:
Die Divergenz von «&-D=R+YJ
DB Re
® -o=R + W
von «&- D-ß-a=3R+o+2/
folglich unmittelbar «— @ = 4R—(3R+9 + 2)
— R— ($ + DIND)
Für jede Grösse von & existirt also ein Werth von &, wo die
beiden Orthostichen zusammenfallen, nämlich immer dann, wenn
o—=R-($+2VJ) ist,
oder R=o +2"
R — {0}
d.h. wenn - — VER
Wir erhalten, weil die Gleichung unbestimmt ist, nur eine Relation
der beiden Winkel unter einander und können, also dann, wenn die
beiden Vorblätter ungleich convergiren, eine Bestimmung über die
Grösse der Zuschlagswinkel nicht treffen.
Wenn ich nun die Verhältnisse bei der Schraubel untersuche,
so ist die Sachlage insofern geändert, dass die 3-Vorblätter nicht
um einen eonstanten Winkel abwechselnd nach rechts und nach links
pendeln, sondern dass sie das Sympodium in gleichförmigem Gange
umkreisen, d. h. also, dass die «- und 8-Vorblätter zum Deckblatte
immer in demselben Sinne gestellt sind. Steben die beiden Vor-
blätter genau transversal, so werden vier Reihen von Lateralorganen
an der Axe erscheinen: an den vier ausgezeichneten Punkten in Fig. ı
liegen dann:
ve ee een ar Qrt2
RE CHL N CEÜN BEET gnat3
(ENTER SE EN RER Bra
DADa BO essen: On
Ich gehe nun zu dem Verhältnisse über, dass die Divergenz-
winkel von x und 8 zu D nicht mehr 90° betragen, sondern dass
sie um einen Zuschlagswinkel von $ vergrössert sind. Die Lage der
Blätter & und 8 wird bei dem ersten Vorblattpaare die gleiche
sein, wie bei der Wickel und da die Seeundanblüthe wieder in die
Achsel von & zu stehen kommt. so wird man ganz im Allgemeinen
bei einem zweiblüthigen Monochasium eine Entscheidung nicht treffen
können, ob eine Wickel oder Schraubel vorliegt. Erst mit «’ tritt
der Unterschied hervor. Haben wir nämlich £ durch den Zirkel an
der Stelle abgetragen, wo sich der Buchstabe in Fig. 4 befindet, so
54*
360 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
liegt das Vorblatt 8” auf derselben Seite zu 8, wie dieses selbst
zu D und «’ befindet sich auf der entgegengesetzten Seite von ß in
der Nähe von D.
Es gilt nun die Divergenz von &— x’ zu bestimmen.
Die Divergenz vn D-a =R+»
von ß-@=R+o
demnach fällt D mit &° zusammen d. li. die Divergenz von & — «’
ist ebenfalls = R+.
Welches also auch der Zuschlagswinkel sein mag, die zweite
Blüthe der Schraubel fällt immer nach vorn; ebenso fällt natürlich
«” über ß
&” über ®’
a+* über ß” u. s. £.
Nun kann aber 8” nicht wie bei der rechtwinkligen Divergenz
der Vorblätter über D zu stehen kommen, denn
die Divergenz von D—-ß =R+o
ß PB =R+p
ß—P” =R+p
| ae,
also ist D von 2” um 4R+4$ — 46 entfernt.
Es fällt also erst dann wieder en 8 über D wenn eine
ganze rationale Zahl giebt. wobei unter »n die Zahl der Umläufe zu
verstehen ist, welche die 8-Blätter zurückgelegt haben. Unter Um-
ständen tritt dies selbstredend niemals ein.
Die Zahl Z, welche angiebt, wie oft der Divergenzwinkel von den
Blüthen auf einem Umgange abgemessen wird, erhalte ich durch
folgende Relation
ER
RR
Nenne ich nun die Zahl der Umgänge, welche nothwendig sind,
damit wieder eine Blüthe über der anderen steht, p und die Zahl
der Blüthen, welche auf dieser Strecke befestigt sind A, so besteht
folgende Gleichung
p-4R _
R+9
oder gpR = A(R+9)
— AR+ A»
dh: Suazu —o
Ich kann also auch bei den Schraubelblüthen unter der be-
stimmten Bedingung, dass eine Blüthe genau über der ersten steht,
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 561
den Zuschlagswinkel ermitteln; ich brauche nämlich nur für p die
Zahl der Umgänge, für A die Zahl der Blüthen in die Formel ein-
zusetzen. Bei Hemerocallis z. B. steht die vierte Blüthe genau über
der ersten, nach einem Umgange, was bei der kurzen Axe leicht
sicher zu constatiren ist, demgemäss ergiebt sich
De R(4-3) an
3 3
d. h., die Divergenz von D— a und ß = ı20°.
Bei Linum flavum steht die 6. Blüthe nach 2 Umgängen über
der ersten, daher erhalte ich
d. h., die Divergenz von D zu « und & beträgt 144°.
Hypericum zeigt dagegen auf ı Umlauf 4 Blüthen, folglich ist
Gere
4
d. h., die beiden Vorblätter stehen an jedem Merithallium transversal,
was mit der Beobachtung übereinstimmt.
Man sieht aus diesen Beispielen, wie auch aus der allgemeinen
Formel, dass die Stellungen der Blüthen an dem Sympodium mit den
Blattstellungsdivergenzen in einem engen Gonnex stehen.
Auch bei der Schraubel ist nun die Möglichkeit gegeben, dass
die beiden Divergenzen verschieden sein können. Der Zuschlags-
winkel (Fig. 5) von D bis 8 betrage $, der von D bis « aber \ı&:
so wird sein
D-ß =R+p
B—-d®=R+»
B=-&=R-+o6
also auch dann wird £” bez. 9” zu D ganz dieselbe Lage haben wie oben.
Die Divergenz von & und & wird sich folgendermaassen heraus-
stellen:
die Divergenz von D-a=R+Y
» » » ® — Er R + L
Das Stück vn D-«=(D-ß)—-(B —«)
Ro RN)
Divergenz von «a — @ —=(D—o +(D— a)
I
re 0)
Hierdurch erwächst das Resultat, dass trotz der verschiedenen
Zuschlagswinkel in den Divergenzen von & und & bei der Schraubel
562 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
die Stellung der Blüthen nur abhängig ist von der Grösse des Zu-
schlagswinkels des #-Vorblattes, d. h. des fertilen und dass der
andere Winkel gar nicht in Betracht kommt.
Ich will diese Betrachtungen an zwei ausgezeichneten Beispielen
etwas weiter führen, bei welchem in der '['hat verschiedene Grössen
des Zuschlagswinkels zu eonstatiren sind. Nachdem lange Zeit hin-
durch die Blüthenmorphologie kaum weitere Fortschritte gemacht
hatte, als man sich vielmehr extensiv damit befasste, möglichst viele
Intloreseenzen zu prüfen und zu deuten, legte Buchenau mit grosser
Geistesschärfe auseinander, dass bei «den Juncaceen eine weitere Form
der verarmten Dichasien vorläge und dass ferner die Iridaceen eine
vierte Form böten. Aus Analogie zu der bestehenden Benennung belegte
er die erste der beiden neuen von ihm entdeckten Gestalten mit dem
Namen Sichel (Drepanium), der letzteren gab er die Bezeichnung Fächel
(Rhipidium), zwei recht zweckentsprechende, gut gewählte Namen. Auf
die Gefahr hin bekannte Dinge zu wiederholen, will ich beide kurz
in ihrem Verhalten schildern. Die Sichel hat, im Grundrisse (Fig. 6)
betrachtet, die Form einer Wickel, bei der die einzelnen Blüthen in
einer Ebene liegen, die älteste ist, falls der Blüthenstand aus der
Achsel eines Deckblattes hervorgetreten ist, nach der Axe zu gekehrt,
die jüngste befindet sich zunächst des Deckblattes. Betrachten wir
uns eine solche Sichel, wie wir sie bei Juneus bufonius sehr schön
(Fig. 7) beobachten können, so stellt sie ein Sympodium dar, auf
dessen Rückenseite die Blüthen in aufsteigender Reihe befestigt sind.
Nahe am Grunde des ganzen Systems liegt an dem Sympodium, axen-
wärts gewendet, ein (adossirtes) Vorblatt, über demselben steht die
Blüthe I, wie ja immer die Blüthen der verarmten Dichasien über
dem «-Vorblatte gesucht werden müssen. Unter der Blüthe befindet
sich ein zweites Blatt, das &-Vorblatt derselben, welches sich sogleich
dadurch als solches charakterisirt, dass. aus ihm das zweite Meri-
thallium hervorgeht. Auch an diesem liegt zunächst oberhalb seines
Grundes das adossirte «-Vorblatt, über ihm auf derselben Seite die
Blüthe II, der gegenüber vorn das ‚Vorblatt 8° sieh befindet. Aus
ihm geht das dritte Merithallium hervor, an dem sich dasselbe Spiel
wiederholt u. s. f£. Ich habe den Aufriss um 90° gegen die Lage
des Grundrisses gedreht, um die Blätter & und ® u. s. w. besser
sichtbar zu machen. Die Fächel (Fig. 8 und 9) ist nun dadurch
charakterisirt, dass gleichfalls in der Medianebene ein Inflorescenz-
system sich entwickelt.‘ Hier liegt die erste Blüthe I nach vorn von
! Die folgenden Untersuchungen sind unter der Voraussetzung gemacht worden,
dass die Fächel und Sichel wirklich Sympodien sind. Mir stehen zur Zeit keine
Scaumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 563
der Axe weggewendet; die &-Vorblätter sind niemals entwickelt, in-
dessen wissen wir, dass, wenn sie erschienen, sie unterhalb der
Blüthen zu suchen wären, weil sie in allen Monochasien durch den
geförderten, in der Achsel des Vorblattes 8 entstehenden Spross, nach
dieser Seite herübergedrückt werden. Ihr &-Vorblatt fällt nach hinten.
In der Achsel von Ö entsteht wieder ein Spross II, der in eine Blüthe
ausläuft, die von der ersten um 180° gedreht liegt, sie fällt also vor
® und hier wäre auch, wenn es vorhanden wäre, das &-Vorblatt zu
finden. Auf der entgegengesetzten Seite entsteht an dem Sprosse &',
das nach vorn über die erste Blüthe fällt und so geht die Sache fort.
Wir haben also hier folgende Zusammenstellung: Die Blüthen liegen
der Grösse nach abwechselnd vorn und hinten, jede besitzt am Grunde
ein Blatt, ihr eigenes Deckblatt. So weit mir bekannt, fehlen die
#-Vorblätter immer, ihre Stellung unterhalb der 3-Vorblätter auf der
gegenüberliegenden Seite ist durch Punktreihen in den gegebenen
Auf- und Grundrissen gekennzeichnet.
Beide Blüthenstände sind nicht häufig und kommen besonders
den Monocotylen zu; für die erste habe ich als Beispiel, an dem man
die Einzelheiten gut verfolgen kann, bereits Juncus bufonius L. nam-
haft gemacht, für die letztere erscheint mir Sisyrinchium anceps L. am
besten zum Studium geeignet.
Schon Bucnenau hat darauf hingewiesen, dass Fächel und Sichel
mit den beiden anderen Monochasien in einer gewissen Beziehung
stehen. Er meinte nun, dass die erstere mit der Wickel, die Sichel
aber mit der Schraubel zu vergleichen seien. Dieser Ansicht hat Eicnter
einen bestimmten Widerspruch entgegengesetzt, indem er sagte:!
Bucnenau’s Meinung »trifft allerdings zu, wenn man die gewöhnlichen
Aufrisse dieser Inflorescenzen zusammenhält, die aber bei Wickel und
Schraubel das seitliche Ausweichen der successiven Sprosse nicht ent-
sprechend ausdrücken und eigentlich ein ganz falsches Bild des Auf-
baus geben«. Er eonstruirt sich dann eine Wickel und eine Schraubel,
deren successive Sprosse stark in der für jede charakteristischen Rich-
tung verschoben sind und kommt zu einem Resultate, welches dem
von Bucuenau gewonnenen entgegengesetzt ist: die Sichel ist dann
eine besondere Form der Wickel, während die Fächel eine Abwandlung
der Schraubel ist.
Meine Betrachtungsweise ist der von Eıcnter ähnlich, auch ich
werde die Divergenzwinkel sich verändern lassen und dann zusehen,
eigenen Beobachtungen über sie in genügendem Umfange zur Verfügung, ich muss
mich also auf die Autorität Bucuenau’s und Anderer stützen.
! Eıc#Ler, Blüthendiagramme I. 39.
564 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
unter welchen Verhältnissen die eigenthümliche Lagerung der Blüthen
gegen einander bez. die Stellung der &-Blätter erfolgt, die den beiden
in Rede stehenden Blüthenständen eigen ist.
Wenn ich zunächst die Sichel behandle, so liegt hier der Fall
offenbar vor, dass Blüthen in eine Reihe gestellt von hinten nach
vorn in der Grösse und dem Alter folgend geordnet sind, sie bilden
eine Orthostiche und dies kann in der Form nur bei einer Wickel
vorkommen. Wir haben also hier den Fall, dass die beiden Ortho-
stichen sich in demselben Radius durchdringen. Wenn wir auf die
obigen Auseinandersetzungen zurückgreifen, so wissen wir, dass diese
Anordnung unter verschiedenen Verhältnissen eintritt; einmal geschieht
sie bei zwei unter demselben Zuschlagswinkel convergirenden Vor-
blättern, wenn
ist, wenn also $ = — 30° ist. Dieser Fall mag wohl Eıcater
3
vorgeschwebt haben; er kann aber unmöglich hier vorliegen, da
nämlich unter dieser Bedingung die &-Vorblätter nicht in der
geforderten Lage bei D sich befinden, sondern gegen D um 120°
divergiren.
Da für den Winkel $ ein anderer Werth unter der Voraussetzung,
dass die beiden Orthostichen zusammenfällen sollen, dass also & —a’—=o
sein soll, nicht denkbar ist, so müssen die beiden Zuschlagswinkel
verschieden sein.
Die beiden Orthostichen der Wickelblüthen fallen bei verschie-
denen Zuschlagswinkeln dann zusammen, wenn
R—-($+2\)=o
ist, oder wenn
Rad
2
17
ist. Die Zahl der Fälle, dass bei verschiedenen Zuschlagswinkeln die
beiden Orthostichen in eine Ebene fallen, ist unendlich gross, je nach
dem Werthe, den & hat, erwächst aus der obigen Gleichung ein
anderer für W. Hat dann W den bereehneten Werth, so wird die
Vereinigung beider Zeilen herbeigeführt.
Nun ist uns aber der Zuschlagswinkel für $ aus der Lage der
ß8-Vorblätter bekannt, denn 8 fällt in der Sichel über D, folglich
beträgt er — R. Setzen wir diese Grösse in die Formel ein, die
uns zur Berechnung von \ dient, so erhalten wir
R—-(—R)
V=—————=R.
6)
-
Scnumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 365
Der Zuschlagswinkel für W ist also ein rechter, und diese That-
sache stimmt mit der Wahrnehmung, die wir an dem Blüthenstande
machen, überein: während 8 über D liegt, die Divergenz also
R— R=o beträgt, liegt « oder die Blüthe, die aus ihm entspringt,
von D um einen Winkel =R+R=aR entfernt, d.h. 8 gegenüber.
Ich habe den Beweis umgekehrt geführt, indem ich aus be-
stimmten Gründen annahm, dass die Anordnung der Blüthen in der
Sichel nur der Wickel entsprechen könnte.
Wenn ich jetzt nach den gefundenen Werthen die Construction
des Blüthenstandes verfolge, so kann ich nur dadurch den gegebenen
Verhältnissen gerecht werden, dass ich unter der Voraussetzung,
p sei unendlich klein, durch die von rechts nach Iimks und wieder
nach rechts pendelnde Bewegung eine solche Blüthenreihe erhalte,
wie sie die Sichel bietet.
Was nun die Fächel anbetrifft, so ist sie, wie oben erwähnt,
dadurch ausgezeichnet, dass die ®-Blätter abwechselnd nach der Axe
zu und diametral entgegengesetzt über D fallen. Wenn ich nun
den Gang verfolge, den die suecessiven -Blätter innehalten, so kann
ich offenbar von D nach 8 und nach 9 auf doppeltem Wege ge-
langen: einmal dadurch, dass ich von D rechts herum nach & fort-
sehreite und von hier in gleicher Richtung den Stamm umkreisend
nach 8 komme, oder dadurch, dass ich bei 8’ kehrt mache und auf
dem vorhin eingehaltenen Wege in entgegengesetzter Richtung zu &
zurückgehe. Welche Bewegung ich auch einhalten mag, der eine
Umstand geht sicher aus dem Verfolge hervor, dass 8 einen Zu-
schlagswinkel $ = R hat.
Um nun zu entscheiden, ob hier eine Wickel oder Schraubel
in besonderer Abı randlung vorliegt, will ich zunächst für die erstere
den Winkel Y bestimmen, unter dem die Blüthenorthostichen, falls
P= 90° ist, in eine Ebene fallen. Wie ich oben nachgewiesen, giebt
es nur einen Fall für einen bestimmten Zuschlagswinkel #, dass bei
einer Wickel die Orthostichen einander durehdringen. Die Grösse
des Divergenzzuschlages für das &-Blatt wird durch folgende Gleichung
bestimmt:
setze ich für & den Zuschlagswinkel von ß8=R ein, so erhalte ich
eve
2
v4
Das z-Blatt bez. die erste Blüthe, und da die übrigen mit ihr
in einer Ebene liegen, die Blüthenzeile, ist also um 90° gegen D
566 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
abgewendet, d. h. die Blüthen liegen in einer Ebene, welche die Ver-
bindungsebene durch ‘die A-Blätter unter einem Rechten schneidet.
Daraus geht hervor, dass die Fächel eine Form der Wickel nicht
sein kann. Da es nun ausser der: Wiekel nur eine Art von Mono-
ehasien giebt, nämlich die Schraubel, so erweist sich die Fächel als
besondere Form der letzteren.
Ich habe aber für die Divergenz z — «° die Gleichung berechnet:
en el Se ».
Setze ich in dieselbe den Werth = R ein, so erhalte ich
&—d=2R,
d. h. die Blüthe liegt dem Deekblatte gegenüber, sobald der Zuschlags-
winkel von 8 einen Rechten beträgt. Da nun in der That die erste
Blüthe über D gefunden wird, so ist der Beweis geliefert, dass die
Fächel nur eine besondere Form der Schraubel sein kann.
I. Die ursächlichen Bedingungen für die Entstehung
von Wickeln und Schraubeln.
Betrachtet man sich eine Wickel im jugendlichen Zustande, also
die Sprossspitze der Inflorescenz, so fällt zuerst der Umstand lebhaft
auf, dass eine meist sehr grosse Anzahl noch nieht zur Anthese reifer
Blüthenknospen auf engem Raume dicht zusammengeschaart sind. Die
äusserste Begrenzungsfläche wird von zwei Blättern gebildet, welche,
wie man durch die vergleichende Beobachtung ermittelt, in fast allen
Fällen zwei &-Vorblätter sind, nur Wormskioldia piülosa ScuwFrn. macht
eine Ausnahme, indem bei dieser Pflanze (Fig. 11) die «-Vorblätter
die Schutzblätter darstellen. In der Regel divergiren diese Blätter
um 90° und ich will im Folgenden nur diesen speciellen Fall be-
trachten, da er als Typus gelten kann, von dem die übrigen nicht
abweichen. Bei einer sehr grossen Zahl von Blüthenknospen können
die beiden äussersten Blätter den ganzen Complex nicht mehr um-
fassen, die jüngeren Anlagen treten vielmehr mit ihren Sehutzblättern
aus der Umhüllung heraus und ordnen sich zweizeilig auf einem
gemeinschaftlichen Podium, dessen Mediane zwischen die dachziegelig
sich deekenden Schutzblätter fällt, an. Wie ich aber bei Cerinthe minor
gezeigt habe, gilt wenigstens während der sich verlangsamenden
Thätigkeit der Blüthenausgliederung auch für diese, unter anderen
den Borraginaceen eigenthümlichen Inflorescenzen, die gleiche Anord-
nung der &-Blätter und Blüthenanlagen. Ich kann mich deshalb in
den folgenden Untersuchungen, die sich mit den Contactverhältnissen
‘Scuumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 567
befassen sollen, unter denen der Vegetationskegel zur Zeit der Anlage
eines neuen Sprosses sich befindet, auf diejenigen Fälle beschränken,
welche Ruta oder eine ähnliche Gattung bietet.
Ich habe in Fig. 10 mit ungefährer Berücksichtigung der natür-
lichen Grössendifferenzen zwischen den auf einander folgenden Sprossen
den Grundriss einer wickeligen Inflorescenz dargestellt. Die Natur
eines Monochasiums bedingt, dass der Ort der Anlage des folgenden
Sprosses in einer bestimmten Weise beschränkt ist. Die Neubildungen
können nämlich am Vegetationskegel » nur an zwei Stellen auftreten,
entweder rechts von 3” oder links von ihm. Es liegt in der Natur
der Dicotylen, dass die beiden anderen Richtungen in der Mediane
auf das Tragblatt 8”
nicht in Frage kommen. Bei den Monoecotylen, die vorläufig von
zu oder von ihm abgewendet nach fl” zu,
der Betrachtung ausgeschlossen sind, erscheinen dagegen, wie bekannt
ist, die Sprosse folgenden Grades nicht selten an diesen Stellen.
Der Contact, unter dem » sich befindet, wird gebildet von den
Blüthen fl” und fl”, sowie von den Blättern @” und 8”. Die Körper fl”
und /l” sind gegenüber den Kraftäusserungen, die von © ausgeübt
werden können, dadurch dass dieses in der Grösse zunimmt, wie
feste Punkte zu betrachten. Selbst wenn sie beweglich wären und
eine Verschiebung erfahren könnten, so würden sie durch die folgenden
mit I” und /l” gleichsinnig angeordneten Blüthen fl!’ und /I' u. s. w.
in dem Widerstande gegen v unterstützt. Nach dieser Seite hin ist
also eine Vergrösserung des Vegetationskegels nicht möglich. Ich habe
hier diejenige Ausgliederung der Wickel im Sinne, bei der sich der
Umfang des jeweiligen Vegetationskegels parallel dem Tragblatte zu
einer Ellipse dehnt, in deren kurzer Axe eine Furchung die neue Blüthe
und den neuen Vegetationskegel erzeugt. Es ist klar, dass die Ver-
hältnisse in nichts geändert werden, wenn der letztere als eigentlicher
Lateralspross am Grunde des letzten Vegetationskegels hervortritt.
Anders sind nun die Druckverhältnisse auf der Seite nach den
Schutzblättern hin. Zunächst sind die letzteren, da sie um ihre
Insertionslinie und auch in ihrer Fläche beweglich sind, leichter zu
verschieben. Ausserdem bemerkt man aber, dass die Vergrösserung
der Blüthen 1 und /!” sich vornehmlich nach derselben Seite hin
vollziehen muss, weil, wie erwähnt, die Contaetkörper der anderen
Seite nicht verschiebbar sind. Wächst nun /!’ besonders nach $ hin,
wobei natürlich der kreisförmige Umfang nicht verändert zu werden
braucht, so drückt diese Blüthe gegen das Blatt und schiebt es nach
aussen, dasselbe gilt für fl” bezüglich 8”.
Nehmen wir also an, der Druck, der auf vo ausgeübt wird, sei
in dem Moment, wo es entstanden ist und sich eben anschickt, einen
568 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
neuen Vegetationskegel zu bilden, sich also in die Breite zu dehnen,
auf beiden Seiten gleich: so muss im nächsten Augenblicke durch
die Vergrösserung von fl und fl” dieses Verhältniss so verschoben
sein, dass der Druck auf der Schutzblattseite geringer ist, als auf
der Blüthenseite. Deshalb wird die Neubildung bei diesem Contaete
auf der ersten erscheinen.
Denken wir uns die Schutzblätter allmählich verkleinert, so wird
in dem Druckunterschiede nur insofern eine Veränderung herbeigeführt,
dass die Bedingungen für die Neubildung auf der Schutzblattseite
günstiger werden. Wenn dann die Blätter vollständig verschwinden,
so werden die Gontactbedingungen für die Ausbildung der Wickel
nieht verändert. Auf diese Weise erklärt sich sehr einfach, dass es
viele Wickel giebt, bei denen die Schutzblätter ganz fehlen. Ich
werde später nachweisen, dass die Sache bei den Schraubeln ganz
anders liegt. *
Die Wickel haben in gewissen Fällen zwei Vorblätter « und ®
ausgebildet. Ich bin vorläufig noch nicht im Stande, die Bedingungen
genau festzustellen, unter denen die Erzeugung des regelmässig
kleineren Blattes geschieht, nur so viel lehrt die direete Wahrnehmung,
dass bei den Wickeln, von der Art der Cerinthe minor, der Platz für
die Anlage, wegen der geringen Höhe des Vegetationskegels auf der
Seite, wo er an die letzte Blüthe anstösst, fehlt. Andererseits habe
ich bei Calandrinia glauca ScuraD., die ebenfalls die successiven Vege-
tationskegel durch Furchung von dem quergestreckten Kegel nächst
niederer Ordnung abschneidet, deutlich bemerkt, dass sich diese Ge-
bilde scharf von den vorhergehenden Blüthen abheben. Hier wäre
also für die Entstehung eines #-Blattes der Raum gegeben; ich ge-
stehe aber, dass erst zahlreiche weitere Beobachtungen den Sach-
verhalt noch klarer stellen müssen.
Wir sind vorläufig nicht in der Lage, die Drucke, welche von
Seiten der Schutzblätter gegen den Vegetationskegel und die, welche
von dem sich vergrössernden Vegetationskegel gegen die benachbarten
Blüthen ausgeübt werden, zu messen, ich sehe auch zur Zeit nicht
die Möglichkeit ab, ob dies jemals wird geschehen können. Deswegen
könnte der Einwurf gemacht werden, dass diese Erwägungen nur
Speculationen von recht zweifelhaftem Werthe wären. Ich glaube
aber, dass man diesen Einwurf nicht gelten lassen darf, da es sich
hier um Druckdifferenzen handelt, die aus den äusseren wahrnehm-
baren Eigenschaften der Contaetkörper abgeleitet werden können.
Es giebt bekanntlich zwei Gruppen von Wickeln: bei der ersten
geschieht die Ausgliederung der Sprosse successiv höherer Ordnung
aus dem $-Blatte, nach dem Vorkommen bei den Caryophyllaceen hat
|
1
R Er 7 . R rP
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 969
man diese den Caryophyllaceen-Typus genannt; bei der anderen erfolgt
die Fortführung des Spross-Systems aus dem unteren Blatte, dem
&-Vorblatte, diesen Typus hat man dureh den Namen der Ranuneu-
laceen genauer bestimmt. Wenn man sich einen Grundriss der letzten
Form entwirft, so sieht man auf den ersten Blick, dass bei ihr eine
Änderung der Contaetverhältnisse nicht eintritt. Die Entstehungs-
bedingungen sind genau dieselben: damit sich eine Wickel bilden
kann, muss der Vegetationskegel in dem Momente, wo er eine neue
Axe höheren Grades hervorbringt, von zwei vorausgehenden Blüthen
tangirt werden. Schutzblätter können auf der Aussenseite vorhanden
sein, doch ist ihre Anwesenheit nicht nothwendig und erforderlich.
Gehen wir nun zur Entstehung der Schraubel über, so ist es
klar, dass wir die Fig. ıo wiederum benutzen können, wir müssen
uns nur die übrigen Blüthen bis auf die den Vegetationskegel be-
rührenden weg denken. Sehen wir einen Augenblick von der Lage
der 8-Blätter ab und fassen wir nur den Complex fl’, fl!” und » ins
Auge, so können wir noch nicht sagen, ob dieses System, falls es
sich monochasial weiter entwickelt, eine Wickel oder eine Schraubel
geben wird. Erst dann, wenn die nächste Blüthe angelegt sein wird,
ist die Entscheidung gefallen, liegt sie nämlich auf /l” zu, so dass
der neue Vegetationskegel von dieser Blüthe abgewendet ist, so ent-
steht eine Wickel; befindet sich die Blüthe aber an der entgegen-
gesetzten Stelle, dergestalt, dass der neue Vegetationskegel nach fl”
hin fällt, so entsteht eine Schraubel.
Ist man in der Lage, die Entstehungsfolge der Kelchblätter bei
diesen Blüthen zu bestimmen, so vermag man allerdings unter be-
stimmten Verhältnissen auch bei der von mir gestellten Bedingung
eine Entscheidung zu treffen, ob eine Wickel oder Schraubel vorliegt.
Sind nämlich die beiden Blüthen homodrom, so ist ein Zweifel nicht
möglich, dann ist unter allen Umständen die Inflorescenz schraube-
lig. Es kann aber auch sein, dass der Blüthenstand eine Doppel-
schraubel darstellt und dann muss der eine Arm in seiner ersten
Blüthe, welche /!” entsprechen würde, mit der 'Terminalblüthe, die
dann fl” ist, antidrom sein. Da die Contaetbedingungen zu beiden
Seiten der Terminalblüthe spiegelbildlich gleich sind, so müssen die
ersten Blüthen der beiden Arme antidrom gestellte Kelehblätter be-
sitzen. Wenn ich also zu meiner Betrachtung eine Inflorescenz ge-
wählt habe, bei der ich den homodromen Ast entfernt habe, so
werde ich zwei antidrome Blüthen als Untersuchungsobjeet vor mir
sehen. Aus dieser allgemeinen Betrachtung geht also hervor, dass
ich an dem Blütheneomplexe fl”, fl!” und vo noch nicht entscheiden
kann, was bei der Weiterentwickelung daraus werden wird.
570 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
Damit nun der neue Vegetationskegel nach /l” zu fallen kann,
unter welcher Bedingung allein die Ausbildung einer Schraubel mög-
lich ist, wird vor allen Dingen der Contact zwischen » und /l” auf-
gehoben werden müssen. Dies könnte dadurch geschehen, dass die
Blüthe /!” mit dem Vegetationskegel über die Blüthe 1” gehoben
wird. In Fig. ı2 habe ich eine Spitze der Schraubel von Hypericum
sarothra gezeichnet, in der allerdings sogleich der Umstand sich sehr
auffällig bemerkbar macht, dass das Merithallium ausserordentlich
lang gestreckt ist, dass also die Blüthen nicht mehr wie bei einer
Wickel dieht zusammengeschaart stehen. Die grosse Blüthenknospe
mm
an der Spitze desselben hat eine Länge von 2 der Träger des
Blütheneomplexes ist 3"””5 lang; ich habe aber wiederholt Grössen
gemessen, welche nahezu doppelt so viel betrugen.
An dem Ende der Intlorescenz, das hier vorliegt. befinden sich drei
differente Axenkörper, eine Blüthenknospe, die nahe dem Aufblühen
p®,
ist, eine zweite von '/, der Länge der ersten, bei welcher die Kar-
piden angelegt worden sind und ein Vegetationskegel, der gerade
im Begriffe ist, einen neuen Spross zu erzeugen, nachdem aus ihm
die Vorblätter & und 3 hervorgegangen sind. Wir haben also jenen
Blüthencomplex fl!’f!” und © vor uns.
Daraus erkennen wir, dass durch die relativ frühe beträchtliche
Dehnung des Merithalliums, ein Vortheil erreicht worden ist: der
Vegetationskegel © wird nämlich aus der Nähe der vorautgehenden
Blüthen up "29. entfernt. Der Widerstand also, welcher dem
Wachsthum von » in der Richtung von fl" entgegengesetzt wird,
kann wenigstens nicht durch die Blüthen vergrössert werden. Die
Vermuthung, welehe wir aber hegten, «dass die Blüthe /l!” so hoch
über /!” gehoben sein könnte, dass vo nicht mehr im Üontacte mit
fl!" stände, hat sich als irrthümlich erwiesen.
Betrachten wir uns aber die Figur genau, so sehen wir, dass
zwischen fl” und © eine deutliche Lücke vorhanden ist. Sie ist
dadurch entstanden. dass sich, wenn auch nicht beträchtlich, so doch
bemerkbar die Axe unter der Blüthe /” und zwar das Merithallium,
dessen Gipfel sie bildet, gedehnt hat. Auf diese Weise wird der
Contact zwischen fl” und » aufgehoben“ und so ist die Bedingung,
welche die Entstehung des neuen Vegetationskegels nach /l!” hin
ermöglicht, erfüllt.
Welches sind nun die Contactverhältnisse auf der anderen Seite
von v? Wie dieses nach fl” hin ein Vorblatt 8” hervorgebracht hat,
so hat es auch auf der gegehüberliegenden Seite ein anderes «” ent-
wickelt. Die Blüthe /!” wird aber mit ihrem Vorblatte £%' von dem
grössten Blatte des ganzen Systems von ® umfasst. Auf der einen
7 1
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. Hl
Seite drückt gegen v nur ß”, auf der anderen aber #” und ®. Die
Drucke der beiden letzteren addiren sich also. Setzen wir nun den
Druck von «” gleich dem von 8”, was bei der ungefähr gleichen
Grösse derselben von der Wahrheit nicht zu weit entfernt sein wird,
so herrscht ein Überdruck auf der Seite von %. Folglich wird der
neue Spross in der Achsel von 8” erscheinen.
Während wir bei der Wickel fanden, dass die ß-Sehutzblätter
keine wesentliche Bedeutung als Contaetkörper hatten, dass ihre
Abwesenheit sogar die Entstehungsbedingungen günstig beeinflusste,
ist bei der Schraubel ihr Vorhandensein unbedingt nothwendig, um
den Überdruck auf der Seite, welche von fl” abgewendet ist, zu
erzeugen. In der That giebt es auch, soweit meine Erfahrung reicht,
keine Schraubel, bei welcher die 8-Vorblätter fehlen, wogegen nackte
Wickel eine sehr häufige Erscheinung sind.
Wie sich die Sache bei Sichel und Fächel hinsichtlich der Con-
taetverhältnisse gestaltet, bin ich zur Zeit nicht im Stande mitzu-
theilen, weil mir nicht die genügenden Erfahrungen über die Ent-
wickelungsgeschichte beider zu Gebote stehen. Nur so viel kann ich
aus meinen Beobachtungen jetzt schon mittheilen, dass die reihen-
weise Anordnung, die übrigens bei der Fächel durchaus nicht immer
so streng, wie das Schema kund giebt, innegehalten wird, durch
den Flankendruck des umfassenden äussersten Schutzblattes hervor-
gebracht wird. Von besonderer Bedeutung sind jedenfalls Dehnungs-
erscheinungen, die in der Blattachsel zwischen Stamm und Schutzblatt
vor sich gehen.
II. Die Kriterien zur Erkennung der Monochasien.
In einer meiner früheren Arbeiten habe ich das Maass der
Sicherheit festzustellen versucht, welches wir über gewisse morpho-
logische Verhältnisse in der Blüthenregion erlangen können und das
Resultat erhalten, dass wir in einer ‘ganzen Reihe von Fällen nur
ein Urtheil von subjeetiver Geltung gewinnen. Zu diesen nicht ob-
jeetiv zu determinirenden Meinungen gehören alle Ansichten über die
Verwachsungen der Cyklenglieder, in Sonderheit des innersten, also
über die Verbindungen des Carpellarkreises oder, worüber noch weit
häufiger diseutirt worden ist, über das Aggregat des Staminalwirtels
bei den männlichen Blüthen diöeischer Gewächse. In dieselbe Rubrik
zählen auch die differenten Ansichten über die Frage, ob ein be-
stimmtes Gebilde einen Blüthenstand oder eine einfache Blüthe dar-
stellt, ferner die Meinungen über terminal gestellte Blätter, axile
Antheren, Eichen u. s. w.
HN Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Controversen über
diese Fragen einer endlichen Lösung nicht entgegengeführt werden
können, weil die Praemissen, auf welche die Schlussfolgerungen ge-
gründet sind, von den verschiedenen Gesichtspunkten aus verschieden
ihrem Werthe nach beurtheilt werden. Die Differenz wird wiederum
dadurch hervorgerufen, dass die beiden Kathegorien, auf welche die
ganze Morphologie der Pflanzen gegründet ist, Blatt und Axe, nur
ungenügend definirbar sind. Weil man keine sichere Abgrenzung
zwischen beiden machen kann, muss man sich mit Hülfe der Analogien
Stützen für die eine oder die andere Ansicht schaffen. Wie sich
nun der Einzelne gegenüber der Bedeutung und dem Werthe dieser
Analogien verhält, ist der Subjeetivität des Einzelnen überlassen, ein
objeetives Urtheil, das zwingend die Frage zu Ende führt, giebt es
also über diese Verhältnisse nicht.
Überblieken wir die Studien, welche hinsichtlich des Spross-
aufbaues einzelner Pflanzen veröffentlicht worden sind, so können
wir uns dem Gedanken nicht verschliessen, dass auch hier ähnliche
Schwankungen und Unsicherheiten vorliegen. Als typisches Beispiel
kann uns die Theorie über den Aufbau der Rebe dienen. Gegen-
wärtig sind nicht weniger als sechs derselben bekannt, die alle zu
gewissen Zeiten, unter dem Einflusse besonders berücksiehtigter That-
sachen ihre hohe Bedeutung gehabt haben. Gegenwärtig stehen sich
aber nur zwei Ansichten gegenüber, die eine, welche die langen
Sprosse, die Lotten, für ein Monopodium, die andere, welche sie
für ein Sympodium erklärt. Die erste ist gegründet auf das Bild,
welches der Augenschein lehrt und auf die Erfahrungen, die durch
das Studium der Entwickelungsgeschichte erwerben werden. Die
andere wendet sich gegen die Richtigkeit dieser Auffassung, indem
ihr »ein Auftreten blattgegenständiger Zweige anstössig ist«, das der
ersten Richtung keine Besorgniss macht. Die ganze Frage dreht sich
also um den einen Punkt: was hat man von dem in Anführungs-
zeichen eingeschlossenen Satze zu halten? Ist man geneigt, trotz aller
sich entgegenstellenden Schwierigkeiten, ihn nicht aufzugeben; so
wird man auch bei der Ansicht verbleiben, dass die Rebe ein Sym-
podium ist, denn die Theoreme der vergleichenden Morphologie ge-
währen einen so weiten Spielraum, dass man jeden scheinbar mono-
podialen Spross theoretisch in ein Sympodium umformen kann.
Die Frage, ob man sichere Kriterien zur Trennung von Sym-
podien und Monopodien aufstellen, d.h. ob man beide unter allen
Umständen von einander sondern kann, wird wesentlich von der
Beantwortung einer anderen abhängig sein. Wir werden nämlich
untersuchen müssen, ob es Übergänge zwischen beiden giebt, Gestalten,
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 919
die in der Mitte zwischen den Sprosssystemen stehend, eine scharfe
Sonderung aufheben.
Ich will hier ausdrücklich darauf aufmerksam machen, wenn es
eigentlich auch kaum nothwendig wäre, dass man die Mischung beider
nieht mit Übergängen verwechseln darf. Gemischte Infloreseenzen
sind, wie in jedem Lehrbuche der Morphologie angegeben wird, nicht
selten, Horwmeister hat unter anderen eine gute, kritisch gesichtete
Zusammenstellung soleher Formen gegeben. Auch in ein und dem-
selben Monochasium kommt es, wenn auch recht selten, vor, dass
hier und da eine abnorm gestellte Blüthe auftritt, so z. B. hat Wvorer
gezeigt, dass bei Linum angustifolium De. manchmal eine Schraubel-
blüthe, die sonst wickelig angeordneten Blüthen unterbricht. Ich habe
diese Angabe bestätigt gefunden und kann noch hinzufügen, dass bei
L. flavum, welches seine Blüthen normal in Schraubeln gestellt hat,
zuweilen eine Blüthe über die der vorigen vorausgehende tritt und
so eine Partialwickel erzeugt. Verfolgt man die Beobachtungen, welche
ich über die Contactverhältnisse mitgetheilt habe, so wird ersichtlich
sein, dass diese in den betreffenden Fällen gewechselt haben müssen,
was um so eher möglich ist, als bei Limum angustifolium die Wiekel
sehr lange Merithallien, bei Linum flavum die Schraubel aber relativ
kurze besitzt.
Gehen wir auf ‘die ontogenetische Definition der Monochasien
zurück, so stellen dieselben ein Sprösssystem dar, in welchem die
Axe I. Ordnung geschlossen wird und die Axe II. Ordnung die Fort-
führung derselben übernimmt; auch diese ist in ihrer Entwiekelung
begrenzt und überträgt die Fortsetzung des Systems auf die Axe
III. Grades u. s. f£.. Da nun zwischen einer Axe I. Ordnung und der
II. Ordnung ein Übergang undenkbar ist, so kann ein jedes Spross-
system, bei den Phanerogamen mit geschlossenen Knospen wenigstens,
nur entweder ein Monopodium oder ein Sympodium sein, tertium
non datur.
Wir haben ‘durch diese Überlegung, wie ich meine, viel ge-
wonnen. Einmal erwächst uns die Sicherheit, dass wir mit der
objeetiven Bestimmtheit, welche für jede Wissenschaft ein noth-
wendiges Postulat ist, eine Entscheidung über die Form, die uns- vor-
liegt, gewinnen müssen und dass es allen Theorieen gegenüber, die
aufgestellt werden können, eine einzige positive Wahrheit giebt, die
sich von uns die Anerkennung erzwingen muss; zweitens haben wir ein
einfaches Mittel, um zu entscheiden, welche Art von Sprosssystemen
vorliegt. Wir brauchen ja nur nachzusehen, ob die Axe zweiter
Ordnung aus der erster, die dritter aus der zweiter Ordnung hervor-
gegangen ist, oder ob die successiven Sprossglieder an einem einheit-
Sitzungsberichte 1889. 55
574 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
lichen Centralkörper hervortreten. Wenn es nun auch, wie die
Figuren in meiner Untersuchung über das Borragoid zeigen, unter
bestimmten Verhältnissen genügt, bereits weiter entwickelte Knospen
zu prüfen, um ein Urtheil zu gewinnen: so werden wir uns unter
anderen Umständen, zumal wenn durch Beiknospen die klare Übersicht
getrübt wird, nicht entschlagen können, geradezu die Vorgänge am
Vegetationskegel zu studiren, da allein die Sprossfolge in der ersten
Anlage die Entscheidung über den vorliegenden Fall gewähren kann.
Die Untersuchungen am entwickelten Sprosse auf Grund ver-
gleichender Studien können desswegen zu Irrthümern führen, weil
die Veränderungen, welche das ganze Sprosssystem während der
Dehnung erfährt, sehr erheblich sein können.
Der Satz, welchen Eıcater in seiner Besprechung über den Reben-
spross gesperrt hervorhob: »das Verhalten des fertigen Zustandes
ist auch schon in der Anlage ausgedrückt« ist für die Entwickelung
der Sympodien unzutreffend. Er meint, dass die Grösse des Stückes,
welches an einem Vegetationskegel für die Bildung des Lateralsprosses
in Anspruch genommen wird, bestimmend wirken müsse auf das Bild,
welches das fertige Sprosssystem zeigt. Ich habe von einer grossen
Anzahl entwickelungsgeschichtlicher Studien, die mir zur Grundlage
meiner Mittheilungen über die Wickel dienten, drei Fälle hervor-
gehoben und bildlich dargestellt, nämlich Ruta, Echeveria und Calan-
drinia. Bei der ersteren wird nur ein sehr kleiner Theil des Vegetations-
kegels zur Hervorbringung der Neubildung in Anspruch genommen,
so dass diese wie ein etwas hoch inserirter Lateralspross hervorbricht.
Die zweite Gattung ist dadurch ausgezeichnet, dass zur Ausgliederung
ein Stück in Anspruch genommen wird, das bis zum Scheitel des
Vegetationskegels reicht, desshalb entsteht eine Furche, die über den
Scheitel verläuft. Die dritte Gattung lässt erkennen, dass der neue
Vegetationskegel noch grösser ist, wie das Primordium, aus dem die
Blüthe entsteht. Trotz alledem ist aber das Bild, welches der Blüthen-
stand in der Knospe zeigt und welches wir wahrnehmen, wenn der-
selbe nach der Anthese sich gestreckt hat, in den wesentlichen Theilen,
nämlich in der relativen Grösse der Sympodialglieder und der freien
Axentheile vollkommen gleich. Daraus geht hervor, dass die Grösse
der Portion, welche von dem Vegetationskegel zur Neubildung in
Anspruch genommen wird, irrelevant ist für die spätere Form des
Sprossverbandes.
Die Ursache liegt nun in Folgendem. Das erste Geschäft des
Vegetationskegels minderer Ordnung nach seiner Entstehung ist, dass
er genau wieder die Form annimmt, die der vorige hatte und dass
er in ganz gleicher Weise wie früher wiederum einen neuen Vege-
Den
PN
Scaumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 563)
tationskegel und eine neue Blüthe erzeugt. Die Grösse der Abschnitte
kann nur dann verändert werden, wenn, wie ich an Cerinthe minor
und Zehium rosulahın nachgewiesen habe, die Energie des Wachs-
thums erlahmt, dann werden die relativen Grössen der Neuanlagen
verkleinert. Indem alle neuen Blüthen in einer Knospe dieht zu-
sammengedrängt stehen und von Sehutzblättern umhüllt werden,
kann eine Übergipfelung des Terminalsprosses nicht eintreten. Diese
würde voraussetzen, dass die Lateralsprosse sich strecken und sich
wesentlich gegenüber dem Terminalsprosse verdicken müssten. Das
erstere tritt wie das letztere thatsächlich nicht ein, die Merithallien
"bleiben alle auf ein Minimum verkürzt und was den Umfang an-
betrifft, so nehmen sie gradweise von dem älteren zum jüngeren
Terminalsprosse an Masse ab.
Die Veranlassung, sich eine Vorstellung derart zu machen, wie
sie EıcntLer vorgeschwebt hatte, ist offenbar aus den Beobachtungen
erwachsen, die Maenus über die Sphacelarien bekannt gemacht hat.
Hier findet je nach dem Theile der Scheitelzelle, welcher von dem
Lateralsprosse in Anspruch genommen wird, in der That unter
Umständen eine Übergipfelung statt. Die Bedingungen, dass der
Lateralspross die Axe I. Ordnung übergipfeln kann, sind aber bei
Sphacelaria gegeben, denn erstens verlängert sich jener bald nach
der Entstehung ganz erheblich im Verhältnisse zum letzteren und
zweitens ist der Raum vorhanden, dass der Terminalspross bei Seite
geschoben werden kann.
Welches also auch die relative Grösse des Vegetationskegels
höherer Ordnung gegen die des letzten Terminalsprosses sein mag,
so können durch diese Differenz derartige Verschiedenheiten in der
Mächtigkeit der beiden Glieder an Sympodien nicht hervorgerufen
werden, wie sie EıcnLer bei den Weinlotten voraussetzte.
Ich will im Folgenden die von mir ganz allgemein durehge-
führten Untersuchungen an zwei Beispielen erläutern, die natürlich
Sprosssysteme betreffen müssen, über deren Aufbau man verschie-
dener Ansicht ist und versuchen, sie auf den wahren Sachverhalt
zurückzuführen. Ich lege hierbei auf das Endergebniss ein viel ge-
ringeres Gewicht, als darauf, dass ich die frühere Methode der Unter-
suchung mit derjenigen vergleichen will, die als die einzig mögliche
angesehen werden muss.
Die beiden Pflanzen sind die Weinrebenlotte und die Jutepflanze,
‚verschiedene Arten der Gattung Corchorus.
Bereits im Sommer des Jahres 1885 habe ich mit Eıcnter zu-
sammen den Aufbau der Sprosse der Gattung Corchorus in mehreren
Arten untersucht. Wir haben damals die Resultate dieser Studien
By
(5,
576 Sitzung 'der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
nieht veröffentlicht, wohl aber ist die Skizze eines Stengelknotens
von Corchorus hirtus L., die ich in dem Bande der Flora Brasiliensis,
welcher die Tiliaceen behandelt, auf Taf. 26 Fig. ı mitgetheilt habe,
als Frucht der damaligen gemeinschaftlichen Beobachtungen anzusehen.
Wenn man sich den blühenden Stengel einer Art der Gattung Corchorus
betrachtet, so erscheint derselbe als ein aufrechtes Monopodium, das
in dem oberen blühenden und knospentragenden Theile deutlich ge-
krümmt ist. Die concave Seite des flachen Bogens blickt bodenwärts.
Die Blätter sind am unteren nicht blühenden Stücke spiral gestellt,
sobald man aber vom Stengel aufsteigend in die blühende Region
gelangt, bemerkt man eine Veränderung in der Disposition der Blätter
dergestalt, dass dieselben in zwei etwa rechtwinklig divergirende, auf
der Schattenseite des Stengels befindliche Zeilen gestellt sind. Sie
sind dabei abwechselnd, so dass also an jedem Knoten nur ein Blatt
gefunden wird. Während man an der Spitze jedes Zweiges diese
rechtwinklige Divergenz noch deutlich erkennt, ist sie nach unten hin
weniger scharf ausgeprägt, weil sich die Blätter nahezu horizontal
ausbreiten. Die Einzelblüthen, Blüthenpärchen oder mehrblüthigen
Infloreseenzen stehen den Blättern diametral gegenüber auf der Licht-
seite der Axe und sind also, wie die Blätter um !/, des Kreisumfanges
von einander getrennt, sobald wir uns zwei auf einander folgende
Infloreseenzen auf gleicher Höhe am Stengel inserirt denken.
In der Achsel der Laubblätter findet man stets eine Knospe. Die
Blüthe ist, falls sie in der Einheit erscheint, von zwei stipelähnlichen
Blättchen geschützt, falls ihrer zwei oder mehr vorhanden sind, werden
sie von einer mindestens drei-, meist aber mehrblättrigen Hülle umgeben.
Eicater und ich deuteten nun diese Beobachtungen an der blühen-
den Pflanze folgendermaassen: Der Spross von Corchorus ist in der
ersten Entwickelung ein Monopodium; sobald die Pflanze aber zu
blühen anfängt, endet die primäre Axe mit einer Blüthe. Die weitere
Ausgliederung wird nun. von einer Achselknospe aus dem Laubblatte
übernommen, die ihren Vegetationskegel, nachdem er ein rechtwinklig
zum vorhergehenden Blatte gestelltes Blatt erzeugte, wiederum in einer
Blüthe aufgehen lässt. Aus der Achsel dieses letzterwähnten Blattes
entsteht wieder ein Spross dritter Ordnung, der abermals nach der
Erzeugung eines rechtwinklig gestellten und zwar über das erste Laub-
blatt fallenden Blattes durch eine Blüthe begrenzt ist u.s.f. Ver-
gleicht man den Aufbau mit der von mir gegebenen Beschreibung
über die Entstehung der Wickel, so ist nicht der mindeste Zweifel,
dass beide genau mit einander übereinstimmen.
Die Knospe aus der Achsel des Laubblattes, die regelmässig
gesehen wird, sobald das Sympodium gebildet worden ist, kann nun
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. By
Zi |
nicht die primäre Laubknospe sein, denn diese läuft eben in die
Blüthe aus, sondern muss eine Beiknospe darstellen. Sie steht immer
auf der nach der Lichtseite gekehrten Stipel zu, würde also als eine
seitliche Beiknospe aufzufassen sein. Die Blätter, welche die Blüthe
bez. den Blüthenstand begleiten, sind nun nicht etwa Deckblätter
derselben (als Gipfelspross muss die erste Blüthe deckblattlos sein),
sondern sie sind die Deck- und Vorblätter der zweiten und folgen-
den Blüthe. Die unterste hat fast stets zwei solche stipelähnliche
Gebilde, hier nahmen wir an, dass die Nebenblätter des ersten Vor-
hlattes vorlägen, dessen Spreitentheil abortirt sei.
Ursan' hat die Sprossgliederung von Corchorus auch untersucht
und ist zu im Ganzen gleichen Resultaten gelangt. Die von ihm
mitgetheilten Verschiebungstheorien haben für den weiteren Verfolg
meiner Darstellung keinen Belang, ich brauche sie also nicht weiter
zu besprechen.
Ehe ich nun ein abschliessendes Urtheil über diese Verhältnisse
aussprechen wollte, hielt ich für nothwendig, die Vorgänge am
Vegetationskegel zu prüfen und zu ermitteln, ob sich die Sachlage
“entwiekelungsgeschichtlich auch so verhielt, wie sie die Betrachtung
am fertigen Sprosse zeigte. Ich habe mehrere Jahre hindurch den
Aufbau von Corchorus von den ersten Keimstadien bis zur Entfaltung
der Blüthenanlagen sorgfältig studirt. Offenbar drehte sich die ganze
Frage um den Punkt, welche Bedeutung haben die Blätter von stipel-
artiger Natur, welche die Blüthen stützen. Es lag mir zunächst
daran, festzustellen, wie sich die Laubblätter der Gattung verhalten,
wenn sie kleiner und einfacher werden. Verschwand bei der Grössen-
reduction die Spreite, so dass die Stipeln blieben, oder traten diese
zuerst zurück? Jede Keimpflanze von Corchorus giebt hierüber Auf-
schluss. Die oberen Laubblätter einer solchen sind in dem Besitze
zweier wohl ausgebildeter Stipeln. Geht man am Stengel herunter,
so findet man ein, wohl auch ‘zwei Blätter, welche nur mit einer
versehen sind, endlich oberhalb der Cotyledonen ist das Primordial-
blatt, wie jene selbst nebenblattlos.. Dieser Umstand machte mich
stutzig und liess mich an der Richtigkeit der von mir oben ausein-
andergesetzten Anschauung irre werden. War nämlich das eine der
nebenblattähnlichen Gebilde unterhalb der Blüthe ein einzelnes Blatt
und das andere ebenfalls ein solches, so konnte das ganze Spross-
system vollkommen anders gedeutet werden. Das eine derselben konnte
dann nämlich als das zweite Glied von decussirten Paaren betrachtet
werden, deren erste Componente das Laubblatt bildete. Die Blüthe
* Ursan in Berichten der deutschen botanischen Gesellschaft III. 427.
578 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
war unter diesen Umständen ein Achselspross des kleineren Blattes,
die Beiknospe in der Achsel des grösseren, deren primärer Achsel-
spross und der ganze Stengel ein Monopodium. Für diese Meinung
sprach auch die Thatsache, dass zuweilen das eine der stipelähnlichen
Blätter an der Basis der Blüthe genau so stand, wie es gesehen
werden musste, wenn es (das Tragblatt derselben war. Überdies
bildet eine solche Auffassung ein vollkommnes Analogon zu dem
Aufbau von Cuphea, mit dem Unterschiede, dass hier niemals, wie
dort so oft, die Blüthe an der Axe emporgehoben wird; dafür tritt
aber bei Corchorus sehr oft eine Anwachsung des Tragblattes an der
Blüthenstandsaxe ein. Aus diesem Dilemma könnte auch die ver-
gleichende Morphologie einen Weg weisen: man brauchte nur die
Kelchblattstellung zu untersuchen. Ist in der That die Blüthe
eine Endigung des Sprosses, baut sich also Corchorus in der Form
eines Sympodiums auf, so muss das Kelchblatt s’ abgewendet von
dem Laubblatte, schief zu dem unteren Laubblatte, das ihr Deckblatt
ist, nach vorn zu gelegen sein, s® median nach hinten. Wenn da-
gegen die Blüthe ein Achselspross aus dem kleinen Blatte ist, so
liegt s’ von dem zweiten kleinen Blatte abgewendet auf das Deckblatt
zu, 5 zu dem letzteren median hinten. Das letztere könnte wohl
auch bei nach vorn convergirenden Vorblättern nach vorn fallen, da
aber alle Tiliaceen, soweit ich sie untersucht habe, und deren Zahl
ist nicht gering, das unpaare Kelchblatt hinten stehen haben, so
fällt diese Möglichkeit weg. Wir hätten also nur zu prüfen, steht s°
der wirklichen Axe oder dem Sympodium zugewendet, oder ist es,
wenn wir die Blüthe auf uns zukehren, rechts oder links (das hängt
von der Lage des Laubblattes ab) seitwärts gestellt. Im ersten Falle
wäre sie eine Achselblüthe aus dem stipularen Blatte, im letzteren
wäre sie eine Gipfelblüthe.
Diese Methode lässt uns aber im Stiche, weil die Kelchblätter -
von Corchorus klappig decken. Wir kommen also mit der ver-
gleichenden Betrachtung nicht weiter, und die Frage müsste voll-
ständig unentschieden bleiben, wenn wir nieht in der Entwickelung
des Vegetationskegels ‚schliesslich das letzte Auskunftsmittel über die
Natur des Sprossaufbaues hätten.
Der Untersuchung setzen sich die schon von mir Eingangs er-
wähnten Schwierigkeiten in den Weg. Die Menge von Zipfeln und
Höckern, welche Blüthenanlagen, Seitensprossen, Blättern und Neben-
blättern angehören, bringt den Beobachter zuerst geradezu in Ver-
wirrung und nur nach sehr zahlreichen, immer wieder erneuten Unter-
suchungen, die ich mehrere Jahre lang wiederholte, habe ich erst
eine sichere Einsieht über die Verhältnisse gewonnen. Eine sehr un-
\
Schumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 579
liebsame Eigenthümlichkeit der Sprosse ist der den Tiliaceen zu-
kommende reiche Gehalt an Schleim, welcher manches Praeparat
derartig beeinträchtigt, dass es bei Seite gelegt werden muss. Ich
habe schliesslich dadurch bessere Erfahrungen gesammelt, dass ich
Spiritusmaterial benutzte; indess hat auch dieses seine Übelstände:
das schnelle Austrocknen der Praeparate muss nämlich durch genau
abgemessene Zusätze von verdünntem Alkohol verhindert werden.
Die Flüssigkeitsmengen dürfen niemals so gross sein, dass die zu
prüfende Sprossspitze von ihnen umgeben ist; diese darf vielmehr
nur so viel Feuchtigkeit aufsaugen, dass keinerlei Formveränderung
durch das Eintrocknen befürchtet werden kann. Die Cautele, die
beobachtet werden müssen, machen die Untersuchungen von der-
artigen Sprossspitzen zu einer ziemlich langwierigen, eine gewisse
Geduld in Anspruch nehmenden Arbeit.
Das Ergebniss der Beobachtungen war, dass in der That unter-
halb eines permanenten Vegetationskegels zwei Blätter entstehen, ein
grösseres, das sich durch seine baldige Formveränderung deutlich als
das Laubblatt documentirt und ein kleineres ihm diametral gegenüber-
stehendes. In der Achsel des ersten entsteht ein Vegetationskegel,
welcher die Grundlage für die Ausbildung einer Laubknospe darstellt;
in der des zweiten bildet sich ein Höcker, aus dem eine Blüthe sich
entwickelt. Die Anlage der Kelchblätter an ihr kann gut verfolgt
werden, sie sind in dem Sinne orientirt, dass s’ median zu dem Trag-
blatte nach hinten fällt; mithin ist diese Blüthe ein Achselspross des
dem Laubblatte gegenüberstehenden später stipelartigen Phylloms. Zwei
gleichzeitig angelegte und gleichmässig entwickelte Organe von Neben-
blattnatur, wie Eic#Ler sich dies vorstellte, habe ich auch bei der
Ausgliederung der ersten Blüthe nicht gefunden. Alle Blättehen, die
bei einer zwei-, drei- und mehrblüthigen Inflorescenz von Corchorus
zu einem Involuerum zusammenschliessen, sind die Deeck- und Vor-
blätter des eymös sich entfaltenden Blüthenaggregats.
Wenn der Vegetationskegel unterhalb der Spitze die beiden Blätter
ausgesondert hat, so bemerkt man sehr deutlich, dass sich derselbe
nach der Blattachsel des kleinen Blattes hin vergrössert (Fig. ı3 bei
kl. B') und dass die Blüthenknospe von dieser seitlich verbreiterten
Calotte durch eine Furchung, die zwischen Scheitel und Basis ver-
läuft, abgetrennt wird. Die erste Andeutung der Furche zu sehen
gelingt nicht immer, man hat sorgfältig darauf zu achten, dass der
Scheitel nicht feucht ist, weil die Spiegelung des Lichtes einem genauen
Bilde hinderlich ist. Dagegen kann man relativ leicht solche Ansichten
zu Gesichte bringen, wo der Vegetationskegel der Blüthe deutlich auf
die Fläche des ihn stützenden Blattes übergreift (Fig. ı3 bei Al. B);
580 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
zuweilen scheint es selbst, als ob das stützende Blatt nur ein seit-
liches Anhängsel des Blüthenprimordiums wäre, alles Dinge, die grad-
weise von Art zu Art und auch an derselben Art, ja an demselben
Stocke wechseln können.
Der Umstand, dass die Basis des Vegetationskegels auf die Fläche
des kleinen Blattes übergreift, ist von sehr erheblicher Bedeutung für
das weitere Verständniss der Inflorescenz. Ich habe schon oben be-
merkt, dass das Tragblatt des Blüthenstandes an jenem in die Höhe
gehoben wird. Wie ich mehrfach schon a. a. O. ausgesprochen habe,
können Emporhebungen nur durch reell sich vollziehende intercalare
Einschaltungen geschehen. Ist der Blüthenstand ein wirklich rein
axillarer Spross, so heisst das, er nimmt seinen Ursprung an dem
Grunde der Primäraxe. Denken wir uns nun unterhalb seiner Insertions-
stelle eine Zone, die sich streeken kann, so wird zweifelsohne der
Spross gehoben, aber er kann nur an dem eigenen Träger herauf-
rücken, wie ich dies eingehender bei dem Aufbau der Wickel von
Ruta graveolens L. geschildert habe. Das Tragblatt kann natürlich
bei dieser Insertion nicht mit dem Producte aus seiner Achsel in Ver-
bindung treten. Soll eine Emporhebung des letzteren an der Inflo-
rescenz vollzogen werden, so muss die Zone der interealären Dehnung
unterhalb der beiden gemeinsam gehobenen Körper liegen, d.h. sie
muss sich auch durch die Blattbasis erstrecken.
Diese Erwägung hat nicht bloss Geltung für den Blüthenstand von
Corchorus, sondern gilt ganz im Allgemeinen von fast allen denjenigen
Sprossen, die dem Blattstiele oder der Blattfläche anwachsen oder
umgekehrt von denjenigen Blättern, die an einer Axe emporgehoben
werden. Spätere Untersuchungen müssen also nothwendig die Be-
obachtung enthüllen, dass bei vielen solchen Verbindungen von Blatt
und Axen, der Vegetationskegel der letzteren auf die Blattbasis hin-
übergreift, d.h. dass einzelne Partien des Blattoberflächengewebes
von dem Grunde der Axillarknospe aus in eine solche Zellvermehrung
hineingezogen werden, dass der Vegetationskegel theilweise auf dem
Blatte reitet.
Ich bin schon jetzt ziemlich sicher, dass dieser Vorgang nicht
in allen den Fällen, wo analoge Erscheinungen gesehen werden, statt-
findet. Höchst wahrscheinlich giebt es wirkliche blattbürtige Blüthen-
sprosse, deren Vegetationskegel niemals in einer Blattachsel aus dem
Stamme hervorgebrochen ist; indess sind meine Beobachtungen über
diese interessanten morphologischen Objeete noch nicht lückenlos
abgeschlossen, es würde mich auch zu weit führen, genauer darauf
einzugehen. Es möge diese kurze Andeutung genügen, um auf die
Thatsache hinzuweisen.
ScHuumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 581
Der Aufbau von Corchorus-Sprossen vollzieht sich also, um noch
einmal die gewonnenen Resultate kurz zusammenzufassen auf Grund
der Untersuchungen der jüngsten Entwickelungszustände monopodial:
unter dem Vegetationskegel entstehen successive decussirte Paare von
je einem mit zwei Stipeln versehenen, grossen Laubblatte und einem
kleinen stipellosen Blatte von Hochblattnatur. In der Achsel des
ersteren entwickelt sich eine Laubknospe, in der Achsel des anderen
eine ı — oo -blüthige Inflorescenz, an der dann das Tragblatt empor-
gehoben wird.
Horneıster hat bereits darauf hingewiesen, dass in den Sprossen
mit decussirten Paaren zwei Classen unterschieden werden können,
deren mechanische Entstehungsbedingungen SCHWENDENER in exacter
und widerspruchsfreier Weise dargethan hat. Die erste ist die Fraxinus-
Decussation, dadurch ausgezeichnet, dass die grösseren Blätter jedes
Paares immer um 90° so divergiren, dass über dem grossen Blatte
des ı.'das grosse des 3., 5., 7. ....(2n+ ı). Paares, über dem
grossen des 2. dasjenige des 4., 6.....2n. Paares gestellt ist. Die
Paare pendeln also in einer Amplitüde von 90° abwechselnd rechts
und links. Die zweite Classe wird Caryophyllaceen -Decussation ge-
nannt. Bei ihr liegt das zweite Paar in bestimmter Wendung rechts
oder links zum ersten um 90° gedreht, das folgende dritte Paar geht
aber nicht über das erste zurück, sondern divergirt im gleichen Sinne
gegen das zweite wiederum um 90°, das vierte in gleicher Richtung
wieder um 90°, so dass das grosse Blatt des fünften Paares, welches
den gleichen Weg in demselben Sinne zurücklegt, erst wieder über
das grosse des ersten Paares fällt.
Daraus geht hervor, dass die beiden Arten der Decussation hin-
sichtlich der grossen Blätter denselben Anblick bezüglich der Blatt-
stellung gewähren, wie Wickel und Schraubel, sobald bei diesen das
Sympodium hergestellt ist. Eine Wickel gleicht in der Stellung der
Schutzblätter der Fraxinus-Decussation, eine Schraubel der Caryo-
phyllaceen-Deeussation. Die Übereinstimmung zwischen den beiden
erstgenannten wird um so’ grösser sein, wenn die kleinen Blätter an
dem Achselsprosse in die Höhe gehoben sind, sodass der Blüthenstand
scheinbar blattgegenständig ist. Auf diese Weise wird es erklärlich,
wie Eicher und ich früher, sowie Ursan durch das Aussehen des
Corchorus-Sprosses getäuscht, diesen für eine Wickel ansprachen.
Im Grunde ist der Irrthum ganz derselbe, wie der Barcıanw’s, als er
den Spross vom Cuphea für ein Sympodium hielt, nur dass bei Cor-
chorus, wegen der erwähnten Verhältnisse eine Täuschung viel eher
verzeihlich ist. Es sei noch gestattet, mit ein paar Worten des
Achselproductes aus dem grossen Blatte zu gedenken. Die Knospe
582 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai.
ist natürlich nun, nachdem ich die Ansicht, dass die Scheinaxe die
primäre Achselknospe sei, als nicht richtig nachgewiesen habe, keine
Beiknospe, sondern eine primäre; sie entsteht genau median (Fig. 14
oberhalb des abgeschnittenen Blattes B) und erzeugt zwei erste laterale
Blätter, von denen das untere Primordialblatt S ganz dem kleinen
Blatte der decussirten Paare gleicht, also wie eine Stipel aussieht
und keine Nebenblätter hat, das zweite dagegen oft laubig ist. URBAN
hat den Bau dieser Knospen (An Fig. ı4) richtig. beschrieben, hat
aber die beiden ersten Blätter unrichtig aufgefasst. Er meint nämlich,
dass das erste stipelähnliche Blatt ein Stützblatt der Knospe sei,
die er als Beiknospe auffassen musste. Schon früher hat er einen
ähnlichen Fall von Rulingia angegeben. Mit Recht hat er die Ansicht
geäussert, dass die Erscheinung eines Stützblattes an einer Beiknospe
etwas sehr auffälliges habe; noch merkwürdiger ist sie desshalb, dass
zuweilen das Stützblatt fehlt.
So sehr selten wie UrBAn meinte (er kannte nur die zwei be-
sprochenen Fälle) ist diese Erscheinung nieht; zunächst kommt sie
ausser Rulingia noch anderen Büttneriaceen zu, ferner findet sie sich
bei Geranium, aber auch Aristolochia clematitis gewährt ganz dasselbe
Bild, wenn man nur in recht jungem Zustande die bei letztgenannter
Gattung sehr zahlreichen Beiknospen untersucht.
Ich kann die Meinung, dass diese Schuppen an der Basis der
Knospen für Tragblätter gehalten werden, nicht gelten lassen aus
folgenden Gründen: Einmal spricht die Entwiekelung der Knospen
dagegen, man sieht ganz klar, dass dieses Organ das Primordialblatt
derselben ist. In den jüngsten Zuständen befindet es sieh immer. an
dem untersten Grunde; später rückt es entweder, durch die Streckung
der Axe unter dem Blatte, höher hinauf, oder es behält bei unter-
bleibender Dehnung seinen Platz an der Basis. Aus dieser That-
sache erklärt sich sehr leicht die Beobachtung, dass Ursax das ver-
meintliche Stützblatt bald fand, bald vermisste. Zweitens, wenn dieses
Blatt wirklich ein Deckblatt ist, so müssen die darauf folgenden
Primordialblätter transversal dazu stehen, eine Erscheinung, die ich
niemals beobachtete. Drittens ist überhaupt bei einer Beiknospe ein
besonderes Tragblatt nicht gut vorstellbar. Ein Blatt muss doch an
irgend einer Axe befestigt sein. Wo steht nun das Deckblatt? Es
befindet sich an der Basis der Knospe, die ihren Sitz zwischen einer
anderen Knospe und dem Blatte hat. Diese Stelle gehört nach der
alten morphologischen Anschauung weder dem Stamme an, noch dem
Blatte. Eine Axe also, die dies Blatt tragen könnte, existirt nicht,
folglich kann ‘auch dort keim Blatt erscheinen. Alle angezogenen
Momente weisen vielmehr darauf hin, dass, was eigentlich eines
Scnumann: Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 583
Beweises gar nicht bedarf, da der Augenschein es lehrt, das Blatt
ein integrirender Bestandtheil der Knospe selbst ist und dass nur die
tiefe Stellung an ihr die Täuschung hervorrufen kann, als ob hier
ein nebenständiges Blatt vorhanden sei.
Eine noch viel weitergehende Discordanz der Ansichten existirt
hinsichtlich der Auffassung über den Aufbau des Rebensprosses.
Eıcnter machte bei unseren gemeinschaftlichen Untersuchungen an
Corchorus die Bemerkung, ‚welche bei der von mir zuerst dargestellten
Ansicht über diesen Spross vollkommen zutreffend ist, dass er sich
mit der Rebe sehr gut in Parallele stellen liesse. Es wäre nur der
Unterschied, dass die Blätter bei den Corchorus-Sprossen decussirt,
bei der Rebe aber distich ständen. Die unteren Beiknospen von
Corchorus wären dabei mit den Geizen der Rebe zu vergleichen.
Nachdem ich gefunden hatte, dass sich Corchorus monopodial
aufbaut, lag es sehr nahe, die Untersuchung auch auf die Sprosse
der Reben auszudehnen. Ich habe nun diesen so viel umstrittenen
Körper wiederum eingehender geprüft, will mich aber an dieser Stelle
damit begnügen, ganz kurz die Resultate meiner Beobachtungen mit-
zutheilen, indem ich mir vorbehalte, an einer anderen Stelle eingehen-
der darüber zu berichten. Von den 6 jetzt bekannten Auffassungen
über den Aufbau der Rebe kann, wie ein Blick auf die zahlreichen
Darstellungen der Sprossspitze zeigt, nur eine solche Geltung be-
anspruchen, welche sie für ein Monopodium ansieht. Die Inflorescenz
bez. die Ranke ist, wie zuerst NäsELı und SCHWENDENER im Mikroskope
behauptet haben, ein extraaxillärer Spross. Die genauere Begründung,
welche auf das Wesen der letzteren eingehend Bezug nehmen müsste,
würde hier einen zu grossen Raum beanspruchen. Ich werde später
bei Gelegenheit einer Behandlung der extraaxillären Sprosse genauer
darauf zurückkommen.
584 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 2. Mai. '
Figurenerklärung.
Fig. 1. Verticalprojeetion zweier Internodien einer Wickel bei genau
trausversalen Vorblättern.
Fig. 2. Dieselbe bei einer um & vergrösserten Divergenz der Vorblätter.
Be 3. Dieselbe bei ungleicher Divergenz der Vorblätter.
Fip. 4. Verticalprojection dreier Internodien einer Schraubel, bei welcher
die Vorblätter um R + 6 vom Deckblatte divergiren.
Fig. 5. Dieselbe mit ungleicher Divergenz der Vorblätter.
6. Grundriss einer Sichel.
Fig. 7. Aufriss derselben, gegen den Grundriss um 90° gedreht.
8. Grundriss einer Fächel.
Fig. 9. Aufriss derselben ebenfalls gegen den Grundriss um 90° gedreht.
Fig. 10. Contaetbild einer Wickel in verticaler Projection, schematisch.
Fig. 11. Junger Blüthenstand von Wormskioldia pilosa ScHwFTH,
Fig. ı2. Spitze einer Inflorescenz von Alypericum sarothra.
Ber 3. Vegetationskegel von Corchorus triloeularis L. v. Vegetations-
kegel, kl. B und &l. B’ kleine Blätter mit den Achselknospen fl und fl’,
gr. B. grosses Blatt.
Fig. 14. Knospe von Corchorus triloeularis L. in der Nähe des Gipfels.
B Ansatz eines grossen abgetrennten Blattes, BD’ und 5" weitere grosse
Blätter, das letztere nach der Seite gedrückt, um den Blüthenstand in der
Achsel des kleinen Blattes 5 sichtbar zu machen: 8 Vorblatt der Primanblüthe,
in dessen Achsel die Seeundanblüthe, deren Vorblatt &'’ an der Seite von
8 sichtbar ist, An. Achselknospe von B mit S, dem ersten Blatte derselben;
die übrigen pfriemförmigen Blätter sind Stipeln.
Sitzungsber.d. Berl.Akad.d.Wiss 1889. Taf IV.
B 2
7.
CLaue lith:
85
Beiträge zur vergleichenden
Entwickelungsgeschichte der Fucaceen.
Von Dr. FRIEDRICH OLTMANNS
in Rostock.
(Vorgelegt von Hrn. Prınessem am 16. Mai |s. oben S. 403].)
Hierzu Taf. V.
Ih unserer Kenntniss des Entwickelungsganges der Fucaceen besteht
bekanntlich noch insofern eine Lücke, als man nicht darüber unter-
richtet ist, wie sich die Pflanzen von den Jugendstadien an, welche
TuurErT in seinen bekannten Schriften abbildet, bis zur Geschlechts-
reife entwickeln; nur für Cystosira hat VALIAnTE eine wohl annähernd
lückenlose Reihe vom befruchteten Ei bis zur erwachsenen Pflanze
beschrieben. Der Grund unserer Unkenntniss liegt in dem Umstande,
dass die Cultur fast aller Meeresalgen Schwierigkeiten bietet, welche
zu heben mir ebensowenig wie früheren Beobachtern gelang. Es
schien mir aber nicht unmöglich, durch Suchen im Freien alle er-
forderlichen Entwickelungsstadien zu erhalten, besonders, wenn man
zunächst einmal natürliche Reineulturen irgend einer Species ausfindig
machte, d. h. Orte, an welchen nachweislich nur eine einzige Art
von Fucaceen vorkommt, da die Fucaceenkeimlinge mit denen anderer
Algen nicht zu verwechseln sind. Eine Reineultur von Fucus vesieu-
losus fand ich denn auch leicht an den Granitblöcken und dem Holz-
werk, welche Strand und Hafeneingang in Cuxhafen befestigen. Hier
konnte also von dieser Species geeignetes Material gewonnen werden.
Es musste nun wünschenswerth erscheinen, auch andere Gattungen
in den Bereich der Untersuchung zu ziehen. ‚An den deutschen Küsten
konnte ich kaum darauf rechnen, einen geeigneten Platz zum Arbeiten
zu finden. Die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin gab
mir daher durch eine Reiseunterstützung Gelegenheit, die schwedische
‚und norwegische Küste aufzusuchen, welche bekanntlich eine grössere
Anzahl von Fucaceen beherbergt. Durch schwedische Botaniker war
ich auf das Städtehen Haugesund an der Westküste Norwegens auf-
u
586 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
merksam gemacht worden; dasselbe ist in der That für solehe Unter-
suchungen ausserordentlich günstig gelegen, weil fast alle Fucaceen,
welehe Norwegen überhaupt bietet, in unmittelbarer Nähe der Stadt
zu finden und bei jedem Wetter erreichbar sind. _ Die Stadt liegt
nämlich nahe der offenen See, ist aber durch vorliegende Schären
gegen hohen Seegang geschützt. Bei Haugesund sammelte ich alle
Entwickelungsstadien von Pelvetia, fast alle von Ascophyllum und das
übrige für die vorliegende Arbeit erforderliche Material. h
Der Königlichen Akademie der Wissenschaften sowie Allen, welehe
meine Arbeit unterstützten, spreche ich an dieser Stelle meinen ver-
bindlichsten Dank aus.
Die ersten Entwickelungsstufen von Fucus vesiculosus nach ihrem
Ausseren zu beschreiben, ist unnöthig, ich verweise auf die Abbil-
dungen bei Tnurer.' An das älteste von diesem Beobachter gezeichnete
Stadium schliessen sich solche an, die nur durch ihre Grösse und die
erhebliche Vermehrung der Haare in den Scheitelgruben von denselben
abweichen.
Mit dem weiteren Wachsthum des jungen Thallus büsst der-
selbe indess seinen runden Querschnitt in den oberen zwei Dritteln
ein, während der basale Theil immer rund bleibt. Wenn die Ver-
breiterung des oberen Theiles etwas vorgeschritten ist, erkennt man
an einer sanften Erhebung auf der Mitte der einen Seite die be-
ginnende Bildung der Mittelrippe; je deutlicher diese hervortritt, um
so ähnlicher wird auch die Spitze derjenigen der erwachsenen Sprosse,
die bekanntlich eigenartig abgestutzt erscheint. Die Pflänzchen haben
damit eine Länge von 2— 3°” erreicht, jetzt beginnt die Gabelung
und die Scheitelspalte verliert die bis dahin noch immer in ihr vor-
handenen Fäden. Hat der junge Thallus sich bis auf 8 oder 10°”
verlängert, so werden meistens die ersten Conceptakeln angelegt, indess
sind auch hier ebenso wie in dem früheren oder späteren Auftreten
der Verzweigung mannigfache Differenzen zu verzeichnen.
Die Keimlinge haben anfangs nur eine oder wenige Wurzeln,
hald aber brechen »Verstärkungshyphen«, die man hier wohl am
besten als Wurzelhyphen bezeichnet, aus dem Inneren des Keimlings
hervor, versehlingen sieh mit einander und bilden damit die Haft-
scheibe.
Mit Fucus serratus wurden Culturversuche gemacht; dieselben er-
gaben z. Th. Formen, welche mit Fucus vesiculosus übereinstimmten,
! Ann. des sc. nat. 4me serie. t. 2, pl. 14 und 15.
Orsuanns: Beiträge z. vergleichenden Entwickelungsgeschichte d. Fucaceen. 587
daneben kamen aber auch abweichende Gestalten vor, es entstanden
nämlich ei- oder kugelförmige Körper, welche zunächst keine Wurzeln
entwickelten, später aber solche aus beliebigen Rindenzellen hervor-
gehen liessen. Wenn auch klar ist, dass diese Keimlinge abnormen
Culturbedingungen ihr Dasein verdanken, schien es mir nicht ganz
unnöthig, sie zu erwähnen, weil dieser Keimungsmodus für Pelvetia
normal ist.
Die Zelltheilungen in der Zygote und im jungen Pflänzchen hier
einzeln zu erörtern, würde zu weit führen, sie sollen in einer aus-
führlichen Arbeit besprochen werden; unter Hinweis auf Fig. 1—ı0,
aus welchen der Leser auch ohne Beschreibung vieles wird entnehmen
können, mag hier nur erwähnt sein, dass die Zelltheilungen keinen
ganz festen Regeln unterworfen sind, dass sie namentlich in dem
unteren Theile des Thallus ziemlich unregelmässig erfolgen und in
der Wurzel schief gegen die Aussenwand gerichtet sind. Das Resultat
der Theilungen ist jedoch immer das gleiche, eine centrale Partie
von 2 oder 4 Zellen wird von einer einschichtigen Rinde umschlossen
(Fig. 6, 8, 9, 10). Die Zelltheilungen sind kaum verschieden von den-
jenigen, welche in den Embryonen der Farne, Monocotylen, in den
jungen Brutknospen von Marchantia u. s. w. vorkommen und zeigen
‚besonders deutlich in vielen Fällen die Abhängigkeit vom Gesammt-
wachsthum des Organs. Im übrigen lässt sich fast wörtlich hier an-
wenden, was GoEBEL' bezüglich der Zelltheilungen im Embryo der
Lebermoose sagt, dass es nämlich nicht auf die einzelnen Zellwände
ankomme, sondern auf die gröbere Differenzirung innerhalb der Organe,
in unserem Falle also auf die Herstellung der von Rinde umgebenen
eentralen Partie.
Rosrarınskı” hat die von mir in den Figuren mit m bezeichnete
Wand Grenzwand genannt (ich möchte sie lieber Mittelwand nennen)
und meint, dieselbe scheide die junge Pflanze in einen oberen Theil,
welcher eine regelrechte Rinde erhalte — den Thallus — und eine
untere Hälfte, welche keine Aussenrinde besitze — den Prothallus. Wie
man sieht, markirt die Mittelwand allerdings insofern eine Grenze, als
die Theilungen oberhalb und unterhalb derselben nicht gleich ver-
laufen, aber die untere Partie verhält sich im weiteren Verlauf der Ent-
wickelung nicht anders als die obere, nur an der Stelle, wo der Thallus
in die Wurzel übergeht stehen die Zellwände ganz unregelmässig.
Die Thätigkeit der soeben als Rinde bezeichneten Schicht äussert
sich bald in periklinen Theilungen (Fig. 8, 9, 10), wodurch, wenn
! GoEBEL, Museineen. Scnenk’s Handbuch II, S. 355.
* Beiträge zur Kenntniss der Tange. Heft I, Leipzig 1876.
BE
588 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
auch nicht immer mit voller Regelmässigkeit, die centralen Zellen,
welche sich inzwischen etwas gestreckt haben, von einem Mantel an-
nähernd isodiametrischer Zellen umgeben werden, welche wieder von
anderen in radialer Richtung wenig gestreckten eingeschlossen sind
(Fig. 11). Hand in Hand damit geht meistens eine Streckung der
Pflänzchen und bald darauf wird die Bildung einer Grube auf ihrem
Scheitel durch mehrfache Längstheilungen weniger Rindenzellen ein-
geleitet (Fig. ı 1). Die mittlere von diesen Zellen wird dann in eine
Grube versenkt und meistens entspringen aus den Rindenzellen an
der Böschung der Grube sofort Haare, während die tief unten in der
Grube liegende Zelle bez. Gruppe von 2—4 Zellen immer frei von
Haaren bleibt. Rosrtarısskı's' Figur, nach welcher Anfangs ein ter-
minales Haar vorhanden wäre, halte ich für unrichtig.
Aus der am Grunde der Grube liegenden unbehaarten Zellgruppe
geht im weiteren Verlauf der Entwickelung eine dreiseitige Scheitel-
zelle hervor, welche die von Cystosira”, Himanthalea® u. a. her bekannte
Form hat (Fig. ı2). Sobald aber der Thallus sich abflacht, wird die
Scheitelgrube im Querschnitt mehr oval und gleichzeitig geht die
dreiseitige Scheitelzelle in eine vierseitige über. Der Theilungsmodus
der letzteren ist aus den Fig. ı3 und ı4 annähernd zu ersehen, er
stimmt auch ungefähr überein mit dem Schema, das Rostarınskı’ für
die vermeintlichen Initialen von Freus eonstruirt hat; an anderer Stelle
soll er eingehend erörtert werden.
In Pflänzchen von etwas über 2°” Grösse beginnen schon die
ersten Gabelungen, indem sich die Scheitelzelle halbirt und jede von
diesen Hälften als selbständige Scheitelzelle fungirt. In Folge dessen
erhebt sich zwischen beiden ein Gewebecomplex, der die Trennung
der Scheitelspalte in zwei herbeiführt, die nunmehr durch weitere
Thätigkeit ihrer Scheitelzellen auf den neuen Ästen emporgehoben
werden. Bei beginnender Gabelung der Sprosse liegen dem Gesagten
zufolge mehrere gleichwerthige Zellen im Scheitel von Fucus; ver-
muthlich auf Grund solcher Bilder hat Rosrtarısskı dieser Gattung
mehrere »Initialen« zugesprochen. Es lässt sich indess zeigen, dass
auch bei den erwachsenen Pflanzen immer nur eine Scheitelzelle vor-
handen ist. Nach meinen Beobachtungen verhält sich Fucus serratus
ebenso und für Fueus furcatus weist Woopworrn’ gleichfalls eine
Scheitelzelle nach.
I AaNONTarı, E126%
2 Varıanre, Cystosiren. Fauna und Flora des Golfs von Neapel. Bd. VII.
3 RoSTAFINSKI a..a. 0.
AS O0F Kara aRhe anne
5 Woopworru, The apical cell of Fucus. Jonrn. of Botany. Vol. I, Nos. DI
und IV. Die Arbeit erhielt ich nach Beendigung meiner Untersuchung.
Owımanns: Beiträge z. vergleichenden Entwickelungsgeschiehte d. Fucaeeen. DS!)
Kehren wir noch einmal zu dem in Fig. ı ı gezeichneten Längs-
schnitt zurück. Während sich die Scheitelgrube bildet und in ihr
_ die besprochenen Veränderungen vorgehen, theilen sich die centralen
Zellen, welche nunmehr als Füllgewebe bezeichnet sein mögen (f.
Fig. 1ı, 12), nur noch dureh. Querwände, strecken sich in die Länge
und ihre Mittellamellen verquellen mit Ausnahme einiger als Tüpfel
zurückbleibender Stellen zu Schleim (Fig. 12,2). Die in Fig. rı mit ©
bezeichneten nnd nunmehr als Innenrinde zu benennenden Zellen ver-
längern sich ebenfalls ohne weitere Längstheilungen zu erfahren,
während gleichzeitig die peripherische Zellschieht, die Aussenrinde
(a in Fig. ıı und ı2) immer von neuem durch perikline Wände Innen-
rindenzellen bildet. Danach ist die Aussenrinde derjenige Gewebe-
complex, welcher das Diekenwachsthum einleitet, während die Scheitel-
zelle und ihre Umgebung für das Längenwachsthum sorgt und stetig
neue Aussenrinde bildet. Die genannten Gewebearten sind nicht scharf
von einander geschieden, gehen vielmehr successive aus einander her-
vor. Die von Reınke' gewählten Bezeichnungen der Gewebecomplexe
bei Fucus sind wohl nicht ganz zutreffend, weswegen ich die obigen,
von Rostarınskı zum Theil bereits benutzten hier anwende.
Der unterste Theil des Thallus wurde bislang vernachlässigt.
Kurz nach dem Auftreten der Scheitelgrube beginnen die an der
Basis gelegenen Füllzellen an ihrem unteren Ende zu Hyphen von
der durch Reınke beschriebenen Form auszuwachsen, sie durchbrechen
nach unten hin die Rinde und bilden, wie erwähnt, die Haftscheibe.
Die Hyphenbildung greift von der Basis aus immer weiter nach oben
um sich, und da alle Hyphen nach abwärts wachsen, resultirt in dem
stielförmigen Theil des Thallus ein ausserordentlich dichtes Geflecht
dieser Zellfäden, zwischen welchen vereinzelt die Füllzellen liegen.
Je mehr die Pflanze wächst, um so mehr schreitet in der Mittelrippe
die Hyphenbildung nach oben vor, so dass man bei erwachsenen
Pflanzen die ersten Hyphen immer in bestimmter Entfernung vom
Vegetationspunkt vorfindet und zwar in einer Zone, welche in den
Jüngsten Theilen des Füllgewebes liegt. Wächst der Spross in die
Dicke, so treten an der Grenze, zwischen Füllgewebe und Innenrinde,
‚neue Hyphen auf. Diese Grenzzone als Verdickungsschicht zu be-
zeichnen, wie Reınke will, liegt kein Grund vor, nachdem ich zeigte,
dass das Dickenwachsthum von der Aussenrinde ausgeht. Die Hyphen
der Fucaceen sind Festigungselemente und als solche eine secundäre
Bildung, wie die Selerenchymzellen der Gefässpflanzen.
! Reınke, Beiträge zur Kenntniss der Tange. Prınessem's Jahrb. Bd. X.
S. 317 und folg.
Sitzungsberichte 1889 56
390 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
&in secundäres Diekenwachsthum findet später an der Basis der
Pflanzen statt. Das Gewebe zu beiden Seiten der Mittelrippe geht
zu Grunde, gleichzeitig wird von dieser die Aussenrinde abgestossen,
indem Innenrindenzellen bez. jüngste Füllzellen zu radial verlaufenden
Fäden auswachsen, welche mit ihren peripheren Enden dicht zusammen-
schliessend eine Art Rinde bilden, während ihre inneren Theile sich
von einander (in radialer Richtung) lösen und Hyphen entspringen
lassen, die in die Zwischenräume eindringen.
Die befruchteten Eier von Pelvetia eanaliculata zerlegen sich, ohne
erheblich an Grösse zuzunehmen, in einen kugelförmigen, aus vielen
Zellen bestehenden Körper, an welchem erst sehr spät Wurzeln auf-
treten.‘ Durch Längsstreckung desselben resultiren Keimlinge von
ganz Ähnlicher Form wie die von Freus vesiculocus, von welchen sie
sich aber durch das constante Fehlen der Haare in den Scheitelgruben
unterscheiden. Später tritt Verbreiterung des Thallus in einer Rich-
tung, fast gleichzeitig aber auch die erste Gabelung des Pflänzchens
ein, der dann weitere unter beständigem Wachsthum des Ganzen
folgen, bis die normale Grösse erreicht ist. Mit der ersten Gabelung
wird eine schwache Umbiegung der Thallusränder sichtbar, welche
die bekannte Rinne auf dem Pelvetia-Thallus hervorruft.
Die Theilungen im Ei von Pelvetia erfolgen nach den für kugelige
oder annähernde Organe bekannten Regeln und stimmen in allen
wesentlichen Punkten mit Fucus vesiculosus überein; nur sind die
ersten Wurzeln Ausstülpungen der Aussenrinde. Später werden sie
ebenso wie bei Fucus durch Hyphen, welche aus dem Innern hervor-
brechen, ergänzt. Die Bildung der Scheitelgrube erfolgt in bekannter
Weise, die dreiseitige Scheitelzelle wird auch .hier durch eine vier-
seitige abgelöst. Dass bei Pelvetia nur von der Aussenrinde, nicht
von den Hyphen das Diekenwachsthum ausgehen kann, wird beson-
ders schön durch das Fehlen derselben in den oberen Theilen des
Thallus demonstrirt.
Die Keimlinge von Pelvetia sitzen oft in den Thallusrinnen der
älteren Exemplare fest. Der Ursprungsort der Wurzeln und die Lage
der Zellwände in den jungen Pflänzchen haben immer eine ganz
bestimmte Orientirung zu den alten Pflanzen; das liess mich schon
lange vermuthen, dass hier äussere Einflüsse mitwirkten. KoLpERUP
Rosenviser” hat denn auch nachgewiesen, dass dies auf eine Licht-
wirkung zurückzuführen ist.
! Taurer et Borser, Etudes phycologiques Taf. 23. 24.
® Korperup RosenvingGe, Undersggelser over ydre Faktorers Indtlydelse paa
Örgandannelsen hos Planterne Kjobenhavn 1888.
Orımanns: Beiträge z. vergleichenden Entwiekelungsgeschichte d. Fucaceen. D91
Es ist bereits von Kxv' gezeigt worden, dass die erwachsenen
Pilanzen von Pelvetia eine vierseitige Scheitelzelle besitzen, deren
Segmentirung in vielen Fällen genau wie bei Fucus verläuft. in vielen
anderen Fällen dagegen folgen die Segmente in ganz beliebiger Ord-
nung. Nach Knyv kommen nun auch neben den vierseitigen dreiseitige
Scheitelzellen vor, wobei natürlich nur an dreiseitig-prismatische zu
denken ist. Kurz nach einer Zweitheilung der Scheitelzelle fand ieh
allerdings auch Scheitelzellen von scheinbar dreiseitigem Querschnitt,
dieselben liessen sich aber fast immer auf unregelmässig getheilte
vierseitige zurückführen, so dass wirklich dreiseitige kaum vorkom-
men dürften.
Die ersten Keimungsstadien von Ascophyllum nodosum, welche
nach Tuurrrt mit denen von Fucus übereinstimmen, konnte ich nicht
im Freien auffinden. Die jüngsten, deutlich als Ascophyllum-Keimlinge
kenntlichen Gebilde haben eine Länge von 5—-6”"" und sind etwas
schlanker, als die Fueus-Keimpflanzen. Da, wo der stielartige Theil
in den spreitenartigen übergeht, treten 1—6 Seitentriebe sehr früh
hervor; 2—3 von ihnen verlängern sich mehr als die übrigen und
erreichen '/,—'!/, der Länge des Hauptsprosses. Dieser sowohl, als
die Basaltriebe sind wiederholt gegabelt. Schon früh werden an den
Rändern der Triebe kleine Gruben kenntlich, aus welchen später
mehrere Sprosse von 3— 5°" Länge hervortreten. Diese werden meist
zu Sexualsprossen, können aber auch unter Umständen zu Langtrieben
auswachsen.
Die Scheiteizelle gleicht auf ein Haar der von Pelvetia. Die
Bildung der randständigen Spalten geht von der Scheitelgrube aus.
Auf den jüngsten Stadien, welche ich beobachten konnte, findet
man in dieser 2—-3 Zellen, welche nahe dem Rande in einer ganz
seichten Vertiefung liegen und sich durch ihre Grösse von den be-
nachbarten in etwas unterscheiden. Während diese Zellen immer
tiefer in eine Grube versenkt werden, wird diese in Folge des Wachs-
thums des ganzen Organs aus der Scheitelspalte heraus auf den Rand
des Thallus geschoben. Konnte ich auch die erste Entstehung der
2-—3 Zellen nicht verfolgen, so nöthigt doch alles zu der Annahme,
dass sie sich in der Nähe der Scheitelzelle aus deren Segmenten ge-
bildet haben. Demnach erfolgt bei Ascophyllum neben einer- Dieho-
tomirung eine monopodiale Verzweigung, denn aus den Randgruben
entspringen die Kurztriebe auf folgende Weise: Aus den am Grunde
X Bot. Zeit. 1875 S. 450. Bot. Wandtafeln, Taf. 37.
56*
592 Sitzung der phys.- matlı. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
der jungen Gruben liegenden 2—3 grösseren Zellen gehen 3—4
primäre Scheitelzellen, welche denen am Scheitel der Sprosse gleichen,
hervor. Dieselben liegen nach völliger Ausbildung am inneren Ende
der Randspalten, durch andere Zellen getrennt, übereinander. Ge-
wöhnlich zerfällt dann die zumeist nach unten gelegene Scheitelzelle
in vier secundäre; eine von diesen wächst zum Kurztrieb aus, während
die drei übrigen zunächst unverändert bleiben. Die Bildung eines
zweiten Kurztriebes erfolgt unter Viertheilung einer zweiten primären
Scheitelzelle; ein dritter, vierter u. s. w. Kurztrieb wird entweder durch
direetes Auswachsen einer der secundären Scheitelzellen gebildet, oder
unter Viertheilung der «dritten bez. vierten primären. Da jede primäre
Scheitelzelle demnach vier Kurztrieben den Ursprung geben kann,
können deren 12—ı6 aus einer Randspalte hervorgehen, eine Zahl,
die in Praxi kaum erreicht wird, aber von Bedeutung ist für den
Ersatz zerstörter Triebe.
Die jüngsten von mir aufgefundenen Keimpflanzen zeigen bereits
eine vierseitige Scheitelzelle und eine grössere Zahl von Randgruben,
die aber zum Unterschiel von den erwachsenen Sprossen nur eine
Scheitelzelle enthalten. Die basalen Seitentriebe entstehen aus den-
selben dadurch, dass das ganze, die Grube umgebende Gewebe sich
vorwölbt und diese sich in toto in den Scheitelspalt des Triebes
umwandelt. Die an den oberen Theilen der 2 — 3°” hohen Keimlinge
vorhandenen Randgruben beherbergen schon mehrere Scheitelzellen.
Ascophyllum scorpioides, das schon lange für eine Varietät des
Ascophyllum nodosum gehalten wurde, steht nach seinem anatomischen
Verhalten in der Mitte zwischen den Keimpflanzen und den erwachse-
nen Sprossen von A. nodosum. Näheres mag in der ausführlichen
Arbeit nachgesehen werden.
Von Halidrys siliguosa Keimlinge aufzufinden gelang mir leider
nicht. Die Äste der erwachsenen Pflanzen stehen bekanntlich zwei-
zeilig alternirend an ihren Mutteraxen; sie wachsen alle mit einer
dreiseitigen Scheitelzelle, die in ihrer Form mit der von den Fucus-
und Pelvetia-Keimlingen her bekannten übereinstimmt und in der
Regel, aber keineswegs immer so orientirt ist, dass eine Längswand
der Verzweigungsebene des Thallus annähernd parallel läuft. Die
erste Anlage eines Zweiges wird als prismatische Zelle, die von ihren
Nachbarn durch erheblichere Grösse abweicht, im sechsjüngsten Seg-
! Das Material verdanke ich der Güte des Hrn. Prof. REınke in Kiel.
” Er * A . . * ps “
Ourmanns: Beiträge z. vergleichenden Entwiekelungsgeschichte d. Fucaceen. 93
ment etwa bemerkbar. Die genannte Zelle stellt einen Theil eines
Segmentes dar, sie liegt zunächst noch tief unten in der Nähe der
Scheitelzelle, wird aber durch das Wachsthum des Hauptsprosses in
der Scheitelgrube emporgehoben, wobei sie sich in eine dreiseitige
Scheitelzelle umwandelt und eine eigene Scheitelgrube bildet. Eine
constante Beziehung der Sprossanlagen zu den Segmenten oder Seg-
menttheilen der Scheitelzelle des Muttersprosses ist nicht nachweisbar.
Einen Übergang von Fucus und Ascophyllım zu Halidrys bildet
H. osmundacea' mit ihren breiten flachen Sprossen, die den Habitus
eines fiedertheiligen Blattes besitzen und erst nach oben hin in Zweige
von rundlichem Querschnitt übergehen, welche denjenigen von Hali-
drys siliguosa ähnlich sind.
Cystosira ist mit Halidrys nahe verwandt, sie verhält sich nach
Varsante’s Angaben” in allen Hauptpunkten wie diese. Die Keim-
linge sollen die Scheitelzelle des zukünftigen Hauptsprosses adventiv
an ihrer Basis bilden. Das wäre eine Abweichung von allen bis jetzt
bekannten Fucaceen; indess konnte. VAaLıante die Entstehung der
Scheitelzelle nicht so genau verfolgen, dass über diesen Punkt volle
Gewissheit herrschte.
Aus der formenreichen Gattung Sargassum konnte ich nur Sarg.
linifolium genauer untersuchen.” Die Seitensprosse stehen hier be-
kanntlich in spiraliger Anordnung und zwar hat es den Anschein,
als ob dieselben in der Achsel eines Blattes ständen. Auf dem
Grunde der. Scheitelgrube findet man auch hier die bekannte drei-
seitige Fueaceen-Scheitelzelle, von welcher die Verzweigungen ebenso
ausgehen wie bei Halidrys. Die auf einander folgenden Initialen
haben einen Divergenzwinkel von etwa 140°, was einer ?/,-Stellung
annähernd entspricht (Fig. 18). Wenn eine junge Scheitelzelle ein
bestimmtes Alter erreicht hat, verzweigt sie sich wieder (4 in Fig. 18).
Die Tochterscheitelzelle 4* liegt immer von 4 aus nach der Peripherie
des ganzen Spross-Systems hin. Durch ein eigenartiges Wachsthum
entsteht nun ein Gebilde, welches 4° auf seinem Scheitel trägt, während
4 demselben seitlich, nach innen zu ansitzt. 4° wird bald flach;
schiesslich geht die Scheitelzelle dieses Sprosses verloren, und während
er früher dem Hauptspross seine Kante zugekehrt hatte, wendet er
ihm schliesslich, nachdem er ausgewachsen ist, meistens seine Fläche
! Diese und andere noch zu nennende Gattungen standen mir aus den reichen
Algensammlungen des botanischen Museums in Hamburg zur Verfügung. Hrn. Prof.
SADEBECK spreche ich für seine Freundlichkeit auch hier meinen verbindlichsten
Dank ans.
* VALIANTE, Cystosiren. Fauna und Flora des Golfs von Neapel, Bd. VN.
® Alkoholmaterial verdanke ich der zoologischen Station in Neapel.
594 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
zu. Inzwischen hat sich der Spross 4 weiter verzweigt und bildet
ein Sprosssystem, welches scheinbar dem Flachspross 4* nahe dessen
Basis aufsitzt. Die sogenannten Blätter von Sargassum stellen also
den ersten Seitenzweig des Sprosses dar, der scheinbar in ihrer
Achsel steht. Zu einem ähnlichen Resultat ist nach einer brieflichen
Mittheilung GoEser durch Vergleichung verschiedener Sargassum- Arten
gelangt und O. Kunze! deutet auch etwas derartiges an.
Ebenso wie Halidrys ist auch Sargassum mit Fucus oder Fucus-
ähnlichen Pflanzen verknüpft. Besonders interessant ist in dieser
Beziehung Sargassım varians Sosp.” Die Art besitzt an ihrer. Basis
fiederblattähnliche Sprosse wie Halidrys osmundacea, dieselben gehen
aber allmählich nach oben hin in die von Sargassum linifolium her
bekannte Form über, und zwar zeigen die Seitenzweige eine spiralige
Anordnung ihrer Glieder, während die Haupttriebe bilateral verzweigt
sind. Diese Art, und wohl noch einige andere, wiederholen in ihrer
Ontogenie sehr auffällig den Gang, welchen wahrscheinlich andere
Formen phylogenetisch durchgemacht haben; sie zeigen auch, dass
bei manchen Sargassım- Arten das »Blatt« zwei verwachsenen Sprossen
entspricht.
An Sargassum anzuschliessen sind: Turbinaria, Anthophycus,
Pterocaulon,, Carpophyllum, Contarinia, Seiroccus u. a. Die Begrün-
dung hierfür wird an einem anderen Orte erfolgen.
Einen ganz eigenartigen Habitus besitzt Himanthalea lorea. Die
Keimlinge sind von Rosrtarısskı” beschrieben worden, die noch feh-
lenden jüngsten Stadien aufzufinden, gelang mir nicht. Die jungen
birnförmigen Pflanzen von 3— 5"" Höhe werden dureh Verbreiterung
an ihrer Spitze zu mehr oder weniger lang gestielten schüsselförmigen
Gebilden von 3— 4°" Durchmesser mit einer für so kleine Pflanzen
ausserordentlich grossen Haftscheibe. Erst wenn Schüssel und Haft-
scheibe ihre volle Grösse erreicht haben, sprossen aus der ersteren
die bekannten langen Himanthalea-Riemen hervor. Dieser Umstand,
sowie die Thatsache, dass die Pflanze immer in starker Brandung
wächst, rechtfertigt es, wenn ich die Schüsseln als Organe auffasse,
mit deren Hülfe der Riementang in der Brandung festen Fuss fasst,
! EnGter’s Jahrbücher 1885.
2 Die Abbildung bei Kürzıns Tabul. plıyeol. XI, 36 stimmt nicht genau- mit den
Hamburger Herbarexemplaren überein.
® Beitr. zur Kenntniss der Tange S. 13.
Orrmanss: Beiträge z. vergleichenden Entwiekelungsgeschichte d. Fucaceen. 949
ehe er seine Riemen ausbildet, die sonst sofort losgerissen werden
würden. Rostarısskı's Meinung, wonach die Schüsseln bestimmt sind,
während der Ebbe Wasser zurückzuhalten, um den Vegetationspunkt
vor dem Austrocknen zu schützen, kann ich nicht theilen, weil viele
Schüsseln so gestellt sind, dass das Wasser sofort ausfliesst, wenn
sie freigelegt werden. Die mehrfach ausgesprochene Ansicht, wonach
Schüssel und Stiel den vegetativen, die Riemen den sexuellen Theil
des Ganzen darstellen, scheint mir deshalb nicht richtig, weil die
untersten Partien der Riemen keine Conceptakeln tragen. Die Schüssel
ist nur ein in der vegetativen Region der Pflanze eingeschobenes Organ.
Das Vorhergehende zeigt, dass bei allen untersuchten Fucaceen
eine Scheitelzelle vorhanden ist, deren Form sowohl nach den Arten
als auch nach den Altersstufen bei einzelnen derselben wechselt. Bei
Fucus, Pelvetia und vermuthlich auch bei Ascophyllum ist eine auf-
fällige Beziehung zwischen der Form der Sprosse und der Gestalt der
Scheitelzelle wahrnehmbar, indem die dreiseitige in dem Moment in
eine vierseitige übergeht, wo der Thallus sich abflacht. Eine auch
nur für die Fucaceen gültige Regel vermag ich daraus aber nicht
abzuleiten, da Halidrys trotz seiner bilateralen Verzweigung eine, drei-
seitige Scheitelzelle aufweist und auch die sogenannten Blätter von
Sargassum noch mit einer dreiseitigen Scheitelzelle wachsen, wenn sie
_ bereits abgeflacht sind.
Adventivsprosse entstehen bei Fucus vesiculosus und Pelvetia
in Folge von Verletzungen aus den Füllgewebszellen der Thallustheile,
bei Fucus vesiculosus ausserdem im Innern der Haftscheibe durch
Theilung von Hyphen.
Die Entwiekelung der Conceptakeln entspricht den Angaben
von Bower! insofern, als eine Zelle der Aussenrinde, Initiale genannt,
die Bildung einleitet, aber an der Constituirung der inneren Wandung
des Conceptaculums keinen oder kaum einen Antheil hat. Wenn
BowEr meint, die Initiale gehe allemal zu Grunde, so kann ich das
nur für Himanthalea bestätigen, bei Halidrys bleibt sie als haarartiges
Gebilde ohne Bedeutung lange erhalten, bei Ascophyllum dagegen
gehen aus ihr Leisten und Vorsprünge hervor, welche im Innern des
Conceptaculums die Sexualorgane produeirende Fläche vergrössern
helfen.
Tuurert” hat die Entwiekelung der Eier, soweit sie sich am
! Journal of mieroscop. science, Vol. 20 p. 36.
® Ann. des sc. nat. ge serie. t. 2. Etudes phycologiques.
596 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
lebenden Material verfolgen lässt, beschrieben. An gefärbten Oogonien
von Fucus sieht man, dass der Kern der jungen Anlage sich in 8 Kerne
theilt, welehe die Kerne der 8 Eier darstellen.‘ Irgend welche Vor-
gänge, welche der Abgabe von Richtungskörpern aus thierischen
Eiern irgendwie entsprechen könnten, wurden weder an den lebend
untersuchten noch an den gefärbten Oogonien und Eiern von Fucus
platycarpus und ceranoides wahrgenommen.
Auch bei Ascopdylhım entstehen im jungen Oogonium durch succe-
dane indireete Theilung 8 Kerne, die zunächst noch im Protoplasma
unregelmässig vertheilt liegen. Bald aber rücken 4 Kerne nach der
Oogoniumwandung und lagern sich hier entsprechend den Eeken eines
Tetraöders, die übrigen 4 Kerne wandern nach der Mitte ganz nahe
zusammen. Wenn jetzt die Sonderung des Protoplasmas um die vier
tetraädrisch gelagerten Kerne erfolgt, werden die vier in der Mitte
liegenden aus dem Protoplasma ausgeschlossen (Fig. ı5). Sie liegen
anfangs noch den nackten Eiern dieht angepresst, je mehr sich diese
aber von einander abheben, um so mehr werden die Kerne frei.
Lässt man lebende Eier in Seewasser aus den Oogonien austreten,
so sieht man neben denselben vier kleine, etwas glänzende Körper,
unzweifelhaft die vier ausgeschiedenen Kerne.
Pelvetia® hat nur zwei Eier im Oogonium. Bringt man dieselben
nach ihrem Austritt aus den Conceptakeln in Seewasser, so sieht man
am Aequator des Oogoniums sechs kleine Körper von dreieckigem
Querschnitt liegen, welche Kernfärbung zeigen. TuurET zeichnet sie
richtig. Mit Hülfe von Schnitten lässt sich auch hier zeigen, dass
zunächst acht gleichwerthige Kerne auftreten, von welchen sechs an
den Aequator des Oogoniums wandern, während zwei die Brennpunkte
des im Längsschnitt elliptischen Körpers einnehmen (Fig. 17). Bei
der Bildung der Trennungswand zwischen den beiden Eiern werden
die sechs Kerne ausgeschieden.
Das Oogonium von Himanthalea enthält nur ein Ei. Im Seewasser
rundet das letztere (Fig. ı6) sich ab und gelangt unter Durchbrechung
der Oogonienwand in’s Freie. Im Oogonium bleiben sieben kleine
Körper zurück. Die Entwickelungsgeschichte verräth uns wieder, dass
von acht anfangs gleich grossen Kernen sieben erheblich kleiner werdend
an die Peripherie wandern, während einer in der Mitte als Eikern
zurückbleibt.
! Vergl. SrrasguRGer, Botan. Prakticum. J. Beurens, Ber. d. d. botan. Ges.
1886, S. 92. :
? Vergl. die Abbild. bei Tuurer, Etudes phycologiques.
. ann ® A . B x <
Orrmanns: Beiträge z. vergleichenden Entwickelungsgeschichte d. Fucaceen. 597
Halidrys verhält sich wie Himanthalea. COystosira giebt nach Doper-
Porr' eine grössere Anzahl von »Exeretionskörpern« ab. Nach den
Abbildungen kann es sich hier nur um die gleiche Erscheinung wie
bei Halidrys und Himanthalea handeln.
Konnte auch neben den Kernen nicht immer Protoplasma nach-
gewiesen werden, nachdem sie von der Hauptmasse des Plasmas ge-
trennt waren, so wird man doch kaum fehlgehen, wenn man den
Vorgang, welcher soeben beschrieben wurde, nicht als eine Ausschei-
dung ausschliesslich von Kernsubstanz auffasst, sondern als einen Zell-
theilungsprocess. Die ausgetretenen Kerne sind als redueirte Eier
demgemäss anzusprechen, sie liefern den Hinweis darauf, dass die
vier-, zwei- und eineiigen Fucaceen von Formen abgeleitet werden
müssen, welche acht Eier im Oogonium besassen.
Dover -Porr” hat diese »Excretionskörper« ohne Weiteres in
Parallele gestellt zu den »Richtungskörpern« der thierischen Eier und
hat ferner aus dem Pflanzenreich eine Anzahl von bekannten Fällen
angeführt, in welchen eine Ausscheidung von Protoplasma aus den
Geschlechtsorganen vor der Befruchtung nachgewiesen ist. Ob alle
von DopeL-Porr aufgeführten Thatsachen sich unter einen Gesichts-
punkt bringen lassen, hoffe ich in einer späteren Arbeit klar legen
zu können, die Frage ist hier nur: Lassen sich die für die Eier der
Fucaceen geschilderten Vorgänge den »Richtungskörpern« an die Seite
stellen? Es lässt sich nicht leugnen, dass mit der Ausstossung von
Richtungskörpern bei thierischen Eiern insofern Ähnlichkeiten be-
stehen, als auch hier kurz vor der Befruchtung kleine Zellen vom
Ei abgegeben werden, welche weiterhin keine Verwendung mehr
finden. Die gestellte Frage wäre zu bejahen, wenn für Bürscnur's
Annahme,” die Richtungskörper lieferten den Hinweis darauf, dass
das Ei sich aus mehreren gleichwerthigen Zellen herausgearbeitet habe,
der Beweis erbracht wäre. Ausgeschlossen ist aber auch nicht, dass
die »Richtungskörper« ein Ding für sich darstellen, eine Erscheinung,
die bei unseren Tangen überhaupt nicht vorkommt, wenigstens nicht
beobachtet ist, und die Frage wäre, ob nicht andere im Thierreich
sich abspielende Processe das Homologon zu den eben besprochenen
Vorgängen darstellen. Die Entscheidung wird dem auf zoologischen
Gebiet nicht hinreichend Bewanderten schwer und es mag genügen,
auf diese Punkte hingewiesen zu haben.
! Biolog. Fragmente I. (Cystosira barbata.
® Biolog. Fragmente. Theil II. Die Exeretionen der sexuellen Protoplasmamassen
vor und während der Befruchtung im Pflanzen- und Thierreich.
* Bürscnui, Gedanken über die morphologische Bedeutung der sogenannten
Richtungskörper. Biolog. Centralbl. IV, S. 5.
—ı
an
Sitzungsberichte 1889.
598 Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
Trotz wiederholter Versuche ist es mir bis jetzt nicht gelungen,
den Spermakern im Ei nachzuweisen. J. Brurens' scheint etwas
glücklicher gewesen zu sein, indess fehlt auch ihm der vollkommen
lückenlose Nachweis der Copulation beider Kerne.
Aus dem, was ich berichtet habe, ergiebt sich, dass alle Fucaceen,
deren Entwickelungsgang uns lückenlos vorliegt (Fucus, Pelvetia,
Cystosira) nur eine Art der Fortflanzung aufweisen, was übrigens seit
Trurer wohl kaum bezweifelt worden ist. Die anderen weniger be-
kannten Formen werden sich nicht anders verhalten.
Wenn auch die Keimung der Zygote in ihren ersten Stufen Ver-
sehiedenheiten zeigt (Fucus vesiculosus — Pelvetia), so haben doch alle
genauer bekannten Formen das gemein, dass sie auf einem bestimmten
Punkt ihrer Entwickelung keulenförmige Keimlinge mit dreiseitiger
Scheitelzelle ausbilden, die in allen wesentlichen Punkten überein-
stimmen und es ist wahrscheinlich, dass die meisten Fucaceen Ähnliche
Verhältnisse aufweisen. Damit ist dann auch anzunehmen, dass alle
diese Gruppen einen gemeinsamen Ursprung haben, der sich in der
genannten Keimlingsform noch auf's Deutlichste zu erkennen giebt.
Von diesem Zeitpunkt an schlägt die Entwickelung der ver-
schiedenen Gruppen verschiedene Wege ein. Bei Fucus, Pelvetia und
Ascophyllum geht mit der Verbreiterung des Thallus eine Umwandlung
der dreiseitigen in eine vierseitige Scheitelzelle vor sich, die drei
Gattungen sind demnach wohl als nahe verwandt zu betrachten und
unter dem Namen der Fuceen zu vereinigen.
Eine zweite, sehr natürliche Gruppe bilden die Cystosireen, mit
monopodial verzweigten bilateralen (Halidrys) oder radiären Spross-
systemen (Cystosira u. a.). Die Scheitelzelle ist stets dreiseitig, alle
Formen haben ein Ei im Oogonium.
Die Sargasseen gleichen bezüglich ihrer Verzweigung, ihres
Scheitelwachsthums und der Eizahl den Cystosireen, sind aber vor
ihnen ausgezeichnet dadurch, dass die Sprosse mit einem oder wenigen
Kurztrieben, die blattartig sind, beginnen, so dass »Blatt« und » Achsel-
spross« vorgetäuscht wird. Diese Gruppe ist vielleicht mit den Cysto-
sireen zu einer grösseren zu vereinigen.
Himanthalea muss zunächst für sich allein eine Gruppe bilden.
Die in der Jugend radiäre Pflanze geht später in eine bilaterale Form
über. Die Sprosse sind mit dreiseitiger Scheitelzelle gabelig verzweigt;
! Ber. der deutschen bot. Ges. 1886 p. 92.
er
i Orrmanns: Beiträge z. vergleichenden Entwickelungsgeschichte d. Fucaceen, 599
die Conceptakeln fehlen nur auf den unteren Theilen des Thallus.
Vielleicht “ist hierher noch Xiphophora zu rechnen, diese Abtheilung
könnte man dann als Loriformes bezeichnen.
Die einzige mir bekannte Fucacee, welche nachweislich im Alter
ohne Scheitelzelle wächst, ist Durvillea." Keimlinge von ihr sind
nicht bekannt, man ist daher nicht im Stande zu sagen, ob wohl die
Jüngsten Zustände mit denen anderer Fucaceen übereinstimmen. Des-
halb lässt sich auch nicht angeben, ob Durvillea einen besonderen,
schon früh abgezweigten Ast der ganzen Fucaceengruppe darstellt.
Ob Eecklonia und Sarcophycus mit den Durvilleae zu vereinigen sind,
lässt sich kaum mit Sicherheit bestimmen.
Manche zu wenig bekannte Gattungen mussten ganz unberück-
sichtigt bleiben; spätere Untersuchungen werden zu zeigen haben, ob
dieselben sich in die aufgestellten Gruppen einreihen lassen, oder wie
diese zu modifieiren sind, um ein einheitliches System der Fucaceen
herzustellen.
1 GRABENDÖRFFER, Beiträge zur Kenntniss der Tange. Bot. Zeit. 1885.
600
Sitzung der phys.-math. Classe v. 6. Juni. — Mittheilung v. 16. Mai.
Erklärung der Figuren von Tafel V,
ı—5. Optische Längsschnitte von Keimpflanzen. \
7—9. Querschnitte von denselben. EN -
/
6, 10, 11, 12. Längsschnitte der Keimlinge 3
vesiculosus.
13. Längsschnitt parallel der Thallusfläche.
14. Scheitelschnitt einer etwa 2°® hohen jungen Pflanze.
15. Schnitt durch das Oogonium von Ascophyllum nodosum, Essigsäure-
Carmin - Praeparat.
16. Oogonium von Himanthalea lorea kurz vor dem Austritt des Ei’s
aus dem Oogonium.
17. Längsschnitt durch das Oogonium von Pelvetia. Essigsäure- Carmin-
Praeparat.
ı8. Schematischer Querschnitt des Scheitels von Sargassum.
Ausgegeben am 20. Juni.
Berlin, gedruckt in der Reiclhsdruckerei
Sitxungsber d.Berl Akad.dWissI1S$SI Taf VW.
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TE SEE, ER EDEL DE nu DE SEELE EEE MEERE
601
1889.
XIX.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
20. Juni. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen.
l. Hr. Divıuey las über einige Handschriften Kanr's auf
der Rostocker Bibliothek und legte zugleich die Veröffentlichung
der losen Blätter aus Kanr's Nachlass Heft 1. 1889 von Hrn. Runorr
Reıcke in Königsberg vor.
2. Hr. Kroxecrer gab eine Fortsetzung seiner Mittheilung über
die Decomposition der Systeme von n’ Grössen und ihre
Anwendung auf die Theorie der Invarianten.
Die Mittheilung folgt umstehend.
Die von der Akademie vollzogene Wahl des bisherigen corre-
spondirenden Mitgliedes der philosophisch-historischen Classe Hrn
Aporen von Rorn in Tübingen zum auswärtigen Mitgliede hat unter
dem ı5. Mai die Allerhöchste Bestätigung erhalten.
Hr. Wırnıam Wriecnt in Cambridge, Correspondent der pen
sophisch-historischen Classe ist am 22. Mai d. J. 2 AS z x
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Sitzungsberichte 1889. 58
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603
Die Decomposition der Systeme von 72° Grössen und
ihre Anwendung auf die Theorie der Invarianten.
Von L. Kronecker.
(Fortsetzung der Mittheilung vom 6. ‚Juni 1889, XXX.)
8. 14.
Di: im $. 10 bei (N’) angegebenen und im 8. ı2 als nothwendig
erwiesenen Bedingungen, dass bei jeder von den Transformationen:
I in 60, 0, (h>ı),
(N’) A, j
Tr un, 12%, 0, 0 (hzr),
welche den Indices r—= 2,3,...n entsprechen, die Invarianten ihren
Werth behalten sollen, können auch dahin formulirt werden,
dass die Invarianten, als Funetionen der Coeffieienten der-
jenigen Formen, welche bei einer von jenen 2» — 2 Trans-
formationen (N’) entstehen, für jeden Werth von t den-
selben Werth haben müssen, wie für 2=o, d.h. also, dass
sie von £ unabhängig sein müssen. x
Wird nun, wie im vorigen Paragraphen, das System homogener
Formen der Dimensionen v, ,v,, v
(9) Pi „Ps pP, PisPa>» PR 0: 13,2,...5)
(S) > er Br Ze 77 er
Pıv Par---Dn
q=1,2,3,...
zu, Grunde gelegt, und bezeichnet man diese Formen mit:
Bla. %,) 232)
so ist:
gi f a) F® (x, ,x,,...x,) (ne)
PıYPp.!... pn! du da... de?”
Pirbar-::D, ee
ren
. N} . N an. (q)
Eine Funetion der Coeffieienten 02 EN
N
e (7) )
Inv. ( \ an or:
wird demnach als Invariante des Formensystems (S) vollständig durch
die Bedingung charakterisirt, dass jede der 2» — 2 Funetionen:
98*
604 Gesammtsitzung vom 20. Juni.
nn ( FE, + n,,2,,...%,) )
(n) \ 2.'m np! dt dn....de
rs ( OR E z....0_ lee) )
N aa Sa in
GE SbrR En)
von £ unabhängig sein muss. Differentiirt man also diese 2n — 2
Funetionen nach ? und setzt das Resultat gleich Null, so sind die
so entstehenden 2n — 2 Differentialrelationen charakteristisch für die
Invarianteneigenschaft der Funetion:
(2
Inv. ( el
Bei der Aufstellung der bezeichneten Differentialrelationen ist von
folgender Formel Gebrauch zu machen:
OFT (z +tw,,2,,...2,)
U)
di de, de dan .... da,
—h Be, vE it, Unyer. %,) +1 IE 5: 126, sUgyee. %,)
da" dan "den ....dan I tr... dee
RR I ee N,
Diese Formel gilt offenbar für A,=o, und wenn ihre Gültigkeit für
irgend einen der Werthe A, = o,1ı,2,... vorausgesetzt wird, so zeigt
die Differentiation nach «,, dass sie auch für den um Eins grösseren
Werth von A, gültig bleibt.
Nimmt man in der Formel (U) die Zahl ? gleich v, +1, so wird
das zweite Glied auf der rechten Seite gleich Null, und es kommt:
IF + tn,,0,,...%,) ar IE, + 1n,,0,,...%)
2
dt da” dal? del‘ ... da)” da da ‚are...
Nun ist das Resultat der Differentiation von:
(a9) Inv ( FM +tr,,2,,...x%,) )
1). ® ee
nach ! ein Aggregat von Producten je zweier Factoren, deren einer
die partielle Ableitung der mit (T,) bezeichneten Function nach je
einem ihrer Argumente: :
OMA + ta, %,,...2,)
a da?" da}? ... da)”
ist, während der andere Factor durch die nach / genommene Ableitung
dieses Arguments oder also, vermöge der Formel (U’) durch:
Ps Ps --P,»9
KRronecker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 605
a Fr rer 0,0,
(pt)! (1)! pt... pn! def" dad" dad: ...dub
en
gebildet wird. Das Resultat der Differentation lässt sich also in
folgender Weise darstellen:
(P: +1)-
£ " nd
| = EB Ta -$)
> (p +1) PHP —Ir Pass pn en y.c® Trees
Py Par: Pn»7 c IP» Pgr:--Pn
(Prr Pay Pn = Or1y2,...; P=1,2,..53P tP,R+-.- +9, =; 9132,33...)
wenn man unter den Coeffieienten (' diejenigen versteht, welche durch
die Gleichungen:
Mash ice te, 2...) — > ER aa...
+ Pn
(27,2512-.9,—0,1,2,...,9, 69 8... t2= 5 I=ı2, 33...)
definirt werden. Die Bedingung dafür, dass die mit (T,) bezeichnete
Function von £ unabhängig sei, wird hiernach durch die partielle
Differentialgleichung:
% 9 Inv. ( e2 )
„ () NOS er EEE
(U ) > (p +1) Ph t1sPp, —1, Pas: PD 90® —
P» Par -PnQ P1v Pgv---Pn
(Pir Ps Pn = 0, 1y2,.2.; P,—=1,2,...5P, +PRt+t-.-I,=W5 Des)
ausgedrückt, und diese ist vollkommen gleichbedeutend mit der-
jenigen, welche man erhält, wenn man darin für die Coeffiecienten 0%
der Formen:
ED (2, ie, ,&,...:%,)
BE. . ) (a N
die Coeffieienten O” der Formen F" Bee ckemsetzi-
Gemäss der vorstehenden Entwickelung lässt sich jene für die
Invarianteneigenschaft der Function:
Inv. (- re Nr .)
Pi» Pas---D, ?
charakteristische Bedingung, dass jede der 2” — 2 Functionen (T) von
{! unabhängig sein muss, vollständig durch ein System von 2n — 2
partiellen Differentialgleichungen ausdrücken, welche aus (U”) hervor-
gehen, indem erst:
Din M=2,3,...n)
an Stelle von p, gesetzt und alsdann in jeder von den so entstehenden
n—ı Differentialgleiehungen p, mit p, vertauscht wird. Die auf die
angegebene Weise zu bildenden Gleichungen können in folgender Weise
dargestellt werden:
Ne SR ri 300 I0®.
606 Gesammtsitzung vom 20. ‚Juni.
Hierin ist sowohl e= +ı als auch e= — ı zu setzen, und für r sind
die Zahlen 2, 3,...n zu nehmen, so dass die Formel (V) genau 2n — 2
partielle Differentialgleichungen repraesentirt. Die. Summation ist auf
alle diejenigen Werthe:
DDR ZEN
zu erstrecken, für welche zugleich:
7 > > ’ D.—
ar ea oe N
ist, und überdies auf die Werthe g=1,2,.3,..., welche den ver-
schiedenen Formen des betrachteten Systems:
1(g) 8
ah)
entsprechen.
URN
15.
Für absolute Invarianten:
(9)
abs. Inv, (- je or“ ne
tritt noch gemäss $. 8 (O) die Bedingung hinzu, dass sie bei der
Transformation:
DI N 2, 0: Wr ea:
ihren Werth behalten sollen. Hierfür ist nothwendig und hinreichend,
dass der Werth der Function:
abs. Inv. € Aug R .)
SP» Par---B, ?
von A unabhängig, also ihr nach A genommener Differentialquotient
gleich Null sei. Diese Bedingung lässt sich, wenn man:
pP, (9 md
A ren a a
setzt, durch die partielle Differentialgleichung:
= d abs. Inv. (... C® SR A
Sp c” u er} ( Ps Pas £ )
— Pyr Par P, 0" ie
Pr Pas Past “Ps Pas--P,
darstellen, in weleher aber auch — wie oben —- (die Coeffieienten
(gl
C” der Formen:
BU (AT a eN
®w
s Kroneerer: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 607
10)
durch die Coefficienten €” der Formen F”(x,,a,,...x,) ersetzt werden
können. Für absolute Invarianten ist demnach den 2” — 2 partiellen
Differentialgleichungen (V) noch die folgende:
(9)
x a 0 gabs, Inv. 6: 5. Ba? A)
(V) > p (ei - e BF — —
u] EN Pix Bas Pn A ce"
PP Pn9 eh
(Pr 3» Pa 2: --M Z0. aa; Pi BI pr, q=1,2,3,...)
hinzuzufügen, welche ausdrückt, dass die Dimension der dureh
ne a (9)
abs. Inv. (& er ah. we .)
Koh
bezeichneten Funetion der Coeffieienten (VRR RADN gleich Null sein muss,
wenn man die Dimension jedes dieser Coefficienten gleich dem ersten
Index p, annimmt.
Das für absolute Invarianten charakteristische System der 272 — ı
partiellen Differentialgleichungen (V), (V'), welches, wie wohl hervor-
gehoben zu werden verdient, hier ohne Anwendung irgend welcher
Symbolik erlangt worden ist, ersetzt vollständig jenes System der
n° partiellen Differentialgleichungen, welches AronnoLn in seiner Ab-
handlung! »Über eine fundamentale Begründung der Invarianten-
theorie« hergeleitet hat. Es zeichnet sich vor dem eitirten System
aber nicht nur dureh die wesentlich geringere Anzahl der Gleichungen,
sondern auch dadurch aus, dass jede einzelne Gleichung für sich eine
Bedeutung hat, indem sie die Eigenschaft der Invariante ausdrückt,
bei einer bestimmten »einfachen« Transformation des Formensystems
ihren Werth beizubehalten. Auch giebt die hiermit erfolgte Reduetion
jenes Systems von n’ partiellen Differentialgleichungen auf ein solches,
welches aus nur 27 — ı Differentialgleichungen besteht, vollständigen
Aufschluss über die zwischen den n° Gleichungen bestehenden Be-
ziehungen, durch welche die a. a. O. von AronnoLp als bemerkens-
werth hervorgehobene Coexistenz derselben bedingt ist. Endlich ist
noch darauf aufmerksam zu machen, dass — wie aus $. ı2 hervorgeht
— bei der Charakterisirung der Invarianten keine einzige der an — 2
partiellen Differentialgleichungen (V), und, falls es sich um absolute
Invarianten handelt, auch nicht die Differentialgleichung (V’), entbehrt
werden kann.
" Crerre’s Journal für Mathematik, Bd. 62 S. 293 und 309.
608 Gesammtsitzung vom 20. Juni.
$. 16.
Im $. 14 bildete es einen wesentlichen Punkt in der Herleitung
der partiellen Differentialgleichungen (V), dass die Differentiation der
Funetionen (T) nach ? zu Ausdrücken führte, in welchen nur die
Coeffieienten C® vorkommen. Der Nachweis hierfür wurde mittels
der Formel (U) erbracht. Der bezeichnete Umstand wird aber ohne
Weiteres evident, wenn man die Invarianten nicht als Functionen
u 2,7% ( ) \
der Coeffieienten (6 4 der Formen:
ee
-P,
Pla nr Tu)
sondern als Funetionen einer Anzahl von Ausdrücken:
F® (ur; ie] (kur 12, 35.2 U ngS Sn Dr
betrachtet, in denen %;, Uxs--- u,, unbestimmte Variabeln bedeuten.
Die Zahl u, ist dabei gleich der Anzahl der Üoeffieienten On en.
zu wählen und die Ausdrücke #9 (u x. %,r, ; - - U,,) sind dann offenbar
lineare homogene Functionen der Üoefficienten 0 PR.
Soll nun:
Inv. ( NN N En e -)
eine Invariante des Formensystems F (x, ,x,,...x,) sein, so muss z. B.:
Inv. (: BD Was Vans. Unp)s 2)
von ? unabhängig, also der nach ? genommene Differentialquotient
gleich Null sein. Wenn man daher zur Abkürzung die nach dem
Argument:
N ler)
genommene partielle Ableitung der Funetion Inv. mit:
Inv.;,,,
bezeichnet und:
oF® (x » Use» U,x) (9)
en
O4,
setzt, so kommt:
0 (q)
Dur Fı (Urt ls, Ups. Un) INV.2.g (- PUu + tür Ugrs-. Une) >=. N) —o0.
k,g =
(k=1,2,3,...4,: OHR 27S RR)
Ersetzt man endlich in dieser Gleichung ”,, + fı,, durch “,,, so
resultirt die partielle Differentialgleichung:
z. (9) e Alt , ER
> UF, (Ur, Urs one Un) OVrg (- ER RR A) gr A) 04
k,g
r *.* Y F . N
Kronecker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 609
welehe die angekündigte Form hat, da die Coefficienten:
(9)
PR (Mr s Ugpse nr» U,x)
der partiellen Ableitungen der Invariante offenbar lineare homogene
oder auch der an deren Stelle
n a RL: (9)
Funectionen der Coefficienten Ü,
Ps Pass P,
eingeführten Ausdrücke:
q)
r% (dr ’ Us lee Ur)
sind.
Sl:
Eine Funetion der n’Coeffieienten eines Systems von n linearen
Formen:
DR: N)
4 > k
k
kann nur dann eine Invariante sein, wenn sie eine Function der
Determinante:
|C.| (,k=1,2,...n)
ist, und eine solche ist daher gemäss $. 10 (L’) dadurch charakterisirt,
dass sie ungeändert bleibt,
erstens, wenn C,+(, an die Stelle von (;, gesetzt wird,
zweitens, wenn €; für €, und zugleich — Ü. für €.
ir 21 > 1
Oe-
ar ge
setzt wird,
drittens, wenn 1C, für €
'iı
und zugleich 6 für C, ge-
setzt wird.
Denkt man sich in der üblichen Weise die Coeffieienten (©, in
nVerticalreihen von je nGliedern so geordnet, dass diejenigen, welche
denselben zweiten Index haben, derselben Verticalreihe angehören,
so kann man das angegebene Resultat so formuliren:
Eine Function der n’Grössen (,, welche ungeändert bleibt,
wenn die erste Verticalreihe zur zweiten addirt wird, ferner
auch wenn für die erste Verticalreihe irgend eine der fol-
genden und zugleich für diese die negativ genommene erste
Verticalreihe gesetzt wird, endlich auch wenn die erste
Verticalreihe mit 7 multiplicirt und zugleich die zweite
durch ? dividirt wird, kann nur eine Funetion der Deter-
minante sein.
Ebenso folgt aus $. 10 (N),
dass eine Function der n’Grössen (;., welche ungeändert
bleibt, wenn die erste Verticalreihe, mit 2 multiplieirt, zu
irgend einer der folgenden addirt wird, und auch dann, wenn
610 Gesammtsitzung vom 20. Juni.
zur ersten Verticalreihe irgend eine der folgenden, mit £
multiplieirt, hinzugefügt wird, nothwendig eine Function
der Determinante sein muss.
Hiermit völlig gleichbedeutend ist es, dass gemäss $. ı4 (V) eine
Function der n? Grössen (,;.:
®(C,, . C, VERA G%)
durch die 2» — 2 partiellen Differentialgleichungen:
nr
ob (ek a i
IS Dem Ne DI 2 De
> IC, OR, 0a 90, [6) \ Se )
als eine Function der Determimante charakterisirt wird.
Für eine rationale Function der n°” Grössen C,, kann nach $. ı3
ihre Eigenschaft, eine Function der Determinante zu sein, schon
daraus erschlossen werden, dass sie sowohl dann, wenn die erste
Vertiealreihe zur zweiten addirt wird. als auch dann, wenn die erste
Verticalreihe nach Änderung ihres Vorzeichens mit einer der folgenden
vertauscht wird, ihren Werth beibehält. Setzt man aber noch die
Function als ganz, linear und homogen in den Elementen der ersten
Verticalreihe voraus, so kann die erstere von jenen Bedingungen
der Unveränderlichkeit, weil sie dann eine Folge der letzteren ist,
weggelassen werden. Um dies näher darzulegen, sei eine Function
der n° Grössen (:
CHE IE)
un
als eine ganze, lineare, homogene Function der n Grössen
der ersten Verticalreihe definirt, welche bei Vertauschung
dieser Verticalreihe mit irgend einer der folgenden den ent-
gegengesetzten Werth annimmt, und welche den Werth
Eins erhält, wenn das System (,,. das Einheitssystem_ ist.
Alsdann ist offenbar ® eine ganze, lineare, homogene Funetion
der Elemente jeder Verticalreihe; es wird also:
8 (0,504 + O5 O5. 20) (=1,2.. Sl
gleich der Summe:
90,105 0 ET TO ER De)
und die erstere dieser beiden Funetionen, in deren Argumenten die
heiden ersten Vertiealreihen identisch sind, muss gleich Null sein,
weil sie bei Vertauschung der beiden ersten Verticalreihen den ent-
gegengesetzten Werth annehmen soll. Die Function ® bleibt also in
der That ungeändert, wenn die erste Vertiealreihe zur zweiten addirt
wird; es ist daher
r .ı* | Ad
Kronecker: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 611
$((,,C5,-..C,) durch jene Bestimmungen als eine Inva-
riante des Formensystems:
> Ou8 RN
k
vollkommen ceharakterisirt,
und zwar als die Determinante selbst.
Dass für die so definirte Funetion ® der Produetsatz besteht,
ist evident. Denn wenn:
a a er .
> Au Ca — Gyr (Aare 2a: n)
i
gesetzt wird, so hat der Quotient:
»(C., Ch 08 C)
® (As A SE A)
alle diejenigen Eigenschaften, welche für die Function:
’ Y a,
®(C,; ( 123, anye Con)
als bestimmend angegeben worden sind. Auch wird die Funetion ®
auf Grund ihrer Definition unmittelbar als »-fache Summe:
(W) > ERaR i @ 0: GE A (RS hun n)
PRO ESE ; 2} Br
2 cr 1 a
eo.
Ya n
dargestellt, in welcher:
En
12523 n
ist, wenn zwei der Indices gleiche Werthe haben, ferner aber, wenn
die Indices sämmtlich unter einander verschieden sind:
Er te Tl;
je nachdem die Permutation i,,%,,...i, aus 1,2,...n durch eine
gerade oder ungerade Anzahl von Vertauschungen je zweier Indices
entsteht.
Das Zeichen g; ;,. ; kann daher auch durch die Gleichung:
1
E) n
»(A,.; ’ Aus, 2° ° .Ar.;) EICHE (A, Ares an) (= 1,2,...n)
definirt werden, welche in folgender einfachen Weise darzustellen ist:
(W)) |A,;| SE ndaske |Ar«| »
(=, 2,,.2 nn sr) (Ak —ı, 2,215)
wenn man von der abgekürzten Determinantenbezeichnung:
| Au | — A,, £ vn |
612 Gesammtsitzung vom 20. Juni.
Gebrauch macht, welche ich in meiner Abhandlung ȟber bilineare
Formen« eingeführt habe." Ersetzt man das Zeichen ee An dem
3
n
obigen Ausdruck (W) durch den Determinanten-Quotienten, welcher
sich dafür aus der Gleichung (W’) ergiebt, so kommt:
Y 1a er
Ci | = >, | Ar: | 0, Ce On (ini „= 1, 2,...N),
a) a
1 n
Une.
(X) | An. | r
(Hk or) or Ü— ORRP ENTE)
und es zeigt sich also, dass mit Hülfe irgend einer Determinante
jede als n-fache Summe dargestellt werden kann.
Nimmt man für die Determinante |A,.| diejenige, von welcher
Ösucuy bei seinen bezüglichen Entwickelungen ausgeht, nämlich:
ei] (h,.i—ı,2, En)
wo x eine unbestimmte Variable bedeutet, so geht die Gleichung (X)
in folgende über:
(X) l|-1G:] > DR re ne lynos);
sn 2 n
n
sBanlerld,,
WB) (WED Eu)
welche offenbar auch so dargestellt werden kann:
X) |C.| Il (2, — &,) > Il («, — en) Il GC, Wir nehmen).
1
EN 2 ee)
DS
ar tn
ENTER
!s
Die in dieser Gleichung (X”) enthaltene Darstellung einer Determinante
als n-fache Summe, in welcher den Grössen &,,%,,...x, beliebige
unter einander verschiedene Werthe beigelegt werden können, habe
ich zuerst im Wintersemester 1874/1875 und seitdem oftmals in meinen
algebraischen Universitätsvorlesungen den determinantentheoretischen
Entwickelungen zu Grunde gelegt”, aber bisher noch nicht durch . den
Druck veröffentlicht. Hr. E. Schering ist seinerseits, von anderen Ge-
sichtspunkten ausgehend, zu einer solchen Darstellung gelangt und
hat dieselbe schon im Jahre 1877 in seiner Abhandlung » Analytische
Theorie der Determinanten« publieirt.” Es ist auch dort gezeigt, dass
sich die Eigenschaften der Determinanten mit Leichtigkeit aus einer
-
' Monatsbericht vom October 1866.
” Es befanden sich unter meinen Zuhörern im Wintersemester 1874/1875 die
HH. CAsparY, GEGENBAUER, HETTNER, SCHOENFLIES.
® Bd. XII der Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttingen.
r ur & kn, 7
KroneEckER: Decomposition der Systeme von n? Grössen. 613
i )
Ä
solchen Darstellung ergeben, aber der allgemeinere Ausdruck (X) der
Determinante Ka erscheint hierfür noch etwas besser geeignet als der
speeiellere, welchen Hr. Scnerine benutzt.
8. 18.
Ich bemerke schliesslich, dass die eigentliche Quelle der De-
composition von Systemen von n’Grössen in jener alten, einfachen
Methode der Auflösung linearer Gleichungen zu finden ist, deren
man sich bedient hat, bevor man an das Studium der algebraischen
Ausdrücke gegangen ist, welche sich bei der literalen Auflösung zeigen,
d. h. bevor man die Aufgabe im Sinne der »allgemeinen Arithmetik«'
behandelt und also die Auflösung linearer Gleichungen mit » unbe-
stimmten « Coeffieienten entwickelt hat.
In der That werden nach jener Methode » lineare Gleichungen:
E,(«, y,...) = > Or = C (‚k=1,2,...n)
zuerst durch Combination von je zweien, nämlich durch Bildung von
Gleichungen:
Zehe + JE = (8% rn=2,
so umgeformt, dass die n — ı neu gebildeten Gleichungen eine Un-
bekannte weniger enthalten. Alsdann wird in derselben Weise fort-
gefahren, bis man zu einem System von n Gleichungen gelangt, von
.n)
(8°)
denen eine nur eine einzige Unbekannte, eine zweite höchstens zwei
Unbekannte u. s. f. enthält, während in der nten alle » Unbekannte
vorkommen können. Hierauf wird weiter aus der zweiten Gleichung,
durch deren Combination mit der ersten, die in dieser vorkommende
einzige Unbekannte entfernt; dann ebenso aus der dritten Gleichung,
durch Combination mit der ersten und zweiten, jede der beiden Un-
bekannten, welche in diesen beiden Gleichungen vorkommen, und
indem man so fortfährt, gelangt man schliesslich zu n Gleichungen,
von denen jede nur je eine der n Unbekannten w,,x,,...x, enthält.
Das ursprüngliche Gleichungssystem, dessen Üoeffieienten irgend ein
System von n? Grössen (\, bilden, wird auf diese Weise durch eine
Folge von Operationen, bei denen eine Gleichung mit einem Factor
! Es ist »die arithmetische Theorie ganzer Grössen eines beliebigen natürlichen
Rationalitätsbereichs« also die arithmetische Theorie ganzer ganzzahliger Functionen
von unbestimmten Variabeln, welche ich in meinem am Schlusse des 100. Bandes des
Journals für Mathematik veröffentlichten Aufsatze mit dem Ausdruck »allgemeine Arith-
metik« bezeichnet habe. :
614 Gesammtsitzung vom 20. Juni.
multiplieirt und zu einer anderen addirt wird, in ein solches trans-
formirt, dessen Üoefficienten nur ein »Diagonalsystem« bilden, und
das dabei angewendete Verfahren kommt im Wesentlichen mit dem-
jenigen überein, welches im $. 2 zur Reduetion eines beliebigen
Systems von n? Grössen auf ein Diagonalsystem gedient hat.
Der Nutzen, welchen gemäss den vorstehenden Auseinander-
setzungen die Decomposition der Systeme von n’Grössen gewährt, ist
also eigentlich jener alten Auflösungsweise linearer Gleichungen zu ver-
danken, und es zeigt sich hierbei — wie in vielen anderen Fällen —
dass es auch in der weiteren Entwickelung einer Wissenschaft gar
wohl vortheilhaft sein kann, auf die einfacheren, in früheren Stadien
gebräuchlichen Methoden zurückzugreifen.
615
Über die eentralen Organe für das
Sehen und das Hören bei den Wirbelthieren.
Von Hermann Munk.
(Vorgetragen am 23. Mai [s. oben S. 445). Schluss der Mittheilungen vom
12. Juli 1883, 3. April 1884, 28. Januar u. 11. Februar 1886!)
7. Weitere Versuche am Hunde und Affen und am neugeborenen
Kaninchen, Hauptergebnissse,
Dein Verfahren für die Totalexstirpation der Sehsphaeren des Hundes
hatte sieh herausgebildet, indem ich von der Rinde, welche ich dem
Gesichtssinn zugehörig gefunden hatte, schrittweise mehr und mehr
mit dem Messer abzutragen wagte. War es tadellos durchgeführt und
heilte die Wunde gut, so fand ich immer dieselben Folgen des Ein-
griffes wieder. Andere Ergebnisse stellten sich nur ein, wo die
Sehsphaeren unvollkommen exstirpirt oder die benachbarten Rinden-
partien in Mitleidenschaft gezogen waren, und zwar dann auch gerade
solche Ergebnisse, wie sie zu erwarten standen. So lag zu einer
Abänderung des Verfahrens zunächst kein Anlass vor, und erst die
Zurückweisung des Widerspruches, welcher meine vorige Mittheilung
gewidmet war, gab die Anregung, eine Verbesserung des Verfahrens
zu versuchen. Musste auch der Versuch der Sehsphaeren-Exstirpation
beim Hunde seiner ganzen Natur nach immer Schwierigkeiten bieten,
so war es doch von unverkennbarem Werthe, wenn dureh andere
"Maassnahmen ein häufigeres Gelingen des Versuches sich sichern liess.
In der That kann ich nun eine Abänderung des früheren Ver-
fahrens® sehr empfehlen, eine Abänderung, welche den Angriff der
Hirnsubstanz selbst betrifft. Ich hatte recht umständlich und mit
vielen Schnitten, wie ich es beschrieb, soweit die Sehsphaere sich
erstreckt, zuerst die mediale Rindenpartie, danach das hintere Ende
der Hemisphaere und zuletzt die Rindenpartie der Convexität in
! Diese Berichte, 1883. $. 793— 827; 1884. 8. 549—68; 1886. S. 111 — 36,
179 — 87. -
2 Diese Berichte, 1880. S. 486. (Herm. Munk, Über die Funetionen der Gross-
hirnrinde. Beylin 1881, S. 96.)
616 Gesammtsitzung vom 20. Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
2—-3"" Dieke abgetragen. Einfacher und besser geht man folgender-
maassen vor. Man schiebt einen dünnen und schmalen Scalpellstiel
am vorderen Ende der Sehsphaere zwischen Falx und Hirnsubstanz
bis auf den Balken ein. Dann sticht man ein bauchiges Scalpell mit
geradem Rücken, diesen nach vorn gewandt, dort, wo nach meinen
wiederholt gegebenen Abbildungen' der vordere und der laterale Rand
der Sehsphaere zusammenstossen, nahezu horizontal, etwas schräg
nach oben gerichtet, soweit ein, bis die Spitze auf den Messerstiel,
2— 3" oberhalb seines unteren Endes, trifft, und zieht das Scalpell
in unveränderter Haltung nach hinten durch die Hemisphaere aus.
Unmittelbar darauf schiebt man das Scalpell, die Schneide nach vorn
gewandt, zwischen Messerstiel und medialer Hemisphaerenwand _ein
und führt unter Wendung des Scalpells am vorderen Rande der
Sehsphaere einen Frontalschnitt durch die Hemisphaere, bis der Hori-
zontalsehnitt erreicht ist. Rascher, als sich die Beschreibung liest,
sind die beiden Schnitte gemacht; und es bedarf schliesslich nur
noch eines leichten Druckes mit dem Scalpellstiele, um das abgetrennte
hintere obere Endstück der Hemisphaere herauszuheben, das, wenn
die Schnitte richtig geführt waren, der
nebenstehenden Abbildung entspricht.
Beachtung verdient, dass für den
ersten Schnitt das Scalpell durchaus
etwas schräg nach oben einzustossen und
in dieser Haltung nach hinten zu ziehen
ist. Denn es kommt darauf an, dass der
Sehnitt an der medialen Seite der Hemi-
sphaere möglichst nahe dem Suleus eal-
loso -marginalis im Gyrus fornicatus ver-
läuft, damit der Ventrikel nicht getroffen
Ansicht a von der Convexität, 5 von werde. Wohl braucht es das Gelingen
vorn, ce von der medialen Seite.
des Versuches nicht zu verhindern, wenn
ein kleines Loch in der Decke des Ventrikels gemacht ist. Aber
wenn der Ventrikel weiter eröffnet ist, dringt in der Regel Blut
oder Wundseeret in den Ventrikel ein, und das Thier geht unter
Erscheinungen, welche mit der Exstirpation der Sehsphaere nichts
zu thun haben, rascher oder langsamer dem Tode entgegen.
Man hat wider mein früheres Verfahren vorgebracht, dass durch
die flachen Schnitte infolge der Windungen des Grosshirns nicht die
gesammte graue Rinde entfernt wurde. Dem war allerdings so; aber
ein Einwand hätte daraus nicht entspringen dürfen, weil, was in der
! Ebenda. — Diese Berichte, 1886. Tat. 11.
Munx: Über d. centralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 617
Tiefe der Furchen an grauer Substanz zurückblieb, der Ernährung
durch die von der Oberfläche her eindringenden Gefässe beraubt und
damit funetionsunfähig wurde. Das jetzige Verfahren schliesst von
vorneherein solchen Einwand aus; und das ist immerhin nicht zu
unterschätzen, da Hr. von Moxarow', wie ich eben sehe, an den von
mir operirten Hirnen gefunden hat, dass die zurückgelassene Rinde
mit dem zugehörigen Mark anatomisch sich vortrefflich erhalten kann.
Mehr noch von Bedeutung ist, dass das neue Verfahren gestattet, was
früher nicht anging, in dem herausbeförderten zusammenhängenden
Stücke den wahren Umfang der Exstirpation sogleich genau zu über-
sehen und die verschiedenen Versuche bezüglich der Verletzung streng
zu controliren. Der Hauptvortheil aber des neuen Verfahrens ist
darin gelegen, dass die Wunden viel öfter gut verheilen und ins-
besondere die früher häufigen rothen Erweichungen nur selten vor-
kommen. Man muss es dem zuschreiben, dass hier nur zwei grosse
Schnitte erforderlich sind und eine glatte, weit offene Wunde her-
gestellt wird, während sonst bei den vielen kurzen Schnitten Zerrungen
und Quetschungen der Nachbarschaft kaum zu vermeiden waren und
auch die hügelige Beschaffenheit der Wunde, vor allem die an der
Falx hergestellte Rinne, durch das Stagniren von Blut und Wundsecret
zu Druck auf die stehengebliebene Hirnsubstanz und zu anderweitiger
Schädigung derselben Anlass gab.
Gelingt nunmehr der Versuch leichter als früher beim Hunde,
so ist er hier doch immer noch viel schwieriger als beim Affen. Bei
diesem hatte ich schon vor zwölf Jahren, als ich das erste Mal die
Totalexstirpation der Sehsphaeren unternahm, dieselbe fast ohne Ver-
lust an Thieren durchzuführen vermocht, indem ich die ganze Rinde
an der convexen Fläche der Hinterhauptslappen abtrug. Eine spätere
Wiederholung der Versuche ist nicht minder günstig ausgefallen.
Trotzdem hat auch hier vor einigen Jahren noch ein anderes Ver-
fahren mich der Einwand einschlagen lassen, der mir beim Hunde
gemacht war, dass die Rinde in der Tiefe der Furchen nicht abge-
tragen wurde, da ein gleicher Einwand beim Affen wegen der ver-
wickelten Faltung der Rinde seines Hinterhauptslappens erst recht
wiederkehren konnte. Ich bin auf dasselbe Verfahren geführt worden,
das mittlerweile auch die HH. Sanser Brown und E. A. ScHÄrEr’
angewandt und veröffentlicht haben. Man macht (bei Macacus eyno-
molgus) entlang der Parieto-Oceipitalfurche unmittelbar hinter der dort
! Archiv für Psychiatrie. Bd. 20. S. 758.
® Philos. Transact. of the R. Soc. of London, Vol. 179 (1888), B, p. 314 f. —
Brain: a Journal of Neurology, Vol. 10 (1888), p. 362 f.; Vol. ı1, p. 158 f.
Sitzungsberichte 1889. 59
618 Gesammesitzung vom 20. Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
verlaufenden Vene einen Verticalschnitt durch die Hemisphaere und
entfernt den damit abgetrennten Hinterhauptslappen, die Rinde mit-
sammt dem Mark. Trotz der ansehnlichen Verstümmelung verheilt
die vernähte Wunde mit sehr seltenen Ausnahmen in wenigen Tagen,
wie wenn man nur die Haut durchschnitten hätte.
Meine Ergebnisse mit den neuen Verfahren sind, gleichmässig
beim Hunde und beim Affen, so sehr dieselben gewesen wie mit den
alten Verfahren, dass ich meine früheren Schilderungen nur nochmals
zu wiederholen hätte. Insbesondere, was hier uns interessirt, hat
die Totalexstirpation der Sehsphaeren in allen gelungenen Versuchen
volle andauernde Rindenblindheit auf beiden Augen zur Folge gehabt.
leh stehe auch mit dieser Ermittelung, welche man ein Jahrzehnt
hindurch aufs heftigste bekämpft hat, jetzt nicht mehr allein. Die
HH. Sanger Brown und E. A. Scnärer' haben sie beim Affen, Hr.
Vırzou hat sie beim Hunde” und beim Affen” bestätigen können. Und
wie sie vorausgesehenermaassen beim Menschen sich bewährte, lehrt
in aller nur wünschenswerthen Schärfe der übersichtliche Bericht,
welchen Hr. Nornsaser' auf dem Congress für innere Mediein im
Jahre 1887 über die pathologischen Erfahrungen geliefert hat.
Bei den niederen Säugethieren ist es nicht anders als bei den
höheren. Man hat dort die Ausdehnung der Sehsphaeren, welche
ebenfalls am hinteren oberen Ende der Hemisphaeren gelegen sind,
noch nieht genauer festgestellt und die Sehsphaeren allein noch nicht
exstirpirt. Aber für unsere Zwecke hier bietet Ersatz die Exstirpation
der ganzen Hemisphaeren, und ich habe gezeigt, dass Kaninchen,
Meerschweinchen, Ratten, welchen das Grosshirn abgetragen ist, so
lange sie leben, vollkommen blind sind. Für das Kaninchen werden
zudem Versuche am neugeborenen Thiere, auf welche ich weiter unten
zu sprechen komme, nochmals den Nachweis führen, dass bei ihm
der Verlust der Sehsphaeren mit voller andauernder Rindenblindheit
verknüpft ist.
Auch die Tauben werden nach meinen Untersuchungen durch
den Verlust des ganzen Grosshirns für die Dauer vollkommen blind.
Da die operative Technik hier recht schwierig ist, habe ich auf Wider-
spruch gefasst sein müssen, und er ist vom Strassburger Laboratorium
her neuerdings erhoben worden. Weil ich etwa 8o Procent der
ls En 0
® Compt. rend. de l’Acad. d. se., t. 107 (1888), no. 4, p. 279; no. 12, p. 531.
3 Nach brieflicher Mittheilung vom 18. Decbr. 1888.
* Über die Localisation der Gehirnkrankheiten. Verhandlungen des 6. Congresses
für innere Medicin zu Wiesbaden, Wiesbaden 1887, S. 113 ft.
Musxk: Über d. centralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 619
Versuchsthiere an den Folgen der Operation verlor, hat Hr. Scnraper
das von mir empfohlene Exstirpationsverfahren, das auch die HH.
6. Corın’ und A. vav BEnEDEN” zu guten Ergebnissen geführt hatte,
nieht benutzen mögen, sondern ein anderes Verfahren vorgezogen,
bei welchem der Verlust 75 Procent betrug: und bei diesem Verfahren
sind die Tauben, welche den unmittelbaren Gefahren der Operation
entgangen waren, in der 4.—6. Woche unter dem Bilde progressiver
Entkräftung gestorben, wenn sie nicht bis dahin geschlachtet waren,
während meine Tauben durch mehrere (bis 7. ja 9) Monate in durchaus
unverändertem und bestem Befinden zu beobachten waren, ehe sie in
einigen Fällen erkrankten, in den meisten Fällen zum Zwecke der
Section getödtet wurden. Nun sind Hrn. Schrader solche Tauben,
wie ich sie als meiner ersten Gruppe angehörig beschrieb”, ganz blinde
Tauben nicht vorgekommen, sondern seine Tauben haben ebenso sich
verhalten und gesehen, wie meine Tauben der dritten Gruppe: und
während ich bei den letzteren Tauben zurückgebliebene Reste des
Grosshirns constatiren konnte, hat Hr. Scurapver solche Reste bei
seinen Tauben nicht aufgefunden. Danach muss entweder Hr. SCHRADER
doch Grosshirnreste übersehen oder bei meinen ganz blinden Tauben
eine Schädigung des Hirns, welche über die Hemisphaeren hinausging,
stattgehabt haben. Aber die letztere Möglichkeit ist auszuschliessen,
nicht bloss weil ich bei der sorgfältigen Section der ganz blinden
Tauben alle Hirntheile ausser den Hemisphaeren unversehrt fand, sondern
auch schon deshalb, weil eben diese Tauben durch 4—7 Monate in
vollem Wohlbefinden gelebt haben; denn wie man es oft genug bei
den Versuchen sieht, führen Schädigungen der tieferen Hirntheile, sei
es infolge mechanischer Verletzung bei der Operation, sei es infolge
von frühen oder späten Entzündungen und Erweichungen, immer eine
tödtliche Erkrankung der Tauben herbei. Dagegen sprieht manches
gewichtig für die andere Möglichkeit. Ich habe ausdrücklich darauf
aufmerksam gemacht, dass der Grosshirnrest gemeinhin deshalb nicht
gefunden wird, weil, »was von der Ventrikeldecke stehengeblieben
ist, nicht sich umschlägt und nun etwa als gefaltete Membran am
- Pedunculus hängt, sondern seine normale Lage beibehält: die glatte
hintere Begrenzung der Höhle, welehe die Section aufdeckt, täuscht
die reinliche Fortnahme der Hemisphaere vor, und die dünne der
Dura dicht anliegende Membran wird, wenn man nicht genau zusieht,
für die Dura gehalten«. Trotzdem schliessen die beiden vox ReckuınG-
! Prrüser's Archiv, Bd. 44. 1888. S. 197 ff.
® Archives de Biologie, vol. VII. 1885. p. 267—8. (Travaux du Laboratoire
de LEon FREDERICQ, t. ı. 1885 — 86. p. 103 —4.)
® Diese Berichte, 1883. S. 8ı5.
620 Gesammisitzung vom 20, ‚Juni. Mittheilung vom 28. Mai,
nausen schen Seetionsprotokolle, auf welche der ganze Widerspruch
sicht stützt, den Befund an der den Schärdeldefeet überspannenden
Membran nieht ein, sondern Hr. Scnraprr schickt bloss die Bemerkung
vorauf: »Nur zarte Bindegewebssepta verbinden den Piaüberzug des
Gehirns mit der Deekmembran so, dass die letztere vollkommen sauber
abgezogen werden kann, ohne die geringste Verletzung des Gehirn-
vostes. Ks ist bei dieser Sachlage völlig unmöglich, dass Reste der
Grosshirmrinde übersehen werden.« lätte Ir. Senraper die abge-
tragene Deekmembran unter dem Mikroskop geprüft, so würde er das
»Unmögliche« möglich gefunden und den erhaltenen Rest der Ventrikel-
dleeke, sofort kenntlich an den vereinzelten grossen und den zahlreichen
kleinen Ganglienzellen, entdeckt haben. Wenigstens in dem Falle des
zweiten Seetionsprotokolles; denn für den ersten Fall kommt noch
ein anderes in Betracht. Der geschilderte Verfall und der frühe Tod
ler Sonraper schen Tauben sind nach meinen Erfahrungen zweifellos
(dureh die Erweichung der Peduneuli und 'Thalami optiei herbeigeführt
worden, eine Erweichung, welehe, wie Frourens und meine Versuche
zeigen, nicht eine nothwendige Folge der Grosshirmexstirpation ist,
sondern «die Folge einer Eigenheit des Senraper'schen Operations-
verfahrens war. In Verbindung mit soleher Erweichung kann natürlich
(ler kleine zarte Rest der Ventrikeldecke zugrundegehen oder mindestens
unkenntlich werden; und so hatte ich es mir schon erklärt, dass ich
hei einer meiner dritten Gruppe zuzureehnenden Taube, welehe im
seehsten Monate nach Art der Sonraper'schen "Tauben erkrankt und
gestorben war, den Ventrikelrest nieht auffand. Deshalb wird aber
auch bei der Senraner' schen Taube, von welcher das erste Seetions-
protokoll handelt, daran zu «denken sein, dass. der bei der Operation
zurückgebliebene Grosshirmrest infolge der Erweichung, an welcher
diese Taube starb, nieht mehr vorhanden oder nieht mehr zu erkennen
war. Ich kann also, ganz abgesehen von allem anderen, was meine
Untersuchung bezüglich der Abhängigkeit des Gesichtssinnes der Taube
vom Grosshirn darbot, dem Scmraper'schen Widerspruche keine Be-
deutung beimessen. Wünsehenswerth ist allerdings, wie ieh nicht
verkenne, eine Wiederholung meiner Untersuchung, bei welcher das
Verhalten des Schädelinhalts mit Iülfe von Sehnittserien und Mikroskop
ermittelt wird; aber ieh selber habe mich zu einer solehen Wieder-
holung um so weniger entschliessen können, als für die mich interessi-
venden Fragen das Verhalten der Taube doch immer nur von neben-
sächlieher Bedeutung ist.
Das Ergebniss meiner Untersuchungen zusammengefasst geht
also zunächst dahin, dass bezüglich der Bedeutung, welche dem
Grosshirn für das Sehen zukommt, Säugethier und Vogel ganz anders
Munx: Über d. centralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 62]
sich verhalten als Frosch und Fisch, diese ohne Grosshirn sehen,
jene ohne Grosshirn ganz und gar blind sind. Die Lehre vom Gross-
hirn, wie ich sie vorfand,' ist damit hinsichtlich der niedersten
Funetionen des Grosshirns als unriehtig dargethan. Nicht schon «das
einfachste Sehen, nieht der Gesiehtseindruck sollte an das Grosshirn
gebunden sein, sondern erst die geistige Auffassung des Gesichts-
eindruckes; in niedereren Hirntheilen (subeortiealen Sinnescentren )
sollten die Gesichtsempfindungen entstehen und für Bewegungen Ver-
werthung finden, und erst die aus den Gesichtsempfindungen gebildeten
Vorstellungen, das Erkennen oder Verstehen und die Erinnerung «des
Gesehenen, sollten Leistungen des Grosshirns, seiner Rinde sein. Das
ist, selbst wenn wir, um jedem noch möglichen Bedenken Rechnung zu
tragen, die Vögel heiseitelassen, für die Säugethiere zweifellos falsch.
Beim Säugethier ist schon der Anfang alles Sehens, «die Liehtempfindung,
eine Funetion seines Grosshirns; und ohne dieses kommen auf Erregung
der Retina oder der Optieusfasern dureh die Vermittelung der niedereren
Hirntheile nur gemeine Refllexbewegungen zustande, Reflexbewegungen
von der gleichen Ordnung, wie das Zurückziehen der gekniffenen Zehe
seitens des enthaupteten 'Thieres. Damit auf’ Liehteinfall in das Auge
die Pupille sich verenge, bedarf es gar keiner Sinnesempfindung, bedarf
es nieht der Liehtempfindung, und daher kann ohne Grosshirn der Re-
tina- oder Optieusreflex erfolgen; dagegen ist es ein Sinnesreflex,
ein Sehreflex, wenn ohne Zuthun der Aufmerksamkeit und UÜber-
legung auf «lie Annäherung der Hand das Auge blinzelt oder das
Thier in Bewegung dem Hinderniss ausweicht, und solche Reflexe
können nur unter Mitwirkung des Grosshirns sich vollziehen.
Aber nieht an das ganze Grosshirn oder dessen ganze Rinde ist,
wie weiter meine Untersuchungen zeigen, die Liehtempfindung bei
den Säugethieren gebunden, sondern bloss an die Rindenpartie des
hinteren oberen Endes jeder Hemisphaere, welche ieh Sehsphaere
genannt und beim Affen und beim Hunde, so genau es durch das
Messer möglich ist, in ihrer Ausdehnung bestimmt habe, Weil mit
der Abtragung der Sehsphaeren alle Liehtempfindung für immer auf-
gehoben ist, müssen innerhalb der Sehsphaeren und dort allein alle
centralen Elemente, wenn man will, alle Ganglienzellen gelegen sein,
mit deren Erregung die Liehtempfindung verknüpft ist. Mit der
Lehre von den speeifischen Sinnesenergien, wie sie Jonanses MÜLLER
begründet und der Fortschritt der Erkenntniss geläutert hatte, war
I Vergl. diese Berichte, 1883. 8.793 —S; 803 —4.
2 H. von Hermuorez. Vorträge und Reden. Braunschweig 1884. Bd. 1. S. 262 fl.
— H. von Hermuorrz. Die Lehre von den Tonempfindungen. 3. Aufl, Braunschweig
1870. S. 232 —4. — E. ou Bois-Reysiono. Reden. Leipzig 1886. Bd.1l. S. 109.
622 ‚Gesammtsitzung vom 20. Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
die Eigenart jeder der verschiedenen Sinnesempfindungen unabhängig
erkannt von der Art der äusseren Einwirkungen auf den Sinnesnerven
oder seine peripherische Endigung und nur darauf zurückzuführen,
dass die verschiedenen Sinnesnerven mit verschiedenartigen centralen
Elementen in Verbindung treten. Für diese Verschiedenartigkeit der
centralen Elemente ist jetzt ein erster Nachweis geführt; denn nach
dem Untergange der Sehsphaeren sind der centralen Sinneselemente
überhaupt noch genug vorhanden, und doch bestehen nur die Schall-,
die Gefühls-, die Geruchs- und die Geschmacksempfindung fort, die
Lichtempfindung ist ganz und für immer erloschen. Und weil so
die centralen Elemente «der verschiedenen Sinne in der Grosshirnrinde
nicht bunt durch einander gemischt, sondern für jeden Sinn örtlich
beisammen gelegen sind, für den Gesichtssinn in den Sehsphaeren,
ist die Möglichkeit nahegelegt, dass wir zu der ersterworbenen
Charakteristik der verschiedenen eentralen Sinneselemente, ihrer Lage,
bald noch eine weitere Kenntniss ihrer Besonderheiten gewinnen.
Hr. Wunpr hat jene Lehre von den speeifischen Sinnesenergien
bekämpft." Nicht durch die Verschiedenartigkeit der centralen Sinnes-
elemente seien die verschiedenen Sinnesempfindungen bedingt, sondern
durch die wesentlich verschiedenen Moleeularvorgänge, welche infolge
der verschiedenen äusseren Reize in den Sinnesnerven entstehen und,
in den centralen Elementen anlangend, in diesen verschiedene Processe
auslösen. Die centralen Elemente seien funetionell indifferent. Wohl
habe jede bestimmte Function unter gegebenen Bedingungen der Leitung
einen bestimmten Ort im Üentralorgan und werde jedes Element um
so geeigneter zu einer bestimmten Function, je häufiger es durch
äussere Bedingungen zu derselben veranlasst sei; aber für Elemente,
deren Function gehemnit oder aufgehoben sei, können andere die
Stellvertretung übernehmen, sofern sich dieselben in den geeigneten
Verbindungen befinden. Hr. Wunpr hält es für unzulässig anzu-
nehmen, dass jede Sinnesempfindung an die Function bestimmter
centraler Elemente gebunden sei. Ein Element, das unter normalen
Leitungsverhältnissen eine Gesichtsempfindung vermittele, werde durch
veränderte Bedingungen Träger einer Tastempfindung, einer Muskel-
empfindung; ja, es werde kaum die Annahme sich abweisen lassen,
dass, sofern nur durch das eentrale Fasernetz verschiedenartige Vorz
gänge einem und demselben Elemente zugeleitet werden können, dieses
selbst im Stande sei, eine Mehrheit verschiedener Funetionen in sich
zu vereinigen. Nach Hrn. Wuspr ist es kaum zu bezweifeln, dass
! Grundzüge der physiologischen Psychologie. 3. Autlage. Leipzig 1887. Bd. ].
S. 223 —9; 241— 25 292—9; 329— 309.
Munk: Über d. centralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 623
unter Umständen, namentlich bei einer relativ unvollkommenen Aus-
bildung der Centralorgane, das Prineip der stellvertretenden Function
schliesslich nur an den Grenzen des die Zellen der Grosshirnrinde
nach allen Seiten verbindenden Fasernetzes seine eigene Grenze finde.
Zeigt diese neue Lehre schon eine unverkennbare Schwäche darin,
dass sie ohne jede thatsächliche Unterlage wesentlich verschiedene
Moleeularvorgänge in den verschiedenen Sinnesnerven annimmt, so
wird dieselbe vollends unhaltbar durch unsere Erfahrungen. Was zu
der Wunpr'schen Lehre Anlass gab und worauf allein sie sich stützt,
das sind die Angaben von Experimentatoren, dass grössere Substanz-
verluste des Grosshirns nur unbedeutende Erfolge geben, dass die
Störungen, welche nach Beseitigung bestimmter Gebiete der Gross-
hirnrinde sich einstellen, meistens nach kürzerer oder längerer Zeit
wieder gehoben werden. »Wenn — sagt Hr. Wunpr — ein Hund,
der einen grossen Theil seiner Sinnescentren und motorischen Inner-
vationsherde eingebüsst hat, gleichwohl nach vollendeter Ausgleichung
der anfänglichen Störungen die willkürliche Bewegung wieder erlangt
und keine einzige Sinnesfunction völlig eingebüsst hat, so muss offenbar
eine Stellvertretung in so weitem Maass angenommen werden, dass
keine specifische Function mehr übrig bleibt.« Aber jene Angaben
und erst recht diese Überlegung schliessen Fehler ein. Mit jeder Ent-
fernung oder Zerstörung einer Grosshirnrindenpartie ist durch Druck,
Cireulationsstörung u. dgl. m. eine Funetionsunfähigkeit der Nachbarschaft
verbunden, welche, nachdem die schädigenden Momente fortgefallen
sind, in einiger Zeit sich wieder verliert. Nur für einen Theil der
Abnahme, welche die anfänglichen Störungen erfahren, bleibt daher
an ein stellvertretendes Eintreten anderer centraler Elemente zu denken ;
und dieser Theil muss immer noch zu gross erscheinen, weil Menschen
und Thiere, welche einen Sinn theilweise eingebüsst haben, den Sinnes-
rest mehr und mehr ausnutzen lernen und schliesslich so verwenden,
dass bei grober Untersuchung, wie sie bisher in der Regel bei Mensch
und Thier statthatte, der bleibende Verlust mehr oder weniger der
Beobachtung entgeht. Wir finden sogleich die schlagendsten Beispiele
auf unserm Gebiete: nieht nur hatte ieh selbst eine ganze Reihe von
Affen und Hunden, welchen ich eine Sehsphaere abgetragen hatte,
schon durch Wochen und Monate beobachtet, ehe ich ihre Hemiopie
entdeckte, sondern es hat auch, nachdem ieh die Erfahrung mitgetheilt
hatte, bei manchen Experimentatoren, welche für tüchtige Beobachter
galten, der Jahre bedurft, ehe sie sich von dieser Hemiopie und
vollends ihrer Andauer überzeugten; und damit, dass wo nur ein
kleiner Theil der Sehsphaeren erhalten ist, das Thier auch nur mit einer
bestimmten Retinapartie fernerhin zu sehen vermag, stehe ich noch
624 Gesammtsitzung vom 20. Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
heute fast allein, obwohl ich-schon vor zehn Jahren nicht nur mir,
sondern auch Anderen bequem den Nachweis habe führen können.
Der bleibende Ausfall von Grosshirnfunetionen nach grösseren Sub-
stanzverlusten der Grosshirnrinde erscheint daher nach den Angaben
der meisten Experimentatoren zu klein. Wäre aber auch die Wieder-
kehr von Funetionen nach solehen Verlusten, nachdem die Heilung
der Wunden erfolgt ist, grösser, als sie wirklich ist, so wäre damit
noch immer kein Grund gegeben zu glauben, dass die centralen Sinnes-
elemente nach Bedürfniss und Umständen jedes das andere vertreten
und deshalb nicht für die verschiedenen Sinne ungleichartig sein
können. Dächte man die centralen Elemente für die verschiedenen
Sinne bunt durch einander gemischt in der Grosshirnrinde, so würden
ja für verlorene centrale Sehelemente immer wiederum Sehelemente,
für verlorene Hörelemente immer wiederum Hörelemente u. s. w. in
der nächsten Nachbarschaft vorhanden sein. Aber auch wenn die
centralen Elemente jedes Sinnes gruppenweise beisammen, gewisser-
maassen nach Provinzen geordnet liegen, werden nach den aller-
meisten Substanzverlusten, selbst nach einem sehr grossen Substanz-
verluste z. B., der die Gruppen der Sehelemente, Hörelemente und
Fühlelemente zugleich betroffen hätte, immer noch erhaltene Seh-
elemente für die verlorenen Sehelemente, erhaltene Hörelemente für
die verlorenen Hörelemente u. s. w. eintreten können. Bloss dann
wäre es hier anders, wenn der Substanzverlust, der nicht einmal
sehr gross zu sein brauchte, alle centralen Elemente eines Sinnes,
z. B. die ganze Gruppe der Sehelemente oder die ganze Gruppe
der Hörelemente, beseitigt hätte und doch das zunächst nach der
Heilung der Wunde ganz blinde, bez. ganz taube Thier mit der Zeit
mehr und mehr sähe, bez. hörte. Solche Versuche haben jedoch
die Experimentatoren, auf deren Ergebnisse Hr. Wuspr sich stützt,
gar nicht ausgeführt. Und wir haben bei solchen Versuchen ganz
anderes gefunden, als was Hr. Wunpr zur Voraussetzung nimmt; wir
haben gesehen, dass, um nur das Vorbehandelte in’s Auge zu fassen,
das dureh den Verlust der Sehsphaeren ganz blind gewordene Thier
für alle Folge blind bleibt und nie mehr eine Spur von Lichtempfin-
dung gewinnt. Mag also auch innerhalb der centralen Elemente eines
und desselben Sinnes eine Stellvertretung möglich sein, so schliesst
doch der Versuch unzweifelhaft es aus, dass für die centralen Ele-
mente des einen Sinnes die centralen Elemente eines anderen Sinnes
einzutreten imstande sind. Ja, wie beschränkt selbst innerhalb der
eentralen Elemente desselben Sinnes die Stellvertretung nur sein kann,
lehrt unzweideutig schon die Erfahrung, über welche wohl jetzt Alle
einig sind, dass die Hemiopie nach dem Verluste emer Sehsphaere
Müunk: Über d. centralen Organe f. d. Sehen n. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 625
trotz der Unversehrtheit der anderen Sehsphaere unverändert durch
alle Zeit fortbesteht.
Auch die beiden Gründe, welche Hr. Wunpt zu gunsten seiner
Lehre hinzufügt, und welche ihm entscheidend scheinen, erweisen
sich nicht stichhaltig.
Blind- und Taubgeborenen, sagt Hr. Wunpr, mangele absolut
die Licht- und Klangempfindung, obgleich die Sinnesnerven und ihre
centralen Endigungen vollkommen ausgebildet sein können und es an
einer Erregung der centralen Elemente durch die gewöhnlichen Formen
automatischer centraler Reizung nicht fehle; andererseits erhalten sich
bei vollständig Erblindeten und Tauben viele Jahre hindurch die
Lieht- und Klangempfindungen in der Form von Träumen, Halluei-
nationen und Erinnerungsbildern: das erkläre sich unmittelbar aus
der Anpassungsfähigkeit der Nervensubstanz, während die Lehre von
der speeifischen Energie dafür schlechterdings keine Erklärung wisse.
Hier hat Hr. Wunpr zwei ganz verschiedene Dinge, Sinnesempfin-
dungen und Sinnesvorstellungen, zusammengeworfen: die Licht-
oder Schallempfindungen, welche nur auf peripherische Reizungen
entstehen und rasch wieder völlig vergehen — sie setzen die Gesichts-
oder Gehörswahrnehmungen zusammen —; und die Gesichts- oder
Gehörsvorstellungen, welche unter Mitwirkung der Aufmerksamkeit
aus den Licht- oder Schallempfindungen hervorgehen und potentielle
Erinnerungsbilder zurücklassen, so dass sie auch infolge innerer oder
wie Hr. Wuspr sie nennt, automatischer centraler Reizungen wieder
entstehen können." Diese Sinnesempfindungen und Sinnesvorstellungen
sind an verschiedene centrale Elemente gebunden, wie das Fortbestehen
der Erinnerungsbilder lehrt, das Erhaltensein von Gesichts- oder Ge-
hörsvorstellungen, wo Licht- oder Schallempfindungen nicht mehr
entstehen, bei augenblind oder ohrentaub gewordenen Menschen und
Thieren und umgekehrt das Zustandekommen von Gesichts- oder Ge-
hörswahrnehmungen, wo Gesichts- oder Gehörsvorstellungen fehlen,
bei seelenblind oder seelentaub gewordenen Menschen und Thieren.
Indem nun die Lehre von den speeifischen Sinnesenergien bloss auf
diejenigen eentralen Elemente, welehe mit den Sinnesnerven in Ver-
bindung treten, also auf die eentralen Sinneselemente, welche die
Lieht- oder Schallempfindung liefern, sich erstreckt, hat sie offenbar
mit dem Unterschiede zwischen Blind- oder Taubgeborenen und
Blind- oder Taubgewordenen gar nichts zu schaffen, weil der Unter-
schied ausschliesslich in den Bereich der Gesichts- oder Gehörsvor-
ı Vergl. diese Berichte, ı88o. S. 491, 497 fl. (Functionen der Grosshirnrinde,
S. 103, 108 fl.).
626 Gesammtsitzung vom 20. ‚Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
stellungen fällt. Die betreffenden Sinnesempfindungen können beidemal
trotz der Unversehrtheit der centralen Sinneselemente nicht entstehen,
weil die peripherischen Reizungen fehlen; die betreffenden Sinnes-
vorstellungen können, obwohl beidemal die centralen Vorstellungs-
elemente ausgebildet sind, durch innere Reizungen doch nur bei den
Blind- oder Taubgewordenen zustandekommen, bei welchen die vor
der Erblindung oder Ertaubung aus den Sinneswahrnehmungen hervor-
gegangenen Sinnesvorstellungen potentielle Erinnerungsbilder hinter-
lassen haben, nicht aber bei den Blind- oder Taubgeborenen, weil
bei diesen infolge des von Anfang an vorhandenen Mangels an Sinnes-
empfindungen überhaupt nie Sinnesvorstellungen und daher auch nicht
potentielle Erinnerungsbilder sich haben bilden können. Nicht einmal
gegen eine specifische Verschiedenheit der centralen Elemente, welche
den verschiedenartigen Sinnesvorstellungen dienen, würde danach, wie
man sieht, der von Hrn. Wunpr betonte Unterschied sich geltend machen
lassen; aber ob eine solche Ungleichartigkeit der centralen Vorstellungs-
elemente überhaupt besteht oder nicht, ist meines Wissens auf grund
physiologischer Erfahrungen noch gar nicht zur Erörterung gekommen.
Ebenso unhaltbar ist Hrn. Wunpr's zweiter Grund. Die Lehre von
der specifischen Energie müsse annehmen, sagt Hr. Wunpt, jedes
Sinneselement bewahre seine eigenthümliche Funetion unverändert durch
alle Zeiten der Entwickelung, denn sollte sich etwa die eine Form der
Function aus der anderen hervorgebildet haben, so wäre sie eben
keine specifische mehr. Sollten also die Fähigkeiten des Hörens,
Sehens, überhaupt die höheren Sinnesverrichtungen irgend einmal im
Thierreich entstanden sein, so wäre dies nur auf dem Wege einer
vollständigen Neuschöpfung der betreffenden Nervenelemente möglich,
nie aber auf dem der Entwiekelung aus niedereren Sinnesformen. Hier-
durch setze sich die Lehre von der speecifischen Energie in direeten
Widerspruch mit der Annahme einer Entwickelung der organischen
Wesen und ihrer Funetionen, während die Hypothese der Anpassung
der Reizvorgänge an den Reiz nur als die besondere Form erscheine,
welche die Entwiekelungstheorie in Bezug auf die Entwickelung der
Sinne annimmt. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass «die Speecifi-
eität der centralen Sinneselemente, welche die von Hrn. Wunpr be-
kämpfte Lebre in Anspruch nimmt, im grunde gar keine andere
Speeifieität ist, als die wir bei vielen sonstigen Körperbestandtheilen
finden, z. B. bei den secernirenden Zellen der Drüsen. Ebensowenig
wie bei diesen, wird deshalb bei jenen Zellen eine »vollständige Neu-
schöpfung« anzunehmen nöthig sein. Die Frage, wie aus dem Ur-
protoplasma mit seiner einfachsten Sensibilität die eentralen Elemente
der verschiedenen Sinne sich hervorgebildet haben, steht auf ganz
Munk: Über d. centralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 627
gleicher Stufe mit der anderen Frage, wie aus dem Urprotoplasma
mit seinem einfachsten Chemismus die Speichel-, Leber-, Nieren -
und anderen Drüsenzellen hervorgegangen sind; und sobald man über-
haupt will, kann man sich dort wie hier den nämlichen Gang der
Entwiekelung ‚denken, auf der Grundlage der allgemeinen Variabilität
die Fixirung vortheilhafter Variationen.
Ein ganz besonderes Interesse bieten aber schliesslich noch in
_ Rücksicht auf die Wunpr’sche Lehre Versuche am neugeborenen Thiere
dar, wie schon Hr. Wwxpr selber, nach einigen oben angeführten
Worten zu urtheilen, richtig gefühlt hat. Am erwachsenen Thiere,
das wir bisher untersucht haben, sollten die ursprünglich durchweg
gleichen centralen Sinneselemente, dureh die verschiedenen Molecular-
vorgänge infolge der verschiedenen Sinnesreize, schon verschieden
geworden, die eine Gruppe auf Liehtempfindung, die andere auf
Schallempfindung u. s. w. eingeübt sein, und deshalb konnte die
Stellvertretung der Elemente der einen Gruppe durch die der anderen
Gruppe erschwert sein. Beim neugeborenen Thiere dagegen, bei
welchem es auf Sehen oder Hören eingeübte centrale Elemente noch
nicht giebt, darf es nach Hrn. Wunpr bei »dem die Zellen der
Grosshirnrinde nach allen Seiten verbindenden Fasernetze« gar keine
Schwierigkeit haben, dass, auch wenn ein Theil der centralen Sinnes-
elemente entfernt ist, doch alle Sinne funetioniren; es muss, wenn
bald nach der Geburt die Sehsphaeren abgetragen worden sind, das
Thier später kaum bemerkenswerthe Schädigungen seines Gesichts-
sinnes zeigen und jedenfalls sehen.
Nach Angaben vox Guppen’s konnte dem auch wirklich so zu sein
scheinen. Vier neugeborenen Kaninchen hatte von Guppen' »nach Auf-
klappung der Schädeldecke in der Richtung nach vorn um die Kranz-
naht auf beiden Seiten, mit Erhaltung jedoch des Lobus olfactorius,
das ganze Hinterhaupts- und Scheitelhirn bis (von hinten nach vorn
gerechnet) ı"" vor der Kranznaht fortgenommen.« Die Thiere — sagt
VON GUDDEN — »entwickelten sich, als wenn ihnen fast gar nichts
geschehen wäre. Sie sahen, hörten, fühlten und bewegten sich an-
scheinend wie normale Kaninchen... Speciell was ihr Sehen und
dessen psychische Verwerthung betrifft, so war nicht etwa die Frage,
ob sie Hindernissen aus dem Wege gingen, eine solche trat gar nicht
an einen heran, im Freien waren sie nur schwer zu fangen, wichen
sogar auf grössere Entfernung bei absoluter Stille einer Handbewegung
aus, bemaassen, auf Pilöcke gesetzt, richtig die Entfernung vom Boden,
' Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. 42. 1886. S. 487—9. (B. von Gunpen’s
gesammelte und hinterlassene Abhandlungen. Wiesbaden 1889. S. 205 —6.)
628 Gesammtsitzung vom 20. Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
tasteten ein wenig mit den Vorderpfoten und sprangen dann mit der
grössten Sicherheit herunter, sprangen Treppenstufen hinauf und her-
unter u.s. w.... Erst nachdem sie ziemlich erwachsen waren, wurden
sie getödtet. Ich möchte kaum bezweifeln — lasse es übrigens dahin-
gestellt — dass sie später bei der Bethätigung höherer Functionen:
Fortpflanzung, Nestbau, Grossziehung der Jungen u. s. w. Defecte
gezeigt haben würden, darauf kommt es hier nicht an, aber That-
sache ist und bleibt es, dass sie ohne alle und jede Spur von Seh-
sphaere sahen und ihr Sehen psychisch verwertheten.« Dadurch, wie
dureh anderes, sollten meine Sinnessphaeren der Grosshirnrinde be-
kämpft werden und dargethan sein: »dass in der Grosshirnrindenfläche
cireumseript umgrenzte Regionen, die ausschliesslich und unter allen
Verhältnissen eine bestimmte Funetion ausüben, nicht vorhanden sind«.
Doch hatte von Gunpen sogleich selber den Einwand für zulässig er-
klärt und auch »für nicht unbegründet gehalten, dass an neugeborenen
Thieren angestellte Hirnrindenversuche nicht ohne weiteres maassgebend
für erwachsene wären«: wie es scheint, dachte er gerade an die
Möglichkeit derjenigen Annahme, welche die Wuxpr'sche Lehre macht,
dass nach der Geburt eine Einübung der eentralen Elemente erfolge.
Indess sind die Gunpen’schen Angaben nur zum Theil zutreffend
und gerade in dem wesentlichsten Punkte unrichtig. Allerdings sahen
jene Guppen’schen Kaninchen: aber dass ihnen »alle und jede Spur
von Sehsphaere« fehlte, war eine trotz der Bestimmtheit, mit welcher
sie auftrat. ganz unbegründete Behauptung, weil die Ausdehnung der
Sehsphaere selbst beim erwachsenen Kaninchen noch durehaus un-
bekannt war. Wie von GuppEn zu seiner willkürlichen Annahme
gekommen, ist gar nieht zu verstehen; hätte er an ihre Stelle ein
experimentelles Proben treten lassen, so wäre er zu einer richtigeren
Einsicht gelangt.
Abgesehen von mancherlei mit derartigen Versuchen verbundenen
Unfällen, dass die Kaninchenmütter nicht säugen oder die Jungen
aus dem Neste gerathen u. dergl. m., ist es leicht zu bestätigen, dass
Kaninchen, welchen bald nach der Geburt das hintere obere Ende
beider Hemisphaeren etwa »bis (von hinten nach vorn gereehnet) 1"
vor der Kranznaht« abgetragen wurde, später sehen. Die Operation
macht sieh recht einfach und ohne die Möglichkeit von Nebenver-
letzungen, wenn man, vox Guppen folgend, die Scheitelbeine in der
Richtung nach vorn um die Kranznaht aufklappt; man hat nur darauf
zu achten, dass die laterale Grenze der FExstirpation einen nieht zu
kleinen Abstand vom Gyrus hippocampi einhält. Die 'Thiere bleiben
in der Regel am Leben und entwiekeln sich kaum schlechter als un-
versehrte Kaninchen. Auch nach Wochen und Monaten sind Seh-
Musk: Über d. eentralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 629
störungen nicht an ihnen nachzuweisen; denn darauf, dass die 'Thiere
hin und wieder auf eine Handbewegung nicht scheuen oder an ein
Hinderniss stossen, ist nichts zu geben, weil solche Beobachtungen
gelegentlich auch an normalen Kaninchen zu machen sind.
Aber ganz anders verhalten sieh Kaninchen, bei welchen die
Exstirpation etwas weiter nach vorn sich erstreekt hat, das hintere
obere Ende beider Hemisphaeren am ı. oder 2. Tage nach der Geburt
— um die Guppen sche Bestimmung beizubehalten — etwa bis (von
hinten nach vorn, gerechnet) ı"" hinter der Kranznaht abgetragen
wurde. Man kommt mit dem Messerstiele, den man zur Exstirpation
verwendet, soweit nach vorn bequem sehon unterhalb des Stirnbeins;
doch steht nichts dem im Wege, dass man zu voller Sicherheit die
Scheitelbeine ganz entfernt und noch einen schmalen Streifen vom
hinteren Ende des Stirnbeins mit der Scheere abschneidet. Viele der
so verstümmelten 'T’hierehen gehen in den nächsten Tagen zugrunde,
indem sie nicht mehr saugen oder durch ihre heftigen Bewegungen
aus dem Neste geführt werden. Die Thiere, welche überleben, bleiben
immer im Wachsthum gegen unversehrte Kaninchen zurück und zeigen
andauernde Störungen des Gesichtssinnes bis zur völligen Blindheit.
Kommt es nach Monaten zur Section, so findet man einen gegen-
über dem absolut kleinen Substanzverluste, der gesetzt war, absolut
sehr grossen Defeet, es fehlt überall das ganze obere hintere Ende
der Hemisphaere. Doch hat der Defeet nicht immer ganz dieselbe
Ausdehnung, sondern stellt sich, besonders infolge seiner unregel-
mässigen, manchmal zackigen Begrenzung, bald etwas grösser, bald
etwas kleiner heraus.
Zwei meiner Kaninehen waren auf beiden Augen vollkommen
blind. In den Räumen, in welchen sie aufbewahrt wurden, bewegten
sie sich frei und ohne anzustossen, in der Haltung des normalen
Kaninchens. In den Beobachtungsraum des Laboratoriums oder einen
anderen fremden Raum gebracht, sassen sie gewöhnlich still, und
wenn sie von Zeit zu Zeit sich bewegten, so kamen sie entweder
doch nicht von der Stelle, sondern drehten sich bloss etwas auf
ihrem Platze herum; oder sie gingen nur einige Schritte und dann
immer langsam und vorsichtig in der Art des geblendeten Kaninchens,
indem sie vor jedem einzelnen Schritte den Kopf vorstreckten und
senkten und nie weiter die Vorderbeine vorschoben, als sie zuvor
das Terrain mit dem Kopfe geprüft hatten. Sie scheuten nicht, wie
man auch die Hand oder das Tuch vor ihren Augen vorbeiführen
mochte; es rührte sie nicht, wenn man die Augen mit grellstem
Liehte ableuchtete. Sie bewegten nur die Ohren, wenn man Geräusche
machte. Drückte oder stiess man sie, so gingen sie in der vorge-
>“ « 3 . . - « ®
330 Gesammtsitzung vom 20. Juni — Mittheilung vom 23. Mai.
schilderten Weise einige Schritte. Erst wenn man sie am Schwanze
oder am Ohre gekniffen hatte, liefen sie eine kurze Strecke wie
normale Kaninchen. Im letzteren Falle stiessen sie dann an die
Wand, wie an andere Hindernisse, welche auf ihrem Wege am Fuss-
boden sich befanden, oder überschritten, wenn sie auf einen Tisch
oder Schemel gesetzt waren, dessen Rand, so dass sie herabgefallen
wären, wenn man sie nicht aufgefangen hätte; sonst beim langsamen
Gehen bogen sie allen Hindernissen und auch dem Tischrande aus,
nachdem sie dieselben mit dem vorgestreckten Kopfe abgetastet hatten.
Diese beiden Kaninchen waren am weitesten von allen operirten
Thieren in der Entwickelung zurückgeblieben und als sie am Ende
der 6., bez. 7. Woche starben, noch nicht so gross wie 3-—4 Wochen
alte normale Kaninchen.
Fünf weitere meiner Kaninchen waren auf einem Auge voll-
kommen blind. Sie waren nur mässig in der Entwickelung zurück-
geblieben und konnten bis vier Monate hindurch beobachtet werden.
Ihr Verhalten war überall das gleiche, in jedem anderen Raume das-
selbe wie im Aufbewahrungsraume, und derart, dass man sie leicht
für unversehrt hätte halten können. Erst eine genauere Untersuchung
deekte die Abnormitäten auf. Wenn sie, aus einer Ecke des Zimmers
aufgescheucht, nach Art normaler Kaninchen nicht durch die Mitte des
Zimmers, sondern die Wand entlang laufend eine andere Ecke auf-
suchten, geschah es regelmässig, dass sie die eine der beiden Nachbar-
ecken bevorzugten; sie wählten diese Ecke selbst dann, wenn sie in
ihrem Laufe sich dem Beobachter näherten oder wenn Hindernisse
hier im Wege standen, und umgingen dabei die Hindernisse gut;
zwang man sie aber in ihrem Laufe umzukehren, so dass das vorher
der Wand zugewandte Auge jetzt in’s Zimmer sah, so geriethen sie
öfters an die Wand und streiften oder stiessen an die Hindernisse.
Führte man die Hand oder besser aus grösserer Entfernung ein Holz-
stück, ein Tuch u. dergl. vor dem einen Auge des ruhig sitzenden
T'hieres vorbei, so blieb das Thier unbewegt; es scheute, wenn man
dasselbe vor dem anderen Auge that. Und wenn man, während das
Thier lief, das Holzstück dem ersteren Auge entgegenführte, stiess
das Thier in dasselbe hinein, während es auswich, wenn dasselbe
vor dem anderen Auge geschah. Wurde das erstere Auge dem
Thiere durch ein Pflaster verklebt, so blieb das Thier so munter
und beweglich wie zuvor und kam überhaupt keinerlei Abweichung
zur Beobachtung; nicht einmal eine Reaction gegen das Pflaster stellte
sich ein. Dagegen erschien das Thier plötzlich wie umgewandelt,
wenn man mit dem Pflaster das andere Auge verschloss.. In der
Mitte des Zimmers, in welcher es sonst nie verblieben war, sass
Munk: Über d. eentralen Organe f. d. Sehen u. d. Hören b. d. Wirbelthieren. 691
jetzt das Thier ruhig und still und bot weiter in allen Stücken das-
selbe Verhalten dar, das ich oben von «den beiderseits blinden
Kaninchen beschrieb. Nur das kam hinzu, dass hin und wieder das
Thier die gleichseitige Vorderpfote an dem verklebten Auge vorbei-
bewegte, wie um das Pflaster abzustreifen. Wurde das Pflaster ent-
fernt, so war das Verhalten des 'Thieres sofort wieder das alte.
Einmal habe ich ein solehes Thier, welches schon öfters im Labora-
torium untersucht worden war, nach der Verklebung des sehenden
Auges, nachdem es mehrmals in der Art des geblendeten Kaninchens
vorsichtig gegangen war, plötzlich laufen sehen: es prallte bald heftig
gegen einen Tischfuss und sass danach auffallend lange still, ehe es
wieder vorsichtig tastend zu gehen anfıng.
Auf den Rest meiner überlebenden Kaninchen gehe ich nicht
näher ein. Sie sahen mit beiden Augen, doch unvollkommen, wie sich
daraus entnehmen liess, dass sie wesentlich öfter als normale Kaninchen
an Hindernisse stiessen und bei feinerer Prüfung nur scheuten, wenn
der Gegenstand von der einen, nieht wenn er von anderen Seiten
dem Auge genähert wurde. Solche Erfahrungen waren auch bei den
letztbeschriebenen Kaninchen für das sehende Auge zu machen. Aber
weiter habe ich die Abnormitäten nicht verfolgt, weil, wie ich schon
früher zu bemerken hatte, am Kaninchen infolge seiner Indolenz und
geringen Intelligenz bloss die gröbsten Sinnesstörungen mit Sicherheit
festzustellen sind." Die Auskunft, die wir suchten, ist mit den vor-
betrachteten Thieren gewonnen. Insbesondere auf die zweite Reihe
derselben lege ich Gewicht. Man könnte bezüglich der beiderseits
blinden Kaninchen noch aussetzen wollen, dass sie zu schlecht ent-
wiekelt oder nicht lange genug zu beobachten waren. Die anderen
Kaninchen lassen solehe Ausstellungen nicht zu, und ihre einseitige
Blindheit tritt durch das gegensätzliche Verhalten, je nachdem das
eine oder das andere Auge verschlossen war, ganz besonders scharf
hervor.
Also auch da, wo bald nach der Geburt die Abtragung der
ganzen Sehsphaeren gelungen ist, stellt sich das Thier blind heraus
und bleibt es für alle Zeit blind. von Guppen hat geirrt, weil er
willkürlich die Grenzen der Sehsphaere des Kaninchens zu eng _ge-
! Vergl. diese Berichte, 1884. S. 549. — Ich hatte wenigstens das ausınachen
zu können geglaubt, mit welchem Auge das Kaninchen besser, mit welchem es
schlechter sah. Indess bin ich selbst daran irre geworden, weil es mir einigemal vor-
kam, dass. wo ich durch die Prüfungen ermittelt zu haben meinte, dass die grössere
Sehstörung für das linke Auge bestand, die Section den linken Traetus und den
rechten Nervus optieus in höherem Grade atrophisch ergab, als den rechten Traetus
und den linken Nervus opticus.
632 Gesammitsitzung vom 20. ‚Juni. — Mittheilung vom 23. Mai.
nommen hat. Und doch war Vorsieht um so mehr geboten, als schon
unsere Kenntniss der Sehsphaeren beim Menschen, beim Affen, beim
Hunde lehrte, dass. je tiefer das Thier in der Säugethrerreihe steht,
verhältnissmässig ‘desto grösser seine Sehsphaere ist, desto weiter
nach vorn über das Grosshirn dieselbe sich erstreckt. Aber das nur
nebenbei. Die Hauptsache für uns ist, dass auch die Erfahrungen
am neugeborenen Thiere die Wuxpr’sche Lehre widerlegen. Nach
diesen Erfahrungen kann es erst recht nicht anders sein, als dass
die Eigenart jeder Sinnesempfindung auf der von Natur gegebenen
Eigenart der ecentralen Sinneselemente oder Sinneszellen, welche dieser
Empfindung zu dienen haben, beruht.
5 97 :
Ausgegeben am 27. Juni.
Beilin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
633
1889.
XXX
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
27. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ulasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs-Revmonv.
l. Hr. Warpever las über die Placenta von Inuus nemestrimus.
2. Hr. Munk legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. B. Basınskv
vor über den Ursprung und den centralen Verlauf des Nervus
acustieus des Kaninchens und der Katze.
3. Hr. von Hermnorrz theilte von den HH. A. Könıs und
E. Bropnun ausgeführte Messungen der Empfindlichkeit des
menschlichen Auges für weisses Licht mit.
Die Mittheilungen 2 und 3 folgen umstehend, die ı wird in
einem der nächsten Stücke erscheinen.
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Sitzungsberichte 1889. 60
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Über den Ursprung und den centralen Verlauf
des Nervus acustieus des Kaninchens und der Katze.
Von Dr. B. Basınsky.
(Vorgelegt von Hrn. Munk.)
In Fortsetzung meiner Untersuchungen über den Ursprung und den
eentralen Verlauf des Nervus acustieus des Kaninechens, über welche
ich früher berichtete', habe ich über die hintere Acustieuswurzel auch
bei anderen Thieren Aufschluss zu gewinnen gesucht und ferner den
Ursprung und den centralen Verlauf der vorderen Wurzel aufzuklären
mieh bemüht. Dort wählte ich die’ Katze, hier Kaninchen und Katze,
und ich benutzte wiederum die Guppen’sche Methode und das von
mir angegebene Verfahren, vom Halse her die Paukenhöhle und das
Ohrlabyrinth zu zerstören. Die Gehörorgane und die Gehirne wurden
serienweise geschnitten, die Schnitte nach der Weıeerrt'schen Methode
mit Haematoxylin gefärbt.
Für den Ursprung und den centralen Verlauf der hinteren Wurzel
des Acusticus bei der Katze hat sich fast dasselbe ergeben, wie beim
Kaninchen. Auf der operirten rechten Seite, auf welcher die Schnecke,
und nur diese allein, zerstört gefunden wurde, waren der Atrophie
verfallen die hintere Acustieuswurzel, der vordere Acustieuskern und
das Tubereulum laterale. Es zeigten fernerhin auf dieser Seite einen
mässigen Faserschwund das Corpus trapezoides und die obere Olive,
während die obere Olive der anderen Seite normal war. Der Drrrers-
sche Kern, der sogenannte innere Acusticuskern, das Corpus resti-
forme, Pons, Cerebellum, Bindearm, hinteres Längsbündel erschienen
unverändert.
An den mehr centralwärts gelegenen Schnitten fand sich eine
Atrophie der unteren Schleife der entgegengesetzten linken Seite, und
diese Atrophie liess sich bis in den Arm des hinteren Vierhügels
verfolgen; der hintere Vierhügel selbst liess indess bei der makro-
skopischen Betrachtung keine in die Augen fallende Verkleinerung
! Diese Berichte, 1886, S. 255 und Vırcnow’s Archiv, Bd. 105, 1886, 8. 28 ff.
60*
636 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 27. Juni.
erkennen, wenigstens nicht in dem Maasse, wie dies ausnahmslos
beim Kaninchen der Fall war. Über den hinteren Vierhügel hinaus
gelang es nieht Veränderungen zu constatiren; Corpus geniculatum
internum, 'Thalamus und Grosshirn zeigten auf beiden Seiten keinen
Unterschied.
Von besonderer Bedeutung waren die Ergebnisse bei der Katze
bezüglich der Striae medullares, über deren Ursprung und Verlauf
die Ansichten noch erheblich differiren und für welche die früheren
Kaninchenversuche keine befriedigende Erkenntniss gebracht hatten.
Sie erschienen auf der rechten Seite mässig atrophisch und entwickelten
sich aus dem Tuberculum laterale, und zwar aus der tiefen mark-
reichen Schiehte desselben, zum Theil auch aus dem vorderen Acu-
stieuskern. Weiterhin legten sie sich, an dem äusseren Rande des
Corpus restiforme verlaufend, dorsalwärts um dieses herum und ge-
langten so an seine mediale Seite. An der Umschlagstelle theilten
sie sich in zwei Bündel, ein schwächeres, mehr caudalwärts gelegenes,
und ein stärkeres, mehr capitalwärts befindliches. Beide Bündel er-
schienen etwas atrophisch, das erstere weniger als das letztere. Das
erste Bündel verlief, indem es das Corpus restiforme und zum Theil
auch die aufsteigende Quintuswurzel durchsetzte, in der Richtung auf
das laterale hintere Ende der oberen Olive zu, um sich hier zu ver-
lieren. Das zweite Bündel durchsetzte die Formatio retieularis, zog
direct zur oberen gleichseitigen Olive und strahlte in den Hilus der-
selben ein. Während des Verlaufes zweigten sich von dem letzteren
Bündel noch einzelne Fasern ab, welche in die Fibrae arcuatae über-
gingen.
Die Kreuzung ist eine vollkommene und erfolgt, worin ich mich
jetzt Freensıs anschliesse, im Corpus trapezoides. Auch bei der Katze
hängt das Corpus trapezoides mit dem Tubereulum laterale und dem
vorderen Acustieuskern zusammen und steht demnach in naher Be-
ziehung zur hinteren Acustieuswurzel, ebenso wie der hintere Vier-
hügel, was ich Forrr gegenüber aufrecht erhalten muss.
Die vordere Acustieuswurzel zur Atrophie zu bringen, fand ich
noch mehr Schwierigkeiten, als sich mir für die Atrophie der hinteren
Wurzel dargeboten hatten. Zur Herbeiführung einer vollständigen
Atrophie der vorderen Wurzel musste die Zerstörung aller Nerven-
endapparate im Labyrinth mit Ausnahme der Schnecke erforderlich
scheinen und war deshalb ein grosser operativer Eingriff unumgäng-
lieh. Hierbei gingen indess viele 'Thiere in Folge tödtlicher Hirn-
läsionen zu Grunde. Von den anderen Thieren zeigten die meisten
eine nieht ausreichende Atrophie der vorderen Wurzel, so dass von
der grossen Zahl der Versuchsthiere bloss 3 für meine Zwecke zu
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Bacınsky: Nervus acustieus des Kaninchens und der Katze. 637
verwerthen blieben, 2 Kaninchen und ı Katze. Die rechte vordere
Acustieuswurzel war bei Kaninchen F und bei der Katze hochgradig,
bei Kaninchen II etwas weniger atrophisch. Die Thiere hatten sich gut
entwickelt und keine wesentliche Abnormität ausser einer schwächeren
oder stärkeren Kopfverdrehung gezeigt; sie waren 7—8 Wochen nach
der Operation getödtet worden.
Die Untersuchung der Gehörorgane ergab hochgradige Zerstö-
rungen des Labyrinths. An Stelle des Utrieulus und Saceulus fand
sich ein zartes neu gebildetes Bindegewebe, welches den Vorhof zum
Theil erfüllte und die Formen der hier gelegenen Theile kaum er-
kennen liess. Von den Ampullen wurden einzelne mit den zugehörigen
Nervenendigungen unversehrt gefunden. An der Intumescentia ganglio-
formis Scarpae war beim Kaninchen I und bei der Katze der grössere
Theil der Ganglienzellen atrophisch, beim Kaninchen II war die Zahl
der unveränderten Ganglienzellen erheblich grösser als beim Kaninchen 1.
Am Gehirn vom Kaninchen I erhob ich folgende Befunde. In
hohem Grade atrophisch ist die rechte vordere Acustieuswurzel; nur
ein kleiner Rest derselben ist erhalten und auch dieser verändert.
Verfolet man die Sehnittreihe im Bereiche der vorderen Aecustieus-
wurzel von unten nach oben auf der unverletzten linken Seite, so
sieht man zunächst einen von der vorderen Wurzel kommenden Faser-
zug der medialen Seite des Corpus restiforme anliegen, mit einzelnen
Fasern dasselbe durchsetzen. Höher aufwärts tritt ein anderer eben-
daher kommender Faserzug hinzu, medialwärts weiter vom Corpus
restiforme entfernt, und verläuft dann in Bogenformation durch die
Formatio retieularis ventralwärts; die Endigung dieser Fasern ist in
dem Gewirre der hier gelegenen Fasermassen nicht zu ermitteln. Noch
weiter aufwärts findet sich ein dritter ebendaher kommender Faserzug
ein, gleichfalls zur medialen Seite des Corpus restiforme gelegen, der
hier nach der Seitenwand des 4. Ventrikels auszustrahlen scheint. Auf
der operirten rechten Seite erscheinen die entsprechenden 3 Faserzüge
atrophisch, am stärksten atrophisch der erste, am wenigsten atrophisch
der zweite Faserzug. Dieser zweite, in Bogenformation ventralwärts
verlaufende Faserzug kreuzt den Facialis, tritt an die mediale Seite
desselben und verschwindet zum Theil in der Formatio retieularis,
zum Theil setzt er sich in die gleichseitige Olive fort, in deren Mark
er, wie es scheint, sich verliert. Der dritte mehr atrophische Faser-
zug lässt sich von der vorderen Acustieuswurzel in die graue Masse
der Seitenwand des 4. Ventrikels, medialwärts vom Bindearmquer-
schnitt und dorsalwärts vom Deiırers’schen Kern, verfolgen; die graue
Masse mit Ganglienzellen kleinen Kalibers zeigt eine ziemlich hoch-
gradige Atrophie.
638 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. Juni.
In den untersten Schnitten, in welchen man die vordere Acustieus-
wurzel eben noch sieht, fällt an der inneren Abtheilung des rechten Klein-
hirnstiels (Meyxerr) und besonders an dem ventral-lateralen Felde der-
selben eine ziemlich hochgradige Atrophie auf; es erscheinen hier die
Faserquerschnitte erheblich redueirt und die eingestreuten Ganglien-
zellen atrophisch. Diese Atrophie lässt sich auf- und auch weiter
abwärts verfolgen: abwärts bis in diejenigen Schnittebenen hinein, in
welchen der Faserzug der inneren Abtheilung des Kleinhirnstiels zu-
erst in erkennbarer Weise auftritt; aufwärts bis ungefähr zur Höhe
des ersten Drittels der vorderen Acustieuswurzel. Hier erreicht die
Atrophie ihr Ende, und an der inneren Abtheilung des Kleinhirn-
stiels zeigt sich weiterhin zwischen rechts und links kein Unterschied
mehr. In den untersten Schnitten erscheinen die atrophischen Fasern
fast nur quer getroffen , weiter aufwärts gehen die Querschnitte allmählig
in Schrägschnitte über, und in der Höhe der vorderen Acusticuswurzel
ist der direete Übergang dieser Fasern in die Fasern des ersten Faser-
zuges der vorderen Acusticuswurzel deutlich zu beobachten.
Demnach geht von dem vorbezeichneten ersten Faserzuge, welcher
medial vom Corpus restiforme gelegen ist und mit einzelnen Fasern
dasselbe durchsetzt, der grössere Theil der Fasern nach der Medulla
oblongata. Diese Fasern biegen von der vorderen Acustieuswurzel
um und steigen in dem Areal der inneren Abtheilung des Kleinhirn-
stiels abwärts. Für den Rest der Fasern des ersten Faserzuges ist
der weitere Verlauf nicht zu beobachten.
Dieselben Befunde, wie beim Kaninchen, erhob ich am KaninchenlI,
nur dass entsprechend der geringeren Atrophie der vorderen Aecusticus-
wurzel die Atrophie der Faserzüge weniger ausgesprochen war. Auch
bei der Katze, deren vordere Acusticuswurzel sehr atrophisch war,
ergaben sich dieselben Veränderungen. Die vordere Acustieuswurzel
erscheint bei der Katze relativ kleiner als beim Kaninchen und enthält
zwischen ihren Fasern einzelne grosse Ganglienzellen. Auch diese
waren hochgradig atrophisch. Ausserdem war noch ganz deutlich zu
sehen, dass der restirende Theil des ersten Faserzuges, dessen Verlauf
beim Kaninchen nicht festzustellen war, hier durch das Corpus restiforme
hindurch zu Ganglienzellen kleinen Kalibers, welche ventral vom
Deiters’schen Kern gelegen sind, ausstrahlt und sich hier verliert.
Diese Ganglienzellen selbst zeigen sich atrophisch.
Demnach setzt sich die vordere Acustieuswurzel bei Kaninchen
und Katze aus den vorbeschriebenen 3 Faserzügen zusammen. Bezüglich
des ersten und dritten Faserzuges sind meine Ermittelungen im Wesent-
liehen in Übereinstimmung mit den Ergebnissen, welche Frecnsıe,
BECHTEREw u. A. auf Grund des Studiums der Markscheidenentwickelung
Bacınsky: Nervus acusticus des Kaninchens und der Ratze. 639
erhalten haben; und es ist zugleich der experimentelle Nachweis einer
aufsteigenden Acustieuswurzel im Sinne Rorrzer's erbracht, wenn auch,
wie ich besonders betone, der Verlauf dieser Wurzel ein anderer ist,
als ihn Rorter beschrieb. Weiter centralwärts hat sich die vordere
Acustieuswurzel nicht verfolgen lassen.
Von Veränderungen, die ich sonst noch an meinen Praeparaten fand
und für Nebenverletzungen halten muss, ist zunächst bemerkenswerth,
dass das rechte Corpus restiforme etwas atrophisch erschien. Diese
Atrophie in Zusammenhang zu bringen mit der Atrophie der inneren
Abtheilung des Kleinhirnstiels, geht nicht an, weil die erstere viel
zu gering ist im Verhältniss zur letzteren. Auch die rechte Klein-
hirnseitenstrangbahn, die rechten Seitenstrangreste mit dem zu-
gehörigen Seitenstrangkern zeigten bei den Kaninchen eine geringe
Atrophie. Ganz geringe Veränderungen im Derrters’schen Kern, die
Atrophie einzelner weniger Ganglienzellen, erklären sich durch die
Veränderungen des Corpus restiforme. Der Deiters’sche Kern steht
nach den Untersuchungen von von Mosarow in keiner Beziehung zum
Nervus acustieus, und ich kann dies nur bestätigen.
Die Untersuchung ist in dem physiologischen Laboratorium der
thierärztlichen Hochschule ausgeführt.
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641
Experimentelle Untersuchungen über die psycho-
physische Fundamentalformel in Bezug auf den
Gesichtssinn.
Von Dr. Artuur Könıs und Dr. Eugen BropHuun
in Berlin.
Zweite Mittheilung.
(Vorgelegt von Hrn. von HrrnHortz.)
$. ı. Einleitung.
k einer früheren Untersuchung haben wir' sowohl die Grösse der
Unterschiedsschwellen als auch der Reizschwellen für monochroma-
tisches Licht. von sechs verschiedenen Stellen im Spectrum experi-
mentell mit möglichster Genauigkeit zu bestimmen versucht. Das
Ergebniss dieser Arbeit war dadurch besonders bemerkenswerth, dass
wir für die Unterschiedsschwellen viel grössere Werthe fanden, als
sie sich bisher ergeben hatten. Nun waren aber die früheren Be-
stimmungen mit geringen Ausnahmen für weisses Licht gemacht
worden und es lag daher die Möglichkeit vor, dass unsere Beobach-
tungen deshalb ein anderes Ergebniss zu Tage gefördert hatten, weil
wir stets monochromatisches Licht benutzten. Die Unwahrscheinlich-
keit einer derartigen Lösung des Widerspruches wurde freilich noch
dadurch vermehrt, dass die eine der benutzten Speetralfarben (505 vu)
für den Dichromaten (B.) unter uns beiden bereits sehr weisslich
erschien, und kein Grund einzusehen war, weshalb bei gleichem oder
annähernd gleichem subjectivem Eindruck die verschiedene physika-
lische Beschaffenheit des benutzten Lichtes von so wesentlichem Ein-
fluss sein sollte. — Um jedoch die Thatsachen völlig sicher festzu-
stellen, entschlossen wir uns, dieselben Versuchsreihen auch für weisses,
\ Siehe diese Sitzungsberichte vom 26. Juli 1888.
642 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 27. Juni.
d.h. alle Wellenlängen des sichtbaren Speetrums enthaltendes Licht
durchzuführen. Als »weisses« Licht diente uns die Gesammtheit der
von einem LiwsemAann' schen Zireonbrenner ausgehenden Strahlen.
$. 2. Beobachtungsmethode für die Unterschiedsschwellen.
Die Beobachtungsmethode sowie die Anordnung der Apparate
war bis auf diejenigen Änderungen, welche durch die Benutzung von
weissem, unzerlegtem Lichte nothwendig waren, völlig dieselbe wie
früher. Wir können daher im Folgenden auch dieselben Bezeichnungen
benutzen, welche wir in der ersten Mittheilung angewandt haben.
Der Oculartheil des Apparates von dem Ocular O bis einschliesslich
des Nicor’schen Prisma’s N, war völlig derselbe. Durch zwei achro-
matische Linsen, welche in geeigneter Entfernung von dem glühenden
Zireonplättehen des Lissemann schen Brenners aufgestellt waren. wurde
ein ziemlich dünnes, fast völlig paralleles Strahlenbündel erzeugt,
welches einen beträchtlichen Theil des von dem Brenner ausgehenden
Lichtes enthielt und welches erst auf das Nicor’sche Prisma N, fiel,
nachdem es zwei andere Nicor'sche Prismen N, und N, durchlaufen
hatte. Wenn N,., N, und N, mit ihren Hauptschnitten parallel standen,
so erschien — in unserer früheren Einheit gemessen — einem durch
das Oeular O nach dem Spalt S, blickenden Auge dieser in einer
Intensität von ungefähr einer Million. Durch Drehung von N, und
N, sowohl gegeneinander, als gegen das feststehende Nıcor'sche Prisma
N, konnte diese Intensität bis zu 200 Einheiten vermindert werden,
ohne dass durch zu kleine Neigungswinkel zwischen den Hauptschnitten
der drei Nicor'schen Prismen die Unsicherheit in der Bestimmung
dieser Intensität die zulässige Grenze überschritt.
Um nun zu noch geringeren Intensitäten überzugehen, wurde
über eine der beiden erwähnten achromatischen Linsen ein ziemlich
dichtes schwarzes Tuch gespannt, so dass nunmehr zwischen den
Fäden des Tuches nur ungemein feine, freilich auch sehr zahlreiche,
aber über die ganze Linse gleichmässig vertheilte Strahlenbündel
hindurchtreten konnten. Dadurch wurde, wie die Messung ergab, die
r/
/ redueirt. Mit dem in soleher Weise
/ 10000
Intensität auf ungefähr
abgeschwächten Strahlenbündel konnte man dann wieder durch ent-
sprechende Stellung der Hauptschnitte der drei Nıcor’schen Prismen
die bis zu der Reizschwelle herab erforderliche Verminderung der
Intensität vornehmen.
Die Benutzung von Rauchgläsern war ausgeschlossen, weil diese,
besonders bei so starker Absorption, wie sie hier hätte benutzt werden
Könts u. Bropnun: Psychophysische Fundamentalformel. 643
müssen, stets den Farbenton des durchgelassenen Lichtes ändern, was
hier unzulässig war.
Die Vorkehrungen, welche für die Bestimmung der benutzten
Intensitäten in dem Maasse der von uns eingeführten Helligkeits-
einheit dienten und welche gleichzeitig eine stetige CGontrole über
die Constanz der Intensität des Zireonlichtes gewährten, lassen sich
ohne Figuren nicht gut erläutern; es soll daher ihre genauere
Beschreibung der demnächst erfolgenden ausführlichen Darstellung
unserer gesammten Versuche vorbehalten bleiben.
$. 3. Die Werthe der Unterschiedsschwellen.
In den folgenden Tabellen sind die von uns beiden erhaltenen
Werthe der Unterschiedsschwellen für weisses Licht in derselben
Anordnung und mit denselben Bezeichnungen wie in unserer ersten
Mittheilung aufgeführt.
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r— J.cos?« |dr—J.-sin?« —tg!«
J=r+9Ir r—J.cos?«e | dr—J-sin?«
1000000 | 11° 27 963370 36630 0.0380
500000 | 483760 16240 0.0336
200000 | & 194225 5775 |. 0.0297
100000 | 8 97900 2100 0.0215
50000 49951 949 D.0793
20000 19693 307 0.0156
10000 | 9340 160 0.0163
4922 | 77-8 0.0158
0.0180
0.0185
0.0221
0.0223
0.0228
0.0270
0.0332
0.0457
0.0533
0.0912
0.116
0.165
0.241
0.331
0.0166 0.495
0.00794 | 0.659
1000000 965420 34580 0.0358
500000 3| 486710 13290 0.0273
200000 194795 5205 0.0267
100000 98087 1913 | 0.0195
50000 49148 | 852 0.0173
20000 19656 3 0.0175
10000 9827 € 0.0176
4912 . 0.0179
1964 | 35.6 0.0181
983 .5 0.0178
491 | 0.0192
196 35 | 0.0222
97-1 DR 0.0298
45-4 : 0.0324
19.2 { | 0.0396
9.54 45: 0.0477
4.72 ‚28 0.0593
1.83 E 0.0939
0.890 b | 0.123
0.421 „07° 0.188
0.156 H 0.283
0.0726 \ 0.377
0.0337 .O16: 0.484
0.0118 ‚0082 | 0.695
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644 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. Juni.
Aus einer Betrachtung dieser Zahlenwerthe ergiebt sich:
ı. Die zwischen uns beiden bestehenden Unterschiede sind so
unbedeutend und so regellos vertheilt, dass sie nicht als Folge der
Verschiedenheit unserer Farbensysteme anzusehen sind.
2. Wenn wir die Ergebnisse der Versuche in derselben Weise
graphisch darstellen, wie es in Fig. ı unserer ersten Mittheilung
geschehen ist, so fällt für die höheren Intensitäten die Curve, welche
die Quotienten Or:r zu Ordinaten, die Logarithmen von r zu Abseissen
hat, mit dem Zweige I der dort gezeichneten Curve fast genau zu-
sammen; für die niederen Intensitäten erhalten wir hingegen eine
Uurve, welche zwischen den dortigen Curven-Zweigen II und III ver-
läuft, sich aber viel näher an III als an II anschliesst. Weiss liegt also
zwischen den beiden scharf von einander gesonderten Gruppen, in
welche hinsichtlich der Grösse der Unterschiedsschwellen die bisher
untersuchten Spectralfarben zerfallen.
Bei einer graphischen Darstellung, entsprechend Fig. 2 unserer
ersten Mittheilung, würde die Öurve der Unterschiedsschwellen für Weiss
mit dem dortigen Verlauf von e bis 5 zusammenfällen, für das Intervall
a b hingegen, zwischen der ausgezogenen und der stark gestrichelten
Strecke zu liegen kommen.
$. 4. Die unteren Reizschwellen.
Zur Bestimmung der unteren Reizschwellen wurde das Nıcor’sche
Prisma N, parallel dem Hauptschnitt des Doppelspathes gestellt und
die Einstellung einer niedrigen bekannten Intensität durch die mit
Tuch überspannte, schon erwähnte Linse und die Nicor'schen Prismen
N, und N, bewirkt. Durch Drehen des im Ocular befindlichen Nıcor'schen
Prisma’s N, bestimmte man dann ebenso wie früher den Werth der
unteren Reizschwelle.
Es ergab sich hierbei:
BRLRE
Weiss 0.000 72 | 0.000 73
Die unteren Reizschwellen sind demnach für uns beide gleich
und ordnen sich hinsichtlich ihrer Grösse an diejenige Stelle unter
die bisher untersuchten Speetralfarben ein, wo es in Rücksicht auf
die beobachteten Unterschiedsschwellen zu erwarten war, d.h. zwischen
die beiden hier auftretenden Gruppen der Speectralfarben.
Zweiter Bericht über eine mit Unterstützung der
Königlichen Akademie der Wissenschaften nach
Ost- Africa unternommene Reise.
Von Dr. FrAnz STUHLMANN.
(Vorgelegt von Hrn. Scuurze am 6. Juni [s. oben S. 453].)
I. Weitere Studien über die Süsswasserfauna
von Sansıbar.
Sansibar, 30. April 18809.
Deamehumenel auf meinen Berieht vom ı. November vorigen Jahres!
beehre ich mich, der Königlichen Akademie der Wissenschaften ganz
ergebenst über den weiteren Gang meiner Untersuchungen kurz zu
berichten.
Betreffs der Fauna in den Sümpfen und Flüssen Sansibars kann
ich meinen früheren Angaben nur wenige Details hinzufügen.
In einem Sumpfe beobachtete ich in einem Falle Diffhugia sp. (an
pyriformis?) in grosser Anzahl. In demselben Sumpf beobachtete ich
das grosse Spirostomum ambiguum.
Ausser der früher erwähnten Potamolepis fand ich noch eine echte
Spongilla mit Gemmulae und mit beiderseits spitzen Nadeln.
Unter den Oligochaeten interessirte mich wieder Dero am
meisten. Eine Art, welche ich in geschlechtlicher Fortpflanzung fand,
hatte unter einem breiten, dorsalen Hautfortsatz acht Kiemen, welche bei
den ungeschlechtlichen Exemplaren senkrecht zur Ebene des »Kiemen-
korbes« gestellte Blätter waren, während sie bei den geschlechtlichen
Exemplaren eher lappenförmig aussahen. Zunächst fing ich in dem
Sumpfe nur ungeschlechtliche, sich theilende Exemplare; aber nach-
dem das Wasser in einem Aquariumglase eine zeitlang gestanden hatte,
zeigte nach S—ıo Tagen mindestens die Hälfte der Thiere Geschlechts-
organe.
! Sitzungsberichte 1888. 2. Hlbbd. 6. Dee. S. 1255 — 12609.
646 Sitzung der phys.-math. Olasse v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
Ausser dieser Form beobachtete ich noch einen zweiten Dero, eine
Nais und ein neues Arlosoma n. sp. mit rothen Öltropfen.
Die Zahl der hiesigen Hirudineen konnte ich um zwei Species
vermehren. Eine gelbrothe Art, die im ausgestreckten Zustande 3°” er-
reichte, hatte einen spitzen Kopf, ohne Saugnapf-Verbreiterung. Auf ein
Paar grössere Augen am Vorderende folgten am Rand noch 4 Paare
winziger Augen. Eine zweite kleinere Art war fast stets Ektoparasit
auf Ampullaria. Der etwas verbreiterte Kopf zeigte auf dem 4. Ringe
ein unpaares Auge und auf dem folgenden noch ein Augenpaar. Das
Thier war durchscheinend hellgrau mit feinen schwarzgrünen Pigment-
lecken bedeckt. Die sieben Blindsäcke des Darmes waren bei Füllung
mit Blut roth, sonst durchsichtig. Der letzte zeichnete sich wie bei
allen Arten durch seine Länge aus.
Eine kleine, mit Stilet bewehrte Rhabditis war recht häufig, aber
nur in weiblichen Exemplaren. Die sehr langen, mehrfach geknickten
und theilweise leeren Ovarialschläuche münden von vorne und hinten
kommend in der vorderen Körperhälfte in einen kurzen, diekwandigen
Ausführungsgang, der senkrecht zur Längsaxe des Thieres steht.
Das Vorkommen von Ancylıs sp. habe ich schon im vorigen
Bericht erwähnt.
Eine reiche Ausbeute gewährte ein kleiner Bach, der bei dem
verfallenen Sultanspalast Tschueni durch eine Reihe von nicht mehr
benutzten Badebassins fliesst, ehe er gleich darauf das Meer erreicht.
Das Wasser war stark kalkhaltig, wie sich aus dem dieken, kalkigen
Niederschlag, sowie aus den zahlreichen Kalkalgen (Chara), die den
Grund des Bassins bildeten, schliessen liess. Hier am Grunde lebten
eine Anguilla und zahlreiche Garneelen in zwei Arten, von denen
die eine klein und hyalin war, während die andere olivengrüne Form
mit langen Scheeren die Grösse unseres Flusskrebses erreichte. An
den Wänden krochen Ampullarien, Melanien und andere Schnecken,
sowie eine Brachyure umher. In dem nach Hause gebrachten
Wasser zeigten sich neben Hirudineen mit 2 Augen eine Tubi-
fieide, sowie ein mit Digaster verwandter Regenwurm.
Die Brunnen der Stadt Sansibar sind in die Sandbank hinein-
gegraben, auf der die Stadt steht. Die Höhe des Wasserspiegels
schwankte in den verschiedenen Brunnen, welche ich untersuchte,
zwischen 4 und 5'/, Faden (zu 178288) wobei das Wasser dann noch
etwa '/, Faden hoch steht. Der Spiegel des Wassers schwankt je
nach Ebbe und Fluth, doch stehen mir keine Beobachtungsreihen zu
Gebote, um schon jetzt diese Abhängigkeit in Zahlen auszudrücken.
Die Temperatur des Wassers war 24-—— 27°C. und sein Salzgehalt
0.10— 0.13 Procent. Sämmtliche Brunnen sind mit Kalkstein (Korallen)
SrunLmann: Reise nach Öst- Africa. 647
ausgemauert, aber nicht so, dass nicht alle möglichen Schmutzwässer
eindringen könnten; auch sind sie oben nieht verschlossen, so dass
sie vielen Verunreinigungen ausgesetzt sind. Schmutz aller Art, be-
sonders massenhafte Cocosfasern findet man auf ihrem Grunde, welche
letztere sich von den Coirgarn-Seilen abscheuern, mit denen die Weiber
das Wasser heraufziehen. Oft ist das Wasser nach Regengüssen sehr
stark getrübt von allen hineingelangenden Abflusswässern. Der Boden
besteht aus Sand und die Steinwände sind von grünen Algen überzogen.
In jedem untersuchten Brunnen fanden sich in grösserer oder
geringerer Anzahl kleine Schnecken (Pahrdina?) Einige winzige Cope-
poden fehlten selten, ebenso Larven von Ephemeriden, Fliegen und
Mosquitos. Als höchst merkwürdige Erscheinung kann ich einen augen-
tragenden Gammarus aufführen, den ich in einem Exemplar im Brunnen
beim englischen Generaleonsulat erbeutete, was beachtenswerth ist, da
Gammarus sonst in den Sümpfen u. s. w. fehlt. — In einem anderen
Brunnen lebte Philodina roseola Enrse. in zahlreichen Exemplaren.
Ausser weniger auffallenden Algen fand ich einmal Stücke von einer
Form, die an Meeresalgen wie C/adophora erinnerte. Da die Stücke
völlig frisch aussahen, so ist mir wahrscheinlich, dass diese Alge in
dem 0.20 Procent Salz enthaltenden Wasser gedieh.
Über die ausserhalb der Stadt befindlichen kleinen Wasserlöcher,
welche ich schon im vorigen Berichte erwähnte, ist nichts Näheres
zu sagen; die ganz tiefen Brunnen, welche sich auf wenigen arabischen
Nelkenplantagen finden und in den aus Korallenkalk bestehenden
Untergrund eingehauen sind, habe ich noch nieht untersuchen können.
Ausserdem finden sich im Niecht-Korallengebiet noch alte Brunnen,
in welehen das Wasser sehr hoch steht und welche meistens gänzlich
verunreinigt sind. Sie werden nicht mehr benutzt. An den darin
lebenden Wasserpflanzen und den hineingefallenen Blättern, Zweigen,
Cocosschalen u. s. w. leben Nais, Dero in mehreren Species, Aulophorus,
eine kleine, braune Turbellarie, die sich nicht theilt, sowie Stenostoma,
kleine Chydorus verwandte Daphniden, Cypriden, einige Cope-
poden und zahllose Inseetenlarven. Auch Schnecken (Ampullaria und
Pahıdina) fehlen nicht — kurz es befindet sich hier eine vollständige
Sumpffauna.
II. Bemerkungen über die Süsswasserfauna von
Quilimane.
Am 27. December 1888 fuhr ich von Sansibar ab nach Süden,
hauptsächlich um in Quilimane etwas nördlich von der Sambesi-
Mündung den dort vor etwa 40 Jahren von Prrers entdeckten Pro-
648 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
topterus anatomisch und wenn möglich auch entwickelungsgeschichtlich
zu studiren. Nach einem achttägigen Aufenthalt in Mozambique
gelangte ich am 13. Januar an meinem Bestimmungsorte an, woselbst
mich mein Freund Frıepr. Scherer, Vertreter von W. Pmurrr & Co.
in Hamburg mit grosser Gastfreundlichkeit aufnahm. Ich miethete
ein kleines Haus und liess in dessen Hof ein grosses cementirtes
Bassin zur Protopterus-Zucht bauen.
Quilimane liegt auf einer Sandbank am linken Ufer des gleich-
namigen Flusses (früher Rio dos bonas Signaes genannt), etwa
20*” oberhalb der Mündung desselben. Das ganze Terrain um die
Stadt und weit in’s Land hinein ist von Sümpfen durchzogen, welche
die Gegend sehr ungesund machen.
Unter den Sümpfen findet man einmal solche, welche das ganze
Jahr über Wasser führen, doch sind dieselben nicht entfernt so
zahlreich wie diejenigen, welche während der Trockenzeit vollständig
ihr Wasser verlieren und deren Gebiet dann als Reisfelder u. s. w.
dient. Während der Regen beginnt das Leben in den entstehenden
Wasserlachen sich wieder zu entwickeln. Letztere erreichen oft
enorme Ausdehnung und eine Tiefe von ı1— 2". Es leuchtet ein,
dass beide Arten von Sümpfen verschiedene Faunen beherbergen
müssen, von denen eine das Austrocknen überdauern kann, während
in der anderen Formen leben können, die beim Austrocknen zu
Grunde gehen würden. Ebenso erhellt aber auch, dass sich bei der
Vermischung der Faunen während der Regenzeit eine genaue Grenze
nieht ziehen lässt. Vor allem ist dies für mich nicht möglich, da
ich die Gegend nur während der Regenzeit besucht habe und bin
ich also gezwungen, beide promiscue zu behandeln.
Der Boden besteht durchweg in der Umgegend der Stadt aus
einem schwärzlichen oder bräunlichen, alluvialen Sandboden mit
reichlicher Humusbeimischung. Nur wenig Lachen zeigten am Boden
einen schwarzen Morast, der mir ein Zeichen zu sein scheint, dass
das Wasser hier constant sich befindet und nicht austrocknet. Theils
füllt das Wasser Löcher mit ziemlich steilen Rändern an, meistens
aber findet man es in ganz flachen Mulden. Die Temperatur des
Wassers während der Zeit meiner Anwesenheit dürfte zwischen 29°
und 37°C. schwanken. Bisweilen liegt eine freie Wasserfläche vor
uns, die hier und dort mit schwimmenden Gewächsen, wie Lemna,
Salvinia u. a. bedeckt ist; den Rand rahmen Schilfarten und
Cyperaceen ein. In anderen Fällen, und zwar fast immer bei den
flachen Mulden, nehmen die Schilfmassen allen Raum in Anspruch.
In einem Falle hatte sich eine schützende Pflanzen- und Erddecke
über dem Wasser gebildet, die jedoch unter der Last der Menschen
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SUHtLMANN: Reise nach Ost- Africa. 649
zusammenbrach. Nur an einigen Stellen trat mit Salvinia bedecktes,
freies Wasser hervor. Diese beiden letzten Arten von Sümpfen waren
die Fundstätten des Protopterus, den ich in beliebiger Menge bekommen
konnte.
Die Fauna unterschied sich im nichts wesentlichem von der
Sansibars und des hiesigen Festlandes, wie ich sie in meinem ersten
Beriehte geschildert habe.
An Individuenreichthum stehen auch hier wieder die Cypriden
an der Spitze. von denen ich eine Reihe von Arten einsammelte.
Die Copepoden sind äusserst spärlich vertreten, auch von Daph-
niden fand ich in den Sümpfen nur eine winzige Form, die fast ganz
unserem Chydorus latıs entspricht, sowie eine, welche der Gattung
Bosmina nahe verwandt ist. In meinem oben erwähnten Protopterus-
Tank trat plötzlich eine Moina n. sp. in geradezu enormen Mengen
auf, die trotz ihrer Kleinheit das Wasser hellroth färbte. Es ist
dies um so merkwürdiger, als der Tank mit reinem Regenwasser
gefüllt war und also die Thiere durch die Luft oder mit den hinein-
gesetzten Fischen in das Wasser gelangt sein müssen und in äusserst
kurzer Zeit sich so stark vermehrten. Zunächst sah ich nur parthe-
nogenetisch sich vermehrende Weibchen und erst nach einiger Zeit
(10 Tagen) traten auch Männchen auf, ohne dass ein Austrocknen,
Abkühlung u. s. w. des Wassers erfolgt war. Dieselbe unterscheidet
sich von der nahe verwandten M. mierura durch den Besitz von 8— 9
bewimperten, kegelförmigen Dornen am Postabdomen; die Endkralle
trägt einen Nebenkamm und dorsalwärts etwa 6 Nebendornen. Das
Thier ist hellgelbröthlich, besonders in Herzgegend und Nährboden,
auch manche farbige Fetttropfen tragen zur Färbung bei. Das
Ephippium beherbergt ein Ei. Das bedeutend kleinere Männchen
zeichnet sich durch längere (etwas weniger als halbe Körperlänge)
Tastantennen aus, die am Ende mit zwei dem Körper zugewandten
Klauen bewehrt sind. Das erste Beinpaar trägt einen mässig grossen
Haken. Die Form der Samenkörperchen liesse sich am besten mit
der von Actinophrys vergleichen.
Eine Limnadia sp. scheint mit der auf Sansibar beobachteten Art
identisch zu sein; vielleicht weist sie am Kopfrande einige Sägezähne
mehr auf als letztere. Ich fand ausschliesslich parthenogenetische
Weibehen. Die Thiere lieben den Aufenthalt zwischen Wasserpflanzen.
Von Crustaceen hätte ich nur noch eine grosse braunrothe
Telphusa sp. (mit Querlinie hinter dem Stirnrand) zu erwähnen, die
häufig in Erdlöchern des Ufers und im Wasser selbst lebt. Ferner
erhielt ich in zahlreichen Exemplaren eine kleinere, schwärzliche
Telphusa sp., welche sich durch eine breite, braungelbe Querbinde auf
Sitzungsberichte 1889. n 61
650 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
dem Rücken auszeichnet. Das Männchen hat schmale, weit klaffende
Scheerenfinger, während diese beim Weibehen flach, breit und ge-
schlossen sind.
Hydrachniden treten auch hier in reichlichen Mengen und
verschieden gefärbten Arten auf.
Die Inseetenwelt bevölkert die Sümpfe durch viele Coleopteren,
unter denen ein schöner Dytiscus häufig auftrat, viele Larven von
Libellen, Käfern und Dipteren; unter den zahlreichen Hemipteren fand
ich Ranatra sp., Nepa sp., Notonecta sp., eine mit Naucoris verwandte
Form, sowie eine riesige Wanze (cf. Belostoma), welche bis zu 8°
Länge bei 3°” Breite erreicht. Sie trug gewöhnlich längliche Eier
mit kurzem Stiel am Bauch angeheftet, doch scheinen mir diese von
Parasiten herzurühren und nicht, wie bei der ostindischen Diplonychus,
ihre eigenen Eier zu sein. Hier und dort findet man Wasserspinnen,
die ebenso wie unsere Argyroneta die Luft mit den Hinterleibshaaren
fangen.
Von den Mollusken fand ich nur Schnecken vertreten. Sehr
grosse Ampullarien (Lanistes) treten überall auf. Die Spitze ihrer
Schale ist fast stets angefressen und ein dichter Filz von Algen,
Schlamm und Detritus bedeckt sie. Ausserdem trat eine kleinere,
heller gefärbte Art auf, sowie eine dritte mit ganz dünner Schale.
Eine lange, thurmförmig gewundene Physa (an Wahlbergi Krauss),
war nicht gerade häufig, dagegen traf ich eine winzige Planorbis sp.
recht zahlreich zwischen Wasserpflanzen.
Von Hirudineen leben in den Sümpfen diverse Arten, von denen
eine mit einer Sansibar-Form identisch ist; eine kleine (4””) gelblich
braune Art mit stark traubigen Blindschläuchen hatte am 3. Ring ein
grosses Augenpaar, und am 5., 7., Io., 14. und ı8. Ring noch ein
kleines, seitlich am Rande gelegenes Augenpaar. Die Mundbewaffnung
machte mir den Eindruck von 3 Stachelpaaren. Das hellrothe Blut
rann in zwei seitlichen Gefässen, die sich vorne vereinigten und eben-
falls dieht hinter dem Mund je einen Ast medialwärts absandten, der
wahrscheinlich in den Blutsinus des Bauchmarks führte. Der hintere
Saugnapf ist sehr klein und der vordere fehlt so gut wie gänzlich.
Endlich ist eine grössere schwarze Form, die contrahirt 7°” lang ist,
recht häufig.
Von den Oligochaeten ist auch hier das häufige Auftreten von
Dero erwähnenswerth, besonders war ein Aulophorus (s. Dero), mit
zwei schmalen Dorsalanhängen und vier Kiemen am Hinterende sehr
zahlreich; in seiner kleinen Röhre aus Pflanzenstückehen wandelte er
auf Pflanzentheilen umher, wobei er sich mit seinem etwas verbreiterten
Kopfende festsaugt. Ich habe ihn nur in ungeschlechtlicher Theilung
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Sruntmann: Reise nach Ost- Africa. 651
gefunden. Nächstdem sah ieh noch einige Nais, Tubificiden und
Dero, welche ich nieht näher untersucht habe.
Im Wasser fand ich eine Zudrilus nahe verwandte Form von
Lumbriciden, sowie im Ufersande einen Digaster sp., und einen
Verwandten von Titamıs, der die Borsten bis zum Hinterende in zwei
Paaren jederseits, und nicht wie Titanus in S getrennten Reihen trug.
Ferner einen Acanthodrihıs nahestehenden Wurm, dessen männliche
Geschlechtsöffnungen mit je einer schwärzlichen Borste bewehrt waren
und schliesslich eine wahrscheinlich neue Gattung von Intraclitelli-
den, deren Borsten auch in 4 Paarreihen bis zum Hinterende stehen.
Das Clitellum reicht vom 16.— 24. Segment, auf dem ı8. findet sich
ein Paar männlicher Geschlechtsöffnungen und hinter diesen noch
5 Paare von spaltförmigen Öffnungen. Die Receptacula seminis (Poches
copulatrices) münden auf Segment 10—ı5 in 6 Paaren nach aussen.
Ein Distomum sp., das ich am Boden eines Protopterus- Aquariums
fand, wird wahrscheinlich ein Parasit dieses Fisches sein.
Conochilus volvox trat in einem Falle in enormen Mengen auf.
Fische fand ich ausser mehreren noch unbestimmten Arten, eine
Anguilla sp., sowie eine Siluride Clarias (an mossambieus Prrs.?).
“Unter den in zahlreichen Formen in den Gewässern lebenden
Kaulquappen fällt auch dort, wie in Sansibar, besonders die Larve
von Dactylethra (Xenopus) Mürrerı durch ihre Bartfäden auf. — An
Pflanzen über dem Wasser fand ich faustgrosse Schaumklumpen mit
weissen, kleinen Froseheiern, die wahrscheinlich von einer Chiromantis
gelegt wurden. Kleine, lebhaft gefärbte Laubfrösche (Hyperolius) sind
zahlreich, ebenso die auch auf Sansibar lebende Rana oxwyrhyncha
und andere. Die merkwürdige, kurzbeinige Kröte Breviceps lebt unter
Schutt und vermodernden Pflanzen zusammen mit Limax-Arten und
Vaginulus.
Erwähnenswerth ist noch der riesige Frosch Pywicephalus edulis
Prrs. bei den Eingeborenen von Quilimane »teso« genannt, der bei
jedem Regen in enormen Mengen auf Gebieten erscheint, wo vorher
nichts von ihm zu sehen war; die eben noch sonnendurehglühte,
sandige Strasse in der Stadt lebt gleich nach Anfang eines Regens
eo von Hunderten dieser Geschöpfe, die plötzlich wieder verschwinden,
sobald es trocken wird. Ich habe nie erfahren, woher die Thiere
kamen und wohin sie ziehen und kann nur Erdlöcher als ihren
Aufenthaltsort annehmen. Bei dieser Erscheinung darf man sieh nicht
wundern, wenn die Leute früher an einen Krötenregen glaubten. —
An ganz trockenen Orten, z. B. meinem Hof, leben auch Telphusen
unter Sehutt und in Löchern, zusammen mit Kröten, Scolopendern
(u. a. Eucorybas sp.), Schnecken u. s. w.
63
652 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
Wenn sich bei näherer Untersuchung nicht noch wesentliche
Differenzen ergeben, so scheint mir, abgesehen von dem Auftreten
des Protopterus, diese Süsswasserfauna in nichts Wesentlichem von der
Sansibars abzuweichen. Auffallend ist auch hier der Mangel von
Gammariden, Aselliden, von echten Daphniden, Turbellarien
und Bryozoen, sowie Urodelen.
Von der Fauna des Flusses kann ich noch weniger Details
angeben, als über die Sümpfe.
Der Fluss, welcher scheinbar ein nördlicher Mündungsarm des
Sambesi ist, steht mit letzterem nur kurze Zeit in Verbindung. Etwas
oberhalb von Mopeia ist die Wasserscheide zwischen den beiden
Flüssen nur wenige Meter hoch und an einer Stelle in etwas sumpfigem
Terrain können während weniger Tage im Jahre Böte direet aus dem
Quilimane-Fluss, der in seinem Oberlauf Rio Quagua heisst, in den
Sambesi gelangen, wenn letzterer durch- die Regen die erforderliche
Höhe erreicht hat.
Die buchtartige Mündung des Flusses ist von schlammigen
Mangrovewäldern eingefasst und ebenso ist der Grund mit zähem
grauen Schlamm bedeckt. Nur an wenigen Stellen, z. B. bei der
Insel Pequenha trifft man sandigen Grund. Das diekschlammige
Wasser wird bei Ebbe und Fluth mit grosser Vehemenz auf- und
abwärts getrieben (6—9"" Geschwindigkeit). Von den Gezeiten hängt
natürlich auch der Salzgehalt des Wassers an einer bestimmten Stelle
ab. So fand ich bei der Stadt während tiefster Ebbe 1.09 Procent,
bei halber Ebbe 1.76 Procent und bei Fluth etwas über 2 Procent Salz.
Hinter der Insel Pequenha betrug der Salzgehalt bei niedrigem Wasser
2.31 Procent, während ich ihn bei Fluth dort nicht gemessen habe.
Die Wassertemperatur zeigte 29.6— 30°C. 7—-8"” oberhalb der
Stadt war der Salzgehalt noch 1.76 Procent bei Fluth, nach noch
ferneren 2"" maass ich 1.19 Procent bei ziemlich hohem Wasser, und
auf halbem Wege zwischen der Mündung des linken Nebenflusses
Lieuare und dem Dorfe Inandove, woselbst das Bett des Flusses sich
bedeutend verengt und der Einfluss der Gezeiten sich zu verlieren
anfängt, maass ich noch 0.25 Procent.' Selbst das Grundwasser der
Stadt Quilimane ist noch salzhaltig, so dass ein 7 Minuten vom
Flusse gegrabenes, frisches Wasserloch 0.20 -Procent Salz aufwies.
Die schlammigen Ufer beherbergen zwischen den niedrigen Man-
grovebüschen Brachyuren und Periophthahnus Koelreuteri; Telphusa
! Für ganz niedere Salzgehalte bei hoher Temperatur (30° €.) ist das Normal-
Areometerbesteck von STEEGER in Kiel leider unbrauchbar. Es fehlt ein sechstes
Areometer mit Theilung für speeifische Gewichte unter ı.
Srunnmann: Reise nach Ost- Africa. 653
lebt hier im Brackwasser, während ich Sesarma (an quadrata?) etwas
unterhalb Inandove in fast süssem Wasser fand. Neritina (an natalensis
ReevEe?), die nach Prrers bis Tette am Sambesi vorkommen soll.
findet sich auch bei Quilimane häufig. Im Wasser schwimmende grosse
Lupea s. Portunus sp. sowie mehrere Palaemoniden finden sich
dieht bei der Stadt und werden häufig auf den Markt gebracht; eine
Art gehört der Gattung Fippolyte an, eine andere unbestimmte Form
hat einen Stirnfortsatz von fast halber Körperlänge und enorm lange
Fühlergeisseln. Mit dem Schleppnetze hatte ich nur wenig Erfolg.
Auf sandigem Grunde wurden einige Mysis-artige Crustaceen sowie
winzige Polychaeten erbeutet, welche mir zu Lumbriconereis zu ge-
hören scheinen. Copepoden sind in dem schlammigen Wasser
äusserst sparsam. Ich erlangte eine Cyelopiden-Art.
‚ Die interessanteste Erscheinung ist eine grosse Crambessa sp.,
welche mit der Fluth bis weit über die Stadt stromaufwärts getrieben
wird. Das Thier erreicht einen Schirmdurchmesser von 8— 20",
die Höhe der Glocke ist !/, so gross. Die 100— 104 Randlappen
sind je in der Mitte mit einer kleinen Höckerreihe versehen. Die
Schirmoberfläche ist glatt, ohne Felderung oder baumförmige Zeich-
-nung. Die acht kräftigen, gedrungenen und dreikantigen Mundarme
haben eine Länge, welche den halben Schirmdurchmesser nur wenig
übertrifft. Die Grundfarbe des Thieres ist gelblich weiss, gewöhnlich
(nieht constant) finden sich auf dem Schirm purpur-braunrothe Flecke,
die sich am Rande häufen und auf jedem Randlappen ist ein eben-
solcher Längsstrich; die Arme selbst sind ungefleckt, auf‘ den Saug-
krausen jedoch zahlreiche purpurbraune Stellen vorhanden. Eine ge-
nauere Beschreibung des Thieres verschiebe ich auf spätere Zeiten,
da ich nicht weiss, ob diese Art schon bekannt ist. Mit Cr. Tayi
und der neuerdings von LEnDENFELD genau beschriebenen Cr. mosaica
stimmt sie nicht überein. Ich glaube das die Thiere hier in der
Flussmündung laichen; bei allen untersuchten Individuen fand ich die
Genitaldrüsen leer.'
Oberhalb des engen Flusstheils, der von Inandovi bis Intere geht,
hört der Einfluss der Gezeiten auf, Ufer und Grund werden sandig
und das Wasser klar. Theils sind die Ufer hoch und die angrenzende
Ebene mit hohem Gras und einzelnen Borassus-Palmen bewachsen,
an anderen Stellen verbreitert sich der Fluss sumpfartig und ist dann
mit Schilf, Nymphaea und anderen Pflanzen fast zugewachsen. Meine
Leute erbeuteten eine Anzahl von Fischen, darunter zwei Siluriden
! Sonderbar ist, wie solch zarte Organismen wie Orambessa und Garneelen
in einem Wasser leben können, das eigentlich mehr einer dünnen, braunen Schlamm-
brühe gleicht!
654 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
der Gattungen Arius und Eutropius. Die grosse Süsswasserschildkröte
des Sambesi (Cyeloderma frenatum, Prrers) soll auch im Rio Quagua
vorkommen. Bei Mopeia, das ich nach 5'/,tägiger Fahrt auf einem mit
kleiner Hütte versehenen Boote erreichte, fand ich einen Palaemon sp.,
sowie eine grosse, langarmige grüne Garneele, von der ich leider kein
Exemplar erbeuten konnte, welche mir jedoch mit der Garmmeele von
Tschueni auf Sansibar identisch zu sein schien. Im Wasser lebten
zahlreiche Ampullarien, Paludinen und Melanien, sowie zwei
Muscheln der Gattungen Unio und Cyrene. — Zur Rückfahrt gebrauchte
ich nur drei Tage.
Das Vorkommen von Protopterus in Quilimane wurde vor mehr
als vier Decennien von dem um die Zoologie Ost-Africas so verdienten
C. W. Prrers' constatirt und einige Jahre später sandte Dr. Jonn Kırk,
der Begleiter Livisestoxe's auf dessen ‚Sambesi-Erforschung mit dem
Dampfer »Pioneer«, Exemplare in Schlamm nach London, wie er mir
kürzlich selbst erzählte. Es sind dies die einzigen, mir bekannten
Fälle, wo der Quilimane-Protopierus am Ort studirt wurde. Das
Thier lebt in grossen Mengen in den Sümpfen von Quilimane, soll
nördlich über Makusa hinaus vorkommen und nach Prrers auch bis
Tette flussaufwärts gehen. In den Flüssen selbst habe ich niemals
ein Exemplar gefunden, während flache, in der Trockenzeit ver-
schwindende Sümpfe diese Fische massenhaft beherbergen. Der Grund
dieser Gewässer besteht aus einem sandigen Alluvialboden, fast niemals
aus Schlamm und ist in den meisten Fällen stark mit Schilf bewachsen.
Das Wasser hatte zur Zeit, als ich mich in Quilimane aufhielt, eine
Temperatur von 29— 37°C. Die fast immer flachen, muldenförmigen
»Sümpfe«, die eine Tiefe von wenigen Zoll bis zu 8 Fuss und mehr
erreichten, dienen theils während der Trockenperiode als Reisfelder.
Der Protopterus kommt in zwei Farbenvarietäten nebeneinander vor;
die eine ist graubraun und zeigt deutlich dunkle, unregelmässige Flecke
und ebensolche Streifen längs den Kopfsinnesorganen der »Seitenlinie«.
Die Unterseite ist weisslich mit kleineren Flecken. Die zweite Varietät
ist durchgehends hell aschgrau; bei ihr treten die Flecke und Streifen
nur sehr undeutlich hervor. In wiefern der Protopterus von Quilimane
sich specifisch von dem anderer Fundorte (Gambia, Bahr-el-Abiad,
Südamerika) unterscheidet, vermag ich ohne Litteratur nicht anzugeben.
— Unter den mir zu Hunderten gebrachten Exemplaren? waren
stets bedeutend mehr Männchen als Weibchen. So fand ich unter
25 untersuchten Exemplaren ı8 und nur 79. Ob dieses Verhältniss
auf einem wirklichen Überwiegen der Männchen beruht, oder ob die
! Perers in Mürrer’s Archiv 1845.
? Ich bezahlte das Stück mit 3— ı0 Pfennig nach unserer Münze,
-
Sruntmann: Reise nach Öst- Africa. 65;
Weibehen sich schwerer fangen liessen, etwa weil sie im tieferen
Wasser lebten, vermag ich nicht anzugeben, wollte aber nicht ver-
säumen, hierauf aufmerksam zu machen, da bisher die Männchen
immer für selten galten.‘ — Das Thier heisst in der Kaffernsprache
von Quilimane »ndoö« (pl. madoe), nach Prrers weiter flussaufwärts
»ndobse«. Die Eingeborenen essen die Thiere ziemlich viel, nachdem
sie dieselben mit den Händen oder in Körben gefangen haben. Ich
liess Exemplare kochen und braten, konnte jedoch mit meinen Freunden
diesem zoologischen Mahle durchaus keinen Geschmack abgewinnen.
Wenn auch das Fleisch, besonders im Aussehen, an Aal erinnert, so
ist es weichlich und zäh und hat einen leichten Morastgeschmack.
Besonders war mir die Consistenz des Fleisches unangenehm. Die
wenigen Knorpel und »Gräten« hatten eine leicht grünliche Farbe.
Unser Fisch liebt die Dunkelheit, er hält sich in trübem, flachen
Wasser lieber auf, als in klarem, und ist vor allem ein Nachtthier.
Am Tage lagen meine Exemplare, sowohl in einem grossen Cement-
bassin, das ich zur Zucht hatte bauen lassen, als auch in meinen
Aquarien träge und bewegungslos auf dem Boden und liessen die
massenhafteri Kaulquappen unbehindert umherschwimmen, unter denen
sie erst in der Nacht aufräumten. Es ist mir stets aufgefallen, dass
die Fische flaches Wasser dem tiefen vorzogen. In meinem Bassin hatte
ich zwei breite Stufen machen lassen; auf der obersten, sowie in der
zuführenden Wasserrinne sah ich stets die meisten Exemplare. In der
Ruhelage liegt das Thier gerade ausgestreckt oder gekrümmt auf dem
Boden und richtet seine Extremitäten seitlich oder meistens in einem
Winkel nach hinten. Selten sieht man, dass die Extremitäten gleich
gerichtet sind, immer ist eine gewisse Unregelmässigkeit zu bemerken.
Die Hauptnahrung des Fisches ist animalisch; so werden vor
Allem Kaulquappen bevorzugt, doch kleine Fischehen, Inseetenlarven
u. s. w. nicht verschmäht. Ausserdem aber frisst es sehr gerne ge-
kochten oder aufgeweichten, unenthülsten Reis und Bohnen, wie mich
die Neger versicherten und wie ich mich selbst überzeugen konnte.
Trotz seiner grossen Gefrässigkeit und seiner vorwiegend animalen
Nahrung kann der Protopterus lange hungern. Selbst nach ı — 2 Monate
langem Fasten kann man äusserlich keine Veränderung beobachten,
wie Abmagern u. s. w. Ob ihm dabei der grosse Lymphkörper als
Reservematerial dient, weiss ich nicht. Das Thier ist beim Hungern
nur noch bewegungsloser und fauler als sonst.
Es ist sehr wenig rathsam, mehrere Thiere in kleineren Be-
hältern zusammen zu halten, ja selbst in grossen Bassins befehden
! Vergl. auch Aykes in Jenaer Zeitschrift für Naturwiss. XVII. 18835.
656 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
sie sich gegenseitig auf das heftigste und bringen sich die fureht-
barsten Wunden bei (vergl. auch Parker). Ein sehr grosses Exem-
plar räumte in kurzer Zeit bedeutend unter den über hundert Fischen
meines Bassins auf. Täglich schwammen halb durchgebissene Thiere
oder solehe ohne Schwanz todt auf der Oberfläche des Wassers. Aber
selbst mit enormen Fleischwunden leben die Thiere noch lange Zeit
weiter. Es ist diese Bissigkeit ein sehr grosses Hinderniss für die
Zucht der Thiere.
An den kleinsten Bisswunden und sonstigen Verletzungen treten
in kurzer Zeit in der Gefangenschaft Pilze auf (Saprolegnia ?). Die
Epidermis und Cutis wird opak, später ganz diek und löst sich in
:Fetzen ab. Sehr viele Thiere gingen mir hieran zu Grunde. Ausser-
dem treten an beschränkten Stellen Uleerationen auf, aus denen ein
weisser Pfropf herausschaut. Bei mikroskopischer Untersuchung ent-
hält diese weisse Masse Epidermiszellen, Leucocyten und massenhaft
zwei Sorten von Spaltpilzen, von denen eine dem 'Tuberculose-Bacillus
äusserlich völlig gleicht, die andere ein Coccus zu sein scheint. Nach
Auskratzen sind diese Abscesse meistens ausgeheilt. An Parasiten fand
ich nur einmal ein Distomum am Boden eines Aquariums.
Die Athmung des Protopterus geschieht auch während er im
Wasser ist, theilweise durch die Lungen. Was zunächst die Kiemen-
athmung betrifft, so sieht man fast niemals ein Wasserschnappen mit
dem Munde, wogegen eine leichte periodische Bewegung des rudimen-
tären Kiemendeckels von dem Durchtritt des Wassers Kunde giebt.
Alle paar Minuten, in gutem Wasser weniger, in schlechtem mehr,
steigt jedes Thier mit der Schnauze an die Oberfläche des Wassers
und nimmt mit weit geöffnetem Munde einen »Schluck« Luft auf,
wobei man beinahe das Einströmen der Luft zu hören meint. Nach
dem Untertauchen entweicht dann und wann die Luft in grossen
Blasen durch die Kiemenöffnung, niemals durch den Mund. — Ich
habe mich vielfach danach erkundigt, ob der Protopterus bisweilen
auf das Land geht, wie dies Ceratodus thun soll, und habe überall
eine verneinende Antwort erhalten; auch habe ich selbst niemals
Anzeichen davon bemerkt. Vielmehr trockneten Nachts aus den
Aquarien gesprungene Exemplare in erschreckender Weise auf dem
Boden des Zimmers ein, wie sich bei der Zartheit der Epidermis
auch annehmen lässt. Die Grösse der mir gebrachten Thiere war
sehr verschieden, die kleinsten, offenbar ein Jahr alten Thiere waren
17—19°" lang und das grösste Exemplar 68°”. Nach Aussagen der
Eingeborenen sollen bis zu 6 Fuss lange Thiere von etwa Schenkel-
dicke vorkommen, doch konnte ich trotz aller Bemühungen kein
derartiges Exemplar bekommen. Die meisten Thiere schwankten
3 & a Arm
SruuLmann: Reise nach Öst- Africa. 657
zwischen 20 und 40°". Ich bin der Überzeugung, dass die Thiere
ein ziemlich beträchtliches Alter erreichen, wie sich aus den ver-
schiedenen Grössenstufen schliessen lässt; doch scheinen die ganz
grossen und auch wohl alten Exemplare sehr selten zu sein. Die
Leute sagten, beim Ausgraben während der Trockenzeit könnten sie
die Riesenexemplare bekommen, fangen liessen sie sich nicht.
Es ist selbstverständlich, dass die Zeit der Ruheperiode des
Protopterus sich nach dem Wechsel der Jahreszeiten an seinem Auf-
enthaltsorte richtet. Wenn deshalb Ayrkes den August für die
Laichzeit angiebt, so passt diese Zeit vielleicht für Senegambien,
nicht aber für den Südosten Afriea's. Wenn die Regen sein Haus
befeuchten, so wacht der Protopterus auf und während der Trocken-
zeit ist seine Ruheperiode. In Quilimane setzen nach einigen leichten
Schauern die tropischen Regen Anfang Januar ein und dauern bis
Mitte April. In der dann folgenden kühlen Zeit trocknen die Sümpfe
allmählich aus, so dass im Juli wohl alle Protopteri sich zur Ruhe
begeben haben und nun bis zur nächsten Regenperiode im Schlafe
verharren. Vom September bis Januar ist die unerträglich heisse
Zeit, wo das Thermometer bisweilen im Schatten auf 39° C. steigt.
Es erhellt hieraus, dass in Quilimane die Periode des freien Lebens
und somit auch der Fortpflanzung und des Wachsthums der Jungen
in die Zeit von Januar bis Juli fällt, und dass man als Ruhezeit
durchnittlich die anderen sechs Monate annehmen kann. Dass hier
Variationen je nach Eintritt oder Stärke der Regen u. s. w. eintreten,
ist klar; ebenso erwachen nicht alle Thiere zu gleicher Zeit. Während
fast alle Exemplare schon im Wasser waren, erhielt ich von einer
Örtlichkeit in den letzten Tagen des Januars noch »Erdthiere «.
Nach den Aussagen der Eingeborenen sollen nach dem Aufhören
der Regen die Sümpfe allmählich austrocknen. Mit der Abnahme
des Wassers graben sich die Fische in den Grund, der in Quilimane
fast überall aus einem lockeren Sand besteht, hinein und gehen in
immer tiefere Schichten bis sie in eine Region gelangen, welche
während der ganzen Trockenzeit noch eine Spur von Bodenfeuchtig-
keit behält. Hier in dieser rollen sie sich zusammen und ver-
fertigen ihren Cocon, an welchen demnach ein ziemlich langes Bohr-
loch führt, das später in den meisten Fällen mehr oder weniger ver-
schüttet wird.
Schon bei meiner Ankunft Anfang Januar behaupteten die Ein-
geborenen, dass keine ruhenden Exemplare mehr zu bekommen wären
und meine mitgebrachten Suaheli-Diener hielten alles für Fabel.
Endlich Ende des Monats gelang es meinem vorzüglichen Sammler
Mabruk (zu deutsch »der Glückbringende«) an einem Orte Namens
658 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
Njama-katta, vier Stunden nördlich von Quilimane, eine ganze
Reihe von Exemplaren auszugraben, auf einem Terrain, wo zur Zeit
keine Spur von Wasser zu sehen war. Die Thiere lagen etwa
40— 50°" tief in der Erde. Beim Herausgraben wurden die Gehäuse
von vielen Exemplaren zerstört, so dass ich nur wenige unverletzte
Thiere bekam. Man glaube nicht, dass die Thiere in » Schlamm-
klumpen« leben, sie haben einfach ihre Höhle in das betreffende
Medium gegraben, das in diesem Falle gelblicher oder schwarzlicher
Sandboden war. Zum Zwecke des Transportes muss man natürlich
eine Partie des umgebenden Erdreiches mit herausheben. Die so nach
Hause transportirten, Faust- bis Kinderkopf grossen Sandballen mussten
sehr zart behandelt werden; etwa entstehende Risse wurden mit nasser
örde verklebt. Die Erde der Ballen hatte eine ziemlich beträchtliche
Feuchtigkeit. Einige der unverletzten Ballen zeigten eine Grube oder
ein Loch, an dessen Grunde die Coconhaut hervortrat, jedoch nicht
immer trommelfellartig schräg stehend (WıEDErRsnem, Parker). Bei
Berührung stiessen die Thiere einen schnalzenden Laut aus, der
dem Geräusch eines Kusses nicht unähnlich war. Dabei öffnet das
Thier das mit Schleim etwas verklebte Maul und schien nach Luft
zu schnappen. (Ebenso geben die » Wasserthiere«, wenn auch seltener,
einen ähnlichen Laut von sich, sobald man sie in die Hand nimmt.)
Dies Schnalzen war oft von convulsivischen Zuckungen des Körpers
begleitet, besonders wenn man starke Insulte anwandte.
Nach Entfernung des lockeren Sandes sah man, dass die Thiere
in einer coconartigen, dunkelbraunen Haut lagen, welche oft etwas
geschichtet und blätterig war. Diese pergamentartige Masse hatte
das Aussehen von halb verfaulten Blättern, bestand aber sicher aus
dem erhärteten Hautsecret des Fisches. Vielleicht ist das stellenweise
blätterigen Gefüge dadurch zu erklären, dass eine starke Secretion
periodenweise stattfand. — Dass das Secret von den Schleimbecher-
zellen der Epidermis und nicht von einer grösseren Schleimdrüse ab-
gesondert wird, erhellt sofort daraus, dass an vom Öocon entblössten
Stellen der sehr zähe Körperschleim in einigen Stunden erhärtete und
eine, wenn auch dünne, so doch ebenso gefärbte und structurirte
Coeonhaut bildete. Ausserdem belehrt uns darüber ein Querschnitt durch
die Haut mit darüber gelagerter, dünner Coconhaut. Die Epidermis
ist, während der Ruheperiode im Verhältniss zum freien Leben etwas
verdiekt und die zahlreichen Becherzellen sind mit einem, nach der
Conservirung faserigem Secret prall erfüllt. Das Secret hängt durch
den erweiterten Ausführungsgang der Drüsen direet mit den der Epi-
dermis aufgelagerten Secretmassen zusammen, deren äussere, erhärtete
Schicht die neue Coconhaut bildet. — Äusserlich kleben der Cocon-
STUHLMANN: Reise nach Öst- Africa. 659
! hat eine ovale
haut Sand, Wurzeln u. s. w. an. Das ganze Gehäuse
Form, an deren schmälerem Ende der Kopf des Thieres gelagert ist.
Von oben nach unten ist es plattgedrückt, indem das ruhende Thier
in einer Ebene aufgerollt liegt. In der Mitte des Cocons ist fast stets
eine längliche, spaltförmige Öffnung, die mit einem Sandpfropf erfüllt,
der Knickstelle des 'Thieres entspricht. — Ein Deckel am Kopfende
des Cocons ist nicht immer vorhanden, kommt jedoch manchmal etwa
in der Grösse eines Zehnpfennigstückes vor. Dieser Deckel ist in
einigen Fällen von einer feinen Öffnung durchbrochen, aber ebenso
oft fand ich bei genauer Untersuchung ihn ohne diese. Der Deckel
ist bisweilen fest dem Haupteocon angeleimt, bisweilen gewährt eine
kleine Spalte der Luft Zutritt. Eine Bildung, wie das pfeifenartige
Mundstück, welches PArker erwähnt, habe ich nur in einem Falle
bei meinen Exemplaren, deren Anzahl sich etwa auf 20 belief, ge-
funden. Es waren hier die Lippen des Thieres mit einer Secrethaut
bekleidet, die einerseits am Deckel festsass, andererseits etwas in den
Mund hineinragte. Die ÖCoconmembran wird eben an alle Körper-
stellen gebildet; besonders natürlich an den Aussenflächen des zusammen-
gerollten Thieres, aber auch an den Extremitäten, an den Lippen-
rändern, ja sogar zum Theil an Stellen zwischen zwei sich berührenden
Hautpartien.
Bei vorsichtigem Ablösen des »Cocons« findet man zwischen
diesem und der Haut des Thieres einen schmalen Zwischenraum, der
mit einem äusserst zähen, klebrigen Schleim erfüllt ist. Wahrscheinlich
ist an einigen Stellen, besonders in der Nähe des Kopfes, der Luft Ein-
tritt gestattet. Das Thier hat in der Ruhe zwei Knickstellen, von
denen die erste in der vorderen Hälfte des Rumpfes liegt, die zweite
hinter dem After. An diesen beiden Stellen ist der Protopterus so in
einer Ebene zusammengerollt, dass der Schwanz den Kopf von oben
bedeckt; die vorne, ganz dieht an der Coconhaut liegende Schnauze
ragt unter dem Schwanze hervor. Von unten gesehen liegt der After
und die linke Hinterextremität frei. Aus dem ersteren kam eine
ziemliche Menge klarer, leicht fadenziehender Flüssigkeit heraus. Von
irgend welchen Exerementen war keine Spur zu bemerken. — Die
vorderen Extremitäten liegen, wie auch Parker angiebt, fast stets ge-
kniekt und zwar gewöhnlich zwei Mal in einem ventralwärts offenen
Winkel.
An einigen Stellen war die Haut der ruhenden Thiere mehr oder
weniger geröthet, so vor allem an der Kehle, in der Gegend des
! S. WIEDERSHEIM im: Anatom. Anzeiger. 1837. Nr. 23, von dem meine Beob-
achtungen nur wenig abweichen.
660 Sitzung der phys.-math. Classe v. 27. Juni. — Mittheilung v. 6. Juni.
Afters, der hinteren Extremität, sowie an der unteren First der
Schwanzflosse. Der ganze Schwanz war durchaus nicht immer be-
sonders stark geröthet. Aus dieser durch starke Durchblutung hervor-
gerufenen Färbung schloss WIEDERSnEIM auf eine Athmung vermittels
des Sehwanzes, zu welcher Ansicht PARKER so wenig wie ich neigen.
Wenn auch sieher nach Amphibienart eine Hautathmung anzunehmen
ist, so scheint mir diese Röthung nur auf einer allgemeinen, stärkeren
Durchblutung der Haut zu beruhen, welche an den weniger pigmen-
tirten Partien dem Auge stärker hervortritt, als an anderen. Möglich
ist es auch, dass der Blutreichthum der Haut die starke Schleim-
seeretion der Epidermis bewirkt, welche während der Ruheperiode
sich etwas verdickt. Bei verschiedenen Exemplaren war von Röthung
des Schwanzes nichts zu entdecken, während die Unterseite des
Thieres stark gefärbt erschien.
Sämmtliche frisch ausgegrabenen Thiere sahen am Ende ihrer
Ruheperiode prall und wohlgenährt, durchaus nicht abgemagert aus.
Die Schwanzflosse schien sogar dicker als bei den » Wasserthieren.«
zu sein, und zeigte die leichte dorsale Abweichung ihrer Spitze von
der geraden Linie sehr deutlich. — Die Inspection der inneren Organe
zeigte, dass die Kiemenhöhle enorm mit Schleimmassen erfüllt war.
Lymphoidkörper, sowie besonders Hoden und Leber waren stark ent-
wickelt. Wenngleich ich keine Zählungen anstellte, so schienen mir
im Blute verhältnissmässig mehr weisse Zellen vorhanden, als bei dem
frei lebenden Thiere. — Das Aufwachen der Thiere geht ziemlich
schnell vor sich; wenn man sie behufs Conservirung in Chromessig-
säure bringt, so machen sie sofort ebenso energische Bewegungen,
wie die freilebenden Exemplare. Die Behauptung mancher Neger, dass
die Fische während der Ruheperiode ihre eigene Schwanzflosse ver-
zehrten, ist selbstverständlich nur eine Sage.
Von hohem Interesse ist es, dass man’ein Ruhestadium jederzeit
künstlich hervorrufen kann, indem man die Thiere in mit Wasser zu
einem dünnen Brei angerührte Erde bringt, und nun in einer Holz-
kiste das Wasser langsam fortsinken und verdunsten lässt. Allerdings
verliert man bei diesem rohen Verfahren fast °/, sämmtlicher Exemplare,
doch dürften bei noch langsamerem Eintrocknen günstigere Resultate
erzielt werden. Ich hielt eine Reihe von so eingeschläferten Thieren
fast einen Monat lang in Quilimane und brachte sie aueclı nach Sansibar.
Ausgegeben am 4. Juli.
661
1889.
| XXX.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
27. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Ulasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. Monmnsen.
Hr. Dırıs las: Zu Hypereides gegen Athenogenes.
Die Mittheilung folgt umstehend.
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663
Zu Hypereides gegen Athenogenes.
Von H. Dieıs.
H.. E. Revizrour in Paris hat sich durch die rasche Veröffentlichung
einer Probe der neugefundenen Rede des Hypereides zur "Adyvoyevovs A
in der Revue des Etudes greequesl 5 (1889) S. ı unsern leb-
haften Dank verdient. Die Lesungen und Ergänzungen des Heraus-
gebers lassen sich durch das beigegebene vorzügliche Faesimile eon-
troliren. Im Allgemeinen wird man mit seiner Herstellung durchaus
einverstanden sein. An einzelnen Stellen jedoch scheint es möglich,
dem Originale näher zu kommen. Ich setze den Text, soweit er ver-
öffentlicht ist, hierher, namentlich auch, um die antike Interpunetion
zu zeigen, die der Herausgeber nicht beachtet oder falsch gedeutet
zu haben scheint (S. 10'). Die Paragraphen werden nämlich durch
freien Raum vor dem Anfangsworte des Paragraphen und zweitens
durch — (Tagaypab7) unter dem Anfangsworte der Zeile abgesetzt,
eine Sitte, deren Spur am Ende des fünften Jahrhunderts auf attischen
Inschriften aufzutauchen scheint,' die in den Buchausgaben seit Ari-
stoteles herrschend war und sich in einzelnen Handschriften in etwas
veränderter Stellung bis zum zehnten Jahrhundert erhalten hat.
Col. 2
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Anmerkungen.
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664 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 27. Juni.
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5 mep E Emon ale: "Ns yap eimovros aurod
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Anmerkungen.
8. MugomwAov PR wie Col. 4,8.
TTPOCEOV//ITWNT@N P : meoocbeAsvruw Rt (ces dettes anterieures) : meoobeır.ov-
rwv Rn (ces obligations des debiteurs anterieurs) : 7 rooscporruwrun D. Vergl. Lys. 24, 20
eRurr os yap Unar aisırran 7 mgonbarav 6 ev moös nugomwäs tov 6 08 mgos zougeiov ode
mg0s SRUTOTONELOV 2 8 ‚omaı av Fuygn, ‚Dem. ] 25, 52 od de mgosiporrg mg0S Tu. zourum ran
ev moRs zouge eiow 9 nugomwAeiu N Tov AA Egyasrngiu oude mg05 ev, Theophr.
char. 5 ns ev aryogas ma0s Tas Foue das reoshorrav. Die Einlagen der Kunden
scheinen identisch zu sein mit dem Guthaben der mANguTeEL ra Egaevaı 36 22 An ARE
9. yayverca D : TEINETAI PR.
ı1. TOYT@N P: rourw R (auch in der Majuskelumschrift).
12, ZINCBDUN 19 6 MEISTERHANS Gr. d. a. Inschr. 2 68 d. 10): runlguce R.
13. arte” — övonere Aeymv R (ik debitait une kyrielle de noms).
13. 14. reüre diaSnreıs Sadıns D : TAY . AA...HCEI/JAIGIWC P : raura deizrns
eime adıns R (et comme s’il me montrait les choses en disant tout cela,, il n’en finissait plus).
Ich verstehe: womit (mit dem Waarenbestande) du leicht alle diese Schulden ordnen kannst.
Doch ist das Verbum nicht sicher; auch indireete Construction ... rs ist denkbar.
17. zaraßarromı R. Zwischen «A und o ist allerdings Platz für einen Buch-
staben. Aber das Praesens ist unrichtig.
19. za D:«aar R. Von K ist die senkrechte Hasta erhalten, die ein A aus-
schliesst.
21. avadecerSeı erscheint nicht nöthig.
23. Nach A«ßsv interpungirt D (nachdem er sich mit ihnen verständigt hatte) : vor
rau R (prenant ce qu’il avait fait).
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Diers: Zu Hypereides gegen Athenogenes. 665
yovarulv Ajaduv [av aurer ypaluluarlei]-
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Col. 4
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„Piokyen. "Erdoyres Ö° Em ro WupomwALeEylov TE
"uev ypaumarsiov rıIEuIa Mapa Aucı-
10 xAel Asuxovoei, Tas de TETTApAKOVTE
yväs eya xalr]adarwv rrv uvalv] Erom-
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Cdv wor ci xpnorai, eis WEEIAETo [rJap& TW
[M]ıd@ zu ci mAnpwrai ray &pavloly, ze de
ıs [e]aeyovro na, x Ev raoiv unaiv drav-
[ra] 7& xpew davfe]pa Eyeyova, wor’ eivar no
Anmerkungen.
27. av avrou D:: rov aüroo R.
r Mm
27% 28. YaRpeLEEEnEIOL r6 EpyEygatıanE zvovD: TIPAFMAT/J;ONTO....ETPAM. anelye moRy-
Marızov Fonov yaygapazvov. Abgesehen von der Bedeutung ist ER yWerFıR0V wegen der
Silbenabtheilung unzulässig (S. Brass Praef. ad Hyperidem p. IX. Wie in den übrigen
Hypereidespap. und sonst ist, um Lücken am Ende auszufüllen, die aus der Silben-
abtheilung entstehen, das Zeichen > gesetzt, z. B. 3, 9 nach €. Denn diese Handschrift
wie die übrigen Hypereideshandschriften theilt 2-orw u. dergl., nicht &r-rw ab, wie
die ältere Übung war (s. Meısverwans Gr. d. a. Inschr. 2 7 27). Über das Yanıaretov
der suSYzcı vergl. Isocrates Trapez. 20 ff. S. auch weiter unten Col. 4, 9. Es scheint
fast, als ob das Wort vom Schreiber in mgayucrıov verlesen war. Von der Correctur
ist nur MT über TT deutlich sichtbar, über FT sind undeutliche Reste einer Correctur.
Die Hand des Correctors erscheint auch Z. 5 XAPAN (so!)
28. ANEFIN@OCHHNN In P : @veyayvwozev D : aveyivuoze R.
Col. 4, ı. eauraı D: aören R
2. avayımazosevav PR, ähnlich 21.
esmevdev Rt (il se hätait, autant qu’il etait en hu, de terminer l’affaire). Vielmehr:
ich hatte Eile, das Geschäft, wegen dessen ich gekommen war, abzuschliessen.
5. aurou D:aurr R:P unlesbar.
jundsıs D : MHAE.. P : under: (so) R
6. axouscı D:..OYCAI P:n «zoöscı R, wozu der-Raum nicht reicht.
7. Knpısız« D:: Kydırta PR. Ich verstehe unter Nikon den lange gesuchten
Beßawrrs (auetor secundus), dessen Existenz für Athen Meırr-Scuönann bestritten.
Sitzungsberichte 1889 62
666 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. Juni.
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Anmerkungen.
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In der Bedeutung »einschliesslich« gehört Ur der attischen Geschäftssprache an, s.
MEISTERHANS a. a. O. S. 182, 48.
18. 19. KAYOY P:z0$’ örou R (eÜ [so] mu 249° Exoy; je n’en &ais pas au tout):
»@ro0 D. Vergl. Demosth. 23, 156 disSontvos ov Yu Zarol, Lys. 13, 36.
Ausgegeben am 4. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
667
1889.
XXX.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
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4. Juli. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leissızi chen.
Gedächtnisstages. 0C1 28
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Vorsitzender Seeretar: Hr. Currıus.
Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung, welcher Seine Excellenz
der vorgeordnete Minister Hr. von GossLer beiwohnte, mit folgender
Festrede:
Es bleibt eine der schönsten Erinnerungen preussischer Fürsten-
geschichte, dass die Königin Soruıe ÜmarLortE nach dem Krönungs-
feste in Königsberg an Leisyız schrieb: Glauben Sie nieht, dass ich
diese Gröfse und den Glanz der Krone den philosophischen Unter-
haltungen vorziehe, die wir in Charlottenburg gehabt haben. Der
Philosoph selbst war weit entfernt, in der Erhöhung des Hauses
Brandenburg nur eine Befriedigung persönlichen Ehrgeizes zu sehen;
sie war ihm eine der wichtigsten Begebenheiten der Zeit und er that
das Seinige, um dem äusseren Glanz eine geistige Weihe zu geben.
Staatliche Macht und Geistesbildung sollten in Preussen unzertrennlich
zusammengehen und die Gründung eines deutschen Mittelpunkts für
wissenschaftliche Arbeit dem Wahne ein Ende machen, dass alle
Weisheit jenseits der Alpen oder des Rheins zu holen sei. Niemals
ist eine bedeutende Schöpfung des öffentlichen Lebens so aus dem
Haupte eines Mannes hervorgegangen wie unsere Genossenschaft, und
wenn Leıssız seine segensreiche Thätigkeit durch Ungunst unterbrochen
sehen musste, wenn die Pariser Akademie die einzige war, welche
Sitzungsberichte 1889. 63
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668 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
ihm nach seinem Tode gleich die volle Anerkennung zu Theil werden
liess, so kommen wir, um das Versäumte gut zu machen, um so
dankbarer jährlich zur Gedächtnissfeier des Mannes zusammen, welcher
das Haupt der Akademie war, ehe es noch Akademiker gab, um von
den verschiedensten Standpunkten aus der schöpferischen Anregungen
zu gedenken, welche das Vaterland ihm in allen Zweigen des Wissens
verdankt.
Wenn Lrıssız dem, was uns das Alterthum ist, scheinbar ferner
stand, so liegt der Grund darin, dass die poetischen und künstlerischen
Seiten des geistigen Lebens in ihm die weniger ausgebildeten waren.
Dennoch ist auch seine Entwickelung vom klassischen Alterthum aus-
gegangen. Von gründlicher philologischer Bildung zeugen seine
lateinischen Schriften und Gedichte. Im Gegensatz zur Scholastik
vertrat er die Schule der Alten, wie seine Ausgabe des Antibarbarus
von Marius Nizolius beweist und sein Grundsatz, dass die Klarheit
der Sprache der beste Prüfstein des klar Gedachten sei. Aus seinem
Briefwechsel erkennen wir, wie vertraut ihm die Klassiker waren
und wie gern er an sie anknüpfte. Denn das war ja einer seiner
liebenswürdigsten Charakterzüge, dass er, frei von der Einseitigkeit
eines hochmüthigen Dogmatismus, die Wahrheit für ein viel all-
gemeineres Gut der Menschheit hielt, als die Fachphilosophen wähnten.
Einem Descartes gegenüber, der überall von vorne anfangen wollte,
betonte er die Tradition menschlicher Erkenntniss, und obwohl
selbst wesentlich Autodidakt und von Jugend an mit dem Aufbau
eigener Gedanken beschäftigt, liebte er es, sich den Griechen an-
zuschliessen, bei denen, so grofse Ideen auch die Völker des Morgen-
landes gehabt hätten, doch die Wissenschaft zu Hause sei. Er suchte
sich selbst seine Stelle zwischen Platon und Demokrit und erkannte
in der Ideenlehre die Anklänge an seine Monaden. In dem Besten,
was die Männer der Vorzeit gedacht, sah er einen tief begründeten,
unbewussten Zusammenhang, eine ‘perennis quaedam philosophia’, ein
Vermächtniss von unschätzbarem Werthe, aus dem wie aus dem tiefen
Bergschofse zum Nutzen der Menschheit echtes Gold immer von Neuem
sich zu Tage fördern lasse. Forschend und nachsinnend folgt er
den Gedanken der Alten und bespricht den Widerspruch zwischen-
dem ‘nil admirari’ des Horaz und der aristotelischen Anschauung von
der Verwunderung als dem Anfange des philosophischen Denkens.
Eine Forschung von solcher Vielseitigkeit und so grofsen Gesichts-
punkten kann nie veralten, und wie in der Sprachwissenschaft, so
können wir auch in der Geschichte nachweisen, wie Gedanken von
Leissız die Keime geworden sind, aus denen sich ganze Zweige der
Wissenschaft gebildet haben. Denn der Mathematiker und Natur-
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Currıus: Festrede. 669
forscher hat uns auch gelehrt, dass in der Menschengeschichte so
wenig wie in der Natur Willkür und Zufall herrsche und dass wir
die Gegenwart nur aus der Vergangenheit verstehen lernen. Er hat
die Fürstengeschichte aus einem unwürdigen Hofdienste befreit, die
Ideen einer deutschen Reichsgeschichte in ihren Grundzügen fest-
gestellt und durch Organisation der Arbeit historische Werke in’s
Leben gerufen, die für alle Zeit vorbildlich geworden sind. Ein
Denker von staunenswerther Productivität, war er weit entfernt, das
Zusammentragen, Sichten und Verwerthen von Urkunden als eine des
Philosophen unwürdige Thätigkeit anzusehen, so dass er ohne Ver-
druss mit selbstloser Hingabe noch die letzten Lebensjahre einem
grofsen annalistischen Werke widmete, und ohne Anspruch auf äussere
Anerkennung stolz darauf war, hier etwas zu Stande gebracht zu
haben, was im Vaterlande noch nicht geleistet worden sei. Mit
hellem Auge schaute er die menschlichen Dinge an, von Vorurtheilen
frei, dem brandenburgischen Hause wie dem welfischen mit voller
Hingebung dienend, gerecht gegen alle Zeiten, alle Nationen, alle
Stände und alle eonfessionellen Richtungen, einer der Ersten, welcher
bei uns alle sittlichen und wissenschaftlichen Forderungen, die an
den echten Historiker zu stellen sind, erkannte und zu erfüllen
suchte, der auch an Baronıs, dem bedeutendsten seiner Vorgänger,
die Unbefangenheit vermisste, ohne welche eine wissenschaftliche Be-
handlung der Geschichte undenkbar sei. Wenn wir also auch denen
nicht zustimmen, welche den Historiker Leissız über den Philosophen
stellten, so können wir uns doch noch heute Glück wünschen, wenn
wir in der Unbefangenheit geschichtlicher Betrachtung, die er forderte
und bewährte, ihm gleichen und wenn uns in Verwerthung von Ur-
kunden und Denkmälern, die er zuerst als die Grundlage historischer
Arbeit aufgestellt hat, Fortschritte gelingen, welche seiner Methode
Ehre machen. Über diese beiden Punkte lassen Sie mich einige Ge-
danken, wie sie sich aus meinen Studien ergeben, in anspruchloser
Form aussprechen.
Die Unbefangenheit, die Leisnız an erster Stelle fordert, erscheint
in der That als unerlässliche Voraussetzung aller geschichtlichen Be-
trachtung, die dieses Namens würdig ist, und als ihr letztes Ziel!
Aber wie schwierig, ja in gewissem Sinne unausführbar zeigt sich
bei näherer Erwägung schon diese erste Forderung, sowie die Thätig-
keit über die Auffindung und Verwerthung von Actenstücken hinaus-
geht! Kann doch ein Jeder nur mit seinen Augen sehen, gehen doch
Gestalten und 'Thatsachen durch das geistige Wesen des Darstellenden
hindurch; denn unmöglich kann doch im Worte, wie auf der Glas-
platte des Photographen, die Wirklichkeit einfach wiedergegeben
63*
670 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
werden. So ehrlich also auch der Berichterstatter entschlossen ist,
nichts von Eigenem hinzuzuthun, von einer vollen Passivität kann
nicht die Rede sein, wo es sich um die höchste Anstrengung des
Geistes handelt, die Masse des Stoffs zu bewältigen, das Unwesent-
liche auszuscheiden, die Hauptsachen vortreten zu lassen und die
Lücken des Überlieferten zu ergänzen. Um sich dieser Aufgabe mit
der Freude zu unterziehen, welche einen günstigen Erfolg bedingt,
ist ein lebendiges Interesse an Personen und Sachen unentbehrlich,
ein Verständniss der wirkenden Kräfte, der vorwaltenden Geistes-
richtungen. So weit es sich um einzelne Thatsachen handelt, wie
z.B. um den Verlauf einer Schlacht oder einer Gongressverhandlung,
kann wohl durch richtiges Verwerthen der Documente die ganze
Angelegenheit so erledigt werden, dass von wesentlich verschiedener
Auffassung nicht mehr die Rede sein kann. So wie es sich aber um
ein gröfseres Ganze handelt, um solche Ziele, auf welche Lrıssız
immer hingewiesen hat, indem er die Fürstengeschichte zur Reichs-
und Volksgeschichte zu erheben und den inneren Zusammenhang
derselben vor Allem zu erforschen suchte, da ändert sich die Aufgabe,
da ist eine nähere Betheiligung der Individualität unabweisbar. Es
bedarf eines inneren Verständnisses, um das herauszufühlen, was den
einzelnen Völkern von hervorragender Bedeutung vor anderen eigen
ist und gewissen Zeitaltern ihr Gepräge giebt. Es bildet sich ein per-
sönliches Verhältniss zu den geschichtlichen Entwickelungen und ihren
Trägern, welches die von Leisnız geforderte Unbefangenheit beein-
trächtigt, aber der Darstellung allein eine wirkungsvolle Wärme und
Lebendigkeit zu geben im Stande ist. Und wer möchte es als einen
Abweg bezeichnen, wenn ein Historiker wie Ephoros, der von Hause
aus eine phlegmatische Natur war, sowie er in seiner Geschichte auf
Epameinondas kam, Alles zur Bewunderung des Mannes hinzureissen
wusste, und wenn wir bei unserm RaskeE in seiner Darstellung von
Lvrser und Merancnrnon den Eindruck haben, dass er hier, von
seinem Gegenstande gehoben, das Höchste geleistet habe, was ihm in
seiner wissenschaftlichen Arbeit gelungen ist! Unter unseren Historikern
ist Keiner, der sein persönliches Empfinden so in die Vorzeit hinein-
getragen und unter den Bürgern von Rom und Athen wie unter Zeit-
genossen seinen Standpunkt geltend gemacht hat, wie Nırsunr. Ich
glaube, dass auch seine treuesten Verehrer diese fast leidenschaftliehe
Parteinahme nicht als mustergültig und nachahmungswürdig hinstellen
werden, aber wer möchte den mächtigen Eindruck missen, welchen
diese stimmungsvollen Darstellungen des Alterthums auf unsere Zeit
gemacht haben, und es wird gewiss Niemand die Forderung der
Unbefangenheit so weit ausdehnen wollen, dass man jeden warmen
Currıus: Festrede. 671
Ausdruck von Sympathie verpönt und eine flaue Neutralität oder
stumpfe Gleichgültigkeit als die Gemüthsverfassung bezeichnet, aus
welcher gute Geschichtswerke hervorgehen.
Leienız stand in einem so besonderen Verhältniss zu einer unserer
Ulassen, dass er in seinem berühmten Ausspruch nur von dem Mathe-
matiker ingenium verlangt, für den Historiker nur Zestimonia. Aber
auch seine Meinung war es nicht, dass die äusserliche Leistung von
Urkundensammlungen den Historiker mache; ihm war die Geschichte
wie die Natur ein kosmisches Ganze, dessen Entwickelungsgesetze wir
aufzuspüren haben, und eine der Gegenwart unentbehrliche Quelle von
Belehrung und Erhebung durch Vergegenwärtigung dessen, was die
Vorzeit uns gewesen ist.
Menschliche Dinge lassen sich nieht ohne Betheiligung des ganzen
Menschen behandeln; darin liegt der hohe Reiz geschichtlicher For-
schung, darin ihre besondere Schwierigkeit. Der Naturforscher hat
sein Objeet vor Augen, und die Genauigkeit der Beobachtung unter-
liegt einer Controle, welche die mancherlei Gefahren der Täuschung
möglichst ausschliesst. Wenn es aber für das leibliche Auge schon der
gröfsten Vorsicht bedarf, wie viel mehr für das geistige Sehen, wo
so viel Trübungen möglich sind, wie sie den verschiedenen Anlagen
und Richtungen der menschlichen Natur entsprechen.
Die grölste Verschiedenheit besteht darin, dass die Einen zu viel,
die Andern zu wenig in Frage zu stellen geneigt sind. Die Einen
haben mehr Neigung und Geschick, Widersprüche aufzudecken, Un-
wahrscheinlichkeiten hervorzuheben, Irrthümer und Täuschungen nach-
zuweisen, die Andern lösen sich ungern von der Überlieferung und
suchen mit den Zeugnissen, die ihnen unanfechtbar scheinen, einen
Zusammenhang geschichtlicher Entwickelung herzustellen; die Einen
verengen den Kreis gültiger Überlieferung und beschränken sie auf
Ohren- und Augenzeugen, die Andern suchen auch in dem, was nur
in Sage und Dichtung auf uns gekommen ist, einen Kern historischer
Wahrheit. Bei diesem Gegensatz können wir natürlich nur Eins für
das Richtige halten, dass beide Richtungen sich gegenseitig ergänzen
und verständigen, um die Wahrheit zu ermitteln. Leisnız selbst hat
ein wesentliches Verdienst um die Scheidung dessen, was wirkliche
und was gemachte Geschichte ist, und wenn es auch nicht lange her
ist, dass namhafte Männer Nırsunr’s Behandlung der sieben Könige
Roms wie einen Frevel ansahen, den sie mit den Blutgerichten der
Revolution auf eine Stufe stellten, so ist doch die naive Leichtgläubig-
keit, mit der man, einem Plutarch folgend, die Thaten des Theseus
so behandelte, wie man von den Feldzügen Gustav Aporr's spricht,
ein längst überwundener Standpunkt.
672 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
Es kommt also nur darauf an, die Einseitigkeiten zu vermeiden,
welche die Unbefangenheit des geschichtlichen Sinns gefährden. Ein-
seitig aber ist, wenn man das kritische Vermögen, ohne welches es
keine Geschichte giebt, nur in einer auflösenden und verneinenden
Thätigkeit anerkennen will, als wenn nicht auch die Vertheidigung
einer mit Unrecht bestrittenen Überlieferung eine des Kritikers wür-
dige Aufgabe sei, und in dieser Überzeugung darf uns auch die
Erfahrung nicht irre machen, dass hier, wie überall, der angreifende
Theil entschieden im Vortheile ist. Er kann sich frei die Angriffs-
punkte wählen und bei jedem, auch scheinbarem Erfolge auf Beifall
rechnen. Denn wenn es sich um die Werthschätzung geschichtlicher
Charaktere handelt, ist es, wie wir Alle wissen, eine Schwäche mensch-
licher Gemüthsart, dass die Bewunderung grofser Männer Vielen eine
lästige Zumuthung ist, der sie sich gern wie einem Zwange ent-
ziehen, und während unser Böckn öffentlich um Verzeihung bat, dass
er auf die Reinheit perikleischer Gesinnung den Schatten eines Verdachts
habe kommen lassen, wird es als ein Triumph kritischer Wissenschaft
verkündet, wenn es gelungen scheint einen grofsen Mann zu besei-
tigen oder zu verkleinern. Es ist als ob der freie Geist ein Joch
abgeworfen hätte, und der Beifall steigert die Selbstbefriedigung derer,
welche muthig vorangegangen sind, alte Vorurtheile auszurotten. Bei
viel behandelten Gegenständen ist, wenn neue (Quellen mangeln,
nichts wirksamer um Theilnahme zu erwecken, als wenn man das
Gegentheil sagt von dem, was man gewöhnlich hört, und wer von
uns möchte, auch wenn er es könnte, solehe Stimmen verstummen
machen! Der Widerspruch schärft ja die Beobachtung und bewahrt
vor trägem Beharren in herkömmlichen Vorstellungen. Der Kampf
der Ansichten muss die Gontrole ersetzen, welche der geschichtlichen
Forschung fehlt. Nur darauf wollte ich hinweisen, dass wir die ein-
seitig kritische Riehtung, welche auch unter dem Einfluss persönlicher
Stimmungen und Neigungen steht, nicht als die Unbefangenheit an-
sehen können, welche wir vom Historiker fordern.
Unter den alten Historikern hat Taeitus sich am feierlichsten
dagegen verwahrt, dass persönliche Vorliebe oder Abneigung auf
seine Darstellung einwirke, und doch giebt es keine Geschichtsbücher.
die stimmungsvoller wären als die seinigen, wo man unter dem Schleier
ruhigster Objeetivität immer den vollen Pulsschlag des lebendigsten
Empfindens durchfühlt und über seine Werthschätzung der Personen
und Handlungen nirgends in Zweifel bleibt. Es ist aber nicht der
Standpunkt eines Moralphilosophen, von dem er die Dinge beurtheilt,
sondern der eines Römers, der mit unerschütterter Liebe seinem Staate
und Volke ergeben ist. Als Römer schreibt er römische Geschichte,
Currıus: Festrede. 673
und gewiss sind die Einheimischen vor allen Andern dazu berufen,
die Erlebnisse ihres Staates darzustellen. Sie bringen das wärmste
Interesse mit und ein angeborenes Verständniss der Verhältnisse;
ihnen strömen, namentlich in der Zeitgeschichte, die Quellen zu,
welehe Andere mühsam suchen müssen. Auch bei Ranke glaubten wir
zu erkennen, dass er auf nationalem Boden als Sohn des Landes das
Höchste geleistet habe. Freilich liegt in einem lebhaften Patriotismus
auch wieder eine Versuchung von der unbefangenen Anschauung ab-
zugehen und Tame rechnet es sich darum zu einem besonderen Ver-
dienste, dass er französische Geschichte schreibe, als wenn es sich
um Florenz oder Athen handle. Der hohe Ernst des geschichtlichen
Berufs soll dahin wirken, dass der Darstellende nirgends auf Kosten
der Wahrheit seinem Nationalgefühl nachgebe, und diesen erziehenden
Eintluss echter Forschung erkennen wir vor Allen bei den griechischen
Historikern. In Herodot’s grofsem Weltgemälde ist kein Platz für pane-
gyrische Huldigungen und noch bewundernswürdiger ist uns Thuky-
dides, der inmitten entfesselter Parteigegensätze, an einem Wende-
punkte des öffentlichen Lebens, wie er nicht denkwürdiger gedacht
werden kann, selbst ein Opfer politischer Anfeindung, mit einer so
erhabenen Unbefangenheit die Geschichte darstellt, dass uns keine
Epoche der Weltgeschichte so durchsichtig und klar vor Augen steht,
wie die von ihm beschriebenen Kriegsjahre. Er lässt uns die innersten
Gedanken des grofsen Staatsmanns von Athen in seinen Reden lesen
und stellt dem Lesenden die Würdigung anheim. An einer Stelle
deutet er leise an, welcher der verschiedenen Verfassungen, die Athen
erlebte, er den Vorzug gebe, und jener denkwürdige Ausspruch, dass
Athen, wenn es einmal verödet da liegen sollte, durch die Überreste
seiner Bauwerke die Vorstellung erwecken würde, dass die Stadt,
der sie angehörten, doppelt so grofs gewesen sei, als Athen in Wirk-
lichkeit war, enthält wohl eine leise Missbilligung der Politik, welche
die Kräfte der alten Stadt übermäfsig angespannt habe — sonst tritt
er aus der strengsten Zurückhaltung nie heraus. Die Geschichte redet,
nicht der Geschichtschreiher. Athen hat die ersten wahren Geschichts-
werke hervorgerufen und diese Erstlinge sind für alle Zeiten muster-
gültig.
Die Geschichte Athens ist in engem Rahmen eine Geschichte
der Menschheit. Alle Keime des Guten und Bösen sind hier neben
und nach einander zu voller Entwickelung gekommen; alle Formen des
Gemeinwesens sind hier zum ersten Male gründlich durchversucht.
Daher wurde Athen, sowie es sein selbständiges Leben ausgehaucht
hatte, auch sofort der mütterliche Boden politischer Wissenschaft
und philosophischer Verfassungslehre, und man sollte erwarten, dass
674 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
nun die unbefangenste Behandlung des reichen Materials eingetreten
wäre. Aber der Märtyrertod des Sokrates hatte in den Kreisen der
Philosophen eine Verstimmung erzeugt, welche eine gerechte Wür-
digung der Vorzeit unmöglich machte. Die Parteien überlebten das
Gemeinwesen, in welchem sie ihre geschichtliche Berechtigung hatten;
man hatte nur für die Gebrechen und Ausartungen des Staatswesens
ein Auge, und für die Sünden der Demagogie musste der Staatsmann
bülsen, der selbst der Demagogie zum Opfer gefallen war. Perikles
wurde aus der Reihe der grofsen Staatsmänner gestrichen, und seine
Gegner wurden aufgenommen. Auf diesem Gebiete war auch das
helle Auge des Aristoteles umwölkt und Thukydides war völlig ver-
gessen.
Die Geschichte sollte dazu dienen, die Gegensätze überwinden
zu helfen, welehe im öffentlichen Leben sowie in der theoretischen
Betrachtung unversöhnlich sind, aber sie wird immer auf’s Neue in
diese Gegensätze hereingezogen, um für die verschiedenen Standpunkte
ausgebeutet zu werden. Im neuerer Zeit haben die Engländer damit
angefangen, auf den auch für praktische Staatsweisheit unerschöpflich
reichen Inhalt der alten Geschichte hinzuweisen. und es ist ihnen als
ein grolses Verdienst anzurechnen, dass sie dieselbe der ausschliefsend
philologischen Behandlung entzogen haben. Sie sind aber nicht
immer von reinem Interesse für den Gegenstand ausgegangen, sondern
von der Absieht, für die politischen Grundsätze, welche sie in der
Gegenwart vertraten, die Vorgänge nachzuweisen. Hier trat also
wiederum eine Partei gegen die andere. Mırrorp stand in Verur-
theilung der athenischen Demokratie auf der Seite der alten Philo-
sophen, GroTE, ein Geschäftsmann, der Finanzwelt angehörig, hat
mit einem bewunderungswürdigen Aufwande gewissenhafter Forschung
die Geschichte der Griechen in entgegengesetztem Sinne dargestellt.
An Stelle einer aus Büchern geschöpften Professorenweisheit trat eine
scharfe Beleuchtung der inneren Politik mit der durch Parlaments-
debatten geübten Dialektik eines praktischen Staatsmanns, und nicht nur
die englischen Verhältnisse, auch die der Schweizer Uantone wurden
für das Verständniss des Alterthums verwerthet. Unvergänglich bleibt
die wohlthätige Einwirkung seiner vollkommen selbständigen Geschichts-
betrachtung, welche von echter Wahrheitsliebe getragen wird; aber,
sowie es sich um die Verfassungskämpfe in Athen handelt, fühlt er
sich auf den Bänken der Opposition und vertritt die Führer des
demokratischen Prineips, als wenn es seine Parteigenossen im Parla-
ment wären. Eine parteilose Auffassung wird gar nicht anerkannt;
daher sind die entgegenstehenden Zeugnisse des Alterthums nichts
als Stimmen der Gegenpartei. Perikles, den die Peripatetiker mit
Curtis: Festrede. 675
den Demagogen zusammengeworfen haben, wird nun als Aristokrat
ihnen schroff gegenüber gestellt, und der Umschwung zu Anfang des
peloponnesischen Kriegs so aufgefasst, dass nun zum ersten Mal
an Stelle alter Grundbesitzerfamilien Vertreter des Handels und der
Gewerbe an das Regiment gekommen wären. So entstehen will-
kürliche Verzerrungen des Thatbestands,. wie sie eintreten müssen,
sowie die Unbefangenheit der Betrachtung aufgegeben ist.
Hier handelt es sich um Trübungen des geschichtlichen Blicks,
welche bei einer im Grofsen und Ganzen zweifellosen Wahrheitsliebe
eintreten. Ganz anderer Art sind natürlich solche Darstellungen,
welche von vornherein dazu bestimmt sind, in grofsen, weltbewegenden
Streitfragen eine Auffassung derselben als die allein berechtigte dar-
zustellen und der entgegenstehenden den Boden zu entziehen, und
zwar ohne gewissenhafte Prüfung des dabei verwendeten Beweis-
materials.
Hier ist keine Befangenheit in einzelnen Punkten, sondern eine
grundsätzliche Absichtlichkeit, welche von der Sphäre wissenschaft-
licher Arbeit, die nur im Dienste der Wahrheit denkbar ist, ausschlielst.
Man könnte denken, die Unbefangenheit geschichtlicher Dar-
stellung lasse sieh so erreichen, dass man die Überlieferung so
vollständig wie möglich vorlegt und dem Leser das Urtheil überlässt.
Aber Materialiensammlung ist keine Geschichte, und schon bei der
Vorlage und Gruppirung der Zeugnisse muss sich der Standpunkt
ihrer Beurtheilung zu erkennen geben. Die Darstellung darf aber
nicht an allen Hauptpunkten durch ausführliche Quellenbehandlung
unterbrochen werden; sonst gleicht sie einem Strom, der sich wieder-
holt zu stagnirenden Wasserbecken ausbreitet, und so entschwindet
die Einheit des Flusses, die Gontinuität der Bewegung, auf welche
schon Leissız ein besonderes Gewicht legte. Für geschichtliche Dar-
stellung giebt es ein Mafs der Ausführlichkeit. das sie von mono-
graphischen Abhandlungen unterscheidet. Je bewegter und inhalt-
reicher eine Volksgeschichte ist, um so weniger gelingt es, sie durch
Aufreihung der Zeugnisse wie ein Mosaik zusammenzusetzen. Es
bleiben Lücken, wo sich die abgerissenen Fäden der Entwickelung
nur versuchsweise vereinigen lassen, und in vielen Punkten lässt sich
eine allmähliche Annäherung an die Wahrheit nur so erreichen, dass
Combinationen versucht werden, welche sich dadurch einen Anspruch
auf Zustimmung erwerben, dass eine bessere und leichtere Lösung
des Problems nicht gefunden wird.
Die ferner Stehenden haben vor den Zeitgenossen den grofsen
Vorzug, dass sie abgeschlossene Entwickelungen überschauen und
jede Politik nach ihrem Erfolge beurtheilen können; schwerer aber
676 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
ist es für sie bei den vielen sich aufdrängenden Gesichtspunkten so
einfach und fest, mit so gesammeltem Geiste die Thatsachen anzu-
schauen, wie es die Meister unter den Alten thaten. Je mehr wir
uns also der Fehlerquellen bewusst werden, denen aller Orten unsere
Unbefangenheit ausgesetzt ist, um so mehr kommt es auf die ernste
Selbstprüfung an, ob unser geschichtliches Sehen ein lauteres, nur auf
den Gegenstand gerichtetes, ob unser Auge ein richtiges, wie es
Luther nennt, ein einfältiges sei, d. h. ein Auge, das ohne jede
Nebenrücksicht die Gegenstände gerade anschaut und keine andere
Befriedigung sucht. als Erkenntniss des Wahren.
Leigesız hat sich als Historiker zunächst seinem Fürstenhause
gewidmet, aber sein Geist war auch hier ein umfassender, welt-
erobernder, und er hatte ein tiefes Verständniss dafür, dass man auch
über das nach Zeit und Raum Ferne den Blick ausdehnen müsse. In
der Sprache erkannte er zuerst die älteste Quelle aller Völkergeschichte,
wie man in den Versteinerungen die Vorgeschichte des Erdbodens
lese. Bis nach Persien und China suchte er in unersättlichem Wissens-
drange seine Kundschaft auszudehnen, indem er Seefahrer. Reisende,
Missionsstationen und Gesandtschaften dafür auszunutzen suchte, und
wenn er am französischen Hofe den ernstesten Versuch machte, die
kriegerischen Unternehmungen König Ludwigs nach Aegypten abzu-
lenken. so war damit ohne Zweifel auch der Gedanke verbunden, die
Schauplätze ältester Cultur in den Bereich der Wissenschaft herein-
zuziehen. Wie die handschriftlichen Schätze, so sollte auch das
monumentale Archiv des Alterthums eröffnet werden, und es liegt
den Gedanken, die uns beschäftigen, nahe, daran zu erinnern, was
in unserem Jahrhundert geschehen ist, um das zu verwirklichen, was
für Leiesız fromme Wünsche waren.
Bei dem Streben nach allseitiger Quellenforschung und Quellen-
prüfung, das Leıssız zuerst in unserem Vaterlande angeregt hat, be-
rührte er mehrfach die Frage, was aus Mythologie und poetischer
Überlieferung an geschiechtlicher Belehrung zu gewinnen sei. Wie
beglückt würde er gewesen sein, wenn er die Herrscherburgen, die
wir aus Homer kennen, in zwei Epochen, zunächst als unverwüstliche
Mauerringe und dann im Inneren als wohl eingerichtete Fürstensitze,
aus dem Nebel der Sage hätte hervortauchen sehen; denn das ist nieht
nur eine Befriedigung archäologischer Forscherlust, sondern eine wesent-
liche Bereicherung unseres historischen Wissens, eine folgenreiche Erwei-
terung unseres wissenschaftlichen Gesichtskreises. Was unser MÜLLENHOFF
in seinen grolsartigen Forschungen mit sicherem Blick erkannte: »Wo
Heldensage und epische Dichtung ist, da haftet sie an grolsen Er-
eignissen«, das hat sich in überraschender Weise bestätigt, wie in der
Currıus: Festrede. 677
deutschen Vorzeit, so in der hellenischen. Ein ganzes Zeitalter. dessen
anmuthige Bilder unsere Phantasie seit der Knabenzeit erfüllen, ist
uns in Tiryns und der Burg des Agamemnon leibhaftig wieder vor
Augen getreten, in seimen vielfachen Beziehungen zu den älteren
Staaten des Morgenlandes, aber in einer durchaus eigenartigen und
europäischen Ausbildung vielseitiger Cultur, in wohl erhaltenen
Werken bezeugt, die an Grofsartigkeit von denen der nachgeborenen
Geschlechter niemals überboten worden sind. Das sind Geschichts-
quellen, deren Gültigkeit keinem Zweifel unterliegt. Der geschichtliche
Inhalt der Heldensage ist unwidersprechlich erwiesen, ja wir können
wohl sagen, dass die echte Volkssage ihrem Kerne nach das Ge-
wisseste ist, was wir haben. Herodot und Thukydides können irren,
aber was sich im Gedächtniss eines geistig lebendigen Volkes ohne
Widerspruch als der Niederschlag gemeinsamer Erinnerungen von
Geschlecht zu Geschlecht erhalten hat, das ist nichts willkürlich Er-
sonnenes, kein Erzeugniss spielender Phantasie, sondern ein Kern
echter Geschichte, den die Poesie mit ihren bunten Fäden um-
sponnen hat.
Unserer Zeit war es vorbehalten, den Beweis zu liefern, dass
nicht nur für Mittelalter und die späteren Jahrhunderte immer neue
Zeugnisse in den Archiven gefunden werden, welche das früher Be-
kannte ergänzen und berichtigen, sondern auch für die ältesten Perioden
der Menschenwelt, wovon Leızsız nur eine dunkle Ahnung hatte, und
zwar sind die neu gefundenen Zeugnisse, die Denkmäler des Landes,
nicht Ergänzungen und Berichtigungen, sondern die wesentliche Grund-
lage einer geschichtlichen Anschauung, wodurch blasse, verschwommene
und schattenhafte Umrisse eine feste und plastische Gestaltung ge-
wonnen haben.
Es ist in der geschichtlichen Forschung gegangen wie in den
Naturwissenschaften. Die ersten grofsen Entdeckungen wurden zu-
fällig gemacht. Eine Brunnengrabung führte uns plötzlich in das
Theater von Herculaneum, und über die mit attischen Kunstwerken
angefüllten Felsgräber Etruriens war man Jahrhunderte lang gedanken-
los hinweggegangen, bis em morscher Zugang einstürzte und uns den
Weg wies zu dem unterirdischen Museum. Dann kam die Zeit me-
thodisch angelegter Experimente. Man zog Gräben um die Tempel-
ruinen und holte ihre Giebelgruppen und Friesplatten aus dem Schutte;
denn die leitende Absicht war das Auffinden von Kunstwerken für
europäische Sammlungen. Auch bei Halikarnass war dieser Gesichts-
punkt der vorherrschende; die Stadt selbst, selbst das Maussoleum
im Ganzen liefs man im Dunkeln. Erst allmählich kam man auf den
Weg einer geschichtlichen Forschung, indem man die antiken Wohn-
678 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
und Cultusstätten als ein Ganzes in's Auge fasste, um, von Einzel-
funden abgesehen, eine umfassende Belehrung über das Leben der
Alten zu erzielen. Je gründlicher die Fragestellung war, um so er-
giebiger die Antwort. An Olympia und Pergamon schlossen sich Delos,
Epidauros, Naukratis. In Athen hatte man am wenigsten Aussichten.
Auf der Akropolis glaubte man ziemlich fertig zu sein und die Unter-
stadt schien der neuen Bewohnung wegen unzugänglich, und doch ist
gerade hier in den letzten Monaten eine mehrjährige Arbeit vollendet,
auf die ich noch hinweisen möchte, weil sie zu den allerwichtigsten
Leistungen auf diesem Felde gehört, und der griechischen Regierung
die gröfste Ehre macht. Nachdem man sich nämlich überzeugt hatte,
dass eine Aufschüttung des Akropolisbodens stattgefunden habe, von
der man keine Ahnung gehabt hatte, wurde beschlossen, überall auf
den natürlichen Felsboden hinabzugehen, und da es nicht möglich
war, die verschiedenen Bodenflächen neben einander stehen zu lassen,
wurden die in der Tiefe gefundenen Baureste auf das Sorgfältigste
gemessen und aufgenommen, ehe man die frühere Oberfläche wieder
herstellte. Es war gleichsam eine anatomische Untersuchung, eine
Section, die man vornahm, um im Innern eines verödeten Schauplatzes
denkwürdiger Geschichte die Funetionen des geschichtlichen Lebens
zu erkennen, welches diese Stätte des Todes einst beseelt hatte.
Die photographischen Bilder der vielen unterirdischen Bauten sind
jetzt die wichtigsten Urkunden atheniseher Geschichte. Wir sehen jetzt,
wie der unwohnliche Felsrücken durch unermüdliche Arbeit allmählich
zu einer Hochfläche geworden ist, wie sie uns vor Augen steht, ge-
eignet die Gründung der herrlichsten Bauwerke aufzunehmen. Wir
sehen, wie einfache Lehmmauern ersetzt worden sind durch Ring-
mauern aus Felssteinen, welche die Stadtburg der alten Könige ein-
fasste. Die Grundmauern der Herrscherwohnungen sind hier, wie in
Tiryns, zu Tage getreten. Wir haben zum ersten Male eine Vor-
stellung von dem, was in der Zeit der Geschlechterherrschaft geleistet
wurde, wie ein Material nach dem andern herangezogen wurde, um
immer dauerhafter bauen und bilden zu können. Der Marmor ver-
kündet den Aufschwung, welchen Athen den Pisistratiden verdankt
und dadurch, dass Alles, was an Kunstwerken beim Perserbrand zu
Grunde ging, nicht hergestellt, sondern im Schutte liegen gelassen
wurde, ist das in demselben Gefundene ein geschichtliches Material
von unschätzbarer Bedeutung, weil eine mit einem festen Jahre ab-
gegränzte Zeitperiode darin bezeugt ist, eine Zeit, von der bis jetzt
jede Anschauung fehlte. Aber auch das jüngere Zeitalter, mit dem
unsere geschichtliche Kunde anhob, die Zeit der grolsen ‘funfzig Jahre’
athenischen Wachsthums ist in wichtigen Punkten neu beleuchtet.
= - £ ale
Currıus: Festrede. — Kunpr: Antrittsrede. 679
Was nach Themistokles, der Athen an’s Meer verlegen wollte, durch
Kimon geschehen ist, um seinen Mitbürgern das alte Athen in neuen
Ehren herzustellen, wie er mit Perikles in gleicher Richtung thätig
war und doch mit ihm in einen Widerspruch gerieth, der nach seinem
Tode die Wirkung hatte, dass die kimonische Partei in Betreff der
öffentlichen Bauten eine geschlossene Opposition gegen Perikles bildete,
das sind lauter Thatsachen, welche uns in den letzten Jahren erst
klar geworden sind. Wir haben daran eine besondere Freude, weil
unser deutsches Institut in Athen sich durch seine Vertreter und Zög-
linge an diesen von der griechischen Regierung unternommenen Ar-
beiten in mannigfacher Weise hat betheiligen dürfen. Um so mehr
glaubte ich mich berufen, derselben heute zu gedenken, da ich im
Anschluss an Leisnız’ Verdienste um die archivalischen Studien in
Deutschland darauf hinweisen wollte, wie auch für die Geschichte
von Hellas das Archiv des Landes seinen Reichthum ununterbrochen
bethätigt und wie man mit immer fortschreitender Methode denselben
auszubeuten gelernt hat.
Darauf hielt Hr. Kuspr folgende Antrittsrede:
Gefühle sehr mannigfacher Art sind es, die den bewegen müssen,
der, wie ich, seine ganze wissenschaftliche Ausbildung in Berlin ge-
nossen hat und nun nach zwanzigjähriger Abwesenheit zurückkehrt,
als Lehrer eintritt in die Universität, der er als junger Student ange-
hörte, dem jetzt die Akademie der Wissenschaften die hohe Ehre er-
weist, ihn in ihren Schoss aufzunehmen.
Muss ihn nicht vor Allem ein Gefühl der Dankbarkeit erfüllen
gegen die Männer, die ihn zu jener Zeit in die Wissenschaft ein-
führten, von denen Manchen jetzt noch wieder zu begrüssen ihm
vergönnt ist; der Dankbarkeit aber auch gegen das gütige Geschick,
das ihn bis zu diesem Ziele leitete, denn nicht Jedem, so ernst, so
eifrig auch sein Streben sein mag, schliesst sich der Kreis der wissen-
schaftlichen Laufbahn in gleicher Weise.
Doch ziemt es nicht der jetzigen Stunde diesen und anderen mich
bewegenden Gefühlen Ausdruck zu geben. Ich will dem Herkommen
gemäss, einen Blick auf meine Wissenschaft und ihre Erweiterung in
den letzten Decennien werfen, um dabei zugleich den Kreis zu um-
680 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
gränzen, innerhalb dessen ich es nur vermag am Ausbau derselben
mitzuarbeiten, entsprechend meiner Neigung und meinem Können.
An die grossen Entdeckungen in der Physik um die Wende des
vorigen und im Anfang dieses Jahrhunderts schlossen sich in wechseln-
der Folge und gegenseitiger Ergänzung ein reicher Ausbau der Theorien,
und eine ungeahnte Erweiterung unserer Kenntniss der Thatsachen.
Die für einzelne Classen physikalischer Erscheinungen entwickelten
Theorien standen aber fast unvermittelt nebeneinander; es fehlte an
allgemeinen, verknüpfenden, zusammenfassenden Ideen. Da wurde
um die Mitte des Jahrhunderts das grosse Gesetz von der Erhaltung
der Kraft ausgesprochen. Mit einem Schlage kam Zusammenhang in
die Erscheinungen, die disjeeta membra fügten sich zu einem lebens-
vollen Ganzen. Derjenige, der das Gesetz zuerst in seiner allgemeinen
mathematischen Form gab, schloss seine Abhandlung mit den Worten:
»dass die vollständige Bestätigung dieses (Gresetzes wohl als eine der
Hauptaufgaben der nächsten Zukunft der Physik betrachtet werden
müsse. «
Diese Prophezeihung des grössten jetzt lebenden Forschers auf
physikalischem Gebiet ist voll und ganz in Erfüllung gegangen. Die
mathematische Physik ist wesentlich auf Grundlage dieses Gesetzes
in wunderbarer Weise erweitert und vertieft worden. Hierzu trug
nicht wenig bei, dass sich bald an das Gesetz von der Erhaltung
der Energie ein zweites allgemeines Prineip anschloss, der von Crausıus
und Wiırrıam Tnomsox ausgesprochene sogenannte zweite Hauptsatz der
Wärmetheorie. Es ergab sich, dass derselbe nicht bloss für die
specielle Wärmelehre, sondern nach den verschiedensten Richtungen
hin von fundamentaler Bedeutung ist. Ausserdem wurden andere
Gebiete der mathematischen Physik entwickelt, die zwar mit den
eben erwähnten Sätzen nieht in direetem Zusammenhang stehen, die
aber darum nicht minder wichtig sind. Ich will nur erinnern an
die Umwälzung unserer Anschauungen in der Elektricitätslehre.
Die hervorragendsten Physiker wandten sich mit Vorliebe der
Theorie zu und fast konnte es scheinen, als ob der experimentellen
Forschung der Boden entzogen sei, als ob die mathematische Zusammen-
fassung der Erscheinungen, schon in nächster Zukunft, wenn auch
nicht die einzige doch die bei Weitem wesentlichste Aufgabe der
Physik wäre.
Nicht ist es hier der Ort an alle die Männer zu erinnern, die an
dieser Ausbildung der mathematischen Physik mitgearbeitet haben,
doch kann ich nieht umhin pietätvoll zweier Forscher, Mitglieder
unserer Akademie, zu gedenken, die uns der Tod vor Kurzem ent-
rissen, deren Verlust wir noch lange tief beklagen, Gustav Kırcnuuorr,
Kunpr:; Antrittsrede. 681
den genialen Meister in der mathematischen Behandlung der Physik,
und Ruporru Crausıus, den hervorragenden Mitbegründer der mo-
dernen Wärmetheorie.
Eine jede Theorie bedarf der Prüfung an den Thatsachen der
Erfahrung. Da eine solche nur an Vorgängen möglich ist, die einer
exaeten Messung zugänglich sind, so ist das Bedürfniss genauer und
wissenschaftlich kritischer Messungen physikalischer Grössen immer
mehr gewachsen. Während ehedem diese Messungen von den an
den Universitätslaboratorien Arbeitenden ausgeführt wurden, sind jetzt
verschiedene von den Universitäten getrennte Staatsinstitute gegründet,
ist ein grosses internationales Bureau gebildet worden, denen die
Ausmittelung der wichtigsten physikalischen Maasse und Constanten
zufällt. Für Deutschland hat dies Bestreben seinen grossartigen Ab-
schluss in der Errichtung der physikalisch-technischen Reichsanstalt
gefunden. Die Mittel und Ausstattungen dieser Institute sind der-
artige, dass es den Leitern der Universitätslaboratorien kaum noch
möglich ist, auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Messung mit
jenen in Wettkampf zu treten.
Was bleibt aber dann an eigentlicher Forscherarbeit den phy-
sikalischen Laboratorien der Universitäten und ihren Leitern, kann
man fragen? Diese Institute sollen zwar einerseits Lehrzwecken
dienen, aber die Absicht bei ihrer Errichtung ist jedenfalls gewesen,
dass sie auch Pflegstätten der wissenschaftlichen Forschung bleiben
sollen. Der theoretische Physiker bedarf ihrer kaum, die Aufgaben
der physikalischen Messung sind ihnen durch die anderen für diese
Messungen gegründeten Staatsinstitute zum grossen Theil entzogen.
Es bleibt trotzdem den experimentellen Physikern in ihren La-
boratorien noch ein weites und wichtiges Gebiet der Forschung, das
nicht brach liegen darf, wenn die Wissenschaft selbst nicht ver-
dorren soll.
Vergleichen wir die letztere einem grossen Lande, von dem erst
ein kleiner Theil bebaut ist, der andere unerforscht daliegt, dann bleibt
Jenen die Arbeit des Pioniers, der der Gultur vorangehen muss, es
bleibt das experimentelle Vordringen in das Gebiet bisher unbekannter
Thatsachen, das Schaffen neuer Wege zur Ermittelung derselben. Und
da das Gebiet der Wissenschaft unendlich ist, so liegen, wie schnell
auch die messende Ausarbeitung, wie schnell die Theorie folgen mag,
immer neue unerforschte Strecken vor dem Experimentator, die er
urbar zu machen hat.
Es wäre thöricht, wenn derselbe hierbei nicht alle die Einsicht,
alle die Hülfsmittel, welche ihm die Theorie giebt, sorgsam berück-
sichtigen und benutzen wollte. Er wäre vergleichbar dem Ansiedler
682 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
auf fremdem Boden, der glaubte seinen Zweck am Besten erreichen
zu können, wenn er alle Hülfsmittel des Wissens und der Technik
unserer Cultur hinter sich liesse. Der experimentelle Physiker heu-
tiger Zeit wird sogar nur dann auf einen Erfolg seiner Mühen
rechnen können, wenn er sich die Richtungen, in denen er vordringen
will, wenigstens in grossen Zügen, von der Theorie weisen lässt.
Andererseits ist aber gerade bei dem jetzigen Stande der Physik seine
Arbeit nicht bloss eine dankbare, sondern auch eine sehr bedeutungs-
volle und wichtige, denn wie mir scheint, bedürfen wir sehr einer
örweiterung der Thatsachen, um verschiedene fundamentale Theorien
besser zu stützen oder in neue Bahnen zu lenken.
Meine Neigung hat mich von Anfang an und immer mehr auf
dies Gebiet der experimentellen Arbeit geführt. Für dieselbe gehört
aber nicht bloss Neigung, sondern auch eine ernste anhaltende Schulung.
Muss doch der Experimentator nicht allein eine Anzahl der ver-
schiedensten technischen Fertigkeiten sich von vornherein erwerben,
sondern auch vor allen Dingen ein Urtheil darüber gewinnen, was
ihm eine ausgebildete Technik an Hülfsmitteln bieten kann.
Wenn ich meiner eigenen Ausbildung nach dieser Richtung ge-
denke, wie könnte ich da des Mannes hier vergessen, der mich an
seiner sicheren erfahrenen Hand Jahre lang geleitet hat, Gustav Masnus.
Von zwei Mitgliedern unserer Akademie sind meisterhafte Schilde-
rungen seines Seins und Wirkens entworfen; es wäre vermessen, wollte
ich denselben hier noch etwas hinzufügen. Nicht unterlassen aber
kann ich es, dem Gefühl der persönlichen Dankbarkeit Ausdruck zu
geben gegen den Verstorbenen, das langjährige thätige Mitglied unserer
Akademie, für die freundliche und stets hülfsbereite Liebe, mit der
er mich in den Jahren meines Studiums geführt hat.
Als ich das Laboratorium von Macnus verliess, war ich zwar
einseitig ausgebildet, wie ich später einsah, als sich mir tiefere Ein-
blicke in die theoretische Physik eröffneten, aber ich nahm eine un-
wandelbare Liebe zur experimentellen Forschung mit, und eine
ernste Schulung in dieser Art von Arbeit. Wenn es mir gelungen
ist, auf dem Wege des Experimentirens die Wissenschaft nach einzelnen
Riehtungen zu fördern und zu erweitern, so verdanke ieh die An-
regung hiezu voll und ganz meinem langjährigen Lehrer.
Ilabe ich so eben das Arbeitsgebiet bezeichnet, auf welches mich
meine Neigung geführt hat, so ist damit auch der Kreis meines
Könnens umgränzt. Nur auf diesem Gebiet vermag ich weiter zu
schaffen.
Ich werde es thun mit allen mir zu Gebote stehenden Kräften
und ich kann nur wünschen und hoffen, «dass meine Arbeit nicht
E. pu Boıs-Reymonn: Antwort an Ilrn. Kunprr, 683
erfolglos sein möge, um so der Akademie allmählich den Dank dafür
abzutragen, dass sie mich in ihren Kreis aufgenommen hat.
Hr. pu Bors-Revmosp, als Seeretar der physikalisch-mathematischen
Ülasse, antwortete:
Sie haben, Hr. Kunpr, von den Gefühlen gesprochen, mit welchen
Sie, in diese Körperschaft eintretend, der Tage sich erinnern, da
Sie die ersten Schritte in der Laufbahn thaten, welche Sie nach
Berlin zurück und in unseren Kreis führen sollte. Sie haben das
Andenken erweckt an die Männer, welche damals diese Plätze ein-
nahmen, welche schon unsere Lehrer gewesen waren, und deren
Anregungen so glücklich noch in Ihnen fortwirken. Gestatten Sie
mir, auch meinerseits eine Erinnerung aus jenen Tagen wach zu rufen.
Mir schwebt Ihr Auftreten vor in der physikalischen Gesellschaft,
die man nicht mit Unrecht eine Pflanzschule der deutschen Physik
genannt hat, und aus der auch Sie hervorgeingen. Dort war es, wo
Sie vor bald fünfundzwanzig Jahren zuerst Ihre Staubfiguren in lon-
gitudinal schwingenden Glasröhren zeigten. An der Neuheit der
Thatsachen, der Einfachheit der Mittel, der raschen Sicherheit der
Handhabung, der Klarheit und Schärfe der Darlegung, an allen den
Eigenschaften, welche noch heute täglich Ihre Zuhörer ergreifen und
fesseln, war es leicht zu erkennen, dass in Ihnen eine neue zukunft-
reiche Kraft das Feld physikalischer Forschung und Lehre beschritt.
Wie glänzend hat sich diese Voraussieht erfüllt!
Aus jenem Versuche entwickelten Sie, durch eine Reihe von
Arbeiten, deren jede ein wohlbereehneter Schritt vorwärts war, eine
der merkwürdigsten Methoden der messenden Physik. Dass daraus
eine erneute Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in den Gasen
entsprang; dass Sie auf demselben Wege an den von Ihnen so ge-
nannten Luftplatten etwas den Unvapnı schen Klangfiguren Verwandtes
darstellten, die man bisher nur an festen Scheiben oder gespannten
Häuten kannte: das lag noch in dem absehbaren Bereiche der Mög-
lichkeiten. Wer aber hätte ahnen können, was Ihnen ein Jahrzehend
später mit Hrn. WArgure gelang, dass an der Hand derselben Methode
die speeifische Wärme des Quecksilbergases als die kleinste aller bisher
bekannten, und den Ermittelungen der Chemie entsprechend das Molecül
jenes Gases als kein solches, als ein Atom erkannt werden würde?
Neben der Akustik wandten Sie dann Ihre stets sinnreichen und
tief durchdachten Bemühungen der Optik nachhaltig zu. Früh zeigten
Sitzungsberichte 1889. 64
684 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
Sie die Doppelbrechung longitudinal und transversal schwingender
' Spiegelglasstreifen, später die in bewegten reibenden Flüssigkeiten, in
den durch Zerstäuben an der Kathode hergestellten Metallschichten.
Ihnen gehört die paradoxe Thatsache der anomalen Dispersion in den
Lösungen mehrerer mit sogenannten Oberflächenfarben metallisch
glänzender diehroitischer Körper, sowie im glühenden Natriumdampf.
Bıor hatte im Terpentinöldampf die natürliche Circumpolarisation
seiner Moleeüle nachgewiesen. Ihnen war es vorbehalten, mit Hrn.
Rönteen zuerst im Schwefelkohlenstofflampf, dann in Luft, Sauerstoff,
Wasserstoff, Kohlenoxyd und Sumpfgas die elektromagnetische Circum-
polarisation an elastischen Flüssigkeisen darzuthun, was Farapar
selber umsonst versucht hatte. Im Gegensatz zu deren verschwin-
dender Grösse ermittelten Sie dann ihren ungeheuren Betrag im
metallischen Eisen. Ihre jüngste, schon in unserem Kreise mitge-
theilte Arbeit löste die beim ersten Blick fast unmöglich scheinende
Aufgabe, die Breehungsexponenten so undurchsichtiger Körper wie
der Metalle zu bestimmen.
Das sind einige Ihrer Thaten, deren wir heute gern gedenken.
Ich schweige, denn ich würde kein Ende finden, von Ihren so mannig-
faltigen wie zahlreichen Versuchen auf thermischem, elektrischem,
magnetischem Gebiete, auf dem der Capillarität und Diffusion.
Mit einer gewissen Bedenklichkeit liessen Sie vorher fast so sich
vernehmen, als bedürfte es einer Rechtfertigung, dass Sie mehr der
experimentirenden Richtung sieh hingaben, anstatt jenen erhabensten
Regionen der mathematischen Physik zuzustreben, in welchen unsere
Zeit, unter dem Zeichen der Erhaltung der Kraft, so stolze Triumphe
feierte. Allein was wir an Ihnen besonders hoch schätzen und be-
wundern, ist eben das schöne Gleiehmaass zwischen den beiden
Richtungen physikalischer Forschung, in welchem Sie sich bewegen.
Neben der unbedingten Beherrschung aller erdenklichen Hülfsmittel
und Kunstgriffe der Experimentirkunst knüpfen Sie Ihre Versuchspläne
doch immer zugleich an strenge, mathematisch formulirte Schluss-
folgerungen. Ihre Arbeit über die Schwingungen der Luftplatten
steht als Muster da einer Untersuchung, zu der mathematische Theorie
und Versuch einander durchdringen und ergänzen. Ohnehin hoben
Sie selber mit Recht hervor, dass das physikalische Experiment,
welches neue Thatsachen schafft, das wahre Organ des Fortschrittes
unserer Erkenntniss bleibt. Gerade weil die alte, jetzt zur sicheren
Theorie verjüngte Leisnızische Doetrin alles natürliche Geschehen so
umgränzt, dass ausserhalb derselben nichts vorstellbar, und der Idee
nach mit ihr die theoretische Forschung abgeschlossen ist; gerade
weil alle unsere Bemühungen nichts mehr vermögen, als in dem
E. ou Boıs- Reymonp: Antwort an Hrn. Kuxor. — Dünnter: Antrittsrede. 685
gegebenen Rahmen das Abbild der materiellen Welt weiter und feiner
auszuführen: gerade deshalb erscheint der von Ihnen so erfolgreich
eingeschlagene Weg, wenn auch nicht als der fortan einzig Nutzen
bringende, doch als der zunächst am meisten dankbare; denn er ist
es. auf welchem die unendliche Fülle der Phaenomene unserem nur
mit dem Erfahrenen wuchernden Intelleet sich offenbart.
Indem ich Sie, Hr. Kunpr, im Namen der Akademie auf das
herzlichste willkommen heisse, die sich von Ihrer noch jugendlich
rüstigen Kraft, ihrem Talent, ihrer bewährten Energie reiche Frucht
verspricht, liegt es mir nahe, zugleich unsere Freude über die
besondere Art auszudrücken, wie Sie der Unsrige wurden. Die
gehobenen Verhältnisse dieser Hauptstadt des Deutschen Reiches,
verbunden mit der grossartigen Freigebigkeit Eines aus unserer Mitte,
haben es ermöglicht, Sie für Berlin, für uns zu gewinnen neben Dem-
jenigen, den Sie den grössten lebenden Physiker nannten, und an
dessen Stelle, während er selber für die Wissenschaft andere hohe
Pflichten übernahm. nun Sie berufen sind, wie einst Ihr Lehrer
Gustav Macnus, bei dem nachfolgenden Geschlecht die begeisterte
Liebe zum physikalischen Experiment zu entzünden und zu nähren.
Hr. Dümnter hielt folgende Antrittsrede.
Meine Herren! Wenn ich an dem heutigen Festtage dem Her-
kommen gemäss von mir persönlich reden darf, ja reden soll, gleich-
sam um meine Wahl vor Ihnen zu rechtfertigen, so möchte ich zu-
nächst der Empfindung Ausdruck geben, dass ich mich hier weniger
fremd fühle, als manch Anderer von Ihnen bei seinem Eintritte in
diese Körperschaft sich gefühlt haben mag. Hat doch der Name
meines Vaters noch viele Jahre über seinen Tod hinaus auf dem
Titelblatte Ihrer Schriften gestanden, bin ich doch selbst sowohl
Berliner Kind wie Berliner Doetor und erblicke zu meiner Freude
neben manchen alten Freunden und Genossen unter meinen jetzigen
Collegen wenigstens noch zwei meiner ehemaligen Berliner Lehrer,
die HH. Currıus und WATTEnBACcH, von denen der letztere nächst
LeoroLnp von RAnkEe den nachhaltigsten Einfluss auf meine Studien
geübt, den grössten Anspruch auf meinen tiefgefühlten Dank bis auf
den heutigen Tag sich erworben hat.
Doch diese meine Heimkehr, wenn ich es so nennen darf, be-
deutet für mich zugleich eine Entfremdung von dem, was mir bisher
als das wichtigste Ziel meines Schaffens erschienen ist. Einst schwebte
64*
686 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
es mir als die höchste Aufgabe vor, deutsch zu schreiben, deutsche
Geschichte in deutscher Sprache darzustellen, nicht bloss Forscher,
sondern auch Schriftsteller zu sein. Neben den Versuchen, die ich
in dieser Richtung auf einem dazu’ wenig geeigneten Boden für das
neunte und zehnte Jahrhundert unternommen habe, liefen allerdings
auch so manche Untersuchungen wie Ausgaben von Quellen für die
politische wie für die Litteraturgeschichte des Mittelalters einher, aber
sie sollten wesentlich nur Vorarbeiten für jenen höheren Zweck sein.
Selbst da ich auf Grund dieser Vorstudien in die neue Centraldireetion
der Monumenta Germaniae eintrat, deren Mitarbeiter im rechten Sinne
ich niemals gewesen war, gedachte ich mich, gelehnt an die mächtige
Kraft meines Freundes Warrz, mit der Pflege eines bescheidenen
Blumenbeetes in dem weiten Felde unserer Vorzeit begnügen zu dürfen.
Nur mit schmerzlicher Entsagung auf vieles, was mir lieb und
werth war, zumal auch auf eine langjährige Lehrthätigkeit, nur mit
Misstrauen in die eigene, grösseren Vorgängern so wenig entsprechende
Kraft, bin ich daher in diese Stelle, in diese vorzugsweise philologische
Arbeit eingetreten. Wenn ich Ihnen heute meinen Dank für die grosse
Ehre ausspreche, die Sie mir durch die Aufnahme in Ihre engere
(renossenschaft erweisen, der ich in weiterem Sinne schon seit sieben
Jahren angehöre, so weiss ich sehr wohl, dass ich diese Wahl nicht
meinen früheren Leistungen zuzuschreiben habe, vielmehr dem Amte,
welches ich jetzt bekleide und den Ewartungen, die sich daran
knüpfen.
Siebzig Jahre sind verflossen, seit von dem Freiherrn vom STEIN
in Frankfurt der Grundstein zu dem Bau gelegt wurde, an dem wir
fortarbeiten, zu der Gesammtsausgabe der Quellen des deutschen
Mittelalters. Eine freiwillige Verbindung patriotischer Männer, in
der alten freien Reichsstadt zusammentretend, hofften die Stifter in
20 Quartbänden an ihr Ziel zu gelangen. Unter manchen anderen
Stimmen gab auch die Berliner Akademie damals ihr sachverständiges
Gutachten über den Plan des Werkes ab, in welchem sie einen grösseren
Umfang — die Ausdehnung auf die Rechtsquellen und Urkunden —
und leider auch ein grösseres Format empfahl, an der Entstehung
und dem Fortgange hatte sie im Übrigen keinen Antheil. In eine
engere, aber keineswegs maassgebende Beziehung zu dem Unternehmen
trat sie erst dadurch, dass G. H. Perrz, die Seele und der Träger
desselben, im Jahre 1842 seinen Wohnsitz nach Berlin verlegte und
Mitglied dieser Körperschaft wurde. Erst die Berufung von G. Waıtz,
die durch die Unterstützung der Akademie überhaupt nur möglich
wurde und sein Eintritt in dieselbe vor ı4 Jahren, ferner die ständige
Theilnahme von zwei Ihrer Mitglieder an der Gentraldireetion der Ge-
Dünnter: Antrittsrede. 687
sellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, besiegelte den unlöslichen
Bund, den Anschluss der deutschen Quellensammlung an die übrigen
von der Akademie geleiteten Arbeiten. In den Monumenta Germaniae
im Kleinen, in ihrer Verpflanzung vom Maine an die Spree, spiegelt
sich somit der Entwiekelunesgang des Vaterlandes im Grossen, vom
Bunde zum Reiche, wieder. Glücklicher als dies brauchte unsere
Gesellschaft Österreich aus der alten Gemeinschaft nicht auszuschliessen,
sondern durfte es als wesentlich mitwirkend festhalten.
Die neue Organisation, deren sich die Gesellschaft jetzt erfreut,
beruht auf einem aus dem Schosse der Akademie entsprungenen
Entwurfe, an dem namentlich Morız Haurr einen hervorragenden
Antheil hatte, Wartz, dessen Wahl an die Stelle des Vorsitzenden
keine Wahl war, hat sodann die Kräfte gesammelt oder geschult,
durch deren Zusammenwirken ein neuer Abschnitt in der Geschichte
des grossen Unternehmens beginnen konnte. Was somit Einzelne zu-
erst als eine freie Stiftung unter dem Schutze des Bundes begründeten,
ist nun eine auf unbestimmte Dauer errichtete und gesicherte Stiftung
des Deutschen Reiches geworden. Glaubten einst die Stifter fast noch
den Abschluss der Sammlung zu erleben, so ist das Feld der Thätigkeit
auch jetzt noch ein unermessenes, ja es scheint gleichsam zu wachsen,
je mehr davon angebaut wird, obgleich die verschwisterte historische
Uommission in München in dankenswerther Weise einiges davon für
sich abgezweigt hat.
Durch ein halbes Jahrhundert und darüber ist die Richtung der
deutschen Geschiehtsstudien. auch meine eigene, wesentlich durch
die Monumenta Germaniae bestimmt worden und das Mittelalter stand,
getragen von der Sehnsucht nach dem alten. Reiche, fast allen im
Vordergrunde. In vielen deutschen Landschaften legte man nach
diesem Vorbilde Hand an die Herausgabe der besonderen (uellen.
In den letzten Jahrzehnten erst macht sich, beseelt durch die Thaten
der Gegenwart, eine immer stärker anschwellende Strömung zu Gunsten
der neueren Jahrhunderte geltend. Aber jene Studien, welche in
den Monumenten wurzelten, treten nun auch mit gesteigerten An-
sprüchen an dieselben heran. Die philologische Beschäftigung mit
dem Mittellatein, als einer besonderen organischen Entwickelungsstufe,
muss auf die kritische Behandlung der Texte, auf die Herstellung
der echtesten Überlieferung stark zurückwirken. Vieles, was vor Jahr-
zehnten bereits vollendet schien, genügt diesen strengeren Anforde-
rungen der Wissenschaft nieht mehr und wird gleichsam wieder von
vorn angefangen, von neuem gemacht werden müssen, wenn anders
wir die Anerkennung, die das Ausland dieser deutschen Quellen-
sammlung entgegengebracht hat, fortgesetzt verdienen wollen.
688 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli,
Möge meine Kraft dem nur allzu wenig verdienten Vertrauen,
welches mir für meine jetzige Stellung entgegengekommen ist, einiger-
maassen entsprechen, auf dass es mir gelinge mit der thatkräftigen
Hülfe älterer und jüngerer Freunde das Nationalwerk in dem bis-
herigen Sinne fortzuführen, möge der Geist, welcher in dieser Ge-
nossenschaft waltet, auch mein Wirken heben und befruchten!
Hr. Mommsen, als Secretar der philosophisch-historischen Classe,
erwiderte:
Indem ich Sie, Hr. Dünnter, heute in diesem Kreise begrüsse,
mischt sich mit der Freude Sie einen der Unseren nennen zu dürfen
die schmerzliche Erinnerung an den Mann, dessen Stelle bei dem letzten
aus der grossen Lemsız-Masse an Leissızens Akademie gelangten
Erbstück, bei den Monumenta Germaniae historiea einzunehmen Sie
berufen worden sind, an GEor« Waırz. Sie billigen und Sie theilen
dies Gefühl; haben Sie doch in den Worten, die wir von Ihnen
soeben vernommen haben, ihm selber lebhaften Ausdruck gegeben.
Es ist wohl für uns Alle ein stolzes Gefühl, dass die grossen Unter-
nehmungen, an denen. unsere Anstalt betheiligt ist, nicht an dem
Menschenleben haften, welches auch dann kurz ist, wenn es siebzig
Jahre währt; dass in die Bresche andere Männer eintreten und die
Arbeiten aufnehmen, welche der sterbenden Hand entsanken: dass
wir höher bauen dürfen als die einzelne Menschenkraft es wagen
könnte, weil wir darauf angewiesen sind zu schaffen als Glieder
eines Ganzen. Aber darum nicht weniger bleibt auch in unserem
Kreise der Werth und die Macht der Persönlichkeit in Geltung und
damit das Recht der Erinnerung und der Trauer. Sie haben in
Ihrer neuen Stellung an Ihrem Vormanne ein Musterbild eines Leiters
derartiger Unternehmungen, wie es nicht häufig begegnet. Die un-
ermüdliche Arbeitskraft einerseits, womit er selbst an dem Unter-
nehmen mitwirkte und die ihm bis an die Schwelle des Grabes un-
vermindert blieb, andererseits die neidlose Gerechtigkeit, die ehrliche
und freudige Anerkennung eines jeden Mitarbeiters, des gleichberech-
tigten Altersgenossen ebenso wie des jungen Anfängers gaben ihm
in diesem Kreise eine Stellung, in der Verehrung und Liebe sich das
Gleichgewicht hielten. Wir erwarten das Gleiche von Ihnen; und wir
erwarten es um so sicherer, als es sein Wunsch gewesen ist, dass
Sie, wenn der Tod ihn abrufen würde, an seine Stelle treten möchten
und dieser sein Wunsch nicht zum wenigsten Ihre Berufung entschieden
Ta
‚, Monmnusen: Antwort an Hrn. Dümnter. — KÖöHrer: Antrittsrede. 689
hat. Nach beiden Seiten hin, in Ihrem eigenen Schaffen wie in
Ihrer Leitung der Arbeiten Vieler, können Sie ihn nicht übertreffen,
aber in seinem Sinn und in seiner Weise weiter wirken. Im Übrigen
dürfen wir von Ihnen eine selbständige, in mancher Hinsicht refor-
mirende Fortführung der Ihnen anvertrauten Arbeiten erwarten. Wie
die Dome, an denen die Generationen bauen, so sind auch Gesammt-
arbeiten dieser Art innerliehen Änderungen mit Nothwendigkeit unter-
worfen; das System, nach welchem vor siebzig Jahren die Monumente
der vaterländischen Geschichte begonnen wurden, hat durch die Aus-
führung selbst sich gesteigert und es sind nicht bloss die unfertigen
Theile des Gebäudes zu vollenden, sondern auch die äusserlich fertigen
zum Theil umzubauen. Dass Sie einer jüngeren Generation angehören
als Prrrz und Waırz, soll und wird in dieser Richtung zur Geltung
kommen. Wohl gleicht das Werk, an dem Sie arbeiten, insofern
dem Gewebe der Penelope, als das Fertige stets wiederum unfertig
erscheint und der Neubearbeitung bedarf; aber es theilt damit nur
das Schicksal aller wissenschaftlichen Arbeit, wo die Jahrhunderte
sich ablösen und die Leistung der vergangenen Generationen fortdauert
nicht in den einzelnen Namen und den einzelnen Setzungen, sondern
als Unterbau und Grundlage der Schöpfungen der Folgezeit. Möge
Ihnen für die Fortführung wie für die Reorganisation des grossen
Nationalwerkes der gute Geist unseres Volkes und die volle Kraft
wissenschaftlichen Strebens zur Seite stehen.
Hr. Könter hielt folgende Antrittsrede:
An dem Tage, an welchem ich zum ersten Male als Mitglied
einer öffentlichen Sitzung der Akademie beiwohne, drängt es mich
zunächst nochmals meinem Danke Ausdruck zu geben für die durch
die Wahl mir erwiesene Ehre. Der Verpflichtungen, welche die Tra-
ditionen dieser Akademie ihren Mitgliedern auferlegen, bin ich mir
bewusst.
Es entsprieht, glaube ich, einem alten Brauche, dass die neu
eingetretenen Mitglieder über ihre wissenschaftliche Thätigkeit Rechen-
schaft geben. Diesem Brauche werde ich mich anschliessen.
Nicht allein die Bücher haben ihre Fata; nicht Jedem ist es ver-
gönnt, seinen wissenschaftlichen Neigungen bis zu Ende zu folgen.
Meine ersten wissenschaftlichen Versuche waren den römischen Histo-
rikern gewidmet; daneben zog mich die frische und originelle Dar-
690 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
stellung des Religionswesens. der Römer an, welche Lupwıs PreLLEer
verdankt wird. Ein mehrjähriger Aufenthalt in Italien war diesen
Neigungen günstig. Später führte mich das Schicksal nach Griechen-
land. Dadurch erhielten meine Studien eine andere Richtung.
Bei einem der ersten Besuche der Akropolis in Athen fiel mir
ein Fragment der attischen Tributlisten in’s Auge, welches den Schlüssel
zum Verständniss dieser wichtigen Denkmälerelasse enthielt. Dadurch
wurde ich auf das Studium der griechischen Inschriften geführt,
welches mich in den nächsten zwei Jahrzehnten unausgesetzt be-
schäftigt hat. Ich glaubte zu erkennen, dass in den griechischen
Inschriften ein eigenartiges wissenschaftliches Objeet vorliege, welches
in seinem täglich anwachsenden Bestande eine unausgesetzte, sach-
kundige und gewissenhafte Überwachung aus der Nähe verlange und
verdiene. Es schien mir, dass die Inschriften ihrer Entstehung und
Bestimmung nach nicht als litterarische Texte und Sprachdenkmäler,
sondern als Urkunden aufzufassen und nach denselben Grundsätzen
zu ediren und zu behandeln seien, wie die Urkunden des Mittelalters
oder der Neuzeit. Ich war der Meinung, dass durch eine Sammlung
der griechischen Inschriften die Fundamente gelegt werden müssten
zu einer beglaubigten Geschichte des griechischen Volkes. Die Auf-
findung des neuen Fragmentes der Tributlisten gab mir Veranlassung
zu einer Bearbeitung dieser Urkundenclasse, in welcher ich an der
Hand der Inschriften die äussere Geschichte des attischen Bundes
zu verfolgen und auf beschränktem Gebiete die Frage zu lösen suchte,
in wie weit die Griechen, welehe in Litteratur und Kunst, um es
kurz so zu nennen, die erste Stelle unter den Völkern des Alter-
thums eingenommen haben, sich fähig gezeigt haben zu politischer
Organisation. Durch das Studium der Inschriften wurde ich zuerst
darauf geführt, mich mit der Geschichte der hellenistischen Zeit und
der makedonischen Reiche zu beschäftigen, welche dem gewöhnlichen
wissenschaftlichen Betrieb ferner liegt. Von dem, was sonst der
griechische Boden an Anregendem und Neuem bot, reizten mich
namentlich die Gräberfunde von Mykene Tiryns Spata und Menidi,
obgleich ich mir bald sagte, (dass diese Überreste alter Cultur, deren
Entstehung in eine Zeit zurückreicht, in welcher der Gebrauch der
Schrift in Grieehenland unbekannt war, in ihrem geschichtlichen Zu-
sammenhange vielleicht nie, jedenfalls nicht mit den jetzt zu Gebote
stehenden Mitteln würden aufgeklärt werden können. Dass ich erst
in den letzten Jahren meines Athener Aufenthaltes angefangen habe
diie Münzen, diese ebenso belehrenden wie erfreulichen Überreste des
griechischen Alterthums, in den Kreis meiner wissenschaftlichen Thätig-
keit zu ziehen, beklage ich heute als ein Versäumniss.
KÖönter: Antrittsrede.. — ÜCurrıus: Antwort an Hrn. Köhler, 691
Die Neubearbeitung der Tributlisten wurde der Akademie im
Jahre 1869 vorgelegt. Schon vorher war mir von der Akademie für
die Sammlung der attischen Inschriften die Bearbeitung der Inschriften
der vier Jahrhunderte nach dem peloponnesischen Kriege übertragen
worden. Der letzte Band der mir anvertrauten Abtheilung ist im
vergangenen Sommer ausgegeben worden. Die reichen Inschriftenfunde
der letzten Jahre haben bewirkt, dass die Arbeit, der ich einen Theil
meines Lebens gewidmet habe, in dem Momente, wo sie zu Ende
geführt war, antiquirt war.
Mein Lehrauftrag an der Universität legt mir die Verpflichtung
auf, die Geschichte der Völker des östlichen Culturkreises vor deren
Aufgehen in dem römischen Weltreiche vorzutragen. Es ist nur ein
kleiner Theil dieses ausgedehnten Gebietes, auf dem ich ein selbst-
ständiges Urtheil beanspruchen kann. Für die Geschichte der orien-
talischen Völker muss ich mich, da mir die Kenntniss der Sprachen
dieser Völker abgeht, damit begnügen, die Resultate der Unter-
suchungen und Forschungen Anderer vergleichend zusammenzufassen.
Ich begrüsse meine Aufnahme in die Akademie auch deshalb als ein
besonderes Glück, weil mir dadurch die Gelegenheit geboten ist, den
Entdeckungen auf dem orientalischen Gebiete auf dem Fusse zu
folgen und die Zusammenhänge, welche die Geschichte der Cultur-
völker des Alterthums zu einem Ganzen verbinden, nicht aus dem
Auge zu verlieren.
Hierauf antwortete Hr. Currıus als Seeretar der philosophisch-
historischen Ulasse:
Sie treten, verehrter Herr College, nicht als ein Fremder in
unseren Kreis, Sie haben viele Jahre hindurch unsere Interessen in
Athen vertreten. Als Böckn den ersten Band der _griechischen In-
schriften herausgab, lag Griechenland noch wie auf einem anderen
Planeten, und man glaubte sich mit dem begnügen zu dürfen, was
gelegentlich an Schriftsteinen oder Abschriften nach London oder
Paris gelangt war. Lupwısc Ross war der Erste, der deutsche Ur-
kundenforschung auf hellenischem Boden einbürgerte und uns von der
Fülle dessen, was derselbe an Schätzen barg, eine Vorstellung gab.
Nach Ross sind Sie der deutsche Gelehrte gewesen, dem es ver-
gönnt war, am längsten inmitten der ununterbrochen anwachsenden
Fülle alter Schriftstücke zu arbeiten und durch täglichen Umgang
mit den Originalurkunden gleichsam in ein persönliches Verhältniss
Sitzungsberichte 1889. 65
692 Öffentliche Sitzung vom 4. Juli.
zu denselben zu treten. Durch immer neue Beobachtung des wech-
selnden Sehrifteharakters, des Schriftmaterials, der monumentalen
Zusammenfügung und Aufstellung der Steinurkunden sind Sie in Athen
so heimisch geworden, wie der Archivar in seinem Archiv, und wenn
es äussere Verhältnisse waren, welche Ihrem Leben und Forschen
diese Riehtung gaben, so werden Sie diese Fügung mit uns dankbar
als eine Gunst der Vorsehung anerkennen, da es Ihnen dadurch ge-
stattet wurde, Sich in jungen Jahren auf einem so hervorragend wich-
tigen Gebiete die volle Kennerschaft und technische Sicherheit zu
erwerben, welche Sie in Stand setzte der Wissenschaft Dienste von
bleibender Bedeutung zu leisten. Denn es ist ein Feld der exactesten
Forschung, die einem philologischen Alterthumskenner gestattet ist,
und Sie haben Sich von Anfang an mit Vorliebe einer Gattung von
Urkunden zugewendet, welche den doppelten Vorzug hat, dass sie
in einem grölseren Zusammenhange vorliegen und dass sie einen
Inhalt von hervorragender Bedeutung haben, indem sie die Hülfs-
mittel klar legen, mit denen Athen den Krieg gegen Sparta und die
Peloponnesier aufnahm. Aus den nach Jahren geordneten Tribut-
listen haben Sie die Verwaltung und Gliederung des attischen See-
bundes, die Statistik der Bundesorte, die Steigerung und Ermäfsigung
der Abgaben in den einander folgenden Schätzungen, die Stellung
der verschiedenen Parteien und Parteiführer zur Bundespolitik auf-
geklärt. -
Wer mit solchem Quellenmaterial zu arbeiten gewohnt ist, hat
begreiflicher Weise wenig Vertrauen zu dem Erfolg derjenigen For-
schungen, welche stummen Mauern und schriftlosen Überresten gegen-
überstehen. Es hat aber der Historiker, wie Leıssız sagt, die doppelte
Aufgabe, erstens nichts Falsches zu sagen, und zweitens nichts Wahres
zu verschweigen. Wir dürfen uns also nicht zu spröde der ältesten
Culturperiode Griechenlands gegenüber verhalten, welche immer mehr
in so mannigfaltigen Denkmälern auftaucht, dass sie nicht mehr als
ein praehistorisches Zeitalter angesehen werden darf. Sie weisen uns
immer deutlicher über das Meer hinüber, das Griechenland äusser-
lich von den Öulturländern des Morgenlandes zu trennen scheint, und
es tagt hier ungesucht ein Zusammenhang, welcher die Geschichte des
Alterthums, die bis dahin lauter getrennte Sondergebiete umfasste, zu
einem weltgeschichtlichen Ganzen verbindet. Die Lösung dieser Aut-
gabe, welche Böck# durch religionsgeschichtliche und metrologische
Untersuchungen wissenschaftlich begründet hat, zu fördern, ist eine
der Aufgaben unseres deutschen Instituts in Athen, und, nachdem das
bisher Gesagte an Ihre Worte anknüpfte, lassen Sie mich noch Eins
erwähnen, was Sie nicht berührt haben. Das von Kaiser Wıirneın 1.
Currıus: Antwort an Hrn. Köhler. 693
im Kriegslager gestiftete Institut hat unter Ihnen zuerst eine feste
Gestalt und segensreiche Entwickelung gewonnen, und die zehn
Bände seiner ‘Mittheilungen’, unter Ihrer Leitung erschienen, sind ein
Schatzhaus mannigfaltiger und besonnener Geistesarbeit, ein Ehren-
denkmal des athenischen Instituts und seines Leiters von unvergäng-
licher Bedeutung.
Möge es Ihnen in der Heimath immer mehr gelingen, eine Ihren
Wünschen voll entsprechende Wirksamkeit Sich zu begründen und
mögen Sie in der selbstlosen Hingabe an unsere wissenschaftlichen
Unternehmungen die Befriedigung finden, welche den akademischen
Forscher allein für seine Arbeit belohnen kann. Mit diesem Wunsche
heisse ich Sie in unserem Kreise herzlich willkommen.
Ausgegeben am 11. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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1889.
X\XV.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
11. Juli. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Monnsen.
Hr. Fucns machte eine Mittheilung zur Theorie der linearen
Differentialgleichungen, als Fortsetzung der Mittheilungen vom
ı. November und 13. December v. J. Dieselbe wird später in diesen
Berichten erscheinen.
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Sitzungsberichte 1889. 66
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697
Die Placenta von Inuus nemestrinus.
Von W. WALDEYER.
(Vorgetragen am 27. Juni |s. oben S. 633].)
As ich am 31. Januar d. J. der Königlichen Akademie die Arbeit
von Prof. Dr. Heısrıcıws in Helsingfors über die Entwicklung (der
Placenta beim Hunde vorlegte, zeigte ich zugleich die Doppelplacenta
eines Affen: Immuıs nemestrinus, und behielt mir vor auf den feineren
Bau derselben zurückzukommen. Ich habe inzwischen die vom Prae-
parator Hrn. WickErsHEImErR mit rother Leimmasse von der Aorta
abdominalis aus in Situ injieirte Placenta einer mikroskopischen Unter-
suchung unterworfen, indem ich die Schnitte theils aus umfangreicheren
Stücken in Verbindung mit der Gebärmutter-Wand entnahm, theils
kleinere Stückehen in möglichst feine Schnitte mit dem Mikrotom,
nach vorheriger Gelloidin - Einbettung, zerlegte. Die Schnitte wurden
in Haematoxylin, oder in Pikrokarmin gefärbt und sowohl in Glycerin
wie auch in Balsam untersucht.
Der Grösse des Fötus und des Uterus nach zu urtheilen handelte
es sich um ein bereits vorgerücktes Stadium der Schwangerschaft
mit vollständig in allen Theilen ausgebildeter Placenta.
em
Die Länge des Uterus beträgt 12°”; der grösste Durchmesser
em
von vorn nach hinten 7 Der Durchmesser von links nach rechts
„em
ist gleichfalls 7°” (nach der Erhärtung gemessen). Die Wandungs-
mm
dieke ist nahezu überall gleich: an der unteren Partie 3 — 4 oben
2—2'/,”®. Die grösste Dicke jeder Placenta beläuft sich auf ı
em
> em
Das Maass der vorderen Placenta von oben nach unten 6 ihre
em
Breite ungefähr 5 Die hintere Placenta ist ziemlich von gleicher
Grösse, nur mehr rundlich. Die beiden Placenten sind links und
rechts durch einen erheblichen Zwischenraum, von etwa 2—-3°" Breite
getrennt, in welchem sehr starke Nabelgefässe von der einen zur andern
hinüberziehen. Die Nabelschnur inserirt der vorderen Placenta.
Die Punkte, auf welche ich hauptsächlich mein Augenmerk richtete,
waren: 1. Welches ist der Inhalt der Zwischen-Zottenräume. 2. Wie
66*
698 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilung vom 27. Juni.
verhält sich das sogenannte Zottenepithel? 3. Sind bemerkenswerthe
Verschiedenheiten zwischen dem Bau dieser Affenplacenta und der des
Menschen vorhanden und worin bestehen, für den Fall ihres Vor-
kommens, dieselben?
Aus der vorhandenen Litteratur führe ich vorerst noch Folgen-
des an:
Die erste genaue Untersuchung einer Affenplacenta gab uns
W. Turser in Edinburg', dessen Arbeiten über den Bau der Placenta
unsere Kenntnisse von diesem so schwierig zu erforschenden Organe
wohl am meisten gefördert haben. Da Turser die ältere Litteratur
über die Affenplacenta (J. Huster, Ruporpur, BRESCHET, Owen, Huxtey,
Rorteston, Ercorast, Kosprarowicz) eingehender besprieht, so will
ich hier nieht noch einmal darauf zurückkommen, sondern mich be-
gnügen auf Turxer's Abhandlung zu verweisen. Nur mag erwähnt
sein, dass Rorseston’s Beschreibung” dieselbe Species zu Grunde
gelegen hat, welche mir zu Gebote stand. Indessen sind RorLeston's
Angaben über den feineren Bau kaum zu verwerthen, da die von
ihm verwendete Placenta schon mehrere Jahre im Oxforder Museum
in Spiritus aufbewahrt gewesen war, bevor sie zur Untersuehung
kam. Rorueston hebt die Ähnlichkeit mit dem Bau der Menschen-
Placenta hervor. Ich übergehe hier auch die genauen Angaben Turnxer’s
über die mit freiem Auge wahrnehmbaren anatomischen Verhältnisse
der Placenta, so wie über die Beschaffenheit des Uterus und der
Nabelschnur, da ich dieselben in allen wesentlichen Punkten bestä-
tigen konnte, namentlich auch darin, dass die Deeidua vera — eine
Retlexa ist nicht mit Bestimmtheit zu unterscheiden — von der mus-
eulösen Uterinwand durch eine Schicht lockeren lamellösen Binde-
gewebes getrennt war. Bezüglich der Deeidua serotina oder placen-
taris giebt Turser an, dass dieselbe sich leicht in zwei Lagen trennen
liess, eine dünnere, welche an der Placenta haften blieb, und eine
diekere, welehe sich nieht von der Uterinwand löste und ein schwam-
miges, bienenwabenähnliches Gefüge darbot. Nennen wir die erstere
die Placentarschieht, die zweite die Uterinschieht der Decidua. Die
Placentarschiceht besteht nun aus den bekannten Serotina- oder
Deeidua-Zellen und zeigt bei den von Turser beschriebenen Species:
Macacus cymomolgus, Cercopithecus fuliginosus und Cynocephalhıs mormon,
zahlreiche hügelartige Vorragungen zur fötalen Placenta hin (hillocks
Turner). Es sind diese bereits mit blossem Auge zu sehen. Jedes-
! W. Turser, On the placentation of the Apes, with a Comparison of the
Structure of their Placenta with that of the Human Female. Transact. of the Royal
Soe. London. 1878. P. 1. p. 521.
> Transactions of the Zoolog, Society. Vol. V. 1863.
We Die Placenta von Inuus nemestrinus. 699
mal in die Spitze dieser Deeiduahügel senken sich. vom Chorion in
bekannter Weise entspringend, fötale Zotten ein.
Die spongiösen Räume der Uterinschicht stellt Turser dar als
mit platten epithelähnlichen Zellen ausgekleidet, welche einer vascu-
larisirten bindegewebigen Grundlage aufsitzen. Bei Macacus enthielten
sie kein Blut; Turser betrachtet sie hier als Reste erweiterter Uterin-
drüsen mit verändertem Epithel.
Beim Menschen findet man in einer entsprechenden Schicht in-
dessen viele sinusähnlich erweiterte Bluträume, in früheren Schwanger-
schaftsmonaten jedoch auch die Reste erweiterter Uterindrüsen, die
aber gegen das Ende meist schwinden. Turxer ist hier in Ueber-
einstimmung mit KÖLLIKER gegen FRIEDLÄNDER, KUNDRAT und EnGELMANN,
welche sie auch noch im neunten Monate regelmässig fanden.
Bei Inwus nemestrinus liegt die Sache etwas anders — voraus-
gesetzt, dass nicht etwa ein verschiedenes Stadium der Tragzeit die
Unterschiede erklärt. Ich finde ebenfalls 2 Schichten der Deecidua,
doch erscheint die Uterinschieht nieht spongiös, wie bei Macacus,
sondern nahezu ebenso fest wie die Placentarschicht; auch liessen sich
beide Lagen nicht so von einander trennen, wie es Turner beschreibt
und giebt es auch keine scharfe Grenze zwischen ihnen. Man vermag
die Trennung nur vorzunehmen in Folge des Umstandes, dass die
Uterinschicht fast rein aus den bekannten Deeiduazellen besteht und
nur wenig Blutgefässe zeigt — abgesehen von den durchtretenden
Uteroplacentargefässen und den mit den fötalen Zotten hineingelan-
genden Rvsr'schen Gefässen, kaum noch solche — während die uterine
Lage mehr Spindelzellen aufweist und zahlreiche Gefässe führt: je-
doch sah ich nirgends sinusartige Erweiterungen und auch keine
Reste won Drüsen. So besteht also — unter dem oben gemachten
Vorbehalte — ein bemerkenswerther Unterschied zwischen Inuus und
den von Turner untersuchten Arten. Rorreston, der ebenfalls Imuus
nemestrinus untersuchte, sagt, wie ich aus Turxer's Arbeit entnehme:
»numerous loose lamellae are intervening between the placenta and
the museular coat of the Uterus cet«. Wenn Turxer hierzu meint:
»I have little doubt, that these lamellae were the septa between a
system of loculi similar to those I saw in Macacus cynomolgus«, so
kann ich diese Auffassung nicht theilen;: es handelt sich hier bei
Inuus in der That um nichts anderes, als um eine Submucosa; auf
diese folgt placentarwärts erst «die Deeidua mit ihrer Uterinschicht,
in welche die Lamellen der Submucosa übergehen. Wenn man, wie
es sehr leicht geschehen kann, die Placenta vom Uterus trennen will,
so erfolgt die Trennung im Bereich der Submueosa und es bleibt
kein Theil der Deceidua auf der Gebärmutterwand zurück. Ob dies
700 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilung vom 27. Juni.
nun auch bei der natürlichen Lösung der Placenta sich so abspielt.
vermag ich nicht zu sagen. Bezüglich der Deeiduaschiehtung bei
Affen mag hier auch noch auf Dexiker’s Mittheilung' verwiesen sein.
Letzterer fand ebenfalls zwei Schiehten: eine o
mm
5 dieke innere,
welche Fortsätze zwischen die Cotyledonen hineinsendet (portion ca-
dugque du Placenta uterin) und eine ı""5 starke äussere spongiöse
(portion fixe) — es ist hier die Nomenclatur Köruıker's gewählt —
welche sich jedoch so verhält, wie ich sie so eben bei Inuus ge-
schildert habe. Denker sagt ausdrücklich, dass sie nicht der von
Turser bei Macacus beschriebenen spongiösen Schicht mit weiten
Maschen ähnlich sehe, sondern der des Menschen gleiche. TuRNER
hebt mit vollem Recht die Ähnlichkeit zwischen der Affenplacenta
und der des Menschen wiederholt hervor und ich kann ihm völlig
darin beiptlichten.
Die vorhin erwähnten hügelförmigen Erhebungen der Decidua gegen
die fötale Placenta hin zeigen sich bei Inuus ebenfalls reichlich und
stark entwickelt, sehr dicht stehend und dem freien Auge leicht
sichtbar. Charaeteristische Unterschiede in der Form indessen, wie
sie neuerdings Ronr” von der Menschenplacenta beschreibt und damit
einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Unterscheidung des Verlaufes
der arteriellen und venösen Gefässe liefert, habe ich an meinem
Objeet nicht wahrnehmen können.
In diese Hügel sah Turser. wie bemerkt, die Zottenstämme
eingepflanzt ohne merkliche Abnahme ihres Kalibers; öfters fand er
sie bis zur Basis der Hügel vordringen: an der Eintrittsstelle sollen
sich die Deciduazellen auf die Zotte fortsetzen, und, gegen das Chorion
hin, allmählich abnehmen, bis schliesslich nur das eine Zellenlager,
das bekannte Zottenepithel, übrig bleibt.
Ich finde die Einpflanzung der Chorionzotten wie Turser in die
Spitze der Hügel und sehe sie auch mitunter inmitten derselben sieh
verzweigen und ihr fibrilläres Gewebe mit langgestreckten Zellen
pinselförmig auseinanderfahren. Bezüglich des Zottenepithels sehe ich
indessen wie folgt: Die Hügel. sowie überhaupt die ganze Innenfläche
der Decidua sind von einem Lager platter protoplasmatischer epithel-
ähnlicher Zellen völlig ausgekleidet, wie wenn das Uterinepithel,
freilich in der Form verändert, erhalten wäre. Das ist nun, meiner
Meinung nach, nicht der Fall. indem ich, gestützt auf frühere eigene,
! DENIKER, J. Sur un foetus de Gibbon et son placenta. Compt. rend. de
l’Acad. de Paris T. C. p. 654.
® Rour, K. Die Beziehungen der miütterlichen Gefässe zu den intervillösen
Räumen der reifen Placenta, speciell zur Thrombose derselben (weisser Infaret).
Vırcmow's Archiv Bd. 115. S. 505. 1889.
m
WALDEYER: Die Placenta von Inuus nemestrinus. 01
bislang noch nicht veröffentlichte Untersuchungen über menschliche,
Carnivoren- und Nagerplacenten, so wie auf die neueren Arbeiten von
Heisrıcıvs,' FrRoOmmEL,” Freiscnmann, E. van Benepen' und H. Kraartscn
(bei Kaninchen, ebenfalls noch nieht veröffentlicht) mit Sicherheit an-
nehmen muss, dass das mütterliche Epithel im Bereiche der Placenta
spurlos zu Grunde geht. Auch Kurrrer’ fand bei einer vor kurzem
von ihm sehr genau untersuchten wohlerhaltenen jungen menschlichen
Fruchtkapsel nirgends mehr ein intaetes Uterusepithel.” Zudem sehe
ich bei Inuus folgendes: Die Blutgefässe, Arterien wie Venen,
münden zwischen den erwähnten Hügeln aus: sie führen bis zur
Mündung hin Endothel, welches allmählich etwas protoplasmareicher
wird und direct in den soeben beschriebenen epithelioiden Zellenbelag
der Deeidua übergeht. Ich betone nochmals, dass dieser epithel-
ähnliche Zellenbelag nichts mit den eigentlichen unter ihm liegenden
Deeiduazellen zu thun hat, denn er hebt sich in meinen Praeparaten
an manchen Stellen ganz glatt wie eine Kappe von den Deeiduahügeln
ab. Man kann also diesen Belag füglich nicht als ein modifieirtes
äusseres Lager von Deciduazellen auffassen. Wie er aber gedeutet
werden solle, ist schwierig zu sagen, da er, wie mir scheint, an
den Einpilanzungsstellen der Zotten in die Hügel von den letzteren
direet auf die Zotten übergeht und zwar in deren sogenanntes Epithel
sich fortsetzend.
Man sieht zwar hier und da, wie der epithelähnliche Zottenüber-
zug an der Einpflanzungsstelle sich mit der Zottenaxe eine Strecke
weit in die Tiefe des Deeiduahügels hineinschiebt, doch verliert er
sich nieht etwa da, sondern schlägt sich um und setzt sich auf die
Aussenfläche des Hügels fort. Eins freilich ist mir unmöglich ge-
wesen festzustellen, ob dieser deeiduale Zellenbelag, indem er sich
auf die Zotte fortsetzt, deren gesammtes Epithel darstellt, oder nur
! Heisrtews, Sitzungsber. der K. Preuss. Akad. d. Wissenschaften. 14. Februar
188g. S. ırı u. Arch. f. mikrosk. Anatomie, XXXIH. Bd. 1889.
2 Frommer, R., Ueber die Entwickelung der Placenta von Myotus murinus.
Wiesbaden ı888. kl. Fol.
3 Freischmann, A., Embryologische Untersuchungen. I. Heft. Untersuchungen
über einheimische Raubthiere. Wiesbaden 1880.
* van BENEDEN, E.,. De la fixation du Blastocyste a la muqueuse uterine chez
le Murin (Vespertilio murinus) Bullet. de l’Acad. royale des seiences, des lettres et des
beaux-arts de Belgique. Bruxelles 1888. p. 17. — De la formation et de la constitution
du Placenta chez le Murin. Ibid. p. 351.
5 Kurrrer, K., Deeidua und Ei des Menschen am Ende des ersten Monats.
Münchener medie. Wochenschrift. Nr. 31. 1888. 31. Juli.
% Ich bemerke übrigens, dass Srrası (Arch. f. Anat. und Physiologie 1889) bei
Kaninchen während der ersten Zeit der Placentarbildung das Uterusepithel erhalten
sah. Für die späteren Zustände liegen die Angaben noch nicht vor.
702 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilung vom 27. Juni.
eine zweite oberflächliche Schicht, etwa eine Endothelschieht derselben
bildet, oder endlich, ob er selbst vielleicht im weiteren Laufe schwindet,
oder mit den Zottenepithelzellen untrennbar verschmilzt. Alle diese
Möglichkeiten sind zu erwägen, sie sind indessen nieht an einer fertigen
Placenta, sondern nur durch die Beobachtung der Placentarentwiekelung
zu entscheiden. Vergl. übrigens weiter unten.
Das Zellenlager, wie ich es hier von Inuus auf der deeidualen freien
Fläche der Placenta beschrieben habe, ist wahrscheinlich dasselbe, was
LeoronLp' beim Menschen gesehen hat. Desgleichen erwähnt auch
neuerdings Nıragvucn” in ihrer aus dem Lan6nans’schen Laboratorium
hervorgegangenen Arbeit, dass das Gefässendothel von den Mündungen
der Blutgefässe aus sich über grosse Strecken längs der Serotina-
oberfläche fortsetze.
TursER meint, dass sich von den Venenmündungen aus, wenigstens
erwähnt er nur diese, eine Strecke weit das Endothel auf die Plaeentar-
oberiläche fortsetze (They [i. e. die mütterlichen Bluträume] are, I be-
lieve, greatly dilated blood capillaries the endothelial wall of which is in
part preserved, though to a large extent it apparently disappears ....
p- 556). Eine Abbildung dieses Verhaltens giebt Turner nicht.
Heinz” und Ronr, a. a. O. lassen das mütterliche Gefässendothel
an den Einmündungsstellen der Blutgefässe völlig schwinden; auch
bei Brocn' finde ich weder im Text noch in den Abbildungen etwas
über eine derartige Zellenbekleidung der Deeidua. Hrmz geht etwas
ausführlicher auf diese Frage ein. Er meint, dass meistens die Sero-
tina nackt an die Bluträume grenze, ohne Epithel und Endothel, i. e.
Gefässendothel. Wenn streckenweise ein Epithel vorhanden zu sein
scheine, so sei dies ein von den eingepflanzten Zotten hinübergewuchertes
fötales Epithel. Ein Endothel könne vorgetäuscht werden durch eine
öfters vorhandene homogene Schicht einer Art Intercellularsubstanz
(etwa »canalisirtes Fibrin«? m.), Doch müsse zugegeben werden, dass
ein Endothel streekenweise gefunden werden könne, wenn nämlich
auf gewisse Strecken hin, die sonst von den vorwachsenden Zotten
hin angefressenen und durchgefressenen Gefässwände erhalten geblieben
wären. Also wird doch die Möglichkeit einer endothelialen Begrenzung
der Plaeentarräume offen gehalten, obgleich Hemz jeden doppelten
! Leororp, »Studien über die Uterusschleimhaut«, Arch. f. Gynaekologie 1877.
2 Nrragven, Rarssa, Beiträge zur Kenntniss der menschl. Placenta. Inaug. Diss.
Bern 1887.
° Heinz, Untersuchungen über den Bau und die Entwiekelung der menschlichen
Placenta. Arch. f. Gynaekologie, 33. Bd. 1888. 3
* Brocn, Über den Bau der menschlichen Placenta. 1. Beiträge zur pathologi-
schen Anatomie und allgemeinen Pathologie, herausgegeben von ZıEGLER und NAUWERCcK.
Bd. IV. Heft 5. S. 559. 1880.
er B E „ns
WALDEvER: Die Placenta von Inuus nemestrinus. 703
Zellenbelag auf den Zotten selbst bestimmt in Abrede stellt. Es sei
hier nur ein einfaches Lager vorhanden, und zwar seien «die Zellen
nieht bestimmt unter einander abzugrenzen; sie bilden vielmehr ein
Syneytium.
Taranı' äussert sich bezüglich des Epithelüberzuges der Zotten,
von welchen alsbald noch die Rede sein wird, dahin, dass eine
doppelte Bekleidung derselben vorhanden sei: 1. Das gewöhnliche
Zottenepithel der Autoren als tiefere Sehieht unmittelbar dem Zotten-
stroma anliegend, 2. ein zartes structurloses Häutchen, welches noch
dies Epithel bedeckt. Letzteres sei das mütterliche Gefässendothel.
Aber auch die tiefere Zellenlage hält Taranı mit Ercoranı,” Turner”
und Rontrr' für mütterlichen Ursprungs, worin ich ihm nicht beizu-
pflichten vermag. Über das hier beschriebene besondere endotheliale
Zellenlager auf der placentaren Fläche der Decidua finde ich bei
Taranı weder im Text, noch in der betreffenden Abbildung, welche
übrigens auch mit zu schwacher Vergrösserung gezeichnet ist, eine
Angabe.
Mit Taranı und den eben genannten anderen Autoren stimmt
Corvecor’ darin überein, dass er ebenfalls zwei Zellenlager auf den
Zotten als Begrenzung gegen (die mütterlichen Bluträume annimmt,
sie indessen nicht mit Bestimmtheit deutet.
Aus den Zeichnungen Corveer's, namentlich aus Fig. 2 Taf. II
und aus den Figuren der Taf. IV, vermag ich mit Sicherheit einen
doppelten Zellenbelag nicht zu erkennen. Fig. ı Taf. I kann eher
dafür herangezogen werden; einen strengen Gegner dürfte sie indessen
nieht überzeugen. Einen epithelialen oder endothelialen Überzug der
placentaren Fläche der Deeidua finde ich auch bei Corvecr nicht
erwähnt. Es heisst vielmehr bei ihm von der Begrenzung dieser
Fläche p. 22: »Del eonnettivo mucoso, con ammasso di grosse cellule
deeiduali disposte a strati irregolari, forma il limite della faccia uterina
della placenta.«
! Taranı, A., Sulle eondizioni utero-placentali della vita fetale. Pubblie. delle
R. Istituto di Studi super. in Firenze. Firenze 1886.
® Ercoranı, E.. Sull’ unita del tipo anatomico della placenta nei mammiferi e
nell’ umana specie e sull’ unita fisiologiea della nutrizione dei feti in tutti i vertebrati.
Mem. dell’ Accad. di Bologna, Ser. III, Tom. VII, fase. 2. 1877.
® Turner, W., Leetures on the anatomy of the placenta, Edinburgh 1876 —
Some general observations on the placenta with special reference to the theory of
evolution — Observations on the structure of the human placenta. The Journal of
anatomy and physiology VII 1868 and XI 1377.
* Rouırı, G., Sulla struttura e sviluppo della placenta. Rivista eliniea di
Bologna 1873.
> Corveer, G.. D’aleuni nuovi dati di struttura della placenta umana. Napoli 1886.
Lard N . . » . am .
704 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilnng vom 27. Juni.
In On. Senpewick Minor's trefflicher Abhandlung! sehe ich ebenfalls
auf den Zotten das doppelte Zellenlager beschrieben; die untere Schicht
soll sich indessen später nur an gewissen Stellen (Zellknoten) erhalten,
während eine äussere zusammenhängende protoplasmatische Schicht
für die ganze Dauer des Placentarbestandes bleibt. Über eine zellige
besondere Bekleidung der deeidualen freien Fläche finde ich keine
bestimmten Angaben.
KöLLıker sagt in der zweiten Auflage seiner Entwickelungs-
geschichte S. 340: »Alle Venensinus der Placenta uterina, welche
noch vom Gewebe der Deeidua placentalis begrenzt werden, besitzen
als Auskleidung ein schönes Endothel«. Ob damit auch die placentale
Fläche der Decidua serotina gemeint sein soll, scheint mir nach der
ganzen vorhergehenden Erörterung KöLuıker's zweifelhaft. Auf den
Zotten stellt KörLuıker bestimmt eine endotheliale Bekleidung in Abrede.
Ich bin absichtlich etwas eingehender auch auf die litterarhisto-
rische Besprechung der Frage nach dem Verhalten der placentalen
Fläche der Deeidua serotina eingegangen, weil diese Frage bislang
wenig Beachtung gefunden hat und ich daher einmal alles das. was
mir darüber augenblicklich zu Gebote stand. zusammenhängend dar-
stellen wollte. Wie man sieht. hat sich bis jetzt Niemand für eine
eontinuirliche endotheliale Bekleidung dieser Fläche ausgesprochen.
Am nächsten kommt dem Thatsächlichen noch Rarssa Nrragucn. Für
die Placenta von Inuus nemestrinus kann ich ganz bestimmt behaupten,
dass die placentare Deeidualflläche einen völlig continuirliehen Bezug
von sehr deutlich erhaltenen platten kernhaltigen Zellen besitzt, die
sich leieht im Zusammenhange, wie ein Häutchen abheben lassen. Ich
gedenke bald an einem anderen Orte eine Abbildung von diesem Ver-
halten zu geben.
Wenden wir uns nunmehr zu der anderen Begrenzungstläche des
grossen Placentarraumes, der chorialen. Ich kann zunächst auch
für Inuwus der sehr exaeten Beschreibung KörLLıker's a. a. 0. zustimmen,
welche er für das Verhalten der Deeidua zum Chorion beim Menschen
gegeben hat. Bekanntlich war von Wınkter” die Behauptung auf-
gestellt worden, «dass die Decidua serotina an dem Rande der Placenta
sich allseitig zum Chorion aufwärts umbiege und an der unteren
Fläche des letzteren wiederum ein zusammenhängendes Lager bilde
(Schlussplatte, Wınkter). KÖLLıker zeigt nun, dass der Umschlag zum
Chorion auf die peripheren Partien beschränkt bleibt (Deeidua sub-
! Cu. S. Minor, Uterus and Embryo. Journal of Morphology ed. by Wnırman.
Vol. II. April 1889.
2 WiınkLer, Zur Kenntniss der menschlichen Placenta, Arch. f. Gynaekologie.
Bd. IV. Berlin 1872.
WALDEYER: Die Placenta von Inuus nemestrinus. 05
chorialis KörLıker). während das mittlere Feld des Chorion von De-
ciduagewebe stets frei sich erhält. Man kann somit. wenn man diesen
Ausdruck zulassen will, nur von einem subehorialen Schlussringe
der Decidua, nicht von einer Schlussplatte sprechen.
Ich kann, wie bemerkt, für Inuus nemestrinus diese Darstellung
vollauf bestätigen. Nur in einem kleinen Randgebiete fand ich den
Umschlag der placentalen Basalplatte Wiıskter's, i. e. der Deecidua
serotina, zum ÜChorion und hier natürlich unterhalb desselben ein
mehrfaches Lager von Zellen. Die bei weitem grösste placentale
Chorionfläche war mit demselben, auf den ersten Blick einschich-
tigen Epithel bedeckt. wie es auch die Chorionzotten bekleidet und
von welchem alsbald noch näher die Rede sein soll.
Turner findet bei Macacus ein 4—-10schichtiges Zellenlager an
der placentalen Fläche des Chorion (subehoriale Zellen); es sei dieses
Lager bereits mit freiem Auge als eine gelblich weisse Schicht sicht-
bar. Zwischen der bindegewebigen Grundlage des Chorion und diesen
Zellen liess sich keine scharfe Grenze erkennen, sondern es schien.
als stammten diese Zellen von den bindegewebigen Zellen des
Chorion selbst ab. Dieses mehrschichtige Zellenlager setzte sich auf
die Zotten fort, indem es sich immer mehr verdünnte, bie es endlich
auf eine einschiehtige Lage platter Zellen rückgebildet war. TuRrNER
beschreibt diese Zellen als »somewhat flattened, though not squamous«.
Bezüglich ihrer Bedeutung will er bei Macacus nicht entscheiden, ob
sie vom Chorion abstammen, oder ob sie deeidualen Urspungs sind.
Indessen spricht sich Turser gegen eine Entstehung vom ursprüng-
lichen fötalen Epithel, welches ihm zu Folge später schwinden soll.
aus. Nimmt man eine deeiduale Entstehung an, so wäre WınKLER'S
Schlussplatte damit hergestellt. Man kann aber auch an die von
Lananans' beschriebene »Zellschieht« denken, welehe er als binde-
gewebiges Zellenlager zwischen dem fibrillären ‚Stroma des Chorion und
dessen Epithel annimmt und welches in gleicher Weise auf den Zotten
vorhanden sein soll. Diese »Zellschieht« zeigt eine verschiedene Ent-
wickelung in den verschiedenen Perioden der Ausbildung der Placenta.
Später geht sie fast überall verloren und erhält sich nur da, wo Chorion-
teile, bez. Zotten, mit Deeiduazellen in Verbindung treten; hier gehe
dann das Chorionepithel zu Grunde und trete die bindegewebige Zell-
schicht mit der bindegewebigen Decidua um so leichter in Verbindung.
! LanGHans, Tm.: 1. Untersuchungen über die menschliche Placenta, Arch. für
Anatomie und Physiologie, herausgegeben von Hıs, Braune und du Boıs- Reymon.
1877. 2. Über die Zellschicht des menschlichen Chorion. Beiträge zur Anatomie
und Embryologie. Als Festgabe Jacos Hente gewidmet. Bonn 1882, Cosen und Sohn.
4. S. 60.
706 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilung vom 27. Juni.
Wie bemerkt, fand ich bei dem von mir untersuchten Jnuus
ein auf den ersten Blick einfach erscheinendes Zellenlager von
epithelialem Habitus an dem bei weiten grössten Theile des Chorion
frondosum; es könnte aber der Unterschied zwischen Turner und
mir nach Lasenans Befunden, falls man dessen Schilderung von der
Zellschieht für die Affenplacenta anerkennen will, auch dadureh erklärt
werden, dass mir ein späteres Stadium vorgelegen hätte, in welchem
die Zellschieht bereits geschwunden und nur noch das Chorionepithel
erhalten gewesen wäre.
Bezüglich des sonstigen Verhaltens des Chorions habe ich der
Turser’schen Beschreibung nichts wesentliches hinzuzufügen.
Lassen wir nun gleich die Darstellung der Zotten folgen.
Ich finde dieselben bei Anus in allen wesentlichen Stücken wie
die menschlichen und verziehte daher auf eine vollständige Beschrei-
bung, indem ich auf Turxer’s Arbeit verweise. Nur kam es mir
vor, als ob die Imuıs- Zotten im Alleemeimen schlanker seien, als die
menschlichen. Die Zottenaxe besteht wesentlich aus deutlich fibril-
lärem Bindegewebe, die Blutgefässe zeigen das bekannte Verhalten.
Die Angaben der neueren Autoren über das Zottenepithel, welche
sich hauptsächlich um die Frage drehen, ob dasselbe einfach oder
doppelt sei und was für eine Herkunft dasselbe habe, sind zum
grössten Theile schon vorhin im Zusammenhange mit der Frage von
der Begrenzung der placentalen Fläche der Deecidua mitgetheilt worden.
Hier habe ich noch die Schilderungen von KAstscuenko' und Kurprrer”
nachzutragen, ehe ich auf meine eigenen Befunde zurückkomme.
Kastscnenko nimmt auch einen doppelten Zellenbelag auf den
Zoötten an, jedoch sollen sich beide Lagen aus dem einen ursprüng-
lichen fötalen Zottenepithel entwickeln. so dass die Lanenans’sche
Zellschieht nicht bindegewebiger, sondern ächt epithelialer Natur wäre;
sie stellte die tiefere Lage vor. Die obere Lage sei ein Syneytium
(Plasmodium). Die Bildung der tieferen Lage gehe vom ersten Monate
bis zum Ende der Schwangerschaft vor sich. gegen Ende aber etwas
träger.
Von besonderer Bedeutung erscheinen mir die Angaben Kurrrer’s,
der das Zottenepithel bei einem Ei vom Ende des ersten Monates
durchweg doppelschiehtig fand, desgleichen auch das Epithel der
membrana chorii. Die Zellen der tieferen Lage waren eubisch, die
' Kasrschenko. Das menschliche Chorionepithel und dessen Rolle bei der Histo-
genese der Placenta. Arch. f. Anat. u. Physiol. von Hıs u. Brause u. du Boıs- Reymonp.
Anat. Abth. 1885.
® Kurrrer. RK. Decidua und Ei des Menschen am Ende des ersten Monats.
Münchener medie. Wochenschr. Nr. 31. 1888.
WarpevEr: Die Placenta von Inuus nemestrinus. 07
anderen mehr platt, an der freien Fläche mit gestricheltem Saum,
hier und da mit unzweideutigen Resten von Flimmerbesatz.
Meine Befunde bei brwnes ergaben nirgends eine Spur von Flimmer-
besatz am Zotten- oder Chorionepithel; selbstverständlich können aber
Verschiedenheiten bei den Species obwalten und können auch Alters-
verschiedenheiten in Frage kommen, desgleichen die bessere Erhaltung.
Was ich sah, ist Folgendes:
In dem anscheinend einfachen Epithel treten an vielen Stellen,
namentlich solehen, die dünn geschnitten und gut erhalten sind,
zweierlei verschiedene Kerne hervor; die einen färben sich (in Häma-
toxylin) etwas dunkler und haben eine runde Form, die anderen
bleiben heller, sind grösser, häufig oval und zeigen nach der Färbung
ein deutliches Kerngerüst. Mit beiderlei Kernen ist Protoplasma
verbunden. Das zu den erstgenannten Kernen gehörige bildet eine
zusammenhängende Lage und geht über die Kerne (nebst zugehörigem
Protoplasma) der zweiten Form hinweg, indem es überall die freie
Begränzung gegen das mütterliche Blut übernimmt. Aber an manchen
Stellen geht es mit einem Fortsatze zwischen den Zellen, bez. Kernen
der zweiten Art in die Tiefe, so dass die Doppelschichtigkeit der
zelligen Zottenbekleidung dadurch verwischt erscheint. In dem bei-
gegebenen Holzschnitte ist dies Verhalten treu wiedergegeben worden;
nur tritt die Grenze zwischen Epithel und Bindegewebe nicht deutlich
genug hervor; am Praeparate ist sie völlig klar. Die Stelle entspricht
der chorialen Basis eines starken Zottenstammes. a — Bindegewebe
des Zottenstammes, 5 = mütterliche rothe Blutkörperchen des an-
108 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilung vom 27. Juni.
srenzenden intervillösen Raumes, c, €, €, e — Kerne der tieferen (zweiten)
Lage, umgeben von einem schmalen Protoplasmamantel, (in der
Zeiehnung hell gehalten). d, d, d,, d
19 1
Kerne der oberflächlichen
(ersten) Lage. Mit ihnen hängt ein schärfer markirter oberflächlicher
Protoplasmasaum zusammen, welcher bei d,, d,, d, Fortsätze in die
Tiefe sendet. So sah ich auch an mehreren Stellen das scheinbar ein-
fache Chorionepithel an der Membrana chorii selbst zusammengefügt.
Bekanntlich hat das Zottenepithel zu den verschiedensten Deutungen
Veranlassung gegeben, welche ich hier nieht alle ausführen will.
Ich finde eine neue Stütze für meine früher! gegebene Deutung darin,
dass, wie vorhin geschildert, auch die placentare Fläche der Deeidua
serotina einen besonderen Zellenbelag zeigt, der einerseits auf die
Zotten, andererseits in das Endothel der einmündenden Gefässe con-
tinuirlich übergeht. Ich sehe demnach die’ tiefere Zellenlage als das
fötale Chorionepithel, die oberflächliche als das Endothel der mütter-
liehen Gefässe an. Für eine weitere Begründung dieser Auffassung
müssen eingehendere genetische und vergleichend embryologische
Untersuchungen noch erfolgen; eher werden wir den fast chaotischen
Widerstreit der Meinungen, der hier herrscht, nicht schlichten. Was
die vergleichend embryologischen Erwägungen angeht, so verweise
ich besonders auf die Arbeiten von Turner a. a. O., Frommer a. a. O.,
E. van BENEDEN a. a. O., sowie auf die klare Darstellung in ©. HErT-
wıs’s Entwickelungsgeschichte. Turser kommt zwar theilweise zu
anderen Schlüssen als ich, indem er eine Schicht des Zottenepithels
als vom mütterlichen Uterinepithel abstammend ansieht, dennoch er-
giebt sich aus seinen Arbeiten, dass bei den meisten Thieren überall
die mütterlichen Gefässendothelien erhalten bleiben. Sollte es anders
bei den Aifen und Menschen sein? Eine solehe Erwägung an sich
ist ja kein zwingender Grund, doch fordert er zu streng kritischer
Prüfung der entgegenstehenden Ansichten auf. Bislang ist. aber für
diese noch kein sicherer Beweis irgendwie geführt worden und hat,
wie wir z. B. durch KasrscHenko’s Arbeit erfahren, auch die Lane-
nans’sche Deutung, der zufolge die von mir geschilderte tiefe Schicht
ein bindagewebiges Zellenlager wäre (»Zellschicht«), die oberfläch-
liche dagegen dem fötalen primären Chorionepithel entsprechen würde,
keineswegs ungetheilte Zustimmung erfahren. Thatsächlich lassen
sich ja die meisten Schilderungen vom doppelten Chorion- bez. Zotten-
epithel, gut vereinigen; die Deutungen gehen noch sehr weit aus-
einander.
I WALDEvER, W. Über den Placentarkreislauf des Menschen. Sitzungsber. d.
K. Preuss. Akad. der Wissenschaften, 1887, S. 83.
WwıArpeyer: Die Placenta von Inuus nemestrinus. 709
Bei Macacus (Inuus) nemestrinus, den Turser auch untersuchen
konnte, (älteres Spiritusexemplar aus dem Oxforder Museum), sah er
einen endothelähnlichen Zellenbelag auf den Zotten, vermisste ihn hin-
gegen bei. Macacus cynomolgus.
Was das Verhalten der intervillösen Räume anlangt, so habe
ich selbstverständlich nieht unterlassen mit Berücksichtigung der von
mehreren Seiten erhobenen Einwände —- siehe meine eben eitirte
Abhandlung in diesen Berichten — dieselben auf ihren Blutgehalt
zu prüfen. Ein positives Resultat fiel auch in diesem Falle schwer
in’s Gewicht, da ich es mit einer placenta in situ, die äusserst vor-
siehtig behandelt worden war, zu thun hatte. Die Injeetion war sehr
behutsam ausgeführt worden und absichtlich unvollständig gelassen.
Ich fand in einer grossen Anzahl der Räume die Injeetionsmassen
theils rein, theils mit wohlerhaltenen rothen Blutkörperchen gemischt,
in den übrigen Räumen nur die letzteren dieht gedrängt. Übrigens
sind meine damaligen Angaben seither durch die Untersuchungen von
Heısz, Brocn, Nıraguen und Ronr bestätigt worden. Auch Un. S. Minor
hat in seiner neuesten hier eitirten Arbeit seine Bedenken fallen ge-
lassen. Die genannten Autoren haben sieh wesentlich mit der Frage
der Mündung der Gefässe in die blutführenden Placentarräume be-
schäftigt und zumeist meine Angaben hierüber bestätigt, jedoch auch
in manchen Punkten erweitert. Insbesondere gilt dies von der sehr
sorgfältigen Darstellung Ronr’s, auf welche ich für diese Frage ganz
besonders hinweisen möchte. Bei Brocn’s Beschreibung wird nicht
aller Zweifel behoben, ob das, was er als Arterien, bez. als Venen
deutet, stets solehe waren; die Injeetionsmasse allein kann den
sicheren Entscheid nicht liefern, da ja die Venen rückläufig injieirt
sein können. Ronr giebt exaete Kennzeichen, welche ich, so weit
meine Erfahrungen bis jetzt reichen, für den Menschen durchaus zu
bestätigen vermag.
Turser hat in sehr genauer Untersuchung die Verbindung der
Uterinarterien und Venen mit den interplacentaren Räumen bei den
Affen bereits dargethan. Wie ich vorhin bemerkte, öffnen sich diese
Gefässe bei Imms — die Venen sind häufiger am Rande — zwischen
den hügelförmigen Vorsprüngen, theils in der Tiefe, theils an den
Seiten der letzteren; die Wandungen werden schon zum Theil in der
Submuceosa, sicher aber in der Deeidua auf das Endothellager redueirt.
Bei dem Imuus fand ich dieselben Arterienwindungen wie beim Menschen
auch noch im Bereiche der Deeidua, wo sie Turser bei Macacus
vermisste.
Uterindrüsenreste fand ich, wie Eingangs bemerkt, im Bereiche
der Placenta und in deren Nähe nicht.
710 Gesammtsitzung vom 11. Juli. — Mittheilung vom 27. Juni.
Vom Amnionepithel habe ich noch zu bemerken, dass die
Zellen kurzeylindrisch sind mit deutlichen kurzen Riffen, d.i. Inter-
cellularbrücken versehen; auch zeigen sie an der freien Fläche tie
wiederholt von anderer Seite beschriebene flache Wölbung.
Stelle ich schliesslich die wichtigsten Ergebnisse meiner Unter-
suchung zusammen, so wären dies:
ı. Die Bestätigung der von Turner zuerst erwiesenen grossen
Ähnlichkeit, man könnte sagen: Gleichheit der Struetur der
Affen- und Menschenplacenta, welche noch grösser bei Imus
zu sein scheint, als bei Macacus, insofern bei ersterem die spongiöse
Schieht in ihrer Entwickelung mehr der des Menschen gleicht.
2. Der Nachweis eines eontinuirlichen Endothel-Überzuges an
der placentalen Fläche der Deeidua und des Übergänges desselben
einerseits auf die fötalen Zotten, andererseits in das Endothel der
mütterlichen Placentargefässe.
3. Der Nachweis eines doppelten CGhorion- und Zotten-
zellbelages.
4. Der Nachweis vom normalen Blutgehalt der inter-
villösen Räume.
Ausgegeben am 18. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
711
1589.
. XXXVL
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN,
1S. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Seeretar: Hr. E. vu Boıs-Revaonn.
l. Hr. Scnurze zeigte einige Exemplare von Protopterus anneetens
vor, welche Hr. Dr. Stunznann von Quilimane im enkystirten Zustande
an das hiesige zoologische Institut gesandt hat. Bei zweien derselben
ist die Wiederbelebung hier gelungen, und sie wurden frei im Wasser
sich bewegend der Classe scheimbar in vollkommenem Wohlbefinden
vorgeführt.
2. Das correspondirende Mitglied der Akademie, Hr. WüÜLLxeEr,
sendet eine Mittheilung ein über den allmählichen Übergang
der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen.
Die Mittheilung folgt in einem der nächsten Berichte.
Sitzungsberichte 1884. 67
2 FE |
er - B 5 - u , i |
3 ü 2 . b N a)
nz X # u a I
a Er ee 2 200 j a f ’ Ir E & r
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ER a LERLAR AS LEAERN #05
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ur
‚®
a
=
a Dr
y I + -
he
E 4
= Pl u © nz
Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen.
Von L. Fucas.
(Fortsetzung der Mittheilungen vom 1. November und 13. December 1888.)
(Vorgetragen am 11. Juli [s. oben S. 695).)
16.
Wi: betrachten zunächst die Difterentialgleichung, welcher die Perio-
dieitätsmoduln der hyperelliptischen Integrale vom Range p = 2 ge-
nügen.
Die Periodieitätsmoduln des Integrals
f de,
Ve)
wo
(1) 9@)= en) ke A) k)le =) —-%)
befriedigen alsdann, wie ich' nachgewiesen habe, die Gleichung
dr e Ba Re } Bi
m an rn
da* da: En
1” Ay 15 _g,IN 2
1 te ()-y=o
wo
db
Ya) = (@ — k,) (@ — A.) (we — k,) (© — %,), und va) da
Die in der eben erwähnten Arbeit” eingeführten Grössen (x, %,),
(x; %,), (w, k,), (w, k,) wollen wir bez. mit Y,, %: Y,, Y, bezeichnen.
Die letzteren Functionen von x bilden ein Fundamentalsystem von
Integralen der Gleichung (2), dessen Fundamentalsubstitutionen aus
der genannten Abhandlung” sich folgendermaassen ergeben: Ist y, der
Werth, in welchen y, nach einem bezeichneten Umlaufe der Veränder-
liehen x übergeht, so ist nach einem Umlaufe um
! CRELLE, Journal Bd. 71, S. 119.
® Ebendas. S. 100.
3 Ebendas. S. 100 — ı01.
67*
714 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
kA » Seyrt2y: = Ht 23h, y„ayhırt 29
(3) k,)yı — (le 25 Y. —Y, D Y; —U/, a Do y, =u) 2 al
Kh)y=yı 2 pay ty hy » Yayrt 2y
k)Yı — (N 2Y,> Be x; 2Y,> 22 —Y, A 2%,» mM nz
Setzen wir
1 hy,
Ay, =s Yu ei ayı
dx da
(4) Y, = (Au),
so genügen die sechs Funetionen von x
(12). (13), (19). (23), (24). (34)
nach Nr. 3, Gleichung (H) einer Differentialgleichung
d’u d5u du ZERT d’u u
N (), — = 0), — HE ((), —— =). -Q,.u=o,
(5) da” u. de ro de‘ +8 da +4 de? +% da un
deren Coeffieienten rationale Funetionen von x und von den
Grössen %k, sind. {
Aus Nr. 14 ergiebt sich, dass die Gleichung (5) reduetibel sein
müsse,
Es ist zweckmässig und für die Folge auch wiehtig, dieses noch
auf eine andere Art zu beweisen, welche zugleich von den am An-
fange der Nr. 14 angedeuteten Relationen diejenigen unmittelbar liefert,
die hier vorzugsweise in Betracht kommen.
Aus den Gleiehungen (3) ergiebt sich, wenn wir wieder mit (Ar)
denjenigen Werth bezeichnen, in welchen (Au) nach einem angegebenen
Umlaufe der Veränderlichen x übergeht, dass nach einem Umlaufe um
(G2)= (12), (13)=(13), (14) = (14)
” 29)=—2(12)+2(13)+ (23)
)E49)=—2(12)+2(14)+ (24)
34)=— 2 (13)+ 2 (14) + (34)
(12)=42), (13)= 2 (12) + 13) — 2 (23)
k.)(14)= 2 (12) + (14) — 2 (24), (23) (23)
(6) / (2) =(@s. Ga) 2 (03) ..22(24) 234)
(19=(9)-219)+2 (3, (9-13)
k,)\ (14) = 2 (13) + (14) = 2 (34), (23) = (23)
(62) — 2 (23) + (24) — 2 (34), (34) = (34);
2 ae 2 (14)+ 2 (24), (13)=(13)—- 2(14)+ 2(34)
| Ayı(ıa)= (14), (23) = (23) — 2 (24) + 2 (34)
\ ken) = (24), (34) = (34).
Bilden wir das Partieularintegral der Gleichung (5)
(7) w= (12) — (13) + (14) + (23) — 24) + (34,
ar
Fucas: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. - (Forts.) als)
so ergiebt die eben gebildete Tabelle (6), dass w dureh die Umläufe
der Veränderlichen x um einen der Punkte %,, k,, %,, %k, keine Ände-
rung erleidet. Da aber die Integrale der Gleichung (5) sich für keine
anderen endliehen Werthe von x verzweigen, so folgt, dass w eine
eindeutige Funktion von w ist. Da nun die Integrale der Gleichung (2),
folglich auch die der Gleichung (5), für alle Werthe von « nur be-
stimmte Werthe annehmen,' so ergiebt sich
das Partieularintegral w der Gleichung (5) ist eine
rationale Function von x, also diese Gleiehung
reduetibel.
I
Es sei 7 Integral einer Differentialgleichung, welehe mit Gleichung (2).
Nr. 16, zu derselben Classe gehört, also
(1) de ytmy try" +ny”
d’y
TO
wo @, eine rationale Funetion von @, y = n
da
Setzen wir
(2) 994. Yın. = Ar] ;
so folgt
(3) [ar] —= d,*(Au) + ,-
d m m
ern. ur
Nun ist nach Nr. 4
72 m d d?
109) Yıya — Ya Yı er ey 2)
d’ d* d5
2 2 —— D) re BD)
+ Bo zli )+ 2 Ju) HR):
wo P. wohlbestimmte rationale Functionen von x und den Grössen %,
?
bedeuten. Demnach ist
1?
d
\ [Ar] = (6, + P,9P,) Au) + (+ P., 9) ae) 2, P3, A 1)
SE d’ a "e
+ P9, 520) + Papa (Au).
Aus dieser Gleichung folgt, «dass
(6) [ı2] — [23] + [14] + [23] — l24] + [34] = u
eine rationale Function von x ist, nämlich
I Siehe meine Arbeit, Ürerte's Journal Bd. 66, S. 146, Gleichung (12).
716 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
() w= (6, + B$)w+ (9,+ P,$,)w' + P,o,w” :
+ P,9,w”+ P,9,w" + Po, w
wo ıw die dureh die Gleichung (7) voriger Nummer bestimmte rationale
Funetion von x, 0”) die Ableitungen nach x bedeuten. Da die Func-
tion y der Gleichung (1) bei verschiedener Wahl der Grössen ®,, ®,» P2» ®,
die Periodieitätsmoduln sämmtlicher Integraie erster und zweiter Gattung
umfasst (s. Nr. 14), so drücken die Gleichung (7) voriger Nummer und
die Gleichung (6) der gegenwärtigen Nummer die sämmtlichen zwischen
den Periodieitätsmoduln statthabenden Relationen aus, welche in der
Theorie der Ager’schen Funetionen auf anderem Wege und von anderen
Gesichtspunkten aus hergeleitet werden. Sie ergeben sich hier, wie
schon in Nr. 14 bemerkt, als eine Folge der Reduetibilität der
Gleichung (5) voriger Nummer.
Wenn wir insbesondere ®,.@,.$, so wählen, dass
8) \ (#9, + Po.)w+(®, + on + P,$.0” + P,o,w” + P,9,w"
/ Bo, u) = 0,
dann ist
(9) [12] — [13] + [14] + [23] — [24] + [34] = 0.
Die Grössen [Au] genügen im Allgemeinen einer Differential-
gleichung sechster Ordnung, welche nach Gleichung (5) mit der
Gleiehung (5) voriger Nummer zu derselben Classe gehört. Sind aber
®,:®,,9, der Gleichung (8) gemäss gewählt, so genügen [Au]
nach Gleichung (9) einer Differentialgleiehung nur fünfter
Ordnung, in Übereinstimmung mit dem Satze II Nr. 9:
Ein Beispiel, welches uns hier besonders interessirt, ist dasjenige,
wo 9 die Periodieitätsmoduln des Integrals erster Gattung
]
darstellt. Die in Nr. 14 angedeutete Rechnung ergiebt für den gegen-
wärtieen Fall
(10) „= N a)” ay-3r YA ya”.
Die Werthe
11). = -34’0), »=-3 VW, = -;Y@)
befriedigen nämlich die Gleichung (8), und die Relation (9) ist für
dieselben, wie wir sehen werden. bis auf die Bezeichnungsweise mit
der zwischen den Periodieitätsmoduln der Integrale erster Gattung
bestehenden Relation übereinstimmend.
N i * are . * M [ar
Fuens: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. (Forts.) 717
18.
> 2,,0,,0, ein Fundamentalsystem von Integralen
der Gleichung (2), Nr. 16, welches mit y,.%,,%,:y, folgendermaassen
Sei nämlich »
zusammenhängt:
u —yı T—Yı cd) ya n0 —Y4 ze
\
1)
\ | 1, —yı ; %, —Y, —Y
so sind ©,,?, übereinstimmend mit den Periodieitätsmoduln A,, 4A,
des Integrals
an den Querschnitten a, ,«a,, während v,,ov, die Periodieitätsmoduln
B,. B, desselben Integrals an den Querschnitten Ö,, 5, darstellen.
Ist n durch die Gleichung (10) voriger Nummer bestimmt, und ist
&»&»&,,£, ein Fundamentalsystem von Integralen der Differential-
gleichung vierter Ordnung, welcher 7 genügt, das mit dem Funda-
mentalsystem von Integralen 7,.7,.7,.7, derselben Gleichung in fol-
gendem Zusammenhange steht:
Ken MEN nn GM Ir
(2) (= en,
so sind &,.&, die Periodieitätsmoduln A/, A, des Integrals
=
JVol)
an den Querschnitten a, ,a,.£,,£, die Periodieitätsmoduln 3}, B; des-
selben Integrals an den Querschnitten b,.b,.
Aus den Gleichungen (1) und (2) ergiebt sich
(3) Yı tz; Y%=-d -%+d,, Yy—d, u +, +9y,,,y„-Uu 94%,
(4) ne me een c, = GT N At“
Setzen wir diese Werthe in Gleichung (9) voriger Nummer ein,
so folgt
(5) ©,8; ar 0,0, Zie 2,0, 72 v,% —
oder auch
(5a) HB BEAT SANDB = BA, 0,
welches die obenerwähnte Relation zwischen den Periodieitätsmoduln
der Integrale erster Gattung ist.
! Über die Bezeiehmungsweise vergl. Rırmanıx, Aser'sche Functionen Nr, 20.
718 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
Setzen wir
\ a en
(6) AR a8 —i@, 026; De % —de
M 0 Em Be
4
so nimmt die ne (5) die Gestalt au
(7) b-Le=o.
Hierzu tritt die identische Beziehung (s. Nr. ı)
(8) af—be+cd=o.
Aus der Tabelle Gleichung (3) Nr. 16 ergiebt sich. dass nach
einem Umlaufe von « um
k) 1 9 +2%,,, 0,0, =0%,0,-D,,
ee NR,
DU 20 +95
a 2», a.
"I, = — 2 +29, —- 9 20,, %y = 20, —- 2%, 429, 439,
Am 22,9, = +9, +2, +29,
(a, 20 20, 2000 0:
Dieselben Transformationsformeln gelten den Gleichungen (10)
voriger Nummer und den Gleichungen (2) zufolge, für &,.&.&,.8,-
Demnach ist nach einem Umlaufe der Variabeln x um
k)a=a-2d,b=b
act 27, d=d,«e e,f=J:
\a—=3a—2d, bD=2a+b-.2d, e=—2a+4b+3c+2f,
k,)‘ E a
Id 2 a a ee
2
(1oX a —=a+4b+20c—2d,b = 2a+b--20c- 2d— 2%,
= =—2a+y4b+5;5c+2fF, d=2a+4b— 3d—2f,
= —4b—-2c+2d+f.
k NG — 3a+y4b+2c— 2d,b=b—-2c-— >,
a 3C-- 31, d= 2za+4b— d— 2%; f= EN: fs
19.
Es sei
(1) y+py +py’+py tpy= 0%,
U
wor = Sn eine Ditferentinleleichung. deren Üoeffieienten ausser
Fucns: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. (Forts.) 719
von x noch von zwei veränderlichen Parametern %,, k,, rational ab-
hangen. Es sei 7 ein Integral einer Differentialgleichung
(2) yım Sie un + en + 130 + gun 2.8
welche mit (1) zu derselben Classe -gehört. also
(3) = 9% + PYy+ 9Yy + p,y",
wo Ps. ®,, P,, $, rationale Functionen von x. Wir wollen überdiess
voraussetzen, dass dieselben auch von 4,, 4, rational abhangen.
Setzen wir in (3) für y successive Y,,Ys, Y,, Y, (die Elemente eines
Fundamentalsystems), so sollen die bezüglichen Werthe von n mit
N» 92, 9, 9, bezeichnet werden. Wir wollen überhaupt zwei Integrale
der Gleichungen (1) und (2) der Form
uUy tWuy + UsYsz sh u,Y,
und
UN TUN TUN HUN,
wo 4,,4,,%,,u, willkürlich gewählte Werthe bedeuten, entsprechende
Integrale nennen.
Sind (w,%,,A,) ein Werthsystem, welches die drei Gleichungen
— Zn = —
(4) >,%y 08 (5) > VY 0, (6) >: Wy, — 0
befriedigt, worin w,,rv,,w, willkürlich gewählte Grössen bezeichnen,
so wollen wir über z,,v,, w, so verfügen, dass dasselbe Werthsystem
(v,Ak,,%,) auch den mit den entsprechenden Integralen gebildeten
Gleichungen
DD nn on en > an 0, eo) Dun —o
genüge. Wir können zunächst = 0,0v,—=0,w,—=o wählen, und
>
wir erhalten, wenn wir
Yan u YaNe — [«2]
setzen,
al tl
u [12] N]
8 2
(20) Me]? ©; © 2]
wa,
SE
Es ist aber identisch
(11) [?2]-[34] — [13]-[24] + [14]:[23] = 0.
Demnach haben wir
720 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
eh RO vd, U
10 V, v, U, i
10, {2} U.
3 2 3
(13) =,
w, Das NUR
Die Beziehungen zwischen den «x und den ©, wie sie sieh aus
den Gleichungen (10) ergeben, sind im Allgemeinen transcendent;
wenn dagegen die Gleichungen (1) und (2) so beschaffen sind, dass
eine Gleichung
GM) alı2] + %,[13] + [al + a,l23l + a,l24] + [34] = 0
mit von x, k,. k, unabhängigen Coefficienten stattfindet, so folgt aus
derselben nach Gleichung (12) zwischen den « und ©» die Relation
) v, U
ei 2.2) =0.
On Au:
g ; 2 BL U U EEE
Es verbleiben hiernach drei von den Verhältnissen — , — ,—-,—
(RR bo
ee ee
willkürlich, und x, %,,%, sind Funetionen derselben.
Ist z. B. die Form der Gleichung (14):
(16) 13] +24] =
so geht (15) über in
RD
(17) ee
Ur ©
5) 4
Setzen wir
u D, u
Q ‚ 2 x 2 1
(18) re — a — a
u, © u,
> 4 3
so liefern die Gleichungen (4), (5), (6) und (7). (8). (9) die folgenden
Gleichungen:
S-Yı z &%: Tr Veen
(19) \ on — En In =0;
2 ah EM Yarn Un, no
En men 05
woraus sich wiederum ergiebt:
| [23], ı..„ ala) Fre er
(20) else
[12] [12] [12]
Aus diesen drei Gleichungen sind x,%,,%, als Funetionen der
unabhängigen Variablen, £&,7.< zu bestimmen.
Die Natur dieser Funetionen ist natürlich von der Beschaffenheit
der Coeffieienten der Gleiehungen (1) und (2) abhängie. Man kann
Feens: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen, (Forts.) 21
unter Umständen an Stelle dieser Gleiehungen irgend zwei andere
derselben Classe setzen, von der Art, dass x. 4, ,%, eindeutige Fune-
tionen von £.7.£ werden. Dieses Verhalten ist analog dem Ver-
5
halten derjenigen Funetion, welche dureh Umkehrung des Quotienten
des Fundamentalsystems von Integralen einer Differentialgleichung
zweiter Ordnung entsteht. Man vergleiche z. B. die Natur dieser
Funetion an den beiden Gleiehungen. welchen «die Periodieitätsmoduln
der elliptischen Integrale bezüglich erster und zweiter Gattung genügen
und welche zu derselben Classe gehören.
20.
Wir wollen nunmehr die Resultate der vorigen Nummer auf die
Differentialgleichung der Periodieitätsmoduln der hyperelliptischen
Integrale anwenden, indem wir an die Stelle der Gleichung (1) voriger
Nummer die der Periodieitätsmoduln des Integrals
(Gleichung (2), Nr. 16), und an die Stelle von 7 in Gleichung (3) voriger
Nummer den Ausdruck aus Gleichung (10) (Nr. 17) des Periodieitäts-
| V$o()
setzen. An Stelle des Fundamentalsystems (Y, .Y: : 43: Y,) der vorigen
Nummer wählen wir das Fundamentalsystem (?,,2,,0,,©,), wie es durch
die Gleichungen (1), Nr. 18, bestimmt wird; also an Stelle von (,. N2393,7,)
das durch die Gleichungen (2), Nr. ı8 definirte Fundamentalsystem
(&> 8, &,,8,). Alsdann ergeben die Gleichungen (20) voriger Nummer,
dass xz,%&,%, als Funetionen von drei unabhängigen Va-
moduls des Integrals
riablen £Z,n.£ definirt werden dureh die Gleichungen
b C d
(1) ge,
a z a
wo a,b,c,d die in Nr. ı8 Gleichung (6) eingeführten Grössen
sind.
Den Grössen k,,Ak,, welche noch in $(2) auftreten, legen
win feste, Werthe, z. Brdie Wertheo,r bei.
I Vergl. Creroe's Journal Bd. 83, S. 31.
722 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
Wir wollen in eine nähere Untersuchung der Functionen x, k,.k,
von ER eintreten und namentlich die Eindeutigkeit derselben
nachweisen, mit den für Funetionen mehrerer Variablen erforderlichen
Modifieationen, im Wesentlichen nach der Methode, welche wir!
angewendet, um den Modul # der elliptischen Funetionen als Function
des Quotienten der Periodieitätsmoduln der elliptischen Integrale zu
erforschen.
Durch Differentiation der Gleichung (1) ergiebt sich
d d d
de ° de + K dk, + L 3 dk,
0x ok ok,
| Om er
(2) Ä da = an dx — 9A, dk, nn ok, dk,
ag 8 4
de = a: da + dx, dk, + Ok, dk, .
Wir haben nunmehr die Funetionaldeterminante
Den mal
(3) a2
zu untersuchen. Dieselbe lässt sich, den Gleichungen (1) zufolge,”
auf die Form bringen
ob de dd
1
N N SEN OT Ta
(4) N % dk, dk,
Es werde
Ig dr ds
tr, ET
GA. gs ns)
—
[9 ni
—_
gesetzt. Aus der Gleichung (8), Nr. 18, und den Gleichungen (ı) folgt
(6) NE
a
Es ist daher
zıEhB_ ya
_ dx dk, dk, a dw dk, ok,
Daher ist
AN 0E dm 08 h
(Gr (a, b. G, f) —— PS + = En == „G (a, DR C, d):
; nor 0%, oR,
(7) @ (a, b,'C, 7) 1=G (a, Bee, a).
! Crerre's Journal Bd. S3. S. 13. Brief an Hrn. Herurve.
2 Vergl. Jacosı. ÜRELLE'S Journal, Bd. ı2. S. 40:
Fuchs: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. (Forts.) 7283
Auf gleiche Weise erhalten wir
(8) Gar, dh, H)—2-Gla, b,6,.d):
(9) Ga, a, 7)= — 2E-G(a,b, era).
(10) GBR Ka HN ala 0, A.
Du
Als Funetionen der Variablen . sind die verschiedenen Zweige von
a, b, ce, d, f lineare homogene Funetionen von einander; die Funda-
mentalsubstitutionen dieser Abhängigkeit sind in den Gleichungen (10).
Nr. 18 gegeben. Die verschiedenen Zweige der Grössen ES
als Funetionen von x hängen linear von einander ab: die Funda-
mentalsubstitutionen dieser Abhängigkeit sind unmittelbar aus den
Gleiehungen (10), Nr. 18 abzulesen.
Wir wollen zur Abkürzung für @(a, b, ce, d) da, wo kein Miss-
verständniss möglich ist, kurz den Buchstaben G setzen, und wir
wollen mit @ denjenigen Werth bezeichnen, in welehen @ nach einem
angegebenen Umlaufe der Variablen x übergeht.
Aus den Gleichungen (10), Nr. ı8 und den Gleichungen (7)— (10),
Nr. 20 ergiebt sich, dass nach einem Umlaufe von x um 4,
(1) Be
a
und nach einem Umlaufe von x um %,
N ge ad.
‚ — Ee a -
Hieraus folgt, dass sowohl für den Umlauf von x um A, als
ı®
Y
an ; (r
auch für den Umlauf um %, die Funetion unverändert bleibt.
a
Wir behaupten, dass diese Funetion auch unverändert bleibt
nach einem Umlaufe von x um %, und %,. Wir könnten dieses durch
direete Bereehnung aus den Gleichungen (10), Nr. ı8 und (7)—(10)
voriger Nummer herleiten; wir ziehen es jedoch vor, den Beweis
nach einem Verfahren zu geben, welches für den allgemeinen Fall
der hyperelliptischen Functionen eines beliebigen Ranges in gleicher
Weise anwendbar ist und durch welches eine Reihe ecombinatorischer
Reehnungen umgangen wird.
Aus den Gleichungen (10), Nr. ı8 und den Gleichungen (7)— (10)
voriger Nummer ergiebt sich nämlich, dass nach einem Umlaufe 5 der
Variablen x
(3)
@= (m+mE+mn+m!+mD)G,
724 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
wo m, mt, ,Mt,,m,,m, ganze Zahlen bedeuten. Ein zweiter Umlauf
35 MM,
S, der Variablen x führe @ in @, über; so ist ebenso
(4) G, = (m + mE + min +m&+m/S)G,
wo m',...m, ganze Zahlen sind.
Endlich möge der aus 5, S, zusammengesetzte Umlauf G in 6,
überführen, dann ist wiederum E
(5) G, = (m’+ m’ E+ m, n+m/<+m/S)G,
„ „ . .
wo m ,...m, wieder ganze Zahlen sind.
Dureh den Umlauf S, mögen £,n,2,$ bez. in &£',n',2’,$’ über-
gehen; dann ergiebt sich aus (3), (4). (5):
6) tm E+mn+mig+m/S—=(m+ m, + m,n’ + m,£'
+ m, I) (m’ + m, E+m,n + m, & + m/>).
Da jede der Grössen £’',n,<,S' die Form hat
ga+tgbtgctgd+gf
a’ 2
wo 9,9 ...94, ganze Zahlen und a’ das bedeutet, worin a durch den
Umlauf S, übergeht, so ist
na+tnb-+n,c- n,d+ nf
[2
(7) m+mE+m,n + md + m S’=
Setzen wir noch
(8) d=oca+a,b+a,c+2,.d+ta,f,
so geht die Gleichung (6) über in
RN (m”a+ m b+m,c+m/d+m/f)@a+a,b+a,c+a,d+a,f)
a na+tnb+n,e+n,.d+n,f)(ma+mb+m,c+m,d+m,f).
Diese Gleichung erhält die Form
(10) Kyle or:
wo K eine ganze Zahl, Z und M ganze homogene Functionen bez.
ersten und zweiten Grades von a, b,c,.d mit ganzzahligen Coeffieienten
sind. Da nun ausser der Relation
(11) af+b+cd=o
(s. Gleichung 8 Nr. 18) keine homogene Relation zwischen a,b,e,d,f
bestehen kann, so muss
(12) Ko,
(13) Lyra,
wo y eine ganze Zahl ist, so dass
Fuchs: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. (Forts.) 725
(m’a+m/b+m/c+m/d+ m’ f) (.atab+a,c+ad+a,f)
(14) 1 ma tn b+tn,e+n,.d+n,f) (m’a+ mb + m,c + m,d-+ m,f)
I — yv(af+b?-+ cd)
identisch für beliebige Werthe von a,b,c,d,f.
Eine genauere Untersuchung dieser Identität ergiebt
(15) y=0.
Es ist demnach identisch
(m’a+ mb + mTc+m/d+ m’f)(atab+m,c+a,d+a,f)
(16) ) — (na+n,b+n,c+n,.d+n,f) (m’a+ mb + m;c + m.d+ m, f)
0.
Wenn also keine der Gleichungen
na — na = O0,
£ ee 0%
117) ee — #08
nd, Na = 0
erfüllt ist, so muss
8 mu a0,
’ /
m a, — m,& — 0,
(18) WR) ’
2 d&. — m,.d = 0,
m’a, — mia = 0
sein. Bedeutet S den Umlauf um %,, so ist nach Gleichung (1)
—_ a—2d
@- ———.G,
a
10 = a ZEIT UN > ri
Bedeutet S, den Umlauf von « um %,, so ist in unserem Falle
nach Gleichung (10), Nr. 18
n=—-3,nN=-4,n=2,n= 4,n=4
er ee ee ee)
demnach ist keine der Gleichungen (17) erfüllt. Wir haben also nach
Gleichung (18)
\ 7 1 4 — 4 % 2 —an %
= Mm, mM, = 2m
(20) ; RENRT 3
M; = — 2m, Mm, —19)7
Daher ist nach Gleichung (4) nach einem Umlaufe von x um %,
— m’a
(21) G, = ———+@.
da
Ist wieder S der Umlauf um %,, aber S, der Umlauf um %,, so
ergiebt sich nach den Gleichungen (10), Nr. ı8 im gegenwärtigen
Falle
726 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Juli. — Mittheilung v. 11. Juli.
Wan lg nern =
RE RA 2 =
Es sind wiederum die Gleichungen (17) nicht erfüllt.
Daher folgt aus den Gleichungen (18), wenn wir
(23) Me 3A
setzen,
(24) m, AN, m = 2N, m = 230m 00.
Demnach ist nach einem Umlaufe um k,
’
Y a Y
(25) G =A:—-G,
a
wo A eine rationale Zahl ist.
Setzen wir demnach
: G
(26) = Hlt,eod)
a
so folgt aus den Gleichungen (1) und 2), (21) und (25), dass nach
einem Umlaufe von x um %, oder Ä,
(27) H=H,
nach einem Umlaufe um %, oder %k,
(28) H=X?-H,
wo A eine rationale Zahl ist. Da die Wurzeln der determinirenden Fun-
damentalgleichungen der Gleichung (2), Nr. ı6 reale ganze Zahlen sind,
so ergiebt sich, dass in Gleichung (28) A nur den Werth + ı haben
kann. Demnach ist H(a,b,c,d) eine eindeutige Funetion von «.
Weil aber die Differentialgleichung (2), Nr. 16 zu der Ulasse von
Differentialgleichungen Ürerre's Journal (Bd. 66, S. 146, Gleichung (12))
gehört, ergiebt sich hieraus
H(a,b,c,d) ist eine rationale Funetion von «.
(Der Schluss der gegenwärtigen Mittheilung erscheint in einem der
nächsten Hefte.)
1839.
AXXVU.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
18. Juli. Sitzung der philosophisch-historischen Ulasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen.
l. Hr. Kırpert las über die Ortslagen der adramytenischen
Landschaft.
2. Hr. Schkaper legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. Prıszr
hierselbst vor: Die Zugehörigkeit der unter Nr. 84, 2—ıı im
Brittischen Museum registrirten Thontafelsammlung zu den
Thontafelsammlungen des Königlichen Museums zu Berlin.
Die Mittheilung erscheint im nächsten Bericht.
Ausgegeben am 25. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei
Sitzungsberichte 1889. 68
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1889.
XAXVIL
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
25. Juli. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen. 5
Tus
l. Hr. Weser las über die Samyaktvakaumudi, eine even-
tualiter mit Tausendundeine Nacht auf gleiche Quelle
zurückgehende indische Erzählung.
2. Hr.vox Hrrunorız las über atmosphaerische Bewegungen.
Zweite Mittheilung.
3. Derselbe legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. LeoxnAarn
Weser in Breslau vor: Über Blitzphotographien.
4. Hr. Lanvorr legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. A. LAprNBUuRG
vor: Über die Darstellung optisch activer Tropasäure und
optisch activer Atropine.
9. Hr. Sacnau legte eine Arbeit des Hrn. Dr. Bernnarp Morırz
vor: Zur Topographie der Palmyrene.
Die Mittheilungen 1—4 folgen umstehend, die Mittheilung 5 er-
scheint in den Abhandlungen.
Das Statut der LousAr-Stiftung so wie das Ausschreiben betreffend
die erste am Leisnız- Tage 1891 vorzunehmende Preisertheilung wurden
vorgelegt und die Veröffentlichung beider in diesem Sitzungsberichte
beschlossen. Es wurde ferner nach Vorschrift des Statuts dieser Stiftung
zur Leitung derselben für die nächsten zwei Jahre in geheimer Ab-
stimmung eine Commission gewählt und fiel die Wahl auf die HH.
Sitzungsberichte 1889. 69
unan VE".
VCT 28 188
s)
730 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
VIRCHOW, SCHMOLLER und voN SYBEL. Dieselbe constituirte sich sofort
und bestellte den erstgenannten zu ihrem Vorsitzenden.
Zu correspondirenden Mitgliedern der philosophisch-historischen
Ülasse wurden gewählt die HH. H. von Horst, ordentlicher Professor
der Geschichte an der Universität Freiburg i. B., Geheimer Rath Dr.
Ruporr von Inerıng, ordentlicher Professor der Rechte an der König-
lichen Universität in Göttingen, KonkAp MAURER, Professor der Rechte
an der Königlichen Universität zu München, WırHneLm STUDENUND,
ordentlicher Professor «der elassischen Philologie an der Königlichen
Universität zu Breslau.
Die physikalisch-mathematische Ulasse hat zu wissenschaft-
lichen Unternehmungen bewilligt: weitere 2000 Mark für Hrn. Dr.
STUHLMANN zZ. Z. in Sansibar zur Fortsetzung der faunistischen Er-
forschung von Sansibar: 2000 Mark an die Buchhandlung Veit & Co.
in Leipzig als Beitrag zur Herausgabe von Prof. Frrrsen’s Torpedineen;
2500 Mark für Hrn. Prof. R. Lersıus in Darmstadt, zum Abschluss
der geologischen Kartirung Attika’s; 1000 Mark für Hrn. Prof. Conwentz
in Danzig, zu Untersuchungen verkieselter Hölzer auf der Insel Schonen;
400 Mark für Hrn. Dr. Assmasx hierselbst, zu Lufttemperatur-Messungen
auf dem Säntis; 1500 Mark für Hrn. Prof. Dr. Brieeer hierselbst, zur
Fortsetzung seiner Untersuchungen über Ptomaine; 600 Mark dem
Generalseeretär der Gesellschaft für Erdkunde, Hrn. Dr. vov DANCKELMANN
hierselbst, zur reehnerischen Verwerthung der in Finschhafen auf Neu-
Guinea angestellten Gezeitenbeobachtungen; 1200 Mark dem Privat-
docenten Hrn. Dr. G. KragBgBE hierselbst, zur Untersuchung der Cla-
doniaceen im Harze:;: 400 Mark dem Hrn. Dr. Orro Zacnarıms in
Hirschberg i. Schl. zur Fortsetzung seiner mikrofaunistischen Studien;
ı000 Mark dem Buchhändler Gustav Fischer in Jena, als Beihülfe zur
Herausgabe des Werkes des Dr. Hriper hierselbst, über Entwickelung
von Hydrophihıs piceus; 1500 Mark dem Docenten der Zoologie, Hrn.
Dr. A. Freıscnmann zu Erlangen, zur Erwerbung von Material zu
seinen embryologischen Forschungen; 2000 Mark der physikalischen
Gesellschaft hierselbst, zur Fortsetzung der Herausgabe der »Fort-
schritte der Physik«.
Die philosophisch-historische Ölasse hat zu wissenschaft-
lichen Unternehmungen bewilligt: 1500 Mark dem Hrn. Prof. Dr.
A. Brückser hierselbst, um in St. Petersburg Material zu einer aus-
führlichen Geschichte der polnischen Litteratur in deutscher Sprache
zu sammeln; 920 Mark dem Hrn. Prof. Dr. H. Tuorgecke in Halle a. S.,
zur Herausgabe des arabischen Dichters Al-A’schä.
Über die Samyaktvakaumudi, eine eventualiter
mit 1001 Nacht auf gleiche Quelle zurückgehende
indische Erzählung.
Von ALBR. WEBER.
‚Die Samyaktvakaumudi liegt uns in zwei Recensionen vor, in deren
einer die Geschichte unter »Grenika, Sohn des Prasenajit« spielt,
während in der anderen dafür Uditodaya, Sohn des Padmodbhava'
eintritt, so jedoch, dass auch Grenika’s dabei noch mittels einer dop-
pelten Einleitung gedacht ist. Die betreffende Legende selbst scheint
eine alte zu sein und weit über die Zeit der vorliegenden beiden
Recensionen zurückzureichen. «
Mit diesen Worten habe ich Ind. Stud. 16, 383 der Samyaktva-
kaumudi als eines Analogons für die von mir vermuthete secundäre
Abfassung der vorliegenden Form des zweiten upänga zuerst gedacht.
Es war mir damals (1883) also dieses Werk bei meiner Durcharbeitung
der hiesigen Jaina-Manuscripte dureh diese seine doppelte Textform
und durch seinen Inhalt bereits aufgefallen. Weitere Fragen hatten sich
indessen damals für mich noch nicht daran geknüpft. Ich bin jetzt
der Sache etwas näher getreten, und glaube da etwas gefunden zu
haben, was in der That von erheblichem Interesse sein würde.
Den eigentlichen Kern der ganzen Erzählung bilden die Berichte,
welche von einem frommen Kaufmann Arhaddäsa seinen acht Frauen,
und von diesen, danach in Erwiderung ihm darüber abgestattet werden,
wie ein Jedes von ihnen zum samyaktvam, zur Frömmigkeit, gelangt
sei. Arhaddäsa hat nämlich, auf Grund eines Gelübdes, vom König
die Erlaubniss bekommen, seine Frauen, zu dessen Erfüllung, resp.
zum Gottesdienst im Jina-Tempel”’, zurückzubehalten, während alle
die übrigen Frauen der Stadt in den Wald gezogen sind, um da ein
nur von ihnen, mit Ausschluss der Männer, zu begehendes Jahres-
fest, kaumudi-yäträ, am Vollmond der ersten Hälfte des kärttika-
! die richtige Lesung ist: Padmodaya (s. unten p. 737; n. 4. 745, n. 2).
* die Kaufleute spielen unter den Jaina, wie bei unsern Quäkern, eine grosse Rolle.
69*
m); m a >
132 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Monates zu begehen. Und der fromme Kaufmann entschädigt seine
Frauen hierfür nun eben durch diese Erzählungen. Und zwar ist die
Situation dabei im Übrigen so gedacht, dass der Bericht dieser Erzäh-
lungen zugleich von drei anderen Personen überhört wird, welche
das darin, speciell in dem Berichte des Arhaddäsa, Erzählte mit erlebt
haben, so dass sie die Richtigkeit der Angaben beglaubigen können,
von einem Diebe nämlich, und vom Könige selbst und seinem Minister,
welche alle drei, von aussen her, im Versteck eines grossen vata-
Baumes, in der Nähe des Hauses, zuhören, und zwar so, dass der
Dieb oben in den Zweigen sitzt, während die beiden Andern, die
ihm verstohlen gefolgt sind, um sein Treiben zu beobachten, sich,
vermummt, an der Wurzel desselben befinden.
Der König ist nämlich durch die zeitweise Abwesenheit der
Königin bei dem Feste im Walde von Sehnsucht nach ihr heim-
gesucht, hat eigentlich geradezu die Absicht gehabt, ihr dahin zu
folgen, resp. sein eigenes Verbot, welches der Sitte gemäss alle
Männer davon ausschliesst, zu missachten. Der getreue Minister hat
ihn nur mit Mühe von diesem Vorhaben, resp. Verstoss gegen Sitte
und Gesetz, zurückhalten können, besonders dadurch, dass er ihm
die Geschichte eines Königs Suyodhana, der seinen Thron eingebüsst,
weil er sich in ähnlicher Weise vergangen, vor Augen führt. Mit
Widerstreben hat sich der König gefügt; zum Ersatz dafür aber, resp.
um sich die Zeit mittlerweile zu vertreiben, streift er nun,
mit dem Minister, unkenntlich gemacht, Nachts durch die
Stadt. um etwas Absonderliches, Abenteuerliches zu sehen.
Dabei sind sie auf den Dieb gestossen, der nach dem Hause des Ar-
haddäsa schlich, und sind dann, ihm folgend, eben auch dahin gelangt.
Gerade hierin nun aber liegt, wie mir scheint, das Hauptinteresse
der ganzen Erzählung. Dass ein junger Prinz Nachts durch die Strassen
schwärmt, um Abenteuer zu suchen, dafür finden sich auch anderweit
in den indischen Erzählungen (cf. Dacakumära, Kathäsaritsägara) Bei-
spiele genug. Auch die Situation des Belauschens, und zwar auch
die weitere Steigerung, dass der Belauschende selbst wieder belauscht
wird, ist uns, schon von Kälidäsa her, zur Genüge bekannt. Aber
dass zwei Personen, und zwar ein König und sein Minister,
zusammen sich diesem nächtlichen Sport hingeben, das liegt, so weit
ich es z. Z. übersehen kann, aus Indien hier zum ersten Male vor,
ist aber andererseits eine uns von 1001 Nacht her wohlbekannte Si-
tuation.'
! in Nacht 37 (3 Kalender und 3 Frauen). 94 (3 Äpfel). ı89 (Alishah als der
angebliche Chalif). 292 (der erwachte Schläfer). 354 (Abenteuer des Har. al R.).
A. WEBER: Über die Samyaktvakaumndi. 133
Und da frägt es sich denn nun: ist dies ein zufälliges Zu-
sammentreffen? oder beruht diese Übereinstimmung auf Entlehnung?
und wenn letzteres, wer ist hier der entlehnende Theil? oder end-
lieh: liegt etwa beiderseits eine gemeinsame Quelle vor?
Die erste Eventualität, ein nur zufälliges Zusammentreffen,
halte ich bei der Besonderheit der Einzelheiten für ausgeschlossen,
meine vielmehr, dass hier ein historischer Zusammenhang vorliegt.
Die Entlehnungsfrage sodann, resp. die Frage, wö ist das
Prius, ist für den vorliegenden Fall mit ganzen besonderen Schwierig-
keiten verknüpft. Es wäre in dieser Beziehung von Bedeutung, wenn
wir die Abfassungszeit der Samy. wüssten. Leider ist dies nicht der
Falle Wir haben nur einen terminus a quo, durch die Erwähnung
des Dichters Vilhana darin, nach Bünter Ende des 11. Jahrhunderts,
und einen terminus ad quem, durch das Datum einer der drei Hand-
schriften des Werkchens (samvat 1489 AD. 1433). Es ist ja vielleicht
möglich, dass sich theils durch die allen drei Manuseripten, resp. den.
beiden darin vorliegenden Recensionen, gemeinsamen Verse’, theils
dureh die in der einen derselben (AB) genannten Namen von Jaina-
Lehrern” diese beiden Grenzen für die Abfassungszeit (im letzterem
Falle freilich nur für die von AB) noch etwas näher einschränken
lassen. Bis jetzt indess ist hierüber noch nichts weiter erhärtet.
Selbst aber, wenn wir die Abfassungszeit genau feststellen könnten,
so wäre damit doch nichts definitives gewonnen, da es sich hier,
wie die Zweiheit der Recensionen allein schon zeigt, um einen popu-
lären Stoff handelt, der eventualiter auch bereits vorher in anderer
Form existirt haben kann.
Ähnlich steht es mit den 1001 Nacht, über deren Alter ete. in
neuerer Zeit von den Arabisten vielfach verhandelt worden ist’. Danach
gehen noch immer die Mss. nicht viel über das obige Datum AD 1433
492 (desgl.). 529 (Gesch. des Chalifen von Bagdad oder Albaktakäni) ete. durchstreift
Harıın al Rashid, begleitet von Giafar (Mesrur) Nachts Bagdad. Vergl. noch Nacht
461 und 478, wo dasselbe von einem andern Sultan erzählt wird.
! dieselben sind hieraufhin von mir noch nicht geprüft worden, wie denn über-
haupt diese ganze Mittheilung hier nur ein erster Griff ist und das Einzelne noch näherer
Durchforschung bedarf, aus der sich event. noch allerhand litterargeschichtlich Wich-
tiges ergeben kann.
®2 die Angaben über Jinacandrabhattäraka weisen event., s. unten p. 746, auf
ungefähr samvat 1100— 1400, also AD 1044 — 1344.
® s. August MÜLLER in BEZZENBERGER’S Beiträgen 13, 222 — 44 (1836), DE GOEJE
in pE Gips Sept. 1886 (»De Arabische Nachtvertellingen « 1887), Anon. in Edinburgh
Review 335 (July 1886), GiLpEmeEistErR im »Festgruss an BöHnrLinoe« p. 34. 35.
(1888), H. Zorengerg in: l’histoire de Gäkäd et Shimäs im Journ. As. 1886 März
P- 97— 123 und: Notice sur quelques Mss. des 1001 nuits in s. Ausgabe der: histoire
de ’Alä al din ou la lampe merveilleuse (1888).
134 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
hinaus'. Die verschiedenen Recensionen des Werkes gehören resp. ganz
zweifellos verschiedenen Loealitäten und verschiedenen Jahrhunderten'
an. Daneben steht aber ferner dureh das Zeugniss des Masidi fest, dass
ein alter Kern des Werkes anzunehmen ist, der auf eine persische,
wie diese wieder allem Anschein nach auf eine indische Quelle
zurückgeht. Im letzterer Beziehung lassen sich auch aus dem Innern
des Werkes verschiedene sichere Beweise beibringen, worunter die
eieenthümliche schachtelförmige Einkleidung der Erzählung, die so-
genannte Rahmenform derselben, nicht eme der geringsten Stellen
einnimmt. Und zu dieser würde denn ja eventualiter wohl auch
die in Rede stehende Situation selbst mit gehören.
Unbeschadet aber dieses allem Anschein nach anzunehmenden indi-
schen Hintergrundes der 1001 Nacht, könnte man ja nun freilich doch
die in der Samy. vorliegende obige Relation ihrerseits als einen Borg
von daher ansehen, ähnlich dem, wie auf anderem Gebiete (auch den
der Erzählungen) so manches ursprünglich indische Gut zunächst in die
Fremde gewandert und von da aus dann, im Rückstrom, wieder nach
Indien zurückgelangt ist (cf. Pärasi-Prak. I p. 7 fg.). Gerade die Jaina-
Erzählungen enthalten vieles vom Oceident her Stammende. Und
wenn nach Bünter (s. Pärasi-Prak. II p. 82) der kathäkautuka des
Grivara »as a collection of stories translated from the Persian by
order of his patron Zain al Abidin« (1422 — 1472) zu erachten ist,
wenn sich ferner nach Grıerson (ibid. p. 83) neuerdings sogar eine
direete Sanskrit-Übersetzung der 1001 Nacht (ärabiyä yämini; vermuth-
lich freilich wohl sehr modern?) eingefunden hat, so könnte event.
immerhin die obige Relation ihrerseits auf den 1001 Nacht (etwa
nach mündlicher Überlieferung) beruhen.
Ich neige mich indessen doch mehr der dritten der oben auf-
gestellten Eventualitäten zu, der Annahme nämlich, dass uns in der
Samyaktvakaumudi eine eigene indische Überlieferung unmittel-
bar erhalten ist, somit ein letzter Rest aus jener im Übrigen verlorenen,
vermuthlich buddhistischen Quelle, aus welcher die persische
Vorstufe der 1001 Nacht, von der Mascüdi berichtet, geschöpft hat.
Und zwar stütze ich mich hierbei vornehmlich theils eben auf das
Factum, dass uns die Samy. in zwei recht verschiedenen Recen-
sionen vorliegt, theils, und vor Allem, auf die alterthümlichen
Namen, an welche Beide ihre Darstellung anknüpfen. Diese Namen
! das Garzann’sche Manuseript ist indess nach ZorEngerG (Alä al din) älter als
man bisher angenommen hat, gehört in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, jeden-
falls vor 1400.
2 cf. z. B. das von mir in meiner Abhandlung über die Vajrastei des Acvaghosha
(1859) p. 215 (s. noch Ind. Stud. 10,10. ı1) hierzu Angeführte.
A. Weeer: Über die Samyaktvakaumndi. 6338)
gehören freilich eigentlich nicht dem Kern des Werkes, sondern
der Einleitung desselben an, spielen in jenen nur hinüber. Die
Einleitung aber ist es gerade, welcher auch der in Rede stehende
Coineidenzpunkt mit 1001 Nacht selbst angehört, und es stehen jene
Namen mit diesem in unmittelbarer Beziehung. Wir werden eben
allem Anschein nach die Einleitung der Samy. von ihr selbst ab-
zutrennen und als ihr im Alter vorausgehend, auf älterer Grund-
lage beruhend, anzusehen haben.
Und zwar scheint mir ferner von ihr wieder die ältere Form
in derjenigen Recension enthalten zu sein, die uns in Berlin ms. or.
fol. 1048! vorliegt. Es ist dies zugleich für den Anfang entschieden
die kürzere Recension; im weiteren Verlaufe gleicht sieh allerdings
dies Verhältniss ziemlich aus’, da auch die beiden anderen Handschriften,
ms. or. fol. 1047° und ms. or. fol. 796° im Wesentlichen nur denselben
Umfang haben’. Für uns liegt aber hier das Entscheidende eben
gerade in der Einleitung.
Der Hergang darin in © ist, vergl. das bereits im Eingang An-
geführte, wie folgt.
König Samprati, in Pätalipura, im Lande Gauda, hörte einst
eine Predigt des eri ärya Suhastisüri”, in der Dieser zum sam-
yaktva aufforderte. Auf des K.'s Frage, wer wohl schon früher das-
selbe beobachtet habe, nennt ihm der süri den ereshthin’ Arhaddäsa,
und erzählt ihm dessen Geschichte. Es war nämlich vormals ein
frommer König Grenika, in Räjagriha (Magadha); der hatte einen treff-
lichen Rathgeber, Namens Abhayakumära. Auch wohnte in der Stadt
der creshthin Arhaddäsa, der acht Frauen hatte, und bei Gelegen-
ı —C; 36 foll., die Seite zu ı5 Zeilen a 45 aksh., samvat 1559, Takäriyagräme
geschrieben von Munisägara.
2 in summa hat sie 1481 gramtha.
® — A; 33 foll., die Seite zu 15 Z. a 5o aksh., samvat 1489, geschrieben von
einem Hemacandra, ohne Angabe des Ortes.
* — B; hat allerdings 57 foll., die Seite aber hat nur 7 Z. a 39 akslı., samvat 1871,
in Cribhayanagara, geschrieben für Lakshmikugala.
° Krarr macht mich noch auf folgende Mss. aufmerksam: 1) Wırsox Mackenzie
Coll. 1.156 sec. ed. p. 184 (entspricht AB, da von Uditodaya die Rede ist); und hier
wird sogar auch ein Autor: Mungarasa genannt; ein sonst unbekannter Name! —
2) Rıce Sansk. Mss. in Mysore and Coorg p. 314 (nichts Näheres); — 3) Räs. LArA
Mrrra Notices 8.231, 232 (=R; der Schluss stimmt speciell zu B, variirt aber doch
auch wieder). 4) bei Surıpmar BHÄnvDArkaR Deccan Coll. p. 113, 362 wird die Samy.
zu den Digambara-Werken gezählt, und Sah Jodhräja Godikaä als Autor ge-
nannt! sollte dies nicht aber eine anderweitige Bearbeitung desselben Gegenstandes
sein? dieser Autor-Name klingt denn doch gar zu modern.
6 Nr. ıı in der Kharatara-Liste (- 265 nach Vira), Nr. 8 in der Tapä-Liste.
° creshthin, Kaufmann, steht hier resp. nach dem n. propr. also: Arhaddäsa -
creshthinä; ef. Sitz. B. Akad. 1883 p. 569 (Camp.) 886. und 1884 p. 272 (Uttamae.).
op 5 ; 5
136 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
heit einer Predigt des Vardhamäna bestimmte Gelübde auf sich nahm.
Im Lande Magadha aber ward alle ı2 Jahre ein grosses Fest: kau-
mudi-mahotsava benannt, begangen, bei welchem alle Weiber in
den Wald zogen, während die Männer, mit Ausnahme der Wachen,
welche der König zur Sicherheit der Frauen ausstellte, in der Stadt
blieben. Nur Arhaddäsa erhielt vom König die Erlaubniss, seine
Frauen zur Erfüllung seiner, resp. ihrer Gelübde, in der Stadt be-
halten zu dürfen. — Der König selbst aber erklärte seinem Minister,
dass er in den Wald gehen und den dortigen Lustbarkeiten zu-
sehen wolle. Durch die Einrede des mantrin, der ihm speciell die
Geschichte des Suyodhana (22 — 8b) als warnendes Beispiel vorführt,
davon zurückgebracht, proponirt er dann, zum Zeitvertreib in der
Nacht im Verein mit ihm incognito durch die Stadt zu streifen, um
zu sehen, was es etwa Wundersames gebe (vinodärtham nagaramadhye
bhramanam kriyate, kimeid äccaryam drieyate). So wandern sie denn
auch, alakshi-bhütvä, was hier, dem Verlauf zufolge, geradezu
wohl: unsiehtbar geworden, bedeutet, durch die Strassen, kommen
so zu einem Kreuzweg, und der König sieht da einen chäyäpurusha,
Schattenmann, d.i. einen Mann, der selbst unsichtbar bleibt, von
dem jedoch der Schatten sichtbar ist. Der kluge mantrin erklärt dem
König, es sei dies der durch (Zauber-) Salbe, (Zauber-) Pille ete. ge-
feite' Räuber Lohakhura (Eisenhuf), der, durch die Kraft seiner Salbe
unsichtbar, die Häuser aller Leute beraube, wogegen es gar kein Mittel
gebe. Auf den Vorschlag des Königs folgen sie ihm dann Beide, und
kommen so zu dem Hause des Arhaddäsa, wo der Dieb auf einem dort
befindlichen vata-Baum, alakshibhütvä, oben Platz nahm, während
die beiden Anderen, ebenfalls alakshibhütvä, unten an der Wurzel
blieben. Und da überhören sie denn alle drei das Gespräch des Ar-
haddasa mit einer seiner acht Frauen, der Kundalatä, die ihn fragt,
weshalb er sich mit den Seinen dem tapaccarana, der Askese, hingebe,
während doch in der Stadt ein so grosses Fest gefeiert werde. Er
erzählt ihr darauf seine Geschichte, welche in der Zeit des Prasenajit,
des Vaters des jetzigen Königs Grenika spielt, und im Anschluss
daran tragen dann auch seine übrigen Frauen je ihrerseits einen ent-
sprechenden Vorfall als Grund je für ihre Frömmigkeit vor.
Dies ist eine ganz einfache, wenn auch immerhin schon als aus
zweiter Hand (denn Suhastin erzählt sie dem Samprati) stammend be-
zeichnete Rahmenerzählung, welche zudem an die alten Namen Prase-
najit und Grenika, die Zeitgenossen Mahävira’s, resp. Buddha’s,
anknüpft; und könnte dieselbe sehr wohl auf einer älteren, etwa
' amjanagutikädisidha.
A. WEBER: Über die Samyaktvakaumudi. Tan.
buddhistischen Relation beruhen, ähnlich wie das räya-Pasenaiyyam
auf das buddhistische Paesisuttam allem Anschein nach zurückgeht‘.
In dieser etwaigen buddhistischen Relation könnte dann sehr wohl
auch die Quelle zu suchen sein, auf welche der alte persische Kern
der 1001 Nacht allem Anschein nach zurückzuführen ist.
Dieser einfachen Rahmenerzählung nun steht in AB (in beiden
resp. mit allerhand Variationen) eine längere Darstellung gegenüber:
Unter König Grenika von Magadha beobachtete einst ein Wald-
hüter an einer Stelle des Waldes das friedliche Zusammensein von
Ross und Büffel, Maus und Katze, Schlange und Ichneumon, die sich
doch von Natur feind sind; der Grund davon ward ihm bald klar,
als er kurz danach dort die Frieden-bringende Predigt des Vardha-
mäna hörte. Er brachte sofort dem Könige die Kunde davon, der
hinzueilend seine Verehrung bezeugte, und nach Anhören der Predigt
an Gautamasvämin — ganz ex abrupto —- die Bitte richtet, ihm die
Geschichte vom kaumudi-samyaktvam” zu erzählen: he svämin!
kaumudisamyaktvakathäm me kathaya. — Derselbe geht denn auch
ohne Weiteres damit vor, und zwar beginnt er dieselbe mit einer
Aufzählung verschiedener Personengruppen’: ı. Padmodaya’ K. von
uttara-Mathurä, Gemahlin Yacomati, Sohn Uditodaya; — 2. Minister
Sambhinnamati, Gattin Suprabhä, Sohn Subuddhi; — 3. Räuber
Rüpyakhura, Gattin Rüpyakhurä, Sohn Suvarnakhura; — 4. Kauf-
mann Jinadatta, Gattin Jinamati, Sohn Arhaddäsa, mit acht Frauen.
Die Geschichte von dem kaumudi-Fest wird sodann als unter Udito-
daya vor sich gehend erzählt, wobei jedoch in A wiederholentlich
durch Marginalglossen Grenika an die Stelle des Uditodaya gesetzt
wird, offenbar auf Grund einer Benutzung der m C vorliegenden
Recension’, wie denn auch gleich im Eingange die in Ü gegebene
Darstellung, wenn auch nieht mit gleichen Worten, in einer langen
Ys. Indische Studien 16, 383. Leumann, Actes du Vlim Congres intern. des
Örientalistes a Leide 3, 469— 539 (1886).
2 etwa » Frömmigkeit beim kauınudi -Fest«; — der umgekehrt gestellte Titel
des Textes bedeutet: »das kaumndi-Fest (oder ob etwa rein appellativisch: der
Mondschein) der Frömmigkeit«.
® es erinnert dies an die ähnlichen Angaben in den Erzählungen der anga 7 — 0.
Das rein Schablonenhafte tritt resp. dabei speciell darin hervor, dass mehrere dieser
Namen ganz unnütz sind, da sie im Verlauf gar nicht wieder zur Erwähnung kommen.
Und zwar wird dieser Personal -Anfzählungs- Modus auch weiterhin durch das ganze
Werk hindurch in gleicher Weise streng festgehalten. Durch solche Detail - Angaben
suchen die Jaina den Eindruck serupulöser Gewissenhaftigkeit zu erwecken. Man
kann ja sehr genau in dergl. sein, wenn man es nur mit der eigenen. diehterischen
Phantasie zu thun hat.
* so hier in A 2a; dagegen Padmobhava auf 9a; daraus mein: Padmodbhava
Ind. Stud. 16, 383.
° wie dieselbe in A auch noch anderweit vorliegt, s. unten p. 745 n. 3. 752 n. I.
738 Gesammtsitzung vom 25. ‚Juli.
Randelosse zugefügt ist. Die Darstellung der Einzelheiten in Bezug
auf das kaumudi-Fest ete. ist im Wesentlichen identisch, nur ausführ-
lieher; so wird speeiell der Wunsch des Königs in den Wald zu
gchen ausdrücklich durch die Sehnsucht nach seiner dort, getrennt
von ihm, weilenden Gattin motivirt. Der Dieb, dem der K. mit
seinem Minister nachschleieht, ist hier resp. Suvarnakhura (Sva° B).
Abgesehen von der grösseren Ausführlichkeit (in AB). besteht
hiernach die Differenz der beiden Relationen in Ü und AB im Wesent-
liehen darin, dass in © Grenika der König ist, der mit seinem
Vezier dureh die Strassen zieht, während in AB dies von einem
anderen Könige erzählt wird, und Grenika derjenige ist, der diese
Geschichte zu hören bekommt. Meinem Gefühl nach ist Ersteres
die ältere Form der Darstellung; speciell auch die Hereinziehung des
ınit der Zeit immer mehr vergessenen Prasenajit in die Geschichte',
scheint mir dafür zu sprechen. Es ist, wie mich dünkt, ein frischerer,
alterthümlieher Zug, den Grenika selbst handelnd aufzuführen; da-
gegen berührt es mich eben als secundär, wenn er aus dieser Stellung
verschwindet, und in die eines Zuhörers hinabsinkt. Grenika nimmt
eben in den älteren Jaina-kathäs eine ganz hervorragende Stellung ein.
Nun, man kann ja hierüber denken wie man will’. Jedenfalls
macht die Zuweisung der ganzen Erzählung, in beiden Recensionen,
in den Kreis der an Grenika sich anknüpfenden Legende einen dureh-
aus alterthümlichen Eindruck. Auch der Umstand, dass sei es Gau-
tamasvämin, sei es Arya-Suhastin als Erzähler fungiren, lässt sieh in
gleicher Richtung verwerthen, wenn auch auf ihn nieht dasselbe
Gewicht zu legen ist. — Hierzu tritt nun dann weiter die für die
grosse Popularität’ der Erzählung zeugende Überlieferung derselben
in zwei, ja man kann fast sagen (da B von A wieder mehrfach
erheblich abweicht) in drei Relationen, welcher Umstand mir eben,
wie bereits bemerkt. ganz besonders gegen die etwaige Annahme zu
sprechen scheint, dass es sich bier um eine modernere Benutzung
aus 1001 Nacht handeln könne.
! die Geschichte, die weiterhin Arhaddäsa erzählt, spielt resp. in €. sogar direct
unter seiner Regierung.
2 ein besonderes Gewicht für die Priorität von € vor AB scheint mir im Übrigen
noch darin zu liegen, dass C sich im Verlauf der eigentlichen Erzählung der Ein-
(lechtung der Namen einzelner Jaina-Lehrer in dieselbe, resp. des hierin liegenden
hysteron proteiron (s. unten p. 745. 746) nicht schuldig macht, — Kurz gesagt, U hat,
wie mir deucht, den ursprünglichen buddhistischen Zug noch frischer erhalten,
während AB ganz in's Jaina-Lager übergegangen sind.
8 auch in Südindien! was die Mss. in der Mackenxziıe - Coll. und bei Rıer, oben
p- 735 n. 5, beweisen. — Auch die Zuweisung des Werkehens an die Digambara,
ibid., ist wohl sicher als ein Moment für die Alterthümlichkeit des Inhalts des-
selben zu verwenden. Zu ABÜ treten event. wohl noch anderweitige Recensionen hinzu.
A. Werer: Über die Samyaktvakaumndi. 139
Es beschränkt sich im Übrigen die Coineidenz der Einleitung
mit 1001 Nacht keineswegs bloss auf diesen einen Punkt — das nächt-
liche Durehstreifen der Stadt dureh Könige und Vezier —, sondern
auch die in die Darstellung eingefügte, vorhergehende Erzählung vom
König Suyodhana steht zu 1001 Nacht in nahem Bezuge. Dieselbe
hat nämlich eine nahezu identische Grundlage, insofern auch in ihr
einer unschuldigen Person der Tod durch die Willkür emes Königs
bevorsteht, den dieselbe zunächst dureh Erzählungen von einem
Tage zum andern zu verzögern weiss. Allerdings handelt es
sieh hier nieht um eine Frau, auch nieht um 1001 Nacht, sondern nur,
wie bei den 7 weisen Meistern, um eine festgesetzte Frist von 7 Tagen'.
Indessen die Analogie liegt doch klar vor.
Weitere Coineidenzen freilich, etwa auch in Bezug auf den Inhalt
der dem Suyodhana erzählten 7 Geschichten mit solehen in 1001 Nacht,
liegen mir zunächst nieht vor. Sollten sich dergl. aber doch etwa
finden, so wäre dies ja für meine Annahme des Zurückgehens beider
Texte auf eine gemeinsame Quelle sehr dankenswerth! Denn
kemesfalls würde dabei dann etwa hier an eine Entlehnung von
1001 Nacht her zu denken sein, da die hiesige Form der Darstel-
lung einen durchaus urwüchsigen Eindruck macht. Abgesehen von
der auch hier sieh findenden schablonenhaften Aufzählung der Perso-
nalien je im Eingang dieser Geschichten, zeichnen sie sich nämlich weiter
theils auch noch dadurch aus, dass sie nicht nur, ganz nach Art der
sonstigen kathäs, mit Belegversen in Sanskrit und Präkrit ausgestattet
sind, sondern auch dadurch, dass jede Geschichte mit einem oder zwei
Stichversen ausgestattet ist, welche entweder, ähnlich wie im Panca-
tantra” an der Spitze der Erzählung, die gleichsam nur das Gorollarium
dazu bildet, stehen (in A sind bei 2.4 sogar nur diese Stichverse er-
halten, die Geschichte dazu fehlt, findet sieh jedoch in €, die zu 4
resp. auch in B), oder doch am Schluss, resp. im Innern, den In-
halt zusammenfassend, aufgeführt werden. — Die erste der 7 Ge-
sehiehten beruht zudem im Übrigen auf einem alten, aus den buddhi-
stischen Jätaka, wie aus dem Pancatantra ete. wohlbekannten Motive;
und die dritte greift zum Theil auf vedische, ja sogar auf indoger-
manische Stoffe resp. Vorstellungen zurück.
Die Erzählung beginnt denn also zunächst” mit der uns bereits
bekannten, unnützen", schablonenmässigen Aufzählung von Personalien:
"in der Qukasaptati sind es 70 Tage!
2 ef. auch die argumenta der Sinhäsana-dvätrineikä, Ind. Stud. 15, 198. 204. 310.
® in AB nämlich, in © ist dies bedeutend kürzer.
* da eben nur einige dieser Namen für die Erzählung Bedeutung haben. die
andern gar nieht wieder darin vorkommen.
740 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
ı. Suyodhana, König von Hastinägapura. Königin: Komalä, Sohn: Gu-
napäla; 2. mantrin: Purushottama, Gattin: Kapilä, Sohn: Somacarman;
3. kottapäla (Platzkommandant)': Yamadanda?, Gattin Dhanavati. Sohn
Vasumati. Während eines Kriegszuges des Königs tritt Yamadanda
als sein Stellvertreter ein und macht seine Sache so gut, dass der
König nach seiner Heimkehr, eifersüchtig, auf sein Verderben sinnt.
Im Verein mit mantrin und purohita (Hauspriester) bricht er eines
Nachts in seine eigene Schatzkammer ein, bestiehlt sie, und giebt am
folgenden Tage dem Yamadanda den Auftrag, den Dieb herbei zu
schaffen, oder es koste ihm das Leben. Yamadanda geht hin, besieht
sich die Einbruchsstelle und findet (A ga) da einen Schuh, den der.
König, das Siegel (Siegelring? mudrikä), das der mantrin, die heilige
Schnur (yajnopavitam), welche der purohita in der Nacht daselbst
verloren hatten®. Er erkennt daraus den ihm gelegten Fallstriek. Die
ihm zugethanen Vornehmen (mahäjana) des Volkes machen für ihn
beim Könige sieben Tage Frist aus. Yamadanda benutzt dieselbe,
um dem Könige zur Warnung, resp. in sinnbildlichem Vorbilde,
sieben Gesehiehten zu erzählen, die sämmtlich darauf hinausgehen,
dass man durch Unvorsichtigkeit und Unklugheit, gelegentlich freilich
auch ohne eigene Schuld, zu Schaden kommt.
Die einleitenden sowie die schliessenden Sätze jeder dieser Ge-
schichten haben eine durchaus solenne Form. Die Schlussformel zu-
nächst lautet: »der König erkannte den durch diese Geschichte an-
gedeuteten Sinn nicht‘, und Yamadanda ging, nachdem er dieselbe
erzählt hatte, nach Hause; so verging der erste (ete.) Tag«; und die
Eingangsformel lautet: »am zweiten (ete.) Tage trat Y. wieder vor den
König, der fragte ihn: »he Yamadanda! hast Du den Dieb gesehen ?«
ör sprach: »Herr! ich habe den Dieb nicht gesehen«. Da sagte der
König: »warum hast Du die Zeit verstreichen lassen?« Er sprach:
»da und da wurde von dem und dem eine Geschichte erzählt. Die
hörte ich an. Darüber verging die Zeit«. Der König sagte: »diese
Geschichte ist auch mir zu erzählen«. Yamadanda sprach: »so sei’s.
Also wie folgt«.
!? kotapala AB, kotta® C.
? ef. p. 753, wo yamadanda Appellativum zu sein scheint, etwa: Polizei - Chef;
und p. 754. wo yamadandın »Scharfriehter« bedeutet.
® eine ganz analoge, aber freilich ganz anders gewendete (die Stratlosigkelt
eines Diebes nämlich zu motiviren bestimmte) Geschichte, resp. Angabe, findet sich
in dem kathärnava des Civadäsa, bei Aurrec#r Catalogus 154b in der 25. Erzählung,
sowie in der Purushaparikshä, s. Indische Streifen ı, 251. 252: »wo der König selbst
ist ein Dieb sammt Minister und Hauspriester, was anders soll da ich wohl thun?
Wie der König, so ist das Volk.« — (S. noch unten p. 756 n. ı.)
* die Pointe ist ja in der That hie und da nicht ganz leicht zu finden.
A. WEBER: Über die Samyaktvakaumudi. 741
ı. Ein alter hansa (Flamingo, 4b) rieth seinen Kindern und Enkeln
einen Ranken-Schössling (vally-ankura), der an der Wurzel eines Baumes
befindlich war, mit den Schnäbeln auszuhacken, weil ihnen von daher
Gefahr drohe, ward aber von ihnen verlacht. Die Ranke wuchs dann,
ward abgeschnitten und zur Herstellung von Schlingen verwendet, in
welchen mehrere der jungen hansa gefangen wurden. Auf ihre Bitte um
Hülfe rieth er ihnen, sieh todt zu stellen, und so entkamen sie dann
auch glücklich am anderen Morgen dem Vogelsteller (päradhi AC, päc”B),
als er die Schlingen aufnahm (5a). Der König verstand die in dieser
Erzählung enthaltene Warnung nicht. Yamadanda ging nach Haus.
2. Die Geschichte selbst fehlt, nur ein Präkrit-Vers liegt dafür
vor: jena bhikkhabalim' demi jena posemi” appayam | tena me pat-
thiyä’ bhaggä jädam saranado' bhayam || »weil ich Almosen austheile,
weil ich meine Verwandten (?äptaka) ernähre, deshalb (!trotz dessen)
sind mir hier die Ribben zerbrochen, ist mir aus dem Schutz (Anderer)
Gefahr entstanden«.
3. Der fromme König Sudharma in Varacakti (Paneäla). (Gemahlin
Jinamati) erhielt von seinem mantrin Jayadeva, einem Anhänger des
Cärväka-mata (Gattin Vijayä), als einst die Hauptstrasse (pratoli) der
Stadt, in die er einziehen wollte, dreimal einstürzte, auf seine An-
frage, wie dieselbe fest zu machen sei, den Rath, mit dem Blute
eines von ihm selbst getödteten Menschen dieselbe zu begiessen; dann
werde sie fest halten’; das sei kauläcärya-matam (5b). Dem Könige
aber gefiel dieser barbarische Rath nicht: »was brauche ich diese
Stadt? wo ich bin, da ist die Stadt, yaträ "ham tatra nagaram«,
und wollte dieselbe ganz im Stich lassen. Da gab ihm einer der
mahäjana einen anderen Rath. Danach liess er einen Mann aus
Gold® und Juwelen machen, ihn auf einem Wagen durch die Stadt
fahren und dabei ausrufen: »welche Mutter ihrem Sohn mit eigener
Hand Gift geben wolle, oder welcher Vater seinen Sohn mit eigener
Hand erwürgen wolle, die sollten den goldenen Mann und noch eine
Koti (zehn Millionen) Goldstücke dazu bekommen«. Es handelte sich
nämlich darum, die Ursache jenes bösen Omens, welches auf Un-
zufriedenheit der Stadtgottheiten mit der Stadt hinwies, zu
beseitigen. Da ergab sich’s denn auch, dass in der Stadt ein mit-
! bhikham €.
2 AB, posia C.
° ten? me pitthiya B (10b), tena me kattiya C (5a).
* jadam gar° A, jayam sara° BC. — (S. unten p. 756 n. 1.)
5
alte indogermanische und im vedischen Ritual speeiell zum Ausdruck kommende
Vorstellung; s. Ind. Streifen 1,58—62 (1864). Ind. Studien 13.218/9 (1873).
% s. ibid. und Ind. Studien 13.248. 253.
m AS nr R Or >
742 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
leidloses brähmanisches Ehepaar (Varadatta und Nihkarunä) wohnte,
welches von seinen 7 Söhnen den jüngsten, Indradatta, herzugeben
bereit war!. Durch den Muth, den derselbe dabei bewährte, als es
zur Ausführung kommen sollte, sowie durch das Verhalten des Königs,
dem es mit der ganzen Procedur kein Ernst gewesen war, der zu-
nächst nur einstweilen ruhig hatte geschehen lassen, was ihm vor-
geschlagen ward, nun aber, als es Ernst werden sollte, seinen ersten
Entschluss wiederholte, lieber die Stadt im Stich zu lassen, als Blut
zu vergiessen, besänftigt, liessen die erzürnten Stadtgottheiten nunmehr
den Bau der Strasse ruhig vor sich gehen.
4. Auch hier fehlt wie bei 2 die eigentliche Geschichte, es sind
nur zwei dieselbe betreffende Verse, der eine in Präkrit, der andere
in Sanskrit angeführt: savvavisam jahi” salilam savvärannam’ea kü-
da’samehannam°| räyä jattha sayam väho tattha mayänam“ kudo’ väso||
wo das Wasser ganz Gift (?)°
deckt. wo der König selbst Jäger ist, wie können da Rehe hausen ?; — tathä
wo der ganze Wald mit Fallstricken be-
ea, vaj(j)vä’ dieah pravitatäh'” salilam'vishena‘' päcair mahi hutabhujä
jvalitam vanämtam | vyädhäh padäny anusaramti'” grihitacäpäh kam
decam äcrayati dimbhavati kuramgi || die Himmelsgegenden (Lüfte)
mit Dohnen besetzt, das Wasser mit Gift (gefüllt), mit Fallstricken
die Erde, der Waldrand tlammend von Feuer", die Jäger den Fuss-
stapfen folgend mit erfasstem Bogen — wohin flieht wohl das Reh-
weibehen mit seinen Kälbern ?
5. Vasudeva, K. in Pätalipura, im Lande Nepäla (!Königin Va-
sumati). stolz auf seine Diehtkunst kavitvam, liess seinen mantrin Bhä-
ratibhüshana, der einst seine Verse tadelte, erzürnt in die Gangä
werfen, nahm ihn dann aber wieder, als derselbe, auf eine Sandbank
gerathen, einige schöne Sprüche reeitirte", zu Gnaden an, und setzte
ihn in seine Würde wieder ein (6b 7a).
! eine neue Auflage der Legende von Cunahcepa, s. Rorn in d. Ind. Stud. I. II.
2 so A (6b), sarvvavirattam B (13 b), savvadisim € (6b); jahim ABC.
savvarinam B.
kiva C.
° ©chinnam B.
&miyanB.d.
kuttha B, kao C.
wo in allen Himmelsgegenden Wasser ist U.
päradhi (pae°?) Glosse in A (6b).
pravititä A (vyäapta Glosse) und C.
ıı Otä hi bahlıdakena €.
2 canaihcanair vrajamti Glosse in A.
% m die Thiere schen zu machen, aufzujagen.
14 darunter einer mit demselben Schlusspäda (Refrain). wie bei der zweiten
Geschichte: jena biyä parohamti jena sippamti pädapa | tassa majjhe marissäami jadam
A. WEBER: Über die Samyaktvakaumudi. 143
6. König Subhadra von Pätalipura im Lande Kuru-Jämgala (Köni-
ein Subhadrä) liess einen wundersamen Lustwald herrichten. Durch
Palmwein (tälavrikshasurä) berauschte Affen (markata) brachen darin
ein und verwüsteten ihn. Auf die Kunde davon schiekte der König,
thörichter Weise, alte Hausaffen (svamandirasthitä vinodavriddhavä-
naräh) zum Schutze des Parkes aus! (7a.)
7. Kaufmann Yacobhadra, in Ujjayini im Lande Avamti, liess einst,
als er verreiste, seine beiden Frauen im Schutze seiner siebzigjährigen
Mutter. Als er aber dann unvermuthet des Nachts zurückkehrte, fand
er, dass diese selbst es noch mit einem Buhlen hielt (7 b)'.
Der K. verstand auch die in dieser Geschichte enthaltene War-
nung! nieht und bedrohte am achten Tage den Yamadanda, als er
erklärte, den Dieb noch immer nicht gefunden zu haben, vor den
versammelten mahäjana mit dem Tode. Da blieb dem Y. niehts übrig,
als die drei Beweisstücke für die Schuld des Königs, des mantrin
und des purohita in der Versammlung zu produeiren, wonach die-
selben des Landes verwiesen und je ihre Söhne in je ihre Stelle ge-
setzt wurden.
In B(Sa—ı8b) ist die erste Erzählung etwas ausführlicher, bei
2. 3 findet Übereinstimmung mit A statt, zu 4 wird statt des zweiten
Verses wirklich eine Geschiehte erzählt. Ein Reh mit vielen Jungen
(dimbha) wohnte behaglieh in einem Parke (udyäna). Der König
Ripumardana in der nahen Stadt hatte viele Söhne (14a). Da fing
einer der Jäger ein Rehkalb, gab es einem der Prinzen, und nun
wollte ein Jeder von ihnen so eins haben. Damit hatte der Friede
in dem Walde ein Ende, denn nun ging die Jagd los: -—— eine eigent-
liehe Pointe hat diese Geschiehte nieht weiter, während der auch hier
mitgetheilte erste Stichvers offenbar andeuten soll: »wo der König
selbst ist ein Dieb, (s. p. 740 n. 3), da ist nicht gut hausen«. Die
Erzählungen bei 5—7 und der Schluss stimmen zu A.
In 6 ist die erste Geschiehte dieselbe wie in AB. Am zweiten
Tage aber liegt hier wirklich auch die zu dem in AB alleinig ge-
gebenen Präkrit-Verse gehörige Geschichte vor. Ein geschiekter Töpfer,
Namens Pälhana, der allmählich wohlhabend geworden war und dabei
stetig Almosengeben ete. übte, hatte einst das Unglück, dass von der
Thongrube, aus der er seinen Thon holte, beim Graben der Rand
saranado bhayom || inmitten dessen (des Wassers) werde ich sterben, wodurch
die Samen wachsen, womit man die Bäume begiesst. Aus dem Schutz (aus dem,
was sonst Schutz giebt), ist eine Gefahr entstanden. (S. unten p. 756 n. 1.)
! bei dieser Geschichte ist in der That gar nicht recht abzusehen, was sie
hier soll; von einer Unbesonnenheit des Vorgehens des Kaufmanns kann doch
füglich nicht die Rede sein.
44 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
(tati) sich löste und ihm seine Hüfte zerschlug (4b). Der auch in AB
vorliegende Stichvers drückt seine Klage hierüber aus und bezieht sich
offenbar zugleich speciell auf die Lage des Yamadanda selbst, dem
so schlechter Lohn für sein gutes Benehmen zu Theil werden soll. —
Bei 4 (6b) wird dieselbe Geschichte erzählt wie in B; die beiden Stich-
verse stehen am Schluss. Bei 6 wird speciell angegeben, dass die
Hausaffen mit den anderen gemeinsame Sache machen und den Park
ganz verwüsten. Das Übrige ist gleich.
Wenn die Einleitung sich, wie das Vorstehende zeigt, mehr
oder weniger, u. A. eben auch durch Mittheilung einiger Thierfabeln,
als eine Art Fürstenspiegel nach Art des Pancatantra, Hitopadeca ete.
erweist, mit denen sie auch die zahlreich eingefügten Citate theilt, so
ist der weitere Verlauf der Samy., die eigentliche Kern-Erzählung,
und zwar in © wie in AB, wesentlich zur Verherrlichung des
Jainathums bestimmt. Freilich fehlt es auch in der Einleitung
nieht an jainistischen Zügen, wie denn ja auch schon die im Pancatan-
tra ete. fehlenden Präkrit-Verse auf einen Jaina-Bearbeiter hin-
führen. Im Ganzen aber gewinnt dieselbe durch diese Differenz dem
Kerntheil der Erzählung gegenüber entschieden an Alterthümlichkeit.
Die diesen Kerntheil bildenden Erzählungen ihrerseits ziehen
resp. durchweg, auch wo sie an alterthümliche Stoffe anknüpfen, diese
doch eben nur in majorem geloriam des Jainismus heran. Diese Stoffe
stehen daher mehrfach mit ihren Einzelheiten nur in ziemlich losem,
theilweise sogar in gar keinem Zusammenhange mit dem Schluss einer
jeden Erzählung, auf den es eigentlich alleinig ankommt, mit der dabei
nämlich regulär, und in durchaus solenner Form, vorgeführten Con-
statirung der allgemeinen Bekehrung aller Personen, die in der
betreffenden Geschichte vorkommen, zum Jainathum. — Ähnlich wie
in den sükta des Atharvaveda die erste Hälfte (oder noch mehr) der
Verse mehrfach ganz alterthümliches, altvedisches Material enthält,
die Atharvan-Pointe erst am Schlusse des sükta zu Tage tritt, so
auch hier. Die alten Stoffe sind nur zur Verbrämung, zur Aus-
schmückung herangezogen.
Erscheint ja doch die ganze Einleitung selbst eigentlich geradezu
auch nur in dem gleichen Lichte. Sie gehört ursprünglich gar nicht
mit dem Kerntheile zusammen. Das Ganze ist ein mixtum eompositum,
welches von vorn herein in zwei dem Ursprunge nach verschiedene
Bestandtheile zerfällt. Und zwar ist die Einleitung der ältere
dieser beiden Theile, resp. eben, meiner Meinung nach, auf dieselbe
alte Quelle zurückgehend, welcher im Verlauf der historischen Ent-
wickelung und Verzweigung auch die 1001 Nacht entstammt sind.
Es enthalten jedoch, wie soeben bereits bemerkt, auch die Geschichten
A. Weser: Über die Samyaktvakaumudi. 745
des Kerntheils manches sehr Alterthümliche, abgesehen freilich von
der Form, in der es hier vorliegt.
Die den Eingang des Kerntheils bildende Geschichte der Be-
kehrung des Arhaddäsa, welche dieser seinen Frauen auf deren Bitte
erzählt', beginnt mit der von der Einleitung her uns bereits be-
kannten schablonenhaften Aufführung von zum Theil ganz unnützen
Personalien (A ga, B 2ıa) und zwar ist dieselbe im Wesentlichen
nur eine Wiederholung des bereits dort (s. oben p. 737) Gesagten:
ı. König Padmodaya” in Uttara-Mathurä (Gemahlin Jasamati resp.
B: Yaco°); Sohn Uditodaya, der jetzt regiert; 2. Minister Sambhin-
namati, Gattin Suprabhä, Sohn Subuddhi’, jetzt Minister; 3. Dieb
Rüpyakhura, Gattin R°rä, Sohn Suvarnakhura, jetzt als Dieb
fungirend; 4. Hofbanquier (räjacreshthin) Jinadatta, Gattin Jinamati,
ich Arhaddäsa der Sohn‘. Danach folgt die Geschichte selbst. Rü-
pyakhura habe vormals, kraft seiner Salbe unsichtbar, immer mit dem
König (Padmodaya; resp. in Ö Prasenajit) von dessen Wein (? rasa-
vati) getrunken’. Darüber erkrankte der König, und sein weiser mantrin
brachte es durch eine List, durch Rauch nämlich, der die Augen des
Rüpyakhura beizte, so dass sie von Thränen überquollen und dadurch
die Zaubersalbe verwischt ward, zu Wege, dass derselbe, nunmehr sicht-
bar, gefangen ward, worauf er dann zum Pfahle verurtheilt wurde.
Jinadatta kehrte gerade mit seinem Sohne Arhaddäsa von einer Wall-
fahrt zu dem 1000-Jina-Tempel heim, nachdem er dort (10a) dem
trefflichen Lehrer Jinacandrabhattäraka® seine Verehrung darge-
! in € ist es zunächst die Kundalatä allein, die ihn befragt, gb, weshalb er
sich dem tapagcarana hingebe, während doch die ganze Stadt ein solches Fest feiere.
® Padmobhava A ga, Padmodaya B 2ıb.
® das Bisherige ist in A ausgestrichen und durch die zu © stimmende einfache
Angabe: atrai 'va räja Creniko (sie!) tasya 'bhayakumärah ersetzt; conf. oben
P- 737 2. 5.
* diese Aufzählung ist hier wohl einfach als von der Einleitung herüber ge-
nommen zu erachten. — In C ist all dies weit kürzer (gb): ı. ihai 'va nagare räjä cri
Prasenajito (sie!) abhüt, tasya putro (sie!) eri Greniko räjädhiräjo räjyam säm-
pratam karoti; 2. Rüpyakhura und Lohakhura; 3. Jinadatta und ich, Arhaddäsa.
° ich glaube diese Angabe schon anderweit vorgefunden zu haben, kann mich
aber nicht erinnern, wo?
% paramagurugri Jinacamdrabhattärakapädadvamdvasya vamdanäm kritvä A 10a
B 24b; dagegen Ü (ııb) hat nur: vanasthacaityasädhuvamdanäm kritvä. Und wie hier,
so lässt auch an allen übrigen Stellen, wo AB einzelne Lehrer mit Namen nennen, ©
diese Namen fort, was denn entschieden, s. oben S.738 n. 2,'den Eindruck grösserer
Einfachheit, resp. Alterthümlichkeit macht. Andererseits sieht die Aufführung der be-
treffenden Namen in AB dem gegenüber so aus, als ob dadurch die Abfassungszeit der
in AB vorliegenden Recension sich näher bestimmen lassen könne. Denn der Autor
derselben wird doch in solehem Falle wohl kaum rein fietive Namen genommen
haben, vielmehr 'solehe, die damals bekannt waren, deren Träger resp. gerade dämals
in besonderem Ansehen standen, so dass ihre Aufnahme in die Erzählung in AB
Sitzungsberichte 1889. 70
746 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
bracht hatte, und kam an der Stelle vorüber, wo der Gepfählte nun
schon den dritten Tag aufgespiesst war, und von heissem Durst ge-
quält ward; das Leben wollte nicht von ihm weichen; »die Schakale
frassen ihm an den Füssen‘, die Krähen hackten ihm das Haupt«.
Da bat er den Jinadatta sich seiner zu erbarmen und ihm einen Trunk
Wassers zu reichen (1ob). Jinadatta antwortete, er habe durch zwölf-
jährigen Dienst beim Lehrer gerade heute früh von demselben einen
heiligen Spruch erhalten; wenn er nun jetzt Wasser holen gehe, ver-
gesse er mittlerweile den Spruch. Da erbot sich der Dieb, den Spruch
inzwischen zu reeitiren (tävatkälaparyamtam imam mamtram aham gho-
shayämi); er möge ihm den Spruch nur lehren. Der Kaufmann willigte
ein und ging. Als nun aber der Dieb andächtig (ekägraeitta) den
an die 5 parameshthin gerichteten mantra aussprach, gab er sofort
den Geist auf und ward durch die Kraft des heil. Spruches im Sau-
dharma Himmel, mit ı6 äbharana geschmückt, zu einem mit reichem
eben als einsynehronistisches Moment anzusehen wäre. Das mag ja denn auch immer-
hin so sein. Bei näherem Hinblick indessen ergiebt sich, dass doch nur wenig Festes
hieraus zu gewinnen ist. Es sind im Ganzen ı3 Namen, die sö genannt werden:
nämlich, ausser Jinacandra, der noch dreimal erscheint (A ız2a, B 30, A ı6a,
B 4ob, wo er als in Väränasi wohnhaft bezeichnet ist; A ıza, B 44a), noch: 2. Gana-
dharamuni 33a (B hat Guna°), BR Gunasenabhattäraka 28a, Re 32b,
5. Yagodharamuni 24a (und B 68a), 6. Grutasägaramuni 26b, (eruti °B), 7. Satyasägara-
bhattäraka 23a, 8. Samädhigupta ı4b. 2ob, 9. Sahasrakirti 27b, 10. Sägaracandramuni-
natha 2ob, und die Frauen: ı1. Abhayamati kshäntikä 20a, ı2. Vrishabhacri arjikä
(d. i. aryika) 2ob und 13. Udayagri aryikaä (nur in B87a, und R). Hierunter sind denn
zunächst einige Namen, die anderweit zahlreich belegt sind. Die Lehrerliste der Khara-
tara. führt allein acht Jinacandra auf, wo denn hier freilich, da die Erwähnung des
Bilhana (AD 1085) und das Datum von A (ADı1433) bestimmte Grenzen steckt, nur die
ersten vier: Jinacandra I., Vorgänger des Abhayadeva (dieser + 1079 AD), Jinacan-
dra II. AD’ 1141— 1167, Jinacandra III. AD 1270— 1320, Jinacandra IV. AD 1359 über-
haupt in Frage kommen könnten, s. Krarr im Ind. Antiqu. ı1, 248a. fg. Bei Jinadatta
sodann (so heisst ja auch der oben in der Erzählung genannte Kaufmann, der Vater
des Arhaddäsa selbst; s. resp. auch noch p. 753) wäre allenfalls an den berühmten
Träger dieses Namens AD 1076 —ı155 zu denken, s. Krawr ibid., sowie mein Verz.
der hiesigen Sanskr. und Präk. Handschr. 2, 981 fg. Für die übrigen Namen verweise
ich auf die hier am Schluss als Nachtrag angefügten Mittheilungen Krawr’s. Irgend
etwas Bestimmtes lässt sich danach aus diesen Namen nicht gewinnen. Nur das ist
immerhin ein gewisses chronologisches Moment, dass sich darunter keine alten
Namen, wie etwa Bhadrabähu, Vajra, ärya Rakshita, Umäsväti, Haribhadra u. dgl.
vorfinden. Man sieht daraus, dass der Verfasser von AB sich wirklich an die in
seiner Zeit üblichen dgl. Namen gehalten hat. — Die Naivetät freilich, mit welcher er
eine Geschichte, die dem Örenika erzählt wird, also noch vor dessen Zeit spielt,
gerade mit diesen Namen ausgestattet hat, ist eine recht kräftige. Man sieht deutlich,
er hat den alten Stoff, der ihm vorlag, nur als Einkleidung, als Schmuck benutzt,
um seinen Stoff, die Verherrlichung des Jaina-Glaubens, damit zu verbrämen. Wenn
der Verfasser von Ü sich von diesem hysteron proteron durchaus frei gehalten hat, so
gereicht dies entschieden zu seiner Empfehlung, cf. 738 n. 2, 747 n. 2.
civälibhakshitau pädau A ıob, grimgälibh° B25a, grigälair bh? © ı2a (ein gloka!).
A. Weser: Über die Samyaktvakaumudi. 747
Gefolge versehenen Gott. Jinadatta aber kehrte danach (1 1a) zu seinem
guru zurück, um den Spruch wieder zu gewinnen. Und als nun der
König auf die Anzeige der Wächter, dass Jinadatta mit dem Gepfählten
gesprochen habe, seine Diener in das Haus des Jinadatta schickte, um
dessen Besitzthümer zu eonfiseiren ', wurde dasselbe hiegegen durch die
Intervention des dankbaren Rüpyakhura geschützt, der jene in räkshasa-
Gestalt mit seinem danda zu wiederholten Malen theils tödtete, theils
bannte (mohitäh), bis zuletzt auch der König selbst mit einem ganzen
Heere kommt und in die Flucht geschlagen wird. Der hinter ihm
drein setzende Rüpyakhura sagt ihm resp. nur dann Schonung zu,
wenn er sich in den Schutz des Jinadatta begebe. Das Ende war
(12a), dass der König seinem Sohne die Herrschaft übergab, und
selbst nebst dem Minister, dem ereshthin und vielen Anderen bei
Jinacandra die Weihe nahm, Jinacamdramunicvarasamipe dikshä
grihita. Und daher, weil er dies Alles mit angesehen, stamme denn
auch seine, des Arhaddäsa, Frömmigkeit, samyagdrishtih (Orthodoxie)?.
Während die übrigen Frauen Arhaddäsa’s diesen seinen Bericht
gläubig aufnehmen, erklärt die jüngste derselben, Kundalatikä, sehr
energisch Alles für falsch (vyalikam), sie glaube nicht daran (na cradda-
dhämi ne ’cchämi na rocayämi). Die drei heimlichen Zuhörer, die
doch selbst Zeugen des Erzählten gewesen sind, werden darüber sehr
erzürnt. Der König (Uditodaya in AB, Grenika in C) beschliesst,
sie am folgenden Tage dafür zu bestrafen. Dem Diebe (Suvarnakhura
AB, Lohakhura C) steht diese Entrüstung freilich etwas eigen zu
Gesicht, da er ja doch selbst, obschon er das Alles miterlebt hat, Dieb
geblieben und eben wieder auf einer Diebesfahrt begriffen ist!
Dieser dritte (eigentlich sogar erste) Belauscher dieser Erzählungen
hat hier überhaupt gar nichts Rechtes zu suchen. Ursprünglich wird
es sich wohl nur um die Beiden, König und Vezier, als Zuhörer
gehandelt haben. Der Dieb ist wohl nur secundär hinzugefügt, um
der ganzen Situation ein lebhafteres Colorit zu verleihen. An und
für sich ist freilich gerade er ein alterthümliches Moment. Das
Diebes-Handwerk scheint eine Zeit lang (cf. Dacakumära) so zu
sagen in gewissen Ehren gestanden zu haben!
! dies ist die Strafe für den Verkehr mit einem Gerichteten.
® in € steht von der Niederlegung der Regierung durch Prasenajit, resp. davon,
dass er bei Jinacandra die Weihe genommen (!) nielhts. Es heisst vielmehr daselbst
(14b) nur: evam pratyaksham cridharmaphalam iha loka eva drishtva bahubhih vaira-
gyataramgitacittaih pravrajitam, ke 'pi crävakatvam, kais samyaktvam, sarveshäm
jinadharme sthirata jata. Auch dies scheint mir ein Zeichen der grössten Alter-
thümlichkeit der in © vorliegenden Recension zu sein (s. p. 738 n. 2), dass sie sich
von der Absurdität, den Prasenajit — in C spielt die Geschichte ja unter diesem
König — bei Jinacandra die Weihe nehmen zu lassen, frei gehalten hat!
70*
748 r Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Der Aufforderung des Arhaddäsa folgend erzählen nun seine
Frauen je die Geschichte ihrer Bekehrung, und zwar ebenfalls unter
reicher Einreihung von Belegversen so wie am Schluss unter steter
Betonung des Unglaubens Seitens der Kundalatä, und unter immer
steigender Entrüstung der heimlichen drei Zuhörer darüber.
Die Reihenfolge der Frauen differirt zwischen A, B und C, wie
auch schon früher die Aufzählung ihrer Namen‘; die Geschichten
selbst aber sind wesentlich dieselben, ob auch, speeiell® in C, anders
erzählt. ä
ı. Die erste Geschichte ist die der Mitracri (A ı2b—ı5a, Bz3ıa
bis 38a, Jayacri in C ı5a—ı8a). In Räjagriha, Magadha, lebte
unter König Samgrämacüra (Königin Kanakamälä) ein kinderloses
frommes Ehepaar, Kaufmann Vrishabhadäsa” mit seiner Frau Jinadattä.
Auf Zureden der J. nahm V., um einen Sohn zu erhalten, noch ein
junges Weib, vernachlässigte dasselbe aber gänzlich (13a). Sie klagte
ihr Leid ihrer Mutter Bandhucri, die danach einen käpälika, civaitischen
Bettelmöneh, dingt, dass er durch seine Zauberkünste (vaitäli vidyä)
die J. tödte, die sich in einen Jna-Tempel zurückgezogen hat. Drei-
malige Anläufe des Zaubers (vidyä) auf sie blieben erfolglos, und
der käp. ist genöthigt ihn nun auf die loszulassen, welche von den
Beiden die Böse ist (dvayor madhye yä dushtä)‘. Derselbe tödtet daher
die junge Frau, deren Mutter am anderen Morgen die J. als Mörderin
anklagt. Der Zauberer tritt aber selbst als Zeuge für die Wahrheit
ein, Bandhucri ward verurtheilt auf einem Esel durch die Strassen
geführt und dann verbannt zu werden’, kharopari catäpya nirghätaniyä
ı4a. Der König bekehrte sich zum Jinathum, legte die Regierung
nieder und nahm die Weihe bei Samädhiguptamuni°. Mitraeri
ist Zeugin von Allem gewesen, und daher stammt ihre feste Gläubig-
keit. Dieser Schluss und was nachfolgt ist ganz nach der Schablone
der Erzählung des Arhaddäsa. So auch im Verlauf.
2. Candanacri (A ı5sa—ı7b, B 38a—44b, Cı8b— 21a). In
Hastinägapura, Kurujängaladece, unter K. Bhübhoga (K. in Bhogävati)
! dabei stand in B Nägacri an der Spitze.
2 in © insbesonder auch mehrfach andere Namen der Personen wie der Örtlich-
keiten. Einiges davon im Verlauf.
® der Name kehrt wieder in der 5. Erzählung, s. p. 750.
* dieses Zurückprallen des Zaubers auf seinen Urheber, der kritya auf den
krityäkrit, ist uns vom Atharva-Veda her wohl bekannt.
° ef. Pancadandachattraprabandha p. 39.
6 Aıyb, B37a; ob in Bezug auf diesen Namen etwa ähnliche Möglichkeiten
bestehen, wie die oben p. 746 für Jinacandra eventual. in Aussicht genommenen, liegt
nicht vor, da mir der Name anderweit nicht zugänglich ist. Derselbe wird resp. in
© (17b) nicht genannt; kehrt aber in AB bei der dritten Geschichte wieder s. p. 750.
A. Weser: Über die Samyaktvakaumudi. 749
lebte ein frommes Ehepaar, Kaufmann Gunapäla und Gunavati, sowie ein
armer Brähmana Somadatta mit einer frommen Tochter Somä. Beim
Tode seiner Frau Somillä durch einen yati (zum Jinismus) bekehrt
und später dann von Gunapäla unterstützt, übergab Somad. diesem
beim eigenen Tode seine Tochter. Ein dem Spiel ergebener junger
Brahmane, Rudradatta, beschliesst bei ihrem Anblick sie für sich zu
gewinnen, wandert aus, kehrt als (Jaina-) Novize (varnin, brahmacärin)
zurück (15b), lässt sich in dem von Gunapäla erbauten Tempelgebäude
(caityälaya) nieder', giebt sich für einen Schüler des Jinacandra-
bhattäraka” in Väränasi (16a, Bgob) aus, schmeichelt sich dadurch
bei Gunap. ein und erreicht so sein Ziel, nimmt dann aber, schon am
zweiten Tage nach der Hochzeit, sein liederliches Leben mit den
lockeren Spielkameraden, denen gegenüber er die Gewinnung der Somä
verwettet hatte, wieder auf. Die Kupplerin Vasumiträ, Mutter der
Hetäre Kämalatä, trachtet dann der jungen Frau nach dem Leben
(16b) mittelst einer unter Blumen, die sie beim Gottesdienst ver-
wenden will, verborgenen Schlange. Diese wandelt sich jedoch, um
der Frömmigkeit der Somä willen, bei ihr in einen Blumenkranz’,
der Kämalatä um den Hals geworfen aber wird sie sofort wieder zur
Schlange und sticht dieselbe, dass sie zu Boden fällt. Von Vasumiträ
vor dem König (17a) verklagt beweist Somä ihre Unschuld dadurch,
dass bei ihrer Berührung die Schlange sich wieder in einen Blumen-
kranz wandelt, während sie, von V. berührt, wieder zur Schlange
wird. Da nun auch Kämalatä, von Somä berührt, wieder in’s
Leben kommt, gesteht V. ihren bösen Anschlag ein. Den Schluss
macht wieder eine allgemeine Bekehrung zum Jainismus, und zwar
nahmen der König ete. auch hier wieder ihre Weihe: Jinacamdra-
bhattärakasamipe'.
3. Vishnucri (A ı7b— 2ob, B44b—54b, C Mitracri 21a— 24b)
König Ajitamjaya von Kaucämbi (Kachadece)’; Königin Suprabhä,
! dieser ‚wiederholte Bezug (s. bereits oben p. 748) darauf, dass es damals gute
Sitte bei den Jaina war, im Tempel selbst Wohnung zu nehmen, weist darauf hin,
dass die Abfassung in eine Zeit fällt, in welcher der caityaväsa noch unangefochten
war. Als specielle Gegner desselben, auf Grund der dadurch gegebenen Mößlichkeit
zu Unzucht ete.,. erscheinen z. B. gerade der Kharatara Jinacandra I. und seine
Nachfolger bis auf Jinadatta (F AD 1155), s. Verz. Brl., der S. H. 2, 988. 990 — 996.
Doch ist theils noch nicht ermittelt, zu welcher Zeit diese Gegner des caityaväsa
mit ihren Ansichten bei den Orthodoxen wirklich auch durchgedrungen sind, theils
mag derselbe Sektenweise auch noch danach in Gebrauch geblieben sein.
2 © hat nichts hiervon; die Erzählung weicht resp. wesentlich ab.
® dieser Zug kehrt anderweit mehrfach wieder, z.B. auch in Ms. or fol. 991,
Bl. 2a.
* C hat nichts hiervon.
° Kachayalece A, Kachadece B, Vatsadece C.
r a : '
750 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
mantrin Somacarman, der sich nicht 'auf’s richtige Geben verstand,
sarvadä kupätradänavishae (“shaye) ratah. Predigt des Samädhigup-
tabhattäraka', über richtiges Geben, an richtiger und “unrichtiger
Stelle (pätre und apätre) u. dergl. Durch Somacarman’s Frömmigkeit
verwandelt sich sein hölzernes Schwert (seine Feinde hatten ihn ver-
klagt, dass er nur ein solches zum Schutz seines Königs führe)
in ein eisernes (lohamaya). Der König ete. nahmen die Gelübde (tapah)
bei Samädhiguptabhattäraka, die Königin und die anderen Frauen
bei Abhayamati-kshämtikä (2ob).?
4. Nägacri (A 20b—23b, B 54b—62a, 0 24b—27b). Mundikä?,
Tochter des Königs Jitäri (Königin Kanakaciträ) in Bänärasi, erkrankte,
weil sie täglich Thon (Kreide?) ass (mrittikäm atti), genas aber nach
ihrer Bekehrung durch die Vrishabhacri-arjikä’ und ward sehr
schön. Bei der Selbstwahl, die ihr Vater für sie anstellte, ver-
schmähte sie alle Prinzen. König Bhagadatta’ von Cakrakota, im
Lande Umdu, sonst trefflich, aber von niederer Herkunft“, warb dann
um sie, ward aber von dem Vater auf Grund dessen abgewiesen.
In der darauf folgenden Schlacht besiegte er diesen, und nahm die
Stadt ein, ward aber nunmehr seinerseits von der sich um Mundikä
ihrer Frömmigkeit willen bauenden göttlichen Schutzwehr” zum Ver-
zicht, resp. zum vairägya geführt. Die Annahme des tapas durch
Jitäri, Bhagadatta ete. geschieht hier: Satyasägarabhattärakasamipe.”
5. Padmalatä (A 23b—-25b, B 62a—68b, C 27b—3z0b).
In der Stadt Campä, im Lande Anga, lebte unter K. Dhädivähana
(Dhädi° B; K.in Padmävati) der fromme Kaufmann Vrishabhadäsa’,
"ss. oben p. 748; Samädhiguptäcäryah B 45a; nichts davon bei 4 (21a, blos:
mäsopaväsi kaceit sadhuh).
® inB: Abhayamati-pärcve dikshä grihitä; in C blos: vairägyaparair nripadibhir
vratam jagrihe.
®> Sumiträa C.
* so A; B hat (54b): Vrishabhacriyä sädhv(y)a; in © (24b) blos: sadhvyä, kein
Name; — statt arjikä ist wohl äryikä zu lesen? s. am Schluss in.B (87a) Uda-
yacri-Aryikä.
5 Bhava° C.
% schimmert hierin etwa noch der vom Mahä Bhäräta her bekannte Yavana-
Fürst dieses Namens (Apollodota, noch v. Gurscaumm) durch? s. meine Vorb. ind.
Lit. G. 2205.
” 23a tasya vratamahatm(y)ena jalam sthalam jatam, tasyo 'pari ratnagriham jätam,
devanirmitasinhäsanasyo 'pari Sitävat sä sulkhena susthitä; es ward also das Wasser
zum Festland, darauf erhob sich ein Juwelenpalast, auf einem von den Göttern ge-
bauten Throne sass sie behaglich darin.
$ ebenso B (61b); nichts hiervon in ©.
° greshthi Vrishabhadasah mahasamyagdrishtih samastagunasampannah, (Lücke!)
bhäaryä Buddhadäsi A, °pannah, bhärya Padmävati, putri Padmacrih mahärüpavati;
tasminn eva nagare aparagreshthi Buddhadäsah sambodhadharmamadhye pragiddhah,
2
"A. Werer: Über die Samyaktvakaumudi. 751
«
sowie ein andrer durch seinen Namen als Buddhist markirter
Kaufmann Buddhadäsa. Des Letztern Sohn Buddhasamgha trat einst
mit seinem Freunde Kämadeva aus Neugier m eimen Jaina-Tempel
(jainacaityälaya). Da sah er die Tochter des Vrishabhadäsa, Pad-
macri, mit der Gottesverehrung beschäftigt, und ward von so heftiger
Liebe zu ihr ergriffen, dass alle Vorstellungen seines Vaters, dahin gehend,
dass der Vater des Mädchens sie, weil sie Wein und Fleisch zu sich
nähmen, als cändäla ansehe, ihm also das Mädchen nie geben werde
(23b re putra! madyamänsähärino "smän Vrishabhadäsac cämdälavat
pacyati, tava katham kanyäm prayachati?), nichts fruchteten. Der
Vater trat daher mit ihm, und zwar: Yacodharamuneh samipe',
zum Jaina-Glauben über (vratam grihitvä), ward danach mit Vrish.
befreundet, und erlangte so in der That die Hand der Tochter für
seinen Sohn. Danach traten aber nicht nur Beide wieder zum Buddhismus
zurück (24a bau(d)dhabhaktau jätau)’, sondern Padmasamgha’,
der guru des Buddhadäsa, bemühte sich auch noch, auch die Padmacri
für den Bauddha dharma zu gewinnen", jedoch ohne Erfolg. Als dann
später ihr Vater starb, sagte ihr Buddhadäsa, derselbe sei nach Aussage
bhärya Buddhadägı B; in Ü andere Namen: Pameäladece Käm(pi)lyapure Harivahano
raja. tatrai 'va nagare Rishabhadäsagreshthi.. tasya bhäryäa Cilavati, tayoh putri Pad-
macrih... Buddhadäsa-nämä cresht(h)i ... tatputro Budhasamghalı ..; — den Namen
Vrishabhadäsa hatten wir schon in der (ersten) Erzählung der Mitracri.
! B 64a; liegt etwa hier eine bestimmte Persönlichkeit zu Grunde? € hat nichts
davon (28a pitriputrau Jainau jatau).
® punar api bodhadharme lagnah B 64b.
® auch unter diesem Namen ist schwerlich eine bestimmte Persönlichkeit nach-
weisbar, die hier eine Art synchronistischen Anhalt bieten könnte. — Von Interesse bleibt
jedoch immerhin, dass überhaupt hier in einem Werke, das frühestens in das zwölfte
Jahrhundert gehören kann (s. Note *), von den Buddhisten noch in einer Weise
gesprochen wird, dass man sieht, sie hatten damals noch festen Fuss in dem Land-
strich, wo es verfasst ward, und standen daselbst mit den Jaina noch in scharfem Conflict.
* hierbei wird. nach den Worten: Bauddhänäm dharma eva dharmo, nä 'nyah,
tatha co’ktam (und zwar von © sowohl wie von AB) ein Vers eitirt (A 24b, B 65a,
C 28b), der je das Höchste in seiner Art aufführt, wie folgt: väsalı gubhram, ritur (so
C, ridur AB) vasantasamayalı (C, °maye A, mae B; diese Lesart wie die vorige sieht
präkritisch aus!), pushpam caranmallikä (saran®? AB; wie eben), dhänushkah kusı-
mäyudhah, parimalah kastüriko, 'stram dhanuh | väni (B väca A, väcä Ü wie eben)
tarkarasojjvalä (Ü B, sarvara®° A) priyatama cyamä (C, sya®° AB), vayo nütanam
(yauvanam Glosse in A), märgah Saugata eva (U, esha AB), pamcamalayä gitih, kavir
Vilhanah ||; unter Vilhana (so ABC, nieht B°) ist wohl der Verfasser des Vikra-
mänkacarita, nach Bünter (Vorw. p. 23. 1875) verfasst AD 1085, zu verstehen, und
damit ein terminus a quo für ABC gegeben. Leider nicht zugleich auch ein ter-
minus ad quem, da ein solcher versus memorialis beliebige Zeit nach seiner Abfassung
eitirt werden kann. — Krarr monirt freilich, dass es auch noch einen späteren
Vilhana, der zudem kavicin genannt wird, giebt, Zeitgenosse des Acäadhara (e.
samvat 1250—1300, AD 1194— 1244), s. Rim. Buänpärkar Report 1883/84 p. 104.
105. 391 v.6. 7. Pererson Rep. 1883/84 p. 86”; ef. auch F. E. Harr J. Ann. OÖ,
Soe. 7, 33, 8 (Inschrift vom samvat 1270, und zwar als: mahäsamdhilvigrahika] be-
ME . - *
752 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
seines guru im Walde als Reh (mriga) wiedergeboren. Hoch erzürnt,
stellte sie sich doch zunächst so, als ob sie, wenn sein guru dies wirk-
lich wisse, sich bekehren wolle (tarhi mayä Bauddhavratam grihyate).
Sie lud daher, um dies Wissen auf die Probe zu stellen (resp. um es
als nichtig zu erweisen), eine ganze Zahl der Buddhayati zu festlichem
Mahle ein (24b), und setzte ihnen dabei je ihre eigenen linken Schuhe
(pädaträna), die sie beim Eintritt abgelegt, in Stücke zerhackt und
gekocht vor. Als sie dann beim Fortgehen danach suchen und sie
nicht finden, verhöhnt sie Padmacri: »wenn sie nicht einmal wüssten,
was sie gegessen, resp. in ihrem Bauche hätten, wie könnten sie
wissen, dass ihr Vater als Thier wiedergeboren sei?«. Den Zuruf,
wenn sie das nicht beweise, werde man ihr das Haupt scheeren,
sie auf einen Esel setzen und aus dem Hause weisen, beantwortet
sie mit dem Gegenvorschlage: wenn sie es aber beweise, sollten Alle
den Jainadharma (25 a) annehmen. Ein Brechmittel von madanaphala
(Stechapfel, madana) überführt die Erzürnten, die beschämt nach
Hause schleichen, hinterdrein jedoch den Buddhadäsa durch Drohungen
bestimmen, die Padmacri aus dem Hause zu weisen. Buddhasamgha aber
geht mit seinem Weibe. Sie schliessen sich einer Karawane an, deren
Führer, durch die Schönheit der P. verblendet, den Buddhasamgha
durch vergiftetes Essen zu tödten sucht, dabei aber mit vergiftet
wird. Buddhadäsa klagt nun die P. als Mörderin an. Sie wendet
sich, beschwörend, an ihre eigene Tugend, durch Wiederbelebung
der Beiden Zeugniss für sie abzulegen. Sofort wurden denn auch
Beide durch eine cäsanadevatä, um der P. willen, factisch wiederbelebt.
Allgemeine Bekehrung' ete.
6. Kanakalatä (A 25b— 28a, B 68b—-74a, C 30b— 3 1b).
In Sauryapura im Reiche des Königs Narapäla” lebte (der Kaufmann)
Samudradatta, der von seiner Frau Sägaradattä einen lüderlichen Sohn
Umaya° und eine fromme Tochter Jinadattä hatte, die sie an den para-
zeichnet, wie bei Bränpärkar als Hor Bränp. p. 391 v.7). Indessen unser bud--
dhistischer Vershier stammt wohl aus Kashmir, und hat daher den Kashmirer
Vilhana im Auge.
! diesmal aber (A 25b) ohne Nennung eines besonderen Lehrers, nur: räjnä
vratam grihitam, Voddhayatayo Jainäbabhüvah; ganz ähnlich in C; Fol. 25 in A ist
nämlich von zweiter Hand ergänzt, und zwar eben wesentlich im Anschluss an € (ef.
oben p. 737 n. 5, 745 n. 3); — B dagegen hat (68a): räjna anyair bahubhiceca Yaco-
dharasamip (s. p. 751) vratam grihitam, Buddhadägag ca Buddhasinhädayac ca
grävakä jätäh; — die in dieser Geschichte zu Tage tretende Feindseligkeit gegen
den Buddhismus verleiht ihr ein besonderes Interesse, man möchte fast sagen (s.
p- 751 n. 3) ein gewisses alterthümliches Gepräge.
® so A und € (s. soeben n. ı); B dagegen hat: Avantivishaye Ujjayininagaryam
räja Narapälah, räjni Madanavegä; mamtri Camdraprabhah, bhäryä (oma; räjagresht(h)i
Samudradattah.
® Sagara in C,
A. WEBER: Über die Samyaktvakaumudi. 753
macrävaka Jinadatta' in Kaucämbi verheirathete. Umaya ward schliess-
lich, da er das nächtliche Stehlen nicht liess, nach langer Nachsicht
von dem yamadanda-talavara” vor den König gebracht. Dieser liess
den Vater kommen und befahl ihm, den Sohn zu verstossen (26a).
Dies geschah. Umaya machte sich nun mit einer Karawane auf zu
seiner Schwester in Kaucämbi, die ihn aber sehr kühl aufnahm. In
seiner Bedrängniss gerieth er zufällig in einen Jaina-Tempel, hörte
da die Predigt des Grutasägaramuni’ (26b, Gruti® B 70a), bekehrte
sich und nahm u. A. auch das Gelübde, unbekannte Früchte nicht zu
essen, auf sich. Seine Schwester nahm ihn nun freundlich in ihr Haus
auf. Nach einiger Zeit zog er mit einer Karawane heim. Im Walde
verirrt, assen die Leute giftige Früchte, während er durch sein Gelübde
davor bewahrt blieb. Auch die Waldfee, die, um ihn zu versuchen,
in schöner Gestalt erscheint und ihm paradiesische Früchte (vom kal-
pavriksha 27a) anbietet, weist er zurück. Befriedigt gewährt sie ihm
eine Wahlgabe, worauf er die Wiederbelebung seiner Gefährten und
das Zeigen des richtigen Weges nach Ujjayini erbittet. Grosse Freude
der Eltern bei der Heimkehr. Allgemeine Bekehrung und zwar ward
diesmal: Sahasrakirtimuninätha’samipe tapo grihitam.
7. Vidyullat&ä (A 28a — 33a, B 74a—85b, C 31ıb—35b).
Personal: ı. König Sudanda in Sürya-Kaucämbi, Taravadece'; Königin
Vijayä; 2. mantrin Sumati, Gattin Gunacri; 3. räjacreshthin Süradeva,
Gattin Gunavati. — Süradeva holte Pferde aus Bhaguladeca’ und ver-
wandte das vom König dafür erhaltene Geld zu frommen Gaben, in-
dem er auf die im ägama gelehrte Weise den Gunasenabhattäraka
(28a) bewirthete (? °kasya caryä käräpitä), wofür denn die Götter
in seinem Hause fünf Wunderdinge verrichteten‘. Dies erregte den
Neid eines anderen creshthin, des Samudradatta (Vater Sägaradatta,
Mutter Gridattä) der sich daher mit vier Freunden auch nach dem
fernen Bhagaladeca® aufmachte. In Paläsagräma” trennten sie sich,
nachdem sie Ort und Zeit bestimmt hatten, wo sie nach drei
Is. oben p. 746 n.
® yamadanda, bedeutet hier wohl den obersten Polizeibeamten ? s. oben p. 740 n. 2,
sowie yamadandin p. 754; zu talavara s. Ind. Stud. 16, 38. 313. 17, 26. 33.
® ist hiermit je eine bestimmte Person gemeint? nichts davon in Ü.
*? so A, Bharatakshetre B; in © spielt die Geschichte in Campa.
° so AB; € bloss degämtara.
% B 74a ägamoktavidhinä Gunagenamunigvara(h)pratiläbhitah (in B vielfach Wechsel
von SG, ii, uü), taddänabalena..; in C kein Name, bloss: tenai 'kada mäsopaväsi
kaceit sadhur modakaih pratiläbhitah, pätradänaprasädät..
” eine hier mehrfach sich findende Ausdrucksweise.
° so A hier; m B fehlt das Wort; C hat Sinhalam (32a).
9 Palaca B 74b C 32a.
R * *
754 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Jahren wieder zusammentreffen wollten'. Samudradatta trat einfach
daselbst für diese Zeit als Pferdehüter in den Dienst des Pferdehändlers
Acoka (Gattin Vitacokä), gegen genau festgesetzten Lohn, zwei Pferde
nämlich, die er sich am Schluss selbst zu wählen hatte. Er gewinnt
die Liebe der Tochter Kamalacri und wählt auf ihren Rath zwei ganz
unansehnliche Pferde’, von denen aber das eine durch die Luft, das
andere durch das Wasser geht. Damit und mit der ihm vermählten
Kamalacri kehrt er, gleich seinen Freunden, nach drei Jahren heim.
Das durch die Luft gehende Pferd” giebt er dem König. Der wieder
giebt es seinem Freunde, dem creshthin Vrishabhasena zur Hut, und
dieser benutzt es, um damit die verschiedenen heiligen Jaina- Tempel
(Jinälaya) zu besuchen.
Ein Bhilla- Fürst, Jitacatru, der, darauf aufmerksam gemacht, ihn
vorbeitliegen sah, verheisst die Hälfte seines Reiches und seine Tochter
dem, der ihm das Pferd bringt. Einer seiner Mannen nimmt daher,
um sich Zugang zu den Jaina zu verschaffen, bei Sägaracandramu-
ninätha (30b, B Sob)' Unterricht, und kommt so mit der Zeit nach
Ravi-Kaucämbi, wo ihn Vrishabhasena in sein Haus gastlich auf-
nimmt, obschon er vor ihm als einem Scheinheiligen gewarnt worden
war. Nachts besteigt der Mann denn auch das Zauberross, wird aber
von ihm, als er es mit der Peitsche schlägt, abgeworfen. Das Ross
setzt sodann seinen gewohnten Weg, nach dem Vijayärdhaparvata,
fort, umwandelt ebenso (wie sonst) den Siddhakütacaityälaya und
wird auf Antrieb eines muni daselbst durch einen ebenfalls zur Ver-
ehrung dahin gekommenen Luftgeist, resp. Vidyädhara-Fürsten, Kha-
gapati, dem Vrish. zurückgebracht; zur rechten Zeit gerade, denn es
sollte eben demselben auf Befehl des Königs durch den Scharf-
richter (yamadandin), wegen seiner nachlässigen Behütung des ihm
anvertrauten Gutes, das Haupt abgeschlagen werden. In dieser
günstigen Fügung ein Resultat des Tugendverdienstes des creshthin
! dies Festsetzen eines dreijährigen (oder sonstigen) Termins zum Wieder-
zusammentreffen ist ein in Erzählungen dieser Art auch bei uns ziemlich häufiges Motiv,
das aber hier gar nicht weiter zur Entfaltung gelangt, resp. ganz überflüssig ist. Es
ist eben hier ein alter Stoff benutzt, ohne richtige Verwerthung zu finden.
?2 auch dies, der Lohn für treue Dienste sowohl, wie die Wahl unansehn-
licher, aber in sich werthvoller Gegenstände, und zwar auf Rath der Tochter des
Besitzers, ist ein weit verbreitetes Motiv. — Der Verfasser hat eben absichtlich solche
alten Stoffe benutzt, um nicht nur seiner Darstellung Interesse und Popularität, sondern
auch dem von ihm daran geknüpften Schlusse gewissermaassen, durch diesen Anschluss
an bekannte Dinge, Glaubwürdigkeit zu verleihen.
° von dem Wasserpferde ist nicht wieder die Rede; es gehörte zur alten Er-
zählung, war aber hier nicht weiter nöthig. Zum Luftpferd ef. das Pancatantram ete.
* wohl Sanskritisirung von: Veadd ha? das sonst immer durch Vaitädhya wieder-
gegeben wird (LEUMANnN).
u.
A. Weser: Über die Samyaktvakaumudi. (536)
erblieckend, vollzogen die Götter die fünf wundersamen Erscheinungen.
Der König kommt zur Einsicht, dass ausser dem Jinadharma kein
anderer dh. sei. Allgemeine Bekehrung, in der Nähe des Jinadatta-
bhattäraka'.
Auch hier erklärt die Kundalatä wieder ihren Unglauben und
erneuern sich die Ausbrüche der Empörung darüber bei den drei
heimlichen Zuhörern.
Am andern Morgen begaben sich denn auch der König und der
mantrin nach dem Hause des Arhaddäsa und stellten die Kundalatä
zur Rede. Diese beharrt zunächst auch jetzt noch dabei. Auf die
blosse Vorhaltung des Königs aber, warum sie das nicht glauben
wolle, was sie ihrerseits doch Alle glaubten, da sie die Pfählung
des Rüpyakhura mit angesehen hätten, — dreht sie plötzlich um,
und erklärt: Alle diese Leute hier seien Jaina-Kinder und kennten
daher keinen anderen Weg als den Jaina-Glauben‘. Sie dagegen sei
keine Jaini, auch nieht die Tochter eines Jaina. Trotz dessen sei
jetzt in ihr, nach Anhören aller , dieser Geschichten, der Glaube
zum Durchbruch gekommen; morgen werde sie die Jaina-Weihe
nehmen. Sie knüpft an diese ihre Bekehrungs-Erklärung noch einige
weitere kräftige Worte, und da bekanntlich über einen bekehrten
Sünder im Himmel mehr Freude ist, als über 1000 Gerechte, so
wird sie denn nunmehr von Allen auf das Höchste gelobt und ge-
priesen. Und Alle, der König, der mantrin, der Dieb, Arhaddäsa
ete. setzen je ihren Sohn in ihre Stelle ein (auch der Dieb!!)’ und
nehmen die Weihe bei: Ganadharamuni (13a, Guna” B 87a)‘; die
Frauen resp. nach B (87a) bei der Udayacri Aryikä’.
Sollten nicht in der reichen, fast noch ganz unberührten Schatz-
kammer der Jaina-kathäs sich noch anderweitige Spuren jener alten
indischen Quelle, auf welehe die Einleitung der Samy. ebensowohl
! © hat keinen Namen, bloss: munipärcve (33 b) resp. räjädibhir vratam jagribe
(35a).
2 es wolle somit wenig bedeuten, wenn die das glaubten, will sie damit
offenbar sagen, um den Werth ihrer eigenen Bekehrung dadurch in desto helleres Licht
zu setzen.
® räjnä mamtrin&a caurena Arhaddäsena anyair bahubhig ca svasvaputram sva-
svapade sthäpya...
* © hat keinen Namen (36a) ist überhaupt viel kürzer, hat nur: kim bahunä
’rhaddäsena ashtäbhir bhäryabhih saha mahatä mahena grijaini dikshä grihita (man
sollte meinen: die hätten sie schon bisher gehabt!)...
SR (p. 231) hat: Udayacripravarttinisamipe.
756 j Gesammtsitzung vom 25. Juli.
wie die rooı Nacht, zurückzugehen scheinen, auffinden, resp. ge-
winnen lassen?
»Zu den canonischen samyaktva-Erzählungen gehören die Ge-
schichten der Samyaktvakaumudi, nämlich die des Arhaddäsa und
seiner Frauen, allem Anschein nach nicht, dieselben fussen somit
nieht auf der Tradition der yati, resp. wenigstens nicht auf der
der Gvetämbara-yati, sondern auf anderweitigem, etwa mehr von
den Laien eultivirten Boden.« Zu dieser Bemerkung Lrunann’s, dem
ich eine Correetur dieser Bogen mittheilte, passen ganz vortrefflich
theils die Zuweisung der Samy. zur Digambara-Literatur (s. oben
P- 735 n. 5, 738 n. 3), theils die nachstehenden Notizen Krarr’s.
Leumann eonstatirt dabei speciell, dass unter den Geschichten, welche
Haribhadra zu den in Ävacy. Nijj. 8, 176— 178 (B; s. mein ‚Verz.
Berl. S. u. Pr. Handschriften 2, 751) enthaltenen ı7 Motiven für das
samyaktvam, resp. 17 Stichwörtern dafür, anführt, sich nichts findet,
was sich mit dem Inhalt der Samy. berührt!.
Ich lasse hier noch die Mittheilungen in Bezug auf die n AB
genannten Lehrernamen folgen, s. oben p. 745, 746, welche ich unter
dem 16. Juni d. J. durch Krarr’s Freundlichkeit erhalten habe und
welche dem von ihm gesammelten reichen Material zu einem Jaina-
Onomastikon entlehnt sind.
»Ich kann leider nicht mit Bestimmtheit versichern, dass auch
nur eine der folgenden Personen mit den in der Samyaktvak. sich
findenden identisch ist. Die Form einzelner dieser Namen, auch der
mehrfache Titel: bhattäraka, macht es wahrscheinlich, dass es sich
! dagegen zu den dem Suyodhana erzählten Geschichten, resp. zu der ganzen
Erzählung von ihm selbst, finden sich, nach Leumann, im Canon in der That Bezie-
hungen vor. In Devexpra’s Comm. zu Uttarajjhayana 2, 44 wird ein ähnlicher kleiner
Cyklus von 6 Geschichten mitgetheilt, welche zunächst durch einen ganz analogen
Grundgedanken, dass sie nämlich um der Befreiung willen als eine Art Lösegeld
vorgetragen werden, zusammengehalten sind. Sodann aber sind darunter zwei, welche,
und zwar bei ganz analoger Gelegenheit, dieselben Stichverse enthalten, wie
Suy. 2 und 5, nämlich: jena bhikkham balim demi jena posemi näyao| sa me mahi
akkamai jayam saranado bhayam I und: jena rohamti biyäni jena jivamti käsagä
(käsaya A, käsavä C), tassa majjhe vivajjami jayamsaranao bhay am] Endlich aber
kehrt auch die Situation des Yamadanda selbst, freilich ohne den hiesigen speciellen
Hintergrund, in einer der dortigen Geschichten in ganz analoger Weise wieder: egattha
nayare sayam eva räyä coro, purohio bhandio, tao do vi haramti, logo evam jänittä
bhänai, jahä: jattha raya sayam coro bhandio ya purohio (s. ob. p. 740 n. 3) | vanam
bhayaha (?) nägarayä (?) jayam saranado bhayam || — Durch diese Data gewinnt
die Geschichte des Suyodhana jedenfalls einen durchaus sicheren, indischen
Hintergrund.
A. WEBER: Über die Samyaktvakaumudi. DIN
dabei um Digambara handelt', in welchem Falle von den folgenden
Nros. nur Nr. 3, 4, ı3, ı4, ı6 in Frage kommen würden. Für die
Digambara liegt eben nur die Pattävali eines einzigen gacha und eine
kleine Anzahl von Handschriftenkolophonen vor, so dass es nicht
wunderbar sein würde, dass keiner dieser Namen der Samy. in der
bisher zugänglichen Literatur sich vorfindet, auch wenn es sich wirk-
lieh um historische Persönlichkeiten handeln sollte.
ı. sä° Gunadhara aus dem Pahlavadagotra veranstaltete sam-
vat 1408 eine nandi für Municvarasüri aus dem Vrihadgacha (Vri-
hadgachagurvävali fol. 19a, Bomb. Hs.).
2. Gunasenasüri. Auf seinen Wunsch verfasste Gäntyäcärya
(F samvat 1096) aus dem Thäräpadragacha in Anahilapätaka einen
Commentar zu Uttarädhyayana (s. BmäypArkar Rep. 1883/84 p. 129.
440 v. 6.)
3. Jinacandrasüribhattäraka, alter Digambara-Lehrer,
Schüler des Mäghanandi aus dem Balätkäragana (Nandisamgha, Müla-
samgha) und Lehrer des Padmanandi (Kundakundäeärya), des Ver-
fassers von Shatpräbhrita, zu welchem Texte Grutasägara (ec. sam-
vat 1550) einen Comm. verfasste, s. Prrers. Rep. 1883/4 p. 82. ı61,
Z. 1—4. p. 163 v. 3.
4. bhattärakacri Jinacandra (Digambara), Schüler des Qu-
bhacandra aus dem Särasvatagacha (Balätkäragana, Nandisamgha, Müla-
samgha) und Lehrer des Medhävin, welcher samvat 1516 eine pracasti
verfasste, s. Pererson Rep. 1ı883/4 p. 76. 137 v. ı5. 165 v. 30.
Bhänd. Rep. 1883/4 p. 393 Z. 3—5 u. s. w.
5. Jinacandra, Schüler des Cäntyäcärya, Urheber des Sevada-
samgha samvat 136, s. Prrerson Rep. 1ı884/6 p. 24, Z. 2, App.
PISTEAV TR.
6. Jinacandragani (hiess später Devaguptasüri), Schüler des
Katkadäcärya aus dem Ukecagacha, verfasste samvat 1073 einen
Comm. zu Navapada, s. Prrerson Rep. ı884/6 p. ı6, App. p- 304.
7. Jinacandrasüri, Lehrer des Ämradevasüri, des Verfassers
eines Comm. zu Nemicandra’s (ec. samvat 1120) Akhyänakamanikoca
(Hs. von samvat 1190), s. Prrerson Rep. 1884/6, App. p. 8ı v. 12;
ef. Rep. 1882/3 p. 69, App. p- 89 v. 609.
! cf. die Angabe im Deccan College Catalogue (oben p. 735 n. 5) über die Zu-
gehörigkeit der Samy. zu der Literatur der'Digambara. Diese Angabe ist im Übrigen
eventual. nur so zu verstehen, dass das Werkchen auch den Digambara angehört!
Die gemeinsame Anerkennung desselben durch die Orthodoxen sowohl, wie durch
ihre Gegner, würde natürlich speciell für seine Ursprünglichkeit, resp. Alterthümlich-
keit eintreten, s. oben p. 738 n. 3, unbeschadet der Frage, welcher Zeit etwa die
vorliegenden Recensionen desselben angehören mögen.
N
%. Jinacandra, eaityaväsin, Lehrer des Vardhamänasüri (sam-
vat 1088), s, Ind. Antiqu. XI, 2482 Nr. 39.
#4. Jinacandra, ef. die shri dieses Namens aus dem Kharataragacha.
9. Jinadattasüri aus dem Kharataragacha, samvat 1132 —
ı211, 6. Ind. Ant XI, 24%8b. Jinadattasüri in Anahillapätaka sam-
vat ıı60 (wohl derselbe?), s. Kırınors Rep. ı880/ı p. 29 v. 13.
10, Jinadattasüri aus dem Väyadagacha (z. Hälfte des ı2.Jahrh.
samvat), Schüler des Räsila Jivadeva, Verfasser von Vivekaviläsa,
s. Buiso. Rep. 1883/4 p. 156.
ıı. Jinadattashri, (alte Zeit) Lehrer des Jivadevasıırı aus der
Stadt Väyata in Gurjara, s, Prabhävakaearitra 7, 14.
ı2. Jinadattäcärya aus dem Vidyädharakula, Lehrer des
Haribhadra, s. Verz. d. Berl. Sansk.-Hss. II p. 786.
13. Jinadattaräyacaritra (Digambara-Werk), s. Wırsos,
Mac. Coll. I p. 154 f. ef. Prrensos Rep. 1884/6 p. 401 Nr. 490.
14. Yacodharacaritra, auch Digambara-Werke, z.B. ebend.
p- 403-
15. Grutasägara aus dem Tapägacha, Zeitgenosse des Muni-
sundara, eitirt in des letzteren samvat 1466 verf. Gurvävali, v. 424
(Bomb. Hs.). (Der Digambara UÜrutasägara, Schüler des Vidyänandin
kommt wohl nicht mehr in Betracht, weil um samvat 1550, 8.
Buiso, Bep. 1883/4 p. 117.)
ı6. Sahasrakirti (Digambara), Verfasser einer tikä zu Trailo-
kyasäramahäpüjä, s. Prrers. Rep. 1883/4 App. p. ı4 n. 269, ob
identisch mit Sahasrakirti mandaläcärya (Digambara), e. samvat
1625, Schüler des Lakshmicandra aus dem Sarasvatigacha (Balät-
käragana, Müldsamgha), s. Buäsv. Rep, 1883/4 p. 123.
17. Sägaracandra (Gürjaravanco’ddyotanaputro’dayaräjamantri-
tanujanman), Schreiber einer Hs. samvat ı 252 in Pattana, s. Prrensos
Rep. 1ı884/6 App. p. 98 v. 29.
1%, Sägarendusüri, munindra, Schüler des Nemicandra aus
dem Räjagacha. Sein Schüler Mänikyacandra verfasste samvat 1276
ein Pärcvanäthacaritram, s. Perensos Rep. 1884/6 App. p. ı6ı1 v.ı9,
und einen Comm, zu Kävyaprakäca, ib. p. 19, App. p. 322 v.9.
ı9. Sägarendu, Schüler des Amaraprabhastri, in der Nach-
folge des vädi Devastıri (+ samvat 1226), #. Prrensos Rep. 1884/6
App. p. 228, 2.4.
20. Sägaracandräcärya (Kharataragacha) gab samvat 1461
dem Jinavardhana und samvat 1475 dem Jinabhadra die süri-Weihe,
s. Khar.-Pattävali (Berl. ms. or. f, 729, f. 29a).
21. Sägaracandra, Verfasser eines Caturvincatijinastotra, 8.
Prrenson Rep. 1882/3 p. 123 n. 259.
758 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
A. Weser: Über die Samyaktvakaumudi, 759
22. Sägaracandra, Verfasser eines tippanaka zu Naracandra-
süri’s (e. samvat 1300) Näracandram (astrol.), s. Kırunors Rep. ı 880/1,
Demon. 383.
23. Sägaracandrasüri in der Kälaka-Legende, ZDMG. 34,
249 f. 272 f.
24. Udayacri mahattard, samvat 1292, s. Prrerson Rep.
1882/3 p. 66, App. p. 23 v. 8.
Für Satyasägara, Samädhigupta, Abhaydmati und Vris-
habhacri findet sich in meinen Sammlungen nichts. «
Zu Vorstehendem bemerke ich, dass dadureh zu den von mir oben
p- 15 bereits angeführten vier Jinaeandra noch weitere sechs (Nros. 3-8)
hinzutreten, von denen freilich Nros. 4-—-6 über die dureh Bilhana
(AD 1085) und das Datum von A (AD 1433) gesteekte Grenze
nach der einen oder anderen Seite hinausgehen. Von den fünf Jina-
datta (Nros. 9-13) ist der erste der bereits von mir genannte; die
anderen vier sind undatirt. Von den beiden Grutasägara (s. Nr. ı 5)
r
könnte der aus dem Tapägacha hier in der That in Frage kommen;
dieser Name ist wenigstens nicht gerade besonders häufig. — Das Letztere
gilt von dem Namen Sahasrakirti, dessen datirter Träger freilich,
samvat 1625, hierher nieht passt. Von den sieben Sägaracandra
(Nros. 17— 23) würde der Erste (Nr. 17) mit samvat 1252 recht gut
passen; freilich ebenso gut seine beiden Homonymen: Sägarendu.
Endlich eignet sich auch die mahattard Udayacri, samvat 1292, ihres
absonderliehen Namens wegen, ganz gut zur Identifieation mit der
freilich nur in B (87a) und R genannten Aryikä, resp. pravartini, gleiches
Namens.
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761
Über atmosphaerische Bewegungen.
Von H. von HeLmnoutz.
Zweite Mittheilune.
Zur Theorie von Wind und Wellen.
I meiner am 31. Mai 18588 der Akademie gemachten Mittheilung
habe ich nachzuweisen gesucht, dass im Luftkreis regelmässig Zu-
stände eintreten müssen, wo Schichten von verschiedener Diehtigkeit
unmittelbar an einander grenzend über einander liegen. Der Grund
für die grössere Schwere der tiefer liegenden Schicht wird dadurch
bedingt sein, dass letztere entweder geringeren Wärmegehalt oder
geringere Umlaufsgeschwindigkeit hat, wenn nicht beide Umstände
zusammen wirken. Sobald nun eine leichtere Flüssigkeit über einer
schwereren liegt mit scharf gezogener Grenze, so sind offenbar an dieser
Grenze die Bedingungen für das Entstehen und die regelmässige Fort-
pflanzung von Wogen gegeben, wie wir sie an der Wasserfläche
kennen. Dieser gewöhnlich beobachtete Fall der Wellen an der Grenz-
fläche zwischen Wasser und Luft ist nur dadureh von den zwischen
verschiedenen Luftschiehten möglichen Wellensystemen unterschieden,
dass dort die Differenz der speeifischen Gewichte der beiden Flüssig-
keiten viel grösser ist, als hier. Es schien mir von Interesse zu unter-
suchen, welche anderen Unterschiede im Verhalten der Luftwellen und
Wasserwellen daraus folgen.
Dass dergleichen Wellensysteme an den Grenzflächen verschieden
schwerer Luftschichten ausserordentlich häufig vorkommen, scheint
mir nicht zweifelhaft, wenn sie uns auch in den meisten Fällen un-
sichtbar bleiben. Wir sehen sie offenbar nur dann, wenn die untere
Schicht so weit mit Wasserdampf gesättigt ist, dass die Wellenberge,
in denen der Druck geringer ist, Nebel zu bilden anfangen. Dann
erscheinen streifige parallele Wolkenzüge in sehr verschiedener Breite,
sich zuweilen über breite Himmelsflächen in regelmässiger Wieder-
holung erstreckend. Indessen scheint es mir nicht zweifelhaft, dass das,
was wir so unter besonderen Bedingungen, die mehr den Charakter
Sitzungsberichte 1889. } 7l
zZ Gesammtsitzung vom 25. Juli.
von Ausnahmefällen haben, wahrnehmen, in zahllosen anderen Fällen
vorhanden ist, ohne dass wir es sehen.
Die von mir angestellten Rechnungen zeigen ferner, dass bei den
beobachteten Windstärken sich im Luftkreise nicht nur kleine Wellen
sondern auch solche von mehreren Kilometern Wellenlänge ausbilden
können, die, wenn sie in der Höhe von einem oder einigen Kilo-
metern über dem Erdboden hinziehen, die unteren Luftschiehten stark
in Bewegung setzen und sogenanntes böiges Wetter hervorbringen
müssen. Das Eigenthümliche desselben sehe ich darin, dass Wind-
stösse, oft von Regen begleitet, nach ziemlich gleichen Zwischenzeiten
und in ziemlich gleichem Verlauf mehrmal des Tages an demselben
Orte wiederkehren.'
Ich glaube annehmen zu dürfen, dass diese Wellenbildungen in der
Atmosphaere die häufigste Veranlassung zur Vermischung der atmo-
sphaerischen Sehichten, und unter geeigneten Umständen, wenn die auf-
steigenden Massen Nebel bilden, zu Störungen eines nahezu labil ge-
wordenen Gleichgewichts abgeben. Unter solchen Bedingungen, wo wir
Wasserwellen branden und Schaumköpfe bilden sehen, werden zwischen
den Luftsehiehten sich ausgiebige Mischungen herstellen müssen.
Ich habe im Anfange meines, früheren Aufsatzes auseinander-
gesetzt, wie ungenügend die bekannten Intensitäten der inneren
Reibung und Wärmeleitung der Gase sind, um die Ausgleichung der
Bewegungen und Temperaturen in der Atmosphaere zu erklären.
Wenn nun die mechanische Wärmetheorie uns gelehrt hat die
Reibung. in den Gasen als die Vermischung verschieden bewegter
Schichten, die Wärmeleitung als die Vermischung verschieden tem-
perirter Schiehten aufzufassen: so ist verständlich, dass eine aus-
giebigere Vermischung der Schichten in der Atmosphaere die Wir-
kungen der Reibung und Wärmeleitung in erhöhtem Maasse hervor-
bringen muss,” aber allerdings nicht in ruhigem, gleichmässigem Fort-
gange, sondern ruckweise springend, wie es eben der besondere
Charakter der meteorologischen Processe ist.
Ich habe es desshalb für wichtig gehalten die Theorie der
Wellen an der gemeinsamen Grenztläche zweier Flüssigkeiten zu be-
arbeiten. In den bisherigen Arbeiten über Wasserwellen ist, so weit
mir bekannt, der Einfluss der Luft und deren Mitbewegung immer
vernachlässigt worden; das durfte in der vorliegenden Arbeit nicht ge-
! Die Annahme von Wogenbildung im Luftmeere, die ich kurz schon in meiner
ersten Mittheilung ausgesprochen, ist seitdem auch von Hrn. ‚Jeaw Luvını vorgetragen
worden (»La Lumiere Eleetrique«. T.NXX. p. 368, 617, 620).
® Es würde das vielleicht ‘den Voraussetzungen entsprechen, die der von
Hrn. Öserseck (15. März 1888) der Akademie vorgelegten Theorie zu Grunde liegen.
en i S .nH
von Heranorrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 65
schehen. Das Problem wird dadurch viel verwickelter und schwieriger;
und da schon die einfachere Aufeabe die vom Einfluss des Windes
absieht, unter den Händen vieler ausgezeichneter Mathematiker nur
unvollständige und angenäherte Lösungen unter günstig gewählten
Voraussetzungen gefunden hat, so bitte ich zu entschuldigen, dass
ich zunächst auch nur einen einfachsten Fall des Problems behandelt
habe, nämlich die Bewegung geradliniger Wellenzüge, welche an der
ebenen Grenzfläche unendlich ausgedehnter Schichten zweier ver-
schieden dichter Flüssigkeiten, die verschieden strömende Bewegung
haben, sich in unveränderter Form und mit constanter Geschwindig-
keit fortptlanzen. Ich werde Wogen dieser Art stationäre Wogen
nennen, da sie auf ein Coordinatensystem bezogen, welches selbst
mit den Wellen fortrückt, eine stationäre Bewegung der beiden
Flüssigkeiten darstellen. Da in der relativen Bewegung der ver-
schiedenen Theile eines geschlossenen Körpersystems dadurch nichts
geändert wird, dass das Ganze eine gleichmässige geradlinige Ge-
schwindigkeit nach irgend einer Richtung hin erhält, so ist diese
Umformung unseres Problems erlaubt.
Übrigens beabsiehtige ich heut aus meiner betreffenden mathe-
matischen Untersuchung nur die Ergebnisse zu geben. Die voll-
ständige Darstellung derselben behalte ich mir vor an anderer Stelle
zu veröffentlichen.
Ehe ich zu der Theorie der Luftwogen übergehe, will ich aber
noch eine Ergänzung der in meiner Mittheilung vom Mai ı888 ge-
gebenen Betrachtungen vorführen, durch welche das räumliche Gebiet,
in welchem wir die Bedingungen für die Entstehung von Luftwogen
zu suchen haben, näher begrenzt wird.
7727
n
Das Aufsteigen gemischter Schichten.
In $. 3 meiner früheren Mittheilung habe ich nachgewiesen,
welches die Gesetze des Gleichgewichts, — falls es zu einem solchen
käme, — zwischen verschieden erwärmten und verschieden stark roti-
renden Luftringen in der Atmosphaere, die übrigens alle als unter sich
gleichartig in der Mischung angenommen sind, sein würden. Ich gehe
zurück auf die Gleichung 4a (S. 654). Darin ist die Lage eines Punktes
der Atmosphaere gegeben durch die Grössen
£ Entfernung von der Erdaxe,
r Entfernung vom Mittelpunkt der Erde.
Ferner ist », die Winkelgeschwindigkeit der festen Erde, ®, und
2, sind die constant bleibenden Momente der Rotationsbewegung für
zal--
- 5 4 r -
764 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
die Einheit der Masse der einen oder anderen Luftschicht; $, und $,
I
sind die Grössen, welehe ich ihren Wärmegehalt genannt, und die
wohl besser mit dem von Hrn. von Brzorn glücklich gewählten
Namen der potentiellen Temperaturen bezeichnet werden, nämlich
diejenigen Temperaturen, welche die betreffenden Luftmassen erhalten
würden, wenn beide adiabatisch auf normalen Druck gebracht wären.
@ ist die Constante der Schwere. Dann ist längs der Grenztläche':
G IN. —%-8, ee )
—, dr = - = = Ten a I%
7 p Sy =
Das Verhältniss do: dr bezeichnet zugleich das Verhältniss der Sinus
der beiden Winkel, welche die Tangente der Curve in der Meridian-
ebene einerseits mit der Erdaxe, andererseits mit der Horizontale bildet.
Wenn die wärmere Schicht, wie es gewöhnlich der Fall sein wird,
gleichzeitig das grössere Rotationsmoment hat, ist das Verhältniss
de:dr negativ, und die Tangente der Grenzfläche schneidet das Himmels-
gewölbe unterhalb des Pols. Die kühlere, langsamer rotirende Masse,
der wir den Index 2 geben wollen, liegt in den spitzen Winkel
zwischen der Grenzfläche und der polwärts gewendeten Erdoberfläche.
Wenn nun längs der Grenztläche beider Schichten eine Ver-
mischung von Massentheilen »z, und »2, derselben eintritt, so wird
das Rotationsmoment @& der gemischten Masse gegeben durch die
Gleichung:
(m, +m,)- 2 = m» a, +m,-2,,
da die Summe der Rotationsmomente unveränderlich ist, wenn keine
rotirenden Kräfte von aussen einwirken. Ebenso wird die potentielle
Temperatur $ der Mischung gegeben durch:
: (m, + m,) S=m, +3, + m,+S,.
Setzen wir nun in Gleichung (1) die Mischung zunächst an Stelle
der Masse (2), um die Richtung der Grenzlinie zwischen der Masse (1)
und der Mischung zu finden, und bezeichnen wir die entsprechenden
Werthe von de und dr mit do, und dr,, so giebt unsere Gleichung (1)
nach einigen leichten Umformungen
G.Idr, dr MS
I
r° dp, dp m tm, 9%,—9, \
Ba
Da im stabilen Gleichgewicht $,<S, sein muss, so zeigt diese
Gleichung, dass
! In der früheren Mittheilung hat die Formel einen Druckfehler. Links im
Nenner muss r? stehen statt r>.
von Hermnorrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 765
d. h. dass die Grenztfläche zwischen (1) und der Mischung steiler
gegen die Horizontalebene als die von (1) und (2) stehen muss.
Ebenso ergiebt sich, dass das Verhältniss dr,: do, zwischen
Masse (2) und Mischung gegeben wird dureh die Gleichung:
Glan, dr m. (9, —8,
0?» - nn =—r =
„2 a a
ide, dp m tm 9-9
k 3 dr, dr P A ee °
Es ist also } > nn d. h. die Grenzfläche zwischen (2) und
ee @p
Mischung muss mit dem polwärts gerichteten Horizont einen klei-
neren Winkel als die Masse (1) bilden.
Es ist hierbei zu beachten, dass die Verhältnisse da: dr positiv
sind, wenn die Tangente der Grenzlinie steiler als die Pollinie steht, im
anderen Falle negativ, und dass das Grösserwerden einer negativen
Grösse Verkleinerung ihres absoluten Werthes bedeutet.
Nun kann die geforderte Richtung für die beiden Grenzlinien
der Mischung aber nur eintreten, wenn diese sieh zwischen den
beiden Massen (1) und (2) nach oben in die Höhe zieht. Nur dort
kann sie eine Gleichgewichtslage finden.
Daraus ergiebt sich die wichtige Folgerung, dass .alle neu ent-
stehenden Mischungen von Sehichten, die mit einander im Gleich-
gewieht waren, sich zwischen den beiden ursprünglieh vorhandenen
Sehiehten in die Höhe ziehen müssen, ein Vorgang, der natürlich
viel energischer vor sich gehen wird, wenn in den aufsteigenden
Massen sich Niederschläge bilden sollten.
Indem die gemischten Schichten nach aufwärts steigen, werden
sich die nördlich und südlich davon liegenden, bisher ruhig geblie-
benen Theile der Schichten unter einander bis zur Berührung nähern,
wobei die Differenz ihrer Geschwindigkeiten sieh nothwendig ver-
grössern muss, da die aequatorialwärts gelegenen Schichten grösserer
Rotation auf engeren Radius, die polwärts gelegenen schwächerer
Rotation auf grösseren Radius rücken. Geschähe dieses gleichmässig
auf einem ganzen Parallelkreise, so würden wir wieder eine neue
Trennungsfläche verschieden stark rotirender Scehiehten erhalten, deren
aequatoriale Seite stärkeren Westwind zeigen würde als die polare,
welche letztere gelegentlich auch Ostwind zeigen könnte. Bei den
vielfachen localen Störungen der grossen Luftströme wird sich in
der Regel wohl keine zusammenhängende Trennungslinie ausbilden,
sondern diese wird in einzelne Stücke zerfallen, welche als Cyelone
auftreten müssen.
Sobald die sämmtliehen gemischten Massen aber ihr Gleieh-
gewicht gefunden haben, werden sich unten wieder die 'Trennungs-
166 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
flächen bilden, und neue Wellenbildung wird eine Wiederholung der-
selben Processe einleiten. !
Aus diesen Erwägungen folgt, dass der Ort der Wogenbildung
zwischen den Luftschichten namentlich in den tieferen Theilen der
Atmosphaere zu suchen sein wird, während in den höheren ein über-
wiegend continuirlicher Übergang der verschiedenen Werthe der Ro-
tation und Temperatur zu erwarten ist. Die Grenzflächen verschie-
dener Luftschichten, auf denen die Wellen verlaufen, werden ein Ufer
am Erdboden haben und die Schichten dort seicht auslaufen. Die
Erfahrung lehrt ebenso wie die Theorie, dass Wasserwellen, die gegen
ein seichtes Ufer anlaufen, dort branden; und selbst Wellen, die.
ursprünglich dem Ufer parallel fortliefen, pflanzen sich in seichtem
Wasser langsamer fort. Anfangs geradlinige Wellen also, die dem
Ufer parallel fortlaufen, werden in Folge der Verzögerung daselbst
sich krümmen müssen, wobei sie die Convexität ihres Bogens dem
Ufer zuwenden; in Folge dessen laufen sie auf dieses zu und zer-
schellen.
Ich werde im nächsten Paragraphen zeigen, in welchen Verhält-
nissen die Bewegungen und Formen der Wasserwellen geändert werden
müssen, um auf die Luft übertragen zu werden. Ganz streng sind
diese Verhältnisse von den Wasserwellen, die am Ufer zerschellen,
‚allerdings auf die Luft nicht zu übertragen, auch giebt selbst die
bisherige einfachere Theorie, die den Einfluss der Luft vernachlässigt,
darüber keinen vollständigen Aufschluss. Aber die Bedingungen ent-
fernen sich doch nicht erheblich von denen, wo wir strenge Über-
tragungen machen können, und ich glaube deshalb nicht zweifeln
zu dürfen, dass Luftwellen, die in dem ‘idealen, rings um die Axe
symmetrischen Luftkreise zunächst nur in westöstlicher Richtung laufen
könnten, einmal erregt, sich der Erdoberfläche zuwenden und in nord-
westlicher Richtung (auf der nördlichen Halbkugel) gegen diese an-
laufend zerschellen müssen.
Kin anderer Process, der das Branden der Wellen auf der Höhe
ihrer Berge bewirken kann, ist die allmälige Steigerung des Windes.
Das bestätigt auch meine Analyse; sie zeigt, dass Wellen von ge-
' Im letzten Abschnitt meiner früheren Mittheilung habe ich den Ursprung der
Discontinuitäten hauptsächlich in die oberen Schichten der Atmosphaere gelegt. Aber
der Ausgangspunkt war dort ein anderer. Dort war die Frage: wenn einmal die
Atmosphaere in einem Anfangsstadium eontinnirlicher Bewegung ohne Trennungsflächen
wäre, wo würden sich solche zuerst bilden müssen? Darauf lautet die Antwort: an
den oberen Grenzen des tropischen Calmengürtels. Hier ist die Frage: wo werden
sich in Folge von Vermischungsprocessen Trennunesflächen erneuern müssen? Aber
den Satz auf S. 661, der vom Herabsteigen der gemischten Schichten redet, muss ich
zurücknehmen, nachdem ich das in diesem Paragraphen besprochene Gesetz gefunden.
von Hermmortz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 7167
gebener Wellenlänge nur bei beschränkter Windstärke bestehen
können. Es wird Steigerung des Geschwindigkeitsunterschieds in der
Atmosphaere oft genug vorkommen können, aber es lassen sieh noch
nicht allgemein wirkende Bedingungen für einen solchen Vorgang
angeben.
Ich will hier gleich noch einen Punkt erwähnen, der Bedenken
gegen meine Deutung erregen könnte. Hoch aufgetriebene Wasser-
wellen haben immer schmalere, stärker gekrümmte Wellenberge und
breitere, flacher gekrümmte Thäler. Die Analyse ergiebt dasselbe
unabhängig von der Art der Medien. Luftwellen, wenn sie uns als
Wolkenstreifen sichtbar werden, haben dagegen rundere Köpfe. Dabei
müssen wir aber bedenken, dass nach den zuerst von Reyz aufge-
stellten Sätzen Luft, die Nebel gebildet hat, leichter wird, als sie
vorher war. Was wir als Nebel erscheinen sehen, drängt also nach
oben und schwellt die Wellenberge mehr, als es in durehsichtiger
Luft der Fall zu sein braucht.
08
72
Folgerungen aus dem Prineip der mechanischen Ähnlichkeit
Beschränken wir uns auf die Aufsuchung von solchen gerad-
linigen Wellen, welche ohne Änderung ihrer Form sieh mit eonstanter
Geschwindigkeit fortpflanzen, so können wir uns, wie schon be-
merkt, eine solche Bewegung als eine stationäre vorstellen, indem
wir den beiden Medien eine eonstante geradlinige Geschwindigkeit
beigelegt denken, welche der der Wellen gleich und entgegengesetzt
gerichtet ist. Dadureh wird bekanntlich an den relativen Bewegungen
der verschiedenen Theile der Massen gegen einander nichts geändert.
Die Grenztläche beider Medien erscheint alsdann als eine im Raume
feste Fläche, über ihr strömt das obere Medium in einer, das untere
in entgegengesetzter Richtung. In grösserer Entfernung von der Grenz-
fläche werden beide Bewegungen in eine geradlinige Strömung von
constanter Gesehwindigkeit übergehen, in der Nähe der gewellten
Grenztläche dagegen der Richtung dieser folgen müssen.
Bezeichnen wir nun die Gesehwindigkeitscomponenten der Flüssig-
keitstheilechen in dem dureh die rechtwinkeligen Coordinaten x, %
gegebenen Punkte beziehlich mit © und v, so sind diese nach den
gemachten Annahmen unabhängig von der Zeit, und wir können sie
für incompressible Flüssigkeit bei rotationsfreier Strömung bekanntlich
darstellen in der Form:
= E : SE ;
168 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
di
wo eine Function der Coordinaten ist, die der Differentialgleichung
genügt:
Be
n = + — 24 RER FELSEN 2
da? oy’ )
Die Gleichungen
%V = Const.
sind in diesem Falle bekanntlich die Strömungslinien der Flüssigkeit.
Die Grenzlinie beider Flüssigkeiten muss eine solche Strömungslinie
sein, und wir wollen ihr für beide Seiten den‘ Werth
Al, = or model 0
beilegen. Die oben gestrichenen Buchstaben sollen sich auch im
Folgenden immer auf die Werthe an der Grenztläche beziehen.
Die erste Grenzbedingung, die wir zu erfüllen haben, ist also,
dass, wenn wir W, und %, als Funetionen von x und y darstellen,
die beiden Gleichungen
eine übereinstimmende Lösung zulassen.
Die zweite Grenzbedingung ist die, dass der Druck an der Grenz-
tläche an beiden Seiten derselbe sein muss.
RO 1 EMI SEO ON on I2 .
Nun ist unter den gemachten Voraussetzungen, wenn s die
Dichtigkeit der betreffenden Flüssigkeit und € eine Constante be-
zeichnet:
ab (ab):
p=0-—-s-:9-2 — 5: u SF on E
2 da oy
Die Gleichung 2” ist also zu schreiben:
au: oy,\® |
Const = (s, — 8) 2 +5 | — | — |] ..... 5
ee re en, In
Die Gleichungen (2) und (2°) bleiben richtig, wenn wir entweder
die Werthe beider Coordinaten @ und y, oder den des /,, oder den
des &, in beliebigem Verhältnisse vergrössern. Da die Diehtigkeiten
s, und s, in den genannten Gleichungen nicht vorkommen, so kann
auch deren Änderung beliebig geschehen. Die Gleichung (3) aber
erfordert, dass die Grössen
von Hermmorrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 169
Sı aw, E I S, Orb, - I
_ — [| | »-— und l — .
Ss: OA 5—S5 \0N,) &
unverändert bleiben. Wenn also s, und s, sich ändern, und wir ihr
Verhältniss
setzen, ferner die Coordinaten auf das nfache wachsen, Y, auf das
a,fache, W, auf das a,fache, so müssen
aaa: 1 a
—.— und —— -
I—o n Na ir
beide ungeändert bleiben.
Oder wenn wir hierin die Verhältnisse, in denen die Geschwindig-
*
keiten geändert sind
a
I
ei)
n
a,
— = b,
N 7
setzen, kann der obige Satz auch so ausgesprochen werden, dass die
geometrisch ähnliche Wellenform eintreten kann, wenn
o b? I b2
und —
Ion Ii—on
ungeändert bleiben.
ı. Wird das Verhältniss der Diehtigkeiten nicht ge-
ändert, so müssen in geometrisch ähnlichen Wellen die
Lineardimensionen wie die Quadrate der Geschwindigkeiten
beider Medien wachsen; die letzteren also in gleichem Ver-
hältniss.
Bei doppelter Windgeschwindigkeit werden wir also Wellen von
vierfachen Lineardimensionen haben können.
Dieser Satz ist nicht auf stationäre Bewegungen beschränkt,
sondern allgemeingültig.' Die weiteren Sätze gelten aber nur für
stationäre Wogen.
2. Wenn das Verhältniss der Dichtigkeiten © geändert
wird, muss constant bleiben die Grösse
— (onst.
! S. meinen Aufsatz: »UÜber ein Theorem geometrisch ähnliche Bewegungen
flüssiger Körper betreffend« in Monatsberichten der Akademie 1873, S. 501 — 514.
170 (Gresammtsitzung vom 25. Juli.
d.h. das Verhältniss der lebendigen Kräfte entsprechender
Volumeinheiten muss ungeändert bleiben. Als entsprechende
Volumeinheiten haben namentlich die zu gelten, welche in das Bereich
der von der Wellenfläche entfernteren geradlinigen Strömung fallen;
aber auch für solche Volumelemente, deren Mittelpunkte einander ab-
bilden, gilt dasselbe.
3. Sollen bei geänderten Dichtigkeiten geometrisch ähnliche
Wellen dieselbe Wellenlänge behalten (n = ı), so muss wachsen
2 Dr 7 /
DR SS
b, wie | ——ı= /- -
c 5
b, wie VYyı=co=
Für Luft und Wasser ist bei 0°C. das Verhältniss
0 ==
773-4
zwischen zwei Luftschiehten von 0° und 10°
Vz
Sollen beide Grenzflächen congruente Wellen, also auch gleiche Wellen-
länge zeigen, und bezeiehne ich die Grössen db, und 5b, im letzteren
Falle mit %, und ®,, so wäre hiernach zu nehmen
b, — WABs2r =,
b, = 5.310 2,9,
Beide Geschwindigkeiten also, namentlich die des Windes relativ zu
den Wellen müssten für die Luftwogen erheblich vermindert werden.
Der Werth der bei Anderungen des Materials unveränderlichen
Grösse
für eine gewisse Form von Wellen, deren Energievorrath gleich der
der geradlinigen Strömungen längs ebener Grenzfläche ist, ergiebt sich
wenigstens angenähert aus meinen Rechnungen
10.4.3703.
Verstehen wir unter Windstärke ww die Differenz der Bewegung
beider Medien
vb -+b,;
so wird für Luft und Wasser
vox Herumonrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) Aal
10%
und wenn w =
sed.
A = 07208965
dagegen für die beiden Luftschichten
m
und für w = 10
A = 54965.
Daraus ergiebt sich, dass wenn man für diese Form der Luft-
wellen dieselbe Windgeschwindigkeit erhalten will, wie für geometrisch
ähnliche Wasserwellen, man die Wellenlänge der Luftwellen im Ver-
hältniss ı:2630.3 steigern muss.
Das Verhältniss wird etwas kleiner, wenn man die Rechnung
für die niedrigsten Wellen ausführt, für welche
= 0.15692.
Dies giebt für Luft und Wasser
b, e
rn = 0.090770
m
und für 10" Windgeschwindigkeit
2500583229,
Die geforderte Vergrösserung der Wellenlänge für gleiche Wind-
stärke würde 1: 2039.6 sein, was für 10” Wind über 900" Wellen-
länge giebt.
Da wir bei den am Erdboden vorkommenden mässigen Wind-
stärken oft genug Wellen von einem Meter Länge haben, so würden
dieselben Winde in die Luftschichten von 10° Temperaturdifferenz
übersetzt also 2 bis 5 Kilometer Länge erhalten. Grösseren Meeres-
Se erde
wellen von 5 bis 10”. würden Luftwellen von ı5 bis 3
sprechen können, die schon das ganze Firmament des Beschauers
bedecken, und den Erdboden nur noch in einer Tiefe, die kleiner
als die Wellenlänge ist. unter sich haben würden, also den Wellen
in seichtem Wasser zu vergleichen wären, die das Wasser am Grunde
schon erheblich in Bewegung setzen.
Das Prineip der mechanischen Ähnliehkeit, auf welches die Sätze
dieses Paragraphen begründet sind, gilt für alle Wellen, die in con-
stanter Form und mit eonstanter Fortpflanzungsgeschwindigkeit vor-
wärts gehen. Es lässt sich desshalb auch auf die Wellen in seichtem
Wasser, wenn dieses gleichmässige Tiefe hat. übertragen, voraus-
gesetzt, dass die Tiefe der unteren Schicht in dem Abbilde in gleichem
Verhältniss, wie die übrigen Lineardimensionen der Wellen verändert
wird.
|
I
ID
Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit solcher Wellen in seichtem
Wasser hängt von der Tiefe (les Wassers ab. Für Wasserwellen von
geringer Höhe und ohne Wind kann sie in bekannter Weise be-
rechnet werden. Wenn wir die Tiefe des Wassers mit 4 bezeichnen und
— en
A
setzen, ist
3 7) ed eh
b? = — nh —nh
n ee" +
was ürh=ooin
b 9 IA
b? = Ze ==
N 27
und für kleine Werthe von A in
D— gh
übergeht. Wenn übrigens die Tiefe des Wassers nicht verhältniss-
mässig klein gegen die Wellenlänge ist, so ist die Verzögerung un-
bedeutend
h i i Bm ee ie 2
— —= — verringert die Fortpflanzungsgeschwindigkeit wie 1:0.95768
i ;
RR » » » » 1:0.80978
I a
=, » » » » 1:0.39427;
Der Wind unter den Wellenthälern ist bei unterer Windstille
der Fortpflanzungsgeschwindigkeit entgegen, unter den Wellenbergen
aber gleich gerichtet. Da die Amplituden am Boden wie # "" :ı gegen
die der Oberfläche abnehmen, so können sich unten diese Schwan-
kungen nur bemerklich machen, wenn die Tiefe merklich kleiner als
die Wellenlänge ist. Änderungen des Barometerstandes sind nur zu
erwarten, wenn beim Vorübergang der Wellen starker Windwechsel
merklich wird.
72
DE
Grundlagen der Rechnung.
Ich will dieselben hier nur so weit angeben, als es nöthig ist,
damit jeder mit den analytischen Methoden vertraute Forscher meine
Rechnungsergebnisse wiederfinden kann.
Ich führe zwei neue Variable „ und $ ein, die mit den recht-
winkeligen Coordinaten x und y so verbunden sind, dass
ec) Zaleos.(S Hi) — eosele. 2 ame Mae
I
”
von Hersnorrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) Tl
worin 2, a und e Constanten bezeichnen. Die Grenzlinie zwischen den
beiden Flüssigkeiten entspricht einem constanten positiven Werthe 4
von n, nämlich
= le
Daraus ergeben sich für diese Grenzlinie die Gleichungen:
&= cosing) — aleosal=cosS — C0sEl......:...
EITE: BER L
e= sm ln) — = sinih)esinne. u.a. welt. \
D
Nach Elimination von 7 giebt dies eine Gleichung zwischen .«
und y, als Gleichung der Grenzlinie. Ausser der Constanten a, die
den Anfangspunkt der w-Coordinate und dem z, welches die Wellen-
länge bestimmt, enthält diese Gleichung zwei willkürlich festzusetzende
Parameter A und e, die die Gestalt der Curve bestimmen.
Wir nehmen x vertical nach oben steigend, und setzen dann
für den Raum der oberen Flüssigkeit, für die wir den Index (1)
gebrauchen:
WU, E dit == b, I SUR iS];
wodurch Y + ®i gleichzeitig eine Funetion von (@ + yi) wird. Für
h=n wird 4, =o, so dass nach unten hin die Grenzlinie mit einer
Strömungslinie zusammenfällt. Für „= +% wird:
N Sa a
ne Hy) en - DD = „er +0: +h
)
1
oder
W, =nb,x
P2,=nby,
so dass in grosser Höhe die Bewegung geradlinig strömend mit der
Geschwindigkeit nb, ist.
Für den unteren Raum, wo n < A ist, und x überwiegend negative
Werthe hat, setze ich:
a=oo ff
LI
Wenn man aus der Gleichung ı den Wertli von .« bestimmt,
zeigt sich, dass für „= A, auch Y, —= o wird, dass die Grenzlinie
also auch für das zweite Medium Strömungslinie ist.
\ 1 = ler cos (ca) » cosa(S + ni)
» Be le SEN ah Ki N,
v,+ bl = - ne — nyi+log|— |) +h—2 > |—-eT" . —— ———
| p | Y oO zZ = cos (ar)
Daraus ergiebt sich für 7 = h 2
I = a ZT =
„Y: = — na +log|—-)+h— 2% |— -e””.cos(en) - cos as
I, . tz a
<ı
1
DB
Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Für 2 = — © wird nach ı
COS I + CoS Ni — C08 E
sin$-sinyi = 0.
Dem entsprechen die Werthe
sin ni =o0
[a Rn
COS S — €0Se,
In Folge dessen wird der Werth von
a > lie7* eos’ (ca)
eng ilor Ei ee :
b, 2 = | a. cos (abi)
KM — 0).
Rechts ist das erste Glied unendlich, alles übrige endlich, wenn
h eine positive Grösse ist. In grossen Tiefen also redueirt sich der
Werth von /, auf
VW, = —nb,r
d.h. auch dort ist die Bewegung geradlinig strömend mit der Ge-
schwindiekeit nb,.
Die zweite Grenzbedingung, die Gleiehheit des Druckes an beiden
Seiten der Grenzfläche betreffend, kann aber dureh die gemachten
Annahmen nur für geringe Wellenhöhen annähernd erfüllt werden.
Die Convergenz der dabei in Betracht kommenden Reihen hängt von
dem Factor a”
ab. Sobald die Grösse 4 positiv ist, und, nicht allzu
klein, eonvergiren die Reihen verhältnissmässig schnell und man er-
hält dann ausreichende Annäherungen an die wahren Werthe dadurch,
dass man im Werthe des Drucks aus Gleichung (3) die Glieder gleich
Null macht, welche die erste bis dritte Potenz von e*, beziehlich
I
von — —_ multiplieiren. Die Glieder ohne diesen Faetor bestimmen
cos (hi)
nur den Werth der Integrationseonstante, die die linke Seite der
Gleichung bildet. Diese genannten Glieder ersten ‚bis dritten Grades
sind lineare Funetionen von 05%, cos 2% und cos 3%, und indem die
Coeffieienten dieser drei Grössen gleich Null gesetzt werden, erfüllen
wir Gleiehung (3) bis auf Glieder, welehe - - in vierter oder
a cos (At)
höherer Potenz enthalten. Es entspricht diese Annahme aber nur
einer möglichen einzelnen Art von Wellen, nicht der allgemeinsten
Form. Sie ist als Paradigma nur gewählt der einfacheren Rechnung
wegen.
Die drei Gleichungen, welehe man auf diese Weise erhält, sind
die unten folgenden. Zur kürzeren Bezeichnung sind darin gesetzt:
von Herunorrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 719
NE 1225,
g-A-(,— Sı)
I
COS hi
@ecosie —2.
Die Grösse z bestimmt die Höhe der Wellen, welche nach
Gleichung ı" ist
A I+2
H —= —.lognat. | ——
IT 1 4
z &
Die drei Gleichungen lassen sich dann schreiben:
l. 2)9Pp -22°+-2]+9e +22] -(+N >=,
I. Sp? —- 2] -V-2- a =),
\ ee ee)
II. a el —6,
Von den vier Grössen, die hierin vorkommen, werden sich also
im Allgemeinen je drei durch die vierte bestimmen lassen. Nur das
Werthsystem
2 osyund, A N
lässt Ö unbestimmt. Diese Lösung passt für die ganz niedrigen Wellen,
bei denen z gegen £ zu vernachlässigen ist.
Da im Allgemeinen eine von den vier Grössen der Gleichungen I
bis II unbestimmt bleibt, so bleibt für gegebene Beschaffenheit der
Medien und gegebene Windstärke immer noch ein Parameter der
stationären Wellen veränderlich, und zwar zeigt die weitere Unter-
suchung, dass dies zusammenhängt mit dem Quantum von Energie,
welches in den Wellen aufgehäuft ist.
In der Rechnung ist es am einfachsten, die übrigen Grössen als
Funetionen von cose auszudrücken.
=. cos’ (e = ,,)
36 cos” (e =)
a Se BR
9 3 9 das (© Ti 2)
:
SO alle ce: + 521
Da OD und W nothwendig in sein müssen, folgt aus der
ersten dieser Gleichungen, dass
116 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
. cose >— = 0.66666
cosEe< :: —0,042857%
Die Gleichung für W würde cos’e > — zulassen, aber auch
0.5 < cos?e < 0.642857.
Endlich die Gleichung für £° kann geschrieben werden:
i (0.68615 — cos?e)- (cos’e + 2.18615)
re nr:
Da <° positiv sein muss, so ergiebt sich daraus
0.66537 < cos’e < 0.686115;
so dass die Werthe von cos’e, die kleiner als 0.643, dadurch aus-
geschlossen werden. Wenn wir aber berücksichtigen, dass für Werthe
von £, die grösser als ı werden, die oben gegebenen Reihen für
die Coordinaten der Grenzfläche nieht mehr convergiren, so ergiebt
sich noch eine höher liegende untere Grenze, die dem Werthe
cos’e > 0.6724 = — — +] x
entspricht.
Dabei würde die Höhe der Wellen noch endlich sein, nämlich
H'= —.2.5112 — A» 0.390067.
Dass dennoch die Werthe der Coordinaten nieht mehr in con-
vergenten Reihen nach den cos (aS) und sin(a$) zu entwickeln sind,
zeigt an, dass eine Discontinuität oder Mehrdeutigkeit der Coordinaten
zu Stande gekommen sein muss. In der That zeigen auch die
Gleichungen ı", dass für kleine Werthe von
h-sin$
tang (ny) = - CcoS$ — cose
ent 2
— a’ (c0sY — cose)
Aus der ersteren folgt, dass überall, wo tang (»y) endliche Werthe
hat, cos$ nahe an cose bleiben muss, und nur in den Punkten, wo
tang (ny) sehr klein ist, und durch den Werth Null hindurehgeht,
kann S$ fortschreiten und das Intervall schnell durehschreiten bis zu
dem nächsten Punkte, wo cos$ sich wieder dem Werthe eose nähert.
Nun ist für solehe Werthe von A die Abnahme der Glieder in
den Reihen für den Druck allerdings nicht mehr schnell genug, um
durch die drei ersten derselben den Gang der Function genügend
darstellen zu können, und die wahre Form der Welleneurve bei
..
von Hersimortz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 777
soleher Höhe wird nur durch weiter getriebene Annäherungen zu er-
reichen sein. Immerhin weist dieses Verhältniss darauf hin, dass zu
hoch steigende Wellen die Continuität ihrer Oberfläche verlieren.
Kanten dürfen übrigens an der Wellenfläche nieht vorkommen, aus-
genommen, wenn sie relativ ruhen gegen das Medium, in welches
hinein sie vorspringen. Denn wenn das letztere um sie herumfliessen
soll, entsteht unendliche Geschwindigkeit und unendlicher negativer
Druck an der betreffenden Stelle, der die andere Flüssigkeit gewalt-
sam heransaugen müsste, wie es bei hoch steigenden und schäu-
menden Wellen in der That gelegentlich beobachtet wird.
Bei Wellen, die gleich schnell wie der Wind vorwärts gehen,
können aber in der That die Berge oben eine Kante von 120° zeigen,
ehe sie branden.
Die angegebenen Formeln lassen erkennen, dass wenn cos €
abnimmt von seinem oberen zum unteren Werthe, sowohl D wie
und 2° eontinuirlich zunehmen müssen. Bei gleichbleibender Wellen-
länge bedeutet die Zunahme von WV und Q Zunahme der beiden
Geschwindigkeiten b, und b,, so wie ihrer Summe der Windgeschwin-
digkeit w = 5b, + b,. Soll letztere constant bleiben ,- so muss noth-
wendig die Wellenlänge mit wachsendem cos e abnehmen.
Es geht daraus hervor, dass derselbe Wind Wellen dieser Form
von grösserer und kleinerer Wellenlänge innerhalb gewisser Grenzen
wird aufregen können. Die längeren werden zugleich eine verhältniss-
mässig grössere Höhe haben. Es hängt dies mit dem Energievorrath
zusammen, der in den Wellen aufgehäuft ist.
2.
72
Die Energie der Wellen.
Wenn man die Energie der unter dem Einfluss von Wind er-
regten Wasserwellen untersucht und mit derjenigen vergleicht, welche
den bei ebener Grenzfläche mit derselben Geschwindigkeit gleichmässig
fortströmenden beiden Flüssigkeiten zukommen würde, so findet man,
dass eine grosse Zahl der möglichen stationären Wellenbewegungen
einen geringeren Energievorrath erfordern, als die entsprechende
Strömung bei ebener Grenzfläche. Daraus folgt, dass die Strömung
mit ebener Grenzfläche sich den genannten Wellenbewegungen gegen-
über wie ein Zustand labilen Gleichgewichts verhält. Daneben
giebt es andere Formen stationärer Wellenbewegung, wo der Energie-
vorrath der beiden in wogender Bewegung begriffenen Massen der-
Sitzungsberichte 1889. 72
um N 5 c .
778 Gesammtsitzung vom 25. Juli. %
selbe ist, wie bei gleich starker Strömung mit ebener Grenzfläche,
und endlich solche, wo er grösser ist.
Der Grund hiervon ist in folgenden Umständen zu suchen. In
der wogenden Wassermasse sind zwei Formen der Energie vertreten,
erstens nämlich potentielle Energie, dargestellt durch das aus den
Wellenthälern in die Wellenberge hinaufgehobene Wasser. Diese Arbeits-
grösse wird mit steigender Höhe der Wellen zunehmen und stets
positiv sein müssen. Nur bei glatter Oberfläche fällt sie fort.
Lebendige Kraft zweitens ist den beiden verglichenen Bewegungs-
formen gemeinsam, und zwar der Voraussetzung nach von gleicher
Grösse in den von der Grenzfläche entfernteren Theilen der flüssigen
Massen. Aus der Differenz beider heben sich die Antheile der entfern-
teren Flüssigkeitsschichten fort, die Unterschiede beruhen nur auf
denen, die der Grenzfläche nahe liegen. Die wellige Oberfläche, welche
wir uns im Raume wieder festliegend denken, bietet nun den beiden
an ihr hinströmenden Flüssigkeiten ein abwechselnd breiteres und
engeres Bett. Wo das Bett breiter, werden sie langsamer fliessen,
die obere über den Wellenthälern, die untere unter den Wellenbergen.
Dadurch wird abwechselnd die lebendige Kraft der durch eine Erwei-
terung des Bettes fliessenden Theile geringer, der durch eine Verenge-
rung fliessenden grösser als die lebendige Kraft in den entsprechenden
Theilen der gleichmässigen Ströme mit ebener Grenzfläche. Es ist aber
die räumliche Ausdehnung der Theile mit verminderter lebendiger Kraft,
welche in die Erweiterungen fallen, grösser als die der Gebiete ver-
mehrter Geschwindigkeit in den Verengerungen. Deshalb überwiegt in
der Gesammtsumme der lebendigen Kraft die Verminderung.
Indessen geben nur die Glieder vierten Grades nach Z, welche in
der Rechnung erst unter Berücksichtigung der Glieder mit & in den
Werthen der x und y gefunden werden, den Ausschlag bei der Be-
rechnung des Unterschiedes der Energie. Dieser Unterschied für je
eine Wellenlänge berechnet ist nämlich nach meiner Rechnung in der
oben besprochenen ı Wellenform :
1 2° -
E—_\). en N >> 24 — 2? EM
Dos 85) Q „Ise es! 1525 G]
oder
z N e .
7 COS” ; —/2:C0S7E COSTE— : >
E I an OR Eu II E 4 1 21[15.0845 — cos?e]-[cos’e+ 0.0845,
279% —8ı) 144 cos?E — es
Hierin ist O der einzige Factor, der bei kleinen Änderungen
von eos e sich sehr sehnell ändert, ein Umstand, der die Ziffern-
rechnung sehr erleichtert. Man findet für #= o den Werth
cos’e = 0.675148,
von Heıstmorrz: Über atmosphaerische Bewegungen. (Forts.) 779
was schon nicht mehr sehr weit von der Grenze der ÜConvergenz
cos’ e — 0.67264 abliegt.
Man findet «dem entsprechend für Z= o
Q = 0.740333
N = 0.1717613
€ = 0.6899
2 = 0.56686
H = 0.20464 -A
ei = 3.520006.
Da dies die Wellen sind, die durch einen eonstanten Wind un-
mittelbar aufgeblasen werden können, sind diese Werthe den in $. 6
angeführten Reehnungen zu Grunde gelegt, während die Werthe für
die niedrigsten Wellen gefunden werden, wenn man für cos’ e die
obere Grenze seiner Werthe 0.68615 nimmt.
Die Theorie zeigt übrigens, wie auch die erwähnten Zahlen-
beispiele, dass die Wellen dieser Form von grösseren Werthen des cos.e
bei gleichem Material und gleicher Windstärke grössere Wellenlänge
haben, dass aber ihre Höhe einen geringeren Bruchtheil der Wellen-
länge bildet, und dass ihre Energie, wenn cos’ e > 0.675148 kleiner
ist, als die der geradlinigen Strömung beider Medien mit gleichen
Geschwindigkeiten. Die Energiedifferenz ist Null für ganz niedrige
Wellen, wird negativ, wenn man zu relativ höheren übergeht, erreicht
ein Maximum, nimmt dann ab und wird wieder Null für den an-
gebenen Grenzwerth.
Es genügt für eine Wellenform bewiesen zu haben, dass Wogen
unter Wind möglich sind, die einen geringeren Energievorrath haben
als derselbe Wind über ebener Grenzfläche. Daraus geht hervor, dass
der Zustand der geradlinigen Strömung mit ebener Grenzfläche zu-
nächst, wenn man nur die niedern Potenzen der kleinen Grössen be-
rücksichtigt, als ein Zustand indifferenten Gleichgewichts er-
scheint. Berücksichtigt man aber die Glieder höheren Grades, so ist
derselbe gewissen Störungen gegenüber, die stationären Wellen zwischen
bestimmten Grenzen der Wellenlänge entsprechen, ein Zustand labilen
Gleiehgewichts, kürzeren Wellen gegenüber entspricht er dagegen
stabilem Gleichgewicht. »
Für die Entstehung der Wellen ist dies offenbar von grosser
Wichtigkeit. Es folgt daraus, was wir in der Natur ja auch be-
stätigt sehen, dass auch der gleichmässigste Wind über eine ebene
Wasserfläche nieht wird fahren können, ohne bei der kleinsten Stö-
rung Wellen gewisser Länge aufzutreiben, die bei gewisser Höhe
regelmässige Form und Fortpflanzung werden gewinnen können. Steigt
der Wind, so werden die Höhen aller dieser Wellen steigen, die
72%
Fri . *
780 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
kürzeren unter ihnen schäumend zerspritzen, neue längere von gerin-
gerer Höhe werden sich bilden können.
Die grössere Energie, welche in diesem Falle nöthig ist, um die
kurzen Wellen in die Höhe zu treiben, ist dadurch erreichbar, dass
der frühere schwächere Wind schon einen Theil seiner Energie an
die Wassermasse abgegeben hat, und der neue stärkere Wind diesen
Theil schon vorfindet.
Brandend verspritzende Wogen in der Luftmasse werden Mischung
der Schichten hervorbringen. Da die Hebungen der Wellenberge
im Luftkreise viele Hundert Meter betragen können, werden Nieder-
schläge in ihnen oft eintreten können, die dann schnelleres und
höheres Steigen bedingen. Wellen von kleiner und kleinster Wellen-
länge würden theoretisch möglich sein. Nur ist zu berücksichtigen,
dass ganz scharfe Grenzen zwischen verschieden bewegten Luftschichten
doch wohl selten vorkommen werden, und daher sich überwiegend
nur solche Wogen ausbilden werden, deren Wellenlänge sehr gross,
verglichen mit der Dicke der Übergangsschichten ist.
Der Umstand, dass derselbe Wind Wellen von verschiedener
Länge und Fortpflanzungsgeschwindigkeit erregen kann, wird bewirken,
dass Interferenzen zwischen denselben zu Stande kommen und sich
abwechselnd höhere und niedere Wellenberge folgen. Es ist das ein
am Meeresstrande oft zu beobachtender Vorgang. Wo aber zwei
Wellenberge verschiedener Wellenzüge sich einander einholen, werden
sie leicht eine Höhe erreichen können, bei der sie überschäumen, und
es werden sich dadurch analog der Erzeugung von Combinationstönen,
längere Wellen bilden können, die, wenn sie durch die Windstärke
begünstigt sind, auch anschwellen können. Es wäre dies einer der
Vorgänge, durch welche Wellen von grosser Wellenlänge entstehen
können.
7s1
Über Blitzphotographieen.
Von LEONHARD WEBER
in Breslau.
(Vorgelegt von Hrn. von HrL.muoLTz.)
Hierzu Taf. VI.
De: bisher bekannt gewordenen photographischen Aufnahmen von
Blitzen sind meines Wissens durchweg mit feststehender Kammer
gemacht worden. Eine Reihe werthvoller Aufschlüsse über die Ge-
stalt und insbesondere die charakteristische Verästelung des Blitzes
sind dadurch gewonnen. In einem Falle, nämlich dem von Hrn.
H. Kayser! mitgetheilten, ist es sogar möglich gewesen, die zeitlich
aufeinanderfolgenden Phasen des Blitzes zu erkennen. Dies Resultat
war indessen nur durch den günstigen Umstand ermöglicht, dass die
vom Blitze durchlaufene Strecke eine merkliche seitliche Verschiebung
dureh starken Wind erfahren hatte. Es giebt nun ein sehr einfaches
und durch verwandte Methoden der Experimentalphysik nahegelegtes
Mittel, um die zeitlichen Änderungen des Blitzes räumlich neben-
einander auf die photographische Platte zu werfen. Dasselbe besteht
darin, der Kammer eine bekannte Bewegung während der Aufnahme
zu geben.
Als am 2. Juli 3"a. ein Gewitter an dem Westhimmel stand,
den ich von meiner Wohnung aus ziemlich frei übersehen konnte,
exponirte ich bei geöffnetem Fenster eine kleine Praur'sche Hand-
camera und gab derselben freihändig eine schaukelnd oseillatorische
Bewegung. Diese letztere lässt sich etwa so charakterisiren, dass
man sich gleichzeitig eine Oseillation um eine verticale Axe und um
eine mit den horizontal gehaltenen Plattenrändern parallele Axe aus-
geführt denkt. Die Axe des Objectives beschrieb demzufolge einen
elliptischen Kegelmantel. Ein dauernd leuchtender Punkt musste
hierbei auf der Trockenplatte eine entsprechende elliptische Linie
! Diese Mitth. 1884. S. 611. Ber. [1119].
782 Gesammtsitzung vom 25. Julı.
beschreiben, welche jedoch, da gleichzeitig eine langsame Gesammt-,
drehung des Apparates über den sichtbaren Himmel hinweg vor-
genommen wurde, nicht eine in sich zurücklaufende, sondern schleifen-
artig auseinandergezogene Lichtlinie bildete. Um mit möglichster
Annäherung die Zeitdauer einer Oscillation der Kammer zu bestimmen,
habe ich an demselben Morgen der Aufnahme wiederholt in möglichst
getreuer Nachahmung die gleiche Bewegung vorgenommen. Die nun
mit der Uhr bestimmten Zeiten einer Umdrehung betrugen in ziem-
licher Übereinstimmung '/, Secunde. Keinesfalls kann die Bewegung
bei der Aufnahme merklich schneller gewesen sein. Als einen Belag
für die Gleichmässigkeit der Drehung wird man es betrachten können,
dass auf beiden Aufnahmen die Amplitude der Öseillationen nahezu
die gleiche war.'
Die Brennweite des Objeetives, eines Hernmacıs'schen Aplanates,
betrug 105. Die Blende hatte 0o@=25 Öffnung.
Der Blitz Fig. ı war ein horizontal verlaufender von rosarother
Färbung. Auf dem Bilde erscheint er als ein breiter lichter Streifen,
dessen beiderseitige parallele und scharfbegrenzte Ränder die eigent-
liche geschlängelte Bahn des Blitzes darstellen. Dass diese Ränder
sich auch nach innen zu scharf gegen ihre Nachbarschaft abheben, er-
klärt sich daraus, dass sich die Kammer hier gewisssermaassen auf Um-
kehrpunkten ihrer Oseillation befand und daher lichtstärker zeichnete.
Quer über das Lichtband laufen nun eine Menge von feinen gleich-
mässig hellen elliptischen Linien. Dieselben rühren nicht eigentlich
von helleren Punkten des Blitzes her, sondern von den in der Per-
spective verkürzt erscheinenden Strecken des Blitzes, welche sich
jedoch in Rücksicht auf die Zeichnung wie hellere Punkte verhalten.
Alle diese Linien nehmen ihren Anfang oberhalb des Lichtbandes,
beschreiben die Figur einer 6 und enden nach einmaligem Umlaufe
in dem oberen Drittel des Bandes. Es ergiebt sich somit:
ı. dass dieser Blitz ungefähr eine halbe Secunde lang dauernd
geleuchtet hat;
2. dass keine sprungweise auftretenden Helligkeitsänderungen
vorgekommen sind, weder im Verlaufe des Blitzes noch auch zu
Anfang oder zu Ende;
3. dass die leuchtende Bahn eines Blitzes in der perspectivischen
Verkürzung ebenso an Helligkeit gewinnt, wie dies bei leuchtenden
Gasen bekannt ist.
Ferner muss es als sehr wahrscheinlich betrachtet werden, dass
der dauernd leuchtende Blitz auch in einem dauernden elektrischen
! Die Abbildung Fig. ı ist ı!/, mal, Fie. 2 dreimal ver&rössert.
> {=} I= - >-
L. Weser: Über Blitzphotographien. 183
Strome ohne Richtungswechsel bestanden habe. Denn, wenn auch
die Möglichkeit zuzugeben ist, dass alternirende Entladungen mit
solcher Schnelligkeit auf einander gefolgt sein könnten, dass sie auf
der Zeichung nicht mehr getrennt erschienen, so müssten doch
tausende solcher Entladungen ohne merkliche Liehtabnahme auf ein-
andergefolgt sein, um die '/, Secunde dauernde Lichtlinie auszufüllen,
was jedenfalls nicht wahrscheinlich ist.
Der zweite in Fig. 2 dargestellte Blitz hatte dieselbe rosarothe
Färbung, schlug aber nicht zwischen zwei Wolken über, sondern
ging ziemlich senkrecht 'hernieder. Die untere Begrenzung dieses
Blitzes bildete die Dachfirst eines ziemlich fern gelegenen Hauses,
welche wegen der Bewegung der Kammer als solche nicht sichtbar
ist. Die Dauer dieses Blitzes betrug wie aus den 6-förmigen Licht-
linien zu entnehmen, gleichfalls ungefähr '/; Secunde.
Ein wesentlicher Unterschied zeigt sich jedoch in den zeitlichen
Veränderungen der Lichtstärke. Die helle Ziekzacklinie in dem oberen
Drittel des Liehtbandes stellt den zeitlichen Anfang dar. Dieses erste
Aufblitzen kann höchstens '/;oo Secunde gedauert haben. Gleich
daneben in Intervallen von einigen hundertel Secunden folgen alsdann
zwei weitere helle Linien, die aber schon merklich in die Breite ge-
zogen sind und demnach Entladungen darstellen, deren Zeitdauer
ebenfalls schon nach hundertel Secunden zu bemessen ist. Nach
abermaligem Erlöschen folgt dann während etwa '/, Secunde ein
dauerndes und allmählich verschwindendes Leuchten.
Was nun die elektrische Deutung dieser Lichtvorgänge betrifft,
so scheinen sich folgende Möglichkeiten zu bieten:
ı. Nach Analogie mit Batteriefunken könnte man die drei hellen
Linien als alternirende Entladungen betrachten. Es würde dann
allerdings sehr merkwürdig sein, dass hinterher noch ein langer
eontinuirlicher Strom erfolgt, der doch wohl kaum als bloss nach-
leuchtende Luft gedeutet werden könnte.
2. Es wäre zu erwägen, ob der zeitliche Verlauf nicht in um-
gekehrter Reihenfolge stattgefunden habe, d.h. ob nicht zuerst das
eontinuirliche Leuchten und sodann die drei kürzeren Entladungen
gekommen wären. Dieser Annahme entspricht jedoch nieht die that-
sächlich ausgeführte Rotationsrichtung der Kammer, welche ich mit
ziemlicher Sicherheit als eine derartige angeben kann, dass die Axe
des Objectives gegen den Uhrzeiger am Himmel gedreht wurde.
3. Die drei hellen Linien sowohl wie das nachfolgende Band
sind als Entladungen von gleicher Richtung zu betrachten. Diese
Erklärung würde ihre Stütze darin finden, dass die Ziekzackblitze
nach vollkommener Analogie eines Flusssystemes durch zahlreiche
784 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
elektrische Nebenflüsse und Quellen in ihrer Stärke anwachsen. Wenn
nun eine merkliche nach grösseren Bruchtheilen der Secunde zählende
Dauer des Phaenomens stattfindet, so muss es nicht bloss zulässig,
sondern sogar als nothwendig erscheinen, dass das Einströmen der
Nebenflüsse nicht- gleichzeitig etwa zu Beginn der Entladung erfolgt,
und dass folgeweise die Lichtintensität in dem Hauptaste plötzlichen,
dem Zuflusse je eines starken Nebenblitzes entsprechenden Änderungen
unterworfen ist. -
Die hellen Linien des Blitzes (Fig. 2) zeigen sich an mehreren
Stellen in ähnlicher Weise geschichtet, wie dies bei dem oben er-
wähnten Kayser'schen Blitze der Fall war. Die noch fehlende Er-
klärung hierfür ist auf Grund der beiden jetzigen Aufnahmen nun
wohl darin zu suchen, dass diejenigen Theile der Blitzbahn, welche
in perspectivischer Verkürzung zur Aufnahme gelangen, heller ge-
zeichnet werden.
Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1889. Taf. v1.
Fig. 1.
Fig. 2.
L. Wer: Über Blitzphotographien.
} I Di
6 FIth ' et bi di. or IE AR
nr ur Be
Über die Darstellung optisch activer Tropasäure
und optisch activer Atropine.
Von A. LADENBURG
in Kiel.
(Vorgelegt von Hrn. Lasporr.)
Vor längerer Zeit habe ich gezeigt, dass das neben Atropin in der
Atropa Belladonna, in Datura und im Hyoscyamus vorkommende Alkaloid,
das Hyoseyamin, von dem man damals kaum mehr als den Namen
kannte, mit dem Atropin isomer ist und die gleichen Spaltungsproducte
wie dieses, Tropasäure und Tropin liefert. Ich konnte daher, unter
Anwendung einer von mir damals aufgefundenen Methode, das Hyos-
cyamin, indem ich es erst spaltete, und dann die Spaltungsproducte
mit verdünnter Salzsäure erwärmte, in Atropin verwandeln.
Damals habe ich auch gezeigt, dass man Atropin und Hyoseyamin
namentlich durch ihre Goldsalze und durch ihr Verhalten gegen polari-
sirtes Licht unterscheiden könne. Das Hyoseyamin fand ich stark
linksdrehend, während ich das Atropin als optisch inactiv erklärte.
Nun haben WırL und Brevıe kürzlich im Gegensatz hierzu be-
hauptet, auch das Atropin sei optisch activ, wenn auch nur schwach
links drehend und sie haben, vielleicht durch diesen Befund veranlasst,
Atropin und Hyoscyamin als tautomer erklärt. Wenn sich auch
diese letztere Auffassung ohne weiteres als eine irrthümliche kenn-
zeichnet, so habe ich mich doch veranlasst gefunden, meine früheren
Versuche über Atropin und Hyoseyamin wieder aufzunehmen, um
über die angebliche Aectivität des Atropins zur Klarheit zu gelangen.
Dabei habe ich gefunden, und darüber auch anderwärts berichtet, dass
das nach Wırr durch Behandlung des Hyoseyamins mit Alkalien er-
haltene Atropin durch Umkrystallisiren optisch inaetiv wird, und dass
aus optisch activem Atropin noch Hyoscyamin isolirt werden kann,
während dies bei optisch inaetiver Base nicht möglich ist. Daraus
geht mit grosser Wahrscheinlichkeit hervor, dass reines Atropin in-
activ ist und dass alles active Atropin noch Hyoseyamin enthält.
786 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Darauf gestützt habe ich Atropin und Hyoscyamin als optisch (physi-
kalisch) isomer erklärt: das Hyoseyamin als Linksform, das Atropin
als Paraform und habe versprochen, diese Auffassung durch Her-
stellung activer Atropine stützen zu wollen. Über diese Versuche,
die ich gemeinschaftlich mit stud. Cu. Huspr angestellt habe, will
ich hier kurz berichten.
Nach einigen misslungenen Versuchen, das Atropin selbst in
optisch isomere Formen zu spalten, gingen wir dazu über, die
Tropasäure zu zerlegen. Der Versuch mit Penieillium misslang vor-
läufig aus unbekannten Gründen, dagegen führte die Krystallisation
von tropasaurem Chinin zum Ziel. Tropasaures Chinin ist ein Gemenge
einer Rechts- und einer Linksform, von denen die erstere weit schwerer
löslich ist als die letztere. Beide Salze krystallisiren übrigens sehr
gut aus verdünntem Alkohol oder Wasser und der Schmelzpunkt
des ersteren scheint bei 185° zu liegen. Die beiden Salze liefern
bei der Zerlegung die R. und die L. Tropasäure, so dass die Tropa-
säure selbst als Para-Tropasäure aufgefasst werden muss. Die R. Tropa-
säure, die vorläufig reiner als die L. 'Tropasäure erhalten wurde,
krystallisirt in gut ausgebildeten Krystallen und schmilzt bei 126°,
.also 10° höher als die Parasäure. Ihr Drehungsvermögen ward vor-
läufig zu 71°— 72° gefunden. (Genauere Bestimmungen behalten wir
uns vor.)
Beide Säuren liefern bei Behandlung mit Tropin und Salzsäure auf
dem Wasserbad optisch active Atropine, von denen jedoch noch nicht
behauptet werden kann, dass es,physikalisch reine Individuen sind,
da eine theilweise Inaetivirung bei der Darstellung nicht ausgeschlossen
ist. Die Rechtsbase schmilzt bei ı 10° und zeigt ein Drehungsver-
mögen von 8°—ı0°. Die Linksbase liefert ein gut krystallisirendes
schwach glänzendes Goldsalz vom Schmelzpunkt 148°— 150°, d. h.
die Eigenschaften liegen zwischen denen des Atropins und des Hyos-
cyamins, was auch sehr wohl erklärlich ist.
Die von mir früher aufgestellte Formel für das Atropin
CH
0 NcH
pas:
N Uay CH! -CH,.CH,0.C0.CH(OH)
NCH, No,H,
welche allerdings hinsichtlich des Orts der Doppelbindung im Piperidin-
kern willkürlich ist, enthält zwei ungleiche asymmetrische Kohlenstoff-
atome (©). Die hier kurz charakterisirten activen Atropine enthalten
. ‘ [r * “ . [er
Lapengurg; Darst. optisch activer Tropasäure u. optisch activer Atropine. 187
jedoch nur je ein actives asymmetrisches Kohlenstoffatom, während
wahrscheinlich in dem Hyoseyamin beide asymmetrische Kohlenstoff-
atome wirksam Sind.
Man darf nämlich das bisher bekannte Tropin als eine Paraform
auffassen, deren Spaltung jetzt versucht werden soll. Ist diese erst
gelungen, so wird es möglich werden noch sechs weitere active
Atropine darzustellen, von denen eines, das aus Linkstropin und
Linkstropasäure hergestellte, mit dem Hyoseyamin wahrscheinlich
identisch sein wird.
Übrigens sind von den so darstellbaren acht optisch aetiven Atro-
pinen vielleicht vier gar nicht als Individuen zu betrachten, da die
aus Paratropasäure bez. Paratropin hergestellten Atropine, indem sich
bei der Darstellung die Paraform je in Rechts- und Linksform spaltet,
sich als aequivalente Gemenge erweisen könnten. Dies kann aber
vielleicht durch Bestimmung des Moleeulargewichts entschieden werden.
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789
Statut der Graf LouBart-Stiftung.
IN Schdem der Graf Josern FrLormonp Lousar aus New-York der
Königlichen Akademie der Wissenschaften 22871 Mark 55 Pf. zum
Zweck einer Preisstiftung, welche die nordamerikanistischen Studien
fördern soll, und 2400 Mark zum Zwecke einer ersten besonderen
Preisvertheilung überwiesen, die Akademie ihre Bereitwilligkeit zur
Annahme dieser Stiftung am 22. Januar 1889 ausgesprochen und
Se. Majestät der König Wırneım II von Preussen die landesherrliche
Genehmigung am 27. Februar 1889 ertheilt hat, ist nachstehendes
Statut für die Stiftung festgestellt worden.
UN
|
Zweck der Stiftung.
Alle fünf Jahre soll durch die Akademie der Wissenschaften ein
Preis von 3000 Mark an diejenige gedruckte Schrift aus den weiter-
hin näher specialisirten Gebieten der nordamerikanistischen Studien,
welche unter den der Akademie eingesandten als die beste sich er-
weist, ertheilt werden. Die Akademie setzt einen Termin fest, bis
zu welchem die Schriften eingesandt und in Berlin eingetroffen sein
müssen.
Die nordamerikanistischen Studien werden zum Zwecke der
Preisbewerbung in zwei Gruppen getheilt; die erste umfasst die Ur-
und Aboriginer-Geschiehte einschliesslich der Hülfsdiseiplinen, wie
Geographie, Archäologie, Ethnographie, Sprach- und Münzwissenschaft;
die zweite begreift die Kolonisation der Kulturvölker und die neuere
Geschichte bis zur Gegenwart nach allen ihren Seiten. Die Preis-
bewerbung und Ertheilung beschränkt sich jedesmal auf die eine
dieser beiden Gruppen und auf die Schriften, die bei der ersten Ver-
theilung innerhalb der letzten fünf Jahre, später auf die, welche
innerhalb der letzten zehn Jahre erschienen sind. Als Schriftsprache
ist die deutsche, englische, französische und holländische zuzulassen.
790 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
$.D.
Verwaltung der Stiftung.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften übernimmt die
Verwaltung der Stiftung nach Maassgabe dieses Statuts und vertritt
die Stiftung nach aussen.
Das Vermögen der Stiftung, das pupillarisch sicher angelegt
wird, und dessen Ertrag zu keinen anderen als den Stiftungszwecken
“verwandt werden kann, wird mit dem Vermögen der Akademie ver-
waltet und zwar nach den Bestimmungen, welche für dieses in den
Statuten der Akademie festgesetzt sind. In den Rechnungen wird
das Vermögen der Stiftung als ein in sich geschlossenes Ganzes mit
Einnahme und Ausgabe für sich aufgeführt.
Dieselbe Commission, welche die Akademie zum Zweck der Er-
theilung des Preises einsetzt, sieht alljährlich die Rechnung des ver-
gangenen Jahres ein und legt der Akademie ihre etwaigen Bemerkungen
zur Erledigung vor.
In den Jahren, in welchen kein Preis ertheilt wird, werden die
Zinsen zu einem besonderen Fonds (Prämienfonds) gesammelt, soweit
nicht durch die Bekanntmachung des Preisausschreibens oder durch
die Vorberathung der Preisertheilung Kosten entstehen. Diese Zinsen
werden bis zur Auszahlung rentirend angelegt. Aus diesem Fonds
erfolgt die Auszahlung des Preises und die Aufbringung der oben
erwähnten Kosten. Nach jeder Preisertheilung werden etwa ver-
bleibende Überschüsse zum Kapital geschlagen.
Die Kosten einer Preisertheilung dürfen, einschliesslich des Preises,
die fünfjährigen Zinsen des Capitals nicht überschreiten.
Für die erste Preisertheilung steht ausser den laufenden Zinsen
die vom Grafen Lousar besonders hergegebene Summe von 2400 Mark
zur Verfügung.
II.
URN
Die Preisertheilung.
Die Akademie der Wissenschaften wählt nach vorhergehender
Berathung in geheimer Abstimmung zuerst auf zwei, später auf fünf
Jahre eine Commission zum Zwecke der Preisertheilung. Sie hat
dafür zu sorgen, dass zwei Jahre vor der Preisertheilung in der
Leissız-Sitzung bekannt gemacht werde, welche Gruppen von Schriften
zur nächsten Konkurrenz zugelassen werden. Sie bestimmt den Termin,
bis zu welchem die betreffenden Schriften eingesandt sein müssen,
Statut der Graf Lousar- Stiftung. 1791
und sorgt dafür, dass die in der Leissız-Sitzung verlesene Bekannt-
machung in einigen angesehenen deutschen und nordamerikanischen
wissenschaftlichen Organen weitere Verbreitung findet.
Zum Zwecke der Begutachtung der einkommenden Schriften kann
sich die Commission durch wissenschaftliche Kräfte aus ganz Deutsch-
land ergänzen. Diese ausserhalb der Akademie der Wissenschaften
stehenden Gelehrten werden für ihre Begutachtung entsprechend ihrer
Thätigkeit und den Mitteln der Stiftung honorirt. Die Preiszuer-
theilung findet im Plenum der Akademie statt auf Grund eines Vor-
schlages der Commission; zur Commissions-Sitzung werden die begut-
achtenden, nicht der Akademie angehörigen Gelehrten eingeladen,
haben aber nur berathende Stimme. Reisekosten sollen in der Regel
hierfür nicht bewilligt werden. Die erste Wahl der Commission ge-
schieht, sobald das Statut bestätigt ist. Die Auszahlung des Preises
wie der Kosten erfolgt auf Antrag der Commission durch Anweisung
eines der vorsitzenden Secretare an die Casse.
Vor der Auszahlung des Preises hat der preisgekrönte Schrift-
steller nachzuweisen, dass er je ein Exemplar der Schrift an das
Columbia College zu New-York und die New-York Historial Society
abgeliefert habe.
$. IV.
Einführungs-Bestimmung.
Die erste Bekanntmachung erfolgt am Lemnız- Tage ı889, die
erste Preisertheilung am Lrıssız- Tage 1891.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften.
Vorstehendes Statut wird hierdurch bestätigt.
Berlin, den 2. Juli 18809.
Der Minister
der geistlichen, Unterrichts- und Medieinal- Angelegenheiten.
Im Auftrage.
(GREIFEF.
7 . .
792 Gesammtsitzung vom 25. Juli.
Preisausschreibung für die LouBAT-Stiftung.
Geniss dem vorstehend zum Abdruck gebrachten, von dem vor-
geordneten Ministerium unter dem 2. Juli d. J. bestätigten und der
Akademie am ı1. desselben Monats zugegangenen Statuts wird die
erste im Juli 1891 am Leissız- Tage stattfindende Preisvertheilung aus
der Lousar-Stiftung in folgender Weise geregelt.
ı. Concurrenzfähig sind diejenigen Druckschriften, welche die
Colonisation Nordamerikas durch die europäischen: Culturvölker und
dessen neuere Geschichte bis zur Gegenwart betreffen, zwischen dem
ı. Juli 1884 und dem ı. Juli 1889 in deutscher, englischer, französi-
scher oder holländischer Sprache veröffentlicht und vor dem ı. Juli
ı890 bei der Königlichen Akademie für diese Coneurrenz eingereicht
worden sind. Druckschriften, deren Publication innerhalb dieses Ter-
mines sich nicht entweder von selber zweifellos ergiebt oder bei der
Einsendung in ausreichender Weise nachgewiesen wird, sind von der
Concurrenz ausgeschlossen.
2. Der Preis beträgt 3000 Mark.
3. Die eingesendeten Concurrenzschriften müssen mit der Adresse
des Verfassers versehen sein und eine in Berlin domieilirte Person
oder Stelle bezeichnen, welcher gegen ihre Quittung die Preissumme
zur Übermittelung an den Verfasser auszuzahlen ist.
4. Die im $. 3 des Statuts erforderte Nachweisung, dass von der
betreffenden Druckschrift ein Exemplar an das Columbia College und ein
anderes an die Historical Society in New -York abgeliefert worden sind,
kann mit der Einreichung der Druckschrift verbunden werden.
Geschieht dies nicht, so hat die zum Empfang des Geldes berechtigte
Person oder Stelle die betreffende Bescheinigung vor der Erhebung
der Preissumme einzureichen.
98
Uber den allmählichen Übergang der Gasspeetra
in ihre verschiedenen Formen.
Von A. WÜLLNER.
(Vorgelest am 18. Juli [s. oben S. 711].)
IR
No: zehn Jahren habe ich gezeigt,' dass man das gewöhnliche
Bandenspeetrum des Stickstoffs durch stets weiter getriebene Ver-
dünnung des Gases in ein Speetrum verwandeln kann, dessen Maxima
im grünen und blauen an ganz anderen Stellen liegen. als im ge-
wöhnlichen Bandenspeetrum; ieh zeigte damals, dass diese Umwandlung
eine allmähliche ist, dass man das allmähliche Hellerwerden der
neuen Maxima bei schrittweise fortschreitender Verdünnung des Gases
verfolgen kann. Als letzter Rest des Speetrums bei der stärksten
erreichten Verdünnung blieben wesentlich diese Maxima als helle
Linien übrig, deshalb nannte ich das Spectrum ein Linienspeetrum
des Stickstofls. In diesem Speetrum fand sich schon eine nieht un-
erhebliche Zahl von Linien des Prücker’schen Linienspeetrums, von
denen ich unter anderen die allmähliche Entwickelung der beiden
characteristischen hellen Linien mit den Wellenlängen 500.8 und
500.4 beschrieben habe. Gerade in diesem allmählichen Ilervortreten
der im gewöhnlichen Bandenspeetrum nicht vorhandenen Maxima,
welche man, sobald ihre Helligkeit gross genug geworden ist, als
aus einzelnen Linien zusammengesetzt erkennt, sah ich einen Beweis
dafür,” dass ein so qualitativer Unterschied zwischen den von PLücker
! WÜLLNER, Wiıerpenm. Ann. Bd. 8, S. 590. 1879.
®2 Hr. Kayser hat diese meine Beobachtungen ganz übersehen, wenn er in seiner
1883 erschienenen Spectralanalyse noch behauptet, der Übergang vom Bandenspeetrum
zum Linienspeetrum sei stets ein sprungweiser und dies als Beweis dafür ansieht, dass
es andere Molecüle seien, welehe das Bandenspeetrum, andere, welehe das Linienspeetrum
liefern. Auch Hr. HasseLgerG scheint von dem Inhalte meiner Abhandlung nur eine
sehr unvollständige Kenntniss gehabt zu haben, wenn er in seiner Abhandlung zur
Speetroskopie des Stickstoffs (Mem. de l’Acad. de St. Petersbourg (7) Bd. 32. 1885)
meint, dass bei meinen Versuchen der Stiekstoff nach Durchgang durch ein Zwischen-
stadium in seine Atome zerfallen sei.
os
Sitzungsberichte 1889. 7:
794 ‘ Gesammtsitzang vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
als Spectra erster und zweiter Ordnung bezeichneten Speetren nicht
vorhanden ist, wie die Auffassung es verlangt, dass das eine Speetrum
den Moleeülen, das andere den Atomen, wie sie durch eine Zerreissung
der Molecüle entstehen, entspricht. Es schien mir das vielmehr zu
beweisen, dass wir in dem beobachteten Speetrum eben jenes Licht
wahrnehmen wie es von den Gasmoleecülen je nach der Temperatur sowie
Dicke und Dichte der strahlenden Schicht mit solcher Intensität aus-
gesandt wird, dass wir es in dem durch Zerlegung des ausgesandten
Lichtes entworfenen Speetrum wahrnehmen können.'
Im vergangenen Winter habe ich die Frage der Veränderlichkeit
der Gasspeetra neuerdings experimentell verfolgt, insbesondere um zu
versuchen, ob sieh nicht auch jene Linien des Prücker’schen Linien-
speetrums allmählich hervorrufen liessen, welche sich in dem damals
von mir beschriebenen Speetrum noch nicht fanden, allgemeiner ob
sich nieht ein stetiger Übergang der verschiedenen Formen der Speetra
der Gase erreichen lasse.
Da nach der von mir vertretenen Auffassung der Spectra die
Linienspeetra so zu sagen unvollständige Speetra sind, die uns in der
beschränkten Zahl von hellen Linien nur die intensivsten der von
den Gasen ausgesandten Wellen zeigen, weil sie nur von der durch
den Funken getroffenen Molecülreihe ausgesandt werden, so handelte
es sich für mich vorzugsweise darum zu versuchen, ob es nicht
möglich sei, diekere Schichten der Gase auf erheblich verschiedene
Temperaturen zu bringen. Die diekeren Schiehten müssen nach
meiner Auffassung das vollständige Speetrum liefern, also auch zeigen,
wenn es gelingen sollte, die diekeren Gasschichten auf jene Temperatur
zu bringen, bei welcher die Linien des Linienspeetrums sich zeigen,
ob in der That dann das Speetrum nur aus diesen besteht, wie es
Änsströn und seine Nachfolger wollen, oder ob die Linien in der
That nur die hellsten eines vollständigen Speetrums sind.
2.
Ich benutzte zu diesen Versuchen Speetralröhren mit longitudinaler
cm
Durehsieht und einer bis 150° gehenden Länge. Es wurden haupt-
sächlich vier solcher Röhren angewandt, deren lichte Weite 2°", 1°”,
os und o°"25 betrug. Die Röhren waren doppel T-förmig, so dass
sich die Elektroden stets seitlich von der strahlenden Schicht und etwa
em
5” von derselben entfernt befanden. Die o“"25 weite Röhre hatte
drei Paare von Elektroden, zwei an den Enden, eines in der Mitte
2 b) b)
! Man sehe auch Würnner, Wien. Ann. Bd. 34, S. 647. 1888.
WÜLLser: Übergang der Gasspectra in ihre verschiedenen Formen. 795
so dass bei dieser Röhre als strahlende Schicht eine Länge von, 75°"
oder 150°” benutzt werden konnte. Bei gewissen Drucken wurde
nämlich durch Verwendung der ganzen Rohrlänge der Strom so ge-
schwächt, dass das von der Röhre ausgesandte Licht bei Benutzung
der halben Rohrlänge heller war als bei Benutzung der ganzen. Die
Röhren waren neben einander gelegt und durch angeschmolzene Ver-
bindungsröhren unter sich und mit einer Torrrer'schen Luftpumpe
verbunden. Vor den Röhren aber durch ein Quecksilberventil von
ihnen getrennt, befand sich ein grösserer Behälter, ein etwa 3°” weites
Barometer, das mit Gasen gefüllt werden konnte. In dem Barometer
war eine Eisendrahtspirale in der von mir früher! beschriebenen Weise
angebracht, zu dem Zwecke, um durch längeres Glühen derselben
die Luft vom Sauerstoff befreien zu können. Um den Behälter mit
trockenen reinen Gasen füllen zu können, war vor demselben die von
Hrn. Corxu beschriebene” Vorrichtung angebracht und zwischen dieser
und dem Behälter ein langes Rohr mit wasserfreier Phosphorsäure.
Zwischen dem erwähnten Quecksilberventil und den Speetralröhren
war, ebenfalls nach dem Vorschlage des Hrn. ÜCorxu, eine mit
Schwefelstücken und eine mit blanken Kupferspänen gefüllte U-Röhre
eingeschaltet, um Quecksilberdämpfe aus den Speetralröhren fern zu
halten. Die Verbindung der Speetralröhren mit der Pumpe war so
geführt, dass dasselbe Röhrensystem mit Schwefel und Kupferspänen
die Pumpe von den Speetralröhren trennte.
Bei den Versuchen mit Luft und Stickstoff wurde der an der
Corsu’ schen Vorrichtung angesetzte Weasserzersetzungsapparat nicht
gefüllt, man liess einfach, nachdem bei gesenktem Quecksilberventil
die ganze Zusammenstellung möglichst vollständig ausgepumpt war,
durch das Rohr des Wasserzersetzungsapparates Luft hindurch gehen,
um den Behälter mit trockener Luft zu füllen.
Die Beobachtungen des Stickstoffspeetrums wurden zuerst mit
trockener Luft, später unter Verwendung von Stickstoff durchgeführt,
indem die Luft durch längeres Glühen der Eisendrahtspirale vom
Sauerstoff befreit wurde. Ob der Stickstoff ganz vollständig vom
Sauerstoff befreit war, weiss ich nicht, indess hat die Anwesenheit
einer geringen Menge Sauerstoff bekanntlich keinen Einfluss auf die
Speectralerscheinungen.
! Würrner, PoGGEnD. Ann. 149, S. 103. 1873.
® Corsu, v’Armeıpa Journal de physique, H. Serie, t. 5, p. 100 und 341. 1886.
1
796 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
3.
Spectra des Stickstoffs.
Das Bandenspeetrum, das diese langen Röhren bei Anwendung
eines kräftigen Induetionsstromes und bei dem für die Entwickelung
des Speetrums günstigsten Gasdrucke geben, ist von einer sehr grossen
Helligkeit, auch in dem 2°" weiten Rohr, so dass man in dem
Speetrum sehr viel mehr Einzelheiten erkennen kann als in den ge-
wöhnlichen Spectralröhren. Man erkennt sofort, was übrigens schon
Hr. HasseLBERG in seiner vorhin erwähnten Abhandlung »Zur Speetro-
skopie des Stickstoffs« gezeigt hat, dass die Banden sich aus ein-
zelnen Linien der verschiedensten Helligkeitsgrade zusammensetzen,
dass also auch diese Spectra Linienspectra sind. Die Verlängerung
der strahlenden Schicht bewirkt keine Verbreiterung der Linien,
sondern lässt ihnen ihre volle Schärfe, wie es auch nach der vox
Hernnourz’schen Absorptionstheorie sein muss, wenn die Lichterre-
genden Schwingungen ohne Reibung stattfinden.
Das Spectrum scheint im Rothen bis zur Grenze des überhaupt
sichtbaren Roth zu reichen; ich glaube nämlich in diesem äussersten
Roth noch sehr schwache Banden gesehen zu haben und bei ver-
schiedenen Einstellungen der Grenze, bis zu welcher ich Licht zu sehen
glaubte, kam ich stets in die Gegend der Fraunnorer’schen Linie A.
Messbar wird das Spectrum erst bei der Wellenlänge 688.27, also
fast genau bei der Fraunnorer'schen Linie 3. Die bekannten im Roth,
Orange, Gelb bis zum Gelbgrün liegenden achtzehn Banden, von denen
die erste, sowie die zehnte und elfte (Wellenlängen 6 19—607) merklich
dunkler sind als die übrigen, erkennt man als aus mehr als zwanzig
Linien, von denen stets drei an Helligkeit hervorragen, zusammen-
gesetzt. Ich habe beispielsweise zwischen den Wellenlängen 591.2
und 585.8, der in der Gegend der Natriumlinie liegenden Bande,
ebenso wie Hr. HasseLgere einundzwanzig Linien gemessen. Die
Maxima dieser Gruppe sind 591.15, 590.3, 588.7. Nicht minder
kann man in den grünen, blauen und violetten Theilen, wenigstens
in den liehtstärkeren Banden, ohne Mühe erkennen, dass die Banden
nichts als Liniengruppen sind.
Die Spectra, welche bei gleichem Drucke des Gases und gleicher
Stromstärke die vier Röhren liefern, sind abgesehen davon, dass das
Speetrum der engsten Röhre als das hellste mehr sehen lässt als
die Röhre von 2°” Weite, im wesentlichen gleich, jedoch nicht ganz
identisch. Als identisch bezeichne ich zwei Spectra, bei denen das
Helligkeitsverhältniss der in beiden sichtbaren Theile ganz dasselbe
ist, so dass man ohne weiteres in beiden die gleichen Linien zu
WÜLLNER: Übergang der Gasspectra in ihre verschiedenen Formen. 797
gleichen Gruppen zusammenfäasst. In dem Sinne sind die Banden
vom Roth bis zum Grüngelb in den Spectren der verschieden weiten
Röhren durchaus identisch; die weiteren Theile sind es indess nicht
ganz mehr, insbesondere tritt eine nicht unerhebliche Verschie-
denheit in der Helliekeitsvertheilung hervor zwischen den Wellen-
längen 560.3 und 544.5. Hinter der Grenze der gelbgrünen Bande,
welche der Wellenlänge 571.16 entspricht, folgt in dem Speetrum
zunächst ein dunkler Raum, der nur einzelne Linien, im engsten Rohre
daneben noch ein schwaches Feld, zeigt. Dem folgt eine Anzahl
Banden bez. Liniengruppen; in dem Spectrum des 2°” weiten Rohres
ordnen sich dieselben als sieben fast gleichförmig gebaute Gruppen.
Jede beginnt mit einer hellen Linie, wohl die hellste der ganzen
Gruppe, nahe bei derselben tritt eine helle Linie als zweites Maximum
auf und etwas weiter von dieser ein drittes Maximum. Zwischen den
Maximis, sowie zwischen dem dritten und dem ersten Maximum der
folgenden Gruppe liegen feinere Linien.
Die je drei Maxima dieser sieben Gruppen haben folgende Wellen-
längen:'
559.45 555.6 551.9 548.2
558.8 554.9 551.2 547-7
557.2 553-4 549.9 546.2
544-5 541.0 537-5
544.0 540.5 537.0
542.5 539.1 535.7
In der Röhre von 0°”25 Durchmesser zeigt sich die Helligkeits-
vertheilung anders und fast genau so, wie ich sie im Jahre 1879
beschrieben habe. Abgesehen davon, dass die Gruppenbildung schon
bei der Wellenlänge 561.9 beginnt, so dass schon eine Gruppe von
dieser bis zur Linie 559.45 reicht, erscheint mit der Linie 559.45
beginnend, als erste eine Gruppe etwa gleich heller Linie, welche bis
557.2 reicht; das zweite Maximum 558.8 der weiten Röhre tritt nicht
als solches hervor. Die Linie 557.2, welche in der weiten Röhre als
drittes Maximum der ersten Gruppe erscheint, tritt hier so hell hervor,
dass man sie als den Beginn des folgenden aus Linien gleicher Hellig-
keit bestehenden Feldes auffasst, welches dann bis 555.0 reicht. Das
mit dieser Linie beginnende helle Feld reicht bis zu einer sehr hellen
Linie 553.0, auf dem Felde erscheint als hellere Linie 553.4. Die
sehr helle Linie 553.0 beginnt ein schmales helles Feld, auf welchem
als Helligkeit 552.2 auffällt. Bei der sehr hellen Linie 551.9 beginnt
! Betreffs der Bestimmung der Wellenlängen verweise ich auf meine Abhandlung
in Wıepem. Ann. Bd. 8 S. 590. 1879.
798 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
dann ein erkennbar aus fünf Linien gleicher Helligkeit zusammen-
gesetztes Feld; die letzte dieser fünf Linien ist 548.8. Ebenso ist
das bei 548.2 beginnende und bis 544.5 reichende Feld gleichmässig
aus Linien gebildet, ohne dass eine Dreitheilung des Feldes, wie in
dem Spectrum des weiten Rohres hervortritt. Erst die folgenden
Liniengruppen erscheinen wie im Spectrum des weiten Rohres als
dreitheilige Felder.
Es sind das allerdings nur kleine Verschiedenheiten, sie reichen
aber hin, um in diesem Theile das Aussehen des Specetrums erheblich
zu ändern; in den andern Theilen des Spectrums sind die Verschieden-
heiten nicht so auffallend. Während in der Röhre von ı°” Durch-
messer die Helligkeitsvertheilung noch wesentlich mit derjenigen im
Speetrum des 2°" Rohres übereinstimmt, zeigte sich in dem 0“”5 Rohre
ein Übergang zu dem Spectrum des engsten Rohres namentlich bis
zur Wellenlänge 548.2.
Diese, wenn auch kleinen Verschiedenheiten der im übrigen auf
ganz gleiche Weise hervorgerufenen Spectra zeigen, dass auch das
gewöhnliche Bandenspectrum des Stickstoffs keinesweges ein so durch-
aus constantes ist, als man gewöhnlich annimmt, dass schon kleine
Temperaturverschiedenheiten Helligkeitsmaxima an andern Stellen auf-
treten lassen. Denn wir können diese Änderungen wohl nur als durch
Temperaturverschiedenheiten bedingt auffassen. Wir machen uns die-
selben durch die Annahme verständlich, dass in dem engeren Rohr,
in welchem die gleiche Entladung durch einen kleineren Querschnitt
hindurchgeht, eine Anzahl höher erhitzter Molecüle vorhanden ist,
welche für einen Theil derjenigen Wellenlängen, welche bei der
Temperatur der Hauptmasse der Molecüle noch an Intensität zurück-
stehen, ein grösseres Emissionsvermögen besitzen, so dass Linien-
gruppen gleicher Helligkeit entstehen an Stellen, wo die weniger
heissen Molecüle allein die dreitheiligen Felder entstehen lassen.
4.
Schaltet man parallel den Speetralröhren eine Leydner Flasche
ein, und bringt gleichzeitig in den Stromkreis der Speetralröhren mit
Hülfe eines Funkenmikrometers eine kleine Funkenstrecke, so ändert
sich das Bandenspecetrum ganz erheblich, besonders in seinem mittleren
Theile; in diesem Theile erscheint das Speetrum als ein ganz anderes
Bandenspeetrum.' Giebt man dem Gase den auch zum Hervorrufen
! Wenn ich die kurze Andeutung des Hrn. Gorpsreın (Berliner Monatsberichte
1876 S. 281) richtig verstehe, hat derselbe schon ähnliches beobachtet, er sagt, es sei
Würuser: Ubergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen. 799
des gewöhnlichen Bandenspeetrums günstigsten Druck, wendet eine
nicht zu kleine Flasche an, und wählt die Funkenstrecke nur gerade
so gross, dass die Flasche stets wirkt, der Strom also nur in Form
der Flaschenentladungen dureh die Röhre geht, so ist das Spectrum
in allen seinen Theilen sehr hell. Die Veränderung geht am weitesten
in der engsten Röhre, an Stelle der Maxima des gewöhnlichen Banden-
speetrums zeigt das Spectrum jene Maxima, welche ich im Jahre 1879
als Linien jenes Linienspeetrums beschrieben habe, in welches das
Bandenspecetrum des Stickstoffs bei hinreichender Verdünnung des
Gases allmählich übergeht.
Während indess damals in dem Speetrum vom rothen, orange
und gelben nichts mehr sichtbar blieb, zeigte sich jetzt das Banden-
speetrum zwischen den Wellenlängen 688.27 und 577:7
geändert, nur wird das ganze Gebiet etwas dunkler. Die Änderung
ganz UN-
beginnt bei der Wellenlänge 571.5, indem diese, welche im Banden-
speetrum schwach zwischen den scharfen Linien 572.1 und 571.2
erscheint, hell wird, während die beiden letzteren Linien an Hellig-
keit zurücktreten. Zwischen den Wellenlängen 571 und etwa 440 wird
dann die Helligkeitsvertheilung eine ganz andere, als im gewöhnlichen
Bandenspeetrum, es erschemen hier eben als Maxima in den Banden und
als einzeln stehende helle Linien alle jene Linien des erwähnten 1879
von mir beschriebenen Linienspeetrums. Wie ich schon damals er-
wähnte, blieben selbst bei der stärksten Verdünnung zwischen den
hellen Linien noch einzelne schwache Felder sichtbar, jetzt bei den
tiefen leuchtenden Schichten erkannte man, dass diese Linien die
Maxima eines schönen Bandenspectrums, d.h. aus Gruppen von Linien
der verschiedensten Helligkeitsgrade bestehenden Speetrums sind. Die
neuen Messungen haben mit wenigen Ausnahmen alle die Linien er-
geben, welche damals bestimmt wurden. Dass einige der früheren
Linien fehlen, und dafür andere sich zeigen, kann nicht auffallen, da,
wie gleich hervortreten wird, die Zahl der auftretenden Maxima sehr
von der Verdünnung des Gases abhängig ist, wie auch bei stärkerer
Verdünnung Maxima verschwinden, welche bei grösserer Diehte des
Gases noch vorhanden sind. Die gemessenen Maxima und einzelnen
hellen Linien sind in der nachher folgenden Tabelle zusammengestellt.
Auch hier zeigte sich der Einfluss der Röhrenweite. In den
weiteren Röhren trat die Umwandlung der Speetra nicht so voll-
ständig ein. So entwickelten sich bei der gleichen Gasdichte beispiels-
ihm gelungen, das Speetrum des positiven Lichtes mit Luft, Stickstoff, Wasserstoff
gefüllter Röhren von beliebiger Form durch starke Verdünnung oder durch Verst
der Entladungsintensität in ein Speetrum. des Kathodenlichtes überzuführen.
ärkung
300 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
weise schon in dem Rohre von 0°"; Querschnitt die beiden Linien
500.8 und 500.4 nieht, es blieb dort ein gleichmässig beleuchtetes
Feld. So erschien in dem 2°” weiten Rohre die bekannte Nordlicht-
linie 556.5 gar nieht, während in dem engen Rohr dieselbe als sehr
hell bezeichnet wurde; überhaupt ist die Änderung im weiten Rohr
zwischen 561 und 533 viel weniger hervortretend als in dem engen
Rohr, es blieben gerade dort vielmehr die Maxima des gewöhnlichen
Bandenspeetrums als solche.
Wenn man bei stets eingeschalteter kleiner Funkenstrecke von
dem Drucke aus, bei welchem das Bandenspectrum sich am schönsten
entwickelt, das Gas weiter und weiter verdünnt, so treten neben einer
allgemeinen Verdunkelung des ganzen Speetrums zu den früher er-
schienenen Maximis neue hinzu und einzelne vorhandene verschwinden
oder treten doch an Helligkeit zurück. Gleichzeitig lösen sich die
hellen Felder im grünen, welehe in dem vorher besprochenen Spectrum
zum Theil nur schwierig die feinen Linien erkennen lassen, aus denen
sie zusammengesetzt sind, in einzelne scharfe, deutlich von einander
getrennte Linien auf. In hervorragend schöner Weise zeigt sich das
in den Feldern, welche mit den Wellenlängen 542.3 — 532.3 —
523.1 — 515.0 — 504.5 — 471.0 beginnen. Bald zerfällt die im
Bandenspeetrum bei 465.1 beginnende blaue Bande in einzelne Linien
und gleichzeitig fangen im rothen, orange und gelben einzelne Linien
an Helligkeit zu wachsen an, so dass sie als helle Linien von den
übrigen Linien dieser Gruppen hervortreten. Ob die Helligkeit aller
dieser Linien wirklich zunimmt, ob nicht zum Theil wenigstens ihr
Hervortreten dadurch bedingt wird, dass ihre Umgebung schneller
an Helligkeit abnimmt, ist schwer zu sagen. So erscheint im rothen
zuerst die helle Linie 648.5, im orange 592.6 — 593.8. Die Zahl
der hellen Linien wächst mit abnehmendem Drucke und es genügen
schon sehr geringe Druckänderungen, um die Zahl der hervortretenden
Linien, ja auch das Helligkeitsverhältniss einzelner zu ändern. Für
diese letztere Änderung bietet ein auffallendes Beispiel das Linienpaar
534.9 und 534.6. Bei einem sehr geringen Drucke des Stickstoffes
ist die Linie 534.9 sehr hell, die andere so schwach, dass sie kaum
siehtbar ist; der Zutritt einer Spur Stickstoff liess dagegen die zweite
so hell und die erste so schwach werden, dass dieselbe fast nur
als eine Verwaschung der zweiten nach der weniger brechbaren Seite
erschien. Bei diesen Beobachtungen war der Druck schon ein so
Würrner: Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen. s0l
kleiner, dass eine ganz kleine Änderung des Druckes auf den Durch-
gang des Stromes von grossem Einfluss ist, das bedingende dieser
örscheinung ist demnach nicht die geringere oder grössere Dichte
der strahlenden Sehieht, sondern die durch die Dichtigkeitsänderung
bewirkte Temperaturänderung. Ein Beweis hierfür liegt darin, dass
man bei der zuletzt hergestellten Gasdichte die Linie 534.9 wieder
zur helleren machen kann, indem man die Funkenstrecke verlängert.
Dasselbe ergab sich mit den Linien 480.8 und 480.4, Verlängerung
der Funkenstrecke liess die erstere verdunkeln und bewirkte das
Hellerwerden der zweiten, bez. wurde dieselbe erst bei längeren
Funken sichtbar.
Einen unmittelbaren Einfluss der Diehte der strahlenden Schicht
bez. der Zahl der leuchtenden Molecüle möchte es dagegen zuzuschreiben
sein, dass in den vorhin erwähnten hellen Feldern, welche aus feinen
Linien zusammengesetzt sind, die Zahl der Linien von der Gasdiehte
abhängig ist; mit abnehmendem Drucke rücken die sichtbaren Linien
weiter auseinander, d. h. es verschwindet eine Anzahl der weniger
hellen Linien zwischen den helleren, die auch bei dem geringsten
von mir benutzten Drucke sichtbar bleiben.
Das so allmählich sich entwickelnde Spectrum kann kurz dahin
charakterisirtt werden, dass zu dem im vorigen Paragraphen be-
schriebenen Bandenspectrum allmählich fast sämmtliche Linien des
Prücker’schen Linienspectrums und noch eine Anzahl anderer hinzu-
treten, bez. als hellere aus den Liniengruppen des Bandenspeetrums
sich entwickeln.
Wenn auch diese allmähliche Entwickelung des ganzen Speetrums
unter Parallelschaltung der Flasche mit eingeschalteter kurzer Funken-
strecke beobachtet wurde, so treten doch qualitativ dieselben Er-
scheinungen auch ohne Anwendung des Flaschenfunkens bei stärkerer
Verdünnung auf. Unter erheblicher Verdunkelung der Banden im Roth,
Orange und Gelb, entwickeln sich auch dort Linien des Prücker'schen
Linienspeetrums, wenn auch nicht so zahlreich wie unter Benutzung
des Flaschenfunkens, auch einzelne, welche in dem Speetrum, welches
durch die Flaschenentladung entstand, nicht bemerklich hervortreten.
Es kam also annähernd dasselbe Speetrum heraus, wie mit Funken,
nur war dasselbe dunkler und deshalb nicht so reich. Einzelnheiten
anzugeben halte ich für unnöthig, da dieselben zu sehr von der
vorhandenen Dichte des Gases abhängig sind.
Der Einfluss der Röhrenweite zeigt sich immer in demselben vor-
her erwähnten Sinne, die Änderungen des Speetrums gehen in den
weiteren Röhren nicht so weit. So entwickelten sich in dem 2°”
weiten Rohr die Linien im Roth, Orange und Gelb selbst bei dem
802 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
geringsten Drucke nicht, ebenso zerfiel die bei 465.2 beginnende
Bande nieht in Linien, im ı“” weiten - Rohr trat letzteres bei gleichem
Drucke ein und ebenso zeigten sich schon einzelne Linien im Roth,
Orange und Gelb. In dem 0“"z weiten Rohr kamen die Erscheinungen
denjenigen im ersten Rohr sehr nahe.
In der nachfolgenden Tabelle stelle ich die von mir gemessenen
Maxima im gewöhnlichen Bandenspeetrum, in demjenigen der Flaschen-
entladung bei höherem Drucke und bei geringerem Drucke zusammen.
Daneben stelle ich die Linien des Prücker'schen Linienspectrums;
soweit ich sie im Jahre 1879 gemessen habe, nach meinen Messungen,
im übrigen nach der Zusammenstellung des Hrn. Warr's in seinem
Index of speetra.' Spalte I enthält die Maxima des gewöhnlichen
Bandenspectrums, Spalte II die des Speetrums der Flaschenentladung
bei höherem Druck von 571.5 an, bis dort sind die Maxima die
gleichen wie im gewöhnlichen Bandenspectrum, also wie in I: Spalte III
die Maxima des Speetrums der Flaschenentladung bei sehr kleinem
Druck, und Spalte IV die Linien des Prücker'schen Linienspeetrums.
Von den ersten achtzehn Banden gebe ich ausser für die erste,
zweite, zehnte und elfte neben den drei Maximis noch eine vierte
Linie, welehe die Grenze des helleren Theiles der Banden bildet.
I II III IV | I I III IM
688.3 | ll 644-3 =
687.0 | | | 642.4
685.3 | | 639.9
679-5 638.9
678.3 r ı. = ” 638.3 637.6*
676.2 = | 637-2 e
670.9 E _ = = 635.8
68 | 5 | 635. ri
668. 1 = | = — 634.1
665.8 2 | 632.6 =
662.6 = 662.6 661.9 | 631.7 >
661.8 E | 630.1 =
659.6 2 _ 2 629.2 628.8 *
— E 659.0 — | 628.2 o
657-4 = I 6257 $
654.8 & | | 624.9 & 624.9 *
653.8 ® 623.0 e
652.0 2 621.4 =
649.8 618.9
_ 648.5 648.7 618.0 618.0
647.0 — 617.2
646.2 _ 616.6 616.5* Bde.
! Letztere sind mit einem Sternehen bezeichnet.
Würsser: Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen. 803
N a I u Da IV
6164 | — | 615.2 Bde. — 567.6 —_ | 567.6 *
623.1 | 613.2 | — 567.2 567.0 567.1
612.4 612.4 | 566.3 566.3 566.3
611.3 565.8 565.8 505.8
610.7 — — — 565.2
609.4 563.8 _ 2
607-3 607.2 501.9 561.9 561.9
606.6 559-5 = N)
604.9 557.2 557.2 1
603.2 = 556.5 | 556.5) 556.0 *
603.0 555.6 m 555-5, 555-5
602.0 = Se 553-9 554-7
601.8 553-4 una 553-8
601.3 == 553 |
601.1 — 553.0 —/ 553.0 *
600.0 — 552.8 552.8 552.4 *
599-3 - 599-3 552.2
597-5 2 551-9 u
596.3 = 596-3 — 551.2
595.6 = — 529.8 549-5 *
< 595.4 595-3 = 548.8 | 548.8
= 594.6 594.2 * 528.2 — — 548.3
594.0 © = — — 547.8
= 593-8 593-7 — 540.3 546.4
e 593-3 592.9* En 545-5 545-4
5923 = za = 544-5 ==
591.2 en 591.2 544.0 —
599.3 = 590.4 543-5
588.7 E 588.6 543-2
587.0 & = 542-5 — —
a 586.8 — 542.3 | 5423
585.8 585-8 541.0 541.0 —
585-2 585.2 — nd
583.6 583.6 540-5 _ F
582.1 _ 539-1
581.0 581.0 — 8.7 N
580.2 580.2 537-5 37-5 537-4
579.6 » 537.0
578.7 = 535-7 535.7 535.6
577.2 577-3 577-4 == 534-9
576.0 576.0 5754 ° 33 5344 | 5344 534-4
50:30 575-3 575-3 Es 534-0 a3
73-8 = > 533.3 15334 533.0 *
573-6 = 5323) 532.3
1 _ — 531.4) 2
a 572.5 Sys 531,2 BI aR 530.9 *
_ ar E = 529-8],
568.9 —.) | 528.6 )
568.3 568.4 563.4 527-7 —
! Feld reich an Linien.
® Feld reich an Linien, die gemessenen an Helligkeit hervorragend.
504 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
Ta I IV I
524.9 | —
= 523.1 523.1
522.0 —
—_ | 521.6 N
or | —
519.8 ı \
518.6 u 472-4
518.2 518.2 519.2 518.1 u
— 517.6 471.1
— 1 517.2 466.7
516.9 516.4 * 465.1]
515.8 \ 516.0 464.9 )
Dub 515.2
515.0 515.0
FE 514.7
514.1 h
— ( LIONS
510.2 \
— 509.9 509.8 * 460.1
507:9 507.9 ==
Ar zZ 5074 507-4
500.8 500.8 506.7 457-4
506.2
504.5 ) 504-7
503-3 503-3 503-3 | p .
502.0 \ 502.6
501.8 501.9
501.4
501.2 501.2 501.1 501.0 #
Seo)
500.6 500.6 500.7 449-2
500.2 | 500.2 500.4
| 499-5 499.5
498.8 498.9
497-5 497-5 497-5 )°
| 4967 | 496.8
490.0. | 495.7
493-4 4931 441.7
491-9 ee) | en)
491.4 | 491.4
| 489.6 489.6 435-6
488.2 488.0 488.1
= = 487.6 434-5
486.5 480.5
— 486.3 486.3 4277
485-1 _ 420.
Eu 484-9 484.6 *
451.4 481.4 481.4
480.3 | 480.8
480-4 480.5 419.9
1 Feld reich an Linien.
419.9
419.9
2 Feld reich an Linien, die gemessenen an Helligkeit hervorragend.
WÜLLNER: Übergang der Gasspecetra in ihre verschiedenen Formen. 805
6.
Sauerstoff.
Erheblieh einfacher als bei dem Stickstoff verlaufen die Spectral-
erscheinungen bei dem Sauerstoff, es entwickelt sich aus einem
schwachen Liehtschein im grünen, der bei einem Gasdrucke sich zeigt,
bei welehem zuerst im Speetrometer Licht sichtbar wird, nach und
nach bei abnehmender Dichte das vollständige Sauerstoflspeetrum.
Dabei ist der Unterschied nur ein sehr kleiner, wenn man statt des
einfachen Induetionsstromes die Entladungen der Flasche durch die
Spectralröhre sendet. Da das vollständige Sauerstoffspeetrum bisher
überhaupt noch nicht beschrieben ist, so möge hier zunächst die
„mm
Beschreibung desselben folgen, wie es in der 0”"25 weiten und 150"
langen Röhre sich zeigte.
Das vollständige Sauerstoffspeetrum besteht aus einer Anzahl
einzeln stehender heller Linien, fünf hellen Liniengruppen in Form
von Banden und einigen liehtschwachen Feldern, welche zu wenig
hell sind, als dass man sie als aus Linien zusammengesetzt erkennen
kann. Auf den Banden und, so viel man sehen kann, auch auf den
licehtschwachen Feldern ist die Helligkeitsvertheilung eine dem Sauer-
stoff eigenthümliche und ganz andere als im Bandenspeetrum des
Stiekstoffs. Während in den Banden des letzteren fast ausnahmslos
das Helligkeitsmaximum an dem weniger brechbaren Rande sich be-
findet und die Helligkeit nach der breehbareren Seite stetig. wenn
auch mit einigen Unterbrechungen durch zweite und dritte Maxima
abnimmt, liegt bei den Sauerstoffbanden das Maximum der Hellig-
keit stets nahe der Mitte etwas näher der stärker breehbaren Seite.
Die Banden machen mir stets den Eindruck von Prismen, deren
Kante, das Maximum, dem Beschauer zugewendet ist, und welche
auf der den grösseren Wellenlängen entsprechenden Fläche stärker
beleuchtet sind als auf der den kleineren Wellenlängen entsprechenden
Fläche. Die schwachen Felder, am deutlichsten die vier zwischen
den Wellenlängen 518 und 496 liegenden, haben ihr Maximum auf
oder nahe dem breehbarsten Rande. Während die Banden so hell
sind, dass man die einzelnen sie zusammensetzenden Linien scharf
messen kann, sind bei den Feldern die Grenzen kaum scharf einzu-
stellen, so dass die für diese angegebenen Werthe nur annähernde sind.
Von den fünf Banden habe ich früher! bereits vier, wenn auch
nieht so in’s einzelne gehend beschrieben, von der rothen Bande
habe ich früher nur undeutliche Spuren gesehen, und da ich die dem
! WiEDEN. Ann.. Bd. 8, S. 263. 1879.
806 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom: 18. Juli.
Sauerstoff eigenthümliche Helligkeitsvertheilung nieht erkennen konnte,
dieselbe einer Verunreinigung des Sauerstoffs durch Kohle zugeschrieben.
Im folgenden gebe ich die Beschreibung des Spectrums und die
gemessenen Wellenlängen. Die Spalte I der Wellenlängen giebt die
ohne Benutzung der Flaschenentladungen gemessenen Wellenlängen,
die Spalte II giebt das was durch Anwendung der Flaschenentladung
hinzutrat.
Wellenlängen
Beschreibung des Spectrums — -
I 11
SCHArte. Linie: 22r:02 ee else en. erento see ee er 645.76
Beginn der rothen Bande mit scharfer Linie....... 643.53
641.84
Auf der Bande gemessene hellere Linien, zwischen N
denen noch schwächere sichtbar sind ......... 039:38
638.53
NR 637.3
Hellstenlemnierder Banden ee 636.51
636.01
Feine Linien gleichen Abstandes, die zweite N EN
Tinte gemessen) ir eresn nenne ner ee ee 335.02
; 634.51
\ 633.99
Scharfe Linie, Prücker’s O,, auf dunklem Grunde . 615.26
DER 6 Soe 9 dr ao LEO LT TOILETTEN“ 611.45
Deal nommen OBDER. 00 0er 604.89
Desplentn 6 Be AN NE Re I ehererakele 603.72
Beginn der orange Bande, scharfe Limie .......... 603.28
Helle Linie, vor welcher noch feinere Linien sicht-
Bar „SING een ce here an est areneter Raketen ech ae 601.85
Mitte einer Doppellinie SER Ten 600.94
Deseli ara -1las.S ger etersenetihefehe eff re ekere kenne steel 599.76
Beine l;inier: -.ea 00 ech Forster ee a ee 598.91
MDEsel, ss anne tee fe euer onefey rate le hehe nee en ehe 598.48
DMEak, 40.000000 000 di ara rer 598.28
IISoHlellste Tante der: Bander re... Geseke tee 597.86
Feine Linie neben dem Maximum. ......2c22222.. 507.52
DNayah Senn ararneassoB Son IDEE“ 597.10
Desgl. ER I Da VORDERE DENE 596.70
Hellste Linie der breehbareren Hälfte der Bande .. 596.30
Bbenfalls rechthellenlbinier.., 2.2. 22 2.00 ebene 595.90
Bemesiliimie:.. sche suaseheun enlarge era wre Verse mare ee 595.40
Descartes gevanenalsiefeze teuer Tee. 594.90
Deselw Grenze den Bandewer nn ee ee een: 594.30
Feine Linie auf dunklem Grunde ................ 593.60
Beginn der gelben Bande, welche im Ganzen weniger
| hell ist, als die orange Bande, mit scharfer heller
IM. : id 5 05,6 De een 592.80
EEANSUERTIOIE 53a ae ang AgeBRDAS OLIVE 591.70
| Desgl. erscheint etwas breiter als die vorige ...... 590.80
WÜLLNEr: Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen. 807
Fa nl Wellenlängen
Beschreibung des Speetrums a; 1
[ Desgl. scharf, heller als die vorige. .....es2222... 589.80 |
» sehr fein, Mitte eines dunkleren Feldes .... 589.27 |
» hell, Grenze des dunkleren Feldes......... | 588.65 |
eo helli„.hellste, der’ Bandes 0... erento elen s 588.10 |
DL cbentallsuitells present ee 587.40
Nach einem dunkleren, zarte Linien enthaltenden
ie Relkla lat iel@W 545 80 AR onHoaaenAonBaa Han 585.78
Nach einem gleichfalls zarte Linien enthaltenden Felde
scharf, die hellste der brechbareren Hälfte....... 583.98
Grenze des helleren Theils der Bande, scharfe Linie | 583.34
Folgt noch eine Anzahl schwacher feiner Linien, deren
NAAR TR A AORTA TORASOOHN REINE | 579.89
Schwacher Lichtschein zwischen etwa...........
571.5
Despla zwischen etwar... Sana eeteneeenrepsteee see sone N 795
! 566.9
Ni isder\sellenlanpete ee re ee ker | 564.49
beginnt ein schmales, aus feinen Linien bestehendes
Feld, bis mit der sehr hellen Linie ............ 563.70
die hellste Bande des ganzen Speetrums beginnt.
Zunächst folgt ein mit feinen Linien bedecktes Feld
bisazunsehrshhellen Mlünie 0. ae sts gene 562.55
Auf schmalerem Felde folgt fein, hell ............. 562.17
KIEleresTeinre ee 561.91
Desk de, s0n 0.00 250m. AHA‘ 561.65
DES, ee ano RE Rn 561.18
BreiteghellegInmier gr leeren este 560.75
Scharf, feine Linie auf dunklem Grunde.......... 560.23
BB Breiter bellealimierter en ee has eleenac ee erde 559.83
IV. ne I
Sehrateinenluimermtiaser ea des seem ehleeie eine 559.2
Hiellsteglonie@deräBande nee ee ne 558.90
Feine Linie neben dem’ Maximum................ 558.80
Kellere Deore ade ode 558.40
Sehtigeine@lbinier er enere erere 2 aie eleraletesene Srersterereye 558.00
DIESER 00 605000 dog oe or 557-67
Def 56600, Fon denen IRRE 557-31
Mesolstetwasahellense 1er er ale sseyee a teiefelere 556.77
Nach einer Anzahl sehr feiner Linien heller....... 555.81 n
DERFILN mals 80 no a N DO ARTE BERTERREE 555.40
(irenzesderaBande as syensuenstereiee aeaeunnuene Biete salenetene 554.76
Im dunklen Felde folgt eine schwache Linie ...... 551.43
Helle Linie, wenn die Flaschenentladung angewandt
VER ER een eretereschefeketerssefäidte a were. anatanee — 545-9
DEselge ee ee el nn else —— 544.6
Helle Linie ohne Anwendung der Flasche......... 543.74
» = rm Rlaschenentladuns rn 2. 2222.22. — 542.4
- u: NIE Ar, 05 PANIERERUE EA —_ 539.6
» » hell, ohne Anwendung der Flasche.... 533.00
v. | Es beginnt mit scharfer heller Linie.............. 529.97
{
die zweite grüne Bande, welche der vorigen nicht
808 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
|| — ss m
; Wellenlängen
Beschreibung des Speetrums
l 11
ganz an Helligkeit gleichkommt. Auch diese Bande
wird dtirch hellere Linien in Felder getheilt, welche
mehr oder weniger feinere Linien enthalten.
Hiellerenliniess.rette arten er.sers oletenee see re 529.06
» HNO REITEN EEE ET SEE rer ae 528.19
» Be OA or at dien. 527.75
» N ee ne ee er 527.39
» I EEE naewoDsnnaüdahe 526.58
V. Hellste Linie der ganzen Bande ................. h 525.91
Hastebensoghelle, Diners Erle 525.14
Eeine Umie im dunklen Belde........... n...... 524.44
Hellenlcınewersen. uaeten: Le Seren ER 523.77
Im weiteren Theile der Bande sind eine Anzahl nahe
in gleichen Abständen befindlicher feiner Linien,
welche nach der breehbareren Seite an Helligkeit
abnehmen, es liessen sich messen... 22222222... 523.21
(0 6 Kae EEE EI Error OO 522.80
Die Grenze der Bandenliestäbeir nina nennen 519.7
Es folgen drei schwache Felder, das erste beginnt etwa 517.8
Auf demselben liest eine helle Linie ............. 514.6
Dasselbe reicht "bis. Saale ee ee 513.9
Zweites schwaches Feld | Yon etwa. een Sans
Bis 508.7
Dres sache reg EVA ER Reg 506.5
WÜbIS ao tin fereteeVae 503.5
Bier aufsdunklemtırund me e 501.9
Ein sehr liehtschwaches Feld beginnt etwa........ 500.3
Linie auf derselben ziemlich hell. ................ 496.9
DaswEeldktreichtietwarısce ee 496.0
Im dunklen Ranm hinter demselben werden mit f 75 Be
Flasche sichtbar. «ur... rettet. | 3 a
= 490.6
Sehr liehtschwaches Feld etwa LE ee 203
DIS 486.3
a os en er Ann onen ser ai
Ri 0 5.0 ad 2000ER 492.9
Mit Flasche treten auf die Linien ...........e.. N 9
! == 480.9
Eim weiteres schwaches Feld liest zwischen den | 480.6
VWellenlangenretwar. u rer rose. l 478.6
Mit Flasche erscheint als helle Linie ............. — hat
Rolet eine schwache Imier. v..nn ers 477-6
Ein schwaches Feld hat sein Maximum etwa...... 473-1
Ebenso beginnt ein solches mit der Linie.........- 470.05
Mit Flasche zeigt sich ein breiter heller Schein En: a le
: bis.. E= 469.8
Nach einem sehr liehtschwachen Felde bei der Wellen-
JANOBTERWA VEN Ketere = are tarafe Iahereitenenere, Sehe serie ee tekeehe 468.5
Folgen weiter die Lmien .............00nunesenes 467.8
» » » RU IM enoDeroferdiaceke eteite aneehehe tee Aretehe 467-5
2
Würser: Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen. 809
/
; Wellenlängen
Beschreibung des Spectrums ET
Holsensweiteri dien lunien gr. tere asus ereielopte la 466.2
» » » BEE Sa: yakletiperayene 464.9
e » » Yı Beinahe word 464-3
» » » N RN AN heteteide 463.8
» » » Yu SS DER RL ARRTBCHNSIODE 459-7
year noocbarhRtnnD HUB ORG 459.0
» » » Doeeneenerneeeeennenne nee 446.5
Mit Flasche » Dale 5 a0 ROTER — 445-3
Ohne Flasche » 3 Waodan ac ann Apların BEER UG . 441.8
ERROR ON One 441.5
& » » EROBERTE 441.0
» » » I oben naenneno0o 436.8
Mit Flasche » en ern — 436.6
Ohne Flasche » I oa en o6en aan Alan
» » ED ee ke ikea afsrnare 434.06
5 a RR 427.8
Mit Ausnahme der Einzelnheiten der rothen, orangen und gelben
Bande (I, I, II) und der schwachen Felder sind fast alle diese
Linien des Speetrums bereits früher theils von mir, theils von Schuster,
sowie von PAaLzow und VosEL gemessen worden, wie auch andererseits
die meisten der von SCHUSTER in dem von ihm sogenannten elementaren
Linienspeetrum bestimmten Linien in dem oben beschriebenen Speetrum
sich finden. Eine Vergleichung mit den früheren Messungen unterlasse
ich, da es sich hier nicht um eine neue Bestimmung des Sauerstoft-
speetrums handelt, sondern um die allmähliche Entwickelung desselben;
im Allgemeinen stimmen die Zahlen so gut überein, wie es bei der
Reduetion der Lage der gemessenen Linien im Spectrum auf Wellen-
längen nur möglich ist.
di.
Das so eben beschriebene Sauerstoffspeetrum entwickelt sich bei
allmählicher Verdünnung des Sauerstoffs in der Röhre ganz schritt-
weise. Wie schon vorhin erwähnt wurde, besteht das zuerst im
Spectrum sichtbare aus einem schwachen grünen Schein; wird das
Gas verdünnt, so treten zuerst als schwache helle Linien auf die beiden
grünen Linien 543.74 und 533.11, auch wohl schon 436.8. Darauf
werden sichtbar 615.26 — 645.76 — 501.9 — 496.9 — 596.3— 555.8 —
604.89, von denen die letzteren 5 Linien in dem vollständig ent-
wickelten Spectrum keineswegs durch Helligkeit hervorragen. Bei
Sitzungsberichte 1889. 74
810 Gesammitsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
weiterer Verdünnung wird der auch später sehr schwache erste Licht-
schein neben der gelben Cannelirung schwach sichtbar, ferner 530,
der Beginn der Bande Nr. V und eine auf derselben liegende später
gar nicht hervorragende Linie 527.75; weiter sehr schwach die rechte
Grenze 513.9 des ersten Feldes hinter der Bande V oder die Linie
514.6 dieser Bande, das lässt sich, da nur eine annähernde Einstellung
möglich ist, nicht entscheiden. Weiter erscheint das schwach helle
Feld bei 480, vielleicht die Linie 479.4 und das immer sehr schwach
bleibende Maximum 477.6. Schwache Scheine treten hinzu in der
Gegend 466.2 und 464.9. Bei weiterem Pumpen wird alles schon
sichtbare etwas heller, wobei die als schwach bezeichneten Theile des
Speetrums stets schwach bleiben, und bald treten die Banden Nr. H,
IV, V hinzu, zunächst als schwache, ziemlich gleichmässig beleuchtete
Felder; nur auf der orangen Bande erscheint als hellere Linie 599.76,
die später nieht das Maximum der Helligkeit ist. Später zeigt sich,
während die drei erwähnten Banden heller werden, die rothe Bande
Nr. I und die gelbe Nr. II. Die Banden wachsen relativ erheblich
stärker an Helligkeit als die übrigen-Theile des Speetrums und bei
hinreichend geringem Drucke lassen sich alle Einzelnheiten auf den-
selben messen. Bei diesem Drucke ist alles das, was in der Be-
schreibung des Spectrums bis zur Wellenlänge 464 angegeben ist,
und ausserdem die Linie 436.8 gleichzeitig sichtbar und messbar,
nur die einzelnen Linien zwischen 468.5 und 464 nicht als solche,
sondern nur als in der Gegend sichtbare schwache Scheine. Mehrfach
ist alles das, was in der Beschreibung des Speetrums bis zu der er-
wähnten Stelle angegeben ist, im Laufe eines "Tages bei derselben
Gasdichte ausgemessen worden, und constatirt, dass alles gleichzeitig
sichtbar ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass dasjenige, was
am frühesten im Speetrum sichtbar wird, später keineswegs an Hellig-
keit hervorragt. Das hellste des ganzen Speetrums wird wohl, neben
Prücker’s O, der Linie 615.26, die erste grüne Bande (Nr. IV), die
orange Bande (Nr. IT) und die zweite grüne Bande (Nr. V). Die rothe
Bande (Nr. I) und die gelbe (Nr. II) bleiben gegen diese an Helligkeit
zurück. Im Übrigen wird das Helligkeitsverhältniss, soweit sich beur-
theilen lässt, wenig geändert, vielleicht treten die Linien 543,74 —
533.11, 501.9— 496.9 an Helligkeit später etwas zurück,
Wird von dem Gasdrucke aus, bei welchem sich das Speetrum
in der angegebenen Weise entwickelt hat, das Gas weiter verdünnt,
so entwickeln sich allmählich auch die Linien, deren Wellenlänge
kleiner ist als 468; zuerst werden in Folge wachsender Helligkeit
scharf die Linien 464.9 und 464.3 und nach und nach treten auch
die übrigen hervor. Dabei wird in Folge der Abnahme der Gasdichte
Würrner: Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen Formen. 811
das ganze Spectrum etwas dunkler, so dass es schwieriger wird auf
“ den Banden alle Einzelnheiten zu erkennen.
Ich habe mich begnügt, zur Schonung meiner Speetralröhren,
welehe noch zu weiteren Versuchen dienen sollen, die Dichtigkeit
des Sauerstoffs soweit zu vermindern, dass die meisten Linien des
Prücker’schen Sauerstofis sichtbar wurden, möglicherweise würden
die noch fehlenden bei noch weiterer Verdünnung ebenfalls siehtbar
werden.
8.
Wenn man die Flaschenentladungen durch die Röhre gehen lässt
und den Druck des Gases allmählich vermindert, so verlaufen die
örscheinungen im ‚wesentlichen ganz ‘ebenso, wie eben beschrieben
wurde. Der hauptsächlichste Unterschied ist der, dass schon bei
höheren Drucken die Linien im Blauen und Violetten erscheinen,
welche ohne Flasche erst bei sehr geringem Drucke sichtbar werden.
So sind bei dem Drucke, bei welchem ohne Flasche eben die Linien
464.9 und 464.3 sichtbar werden, schon die sämmtlichen Linien im
Blau und Violett zu sehen und bei weiterer Druckabnahme zeigen sich
die übrigen Linien, welche in der Beschreibung als mit der Flasche
hinzutretend bezeichnet sind.
3
Dass der schnellere Übergang der Elektrieität in der Flaschen-
entladung nur dadurch wirkt, dass das Gas eine höhere Temperatur
annimmt, zeigt auch das Speetrum in den weiteren Röhren. In dem
o“”5 weiten Rohr ist bei dem Drucke der im engen Rohr das voll-
ständige Spectrum giebt, das Speetrum auch ziemlich vollständig zu
sehen nur alles dunkler, die Flaschenentladung macht das Speetrum
heller und lässt die ohne Flasche nicht sichtbare Gruppe blauer
Linien um 464 auftreten; im ı°” weiten Rohr ist ohne Flasche das
Spectrum schon sehr dunkel, die Flasche lässt es heller werden und
von der blauen Gruppe noch die hellsten Linien 464.9 und 464.3
sichtbar werden. In dem 2°” weiten Rohr ist ohne Flasche das
Spectrum kaum sichtbar, selbst wenn man den Druck des Gases
noch kleiner macht, die Anwendung der Flasche giebt aber eine
bedeutende Vermehrung der Helligkeit, so dass man so ziemlich das
ganze Spectrum sehen kann mit Ausnahme vielleicht der rothen
Bande Nr. I und des blauen und violetten Theiles. Von den Linien
deren Wellenlänge kleiner als 468- ist, wird ebensowenig etwas
74*
812 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
sichtbar, wie von denen, welche im engen Rohr in den anderen
Theilen des Speetrums durch die Flaschenentladung hervorgerufen
werden.
10.
Die im vorigen beschriebenen Versuche, welche ich leider, durch
andere Arbeiten in Anspruch genommen, für einige Zeit unterbrechen
musste, zeigen, dass die Linien der sogenannten Linienspectra in der
That nur Theile der vollständigen Spectra der betreffenden Gase sind,
welche sich zeigen, wenn man hinreichend tiefe Schichten der Gase
auf die zur Hervorrufung der Linien erforderlichen Temperaturen
bringt. Die allmähliche Entwickelung der ganzen Erscheinung scheint
mir mit der Auffassung, dass es andere Molecüle seien, welche das
Bandenspeetrum, andere, welche das Linienspeetrum geben, nicht im
Einklang zu sein; ich kann darin nur eine Bestätigung meiner Auf-
fassung der Spectralerscheinungen erblicken.
Aachen im Juni 1889.
813
Die Zugehörigkeit der unter Nr. 84. 2—11 im
British Museum registrirten Thontafelsammlung
zu den Thontafelsammlungen des Königlichen
Museums zu Berlin.
Von Dr. F. E. Preiser
in Berlin.
(Vorgelest von Hrn. SchrAper am 18. Juli [s. oben S. 727].)
Hierzu Taf. VII.
Seit längerer Zeit mit einer Untersuchung der Sammlungen babyloni-
scher Thontafeln des hiesigen Königlichen Museums beschäftigt! und im
Begriff, einen grösseren Theil der sogenannten »Contracttafeln« dieser
selben Sammlungen in Text und Übersetzung zu ediren, schien mir
eine vorherige Untersuchung der, wie bekannt, derselben Ursprungs-
quelle entstammenden Sammlungen des British Museum unerlässlich,
eine Untersuchung, welche ich durch eine mir von dem Königlichen
Ministerium gewogentlichst bewilligte Unterstützung in den Monaten
Mai und Juni dieses Jahres auszuführen im Stande war. Die Ergeb-
nisse derselben erlaube ich mir, zugleich im ergänzenden Anschluss
an den Bericht des Hrn. Dr. C. Bezorn: »die Thontafelsammlungen des
British Museum« (s. Sitzungsberichte 1888 S. 745 — 763), der König-
lichen Akademie der Wissenschaften hiemit vorzulegen.
Wird es stets als ein besonders günstiges Geschick bezeichnet
werden müssen, wenn sich bei ganz zufälligen Erwerbungen ver-
schiedener Sammlungen von Inschriften, die allenfalls nur durch den
Fundort ihre allgemeine Zusammengehörigkeit documentiren, die be-
treffenden Sammlungen auch sonst, nämlich durch ihren Inhalt als
näher, als auf das Engste zusammengehörend sich erweisen, so ist
dieses vornehmlich der Fall bei den in den Jahren 1886 und 1888
von dem Berliner Museum erworbenen Thontafelsammlungen.
! Ein Theil der älteren Sammlung (s. sogl.) ist von mir herausgegeben in meiner
Schrift: »Keilschriftliche Actenstücke«. Berlin 188g.
814 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
Die von mir in Angriff genommene Veröffentlichung’ umfasst
90 Tafeln der letzten Sammlung, zu denen noch ı0 (als Duplicate)
treten; bei fast allen lässt sich nachweisen, dass ihr Inhalt in irgend
einer Weise die Interessen derselben Familie berührt. Ausser diesen
ı00 Tafeln finden sich in dieser Sammlung noch mehr als 30, für
die sich mir jetzt der Zusammenhang mit den ersterwähnten ergeben
hat; der Rest ist theilweise zu fragmentarisch erhalten, um ein ab-
schliessendes Urtheil zu gestatten.
Für die Beurtheilung einer solchen Contractsammlung muss die
Thatsache im Auge behalten werden, dass in Babylon in streitigen
Fällen die einzelnen Urkunden, bez. Abschriften derselben, beigebracht
werden mussten, um die Berechtigung der Ansprüche nachzuweisen.”
Von diesem Umstande rühren einmal die Duplicate her, von denen
sich wahrscheinlich eine immer grössere Anzahl finden wird, je mehr
erst die nach vielen Tausenden zählenden Texte durchforscht sind;
und ferner ist dies der Grund, dass sich in solchen Sammlungen an-
scheinend nicht dahin gehörende Texte finden.”
Allerdings wird kaum je eine Sammlung zu erwarten sein, in
der schliesslich für alle Urkunden der Verbindungspunkt aufzuzeigen
ist; je vollständiger jedoch eine bestimmte Sammlung durchgearbeitet
werden kann, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, den Zusammen-
hang der einzelnen Stücke richtig zu erkennen.
Ich betrachte es daher als einen werthvollen Fund, dass ich den
Text V.A. Th. 372 des Berliner Museums als Duplicat der von Mr.
Pıncnes P.S.B.A. VI ıo2 herausgegebenen Urkunde erkannte; denn
hierdurch wurde ich darauf geführt, in der Sammlung des British
Museum, aus der jene Urkunde entnommen war, auch weitere Be-
ziehungen zu der Berliner Sammlung zu vermuthen.'
ı „Babylonische Verträge des Berliner Museums«.
® Die wenigen Processurkunden, die bis jetzt veröffentlicht sind, haben dies
schon gezeigt; und auch die verhältnissmässig grössere Zahl solcher Urkunden, die
ich jetzt in London copirt habe, bestätigt es.
® Wenn eine Untersuchung- über das Recht an einer Sache angestellt wurde,
so wurden die Urkunden der früheren Besitzer mit vorgebracht; haben sich nun in
einer auf uns gekommenen Sammlung Abschriften dieser Urkunden erhalten, diejenigen
aber der letzten Besitzer nicht, so muss uns naturgemäss das Verbindungsglied fehlen.
Die Zugehörigkeit der Berliner Texte V. A. Th. 98, und 67 zu den Urkunden jener
Familie hätte ich zum Beispiel nicht erkennen können, wenn nicht der Londoner
Text Br.M. 84. 2—ı1, 254 darüber Aufschluss gegeben hätte.
* Die Registrationsnummer der Londoner Sammlung ist 84. 2—11; die Sammlung
ist also am ıı. Februar 1884 in London erworben worden. Sie besteht aus 595 Num-
mern, zum grössten Theil so genannte Contracte und Listen, einige Briefe, Fragmente
astronomischer und astrologischer Tafeln, ganz wenige Siegel und Reste von Wortlisten ;
Nr. 178 ist das kleine Fragment, welches den König Ga-ad-das erwähnt (vergl. hierzu
jetzt Wıxckzer, Untersuchungen zur Alt-Orientalischen Geschichte, S. 34 und 156),
. m u . pr
Priser: Die Thontafelsammlungen zu Berlin und London. 815
Und in dieser Vermuthung habe ich mich nicht getäuscht. Ausser
jenem Text ergab sich noch Brfitish) M(useum) 84. 2—ı1, ı27 als
Duplicat zu V.A.Th. 355; ferner stellten sich 35 Urkunden als zu-
gehörig zu der Berliner Serie heraus; ein grosser Theil jener Samm-
lung steht ausserdem unter einander in Zusammenhang, ‚ohne dass
jedoch anscheinend ein Verbindungsglied zu der ersten Gattung zu
finden ist; aber auch das mag später noch an’s Tageslicht kommen,
so dass diese Frage vorläufig offen gelassen werden muss. Endlich
finden Sich Texte in der Londoner Sammlung, die sich inhaltlich
mit solchen aus der im Jahre 1886, für das Berliner Museum erwor-
benen Sammlung berühren; und das stimmt wieder mit dem Ver-
hältniss der beiden Berliner Sammlungen zu einander, die, wenn
auch ihrer nicht viel, so doch einige sicher zu einander gehörige
Urkunden enthalten.
Betrachten wir die drei Sammlungen als Ganzes, obwohl sie zu
drei verschiedenen Zeiten aufgetaucht sind, so ergeben sich zwei
Möglichkeiten: entweder stammen sie aus einem öffentlichen Archiv,
das, sei es zu einem Tempel, sei es zu einem Gericht oder sei es
selbst zu einer »Bank«, gehörte, oder aber aus dem privaten Archiv
einer Familie.
Bei Annahme der ersten Möglichkeit muss vermuthet werden,
dass von denjenigen, durch deren Hände die Sammlungen vor ihrem
Ankauf in Europa gegangen sind,, mancherlei hineingeschoben worden
ist, was nicht zur gleichen Zeit und an gleichem Ort gefunden wurde.
Die Mannigfaltigkeit weist aber doch wohl eher auf die zweite Mög-
lichkeit hin. Dabei ist zu beachten, dass wenigstens eine Urkunde
sich deutlich als Abschrift ausweist.‘ Und endlich spricht auch die
verhältnissmässig grosse Anzahl von Duplicaten für die zweite Mög-
lichkeit.
Nr. 353,'354 sind zwei Stücke einer grösseren Tafel von rother Farbe, deren Vorder-
seite derart eingetheilt ist, dass unter den ersten 9 Zeilen ein babylonisches Siegel
so eingedrückt ist, dass der Siegeleylinder über die ganze Breite der Tafel gerollt ist;
darauf folgt wieder Schrift; die Stellung der Fragmente zu einander ist mir noch un-
sicher. Der Inhalt bezieht sich auf eine von Asar-nädin-Sum (wohl = dem Sohn
des Asarhaddon!), König von Babylon, verliehene Pfründe. Nr. 488 ist ein Thon-
eylinder Nebukadnezar’s, Nr. 557— 594 sollen Alabasterpuppen und ähnliches sein
(vergl. auch Bezorn in den Sitzungsberichten 1888, S. 752). Als interessant mag hier
noch Nr. 248 erwähnt werden, eine Liste von Städten und Landstrichen, mit der Be-
stimmung der Leute, die über dieselben (als Amtleute?) verfügen sollten; unter anderen
werden hier Palasti neben Bit-Abda'il genannt.
ı V.A. Th. 451, wo in dem Datum hi-bi la-nu d. i. vabgebrochen -lanu« in
diesem Falle also (Kanda)-lanu geschrieben ist; die Ergänzung ist zweifelsohne, aber
die Schreiber müssen die Abschriften sehr treu gemacht und vorgezogen haben, bei
urkundlichen Copien die Lücken des Originals anzugeben, wo sie dieselben auch noch
so leicht hätten ausfüllen können.
s16
Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
Da schliesslich mit Rücksicht
der Sammlungen, Quittungen und Listen die Meinung, dass wir in den
Tafeln das urkundliche Material zu einem oder mehreren Processen
können
auf den mannigfaltigen Charakter
vor uns haben, kaum wird auftauchen — wenngleich" ich
eine solche Vermuthung nicht mit einem positiven Nein zu verabschieden
so dürfte meine Ansicht. dass wir in den Samm-
wagen möchte
lungen die Reste eines privaten Archives einer bestimmten Familie
vor uns haben. immerhin noch die grösste Wahrscheinlichkeit behalten.
Um nun die Zusammengehörigkeit der Urkunden klar .hervor-
treten zu lassen, zugleich auch um ein Bild von der Thätigkeit, der
soecialen Lage und den bürgerlichen Verhältnissen jener Familie zu
geben, lasse ich nunmehr einen Auszug aus den Urkunden, diese
chronologisch geordnet, folgen.
55. Jahr des Nebu- | Ein Haus an Näbu-bän-zir als Pfand auf 2 Jahre
gegeben; Pfand für das Geld seiner Frau Zunnä.
V.A.Th. 83 (dass Zunnä seine Frau ist, geht
hervor aus Br.M. 84. 2— 11, 64).
Die Söhne des Nabü-bän-zir, Marduk-sSum-iddin
und Iddin-Nabü theilen ein Einkommen(srecht).
Br. M. 84. 2—11,57. ‚ ;
M. und I. verheirathen ihre Schwester Sirä an Nabü-
nadin-Ssum. Br.M. 84. 2— 11, 64.
Balatu verschreibt seiner Frau ein Feld. V.A. Th.
kadnezar (570).
d. Nabunit
(543)-
12. JE
16.J.d. Nbn. (539).
? 3, d. Nbn.
9L=92.
—]
|
2)eıd., Nibn:
2. Jahr des Uyrus
(536).
2) ud. Oyr(533).
1
GR Vyr (532):
532)
6. J. d. Gyr. (?)
(532).
Abgebr. Datum.
6. J. d. Oyr. (5:
3
43. .d. Oyr I53.2).
ol ACHrAlEZT)):
Balatu giebt seine Tochter Ina-ısaggil-ramat an
Iddin-Nabü zur Frau. Br.M. 84. 2—ı1, 342.
Iddin-Nabü zahlt eine Hypothek aus. V.A.Th. 95.
Iddin-Nabü erhält im Auftrage seiner Schwester
Sirä eine Zahlung. V.A.Th. 06.
Iddin-Nabü hat Geld verborgt. V.A.Th. 97-
Bil-rimanni übernimmt ein Grundstück. V.A. Th. 98.
Bil-rimanni giebt sein Grundstück in Tausch gegen
ein Grundstück des Läbäsi. V.A.Th. 67.
Iddin-Nabü kauft das Grundstück, welches Läbäsi
eingetauscht hat. Br.M. 84. 2— 11, 254.
Iddin-Nabü ist Geld schuldig. V.A.Th. 99.
Iddin-Nabü giebt den Rest ihrer Mitgift an Sirä
und ihren Mann. V.A.Th. 103.
Datteln, die im Auftrage der Ina-isaggil - ramat
VA ThSr02
geliefert sind.
PEıIsER:
8..J. d. Gyr. (530).
8. J. d. Oyr.
8. d. d. Gyr.
ı. Jahr des Camby-
ses als K. v. B. zur
Zeit, als Cyr. K. v.
BaROdeL. war!
)-d.- Gamb. K.v.
B. sie.
a. c.d.Camb. alsK.
v.B., K.d.L. (529).
a. ec. d. Camb.
1.J.d. Camb. (528).
I. J. d. Camb.
lad damb.
2.J. d. Camb.K.v.
Be KRudsl. (527).
3.J.d. Camb.K. v.
BıR.d+l2(526):
3.d.d. Camb. (526).
5.J.d.Camb. (524).
5. J. d. Camb. (am
selben Tage).
? d. Camb.
Die Thontafelsammlungen zu Berlin und London.
817
Lieferungsvertrag über der Ina-ısaggil-ramat und
V.A.Th. 104.
Ina-ısaggil-ramat nimmt gegen Geld ein Haus als
Pfand. "V.:A.'Th. 105. t
Iddin-Nabü übernimmt die Verwaltung (?) eines
Amtes (?) (bez. Aufsicht über ein Amt). V.A.
Th. 106.
Balatu verschreibt seiner Tochter Amat-Bilit den
Gigitum gehörige Datteln.
Rest seines Feldes in Kär-Tasmitum und eine
Selavin. V.A.Th. 107.
Iddin-Nabü verpflichtet sich seinem Bruder gegen-
über, eine Schuld auszugleichen. Br.M. 84.
2 —- 11,88.
Lieferungsvertrag über den Ertrag des dem Iddin-
Nabü und seiner Schwägerin Amat-Bilit gehö-
MA Tn.2108.
ihrem Manne
rieen Feldes in Kär-Tasmitum.
Kassä bestimmt über den ihr von
Balatu Besitztheil
ihrer Töchter Ina-ısaggil-ramat und Amat-Bilit.
NERSEh Tag no:
Zustimmung der beiden Töchter zu einer theil-
verschriebenen zu Gunsten
weisen Änderung vorbemerkter Verfügung ihrer
Mutter Kassa. V.A. Th. ırı=112.
Iddin-Nabü verleiht Geld und nimmt ein
kommen(srecht) als Pfand. V.A.Th. ı13.
Iddin-Nabü verpflichtet sich, die Restkaufsumme
für ein Haus zu. zahlen. V.A.Th. 114.
Gimillu verleiht Geld gegen Pfand. V.A.Th. 115.
Ein-
Dem Iddin-Nabü wird von seinem Adoptiv-Vater
Gimillu eine Reihe von Schuldscheinen
schrieben. V.A.Th: 116.
Iddin-Nabü verpflichtet sich (unter CGonventional-
strafe?), ein Gewand zu einem bestimmten Termin
zu liefern. V.A. Th. 117.
Tappasir, die Frau des Gimillu, einigt sich mit
Iddin-Nabü. V.A.Th. ı18.
Bezieht sich auf das Vorhergehende. V.A.Th.51.
Ver-
Iddin-Nabü verpflichtet sich, eine Schuld an einem
bestimmten Tage zu zahlen. V.A.Th. ı20.
818
D
[97
[9
[e
Ss
Gesammtsitzune vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
{=} -
? d. Camb.
Anfangsjahr des
Barzija (522).
.J. d. Baızz. (521).
ed. Barzı (527).
.Jahr des Darius
(520).
. J. d.Dar. (520).
2a Dart519):
Datum abge-
de
brochen.
Ircol:
(0
DEN:
> Dar.
. Dar.
Damit
. Dar.
. Dar.
: Dar.
Dar.
Dar.
.J. d. Dar. (519).
(519).
| Iddin-Nabti soll eine Zahlung erhalten. V.A.Th.ı2r.
Für Sillibi, seinen Sohn, hat Iddin-Nabü eine
Schenkung gemacht. V.A.Th. 122.
Bestimmung zu dem Einkommensreeht, das Iddin-
Nabü von seinem Adoptiv-Vater Gimillu erhalten
hat VELAGHIE 123 or
‚Iddin-Nabuü erhält eine Zinszahlung. V.A.Th. ı25.
Iddin-Nabtı nimmt einen Selaven, den er verkauft
hatte, unter Zahlung der Kaufsumme und des
Zinses zurück. V..A. Th. 126 = 127.
Iddin-Nabu vermiethet ein Haus an zwei Brüder
zu einem monatlichen Miethszins von '/, Sekel.
V.A.Th. 128.
Iddin-Nabü kauft ein Haus von 3 Brüdern. Br.M.
84. 2—11, T03.
Quittung über die Auszahlung des Preises für dies
Haus. V.A.Th. 384.
In Bezug auf das im 6. (?) Jahre des Öyrus von
Iddin-Nabü gekauften Hauses hat Läbäsi (der Ver-
käufer) eine Urkunde beizubringen. V.A.Th.129.
Der eine der Verkäufer des im 2. Jahre d. Dar.
von Iddin-Nabü gekauften Hauses ist der Ina-
isaggil-ramat Geld schuldig, das er an einem
bestimmten Termin zahlen, und wofür der Rest (?)
seines Hauses als Pfand genommen ist. V.A.
Th..130.
9). | Iddin-Nabüi vermiethet ein Haus (das im 6. Jahre
des: Cyrus gekaufte?) V.A.Th. 131.
.Iddin-Nabü soll zu einem bestimmten Termin die
Restzahlung auf ein verkauftes Einkommen(srecht)
erhalten. VW. A. Th. 132= 133.
.| Vertrag über die Pachtlieferung des der Ina-iBaggil-
ramat als Mitgift gehörigen Gutes. V. A. Th.
134.
. Quittung über Miethszahlung an Iddin-Nabü. V.A.
RESTE»
.!Iddin-Nabü verleiht (?) Geld. V.A.Th. 136.
Iddin-Nabü hat durch einen Dritten eine Zahlung
machen lassen (Schuld abstatten lassen (?)).
VEASThER62:
. Iddin-Nabü vermiethet ein Haus. V.A.Th. 138.
3). Iddin-Nabü erhält eine Zahlung. V.A.Th. ı
39-
ı j
:
Peiser!: Die Thontafelsammlungen zu Berlin und London. 819
6. J. d. Dar. (516). | Vertrag über die Pachtlieferung wie oben. V.A.
11 - Mi: efzE
6.J. d. Dar. (516). | Iddin-Nabü giebt das Grundstück in Kär-Tasmitum,
welches die Mitgift seiner Frau bildete, zur Pacht
an Habasiru. V.A.Th: 140.
7. J. d. Dar. (515). Iddin-Nabü hat eine Zahlung geleistet (Quittung).
NEE NE
8. J. d. Dar. (514). | Iddin-Nabü verptlichtet sich, eine Zahlung zu leisten.
VAR FEhE NZ
8. J. d. Dar. (513). Ein zu Gunsten der Sidatum, der Schwester des
Iddin-Nabu, ausgestellter Schuldschein. V.A.
. Th. 145.
8. J. d. Dar. (513). | Nidintum-Bil und seine Mutter Kabtä verkaufen eine
Selavin an Itti-Nabü-balatu. V.A.Th. 146 = 147.
9. J. d. Dar. (5 12). | Betrifft ein Einkommen(sreceht) des Iddin-Nabü.
V.A,Th79-
9: J. d. Dar. (512). Sıllibi, der Sohn des Iddin-Nabü, hat an Hiptä
eine Summe zu zahlen. Br.M. 84. 2—11, 121.
10.J. d. Dar. (511). | Iddin-Nabt empfängt die Halbjahres-Miethe für
Tor Jad. Dar.
To.J. d. Dar.
T0.J. d. Dar.
17.3.rd.)Dar:
2. ad. Dar:
13..J. d. Dar.
13.J.d. Dar.
15.J.d. Dar.
(506).
. Den Rest der Pacht(lieferung) des elften Jahres hat
sein Haus im Ab (vom Siman zum Marheswan).
VEERNh TST:
. Vertrag über die Lieferung der der Ina-isaggil-
ramat zukommenden Pacht von ihrem Grund-
stück. V.A.Th. 182.
.\Scehuldschein über eine von dem Iddin-Nabü ge-
liehene Summe. V.A.Th. 133.
.Itti-Nabü-balatu verkauft seine im 8. J. d. Dar.
gekaufte Sclavin an Ina-isaggil-ramat. V.A. Th.
184.
.| Vertrag über die Lieferung der der Ina-isaggil-
ramat zukommenden Pacht von ihrem Grund-
stück.) #V: A, Th.1322:
. Verpachtung (?) des dem Sum -iddin und Iddin-
Nabü gehörigen Einkommen(srechtes). V.A. Th.
352.
. Quittung über gelieferte Pacht der Ina-isaggil-ra-
mat, ausgestellt von Iddin-Nabu. V.A.'Th. 353
a
Iddin-Nabü empfangen. V.A.Th. 354.
Sillibi schuldet eine Summe, für die er ro Procent
jährliche Zinsen zahlen soll. V.A. Th. 355 =
BiESMa8422 11,127:
. d. Dar. (5.06).
. d. Dar. (506).
. d. Dar. (504).
0MDan:
Dazu (Datum ab-
gebrochen).
19. J. d. Dar. (502).
19. J..d. Dar. (502).
Hierzu kommt:
(Datum fort, aber
sicher nach dem
ee amal)e
19. J. d. Dar. (502).
19.J. d. Dar. (502).
Dar:
210: (501).
. d. Dar
. (501).
. d. Dar. (500).
=
. d. Dar. (500).
Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
Marduk-rimanni verkauft ein Einkommen(srecht)
an Sıllibi. Br.M. 84. 2— 11, 292.
Sillibi schuldet eine Summe, für die er 20 Procent
zahlen und die er zu einem bestimmten Termin
abzahlen soll. V.A. Th. 356.
Iddin-Nabüı erhält die Miethe für sein Haus.
N N Ere
V.
. Marduk-rimanni verkauft ein Einkommen(srecht)
an Sıllibi (vergl. ı5. J. d. Dar.)).
Dr EETRIGE
Br.M. 84.
.| Verpachtung (?) des dem Sum-iddin und Iddin-
Nabtı gehörigen Einkommen(srechtes). V.A.Th.
358 = 359. |
Marduk -rimanni hat den Preis seines Einkommen(s-
restes) aus der Hand des Sillibi erhalten. Br.M.
84. 2—II, 554.
Iddin-Nabü hat Geld zu erhalten.
143.
Kumippitum hat an Tablutu, Tochter des Iddin-
Nabü, eine Selavin verkauft. V.A.Th. ı8o.
Tablutu, Tochter des Bil-iddin, hat ihrer Tochter
Ve A.ulhr.
Kumippitum, die oben erwähnte Selavin ver-
kauft. V.A.Th. 383.
Silibi hat die Miethe seines Hauses empfangen.
IVELASZIHN, 360.
Marduk-rimanni hat den Rest des Preises seines
Einkommen(srechtes) aus der Hand des Sillibi
erhalten. Br. M. 84. 2—-11, 131.
Sum-iddinna (Sohn des Sulä) hat einen Selaven
an Iddin-Nabü verkauft. V.A.Th. 372 = Br.
IS royal, 2 —u 1,
Iddin-Nabu zahlt die Schuld des Sum-iddinna,
für die jener Sclave als Pfand genommen war,
aus. V>ATTh#362:
Iddin-Nabü giebt dem Manne seiner Tochter Ta-
blutu ihre Mitgift (unter andern die im 19. Jahre
erwähnte Sclavin) (aber vergl. die folgenden!).
Br.M. 84. 2— 11, 137.
‚Iddin-Nabü händigt Nidinti-Marduk, dem Mann
seiner Tochter Tablutu einen Theil der Mitgift
Br.M. 84. 2—ı1, 135.
aus.
Pziser: Die Thontafelsammlungen zu Berlin und London. 821
. 2ı1.J.d. Dar. (500).
Datum abgebr.
22.J.d. Dar. (499).
26.0.
216.
26.
26.
26.
26.
27-
27.
ZT%
27.
28.
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ak
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„cd.
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2. (498).
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(496).
". (496).
ar. (496).
r. (495).
. (495).
. (495).
. (495).
r. (495).
Aufzählung der erwähnten Mitgift. Br.M. 84.
2—-IT, 136.
Quittung über Auslieferung dieser Mitgift. Br.
M. 84. 2— 11, 478.
Vertrag über Lieferung der Pacht des der Ina-
isaggil-ramat gehörigen Grundstücks. V.A. Th.
363 = 364.
An Sillibi soll ein Kleid (?) geliefert werden. V.A.Th.
366.
An Sillibi soll Anızabi geliefert werden. V.A.Th.
al:
Sıllibhi hat auf das Guthaben seines Vaters Geld
zu erhalten. Br.M. 84. 2—ı1, 285.
Guthaben der Sin-banä’. Br.M. 84. 2—- 11, 145.
Sillibi hat Geld zu zahlen. Br.M. 84. 2— 11, 144.
Sillibi hat Geld zu zahlen. Br.M. 84. 2—ı1. 146.
Sılibi soll eine Schuld sammt Zins zu einem be-
stimmten Termin durch Kornlieferung begleichen.
Br.M. 84. 2— 11, 140.
Ana-Bil-iri$ hat an Sillibi ein Einkommen(srecht)
verkauft. Br.M. 84. 2— 11, 164.
Betrifft die Auszahlung des Preises des Ein-
kommen(srechtes). Br.M. 84. 2—ı1, 150.
Sillibi miethet ein Schiff. V.A.Th. 375.
Sıllibi hat von Iddin-Bil Geld zu erhalten (wohl
geliehen, um eine Zahlung auf das Guthaben
der Sinbanä zu machen!). V.A.Th. 376.
.\Sinabä (sic) hat einen Theil ihres Guthabens von
Iddin-Bil ausgezahlt erhalten. V.A.Th. 377.
.,Silibi hat einen Theil einer Schuld ausgezahlt.
Br.M. 84. 2— 11, ı8ı.
.Sılibi zahlt für einen Dritten eine Schuld aus.
Br.M. 84. 2— 11, 151.
.|Sıllibi hebt einen Contract betreffend ein Haus auf.
VASTh. 378.
. Sıllibi übernimmt die Auszahlung einer Schuld für
einen Dritten. Br.M. 84. 2—1ı1ı, 186.
..Sıllibi hat eine Geldsumme zu erhalten. V.A. Th.
379-
Sıllibi schuldet eine Summe, für die ein ihm ge-
hörendes Einkommen(srecht) als Pfand genom-
men ist. Br.M. 84. 2—ı1, 130.
822
28.J.d. Dar. (493).
Gesammts
Hierzu kommt (Da-
tum abgebrochen).
Ferner (Datum ab-
gebrochen).
28.J.d. Dar. (493).
.J. d. Dar. (488).
os
.J. d. Dar. (488).
os
34.J.d, Dar. (487).
Datum fortgebr.
Desel.
Desgl.
Desgl.
Desgl.
Damit der sa
itzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
Tafel betreffend einen Process über das Einkom-
men(srecht), welches Sillibi im 26. Jahre ge-
kauft hat. Br.M. 84. 2—11, 154.
Tafel mit Bezug auf jenes Einkommen(srecht). Br.
M. 84. 2— 11, 262.
Tafel mit ähnlichem Inhalt. Br. M. 84. 2— 11, 282.
Sillibi schuldet eine Summe, für die ein Stück Feld
als Pfand genommen ist. Br.M. 84. 2— 11, 153.
Für den Unterhalt der Hibtä hat Sıllibi Korn ge-
liefert. Br.M.’84. 2211, 156.
Desgl. (vergl. Br. M. 84. 2—ı 1,121 [Dar. 9. Jahr)).
V2A.7h2380.
‚Sillibi hat Geld zu erhalten. Br.M. 84. 2—11, 216.
Ein Guthaben der Hibtä. Br.M. 84. 2—ı1, 284.
Guthaben des Bil-usizib, betreffs dessen Sillibi
put idır bringt. V.A.Th. 381.
Vertrag über Pachtlieferung betreffend das der Ina-
ısaggil-ramat gehörige Grundstück. V.A.Th.
312): I
‚Iddin-Nabü kauft einen Sclaven. V.A.Th. 385.
'Sillibi kauft ein Einkommen(srecht). Br. M. 84.
2— 11, 554.
cehliche Zusammenhang leichter überblickt werden
kann, ist es vielleicht nicht überflüssig, die Mitglieder der beiden
in Frage kommenden Familien genealogisch geordnet zu geben.
Gimillu Nabiı-bän-zir, seine Frau Zunnä Balatu, seine Frau Kassa
(Sohn des Mar- (Sohn (Tochter (Sohn (Tochter des
duk-Sum-ibni, des Bil-kasir, des des Ibnä, Sum -iddin,
Sohnes vom Sc
Schmied)
adoptirt
Sum-iddin Iddin-Nabüı
eur
Sı
vom Schmied)
Rammän - zir-
ibni)
)hnes Sohnes vom
Goldschmied)
Sohnes vom
5
Igibi)
| r
abni-ahillIsaggil-kin-aplu
—
Hipta Gigitum
Amat - Bilit
Sidatum Sirä Nabü-t
Ina -ısaggil- ramat
(Frau des Kddin - habu)
llibi Tablutu
Eine ausführliche Bearbeitung dieser Schriftstücke gedenke ich
im Beginn des näc
hsten Jahres den Fachgenossen vorlegen zu können.
- » . D oJ
Peiser: Die Thontafelsammlungen zu Berlin und London. 323
Der Nachweis der Zusammengehörigkeit der Londoner und der Ber-
liner Sammlung dürfte dadurch auch im Einzelnen und definitiv er-
bracht werden.
Anhang.
Unter den von mir copirten Tafeln anderer Sammlungen des
Br. M. beansprucht Nr. 82. 7— 14, 988 besondere Beachtung. Von
derselben war bislang nur ein kurzer Paragraph seitens Mr. Pıncnes’
(T.S.B.A. VIII, 273) ohne Angabe, welcher Tafel er denselben ent-
nommen hatte, veröffentlicht worden. Die Tafel ist ziemlich gross (4'/,
zu 6 inches), auf Vorder- und Rückseite in je drei Columnen beschrieben,
von denen aber leider die erste der Vorderseite und die zweite und
dritte der Rückseite sehr verstümmelt sind. Im ganzen mag die
Tafel etwa ı5 Paragraphen enthalten haben, von denen aber nur
sechs ganz und drei annähernd vollständig auf uns gekommen sind.
Die letzte Columne endete mit dem Datum so, dass '/, der Tafel
etwa freigelassen war; vom Datum' selbst ist nur noch das letzte
Wort DIN. TIR. KI = »Babylon« sicher zu erkennen. Am Anfang der
dritten Columne ist auf die Mitte eines freien Raumes von etwa zehn
Zeilen eine kurze Notiz von zwei Zeilen geschrieben, gleichsam als
ob dieselbe den Schluss oder die Überschrift zum Vorhergehenden,
bez. Folgenden gebildet hätte.
Die Bedeutung dieser zwei Zeilen zu erkennen ist erst möglich,
wenn die Bedeutung der Tafel festgestellt ist; sie könnte sein:
ı. ein Übungsstück,
2. ein zu theoretischen Zwecken gefertigter Auszug aus Ge-
setzen oder Gesetzentscheidungen,
3. ein zu practischen Zwecken derart gefertigter Auszug.
Das Letzte ist das wahrscheinlichste; dann sind die zwei Zeilen
als Unterschrift mit Bezug auf das Vorhergehende angefügt.
In der Transscription lasse ich die erste und sechste Columne
fort, da die erhaltenen Reste keinen zusammenhängenden Sinn ergeben;
das Autograph’ bietet dagegen auch diese Reste, soweit ich die
Zeichen noch erkennen konnte. Bezüglich der ersten Columne’ be-
\ Das Datum in Zeile 17, ı8 der I. Columne ist vielleicht »Sattu 2. kam [Asur-
bani-Japlu Sar Babilu« zu lesen, wonach dann die Reste der letzten Columne auch
zu »[ASur]-ban-aplu [Sar] Babilu« ergänzt werden könnten.
® Dasselbe hat Hr. Dr. L. Aser die Freundlichkeit gehabt, für mich nach meiner
Copie herzustellen. s
® Zeile 30 wird vielleicht [ina] iStini-it rit-ti zu lesen sein; Zeile 35 ist der
Anfang zu [i]-bu-ra-Su zu ergänzen; Zeile 38 [i-ti]-ıi-Su; Zeile 39 [ir]-bu-u.
824
Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
merke ich noch, dass sich deren sämmtliche Paragraphen gemäss
den erhaltenen Resten augenscheinlich auf Landwirthschaft beziehen
bez. bezogen.
II. Columne.
Nataıl lila aa nu-ku
USTD een. bil (?)
En din
amilu sa IM.DUP bil ikli
in
u duppi a-na Su-mi Sa-nam-ma
ik-nu-ku-ma ri-ik-su
$a na-aS-pir-tum a-na ıli
la ir-ku-su
u mahi-ri IM.DUP
ıo Ja il-ku-u
amilu sa IM.DUP U.AN.!TIM
a-na Su-mi-Su Sat-ru
ıklu lu bitu su-a-ti
j-lik-ki
Ein Mann, der die Urkunde des
Besitzers des Feldes
und das Sehriftstück auf den Namen
eines Anderen
gesiegelt und einen Vertrag in
Bezug
auf die Vollmacht darüber
nicht abgeschlossen hat;
eine zweite Urkunde hat er
aber nicht genommen —
der Mann, auf dessen Namen die
Urkunde
und dasSchriftstück geschrieben ist,
wird jenes Grundstück oder Haus
(in Besitz) nehmen.
ıs amılu Sa a-mi-lu-ut-ti
a-na kaspi id-di-nu-ma
pa-ka-ru ina ıli ib-Su-ma
ab-ka-ti na-di-na-nu
kaspa ki-i pi-i U.AN.TIM
:»» j-na kakkadi-Su a-na ma-hi-ra-nu
i-nam-din ki-i mari
tul-du ina istin '/, TU kaspi
i-nam-din
Ein Mann, der eine Selavin
für Geld verkauft hat, und
eine Rückforderungsklage wird
über dieselbe erhoben
und sie wird fortgeführt. — Der
Verkäufer
wird das Geld gemäss dem Schrift-
stud
in seiner Summe an den Käufer
geben; wenn sie Kinder
geboren hat, wird’ er für je eins
'/, Sekel
Geld zahlen.
a-mil-tum Sa ni-pi-su(?)
> Ju-u tak-pi-ir-tum
ina ıkli amıli Sa su ki
5 2312
Eine Frau, welche....
oder ner
auf dem Felde eines Mannes...
30
35
40
urına Een. zu (td
lu ina mim-ma Sum-su (?)
tu-kap-pi-ru
is-si $a ina [ib]-bi
tu-kap-pi-ru
bi-lat-su iS-ti-ın
a-di 3 a-na bil ıkli
ta-nam-din
Sum-ma ina ılippi (?)
tu-kap-pi-ru
> (4 u mim-ma Sum-Su
tu-kap-pi-ru
mi-di-ti Sa ina ıkli
tas$-Sak-ka-nu
iStin 3 ta-nam-din
ki-i ina arah Ab amilu
Zeiger art sa ni ti HE zu
sa-aD tar a ta (?)
ta-at-da[-as-Su]
von ihrem Ertrag wird sie je eins
auf 3 an den Herrn des Feldes
geben.
wenn sie in einem Schiffe (?)
Vermessung, wie auf dem Felde
wird sie machen,
ı wird sie (auf) 3 geben.
Wenn im Ab? ein Mann
wird sie ihm geben.
IH. Columne.
di-in-su ul ka(?)-ti
u ul Sa-tir
Sein Process ist nicht beendigt (?)
und nicht geschrieben.
amılu Sa marat-su a-na mar amıli
Brett -nu-ma abu mim-ma
ina duppi (?)-Su u-Si-du-ma
a-na mari-Su id-di-nu
Res Le nu-dun-nu-u
Sa Marıı.
dup-pi it-ti a-ha-mis
.. U-Si-du-ma
iS-tu-ru dup-pa-nu-Su-nu
ul m-nu-u a-bi
nu-sur-ru-u ina mim-ma
Sa a-na mari-Su dup-pi
Sitzungsberichte 1889.
Ein Mann, welcher seine Tochter
dem Sohn eines
Mannes giebt (?), und der Vater
hat alle (Habe)
in seinem Schriftstück dargethan
und
seinem Sohne gegeben;
und [der erste Mann] hat die Mitgift
der Tochter... dargethan; und
sie-haben ein Schriftstück mit ein-
ander
aufgesetzt — ihre Schriftstücke
werden sie nieht annulliren; der
Vater
wird Beschlagnahme auf irgend
etwas,
worüber er für seinen Sohn Tafeln
75
826
Gesammtsitzung vom 25. Juli
i$-tu-ru-ma a-na i-mi-Su
. — Mittheilung vom 18. Juli.
geschrieben und seinem Schwäher
ıs u-kal-li-ma [la] i-sak-kan gezeigt hat, nicht verfügen.
ki-ma abu a8dat-su gleichwie den Vater rafft seine
; Frau (?)
Sim-ti ub-bil das Geschick hinweg (und)
altu arki-ti i-tah-zu-ma eine andere Frau nimmt er und
mari it-tal-du-su werden Kinder ihm geboren; —
»» Sal-su ina ri-hi-it NIN.SIT-$u ein Drittel (2) in dem Rest seines
mari ar-ki-ti Vermögens werden die Kinder
i-lik-ku-u der zweiten (Frau) nehmen.
amilu $a nu-dun-nu-u Ein Mann, welcher eine Mitgift
a-na marti-Su ik-bu-ma seiner Tochter versprochen und
> Ju-u dup-pi is-tu-ru-su ein Schriftstück für sie aufgesetzt
hat;
u ar-ki NIN.SIT-su darnach aber verringert sich (?)
im-tu-u a-ki NIN.SIT-u sein Vermögen — gemäss dem Rest
$a ri-i-hi nu-dun-nu-u seines Vermögens wird er die
a-na mar-ti-Su i-nam-din Mitgift seiner Tochter geben.
30 1-mi u ha-ta-nu Schwäher und Schwiegersohn
a-ha-miS ul in-nu-u werden mit einander nicht klagen.
amılu Sa nu-dun-nu-u Ein Mann, der seiner Tochter eine
a-na marti-su id-di-nu-ma Mitgift gegeben hat und
maru u martu la ti-su-u Sohn oder Tochter hat sie nicht;
> u Sim-ti ub-lu-us aber sie stirbt —
nu-dun-na-a-Su a-na bit abi[-su]l dann fällt (?) die Mitgift an das
i-ta-a-ril-ma] Haus ihres Vaters zurück.
IV. Columne.
ı
2 a-na
3
+ &-na 1li mar it-ti....
s nu-dun-na-a-Su a-na mu-ti-$u ihre Mitgift an ihren Mann
6 u a-na man-ma Sa pa-ni-Su oder, wen sie will,
TER E ta-nam-din
assa-tum $a nu-dun-na-a-Su
mu-ut-su il-ku-u
mar-Su martu la ti-Su-u
u mu-ut-su Si-im-ti
wird sie geben.
Eine Frau, deren Mitgift
ihr Mann genommen hat,
Sohn oder Tochter hat sie nicht.
Der Mann aber stirbt. —
I -
20
Peiser: Die Thontafelsammlungen zu Berlin und London.
ub-lu ina NIN.SIT Sa mu-ti-Su
nu-dun-nu-u ma-la nu-dun-nu-u
in-nam-din-su
Sum[-ma] mu-ut-su Si-rik-tum
iS-[Sa-]rak-Su Si-rik-ti
sa ml[u-til-Su it-ti
nu-dun-ni-1-Su
ta-lik-ki-i-ma ab-lat
Sum-ma nu-dun-nu-u
la ti-i-Si (amılu) dainu
NIN.SIT (?) mu-ti-3u
im-ma-li-ku ki-i NIN.SIT
Sa mu-ti-sa mim-ma in-nam-
din-Su
827
Von dem Vermögen ihres Mannes
wird ihr die Mitgift, soviel die
Mitgift ist,
gegeben.
Wenn ihr Mann ihr Geschenke
gemacht hat, wird sie die Ge-
schenke
ihres Mannes mitsammt
ihrer Mitgift
nehmen und forttragen (?)
Wenn sie Mitgift nicht
hatte, wird der Richter
das Vermögen ihres Mannes
begutachten (?), und gemäss dem
Vermögen
ihres Mannes wird ihr etwas ge-
geben.
25
30
35
40
45
amılu alta i-hu-uz-ma
mari u-lid-su
ar-ki amılu Su-a-ti
Sim-ti u-bil-Su-ma
a-mil-tum Su-a-ti
a-na bit Sa-ni-i 1-ri-bi
pa-ni-Su il-ta-kan
nu-dun-na-a ul-tu bit abi-Su
tu-ub-lu u mim-ma
sa mu-ut-su iS-ru-ku-Su
i-lik-ki-ı-ma mu-ti
lib-bi-Ssu ih-haz
a-di ümi bal-ta [-tum]
a-ka-lu it-ti al
ina lib-bi ik-k[a-al]
Sum-ma a-na mul -ti]
mari it-tab [-ku]
ar-ki-Su mari
u mari mahl[-ri]
nu-dun-[na-a-Sa
a-ha-a-ti
Ein Mann nimmt eine Frau und
Kinder gebärt sie ihm;
darnach stirbt
jener Mann und
jene Frau wünscht in das
Haus eines zweiten
Mannes zu gehen. —
Die Mitgift, welche sie vom Hause
ihres
Vaters gebracht hat und alles,
was ihr Mann ihr geschenkt hat,
wird sie nehmen und den Mann
ihres Herzens heirathen.
So lange sie lebt,
wird sie (?) Nahrung mit
dort geniessen ;
wenn sie ihrem Manne (in die Ehe)
Kinder mitgebracht hat,
Tode
diese
Kinder
werden nach ihrem
und die Kinder des ersten Mannes
ihre Mitgift
gemeinsam (?)...
828 Gesammtsitzung vom 25. Juli. — Mittheilung vom 18. Juli.
V. Columne.
fehlen 4(2) Zeilen.
OA N bur (?) - Su
ee mu-ti-su
ee ta-lik-ku-u
um ina ıli a-bi-Su u (?)
(amılu) NI.GAB
fehlen ungefähr 22 Zeilen.
Sur gab di du u
amilu Sa altu i-hu-zu-ma
mari ul-du-Su-ma
assat-su Sim-ti ub-lu
assatu Sa-ni-ti i-hu-zu-ma
mari ul-du-su
ar-ki abu a-na Sim-tum
it-tal-ku ina NIN.SIT
$a bit a-bi 2.TA kätä (mis)!
mari mah-ri-ti
u Sal-Su mari ar-ki-ti
i-lik-ku-u
ah-ha-a-ti-Su-nu
$a ina bit abi as-ba-a-ma
eine Frau
nimmt und
Kinder gebärt sie ihm, und
seine Frau stirbt, — eine
zweite Frau nimmt er und
Kinder gebärt sie ihm. —
Darnach stirbt der
Vater... Von dem Vermögen
des Hauses des Vaters nehmen
die Kinder der ersten Frau
:/, und die Kinder der
zweiten Frau !/,.
Ihre Schwestern,
welehe im Hause ihres Vaters’
wohnen und
Ein Mann, welcher
Vale Columne.
fehlt bis auf die Resie der zwei
letzten Zeilen.
Bis, eitelne, a ka seile, m lea Siem e ntle nes .
.... Babylon’
! Aus dem Zusammenhang geht hervor, dass 2. Tet kätä (mi$) 2/, bedeutet; nun
bedeutet aber in Br. M. 84. 2—ı1, 57 ha-mi-i$ käta (mis) 5/6. Ich schliesse daraus,
dass die Babylonier durch Zusammensetzung einer Zahl mit kätä »Hände« Bruchzahlen
ausdrückten, deren (hinzuzudenkender) Nenner immer um eins grösser war als der
angegebene Zähler.
2 Vergl. S. 823 Anm. ı.
Ausgegeben am 8. August.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1889.
Brit. Mus. 82. 7—14, 988.
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829
1889.
XXXIX.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
17. October. Sitzung der philosophisch -historischen Ulasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. Currıvs.
1. Hr. Monnsen hielt einen Vortrag über die neu gefundenen
Fragmente des diocletianischen Ediets.
2. Hr. Dirımann überreichte Namens des Hrn. E. GrLAser dessen
Schrift: »Skizze der Geschichte Arabiens«, 1889. Die merkwürdigsten
geschiehtlichen und chronologischen Ergebnisse aus dem massenhaften
Inschriftenmaterial, welches er auf seiner dritten Reise unter vielen
Mühen und Gefahren in Südarabien gesammelt hat, sind darin mit-
getheilt, und zu einer vorläufigen, höchst interessanten Übersicht über
den Gang der geschichtlichen Entwicklung der dortigen Völkerschaften
verwerthet. Diese Schrift kann, obwohl der eigentliche Reisebericht
noch aussteht, schon zur Genüge zeigen, wie fruchtbar auch diese
von der Akademie unterstützte Reise des unermüdlichen Forschers
für die Bereicherung, auch Berichtigung unserer archaeologischen Kennt-
nisse geworden ist.
3. Derselbe übergab, im Auftrag des Verfassers, ı. Epigra-
phische Denkmäler aus Arabien, von D. H. Mürrer, mit ı2 Tafeln,
Wien ı889, die Bearbeitung eines Theils der Eurise’schen Funde,
mit vielen neuen und wichtigen Ergebnissen für die Geschichte der
Sprachen und Schriftzeichen jenes Landes; 2. »Glossen zum Corpus
Inseriptionum Semiticarum«.
Ausgegeben am 31. October.
Sitzungsberichte 1889. 76
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SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
17. Oetober. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
l. Hr. von Bezorp las: Zur Thermodynamik der Atmo-
sphaere (dritte Mittheilung). Der Abdruck erfolgt in einem
spätern Stück dieser Berichte.
2. Durch Vermittelung des Hrn. Kroxecker überreichte Hr. Prof.
Tu. Reye in Strassburg die umstehend folgende Mittheilung über
lineare Mannigfaltigkeiten gegebener Ebenenbüschel und
collinearer Bündel oder Räume.
3. Hr. Dr. Sruntmass hat aus Sansibar unter dem 3. August d.J.
einen weitern Bericht über seine mit Unterstützung der Akademie
unternommene Reise nach Ost-Africa eingesandt, mit drei Notizen:
a) zur Kenntniss von Dactylethra Mülleri,; b) das accessorische Kiemen-
organ von (larias gariepinus; ec) die Rückenaugen von Onchidium Sa-
vignyi und Onchidium longanum.
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833
Über lineare Mannigfaltigkeiten projectiver
Ebenenbüschel und collinearer Bündel oder Räume.
Von Prof. Tu. Reye
in Strassburg i. E.
(Vorgelegt durch Hrn. Kroxecker am 17. October [s. oben S. 831].)
Une obigem Titel habe ich in dem letzten, 104. Bande des Jour-
nales für d. r. u. a. Mathematik die erste von sechs grösseren Ab-
handlungen veröffentlicht, und damit sein sehr umfangreiches, noch
wenig angebautes Forschungsgebiet betreten. Es sei mir gestattet,
an dieser Stelle einen Einblick in dasselbe zu eröffnen, die leitenden
Gedanken und das Programm meiner darauf bezüglichen Arbeiten in
Kürze zu entwickeln, die von mir benutzten Hülfsmittel und For-
schungsmethoden anzudeuten und einzelne meiner Hauptergebnisse
hervorzuheben.
Den Gedanken, gleichartige projective Grundgebilde zu unend-
lichen linearen Mannigfaltigkeiten systematisch zusammenzufassen,
verfolge ich deshalb so eifrig, weil die Gebilde oder Elemente einer
linearen Mannigfaltigkeit, wie beispielsweise die Punkte einer Ebene
oder die Ebenen eines Bündels oder Raumes, in einer besonders
innigen und übersichtlichen Weise von einander abhängen. Ist doch
seit JACOB STEINER die »systematische Entwickelung der Abhängigkeit
geometrischer Gestalten von einander« die eigentliche Aufgabe und
das letzte, hohe Ziel der rein geometrischen Forschung! Das bahn-
brechende Werk des grossen Synthetikers, welches diese Aufgabe
zum Titel hat, enthält bereits einfach unendliche Reihen projectiver
Strahlenbüschel und ebensolche Schaaren projeetiver Punktreihen oder
Ebenenbüschel. Diese und die höheren linearen Mannigfaltigkeiten
projeetiver Grundgebilde sind schon an sich von grosser Bedeutung;
sie gewinnen aber ein noch grösseres Interesse durch die Fülle der
verschiedenartigen Erzeugnisse ihrer Gebilde und durch die sonstigen
von ihnen abhängigen oder sie bestimmenden geometrischen Gestalten.
Eine n-fach ausgedehnte lineare Mannigfaltigkeit |M,| besteht
aus oo" gleichartigen Elementen, die stetig auf einander folgen; sie
834 Sifzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 24. October.
ist durch beliebige n + ı dieser Elemente bestimmt, enthält alle
linearen Mannigfaltiekeiten |M,|,|M,|....,|M,_,|; welche durch be-
fo) Oo I 2 n—I S
jiebige 2,3,...,n ihrer Elemente bestimmt sind, und kann mittels
einfach ausgedehnter Mannigfaltigkeiten | M,| eonstruirt werden. Nahe-
liegende Beispiele von ein-, zwei- und dreifach unendlichen linearen
Mannigfaltigkeiten bieten uns die Grundgebilde der neueren Geometrie,
insbesondere die Ebenenbüschel, Bündel und Räume. Ein Ebenen-
büschel «% besteht aus den o0'Ebenen einer Geraden v und ist durch
je zwei derselben bestimmt; ein Bündel 5 enthält die oo°Ebenen
eines Punktes S und ist durch beliebige drei derselben bestimmt;
ein Ebenen-Raum 3 ist dreifach ausgedehnt und durch beliebige
vier seiner Ebenen bestimmt. Ein Bündel oder Raum enthält alle
durch je zwei seiner Ebenen bestimmten Büschel und kann mittels
soleher Büschel eonstruirt werden. Verbindet man nämlich von drei
beliebigen Ebenen eines Bündels zwei durch einen Büschel und sodann
die o0' Ebenen dieses Büschels mit der dritten Ebene durch &' neue
Büschel, so enthalten die letzteren zusammen alle o©o°Ebenen des
Bündels; verbindet man sodann diese ©o’Ebenen mit 'einer beliebi-
gen anderen Ebene dureh 0° neue Büschel, so enthalten diese die
oo? Ebenen eines Raumes; gäbe es ausserhalb dieses Raumes noch
Ebenen, so könnte eine beliebige derselben zur Construction einer
vierdimensionalen linearen Mannigfaltigkeit von Ebenen benutzt werden.
Auf analoge Weise lassen sich aus anderen gleichartigen Ele-
menten, z. B. aus Öurven oder Flächen, mehrfach ausgedehnte lineare
Mannigfaltigkeiten |M,| aufbauen, sobald je zwei dieser Elemente
durch eine einfach ausgedehnte lineare Mannigfaltigkeit | M,| derselben
verbunden werden können. Dass eine so construirte |M,| jede durch zwei
ihrer Elemente bestimmte |M,| enthält, bedarf selbstverständlich des Be-
weises; für die Grundgebilde folgt es aus dem Axiom von der Ebene. —
Wie können nun aber zwei projective Grundgebilde eine lineare Mannig-
faltigkeit | M,| bestimmen? Offenbar dadurch, dass ein durch sie
erzeugtes Gebilde diese Mannigfaltigkeit bestimmt und durch je zwei
projective Grundgebilde derselben erzeugt wird. Beispielsweise er-
zeugen zwei projective Strahlenbüschel in der Ebene i. A. einen Kegel-
schnitt, dieser aber bestimmt eine lineare Mannigfaltigkeit von 00' pro-
jeetiven Strahlenbüscheln, deren Mittelpunkte auf dem Kegelschnitte
liegen und von denen je zwei ihn erzeugen.
Wir setzen demnach fest: Wenn eine lineare Mannigfaltigkeit
| M,| aus &©' projeetiven Grundgebilden besteht, so ist das Erzeugniss
von je zweien dieser Grundgebilde allemal das nämliche. Die ©0' pro-
jeetiven Ebenenbüschel x, welche zu zweien eine gegebene Regel-
schaar oder Kegeltläche zweiter Ordnung erzeugen, bilden also eine
Reye: Über lineare Mannigfaltigkeiten projeetiver Ebenenbüschel u. s. w. 835
lineare Mannigfaltigkeit «|; welche durch je zwei ihrer Büschel
bestimmt ist und eine Büschelschaar heissen möge. Zwei collineare
Bündel S, S, erzeugen durch ihre homologen Ebenen i. A. die Sehnen
einer eubischen Raumeurve c° und bestimmen zugleich eine Bündel-
reihe |S,|, d. h. eine lineare Mannigfaltigkeit von 0' collinearen
Bündeln, deren Mittelpunkte auf e° liegen und deren homologe Ebenen
sich in je einer Sehne von c° schneiden. Zwei collineare Räume er-
zeugen durch ihre homologen Ebenen i. A. einen tetraedralen quadra-
tischen Strahleneomplex und bestimmen zugleich einen Raumbüschel
|3,|; d.h. eine lineare Mannigfaltigkeit von ©' eollinearen Räumen,
welche zu zweien den nämlichen Complex erzeugen. Mittels der so
definirten Büschelschaaren |x,|, Bündelreihen |S,| und Raumbüsehel |,
lassen sich, wie vorhin angedeutet, n-fach ausgedehnte lineare Mannig-
faltigkeiten KAR IS. | und 3,| rein geometrisch aufbauen; dieselben
sind bestimmt durch beliebige n + ı ihrer 00" projectiven Ebenen-
büschel, Bündel resp. Räume.
Für die n Dimensionen dieser Mannigfaltigkeiten aber ergeben
sich alsbald obere Grenzen; denn zu einem Ebenenbüschel x lassen
sich nur ©’ projeetive Ebenenbüschel eonstruiren, zu einem Bündel S
aber gibt es oo'' collineare Bündel, und zu einem Raume 3 überhaupt
00° collineare Räume. In der Gesammtheit der projeetiven Ebenen-
büschel unterscheiden wir demgemäss lineare Mannigfaltigkeiten | x, |,
lw.|,.... || von 1,2,...,6 Dimensionen, aus eollinearen Bündeln
bilden wir lineare Mannigfaltigkeiten |S,|, |,
zehnter Stufe, aus ceollinearen Räumen aber solche von ı,2,...,
ı4 Dimensionen, die wir mit [3; ; [3 Mana I bezeichnen. Diese
-;|Si0| erster bis
zahlreichen Mannigfaltigkeiten, ihre Erzeugnisse und merkwürdigsten
Eigenschaften, sowie ihre vielen Specialfälle bilden den Gegenstand
meiner Untersuchungen.
Der schon erschienene erste Theil beschränkt sich auf die Mannig-
faltigkeiten erster bis dritter Stufe, auf welche auch verschiedene
Abschnitte meiner »Geometrie der Lage« und die Habilitationsschrift
des Hrn. FRrpr. Schur (Math. Ann.ıS S.ı) sich beziehen. Der zweite
Theil betrifft die Büschel-Mannigfaltigkeiten |“, ; «| und “sl; der
dritte und vierte handeln von den Bündel-Mannigfaltigkeiten |S, |.
kSklstcieis S..|, und die letzten beiden Theile von den- linearen
Mannigfaltigkeiten |$, DS Per | eollinearer Räume.
Analytisch lassen sieh diese Mannigfaltigkeiten sehr einfach dar-
stellen. Wir bezeiehnen mit &,.ß;, y;, d; beliebige lineare Funetionen
der Punktcoordinaten x,y,2z und mit %;,?%, @,v willkürliche Parameter.
Dann repraesentiren die Gleichungen:
a A, + wu nd = 0, worin d=d,1,2y...,n,
836 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 24. October.
n + ı collineare Räume, zugleich aber, wenn den Parametern A, w,v
gegebene Werthe ertheilt werden, n + 1 homologe Ebenen dieser
Räume. Die Gleichung:
n
Zi (u; + AB; + uy; + vd) = 0
repraesentirt die lineare Mannigfaltigkeit > ‚ welche durch dien + ı
Räume bestimmt. ist; zugleich aber stellt sie einen beliebigen Raum
von [>| dar, wenn den n + ı Parametern %,, %,...,x%, oder viel-
mehr deren r» Verhältnissen gegebene Werthe beigelegt werden. Wird
v=o oder v=v= o gesetzt, so repraesentirt dieselbe trilineare
Gleichung eine n-fach ausgedehnte lineare Mannigfaltigkeit collinearer
Bündel bez. projeetiver Ebenenbüschel. Ich benutze diese analytische
Darstellung zur Ermittelung gewisser für unsere Mannigfaltigkeiten
wichtiger Anzahlen und gelange dabei zu merkwürdigen, noch kaum
discutirten Systemen algebraischer Gleichungen.
Das Studium jener linearen Mannigfaltigkeiten und anderer von
ihnen abhängiger wird bedeutend vereinfacht durch ein bemerkens-
werthes paarweises Auftreten derselben. Die beiden Mannigfaltigkeiten
eines Paares erzeugen sich gegenseitig, indem die Gebilde einer jeden
von ihnen aus homologen Ebenen der Gebilde der anderen bestehen;
die Eigenschaften der einen Mannigfaltigkeit des Paares sind dem-
gemäss zugleich solche der anderen. Beispielsweise gehören die beiden
Schaaren projeetiver Ebenenbüschel, welche ein beliebiges einschaliges
Hyperboloid erzeugen, auf diese innige Art zusammen; ebenso die
Mannigfaltigkeit |v,| der 00° projeetiven Ebenenbüschel, welche zu
dreien eine gegebene eubische Raumeurve, die »OÖrdnungseurve« von
|«,|, erzeugen, und die Reihe |S,| der &©' collinearen Bündel, deren
homologe Ebenen in je einer Sehne der Raumeurve sich schneiden. Ist
die eine Mannigfaltigkeit eines Paares n-fach unendlich, so besteht die
andere aus projeetiven oder collinearen Gebilden |e,| von je co” Ebenen.
Diese Gebilde |e,| sind Ebenenbüschel, Bündel oder Räume, wenn
n = ı,2 bez. 3 ist; wird aber n > 3, so enthalten sie die 00% Ebenen
des Raumes i. A. je oo"”3-mal.
Meine Forschungsmethode ist im Wesentlichen diejenige der reinen
Synthese. Von den einfach ausgedehnten linearen Mannigfaltigkeiten
schreite ich stufenweise zu den mehrfach unendlichen fort, indem
ich diese auf jenen der Reihe nach aufbaue. Besondere Beachtung
schenke ich den Specialfällen und Ausartungen unserer Mannigfaltig-
keiten, denn diejenigen der niederen gewinnen für die Theorie der
höheren Mannigfaltigkeiten grosse Bedeutung. Auch die Grundgebilde
einer linearen Mannigfaltigkeit können ausarten: nämlich räumliche
Reve: Über lineare Mannigfaltigkeiten projeetiver Ebenenbüschel u. s. w. 837
Systeme von Ebenen können in Bündel, diese in Ebenenbüschel,
letztere aber können in je eine Ebene ausarten. Die Orte ihrer so
ausgearteten Gebilde sind für die Mannigfaltigkeit selbst sehr wichtig.
Beispielsweise liegen die Doppelpunkte der ausgearteten Räume einer
>>
on
durch welche >| völlig bestimmt ist. Es redueiren sich i. A. vier
Räume eines Raumbüschels |S,| auf Bündel, 20 Räume einer |3,| auf
Ebenenbüschel und 20 Räume einer |,
i. A. auf einer Raumeurve sechster Ordnung, der »Kerneurve«,
auf je eine Ebene; die Doppel-
punkte der einfach ausgearteten Räume einer 4 liegen i. A. auf
einer »Kernfläche« vierter Ordnung, die Axen der zweifach aus-
gearteten Räume einer |8,| bilden einen biquadratischen Strahlen-
complex, von einer 4]; aber redueiren sich ©©® Räume auf je eine
Ebene, deren Ort eine Fläche vierter Classe ist.
Eine lineare Mannigfaltigkeit |M,| enthält oo” + Jineare
Mannigfaltigkeiten | M;|, wenn n>i>o ist. Besteht |M,| aus projee-
tiven Grundgebilden, so rechnen wir deren Erzeugnisse sowie die-
jenigen dieser | M,
alle zu |M,|. Unsere Mannigfaltigkeiten liefern uns
deshalb Erzeugnisse sehr verschiedener Art; namentlich treten bei
ihnen auf: Gruppen von Punkten, Geraden oder Ebenen, Strahlen-
flächen, Raumeurven und räumliche Ebenenbüschel, Flächen als Orte
theils von Punkten theils von Ebenen, Congruenzen und Complexe
gerader Linien, endlich Büschel, Bündel, Schaaren, Netze und höhere
Systeme von Raumcurven oder Flächen. Selbstverständlich stehen die
verschiedenartigen Raumgebilde, welche bei einer und derselben
Mannigfaltigkeit vorkommen, zu einander in vielfachen und engen
Beziehungen. Die Aufdeckung und Klarlegung dieser wechselseitigen
Beziehungen betrachte ich als eine Hauptaufgabe meiner Untersuchung.
Um auch hier einige Beispiele anzuführen, so erzeugen eine
lineare Büschel-Mannigfaltigkeit |v,| und der mit ihr verbundene
Raumbüschel |S, | i. A. einen tetraedralen quadratischen Strahleneomplex
nebst dessen Haupttetraeder, ausserdem © eubische Ordnungseurven,
welche dem Haupttetraeder umschrieben sind und lauter Complex-
strahlen zu Sehnen haben, und co* Complexflächen zweiten Grades,
die je ©o' Ordnungscurven enthalten; sie sind u. A. bestimmt durch
irgend zwei collineare Räume von |S,| oder durch beliebige vier
projeetive Büschel von |, |, ebenso aber durch zwei beliebige Ordnungs-
eurven oder durch das Haupttetraeder und einen beliebigen Complex-
strahl. — Zu einer linearen Bündel-Mannigfaltigkeit |; | und dem
von ihr erzeugten »Raumbündel« |3,| rechnen wir 00° eubische
Ordnungsflächen, co* eubische Ordnungscurven, 00° tetraedrale Com-
plexe und Haupttetraeder, eine Kerneurve c° sechster Ordnung und
deren o0' Doppelsehnen; letztere sind die Axen der ausgearteten Bündel
838 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 24. October.
von |S,| und die gemeinsamen Strahlen der oo? tetraedralen Complexe;
die Kerncurve c° aber ist den ©? Haupttetraedern umschrieben, Schnitt-
curve der oo? Ordnungsflächen, kann mit den co* Ordnungscurven
durch je ©0' dieser ceubischen Flächen verbunden werden und bestimmt
|S,| und |3,| i. A. eindeutig. — Eine Raum-Mannigfaltigkeit |>,|
erzeugt 00! Kernflächen vierter Ordnung, die sich in einer »Haupteurve«
c'° zehnter Ordnung schneiden, ferner 0° Kerneurven sechster Ordnung,
00° tetraedrale Complexe und Haupttetraeder, sowie 00° cubische
Ordnungsflächen; ausserdem gehören zu |3,| noch 0° Gruppen von je
zehn Kernpunkten auf c' und zwanzig Axen zweifach ausgearteter
Räume, die mit e'° je vier Punkte gemein haben; i. A. ist |3,| nebst
allen diesen Raumgebilden durch die Haupteurve c' völlig bestimmt.
Als eines der merkwürdigsten allgemeinen Ergebnisse meiner
Untersuchungen hebe ich hervor, dass die Büschel-Mannigfaltigkeiten
|w,| und |us_,| in einem gewissen dualistischen Gegensatze zu ein-
ander stehen; auch hängen sie von gleichviel Parametern ab. Der
tetraedrale quadratische Complex der Axen einer |x,| z. B. ist zu
sich selbst reciprok und nebst |, | von dreizehn Parametern abhängig.
Wie |z,| durch eine Regelschaar zweiter Ordnung und |w,| durch eine
eubische Raumeurve bestimmt ist, so hängt |u,| von einer Regel-
schaar zweiter Classe und |w,| von einem cubischen Ebenenbüschel
y ab. Auf jede Ebene von y? redueirt sich, beiläufig bemerkt, ein
Ebenenbüschel von |w, ; die Schnittlinien der Ebenen von y sind
die Axen von je oo' Büscheln der |x,| und gemeinsame Strahlen der
00* tetraedralen Complexe von |z,|; die co* Hauptretraeder dieser
Gomplexe werden von je vier Ebenen der y? gebildet; die 00° eu-
bischen Ordnungseurven von |x,| sind je ©0' solchen Haupttetraedern
umschrieben, stehen also zu dem eubischen Ebenenbüschel y in der
invarianten Hurwırz’schen Beziehung. Ohne auf weitere Einzelnheiten
einzugehen, bemerke ich noch, dass der Dualismus von |“, | und
us. | sich auch auf alle Speeialfälle dieser Mannigfaltigkeiten erstreckt,
und dass den in |«,| enthaltenen 00" “+9 linearen Mannigfaltig-
keiten |;] die in |zs_,| sich durchdringenden 00 “*) Mannigfaltig-
keiten |, _;| dualistisch gegenüberstehen.
Das soeben von |w,| und |w;_„| Gesagte gilt auch einerseits von
den linearen Bündel-Mannigfaltigkeiten |S,| und |S,. „|; anderseits
von den Mannigfaltigkeiten [z.| und ul collinearer Räume. Die-
selben stehen gleichfalls zu einander in einem dualistischen Gegensatze
und hängen von gleichviel Parametern ab; den in |S,| oder |3,| ent-
haltenen linearen Mannigfaltigkeiten aber stehen diejenigen, in welehen
|Sı.| bez. |3,,-.| enthalten ist, dual gegenüber. Die Axen der
ausgearteten Bündel einer |S,| z. B. bilden eine Congruenz dritter
Reye: Über lineare Mannigfaltigkeiten projectiver Ebenenbüschel u.s.w. 839
Ordnung sechster Classe; derselben entspricht in einer |S;| die reeci-
proke Congruenz dritter Olasse sechster Ordnung. Der cubischen
Ordnungstläche einer |S,|, der Kerneurve einer |S,| und den zehn
Kernpunkten einer |S,| sind bez. die Hauptfläche einer |Ss|, der
Hauptebenenbüschel einer |S,| und die zehn Hauptebenen_ einer |S;|
reciprok. Der cubische Strahleneomplex, welchen die Axen der 0
ausgearteten Bündel einer | S; | bilden, ist das Reciproke eines ebenso
gebildeten Complexes; und das Nämliche gilt von dem biquadratischen
Complexe der Axen einer |S8,|. Bezüglich der Raum -Mannigfaltig-
keiten sei nur noch erwähnt, dass die Fläche vierter Classe, welche
von den auf Ebenen redueirten Räumen einer | umhüllt wird,
zu der Kernfläche vierter Ordnung einer |3,| reeiprok ist.
Bei den’höheren Mannigfaltigkeiten eollinearer Bündel oder Räume
beschränke ich mich im Wesentlichen auf den Nachweis dieses Dua-
lismus, welcher auch in den analytischen Gleichungen ihrer Erzeugnisse
zum Ausdruck kommt.
Selbstverständlich lassen sich aus projeetiven Punktreihen und
eollinearen Feldern oder Punkträumen gleichfalls lineare Mannigfaltig-
keiten bilden. Zu denselben gelangen wir geradesweges auch durch
die von uns untersuchten reciproken Mannigfaltigkeiten. Insbesondere
kommt die Collineation der ©0' Ebenengebilde, welche durch eine
Büschel-Mannigfaltigkeit |w,| oder |u,| erzeugt werden, zurück auf
die Projeetivität von c0' Punktreihen bez. auf die Collineation von
o0' ebenen Feldern, die eine lineare Mannigfaltigkeit bilden.
Ausgegeben am 31. October.
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1889.
XLI.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
24. October. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
l. Hr. Kreım las die umstehend folgende Mittheilung: Die
Meteoriten-Sammlung der Königlichen Eriedrich-Wilhelms-
Universität zu Berlin am ı5. October 188g.
2. Hr. Momnsen legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. ©. Cicnortws
in Leipzig vor: Römische Staatsurkunden aus dem Archiv
des Asklepiostempels zu Mytilene.
Diese Mittheilung erscheint mit einigen von Hrn. Monusen hinzu-
gefügten Bemerkungen in einem der nächsten Stücke dieser Berichte.
3. Hr. Kronecker überreichte den I. Band der von ihm im Auf-
trage der Akademie herausgegebenen gesammelten Werke G. Leseune
DiricHtErT'’s.
4. Die philosophisch -historische Classe hat für wissenschaftliche
Unternehmungen bewilligt: 3000 Mark zur Fortsetzung des Corpus
Inseriptionum Graecarum; 1000 Mark zur Fortsetzung der Supplemente
zum Corpus Inscriptionum Latinarum; 2000 Mark zur Fortsetzung
der Prosopographie der römischen Kaiserzeit; 2000 Mark zur Fort-
setzung der Herausgabe der Aristoteles-Commentatoren; 1200 Mark
für HH. Prof. Fırrıns und Prof. Suchrer in Halle zur Herausgabe
eines provencalischen Rechtsbuchs; ı200 Mark für die Hahn’sche
Buchhandlung in Hannover zur Herausgabe eines Leidener Codex
tironischer Noten.
842 Gesammtsitzung vom 24. October.
5. Die physikalisch-mathematische Classe hat bewilligt: 2000 Mark
für Hrn. Prof. Angrosn in Leipzig zu Studien über die kohlensauren
Kalkgebilde in der Haut der Spongien, Synapten u. s. w.; 3000 Mark
für Hrn. Prof. Scumeer in Bonn zu einer Reise nach Java behufs
Untersuchung der Lebensbedingungen der tropischen Vegetation;
ı0o00o Mark für Hrn. Prof. I. Stemer in Cöln zur Fortsetzung seiner
Studien über die Funetionen des Centralnervensystems und ihre Phy-
logenese; 1560 Mark für HH. Prof. Kayser und Prof. Russe in Hann-
over zur Fortsetzung ihrer Untersuchungen über die Spectren der
Elemente.
Die Akademie hat in ihrer Sitzung am 20. Juni den ordentlichen
Professor in der philosophischen Faeultät der hiesigen Universität Hrn.
Geh. Regierungs-Rath Dr. Kar WermmoLp zum ordentlichen Mitgliede
ihrer philosophisch-historischen Classe gewählt, und diese Wahl unter
dem 25.Juli die Allerhöchste Bestätigung S. M. des Kaisers und Königs
erhalten.
Die Akademie hat folgende Mitglieder durch den Tod verloren:
das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn.
WeEIZzsÄckER am 3. September, und die Correspondenten derselben
Classe Hrn. pe WırrE in Paris am 30. Juli und Hrn. Srupemunp in
Breslau am 9. August. d.J.
843
Die Meteoriten-Sammlung
der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität
zu Berlin am 15. October 1889.
Von Car KLem.
B:i der Aufstellung der mineralogisch -petrographischen Sammlung
der Universität in dem neuen Gebäude des Museums für Naturkunde
erschien es mir als eine meiner wesentlichsten Aufgaben, die Meteo-
riten-Sammlung in würdiger Weise hervortreten zu lassen. Dazu
forderte vor allem der Umstand auf, dass diese Sammlung die be-
rühmten Originale Cntannr’s enthält und Gustav Rosr auf Grund des
in der Sammlung niedergelegten Materials seine bahnbrechenden Meteo-
riten-Untersuchungen veröffentlicht hat.
Die Aufstellung der Sammlung ist in der Weise erfolgt, dass
in einem in der Mitte des grossen Saales der Schausammlung be-
findlichen Schranke oben unter Glas die grossen Schaustücke stehen,
während darunter auf einem treppenförmigen Einsatze die kleineren
Exemplare ausgestellt sind. In den Schubladen des Schrankes be-
finden sich in fortlaufender Reihe die zu allen Stücken gehörenden
Nachweise und diejenigen Exemplare, welche in der Schaustellung
keine Verwendung gefunden haben.
Da seit Gustav Rose’s umfassender Arbeit: Beschreibung und
Eintheilung der Meteoriten auf Grund der Sammlung im mineralo-
gischen Museum zu Berlin, Abh. d. K. Akad. d. Wissensch. 1862 u.
1863, gedruckt 1864, nichts Zusammenfassendes über die hiesige Samm-
lung veröffentlicht worden ist, so war vor allen Dingen eine genaue
Revision und Feststellung des Bestandes nothwendig.
Ich erfreute mich bei dieser Arbeit der Vorarbeiten Anderer, so
einer genauen, seiner Zeit durch Hrn. Dr. Liesıscn, meinen verehrten
nunmehrigen Collegen in Göttingen, als damaligen Custos vorgenom-
menen Etikettirung und einer sorgfältigen Wägung der Exemplare,
vor meiner Hierherkunft durch den jetzigen Custos Hrn. Dr. TexsE
ausgeführt.
844 Gesammtsitzung vom 24. October.
Da aber seit der Zeit, in der diese Arbeiten ausgeführt waren,
die Sammlung Veränderungen durch Untersuchung, Ätzung mancher
Exemplare u. s. w. erfahren hatte, auch Brezına’s wichtige Arbeit:
Die Meteoriten-Sammlung d. k. k. mineralogischen Hofkabinets in
Wien am ı. Mai ı885. (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1885, B. 35)
erschienen war, so habe ich, unterstützt durch die Assistenten des
Instituts, Hrn. Dr. Rınse und Hrn. Dr. MörtLer, nicht nur eine voll-
ständige Neuetikettirung der Stücke, sondern auch eine Neuwägung
derselben vorgenommen und auf Grund der hierbei gewonnenen Daten
die Neuaufstellung ausgeführt.
Die Nachweise über die Sammlung ergaben, als ich 1887 hier-
herkam, 225 Localitäten. Diese Zahl muss, wie ich in der Folge
ausführen werde, auf 217 ermässigt werden.
Die Anordnung des Ganzen ist nach einem Systeme erfolgt,
welches, fussend auf den grundlegenden Arbeiten Rose’s und seiner
Vorgänger, erweitert ist nach den neueren Arbeiten von RANMELSBERG,
MaAsKELYNE, TSCHERMAK, Brezına und Conen und sich ganz besonders
den Darlegungen Brezına’s eng angeschlossen hat. Benutzt wurden
überdies die Cataloge der grossen Sammlungen in London und Paris.
In diesem Systeme erhalten die Meteoriten die folgende Anordnung:
I. Meteorsteine.
I. Eisenarme Meteorsteine ohne runde Chondren.
a. Eukrite.
Bestehen aus Augit und Anorthit. Die Rinde ist schwarz und
glänzend.
b. Shergottit.
Besteht aus Augit und Maskelynit. Die Rinde ist braun und
glänzend.
ec. Howardite.
Bestehen aus Augit, Bronzit, Anorthit und Olivin. Die Grund-
masse ist locker und führt einzelne härtere Ausscheidungen. Die
Rinde ist schwarz und glänzend.
d. Bustit.
Besteht aus Augit und Bronzit. Die Rinde ist braun und matt.
e. Angrit.
Besteht wesentlich aus Augit. Untergeordnet sind Olivin und
Magnetkies. Die Rinde ist schwarz und glänzend.
r e e A . Se Q
Krein: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität. 845
f. Chladnite.
Bestehen aus rhombischem Augit. Bei hellgelblicher und glän-
zender Rinde ist letzterer Enstatit, bei grauschwarzer und matter
Bronzit.
g. Chassignit.
Besteht aus Olivin.. Die Rinde ist schwarz und schwach glänzend.
h. Rodite.
Bestehen aus Olivin und Bronzit. Die Rinde ist matt und schwarz,
wenn geflossen aber glänzend.
i. Ureilit.
Besteht aus Olivin und Augit. Untergeordnet sind Nickeleisen
und Kohlenstoff. Letzterer ist z. Th. amorph, z. Th. Diamant. Die
Rinde ist mattschwarz und besitzt viele glänzende, schwarze Fleckchen.
2. Eisenhaltige Meteorsteme mit Chondren.
Chondrite.
Bestehen aus rhombischem Augit (Bronzit), Olivin und Eisen
und führen poly@drische und runde oder nur runde Chondren.
Anhang:
Küisenführende Meteorsteme mut Chondren und Kohlegehalt.
Kohlige Chondrite.
Der Silieatgemengtheil besteht aus rhombisehem Augit (Bronzit)
und Olivin.
II. Mesosiderite.
Ubergänge von den Meteorsteinen zu den Meteoreisen. Bestehen
aus einem Eisennetz, in welchem Olivin und Bronzit mit wechselnden
Mengen von Plagioklas die Maschen füllen.
Anhang: Lodramit.'
Besteht aus einem dünnen Eisennetz mit Körnern von Bronzit
und Olivin.
! Da über diesen Meteoriten die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen er-
scheinen und die Meinungen, ob derselbe Plagioklas enthalte oder nicht, auseinander-
gehen, so erscheint er vorläufig hier als Anhang. Jedenfalls kann er nach der Menge
des in ihm enthaltenen Eisens und der Art der Vertheilung desselben nicht als Olivin-
Bronzit-Pallasit angesehen werden.
Sitzungsberichte 1889. 77
846 Gesammtsitzung vom 24. October.
III. Meteoreisen mit Silieaten.
Pallasite.
Bestehen aus einem Eisengerippe mit Silieatkörnern.
a. Olivin-Pallasite.
Bestehen aus einem Eisengerippe mit Körnern von Olivin.
ß. Bronzit-Pallasite.
Bestehen aus einem Eisengerippe mit Körnern von Bronzit und
accessorischem Tridymit.
IV. Meteoreisen.
a. Oktaödrische Meteoreisen.
Zeigen Schalen- oder Skelettbildung nach dem Oktaäder und
geben diesen Aufbau, zu dem verschiedene, mehr oder weniger nickel-
haltige Eisensorten (Balkeneisen [Kamaeit], Bandeisen [Taenit], Füll-
eisen [Plessit]) beitragen, durch Anätzen zu erkennen. Hierdurch ent-
stehen, bei der verschiedenen Angreifbarkeit jener Eisensorten durch
Säuren, die WınmanstÄtten schen Figuren.
Anhang: Grobkörnige Aggregate oktaödrischer Meteoreisen.
b. Hexaädrische Meteoreisen.
Zeigen durchgreifende, hexaödrische Spaltbarkeit, keine oktaö-
drische Schalenbildung und geben beim Anätzen in vielen Fällen
durch die Neumanv’schen Linien eingelagerte Zwillingslamellen nach
dem Oktaöder zu erkennen.
ce. Dichte Meteoreisen.
In dieser Anordnung trennen sich bei den Meteorsteinen, nach
Gustav Rose’s und Quexssteor's' Vorgang, wenn auch nicht mehr dem
Namen nach, so doch in der That, zunächst die »ungewöhnlichen«
Meteorsteine von den »gewöhnlichen« oder Chondriten. Bei ersteren
kommen in den Gruppen a—f wesentlich Gesteine ausserirdischen
Ursprungs in Frage, die, soweit dies überhaupt erlaubt und angängig
! Pocgenp. Annalen 1825, B. 4, S. 173; Quenstepr, Lehrb. d. Mineralogie 1855,
S. 496/497:
Kreis: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität. 847
erscheint,' mit den irdischen Augitandesiten und ihren Sonderbildungen
dem Mineralbestand nach verglichen werden können; die Gruppen
g&—i bestehen aus Olivingesteinen, die zum "Theil augithaltig und in
der letzten Gruppe kohle- und diamantführend sind..
Die Chondrite sind feldspatharmen Basalten zu vergleichen; einst-
weilen sind sie nicht weiter geschieden worden; als Anhang erscheinen
die kohligen Chondrite. — Die Anordnung der bis hierher betrachteten
Meteorsteine ist nach der Fallzeit erfolgt.
Bei den darauf folgenden Mesosideriten, Pallasiten und eigent-
lichen Eisen folgt die Eintheilung im Wesentlichen der seither ge-
bräuchlichen. Die Anordnung ist hier nach dem Jahre des Fundes,
bez. wissenschaftlichen Bekanntwerdens erfolgt. Wie man bemerken
wird, sind weder die Meteorsteine, noch die Meteoreisen innerhalb der
betreffenden Gruppen näher gegliedert worden.
Es kann diese später jedenfalls vorzunehmende Arbeit erst er-
folgen, wenn es gelungen ist, unsere Sammlung, die noch erhebliche
Lücken aufweist, in zweckentsprechender Weise zu vervollständigen.
Aus diesem Grunde beansprucht auch der nachfolgende Katalog nur
den Werth einer Arbeit, die es ermöglichen soll, nun zu den eigent-
lichen Untersuchungen überzugehen, die aber ihrerseits ohne eine
solehe Grundlage nicht auszuführen sein würden.
I Wegen solcher Vergleiche siehe schon G. Rose. Beschreibung und Eintheilung
der Meteoriten. Abh. d. Berl. Akademie 1863, S. 145, sowie bezüglich ähnlicher Mit-
theilungen, auch noch früher, Possenp. Annalen 1825, B. 4, S. 185:
lie
S48 Gesammtsitzung vom 24. October.
Die Meteoriten-Sammlung
der Königlichen Friedrich -Wilhelms-Universität
zu Berlin am 15. October 1889.
Fallzeit Gewicht!
Ir Er re NS £ 'allor - —
Nr. D: ra 2 d. Haupt-| im
BLuL stücks Ganzen
I. Meteorsteine.
1. Eisenarme Meteorsteine ohne runde
Chondren.
a. Eukrite.
1.[ 1808, >22. Mai’| Stannern,. Iolau,, Mähren... 22... 449 |1391.5
2 | 1819| ı3. Juni | Saintonge, Jonzac, Frankreich ....... 2 2
3 [1821 | ı5. Juni | Juvinas, Ardeche, Frankreich........ 568 1012
b. Shergottit.
ec. Howardite.
4 11803 | 13. Dec. | Sanct Nicolas, Mässing, Bayern...... 22.5 22.5
5 [1813 | ı3. Dec. | Luotolaks, Wiborg, Finnland ........ 4 5
6 | 1823 | 7. Aug. | Nobleborough, Lincoln Co., Maine,
N. America are ee ei 0.5 0.5
7. 11827 | 5. Oct. | Jasly, Bialystock, Russland ......... 2 79
8 | 1855 | 5..Aug. | Petersburg, Lincoln Co., Tennessee,
IN} America: „sa Se 6
d., Bustit.
| e. Angrit.
9 |1869, Januar | Angra dos Reis, Rio de Janeiro, Brasilien 2 2
! Das Gewicht ist in Grammen angegeben. Gewichte unter 0.58" sind nicht angeführt.
SED
on Su >
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oO 0
Fallzeit
Krein: Meteoriten - Sammlung der Berliner Universität.
Jahr
1843
1843
1850
1870
1815
1886
Datum
Ballort
f. Chladnite.
25. März | Bishopville, S. Carolina, N. America
29. Juni | Manegaon, Eidulabad, Ostindien......
30. Nov. | Shalka, Bancoorah, Ostindien ........
17. Juni | Ibbenbühren, Prov. Westphalen ......
g. Chassignit.
3. Oct. | Chassigny, Haute Marne, Frankreich ..
h. Rodite.
; i.. Ureilit.
22. Sept. | Nowo-Urei, Krasnoslobodsk, Pensa,
kuussland 5: aan ee ae ers:
2. Eisenhaltige Meteorsteine mit
Chondren.
Chondrite.
To" Noyz HEnsisheim, Ober-ERlsasse seen
ıı. April | Schellin, Garz, Stargard, Prov. Pommern
3. Juli | Krawin b. Plan, Tabor, Böhmen.....
7-4Sept. | Buponnas, An, Frankreich. ....2....
Mitte Juli] Albareto, Modena, Italien. ...........
13.tSepts Hkuces"Sarthe,r Rrankreich „u... 2... 0.2.
20. Nov. | Mauerkirchen, Ober-Oesterreich ......
17. Nov. | Sena, Sigena, Aragonien, Spanien ....
19. Febr. | Wittmess, Eichstädt, Bayern ........
13. Oct. | Jigalowka, Bobrik, Charkow, Russland
24. Juli | Barbotan, Landes, Frankreich........
16. Juni | Siena, Lucignano d’Asso, Toscana, Italien
. Dec. | Wold Cottage, Yorkshire, England ...
M Jan. | Bjelaja Zerkow, Ukraine, Kiew, Russland
oder | Salles, Villefranche, Rhöne, Frankreich
März
. Dec. | Benares, Krakhut, Ostindien..........
April | Laigle, Normandie, l’Orne, Frankreich
Gewicht
d. Haupt- im
stücks
849
79
1946.5
13
850 Gesammtsitzung vom 24. October.
Gewicht
Nr. Fallort :
Be d. Haupt- im
stücks Ganzen
33 | 1803 | 8. Oet. | Saurette, Apt, Vaucluse, Frankreich... a 1
34 | ı804 | Gefunden | Darmstadt, Hessen....:............ I I
35 [1804 | 5. April | High Possil, Glasgow, Schottland .... 0.5 0.5
36 | 1804 | 24. Nov. | Hacienda de Bocas, S. Luis Potosi,
Mexico}. 2: 2 Ws: I er N 2 2
37 | 1805 | 6. April | Doroninsk, Irkutsk, Sibirien......... 52 52.5
3821.7805 |Noyember|' Aseo, Gorsikar ...... we 2. 2 6.5 6.5
39 | 1807 | 25. März | Timoschin, Juchnow, Smolensk, Russland | 218 416
40 | 1807 | 14. Dec. | Weston, Fairfield Co., Connecticut,
N. Ameripa... ee ae 17-5 29
41 | 1808 | 19. April| Borgo San Donino, Cusignano, Parma,
Italten 3224-2 SE 15 15
42 | 1808| 3. Sept. | Lissa, Bunzlau, Böhmen ............. 622 | 7
43 | 1808 |Gefunden| Mooradabad, Delhi, Ostindien........ 1.5 1.5
44 | 1810| August | Mooresfort, Tipperary, Irland ........ 38.5, 12385
45 | 1810| 23. Nov. | Charsonville, Loiret, Frankreich ...... 36 41.5
46 | 1811 | ı2. März | Kuleschowka, Gouv. Poltawa, Russland | 3.5 3.5
47 |18ı1 | 8. Juli | Berlanguillas, Burgos, Castilien, Spanien | 31 38
48 | 1812 | 10. April | Toulouse, Haute Garonne, Frankreich . 29 29
49 [1812 | ı5. April| Erxleben, Magdeburg, Prov. Sachsen... | 56.5! 130.5
50 | 1812 | 5. Aug. | Chantonnay, Vendee, Frankreich ..... 217 286
51 | 1813 | 10. Sept.|iLimeriek, Adare, Irland .......2. 2.2.2. 3 3-5
2 | 1814 | 15. Febr. | Alexejewka, Bachmut, Ekaterinoslav,
Russland sek JRR BAHT 62 99.5
53 [1814| 5. Sept. | Agen, Lot et Garonne, Frankreich.... 18 18
54 | 1815 | ı8. Febr. | Durala, Umbala, Delhi, Ostindien .... | 30.5 | 30.5
55 [1818| 10. April | Zaborzika, Volhynien, Russland ...... 44 53-5
56 | 1818 Juni Seres, Macenonien, "Türkei. .n 2... 32.5 48
57 | 1818| ro. Aug. | Slobodka, Smolensk, Russland ....... 124 127
58 | 181g |. 13. Det! | Polita,. Gera, Thüringen... «=... 697 aa
59 [1820| 12. Juli | Lasdany, Lixna, Witebsk, Russland... 34 65.5
60 [1822 | ı3. Sept. | La Baffe, Epinal, Vogesen, Frankreich 10 10
61' | 1822.) 30. Nov. | Allahabad, Futtehpore, Ostindien...... (OaarR 6
62 |1824| ı5. Jan. | Renazzo, Ferrara, Italien. .........:-» 2.5 2.5
63 [1825 | 10. Febr. | Nanjemoy, Charles Co., Maryland, N. Ame-
TICa. ee ER 33 33
64 | 1825 | 15. Sept. | Honolulu, Owahu, Sandwieh-Inseln.... 64 64
65 | 1827 | 16. Febr. | Mhow, Azim Gur, Östindien.......... I 1
Krein: Meteoriten- Sammlung der Berliner Universität. s51
Fallzeit Gewicht
Fallort re ng
d. Haupt- | im
Datum Ri ei
stücks Ganzen
4. Juni | Richmond, Henrieo Co., Virginia, N. Ame-
| Da ER To A felejner Bar 16 7
67 |1829,| 8. Mai | Forsyth, Monroe Co., Georgia, N. America ES NONE
68 | 1829 | 14. Aug. | Deal, Longbranch, New Jersey, N. America | — | —
69 | 1829 | 9. Sept. | Krasnoj-Ugol, Räsan, Russland ...... 61 62
70 [1831| ı$. Mai | Vouille, Poitiers, Vienne, Frankreich . 56 725
71 [1831| 9. Sept. | Znorow, Wessely, Mähren .......... 3.5 325
72 | 1833 | 25. Nov. | Blansko, Brünn, Mähren............ 26.5 26.5
73, 1183 S. Jan. | Okniny, Volhynien, Russland ........ 65 65
74 | 183 ı2. Juni | Charwallas, Hissar, Delhi, Ostindien .. 0.5 0.5
75.| 1836| ı1. Nov. | Macao, Rio Assu, Brasilien.........- 37 37
76 | 1838 ı8. April| Akburpoor, Saharanpoor, Ostindien ... 9.5 9.5
77 |1838, 6. Juni | Chandakapoor, Beraar, Ostindien ..... 0.5 0.5
78 | 1838 Simbirsk, Russland (Partsch) ........ 7-5 7:5
79 | 1839 | 13. Febr. | Pine Bluff, Little Piney, Missouri, N. Ame-
EICHE ehe EEE EN AS. 13.5 I
80 | 1841 | 22. März | Grüneberg, Prov. Schlesien .......... 712 757-5
81 | 1841 | ı2. Juni | Chäteau Renard, Loiret, Frankreich... 263 448
82 | 1842 | 26. April| Pusinsko Selo, Milena, Croatien...... 9.5 9.5
83 [| 1843 | 16. Sept. | Klein Wenden, Erfurt, Prov. Sachsen . | 2366 | 2508.;
84 | 1844 | Januar | Cerro Cosima, Dolores Hidalgo, Mexico 20 24
85 | 1847 | 25. Febr.
86 [1848| 20. Mai
711849 | 31. Oct:
Hartford, Linn Co., Jowa, N. America | 295 348.5
Castine, Hancock Co., Maine, N. America 0.5 o
Monroe, Cabarras Co., N. Carolina, N.
Ayaarlea) Hahn el Are 103.5 | 132
88 [| 1850 | Gefunden | Mainz, Hessen-Darmstadt ........... 2 2
89 [1851 | 17. Apr. | Gütersloh, Minden, Prov. Westphalen . | 839 | 878.5
90 | ı852 | 23. Jan. | Yatoor, Nellore, Madras, Ostindien ... 92 92
91 | 1852 | 4. Sept. | Fekete, Mezö-Madaräsz, Siebenbürgen . | 2688 | 2772
2418531204 Rebr. | Girgenti,, Sieihen „en 2... lau. eyn.ne 465 | 489.5
93 | 1853 | 6. März | Segowlee, Chumparun, Ostindien ..... 6 6
94 | 1854| 5. Sept. | Linum, Fehrbellin, Prov. Brandenburg. | 1730 | 1730
95.118505) ın. Mai I/Kaande, Oesel,ıkavlandunn sun, sun DATE, | DIA,
96 | 1855 | ı3. Mai | Gnarrenburg, Bremervörde, Prov. Han-
- HONIERAR STIER Ar sn 281 281
97 | 1856| ı2. Nov. | Trenzano, Brescia, Italien........... 6.5 6.5
98 | 1857 | 28. Febr.| Parnallee, Madura, Ostindien ........ 416 | 423.5
99 | 1857 | 24. März | Stauropol, Kaukasus, Russland....... 77-5 93-5
852
Jahr
1858
1859
1858
1859
860
ı 8650
ı860
1860
1861
1861
1861
1862
1863
863
863
564
Fee
864
1866
1868
1868
1869
1869
1869
1869
1871
1872
1872
1872
1874
Fallzeit
Datum
). Mai
9. Dee.
Dar Dec,
28. März
2. Febr.
28. März
ı. Mai
14. Juli
ı2. Mai
14. Mai
28. Juni
. Oct.
. Juni
8. Aug.
7. Dee.
ı2. Apr.
26. Juni
9. Juni
30. Jan.
ı1. Juli
1. Jan.
5. Mai
22. Mai
19. Sept.
10. Dee.
28. Juni
31. Aug.
Gefunden
ı4. Mai
Gesammtsitzung vom 24. October.
Gewicht
Fallort :
d. Haupt- im
stücks Ganzen
Heredia, Costa Riea, Uentralamerica...
Veresegyhaza, Ohaba, Blasendorf, Ungarn 0.5 0.5
Quenggouk, Pegu, Hinterindien ...... 14 17
Kakowa, Temeser Banat, Ungarn..... SH EEN
Aussun, Montrejeau, Haute Garonne,
Hrähkreicht? 1.10 HANSER Ra 480 | 546.5
Molina ,ı Muteia, 5Spanien 2a 1 ar 39 79
Harrison Co., Indiana, N. America.... | 19.5 19.5
Alessandria, San Giuliano veechio, Pie-
TNON USER En nkeslefettehe .... I I
Kheragur, Agra, Ostindien .......... 4-5 4-5
New Coneord, Museingum Co., Ohio,
N America u re Er laheh 13455 | 13845
Dhurmsala, Kangra, Ostindien ....... 180 201
Butsura, Goruckpur, Ostindien ....... 86.5 90
Canellas, Villa nova, Barcelona, Spanien | 7.5 8
Mikenskoi, Grosnaja, RKaukasus....... 20.5 | 57-5
Menow, Alt-Strelitz, Mecklenburg .... | 483.5 | 498
Scheikahr Stattan, Buschhof, Gurland . 75 75
Aukoma, Pillistfer, Livland.......... 18 20
Tourinnes la Grosse, 'Tirlemont, Belgien | 252.5 | 477-5
Nerit, KCHTlANURS ee ann 3 51 51
Dolgowoli, Volhynien, Russland...... 10 10
Knyahinya, Unghvär, Ungarmn........ 1333 | 1411.5
Pultusk, Sielee Nowy, Polen ........ 8070 \10649.5
Ornans, Salins, Doubs, Frankreich.... — —
Hessle, Upsala, Schweden........... 39 66
Krähenberg, Zweibrücken, Bayern .... 5 5.5
Kernouve, Ülegueree, Bretagne, Frank-
TEICHE EEE RES NER 520 520
Tjabe, Pandangan, Java............ 0.5 0.5
Bandong, Goemoroeh, Preanger, Java. 1.5 1.5
Sikkensaare, Tennasilm, Esthland .... 14 30
Orvaniombeiskomss ältenkeer anne 38.5 | 38.5
Waeonda, Mitchell Co., Kansas, N. Ame-
EI LTR 0 EEE ER 14 14
Castalia, Nash Co., N. Carolina, N. Ame-
LE 0 9 Re re [1 I
Nr.
"rk
os
os
© US 03 03
Hu
1
Krein: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität.
Fallzeit
Jahr Datum
1875 |, ı2. Febr.
1877| 13. Oct
1878| 15. Juli
1879| 17. Mai
1880 , ı8. Febr.
1882
1983
1884
1884
1885
1886
1886
1887
1888
1806
1838
1857
1864
1879
3. Rebr.
16. Febr.
19. März
20. Mai
6. April
27. Jan.
24. Mai
30. Aug.
Be-
schrieben
15. März
137, 0ct.
15. April
14. Mai
1. Aug.
Fallort
Homestead, Amana, Sherlock, Jowa,
NerANT era See een
Sarbanovac, Sokobanja, Alexinatz, Serbien
Mieschitzwbrerausa@Mährene ses e.sa.
Gnadenfrei, Prov. Schlesien..........
Toke uchi mura, Yofugori, Tamba, Japan
Möcs (Vajda-Kamaräs), Siebenbürgen. .
» (Bare) »
» (Palatka) »
» (Gyulatelke) »
» (Visa) »
Alfianello, Brescia, Italien...........
Diatı- Benpılon,. Java... rerss.rt.,.
Tysnes, Hardangerfjord, Norwegen
Chandpur, Mainpuri, Nordwestprovinzen
VONRÖSUNAIENT
Nammianthal, South Arcot, Madras,
Ostundiensee. che ehe
‚Assisi, Berugia, Italien 222. 200.
Ochansk a.d. Kama, Gouv. Perm, Russland
Fayette Co., Colorado River, Texas,
NRAmenca er
Anhang.
Eisenführende Meteorsteine mit Chon-
dren und Kohlegehalt.
Kohlige Chondrite.
Alais, Gard, Frankreich”. ...... er
Gold Bokkeveld, Capland, Südafrica
Kaba, Debreezäing Ungam!’......-...
Orgueil, Tarn et Garonne, Frankreich .
Nagaya, Entre Rios, Argentina ......
Gewicht
855
im
Ganzen
854 Gesammtsitzung vom 24. October.
Fallzeit
Gewicht
Nr. Ballort -
1 d. Haupt- im
Jahı Datum en .
stücks Ganzen
II. Mesosiderite.
Übergänge von den Meteorsteinen
zu den Meteoreisen.
#8 Ar Juli | Barea, Togrono, Spanien er en. 10 10
2 | 1856 | Gefunden| Hainholz, Paderborn, Prov. Westphalen | 215 | 456.5
32.117862 'Gefunden| Sierra de Chaco, Atacama, S. America | 398 453
4 [1879| ı0. Mai | Estherville, Emmet Co., Jowa, N. America | 30 53
5 Gefunden| Rockwood, Cumberland Co., Tennessee,
N. Americas N I 40 40
Anhang.
Lodranit.
Gewicht
Nr. Fundort
d. Haupt- im
stücks Ganzen
III. Meteoreisen mit Silicaten. |
Pallasite.
a. Olivin-Pallasite.
ı [1749| Medwedewa, Krasnojarsk, Jeniseisk, Sibirien (Pallas-
EISEN)... Pa RE N ee ee 887 | 2989
1800| Imilae, Atacama,- S> America m er... derer 3010 | 3793
3 | 1802| Albacher Mühle, Bitburg, Niederrhein
a), Nichtversehrtti een en AR 10 10
h), Umgeschmolzenn Mar Te 757 | 2599-5
4 | 1810| Rockicky, Brahin, Minsk, Russländ........... 254. | 37325
5 [1859| Port Oxford, Rogue River Mountains, Oregon,
N, Ameriean.s ar one — —
6 [1880| Eagle Station, Currol Co., Kentucky, N. America | 148 148
7 11885 | Pavlodar, Semipalatinsk, Asiat. Russland....... 27 | 27
®. Bronzit-Pallasite.
8..| 275 81 Steinbach, Sachsen... ... "RR. a re Kurab a ers
1847 | Steinbach, Sachsen (Rittersgrün).............. 3682 | 4247-5
1861 | Steinbach, Sachsen (Breitenbach, Böhmen) ..... TITAN.S TS
r . . vr. eo YimıE
Krem: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität. 855
Gewieht
Fundort —
d. Haupt- im
stücks Ganzen
IV. Meteoreisen.
a. Ohktaödrische Meteoreisen.
Be untı4ooj|Filbogen „Böhmen? 21. er sets aa Sara 165 193
ı600| ? Bekannt. La Caille, Grasse, Var, Frankreich . 94 102.5
3 | 1751| Gefallen am 26. Mai. Hraschina, Agram, Croatien | 10.5 | 27.5
4310784, | Bemdego, "Bahia, Brasiliems: - 4.2.2. -.2=... Weed 33211 ,8A5
5,1784 1 Sierra blanea, Durango, Mexico, :..„.u2.2r.2:: 141 147-5
O8 177784 X 9uıpılco, „Roluea, Messen. ne ee etrete 32965 | 50431
7. | 1804 | Bekannt. Misteca, Oaxaca, Mexico ........... 2280
8 | 1804 | Rancho de la Pila, Durango, Mexico.......... 544 782
9 | 1808| Cross Timbers, Red River, Texas, N. America... 106 106
Bor 780 | Sta.ckpsa, ülunga, Gelombia. z.B ssss sr ne: 499 211.,473:5
Be BrA 1 enarto,,Sarpser Qom.,, Ungarn) 1... 4 - ze 249.5 | 441
ı2 | 1818| Cambria, Lockport. New York, N. America..... 193 | 240.5
13 [vorıSıg| Burlington, Otsego Co., New York, N. America . 104 118.5
74217820, Guiltard Bo... N. Garolma, N2-America,...,...., 0.5 0.5
25211829, Bohumilitz, Prachin,. Böhmen... „..2.2....2...r. 132/035 0972
ı6 | 1835 | Black Mountain, Buncombe Co., N. Carolina, N. Ame-
ne EIN 32H 17 3355
17 1 1836| Bekannt. Wichita Co., Brazos, Texas, N. America 10 Lo
ı8 | 1839| Bekannt. Baird’s Farm, Asheville, N. Carolina,
NEAMerea ee see en 6 23
29411839,0,Putinam! Go., Georgia) N. Ameriea, >. 1.4 0.04%. DANS 2405
20 | 1840| Beschrieben. Cosby’s Creek (Cocke Co., Sevier Co.,
Hlennessee)... N. America, 2 ern alas starte 198 323
Cosby’s Creek (Jenny’s Creek, Wayne Co., W. Vir-
ginia), IN.) Ametiean Gefunden 1883 .. 2,2242. 5 5
2ı | 1840| Coney Fork, Carthago, Smith Co., Tennessee,
NeAmeriea ae lese 771.5 | 804.5
22 | 1840| Caryfort, De Calb Co., "Tennessee, N. America .. 25, 2u5
23011840] Masura, Szlanieza, Arva) Ungam...2..2...... 265 1276
DA NSA 03] Netschaevor Ralar Russlands .n seen... 382 562
DS SAnSeeläsgenBroy. Brandenburger 2 ........2.2... 1635 | 4320.5
26 | 1850| Beschrieben. Ruff’s Mountain, Lexington Co., |
SB Carolina, IN.MAmerlean N N 142 275
27 | 1850| Seneca Falls, Seneca River, New York, N. America 07 17
856 Gesammtsitzung vom 24. October.
Gewicht
Jahr Fundort :
d. Haupt- im
stücks Ganzen
28 | 1850 | Schwetz, Rgbz. Marienwerder, Prov. West-Preussen | 5006 |10178.5
29 | 1853 | Bekannt. Löwenfluss, Gr. Namaqualand, S. Afriea | 60 60
30 [1853 | Knoxville, Tazewell, Tennessee, N. America .... | 609 722
31 [1854 | Cranbourne, Melbourne, Victoria, Australien.... 236 279
32 [1854| Bekannt. Jewell Hill, Madison Co., N. Carolina,
IN: Americatt 08. 2 NE 101 101
337] 18541 Madoc, Ob. Canada; N. Amerear. ee. re 29 29
34 | 1854| Werchne Udinsk, Niro, Witim, Sibirien....... 569 569
35 | 1854| Sarepta, Saratow,.. Russland. . .ummar. .„.e 1860 | 1962
36 | 1856| Bekannt. Denton Co., Texas, N. America ..... 11 DT
37 | 1856| Bekannt. Orange River (Garib); S. Africa...... 28.517.285
38 | 1856| Beschrieben. Marshall Co., Kentucky, N. America | 72.5 | 72.5
39 | 1856| Fort Pierre, Nebrasca, Missouri, N. America.... 12.5 1247,
40 | 1858| Bekannt. Wooster, Wayne Co., Ohio, N. America I I
41 | 1858| Staunton, Augusta Co., Virginia, N. America ... | 1470.5| 1475-5
42 | ı858 | Trenton, Milwaukee, Wisconsin, N. America.... | 1398 | 1420
43 | 1860 | Lagrange, Oldham Co., Kentucky, N. America .. 592 1013
44 | 1860 | Bekannt. Üoopertown, Robertson Co., Tennessee,
N. Amen are al N Re ch een 172 172
45 | 1863 | Russel Guleh, Gilpin Co., Colorado, N. Ameriea. | 502 502
46 | ı866 | Bear Creek, Denver Co., Colorado, N. America... 44 76
47 | ı877 | Dalton, Whitfield Co., Georgia, N. America.... | 30.5 | 30.5
48 [1884 | Elmo, Independence Co., Arkansas, N. America . 28 28
49 | 1884 | Glorieta Mountain b. Canoncito, Sta. Fe Co.,
N.Mexieo, NerAmericaeee rei 9615 | 9868
50 [1889 | La Bella Roca, Sierra de San Franeiseo, Santiago,
Papasquiaro, Durango, Mexico". .. u. ne 38.5 38.5
Nach Fundort nicht genügend bestimmt.
51 | 1863 | Beschrieben. Tennessee, N. America? ......... 3
No)
39
! Stimmt in den Ätzfiguren mit Rancho de la Pila, gefunden 1804; ist vielleicht mit demselben
identisch.
®2 EurengerG hat dieses Meteoreisen 1860 ohne nähere Angabe des Fundorts als aus Tennessee
von Hrn. ©. T. Apae in Cineinnati erhalten. Verel. G. Rose. Beschreibung und Eintheilung d.
Meteoriten. Abhandl. d. Königl. Akademie d. Wissenschaften z. Berlin 1863, S. 58.
1840
1847
1847
1850
1850
1863
1867
1969
1971
1887
1763
1783
1810
1827
1832
Kreiın: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität.
Fundort
Anhang.
Grobkörnige Aggregate oktacdrıischer Meteoreisen.
Bekannt. Zacatecas, Mexico
Union Co., Georgia, N. America
Nelson Co., Kentucky, N. America
Copiapo, Sierra di Deesa, Chile
b. Hexaödrische Meteoreisen.
Caplander Sudamıeass ls es east
Babb’s Mill, Green Üo., "Tennessee, N. America .
Lime Creek, Claiborne, Alabama, N. America...
Gefallen Herbst? Coahuila, Mexico (Santa Rosa,
SEM OS) er Re a ee
Gefallen Herbst? Coahuila, Mexico (Santa Rosa) .
Gefallen Herbst? Coahuila, Mexico (Bolson de Ma-
DR) 2.0.0 #0 00 8.0.3 un cd van 8.0 vn. naar we
Gefallen Herbst? Coahuila, Mexico (Fort Duncan,
Maverick Co., Texas. Gefunden ı882) ......
Smithland, Livingstone Co., Kentucky, N. America
Gefallen am 14. Juli. Braunau, Böhmen .......
Chesterville, Chester Co., S. Carolina, N. America
Beschrieben. Saltriver, Kentucky, N. America...
Beschrieben. Pittsburg, Alleghany Co., Pennsyl-
Vanienk aNKBÄELICAF EL een ee
Dacotah, Indian Territory, N.. America ........
Auburn, Macon Co., Alabama, N. America .....
Shingle Springs, Eldorado Co., California, N. America
Beschrieben. Iquique, Prov. Tarapaca, Peru ...
Seottsville, Allen Co., Kentucky, N. America ...
c. Dichte Meteoreisen.
Bekannt. Siratik, Senegal, Westafriea ........
Campo del Cielo, Otumpa, Tucuman, Argentina.
Rasgata, Tocayıta,, Colombia. 2... = :1..=: 2 u.a.
Newstead, Roxburghshire, Schottland .........
NValker26oweNabamase Nm America
Gewieht
d. Haupt-
stücks
| Ganzen
40} = .
858 Gesammtsitzung vom 24. October.
Gewicht
Fundort
d. Haupt- im
stücks Ganzen
1834 | Seriba, Oswego Co., New York, N. America | 42 42
ı840| Tarapaca, Hemalga, Chile 96.5 119
ı850 | Carleton Tueson, Arizona, N. America. 2 27
ı869 | Tueson Ainsa, Sonora, Mexico 2 2
Nach vorstehender Zusammenstellung besitzt unsere Sammlung
zur Zeit 241 Localitäten. Vergleicht man diesen Bestand mit dem
früheren von 217, so ergibt sich seit 1887 eine Vermehrung um
24 neue Fall- und Fundorte.
Die Zahl von 217 gegen 225 Localitäten (vergl. S. 836) wird
aber zunächst dadurch erhalten, dass im Vergleich mit G. Rose’s
Katalog und den handschriftlichen Nachträgen dazu:
ı. Der Mesosiderit von Niakornak = Disko Eiland als tellurisch
ausgeschieden ist.
2. Bei den Mesosideriten von Atacama zwei Fundorte ver-
einigt sind.
3. Bei den Bronzit-Pallasiten von Steinbach, Rittersgrün und
Breitenbach eine Vereinigung zu einem Fundorte stattgefunden hat.
4. Bei den Meteoreisen von Coahuila drei Fundpunkte (dureh
das in diesem Catalog hinzutretende Fort Duncan deren vier) als’ eine
Loealität erscheinen.
5. Bei den Meteoreisen von Gocke Co. und Sevier Co. nur ein
Fundpunkt geführt wird.
6. Die zwei verschiedenen Toluca-Eisen als zusammengehörig
angenommen werden.
Was die seit 1887 neu hinzugetretenen 24 Localitäten anlangt,
so gibt über dieselben nachstehende Liste Aufschluss; aus derselben
ist auch ersichtlich, welche Vermehrung an Gewicht die Sammlung
durch diese Stücke und solche Exemplare erfahren hat, deren Fund-
orte schon vor 1887 vertreten waren.
Kreın: Meteoriten - Sammlung der Berliner Universität.
859
"Namen Gewicht
in gr.
I. Meteorsteine.
Angrit.
Anora dos Reis....... 2
Ureilit.
SNOWOAÜTELN I nr 4
Chondrite.
GITReniln ya ey: 465
Bultnslenn. 30 7. 28.5
abe, Java. zen ee O2
Bandong,,Java....... 1.5
OLE een 38.5
lastalran. ar za sen. it
Homestead, ..... 1... 38
Sokobanjan ur... - 70.5
ieschntz. Seen 5
Aluanello‘.......2. za: .« 12590
Djatı-Pengilon:......r 480
Slysnes. 2. Bee 12
2Gbandpur ..- :...%... 3.5
@Nammianthal...... 2. 2. 13
WÄNSSIST CR = Br DIE
* bedeutet: Vor 1887 in deı
Im Ganzen besitzen wir jetzt:
Namen
:Ochanskk San. ee.
SRayette, Ol...
II. Mesosiderite.
III. Meteoreisen mit
Silieaten.
Pallasite.
“Eagle Station
*Pavlodar
IV. Meteoreisen.
*Dalton
Jenny’s Creek ®
*Elmo
*La Bella Roca
Fort Duncan *
*Shingle Springs
"Seottsville, Allen Co...
» Sammlung nicht vertreten.
ı. 150 Fall- und Fundorte von Meteorsteinen mit
Ag 5 » » »
3 . 8 » » »
4.7 8 » » »
Zusammen 241 Fall- und Fundorte von Meteoriten
Gewieht
er
in gr.
55
50
5 u
en
Gewicht
70970
» Mesosideriten » MOSEL
» Pallasiten Hl
» Meteoreisen » 174520.58
mit 200836”
! Geschenk des Hrn. G. Wessky zu Jeschütz in Schlesien.
® Geschenk der K. Niederländischen Regierung.
® Ist nach Hunrınsron mit Cocke Co. zu vereinigen.
Seience (3) XXXII. Febr. 1887. p.ı15 — 118.
* Ist nach Hunrıngron mit Coahuila
zusammenzufassen.
Vergl. Am. Journ. of
Verel. Am. Journ. of
Seience (3) NXXIN. Febr. 1887 p. 115 —ı13. — Übrigens siehe wegen dieses Eisens
auch Brezına, Ann. d. K. K. naturh. Hofmuseums 1886. Nr. 3. 25— 26.
860 Gesammtsitzung vom 24. October.
Hiervon kommen auf die neuen Erwerbungen seit 1887:
Gewicht
I. 15 neue : F i
; Urndarte von Meteorsteinen mit 13891.5°
4 vorhandene \ 2
2. 2 neue » » Mesosideriten » 938
3. Kane » » Pallasiten » 1758
5, male } R
| » » Meteoreisen » 814.58
2 vorhandene | b
Zusammen 24 neue
6 vorhandene
In neuester Zeit hat die Sammlung nun noch eine weitere erhebliche
| Fundorte von Meteoriten mit 14974°
Vermehrung in Aussicht, die ganz wesentlich das Gewicht derselben,
dagegen nicht die Anzahl der Fall- und Fundorte bereichern wird.
Durch die hochherzige Schenkung der Frau Crara Runprr auf Schloss
Aprath bei Elberfeld ist nicht nur die werthvolle Mineralien-Sammlung
ihres verstorbenen Gemahls, die vormals Erzherzog Sternan’sche Samm-
lung auf Schloss Schaumburg a. d. Lahn, der Sammlung der Univer-
sität zugeführt worden und werden deren Stücke dort als der Erz-
herzog Steruan-Runprr' schen Sammlung entstammend geführt werden,
sondern es sind auch die in dieser Sammlung vorhanden gewesenen
Meteoriten unserer Meteoriten-Sammlung zugedacht und werden der-
selben einverleibt werden. b
Die nachstehende Tabelle zeigt, von welchen Fundorten die Meteo-
riten der Erzherzog Sternan-Rumprr’schen Sammlung, deren in der
Literatur (vergl. Bucnxer, die Meteoriten in Sammlungen, 1863, S.X
der Vorrede und auf vielen folgenden Seiten) gedacht wird, nach den
älteren Nachweisen sein sollen nnd woher sie wirklich stammen.
Ebenso giebt die Tabelle an, welches Gewicht durch diese Meteoriten
der Sammlung der Universität zugeführt wird und wie sich bei den
betreffenden Fundorten Gewicht des Hauptstücks und Gewicht im
Ganzen stellen werden.
Name und Fundort 4 nebenstehender Stücke zur
S - Ge- Name und Fundort Meteoriten-Sammlung
der Universität erreichte
Gewieht beträgt:
nach dem Katalog der RE =,
f Fade) nach der definitiven Feststellung
Erzherzog Srernan - Rumrrr’schen SO ur je : ! |
ö > S | wicht | in der mineralogischen Sammlung
ammlung ER
ee Sa zu Berlin R Re:
auf Schloss Schaumburg f.d. Hauptstück), im Ganzen
in gr. ” gr.
I. Meteorsteine.
Stannerner ee. AORSe (Stannernme ee
"Timosehin .oı0. 2.2.0 2: AR IStamnerne gr se = 1496-5
Timoschn: ner Bi 4 NISTAnETT AT er \
Kreis: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität.
861
Name und Fundort |
Das durch Zuführung
nehenstehender Stücke zur
Meteoriten- Sammlung
Name und Fundort
r ıe-
erh nach u a Sn ' | nach der definitiven Feststellung der Universität erreichte
Eirzhexzog Sr UMPFESEHEN | wicht | in der mineralögischen Sammlung Gewicht beträgt:
Sammlung | Bin ‘ — ze —
auf Schloss Schaumburg | ; f.d.Hauptstück| im Ganzen
in gr. er. | er.
Basler en. spe 9-5 _— 1930
Irkunsks ae et teen | 24 — 1025
*“Smolensk, näher Slobod- Timoschin, Smolensk,
ka. Gefallen 13. März. Gefallen 13/25. März
BO EL NUN 1E RL a RE er _ 424
Charsonvillese men. | 9.5 [Charsonville .......... — 51
Chantonnay.......... RE Chanfomnaye ren: — 290.5
*Grüneberg....... a Slopodkanz.ı. Mn ar. } r
*Q Sr c )4- 90
PSTANNORIE len | AbArs |Slobodkar sein. naccne bene a
Mezö-Madarasz....... 205 |Mezö-Madaräsz........ - 2977
Tourinnes la Grosse... | 15.5 | Tourinnes la Grosse.... — 493
Knyatınyar.. .. 2... | 405.5 [|Knyahinya ........ et — 1817
II. Mesosiderite.
III. Meteoreisen mit Silicaten.
Rrasnoparse mern. ' 36 |Medwedewa (Krasnojarsk) |
.- F Far S — 2 I I Cie rs
*Wüste Atacama ...... 92.5 |Medwedewa (Krasnojarsk) |\ I
I
IV. Meteoreisen.
Bilbogen......... esse SORTE Doreen. en ec ee —— a I OR,
Tejupileo, Toluca, Mexieo| 4260 | Tejupilco, Toluca, Mexico | Si
- \ en 861
Fracatecas........ ee To u Wolucal» Mexico, ..2..%..; ı >24
Red river, Louisiana Cross Timbers, Red river;
Nexas) 2 ee. see 22.5 Re a er — 128.5
HeBakıd... ecke ne OIEENIBENSTLO Saar ae een — 532
Bohumilitz... . 2...... 335.1 Bohumiltz“ 2. 2... — 1405.5
Magura, Arya. ar 883081 Maouna, Arvya ........ 6220 10106
Beelasgen. x... u... : barswliSeelaseene ahnen. — 4385
Braubauf: versus Ba hBraunau. „eins scercse. — 1624
* Die mit * bezeichneten Stücke waren nach Fundort nicht richtig bestimmt.
! Beide Steine, vormals als Grüneberg und Stannern bezeichnet, sind entschieden nicht
von diesen Localitäten.
Nach einem Vergleich mit sämmtlichen Exemplaren der Sammlung sehen
sie, untereinander völlig gleich, den Chondriten von Timoschin und Slobodka am älhnlichsten
und noch mehr dem letzteren
als dem ersteren.
Auf Grund dieser Beobachtung wurde vorläufig
für beide als Localität Slobodka? angenommen.
Sitzungsberichte 1889.
78
362 Gesammtsitzung vom 24. October.
Durch die Erzherzog Sternan-Runrrr’sche Sammlung werden der
Sammlung der Universität zugeführt werden:
Meteorsteine 1276.5° Gewicht
Mesosiderite —
3. Pallasite 128.5. 00 >
4. Meteoreisen 13554-.5° »
Zusammen 14959.5° Gewicht.
Die Meteoriten-Sammlung der Königlichen Friedrich -Wilhelms-
Universität wird danach im Ganzen folgendes Gewicht aufweisen:
Meteorsteine 72246.5°
-
197
Mesosiderite 1012.5®
3. Pallasite 14455.5 ®°
er
4. Meteoreisen 128081
gr
Gesammtsumme 215795.5
Abgesehen von der Vermehrung der Sammlung durch Ankauf
einzelner Stücke aus den laufenden Mitteln des Museums oder durch
von Seiten des hohen Ministeriums in dankenswerther Weise mehrfach,
wie auch noch 1888, gewährte ausserordentliche Zuschüsse, ist die-
selbe wesentlich durch Geschenke und Tausch einzelner Stücke und
durch Geschenke und Ankäufe ganzer Suiten und Sammlungen ver-
mehrt worden.
Unter Bezugnahme auf die hier zu vergleichenden Bemerkungen
Rose’s (a. a. O. pag. 23 und 24) konnte aus den Akten folgendes
ermittelt werden.
Der Zuwachs an Meteoriten ist zu verdanken:
A. Bezüglich einzelner Steine den Geschenken:
Sr. Majestät des hochseligen Königs Frıeprıcn Wırnerm IV.
(Chondrit von Linum 1854), Ihrer Majestät der Kaiserin FrRıEeDrich,
vormals Königlichen Hoheit Kronprinzessin Vıcrorıa von Preussen
1863 (Chondrit von Klein - nom 862), Sr. Majestät des Kaisers
ALEXANDER I. von Russland ı803 (Olivm-Pallasit von Medwedewa
[Krasnojarsk]),
der nachfolgenden Herren und gelehrten Anstalten:
Asıcn (Tiflis), Apae (Cincinnati), Berzenivs (Stockholm), Brum
(Heidelberg), Bovsset, von Brrpow, Brrırmaurr (Freiberg in
Sachsen), BurkAarr (Bonn), Burmeister (Buenos Aires), Vıs-
COUNT ÜCANNING, Fürst GAROLATH, ÜHANDLER (New York), CLArK,
Donzyko (Santiago, Uhile), Dove (Berlin), Düsıne (Klein Menow),
Ernan (Berlin), von Gerorr (Washington), Gesellschaft natur-
forschender Freunde (Berlin), Gisson (Weston, Conn.), GREG
(Manchester), GrEwIınGK (Dorpat), Hiruıser (Iquique, Peru),
. S1 = = ee ».
Krein: Meteoriten-Sammlung der Berliner Universität. 363
Hınrıcns (Iowa), E. Hormann (Dorpat), Hontmanv (Gütersloh),
A. von Hunsorpr (Berlin), Jackson (Boston), Jov (New York),
von Lasaurx (Breslau), Abt Lichtenstein, NauX (Riga), Neu-
MAYER, K. Niederländische Regierung (Haag), Nösserartn (Bonn),
Osborne, Pestlı (Akademie der Wissenschaften), PnıLierr (San-
tiago, Chile), vom Raru (Bonn), G. Rose (Berlin), H. Rose
(Berlin), Abt Rorrer (Braunau), Scaccnı (Neapel), SCHEERER
(Wien), Suerarp (New Haven, Gonn.), SerLow (Berlin), SırLıman
(New Haven, Conn.), Skoropeckı (Wilna), Srruve, TuEnarn
(Paris), Troosr (Nashville), Ts. Wana (Tokio), Warschau (Uni-
versität), G. Wesky (Jeschütz, Schlesien), ©. S. Weıss (Berlin),
E. Weiss (Bonn), Wersıcn (Bromberg), WICcHELHAUS, ZEUSCHNER
(Warschau);
endlich dem Tauschverkehr mit folgenden Herren und sgelehrten
Anstalten:
a.
b.
Aurrgacn (Moskau), Baumsacn (Milwaukee), vav Brepa (Haar-
lem), Dausr£e (Paris), Eıcnwarn (Wilna), Gymnasium zu Gera,
Gres (Manchester), Grewinek (Dorpat), Koch (Klausenburg),
MAskELYSE (London), Neviır (London), NorDENSKIÖöLD (Stock-
holm), Baron von Reıcnengacn (Wien), Vıranova (Madrid),
Wien (K. K. Hofmineralienkabinet [Parrscn, Hörnes, Brezına]),
Wönter (Göttingen), ZırrE (Prag).
bezüglich ganzer Suiten, bez. Sammlungen.
Als Geschenke erhalten:
ı. Die Cntapst'sche Sammlung von Meteoriten 1827.
2. Die Erzherzog Srernan-Runrprr'sche Meteoriten-Sammlung
18809.
Angekauft:
ı. Die Meteoriten aus der Krarrorn’schen Sammlung 1817.
2. Die Meteoriten aus der Berrermann’schen Sammlung 1837.
Eine grössere Anzahl von Meteoriten aus den SHErARD-
Suıtu’schen Sammlungen, durch Verwilligung der König-
lichen Akademie der Wissenschaften 1862 und 1863.
4: Die Meteoriten aus der Tamsau’schen Sammlung.
19°)
5. Die Meteoriten aus der Ramnersgere’schen Sammlung 1879.
Wie aus vorstehender Zusammenstellung ersichtlich ist, verdankt
die Meteoriten-Sammlung hiesiger Universität den Schenkungen und
und Zuwendungen von vielen Seiten ihren jetzigen Bestand, und es
ist zu hoffen, dass das Interesse für dieselbe nicht nachlasse, sondern
stets ein reges bleiben werde. Bei der grossen Bedeutung der Meteo-
riten als Körper, die uns Kunde von der Beschaffenheit der Massen
im Weltraum bringen, in Anbetracht des Umstandes, dass in der
l
864 Gesammtsitzung vom 24. October.
hiesigen Sammlung die des berühmten Cnrapsı, des Vorkämpfers
für die richtige Erkenntniss dessen, was die Meteoriten vorstellen,
sich befindet, erscheint es mir als eine Ehrensache danach. zu streben, '
die Sammlung der Universität auf der Höhe zu erhalten, die sie zu
Gustav Rose’s Zeiten inne hatte, und die ihr nach ihrer ganzen Ver-
gangenheit gebührt. In diesem Bestreben hoffe ich des Beistandes
der hohen Königlichen Staatsregierung und der Königlichen Akademie
der Wissenschaften mich erfreuen zu dürfen.
! Im Jahre 1885 hatten Wien 358, London 350— 352, Paris etwa 300, Pesth (1886)
252, Göttingen (Wönrter'sche Sammlung) 225, Berlin 217, Tübingen (v. ReıicnenzAc#’sche
Sammlung) etwa 200 Localitäten. Von Wien ist seit 1885 kein neuer Catalog er-
schienen, London gibt 1888 die Zahl seiner Meteoriten auf 385 an, Paris 1889 auf
367; die hiesige Sammlung mit 241 Localitäten wird es also erreicht haben, jetzt
wenigstens in Deutschland die vollständigste zu sein.
Ausgegeben am 31. October.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckeres
865
18589.
ALM.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
31. October. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ülasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
1. Hr. Mösıus las die später in diesen Berichten mitzutheilende
Abhandlung: Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch.
2. Hr. Kronecker las: über eine summatorische Function.
Die Mittheilung folgt umstehend.
3. Der Vorsitzende überreichte den unten folgenden dritten
Absehnitt seiner neuen Untersuchungen über den Sonnendurch-
messer, nachdem dieser Abschnitt, dessen erste Hälfte bereits in
der Sitzung am ı4. Juni 1888 vorgelegt wurde, inzwischen durch
Ausdehnung auf die zweite Hälfte der Maskelyne’schen Beobachtungen,
1787
ı810, vervollständigt worden ist.
4. Hr. Krem legte zwei Mittheilungen des Hrn. Dr. F. Rınne,
Assistenten am Kgl. mineralogischen Institut hierselbst, vor: über
Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes, und über
Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. Die-
selben erscheinen später in diesen Berichten.
-1
Do
Sitzungsberichte 1889.
En;
.
7 „ı7
=
867
Uber eine summatorische Function.
Von L. Kronecker.
I: im Art. V meines Aufsatzes' Ȇber eine bei Anwendung
der partiellen Integration nützliche Formel« bin ich von der ein-
fachen Bemerkung ausgegangen, dass die Integralformel:
In aE h=n x
WR) [ae ()g(— a)da — | fg” (ade = % Jalf "aa" 2)
; Din
sich unmittelbar in eine »ganz allgemeine Summenformel« verwandelt,
wenn man für f(x) eine Function nimmt, deren n-te Ableitung f(x)
in dem ganzen Intervalle (x, , x,) endlich ist, für g(x) aber eine solche,
deren (n--ı)te Ableitung g”"”"(x) an einzelnen durch die Werthe:
= lag Deo, (Fo <L,... <a, _, <a)
bezeichneten Stellen des Intervalls (x,,.,) unstetig, dabei jedoch
durchweg endlich ist. Wenn nämlich die Funetion 9" (x) innerhalb
jedes einzelnen Intervalls:
(ae) (kE0, 1, 24..7 0),
in welchem sie stetig ist, zugleich Ableitungen g”’(x) mit endlichen
Werthen hat, so folgt aus jener Integralformel (\) in der That die
ganz allgemeine Summenformel:
k=r—ı
— fa) im ea) + I flo) lim [ea - ea]
Kt
(1) +Sa) lim ge re) = [ot ne [fg ade
hn
+ 3 We» (x,) geh (—x,) a (z,) ger (— 1)].
=»)
! Sitzungsberichte von 1885, Stück XXXVIII,
s68 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Bei der Anwendung, welche ich dann von dieser Summenformel
im art. VII des eitirten Aufsatzes auf den besonderen Fall gemacht
habe, wo je zwei der aufeinanderfolgenden Unstetigkeitsstellen x, , x,,
.%,_, gleich weit von einander abstehen, habe ich zugleich an-
genommen, dass «das Anfangsintervall (&,, x) und das Endintervall
(&,_,, %,) ebenso gross wie jedes der übrigen Intervalle sei. Aber
diese beschränkende Annahme ist nicht nur unnöthig, sondern deren
Beseitigung führt gerade, wie hier gezeigt werden soll, zu bemerkens-
werthen Ergebnissen, namentlich zu naturgemässen Bedingungen für
eine summatorische Funetion.'
II. Um dies darzulegen gehe ich von irgend einer reellen Funetion
Y(x) aus, welehe nebst ihrer Ableitung W’(x) in dem ganzen Inter-
valle (0,2) endlich bleibt, und für welehe /(o) und X (Z) verschiedene
Werthe haben. Ich denke mir ferner Y(x) (für o<x<t) in eine
(Fouriersche) Reihe:
Bist A k— 00
Sn ka ONE 2 kır
2, %, sin r =F > 1; COS r
Bei f k=o
entwickelt, so dass eine Gleichung: |
u
o
ö et akx ?
(2) Y@)=7; [vw dir >> > leer Aue de
resultirt, in welcher die Grössen a, und », durch die Relation:
; 2kr
R v.mı Di je
ac — — ir (o:.21:.48,8)
mit den Coeffieienten z,, , verbunden sind.” Alsdann setze ich:
k=% h
et 2 kx
Re cos E = an (k=1,2,...
(3) g ( 2 a ) | r or Oz 3 T I n),
so dass g" 9 (a) die (n — Ah)te Ableitung von g(x) wird, und bestimme
endlich g(— x) für o<x<t durch die Gleichung:
(3) = — Va)
und für alle übrigen Werthe von x durch die Periodieitätsgleichung:
(3”) N) = ga +2).
Hiernach sind die (in der Summenformel (1) mit — x, — &,
— x,_, bezeichneten) Unstetigkeitsstellen von g"""(x) in irgend
! Verel. Art. IV und Art. VI.
® Vergl. die Ausführungen im art. V.
Kronecker: Über eine summatorische Function. 369
einem Intervalle (x,, 2), wobei ©, <x angenommen wird, durch die
darin liegenden ganzzahligen Vielfachen von ? gegeben, und der Aus-
druck auf der ersten Seite der Summenformel (1) verwandelt sich in
folgenden:
(4) — (a) im g"=9(—e— x.) + fa) lim ge — &) U) = «(0)) I, fit),
E00 k
Ee=o
: : s n z Lo %
in welchem die Summation auf alle zwischen En und ) liegenden
ganzen Zahlen k zu erstrecken ist. Dieser Ausdruck kann aber auch
in der Form:
5) STR) HF IR) + ld) 10) > f(kı)
=
go kS =)
TeENZ
dargestellt werden, in welcher das überstrichene Summenzeichen
ähnlich wie in meiner Abhandlung über das Dircntersene Integral’
die durch die Gleichung:
R irn SING IX Bes
(6) Is) => fmt) + 2 > fin) 3 i
Po en
definirte Bedeutung hat.
Da nämlich die Differenz der in den beiden Ausdrücken (4) und
(5) vorkommenden Summen:
>,/(#0) = Ss)
die Werthe:
0, fl), ai Im) +2)
hat, je nachdem weder x, noch x, oder nur «,, oder nur x, oder
sowohl x, als auch x ein ganzes Vielfaches von { ist, so ist für den
Nachweis der Übereinstimmung der beiden Ausdrücke (4) und (5)
nur erforderlich zu zeigen, dass der Werth von:
F(«,) im g" > (-& — x) + flo) im "Pe — 0) + fa) Fag"-D);
e=o
je nach den vier unterschiedenen Fällen, gleich:
0, (2 -Lo))Fa), LO -L))F@, (YO -L)) F@) +)
wird. Dies geht aber in der That daraus hervor, dass, wenn weder
x, noch x ein ganzes Vielfaches von Z ist:
“1 Sitzungsberiehte von 1885, Stück NXXIV. Art. IV.
870 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
lim g"(— —,) = g""")(— 2), lim g(®—a) = g"”(—a)
wird, während, wenn «x, ein ganzes Vielfaches von ! ist, die Relationen:
a Or N (oda, Na) =+(Ho)+ UN) —— Ya)de
bestehen, und falls x ein ganzes Vielfaches von ? ist, die ee
lim g" (a) = vo; |@ a) da, = (-2)= (do) +) — afvoa
statthaben.
Ersetzt man nunmehr die Ausdrücke auf der ersten Seite der
Gleichung (1) durch denjenigen, welcher oben mit (5) bezeichnet ist,
so resultirt die elegante »allgemeine Summenformel«:
h=n
(7) (VO—L( DE De Nous 0) fe)
R—1
+ ir (2) ga) — fa) g” (—a)] dw,
in welcher >> (kt) in dem durch die Gleichung (6) dargelegten Sinne
k
zu nehmen ist und die Functionen 9(&), 9’ (&),...g” (x) die durch
die obigen Gleichungen (3), (3), (37) gegebene Bedeutung haben.'
II. Man kann zu der Summenformel (7) auch direct in sehr
einfacher Weise gelangen, indem man die Eigenschaften der Funetion
von x untersucht, welche die rechte Seite jener Formel bildet.
Es ist nämlich zuvörderst klar, dass in dem Ausdruck:
3 an [wann Seat ode
h=ı
vermöge der über die Functionen f(x) und g(x) gemachten Voraus-
setzungen alle einzelnen Theile. mit Ausnahme des ersten durch-
weg stetige Functionen von x sind, und dass dieser erste Theil:
San)
ebenfalls innerhalb jedes von zwei aufeinanderfolgenden ganzen
Vielfachen von { eingeschlossenen Intervalls stetig bleibt, während
! Bei der Function g)(x) ist der Einfachheit halber der obere Index weg-
gelassen worden.
13 0 . * ai
KroneEcker: Über eine summatorische Function. 871
. derselbe, wenn x wachsend ein ganzes n-faches von / erreicht, plötzlich
um den Betrag von:
I
(Yo) — U) Find)
zunimmt, und dann, wenn x weiter wächst, nochmals plötzlich um
denselben Betrag vermehrt wird. Dass dies in der That der Fall
ist, erhellt unmittelbar aus den Gleichungen:
ez=0O
lim g"=9(— ® —nt) = Vo) — - [vo dx
lim g" = (e — nt) = U) — —
.e=o t
Ferner ist leicht zu sehen, dass die mit (8) bezeichnete Function
von x, vermöge der über die Funetionen f(&) und g(x) gemachten
Voraussetzungen, innerhalb jedes von zwei aufeinanderfolgenden
ganzen Vielfachen von ? eingeschlossenen Intervalls eine Ableitung
hat. Dass aber deren Werth gleich Null ist, ergiebt sich sofort,
wenn man die n Identitäten:
d FTP R)) + ee) | —g) — fx) gi -g2)=o en
zu einander addirt.
Die mit (8) bezeichnete Function von x hat daher die Eigenschaft,
dass sie innerhalb jedes von zwei aufeinanderfolgenden
ganzen Vielfachen von !:
nt, (n + ı)i
begrenzten Intervalls constant bleibt, aber am Anfange um:
= (Yo) - U) Fat),
am Ende um:
(Ho) - UM) + 91)
zunimmt,
und es leuchtet ein, dass die Summenformel (7) unmittelbar hieraus
erschlossen werden kann.
IV. Bezeichnet man jenen Ausdruck (8) mit > f(x), so dass hier-
t
für die Definitionsgleichung:
872 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
hen aX
(LO) -IW)E, fa) = + | F"e)
h=ı «
gilt, so ist $ /(w), da auf der rechten Seite die untere Grenze des
3 N
Integrals fehlt, nur abgesehen von einer beliebigen additiven Con-
stanten bestimmt.
Die Function >= f(x) kann aber andererseits auf Grund der Summen-
t
formel (7) durch die Relation:
== = : N . un E
(1 1) >) rn >, fa 0) m (mt) are Int) To ©
n — a
t — ty
definirt werden, welche sich bei Benutzung der Gleichung (6) auch
in folgender Weise darstellen lässt:
(1) If IN) = fh) ai
und hierbei kann der Argumentwerth x, so wie der entsprechende
Functionswerth > %) ganz willkürlich genommen werden.
Auf Grund se letzteren Definition lässt sich nun zeigen, dass
die charakteristischen Eigenschaften der Function S 2, in folgenden
Relationen enthalten sind:
(12) > ni) 3, fo) — 1 fo) ae,
(12') > f@+ If) = „f{mt) + 3 /(nt),
u |‘
wo x eine beliebige reelle Grösse bedeutet und die ganzen Zahlen
n,n durch die Ungleichheitsbedingungen:
sSm<s+t, s<mScHt
bestimmt werden.
Ist nämlich ö? der Rest der Division von x durch i, so folgt
aus der Relation (12’) die Gleichung:
a » IHN beim op 1 ”
(13) If) If) = 32 fImi) + ZI, find),
in welcher die beiden Summationen auf alle den Ungleichheitsbedin-
gungen:
d<mi<a, d<miSse
2: " i y h ER
Krosecker: Über eine summatorische Funetion. 873
genügenden ganzen Zahlen m und n zu erstrecken sind. Nimmt man
* r N . . . .
ferner unter der Voraussetzung, dass öd nicht Null ist, die Relation (12)
hinzu, so ergiebt sich die Gleichung:
(14) BE) = >,/0) = > mt) + II’) Wü <mi < ‘)
o<ni<sz
m re
und für den Falld = o stimmt die Gleichung (13) selbst mit dieser
überein.
. er; . 2 “ Wu . a . Qu » Kr
Die Gleichung (14) definirt nun offenbar die Function I,fa) für
alle reellen Grössen x in genauer Übereinstimmung mit jener Defi-
nitionsgleichung (11), wenn darin x, = o genommen wird. Es zeigt
sich also, dass die beiden mit (12) und (12) bezeichneten Relationen
die Funetion > fix) in der That richtig und vollständig charakterisiren.
% &
Der Inhalt dieser beiden Relationen kann auch in folgenden
Sätzen formulirt werden:
wenn x kein ganzes Vielfaches von ?, und n! das dem Werthe
von x nächste kleinere ganze Vielfache von Z ist, so ist
die Differenz:
N » I »
Ir) - I fa)
gleich —f(nt), d. h. also gleich dem halben Funetionswerthe
von f für das unter dem Argumente « zunächst liegende
ganze Vielfache von 1; aber die Differenz:
>fe+) —- fo
ist im Allgemeinen gleich dem Functionswerthe von f für das-
jJenige zwischen @ und x + ? liegende Argument, welches
ein ganzzahliges Vielfaches von Z/ ist, und nur in dem
besonderen Falle, wo jedes der beiden Grenzargumente
und &-+ 7 selbst, und daher keines der zwischen & und
x + t liegenden Argumente, ein ganzzahliges Vielfaches von
t ist, gleich:
= (Sa) + fa + 9),
d. h. gleich dem arithmetischen Mittel der Funetionswerthe
für die beiden Grenzargümente.
Für die hierdurch vollständig charakterisirte
»summatorische Function « >= a)
I
874 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
ergiebt nun die obige Gleichung (10):
h=n
(10) (Ho) UN), fa) = Ira + at a) -f\egk-a)] da
h=1
eine elegante Darstellung, in welcher die Funetionen 9(&),g'(&) ,...
g")(x) auf folgende Weise aus einer beliebig anzunehmenden reellen,
im Intervalle (o,{) nebst ihrer Ableitung endlich bleibenden Function
Y(x) zu bilden sind:
Man entwiekele zuvörderst Y(a) (für o<x2<t) in eine
f i h PR nz
nach sinus und cosinus ganzer Vielfacher von SER; fort-
schreitende Reihe:
ei en,
es a. AN SRZLEN > PB, eos ——
= ko
bestimme ferner die Grössen qa,,®, so, dass:
v ni kr
ae — er) en)
wird, und alsdann g(a),g'(&),... g”)(&) durch die Glei-
chungen:
k=o h
azt 2kx
(n—h) 4 k N I ve er
g —g)= ——608 |— +% +-Zhlr A=1,2,3,...n)
I ( ) 2 (2km)" ( t k 2 ) ’
endlich nehme man g”(—x) im Intervalle 0 << gleich:
an und ausserhalb des Intervalles so, dass stets:
HNa+) = ga)
wird.
V. Man kann das angegebene Resultat formal modifieiren und
generalisiren, indem man:
Ir de = F(@ +2)
und sowohl:
9a) = (Yo) - YW))Ee)
alsTauchmiura a Te Dr an:
(a) = (LO), E®@)
setzt. Die obige Gleiehung (10) nimmt alsdann folgende Gestalt an:
KronEcker: Über eine summatorische Function. 875
= h=n
15) 2, Fle+)= I F9Ma+)E""(—a) + [ie+9 ) EN) Fr (ct) ade,
Ah=1
wo gemäss der Relation (11):
(16) > F'’(c-+2) IF (2.+2) = SF (mt-++2) + => F (nt+z)
m n
ist, und der Ausdruck:
h=n
(17) F® (gr P(z— 2) + [Fa ) @" (2 — x) — Ft) (2) G (z— a)] de
7
h=1ı
stellt also eine Function von x dar, deren Werth sich bei wachsendem
Argument, so lange es innerhalb eines durch zwei aufeinander-
folgende Glieder der arithmetischen Reihe:
nt+ z RZ=...—2,—-1,0,1,2,-..)
eingeschlossenen Intervalls bleibt, nicht verändert, dagegen plötzlich
um den Betrag von:
—F (nt +2)
zunimmt, sobald das Argument x den Werth nt+z eines der Glieder
der arithmetischen Reihe erreicht, und sobald es ihn wieder verlässt.
VI. Bezeiehnet man in üblicher Weise mit > F’'(z) eine der ge-
’{ Er
wöhnlichen Differenzengleichung:
(18) IFe@+)-SF@=Fe
genügende Funetion von x,' so genügt der Differenzengleichung:
(19) ®(@+)-2()=+(Fl) + F(c+d)
die Function:
2 ()=!F() + BF)
Die eine Differenzengleichung ist somit unmittelbar auf die andere
zurückführbar.
Nun ist vermöge der Relation (16), wenn darin ©,—nt, = (n+1)t
und für n eine beliebige ganze Zahl genommen wird:
> Fletnt+) — >Fe +nl) = (Pk z+nt) + F(e+nt+9);
! Eurer bezeichnet im Cap. I, 25 des ersten Theils seiner Institutiones calculi
differentialis eine solche summatorische Function Y,F'(z) einfach als »summa«,
876 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 31. October.
der Differenzengleichung (19) genügt also jener mit > '(<+2) be-
E g r E t
zeichnete Ausdruck:
hen X
>, F® (+2) 6" (— a) + jr (c+2) 6" (— x) — F"F) (a +2) 6 (—a)] de,
Re B
wenn darin für « irgend ein ganzes Vielfaches von { gesetzt wird.
Aber dieser Ausdruck findet gemäss den obigen Relationen (12), (12)
noch seine weitere Bestimmung darin, dass, wenn x kein ganzes Viel-
faches von {1 ist:
(20) S% (e+z+h — IF @ 9) #R (2m)
wird, wo ni! das zwischen x und «+ f liegende ganze Vielfache von
! bedeutet, und dass ferner für jeden positiven echten Bruch d die
Relation:
(21) re a yF (ER (e)
besteht. Es treten also zu der Differenzengleichung (19), welche mit
der bisher immer allein behandelten Differenzengleichung (18) im
Wesentlichen aequivalent ist, noch die beiden neuen Differenzen-
relationen (20) und (21) als naturgemässe Bestimmungen hinzu, und
es zeigt sich demnach hier, wie in so vielen Fällen, dass man erst
durch die Darstellung einer Funetion zu einer sachgemässen Fixi-
rung der Forderungen, denen sie entsprechen soll, und überhaupt erst
durch die allgemeine und vollständige Lösung zu einer richtigen Stel-
lung der Aufgabe geleitet wird.
VI. Ein besonderes Interesse bietet der specielle Fall dar, wo
Le) = r t!— x genommen wird, weil dies zu einer bemerkenswerthen
Erweiterung und Veränderung der Eurer - Poıssox’schen Summen-
formel führt.
In dem bezeichneten Falle ist:
ee kr
Yla) = 1-2 = $ —sin——,
2 ihn t
also:
4.=— 2, =O . k=1,2,3,...),
und folglich:
k=o
I ka
(n—h) N ” h 2 I —
G -2)=-2il cos | —+-Ah|r (h=1,2,...n)
9 ei (2 kr)" t 2 a ;
(23)
KRronEcKER: Über eine summatorische Funetion. 871
so dass sich die Functionen @”(x) durch die Gleichungen:
la—ico
/ Ce 2kx
G@"(— 2) = = Eee - a > Tee ( + 2 T
t SE (2 7) t
VE)
bestimmen. Die Formeln (10) und (15) speeialisiren sich demnach in
MR Weise:
han = yh-—ı us N
Mo a [fe day) a (9 r 25
1259 (fon > Ü & cos F an: .) ds
Di vi (akm): i 2 :
— RR u ka
(5), Flc+2) „Fio+z > F® (w+2 > ı halle
k=c En
= j - kw
+ 2 [Fr+r@ +2) 2 (km) COS ( n + - .) da.
u =i
Dabei ist hervorzuheben, dass die hier auftretenden Reihen:
k=o D
= I 2ka
22 > = cos —h (h=1,2,3,...)
(22) = (im) (F A 5 3
sich bekanntlich allgemein durch ganze Funetionen der Differenz:
a ®
t 2
d. h. desjenigen Restes ausdrücken lassen, welcher verbleibt, wenn
man von — die nächst kleinere ganze Zahl substrahirt. Die bezüglichen
Ausdrücke erhält man unmittelbar durch Vergleichung der Coeffieienten
von (wi)‘ in der en
[wi _\ (= 1)" (2?”— 2) (1 20)”B A
2 2\7 — ee ee aan Te ) ” (wmimtr
k = et (zm)! n!
mn
VENEN IHRE)
welche aus der Formel:
mie k=-+n ga kori
—
- —— = ]im
or —7 n—=co el w—k
zz —n
durch Entwiekelung nach steigenden Potenzen von ı hervorgeht.'
Für » ist in der Gleichung (23) die Differenz:
ı Vergl. art. IX meines schon oben citirten Aufsatzes: »Über eine bei Anwendung
der partiellen Integration nützliche Formel«.
878 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
N
zu nehmen, um den Werth der Reihen (22) zu erhalten, und es ist
ferner darin:
or eh I
zu setzen, während B,,B,,B,,..., wie gewöhnlich, die BERNoULLI-
schen Zahlen bedeuten.
Bei der angegebenen Speeialisation der Functionen @"—”(a) ist
es, gemäss der Formel (15), die durch den Ausdruck:
N zn a a! 2k(<—2)
2 —_ F(a)— 2% F®la)S n — ie
(a) ZPle)—a > Fon) I eo )
x ee 2K(m— 2
(+1) Ba),
+ > [F (x) >= (okay cos ( z +5 2 rda
dargestellte Funetion von x, deren Werth, so lange das Argument
innerhalb eines durch zwei benachbarte Glieder der arithmetischen
Reihe:
nl + 2 n=..3=2,—_1,0, 70)
eingeschlossenen Intervalles bleibt, constant ist, aber wenn das Ar-
gument « wachsend einen Werth nd! + 2 erreicht, und auch wenn es
denselben Wertlv wieder verlässt, um den Betrag von:
- F' (nt + 2)
zunimmt. Es wird demnach der Werth der Summe:
,<nti+z<a
=, F'(mt+2) + => F’(nt+ 2)
m
B Smt+ ee
D
wenn man jenen Ausdruck (24) zur Abkürzung mit V(x) bezeichnet,
durch die Differenz:
Ve) == V(&.)
dargestellt.
Wenn nun die Differenz der Argumente:
2 —- %
gleich einem ganzen Vielfachen von 2 und also:
Ang en +40)r — co8 +14)
t
Kronecker: Über eine summatorische Function. 879
ist, so erhält man für die Differenz V(x) — V(x,) und also für den
Werth der Summe:
IN ,y \ ee, RE To, < mt + 2<r
2 7 F (mt Hr 2) Ar a) >> F (nt at 2) En nt + 2 < '
m n
den einfacheren Ausdruck:
I 7 A} SS F Al DR 2k(©—2) I
) F (F (2) — F (&)) — 2 (F Mg) — FW (x) 2 (ak) cos ( : +; h)r
E Frl 2k(02 — 2)
ea ne ee
+ |} F (x) » (akmyr vos +7; u rdr
x
m
Wenn ferner x — 2 und daher auch &, — z ein ganzes Vielfaches
von £ ist, d. h. also, wenn beide Argumente, x, und x, Glieder jener
arithmetischen Reihe:
nt-+ 2 (nr 2, — 1410, 0,252.)
sind, so wird:
Keane h—ı
ER; 2k(c—z a, Biyt
DS is (= ) + hm — o oder en Sue! 5
5 2 ‚!
je nachdem A ungrade oder grade ist, und der Wertli der Summe:
EB, Fmt +2) + 43, Fnt +2) (mn)
o,<nt +2<8
n =
wird daher in diesem Falle durch den noch einfacheren Ausdruck:
ax Ne Ten Kseh:
26) > (—1)' (FO) )—F®%x,)) +2] Frida) x cos E N 2 .) rdx
2v) 2 jr =
U (2m) t
o
an un: > Ale
(osv< Zn; B,=—1,0!=ı)
dargestellt. Dieser Ausdruck ist bereits von Poıssov gefunden und
in seiner berühmten, am ıı. December 1826 in der Pariser Akademie
gelesenen Abhandlung »Sur le caleul numerique des Integrales definies«
veröffentlicht worden. Der erste Theil des Ausdrucks, nämlich die
s Unbestimmte fortgesetzte Reihe:
int =. — (Fe Az) - ee )) =0,1,2,3,...)
ohne das durch ein Integral dargestellte »Restglied« ist schon von
EvLer zur Darstellung einer summatorischen Function > '(@) benutzt
880 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. October.
worden.‘ Aber während so jener merkwürdige Ausdruck einer
summatorischen Funetion seit etwa ı50 Jahren in unvollständiger
Weise und seit mehr als 60 Jahren ganz vollständig bekannt und
vielfach behandelt worden ist, blieb seine eigentliche Quelle, nämlich
der oben mit (24) bezeichnete allgemeinere Ausdruck mit den Eigen-
schaften, welche ihn als eine »summatorische Function« in anderer
naturgemässer Weise charakterisiren, bisher gänzlich verborgen.
VII. Ich will schliesslich noch zwei bemerkenswerthe Speeiali-
sationen der Function Y (x) hervorheben, nämlich erstens diejenige,
wobei:
2Wwari
genommen wird, und zweitens diejenige, wobei ebenso wie im Schluss-
artikel meines schon oben eitirten Aufsatzes »Uber eine bei An-
wendung der partiellen Integration nützliche Formelc«:
k—o k=s—ı
al kan kan
Et si — ı _ g—1 Sn ———
v@ 2: e- t 2 >: kr i i
gesetzt wird.
Im ersteren Falle, wo w eine beliebige (complexe) Grösse be-
deutet, wird:
2kari
kn rm
"TI a)=N(e) Jim > 8
( — = x) = 3 LEN
9 De
also:
2krri
kn pi EB 7
g"®(—. x) = lim — ee n)
2 \ ) Nn—co % ei (kai ) h — W Ü
und:
, .[! v
aa x) re ERIEL F ri ( = —] )
F t(e* A )
so wie ferner:
Im letzteren Falle ist:
x 2kx >
a 2 tt > = BrE cos f -+H Rh 7 (Karen);
° Institutiones caleuli differentialis, Pars posterior, Cap. V.
KRonEckKER: Über eine summatorische Function. 881
in (2s—1)
Im. sin (25 —ı) —
k=s
Ri y kan t
g(-a)=1I+2 = cos =
t Or
sin ;
und:
Vo) YO =t
Setzt man diese Werthe in die Gleichung (7) des art. II ein und lässt
dann s in’s Unendliehe wachsen, so resultirt die Summenformel:
. &
pa sin (28 — I) —
ı ES
5 I,’ md) - = I’) == z im I (x) R
Er
(2, = mt <%, Eu <nt S x)
Diese wird, wenn x, und x ganze Vielfache von £ sind, mit. der
Dirıcater’schen Summenformel identisch; sie lässt sich aber auch für
beliebige Werthe von x, und x nach derselben Methode herleiten,
welche Dirıcater bei seiner specielleren Formel benutzt hat.
Sitzungsberichte 1889. 80
Ar
5 re
ra Re % Mun
hie N tal] 12
en
N ug
883
Neue Untersuchungen über den Durchmesser
der Sonne.
Von A. Auwers.
I.
Die Greenwicher Beobachtungen am Passagen - Instrument
1765 — 1810.
(Vorgetragen am 14. Juni 1888 und 31. October 1889 [s. Jahrg. 1888 S. 667
und oben S. 865].)
Un die auffallenden von Lindenau aus den Maskelyne’schen Sonnen-
Beobachtungen gefundenen, nach allen Untersuchungen neuern Ma-
terials nur unerklärlicher erscheinenden Resultate zu prüfen, habe
ich es erforderlich gefunden, jene schon so oftmals bearbeiteten
Beobachtungen wiederum von der ersten Stufe ab vollständig neu
zu reduciren. Für die unmittelbare Prüfung der Lindenau’schen An-
gaben hätte die neue Reduetion auf die Jahrgänge 1765 — 1783 und
1785 — 1798 beschränkt bleiben können; ich habe indess vorgezogen
dieselbe auf die Jumze Maskelyne’sche Reihe 1765 — ı810 auszudehnen,
um den vielleicht einzigen Fall vollständig auszunutzen, dass ein und
derselbe Beobachter an der Ausführung einer bestimmten Beobachtungs-
reihe nach gleichmässigem Verfahren bis in das sechs und vierzigste
Jabr obne Unterbreehung theilgenommen hat.
Die Sonnenbeobachtungen waren auf der Greenwicher Sternwarte
von Bradley so eingerichtet, dass er selbst, wenn er auf der Stern-
warte anwesend war, den Durchgang so vollständig die Witterung
erlaubte am Netz des Passagen-Instruments, und gleichzeitig der
Assistent die Zenithdistanz am Quadranten beobachtete. War Bradley
s0*
884 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
nicht anwesend, so beobachtete der Assistent am Passagen - Instrument
den Durchgang des ersten Randes regelmässig bis zum Mittelfaden, stellte
dann die Zenithdistanz am Quadranten ein und beobachtete schliesslich
den Durchgang des zweiten Randes am Passagen - Instrument vom Mittel-
faden ab. Maskelyne behielt diess auf der Sternwarte vorgefundene
Verfahren bei, ohne dasselbe jedoch so strenge innezuhalten wie sein
Vorgänger, indem er zuweilen mit dem Assistenten die Instrumente
getauscht, öfter allein bei derselben Culmination beide Coordinaten
beobachtet zu haben scheint.
Der Zweck der Beobachtungen der Sonne war die Bestimmung
der heiden Coordinaten dieses Gestirns, und die getroffene Anordnung
dafür die möglichst zweckmässige. Für die Ermittelung des Sonnen-
durehmessers aus den Beobachtungen aber bedingt sie den Nachtheil,
dass Fehler in den angenommenen Fadenabständen mit ansehnlichen
Bruchtheilen in die Bestimmung eingehen, und wenn man diess, wie
es Lindenau zu thun beabsichtigt hat, durch Beschränkung auf die
eorrespondirenden Antritte an denselben Faden vermeiden will, kann
man nur einen unverhältnissmässig kleinen "Theil des vorhandenen
Materials verwerthen und verliert namentlich von den Beobachtungen
der Assistenten so viel, dass die so höchst wünschenswerthe Controle
etwa erscheinender Schwankungen durch eine unabhängige Beob-
achtungsreihe fast zur Unwirksamkeit verurtheilt wird.
Man muss jene, insbesondere die Bestimmungen der Durchgangs-
zeit aus den Beobachtungen der Assistenten treffende, in Folge einer
unzweckmässigen Anordnung des Fadennetzes in den ersten 12 Jahren
nach Einführung des beweglichen Oculars (1772 — 1784) jedoch dureh-
weg auch für die Maskelyne’schen Bestimmungen nicht gleichgültige
Unsicherheit durch eine entsprechend genaue Ermittelung der Faden-
abstände in genügend enge Grenzen einzuschliessen suchen‘, und vor
allen Dingen, da Lindenau’s auffälligstes und zumeist der Erklärung
bedürftiges Resultat seine halbjährige Ungleichheit ist, eine ver-
gleichende Bestimmung der Fadenabstände für die verschiedenen
Jahreszeiten vornehmen.
Bei der Bearbeitung der Bradley’schen Beobachtungen an dem-
selben Instrument habe ich zwar die Unveränderlichkeit der Faden-
abstände im Verlauf des Jahres geprüft und — wenngleich bei diesem
Anlass andere auffallende und mir nicht völlig erklärlich gewordene
Erscheinungen hervortraten — keinen Anlass gefunden dieselbe zu
bezweifeln; es bedarf aber einer besonderen Prüfung, ehe es erlaubt
ist, diess für das Instrument mit seinem ursprünglichen, einfachen
Objeetiv gefundene Resultat — welches mir an anderer Stelle zu, be-
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 885
gründen noch obliegt — auf den durch Austausch des Objeetivs gegen
ein achromatisches geänderten Zustand des Instruments zu übertragen.
Und auch für die Periode 1765 —ı772, in welcher noch mit dem
alten Objectiv gearbeitet ist, blieben die mittleren Intervalle neu zu
bestimmen, weil bei den allein vorliegenden Maskelyne’schen Angaben
für ihre Werthe' eine Prüfung der Genauigkeit nicht anders aus-
führbar ist, und um so mehr nothwendig erscheint, als Maskelyne
selbst darauf aufmerksam macht, dass in dieser Periode, wo sich ein
zusammengesetztes, die Fäden zwischen seinen beiden Linsen ent-
haltendes Ocular am Fernrohr befand, schon jede Berichtigung der
Collimationslinie die Gefahr einer Veränderung der Fadenabstände
einschloss.
Da sich in Maskelyne’s Beobachtungen Polarstern-Durchgänge,
welche zur Bestimmung der Fadenabstände brauchbar wären, nur ganz
vereinzelt finden, ist es nothwendig, diese Bestimmung hauptsächlich
auf die häufig, beobachteten Zeitsterne zu gründen, von welchen ich
die vier nördlichsten, & Aurigae, & Öygni, «& Lyrae und «& Bootis zu
diesem Behuf ausgewählt habe. Zu diesen sind die brauchbaren
Polarstern-Durchgänge und gelegentlich einzelne Beobachtungen von
anderen nördlichen Sternen, in der kurzen Periode 4 alle Beob-
achtungen von Fundamentalsternen hinzugezogen. Um die durch die
verschiedenen Sterne erlangten Resultate zu vereinigen, habe ich
die Annahme gemacht, dass der Gesichtsfehler der Hälfte des Gehör-
fehlers gleich gewesen sei, womit man folgende relativen Gewichte
der aus Beobachtungen in verschiedenen Declinationen abgeleiteten
Aequatorealabstände erhält:
8° 0° Gew. 1.00 8 50° Gew. 1.04 3 80° Gew. 2.83
20 1.08 60 2.00 85 2.95
40 1.38 79 2.43 88 10! 2.99
Hiernach habe ich die Gewichte für eine Bestimmung aus &Bootis 1.1,
alyrae ı.3, &Cygni und &Aurigae ı.5, Polaris 3.0 angenommen und
für die übrigen zwischen 80° und 75° gelegenen Sterne gleichfalls
auf das nächste Zehntel interpolirt. Die beiden Perioden der Beob-
achtungen mit dem alten und mit dem neuen ÖObjectiv hier zu
unterscheiden, wie es der Strenge nach hätte geschehen müssen,
wenn die Gewichtsschätzung überhaupt mehr als eine ganz beiläufige
sein sollte, erschien um so mehr überflüssig, als kurz auf die Ver-
ı Obs. Vol. I. Pref. p. IV.
886 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
8 Phy
stärkung der Sehkraft auch eine wenngleich nicht ganz im Verhältniss
stehende Verfeinerung der Secundeneintheilung bei den Durchgangs-
beobachtungen gefolgt ist.
Vor 1772 Aug. ı war das Ocular des Passagen-Instruments un-
beweglich, wie zu Bradley’s Zeit, und erhielt erst an diesem Tage
die seitdem allgemein gebräuchliche Versehiebbarkeit senkrecht zur
optischen Axe, so dass alle Antritte in der Mitte seines Feldes beob-
achtet werden konnten. Maskelyne klagt, dass vorher die Objeete
an den beiden äusseren Fäden merklich weniger deutlich erschienen
seien, und hat deshalb vorgezogen in der ganzen vorangehenden
Periode nur von den Antritten an die drei mittleren Fäden Gebrauch
zu machen, obwohl die Antritte an die äussersten Fäden regelmässig
ebenfalls beobachtet sind. Ich habe bei der Bearbeitung der Bradley-
schen Beobachtungen eine schädliche Wirkung der grösseren Un-
deutlichkeit an den äusseren Fäden nicht bemerkt, und würde bei
der Bestimmung der Meridiandurchgänge selbst auch bei Maskelyne
vorziehen dieselben mitzunehmen; gerade im vorliegenden Fall aber
verlangt seine Bemerkung Berücksichtigung, da der berührte Umstand
nicht allein einen constanten Fehler in der beobachteten Durchgangs-
dauer, sondern in Folge der Anordnung der Beobachtungen auch eine
unter Umständen einigermaassen regelmässige scheinbare Änderung
im Lauf des Jahres hervorbringen konnte. Ich beschloss deshalb
mich 1765 — Juli 1772 bei der Ableitung der Durchgangsdauern für
die Sonne auf die drei mittleren Fäden zu beschränken, und habe die
Bestimmung der Fadenabstände für diese Periode gleichfalls nur für
diese Gruppe vorgenommen.
Die folgende Tafel enthält die Resultate aller für jeden einzelnen
Monat ausgeführten Bestimmungen.
Bu»
Monatsmittel.
Abstände vom Mittelfaden
> Abw.
Fadensz
.. N -
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 887
| Abw. | Abst.
Faden ı
Tafel A.
Monat ‘
E AgRn an+ranon® +tranaamamatminunnna Ho ten © +
(9) an. =
{de}
| AO - oO ana mo + nano No NOownnmn=- 0 DO nme na - ro
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900 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Die Gründe für die Eintheilung in Perioden sind aus den in der
Tafel enthaltenen Vermerken ersichtlich; 1765 Juni 4 und 1768 Mai ı ı
haben in der That Lösungen der Ocularröhre die von Maskelyne be-
fürchteten Veränderungen hervorgebracht, während die sonst im alten
Zustande des Instruments vorgenommenen Berichtigungen der Colli-
mation, die das Journal noch 1765 Mai ı7, Juli 13, 25, 1766 Fehr. 5,
1768 Nov. 4 (Berichtigung eines Aug. 24 entstandenen Fehlers) und
1772 Juni 3 erwähnt, ohne nachweisbaren Einfluss geblieben sind.
Um besser übersehen zu können, ob die mehrfach sehr langen
Perioden nicht noch weiterer Theilungen bedurften, wurde zunächst
aus der vorstehenden Tafel die folgende gebildet, welche so weit als
möglich Jahresmittel enthält.
Tafel B.
Abstände vom Mittelfaden: Jahresmittel.
Faden ı Faden 2 Faden 4 Faden 5
Abst. |Beob.|) Gew. Abst. |Beob.| Gew. Abst. |Beob.| Gew. Abst. |Beob.| Gew.
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327| 95 | 123.2 301 | 100 | 127.8
348 | 91 | 102.7 299 | 91 | 102.5
3108 17120: 320| 15|: 17.7
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Auwers: Neue Untersuehungen über den Durchmesser der Sonne. II. 901
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Abst. |Beob. Abst. |Beob.
Faden 5
| Faden 4
Abst. |Beob.
Gew. Gew. Gew.
4:7 || 36:524 68.2
164 | 102 | 128.0 488 192.4 564 | 147 | 193.5 245 | 98 | 122.0
ı7L| 67| 82.5 513 | 119 | 156.5 578 | 121 | 159.7 296 | 64 | 79.2
219 | 166 | 210.0 533 | 187 | 238.1 590 | 188 | 238.7 241 | 169 | 214.9
198 | 255 | 343-5 546 | 265 | 357-1 591 | 265 | 355.9 254 | 262 | 352.6
217 | 218 | 294.2 565 | 240 | 329.6 603 | 248 | 340.0 255 | 229 | 309.1
206 | 228 | 310.4 503 | 242.) 328.6 596 | 243 | 329.7 253 | 178 | 232.4
184 | 183 | 243.1 515 | 194 | 257.8 601 | 199 | 264.3 268 | 157 | 201.7
217| 92 | 118.0 528 | 102 | 132.3 594 | 110 | 142.5 258 | 104 | 132.6
155 | 181 |237.4 | 525 200 | 261.1 | 575 | 205 | 273-5 248 | 181 | 231.1
200 | 243 | 322.5 552 1265 | 355-3 583 | 267 | 357-9 258 | 205 | 265.3
|
7 73.180| 52| 71.4 || 36.513 | 63.|. 85.9 || 36.604 | 65 | 88.7 || 73.255 | 59 | 79-3
204 | 259 | 346.1 561 | 293 | 399-3 628 | 298 | 409.6 270 | 229 | 297.5
195 | 211 | 285.5 538 | 221 | 299.1 604 1.224 | 302.8 240 182 | 240.8
192 | 179 | 238.7 524 | 193 | 257.9 617 | 197 | 263.3 260 | 174 | 228.6
195 | 183 | 244.9 528 | 207 | 279.8 619 | 220 | 297-3 252 | 172 | 225.8
187 | 45 | 03.9 539| 47 | 66.9 577| 43) 62.1 a | a
73:184| 32| 38.8 || 36.519| 42 | 52.2 || 36.610| 40| 49.6 || 73.231 | 32| 37-6
9 73-179| 34| 43-4 | 36.561) 44| 56-4 || 36.594 | 48 | 61.2 || 73.232| 45| 56-7
184 | 164 | 219.6 545 | 176 | 238.0 604 | 182 | 245.6 223 | 134. | 173.4
169 | 113 | 147.7 520,| 131 | 171.3 613 | 139 | 179.9 209 | 100 | 122.0
156 | 143 | 191.3 520 | 183 | 248.2 614 | 186 | 252.9 265 | 138 | 178.6
134 | 137 | 175-7 512 | 152 | 199.6 625 | 155 | 203.7 242 | 125 | 155.3
133 | 97 | 126.9 511 | 126 | 180.3 606 | 134 | 194.7 239| 98| 127.6
134 | 115 | 146.5 498 | 145 | 188.5 600 | 148 | 193.4 229 | 139 | 177.3
121 | 103 | 132.7 500 | 120 | 156.8 600 | 130 | 169.0 206 | 105 | 131.3
158 | 177 | 235.9 520 197 263.5 599 | 202 | 271.2 223 | 163 | 213.1
153 | 79| 114.5 545 | 85 | 123.1 594, 86 | 124.6 212| 42| 58.8
10 73-404. | 133 | 174.5 || 36.564 | 139 | 181.5 .|| 36.571 | 141 | 184.1 || 73.198 | 132 | 168.8
11 '73.174| 24| 30.6 || 36.571 | 27| 34-1 || 36.571| 28) 35.2 || 73.223 | 27 | 33.7
194 | 205 | 271.1 526 | 215 | 283. 587 | 215 | 284.7 201 | 200 | 262.2
3 192 | 195 | 254-7
202 123713175 | 551 248 | 332. 589 | 255
Es erscheint hiernach nothwendig, von der langen Periode 6 die in
die Jahre 1772 und 1784 fallenden Stücke abzutrennen, und wünschens-
werth, in der Periode 7 nochmals Abtheilungen zwischen 1754 und
1785, und zwischen 1786 und 1787 vorzunehmen. Sonst sind Ände-
rungen im Netz zu anderen Zeiten als den im Journal angezeigten
nicht nachzuweisen, und es wurden daher schliesslich folgende Normal-
werthe gebildet:
>
E
90 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Tafel C.
Abstände vom Mittelfaden: Normalwerthe.'
Detole Faden ı Faden 2 ! Faden 4 Faden 5
Abst. |Beob.| Gew. | Abst. |Beob.) Gew. | Abst- |Beob.| Gew. | Abst. |Beob.| Gew.
1. 1765 Mai 7 — Juni 4, ©) 36:484| 20) 33 |
2. 1765 Juni 5 — 1768 Mai ı0 36.327| 426) 621
3. 1768 Mai 11 — 1772 Juli 3 36.049 591| 797
4. 1772 Juli 14— 27 41.148| 39| 42
5a.1772 Aug. 7 — Dec. 31 60:986| 40] 52] 30.528] 56 73 60:8g1l 591 77
b.1773 — 1783 60.916, 1184) 1570| 30.500) 1473| 1895 60.953) 1403| 1760
€. 1784 Jan. ı — Aug. 14 60.798 42) 53]|30.380| 55) 71 61.081) 47| 60
64.1784 Aug. 15 — Dee. 73.127] 53) 65|36.524| 67| 84 73-.175| 56| 68
b.1785 und 1786 73.167| 169 210] 36.499 265) 349 73.265] 162| 201
c. 1787 Jan. 2 — 1794 Oct.29 73.199 1566| 20791 36.535| 1695| 2260 50 73-254 1485| 1940
7. 1794 Oct. 30 — 1799 Mai26, ©)| 73.196, 929| 1250| 36.533|1024| 1388] 36. 73.255) 849 1118
8. 1799 Mai 26, € — Aug. 28 73-184| 32) 39] 36-519) re 521 36.610 73231 13210838
9. 1799 Aug. 30— ı808Mai2 [73-152\1162 1534| 36.520|1359| 1826] 36.606 >| 73-230| 1089| 1394
o. 1808 Mai 4 — Nov. 6, () 73-404| 133| 175] 36.564| 139) 182] 36.571] ı41| 184] 73.198| 132| 169
1. 1808 Nov.6,Cap.—ı810Dee.31[73.197| 466, 619] 36.541) 490) 651] 36.587) 498) 662|73.198| 422| 551
! Für die in der Airy’'schen Reduction und nach ihrem Vorgange in den neueren
grossen Arbeiten über Maskelyne’s Beobachtungen angewandten Fadenabstände geben
die Werthe dieser Tafel folgende Correetionen:
Airy’s Periode
corresp. in
Correetion der Abstände
neuer Rechn. (1) (2) (4) (5)
X 1765 Maiız — ı8 Bert +0°034 + 0:018
XI 1765 Aug. 19 — 1768 Apr. 2 2 — 0.013 + 0.024
XI 1768 Mai ı — 1769 Aug. ı3 3 — 0.021 -+0.008
XII 1769 Oct. 24 — 1772 Juni 3 3 — 0.001 — 0.012
5a + 0'046 —0.012 —0.0I0 +0:019
XIV 1772 Aug. 24 — 1784 Juli ı2 5b — 0.024 —0.040 —0.068 — 0.043
».5C — 0.142 —0.160 —0.205 -—0.171
\ „6a — 0.073 +0.044 +0.170 +0.045
XV 1784 Aug. 24— 1794. Sept.17 » 6b 0.033 +0.019 +0.040 — 0.045
N » 6e — 0.001 +0.055 +0.018 — 0.034
e » — 0.024 —0.132 —0.0 — 0.0
ZU 1794 Nov. 8 1799 Aug.15 | » $ —0.036 —o.1 . _ a _ ee
XVII 1799 Oet.ı — 1808 Apr. 21 „9 — 0.118 —0.0600 —0.086 — 0.040
XVII 1908 Mai 9 — Sept. 19 » IO + 0.004 0.126 0.001 0.038
XIX 1808 Nov. 30 — 1810 Juni ı „11 — 0.103 —0.0899 —0.117 -+0.042
Für die Perioden X— XIV sind in der Greenwicher Bearbeitung die Maske-
lyne’schen Angaben (Obs. I. Pref. p. IV) beibehalten. Dieselben erweisen sich hier, da
sie sich nur bis auf den Anfang der nachher stärkere Fehler zeigenden Periode XIV
erstrecken, durchweg als zuverlässig, wie auch angenommen werden durfte, da Mas-
kelyne eine grosse Zahl von Beobachtungen benutzt zu haben erklärt. Es werden daher
auch die hier nieht geprüften Angaben von Maskelyne für F. ı und 5 unbedenklich in
allen Untersuchungen benutzt werden dürfen.
Für die übrigen Perioden bis 1810, XV— XIX, sind die Grundlagen der Green-
wicher Annahmen nicht nachweisbar, was aber zur Begründung für die dann folgenden
Perioden XX— XXIII beigebracht wird, musste in noch wesentlich höherm Grade
gegen die Greenwicher Fortsetzung der Maskelyne’schen Tafel misstrauisch machen,
als sich hier erst nachträglich im allgemeinen als gerechtfertigt erweist.
Um einem Missverständniss vorzubeugen, will ich nieht unterlassen ausdrücklich
anzuerkennen, dass die für Airy’s Reduction abgeleiteten und weiter von Leverrier
und Newcomb ohne Prüfung benutzten Fadenabstände für die Zwecke, welche von
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 903
Mit den Normalwerthen der Tafel C sind nun die einzelnen Mo-
natsmittel verglichen. Die Abweichungen derselben von den Normal-
werthen für die Periode, zu welcher sie gehören, sind in Tafel A
bereits aufgeführt, sowie auch die Summen für das Doppelintervall
F. 4—2 und die ganze Ausdehnung des Netzes F. 5—ı1. Aus diesen
Monatsabweichungen sind die folgenden Mittel gebildet:
Tafel D.
Mittlere Abweichungen der Intervalle vom Jahresmittel in
den einzelnen Monaten des Jahres.
2 Kor men =) 2 3102 | N ihe
1773 — 1786! 1787 — 1798 1799 — 1810 ganze Reihe
Abw. Abw. Gew. Abw.
Monat
Gew. Abw. Gew. Gew.
Mittlere Abweichung des Intervalls 5—ı
Januar — 0.004 63 — 0.009 105 — 0.026 86 — 0013 254
Februar — 0.008 54 +0.010 116 +#0.011 85 + 0.007 255
März + 0.022 38 — 0.005 100 — 0.007 76 — 0.001 214
April +0.009 46 |, +0.011 78 — 0.014 51 + 0.003 175
Mai +0.003 67 +0.011 101 +0.015 53 || +0.007 221
Juni — 0.003 96 — 0.035 129 — 0.048 85 — 0.029 310
Juli +0.016 II5 | +0.004 143 +0.014 94 +0.011 352
August 0.000 109 0.000 192 0.000 110 0.000 411
September — 0.002 104 + 0.009 163 + 0.025 104 + 0.010 371
October —00212. 79 +.0.023 139 +0.017 95 +.0.013 313
November — 0.010 9I 0.000 158 — 0.004 82 — 0.004 331
December — 0.012 72 — 0.017 12 — 0.012 100 — 0.014 297
Mittlere Abweichung des Intervalls 4—2
‚Januar — 0.009 76 + 0.003 133 + 0.004 125 + 0.003 334
Februar + 0.004 73 + 0.003 143 — 0.003 128 + 0.001 344
März — 0.032 54 — 0.019 133 — 0.007 III — 0.017 298
April — 0.020 55 — 0.027 100 +0.013 82 — 0.012 237
Mai — 0.030 84 + 0.022 120 +0.008 80 + 0.003 293
Juni +0.015 119 — 0.007 139 — 0.030 105 — 0.000 363
Juli +0.011 131 — 0.009 163 — 0.000 109 — 0.002 403
August +0.013 125 +0.001 223 — 0.009 126 +0.001 474
September — 0.014 113 +0.003 189 + 0.024 114 + 0.004 416
October +0.005 95 + 0.005 150 + 0.010 103 + 0.007 348
November +0.023 111 + 0.005 176 + 0.009 86 + 0.011 373
December — 0.005 92 + 0.016 136 — 0.008 113 + 0.003 341
! Ohne den hier ausfallenden Jahrgang 1784.
® Ohne 1799 Juni— Aug. (Per. 8) und 1808 Mai— Oct. (Per. 10).
allen diesen Bearbeitern verfolgt wurden und welche eine Bestimmung von Sonnen-
durchmessern nicht einschlossen, vollkommen genügend waren. Nur im vorliegenden
Fall lag die Sache anders und waren vollständig gesicherte Nachweise über die
Fadenabstände durchweg und unbedingt erforderlich. Allerdings wirft sich der Haupt-
effect ‘der Fehler in den Annahmen für dieselben auf die persönlichen Gleichungen
im Sonnendurchmesser und wird mit deren Elimination aus der Untersuchung unschäd-
lich; die Verhältnisse können sich aber ganz anders gestalten, sowie diese Elimination
sich mit einer jährlichen Ungleichheit verwickelt, und führe ich beispielsweise den
allerdings extremen Fall an, dass in der zweiten Hälfte des Jahres 1784 die Assistenten-
beobachtungen mit den Greenwicher Fadenabständen redücirt den Sonnendurchmesser
3”’— 4’ kleiner geben würden als in der ersten Hälfte,
904 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom. 31. October.
Die hier angesetzten Gewichte entsprechen rechnungsmässig den
Zahlen der Tafel A, sind aber in Wirklichkeit mit einem nicht viel
unter 2 bleibenden Factor zu multiplieiren, um mit denselben ver-
gleiehbar zu werden, weil die Bestimmungen der hier jedesmal
combinirten beiden Einzelintervalle natürlich zum grössten Theile nicht
von einander unabhängig sind. Der hier zur Gewichtseinheit gehörige
m. F. ist daher nicht erheblich grösser als der m. F. eines Faden-
antritts für einen Aequatorealstern. Setzt man den m. F. eines
solchen = =0!15, so ergeben sich für die letzte, die ganze Periode
der Beobachtungen mit dem neuen Objeetiv vereinigende, Reihe der
Monatsmittel m. F. von = 0008 bis = 0°oı2 für das Intervall 5-1,
und von = 0.007 bis = 0’oıo für das Intervall 4—2. Der durch-
schnittliche Betrag der Monatsabweichungen ist aber in der ersten
Reihe =0°009 (ohne den allein auffälliger, aber gewiss auch nur zu-
fällig abweichenden Juniwerth = 0°0075), in’der zweiten = 0°006, und
es würde daher nicht der geringste Anlass vorhanden sein in diesen
Monatsabweichungen etwas anderes zu suchen als die Residua der
zufälligen Antrittsfehler, wenn nicht etwa die angedeutete bessere
Uebereinstimmung für das kleinere Intervall dahin zu interpretiren
sein sollte, dass kleine den Intervallen proportionale Änderungen vor-
gekommen wären. Die hier gefundenen Zahlen würden eine solche
Annahme nicht nothwendig, für sich allen kaum wahrscheinlich
machen; da aber eine vollkommene Unveränderlichkeit der Lage des
Netzes gegen die Focalebene innerhalb einer jeden der grossentheils
sehr langen hier gebildeten Perioden in der That nur einen sehr un-
wahrscheinlichen Zufall darstellen würde, so ist es wohl richtiger,
auf den angedeuteten Genauigkeitsunterschied Rücksicht zu nehmen,
wenn man durch Vereinigung der beiden Reihen die nach den Beob-
achtungen wahrscheinlichsten Beträge der den Intervallen proportio-
nalen Änderungen mit der Jahreszeit bestimmen will. Es genügt
hierfür die Werthe der ersten Reihe mit doppeltem Gewicht mit den
verdoppelten Beträgen aus der zweiten zum Mittel zu verbinden; es
ergibt sich dann die
Monatsabweichung vom Jahresmittel für ein Intervall von 140°
Januar — 0:007 Juli + 0.006
Februar + 0.005 August + 0.001
März —.0.012 September + 0.009
April —0.006 October + 0.013
Mai + 0.007 November -+ 0.005
Juni — 0.023 December — 0.007
Hiernach ist eine etwaige jährliche Periode in den Intervallen,
die nothwendig der Temperatureurve folgen müsste, unmerklich
klein, und die für einzelne Monate im Mittel erscheinenden Ab-
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. III. 905
weichungen sind, soweit sie wirklich um geringfügige Quantitäten
über die Reste der zufälligen Antrittsfehler hinausgehen sollten, auch
nur zufällige, durch die unregelmässigen Verschiebungen des Faden-
netzes hervorgebrachte Residua. Von dem etwaigen Betrage solcher
Residua geht in die Ableitung des Sonnendurchmessers durchschnitt-
lich nicht mehr als '/, über; es erweist sich also als vollkommen
zulässig und für eine erschöpfende Behandlung der Sonnenbeob-
achtungen 1772— 1810 ausreichend, das ganze Jahr hindurch mit
constanten Intervallwerthen zu rechnen, indem der äusserste Betrag
des Fehlers, der dadurch in der Amplitude einer etwa aus der Rech-
nung hervorgehenden jährlichen Ungleichheit möglicherweise erzeugt
werden kann, innerhalb o’ı eingeschlossen bleibt, der wahrscheinliche
Betrag aber geradezu als ganz unmerklich angesehen werden kann.
Für die Beobachtungen mit dem alten Objeetiv 1765 (von Juni ab)
bis 1772 werden die Monatsmittel der Abweichungen von den Normal-
werthen für das Intervall 4—2:
Januar -—.0.021 G. 22 Juli — 0010 (G.134
Februar — 0.003 » 25 August +0.034 » 91
März —0.116 » 25 September — 0.020 » 53 n
April — 0.019 » 26 October +0.0013 » 89 (Tafel D )
Mai —O0I1 nn 53 November — 0.007 » 101
Juni +0.032 » 106 December + 0.039 ” 50
Bei der für die meisten Monate nur verhältnissmässig geringen
Zahl von Beobachtungen haben die ohnehin in dieser Reihe grösseren
zufälligen Fehler jeder Art grössern Einfluss behalten können, und
bleibt namentlich für März eine sehr starke, gleichwohl aber nach Taf. A
ersichtlich nur zufällige Abweichung. Ohne diese ist der Durehsehnitts-
werth der Monatsmittel 0°019; diesen Betrag erreicht aber schon der
durehsehnittliche Werth desjenigen m. F., welcher den einzelnen Mitteln
allein wegen der zufälligen Antrittsfehler anhaftet, und die errechneten
Werthe der monatlichen Abweichungen dürfen daher auch für diese
Abtheilung der Beobachtungen völlig vernachlässigt werden. Wie die
Berechnung der Sonnendurchmesser hier ausgeführt ist, gehen in
llieselbe etwaige systematische Fehler des Intervalls 4— 2 wiederum
nur mit dem durchsehnittlichen Coeffieienten Ua ein, und für den
einen Haupttheil der hier anzustellenden Untersuchungen werden diese
Reste noch dazu dureh die Elimination der persönlichen Gleichungen
weiter unschädlich gemacht.
Mit den in Taf. C angegebenen Fadenabständen sind nun die Sonnen-
beobachtungen an allen Tagen in dem Zeitraum 1765 Mai 7 — ı810
Dec. 30, an welchen beide Ränder beobachtet sind, redueirt, und
906 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. October.
die daraus folgenden Culminationsdauern mit den Tab. Reg. verglichen.
Die Differenzen n = Gr. — T. Reg. wurden dann für jeden Beobachter
in Monatsgruppen zusammengefasst. Dabei habe ich für die Beobach-
tungen mit dem alten Objeetiv in der Annahme, dass die zufälligen
Fehler der Antritte für das schwache Instrument die übrigen zufälligen
Fehler weit übertroffen haben, die Gewichte der einzelnen n einfach
den Fadenzahlen entsprechend ansetzen lassen, wobei das Gewicht
eines nicht mit einem Vermerk der Unsicherheit behafteten Antritts
— ı gesetzt wurde; die als in geringem Grade unsicher (durch :) be-
zeichneten Antritte wurden in der Regel mit Gew. !/, mitgenommen.
Für die Beobachtungen mit dem neuen Objectiv und u. a. ansehnlich
verstärkter Vergrösserung schien es dagegen nothwendig, auf die für
jede einzelne Culmination constanten Fehler Rücksicht zu nehmen.
Setzt man den während jeder einzelnen Culmination constanten Fehler
bei einer Bestimmung der Durchgangsdauer gleich der Hälfte des zu-
fälligen Beobachtungsfehlers eines Fadenantritts, und das Gewicht = ı
für eine Bestimmung aus Beobachtungen beider Ränder an 4 Fäden,
so ergibt sich folgende Gewichtstabelle:
Fäden 5 4 3 2 I
PO 1.0 08 05
1 1:05,2.0:08..0728.05
050 nE10:0050:70:5
0:80 0.0740:77 030167404.
0,5% 10.508.0:57, 009.03
„u.
„Bo Pin
Ich habe mit Abrundung dieser Zahlen angesetzt:
p= ı für alle Bestimmungen, bei denen beide Ränder an
mindestens 3 Fäden beobachtet sind,
p = 0.7, wenn ein oder beide Ränder nur an 2 Fäden, und
p= 02.4, wenn ein oder beide Ränder nur an ı Faden be-
obachtet sind.
Die zufälligen Fehler der Fadenantritte sind ziemlich gross, und
es bleibt bei manchen Beobachtungen zweifelhaft, namentlich für die
erste Periode (1765— 1772), in welcher jedesmal höchstens 3 Werthe
unter einander zu vergleichen waren, ob einer oder der andere ı° zu
eorrigiren sei oder nicht. In vielen Fällen sind Correcturen von ı°
für einzelne Antritte aber höchst wahrscheinlich oder ganz sicher.
Ziemlich häufig sind solche Correeturen schon bei dem Druck der
Beobachtungen — augenscheinlich auf Grund einer vor dem Druck
ausgeführten Reduction — angezeigt, und ich habe in der Regel
diese Anzeigen befolgt. Zuweilen erschienen dieselben indess als un-
begründet und wurden nicht berücksichtigt. Im Interesse weiterer
Verwerthung der Maskelyne’schen Beobachtungen gebe ich in der
folgenden Zusammenstellung diejenigen an, bei welchen ich Correeturen
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. IH. 907
für einzelne Antritte — in den mit "* bezeichneten Fällen gemeinschaft-
liehe Correeturen für sämmtliche Antritte eines Randes angebracht
habe, die im Druck noch nicht angezeigt sind, oder wo ich
mit * bezeichneten Tagen — umgekehrt Correeturen des Drucks unbe-
rücksichtigt gelassen, oder auch durch andere ersetzt habe:
1767 Sept. 27, 1769 Jan. ı9, März 28, 1771 Juli 17*, 1772 April 5, Juni 14, 1773
Jan. 29, März 6,13, Apr. ı0, ı7, 26, Mai 31, Juli 21*, 1774 Jan. ı9, 30, Febr. 5,
an den
März 30, Juni 2, Juli 12, 1775 Mai 14, Juni 5, 25, Aug. 2, 1776 Apr. 23, Juni 19, 26,
Juli 8, Bl Jan. 31, Apr. 1, 28, Mai ı2, Juli 30, 1778 Febr. ı9, Apr. 26,
Sept. 21, Dec. 6, 15, '779 Jan. 3°, 14. März 10, Dec. 22, 1780 Febr. 4, Aug. 10, 16,
1781 Apr. 14, Oet. 23, 1782 Jan. 28, Juni 10, 1784 Jan. 5, Mai 24*, Aug. ı, Sept. S,
1785 Febr. 8, Apr. 15, 1786 Apr. 29, Mai 1, Juni 2, Sept. 11, Dec. 10*, 1787 Juli 2*, 5,
1788 März 4, Oct. ı 1789 Sept. 17, 1790 Jan. 19°, Mai 14*, 16, Aug. 24, 1793
Nor. 6*, 2794 Apı. 14, 28°, Julir2, Aug. 225, Dec. 6°, 31, 17 95 März 28'* 3%
Mai 5, ı8, 23, Oct. 22*, Nov.4, 1796 März 16, 1797 Febr. 22*, Juli 31, Okt. 15,
1798 er 21, Apr. 5, Juni 24, ee 20, Oct. 4*, 1799 Bi 25, Aug. 5, Dec. 31°,
1800 Jan. 14, Febr. 7, 19, März 30*, Juni ı2, 1801 Mai 8, ‚ Dee. 2ı*, 1802 Mai 7,
Juni ı1*, Juli 20, Sept. 30, 1803 Febr. 12, Aug. 25, Oct. es 1804 Febr. 13, März 22,
Sept. 23, ı8o5 April 9**, 1806 Juni 15*, 29, Aug. 21*, Sept. ı*, 14, Oct. ı2, Nov. 16,
Dee. 15, 1807 Jan. 4, 10, Juni 17, Juli S*, Oct. 20, 1808 Sept. 25°, Dec. 16, 1809
März 10, Juni 26, Aug. ı1, 1810 Apr. 29, Aug. 21, 25.
5»
I
Beobachtungen, bei denen einzelne Antritte gänzlich abweichen
und, weil sich keine wahrscheinliche Correetur darbietet, nur ausge-
schlossen werden können, sind in dieser Zusammenstellung nicht mit
enthalten. Eine Anzahl ohne weiteres ersichtlicher Versehen, deren
Gorreetur handgreiflich ist, z. B. Fehler von 10° oder 20° und die
nicht ganz seltenen Druckfehler von der Art: 39°6 statt 39” 6°, sind
gleichfalls nicht aufgeführt, ohne dass indess die Grenze strenge ge-
zogen wäre.
Ganz ausgeschlossen wurden, wegen grösserer bei der Reduetion
der Antritte verbleibender Zweifel oder wegen nachträglich bemerkter
übermässig grosser — meist übrigens durch die den betr. Beobachtungen
beigefügten Bemerkungen erklärlicher — Abweichungen der Resultate,
folgende Beobachtungen:
1765 Juni 7, Juli 27, Aug. ı6, 1766 März ı2, ı7, 1767 März ı2, 1768 Dee. 8,
1769 Juli 15, 1772 März ı9, 1774 Apr 20, Juli 22, Aug. 20, 1775 Apr. 20, Juni 2,
1776 März 21, 1782 Febr. ı7, a 13, 1789 Juli 8, 1793 Nov. 29, 1794 Juni 27, Aug. 6,
1795 Sept. ı, 1797 Mai 1,25, 1801 Der 7, 1810 Aug. 27
Das enthält oft Angaben über den Luft-
zustand oder die Bildbeschaffenheit, indess kaum häufig genug, um
die Abhängigkeit der beobachteten Durchmesser von diesen Umständen
für diese Beobachtungsreihe zu untersuchen. Bei der grossen Mehr-
zahl der Beobachtungen finden sich keine solehen Angaben, und ich
habe es deshalb unterlassen auf dieselben weiter Rücksicht zu nehmen,
als es durch Ausschluss einzelner unter besonders ungünstigen Um-
ständen ausgeführter und zugleich stark abweichender Beobachtungen
geschehen ist. Bei der grossen Zahl der auf jedes Jahr entfallenden
908 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 31. October.
Beobachtungen kann die Vergleichbarkeit der verschiedenen Jahres-
mittel durch diese Unterlassung nicht irgendwie merklich beein-
trächtigt sein.
Die Beobachtungen sind, wie Eingangs erwähnt, bald von Mas-
kelyne, bald von dem jeweiligen Assistenten angestellt. Für die
ersten Jahre, 1765 — 1769, sind die von dem Assistenten gemachten
Beobachtungen in dem gedruckten Journal mit dessen Namen be-
zeichnet, später ist diess, mit Ausnahme einer kurzen Periode, Aug.
1795 — Jan. 1796, nicht geschehen. Ich war im Stande, diesem
Mangel, welcher die Verwendbarkeit der Beobachtungsreihe für Unter-
suchungen über den Sonnendurehmesser thatsächlich einfach ausschloss,
abzuhelfen, indem ich mir bei anderer Gelegenheit nach dem hand-
sehriftliehen im Archiv der Greenwicher Sternwarte aufbewahrten
Journal für die ganze Reihe 1770 — ı8ıo einen Nachweis über die
Beobachter angefertigt habe. Ich gebe hier die folgende Liste der
Maskelyne’schen Assistenten, da die Geschichte der Astronomie ein
Interesse daran hat die Namen Derjenigen zu verzeichnen, welchen
ein grosser Theil der bislang vollständig unter Maskelyne’schem
Namen gehenden Beobachtungsreihe verdankt wird:
Joseph Dymond Mai 1765 — Aug. 1766
William Bayley Febr. 1767 — Apr. 1769, Aug. 1769 — März 1771
Malachy Hitchins 1769 Apr. — Aug.
Ruben Burrow Apr. 1771
Sept. 1773
John Hellins Nov. 1773 — März 1776
George Gilpin Apr. 1776 — Juli 1781
Joseph Linley Aug. 178 1— Sept. 1786
Malachy Hitchins 1787 März — Juni
John Brinkley 1787 Juli— Nov., 1788 Jan. — März
John Bumstead 1787 Nov. — Dee.
William Garrard April 1788 — Juni 178
John Crosley Aug. 1789 — März 179
Benediet Chapman April 1792 — Juni 1793"
Joseph Garnett Aug. 1793 — Mai 1794
Daniel Kinnebrook Juni 1794 -— Jan. 1796
Thomas Evans März 1796
William Garrard 1798 Juli
John Crosley 1798 Juli — Sept.
Franeis Nisbet Nov. 1798 — März 1799
Thomas Firminger März 1799 — Juni 1807
Thomas Taylor von Juli 1807 ab
)
‚6
2
Juni 1798
* 1792 Nov. ı4 und 1793 April29 — Mai 3 sind die Beobachtungen von John Orosley.
(Zu S. 909.)
J.D.
Januar [ovember
1765 96 9.8
1766|-+2°16 52 4/+465 ı1.ı
17671 0:73 3:0 3 33 11.7
1768| 0.30 3° 2 36 12.7
1769| 0.98 8:5 6 (78 6.0
1770| 0.90 7.2 5| dıo 1.5
1771 1.03 6.7 5 [7 8.9:
1772| 076 60 4
Januar [ovember
1765 r 142 4.0
1766 |+0:68 1.0 1) +4
1767 187 3.2
1768| 4.50 6.2 6 = 4.0
1709| 2.59 5.0 5 72 97
1770 09 5.0
17701 2:63, 3:0) 3
„ 33 83.2
17721 059 34 3
ı Febr.— Mai +
Januar ovember
1772 14 2.0
1773|+0:33 2.0 2|+131 85
1774| 0.15 44 5|+
1775 |3# 22 3:0
1776|+0.27 1.0 ı+|14 34
1777 |- 0:56 4.0 4 —|66 6.0
1778 |—123 3.0
1779|+ 0.10 67 7 —
17801— 0.26 47 5 —loı 10
1781|— 0.45 2.0 2)—09 5.0
1782|— 0.01 10 ı1)—-|17 4.0
* Hiernach Einse
N
Pu
December
+ 531 14.4
0.30 4.0
1.35 6.9
0.58 55
0.94 6.0
0.07 8.0
December
+0%53 14
5.05 7.6
4.86 57
3.40 7.0
3-77 7.0
2.24 7.9
December
+0°46 1.0
+0.08 1.0
— 0.12 12.0
—0.14 3.0
— 0.17 2.0
+0.45 4.0
— 0.06 1.0
— 0.16 3.0
— 0.36, 2:7
FE -.
|
Summe
ı1| + 36:73
4
5
4
4
6
NION
N
30.02
.60
.93
10.47
8.55
12.88
3.17
(Tafel E)
Jahr
Gew. Beob
117.7 92
136.6 120
114.3. 88
118.4 87
135.9 107
778 58
116.0: 90
Bo
Jahr
Gew. Beob
43:30. ,45
43:7 41
53.8 54
35.2 36
Son
69.9 71
87.4: 80
Jahr
Gew. Beob.
16.4 17
62.7 69
23.9 26
63.3 66
67.2..62
51.8 53
63.9 069
40.8 42
41.1 42
67.9 70
40.9 49
Mittel
+ 0046
— 0.018
+ 0.064
— 0.014
— 0.029
— 0.089
— 0.104
— 0.049
— 0.084
— 0.07
— 0.08
=.
Monatliche und jährliche Summen der Werthe Greenwich — Tab. Reg. (Tafel E)
Altes Objectiv.
Beobachtungen von Maskelyne.
Jahr
| Mä April Mai Juni Juli August September October November December Eummne Gun Bi Aare
2 Be 5 . R A "66 12|-+ 3:70 17.4 15)+3'96 9.8 7)+35°31 14.4 11 | + 3673 117.7° 92 ||+ 0'312
1765 . ge er 2 e ER 4 5 ar er 2. er m 17 Ei 2 = N: 11.7 12 030: 40 4 30.02 136.6 120 |+0.220
170 Ba ara ©, © .. 27 5 "7 I L = 32 ° = 2 4 2.05 10.9 N +1.03 20.7 16| 2.19 an 11 035 8:5 2 033 12.708 13 2 3 & gr 3 Be
j \ e- { E \ i f = t f ‚76 11.1 1.36 12. k 5 x 4 \
7 Ei 2 A B alas 5] 2:30:97 °7| 1.92 127 9, ar 10% 8 a a ei 2 er v 26 er hy; we RR 8 028 6 2 Br & 4| 10.47 135.9 107 ||+ 0.077
170 08 in A E ah L7 £ ae = 5 So Abs 3 Sr or 7 36 2 8| 058 42 3] 064 45 3 eo 5.9 5| 0,10 FE I Eye 838 72,8 ” es
! ae 2 | ' i . k Ä b 9 0.07 8.0 12.88 116.0 9 ‘
IL Be # ; 2 8, & Ei # 3| 0.68 ı1.0 ıı| 2.00 12.1 9)+2.11 er 2 1.69 15.3 11| 1.34 13. 10| 0.54 3.7 3) 0.89 143 11) 117 89 7 7 en a
ER 07 60 4| 008 30 2| 027 84 7 089 7.8 6| 1.52 6.0 41-035 6.1-
| Beobachtungen der Assistenten,
Jahr
Feb Mä April Mai Juni Juli August September October November December Sm Gew.‘ Kaoh.ii nass
y R er A s s s.
air anuar +033 1.0 1+2'79 6.2 6|+ 1:86 5.0 5|+2'26 4.9 5 +1142 40 4|+0°53 14 2 + 13794 43:3 45 |4-01322
"ob +068 1.0 ıl#+o'32 1.0 1|+0146 3.0 3|+0'60 6.4 7|+1'85 39 4| 0.68 35 4 00011021 2.0:.10, 1.041 |
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1769| 2.59 5.0 5l 089 10 ı| 3.28 50 5] 034 1. | et =
M.H. » 042 10 1 DIEBE 0710 2.4 2 10:49 210072 1.77 2 7 |+021
W..B. 1770 5 1.82 3:5 4| 2.38 40 4| 229 40 4| 049 10 ı| 4.43 62 6| 2.44 40 4| 6.27 9.5 10 6.42 10.7.1711 1.88 3053| 209 505 377 70 al 4408 699 7ı |+0.6gı
iıl 2.63 3.0 3] 3.62 50 5] 3.55 40 4|
RB. » ö | 930 20 2]-029 37 4| 047 42 4 608 2 3 1.57 56 5| 187 4.6 4| 060 48 4| 2133 82 7| 224 797 | 27.08 87.4 80 |+0.310
mal 059 34 3 243 56 6| 2.30 60 5| 079 18 2) 3.89 96 8| 5.78 16.1 15| 0.63 1.
! Febr. —Mai +0!113 (11.7), von Juni ab + 0'536 (32.0).
Neues Objectiv.
Beobachtungen von Maskelyne.
Jahr
Januar | Februar März | April Mai Juni Juli August September October November December Sa) Bee Bechi Mit
1772 —0!10 1.0 1/+0'33 7.0 7|+0:66 6.4 7 — 0114 29 2 n + 075 0A 12 ar
1773|+0:33 20 21+04 40 4 BIN 121,33 ‚dar 7.1 8|+0:35 as 5 —079 7.1 8|—0!61 9.4 10—0.10 1.4 2 —0.22 5.1 —031 85 ı0 zer 2 z sn 27 69 En
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1776|+027 1.0 1|+0.12 10.0 10—0.43 6.4 7|+0.10 3.8 H +0.07 50 51-025 37 4|-065 87 9|—039 2.4 3|—0.57 6. moR7 „ : + ot 34 4 IT. ” Ar nn ee
1777\-0:56 40 41-008 7.0 71-0.39 7.0 7l-1.06 7.7 8|-067 57 6l-0.36 3.0 3]—025 57 6|-0.36 10 ı ee 7 2|- 08 je ur 3 Ne
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178 — 0.45 2 2 —058 20 2-0. A 6.0 6-—-0.89 90 9 +0.07 6.0 6 0,57 4.4 0.00 5.7 6— 1.03 10.8 12|—0.52 4.0 4|—0.42 10.0 10/—009 5.0 5 er 3.0 3 5.38 67.9 70 707
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* Hiernach Einschnitte verbreitert.
FE PE:
“ANE BIEN Eu? nn
J.L.
1798
1799
1800
1801
1802
1803
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1805
1806
1807
1808
1809
1810
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1781
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1786
510.43 4.0 41H
Januar
— 0:30 1.0 a
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|
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—127 67 7|)+
0.00 2.0 2 +
— 0.80 9.4 10 +
— 055 30 3+
— 1.14 77 5 +
—0.33 20 24
—001 50 5|+
—0,58 60 64
— 0.09 1.0 4
+0.57 60 6 +
+0.13 10 1-
Januar
r
+0'90 7:3 9-
12
— 0.08 7.3 9 +
+2.56 88 10 +
+0.08 2.1 3
+0.18 50 5 L
—014 81 9 +
EIO 53:7 A
+0.59 5-4 6
+1.10 6.1 7|-
iz
—012 74 8-4
—073 .6.7 7|+
— 0.17. 540,617
-039 24 3|1
+029 27 3|-
* Hiernach Eins
! Starker Unteı
November December
0:42 4-7 5|+0.04 4.0
0.56 7.0 7|-1.49 7.0
1.03 9.0 9|— 1.06 6.0
1.05 47 5|— 1.02 11.6
3.32 16.1 17 — 1.28 4.8
1.97 10.4 11|— 2.06 9.0
1.52 6.0 6|—-1.14 3.0
0.91 6.0 6— 1.69 6.0
1.32 04.0 4|—-2.12 9.0
0.59 4.0 4|-078 3-7
1.64 7.4 8 —0.8 5.0
0.24 1.0 11— 2.31 7.0
0.37 3.0 3|—0.86 3.4
0.83 4.8 6 —0.80 6.0
0.49 5.0 5|—0.26 6.0
0.55 10.7 11|—1.19 5.7
0.08 1.4 2—0.53 7.0
— 0.50 2.7
— 1.37 12.0
|+#0.05 3.2
0.18 07 I)
—119 67
+0.76 6.0
+0.14 5.0
0.03 1.0 1—0.98 4.0
0.92 13.4 14|+0.26 3.0
0.20 3.0 3|—-0.,38 9.0
November December
098 7.4 7)+073 58
0.10 0.4 1+0.63 3.8
1.05 6.8 8)+0.82 6.1
1.36 3.7 440.50 2.0
0.68 11.0 14 +0.23 9.1
0.27 10.8 12) — 0.26 3.1
0.19 6.1 7|+0.32 3.4
0.11 50 54032 47
0.26 4.7 5|—0.02 2.0
0.12 7.4 8|—-o.19 6.0
0.06 6.4 71-065 74
0.30 7.85 9+0.22 6.0
0.05 2.7 3) —0.01 4.0
0.08 2.7 :3|—0.04 L.O
Ss PpPN ON PRONS PNUMT BO SO np oN a
non
ES
+ I +1
Summe
_—
It ++ + + I + +4++ ++,
5:93
4:05
6.06
17.82
10.75
20.23
21.97
24.95
206.74
28.88
15.52
14.75
18.47
2.84
NOUVOo0oo
DSIENIOINI
Oııus in
SS
(Tafel E)
Jahr
Gew. DBeob. Mittel
60.9 63 ||— 0097
28.1 29|I-0.144) _ =
30.4 31 1—-0.1995|
87:3 89 ||— 0.203
105.3 11 —0.159
103.9 118 |— 0.195
99.9 105 ||— 0.220
114.7 124 |— 0.218
105.1 109 |— 0.254
112.6 115 |— 0.256
70.3 73 |— 0.221
73.0 76 ||— 0.202
94.1 101 |— 0.196
09.9 72 | 0.173
67.1 71 ||— 0.152
76.2 78 ||-o.118
106.2 111 |— 0.120
66.2 71 ||— 0.087
744 30 |— 0.078
89.0 2 |— 0.073
82.1 86 || 0.089
88.4. 92 | 0.058
61.4 65 |— 0.046
55.6 61 |— 0.013
43:5 45 |— 0.012
77. 80 | — 0.010
51.6 54 |+ 0.071
557 501|+0.049
37:7 38 |+-0.058
Jahr
Gew. Beob. || Mittel
24.6 27 2
56.5 Er oı8g
|
4-2 61 r
843 105 a
58.1 68) r
6:5 ggrozu
|
- |
65.6 77 | + 0.073
03.5 104 |— 0.0009
70.5 81 |+0.043!
39.4 43 |+ 0.120
750 84 |+0.114
43.1 50 + 0.203
20.5 22 |+ 0.005
76.6 88 |— 0.014
85.0 94 || 0.000
294 331
wer
33.9 39 |- 9.021
24.2 26 |+ 0.102
0.173
B
R. B. 1772
J. H. 1773
J.L. 1781
Januar Februar Mi
1783 |— 0:30 vol: 30 3j—0o1
128 — 0.37 21-047 97° 77825
1785 — 0.38 3l—145 60 6 — 0.53
1786 | — 0.43 4 —096 4.0 41— eL
1787 |- 0:70 5|—0.84 8.5 10)— 1.0
1783 |— 1.07° 10|—079 40 4|—0.35
1789 |— 0.81 6—1.92 7.4 8) — 0.49
1790 |— 2.30 9|—0.84 6.0 6 — 0.90
1791 |— 0.38 21-088 5.0 H 313
1792 |— 1.27 7\—217 80 8|— 24
1793| 0.00 21-032 6.0 6|—0.85
1794 | — 0.80 10 — 1.61 80 8|- 1.49
1795 |— 0.55 H — 0.94 5.0 5|— 0.59
1796 |— 1.14 — 151 7.4 &-— 1.16
1797 — 0.33 2|—-0.32 8.0 8|— 0.36
1798 | — 0.01 5|— 1.22 11.0 11|— 0.74
1799 |— 0.58 61—0.56 4.0 4|— 0.33
1800 +0,31 3.2 4— 0.21
1801 |— 0.59 4—0.45 5.0.5—2.05 95
1802 | — 0.40 101 —0.06 6.4 7|— 1.64 13.
1803 | — 0.09 11—0.28 6.0 6|— 1.62
1804. |+ 0.21 4+0.12 40 4l—o.11
1805 |— 0.35 6/+061 58 7|—0.18 12.4
1806 | + 0.16 2|-+0.12 2.0 2)+0.19
1807 |+ 0.18 3|+047 40 4|+0.22 5.0
1808 | — 0.09 11+1.08 6.0 6+0.02 6.0
1809 [+ 0.57 6|—0.10 3.0 3)+0.54 3.0
1810|+ 0.13 1l—0.18 3.0 3|— 0.02
Januar Februar März
1773 |+0'90 7.8 91+0'59 3.0 3[+ 1'39
1774|— 0.08 7.8 9+0.59 2.1 3/+ 0.09
1775|+2.56 8.8 101+0.30 1.4 2|+0.85 44
1776 |-+ 0.08 3 +054 44
1777 |+ 0.18 5i—014 34 4|—029 7.
1778|— 0.14 9)—0.14 1.7 2|—0.05
1779|+ 0.45 4+071 37 4|+1.41
1780 |+ 0.59 6 #035 6.1 7|+0.19 65
1781 |+ 1.10 7+046 44 5|+1.01
1782 012 7.4 81-026 2.7 3l-0.12 48
17831-073 6,7 7 +0.52 40 4+0.47
1784 017 54 6) — 0.20 2.7 3|-0.10 5.9
1785 1—0.,39 2.4 3 — 0.08 2.0 2|—0.08 3.0
1780 +029 2.7 3)+080 6.4 7|+0.13 a
* Hiernach Einschnitte verbreitert. — **
\, Starker Unterschied der beiden Jahresh
Bw an =-W no. - von auoo voo.A
April
8|-ı!ı8 67 71 — 102 91
8i—0.72 3.0 3
4|— 2.05
g=T54
7|— 1.02
31— 3.16
3179.33
ee
— 2.74
— 132
er
— 1.52
— 1.13
— 1.31
— 0.60
Pu vn XS DO nC
$ oN OO - BwNı
Mai
— 1.02 5.7
— 2.44 11.7
— 2.58 11.4
177 2:4714:5
|— 3.34 15.0
— 1.59 10.7
— 3.10 11.4
—224 77
— 1.92 5.0
— 0.850 2.4
— 1.13 3.8
— 0.94 6.7
— 0.53 4.0
+#+0.04 3-0
)|—0.90 5.7
—081 7.8
+0.28 7.0
0.00 2.4
—0.24 5.0
4 — 0.39 10.4
79:5903:7
+0.35 2.0
9140.72 4.0
+0.03 1.0
+0.24 3.0
4|+028 2.0
Mai
3/+1178 8.ı
2/+0.04 6.2
6|+0.96 4.8
+0.36 6.5
+0.32 5.4
— 0.24 47
+0,73 7.0
+ 1.29 10.1
+1.97 6.4
—050 34
+ 0.05 %
i 0.74 8.7
|—0.19 «1.7
|—0.060 2.0
1784 Juni 14 Axe verkleidet.
älften: I. Halbj. — 0'009 G.32.6,
6|—0.22 2.02
12|— 1.99 9.0
x
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00
Juli
— 1:03 5.7 6i-0°52 6.0
— 3.67
— 1.07
2: 29
— 3.12
— 3.70
—T.55
Beobachtungen
5|+ 1:33
+ 0.54
+ 0.81
+ 0.57
+0.13
+ 0.45
+ 0.08
+ 1.29
+ 1.44
— 0.02
+031
157
[97
+ 0.10
#7 5| + 0.06
27 4+0.75
I. Halbj. +0!087 G. 37.9.
— 0.30 3.0
Juli
August
3|— 1.24
10.4 11|— 0.50
9 KENINI
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OOo - NUR ONL
N o-
September
6—0!52 6.0
— 1.97 10.0
— 0.965 5.0
— 0.77 11.7
— 1.68 6.7
— 0.19 1.0
— 2.01 12.7
— 2.72 10.3
— 3.15 13.0
— 1.22 64
— 2.23 10.7
— 3.18 18.7
— 1.48 094
21-076 6.2
+0.09 3.4
—1.II 7.0
— 0.84 11.0
— 1.66 13.0
— 0.26 16.0
— 1.19 12.7
— 0.28 3.0
—078 9.8
—0.18 1.0
— 0.08 3.0
+0.13 1.0
der Assistenten.
8 — 2.03
14| — 2.42
14| — 1.10
16) — 2.31
8|— 4-33
7\— 3.03
7\— 2.04
131 — 3.84
6| — 2.90
3|— 2.25
10
957
7\— 1.25
— 2.14
14| — 2.24
1, + 0.64
2 — 0.67
9 — 1.05
21— 0.44
ı[ 0.00
2)— 0.31
18) 0.00
4|— 0.13
9| + 0.04
7\— 0.52
+ 2:10
6 + 1.01
.5 10|-+ 2.23
7\+ 0.68
4| + 1.09
3|+0.49
6) + 0.09
2*
8| + 0.97
6
— 0.06
6|— 0.22
12|— 0.27
6|-+0.03
3|—0.12
3|+ 0.18
August
September
y|+0°17 1.0
+1.93 79
+0.32 6.2
+126 64
+ 0.67
10|+0.42 3-7
1/+0.08 4.4
8|+0.48 15.2
—0.18 5.4
+0.20 5-4
+0.32 2.8
+0.02 17
October | November
[e2)
[e3)
-
-SIS'n Oo
16,+0.14 3-7
13|—0.59 6.0
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— 0.08 19.8 :
11|+1.52 7.7
47 5|+0:04
10
| — 1.06
5[— 1.02
16.1 17 1.28
10.4 I1|— 2.00
6.0 6/— 1.14
6.0 6 — 1.09
4.0 4|— 2.12
40 4|—0.78
7.4 8|— 0.98
1.0 1|— 2.31
3.0. 3|— 0.86
4.3 6 — 0.80
5.0 5|— 0.26
.55 10.7 ID — 1.19
1.4 2) —053
|— 0.50
37
|+ 0.05
Omar
— 1.19
+ 0.76
|+0.14
1.0 1)— 0.98
13.4 14|+ 0.26
3.0 3| — 0.38
|
November | December
74 7|+0%73
0.4 1|+0.63
6.8 8|+ 0.82
3.7 4 +0.50
|
11.0 14|+0.23
10.8 12) — 0.26
6.1 7|+0.32
‚© 5/+0.32
7
Bun
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DSın
Bun 2209
+1 +
+
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Summe
Summe
+ 5:06
+ 10.23
OR
2:23
+ 13.03
+ 0.62
477
0.80
3.00
4-47
8.55
Gew. Beob.|| Mittel
60.9 63 ||— 0097
28.1 29 |— 0.144
0.4 1 |— 0.199
7.3 89 ||— 0.203
105.3 111 |— 0.159
103.9 118 |— 0.195
99.9 105 |— 0.220
51.0 54 ||# 0.071
55.7 56 |+ 0.049
377 38 ||+ 0.058
Jahr
Gew. Beob.|] Mittel
246 7 M
56.5 64 |+ 01189
|
4-2 6
84.3 105 |+ 0.096
+ rn (Hozu
39.4 43 |+ 0.120
75:0 84 I+0.1 14
43.1 50||+0.203
20.5 22 |+ 0.005
76.6 88 1— 0.014
85.0 94 | 0.000
294 331
46 2 (+ 0.017
33:9 39 Im 0.021
24.2 20 + 0.102
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(Tafel E)
| Jahr
Januar | November December ER Rs u. Mittel
M.H. 1787 0:05 784: 9 |— 0!006
J.Br.! 1787 020 1.0 ı] [- 045 1.0 ı]| — 0.06 87 9 } {
1788 — 0.53 86 u er
|
W.@. 1788 0.26 3.0 3l+0.50 3.0 3|+ 3.95 36.3 39] y
1789|+ 1417 3.0 3 +08 222 2 (+ 0.082
J.C. 1789 FoA15 07 11.07 60 6|- 228 97 ı0 |
1790|—0.07 1.0 10.02 1.0 11—-0.17 3.0 3|+ 068 405 42(_ 6
1791 0.26 3.0 3110.42 50 5| 0017 37 Al ı.m 365 38, on
1792 [H0.78 40 4l+0.13 10 ı|+ 1.19 120 ı2)
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1793 |+044 7.0 7 | va 75 Zr 000
J. G. 1793 0.31 1.0 11+0.80 40 4|+ 271 228 24
1794 +0.08 1.0 I + 0.56 8.7 0) (40.104
D.K. 1794 F1.34 57 6|+1.72 5.7 6| + 2.82 37:5 39 ||#0.075?
1795|+ 2.90 80 8-2.00 87 9+1.65 420 4|-+17.07 76.4 80 (+0 Bor
1796 |+0.38 3.0 3 + 039 23.0 3 =
T.E. 1796 r0.14 24 3 —038 3.0 3|— 2.73 8ı.5 86 |— 0.033
1797|— 0.32 3.0 3|-0.63 6.0 6|—0.09 3.0 3] — 2.57 50:5 2 |— 0.051
1798|— 0.37 50 5 | — 2.07 33.9 36 ||— 0.061
W. @. 1798 + 1.40 12.5 14|+0.112
F.N. 1798 10.227 1.0 1 — 022 10 1 Pe
1799|+ 0.96 5.0 5 + 1.59 180 ı8 07
T. F. 1799 F0.24 7.0 7/—015 50 5|— 0.16 z11 55 ||— 0.003
1800|—0.75 9.0 90.07 140 14 —0.45 5.0 5|— 430 77.3 80 |— 0.056
1801 |—0.14 4.0 40.60 12.0 12 +0.47 8.0 8|+ 3.54 86.3 89 ||+ 0.041
ı802|+0.20 3.0 3-1.01 90 9+041 7.0 7|+ 7.831 91.9 94 +0.085
1803 |— 0.06 6.0 6-0.48 ı1.0 I1 #025 50 5I+ 445 76.6 79 |+0.058
1804|— 0.41 3.7 450.04 6.7 7|—0.08 40 4|+ 1.50 87.1 91 ||+#0.017
1805 0.75 9:7 10/—0.25 3.0 3|+ 0.90 99.8 104 |+ 0.009
1806 |— 0.59 12.0 120.77 9.7 10—0.25 44 5|-+ 6.47 109.7 113 |+0.059
1807 |+ 0.17 10.0 10 + 438 48.5 50 |+# 0.090
T. T. 1807 F0.54 7.0 7|+0.38 420 4|+ 1.35 29.1 30 ||+ 0.046
1808 |+ 0.90 12.0 12-0.19 20 2 +0.30 4.0 4| + 13.96 89.9 2 |+0.155
1809|+0.36 1.0 17-0.34 3.0 3|+0.50 5.0 5[+18.72 83.4 84 |+ 0.224
1810| 0.00 1.0 1-2.75 11.0 I1|+3.49 11.0 ı1 | +23.78 106.8 108 |+ 0.223
ı Die beiden ı
2 Mittel besse
(Tafel E)
ER Februar März April Mai Juni Juli August September October November December Summe m Mittel
M.H. 1787 - f +01 0.77 ı|+0%01 2.7 3|—007 50 5 re en I- 1006
- 051 20 2|+0'28 2.0 2|+0117 47 5|[-0%o 1.0 ı)/[-0‘45 1.0 ı]| — 0.06 8.7 9)
2er 7% 0115 27 3-08 59 8 ? — 053 86 ıı " BON
+0.63 1.4 2|—007 07 11+074 2.1 3|+0'02 20 2+084 64 7+0.28 11.7 12)]+075 6.0 6+0.26 3.0 3|+0.50 30 3|+ 3.95 36.3 30
en +17 30 3|+0.39 24 3|+024 37 4|+0.10 47 5|+025 54 6|-030 3.0 3 a RR u
J.0. 1789 —-067 20 2-039 10 1|-015 07 1|-1.07 60 6|— 2.28 9:7 v0!
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B.C. En +044 7.0 7|—001 10 1|+089 9.0 9 +0.27, 6.7 7|+1.00 87 91+0.26 5.1 6 | er 23; 375 39 Ei
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Dr da: +290 80 8+075 17 2|+1.31 51 6|—030 2.7 3|+2.40 10.0 10 +1,56 57 6|+0.95 67 7) 000 60 6|+1.19 3.4 4+2.66 14.4 1542.00 87 9 +1.65 40 4 > 2 nn ” ER
1796|+ 0.38 3.0 3 | ;
Z — = — _ R —1. f 0. 4 31—0.38 3. — 273 81.5 86 0.033
Bo +0.06 3.7 41-022 4.7 5|-+0.09 12.0 12) —0.57 6.4 7|—0.19 6.4 7|—0.10 24.0 24|—0.21 10.9 13|— 1.07 8.0 8|—0.14 2.4 3 0.38 3.0 3 2.73 5 37
T.E HER —0.32 3.0 3)—0.69 6.0 6|+0.0 3% 5|—0.06 3.4 4140.04 7.4 8|—0.06 2.7 3 —-032 80 8-o.ı2 1.0 1|—0.28 3.0 3/—0.09 20 2|—-0.63 6.0 6|—0.009 30 3 pe 2.57 505 ” Dr
1798|— 0.37 5.0 5/#007 3.7 4 BEE! 34 41-037 3.1 4|—0.13 11.0. 11-079 7:7 2.09. 193.029 \
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18% 075 90 9|—-0.49 90 9|—-0.09 5.4 6j—-0.30 3.7 41-055 90 9|+001 2.0 2|—0.21 20 2j—0.18 2.0 2|—0.39 5-8 7j—0.83 10.4 11|— 0.07 14. 14|— 0.45 5.0 8 RD 273 * Kan
1801 1—0.14 40 4 En 7 91—0.09 2.7 3/+0.65 6.4 7[+0.34 10.1 11)+0.39 3.7 41-076 14.7 15|+1.06 80 8|+1.04 5.0 5|+0.59 3.0 3|+0.60 12.0 12)+0.47 8.0 + 3.54 86.3 89 . g'
1802 |+0.20 3.0 30.08 3.0 3|+073 50 51+069 5.4 6|+1.75 14.0 14] —0.12 3.7 4 vr 7.1 8)+077 777 8|+2.05 11.0 11)+2.97 16.0 16/— 1.01 9.0 gI+041 70 7 pi 731 92 Ei Be
18031—-0.06 6.0 6|+0.26 7.0 7|+0.64 5.0 5 +0,54 3.0 3/—0.07 2.0 2|—0.30 2.7 3 + 1.86 13.0 2 — 0.37 9.1 10)+0.21 3.7 4/+1.01 g1 10| + 0.48 6 and je 5 % Bei 2 2 Mr
1804]—0.41 3.7 4|+0.13 8.0 g —042 84 9|-002 54 65-041 150 ı5|+1.51 8.0 +0.66 7.4 —047 7.4 8|+1.06 44 5|—0.09 87 9|+0.04 6.7 7| 009,404 . ER
180 —0.42 57 6|+0.14 47 5|+0.06 3.0 3]+0.58 16.4 17|—0.78 84 9[+0.48 10.0 10|— 1.05 13.4 1440.29 13.1 14|#+ 1.10 12.4 13 +075 97 10025 3.0 3 e > 2 Pe: Pe
18061— 0.59 12.0 12)— 0.02 8.4 9|-0.19 4.0 4|+001 27 3 + 1.92 15.0 15/+1.19 7.0 7|/+0.85 10.0 10|+0.47 9.0 9|#+0.35 11.4 12]+1.96 16.1 1740.77 97 10-025 44 5 Zi u ji - oo
1807 |#0.17 10.0 10|—0.44 7.0 71+0.64 7.0 7|+105 7.0 7[+1.93 11.7 12)+1.03 5.8 7 - we -
x k z 7 54 7.0 7| 38 40 4|+ 1.35 29.1 30 ||+ 0.046
T.T, ı8o — 0.01 2.0 2|—0.09 2.0 2|+0.36 3.0 3/)#0.17 I1.T 12) 40.54 7.0 A 4 et 3 le-0,158
1808 |+0.90 12.0 12)+0.86 4.4 5+073 37 4l+171 5.4 6|+0.80 ı1o ıı[+0.22 1.0 1)+1.98 13.0 13|+2.03 14.0 14] + 1.31 11.7 12]+2.43 7.7 8)+0.19 2.0 2 +0.80 40 4 RR y 824 I aa
1809|#+0.36 1.0 1)+2.01 9.0 9 a 10.0 1041.58 6.7 7|+3.53 13.0 13|#0.47 1.7 2|+0.50 3.0 3[+1.41 80 8+1.50 80 843.76 15.0 15)+0.34 3.0 ee ee 2228 ı0A8 cd lrassa
1810| 000 1.0 1l+095 7.0 7l+1,55 60 6|+2.09 7.0 71+3.66 12.0 ı2l+1.01 64 71+126 9.4 10+0.67 6.0 6+1.90 15.0 151+3.85 15.0 1542.75 11.0 11/+3.49 11.0 81 237° v
! Die beiden eingeklammerten und nicht benutzten Beobachtungen von J. Bu. e |
* Mittel besser zu bilden: 1794 Juni — Sept. — 0'081 (17.4), später + 0'218 (99.5), vollständige Änderung der Auffassung nach den ersten vier Monaten.
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 909
Die vorstehende Tafel E gibt für jeden Beobachter die monat-
lichen Summen, und die lediglich aus der Addition derselben hervor-
gehenden jährlichen Summen der mit den zugehörigen Gewichten multi-
plieirten Unterschiede Gr. — T. Reg. nebst den Gewichtssummen und der
Zahl der benutzten Beobachtungen ‚in der letzten Columne die unmittel-
baren Jahresmittel selbst, oder die Mittel aller Beobachtungen für die-
jenigen Assistenten, welche nur kurze Zeit in Dienst gewesen sind.
Um aus den Beobachtungen mit dem alten Objeetiv die etwaigen
eonstanten Abweichungen der einzelnen Monate zu bestimmen, habe
ich in den verschiedenen Jahren folgende Werthe als erste Näherung
der Jahresmittel Gr. — T. Reg. abgezogen:
Mask. 1765 o°31
1766 0.22
1767 — 1772 0:086'
121). 0.322
W.B. 0.619, ohne die ersten 4 Monate
10.20.3120
Die Bestimmungen von 7. H. fallen hier aus; für W. B. habe ich die ersten
vier Monate fortgelassen, weil zwischen Mai und Juni 1767 ein grosser
Sprung ist. Überhaupt sind die Bestimmungen dieses Assistenten, ver-
muthlich eben wegen starker Schwankungen in der Auffassung des
Durchmessers oder der Beobachtungsart, von wesentlich geringerm
Werth. Es ist nämlich die durehschnittliche Abweichung einer Be-
stimmung von den verglichenen Mittelwerthen (ohne Rücksicht auf
Gewichtsunterschiede berechnet):
für Maskelyne für die Assistenten
1765 0157) J.D. 1765-6 0!140 d.G. 0.96
Bono 15N o8r 9 d.G. 1.26 W:B: 1767. 0261], A
767 4 27 en;
1767 0.141 z 68 801 9277 d. G. 1.03
68 ae 176 0.289)
TE ek 1769 0.217
123 >] 1770 Ban d. G. 0.98
192 0:133\ 53 > ee - 2
1771 0 ee d.G. 1.29 1771 0.228
R.B. 1771-2 0165 d.G. 1.09
wonach zwischen den Beobachtungen von Maskelyne, J.D. und R.B.
kein Gewichtsunterschied zu machen, dagegen für W.B. 1767—68
etwa 0.4, 1769— 71 etwa 0.6 als relatives Gewicht anzunehmen ist.
Die in den gleichnamigen Monaten dieser Periode verbleibenden
Restsummen, mit den — für W. 5. dem vorstehenden gemäss ver-
ringerten — Gewichten und Beobachtungszahlen, und die daraus
folgenden Mittelwerthe der Abweichungen der einzelnen Monate des
Jahres, sind in folgender Tafel enthalten.
! Statt 0089, wie die Werthe der Tafel mit ihren beigesetzten Gewichten ver-
einigt geben würden; 0'086 war das Mittel vor Verbesserung einiger Beobachtungen.
910
Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 31. October.
Tafel F.
Abweichungen der einzelnen Monate. Altes Objeectiv.
Summen
Beob. Januar Februar März April
39.0029 -
! h to) N N 1 E 1083 ).
W.B. |+041 7.3 14|+0.52 69 1ı3|+043 90 1ı6|-043 6.012
R.B. |=046 34 3/+0.68 5.6 6|+044 60 5|-0.13 38 4
Ass. +0,31 11.7 18\)+1.20 13.5 20|+0.36 18.0 24|— 2.01 16.2 23
Mai Juni Juli August
Mask. |+ 1:90 90.8 71|+1:66 82.9 64 |—1?58 07.9 76|— 2:33 93.3 73
J.D. +059 39 4-04 45 5|+053 7.2 7|+003 60 6
W.B. 1+0.44 2.9 7|/+0.40 10.5 21-027 48 1ı0|+001 74 14
R.B. |-+0.06 13.3 12 |—0.04 20.3 19|+042 39 4|—-0.17 56 5
Ass +1.09 20.1 23 |—0.08 35.3 45 |+0.68 15.9 21|—0,13 19.0 25
September October November December
Mask. |— 074 94.9 74 | — 2:86 8ı.1. 67 |+0°36 61.7: 48|+0:92 44.8 34:
J.D. +068 49 5 +013 40 4|+008 14 2
W.B. |+o0.20 8.6 ı6|-0.18 86 18|—1.58 11.7 22|—-0.16 13.6 27
R.B +04 46 4|-089 48 4|-02ı 82 7|-021ı 79 7
Ass +1.32 18.1 25|— 1.07 13.4 22|—- 1.66 23.9 35 |—0.29 22.9 36
Mittelwerthe
Monat | Mask. Ass. zusammen
Januar + 0:027 | +0:060 G. 51.3 47 B + 0'039
Februar + 0.056 | +0.089 | +0.065 » 53.2 52 » + 0.040
März — 0.039 | +0.050 | — 0.025 » 75.2 69 + 0.030
April +0.026 | — 0.124 | — 0.002 » 86.3 81 » + 0.014
Mai +0.021 | 40.054 | +0.027 »110.9 04 + 0.003
Juni +0.020 | — 0.002 || +.0.013 » 118.2 109 — 0.006
Juli —0.016 | +0.043 || — 0.008 » 113.8 97 » — 0.014
August — 0.025 | — 0.007 || — 0.022 112.3 08 — 0.019
September | — 0.008 | +0.073 | + 0.005 113.0 99 » — 0.020
October — 0.035 | — 0.080 || — 0.042 94.5: 89 » — 0.013
November | +0.006 | — 0.069 | — 0.015 85.6 81 + 0.003
December +0.020 | — 0.013 || +0.009 » 67.7: 70 + 0.023
Die letzte Columne gibt die Ordinaten einer durch die Maske-
lyne’schen Werthe allein gelegten, die Gesammtmittel aber gleichfalls
so weit als möglich ausgleichenden Curve. Offenbar sind die Monats-
mittel trotz der ziemlich grossen Zahl der Beobachtungen noch recht
unsicher, und ist kaum mehr daraus zu entnehmen, als dass im
Winter die Durchmesser etwas grösser beobachtet sind. Der niedrige
Sonnenstand würde diess zu erklären vermögen; da jedoch ein Einfluss
der Temperatur nach anderen Erfahrungen wahrscheinlicher ist, wird
man doch vielleicht die Ausgleichung durch die einfache Curve vor-
ziehen, welche dem Gang der Temperatur sich nahe genug anschliesst,
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. III. 911
und die Beobachtungen wohl bis auf Quantitäten darstellt, welche
nicht mehr verbürgt werden können.
Benutzt man die der Curve entnommenen mittleren monatlichen
Abweichungen zur Befreiung der Jahresmittel von der jährlichen Un-
gleichheit, so erhält man folgende verbesserte Werthe:
Tafel 6.
Jahresmittel Grw.— Tab. Reg. aus den Beobachtungen mit dem alten Objeectiv.
Jahr Maskelyne Jan). WeR: M. H. R.B.
1765 +0318 92 -+0'420 23
1766 +02I7 120 -+0.218 22 _ —_
1767 +0.084 88 — — (+0418 gı)!
1768 -+0.079 87 _ ._ + 0.688 54 — — en a
1769 +0.076 107 — _ +0.537 36 =. — m r
1770 -+0.104 58 —_— =.) +0%226 7 wi 27.
vs +0.625 71
1771 0.108 90 — _ı\ 2% -
1772 +0.067 29 _ = _ =
|
! Febr.— Mai + 0'095 (12), Juni—Dee. + 0'531 (29).
Es ist in dieser Tafel auffallend, wie schnell die von Maskelyne
beobachteten Durchmesser anfänglich abnehmen, um nach den beiden
ersten Jahren ganz unveränderlich zu werden. Sein Mittel für
1767 — 1772 wird + 0°087; die erste Hälfte dieser Periode würde
+ 0°079 (G. 368.7), die zweite +0°100 (G. 231.0.) geben, die Diffe-
renz ist nicht zu verbürgen, widerspricht aber jedenfalls einem Fort-
schreiten der Verkleinerung. Es ist ferner auffallend, das die starke Ab-
nahme von 1765 auf 1766 sich in den Beobachtungen des Assistenten
gleichfalls findet; aber gerade diese Übereinstimmung, und der grosse
Betrag der Änderung, legt die Vermuthung nahe, dass die Änderung
von dem Beobachter geflissentlich herbeigeführt ist, indem Maskelyne
das anfänglich befolgte Beobachtungsverfahren irgendwie als incorreet
erkannt und abgeändert hat. Welch weiter Spielraum für Änderungen
in der Auffassung der Antritte der verschiedenen Ränder bei den
mangelhaften nicht achromatischen Bildern vorhanden gewesen ist,
zeigen die Bestimmungen des zweiten Assistenten, der anfänglich die
Durchmesser mit Maskelyne übereinstimmend, alsbald aber um den fast
unglaublichen Betrag einer reichlichen halben Zeitsecunde grösser beob-
achtet hat. —
Sämmtliche Assistenten haben, im Mittel aus allen Beobachtungen
eines jeden, die Durchmesser grösser gefunden als Maskelyne, durch-
schnittlich etwa
J.D. 0°06
W.B. 0.52 (von Juni 1767 ab)
M.H. 0.14
Inden. (2%
912 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31, October.
Am ı1ı. Juli 1772 wurde ein neues, achromatisches Objeetiv, von
2.6 engl. Zoll freier Öffnung, an Stelle des alten einfachen Objeetivs
von 1.6 Zoll in das Fernrohr des Passagen-Instruments eingesetzt.
Am ı. August 1772 wurde ferner das Ocular durch ein neues, eine
einfache Linse von Sofacher Vergrösserung statt der 5ofachen des
bis dahin angewandten Oculars, ersetzt und zugleich die Einrichtung
getroffen, dass dasselbe über das ganze Netz verschoben werden konnte.
Die wenigen (4) Beobachtungen, welche mit dem neuen Objeetiv und
alten Ocular gemacht sind, habe ich nicht benutzt, vielmehr die
Untersuchung der neuen Reihe mit August 1772 begonnen.
Nach diesem Zeitpunet sind zwei Mal Änderungen getroffen,
welehe möglicherweise von Einfluss auf die beobachteten Culminations-
dauern sein konnten: im Sommer 1779 wurden die nur 6 Zoll breiten
Meridianspalten auf 3 Fuss verbreitert, und am 14. Juni 1784 erhielt
die Horizontalaxe des Instruments eine Verkleidung von Mahagoni-
holz. Da das Instrument im übrigen nicht beschirmt wurde, ist es
möglich, dass bei beiden Gelegenheiten der Betrag einer regelmässig
eintretenden Verstellung desselben zwischen den Culminationen der
beiden Sonnenränder, welche vermuthlich nicht gross, aber doch viel-
leicht merklich gewesen ist, sich verändert hat: und zwar kann sich
an beiden Stellen ausser dem mittlern beobachteten Durchmesser auch
die jährliche Ungleichheit verändert haben.
Ich habe deshalb zunächst an beider Stellen die in Tafel E er-
sichtliehen Abschnitte gemacht. Die letzte Columne der Tafel ge-
stattet ohne weiteres zu prüfen, ob in den Jahresmitteln Änderungen
vorgekommen sind. An der ersten Stelle ist die Antwort entschie-
den verneinend. Maskelyne’s Jahresmittel zeigen sich von der Ände-
rung der Spaltbreite gänzlich unbeeinflusst, denn alle seine Mittel
von 1777—1783 können fast als identisch angesehen werden; die
159 Beobachtungen durch den engen Spalt geben in dieser Zeit
M.—T. Reg. = + 0°088, und die 229 Beobachtungen nach der Ver-
breiterung + 0°085. In den Beobachtungen des Assistenten, in dessen
Dienstzeit diese Änderung fiel, @.@. 1776 — 1781, kommen allerdings
starke Sprünge vor, aber dieselben haben mit der Verbreiterung des
Spalts nichts gemein. @.G. scheint vielmehr 1777 und in der ersten
Hälfte des Jahres 1778 den Durchmesser kleiner aufgefasst zu haben
als anfänglich, dann wieder auf seine ursprüngliche Schätzung zurück-
gekommen und schliesslich 1781 mit einem Sprung über dieselbe noch
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. IT. 913
hinausgegangen zu sein. Von Mitte 1778 bis Ende 1780 aber sind
seine Durchmesser ersichtlich unverändert geblieben: @.@.—T. Reg.
vor der Verbreiterung des Spalts +0°103 (73 B.), nachher +0°110
(97 B.).
An der zweiten Stelle zeigt sich eine beträchtliche Änderung in
Maskelyne’s Durchmessern, die, in der That nach der Gruppirung der
Beobachtungen recht plötzlich, etwa o’S kleiner werden. Möglicher-
weise hat die Verkleidung der Axe hieran einen Antheil, ein Blick
über die weitere Reihe der Maskelyne’schen Mittel zeigt aber, dass
derselbe nur klein sein kann, und man es in der Hauptsache viel-
mehr mit einer, von der Veränderung des Instruments unabhängigen
und anderweitig noch aufzuklärenden, fortschreitenden Änderung
zu thun hat. Die Beobachtungen des damaligen Assistenten J.L.
geben eine geringe Änderung nach der entgegengesetzten Seite, näm-
lich im Mittel vor Verkleidung der Axe 1781— 1784 J.L. —T. Reg.
= — 0:006 (237 B.), nachher ı784— 1786 + 0°032 (109B.); der grössere
Werth der letzteren Periode wird aber wesentlich durch die Beob-
achtungen des Jahres ı 786 erzeugt, die mit den früheren nicht gleich-
artig zu sein scheinen. Die Beobachtungen von J. L. mit verkleideter
Axe bis Ende 1785 geben nur + 0:010 (83 B.), also einen auch rech-
nungsmässig gar nicht mehr zu verbürgenden Unterschied gegen die
vorhergehenden Beobachtungen.
Alles zusammen genommen scheint demnach auch die 1784 im
Zustande des Instruments eingetretene Änderung keinen merklichen
Einfluss auf die Jahresmittel erlangt zu haben.
In der jährlichen Ungleichheit konnten sich die vorgekommenen
Änderungen aller Wahrscheinlichkeit nach weniger merklich machen
als in den Jahresmitteln. Es ist deshalb fast überflüssig nach dem
eben erlangten Resultat auch noch das Verhalten der jährlichen Un-
gleichheit in den verschiedenen Perioden zu vergleichen. Ich setze
nur die folgenden Resultate einer vorläufigen, in den Grundlagen von
der definitiven Tafel hier und da noch unerheblich verschiedenen Zu-
sammenfassung her:
enger Spalt, 1772 — 1779 weiter Spalt, 1779— 1786
mon. Abw. ask. allein M. und Ass. Mask. allein M. und Ass.
Januar +0:046 18.1 — 0:002 61.4 — 0011 15.7_— 0.023 51.8
Februar + 0.026 38.4 + 0.025 53.7 — 0.030 30.4 — 0.021 58.8
März + 0.022 44.0 — 0.003 85.0 + 0.002 39.8 — 0.006 76.6
April + 0.004 45.5 — 0.004 79.1 — 0.028 42.7 — 0.030 81.4
Mai + 0.022 26.4 — 0.001 69.1 — 0.013 50.6 + 0.007 88.4
Juni — 0.028 35.5 —0.013 74-5 — 0.015 40.83 + 0.017 82.6
Juli — 0.041 37.4 — 0.016 69.5 — 0.054 43.9 — 0.005 85.0
August — 0.094 22.0 ,— 0.004 87.2 — 0.025 45.2 — 0.027 75-9
September — 0.021 29.2 +0.011 83.9 + 0.013 43.1 +0.015 81.7
October +.0.017 33-6 +0.013 82.3 + 0,046 42.1 + 0.037 86.0
November — 0.005 25.9 — 0.017 71.7 + 0.057 35.4 + 0.010 72.3
December +0.044 19.0 +0.011 52.3 + 0.025 35.3 — 0.007 66.4
Sitzungsberichte 1889. 82
914 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Es ist nicht möglich, in diesen Zahlen einen Eintluss der Ver-
breiterung des Spalts nachzuweisen. Man ersieht aus den weiterhin
zu gebenden Zusammenstellungen (Taf. H, J), dass auch die Verkleidung
der Axe sich in der jährlichen Ungleichheit in der That nicht merk-
lich macht; es war deshalb nieht nöthig, die in der vorläufigen Unter-
suchung aus anderen Gründen mit den Beobachtungen vor Verklei-
dung der Axe vereinigten weiteren Beobachtungen bis Ende 1786
aus der obigen Vergleichung wieder auszusondern (für die Maskelyne-
schen Beobachtungen ist diess, in der definitiven Rechnung, später
übrigens noch geschehen, s. Taf. H).
Nach diesen Ergebnissen konnte ich bei allen weiteren Unter-
suchungen die Trennungen 1779 und 1784 gänzlich fallen lassen, und
hatte somit in den von Maskelyne angestellten Beobachtungen eine
38jährige Reihe, die es nunmehr gestattet schien als eine in jeder
Beziehung durchweg gleichförmige anzusehen und zu behandeln.
Die von Maskelyne beobachteten Durchmesser sind, aber weit
davon entfernt unverändert geblieben zu sein, vielmehr zeigt ein Blick
über die letzte Columne der Tafel E, dass sie sich im Verlauf der
38 Jahre sehr bedeutend und überwiegend sehr regelmässig geändert
haben; die Änderung ist so schnell vor sich gegangen, dass es zur
Untersuchung der jährlichen Ungleichheit kaum genügt, die Mittel
für die einzelnen Monate jedes Jahres mit dem Gesammtmittel des
Jahres zu vergleichen, sondern auch hierbei auf die fortschreitende
Änderung Rücksicht zu nehmen räthlich ist.
Ich habe zu diesem Behuf die ersten Näherungswerthe der Maske-
lyne’schen Jahresmittel (Taf. E) einer graphischen Ausgleichung unter-
worfen, welche für die Mitte der einzelnen Jahre folgende Werthe
M.—T. Reg. ergab:
1772 +- 0.026 1785 — 0.170 1798 — 0:114
1773 + 0.011 1786 — 0.185 1799 — 0.101
1774 — 0.005 1787 — 0.202 1800 — 0.088
1775 — 0.017 1788 — 0.221 1801 — 0.076
17706 — 0.030 1789 — 0.239 1802 — 0.064
1777 — 0.042 1790 — 0.255 1803 — 0.052
1778 — 0.056 1791 — 0.249 1804 — 0.039
1779 — 0.070 1792 — 0.230 1805 — 0.025
1780 — 0.083 1793 — 0.210 1806 — 0.011
1781 — 0.097 1794 — 0.188 1807 + 0.007
1782 — 0.117 1795 — 0.167 1808 + 0.025
1783 — 0.135 1796 — 0.147 1809 + 0.047
1784 — 0.153 1797 — 0.129 1810 + 0.009
Verglichen mit Werthen, welche zwischen den Angaben dieser
Tafel für jeden Beobachtungsmonat interpolirt wurden, gaben die
gleichnamigen Monate verschiedener Abschnitte der Reihe folgende
mittleren Abweichungen:
x
Auwers: Nene Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. III. 915
(Tafel H)
Monat 1772 —1779* 1779°— 1784” 1784°* — 1786 1787 —ı791
Januar +0:024 18.1 —0015 117 +0:056 7.0 + 0'039 29.6
Februar +0.010 38.4 + 0.035 204 — 0.073 10.0 + 0.050 30.9
März +0.021 44.0 +0.017 274 +0.036 12.4 + 0.007 30.0
April — 0.010 45:5 — 0.022 23.7 — 0.014 19.0 — 0.024 53.5
Mai + 0.007 26.4 +0.041 275 — 0.042 23.1 +0.014 59.3
Juni — 0.040 35.5 +0.038 18.1 — 0.046 22.7 — 0.000 50.9
Juli — 0.053 37-4 — 0.007 22.8 — 0.088 21.1 — 0.026 52.1
August — 0.110 22.0 +0005 26.8 — 0.028 18.4 — 0.009 59.1
September —.0.029 29.2 — 0.012 16.4 +0.036 26.7 — 0.006 44.2
October + 0.005 33-6 +0.051 24.7 + 0.057 17.8 + 0.018 52.3
November —0.015 235.9 +0.071 147 + 0.048 20.7 +0.015 42.5
December -+0.033 19.0 +0.101 10.7 + 0.013 24.6 — 0.025 31.8
* Vor und nach Verbreiterung des Spalts.
* Vor und nach Verkleidung der Axe.
Monat 1792 — 1797 1798 — 1802 1803 — 1810
Januar + 0:061 30.8 + 0004 25.0 + 0'035 23.4
Februar + 0.022 42.4 +0.011 29.6 +0.064 33-8
März +0.037 48.1 — 0.033 41.0 + 0.009 43-5
April + 0.013 44.0 — 0.010 51.9 +.0.006 49-9
Mai — 0.031 24.9 +.0.032 27.9 + 0.082 26.1
Juni +0.002 34.6 — 0.011 51.9 — 0.002 72.7
Juli — 0.032 47.1 +0.023 23.1 — 0.030 50.8
August — 0.014 62.8 — 0.025 51.7 — 0.036 58.7
September —0.015 45.2 — 0.028 40.6 — 0.035 46.5
October — 0.022 14.4 +0.069 32-5 — 0.022 13.7
November -+0.003 25.2 + 0.070 12.1 +0.043 18.1
December —.0.026 31.1 — 0.031 30.6 — 0.053 33.7
Bildet man nur drei grössere Abschnitte, so werden die Re-
sultate:
1798 — 1810
Monat
p Mittel
Januar +05 36.8 38|+0!018|+ 3:33 60.4 64 \+0°055|+0'92 48.4 49 | +0lo1g
Februar +0.38 68.8 70 |+0.006|-+ 2.68 73:3 76|+ 0.037 |+ 2.47 63.4 66 | + 0.039
März + 1.83 83.8 88 |+0.022|+ 1.98 78.1 82)+0.025|—0.96 84.5 89|— 0.011
April — 1.27 88.2 93 |—0.014|—0.73 97.5 108 | — 0.007 |— 0.23 101.8 106 | — 0.002
Mai +0.34 77.0 80 |+ 0.004 |+0.03 84.2 89 |+0.000|+3.04 54.0 57 | + 0.056
Juni — 1.77 76.3 79 |— 0.023 |+0.06 85.5 90 +0.001 |—0.69 124.6 133 | — 0.006
Juli — 3.99 81.3 87 |—0.049|— 2.84 99.2 107 | — 0.029 |— 1.00 73.9 76 | — 0.014
August — 2.82 67.2 72 |—0.042|— 1.42 121.9 127 | — 0.012 |— 3.42 110.4 117 | — 0.031
September — 0.07 72.3 75 |— 0.001 |—-0.94 89.3 93 |—0.011 |— 2.80 87.1 91 | — 0.032
October +2.46 76.1 80 |+0.032|+0.60 66.7 70 | +0.009|+ 1.95 46.2 48 | + 0.042
November +1.65 61.3 64 |+0.027|+0.71 67.7 71|+0.010|+ 1.63 30.2 32|+ 0.054
December +2.04 54.3 57 |+0.038|— 1.62 62.9 65 | —0.026|— 2.73 64.3 67 | — 0.042
Alle drei Perioden zeigen, trotz einiger etwas auffälligen Ab-
weiehungen in einzelnen Monaten, doch einen im ganzen überein-
stimmenden Gang und nahe dieselbe Amplitude der jährlichen Un-
gleichheit. Fasst man daher schliesslich die ganze Reihe zusammen,
so erhält man die Werthe für Maskelyne 1772 — ı810 wie folgt:
. 82*
916 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Monat 3Abw.| 2p |Beob.| Mittel
x
Januar + 4:90 | 145.6 | 151 ||+ 0.034
Februar + 5.53 | 205.5 | 212 ||+ 0.027
März + 2.85 | 246.4 | 259 ||+ 0.012
April — 2.23 | 287.5 | 307 || — 0.008
Mai en en 215.2 a6 + 0.016 (Tafel H ii
Juni — 2.40. | 286.4 | 302 || — 0.008
Juli — 7.83 | 254.4 | 270 ||— 0.031
August — 7.66 | 299.5 | 316 || — 0.026
September | — 3.81 | 248.7 | 259 || — 0.015
October + 5.01 | 189.0 | 198 ||+ 0.027
November + 3.99 | 159.2 | 167 ||+ 0.025
December — 2.31 | 181.5 | 189 ||— 0.013
Zur Bestimmung der jährlichen Ungleichheit aus den Beob-
achtungen der Assistenten habe ich als Vergleichszahlen für R. B.,
J.H., J.C., B.C. die in der letzten Columne der Tafel E aufgeführten
Mittelwerthe benutzt, ferner für @.@. 1776 —ı779 (eng. Sp.) + 0040,
1779 — 1781 (weit. Sp.) +0°141; J.L. 1781 — 1784 (freie Axe) — 0°006,
1784— 1786 (verkl. Axe) + 0'032; W.G. 1788 — ı789 + 0073 ';
D.K. (von Oct. 1794 ab) + 0°218; T.E. — 0°044; T.F. 1799 — Juli
ı801 — 0°026, Aug. 1801— 1803 + 0°078, 1804— 1805 + 0°013, 1806
— 1807 +0°069; T.T. 1808 +0°155, 1809— 1810 +0.22
Die zu kurze Zeit umfassenden Beobachtungen von M.H., J.B.,
J.@., W.@. 1798 und F.N. fallen hier aus, ferner mussten die ersten
4 Monate von D.K., und von T.T. die von den späteren stark ab-
weichenden und nur eine Hälfte des Jahres umfassenden Beobachtungen
von 1807 fortgelassen werden.
Die monatlichen Abweichungen für die einzelnen Assistenten
aufzuführen hat kein Interesse, da die meisten dieser Einzelwerthe
allein genommen zu unsicher sind; ich gebe hier nur die folgenden
Resultate für umfassendere Gruppen:
! Dieser Werth stand ursprünglich statt des richtigen + 0°082 in Taf. E. Die
fehlerhafte Zahl rührt von einer irrigen Bezeichnung einiger Beobachtungen in der
Tafel der einzelnen beobachteten Durchmesser her, bei denen sich der Rechner in der
Periode 1787— 1789 hinsichtlich der Zugehörigkeit zu den verschiedenen Assistenten
mehrfach versehen hatte. In Folge des Umstandes, dass ich meine in dieser Mitthei-
lung enthaltenen Untersuchungen und die Redaction dieser Mittheilung selbst grossen-
theils am Cap der Guten Hoffnung und auf der Reise ausgeführt habe, ohne meine
Originalnachweise vollständig zur Stelle zu haben, ist diess Versehen bis, zur Correetur
des Drucks unbemerkt geblieben, und nachträglich nur in Taff. E, M, 0, P, sowie der
Zusammenstellung der Beobachtungsfehler S. 917 berichtigt worden. Eine Neuauf-
stellung der Tafl. J, J', J’ dagegen, in denen möglicherweise einige Angaben um eine
Einheit der letzten Deeimale zu ändern wären, blieb unterlassen, und ebenso die Be-
richtigung eines oder des andern ähnlichen aber noch gleichgültigern nachträglich
bemerkten Versehens. Uebrigens ist an einzelnen Stellen auch im Greenwicher Original
ganz vollständige Sicherheit, von wem eine Beobachtung herrührt, überhaupt nicht
zu erlangen.
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 917
Ne A NER 7E
Arena: 1772— 1779 1779 1786 zusammen 1772 — 1786
enger Spalt | weiter Spalt || > Abw. B. Mittel
Januar — 0.029 43.3 | — 0029 36.1 Ik 2’31 79:4 89 —0!o29
F ebruar +0.033 15.3 |— 0.003 28.3 || #+0.41- 43.6 49 +0.009
März —0.01I 40.0|—0.017 36.8|| — 1.060 76.8 93 — 0.014
April +0.018 32.2 |— 0.033. 38.7|| — 0.70 79.9 82 — 0.010
Mai — 0.004 42.7 |+0.025 37.4|| +0.80 80.1 90 0.010
Juni — 0.003 38.6 |+0.048 41.8 + 1.90 80.4 93 +0.024
Juli +0.010 31.7 |+0.047 41.1|| +2.24 72.8 82 +0.031
August +0.016 64.5 |—0.031 31.7 || #+0.07 96.2 113 -+0.001
September | +0.015 54:7 |+0.017 38.6|| + 1.46 93.3 105 + 0.016
—— Oetober 0.000 48:7 |+0.027 43.9| +1.21 02.6 IOI -+0.013
FD November — 0.026 45.8 |—0.036 36.7 || —2.51 82.5 93 — 0.030
r December — 0.004 33-3 |— 0.043. 31.1|| — 1:48 64.4 71 — 0.023
ee) 3 q
re: „ya —
ar Mora 1788 — 1798 1 1799 1810
—— >&Abw. 2». B. | Mittel ‚1. 2Abw...2p.7 7 B. || Mittel
Januar } —.4:56 61.7 62 | — 02074
Februar Z —:3:66 77:2 79 | — 0.047
März B > | + 0.008 | — 0.2 61.9 64 | — 0.004
April -3 37 | 0.058 | -0.13, 57.7 61.| —0.002
Mai .9 69 | #0.024 | +3.34 132.3 135 | +0.025
Juni — 0:32 42.8 46 | 0.007 | + 2.27 59.2 64 | +0.038
Juli +0.69 36.1 37 | +0.019 | —0.61 97.3 100 | — 0.006
August —'0.52° 44-4 45 | —0.012 | - 3.98 00.0 093 | — 0.044
September —0.64 43.4 47 | — 0.015 | + 0.09 98.2 103 | + 0.001
October — 1.58 48.2 50 | — 0.033 | +5.80 116.4 120 | +0.050
November +0.84 39.5 4I | #+0.02I | —-1.I8 05.1 06 | — 0.012
December +1.11 35.4 36 | +0.032.| — 1.14 61.4 62 | — 0.019
Die Bestimmungen verschiedener Assistenten sind hier vereinigt,
ohne speeifische Gewichte für dieselben zu unterscheiden. Es war
diess zwar, wie die folgende Tafel zeigt, nicht ganz richtig, aber
die Vernachlässigung der Unterschiede praktisch ganz gleichgültig.
Die Abweichungen der einzelnen Durchmesserbestimmungen von vor-
läufig zur Vergleichung gebildeten Mittelwerthen hatten nämlich fol-
gende Zahlen als durehschnittliche Abweichungen einer mit dem neuen
Objeetiv beobachteten Culminationsdauer ergeben:
Maskelyne 1772—1775 0147 178B.,d.G.0.93 R.B. 1772-3 0.163 .gıB.,d.G. 0.89
1776—1779 0.123 221» -» 0.94 J.H. 1773 —ı776 0.164 187 » » 0.82
1779-1781 0.120 117» » 0.07 G. G. 1776 — 1779 0.126 292 » » 0.88
1782 —1784 0.113 141» » 0.96 » 1779 —1781 0.114 147 » » 0.89
1784— 1786 0.126 231" » 0.97 J.L. 1781 — 1784 0.097 235 ”» » 0.90
1787 — 1789 0.128 347" 0.92 » 1784— 1786 0.112 109 » » 0.92
1790—1792 0.112 2097» » 0.97 M.H. 1787 0.090 9” » 0.03
1793—1795 0.120 249» » 0.95 J.Br. 1787-8 0.140 20» » .0.86
1796 — 1798 0.124 260» » 0.96 W.G. 1788-9 0.215 63» » 0.93
1799— 1801 0.140 243 » .» 0.95 J. C. 1789 —1792 0.122 102 » » 0.97
1802 — 1804 0.153 243» » 0.95 "BAQ. 1792-3 ,0.142, 75 =.» 0.98
1805 —1807 0.143 186» » 0.95 JA, 1703-4 10,133, 133 9,,42%.0.05
1808— 1810 0.129 148» » 0.98 D. K. 1794 — 1796 0.183 122 » » 0.96
T. E. 1796 —ı1798 0.100 174 » » 0.95
W.G. 1798 0.143 14” _» 0.89
F.N. 1798-9 ° 0.203 19 » » 1.00
T.F. 1799— 1803 0.137 397 » » 0.97
» 1804—1807 0.134 358 » ” 0.96
T.T. 1807 —ı810 0.135 314 » » 0.99
Die Beobachtungen der Jahre 1779 und 1784 habe ich hier ver-
schiedenen Gruppen zugetheilt, je nachdem sie vor oder nach den
918 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 31. October.
mehrerwähnten Änderungen gemacht sind. Ein Einfluss dieser Ände-
rungen lässt sich auch hier nicht mit Bestimmtheit erkennen.
Die vorstehenden Zahlen werden durchschnittlich etwas zu grosse
Werthe für die zufälligen Fehler einer einzelnen Bestimmung geben,
weil die Vergleichswerthe in der Regel Mittel aus mehreren auf
einander folgenden Jahren gewesen sind, und die jährliche Ungleich-
heit gar nicht in Abzug gebracht ist. Insbesondere ist durch beide
Umstände Maskelyne gegenüber den Assistenten etwas benachtheiligt.
Bildet man aus der ganzen Reihe 1772—1ı810 die monatlichen
Summen und Monatsmittel aus den Restabweichungen für sämmtliche
in Tafel J enthaltenen Beobachtungen der Assistenten zusammen, so
erhält man ohne Unterscheidung speeifischer Gewichte:
Assistenten 1772—1810
Monat 2 Abw. p \Beob.| Mittel
Januar — 690 | 174.1 | 184 || — 0!040
Februar — 2.08 | 148.0 | 157 || — 0.014
März — 0.94 | 182.3 | 203 || — 0.005
April — 2,82 | 163.0 | 180 || — 0.017
Mai + 5.76 | 279.3 | 294 || + 0.021 (Tafel J')
Juni +3.85 | 182.4 | 203 | + 0.021
Juli +2.32| 206.1| 219 || +0.011
August — 4.43 | 230.6 | 251 | — 0.019
September | +0.91 | 234.9 | 255 || + 0.004
October + 5.43 | 257.2 | 271 || + 0.021
November | — 2.85 | 217.1 | 230 || — 0.013
December — 1.51.) 161.2 | 169 || — 0.009
Wenn man dagegen specifische Gewichte einführt, die den vor-
stehend aufgeführten durchschnittlichen Fehlern (je einem einzigen
Mittelwerth für @. @., J.L. und T. F.) unmittelbar entsprechen, so
erhält man für die Assistenten folgende Tafel, in der die Gewichte
eine andere Definition, p=ı für einen durchsehnittlichen Fehler von
0o°1oo, haben:
Monat 1788— 1798 1799— 1810 ganze Reihe
Januar — 0030 58.7 |—0:033 19.0||—0:074 33.3 |— 0'043 111.0
Februar +0.010 36.1||+ 0.024 20.4 ||—0.047 41.7|—0.012 98.2
März — 0.008 58.2||+ 0.008 29.4 )— 0.004 33.4 |— 0.003 121.0
April — 0.014 59.4|— 0.037 23.2|— 0.002 31.2|—-0.015 113.8
Mai + 0.012 60.3 |+0.037 49.5 |+0.025 71.4|+0.024 181.2 (Tafel a)
Juni +0.025 63.1 |— 0.024 29.7 |+0.038 32.0|+0.013 124.8
Juli + 0.036 57-1||+0.028 26.0 |— 0.006 52.51+0.018 135.6
August — 0.005 68.1 1|+0.010 33.8 |— 0.044 48.6] — 0.014 150.5
September [+0.018 73.7 ||— 0.008 27.3,|+0.001 53.0|-++0.007 154.0
October + 0.013 70.9|— 0.042 24.9|+0.050 62.9|+0.019 158.7
November |— 0.033 64.2|+0.010 23.0|—0.012 51.4|— 0.018 138.6
December | 0.027 50.1 —0.005 21.1|— 0.019 33.2 |— 0.020 104.4
Die Unterschiede dieser Mittelwerthe von den vorhin abgeleiteten
sind nur in der zweiten Gruppe, in welcher die Bestimmungen aber
durchschnittlich überhaupt viel schwächer sind, nicht durchweg ganz
unerheblich. Die hier verfolgte Gewiehtsbestimmung macht aber
thatsächlich zu starke Unterscheidungen; wenn man die Gewichte
Auwers: Nene Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 919
eorreet feststellen könnte, würde man Mittel erhalten, die zwischen
die beiden hier aufgestellten Systeme fallen, und die ohne Gewichts-
unterscheidung erhaltenen Gesammtresultate der ganzen Reihe nur
um kleine Bruchtheile ihrer zufälligen Fehler verändern. Ich bin da-
her in der weiteren Untersuchung bei den Werthen des ersten Systems
stehen geblieben.
Noch weniger ist es erforderlich, innerhalb der Maskelyne’schen
Reihe — deren Endresultate also wie in Tafel H” gegeben bleiben —
und zwischen Maskelyne und der Gesammtheit der Assistenten speei-
fische Gewichte zu unterscheiden. —
Die Resultate der Maskelyne’schen Beobachtungen für die jähr-
liche Ungleichheit und diejenigen der Beobachtungen der Assistenten
unterscheiden sich in auffallender Weise. Gleicht man wieder die
Gesammtmittel 1772 —ı810 graphisch aus, so erhält man für die
Mitte der einzelnen Monate folgende Ordinaten:'
Monat Masi:. Assist.
Januar + 0030 — 0:026
Februar + 0.027 — 0.022
März + 0.019 — 0.012
April + 0.008 + 0.005
Mai — 0.005 + 0.015
Juni — 0.016 + 0.018
Juli — 0.025 + 0.015 (Tafel K)
August — 0.026 + 0.009
September — 0.015 + 0.002
October 0.000 — 0.007
November + 0.014 — 0.016
December + 0.025 — 0.024
Maskelyne’s Curve ist hier sehr nahe dieselbe wie für die Beob-
achtungen mit dem alten Objeetiv; er hat beständig die Durchmesser
im Sommer durchschnittlich kleiner als im Winter beobachtet. Um-
gekehrt haben die Assistenten von 1772 ab im Sommer durchschnitt-
lich grössere Durchmesser beobachtet. Die Darstellung ihrer Monats-
mittel dureh die ausgleichende Curve ist freilich viel unvollkommener
als die befriedigende Darstellung der Maskelyne’schen Werthe, und
! Diese Werthe geben die zur Befreiung der Vergleichung mit den Tab. Reg.
von der jährlichen Ungleichheit anzunehmenden Beträge. Die Schwankung der Be-
obachtungen zeigt sich reiner in den entsprechenden Werthen des beobachteten horizon-
talen Durchmessers, deren Ausgleichung folgende Tafel gibt:
Monat Mask. Assist. Monat Mask. Assist.
Januar +0:41 0.35 Juli —0"32 +0/18
Februar +0,36 —0.26 August —0.29 -+0.12
März +0.26 ‘—0.22 September —0.20 -+0.03
April +#0.1I —005 October —0.03 ° —.0.07
Mai —0.09 +0.13 November + 0.22 — 0.15
Juni — 0.25 + 0.19 December + 0.37 — 0.21
Als Grundlage für die letzte Columne hat hier das Mittel der beiden im Text für
die Assistenten abgeleiteten Reihen gedient. £
920 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
es ist aus Tafel J zu ersehen, dass auch die drei Abtheilungen der
Reihe mit einander wenig übereinstimmen, und einzeln genommen
kaum einen zu verbürgenden jährlichen Gang, vielmehr überwiegend
zufällige Fehler anzuzeigen scheinen. Der Widerspruch zwischen den
beiden Reihen wird dadurch geschwächt, bleibt indess soweit be-
stehen, dass von der unzweifelhaften jährlichen Periode Maskelyne’s
bei den Assistenten zum mindesten gar nichts zu finden ist.
Man kann für das verschiedene Verhalten der beiden Abtheilungen
der Beobachtungen eine Erklärung geben, indess muss dieselbe will-
kürlich und zweifelhaft bleiben, weil keinerlei Angaben über die Be-
handlung des Instruments hinsichtlich der Focalberiehtigung gemacht
sind. Ich beschränke mich deshalb darauf die Thatsache dieses ver-
schiedenen Verhaltens hier festzustellen.
Dasselbe schliesst eine Vereinigung der beiden Abtheilungen für
die Bestimmung der jährlichen Ungleichheit aus. Dieselbe ist indess
zu dem Zweck vorzunehmen, um Lindenau’s Angaben rechnungsmässig
zu prüfen. Man erhält aus allen Beobachtungen — mit den einzelnen
oben bezeichneten Ausnahmen — zusammen, oben Gesagtem gemäss
ohne speeifische Gewichte zu unterscheiden, folgende Werthe:
(Tafel L)
1798°— 1810
Monat
B. | Mittel Mittel [2Abw. 2p DB. | Mittel
Januar — 1:66 116.2 127 |— 0014| + 3:30 93.4 97 |+0:035 | — 3:64 110.1. 111 | — 0:033
Februar + 0.79 112.4 119 |+0.007 | + 3.85 100.5 105 |+0.038 | — 1.19 140.6 145 | — 0.008
März +.0.77 160.6 181 |+0.005 | + 2.34 121.7 128 |+0.019 | — 1.20 146.4 153 | — 0.008
April — 1.97 159.1 175 |— 0.012 | — 2.72 131.8 145 | — 0.021 | — 0.36 159.5 167 | — 0.002
Mai + 1.14 157.1 170 |-+0.007 | + 1.65 151.1 158 |+ 0.011 | + 6.38 186.3 192 | + 0.034
Juni + 0.13 156.7 172 |-+0.001 | — 0.26 128.3 136 | —0.002| + 1.58 183.8 197 | + 0.009
Juli — 1.75 154.1 169 |— 0.011 | — 2.15 135.3 144 | — 0.016| — 1.61 171.2 176 | — 0.009
August — 2.75 163.4 185 | — 0.017 | — 1.94 166.3 172 | — 0.012] — 7.40 200.4 210 | — 0.037
September |-+ 1.39 165.6 180 | + 0.008 | — 1.58 132.7 140 | — 0.012 | — 2.71 185.3 194 | — 0.015
October + 3.07 168.7 181 |+0.022 | — 0.98 114.9 120 | — 0.009 | +7.75 162.6 168 | + 0.048
November |— 0.86 143.8 157 |— 0.006 | + 1.55 107.2 112|+0.015| +0.45 125.3 128 | + 0.004
December [+ 0.56 118.7,128|+0.005 | —0.51 98.3 101 |— 0.005 | — 3.87 125.7 129 | — 0.031
* Die Beobachtungen von 7,E. im ersten Halbjahr 1798 sind zu der zweiten Gruppe ge-
nommen.
Da Lindenau’s erste Bearbeitung die Jahrgänge 1765 — 1786
(mit Ausschluss des Jahrgangs 1785) umfasst, und nur die Gesammt-
resultate dieser Periode aufführt, müssen ferner behufs rechnungs-
mässiger Prüfung seiner Angaben die vorhin aus den Beobachtungen
mit dem alten Objeetiv abgeleiteten Werthe mit der ersten vorstehenden
Mittelreihe vereinigt werden. Ich habe Mittel aus den beiden Reihen
der Monatsmittel genommen, indem ich, im Durchschnitt der Zahl
und Genauigkeit der Beobachtungen in abgerundeter Annahme ent-
sprechend, den Werthen der älteren Gew.ı, denen der neueren Gew. 3
gab. Da diese Mittel die Abweichungen von den Tab. Reg. darstellen,
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 921
Lindenau’s Zahlen die beobachteten Durchmesser selbst für mittlere
Entfernung geben, müssen erstere erst noch wegen des Fehlers des
mittlern Durchmessers der Tab. Reg. verbessert werden, den ich
wie in den früheren Abschnitten dieser Untersuchungen + 268
setze. - Ausserdem habe ich noch o°ooı abgezogen, um die Summe
der ı2 Monatsmittel = o zu machen. Dann ergibt sich folgende Ver-
gleichung.
Abweichung der Monatsmittel vom Jahresmittel, Periode 1765 — 1786.
Corr. beoh. Abw.
R > .
Monat neue Rechnung lasamın » hen. Lindenau
Januar +.0:003 174B. — 0'008 -+ooı1 +0"15 —1.59 74B.
Februar + 0.020 171 = -+0.001 +0.019 + 0.27 +0.39 82 »
März — 0.004 250 »° +0.007 — 0.011 — 0.16 +1.I1 08 »
April — 0.011 250 » +0.005 — 0016 — 0.24 +0.51 03
Mai + 0.011 2604 » —0.001 + 0.012 + 0.17 +0.47 123
Juni + 0.003 281 ”» —0.005 + 0.008 +0.11 — 1.93 129
Juli — 0.011 266 » —0.002 — 0.009 — 0.13 — 1.65 119
August —0.019 283 » +0.004 — 0.023 — 0,34 +0.10 10% »
September + 0.000 279 = -+-0.008 — 0.002 — 0.03 + 1.47 103
October +0.005 270 » + 0.005 0.000 0.00 +1.67 93
November — 0.009 238 » —0.004 — 0.005 — 0.07 + 0.39 89 ”
December +0.005 198 » —0.011 +0.016 + 0.22 — 1.0767 »
Die Col. »Abw. hor. Dm.« gibt die Zahlen, welche Lindenau hätte
finden sollen. Er hat, wie man sieht, nur etwa zwei Fünftel der
vorhandenen Beobachtungen benutzt, aber die Zahl der benutzten
Beobachtungen ist gross genug gewesen, um in allen Monaten den
von zufälligen Beobachtungsfehlern herrührenden m.F. des Mittels auf
#02 bis #0/3 zu beschränken, zumal er seinen Angaben zufolge
die anscheinend zuverlässigsten Beobachtungen ausgewählt hat. Dazu
kommt freilich noch die durch die persönlichen Gleichungen, welche
Lindenau nicht berücksichtigen konnte, bedingte Unsicherheit; zur
Erklärung der Lindenau’schen Zahlen können dieselben aber durchaus
nichts beitragen. Da in der Vertheilung der Beobachtungen auf die
beiden Beobachter innerhalb des Jahres ein gewisser Gang vorhanden
ist, und da sämmtliche Assistenten, die meisten bedeutend, grössere
Durchmesser beobachtet haben als Maskelyne, so erzeugt die Ver-
nachlässigung der persönlichen Gleiehungen in den für 1765 — 1786
abgeleiteten Monatsmitteln in der That eine nicht ganz unerhebliche
anscheinende Schwankung; jedoch verläuft dieselbe von den Schwan-
kungen der Lindenau’schen Zahlen durchaus verschieden und ist auch
ihrem Betrage nach nicht entfernt vergleichbar. Ich habe die Ab-
weichungen der in den einzelnen Monaten dadurch entstehenden Fehler
vom Jahresmittel des Fehlers für die Gesammtheit der Beobachtungen
dieser Periode beiläufig ermittelt und in der letzten Columne der
folgenden Tafel aufgeführt; die vorangehende Columne gibt an, wie
viel Beobachtungen der Assistenten durchschnittlich einer Beobachtung
von Maskelyne gegenüberstehen.
922 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Januar rel. Zahl 1.55 Fehler +0!3
Februar "0.68 7 —OM
März » 0.0.88 „ 0.0
April » n 0.78 2 Oo
Mai » » 0.75 » — 0.3
Juni » "0.98 » +0.1
Juli ”».» 064 b 0.0
August "0:07, A Ey:
September » » 0.37 yo
October » nn 0.84 » — ot
November u LT » FOR
December are) » +05
Dass der Gang der beiden Zahlenreihen dieser Tafel kein völlig über-
einstimmender ist, rührt von dem starken Überschuss der Gleichung
des Assistenten W.B. her, dessen Beobachtungen sich abweichend
auf das Jahr vertheilen.
Der Einfluss der persönlichen Gleichungen ist in Lindenau’s Rech-
nung kleiner zu schätzen, als die letzte Columne dieser Tafel angeben
würde, da seine Auswahl der Beobachtungen ihn wahrscheinlich auf
einen grössern Procentsatz Maskelyne’scher Beobachtungen geführt
hat. Das Zeichen des Fehlers, den die Vernachlässigung der persön-
lichen Gleichungen hervorgebracht haben kann, ist aber fast in allen
Monaten gerade das entgegengesetzte der von Lindenau gefundenen
Abweichungen.
Es ist daher ganz und gar unerfindlich, wie er zu seinen Zahlen
gelangt ist und eine so starke und regelmässig verlaufende halbjähr-
liche Ungleichheit in den Greenwicher Beobachtungen 1765 — 1786
finden konnte, von der, wie die neue Rechnung zeigt, thatsächlich
auch nicht die geringste Spur in denselben vorkommt.
In seiner zweiten Arbeit hat Lindenau die Jahrgänge 1787— 1798
behandelt. Damit ist die zweite Gruppe der Tafel L unmittelbar ver-
gleichbar, da die geringe Verschiedenheit ihrer Ausdehnung gänzlich
unerheblich ist. Man erhält, ähnlich wie zuvor:
Abweichung der Monatsmittel vom Jahresmittel, Periode 1787—1797/8.
Corr. beob. Abw. :
Monat neue Rechnung aa N He Lindenau
Januar +0032 97 B. —0!008 + 0040 +0'55 —o'ı5 58B.
Februar +0.035 105 » +0.001 +0.034 + 0.49 +0.43 55»
März +0.016 128 » +0.007 + 0.009 + 0.13 +127 61»
April — 0.024 145 ” +0.005 — 0.029 — 0.43 +0.05 63 »
Mai + 0.007 158 » —0.001 + 0.008 + 0.11 +0.07 91
Juni — 0.006 136 » —0.005 — 0.001 — 0.01 —1.55 80 »
Juli —0.019 144 ” — 0.002 — 0.017 — 0.24 — 0.51 IOl »
August — 0.015 172 » +0.004 — 0.019 — 0.28 +0.41 88 »
September — 0.015 140 » +0.008 — 0.023 — 0.34 +0.82 59 »
October — 0.012 120 » +0.005 — 0.017 — 0.25 +0.65 45
November +0.011 II2 » —0.004 + 0.015 + 0.21 +0.59 76 »
December — 0.009 IOI » —0.011 + 0.002 + 0.03 — 2.05 64 >
In dieser Periode hat Lindenau etwa die Hälfte der vorhandenen
Beobachtungen benutzt, durchschnittlich aber eine um ein Viertel bis
ein Drittel geringere Anzahl als in der ersten Periode, die zufälligen
2
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. IT. 923
Fehler seiner Zahlen müssen daher hier etwas grösser sein, etwa
zwischen m. F. #0’25 und = 0"35. Über diese Grenzen gehen seine
berechneten Schwankungen weit hinaus, finden aber in den wirklichen
Beobachtungsresultaten dieser Periode ebenso wenig Bestätigung wie
in der vorhergehenden. Lindenau hat in diesem Theil seiner Arbeit
ausführlichere Angaben gemacht, indem er die einzelnen Monatsmittel
für jedes der ı2 Jahre aufführt; diese Angaben erscheinen indess nicht
ausreichend für einen Versuch die Entstehungsart der unbegreiflichen
Fehler seiner Zahlen zu ermitteln, der auch kaum noch ein Interesse
haben dürfte, nachdem sich seine Berechnung der Sonnendurchmesser
als so vollständig verfehlt und unbrauchbar erwiesen hat.
Um aus den Beobachtungen mit dem neuen Objeetiv neue, von
der jährlichen Ungleichheit befreite Jahresmittel Grw. — Tab. Reg. ab-
zuleiten, habe für ich die ganze Reihe Maskelyne’s die ausgeglichenen
monatlichen Gesammtmittel (Taf. K) benutzt; für die Assistentenbeob-
achtungen habe ich keine Correetur an die in erster Näherung abge-
leiteten Mittel weiter angebracht. Die neuen Mittel, welche sich nur
ausnahmsweise um mehr als ganz unerhebliche Beträge von denen
der ersten Näherung unterscheiden, sind in folgender Tafel enthalten.
Tafel M.
Verbesserte Jahresmittel Grw.— Tab. Reg.
Maskelyne Assistenten
un Mittel 2p Beob. Mittel 2p Beob.
1772 +0:052 16.4 17 N :
1773 Br 627 6 \ R.B.+0'189 Sı.ı gı
5 n J.H. .096 ü
1774 +0.045 230 26 +0.096 88.5 111
1775 0.014 63.3 66 -
177° -0.030 572 62 \ +0.211 64.6 76
1776 G. G. + 0.073 65.6 77
1777 —0.097 51.8 53 » — 0.009 93-5 104
1778 — 0.095 63.9 69 » +0.043 70.5 8ı
1779 0.065 40.8 42 » +0.120 39.4 43
17860 —0.079 41.1 42 » +0.114 750 84
1781 — 0.077- 67.9 70 » +0.203 43.1 50
» J.L. +0.005 20.5 22
1782 —0.090 46.9 49 » —0.014 76.1 88
1783 — 0.097 60.9 63 » 0.000 85.0 94
1784 — 0.178 58.5 60 » +#0.017 71.0 77
1785 —0.204 3.3 89 » —0.021 33.9 39
1786 — 0.158 105-3 111 » +0.102 24.2 26
1787 — 0.194 103.9 118 M.H.—0.006 84 9
1788 0.221 99.9 105 | J.B. — 0.034 17.3 20
1799 0215 1147 124 \w. G.+0.082 58.5 63
J.C. —0.024 9.7 10
”» +0.017 40:5 42
1791 — 0.255 112.6 115 » .— 0031 30.5 38
1792 —0.224 703 73 » +0.099 12.0 12
924
Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Maskelne Assistenten
a Mittel\, Zp, Beoh: Mittel _2p Beob,
1792 5 6 | B.C.+.0:098 73.2 75
17, — 0109 73.0 7 N $,
8 E0.196 oa J.G. +0.104 31.5 33
1795 — 0.171 69.9 72 \ D. K. + 0.218°* 99.5 104
1796 —0.160 67.1 71 T.E. — 0.033 81.5 86
1797 ° -—-0n18 706.2 78 "» —0.051I 50.5 52
1798 — 0.122 106.2 I11 » —0.061 33.9 36
» YW.G.+o0.112 12.5 14
179 0.91 66.2 7ı | E.N. +0.072 19.0 19
» T. F. —0.0038 51.1 55
1800 — 0.067 74.4 80 -» .—0.056 77:3 80
1801 0.077 89.0 92 » +0.041° 86.3 8g
1802 — 0.092 82.1 86 + 0.085 91.9 94
1803 — 0.053 88.4 92 +0.058 76.0 79
1804 — 0.046 61.4 65 +0.017 87.1 91
1805 — 0.022. 55.6 61 ” -+0.009 99.8 104
1806 — 0.007 43.5 45 + 0.059 109.7 113
1807 —.0.003 77.0 80 "» -+0.090 48:5 50
> T.T. +0.046 29.1 30
1808 ° +0.065 51.6 54 » +0.155 89.9 92
1809 +0.050 55.7 56 "» +0.224 83.4. 84
1810 40.068 37.7 38 » +0.223 106.8 108
* Ohne die ersten 4 Monate; diese geben + 0.095 11 B., 2p=11.
** Oct. 1794— Jan. 1796. Die 18 Beob. vorher, Juni — Sept. 1794, geben — o!181, 2p = 17.4.
%s zeigt sich hier in der Maskelyne’schen Reihe, wie schon in
der Tafel E, eine höchst auffallende Erscheinung: die Jahresmittel für
den beobachteten Sonnendurchmesser nehmen, zuerst allerdings un-
regelmässig, etwa von 1783 ab aber recht regelmässig, bis 1790 um
nahezu 0°3 ab, halten sich zwei Jahre lang auf ihrem kleinsten Werth,
und nehmen dann bis zum Ende der Reihe mit einer ganz merkwür-
digen Regelmässigkeit und wenig veränderter Geschwindigkeit zu,
bis sie zuletzt wieder den Anfangswerth der Reihe erreicht haben
oder noch etwas übersteigen.
Die graphische Ausgleichung der neuen Maskelyne’schen Jahres-
mittel gibt für die Mitte der einzelnen Jahre folgende von den bereits
oben gegebenen nur wenig verschiedene Werthe M.—T. Reg.,
denen ich die Abweichungen
zu
Beob.— Curve hinzugefügt habe:
Tafel N.
Ausgeglichene Jahresmittel M.— Tab. Reg.
BD
Jahr Curve En Jahr Curve Beob. Jahr Curve Pech,
— Curve — Curve — Curve
1772 +-0.020 } 1785 —0:171 —0:033 1798 —0!114 — 0.008
1773 0.007 | — 0:001 1786 — 0.187 +0.029 1799 — 0.100 +.0.009
1774 — 0.006 1787 — 0.203 +-0.009 1500 — 0.086 + 0.019
1775 — 0.019 +0.005 1788 — 0.221 0.000 1801 —0.073 — 0.004
1776 —.0.033 + 0.003 1789 — 0.239 + 0.024 1802 —0.061 — 0.031
1777 0.040 — 0.051 1790 — 0.254 +-0.001 1803 — 0.049 — 0.004
1778 — 0.0600 — 0.035 1791 —0.250 — 0.005 1804 — 0.037 — 0.009
1779 — 0.075 -+0.007 1792 — 0.227 -+-0.003 1805 — 0.023 0.000
1780 — 0.090 -+0.011 1793 -— 0.200 -+0.007 1806 — 0.007 0.000
1781 — 0.106 + 0.029 1794 — 0.185 — 0.011 1807 +0.010 — 0.013
1782 —0.122 + 0.032 1795 — 0.167 — 0.004 1808 -++0.029 + 0.030
1783 —0.138 + 0.041 1796 —0.147 — 0.013 1809 +0.051 — 0.001
1784 —0.155 —0.023 1797 —0.129 +0.011 1810 -+0.076 — 0.002
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 925
Die Darstellung der Beobachtungen durch eine äusserst einfache
Curve mit einem Minimum 1790.9 ist auf der ersten Hälfte des ab-
steigenden Zweiges nicht ganz befriedigend, weiterhin aber so gut
wie vollkommen. Der Durehsehnittsbetrag ist für alle in vorstehender
Tafel aufgeführten Abweichungen Beob. — Curve 0°0143, für die bei
den letzten Drittel nur o°oıı4 (für das erste 0°o215), während der
durehschnittliche m. F. der Maskelyne’schen Jahresmittel nach der
Übereinstimmung der Beobachtungen innerhalb des Jahres kaum
kleiner als = 0'020 zu schätzen ist.
Man erreicht fast dieselbe Darstellung der einzelnen Jahresmittel,
im aufsteigenden Zweige allerdings nicht ohne einige längere Zeichen-
folgen, wenn man
M.—T.Reg. = — 0'243 =0°015(f—1790.5)
setzt, und das obere Zeichen des zweiten Gliedes bis 1790, das untere
von 1791 ab gelten lässt. Die durehschnittliehe Abweichung der
Jahresmittel' von dieser Formel ist auf der absteigenden Linie o°o2 1,
auf der ansteigenden o!o13.
Die in der Geschichte der Astronomie immer wieder gläubig
nachgeschriebene Angabe, dass Maskelyne in Folge allmählich ab-
nehmender Kraft des Gesichts die Sonne immer kleiner gefunden
habe, ist also auch nur eine der völlig grundlosen Behauptungen,
an denen das Capitel vom Sonnendurchmesser so reich ist. In Wirk-
lichkeit geben Maskelyne’s unter einander unmittelbar vergleichbare
Durehgangsbeobachtungen während der ersten Hälfte ihrer Dauer,
summarisch genommen, ı8 Jahre hindurch eine jährliche Abnahme
des Durchmessers von etwa o”2 (die obiger Formel genau entsprechende
Zahl für den horizontalen Durchmesser ist o’2ı2), bis ein Minimum
von 31’ 58713 erreicht wird — noch ı" kleiner als das Resultat der
Heliometermessungen — um denselben dann sofort mit derselben Ge-
schwindigkeit 20 Jahre hindurch, bis zum Ende der ganzen Reihe,
fortgesetzt anwachsen zu lassen. ;
Eine so ausserordentliche Erscheinung verlangt möglichst voll-
ständige Prüfung.
Maskelyne’s Reihe, 1772 —ı810, spricht in den beiden letzten
Dritteln ihrer Ausdehnung unzweideutig. Die Abnahme der beobachte-
ten Durchmesser um sehr nahe o‘ı5 von 1783 bis 1790 oder 1791,
das Wiederanwachsen um einen höchstens wenige Hundertelsecunden
von 0‘3 verschiedenen Betrag von 1791 bis ı810 und die plötzliche Um-
! Von 1775 an, für 1772— 1774 ist wegen der geringen Zahl der Beobachtungen
im ersten und dritten Jahre dieser überhaupt in Wirklichkeit noch nicht voll zwei-
jährigen Beobachtungsperiode wieder das Gesammtmittel verglichen.
926 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
kehr des Ganges 1791 sind festgestellte Thatsachen. Dass die Ände-
rung sowohl bei der Abnahme nach ı783 als bei der Zunahme nach
1791 eine allmähliche und auf jeder Seite des Minimums durch-
weg gleichgerichtete gewesen ist, wird nach Ansicht der Reihe der
Jahresmittel und noch mehr nach ihrer guten Darstellung durch die
in soleher Voraussetzung hindurchgelegte Ausgleiehungseurve zum
mindesten sehr wahrscheinlich. Die Abnahme der beobachteten Durch-
messer, um etwa o‘ı, vom Anfang der Reihe bis 1783 ist gleichfalls
eine Thatsache, der Charakter der Änderung jedoch in dieser Periode
zweifelhaft. Die beiden Mittel
1772 — 1776 — 0.009
1777 —1783 — 0.087
stimmen mit den beobachteten Jahresmitteln völlig genügend und für
die zweite dieser Gruppen weit besser überein als die allgemeine Curve,
indem die Abweichungen sind
1772 —4, +0!oıs 1777 -— 010 1781 +0!010
1775 — 0.005 1778 -— 0.008 1782 — 0.003
1776 — 0.021 1779 #6.022 1783 — 0.010
1780 +0.008
so dass möglicherweise eine plötzliche Verkleinerung um 0°08 von
1776 auf 1777, und dann nochmals eine sehr nahe gleiche plötzliche
Verkleinerung von 1783 auf 1784 stattgefunden hat. Es würde dann
nieht weiter als zweifelhaft zu erachten sein, dass der Beobachter seine
Auffassung an diesen Stellen, bewusst oder unbewusst, geändert oder
durch eine am Instrument vorgenommene Änderung — schärfere Bilder
und damit —- kleinere Durchmesser erlangt hätte. Nur das für die
Fortsetzung der Reihe unzweifelhaft festgestellte Verhalten macht es
dennoch wiederum einigermaassen wahrscheinlich, dass die Curve
auch für die vor 1784 liegenden Jahre den normalen Verlauf der
Maskelyne’schen Beobachtungen richtiger charakterisirt, und die stärke-
ren Abweichungen von derselben, soweit sie nicht durch die zufälligen
Fehler der einzelnen Beobachtungen erklärt werden, nur Störungen des
regelmässigen Ganges sind, die nur durch zufällige besondere, längere
Abschnitte gleichmässig beeinflussende Umstände herbeigeführt wurden.
Weiter ist zu untersuchen, ob diese merkwürdige Veränderung
der von Maskelyne beobachteten Sonnendurchmesser anderweitig be-
stätigt oder widerlegt wird. Leider gibt das in den Beobachtungen
der Assistenten gebotene Material nur eine wenig bestimmte Antwort
auf diese Frage, hauptsächlich wegen des häufigen Wechsels der
Assistenten, deren Beobachtungen eben nur vermittelst der Vergleichun-
gen mit den Maskelyneschen an einander angeschlossen werden können.
Nur die Beobachtungen der Assistenten @.@., J.L., T. F. und T.T., und
r n 37
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 927
allenfalls noch J. C. und T. E., sind überhaupt ausgedehnt genug, um
hier benutzt werden zu können. Die Beobachtungen von J. €. fallen
aber zu #- auf die Zeit des Stillstandes in den Maskelyne’schen Dureh-
5
messern, und die Bestätigung, welche sie für denselben geben, trifft
die hier vorliegende Frage nicht. Die beiden vorhergehenden, auf
den absteigenden Zweig der Curve fallenden Reihen von @.@G. 1776
— 178ı und J.L. 1781— 1786 widersprechen einer Abnahme der
Durchmesser so entschieden als nur möglich, indem jede dieser beiden
Reihen für sich, wenn überhaupt eine Änderung, eine Zunahme an-
zeigen würde; die erstere Reihe ist aber weniger beweisend, weil sie
in eine Zeit fällt, wo auch die Maskelyne’schen Werthe selbst still-
stehen. Für den aufsteigenden Zweig geben die Beobachtungen von
T.E. 1796 — 1798 statt der 0°o3 Zunahme der Curve eine Abnahme
von 0°o3, widersprechen also gleichfalls den Maskelyne’schen Be-
obachtungen, aber die Abweichung von denselben überschreitet so
wenig die anzunehmenden m. F., dass dieser Widerspruch für sich
kaum ins Gewicht fallen würde. Die Beobachtungen von T. F. 1799
— 1807 geben alsdann eine Zunahme, die mit der gleichzeitigen Zu-
nahme der Maskelyne’schen Durchmesser in ihrem jährlichen Betrage
nahe genug übereinstimt, wenn man ein der Zeit proportionales Glied
aus den Jahresmitteln ableitet, aber diess erscheint nicht als zulässig,
indem die Schwankungen der Jahresmittel von T.F. viel zu unregel-
mässig sind. Dieser Beobachter scheint vielmehr seine Auffassung nach
Juli ı8oı geändert und dann von einem Mittelwerth erst nach unten
und zuletzt wieder nach oben geschwankt zu haben. Schliesslich geben
die Beobachtungen von T. T. 1807 —ı810 eine entschiedene Zunahme,
folgen also dem Gange der Maskelyne’schen Durchmesser, aber diese
Zunahme erfolgt in ihrem ganzen Betrage von 0°ı8 von ı807 auf
ı809, in einer Zeit, in welcher die Maskelyne’sche Curve nur eine
Änderung von einem Fünftel dieses Betrages verlangt, und von 1809
auf ı8ro bleibt der Durchmesser nach T. T. unverändert. Diese über-
mässige Zunahme am Anfang und der dann eintretende Stillstand sind
aber deutliche Zeichen einer starken lediglich persönlichen Änderung.
Überwiegend sprechen also die vergleichbaren Beobachtungen der
Assistenten einzeln genommen gegen die Realität der Änderungen in
Maskelyne’s Durchmessern, indess ist das Übergewicht nicht stark
genug, um dieselben nachweislich und vollständig auf eine Änderung
dieses Beobachters selbst zurückzuführen.
Umgekehrt erhält man einen Ausschlag zu Gunsten eines ob-
jeetiven Charakters jener Änderungen, wenn man die persönlichen
Gleichungen nicht aus der Aufgabe eliminirt und, indem man die-
selben nur als eine hinzutretende Gattung zufälliger Fehler bei der
928 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. October.
Gewiehtsbestimmung berücksichtigt, die ganze Reihe der Assistenten-
beobachtungen vergleicht. Einen Versuch dazu stellt die folgende
Tafel dar.
Grw. — Tab. Reg., Assistenten 1772 —ı810
R.B. +.0:189 Gew. 2 Hubs
J.H. +0.145 ;»'3 3 Ep. 1776.0
@.G. +#0.074 » 4 N
J.L. + 0.007 4
M.H. 0.006 I — 0.002 » 1785.3
J.B. —0034 » 1 \
W.@G. +0.082 » 2 )
J.C. —0016 » 30-+0.045 » 1791.0
B.C. +0.098 » 2 \ (Tafel 0)
J.@. +0.104 2 )
[D.K&. +0.73 » 2]l lan
TE 0051 3 + 0.028 1796.4
Wi@ Lone a
KEIN, 70.0729 ns
RR: +0.039 a! | +0.108 » 1805.6
T-T. +0.87 4N
Die Beobachtungen von D. K. werden jedenfalls, wegen des auch
anderweitig bekannten abnormen Verhaltens seiner Antritte, besser
ausgeschlossen. Es bleiben ı5 Werthe, die ich zu je 3 mit den an-
gegebenen beiläufig abgeschätzten relativen Gewichten in Mittel ver-
einigt habe. Von den fünf so gewonnenen Werthen schliessen sich
vier der Maskelyne’schen Curve in der That in auffallender Weise an,
nur der mittelste weicht, allerdings ganz und gar, ab. Mit einer
Reduetion Ass: — M. = +0°154 würde nämlich die Curve die fünf ent-
sprechenden Werthe geben:
+ 0°128
— 0.014
— 0.070
+ 0.009
+0.133
Der weite Spielraum aber, welcher bei der Zusammenfassung der Be-
obachtungen von jedesmal nur 3 Beobachtern für eine zufällige Grup-
pirung der persönlichen Gleichungen bleibt, nimmt der vorwiegenden
Bestätigung, welche diese Vergleichung für die Maskelyne’schen Re-
sultate zu enthalten scheint, alle Beweiskraft.
Es sind nun noch die Quadrantenbeobachtungen vorhanden, aus
denen man die verticalen Durchmesser für dieselbe Periode ableiten
kann. Es würde in der That nicht ohne Interesse sein auch diese
zu untersuchen. Eine leichte Überlegung zeigt aber, dass das Er-
gebniss dieser Untersuchung in keinem Fall, etwas zur Entscheidung
der hier vorliegenden wichtigen Frage beitragen kann, ob die in
Maskelyne’s horizontalen Durchmessern nachgewiesenen Schwankungen
subjectiver oder objectiver Natur sind.
Ein Anschluss der Beobachtungen vor und nach der Verände-
rung des Objectivs aneinander ist nicht möglich. Könnte man sich
für die ganze Reihe von 1765 ab an die Zahlen halten, wie sie aus
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durehmesser der Sonne. IH. 929
{m}
den Beobachtungen hervorgehen, so würden (dieselben wahrscheinlich
machen, dass die allmähliche bis 1790 fortgehende Abnahme der Durch-
messer von Anfang an stattgefunden hat, und der regelmässige Gang
nur zeitweise, auch in der ersten Periode, durch Störungen ver-
wischt ist. Es ist aber mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen,
dass das schärfere Sonnenbild von dem neuen achromatischen Objeetiv
kleiner gewesen ist und man eine Reduction an die Culminations-
dauern der ersten Reihe anzubringen hat, ehe sie mit den späteren
vereinigt werden können. Diese Reduction ergibt sich durch un-
mittelbare Vergleichung der ee es Jan. 1771
— Mai 1772 (119 B.) und Aug. 1772 — Dee. 1772 (86 B.) = — 0'104,
und wird sehr nahe bestätigt Be a lbore ee. der
Beobachtungen des Assistenten A. 5. April en -—duln771(80 B.)
und Aug. 1772 — Sept. 1773 (91 B.), welche — o°ı21ı gibt. Mit der Re-
duetion —0°104 für die Beobachtungen mit n alten Objeetiv erhält
man aber für die Jahre 1767 —ı776 folgende Reihe M. — T. Reg.:
1767 — 0.020 88
1768 —0.025 8%
1769 — 0.028 107
1770 0.000 58
1771 +0.004 90
17720 — 0.057029 5
u 7 = 21
+0.052 17 ee
1773 0.021 69
1774 +0.045 26
Zr — 0.014 66
1776 -—0.030 62
Dann hätten also, "nach der schnellen Abnahme in den beiden ersten
Jahren, die Maskelyne’schen Durchmesser ıo Jahre hindurch keine
Veränderung erfahren, und wären dann nach einer plötzlichen Ver-
minderung um etwa ı” 1776-7 wiederum 7 Jahre lang auf dem
neuen Werth stehen geblieben, um erst im Verlauf des Jahres 1783
ihren merkwürdigen regelmässigen Gang einzuschlagen, während vor-
her von einem solchen nicht mehr die Rede sein könnte. Die Er-
mittelung des numerischen Betrages der an sich wahrscheinlichen
negativen Reduetion für die alte Reihe bleibt aber viel zu unsicher,
um die Datirung der fortschreitenden Abnahme von einer früheren,
bereits am Anfang oder innerhalb der alten Reihe eingetretenen Epoche
auszuschliessen. —
Es ist für die Beurtheilung der Verhältnisse nicht unwesentlich
festzustellen, dass Maskelyne die Sonnendurchmesser am Passagen-
Instrument kleiner beobachtet hat als sämmtliche Assistenten ohne
Ausnahme. Für die Beobachtungen mit dem alten Objeetiv sind die
persönlichen Gleichungen oben schon angegeben. Für die neue Reihe
! Die Gewichte der alten‘ Reihe sind etwa mit 2/3 zu multiplieiren, um mit denen der
neuen Reihe gleichartig zu werden. P
jo ©
os
Sitzungsberiehte 1880.
PRBP ey
930 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 31. Oetober.
habe ich dieselben auf zwei Wegen abgeleitet, indem ich die Jahres-
mittel der Assistenten — in einigen durch die Gruppirung der Beob-
achtungen gegebenen Fällen Mittel für Perioden von etwas mehr als
einjähriger Dauer — einmal unmittelbar mit dem beobachteten Mittel
Maskelyne’s für denselben Zeitraum, das andere Mal mit dem der Aus-
eleichungseurve entnommenen entsprechenden Werth verglich. Auf
diese Weise ergab sich die folgende Tafel:
Tafel P.
Persönliche Gleichungen zwischen
Assistent u. Jahr
Be N
J.H. 1773-4
1775
G.@. 1776
Jalz 1781
M.H. 1787
J.Br. 1787-8
W.G. 1788-9
BA
J.G. 1793-4
D.K. 1794-6*
E. 1796
1797
1798
W.G. 1798
F.N. 1798-9
RER 1799
1800
1801
1802
1803
1804
1805
1806
1807
PT 1807
1808
1809
1810
Assistenten.
M. — Ass.
— 0!180
— 0.126
— 0.239
— 0.103
— 0.098
— 0.138
— 0.185
— 0.193
— 0.280
— 0.082
— 0.076
— 0.097
— 0.120
— 0.157
— 0.306
— 0.189
— 0.174
— 0.300
— 0.191 ae
— 0.270 3
— 0.224 27a
— 0.323 1
— 0.309
— 0.301
— 0.388
— 0.127 46.3 )
— 0.067 30.4 | — 0.093
— 0.061 2 7\
— 0.234
— 0.104
— 0.088 28.8
— 0.011 37.9
— 0.118 438
— 0.177 43:4
\
DB BWWU BD
oO mw
ae
“ BWOBD—-
SEE OO mu
Su -ıuı 0 © RB Om Ww nun
— 0.111 41.0
— 0.063 36.0
— 0.032 35.7
— 0.066 3
— 0.003 2
— 0.049 3
— 0.090 3
>
I
2
on ouN\
— 0174 :
— 0.155
top S
* Oct. 1794 — Jan. 1796.
Maskelyne und den
M. Curve — Ass.
— 0:180
— 0.101
— 0.232
— 0.204
— 0.305
— 0.1 15
— 0.108
SEN au
— 0.150
— 0.286
— 0.197
— 0.173
— 0.311
— 0.221
— 0.271 {
0.219 (
— 0.329
— 0.315
— 0.301
— 0.386
— 0.112
— 0.078 Kiez 0.090
— 0.057 )
— 0.225
— 0.178
— 0.095
— 0.030
— 0.114 |
— 0.146
— 0.107 ) — 0.079
\
|
— 0.108
— 0.037
en 0.140
— 0.195
— 0.054
— 0:032
— 0.066
— 0.084
> ae
.. « 6
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne.» II. EB
Für die sieben Assistenten, welche mit dem neuen ÖObjectiv
länger als zwei volle Jahre beobachtet haben, habe ich, obwohl er-
sichtlich ihre Gleichungen mit Maskelyne thatsächlieh nicht in allen
Fällen unveränderlich gewesen sind, Mittel gebildet, aus der ersten
Reihe mit Berücksichtigung der aufgeführten rechnungsmässigen Ge-
wichte der einzelnen Vergleichungen, aus der zweiten Reihe einfach
mit den früher angegebenen Gewichten für die Jahresmittel der
Assistenten selbst. Im Mittel beider Bestimmungen habe ich die Re-
duetionen auf Maskelyne angenommen:
für J. H. — 0°174
».G.G@G. — 0.149
Dede. =0.145
» J.C. — 0.250
» T.E. — 0.091
» T.F. — 0.083
» T.T. — 0.126
und mit Benutzung dieser Zahlen schliesslich eine neue Reihe von
Jahresmitteln aus den Beobachtungen Maskelyne’s und dieser sieben
Assistenten zusammen abgeleitet.
Die Vereinigung der Beobachtungen Maskelyne’s mit denjenigen
der Assistenten ist durchaus unzulässig, wenn, wie es bis jetzt doch
nur als wahrscheinlich angenommen werden kann, die wunderbare
Veränderung seiner Sonnendurchmesser dem Beobachter zuzuschreiben-
ist. Die Zulässigkeit der Vereinigung würde fraglich bleiben, wenn
die Ursache der Veränderung im Instrument gelegen hätte, was ich
freilich überhaupt, wenigstens für die beiden letzten Drittel der Reihe,
für ausgeschlossen erachte. Dagegen ist die Vereinigung geboten,
wenn man den Ursprung der Änderungen ausserhalb der Sternwarte
sucht, insbesondere wenn man dieselben der Sonne selbst zuschreiben
will. Die folgende Tafel muss deshalb hier noch Platz finden.
Tafel Q.
Jahreswerthe Grw.—Tab.Reg. für alle Beobachter zusammen.
Jahr Mittel Beob. Abw. Jahr Mittel Beob. Abw. Jahr Mittel Beob. Abw.
1772* +0.052 17 + 0.037 1785 —0:193 128 — 0.017 1798 —0:129 147 — 0011
1773. — 09.019 75 — 0.023 1786 — 0.136 137 + 0.058 1799 — 0.089 126 + 0.013
1774 — 0.054 131 — 0.042 1787° — 0.194 118 + 0.016 1800 — 0.104 160 — 0.017
1775 + 0.017 134 + 0.044 1788* — 0.221 105 + 0.004 1801 — 0.060 181 + 0.013
1776 — 0.056 147 — 0.016 1789 —0.235 134 + 0.003 1802 — 0.042 180 + 0.018
1777 — 9.136 157 — 0.086 1790 — 0.248 151 + 0.002 1803 — 0.040 171 + 0.007
1778 — 0.101 150 — 0.035 1791 —0.262 153 — 0.013 1804 — 0.058 156 — 0.023
1779 — 0.051 87 + 0.026 1792 — 0.213 85 +0.012 1805 0.056 165 — 0.036
1780 —0.051 120 + 0.043 1793* — 0.199 76 -+0.007 1806 — 0.019 158 — 0.015
1781 — 0.044 142 + 0.064 1794, — 0.196 101 — 0.009 1807 — 0.014 160 — 0.029
27620. 0.132.137 0.007 1795 —0.171 72 — 0.003 1808 +0.034 146 — 0.004
1783 —0.125 157 +0.015 1796 — 0.141 157 + 0.009 1809 -+0.079 140 + 0.018
1784 — 0.151 137 + 0.006 1797 — 0.128 130 + 0.005 1SIO +0.089 146 0.000
85*
v
932 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
In den mit * bezeichneten Jahren konnten nur Maskelyne’sche
Beobachtungen benutzt werden. Natürlich kann diese Tafel, da die
Beobachtungen der nach einander folgenden Assistenten auf die gleich-
zeitigen Maskelyne’schen redueirt sind, im ganzen nur dem Gang der
vorhin für Maskelyne allein aufgestellten Tafel folgen. Im einzelnen
ist der Gang aber im Anfang ganz und gar unregelmässig und auch
weiterhin entschieden weniger regelmässig als derjenige der Maske-
lyne’schen Beobachtungen allein. Die bei einem einfachen, bis 1791. 1
durchweg absteigenden und dann wieder bis zuletzt aufsteigenden
Zuge einer Ausgleichungscurve unvermeidlichen Abweichungen der
Jahresmittel, welche in vorstehender Tafel aufgeführt sind, geben als
Durehschnittsbetrag für das erste Drittel 0°034, für den Rest der
Reihe o°o14, insgesammt 0°o21. Diese Vergrösserung der früher
gefundenen Durchschnittsfehler (nach Taf. N) ergibt etwas bestimmter
als die vorhin vorgenommene Vergleichung der Beobachtungen der
einzelnen Assistenten, dass die Beobachtungen der Assistenten den
Gang der Maskelyne’schen Sonnendurchmesser nieht bestätigen.
Ich will noch auf eine Thatsache aufmerksam machen, welche
mir bei der Vergleichung der alten und neuen Greenwicher Beobach-
tungen entgegengetreten ist, eine Verschlechterung des Wetters seit
der Mitte des vorigen Jahrhunderts, insbesondere aber seit 50 bis 60
Jahren, welche höchst bedauerlicher Art nicht nur für den Astro-
nomen ist. Folgende Zusammenstellung gibt für 134 Jahre — eine
zusammenhängende Reihe von 1765 ab — die Anzahl der Tage, an
denen der Zustand des Himmels in Greenwich ausweislich der Be-
obachtungsregister die Beobachtung der Meridiandurchgänge beider
Sonnenränder erlaubt hat. Neben diesen Zahlen ist, zum Zweck einer
weiter unten auszuführenden Vergleichung, die Mitteltemperatur der
betreffenden Jahre angegeben, soweit sie bekannt ist.
Tafel R.
Jährliche Beobachtungszahlen und Mitteltemperaturen.
Jahr Beob. Jahr Beob. Temp. Jahr Beob. Temp. Jalır Beob. Temp.
GER 175051 735 1765 (155) 1775 "136 50.0 1785 128 46%5
Sept. 1751-2 146 1766 146 1776 148 48.3 1786 137 45.8
175223. 107 1767 131 1777 157 482 1787 138 48.1
1753-4 158 1768 142 1778 150 49.2 1788 155 47-9
1754-5 161 1769 152 1779 (121) 51.2 1789 159 46.7
1755-6 154 1770 117 1780 126 48.8 1790: 151 48.1
1756-7 146 I771 Was Asa 1781 142 49.8 1798. 153 48.1
1757-8 184 177200129 Ay 1782 137 45-5 1792 121 48.0
1758-9 167 1773 139 46.6 1783 157 48.0 1793 140 47-9
1759-60 179 1774 134 49-7 1784 137 45.1 1794 150 48.9
Avwers: Neue Untersuchnngen über den Durehmesser der Sonne. II. 933
Jahr Beob. Temp.Belv. Jahr Beob. Temp.Belv. Jahr Beob. Temp.Belv. Jahr Beob.Temp.
1795 152 47:2 1819 (160) 49:3 0.0 1842 116 49.6 —0:2 1866 95 50°%4
1796 160 47-8 1820 155 474 00 1843 99 49.4 — 04 1867 73 48.8
1797 132 47.2 1821 151 49.3+0.3 1844 102 48.7—08 1868 111 520
1798 162 48.6 1822 185 51.00.1 1845 100 47.6—0.6 1869 79 49:5
1799 144 45-7 1823 130147:3 +02 1846 02 51.3 —-0.: 1870 106, 48.7
3
1800 160 48-3 1824 138 48.3410 1847 .89 49. Bi 07... 1871 103 48.7
1801 182 49.0 1825 126 :49.6_ 00 1%48 94 50.2—09 1872 107 507
1802 180 48.0 1826 169 49.9 0.0 1849 103 49.9—0.8 1873 102 48.9
1803 171 48.2 1827 150 48.5402 .ı850 94 495—1.1 1874 94 49:3
1804 156 49.5 1828 144 50.1 0.0 1851 87 49.: 1875 96 49-3
1805 165 47.7 1829 123 46.6—0.4 1852 103 50.6—-0.7 18976 99 50.1
1806 158 50.5 1830 146 47.8—-0.1 1853 78 47.5—-02 18977 75 499
1807 160 48.3 1831 152 504-055 1854 110 49. ga1878r 77 49:7
1808 146 48.1 1832 142 49.120-5 1855 86 47.2—0.3 1879 61 46.3
o 1830 99 49.5
g
[o\9e u
[e)
0,2)
Do =
|
[e}
1809 140 48. 1833 122 49.0—0.3 - 185060 105 49.1
ıSıo 147 487 1834 145 51.0—06 1857 113 51.2 1881 107 48:8
ıSır 164 49.0 1835 128 49.2—0.8 1858 126 49.5 1882 87 49.8
ı8ı2 140 46.5 +04 — 1859 109 50.9 1883 113 494
1813 151 47.2+0.9 1836 104 48.1—0.1 1860 72 47.6 1884 100 50.7
1814 160 45.83+0.6 1837 92 47.3 0.0 1861 108 50.0 1885 11 487
1815 173 49.0 0.0 1838 108 46.4—0.1 1862 82 49.9 1886 115 148.8
1816 140 46.4—0.3 1839 103 47.7 # 9-1 1863 103 50.7 18871 125 , 47:9
1817 134 47.7 +0.1 1840 104 47.508 1864 105 49.0 18881 8 47-8
1818 171 50.3—0.4 1841 102 48.7—0.3 1865 104 50.9
Die drei in Klammern angegebenen Zahlen sind ergänzte. Im
Jahre 1765 beginnen Maskelyne’s Beobachtungen nämlich erst im Mai,
und ich habe zu ihrer Anzahl 37 als die Durchschnittszahl der 1766 bis
1772 in den ersten 4 Monaten des Jahres erhaltenen hinzugefügt’;
1779 sind wegen des Umbaues des Beobachtungsraums 3 Monate,
Juli—Sept., ausgefallen und dafür, nach dem Durehsehnitt für die
umliegenden Jahre, 36 Tage zugelegt; ı81ı9 fehlen aus ähnlichem
Grunde Beobachtungen Oct. 28 — Nov. ı7 und ist deshalb die Zahl
der wirklich beobachteten Sonnendurehmesser, 153, auf 160 erhöht.
Im Jahre 1832 war das Passage-Instrument 6 Wochen ausser Thätig-
keit, und ergibt sich die Zahl von 142 Durchmessern, wenn ı8 in
dieser Zeit am Mauerkreis beobachtete mitgezählt werden.
Die Durchschnittszahlen der Beobachtungstage in einem Jahre sind:
1750— 1760 160 (Bradley) 18361846 102 (119)
17651775 138 18471857 97 (113) (any
1776— 178060 140 ((hiaskäiyhe) 185 81857 98 (114) % iry)
1787 —1798 148 (V ı868—1877 97 (113)
1799 — 1810 159 1878 1888 98 (115) (Airy u. Christie)
LI2 > S J J
ISIT— ISIS 154 )
1819 —ı827 152 (Pond)
1828 — 1835 138
Von ı836 ab sind die Zahlen nicht unmittelbar mit den früheren
! Die Mittheilung der Beobachtungszahlen und Mitteltemperaturen dieser noch
nicht veröffentlichten Jahrgänge verdanke ich der Gefälligkeit der Greenwicher Herren
Astronomen.
2 Aus den ersten 21/, Monaten des Jahres sind Beobachtungen unter der Di-
rection von Bliss vorhanden — darunter 13 vollständige Sonnenbeobachtungen — in
dieser Zeit ist aber augenscheinlich nicht regelmässig beobachtet.
934 Sitzung der physikalisch-mathematischen Ulasse vom 31. October.
vergleichbar, weil mit dem Beginn der Airy’schen Direetion der bis
dahin nicht unterbrochene Sonntagsdienst dem Sternwarte sehr stark
eingeschränkt, für die Sonnenbeobachtungen gänzlich aufgehoben
wurde; man muss deshalb die aus den Registern gezogenen Summen
um den sechsten Theil vergrössern und erhält damit die vorstehend
in Klammern angegebenen, nunmehr mit den Zahlen für die früheren
Direetionsperioden so nahe als möglich vergleichbar gemachten Werthe.
Ganz gleichartig sind dieselben deshalb noch nicht, weil Bradley
und Maskelyne nur mit jeweils einem Assistenten arbeiteten, und
manchmal, zuweilen längere Zeit hindurch, nur ein Beobachter auf
der Sternwarte war, während Pond die Zahl derselben bald ver-
grösserte und unter Airy das zu den Beobachtungen herangezogene
Personal bekanntlich noch weiter vermehrt worden ist. Es werden
daher in der ersten Hälfte der ganzen Reihe gelegentlich Beobachtungen
ausgefallen sein und die ermittelten Zahlen etwas hinter der Anzahl
der Tage zurückbleiben, an denen es thatsächlich möglich gewesen
ist den Durchgang beider Sonnenränder zu beobachten, während die
beiden letzten Mittelwerthe für Pond’s Direetion unmittelbar und die
folgenden in der durch die eingeklammerten Zahlen vorgenommenen
Erhöhung die durchschnittliche jährliche Häufigkeit des Vorkommens
der Möglichkeit zur Beobachtung erschöpfend nachweisen werden.
Um so auffallender ist es, wie viel kleiner die Beobachtungs-
zahlen seit 50 oder 60 Jahren geworden sind, und um so mehr
kann daraus nur gefolgert werden, dass sich die Himmelsansicht
für Greenwieh ganz wesentlich verschlechtert hat.
Diess tritt noch deutlicher hervor, wenn man die Jahre mit
Beobachtungszahlen über und unter dem Durchsehnitt für die einzelnen
Gruppen der ganzen Reihe gesondert vergleicht. Man erhält dann
nämlich folgende Durehschnittswerthe:
Hl. bessere schlechtere Procentsatz mittl. Temp.
Perioden Jahre bess. schlecht. bess. schlecht.
1750—ı760 172 B. (5) 148 B. (5) 100 100
1765 —ı1775 146 » (6) 128 » (5) 35 87
1776 —1786 151 » (5) 131 » (6) 88 39 48:2, 4720
1787 —1798 © 155 » &) 133 » 4) 90 90 49 47.8
1799 — 1810 170 » (6) 148 » (6) 99 100 48.2 48.4
ıSır —1818 167 » (4) 141 » (4) 97 95 48.8 47.0 Tafel 8
1819 — 1827 167 » (4) 140 » (5) 97 95 49.4 48.6 ( ale )
1823 —ı835 146 » (5) 124 » (3) 85 54 49.7 48.3
18361846 124°» (6) 113 » (5 72 76, 481 48.9
1847 —1857 125 » (5) 103 » (6) 72 69 49-9 48:8
1858 — 1807 127 » (6) 94 » (4) 74 63 50.2 49.2
1868 — 1877 122 » (6) 100 » (4) 71 68 49.9 49-5
1878—1888 128 » (7) 91» (4) 75 61 49:1 484
Die beiden Columnen » Procentsatz« geben: eine procentualische
Vergleichung mit der Bradley’schen Periode.
Die Durehsehnittszahl der möglichen Beobachtungen ist also
Avuwers: Neue Untersuchungen über den Durehmesser der Sonne. II. 935
für die besseren Jahre seit Bradley’s Zeit von 172 auf ı25 für die
— abgesehen von den Sonntagen, für welche die nothwendige Er-
gänzung in vorstehender Tafel natürlich vorgenommen ist QeWwiss
vollständiger ausgenutzte Airy’'sche Periode, für die schlechteren Jahre
von 148 auf 100, für die letzten 30 Jahre sogar auf 95 herunter
gegangen; die absolute Abnahme ist für die schlechteren Jahre min-
destens gleich stark, die procentualische ganz erheblich stärker als
für die besseren. Die »guten Jahre« sind seit 50 Jahren schlechter,
als bis vor 60 Jahren die schlechten gewesen sind, und das Wetter
der schlechten Jahre hat sich in noch erschreekenderm Maasse
verschlimmert.
Es liegt nahe, «diese Verschlechterung des Wetters mit der zu-
nehmenden Verunreinigung der Atmosphaere in Folge menschlicher
Thätiekeit, insbesondere durch den Rauch der verbrannten Kohlen,
in Zusammenhang zu bringen, welcher sowohl die Luft unmittelbar
trübt, als auch dureh Beförderung von ÜCondensationen die durch-
sehnittliche Himmelsbedeekung steigert. Diese unheilvolle Wirkung
des Wachsthums der europäischen Bevölkerung und ihrer Industrie
muss in den Beobachtungsregistern einer Sternwarte in der Lage von
Greenwich besonders deutlich hervortreten, wird sieh aber wohl in
kaum minderm Maasse in dem grössten Theil von England und den
grossen Industrieprovinzen des europäischen Festlandes geltend machen;
ja wenn ich bedenke, wie weit man nachweislich neuerdings grössere
Anhäufungen von festen in der Atmosphaere suspendirten Theilchen
dureh die Luftströmungen hat vertreiben sehen, und wenn ich mich
der Durehsichtigkeit der relativ rauchfreien Luft in Südameriea und
Südafrieca erinnere, mit deren gegenwärtig noch regelmässig statt-
findender Beschaffenheit sich nur äusserst selten bei uns vorkommende
Ausnahmezustände vergleichen lassen, so muss ich die Befürchtung
aussprechen, dass für ganz Europa das Klima durch die Bewohner
unseres Erdtheils in neuerer Zeit wesentlich verschlechtert ist.
Auffallend ist es indess, dass die Abnahme in der Häufigkeit der
hellen Tage. unzweifelhaft wie sie ist, doch nach den Greenwicher
Beobachtungsregistern keineswegs mit der Regelmässigkeit vor sich ge-
gangen ist, welehe zu erwarten wäre, wenn die mit dem Kohlen-
verbrauch in der engeren und weiteren Umgebung der Sternwarte
zunehmende Verunreinigung der Luft die alleinige Ursache des Rück-
gangs in den Beobachtungszahlen sein sollte. Vielmehr setzt nach
der reichen Bradley’schen Beobachtungsperiode die Maskelyne’sche auf
einem plötzlich sehr erniedrigten Niveau ein, das sich etwa 30 Jahre
hindurch nur ganz langsam hebt, bis dann am Ende des vorigen Jahr-
hunderts in schnell verstärktem Ansteigen die Höhe der Bradley’schen
936 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
Beobachtungszahlen wieder erreicht wird und nunmehr gegen 30 Jahre
lang nahezu behauptet bleibt. Erst mit der Mitte der 20°“ Jahre
dieses Jahrhunderts tritt wieder ein entschiedenes Sinken ein, das
langsam bis zur Mitte der 30°” Jahre fortgeht. Zu letzterm Zeitpunet
vermindert sich die Zahl der Beobachtungstage auffallend plötzlich um
den zehnten Theil, um auf dem damit erreichten Niveau im ganzen un-
verändert, jedenfalls im Lauf der letzten 45 Jahre im ganzen nicht er-
niedrigt, stehen zu bleiben — obwohl gerade dieser letzte Zeitraum
durch ein so colossales Anschwellen der Londoner Bevölkerung und der
englischen Industrie, ganz besonders aber, unter dem Zusammenwirken
beider Faetoren, durch einen ungeheuern Zuwachs des Kohlenverbrauchs
in der nächsten Nachbarschaft der Greenwicher Sternwarte ausge-
füllt wird.
Es mangelt mir an genügenden Daten, an deren Hand ich unter-
suchen könnte, ob und wie weit diese anscheinenden Anomalien zu
erklären sind, ohne saeculare. von den localen Umständen unab-
hängige Schwankungen des Klimas selbst annehmen zu müssen. Nur
hinsichtlich der Thatsache,. welche allerdings eine der auffallendsten
ist, dass die durchsehnittlichen Beobachtungszahlen 1765 — 1798 viel
niedriger sind als vorher 1750 — 1760 und auch nachher 1799 — 1827,
wird eine gewisse Gontrole der Verhältnisse durch vorliegende meteo-
rologische Beobachtungen ermöglicht.
Mr. J. Glaisber hat in einer in den Philosophical 'Transactions
ı850 veröffentlichten Abhandlung' die jährlichen Mittel des Thermo-
meterstandes in Greenwich für den Zeitraum 1771— 1849 abgeleitet.
Die dieser Abhandlung und für den weitern Zeitraum 1850 —ı888
den Greenwicher Beobachtungen entnommenen Werthe sind in Tafel R
neben den Zahlen der Beobachtungstage aufgeführt. Leider fehlen
regelmässige Temperaturbeobachtungen aus Bradley’s Zeit und für
Maskelyne’s erste Jahre; weiterhin hat man für Maskelyne’s und dann
für Pond’s Zeit:
Periode Beob.-Tage _mittl. Temp.
E 1771—1775 1347 47:4=20.6
1776 1786 140=4 47.9094
1787 — 1798 148=4 47.904
1799 — 1810 159-4 49.3 +0.4
1811 —ı1818 154-5 47:9=0.4
1819 —1827 152-5 49.0=0.4
1828 — 1835 1585 49.1=0.4
Ich habe hier »mittlere Fehler« der Mittel angegeben, wie man
sie erhält, wenn man, einer Vergleichung der ganzen Reihe 1771 —
! Sequel to a paper, on the Reduetion- of the Thermometrical Observations
made at the Apartments of the Royal Society. By James Glaisher. Phil. Trans. 1850
p: 569 — 607.
S
Auwers: Neue Untersuchungen tiber den Durchmesser der Sonne. II. 937
So
ı888 mit den ı2 für dieselbe gebildeten Periodenmitteln entsprechend,
als »mittlere Fehler« eines Jahreswerths 12 #15 Tage bez. =1?24 F.
annimmt.
Man sieht, dass die mittleren Temperaturen der fünf ersten
Perioden innerhalb der Grenzen ihrer mittleren Fehler mit einem con-
stanten Mittelwerth — 47°9 übereinstimmen. Wenn das Anwachsen
der Maskelyne’schen Beobachtungszahlen und das Festhalten des in
ihrer letzten Periode erreichten Maximums im Anfang der Pond’schen
Reihe durch eine thatsächliche Zunahme der Zahl der klaren Tage
verursacht wäre, könnte sich eine solche Beständigkeit der mittleren
Temperatur für den gleichen Zeitraum nicht ergeben, denn wie die
Vergleichung für die einzelnen einander nahe gelegenen Jahre zeigt,
und unmittelbar an den Mittelwerthen in Tafel 8 ersichtlich wird,
haben im allgemeinen die Jahre mit zahlreicheren Beobachtungstagen
auch die höheren Temperaturen gehabt — wenn auch zahlreiche und
darunter einige recht auffallende Ausnahmen vorkommen. Mit dem
Vorbehalt also, dass wirklich die Identität der Resultate der Thermo-
meter-Ablesungen 1771— ı818 als gleichbedeutend mit einer Unver-
änderlichkeit der mittleren Lufttemperatur während dieses Zeitraums
angesehen werden kann, weisen diese Resultate darauf hin, den auf-
fallenden Gang der Maskelyne’schen Beobachtungszahlen in der An-'
ordnung und Ausführung der Beobachtungsreihe selbst und für diese
Zeit überhaupt nicht in einer Veränderung der durehschnittlichen
Himmelsbedeckung zu suchen. Vielleicht hat Maskelyne anfänglich auf
die Vollständigkeit der Sonnenbeobachtungen geringeres Gewicht gelegt
als Bradley — wie ja überhaupt die Beobachtungsthätigkeit der Stern-
warte unter seiner Direetion weit hinter dem Stande der Bradley’schen
Periode, mit Ausnahme ihrer letzten Jahre, zurückgeblieben ist — und
erst später seine Ansprüche nach dieser Richtung gesteigert; eine
solche Annahme würde in der That die einfachste Erklärung der hier
besprochenen auffälligen Erscheinung liefern.
Ein ganz sicheres Kriterium vermögen die vorliegenden Tem-
peraturmittel freilich nicht zu liefern. Am Ende der obigen Zusammen-
stellung ist ein entschiedenes Anwachsen der Zahlen ersichtlich, und
dieselben bleiben auch weiterhin höher, nämlich:
1836 —ı846 mitt. Temp. 48°4 = 0°4
1847 —ı857 "49.4504
1858 —ı867 ° = " 49.850.4
1868 —1877 = ". 49.7204
1878 —ı838 =» "48.9504
Das Mittel 1819 — 1888 — 49°2 istı?3 höher als das Mittel 177 1—
1818, und die Erhöhung tritt so plötzlich ein, dass sie die Unver-
änderlichkeit der Beziehung der aus den Temperaturbeobachtungen
gezogenen Mittel zu der wahren mittleren Greenwicher Lufttemperatur
935 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
in Frage stellt — unmittelbar zwar nur für die Stelle, an welcher die
berechneten Mittel sich so plötzlich ändern, aber der Nachweis eines
den Beobachtungen oder ihrer Bearbeitung zur Last fallenden Sprunges
an einer einzigen Stelle würde die Beweiskraft der ganzen Reihe er-
schüttern und der Ausdehnung ihrer Vergleichung mit der Reihe der
Beobachtungszahlen auf längere Zeiträume allen Werth benehmen.
Wenn man sich der Unveränderlichkeit jener Beziehung ander-
weitige versichern könnte, würde man in der Reihe der Tempe 'atur-
mittel 1771— 1888 im ganzen ein fortschreitendes, nur zuweiien durch
die zufälligen Abweichungen der einzelnen Jahre gestörtes, Ansteigen
erblicken können. Die mittlere Temperatur für die Greenwicher Stern-
warte würde sich aus der Reihe etwa zu
48°74 + 020214 (t— 1830.5)
berechnen — welche Formel der ganzen Reihe nicht besser und nicht
schlechter entspricht als die beiden '"Theilmittel, indem die Summe
der für die 118 einzelnen Jahre übrig bleibenden Abweichungen, für
die Formel 12178, für die beiden Mittel 115°6, praktisch die nämliche
ist; die Annäherung der Darstellung der Einzelwerthe dureh die
ı2 Periodenmittel ist, bei einer Fehlersumme = ı ı11°0, übrigens auch
nieht merklich höher.'
Die Annahme einer localen Temperaturerhöhung, deren Ausdruck
man in der aufgestellten Formel nicht ganz unwahrscheinlich zu suchen
hat, würde die über «die Bedeutung des Ganges in den Beobachtungs-
zahlen oben gemachten Bemerkungen unberührt lassen. —
Ich will zu denselben noch hinzufügen, dass die durch jenen
Gang nachgewiesene Verschlechterung des Wetters sich keineswegs
über das ganze Jahr gleichmässig zu erstrecken scheint, vielmehr,
wie kaum zweifelhaft bleibt, den bessern Jahresabsehnitt ganz be-
sonders stark betroffen hat. Ich habe in der ersten Nummer dieser
Untersuchungen für die Airy'sche Reihe 1851— 1883 den durehschnitt-
lichen Procentsatz der Beobachtungen für die einzelnen Monate des
ı Während des Drucks dieser Mittheilung ist mir durch die Gefälligkeit von
Mr. Ellis eine zweite unabhängig, aus Beobachtungen von J. H. Belville 1811— 1856
abgeleitete, Temperaturreihe für Greenwich bekannt geworden, welche im Quarterly
Journal of the Royal Meteorologieal Society 1888 veröffentlicht ist (The Mean Tempe-
rature of the Air at Greenwich, from September 1811 to June 1856 inclusive. By Henry
Stocks Baton.). Die von Mr. Eaton (p.ı5 des S.-A.) zusammengestellten Jahresmittel
für 1812 —ı855 geben, durch Abzug von 0.6 auf das Niveau des Observatoriums
redueirt bez. zurückredueirt, die Abweichungen von den Glaisher’schen Werthen,
welche in Taf. R unter der Überschrift »Belv.« aufgeführt sind.
Ein Mittel zur Controle der Homogenität der Glaisher’schen Werthe vermag
diese Reihe nieht darzubieten, weil die Belville'sche Beobachtnnesstation fünfmal (in
den Jahren 1822, 1825, 1833, 1840 und 1844) verändert wurde, auch über die ange-
wandten Thermometer und ihre Aufstellung niehts bekannt: ist.
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. II. 939
Jahres angegeben. Die entsprechenden Zahlen für Bradley und
Maskelyne sind:
Bradley Maskelyne Bradley Maskelyne
Jan. 6.1 0/0 5.9 90 Juli 10.5 9/0 9:4 9/0
Febr. 6.3 » 6.5 Aug. 9.3 » 10.4
März 6.4» 85% Sept. 10.4 » 9:5
April 74 385 Oct. 9.1 » 3.6
Mai 7.9» 9.3» Nov. 9:5» 7-3
Juni 97» 9.4 ® Dee. 2 6.5
Danach erhält man, wenn man die Normalzahl für em Jahr bei
Bradley = ı60, bei Maskelyne (im Durchschnitt der ganzen Periode
1765 — 1810) —=ı48' und ‘bei Airy (185 1—ı883) um !/6 der that-
sächlichen Arbeitsleistung erhöht —=ı14 setzt, folgende
Tafel T.
Durchschnittliche Zahl der Beobachtungen in den einzelnen Monaten.
Monat Bradley | Maskelyne | Airy Verhältniss absol.
10 Jahre 46 Jahre | 33 Jahre || Airy: Mask. | Rückgang
Januar 8.7 8.4 0.97 0.3
Februar 9.6 8.5 0.89 1.1
März 12.6 9.1 0.72 3:5
April 13.0 10.2 0.78 2.8
Mai 13.8 10.2 0.74 3.6
Juni 13.9. 4) 10.5 0.76 3.4
Juli 13.9 INT 0.34 2.2
August 15.4 11.3 0.73 4-1
September 14.1 9.8 0.70 4.3
October 12.7 3.4 0.66 4-3
November 10.7 09.0 0.34 dl
December 9.6 6.8 0.71 2.8
Die Beobachtungszahlen sind also von Maskelyne auf Airy im
Jahresdurehschnitt um 23 Procent, aber in den Monaten März — Oc-
tober um 26, für November — Februar nur um ı5 Procent zurück-
gegangen; durchschnittlich sind März — October monatlich 3.5, in den
vier Wintermonaten je 1.5 Beobachtungen weniger angestellt. Diese
Verschiebung der Verhältnisse scheint wieder deutlich auf die künst-
liche Trübung der Atmosphaere hinzuweisen, indem die Zunahme der
Verunreinigung derselben in der besseren Jahreszeit, wenngleich ab-
solut etwas geringer, doch relativ erheblich stärker, und ausserdem
wirksamer gewesen ist.
Uber den Kohlenverbrauch von London, der hierbei in erster
Linie in Betracht kommt, liegen Angaben vor, die leider nur bis
! Die Zahl der 1765 —ı8ı0 vorhandenen Beobachtungen beträgt 6658, der
Durchschnitt aus diesen 46 Jahren ist also, wenn diese Zahl noch wegen der Un-
vollständigkeit der ‚Jahre 1765 und 1772 um 73 erhöht wird, für ein volles Jahr 146.
Ich habe die nachträgliche Berichtieung des unerhebliehen Irrtliums in den einmal
mit der Zahl 148 aufgestellten Tafeln mnterlassen, zumal dieselbe wahrscheinlich nicht
einmal zu einer wirklichen Verbesserung geführt haben wiirde.
J40 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. October.
zum Jahre 1823 zurückreiehen, und die selbstverständlich nieht ohne
weiteres den Beobachtungszahlen gegenübergestellt oder allein auch nur
für die Verhältnisse in der nächsten Umgebung der Sternwarte als maass-
gebend betrachtet werden können, deren Zusammenstellung bei diesem
Anlass indess dennoch des Interesses nicht entbehren dürfte. Danach
betrug der Kohlenverbrauch der Stadt, in Millionen Tonnen:
1823 1.575 1839 2.038 1855 1871 7.218
1824 1.830 1840 2.589 1856 1872 7.556
1825 1.872 1841 2.943 1857 1873 7.824
1826 1.815 1842 2.755 1858 1874 7.423
1827 1.988 1843 2.6063 1859 1875 8.205
1828 1.961 1844 2.563 1860 1876 8.451
1829 2.019 1845 3.461 1861 5.228 1877 8.592
1830 2.079 1846 2.954 1862 4-967 1878 8.795
1831 2.056 1847 3.322 1863 5.120 1879 10.059
1832 2.146 1848 3.476 1864 5.468 1880 9.915
1833 2.015 1849 3.378 1865 5.903 1881 10.5064
1834 2.080 1850 3.038 1866 6.013 1882 10.380
1835 2.300 1851 3.508 1867 6.322 1883 11.166
1830 2.404 De 3.742 1868 5-907 1884 11.141
1837 2.546 1853 4.015 1869 6.222 1885 11.045
1838 2.520 1854 4-377 1870 6.759 1886 11.800
Die Einwohnerzahl von London betrug nach den seit 1801 in
zehnjährigen Zwischenräumen ausgeführten Zählungen
ı801 865000 1851 23730 S
ISII 1OIO0000 1861 291500
1821 1226000 1871 32 es
1831 1474000 1881 38320 00, und
1841 1878000 1888 4283000 nach Fortschreibung.
Neben den Beiträgen, welche London zur Verunreinigung der
Atmosphaere liefert, kommen indess die Rauchmengen, welche in
grösserer Entfernung von Greenwich über grösseren Flächen der Luft
zugeführt werden, gewiss ebenfalls wesentlich für die Gestaltung der
Beobachtungsverhältnisse in Betracht. Bei der Unvollständigkeit und
geringen Erstreckung der bezüglichen Statistik beschränke ich mich
darauf noch die folgende Tafel des Kohlenverbrauchs in Grossbri-
tannien zu geben, der seit 1854 verzeichnet ist und dessen Gang von
dem des Londoner Verbrauchs wesentlich verschieden ist:
Kohlenverbrauch in Grossbritannien in Millionen Tonnen
1854 60.3 1863 78.0 1872 110.3 ı88o 128.1
1855 59:4 1864 84.0 1873 1144 1881 134.6
1856 60.7 1865 89.0 1874 111.1 1882 135.6
1857 58.6 1866 91.5 1875 117-3 1883 141.0
1858 : 58.4 1867 03.9 1876 117.0 1884 137.4
1859 64.9 1868 92.2 1877 » 119.2 1885 135.6
1860 76.6 1869 96.7 1878 117.1 1886 134.2
1861 78.1 1870 08.7 1879 117,3 1887 137-6
1862 73-3 1871 104.6
Die Vergleichung der monatlichen Beobachtungszahlen habe ich
oben für Maskelyne und Airy gegeben. Tafel T enthält zwar auch
die Angaben aus Bradley’s Zeit, seine Reihe eignet sich jedoch wegen
ihrer kürzeren Dauer weniger zur Vergleichung, und ich habe sie
Auwers: Neue Untersuchungen über den Durelimesser der Sonne. Il. 94]
hauptsächlich deshalb mit aufgeführt, um an einem Beispiel zu zeigen,
mit welcher Vorsicht man eine Beobachtungsreihe bezüglich aller
Einzelheiten ihrer Anordnung und Ausführung zu untersuchen hat,
ehe man die Erklärung von Anomalien, die sich in derselben zeigen,
ausserhalb der Beobachtungsreihe selbst zu suchen unternimmt. Die
Bradley’sche Jahrescurve zeigt eine auffallende Einbiegung im Früh-
jahr, und das Zurückbleiben der Beobachtungszahlen in dieser Zeit
erscheint noch befremdlicher, wenn man die Bradley’schen Monats-
mittel mit den entsprechenden Maskelyne’schen vergleicht. Die Dif-
ferenzen Br.— M. sind:
Jan. + 1.1 Juli +27
Febr. +05 Aug. —0.5
März — 2.4 Sept. + 2.5
April — 1.2 Oct. +1.9
Mai —ı2 Nov. +45
Juni + 1.6 Dee. 2.4
also mit Ausnahme der drei Monate März — Mai durchschnittlich
+1.9, in diesen aber —ı.6. Die Erklärung dieses so befremdlich
erscheinenden Unterschiedes liegt aber einfach in dem Umstand, dass
Bradley im Frühjahr Vorlesungen in Oxford hielt und während der
Monate März — Mai nur ausnahmsweise in Greenwich anwesend war,
so dass der Assistent allein alle Beobachtungen ausführen musste
und, wie sich hier ergibt, durchschnittlich monatlich 3 bis 4 Ge-
legenheiten verlor, bei welchen zwei an den beiden Meridian -Instru-
menten mit einander arbeitende Beobachter den Sonnendurchmesser
hätten erlangen können.
Diese Bemerkung zeigt übrigens noch, dass die für Bradley
ermittelten Beobachtungszahlen noch einer Correctur bedürfen und
durchschnittlich um 10—ı2 zu erhöhen sein werden, um den Wit-
terungszustand der Jahre 1750—ı1760 im Verhältniss zu der Folge-
zeit richtig zu charakterisiren. Für die seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts eingetretene Verschlimmerung ergibt sich dann ein noch
beklagenswertherer Betrag.
Von den umfangreichen Rechnungen, welche der vorstelienden
Mittheilung III zu Grunde liegen, habe ich einen grossen Theil durch
meinen vormaligen Assistenten Hrn. E. Stück ausführen lassen, nämlich
die Ableitung der Fadenabstände, die Reduction der Sonnenbeobach-
tungen auf den Mittelfaden, die Entnahme der beobachteten Durch-
messer aus den redueirten Antritten und die Vergleichung der einzelnen
Werthe mit den Tab. Reg. Diese Abschnitte der Rechnung sind ein-
fach ausgeführt; eine Prüfung durch Doppelrechnung, welche für den
942 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 31. October.
zweiten und dritten der bezeichneten Abschnitte sonst wünschenswerth
gewesen wäre, konnte ich grossentheils durch eine Vergleichung mit
einer Zusammenstellung der in der Maskelyne’schen Reihe beobachte-
ten Durchgangsdauern ersetzen, welche Hr. Newcomb die Gefällig-
keit hatte’mir aus dem im Verlauf seiner bekannten grossen Arbeiten
für die Herstellung neuer Planetentafeln im americanischen Nautical
Almanac Office gesammelten Rechenmaterial ausziehen zu lassen. Ich
hatte mir diese Zusammenstellung ursprünglich in der Absicht erbeten,
die Untersuchung der Maskelyne’schen Sonnendurchmesser gänzlich
auf dieselbe zu gründen, hiervon aber Abstand nehmen müssen, als
sich ergab, dass die Washingtoner Reduction mit den früher in
Greenwich angewandten Fadenabständen ausgeführt war; ausserdem
hat sich dieselbe nur auf etwa drei Viertel der vorhandenen Beob-
achtungen erstreckt, von denen etwa 1700 als für Hrn. Neweomb’s
Zwecke entbehrlich oder, wegen geringerer Sicherheit der resultiren-
den Reetascension, ungenügend ausgelassen sind. Aus diesem fehlenden
Viertel habe ich wenigstens alle diejenigen Beobachtungen nach-
gerechnet, welche auffällige Abweichungen von dem derzeitigen Mit-
telwerth der Differenz mit den Tab. Reg. aufwiesen; ausserdem habe
ich für die ganze Beobachtungsreihe alle, sei es im Druck bereits
angegebenen oder bei der jetzigen Reduction angezeigt gefundenen,
Correeturen nochmals geprüft. Sollten dennoch einzelne Versehen in
Folge des Unterlassens einer vollständigen Doppelreehnung unbeachtet
geblieben sein, so können dieselben bei der grossen Zahl der überall
verfügbaren Beobachtungen doch nirgends einen merklichen Einfluss
behalten haben.
Ausser den genannten Astronomen habe ich Hrn. Geheimrath
Bleneck und Hrn. Dr. Hellmann Dank für die Hülfe auszusprechen,
welche sie mir bei dieser Untersuchung, Ersterer dureh Mittheilung
statistischen Materials, Letzterer durch Nachweis meteorologischer
Daten gefälligst geleistet haben.
Ausgegeben am 7. November.
943
1589.
ALIM.
SITZUNGSBERICHTE
DuR
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
31. Oetober. Sitzung der philosophisch-historischen lasse.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Currıvs.
Hr. Kırcnnorr las: Bemerkungen zu Euripides’ Andro-
mache 1173 fl.
Die Mittheilung folgt umstehend.
Bemerkungen zu Euripides Andromache 11731.
Von A. KırcHHorr.
Doehdem allem Anschein nach in neuerer Zeit die Wiederher-
stellung der in der Überlieferung arg verdorbenen Refrainstrophen
bei Aeschylos' endlich zu allgemeiner Anerkennung gelangt ist, kann
auch das Gesetz, nach welchem die Strophenfolge in denjenigen
Theilen der attischen Tragödie, welche eine strophische Gliederungs-
form besitzen, ausnahmslos geregelt zu sein pflegt, als festgestellt
erachtet werden. Dieses Gesetz ist ein überaus einfaches und bestimmt,
dass die gesanghaft vorzutragenden rhythmischen Sätze (Strophen),
aus denen eine solche Partie entweder ausschliesslich besteht oder
die in derselben als Bestandtheile enthalten sind, je einmal und nicht
öfter wiederholt werden mit alleiniger Ausnahme des letzten, welcher
unwiederholt bleiben kann, und dass jede Antistrophe auf ihre Strophe
unmittelbar oder mittelbar in der Weise folge, dass jeder der Vor-
tragenden mit einer neuen Strophe nicht eher einsetze, als nachdem
er die Antistrophe der vorhergehenden von ihm gesungenen Strophe
zu Gehör gebracht (Schema: a, a. ®, PB. % (y....). Selbstver-
ständlich hat diese Regel nur einen Sinn und gilt daher als maass-
gebend auch nur für die Abfolge solcher strophischen Gliederungs-
formen, welche Bestandtheile einer und derselben einheitlichen Com-
position sind; Fälle, wie im Rhesos 454 ff. = 820 fl. oder in Euripides’
Hippolytos 362 ff. 669 ff. dürfen daher nieht als Ausnahmen von der
! Bekanntlich hat auch Euripides in einigen Chorliedern seiner Brachen diese
Strophenform zur Anwendung gebracht, wo sie sich in unserer Textüberlieferung un-
zerstört erhalten hat, während sie in der Parodos des Kyklopen (41ff.), für welche der
Dichter sie gleichfalls gewählt hatte, in verdorbenem Zustande überliefert vorliegt. Bereits
in meiner ersten Ausgabe des Euripides habe ich sie wiederhergestellt und dabei (II
[1855] S. 483) ausdrücklich auf die gleichartigen Verderbnisse in der Orestie und den
Hiketiden des Aeschylos hingewiesen. Diese Hinweisung ist aber ihrer Zeit entweder
nicht bemerkt oder nicht verstanden worden und die einzig richtige Herstellung der
verdorbenen Stelle des Kyklops hat sich gefallen lassen müssen bis jetzt, so viel mir
bekannt geworden, mit dem Rücken angesehen zu werden. Nachdem indessen Aeschylos
endlich zu seinem Recht gekommen, darf ich wohl hoffen, dass die Zeit nicht mehr
fern sei, in der auch Euripides die gebührende Berücksichtigung finden wird. Was
dem Einen Recht ist, ist doch dem Anderen billig.
Sitzungsberichte 1889. 54
946 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 31. October.
Regel betrachtet werden. Im Übrigen gilt das Gesetz in ganz gleicher
Weise für die Vorträge des Chores jeder Art und die Arien der
Schauspieler," wie für die sogenannten kommatischen Partien. Wenn,
wie das häufig zu geschehen pflegt, in den letzteren die am Vortrage
Betheiligten, Chor und Schauspieler, nicht mit einander correspon-
diren, sondern eine jede Partie ihre Stimme besonders führt, so
entsteht allerdings für den die strophischen Sätze einfach Durch-
zählenden eine in verschiedener Weise verschlungene Strophenfolge, -
aber ein Verstoss gegen die Regel ist darin nicht zu erkennen, viel-
mehr eine Bestätigung. Denn betrachtet man diejenigen Theile des
Ganzen, welche von ein und derselben Stimme vorgetragen werden
und durch deren Ineinanderschiebung jene verschlungene Strophenfolge
des Ganzen überhaupt erst hervorgerufen wird, einen jeden für sich,
so zeigt er allemal die dem Gesetz entsprechende einfache Folge der
Strophen und Antistrophen; überdem setzt, was die Hauptsache ist,
auch in diesem Falle nie eine der am Vortrage des Ganzen betheiligten
Stimmen mit einer neuen eigenen Strophe ein, ehe sie nicht die
Wiederholung ihrer vorhergehenden Strophe zu Gehör gebracht hat.
Die einzige wirkliche Ausnahme von der Regel, welehe darum
meines Erachtens auf eine Störung der Überlieferung zurückgeführt
werden muss, findet sich in Euripides’ Andromache ı 173 ff.
Der Kern dieser kommatischen Partie, welehe durch Anapästen des
Chorführers mit dem Vorhergehenden (1166— 1172) und Folgenden
(1226— 1230) verbunden ist, bildet eine Monodie des Peleus an der
Leiche seines von Orestes in Delphi erschlagenen Enkels Neopto-
lemos, welche aus zwei Strophenpaaren in der regelmässigen Ab-
folge besteht. Die erste Strophe (1173 — 1183) ist von ihrer Gegen-
strophe (1186— 1196) durch zwei Trimeter des Chorführers (1134,
1185) getrennt, die zweite Strophe (1205— 1207, 1209— 1212) und
ebenso deren Gegenstrophe (1219— 1220, 1222— 1225) werden durch
je einen Trimeter des Chorführers (1204 und 1218) eingeleitet und
durch einen zweiten (1208 und ı22ı) in zwei Theile gegliedert. Der
Inhalt aber des Ganzen, der gesungenen Theile, wie der eingeschobenen
Bemerkungen des Chorführers, bildet einen einheitlichen Zusammen-
hang. Unterbrochen wird nun dieser Zusammenhang auf der Scheide
des ersten und zweiten Strophenpaares durch eine kurze Strophe des
Chores (1197— 1199), welcher seinerseits die Trauerklage anstimmt,
! Wenn Euripides dem Zechliede, welches er im Kyklopen 495 ff. den trunkenen
Polyphem anstimmen lässt und bei dessen Vortrage diesem der Chor der Satyın be-
hüflich ist, die gewöhnliche Gliederungsform des monodischen Liedes (Schema: «. «.
&@....) gegeben hat, so ist dies keine Ausnahme, oder wenn man eine solche darin
erkennen will, eine wohl überlegte und durchaus zwecekentsprechende.
Kırcnnorr: Bemerkungen zu Euripides’ Andromache 1173 ff. 947
und die daran sich unmittelbar anschliessende Gegenstrophe (1200 bis
1202), welche indessen nicht der Chor, sondern diesem respondirend
Peleus vorträgt. Diese Unterbrechung weist zwar eine Eigenthüm-
lichkeit auf, die sonst, so weit ich sehen kann, nirgend anderswo
begegnet, dass nämlich der Führer der ersten Stimme, hier Peleus,
sich zugleich an der Führung der zweiten, wenn auch nur respon-
dirend, betheiligt, enthält indessen im Übrigen keinen Verstoss gegen
die Regel der Strophenfolge, da Peleus in der That die Gegenstrophe
zur Strophe des Chores erst anstimmt, nachdem er die Gegenstrophe
zu seiner eigenen ersten Strophe vorgetragen hat und ehe er zum
Vortrage seiner zweiten Strophe übergeht, was, wie man sieht, viel-
mehr der Regel vollkommen entspricht.
Anders steht es mit einer zweiten, im Übrigen ganz gleich-
artigen Unterbrechung, welche zwischen Peleus’ zweiter Strophe und
deren Gegenstrophe erfolgt. Abermals singt unterbrechend der Chor
eine kurze Strophe (1214, 1215) und in unmittelbarem Anschlusse
daran Peleus respondirend die Gegenstrophe (1216, 1217), um erst
dann zum Vortrage der Gegenstrophe zur eigenen zweiten Strophe
überzugehen. Es muss schon sehr auffällig ercheinen, dass im Gegen-
satze zu der im Vorhergehenden befolgten Anordnung in dieser zweiten
Hälfte das Eintreten des Chores nicht am Schlusse (nach ı 225), sondern
in der Mitte derselben erfolgt und dadurch die Symmetrie in der An-
ordnung des Ganzen zerstört wird, ohne dass eine Veranlassung oder
Nöthigung dazu irgend erkennbar wäre; noch befremdlicher aber ist,
dass, um diese willkürliche Abweichung möglich zu machen, oder in
Folge derselben, das Gesetz der Strophenfolge verletzt wird, indem
nunmehr Peleus die Gegenstrophe der Strophe des Chores anstimmt,
ehe er die Gegenstrophe zur vorangehenden zweiten Strophe seiner
Monodie zum Vortrag gebracht hat.
Immerhin würde ich mich damit begnügen müssen, diese Un-
regelmässigkeit constatirt und zu ihrer Entschuldigung etwa darauf
hingewiesen zu haben, dass sie die fast nothwendige Folge der vom
Dichter einmal beliebten Betheiligung des Peleus an der Führung auch
der zweiten Stimme sind und dass Peleus ja auch nicht eine dritte
Strophe seines eigenen Vortrages zwischen die zweite Strophe des-
selben und deren Gegenstrophe einschiebt, sondern nur die respon-
dirende Antwort auf eine ihn unterbreehende selbständige Äusserung
des Chores, wenn sich behaupten liesse, dass der Inhalt der Verse 1214
bis 1217 an der Stelle, welche sie gegenwärtig einnehmen, für den
Zusammenhang des Ganzen nothwendig und unentbehrlich sei. Dies
ist indessen so wenig der Fall, dass sie vielmehr, wie Jedermann ein
einfacher Versuch lehren kann, ausgehoben oder weggedacht werden
948 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 31. October.
könnten, ohne dass im Zusammenhange eine wahrnehmbare Lücke ent-
stehen würde. Noch mehr: sie stören im Gegentheil in ihrer jetzigen
Stellung den Zusammenhang in unliebsamer Weise, da es nicht recht
begreiflich ist, wie Peleus nach der bündigen und abschliessenden Ant-
wort, welche er in der von ihm gesungenen Gegenstrophe auf die
Frage des Chores ertheilt hat, dazu kommen sollte, seine Klage in
der Weise fortzusetzen, wie dies in der nun folgenden zweiten Gegen-
strophe seiner Monodie geschieht. Viel passender würden offenbar
die Äusserung des Chores wie die Antwort des Peleus als Abschluss
des Ganzen hinter dieser Gegenstrophe, also nach 1225, ihren Platz
finden, da das Auftreten der Thetis, welches der Chorführer 1226 ff.
ankündigt und begleitet, sich nieht nothwendig unmittelbar an ihre
Erwähnung in 1224 anzuschliessen brauchte.
Erwägt man die hervorgehobenen Thatsachen in ihrem gewiss
nieht zufälligen Zusammenhange, so sieht man sich zu der Folgerung
genöthigt, dass entweder der Dichter beim Aufbau der Gliederungs-
form unserer Partie mit einer allerdings kaum glaublichen Ungeschick-
lichkeit zu Werke gegangen ist, oder die Überlieferung des Textes im
Laufe der Zeit eine Störung, und zwar durch zufällige Verschiebung
der Theile, erfahren haben muss; und da ich für meine Person dem
Dichter eine solche Ungeschicklichkeit nicht zutrauen möchte, ent-
scheide ich mich für die zweite der beiden Möglichkeiten. Ich meine
also, dass nach der Absicht des Diehters in der That die Verse 1214
bis 1217 ursprünglich hinter 1225 ihren Platz gehabt haben, durch
ein Versehen zu irgend einer Zeit im Texte ausgelassen, am Rande
nachgetragen und dann später an unrichtiger Stelle wieder in den Text
eingeschoben worden sind, dass also als die vom Dichter selbst be-
absichtigte Gliederungsform des Ganzen die folgende zu betrachten
ist, in welcher das Gesetz der Strophenfolge zu uneingeschränkter
Geltung kommen würde;
(Peleus; Chorführer)
Peleus:
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Kırcuuorr: Bemerkungen zu Euripides’ Andromache 1173 ff.
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Bporos eis Ieov avanbaı.
(Chor, Peleus)
Chor:
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Yavovra deomorav Yocıs
} 2
vouw TW veprepwv xardpku.
Peleus:
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diddoya I’ W TaAds Eyw
2 NS \ N ’
yepwv xaı Övoruyms Ödaxpuw.
(Peleus; Chorführer)
Chorführer:
SQ \ > „
Secl yap ala, Ieös Expave Cundopav.
Peleus:
o dıros, dcmov EALTES EpNIOV, >
wueı Mol,
yepavr' dmaıda vondicae.
Chorführer:
Saveiv Yavelv ve, mpeoQu, Xpnv malpos TEXVUV.
Sitzungsberichte 1889. 85
949
950 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 31. October.
Peleus:
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0UX ERISNCOMAL Xalpıe
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KTUmNUL Epos oAoov; w modus [modus],
m ! ie, L .
dımAdv rexvwv W Eorepnoe boidce.
Chorführer:
! E) > E) ’
udryv de 0 Ev yancıcıy wABıcav Seoı.
Peleus:
. > I n / 69
antistr. 2 durrauea dpodda mavra xelraı,
7
[ano weı];
7 , !
Koumuv WETAPOIWV TPOOW.
Chorführer:
' I > t > I
Kovos Movalmıv Ev demo dvaorpebn.
Peleus:
BIER I.
SUXET EOTI Mor Tolis,
m [ Dr} ’ I
OXAmTpA T' Epperw Tade,
7 E „ 7 e ‚ 7
cu T', W Xar’ dvrpa vuxud Nnpews xopn,
4 ' EN} ’
mavwAeIpov m’ onbesi mirvovre.
(Chor, Peleus)
Chor:
Sr \ \ Du 3 IN \ ’
str.2 W xaxa maSuv idwv TE dUOTUXNG Yepwv,
Tv’ aldv’ eis To Aoımov Efeıs;
Peleus:
5 „ 3 > 3 rn
antistr. 2 arexvos, Epnuos, oUx EX,Wv Tepds Kari
G ’ b} L7
dlavrAycw movous; Es "Audav.
Ausgegeben am 7. November.
Beılin, gedruckt in der Reichsdruckerei
51
1889.
XLIV.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
7. November. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Auwers.
l. Hr. Currıvs las über athenische Bauten aus der kimo-
nischen Zeit.
2. Derselbe überreichte im Auftrage des Verfassers eine Schrift
des Hrn. Prof. Parrscn in Breslau: »die Insel Leukas«.
Die Akademie hat in ihrer Sitzung am 25. Juli d. J. den dama-
ligen Honorarprofessor an der Leipziger Universität, jetzigen ordent-
lichen Professor in der philosophischen Faeultät der hiesigen Universität
Hrn. GEORG VON DER GHABELENTZ zum ordentlichen Mitglied ihrer philo-
sophisch - historischen Classe gewählt, und diese Wahl unter dem
ı6. August die Bestätigung S. M. des Kaisers und Königs erhalten.
Sitzungsberichte 1889. 86
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SB,
Römische Staatsurkunden aus dem Archive des
Asklepiostempels zu Mytilene.
Von Dr. CoxkAD ÜICHoRIUS
in Leipzig.
(Vorgelegt von Hrn. Momnsex am 24. October |s. oben S. 833].)
Da: wo im Alterthum die Akropolis von Mytilene mit ihren Tempeln
und sonstigen Prachtbauten lag, steht jetzt die von den Byzantinern
erbaute, von den Genuesen erweiterte türkische Festung. Offenbar
hat in den ersten Jahrhunderten der byzantinischen Herrschaft eines
der auf Lesbos so häufigen Erdbeben die noch übrigen antiken Ge-
häude und Denkmäler niedergeworfen und man hat dann die Trümmer
derselben gleich an Ort und Stelle zu mächtigen Festungsmauern
aufgeschichtet. So ist es gekommen, dass wenigstens die Innenmauer
fast ganz aus antiken Bausteinen besteht, überall zeigen sich Säulen,
Insehriftsteine, Reliefs u. s. w. vermauert und wenn es dereinst ge-
lingen sollte, jene Mauern ganz niederzulegen, so dürften wir reichsten
Gewinn — besonders epigraphischen — erwarten.
Unter den bis jetzt in der Festung gefundenen Inschriften' ver-
dienen vor allem Beachtung einige Blöcke, die zu einer Sammlung
römischer Staatsurkunden (Senatusconsulte, Foedera, Kaiserbriete) ge-
hören. Zuerst hatte Fasrıcıus ı884 einen solchen in der Festungs-
mauer gefunden mit Zeilenausgängen eines Senatusconsults, das er
ins Jahr 692 wies. Dann war es mir ı887 gelungen zwei weitere,
der Steinart, Grösse und Schrift nach zu demselben Gebäude gehörende
Quadern zu entdecken, deren einer ein neues Senatusconsult, der
andere ein Stück von einem Briefe des Augustus enthält und aus
denen ich die Composition der ganzen Sammlung zu reconstruiren
versuchte (Rom und Mytilene S. 9— 45). Ich kam dabei zu dem
Resultate, dass jene Sammlung eine grosse Wand mit etwa 20 Blöcken
in 3 Schrifteolumnen bedeckt, ausserdem aber wenigstens der Augustus-
! Es sind im Ganzen etwa 50; davon stehen 4 im Bullet. IV, p. 417; 3 sind
von Fasrıcrus Ath. Mitth. IX, S. S3f publieirt, die übrigen von mir in Bd. XIII
u. XIV der athenischen Mittheilungen, sowie in der Schrift »Rom und Mytilene «,
Leipzig 1888.
86*
954 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
brief noch an einer anderen Stelle desselben Gebäudes gestanden
habe. Dass dieses ein mächtiger Bau gewesen sein muss, zeigt die
grosse freie Schriftwand, zu der man unten und oben noch eine
beträchtliche Anzahl unbeschriebener Blöcke hinzuzudenken hat. Schon
Fagrıcmws hatte vermuthet, dass dies das Asklepieion, der Haupt-
tempel von Mytilene, gewesen sei und ich habe dies a. a. O0. S. 23
weiter ausgeführt. Im Archiv dieses Tempels nun, in dem übrigens
auch Urkunden anderer Staaten deponirt wurden, waren dann alle
auf Mytilene bezüglichen römischen Staatsurkunden vereinigt, durch
welehe der Stadt Freiheit, Symmachie und sonstige Privilegien ver-
liehen, erneuert, bestätigt wurden.
Bei der Entstehungsart der heutigen Festung war es von vorn-
herein wahrscheinlich, dass auch die Mehrzahl der übrigen Inschrift-
blöcke von der Tempelwand an Ort und Stelle in der Festungsmauer
verbaut sein würden und thatsächlich sind in unmittelbarer Nähe
zahlreiche Quadern desselben Marmors in der Mauer erkennbar, die
aber leider auf der allein sichtbaren Aussenseite keine Schrift zeigen.
Bei einem zweiten längeren Aufenthalt in Mytilene, Juni und
Juli 1888, versuchte ich nun von den türkischen Behörden die Er-
laubniss zur Herausnahme solcher Steine zu erwirken. Nach langen
erfolglosen Bemühungen gelang es mir endlich mit ein paar rasch zu-
sammengebrachten Arbeitern und einigen requirirten Festungsgefan-
genen einen freilich nur kleinen Theil der Mauer niederzulegen und
zu durchsuchen, der aber auch sofort wieder aufgebaut werden musste.
Das Ergebniss war die Auffindung von drei weiteren grossen Inschrift-
blöcken' und mehreren anderen Marmorquadern von demselben Ge-
bäude ohne Schrift.
Hiermit sind nun freilich meinem Dafürhalten nach auf absehbare
Zeit alle Aussichten, der Mauer weitere Schätze zu entnehmen, abge-
brochen. Es ist ja ganz begreiflich, dass die türkische Regierung in
eine umfassendere Demolirung und Untersuchung der Mauern nicht ein-
willigen wird. Nur ganz unvorhergesehene, sei es politische sei es
Naturereignisse ermöglichen vielleicht dereinst weitere Nachforschungen.
Die neuen Inschriftblöcke gehören, wie Steinart, Schrift und
Inhalt klar beweisen, zu derselben grossen Urkundensammlung wie
die bereits bekannten. Zwei von ihnen sind jener mächtigen Schrift-
wand zuzuweisen; sie enthalten Stücke von neuen Senatusconsulten
und Kaiserbriefen aus augusteischer Zeit. Der dritte — mit Briefen
des Dietator Caesar — muss ebenso wie der oben erwähnte Augustus-
! Ich habe die Inschriften natürlich nieht wieder mit verbaut, sondern sie mit
mehreren anderen, in der Festung gefundenen, im Arsenal ebendaselbst deponirt.
En Ze
Cıcnorıus: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 955
brief an einer anderen Stelle desselben Baues sich befunden haben ;'
beide sind offenbar von demselben Steinmetz und gleichzeitig mit
der Hauptwand gearbeitet. |
Ich schicke nun zunächst den Text der drei neuen sowie der
drei schon publieirten Steine in chronologischer Folge voraus, will
dann über den Aufbau des Ganzen sprechen und zuletzt die einzelnen
Urkunden für sich untersuchen.
I. Stein X. Marmorblock von mir 1888 gefunden; hoch 0.395
breit 0.475, Buchst. 0.02. An allen 4 Seiten gebrochen und stellen-
weise stark verwaschen. Die Ergänzungen zeigen, dass links noch
ein gleich grosser Stein mit Schrift angeschlossen haben muss, genau
wie bei dem Briefe des Augustus (Rom und Mytilene S. 42).
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II. Stein M. Fast intaeter Marmorblock, von mir ı887 gefunden,
publieirt in »Rom und Mytilene« S. off., daraus bei VıErrEcK sermo
graec. S. 52ff.; hoch 0.415, breit 0.71, Buchst. 0.021.
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! Darauf deutet schon der verschiedene Fundort der Steine. Während nämlich
M. N. C und P an ein und derselben Stelle der Innenmauer an deren Aussenseite
verbaut waren (beim Orta-Kapu, dem Henkerthore). fand ich etwa 100 Meter von
da entfernt dieht bei einander die Steine X und Y und zwar an der Innenseite der
Hauptmaner.
956
breit 0.68, Buchst. 0.021, dick 0.215.
Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
III. Stein N.
vorigen direct an.
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Marmorblock, ı888 von mir gefunden; hoch 0.415,
Der Stein schliesst an den
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IV. Stein ©. Gleichfalls 1888 von mir in der Mauer gefunden;
hoch 0.497, breit 0.667, dick etwa 0.20, Buchst. 0.021 und 0.025.
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INAUNLO ZIRKIONEN TOBFAIKLO N TTEIIOSIKTOI UNZEON DUO:
V. Stein P. Der erste von FAgrıcıus gefundene Stein; hoch 0.415,
breit 0.785, Buchst. 0.021.
Veröffentlicht von Fasgrıcıus, Athen.
Mittheilungen IX, S. 83 ff., dann mit mehreren abweichenden Le-
sungen von mir, Rom und Mytilene S.ı6 ff., endlich von VIERECcK
S.46 ff. (vergl. add. S. VII).
CicHorius: Römische Staatsurkunden aus Mytilene.
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VI. Sten Y. Marmorblock an der Innenseite der Festungsmauer;
hoch 0.410, breit 0.59, Buchst. 0.02. Publieirt in »Rom und Mytilene«
S. 43 und bei VIErREck S. 53. Da ı888 die Stelle der Mauer
frei fand, konnte ich die Inschrift genauer untersuchen und noch
einige Buchstaben mehr lesen.
ich
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Die vorstehenden sechs Steine ermöglichen es uns nun, uns eine
genauere und sicherere Vorstellung von dem Umfang und der Com-
position der ganzen Urkundensammlung zu machen.
Was zunächst die grosse Schriftwand anlangt, so wird, wie ich
glaube, meine (Rom und Mytilene $. 22 f.) aus den Steinen N und P
versuchte Reeonstruetion durch die neugefundenen Stücke bis ins ein-
zelste — sogar die Buchstabenzalhl der einzelnen Zeilen und Steine —
bestätigt. Genau so wie dort angenommen ist, bedeekte der Text der
Actenstücke mit 3 Columnen eine Fläche von 20 Steinen (davon 2 hal-
birten ef. Rom und Mytilene S.23), welche 4 Horizontal- und 5 Vertical-
lagen bildeten. Es gehören nun MN und Pals erster, zweiter und vierter
958 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Stein in die dritte Horizontallage' von oben, C dagegen als dritter
Stein in die oberste. Die beigegebene Übersichtstafel soll die Ver-
theilung der Schrifteolumnen über die verschiedenen Steine verdeut-
lichen.
Columne I. Columne 1. Columne II.
Während die neuen Funde also für die Hauptwand eine Be-
stätigung des schon früher vermutheten bieten, vermögen wir über
den Aufbau der übrigen Theile wohl erst jetzt überhaupt eine Ver-
muthung aufzustellen. Weder X noch Y gehören zu dem eben
besprochenen Haupteomplex, obgleich beide gleichzeitig mit ihm
und wohl sicher auch von derselben Hand eingemeisselt sind.” Die
sicheren Ergänzungen zeigen, dass sowohl an X als an Y nur noch
je ein Stein links anschloss, also je eine Schrifteolumne 2 nebenein-
ander liegende Steinreihen bedeckte.. Jeder der beiden Steine hatte
ferner, wie aus seinem Inhalt hervorgeht, sowohl oben wie unten
mindestens noch einen Schriftblock liegen, so dass -— da beide des
verschiedenen Inhalts wegen nicht zu derselben Columne gehören
können — wir neben der Hauptwand noch 2 Schmalflächen mit
Schrift zu constatiren haben, jede mindestens 3 Steinlagen hoch und
2 Steine breit. Da dieselben aber mit der Hauptwand ein gemein-
schaftliches Ganze bilden und offenbar in unmittelbarer Nähe von
! Rom und Mytilene S. 23 hatte ich die zweite Querlage angenommen; das ebenda
S. 29 publieirte Bruchstück,, das ich unter M eingerückt hatte, muss unbestimmt bleiben.
®2 Die Form der Buchstaben ist dieselbe charakteristische; dagegen differirt der
Zeilenabstand nicht unbedeutend von dem der 4 andern Steine.
Crcnorivs: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 959
dieser sich befanden, wird auch die äussere Anordnung von der der
Hauptwand nicht verschieden gewesen sein und die Seitencolumnen
ebenfalls 4 Horizontallagen Schrift umfasst haben.
Man hat sich das Ganze vielleicht derart zu denken, dass die
zur Aufnahme der Urkunden bestimmte Tempelwand — etwa von
2 Thüren — durchbrochen war und dadurch in der Mitte eine grössere,
links und rechts je eine schmalere Fläche sich zur Bearbeitung bot.
Stein X wird dann als chronologisch frühester zu der Columne links,
Y als späterer zu derjenigen rechts gehört haben.
Auch über die Anordnung der einzelnen Stücke innerhalb der
Sammlung vermögen wir erst jetzt klarer zu urtheilen. Die Docu-
mente waren “n verschiedenen Abschnitten eingegraben und letztere
durch Überschriften kenntlich gemacht: z.B. X Z. 6 Iyezunare] Kalı]-
Gapos @cod und C 2.9 [doyulars ovyaayrev mepi öpzıev. So umfasst die
alle auf die
römisch-mytilenaeische Bündnissfrage bezüglichen römischen Staats-
Sammlung — wie es scheint in chronologischer Folge
urkunden ‚aus einer bestimmten Periode, ganz in der Art unserer
modernen Zusammenstellungen von diplomatischen Schriftstücken.
Bevor ich zur Besprechung der einzelnen Urkunden übergehe,
ist mit einigen Worten über die politischen Verhältnisse zu reden,
auf die jene sich beziehen, sowie die Aufstellungszeit der ganzen
Sammlung festzustellen. Ich kann auch hier in der Hauptsache auf
meine Ausführungen in »Rom und Mytilene« verweisen und die dort
gewonnenen Resultate kurz zusammenfassen. Auf Grund der damals
allein bekannten Steine M P und Y, ferner einiger anderer Inschriften
und vor allem auch der Gedichte des Krinagoras hatte sich da fol-
gendes als wahrscheinlicher Zusammenhang ergeben:
Die Bürgerschaft von Mytilene, obwohl ausgesprochen pom-
peianisch gesinnt, unterwirft sich auf Rath des Pompeius selbst 706
dem Sieger Caesar. Trotzdem finden wir sie 718 wieder auf der
Seite des Sex. Pompeius gegen Antonius und Octavian. Um etwaige
schlimme Folgen dieser Parteinahme abzuwenden und sich für die
Zukunft zu sichern, wendet die Stadt sich nach der Schlacht bei
Actium bittend an Octavian (wahrscheinlich auf Samos, Winter
723/24 oder 724/25) und wird von ihm nach Rom gewiesen. Dort-
hin geht dann 725 eine Gesandtschaft ab — darunter der Rhetor
Potamo und der Dichter Krinagoras — welche nach der Rückkehr
Octavians (August 725) eine Erneuerung des bestehenden foedus er-
wirkte. Nach ihrer Heimkehr beschliesst 727 Mytilene zum Danke
eine grosse Reihe ausserordentlicher Ehren für Augustus und beauf-
tragt mit Überbringung des betreffenden Psephisma eine neue Ge-
sandtschaft, zu der wieder Potamo und Krinagoras gehören. Diese
960 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
trifft den princeps in Rom nicht mehr an, sondern muss ihm nach
Spanien nachreisen. Hier findet sie bei Augustus 728 freundlichste
Aufnahme und wird von ihm mit einem wohlwollenden Dankschreiben
entlassen; Anfang 729 befinden sich die Gesandten dann wieder in Rom.
Die einzelnen Glieder dieser zunächst vermuthungsweise aufge-
stellten Kette hängen eng untereinander zusammen und die ganze
Reihe von Daten muss als fest gesichert gelten, sobald sich auch
nur ein einziges ihrer Glieder chronologisch bestätigen lässt. Dies
ist aber nun mit einem jener Daten durch die neuen Funde that-
sächlich der Fall. Durch die auf Stein € beginnenden Senatuseon-
sulte ist die für Frühjahr 729 vermuthete Anwesenheit mytilenaeischer
Gesandter in Rom unanfechtbar gesichert, sogar auf die Monate Mai
oder Juni genau. Daraus folgt die Richtigkeit der spanischen Reise
und der Ansetzung des kaiserlichen Dankschreibens auf 728, zugleich
aber auch der des mytilenaeischen Ehrenpsephisma, für das Augustus
dankt, auf 727. Dieses Psephisma nun (abgedruckt Rom und Myti-
lene S. 32 ff.) ist erfolgt anlässlich besonderer Wohlthaten, die der
Stadt kurz zuvor von Seiten Oetavians und des Senats zu Theil
geworden waren, und da mit jenen Wohlthaten nur die Erneuerung
der Symmachie gemeint sein kann, so ist auch diese als kurze Zeit
vorher (725 oder 26) geschehen gesichert. — Wir werden also mit
jenen Daten nunmehr wohl als festen rechnen dürfen.
Die Einmeisselung aller jener Urkunden im Asklepiostempel wird
dann bald nach der Rückkehr der letzen Gesandtschaft, also Ende
729 oder 730 erfolgt sein.
Es erübrigt nun noch die Untersuchung der einzelnen Documente,
die ich bei dem Übergreifen der meisten auf verschiedene Blöcke nicht
nach den erhaltenen 6 Steinen, sondern einzeln dem Inhalt nach vor-
nehmen möchte.
ı. Stein X Z. ı—.,.
Ne BODEN re
[- - . Qlevaousvos [üluwv xexomo[Sa
[-: ray ns Qirias [doplareınv ev re [ei-
r \ ’ 5) 3 r \ 7 Er ae ED) >
[pnvn xaı woreuw (?) evepyereiv nv] worw, aisı rwos [ün]iv autos alya-
5 [Se yerysouaı. Oafppoüvres olv mepi m]avrwv Evruyyavere ya. |Eppwode!
Sehluss eines Briefes an ‘die Mytilenaeer. Bei der Kürze des
Fragments ist über den Schreiber und die Zeit des Documents niehts
sicheres zu sagen. Wenn, wie oben ausgeführt ist, die Anordnung
der verschiedenen Urkunden eine chronologische ist, müsste der Brief
vor den des Caesar (unten Nr. 2) von 709 fallen. Der Inhalt ist
der Stadt günstig und enthält Zusicherung der &rparez und ferneren
Cicnorivs: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 961
Wohlwollens.. Man könnte an ein Schreiben Caesars nach der Schlacht
bei Pharsalus denken, als Mytilene sich Caesar unterwarf und milde
Behandlung erfuhr.
Im einzelnen ist nur der Ausdruck rn] 795 dıAıac &bareıay be-
merkenswerth; der Anfang von Z. 4 ist nach Joseph. ant. 14, 10, 2
ergänzt.
Stein X 2.6—12
[ Traunara | Kaliloapes ©eov
[Teıos "Iovrıos Kalcap auroxper|wp Öirrarup r[e "]pirev ler
|uevos MuriAyvawv de%p oucı Bovlar dnuw Aaupen za ppwoSau Kai
[üyıaıew. (Ewei dei Bovronaı)] elepyereiv av moAW xal oO Wolvov
10 [Burarrew Ta dırdvdpwra, & diempa£loote di’ yuov drra zur auvau[fd- 10
RETTET .. nouylus av nysuoviav dırras doylux-
[res (re Univ auyregwpnusvov A)lareroupe ps ins ro alvrı-
[ypadov
Schreiben Caesars an das Volk von My tilene; die Abfassungszeit
ist bestimmt dureh die Angabe dıxrarwp ro rpirev xadeorausves.. Caesars
dritte Dietatur umfasst das Jahr 709 (siehe darüber Momnsen im ©. I.L. I
p- 451 f.), da der Dietator aber bis zum October dieses Jahres zugleich
Consul IV war (ef. ib. p. 449) und sich als solchen in dem oficiellen
Schriftstück nothwendig hätte bezeichnen müssen, (vergl. z. B. Joseph.
ant. 14, 10,7), so ergibt sich, dass unser Brief erst nach der Nieder-
legung des Consulats, also zwischen October und December 709 ge-
schrieben ist, zu jener Zeit, da Caesar nach seiner Rückkehr von
Spanien sich länger zu Rom und in dessen Nähe aufhielt (Drumann Il.
8656,67).
Zum Vergleich bietet sich uns dar der ähnliche bei Josephus
ant. 14, 10, 2 erhaltene Brief Caesars an die Sidonier vom Jahre 707,
mit dessen Hilfe z. B. oben Z. ı2 ergänzt werden konnte. Wie dieser
muss auch unser Brief ein Begleitschreiben bei Übersendung einer
offieiellen Urkunde sein, denn das ganz lateinisch gedachte rersupa
Z. 12 bezieht sich hier wie dort auf ein zugleich mit dem Briefe ab-
gesendetes Schriftstück. Während es sich bei Sidon um eine con-
silii sententia handelt, scheint bei uns ein Senatuseonsult (Z. ı 1 dey-
[uxros]) für Mytilene beigelegt gewesen zu sein, dessen Wortlaut dann,
wie bei Josephus, unmittelbar folgen musste und noch eine oder zwei
horizontale Quaderpaare bedeckt haben wird. Hierauf muss dann der
Schluss des Caesarbriefes gefolgt sein und damit war die linke schmalere
Schriftfläche der Tempelwand wohl abgeschlossen.
Wie die Eingangsworte Caesars zeigen, muss das betreffende 8. C.
Bestätigung alter und Verleihung neuer Privilegien für Mytilene ent-
* ? a © h B ©
962 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
halten haben, ohne dass es möglich wäre, im einzelnen Genaueres
darüber zu vermuthen.
Während die Ergänzungen der ersten Zeilen ganz sicher sind,
können die der unteren natürlich nur hypothetische sein.
Unser Brief gibt abgesehen von jenem verderbten Texte bei
Josephus — die ersten authentischen Fragmente Caesars in griechischer
Sprache; freilich das elegante Griechisch, das wir in den Briefen des
Augustus lesen (cf. ViEREcK p. 78), wird darin nicht erreicht.
3. Stein M 2.1—ı4 und N 2. 1— 14.
\ © \ - ’ ! ol , 2 5
Ilepı wv mpleoBeurai Mvriryvaıwv Tlorauwv Asopwvarros, Paıvızs bamwıou Tou Karrılr
Tov, Nepdnos Auoüs, Howdns KAewvos, Aus MarpoxAeous, Aywnrpuos KAewyuuov,
Kpwayopas Karrırrov, Zwiros "Eriyevous Aoyeus EmomOduTo, Aapırd dırıay CUUMd-
Yılav dveveoüvro, wa Te &v Kameruriv Yvolılav romaaı ER, ars aureis
5 TRpOTEpov Ümo TA GUyRANrou Suyxeywon|elve A, TaUTa Ev deATW Waran
yeypauueva mpooyAucaı va EEh: IMlepi rourou Tod mpayuaros ourws
oe: Napıra dırav vuumayıny dvavewoacteı, dvdpas dyadovs al di-
Aovs mpooayopsdoaı, Ev Karerwam Yuciav momaaı Efeiva, dre aürols mpo-
Tepov umo Tis Fuyaänrou GiRaySpume, GUrYmEIKLpnpEuc Av, Taura Ev EA-
10 70 aA yeypammera mpaan AR eEelvan, orav Seruow. "lva re Daıos R
8 auronparup, &dv AUTO ouvyraı, TOmoUs Kpnyız aureis xXard To
Tov mpoyovuv &Ios Tanıdv MOIWEaL XeAevon, OmWs We dv aUTd Ex Tüv dn-
ocıwv pe yWuar u miorews TE 796 iias hama. "Edogev. |’Erjei de zo
’ 5 ! Ü NE \ ee I. r 7 B
TpOTEpOV EVETUYETE Mol Kal Eypanba, mpos vuds, marıy üUmenlew|av oi
[5] [mpesßevrai ünwv EmavEpY,oMEvOV a8...)
Der vorstehende Text enthält ein bis auf das Praeseript voll-
ständiges Senatusconsultum und Worte aus einem Briefe Oectavians.
Während bei dem unter 2. besprochenen Briefe Caesars die Urkunde
wohl zum Schluss folgte, ist hier das 8. €. in den Begleitbrief‘ ein-
“gelegt.”
Offenbar begann die erste Columne der grossen Schriftwand mit
der Überschrift eines neuen Abschnitts (Ypaunare Kausapos Seßacrtou)
und die Steine AD enthielten dann, wie bei dem Schreiben Caesars,
1 Falsch ist z.B. dr Yuov in 2.10, wofür Augustus (unten Urk.4 Z.2) richtiger
schreibt ag’ zus.
®2 Dadurch werden meine Bemerkungen Rom EN Mytilene S. 28 sowie diejenigen
Virreeks (S. 53) modifieirt. [Wo dergleichen Begleitschreiben oder begleitende Erlasse
uns sonst begegnen, finden wir sie der Haupturkunde gewöhnlich vorangestellt; auch
die umgekehrte Folge ist, wie das praeferre oder anteferre unserer Constitutionensamm-
lungen beweist, in späterer Zeit nicht selten vorgekommen. Aber von Einschaltung +
der Haupturkunde zwischen den Anfang und den Schluss des Begleitschreibens dürfte
dies das erste Beispiel sem. "Ti. M.|
Cıc#orws: Römische Staatsurkunden aus Mvytilene. 96:
die Eingangsworte des kaiserlichen Briefes, denen sich auf FG H
das Praeseript des SC anschloss. Auf RS wird dann der Brief
fortgesetzt worden sein und, wie wir sehen werden, auf BCD ge-
endet haben. Das von mir (Rom und Mytilene S. 29) an dieser
Stelle eingesetzte Fragment scheidet wie gesagt hier aus.
Meine Ansetzung des Senatusconsults sowie des Briefes auf 725
— 726 (Rom und Mytilene S. 27 f.) wird durch den neuen Stein N
bestätigt, vor allem durch die Worte in Z.ı3 und ı4: erlaı de za
oOTEpoV EVETUYETE Mor xal eypaılar mpos inde, mar Ümen...dv co. In dem
vorletzten Worte fehlen nur 3 Buchstaben, die einzig mögliche Er-
gänzung ist also Ureul[ew]v und auf ci kann nur mpeoBeurar vumv gefolgt
sein. Es hat also eine mytilenaeische Gesandtschaft in Rom die Rück-
kehr Octavians von offenbar längerer Abwesenheit erwartet, nachdem
der Kaiser schon ein früheres Ansuchen (ob derselben Gesandten?)
schriftlich beantwortet hatte. Es kann sich da aber nur um die
' denn
Rückkehr Octavians aus dem Orient im August 725 handeln,
vor der Niederlage des Antonius wird kein Staat des Ostens daran
gedacht haben, sich Bestätigung seiner Privilegien statt von Antonius
von Octavian zu erbitten.
Das Senatusconsult fällt also bald nach Octavians Ankunft in
Rom (also wohl noch 725) und der es begleitende Brief ist dann nur
wenig später anzusetzen.
Durch den Stein N sind nun auch die von mir und von ViErREcK
gegebenen Ergänzungen sämmtlich erledigt; die von mir berechnete
Zeilenlänge findet gegenüber der Vırreer'schen sich bestätigt.
Es mögen zu dem neugestalteten Text nur einige Bemerkungen
folgen.
Z.ı Über Potamo vergl. Rom und Mytilene S. 62 ff. — Phainias
wird als Enkel des Kallippos wohl ein älterer Verwandter des Z. 3
genannten Dichters Krinagoras sein, der selbst Sohn eines Kallippos ist.
Die bisher noch nicht nachweisbare Form ®awızs ist sprachlich
von Interesse. Sie ist nämlich wohl nichts anderes als eine dialek-
tische Schreibung des besonders in aeolischen Städten, z. B. auch
auf Lesbos vorkommenden Namens ®avizs. Es wird durch unsern
Stein also die Angabe des Suidas über den bekannten Peripatetiker
-Phanias: ®avizs 7 bawızs "Epeoiss bestätigt und man darf deshalb die
in den Handschriften häufig sich findende Lesart ®zwizs keinesfalls
corrigiren, wie z. B. Mürzer hist. Gr. II p. 293 verlangt.”
! Dass nicht etwa an eine spätere Rückkehr zu denken ist, zeigt das Fehlen
von Neßerroe.
® Wenn wir auf Münzen des nur eine Tagereise von Mytilene entfernten aeoli-
schen Temnos aus den Jahren 748—49 (Mioxxer suppl. VI p. 41 Nr. 260 — 262 cf.
a x e en n 4
I64 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Phainias, der Vater unseres Gesandten, muss in die gleiche Zeit
angesetzt werden wie der Stoiker Phanias, der offenbar jüngere Freund
des Posidonios, der &v rö rwrw ray Tloosıdwveiwv 0y,R&v bei Diog. Laert.
7,1,33 eitirt wird. Bei dem nicht gerade häufigen Vorkommen des
Namens Phanias ist sogar die Möglichkeit zuzugeben, dass beide
Männer identisch sind.
Z. 2 Über Herodes siehe Rom und Mytilene S. 10. As ist der-
jenige, auf den sich das Epigramm des Krinagoras Anth. Pal. VII 628,
Rı8 bezieht. Meine Ergänzung des Vatersnamen Marploxreovs] wird
durch den Stein bestätigt; es scheint also wirklich der 0.1.G. 2197 f.
genannte gemeint zu sein.
7. 3 Über Krinagoras, den Epigrammendichter, siehe Rom und
Mytilene S. 47 ft.
Zu Zoilos, des Epigenes Sohn, vergl. unten S.43 Z. 11; Yopnyız
statt des sonst üblichen r220%4 und Zeviz ist neu.
2.12 öwws ws av ist wohl eine einfache Dittographie.
2.14 steht auf dem neuen Stein rpes Uuds, wie schon M. Rugex-
sonw (Berl. phil. Woch. Schr. 1888 sp. 1538) vermuthet hatte.'
Schliesslich dürften die Worte in Z. ro und rı I’&ıos Kaisap Aurc-
ı Hr . . D
xoarwp für eine staatsrechtliche Frage — die nach der Nomenelatur
Oectavians — von Bedeutung sein. Uber die Annahme des Imperator-
titels als praenomen durch Octavian sagt Dio 52, 41,3 unter 725:
Kal mv ToU uuroxpeLropos Emixanoıw Emedero, Aeyw de oc) ru Emi Tals virdis...
ANA Tyv Erkpav TA TE Kparos ÖIdOMuIvoUCEaY, Worep TÜ TE Tarpı auto) Tu
Kaapı xdı Tols maıaı rols re &yyavars exlybıore.
Das letzte Wort lässt auch für Oetavian einen diesbezüglichen
Beschluss vermuthen und man würde einen solchen als eine der
zahlreichen, dem Octavian 725 u. 726 — Dio scheidet nicht immer
streng — zuerkannten Ehren anzusehen haben. Das Zeugniss Dios
verwarf Monusen, Röm. Staatsr. II 744”, unter Hinweis darauf, dass
Münzen des Agrippa, die vor dem ı. Januar 717 geschlagen sind,
und die capitolinischen Fasten den vorgesetzten Imperatornamen schon
früher bieten; hierzu ist nachzutragen der Brief des Oetavian an
Mylasa von Samos 723 (Lesas III 441, Dirtrens. 271, VIEREcK S. 7),
wo wir gleichfalls Auroxgzrwp Kalsap lesen. Dem gegenüber findet
die Angabe Dios eine Stütze durch unser Senatusconsult, insofern
Wuappinsron fast. p. 687) "Arorras Pawiov lesen, so werden wir dies nicht, wie es
bisher geschah (z. B. bei Pare), auf einen hier ganz unpassenden römischen Namen
Faenius, sondern, auf den Nominativ Phainias zurückführen. Der Vater des Tem-
niten fällt übrigens genau in dieselbe Zeit wie der Gesandte in unserm Senatuseonsult.
ı Was Rupensonn sonst zu den Inschriften bemerkt, ist durch die neuen Stücke
wohl sämmtlich erledigt, bedarf also keiner besonderen Erwiderung.
Cıc#orivs: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 965
durch dasselbe Gaius als praenomen Octavians noch für 725 nach-
gewiesen würde.'
Die sich gegenüberstehenden Thatsachen dürften sich nun aber
doch vielleicht auf die von Monnusen (a. a. O. Anm. 2) abgelehnte
Weise vereinigen lassen. Sehen wir nämlich von den capitolinischen
Fasten ab, da über deren Datirung die Ansichten auseinandergehen,
so zeigt sich, dass imperator als praenomen vor 725 nur von Oe-
tavian selbst und von seinem nahen Vertrauten Agrippa gebraucht
wird, dass dagegen in dem offieiellen Document des Senats noch 725
Gaius geschrieben steht. Es wird eben die zunächst nur durch den
Kreis des Octavian aufgebrachte Bezeichnung erst nach der Rückkehr
Octavians 725 ihm zur Ehre durch einen formellen Beschluss aus-
drücklich anerkannt worden sein, nachdem bis dahin die streng ge-
setzliche Nomenclatur angewandt worden war. Die Angabe Dios
entbehrte demnach doch nicht der Begründung.
Unser Senatusconsult fällt dann in die Zeit zwischen der Rückkehr
Octavians und der officiellen Anerkennung des Imperatornanıens.
4. Stein (, Z. 1—8.
[(@AAov 82?) unldeva deiv drern eilvaı] map’ üniv axoreiI[ws reis. dı-]
[xaioıs za reis] pıravdpwras, & Eyere map Auov, rois re [mporepov]
[x&i reis dia rovrou rolü doyuaros dedonsvaons: ro EFeiva vuilv Fels wars]
[yenas xaı Tai] is merews xal Tis Yupas mpooodas za Alovxuav Kpn-]
s [oIaı xal mäcw amljopyvansau, orı oüderi auyywpd oude oulyuswprew (ma-]
[(p& raüra rı mac.) Olirws o0v mersouevor Iapooövres ymoD[e.......- |
ve 3 a / e ’ e \ E, r
BEE (Ken)]erös. ’Eyw yap ralra re Ndews meromze Ülmep rs wor-|
lese N > N U a > m , em !
[Ews duav xaı eis jo merAov aisı FIvos ayasod mapaırıos üniv |[yernaouaı.]
Die Inschrift bildet den Schluss eines Briefes; ihre Stellung
innerhalb der Urkundensammlung kann nicht zweifelhaft sein, sie
muss den dritten Stein in der obersten Querlage bilden und sowohl
auf B wie auf D hinübergereicht haben. Zwischen Z. ı unseres
Steines und Z. ı4 der zuletzt besprochenen Steine M N hat also nur
ein einziger Schriftblock gelegen. Dort hatten wir einen Begleitbrief
Öectavians zu einem S.C. für Mytilene, hier haben wir den Schluss
eines Briefes, der ebenfalls zu einem S. ©. geschrieben ist (Z. 3 [reirov
told doyuzros) und der auch nur von Octavian herrühren kann. Es
darf also wohl als sicher gelten, dass MN ı3 u. ı4 und C ı—8
Theile desselben Briefes sind, dass also auch der vorliegende Brief-
schluss in di Jahre 725 — 26 gehört.
! Das Senatusconsult etwa vor 713, bis wohin Octavian sich Gaius genannt haben
soll, anzusetzen, ist ganz ausgeschlossen.
2 a . ee 7 D Ö
966 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Die Zahl der in jeder Zeile ausgefallenen Buchstaben ergibt sich
aus den unteren Zeilen des Steins; zu Beginn sind je ı5 (von B)
Ende der Zeilen je 9 (von D) zu ergänzen. Der Brief enthält Ver-
leihung und Bestätigung von Gerechtsamen an Mytilene, zumal das
Steuerwesen und die Landeseinkünfte betreffend. Auch er ist in
dem eleganten Griechisch abgefasst, das die Urkunden des Augustus
auszeichnet.
Mit © 9 beginnt ein neuer Abschnitt, dessen Überschrift lautet
[Asyulare - uyxayrou ep öpziov. Betrachten wir zunächst das erste
interessante Stück:
5. Stein C, Z. 10—ı6.
[Asyulara ouyxanrov wepi öpxıov
[ER Aüroxperopos| Zeßaoreo Fo £varev Mopxov Zıravoo ülraruv...| 10
rer er (di ?)|raryr Mapxov Zıravod Ex ouyaayrou dolyusros’ po]
[nusp@v.. . Dovviwv &v Kevpie "Tovrız, ypadousvw malpieav Ieör-|
[Rss Alubue Ka vios Ilararıva Asmedos, Txios "Acıwlıos Tvaiov]
Diesk....< Herrw]v, Asvxıoc Zeumpwvios Asvziov vis banlepva "Arpe-|
ıs [rivos, (Ma&pxos) Tepev]rıos Mapxov vios Tereıpia Odaipwv Taiols "Tevvios] 15
[Taiov vies........ Sılaavos, Kowros "Axovrıos Kowrov VIS........ |
Erstes der in der Überschrift angekündigten deyuare. Nur der
Anfang des Praescripts ist erhalten, damit aber auch die Zeitbestimmung
des Documents. Dasselbe fällt in das Jahr 729 d. St. und zwar
wegen des [’I]levviwv Z. 13 zwischen den 16. Mai (XVII. kal. Jun.) und
den ı2. Juni (prid. id. Jun.). Damals weilte also eine mytilenäische
Gesandtschaft zu Rom und zwar — wie aus Krinagoras epigr. rı
R. (anth. Pal. VI ı61) zu schliessen ist — dieselbe mit der der Dichter
728 bei Augustus in Spanien war. Der Kaiser hatte sie offenbar
behufs Erledigung der nöthigen Formalitäten (Besehwörung des Opxuov)
an den Senat gewiesen und zu den hierauf bezüglichen Urkunden ge-
hört die unsere.
! [Was vor dem Tagdatum steht, ist, wie die bekannten Formalien zeigen (Staats-
recht 3; 1008). nicht Theil des ausgefertigten Senatusconsults, sonder Praeseript: Fer:
würoxgaroges] Zeßarroö To Evarov ze Magzou Iıravou Ülreruw.... emılreyn Magzou
Sıravod 2 suyarnrov dolyueros|, wie denn auch die letzten Worte unmöglich im
Senatsbeschluss selbst gestanden haben können. Ohne Zweifel beziehen sie sich auf
die bei den internationalen Acten herkömmliche Publication (vergl. Staatsrecht ı, 257),
welehe ja auch in dem gleich folgenden Senatsconsult am Schluss angeordnet wird;
in ähnlicher Weise verordnet der Vertrag von Astypalaea die Aufstellung in Rom auf
dem Capitol, in Astypalaea im Athenatempel. Dieser Theil des Senatsbeschlusses wird
dann auf‘ Geheiss (erırayn, iussu) des Consuls vollzogen. Für die Vorsetzung des
Jahrdatums giebt es zahlreiche Belege (Staatsrecht 3, 1012 A. 3). Ta. M.]
Cıcmorius: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 967
Die Ergänzungen sind klar, nur zwischen Z. ı und 2, wo ausser
ülrerwv noch etwa 20 Buchstaben fehlen, bieten sich grosse Schwierig-
keiten. Der Dativ ..r@yr wird kaum anders ergänzt werden können,
als zu die]rayf, was gleichbedeutend ist mit diarafıs und dierayuz, der
Übersetzung des lateinischen edietum (Plut. Mare. 24); doch kann hier
kaum die Rede sein von einem Ediete des Consuls M. Silanus. Z. 2
ist ein lateinisches ex senatus consulto fälschlich "mit &x statt mit
xara übersetzt.
Über den Z.ı und 2 genannten Gonsul M. Iunius (M. £f.) Silanus
vergl. Borghesi oeuvr. V 180. Unter den Urkundszeugen (Z. 12 — 16)
begegnen uns mehrere der glänzendsten Namen der augusteischen
Zeit; die Anordnung erfolgt nach Rangelassen, mit dem Consularen
beginnend, doch scheint innerhalb der einzelnen Classen die Ancien-
nität nicht innegehalten zu sein.
a) Paullus Aemilius L. f. Pal. Lepidus ist der cos. 720,
eens. 732, der Gemahl der bekannten von Properz besungenen Cornelia.
Neu ist die Zugehörigkeit auch der Aemilii Lepidi zur tribus Palatina.'
b) C. Asinius [Cn. £.] Pollio, der berühmte Redner; geb. 678
c0S. 714 triumph. 715. Dass er auch nach seinem Rücktritt in’s
Privatleben an den Verhandlungen des Senats regen Antheil nahm,
wissen wir aus der — etwa in die gleiche Zeit fallenden — Ode
des Horaz II ı (v. 13: insigne maestis praesidium reis et consulenti
Pollio euriae!. Auch in dem S. C. von 737 (C. I. L. VI 877) er-
scheint er unter den Zeugen. Der ausgefallene Tribusname ist un-
sicher, allein da Pollio Marruciner ist (Catull. e. ı2) und diese zur
tribus Arnensis gehören (Kusgırscheck imp. Rom. p. 51), ist vielleicht
"Apynvons zu ergänzen.
ec) L. Sempronius L. f. Fal. Atratinus, geb. 681 cos. 720,
triumphirt als Proconsul über Africa a. d. IV id. oct. 733, der be-
kannte Redner und jüngere Freund Ciceros.
' [Neu ist sie nicht, aber darum nur um so wichtiger. Bei der Erörterung der
Frage (Staatsrecht 3, 786), welche Tribus den altpatrieischen unter die munieipale
Tribusordnung der späteren Zeit nicht fallenden Häusern zukommt, habe ich bereits
auf die spanische Inschrift aus Tiberius Zeit (C. II, 3837) hingewiesen, welche einen
Paullus Aemillius Paulli f. Regillıs der Palatina zuweist und hervorgehoben, dass eben
die ältesten Geschlechter den vier ältesten Tribus, den städtischen ursprünglich an-
gehört haben müssen und wahrscheinlich bis in die späteste Zeit angehört haben
werden. Es blieb dies eine Vermuthung, so lange für die einzelnen Geschlechter nur
Einzelbelege sich vorfanden; jetzt wo den Aemiliern, den Nachkommen Numas, zwei
Zeugen die Palatina beglaubigen, ist diese in ihrem unentwegten Beharren imponirende
Consequenz der alten Ordnungen erwiesen. — Dass L. Aemilius Paullus Consul 720
den Platz hat vor C. Asinius Pollio: Consul 716, ist eine weitere Bestätigung des in
jeder Rangelasse den Patriciern zukommenden Vorrechts (Staatsrecht 3, 967 A. 4).
Ta. M.]
Sitzungsberichte 1889. 87
968 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
d) (M?) Terentius M. f. Pap. Varro. Der Consul des Jahres
731 A. Terentius Varro Murena, der 732 anlässlich der fannianischen
Verschwörung hingerichtet wird, kann hier nieht gemeint sein, da
er A. f. ist (Hrnzen 5311, bull. d. corr. hell. I p. 284) und sich ausser-
dem gerade während der Zeit unserer Urkunde in den Alpen im
Kampfe gegen die Salasser befunden haben muss, die er im Sommer
729 besiegte. Da der betreffende Varro Praetorier sein musste (er
folgt auf den Consularen Atratinus), möchte ieh ihn identifieiren mit
dem bei Joseph. bell. Jud. 1, 20, 4 und ant. Jud. ı5, 10, ı als Statt-
halter von Syrien genannten, sonst aber ganz unbekannten Manne
dieses Namens. Auch dieser muss nämlich, wie Momusen R. G. Div.
Aug. p.ı65 zeigt, Praetorier gewesen sein und die Zeit seiner Ver-
waltung, die Lresenau Röm. Verwalt. I, p. 361 in die Jahre 729 —
731 ansetzt, passt vortrefflich; die Statthalterschaft des Varro liesse
sich dann sogar noch enger begrenzen, insofern er nämlich Mai — Juni
729 sicher noch zu Rom gewesen wäre.
Es bleiben nur noch die Verwandtschaftsverhältnisse unseres
Varro zu bestimmen; er ist Marei filius, aber für einen Sohn des
M. Varro Lucullus cos. 681 zu jung, für einen Sohn des M. Varro
(Gibba) qu. 708 tr. pl. 711 zu alt. Dagegen könnte er sehr wohl
Sohn des 2 Jahre zuvor verstorbenen berühmten Gelehrten M. Varro sein.
e) C. Junius (C. £.) Silanus muss der Consul des Jahres 737
sein; jetzt im Jahre 729 war er etwa Aedilicier; s. über ihn Mounsen
eph. epigr. I. p. 60.
f) @. Acutius @. f. ist völlig unbekannt. Den Zeitverhältnissen
nach ist er vielleicht ein Sohn des bei Caes. b. e. 3,83 erwähnten
Pompeianers Acutius Rufus; jetzt mag er etwa Quaestorier gewesen sein.
6. Stein N Z.1ı—ı13, Pı—ı3.
[Mz7]
xou viols (Mapxos "Avrisrios Maxovio)]v vios KAovefrou
niva Au|Sewv, (M&pxos?) Tepevrıos Mapxou vios Merelıpız Oveppwv,
Taıos Kflavivios Taiov vios Trpnrwa "Peßıros?)]
Ilepi @v Mj&pxos Zıravos Umaros Acyous Emomoaro‘] »doyuarı Eaurw
5 dedou[evw — id opx1ov Epos Tous mpeo Beuras Mor ]ırmvarwv YEeveo- 5
Saı hpevrlion, curws xaSws av aurw Ex ruv Önucoliwv mrpayuaru
mioTeWs je rüs bias dawaraı —- Eaurov ereyvwaevlar Acımev elivaı,
iva rourfov (Fol doyuaros dvriypapev aürcis 8oSnP)«] Ilepi rovrou roD
moaryuarlos ourws &ogev. omws Mapxos Zıravos] Umaros, Edv aü-
ı0 TO dawalraı, (reurov Tod deyuaros dyriypabov?)...aurjoüc, ws Eoraxe, 10
yeveodaı [xui Favre Ta TAs ouyaayrov doyuare vj& ep Tourcv
Tou mpayluares yeväueva Ev derras Yarxais EyluapaxSävaı zu
eis Önmolosov avareivaı bpovrien. "Edo£er.]
Cicnorivs: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 969
Senatusconsult, zu denen ep Soxiov gehörig; dureh die neu hinzu-
getretenen Zeilenanfänge (auf Stein N) ist erst eine richtige Bestimmung
des Documents ermöglicht. Fasrıcıws hatte, aus dem Namen des
Consuls Silanus schliessend, dasselbe ins Jahr 692 gesetzt, in welchem
Pompeius Mytilene seine Freiheit zurückgab, und diese Ansetzung
war allgemein acceptirt worden. Allein die neuen Funde lehren uns
jetzt, dass es sich nicht um den Consul von 692 D. Silanus, sondern
um M. Silanus cos. 729 handelt, dass also auch das Senatuseonsultum
in letzteres Jahr gehört. Auch die Ergänzungen sind jetzt erleichtert,
obwohl sie noch an vielen Stellen problematische bleiben müssen.
Zeile 1—3 enthalten den Schluss eines Praeseripts, das aber
keineswegs mit dem auf Stein BCD begonnenen identisch sein kann.
Da nämlich Stein € Z.ı6 mit Kowrou vios endet, unser Praeseript
aber mit einem gleichen [M&p]xov vies beginnt, wären für die da-
zwischen ausgefallene Tribus, das cognomen, praenomen, nomen gentile
und die erste Hälfte von [M&e]xev im Ganzen nur ein Raum von
9 Buchstaben verfügbar. Es muss vielmehr jenes erste Praescript auf
den Steinen 7 I geendet haben, dann ebenda das eigentliche Senatus-
eonsult gefolgt sein und noch auf denselben Steinen der Anfang des
uns vorliegenden Praescripts gestanden haben.
Diese zweite Urkunde wird, wie es z. B. auch bei den oropischen
Documenten der Fall ist, einige Tage nach der ersten verfasst sein. In
Z. 4ff. erstattet der Consul an den Senat Bericht über einen ihm
durch ein Senatusconsult ertheilten Auftrag, dessen Inhalt Z. 5—7
recapitulirt zu werden scheint; damit ist wohl das schon oben (. ıı
beginnende, seinem Wortlaut nach verlorene, gemeint. Hierauf stellt
er mit den Worten Acımov eivaı v&.... einen Zusatzantrag, der sich
offenbar auf Anfertigung von Copien und Aufstellung der Senatsbe-
schlüsse bezog und auch vom Senat angenommen wird. — Der Text
lässt deutlich den ursprünglichen lateinischen Wortlaut durchschim-
mern; so ist Z.7 Aoımov eivaı iva Übersetzung von religuum esse ut; us
eoraxe (Z.10) steht für lateinisches uf statwit und eis Öyuc[sıv für lat.
in publicum.
Von den Urkundszeugen sind nur die Namen der vier letzten
theilweise erhalten.
a) [M&p]xeu vies, nicht zu bestimmen.
b) ....v viös KAovolrouluws Az ....
Da der folgende Name sicher zu ergänzen ist, ergibt sich für
das cognomen La.... nur noch ein Raum von etwa 4 Buchstaben.
Unter den senatorischen cognomina der augusteischen Zeit kommen
darnach wohl nur La[mia] und La[beo| in Betracht. Von den Aelii
Lamiae fallen ja allerdings in diese Zeit zwei Männer, der bekannte
837°
970 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Freund des Horaz und sein kurz vor 734 verstorbener Bruder; der
eine von ihnen ist Q@. Aelius L. f. Lamia triumvir monetalis, der andere
L. Aelius L. f. Lamia, der Vater des Consuls von 756. Allein von
keinem der Beiden wird überliefert, dass er Senator war. Dagegen
kennen wir gerade aus dieser Zeit einen Labeo, der dem Senat an-
gehörte, den berühmten Juristen M. Antistius Labeo. Dieser nämlich
war, wie aus Dio 54,15 hervorgeht, bei der lectio senatus von 736
Mitglied des Senats und zwar offenbar schon seit längerer Zeit. Es
wird also seine Pomp. Dig. ı, 2, 2, 47 erwähnte Praetur wohl schon
vor dieses Jahr fallen und Labeo 729 vielleicht schon als Praetorier
unter den Senatszeugen genannt sein. — Das praenomen des Vaters
gibt Pomp. Dig. ı, 2, 2, 44, die Tribuszugehörigkeit würde neu sein.
e) [Harslııa Oddtwv führt wieder auf einen Terentier, denn die
Visellii Varrones gehören zur tribus Quirina (vergl. Orop. Z. 63). Da
das Senatuseonsult sich auf dieselbe Angelegenheit bezieht, wie die
unter Nr. 5 mitgetheilte Urkunde, werden wir den Varro mit dem
dort erwähnten Zeugen Varro identifieiren dürfen; auch sonst kehren
in solehem Fall dieselben Namen in verschiedenen zusammengehö-
renden Beschlüssen wieder, so z. B. der des T. Maenius Orop.' 16
und 61. Die von mir Rom und Mytilene S, 67 vorgeschlagene und »
von VIERECK acceptirte Beziehung auf den Schriftsteller Varro ist
durch die neue Datirung des Senatusconsults widerlegt.
d) Tziws K....; es dürfen nieht mehr als 32 Buchstaben fehlen.
Den Zeitverhältnissen nach könnte C. Caninius Rebilus cos. 742 ge-
meint sein, der 729 als Quaestorier dem Senat schon angehört haben
wird und dessen Name gerade den verfügbaren Raum füllt.
7. Stein N Z.14 P 2.14: Aörox[p]arfopes Kaisapos Zeßaoroo ro
&varov Mopx]ov Zıravod üra[ru. Anfang eines Praeseripts zu einer
dritten officiellen Urkunde aus dem Jahre 729, über deren Inhalt
wir aber nichts mehr vermuthen können. Auffällig ist das Fehlen
von Zr! vor den Consulnamen; üralrsvovrwv wird kaum dagestanden
haben.” Dieses dritte Document wird die mittlere Schrifteolumne auf
den Steinen T U beendet haben; wie weit es in die dritte Columne
(Steine D E) übergriff, lässt sich nicht sagen.
! Auch in den Urkunden von Oropos ist bei dem späteren ‘Senatusconsult eine
viel kleinere Zahl von Zeugen als vorher angeführt; es kann deshalb auch an unserer
Stelle nicht auffallen, wenn Varro als Praetorier an vorletzter Stelle erscheint.
2 Zu vergleichen ist ür«ros im S. C. v. Panar. 4.
Cıcnorıus: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 971
SE SteinWPNZET Tor
6 [örlwols ©] Murananmv &...
QUAROTETW oUrWs, Ws dv TI %... [O öAuos © Murano]
Tols mwoAsuious rev Önuou r|ov "Pumaiwv dia Tod idleu ayped xaı As wide €-]
mıxpareias un Abeierw Önuoolıe Bovaf dierdei, wore ro drum ro]
“Puuatwv 9 reis dowomsvöis Um’ [aUrod A reis ounuayas red Muov Tod "Ponai-]
uw moreMov Tamoaı Myre aurois [orAcıs Kenuacı veavor SonSerrw.]
‘oO Öfuos 6 "Puuaiwv Tos moreulous Tod dywou red Murinvaiwv dia Too ic]
aypov xaı Tis iias Emixpareials un dpeerw dnuooie Bovrg dienten]
uote TO dyuw rw MuriAnailuv 7 reis apxouevorls UM” aurod 7 reis oumud-|
Aoıs TOD dnmou Tod Mourinv[awv moAsucv mafcdı wre aurers]
omAoıs xpnue|sı] vavoı BonS[eirw.]
"Eav Tıs moorepos morenov molmen..... ....70 M-]
kw Tö Puwuawv (7 reis ov)[unax,aıs Tou dnuev Tou Eupen]
Dieses letzte der zur Hauptwand gehörenden Schriftstücke begann
entweder schon oben auf Stein D E oder aber auf JK L. Es enthält
Bestimmungen aus einem Symmachievertrage zwischen Rom und Myti-
lene, zu dessen Ergänzung jetzt auch der von mir Rhein. Mus. 44
S. 440 f. besprochene methymnaeische Vertrag verwerthet werden kann.
Durch denselben werden meine Ergänzungen (Rom und Mytilene S. 15 f.)
der Mehrzahl nach gegenüber den Vırrzor’schen (S. 47) bestätigt. Inhalt
und Wortlaut sind im wesentlichen die beim foedus üblichen. Zu
erwägen bleibt nur noch, in welcher Zeit die vorliegenden Vertrags-
bestimmungen aufgestellt sind. Ich hatte sie Rom und Mytilene S. 25
auf den ersten, wahrscheinlich nach dem Antiochuskriege mit Mytilene
abgeschlossenen Vertrag bezogen, während Fasrıcıus und VIEREcK (S. 52)
sie gleichzeitig mit dem Senatusconsult Nr. 6 ins Jahr 692 setzten.
Letzteres Datum wird durch die neue sichere Zeitbestimmung dieses
Senatusconsults hinfällig; die formula foederis muss vielmehr den
drei. Decreten vom Jahre 729 angefügt gewesen sein. Es fragt sich
nur, ob damals ein vollständig neuer Symmachievertrag aufgesetzt
oder — da es sich ja nur um eine Erneuerung (avavewoıs) handelte —
der Wortlaut des älteren einfach wiederholt wurde. Der ganze Ton
und der Charakter der Bestimmungen veranlasst mich, auch jetzt
noch in ihnen die ursprünglichen ältesten, später nur mit übernom-
menen zu sehen.
Der Schluss des foedus muss ähnlich gelautet haben wie im
methymnaeischen und im astypalaeischen Vertrage; er wird noch den
Rest der dritten Schrifteolumne mit den Steinen U V W bedeckt und
so den Abschluss vom Text der ganzen Hauptwand gebildet haben.
972 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
g. Stein F Z. 1—14.
\2
DENL. Se pov.... MuriAluvarwv &pxoucı]
ns N/ [2 > Y3e nu a 7 3 \ NS \ w !
[Bovay Onuw Kaupew‘ ei eppwose, xuras av jeyor' zaym de nerd Too orpareu[unros
B r r - a" = ‚ B ’
[öyizıwov: Tlorauwv AcoQwvaxros, 6 deiva....] zapevous, Kpwayopas Kardrr[rov, Z|wirc[s]
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[Erıyevous, 6 deiva ob deiva,...nnnn.... Iras Aıxarov, "WSpias Arobavrou, (Tor)ıaios
RR € ER m S N Y e n VERERG ,
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10 [08 di Tv mpoduniav alrüv za (Pireriu)jus dmredsfdunv, ndews re ryv meAw
[ünav espyereiv Bovroumı xal xara Tolüs mapevras xaıpovs zul Ev Tols Nerd TaU-
[ra %povors] ...dv Emiordwevos My Ey,ovres etvolan]
[dxreretre] ... Toy Morauwv &....ve rAv mpolSumiev?]
auTov ET... 00 OU.... Vovra
Über die vermuthliche Stellung dieses Stückes in einer beson-
deren Columne rechts von der Hauptwand ist oben gehandelt. Auch
diese Columne wird mit einer neuen Überschrift (voruuara Kaisapos
Yeßaoroo) begonnen haben. Links fehlte noch ein Stein, wie viele
Schriftsteine über und unter dem unseren sich befanden ist unsicher.
Der Text ist in Folge einer eingehenden Neuvergleichung an einzelnen
Stellen jetzt noch genauer.
Der Brief ist von Augustus an die Mytilenaeer von Spanien aus
gerichtet, wo der Kaiser 728 die Gesandten der Stadt empfing. Ganz
ebenso hatte Augustus in demselben Jahre von Spanien aus ein
Schreiben an die Chier erlassen, das in der Inschrift C. I. @. 2222
(Dirtexg. 276) erwähnt wird. — Der Grund, warum unser Brief in
der Urkundensammlung nicht vor den Senatusconsulten von 729 ein-
gereiht ist, wohin er chronologisch riehtiger gehörte, wird ein rein
äusserer sein. Man wird die umfangreicheren Senatsurkunden auf
der Hauptwand haben vereinigen wollen und da lieber den kürzeren
Brief auf die Schmalfläche gesetzt haben.
Im einzelnen ist nur weniges nachzutragen. Die Ergänzungen
VIEREeR’s acceptire ich für Zeile 6, ro und ıı, dagegen passt seine
Ergänzung für Zeile ı nicht zu dem verfügbaren Raum.
Dass Zeile 3 an erster Stelle der Name des Potamo gestanden
hat, scheint mir jetzt ganz sicher; ebenda tritt jetzt als neu gelesen
der Name des Zoilos hinzu. Es ist das derselbe, der an der ersten
Gesandtschaftsreise theilnahm und in dem Senatusconsult von 725 als
letzter in der Reihe der Gesandten erscheint.
Der Name am Ende von Zeile 4 scheint Histiaios gelautet
zu haben.
Cremorivs: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. 973
Endlich möchte ich noch bemerken, dass unter den fehlenden
Gesandtennamen sich der des Seleukos befunden haben kann, auf
dessen Tod in Spanien Krinagoras das Epigramm anth. Pal. VII 376
(15 R) gedichtet hat, vergl. hierüber Rom und Mytilene S. 46.
Zusatz.
Von TEovor Momnsen.
Die hier mitgetheilten mytilenaeischen Actenstücke, deren Auf-
findung weniger dem Zufall als der zielbewussten Energie ihres
Herausgebers verdankt wird, sind von so hohem Interesse, dass es
wünschenswerth erscheint Zusammenhang und Datirung sofort zu
fixiren. Da die vorher mitgetheilten Vorschläge nicht in aller
Hinsicht das Richtige zu treffen scheinen und die von mir vorge-
schlagene abweichende Zusammenordnung der Blöcke die Zustimmung
des Herausgebers nicht gefunden hat, so werden hier beide Vorschläge
vorgelegt; die Sachkundigen mögen entscheiden.
Die Quadern, auf welche diese Urkunden eingezeichnet waren,
lagen in mehreren Schichten über einander und waren in mehreren
Columnen beschrieben. Die Höhe der einzelnen Schichten kann, und
die Breite der zu einer jeden Schicht gehörenden Blöcke muss un-
gleich gewesen sein, da man natürlich vermieden haben wird Fuge auf
Fuge zu setzen. Dagegen müssen die in derselben Schicht liegenden
Blöcke die gleiche Höhe gehabt haben. Die Breite der Schrifteolumnen,
bei deren Eintheilung hier wie immer auf die Fugen keine Rücksicht
genommen ward, wird voraussetzlich ungefähr die gleiche gewesen
sein, da dem Arbeiter die grosse glatte Fläche vorlag und, so viel
wir sehen, bei deren Eintheilung keine andere Rücksicht in Betracht
kam als das Ebenmaass. Nach meiner Ansicht bildeten diese Urkunden,
als sie noch vollständig beisammen waren, drei Blockschiehten und
vier Schrifteolumnen:
974 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Lücke
0.667
i |
= | n ach un p i r:
+ = ück en ine A
5: M y N „ücke ef Ha u
071 0.68 ! 0.785 Ha
SS m —
ı. Columne. 2. Columne. 3. Columne. 4. Columne.
Die Blöcke sind durch gerade, die Schrifteolumnen durch punk-
tirte Linien geschieden; die Unvollständigkeit der Blöcke in der
Höhe oder der Breite ist durch den Maassen nachgesetzte Punkte
angezeigt. Die Buchstabenhöhe ist überall die gleiche von un-
gefähr 2 Centimetern; dass das Zeilenintervall auf den Blöcken X
und Y etwas anders ausgefallen ist als auf den übrigen vier, kommt
nicht weiter in Betracht, da hierin sogar in derselben Columne nicht
selten kleine Differenzen begegnen. Die Blöcke der obersten Lage,
aus welcher wir nur einen unvollständigen haben, waren hiernach
über 0”410, die der zweiten 0”497, die der dritten 0”415 hoch. Es
passt dazu, dass die Blöcke X Y von dem wahrscheinlichen Auf-
stellungsort weiter entfernt und in zertrümmertem Zustand sich ge-
funden haben, die vier anderen dem Anschein nach nahezu am ur-
sprünglichen Platz; die Zerstörung des Gebäudes traf natürlich zu-
nächst die oberste Schicht und die Ecksteine. Die Zahl der fehlenden
Blöcke lässt sich bei der ungleichen Breite der Werkstücke nicht
genau ermitteln, wohl aber die Columnenbreite und damit annähernd
die Grösse der Lücken. Von der ersten Columne sind auf den an-
schliessenden Blöcken M N die letzten Zeilen vollständig erhalten und
zählen 55—57 Buchstaben. Von der zweiten liegen auf den Blöcken
N und P, zwischen denen einer fehlt, die Zeilenanfänge und die Zeilen-
schlüsse vor, und die ziemlich gesicherten Ergänzungen der Zeilen
6 und 9 führen hier auf etwa 50 Buchstaben. In der dritten Co-
lumne führeu die ebenfalls ziemlich auf den Buchstaben gesicherten
Ergänzungen auf eine Breite von etwa 60 Buchstaben. Die hiebei
sich herausstellenden geringen Ungleichheiten kann man hinnehmen,
da sie sich dem Auge kaum bemerkbar machen.
Der Anfang der ersten Columne ist verloren; es fehlt von den
hieher gehörigen Blöcken derjenige der ersten Schicht ganz und der
Cıcnorıws: Römische Staatsurkunden aus Mylilene. — Zusatz von Momusen. 975
obere Rand von dem der zweiten (X), da dieser 0.5 m messen sollte,
aber nur 0.4m misst und nach unten an den erhaltenen der dritten
Schicht ziemlich anschliesst. Somit ist von dem ersten Document
nur wenig (Cichorius ı) und zwar der Schluss erhalten; es war dies
das Schreiben eines römischen Beamten an die Mytilenaeer. Dass es
das Schreiben gewesen ist, welches der Dietator Caesar nach der
pharsalischen Schlacht im J. 706 an dieselben gerichtet hat, ergiebt sich
nicht aus den dürftigen Resten, sondern aus dem folgenden Acten-
stück; ist dies, wie weiterhin gezeigt werden soll, ein Schreiben des
Dietators an die Mytilenaeer vom J. 709, so kann das ‘frühere
Schreiben’, auf das er darin sich bezieht, nur das unmittelbar voran-
stehende sein. Wir wissen, dass nach Pompeius Landung auf Lesbos und
den bekannten Vorgängen daselbst Caesar auf der Verfolgung an der Insel
vorbeifuhr;' es versteht sich von selbst, dass die Mytilenaeer ihn
damals beschiekten und von ihm beschieden wurden.
Es folgt alsdann in dieser Columne ein zweites Schreiben Caesars
(Ciehorius 2. 3), von dem Überschrift — [yeaunare] Kaioapos Ieod —
und Anfang verstümmelt auf dem unteren Theil des oben genannten
Blockes X vorliegen. Der eingelegte Senatsbeschluss steht vollständig
auf den Blöcken M+ N. Auf denselben hat sich der Schluss des Briefes
so gut wie ganz erhalten; nur die letzten Worte haben an der Spitze
der zweiten Columne gestanden und sind mit deren Anfang verloren
gegangen. Zwischen X und M-+N fehlt, wie der Augenschein zeigt,
wahrscheinlich nur die eine am Schluss von X unlesbar gewordene
Zeile. Die Beweise dafür, dass beide Stücke zusammengehören und
das Senatusconsult dem Dictator Caesar und dem J. 709 und nicht,
wie Cichorius meint, seinem Sohn und den Jahren 725/6 zuzuschreiben
sind, sind folgende:
Die für Caesar den Vater von Cichorius angenommene Titulatur
[Dates "Iovrıos Kaivap auroxpar|up dıxrarwp ro r]pirov xuSe|orausvos],
insofern der Berichtigung bedürftig, als x«Seorzuevos nach allen
Regeln römischer Titulatur unmöglich müssiger Beisatz sein kann.
Die Einlegung eines Wortes, das nach dem Amtstitel noch die Über-
nahme des Amts pleonastisch ausdrückt, ist sinnwidrig und auch
nicht durch ein einziges lateinisches oder griechisches Beispiel belegt.”
! Seneca consol. ad Helv. 9,6.
®2 Wenn in Ehreninschriften das Amt bezeichnet werden soll als bereits ver-
waltet, was in späten und untergeordneten lateinischen Inschriften durch Formeln wie
praetorius und aedilicius ausgedrückt wird, so kann dafür im Griechischen statt des
Aoristpartieips yaı vonevos eintreten, wie zum Beispiel die Athener (€. I. Att. III 645)
den Xenokles ehren eismynenv yevanzı ‚on Toü FIrWWIzoV Time Lou zur Tier WUNTAUTEE dis zur
Sro@r nyov emı ToUG OmAeiras YEvolE evov Fergazıs. Diese Ausdrucksweise ist nicht häufig,
aber nicht incorrect, der Zusatz hier keineswegs müssig.
976 _ Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Meines Erachtens wird sowohl in diesem Document wie in dem
analogen', auf das Cichorius brieflich mich verweist, dem Schreiben,
welches Caesar der Sohn an die Stadt Mylasa erliess imaros ro
Teirov xaSeorausvos, das Particip zu fassen sein in dem Sinne von
designatus. Dafür wird späterhin ständig drodedsryuevos gesetzt” und
es muss eingeräumt werden, dass der Begriff dadurch präeciser aus-
gedrückt wird als durch jene etwa dem latinischen creatus oder con-
stilutus gleichwerthige Bezeichnung; es ist angemessen, wo die Ernen-
nung im Gegensatz zum Amtsantritt bezeichnet werden soll, dies an den
Wahlact anzuknüpfen, wie es bei designare und dmrodeıxvivaı geschieht,
wobei bei dem lateinischen Worte noch der alte und feste Gegensatz von
designari und inire hinzutritt. Aber auch xuSeorauevos schliesst der
Wortbedeutung nach nur die Bestellung ein, nicht den Antritt, und so
gut wie in diesem Document die /autia statt der sonst dafür ständigen
mapoy,aı vielmehr Kopnyıı heissen, konnte der griechische Interpret hier
eine andere Formel setzen als die wenigstens späterhin dafür übliche.”
Sachliche Schwierigkeiten macht diese Auffassung für das mylasische
Document nicht.” Caesar der Sohn wurde im Frieden von Misenum
715 designirt als cos. I] für 721 und als cos. III für 723; nachdem
er gleich am ersten Tage des Jahres 721 das Consulat niedergelegt
hatte, kam ihm — damals wurde noch im amtlichen Gebrauch der
Amtstitel nur gesetzt, so lange der Beamte in Function war — die Be-
zeichnung cos. des. III vom 2. Jan. 721 bis zum 31.Dee. 722 zu, ebenso
wie Antonius in der Zwischenzeit zwischen seinem zweiten Consulat 720
und seinem dritten 723 auf seinen Münzen sich bezeichnet als cos. des.
III; und da Caesar den grössten Theil dieser Zeit von Rom abwesend
das Commando in Dalmatien führte, passt der aus dem Feldlager
geschriebene Brief für das Jahr 721 und Anfang 722 auf das beste.
Danach wird in der mytilenaeischen Urkunde gestanden haben dixrarup
r[o rlpirov, xaSe|oramsvos 6 reraprov],° ähnlich wie in einer anderen
! Waddington n. 441; Dittenberger n. 291; Viereck sermo Graecus quo senatus
p. g. R. usi sunt (Göttingen 1888) n. VI.
3 AeıgorounQers in dem Schreiben des Claudius Joseph. 19, 5, 3.
® Es ist dies wohl die älteste das lateinische designatus griechisch wiedergebende
Urkunde.
* Andere Belege für dieses z«Serrauevos sind mir nieht vorgekommen und
dasselbe bestätigt mir Dittenberger brietlich.
5 Es ist wohl nur ein von den Nachfolgern wiederholtes Versehen Waddingtons,
dass er den Brief in das dritte Consulat nach der actischen Schlacht setzt. Er betrifft
eine länger zurückliegende Calamität, wahrscheinlich, wie Waddington bemerkt, den
Einfall der Parther in Kleinasien 7 14.
° Die Ergänzung dıe Prov würde den sachlichen Verhältnissen nicht entsprechen
(Staatsrecht 2°, 716. 767).
Ciomorrus: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. — Zusatz von Monusen. 977
Urkunde! Caesar heisst Öixrarwp T6 reraprev Umaros Te To meumTev, Öixrarup
dmrodederyusvos d& Bıov. Auch die Raumverhältnisse fordern eine derartige
Ergänzung sowie die Einschiebung von Tiev Vs in der vorhergehenden
Zeile; wir gelangen damit zu derjenigen Buchstabenzahl, welche für
die erste Columne gefordert wird. Da aber für das vierte Consulat
kein Platz auf dem Stein ist. so ist dieser Brief nach Niederlegung
desselben geschrieben, also in den letzten Monaten des Jahres 709.
2. Die Bezeichnung T'&ıos Kaicap auroxparwp, die in dem Senats-
beschluss vorkommt, ist die correete abgekürzte des Dietators: dem Sohn
kommt sie nach Ausweis der Documente vom Jahre 714 ab nicht zu.
Die Autorität Dios, nach dem diese Benennung ihm erst im Jahre 725
vom Senat gegeben worden ist, kommt gegen die gleichzeitigen Münzen
und andere sichere Zeugnisse nicht auf; auch mag, wer den Dio retten
will, immerhin annehmen, dass zu der von ihm angegebenen Zeit
der Senat dem Machthaber diese seine späteren Vornamen ausdrück-
lich bestätigt hat, was füglich mit Rücksicht auf Antonius längere
Zeit unterblieben sein kann. Aber zu der Annahme, dass in einer
officielen Urkunde vom Jahre 725/6 der Senat ihn mit seinem Ge-
burtsnamen bezeichnet haben soll, wird sich nicht leicht entschliessen,
wer die Thatsachen kennt und wägt. In diesem erblichen Amtsvornamen
lag des jungen Mannes Prätendentenlegitimation; man würde es be-
greifen, wenn sein College fortgefahren haben sollte ihn Gaius zu
nennen, wie denn auf keiner Münze der beiden Triumvirn Caesar
den Imperatortitel als Praenomen führt. Aber wenn nach der actischen
Schlacht der Senat ihm dieses Praenomen versagt hat, so wird freilich
Dio gründlicher gerettet, aber unsere geschichtliche Anschauung von
dem Verhalten des neuen Herrschers zu dem abgesetzten Gemeinde-
rath noch viel gründlicher beschädigt.
3. Die Ausführung der Senatsbeschlüsse liegt bekanntlich dem
oder den Vorsitzenden ob; insbesondere sind sie es, die bei den
üblichen Beschlüssen zu Ehren der Gesandten angewiesen werden
den Quästoren die Erfüllung der Gastpflichten aufzugeben. Wenn
also in dem fraglichen Act der Senat eine derartige Anweisung an
den T&ıos Kaioap Suroxcarwp richtet, so folgt daraus, dass dieser und
zwar dieser allein die betreffende Sitzung berufen hat. Dies ist mit
Cichorius Ansetzungen insofern nicht gut zu vereinbaren, als in den
Jahren 725 und 726 Caesar der Sohn wohl das Consulat bekleidet
und in Rom verweilt hat, aber ihm doch ein College zur Seite stand,
und die Annahme, dass in diesem Fall er allein den Senat berufen
hat, nicht unmöglich, aber doch immer willkürlich ist. Dagegen
! Josephus 14, 10, 7.
978 _ Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
passt die alleinige Berufung vortrefflich für die letzten Monate des
Jahres 709, während welcher der Dietator in Rom verweilte, einerlei, ob
man den Beschluss in die wenigen Tage setzt, welche zwischen seiner
Rückkehr nach der Hauptstadt und der Niederlegung des Consulats
verflossen, oder ob er in die Zeit nach dieser Niederlegung fällt; im
ersten Fall war er allein Consul, im zweiten Dietator und berief also
auf jeden Fall den Senat allein. Indess ist die zweite Annahme wahr-
scheinlicher, theils weil die erste Frist kurz ist, theils.weil das Be-
gleitschreiben zweifellos nach Niederlegung des Consulats abgesandt ist.
In der zweiten Columne sind, ausser den wenigen Schlussworten
des Schreibens vom Jahre 709, welche am Ende von M+N keinen
Platz gefunden hatten, zu oberst derjenige Brief, dessen Anfang die
Tafel Y (Ciehorius 9), dessen Ende die Tafel € (Cichorius 4) erhalten
hat; viel scheint zwischen beiden nicht zu fehlen. Ein strenger
Beweis für die Zusammengehörigkeit der Blöcke Y und C kann nicht
geführt werden, da was auf dem ersteren erhalten ist, in jedem von
einem römischen Gewalthaber aus dem Feldlager an die Mytilenaeer
gerichteten Brief gestanden haben könnte; aber da die weiter zu er-
wähnende Stellung des Krinagoras auf dem Block Y den Brief aus
der ersten Columne ausschliesst, ist für denselben ein anderer Platz
nieht zu finden als dieser, und ihm fügt er sich vollständig passend ein.
Es ist dies, wie von der zweiten Hälfte Ciehorius richtig ausgeführt hat,
dasjenige Schreiben, mit welchem Augustus den Mytilenaeern das gleich
folgende Senatusconsult vom Jahre 729 übermittelte. Während des gan-
zen Jahres war er von Rom abwesend und befand sich in Tarraco. Dem
entsprechend ist das Schreiben, wie die Eingangsformel zeigt, aus
dem Feldlager abgesandt, wohin die darin erwähnten Gesandten sich
begeben hatten. Dass sie nicht bloss dem Senat, sondern auch und
vor allem dem Kaiser sich vorstellten, entspricht dem Herkommen; neu
aber ist es und bemerkenswerth, obwohl keineswegs befremdend, dass
der in Rom vom Senat gefasste Beschluss nicht von dem Vorsitzenden
den Gesandten zugestellt wird, wie dies in republikanischer Zeit geschah,
sondern dem abwesenden Herrscher, dem ja das Recht Staatsverträge
zu schliessen gesetzlich überwiesen ist, zur Aushändigung an die Ge-
sandten. Es wird dadurch bestätigt, was auch sonst in aller Weise
wahrscheinlich ist, dass das alte Recht dem Senat formell verblieb,
aber ein derartiger Senatsbeschluss durch den Kaiser den Gesandten
übergeben werden musste, also der Sache nach der kaiserlichen Be-
stätigung unterlag, welche in der Form der Nichtaushändigung auch
von Rechtswegen versagt werden konnte.
Die [deyularz suyxAnreu wepi öpziov, deren Anfang nebst Überschrift
auf‘ Bloek © (Ciehorius 5) erhalten ist, werden in dem nach meiner
Cıomorıus: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. — Zusatz von Monusen. 979
Meinung unmittelbar anschliessenden Text (Cichorius 6) N (zweite Co-
lumne) und P (erste Columne) fortgeführt, wobei allerdings zwischen
N und P ein Block mit den Zeilenmitten uns fehlt. Beide sind durch
das Consulat vom J. 729 datirt und geben damit auch, wie schon
bemerkt ward, dem voraufgehenden Begleitschreiben seine feste Be-
stimmung. Die Bedenken, welche Cichorius bestimmt haben den
ersten dieser Beschlüsse (Ö. 11 —ı7 und N+ P ı—ı3) als Rest zweier
verschiedener Senatsbeschlüsse zu betrachten, kann ich nicht theilen;
die Zulässigkeit des Anschliessens zeigt die unten folgende Restitution,
bei der selbstverständlich die Namen nur beispielsweise gesetzt sind.
C 15 : [gev]|rıos MagzoV vos marsıgıc ovagguv Yaro|s tovvios yaıov vos moAAı«]
16 : [rı] Auvos zowros wzourios zowrov vios [more Yaros memigios cp]
N ı1:zou veols Fnonrwea ou fargzxos #ogunAos nagzolu vos #Aovs|rou] IB
2 : wo raldewv ARQROS TEGEVFIOS MRpXoVU vIos rarelıgıce ovagawv 12
Die hierbei angenommene Voraussetzung, dass die zweite Columne
auf den links an € anschliessenden Block nur um wenige Buchstaben
übergriff, hat kein Bedenken und die Zahl der also auf die vier Zeilen
entfallenden Buchstaben 59— 55 —54—50 entspricht allen billigen
Anforderungen. Dass zwei Terentii Varrones — etwa Vater und Sohn,
da sie ziemlich weit von einander getrennt sind — zugleich als
Urkundszeugen fungiren, macht ebenso wenig Schwierigkeit.
Von dem zweiten Senatusconsult, das die Überschrift deyuzrz
reg cpxiov ankündigt, ist nur die erste die Consulnamen wiederholende
Zeile als letzte der Blöcke N (2) und P(ı) und auch diese nur theilweise
erhalten (Cichorius 7); die Fortsetzung muss den Anfang der dritten Co-
lumne gebildet haben. Auf diese wird die Formel des von den Römern
den Mytilenaeern geleisteten Eides gefolgt sein; uns fehlen hier die
Blöcke der obersten wie der mittleren Schicht. Auf dem erhaltenen der
untersten (P, zweite Columne) finden sich von dem den Römern von den
Mytilenaeern geschworenen Eid die Zeilenanfänge (Cichorius 8); der Block
mit den Zeilenschlüssen fehlt. Der Schluss dieser Formel muss in einer
vierten Columne gestanden haben, von der nichts erhalten ist, wo-
fern nicht aus dieser die beiden kleinen Fragmente herrühren, welche
Ciehorius früher (Rom und Mytilene S. 29. 30) herausgegeben hat:
Mlurirnvailwv odızalpt
i]luwv Horfauwv Acoßwvaxros Ilorauluva Aso[Swvaxros
ov mpos iluds mpeo |Beıs Fous
Tois Unere|poıs Tas morelws
5
Y er: ’ !
Prepi] wv aürolxparwp
Te[r]&uwv
E \
ı &Tı X
980 Gesammtsitzung vom 7. November. — Mittheilung vom 24. October.
Das erste dieser Fragmente scheint den Anfang eines Senats-
beschlusses zu enthalten, bei welchem Augustus den Vorsitz führte
und der voraufgehende Brief wird also dazu das Begleitschreiben sein.
Da Potamon sowohl 709 wie 729 an der Spitze der Gesandtschaften
stand, kann dieser Beschluss füglich nach Augustus Rückkehr nach
Rom 730 gefasst worden sein und am Schluss dieser Doceumentenreihe
seinen Platz gehabt haben. Zu dem, was sonst über Potamon bekannt
passt dies alles recht gut.
Neben dem staatsrechtlichen Werth dieser Urkunden sind sie
litterargeschichtlich von Interesse: wie sie für den genannten Potamon
wesentliche Anhaltspunkte gewähren, begegnet in ihnen ferner zwei-
mal eine der interessantesten Persönlichkeiten dieser Epoche, der aus
der Anthologie bekannte lesbische Epigrammendichter Krinagoras. Die
dadurch für diesen gegebenen chronologischen Daten stimmen gut zu
dem, was sonst über ihn bekannt ist, so wie umgekehrt der so eben
dargelegte Zusammenhang der Texte in seinem doppelten Auftreten Be-
stätigung findet. Krinagoras des Kallippos Sohn ist danach zweimal als
Gesandter seiner Vaterstadt in Rom erschienen, zuerst 709, wo er unter
acht Gesandten die siebente, sodann 729, wo er unter zehn Gesandten
die dritte Stelle einnimmt und nieht bloss nach Rom, sondern auch
zum Kaiser nach Tarraco gereist ist. Die zwanzigjährige Zwischen-
zeit erklärt genügend den Wechsel des Platzes; andererseits fordert
die hervorragende Stelle, welche ihm in der zweiten Gesandtschaft
angewiesen wird, dass er im Jahre 729 im reifen Mannesalter ge-
standen hat. Wenn hienach der Diehter im Jahre 709 eine öffent-
liche Stellung in seiner Heimath bekleidete, so wird dadurch die
früher von mir ausgesprochene Vermuthung gerechtfertigt, dass das
Epigramm, worin er die Wandelung Korinths beklagt:
olous Av oiwv oixmTopas, D EXecıvn,
evoxo' dei MEyarns "EAAdÖos dumopins
während der durch Caesars Tod hervorgerufenen Reaction geschrieben
ist und auf die von diesem dortlin geführte Freigelassenencolonie
sich bezieht.‘ Denn dass die Mytilenaeer auch nach der von Caesar
erlangten Begnadigung gut pompeianisch gesinnt blieben und nach
! Büchelers Vermuthung (rhein. Mus. 38, 511), dass die durch diese Ansiedelung
herbeigeführte Aufwühlung der Gräber Korinths dem Dichter im Sinn liegt, erklärt
gut den Schluss (SXrew Roy, eıwv Orrea Bazy.cöwr), aber hebt die deutliche Beziehung
auf die roroıs marMmENT roısı ausgelieferte Griechenstadt in keiner Weise auf, sondern
verschärft sie nur, da ja eben die Gräberschändung eine Consequenz der Gründung
war. Wie Cichorius sagen kann (Rom und Mytilene S. 5ı), dass hier von einem
politischen Parteistandpunkt nicht die Rede sein könne, sondern bloss ein übler Anti-
caglienschacher getadelt werde, ist-mir völlig unverständlich.
Cierorıus: Römische Staatsurkunden aus Mytilene. — Zusatz von Momnsen. 981
dem Umschlag der Dinge der an ihn abgesandte Lesbier seine Pfeile
gegen den Todten richtete, ist nur in der Ordnung. Die deutlichen
Spuren der zweiten Sendung nach Rom und nach Tarraco sind in den
Epigrammen des Krinagoras längst erkannt worden. Das Gedicht an
den aus Spanien heimkehrenden Marcellus (e. Xl Rubensohn) fällt Anfang
729, als Marcellus vor Augustus Spanien verliess; gleichzeitig wird
das andere sein (e. XL]), in welchem er dem Marcellus Ruhm wünscht
wie den des Theseus.' Ich. wiederhole nicht, was in dieser Hinsicht
namentlich Cichorius befriedigend ausgeführt hat; die neuen Daten
fügen sich dem bisher Ermittelten für die frühere Epoche vollständig
ein. Nur darüber kann ernstlich ein Zweifel bleiben, ob es seine
Richtigkeit hat mit der Beziehung des Epigrammes XXIV auf die
Varusschlacht 763 und derjenigen XXXI. XXXHI auf die ersten Jahre
des Tiberius. Die Beziehungen zwischen dem Dichter und dem
kaiserlichen Hofe haben allem Anschein nach auch nach seiner Rückkehr
in die Heimath fortgedauert und es ist gar nicht unmöglich, dass er
diese Gedichte um die Siebzig und die Achtzig verfasst hat. Aber
andererseits muss eingeräumt werden, dass eine derartige Combination
bedenklich bleibt und dass diese Epigramme vielleicht auch anders
aufgefasst werden können. Es wird nicht an solchen fehlen, welche,
gestützt auf das durch Cichorius Entdeckungen erheblich vermehrte
Material, diese Untersuchung aufnehmen werden; die Datirung der
mytilenaeischen Urkunden wird dadureh nicht berührt.
! Auch nach der Rückkehr war ein solcher Wunsch keineswegs “einfach unhöflich’
(Cichorius S. 54); vielmehr war es recht höflich oder recht höfisch, dem, der eben
die bescheidenen Lorbeeren in Spanien gepflückt hatte, Theseus Ruhm in Aussicht
zu stellen.
Ausgegeben am 14. November.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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1889.
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SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
14. November. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Currivs.
Hr. Zerzer las über die ältesten Zeugnisse zur Geschichte
des Pythagoras.
Die Mittheilung folgt umstehend.
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Über die ältesten Zeugnisse zur Geschichte
des Pythagoras.
Von E. ZELLER.
So gefeiert der Name des Pythagoras schon bei seinen Lebzeiten
war, so selten wird er doch längere Zeit in der uns erhaltenen
Litteratur genannt. Während des ganzen ersten Jahrhunderts, das
nach dem Tode des samischen Weisen verfloss, begegnet er uns nur
ein paarmal; auch seiner Schule wird nieht oft gedacht, und selbst
der Stellen sind es nur wenige, die ihn oder sie berücksichtigen
ohne sie zu nennen. Um so mehr verlohnt es sich, diese ältesten
Zeugnisse auf ihren Werth und ihre Tragweite zu untersuchen.
Der erste, von dem uns eine Äusserung über Pythagoras vorliegt,
ist sein Zeitgenosse XENOPHANES, der ihm wohl ziemlich gleichaltrig
war. In zwei Distichen, die aus einer seiner Elegieen erhalten sind,
macht sich dieser Dichter und Philosoph über Pythagoras’ Lehre von
der Seelenwanderung lustig, indem er erzählt, dass derselbe einmal
für einen Hund, der von seinem Herrn gezüchtigt wurde, Fürbitte
eingelegt habe, weil die Seele eines seiner Freunde in dem Thier
sei, die er an der Stimme erkannt habe. Ob diese Verse vor oder
nach dem Tode des Pythagoras verfasst wurden, geht aus ihnen
nicht mit Sicherheit hervor, doch machen sie mir mehr den Ein-
druck, sie seien erst nach demselben niedergeschrieben; ihre Ächt-
heit in Frage zu stellen, haben wir um so weniger Veranlassung,
da sie in ihrem Tone zu anderen Bruchstücken xenophanischer Ele-
gieen gut stimmen; und wenn sie »nur auf die Auetorität des LAErTIoS
Diogenes (VII, 36) hin auf Xenophanes bezogen werden«,' so be-
rechtigt dieser Umstand doch nicht zu dem Zweifel, ob sie wirklich
auf ihn gehen. Denn Diogenes theilt uns ausser diesen Versen auch
den Anfang der Elegie mit, in der sie standen; diese muss also dem
Schriftsteller, den er hier ausschreibt, oder seinem Gewährsmann
vollständig vorgelegen, und ihr Zusammenhang muss ihn darüber
! O0. Kern, Archiv f. Gesch. d. Philosophie I, 499.
85*
986 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 14. November.
unterrichtet haben, wer der »Er« war, von dem Xenophanes redet.
Es gab ja aber überhaupt in jener Zeit keinen Andern, der sich als
Verkündiger der Lehre von der Seelenwanderung, zumal in Unter-
italien, wo Xenophanes lebte, so bekannt gemacht hatte, wie Py-
thagoras. |
Auf die gleiche Lehre bezieht sich, was sich bei ErıcHArnus,
der um einige Jahrzehende jünger war, als Pythagoras und Xenophanes,
an den Pythagoreismus anklingendes findet;' so wahrscheinlich es aber
auch dadurch wird, dass dieser Dichter jene Lehre des Pythagoras
gekannt hat, so lässt es sich doch nicht streng beweisen. Der Name
des Samiers wird in keinem der epieharmischen Bruchstücke genannt.
Die erste ausdrückliche Erwähnung desselben begegnet uns in
der Litteratur jener Zeit, so weit sie uns erhalten ist, um 475
v. Chr. bei Epieharm’s jüngerem Zeitgenossen, dem ephesischen Philo-
sophen Heraxum. In einer Äusserung, die von ihm überliefert
ist,” nennt er Pythagoras neben Hesiod, Xenophanes und Hekatäus
als ein Beispiel dafür, dass die Gelehrsamkeit, oder wie er sagt:
das viele Lernen, den Geist nicht belehre; denn die wahre Erkennt-
niss muss man nach seinen Grundsätzen aus sich selbst schöpfen,
nicht andere befragen, sondern sich selbst (Fr. So: zdiıdnoaunv
&uwurov). Und an einer zweiten Stelle” macht er dem Samier
den Vorwurf, er habe mehr als irgend jemand bei Andern Er-
kundigungen eingezogen,‘ und das, was ihm so zugekommen war,
für seine eigene Weisheit ausgegeben, die aber in Wahrheit nichts
sei als Vielwisserei und schlechte Künste.” Der letztere Ausdruck
wird entweder . auf die unehrliche Aneignung fremder Gedanken
oder auf die pythagoreischen Orgien gehen, die mystischen Ge-
! M. vergl. hierüber Phil. d. Gr. I, 459 fl.
2 Fr ı6 Byw. (Dioe. IX, 1): HorusaSın voov ou diderzer "Hrcodov yag ev 201 aber
PR ao auris TE Zevopaveo ac "Exaratov.
3 Fr, 7 (Dioe. VII, 6): IySayogns Munzagyov irrogim Yrande avSguimun narırre
maEvrWVv ai a TeUTaS Tas uyygapdes eroinse EWUTOU sodınv, roAUnaTiNv,
,
HRHOTENVINV.
* Eben diess nämlich, das Nachfragen bei andern, muss mit der isrogin gemeint
sein, wie sich diess ausser seiner unverkennbaren Gleichsetzung mit der Polymathie
aus dem Gegensatz der irrogin zu dem Selbsterdachten, der &wurod sapın ergibt.
5 Diess geschieht in den Worten: &romss u. s. w. jedenfalls, wie man dieselben
auch construiren mag. Indessen scheint es mir ganz unbedenklich, der gewöhnlichen
Auffassung gemäss zu übersetzen: »und er machte daraus seine eigene Weisheit, seine
Vielwisserei, seine schlechten Künste«, was mit gut heraklitischer Kürze und Herbheit
des Ausdrucks dasselbe ist, wie wenn es hiesse: »und er machte daraus seine eigene
vermeintliche Weisheit, die aber in Wahrheit nur in Vielwisserei und schlechten
Künsten besteht«. Die von Gomrerz (zu Heraklit’s Lehre S. 7 [1001] f.) vorgeschlagene
Erklärung: »er machte zu seiner Weisheit Vielwisserei und schlechte Künste« finde
ich weniger natürlich.
. . U . 7
ZEttEr: Die ältesten Zeugnisse über Pythagoras. 987
> N >
heimdienste, welehe mit ihrer dogmatischen Grundlage, der Lehre
von der Metempsychose, den religiösen Mittelpunkt der pythagorei-
sehen Genossenschaft bildeten; denn nur schlechte Künste wird der
leidenschaftliche Gegner des Mysterienwesens, der Heraklit trotz der
neuerdings bei ihm entdeckten »Mysterienidee« war, in einer Religions-
gesellschaft zu sehen gewusst haben, welche mit den ihm so ver-
hassten dionysischen Mysterien in einer viel zu nahen Verwandtschaft
stand, um von ihm nicht den vuxrırcraı, narycı, Baxycı, Ava, nicTa
(Fr. 124) beigezählt zu werden. Das ausserordentliche Verdienst aber,
welches sich Pythagoras durch die ethische Verwerthung des Seelen-
wanderungsglaubens erworben hat, wird er in seiner Abneigung gegen
den Mystagogen ebenso verkannt haben, wie er die Bedeutung des
philosophischen Pantheismus und der epochemachenden Einwürfe gegen
die Götter der Mythologie verkannt hat, mit denen Xenophanes ihm
selbst vorangieng. Der andere Vorwurf, welcher Pythagoras von
Heraklit gemacht wird, der der »Vielwisserei«, wird uns nur be-
weisen, dass er ihm als einer von den kenntnissreichsten Leuten
seiner Zeit bekannt war. Wie er sich aber diese Kenntnisse erworben
hat, erfahren wir von ihm nicht. Wäre der Text seines 117. Frag-
ments, so wie ihn uns Diogenes überliefert hat, in Ordnung. so
müssten wir annehmen, er habe dem samischen Philosophen die Kennt-
niss älterer Werke zugeschrieben, von denen er einzelne für sein eigenes
System, oder auch für die schriftliche Darstellung dieses Systems be-
nützte.'" Indessen hat schon ScHLeırrmacner (Werke. Z. Philos. II, 21)
die Worte, welche dieses besagen: xu&ı Exrekausvos TaUTas Tas CUy-
Yoaıbats als einen fremden, eine Lücke des Citats ausfüllenden, für
uns unverständlichen, aber des heraklitischen Charakters offenbar
entbehrenden Zusatz bezeiehnet, und Gonperz a. a. O. ist ihm darin
beigetreten, indem er gerechten Anstoss daran nimmt, dass Heraklit
den Pythagoras seine Weisheit aus Büchern schöpfen lassen solle,
während doch deren in jener Zeit erst so ungemein wenige vorhanden
waren. Er will desshalb die Worte &xrs&. — ovyypadas als erklä-
! Nach der ersteren Auffassung würden die Worte: zus !zreEa@uevos u. s. w. auf
Schriften zurückweisen, die im vorhergehenden genannt waren, und diese Annahme
läge uns, das Bruchstück für sich genommen, wohl zunächst; denn Scausrer’s Er-
klärung (Heraklit 64), wonach das s«ures ras suyygahas auf die Notizen gehen soll,
die sich Pythagoras bei seinen Reisen und Erkundigungen gemacht habe, ist unmög-
lich: in zrrogie liegt doch keine Andeutung von schriftliehen Aufzeichnungen und suy-
ygady bedeutet auch immer nur ganze Schriftstücke, nicht einzelne Notizen. Indessen
will Diogenes, d.h. der hier von ihm Ausgeschriebene, durch unser Bruchstück be-
weisen, dass Pythagoras Schriften hinterlassen habe. Er muss also den Worten:
&zAeE. u.s. w. den Sinn gegeben haben: »und indem er durch Auswahl aus dem er-
kundeten diese Schriften herstellte, brachte er seine Weisheit u. s. w. zu Stande«,
985 Siztung der philosophisch-historischen Classe vom 14. November.
renden Zusatz des Diogenes in Parenthese setzen. Allein auch bei
Diogenes geht ihnen nichts voran, worauf das rauras 7. cuyyp. zurück-
weisen könnte. Das letztere wird daher vielmehr mit H. Dieıs' als
eine von dem Schriftsteller, aus dem Diogenes a. a. O. geschöpft hat,
herrührende Fälschung des heraklitischen Ausspruchs zu betrachten sein.”
Diesen Verdacht auch auf die übrigen Bestandtheile desselben auszu-
dehnen, haben wir m. E. keinen Anlass. Denn theils erklärt sich
die gegenwärtige, wie man es auch auffassen mag verzwickte, Gestalt
des Fragments am besten durch die Annahme, es sei von jenem
Schriftsteller nicht als Ganzes frei gebildet, sondern durch Einsehie-
bung eines ungehörigen Zusatzes in einen älteren Text hergestellt
worden; theils würde derselbe, wenn das Ganze sein Werk wäre,
dem Ephesier schwerlich eine so verletzende Äusserung über den von
ihm selbst hochgehaltenen Pythagoras in den Mund gelegt haben.
Wirklich stechen auch die Worte, die er aus Heraklit anführt, in
ihrer Kürze und Kargheit gegen seine eigene Ausdrucksweise und die
des angeblich pythagoreischen: OvÜ ud rov depa u. s. f. (Dioc. VII, 6)
sehr vortheilhaft ab. Als Heraklit’s Aussage über Pythagoras ergibt
sich daher aus unserem Bruchstück zwar das, dass dieser Mann sich
von überallher zu unterrichten bemüht war, und dass er selbst auf
Grund dieser Bemühung mit einer Lehre auftrat, in der Heraklit nur
Vielwisserei und schlechte Künste zu sehen wusste; dass dieser da-
gegen von Sehriften gesprochen habe, die Pythagoras benützt, oder
gar von solchen, die er verfasst hätte. lässt sich nieht annehmen.
Bere glaubte nun zwar noch eine weitere Aussage Heraklit's
nachweisen zu können, welche in ihrer Verbindung mit der eben
besprochenen darthun sollte, dass dieser Philosoph dem Pythagoras
nieht blos überhaupt die Benützung fremder Schriften vorgerückt,
sondern auch eine ganz bestimmte Schrift als eine von ihm benützte
genannt habe. Ihm zufolge” hätte Heraklit, nach dem Zeugniss eines
euripideischen Scholiasten, berichtet, dass sich auf dem Hämusgebirge
Tafeln mit Aufzeichnungen des Orpheus befinden;' und indem er nun
annimmt, es habe sich daran »offenbar« das Bruchstück bei Dioe. VII. 6
! Der seine Andeutung hierüber im Archiv f. Gesch. d. Phil. I, 100 demnächst
weiter ausführen wird. >
2 Wobei es sich aber fragt, ob Heraklit nieht geschrieben hat: HuSayogns .». .
mavruv za ErnsEauzvos raeüre Eroimre U. S. W., so dass der Fälscher nur das reur« in
TaUTaG Tas Fuyygabas verwandelt hätte.
3 Griech. Litteraturgesch. I, 399. I, 437.
* Schol. Eurip. Alcest. 968 (IV, 114 Dind.): o 88 purızos "Hoazneıros eivert ourus
pri Far "does FW "Ogpews Yan eur we* 70 8 voü Arowurov AURTETAEVURTT 2 emı zVS
Ogazns Er FoU zuwrov mzvov Alov, omov dr rwes Zu ran ( "Ogeus) aucygrepc eu we darıw.
ZeLver: Die ältesten Zeugnisse über Pythagoras. 989
angeschlossen, kommt er zu dem Ergebniss, dass Pythagoras, eben
‘aus jenen Tafeln, die orphische Lehre in ihrer reinen Gestalt kennen
zu lernen gesucht habe. Für eine so bestimmte Behauptung wäre
nun allerdings diese Begründung auch dann viel zu schwach, wenn
es mit der Angabe des Euripidesscholiums seine Richtigkeit hätte;
denn es versteht sich durchaus nicht von selbst, dass Heraklit der
orphischen Aufzeichnungen auf dem Hämus nur im Zusammenhang mit
seinen Äusserungen über Pythagoras hätte Erwähnung thun können. In-
dessen ist schon längst bemerkt worden,' und auch Berk weiss es, dass
die Handschriften die Angabe über Orpheus nicht Heraklit beilegen,
sondern Heraklides, und dass die Einsetzung des ersteren Namens
nur auf einer Conjeetur Coger's beruht. Diese selbst aber ist durch-
aus verfehlt, und es ist kaum zu begreifen, dass so hervorragende
Gelehrte, wie Coger und Brrek, nicht bemerkten, wie wenig eine
derartige antiquarische Notiz für den alten Ephesier, den Feind aller
Polymathie, passte, und wie weit ihr platter und trockener Stil von
dem seinigen absteht. Es liegt vielmehr am Tage: nicht für "Hpz-
xAsidns ist "Hoaxreıros, sondern für $ucıxos ist Tlovrıxos zu setzen; mag
nun schon der Scholiast oder mögen erst seine Abschreiber beides
verwechselt haben. Der Pontiker Heraklides wird in einer seiner
Schriften, von denen sich ja mehrere mit den alten Diehtern be-
schäftigten, unter anderen von ihm kritiklos zusammengetragenen
Nachrichten, auch der orphischen Aufzeichnungen, die er aber nicht
selbst gesehen hatte, in der oben angegebenen Weise gedacht haben.
Dagegen haben wir keinen Grund zu der Annahme, dass er diess in
seiner Schrift über die Pythagoreer gethan, und dass er dem Pytha-
goras eine Kenntniss jener orphischen Tafeln zugeschrieben habe.
Mit Heraklit vollends und seinen Aussagen über Pythagoras hat das
Euripidesscholium nicht das geringste zu thun.
Von EupevorLeEs sind uns einige Verse überliefert, welche nach
Dios. VII, 54 schon von Timävs auf Pythagoras bezogen worden sind.”
Derselbe erzählte darin von einem Manne, den sein ausserordentliches
Wissen in den Stand gesetzt habe, alles auf zehen und zwanzig Menschen-
alter hinaus zu erkennen. Dass er jedoch damit den Pythagoras
meinte, ist durch das Zeugniss eines Schriftstellers nicht zu erweisen,
der etwa 170 Jahre jünger war als Empedokles, und dessen Aussagen
über diesen von sagenhaften Bestandtheilen nicht frei sind. Da die
empedokleischen Verse nach Droe. a. a. O. auch auf Parmenides gedeutet
wurden, können sie den, von dem sie sprachen, nicht blos nicht ge-
! Von Schuster Heraklit 394. Der Herausgeber des 2. Bandes von Bergk's
Litteraturgeschichte hat diess übersehen.
2 V. 427—432 Mull. aus Poren. v. Pyth. 30. Janer. v. Pyth. 67. Dioc. VII, 54.
990 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 14. November.
nannt, sondern auch nieht in unzweideutiger Weise bezeichnet haben,
und es fragt sich, ob sie sich überhaupt auf eine bestimmte geschicht-
liche Person bezogen und nicht vielmehr einer rein diehterischen Schil-
derung angehörten. Mir ist das letztere viel wahrscheinlicher. Es ist
wenigstens schwer zu sagen, welches von seinen Gedichten dem Agri-
gentiner Anlass geben konnte, von Pythagoras und Parmenides zu
erzählen, und es ist kaum glaublich, dass er schon dem einen oder
dem andern von diesen ihm zeitlich so nahe stehenden Männern eine
Prophetengabe beigelegt hätte, die sich über Jahrhunderte erstreckte:
die ihrige hätte ja, auch wenn er sie ihnen zutraute, erst wenige
Jahrzehende zu ihrer Bewährung gehabt. Dagegen haben wir noch
ein Bruchstück, ohne Zweifel aus seinen Ka$apuoi,' dessen Ton an
den unserer Verse stark anklingt,” und in dessen Zusammenhang diese
sich gut einfügen, eine Schilderung des goldenen Zeitalters, das von
Streit und Kampf, von Fleischgenuss und blutigen Opfern noch nichts
wusste. In dieser Darstellung mochte der Dichter einen Propheten
eingeführt haben, welcher das mit der Verletzung des Thierlebens
eintretende Verderben viele Generationen vorher ankündigte. — Ein
angeblich von Empedokles an Telauges gerichtetes Gedicht, worin
dieser als Sohn des Pythagoras und der Theano angeredet wurde,
(Dıos. VII, 43) gehörte ihm gewiss ebensowenig als dem Telauges
sein angeblicher Brief an Empedokles (ebd. 55. 74).
Mit mehr Grund werden zwei Aeusserungen des Dichters Ion
aus Chios zu den ältesten Zeugnissen über Pythagoras gerechnet.
In einem Epigramm, welches Dioe. I, 120 von ihm anführt, sagt
er über einen Verstorbenen, dessen Charakter er rühmt, angeb-
lich Pherekydes von Syros: wenn der weise Pythagoras über die
Menschen das Richtige erkannt habe, führe seine Seele auch nach
seinem Tod ein glückliches Leben; er kennt also Pythagoras als Ver-
künder des Glaubens an eine jenseitige Vergeltung, dem er selbst
unverkennbar geneigt ist, und er ertheilt ihm in diesem Zusammen-
hang den Ehrennamen eines Weisen. Andererseits hatte er nach
Cremes Strom. I, 333 A. Droe. VIII, 8 in seinen Taxynoi” Pythagoras
schuldgegeben, er habe Orpheus Schriften unterschoben. Er hatte
somit auf den Stifter der pythagoreischen Schule übertragen, was
Andere (Erieenes b. CLEemens a. a. O.) von Kerkops und Brontinus be-
haupteten. Nun hatte freilich schon Karuımacnus (b. HARPORRATION "Iwv)
bemerkt, die Triagmen werden auch dem ebengenannten Epigenes
E
Aons Ieog u. S. W.
® Über welche Mürter, Histor. gr. II, 49. 12 zu vergleichen ist,
Zerzer: Die ältesten Zeugnisse über Pythagoras. 991
beigelegt. Da aber mit diesem Epigenes kaum ein anderer gemeint
sein kann, als der Epigenes aus Byzanz (Crnsor. De die nat. 7),
aus dem Prinıvs (H. nat. VII, 57) eine Angabe über babylonische Stern-
beobaehtungen mittheilt, die ihm schwerlich vor Alexander’s Zeit
bekannt geworden sein können,' während auf die Triagmen schon
Isokrates Bezug zu nehmen scheint, wenn er Ion die Annahme von
drei Elementen zuschreibt,” so beruht die Verwerfung dieser Schrift
doch wohl auf einem Irrtbum. Ion scheint demnach wirklich orphische
Schriften, in deren Inhalt ihm Pytlhagorisches aufgefallen war, nicht
Männern aus der pythagoreischen Schule, sondern Pythagoras selbst
beigelegt zu haben, wie ähnliches ja oft geschehen ist. Dass er aber
hiebei einer glaubwürdigen Überlieferung folgte, ist nicht wahrscheinlich:
es ist eine Vermuthung, deren thatsächlicher Ausgangspunkt nur in der
Verwandtschaft jener Schriften mit dem Pythagoreismus liegt, mögen
sie nun wirklich das Werk von Pythagoreern gewesen sein, oder mögen
sie Anschauungen, welche die Pythagoreer von den Orphikern ent-
lehnt hatten, unabhängig vom Pythagoreismus ausgesprochen haben.
Mit Io’s litterarischer Thätigkeit fällt die Hrronpor's der Zeit
nach zusammen. Was er uns über Pythagoras berichtet, verdient
um so grössere Beachtung, da er alle die Gegenden, in denen Pytha-
goras wirkte und verweilte, besucht und Gelegenheit gehabt hatte, alles
kennen zu lernen, was sich in denselben von Erinnerungen an den
Weisen aus Samos erhalten hatte. Leider ist er aber in seinen Mit-
theilungen über einen Mann, dessen Wirksamkeit mit dem Thema
seines Geschichtswerks in keinem unmittelbaren Zusammenhang stand,
sehr sparsam, und selbst wo er seiner gedenkt, legt er sich eine
uns sehr unerwünschte Zurückhaltung auf. Er nennt Pythagoras
IV, 95 einen der hervorragendsten unter den griechischen Weisen
(EAAyvav 0 TO doNeveoraryw sodıorn IlvSayopn). Er theilt (ebd. 93—96)
die Erzählung der hellespontischen und pontischen Griechen über den
Geten Zalmoxis mit, der als Sklave des Pythagoras die Lehre des-
selben von einem glücklichen Leben im Jenseits kennen gelernt und
in der Folge seine Landsleute durch seine mehrjährige Zurückziehung
in ein unterirdisches Gemach für dieselbe gewonnen habe, der ferner
Jetzt von ihnen als Gott verehrt, und dem alle fünf Jahre in einem
eigenthümlichen Menschenopfer ein Bote mit Aufträgen zugesandt
werde. Herodot selbst schenkt dieser Erzählung keinen Glauben, da
Zalmoxis, wenn es auch einen Menschen dieses Namens gegeben
\ Man vergl. über Epigenes Mürrser a.a. O. S. 510, 22. 23; über die erste Be-
kanntschaft der Griechen mit babylonischen Himmelsbeobachtungen, was Phil. d. Gr.
IIb, 49. 3 angeführt ist.
? 7. avrıdac. 268 vergl. Mürzer II, 49, ı2. Phil. d. Gr. I, 688, ı.
992 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 14. November.
haben sollte, jedenfalls lange vor Pythagoras gelebt habe. Aber er
liefert durch seine Mittheilung, neben dem, was im obigen von
Heraklit und Ion angeführt wurde, einen weiteren Beweis dafür,
dass der Ruhm des Pythagoras um die Mitte und vor der Mitte des
5. Jahrhunderts auch unter den kleinasiatischen Griechen weit ver-
breitet. und dass er denselben namentlich durch seine Lehre von
einem Fortleben nach dem Tode bekannt war, welches über das
schattenhafte Dasein der älteren mythischen Esehatologie weit hinaus-
gehend, für die Guten ein seliger Zustand sein sollte" Der Seelen-
wanderung als solcher wird hier so wenig als in dem Epigramm
Ion’s gedacht; da sie aber in der pythagorischen Eschatologie das
wesentliche Gegenstück zu der Seligkeit der Frommen im Jenseits
bildet, wird auch sie hier wie dort mittelbar als Lehre des Pythagoras
bezeugt.
Ausdrücklicher bespricht Herodot diesen Glauben I, 123: eine
Stelle, deren Beziehung auf Pythagoras trotz der Verschweigung seines
Namens sich nicht verkennen lässt. Die Aegypter, bemerkt er hier,
seien die ersten, welche behaupteten, dass die menschliche Seele
unsterblich sei, und beim Untergang ihres Leibes in ein anderes eben
zur Welt kommendes Wesen eintrete, und nachdem sie so alle Arten
von Land- und Wasserthieren und Vögeln durchlaufen habe, wieder
in einen menschlichen Leib einziehe; diese Wanderung erfolge aber
in einer Periode von 3000 Jahren. »Diese Lehre (fügt er bei) haben
manche Hellenen theils in früherer, theils in späterer Zeit als ihre
eigene vorgetragen; deren Namen ich kenne, aber nicht aufzeichnen
wille. Dass er nun hier bei denen, welche in der späteren Zeit die
Lehre von der Seelenwanderung vortrugen, jedenfalls an Pythagoras
— neben ihm vielleicht an Pherekydes und Empedokles — gedacht hat,
lässt sich nicht bezweifeln; denn welcher andere hatte sich in jenem
Jahrhundert durch diese Lehre so bekannt gemacht, wie der Sohn
des Mnesarchos? Ebenso liegt am Tage, dass er jenen Glauben von
den Aegyptern zu den Griechen gelangen lässt; und es soll an diesem
Orte nieht untersucht werden, ob er diess mit Reeht thut, ob die
aegyptische Religion überhaupt eine Seelenwanderung kannte, und
nicht vielmehr nur der Glaube an gespensterhafte Erscheinungen der
Abgeschiedenen in menschlichen und thierischen Gestalten von den
aegyptischen Priestern, denen Herodot seine Nachrichten verdankte,
auf eine dauernde Rückkehr in's Leben umgedeutet wurde, um für
ihr Volk auch bei diesem Theil der hellenischen Weisheit den Ruhm
! Sie werden nieht sterben. sagt Zalmoxis als Schüler des Pythagoras den Geten,
Se 4 5 2 ALTIRS ? nr OA ie,
@rr. nEousı sıc yagor Tourer, WE GEL MEQIEOVTES gEoust TR TARUTER RAY
ZELLER: Die ältesten Zeugnisse über Pythagoras. 993
der ersten Entdeckung in Anspruch zu nehmen. Denn wie es sich
auch damit verhalten mag: dass Pythagoras seine Lehre von der
Seelenwanderung in Aegypten oder durch Aegypter zugekommen sei,
sagt unsere Stelle nicht und kann man aus ihr nicht erschliessen. Wenn
vielmehr jene Lehre schon lange vor ihm in Griechenland verkündet
worden war, so ist die natürlichste Annahme doch die, dass er schon in
seiner Heimath, und nicht erst in Aegypten, mit ihr bekannt geworden
sei; und dass sich Herodot die Sache anders vorgestellt habe, liesse sich
nur dann annehmen, wenn er diess in unzweideutiger Weise sagte. Davon
ist er aber so weit entfernt, dass er vielmehr (II, 49) den alten, als
Stifter dionysischer Mysterien von der Sage gefeierten Seher Melampus
für denjenigen hält, welcher die Hellenen mit dem Namen des Dionysos.
dem ihm gebührenden Opfer und den Phallusprocessionen bekannt
gemacht habe: ihm selbst aber soll diese Religionsform von Aegypten
aus durch Vermittelung des Kadmos zugekommen sein. Die letztere
Annahme gibt Herodot nun allerdings nur als seine eigene, auf die
Ähnlichkeit des griechischen und des aegyptischen Dionysosdienstes
begründete Vermutliung, nicht als geschichtliche Überlieferung; in-
dessen schenkt er ihr offenbar grosses Vertrauen. Hielt aber Herodot
den Melampus für den, durch welchen der Name und die Verehrung
des Dionysos von Aegypten (wo Dionysos Osiris hiess II, 42) nach
Griechenland übertragen wurde, so wird er es auch von ihm und
keinem anderen hergeleitet haben, dass die in dem orphisch -diony-
sischen Mysterienglauben einheimische, wie er annimmt gleichfalls aus
Aegypten stammende, Lehre von der Seelenwanderung den Griechen
bekannt wurde." Und selbst wenn er sie zu den Bestandtheilen
der dionysischen Religion rechnete, welche von den Nachfolgern
des Melampus fortgebildet wurden (o Erıysvausvar rovurw Fodıoral uelevws
&Zepnyav), hat er doch bei diesen gewiss weit weniger an Pythagoras
gedacht, als an jene Dichter, von denen er I. 53 sagt, sie sollen
zwar angeblich vor Homer und Hesiod gelebt haben, seines Erachtens
jedoch seien sie später, d. h. an Orpheus und Musäus: denn dass
! Dass diess nämlich durch die Worte II, 123; rav &ya sidws r& oUvonere oU yacııı
»geradezu ausgeschlossen sei« (Gomeerz, zu Heraklit's Lehre. S. 38 [1032]). kann ich
nicht einräumen. Nennt er denn an dieser Stelle den Melampus? Und erwähnt er
andererseits da, wo er ihn nennt, (c. 49) der Metempsychose? Und wenn er ihn die
letztere lehren liess, musste er ihn auch zu denen rechnen. die diese Lehre (nach
II, 123) für ihre eigene Erfindung ausgaben? Aber gerade Gourerz dringt ja darauf,
dass II, 123 mit auf Pythagoras gehe, der doch IV, 95 ausdrücklich als Lehrer der
Unsterblichkeit genannt ist; wie kann er da behaupten, wenn Herodot diese Lehre dem
Melampus zugeschrieben hätte, so hätte er diesen überhaupt nieht, auch nieht an einer
anderen Stelle seines Werkes und in einem Zusammenhang nennen dürfen, in dem der
Seelenwanderung gar nicht erwähnt wird?
994 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 14. November.
in angeblichen Gedichten dieser Männer die Seelenwanderung gelehrt
war, steht ausser Zweifel. Dass Herodot den Pythagoras für den
ersten Vertreter dieser Lehre unter den Griechen hielt, oder dass er
ihm dieselbe in Aegypten zukommen liess, folgt aus unserer Stelle
nicht im geringsten.
Ebensowenig liegt es aber auch in einer Äusserung, in der man
früher einen Hauptbeweis für Pythagoras’ Anwesenheit in Aegypten
zu sehen pflegte, II, 81. Nachdem Herodot hier erwähnt hat, dass
die Aegypter den Todten bei der Bestattung keine wollenen Gewänder
mitgeben, fügt er bei: öuoAoyeoucı de radra reicı "Opbixeioı xarsouevacı
xal Baxyızosı &odcı de Alyurriacı zul IvSayopsiocı, denn auch den Ge-
nossen dieser Geheimdienste seien wollene Todtenkleider verboten.
Die hier im Grundtext angeführten Worte wurden nun früher fast
allgemein übersetzt: »sie treffen darin zusammen mit den sogenannten
Orphikern und Bakchikern, die aber Aegypter und Pythagoreer sind .«.'
Allein sprachlich ebenso möglich ist die Übersetzung: »mit den so-
genannten Orphikern und Bakchikern, die aber in Wahrheit Aegypter
sind, und mit den Pythagoreern«°, und der Sinn, den wir bei dieser
Construetion erhalten, sprieht entschieden für sie. »Die Orphiker
sind Aegypter und Pythagoreer« wäre ein seltsamer Ausdruck des
Gedankens, dass sie ihre Lehren und Gebräuche durch Vermittlung
der Pythagoreer aus Aegypten erhalten haben:” Aegypter und Pytha-
goreer sind doch keine gleichbedeutenden Begriffe, und den Lesern
Herodot's, denen dieser bis dahin von einem Zusammenhang der Pytha-
goreer mit den Aegyptern nichts gesagt hatte und auch in der Folge
nichts sagt. hätte diese Gleichstellung beider ganz unverständlich sein
müssen. Herodot konnte aber auch die Orphiker und Bakchiker un-
möglich schlechtweg als Pythagoreer bezeichnen; denn diese Secte,
deren Religion er selbst auf Melampus zurückführt, war viel älter als
Pythagoras, und das Dogma von der Seelenwanderung hat nicht sie
! Ich selbst folgte dieser Erklärung noch in der 2. Auflage der Phil. d. Gr. I,
218, 4, in der dritten dagegen S. 279 gab ich der andern Auffassung den Vorzug,
die übrigens schon SrAarLzaum in seiner Ausgabe Herodot's von 1824 durch ein Komma
hinter Aryurricırı angedeutet hatte. Während nun seitdem die meisten sich meiner
Erklärung anschlossen, ist ihr Gomperz a. a. OÖ. auf's entschiedenste entgegengetreten.
® Denn dass in diesem Fall das reis: vor NuSgyogstor: wiederholt sein müsste
(GomPerz a. a. O.), glaube ich nicht: theils weil sich das reis, das vor "Ogdız. steht.
auf IySeyogsioım: mitbeziehen lässt, theils weil HyScyogsıor auch ohne den ihm ge-
wöhnlich vorgesetzten Artikel die Pythagoreer bezeichnen kann; vergl. Sınpr. De
coelo 172b 44K.: "Agırroreryg... ev rn suv IlvSayogstos agerrovruW Fuveyunpf. ALEX.
in Metaph. 56, ı0 Bon.: &v #4 deurzgw megi ars MvSayogızav doEns.
3 Die Pythagoreer müssten dann mindestens voranstehen; Zoörı HySwyogsiarı zu
Aiy. könnte vielleicht erklärt werden: » welche Pythagoreer und somit Aegypter sind«,
aber das umgekehrte geht nicht.
ZELLErR: Die ältesten Zeugnisse über Pythagoras. 995
von den Pythagoreern entlehnt, sondern diese, wie sie selbst aner-
kennen,' von ihr. Diesen Bedenken liesse sich nur durch die Annahme
entgehen, in den Worten: »Aegypter und Pythagoreer« stehe das
»und« nicht im Sinn der Gleichstellung, sondern in dem der Unter-
scheidung, so dass mit dem Satze: »sie sind Aegypter und Pytha-
goreer« angedeutet werden solle: die sogenannten Orphiker seien ein
Gemisch von Aegyptern und Pythagoreern, sie stammen ursprüng-
lich (nach e. 49) aus Aegypten, seien aber in der Folge auch durch
die Pythagoreer beeinflusst worden. Von einem Zusammenhange des
Pythagoreismus mit Aegypten sagte aber unsere Stelle auch bei dieser
Deutung kein Wort.
Alles zusammengenommen beschränkt sich die Ausbeute, welche
wir Herodot's Äusserungen über Pythagoras entnehmen können, auf
wenige Punkte. Er spricht mit Anerkennung von seiner geistigen
Bedeutung; er kennt seine Lehre von der Unsterblichkeit und den
Wanderungen der Seele; er weiss, dass die Pythagoreer eine den
Orphikern verwandte Kultusgenossenschaft mit eigenen Geheimdiensten
bildeten, und er berührt bei Gelegenheit einen Gebrauch, in dem sie
mit einander und mit den Aegyptern übereinkommen. Wenn man ihn
dagegen für die Annahme eines direeten Zusammenhanges zwischen dem
Pythagoreismus und Aegypten und für die Anwesenheit seines Stifters
in diesem Lande als Zeugen anrufen zu können geglaubt hat, so
zeigt eine genauere Untersuchung seiner Aussagen, dass sie davon
nicht das geringste enthalten. Schon dadurch wird nun die Ver-
muthung nahe gelegt, er schweige eben desshalb von der aegyptischen
Reise des Pythagoras, weil ihm von derselben nichts bekannt war;
und wenn sein Schweigen allein allerdings nicht ausreicht, um diese
Vermuthung zur Gewissheit zu erheben,” so erhält dieselbe doch eine
erhebliche Bestätigung durch den Umstand, dass in der oben besprochenen
Stelle II, 81, welcher von den überhaupt annehmbaren Erklärungen der-
selben man den Vorzug geben mag, zwar die Orphiker und Bakchiker,
nieht aber die Pythagoreer, als Aegypter bezeichnet werden.
Nächst Herodot ist unter den Männern, welehe noch im Laufe
des 5. Jahrhunderts des Pythagoras erwähnten, Drmorrır aus Abdera
zu nennen. Dieser Philosoph hatte nach Trrasvruus b. Dioe. IX, 46. 38
eine eigene Schrift u. d. T. »Pythagoras« verfasst, (welcher aber der
Nebentitel: ep Tns Too Vobod diaderews erst von einem späteren Ordner
seiner Schriften beigelegt worden sein wird) und er hatte darin seiner
Bewunderung für den Samier Ausdruck gegeben. Wir wissen aber
! Puıror. b. Cremens Strom. II, 433A. Cıc. Hortens. Fr. 85 vergl. Philos. d.
Gral 50. 418.
® Wofür ich sie aber auch niemals ausgegeben habe.
996 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 14.:November.
freilich nicht, wie es mit der Ächtheit dieser Schrift bestellt war.
Die Aussage des Thrasyllus, dass Demokrit seine ganze Lehre von
Pythagoras entlehnt habe (ara d& doxei mau revrou Außelv), lässt be-
fürchten, dass der »Pythagoras« sich unbedingter zum Pythagoreismus,
oder Neupythagoreismus, bekannte, als Demokrit diess gethan haben
kann. Dagegen steht der Annahme nichts im Wege, Demokrit habe
von dem Stifter der pythagoreischen Schule dureh die Überlieferungen
derselben eine hohe Meinung gewonnen; und wenn wir uns fragen,
wie er zu dem mathematischen Wissen gekommen sein kann, durch
das er sich unter seinen Zeitgenossen auszeichnete, gibt uns die An-
gabe, dass er einen Pythagoreer zum Lehrer gehabt habe, die be-
friedigendste Antwort. Diese Angabe verdankte aber Thrasyllus einem
Zeitgenossen Demokrit's, dem Rheginer Glaukos; wogegen erst Apollo-
dor Philolaos als den Lehrer Demokrit's (denn diess muss a.a. 0.
mit dem covyyeyovevı gemeint sein) bezeichnet hatte; was zwar, wie
es scheint, chronologisch möglich wäre, aber bei dem Stillschweigen
des älteren Zeugen doch für eine blosse Vermuthung Apollodor's zu
halten sein wird. Leider ist uns aber kein Wort Demokrit's über
Pythagoras überliefert.
Eben jener angebliche Lehrer Demokrit's, PnıLoLaos, ist es nun,
dem wir unsere Kenntniss der pythagoreischen Lehre grossentheils
verdanken, und der schon für Plato und Aristoteles eine Hauptquelle,
für den letzteren vielleicht die Hauptquelle, der ihrigen war. Er
hatte aber freilich die Lehre seiner Schule eben nur in der Gestalt
dargestellt, die sie zu seiner Zeit, und theilweise wohl erst durch
ihn selbst angenommen hatte. Dass er dabei den Unterschied zwischen
dieser weiter entwickelten pythagoreischen Lehre und der ursprüng-
lichen irgendwie berührt oder den Stifter der Schule überhaupt ge-
nannt hatte, ist kaum wahrscheinlich, wenigstens ist uns nicht das ge-
ringste darüber bekannt. Wenn wir daher das Werk des Philolaos auch
noch besässen, so wären wir doch aller Wahrscheinlichkeit nach für
unsere Kenntniss der Lehre des Pythagoras ebenso. wie jetzt, auf
Schlüsse aus der seiner Schule angewiesen. Wir hätten dann aber
freilich für die Feststellung der letzteren eine so urkundliche und um-
fassende Grundlage, dass auch jene Schlüsse eine ganz andere Sicher-
heit und Ausdehnung erhalten würden, als sie sich ihnen mit unserer
jetzigen lückenhaften Kenntniss der pythagoreischen Philosophie geben
lässt.
Ausgegeben am 21. November.
2a
1889.
XLVl.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
14. November. Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
Hr. Scuuzze las über die Gattung Stellata, als erste Mit-
theilung aus dem Gebiet der von ihm und Hrn. Dr. R. von LENDENFELD
ausgeführten Untersuchungen über den Bau und die Entwickelung der
Spongien.
Die Mittheilung ist für die »Abhandlungen« der Akademie be-
stimmt.
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Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch.
Von K. Mösıs.
(Vorgelest am 31. October
is. oben S. 865.)
(Hierzu Taf. VII.)
Aıs ich am 21. September ı874 im Südosten der Insel Mauritius
weit innerhalb der tosenden Brandung des Aussenkorallenriffes lang-
sam über das flache weissgründige Küstenriff segelte, sah ich im
krystallklaren Wasser zwischen einer Gruppe buschig aufsteigender
Korallen einen prachtvoll blauen Fisch schwimmen, der auf den Seiten
mit gelben Bändern gezeichnet war. Schnell den Kätscher ergreifend,
erhaschte ich ihn. Es war ein 20°” langer Balistes aculeatus L., welcher,
ausgestreckt auf meiner flachen Hand liegend, einen lauten Schall
erzeugte, ähnlich dem einer Trommel mit feuchter Membran.
Obwohl mir bekannt war, dass die Gattung Balistes zu den schall-
erzeugenden Fischen gerechnet wird, so war ich doch in hohem Grade
überrascht, einen starken Trommelschall aus dem Innern des Fisches
heraus zu hören. Nach Bewegungen suchend, die mit dem Sehalle
zusammenhängen könnten, bemerkte ich, während der Fisch trommelte,
ein schnelles Heben und Senken einer kleinen abgegrenzten Stelle der
Haut, die unmittelbar hinter der Kiemenöffnung liegt und sich von
dem übrigen gleichmässig kleinschuppigen Hautüberzuge durch .ein-
gelagerte grössere Knochenplatten unterscheidet (Fig. 3 Ap).
Da nicht alle Balistes- Arten eine solche eigenthümliche Hautplatte
besitzen, so hat sie den Ichthyologen P. Brerker, F. Dav, A. GÜNTHER,
Ü. Krunzisser u. A. Anlass zu einer dichotomen Eintheilung der Gattung
Balistes gegeben; doch habe ich bei keinem Systematiker, der die Be-
schaffenheit dieser supraaxillaren Hautplatte beschreibt, Angaben über
ihren physiologischen Werth finden können.
Mein Bemühen, an lebenden Balistes-Individuen über die Ur-
sache des Trommelns befriedigenden Aufschluss zu gewinnen, führte
nicht zum Ziele. Doch konnte ich feststellen, dass weder die Zähne,
noch die Stachelstrahlen der vorderen Rückenflosse, noch die Brust-
flosse, noch der Kiemendeckel den Schall hervorbrachten; denn das
Sitzungsberichte 1889, 89
1000 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
Trommeln dauerte ‘auch dann fort, wenn jene Organe in Ruhe ver-
harrten oder von mir festgehalten wurden.
So zu der Überzeugung gelangt, dass ich von der beim Trommeln
bewegten Hautplatte aus in’ das Innere des Fisches vorgehen müsse,
um die Entstehung des Schalles zu erklären, nahm ich mir vor, die
dazu nöthige anatomische Untersuchung später an Spiritusexemplaren
des Balistes aculealus auszuführen und begann diese damit, dass ich
die Hautdecke von der Seite des Körpers ablöste. Da zeigte sich,
dass unter der beweglichen Hautstelle keine Segmente des Seiten-
rumpfmuskels liegen, wie unter der ganzen kleinschuppigen Haut der
Seite, sondern dass hier ein Theil der Schwimmblase hervortritt
in der Form eines Dreieckes (Fig. ı ©), dessen Basis vorn an dem
Supraclavieulare (Fig.ı sc) entlang läuft und dessen Schenkel die Grenz-
linien der vordersten Segmente des Seitenrumpfmuskels bilden. Nun
vermuthend, dass die Schwimmblase am Trommeln betheiligt sein
könne, untersuchte ich diese weiter und fand zunächst, dass beim
Abtrennen der Cutis gewöhnlich eine sehr dünne weisse Membran,
die überall unter der derben Cutisschicht liegt, auf dem nicht von
Muskelsegmenten bedeckten Theile der Schwimmblase zurück bleibt.
Hebt man sie ab, so erscheint eine breite Platte weisser Fasern (Fig. 3 v'),
welche fast senkrecht von dem Supraclaviculare abwärts laufen bis
zu dem oberen Ende eines grätenförmigen Knochens (Fig. 3 pc), der
oben am Hinterrande der Glavicula sitzt und den ich deshalb
Postelaviculare nennen will, wie GEGENBAUR Knochenstücke, welche
oben an der Clavicula sitzen und sie mit dem Schädel verbinden,
Supraclavieularia genannt hat.' Jene weisse Faserplatte ist eine Ver-
diekung der äusseren Faserschicht der Schwimmblase, wovon man
sich überzeugt, wenn man diese so weit freilegt, dass nur noch ihre
dorsale Seite mit der Wirbelsäule in Verbindung bleibt (Fig. 30).
Von der ventralen Seite gesehen, erscheint die Schwimmblase
herzförmig; am breitesten ist sie in der Gegend der beweglichen
Hautstellen; ihre Bauchseite ist weniger gewölbt als die Rückenseite,
welche sich vorn bis unter das Keilbein erstreckt und hinten bis zum
sechsten Rumpfwirbei reicht. Die Vorderwand der Schwimmblase
verläuft fast senkrecht und stösst an die Hinterwand der Kiemen-
höhle. Ungefähr ein Drittel ihrer ganzen Länge von ihrem Vorder-
ende baucht sich jederseits ein Fortsatz derselben aus, der sich
gleichfalls mit dem oberen Ende des Postelaviculare verbindet.
Die Fasern der dieken weissen äusseren Haut der'Schwimmblase
sind meistens parallel an einander gelagert. An der rechten und
! Grundzüge der vergl. Anat. 2. Aufl. 1870, S. 677.
enS-
Mösıus: Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch. 1001
linken Seite laufen sie schräg von vorn oben nach hinten unten.
In der Vorderhälfte der Bauchseite laufen sie quer, in deren Hinter-
hälfte länglich ringförmig nebeneinander. Vorn oben liegt noch eine
äussere Schicht schräger Fasern (Fig. 3 ©”). Die Innenhaut der
Schwimmblase ist glänzend bläulichweiss; sie besteht aus ähnlichen
Fasern, wie die weisse Aussenhaut, doch bilden diese eine sehr
dünne Schicht und durchkreuzen sich meistens in verschiedenen
Richtungen. Die Schwimmblase ist geschlossen und enthält keine
eigenen Muskelfasern; sie kann daher durch selbständige Bewegungen
und durch Ausstossen von Luft keinen Schall erzeugen. Jetzt ent-
stand die Frage, ob nicht ihre auffallend enge Verbindung mit dem
Postelavieulare zur Schallerzeugung in Beziehung stehen möchte.
Das Postelavieulare' ist ein säbelförmiger, oben und unten
spitzer Knochen, dessen scharfe, nach aussen liegende Kante in der Höhe
der Brustflossenbasis in eine breite Gelenkfläche übergeht, welche sich
an einen hinteren Fortsatz der Clavieula anlegt (Fig. 6f). Dieser
Fortsatz deekt eine kleine runde Grube (Fig. 49). Das längere untere
Ende des Postelavieulare ist in den Seitenrumpfmuskel eingelagert
(Fig. ıu. 2pc), dessen Fasern es an seiner vordern und hintern Seite
breite Ansatzflächen darbietet. Die Gelenkfläche m und das obere
kürzere Ende ist mit der hinteren obern Seite der Clavieula (Fig. 60)
und mit dem schon angeführten hinteren Fortsatz derselben (Fig. 6f)
dureh Bindegewebefasern beweglich verbunden und zwar so, dass
sich das untere Ende zu dem oberen wie der lange Arm eines zwei-
armigen Hebels zum kurzen Arme verhält. Der Drehpunkt liegt an
der Gelenkfläche bei g (Fig. 4). Wird der untere lange Hebelarm
hinterwärts gezogen, so gleitet der obere kurze Hebelarm an der
Innenseite der Clavieula vor- und einwärts; wird diese Bewegung
schnell ausgeführt, so verursacht sie ein Geräusch dem Knacksen
ähnlich, welches entsteht, wenn man den Nagel des Daumens von
I Bei vielen Knochenfischen besteht das Postelavieulare aus zwei Stücken;
manchen fehlt es ganz. (Vergl.Sraxnıvs, Handb. d. vergl. Anat. d. Wirbelth. 2. Aufl. 1854,
S.91). Nach G. Cuvier ist dieser Knochen 'das »Coracoidien« (Cuvier et VALENCIENNES,
Hist. nat. des Poiss. I, 8° 1828, p. 374). v. Kuzın folgt Cuvier. (Beiträge z. Osteol. des
Genus Balistes im Jahresb. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Würtemberg, 28. Jahrg. 1872,
S. 293). — Horrarn nennt das Postelavieulare »Scapulaire ou Omoplate« (Monogr. de
la Fam. des Balistides. In Ann. se. nat. Zool. 3. Ser. NN, 1853, S.106. — R. Owen
glaubt Grund zu haben, es für den Hämalbogen des Atlas anzusprechen (Comp. Anat.
of Verteb. I, 1866, S. 164). — GEGENBAauUR bezeichnet es in einer Abbildung des Schulter-
gürtels von Ganvs als »accessorisches Stück« (Grundz. d. vergl. An. 2. Aufl. 1870, S. 677).
— Brünt nennt es »retro-eingulare« (Zootomie aller Thierkl. Lief. 6, 1876, Taf. XXIV).
Aus den angeführten verschiedenen Namen und morphologischen Deutungen des frag-
lichen Knochens ist ersichtlich, dass eine gründliche vergleichend anatomische und
embryologische Untersuchung desselben sehr wünschenswerth ist. Der Name Post-
elavieulare soll nichts weiter als seine Lage bezeichnen und keiner bessern, auf seinen
morphologischen Werth hinweisenden Benennung vorgreifen.
89*
1002 Sitzung der phys.- math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
dem Nagel des kleinen Fingers schnell und kräftig abwärts gleiten
lässt. Am Schultergerüst des Balistes entsteht das Knacksen dadurch,
dass die Spitze des kleinen Hebelarmes des Postelavieulare durch eine
mit feinen Längsfurchen versehene Erhöhung an der Innenseite der
Clavieula (Fig. 5e) gehemmt wird, dem Zuge des grossen Hebelarmes
gleichmässig zu folgen; sie bleibt etwas zurück und krümmt sich,
bis sie plötzlich über die hemmende Erhöhung hinweggerissen wird
und nun als elastischer Stab in hörbare Schwingungen geräth.
Jetzt sind die anatomischen und physiologischen Grundlagen für
eine Erklärung der Trommeltöne des lebenden Balistes aculeatus ge-
wonnen. Dieser macht, wenn er trommelt, folgende Bewegungen:
Er zieht den langen Hebelarm des Postelaviculare durch abwechselnde
Contraetionen der hinteren und vorderen Segmente des Seitenrumpf-
muskels hinter- und vorwärts und versetzt dadurch den oberen kleinen
Hebelarm in schnell aufeinander folgende Schwingungszustände. Da
er mit der Schwimmblase in unmittelbarer Verbindung steht, so
überträgt er seine Schwingungen auf deren Wand und Gasinhalt und
versetzt sie in verstärkende Mitschwingungen, an denen sich wahr-
scheinlich auch noch die elastische dünne Platte der Clavicula (Fig. 5 u.6e)
betheiligt.
Die grossen unteren Hebel beider Postelavieularia zieht der trom-
melnde Balistes aculeatus gleichzeitig vor- und hinterwärts; denn
während er trommelt, krümmt er den Hinterkörper nicht abwechselnd
nach rechts und links, sondern hält ihn gestreckt. Durch gleichzeitige
Contraetion der linken und rechten Seitenrumpfmuskeln wird die
Bauchhöhle und auch die Schwimmblase seitlich verengt. Die hier-
durch verdiehteten Gase der Schwimmblase drängen die muskelfreien
Stellen der Schwimmblasenwand leicht nach aussen, weil sie nur von
beweglicher Haut bedeckt sind, welche ihren Schwingungen nach-
giebig folgen kann.
Die Weise, in der die Schwimmblase mit dem Postelavieulare
verbunden ist, harmonirt mit diesen Schwingungen; denn die Faser-
platte vo’ (Fig. 3) wird straff gezogen, wenn der lange untere Hebel-
arm des Postelaviculare vorwärts geht, dagegen wird sie schlaff, wenn
der lange Hebelarm rückwärts geht und kann daher durch Gasdruck
von innen herausgewölbt werden.
Das Ergebniss meiner Untersuchungen lässt sich in folgenden
Worten kurz zusammenfassen:
Der Trommelapparat von Balistes aculeatus besteht aus dem
beweglichen Postelaviculare, der CGlavieula, der Schwimm-
blase, dem ventralen Seitenrumpfmuskel und der beweg-
lichen Supraaxillarhaut. Der Schall entsteht durch Schwing-
I
w
Mösıus: Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch. 1003
ungen des oberen Hebelarmes des Postelaviculare, wenn
dessen längerer unterer Hebelarm durch den unteren Seiten-
rumpfmuskel schnell rückwärts gezogen wird. Er wird
verstärkt durch Übertragung der Schwingungen auf die
Clavicula und auf die Wand und Luft der Schwimmblase,
und diese pflanzt ihn durch die beiderseitigen beweglichen
Hautplatten in das umgebende Medium fort.
Gewöhnlich wird Dalistes acıleahıs trommeln, wenn er sich im
Wasser befindet. Als Bewohner des flachen Küstenriffs mag er bei
niedrigem Wasserstande zuweilen auch trocken liegen und dann auch
in der Luft trommeln. Seine enge Kiemenöffnung, deren Verschluss
er noch durch eine dünne Hautplatte am Hinterrande des Kiemen-
deckels dichten kann, gestattet ihm ohne Athemstörungen ein längeres
Verweilen in der sattfeuchten Luft des Korallenriffes.
Fragt man, welchen Werth das Trommeln für das Leben des
Balistes aculeatus haben könne, so lässt sich annehmen, dass es eine
Furchtäusserung sei und Feinde abschrecken solle und dass es auch
verschiedenen Individuen zur gegenseitigen Anlockung dienen mag.
Ob alle Balistes- Arten, welche eine mit grösseren Knochenplatten
versehene Supraaxillarhaut besitzen, trommeln können und ob alle
Arten ohne eine solche stumm sind, ist durch weitere Beobachtungen
zu ermitteln. Zu den Balistes-Arten ohne die eigenthümliche
bewegliche Supraaxillarhaut gehört Balistes maculatus Bu. Die
Untersuchung eines Spiritusexemplares dieser Species ergab Folgendes:
Die Schwimmblase ist fast gänzlich bedeckt von den Seitenrumpf-
muskeln; nur ein kleines dreieckiges Feld ihrer Seitenfläche liegt un-
mittelbar unter der Haut (Fig. 20). Die äussere fibröse Haut der
Schwimmblase ist dünner als bei gleich grossen Exemplaren der Species
aculeatus. Das Postelaviculare ist wie bei dieser beweglich mit der
Glavieula verbunden. Es gelang mir aber nieht, einen knacksenden
Schall zu erzeugen, wenn ich seinen unteren Hebelarm nach hinten
zog. Diese Thatsachen sprechen für Stummheit des Balistes maculatus.
Sieht man die Ausbildung eines Schallapparates als einen Fort-
schritt in der phylogenetischen Entwiekelung des Fischtypus an, so
gebührt den Balistes- Arten mit einer eigenthümlichen Supraaxillar-
platte, als dem äusseren Kennzeichen eines Schallapparates, eine höhere
Stelle im System, als denjenigen Arten, welchen sie fehlt. Doch
deutet das kleine, frei unter der Haut liegende Dreieck der Schwimm-
hlase der tiefer stehenden Balisten an, dass auch sie angefangen
haben, sich zu Trommlern auszubilden.
1004 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
Zur Rechtfertigung und vergleichenden Beleuchtung meiner Mit-
theilungen mögen noch folgende Angaben früherer Autoren über
die Erzeugung von Tönen durch Balistes und andere Fische
dienen.
Dass Balistes-Species Geräusche durch Reibung harter Organe
verursachen können, ist sicher nachgewiesen. Als Mosereyr bei den
Cap Verden einen Balistes sp. in der Hand hielt, brachte dieser mit
den Zähnen ein metallisch klingendes Geräusch hervor." Die eigen-
thümliche Einriehtung der Stacheln der vorderen Rückenflosse von
Balistes vetula L. und die Entstehung eines knarrenden Geräusches,
wenn sie stossweis rückwärts bewegt werden, hat W. SörEnsEn sehr
genau beschrieben.”
Über die Betheiligung von Luft im Innern des Körpers bei
der Erzeugung von Geräuschen durch Balistes vetula schreibt LA CEPpEpe,”
dieser Fisch könne durch Aufnahme von Luft unter die Haut den
Bauch aufblähen und einen Zischlaut hervorbringen, wenn er sie
schnell aus dem Munde und den Kiemenspalten ausstosse. Von der-
selben Species sagt Oren:' »Man fängt diese Fische mit der Angel;
sie sollen sich dabei etwas aufblähen und einen grunzenden Laut von
sich geben, wahrscheinlich durch Ausstossen der Luft aus der Schwimm-
blase«. Das ist jedoch nieht möglich. weil die Schwimmblase ge-
schlossen ist.
SörENsEn” berichtet, dass Dr. Go&£s eine westindische Balistes- Art
brummen hörte und hält auf Grund anatomischer Untersuchungen die
Schwimmblase von Balistes vetula für ein Schallorgan; sie ist, sagt
er, mit dem Schultergürtel verbunden und wird durch das sehr lange
und kräftige »Coracoideum« in Bewegung gesetzt.
Über die Schwimmblase als Schallorgan im Allgemeinen
sind verschiedene Ansichten vorgetragen worden. VALENCIENNES® nimmt
an, dass Töne, welche Fische hören lassen, von der Bewegung her-
rühre, die sie der Luft ihrer Schwimmblase durch einen auf diese
ausgeübten Druck geben können. Hierzu bemerkt Jon. MürLer in
seiner Abhandlung: Über die Fische, welehe Töne von sich geben
und die Entstehung dieser Töne: »Die Fische, die er (VALENCIENNES)
dann anführt (solche mit geschlossener Schwimmblase) Seiaena, Trigla,
! Notes by a Naturalist of.the Challenger, 1879, p. 51.
®2 Om Lydorganer hos Fiske. En physiologisk og comparativ -anatomisk Under-
sögelse. Kjöbenhavn 1884. p. 50.
Hist. nat. des Poissons I. 1798, 4. p. 347-
* Allgem. Naturgesch. VI, 1836, p. 104.
Om Lydorganer hos Fiske, p. 141.
CuviEer et VALENCIENNES, Hist. nat. des Poissons 8. XV, 1840, p. 251.
Archiv f. Anat. u. Physiol. 1857. S. 269.
Mörıus: Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch. 1005
die keine knöcheren Strahlen besitzen, die hierzu geeignet wären,
hätten ebenso gut als Beispiele angeführt werden können, dass ihre
Töne nicht von der Luft der Schwimmblase herrühren können, da die
Luft völlig eingeschlossen ist und unter keinen Umständen in einem
mit Luft gefüllten Balge durch mehr oder weniger starkes Zusammen-
drücken Töne entstehen können, wenn die Luft nieht im Innern der
Blase durch eine enge Passage durchgepresst wird, wozu in der
Schwimmblase jener Seiaeniden und Cataphraeien durchaus keine Ge-
legenheit ist«. Jom. MüLzer beobachtete bei Synodontis einen knarren-
den Ton,' wenn er den grossen Stachel der Brustflosse bewegte, bei
Daciylopterus volitans und orientalis einen ähnlichen am Gelenke des
Kiemendeckels” und nimmt deshalb an, dass die Töne der Fische mit
geschlossener Schwimmblase nur von harten Theilen herrühren.’
Durros£! nimmt an, dass die Schwimmblase an sich keinen Ton
hervorbringt, sondern nur zur Verstärkung des Zuckungstones ihrer
eigenen Muskeln diene, wogegen SÖRENSEN mit Recht bemerkt, dass
dieser Muskelton sehr schwach sei und es räthselhaft bleiben würde,
warum nur bei der Contraction gewisser Muskeln Töne entstehen
sollten.”
Dass bei Cottus scorpius L. ein knurrendes Geräusch durch die
krampfhaft bewegten Muskeln des Schultergürtels erzeugt und durch
Resonanz der grossen Mundrachenhöhle verstärkt wird, hat L. Laxpoıs
experimentell nachgewiesen."
Nach Sörensen’ gibt jede Schwimmblase gleich einer Trommel
einen Ton, wenn sie von einem vibrirenden harten Körper an-
geschlagen wird und sie tönt um so kräftiger, je dicker und elastischer
ihre Wand und je inniger sie mit dem Skelette verbunden ist. Den
Ausgang zu seinen umfassenden anatomisch -physiologischen Unter-
suchungen der Schwimmblase als Schallorgan bildeten Beobachtungen
und Zergliederungen südamerikanischer Süsswasserfische aus den Fa-
milien der Siluriden und Charaeiniden. SÖRENSEN nimmt an, dass
bei Doras maculatıs ©. V. die Schwingungen der Schwimmblase durch
eine bewegliche Hautplatte auf das umgebende Medium übertragen
werden.” Diese Ansicht halte ich für richtig; denn bei einem
1. Archiv f. Anat. u. Physiol. 1857, S. 270.
® Daselbst S. 273, 274.
® Daselbst S. 267.
* Recherech. sur les bruits et les sons express. que font entendre les Poissons
d’Europe. Ann. sc. nat. Zool. 5 Ser. XX, 1874, S. 68.
° Lydorganer hos Fiske, S. 119.
% H. Lanvoıs, Thierstimmen, 1874, S. 167.
° Lydorganer hos Fiske, S. 181.
5 Sörensen, Lydorganer S. 89.
1006 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
Spiritus-Exemplar von Doras armatılıs C. V. aus Guiana fand ich
vorn jederseits einen Theil der Schwimmblase nieht von den Seiten-
rumpfmuskeln bedeckt, (also wie bei Balistes aculeatus), sondern un-
mittelbar unter einer beweglichen Stelle der Haut, welche in einer
Bucht zwischen dem Rücken- und Brustpanzer liegt und zwei ge-
sonderte Knochenplatten enthält.
Da die Töne, welehe südamerikanische Siluriden hören lassen, zur
Paarungszeit am stärksten sind und dann von ganzen Chören dieser
Fische ausgehen, so hält sie SÖRENnsEn für willkürliche Loektöne
derselben. '
! Daselbst S. 103.
Erklärung der Abbildungen (2/3 d. nat. Gr.).
Fig. ı. Linke Seite des Vorderkörpers von Balistes aculeatus. v Der nicht
von Muskelfasern bedeckte Theil der Schwimmblase.
Fig. 2. Linke Seite des Vorderkörpers von Balistes maculatus. v Der nicht
von Muskelfasern bedeckte Theil der Schwimmblase.
Fig. 3. Balistes aculeatus. Die bewegliche Supraaxillarplatte hp ist nach vorn
umeeklappt.
Fig. 4. Rechtes Postelavieulare von Balistes aculeatus von der äusseren Seite
gesehen.
Fig. 5. Linke Clavieula mit Supraelavieulare (sc) von der Innenseite.
Fie. 6. Linke Clavieula und linkes Postelavieulare von Balistes aculeatus in
ihrer Verbindung. von aussen gesehen.
Bedeutung der Buchstaben.
b Brustflosse. o Oberer Hebelarm des Postelavi-
ce Clavieula. ceulare.
e Erhöhung an der Innenseite der | pe Postelavieulare.
Clavieula. sc Supraclavieulare.
f Hinterer Fortsatz der Clavicula. u Unterer Hebelarm des Postelavi-
g Grube in der Gelenkfläche des eulare.
Postelavieulare. v Schwimmblase.
hp Bewegliche Hautplatte (Supra- | vo’ Vordere seitliche Verdickungs-
axillarplatte) hinter der Kiemen- platte der äusseren Haut der
öffnung. Schwimmblase.
m Muskelsegmente (Myocommata) | v” Vordere obere. Verdickungsplatte
des Seitenrumpfmuskels. | der äusseren Haut d.Schwimmblase.
WA Meyr. Lh
Balistes aculeatus_ (1,3,4,5,6) Balistes maculatus (2).
1007
Über Limburgite aus der Umgebung des
Habichtswaldes.
Von Dr. F. Rınne
in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. Kreım am 31. October [s. oben S. 865].)
Seit der Aufstellung des Basalttypus der Limburgite (Magmabasalte)
durch H. Rosexguscn' und Em. Borıcry” sind Vorkommen dieser in
ihrer typischen Ausbildung feldspath- sowie nephelin-, melilith- und
leueitfreien Basalte in verschiedenen Eruptionsgebieten der Erde nach-
gewiesen worden. Gleichwohl gehören diese Gesteine zu den selte-
neren Entwickelungsformen basaltischer Ergüsse, wie aus «den zusam-
menfassenden Darstellungen in den Lehrbüchern von H. Rosenguscn®
und J. Rorn" ersichtlich ist.
Aus der näheren Umgebung des Habichtswaldes ist Limburgit
nur von sehr vereinzelten (4—5) Fundpunkten erwähnt worden.
Es ist indess seine Verbreitung in diesem basaltreichen Gebiete eine
ausserordentlich viel grössere als es nach Maassgabe der spärlichen
Angaben erscheinen könnte; denn auf wenigen Wanderungen durch
das erwähnte Eruptionsgebiet habe ich an 20 Limburgitvorkommnisse
studiren können. Ihre Zahl wird sich zweifelsohne bei der noch nieht
beendigten, systematischen, geologischen Untersuchung sehr beträcht-
lich erhöhen.
Von Norden nach Süden geordnet sind die von mir besuchten
Limburgit-Fundpunkte folgende:
ı. Weissholz bei Lütgeneder, zwischen Borgentreich und Warburg
. in Westfalen.
2. Schweinsbusch bei Daseburg, n. ö. von Warburg.
3. Eckenstein bei Daseburg.
4. Desenberg bei Warburg.
! Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1872, S. 53.
® Eu. Borıcky, Petrographische Studien a. d. Basaltgesteinen Böhmens. S.40. 1874.
® H. RosengvscH, Mikrosk. Physiographie der Mineralien und Gesteine. Bd. U,
S. Sı6. 1887.
* J. Roru, Allgemeine und chemische Geologie. Bd. Il, S. 367. 1835.
1008 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
Rosenberg, s. w. von Hofgeismar in Hessen.
5.
6. Steinberg zwischen Breuna und Ober-Listingen, am Wege von
Hofgeismar nach Arolsen.
7. Escheberg bei Breuna.
8. Häuschenberg bei Rothwesten, n. Cassel.
9. Grosser Schreckenberg bei Zierenberg in Hessen.
ı0. Blumenstein bei Zierenberg.
ıı. Klippen ö. der Hattenburg bei Zierenberg.
ı2. Kuppe w. vom Katzenstein, ö. Dörnberg in Hessen. Loser
Block.
13. Rohrberg bei Zierenberg.
14. Burghasungen bei Dörnberg.
15. Bocksgeil bei Besse in Hessen.
ı6. Hahn bei Holzhausen, s. Cassel.
17. Junkerskopf bei Metze, n. w. von Gudensberg in Hessen.
ı8. Scharfenstein zwischen Dissen und Gudensberg.
ı9. Lotterberg bei Deute unfern Gudensberg.
20. Nänkel bei Gudensberg.
21. Maderstein bei Gudensberg.
Die in Rede stehenden Gesteine erscheinen meist in . Kuppen als
flache Erhebungen, nicht selten aber auch durch bedeutende Höhen-
entwiekelung schon aus weiter Entfernung die Blicke auf sich lenkend.
Einzelne (z.B. Rohrberg, Schreckenberg) erheben sich an 700 Fuss über
die Thalsohle. In solchen Fällen bilden die basaltischen Gesteine
jedoch nur die oberste Spitze des Berges, dessen Abhänge aus Sedi-
mentgesteinen bestehen.
Andere Vorkommnisse stellen höchst malerische, nackte, sich
schroff erhebende und zerklüftete Felsen dar, so «der Maderstein,
Sceharfenstein und Blumenstein.
Wenige Fundpunkte (z. B. Schweinsbusch) erheben sich gar nicht
über die Thalsohle und sind nur durch Abtragen der Dammerde
sichtbar gemacht.
Sehr verbreitet ist die säulenförmige Absonderung der Limburgite.
und 21 in der obigen Fundortsaufzählung benannten Vorkommnissen.
Im Verhältniss zu den in demselben Gebiete vorkommenden Säulen der
Recht vollkommen ist dieselbe bei den unter 8, 10, 11,13, 14, 16, 17, 18
Feldspath- und Nephelinbasalte ist der Säulendurchmesser meist ein
®; manche Basaltprismen,
wie solche vom Hahn, erreichen kaum einen Durchmesser von 5°”
Die verschiedenen Säulen eines Basaltvorkommens strahlen meist durch-
aus nicht von einem Punkte aus. Man kann vielmehr häufig, auch
geringer, im Durchschnitt vielleicht 10— ı5
bei den kleineren Vorkommnissen, wie Blumenstein, Maderstein, mehrere
Rıyse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1009
Centren unterscheiden, von denen aus die Säulen divergiren. Solche
Centren können vollkommen seitlich an den aufragenden Felsen liegen,
so dass hier Säulenbündel mehr oder weniger wagerecht sich er-
strecken, während dieht dabei andere, nach einem auf der Felsspitze
gelegenen Centrum zeigend, fast senkrecht emporsteigen. An den
Wänden, welche die horizontal liegenden Säulen abschneiden, erblickt
man die fünf- und sechsseitig umgrenzten Querschnitte der letzteren,
ganz entsprechend dem zierlicehen Aussehen von Bienenzellen.
Recht erfreulich ist es, dass häufig ausgedehnter Steinbruchsbetrieb
das Studium der Gesteine erleichtert. Indess sind auch dort, wo der-
selbe fehlt, frische Handstücke meist leicht zu haben, da die dünnen
Säulen leicht zu zerschlagen sind.
Bei Bekanntschaft mit den charakteristischen, limburgitischen
Gesteinen der Limburg ist es meist leicht, die vorliegenden Basalte
schon nach dem äusseren Ansehen als nahe Verwandte zu erkennen,
so dass man beim Besuch eines neuen Fundpunktes, ohne weitere
Bestätigung durch das Studium des Dünnsehliffes abzuwarten, mit
grosser Wahrscheinlichkeit auf richtige Bestimmung, das Vorkommen
den Limburgiten zureihen kann. “Die in Rede stehenden Gesteine
haben nämlich weder das körnige, glitzernde Aussehen der Feldspath-
basalte noch das matte der Nephelin-, Melilith- und Leueitbasalte
unseres Basaltgebietes, vielmehr ein beim ersten Anblick auffälliges,
fettiges, harziges Aussehen. Der Anblick der Dünnschliffe lehrt, dass
die Stärke dieses Fettelanzes mit der Glasmenge des Basaltes zunimmt.
In dem glasreichsten Limburgit vom Schreekenberg ist deshalb der
Glanz am meisten ausgeprägt. Das andere Extrem stellt das Gestein
vom Halın dar, das sein elanzloses, mattes Aussehen dem Vorwalten
des Grundmassenaugites über die Glasbasis verdankt.
Mit blossem Auge sind auf dem schwarzen Grunde unschwer
Olivine, hin und wieder auch Augite zu erkennen. Erstere erscheinen
meist in bis erbsengrossen, licht- bis tiefgrünen Körnern; bei ein-
zelnen Vorkommnissen (Schweinsbusch, Eekenstein, Scharfenstein) kann
die charakteristische Krystallgestalt basaltischer Olivine erkannt werden.
Grössere Anhäufungen von Olivin zu Olivinknollen sind verhältniss-
mässig selten, finden sich aber z. B. in den Gesteinen vom Rohrberg
und des Madersteins.
Die Betrachtung der Dünnschliffe lehrt, dass am Aufbau der
Gesteine folgende Bestandtheile theilnehmen, die jedoch nieht in jedem
Vorkommen vereinigt sind und sehr verschiedene Rollen spielen:
Olivin, Augit, Plagioklas, Nephelin, Leueit, Apatit, Magnetit, Ilmenit,
Glas mit Entglasungsprodueten, verschiedene in Folge von Verwitte-
rung entstandene sowie eingeschlossene Mineralien fremder Gesteine.
1010 Sitzung der phys. -math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
Olivin. Aus den hellgrünen Olivinkörnern eines Handstückes von
der Nordseite des Madersteins bei Gudensberg wurden Praeparate senk-
recht zu den beiden Mittellinien angefertigt. Es ergab sich bei der
Messung der Winkel der optischen Axen in Olivenöl
w
Ha = 104° 29 für Natriumlicht,
Ho —= 109° 23’ für Natriumlicht.
>]
Die Dispersion der optischen Axen ist sehr gering. Durch Be-
obachtung der Farbenvertheilung der Axenbilder an den Hyperbel-
ästen, sowie der geringen Verschiebung der letzteren bei Beleuchtung
mit verschiedenen Lichtsorten, wurde die Dispersion als o<v um die
erste positive und als a>v um die zweite Mittellinie festgestellt. Der
wahre, innere Winkel der optischen Axen ergibt sich zu
2 Va—= 88° ı ı’6” für Natriumlicht,
und der mittlere Brechungsexponent
ß= 1.6808 für Natriumlicht bei 23° C.
Im Vergleich zu den meist durch krystallographische Formen
scharf umgrenzten Olivinen im Limburgit von Sasbach finden sich in
fast allen Dünnschliffen viele unregelmässig eckig umgrenzte, wahrschein-
lich zerbrochene Olivinkrystalle. Besonders die grösseren Durchschnitte
zeigen diese Formen. Die kleineren haben ihre Flächenumgrenzung
meist gut bewahrt. Vielfach haben magmatische Corrosionen die be-
kannten verrundeten und ruinenhaft zackigen Gebilde hervorgerufen.
Häufig geben die in die Buchten des Krystalls hineinragenden Zacken
die äussere Begrenzung des letzteren wieder, und nieht selten erblickt
man die eigenthümliche Erscheinung, dass nur ein Krystallende vom
Magma theilweise aufgezehrt erscheint, das andere sich mit sehr
scharfen Umrissen in krystallographischer Form darstellt. Als nicht
unwahrscheinlich kann bei Betrachtung mancher solcher Fälle die
Vermuthung Platz greifen, dass der theilweisen Resorption voraus-
gegangene Zerbreehungen besonders günstige Orte für die magmatische
Corrosion in den Bruchstellen hervorriefen, welch’ letztere in Folge
ihrer rauheren und gegenüber den glatten Kıystallllächen sehr be-
deutend ‚grösseren Oberfläche auch viel mehr durch das Magma leiden
mussten als unversehrte Stellen.
In vielen der untersuchten Gesteine (z. B. Schweinsbusch, Desen-
berg, Häuschenberg, Rosenberg, Blumenstein) tritt ein gewisser Gegen-
satz in Bezug auf die Grösse der Olivindurchschnitte zu Tage, inso-
fern als bei stärkeren Vergrösserungen noch Schaaren kleiner Olivine
auftauchen, die in ihrem Längen- und Breitendurchmesser bis auf
o"”o2 und o””oı und weniger herabsinken. Sie sind in ihrer charak-
teristischen Form basaltischer Olivne [vo P& (010); 2 P& (o2ı);
Ze
Rınse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1011
© P (110); auch oo P2 (120)]| den mit Flächen begabten grossen
Krystallen ganz ähnlich. Häufig fallen in ihnen verhältnissmässig sehr
grosse Einschlüsse braunen Grundmassenglases auf, die meist zu zweien
in einem Durchsehnitte liegen und zuweilen gut die Hälfte des letzteren
einnehmen. Da diese kleinen Olivine dureh Mittelelieder mit den grossen
verbunden sind und sich bezüglich der Einschlüsse anderer Minerale
wie die grossen verhalten, sehe ich sie nieht für eine besondere
(reneration an.
Olivinzwillinge habe ich unter den grossen Krystallen im
Limburgit vom Hahn bei Holzhausen sicher feststellen können. Man
kann zwei Zwillingsgesetze unterscheiden. Bei dem einen fügt sich
in ein dureh Grösse hervorragendes Hauptindividuum ein Zwillings-
individuum keilfürmig so ein, dass es eine Fläche des in seiner
oberen Kante fast ı20-gradigen Domas P& (oıı) mit dem Haupt-
individuum gemeinsam hat. Die c-Axen der beiden Krystalle bilden
mithin fast genau einen Winkel von 60° mit einander.
Ausser diesen von KaLkowskyY' zuerst an gesteinsbildenden Oh-
vinen nachgewiesenen, in Limburgiten indess noch nicht bekannten
Zwillingsverwachsungen habe ich in demselben Gestein vom Hahn eine
ganz ähnliche Zwillingsbildung studiren können, bei der indess die
c-Axen der beiden Individuen einen Winkel von e. 30° mit einander
machen. Es entspricht dies einer Zwillingsbildung nach dem in seiner
Seitenkante fast 30-gradigen Doma '/; P&® (o12).” Ein solehes Zwil-
lingsgesetz ist neu für Olivin.
Zum Nachweis obiger Zwillingsgesetze sind nur besonders glücklich
geführte Sehliffe brauchbar, da die sichere Feststellung der gesetzmässi-
gen Verwachsung nur auf Schnitten genau oder wenigstens ungefähr
parallel © P © (100) der Olivine möglich ist. Diese Fläche ist den
! Zeitschrift f. Krystallographie u. s. w., Bd. X, S. 17. 1885.
2 Die unter ce. 60° sich kreuzenden Zwillingsindividuen könnte man, anstatt sie
als Zwillinge nach P& (oıı) zu deuten auch als solehe nach 3 P & (031) auffassen,
da zwei in einem Hauptschnitte zusammenstossende Flächen von P & (o1ı) und
3 P& (031), z. B. 011 und o31, in ihrem Neigungswinkel nur um 0°46’ 53’ vom rechten
Winkel abweichen. Ist P & (oıı) Zwillingsebene, so machen die c-Axen der Zwil-
lingsindividuen einen Winkel von 60°47’4’ miteinander, ist 3 P& (031) diese Ebene,
so beträgt dieser Winkel 59°13’18”. Der Unterschied zwischen beiden Werthen ist
so gering, dass Messungen unter dem Mikroskop keinen Entscheid herbeiführen
können. Bei den unter e. 30° sich schneidenden Zwillingen könnte man entsprechend
1); PX (oı2) oder 6 PX (061) als Zwillingsebene nehmen. Die bezüglichen Winkel
der c-Axen sind 32°41’ 18” bezw. 31°43’ 36”. ‘Da indess sowohl P& (oıı) als
auch !/; P& (oı2) als Krystallflächen bekannt sind, nicht aber 3 P& (oz1) und
6 PX (o61), überdies die Messung eines Olivinkryställchens vom Vesuv G. v. Rarn
(Poss. Annal. Bd. 135, S. 5Sı. 1868) auf die Anahme von P& (oıı) als Zwillingsebene
führte, so verdienen die erwähnten Krystalle mit Recht die Bezeichnung als Zwillinge
nach P& (oıı) und !/, P& (012).
1012 -Sitzung der phys. -math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
beiden zum Zwilling verbundenen Individuen beim ersten und auch
beim zweiten Gesetz gemeinsam. Es genügt zum Nachweise der
gesetzmässigen Verwachsung indess nicht, bei der Beobachtung im
parallelen, polarisirten Lichte stehen zu bleiben, zumal die nöthige
Probe auf die Richtigkeit der Deutung durch Beobachtung im con-
vergenten, polarisirten Lichte, in Folge der starken Doppelbrechung
des Olivins, leicht anzustellen ist. Die Zwillingsindividuen haben die
auf © P& (100) senkrechte Mittellinie gemeinsam und ihre Ebenen
der optischen Axen bilden einen Winkel von etwa 60° bez. 30° mit
einander. In den beschriebenen Fällen war dieser Nachweis deutlich
zu führen.
Ausser diesen gesetzmässigen Gruppirungen sind hier vereinzelt
vorkommende (Blumenstein, Desenberge) Anhäufungen kleiner Olivine
zu erwähnen, Erscheinungen, die recht sehr an die bekannten Augit-
augen erinnern. Während die Umrisse der meisten dieser Olivinaugen
unregelmässig sind, und bei ihrer Betrachtung die Vermuthung be-
rechtigt erscheint, dass man es einfach mit coneretionären Bildungen
zu thun hat, überraschen manche dieser Olivinhaufen durch die
fast krystallographische Regelmässigkeit ihrer äusseren Begrenzungen.
Die Augen erreichen die Grösse von fast !/,"®. Ausser Olivin
betheiligen sich Magnetit und Glas am Auf'bau dieser Gebilde. Da es
zuweilen nicht leicht ist, klaren Augit und Olivin von einander zu
unterscheiden, wurde, um eine solche Verwechselung zu vermeiden,
ein Schliff vom Blumenstein mit starker Salzsäure behandelt. Gleich-
zeitig mit den übrigen Olivinen wurden auch die der Augen angegriffen.
Gewissermaassen die Übergänge zu diesen Olivingruppen bilden
grosse Olivinkörner, welche im polarisirten Lichte randlich einen Auf-
bau aus kleinen, nicht parallel gestellten Körnern erkennen lassen.
Nieht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass verschiedent-
lich in Schliffen, deren Olivine in der Mehrzahl scharfe Auslöschung
zeigen, auch unregelmässige Olivinkörner vereinzelt auftreten, die
stark wellig auslöschen. Beispielsweise sei ein solcher Durchschnitt
aus dem Limburgit vom Maderstein erwähnt, über welchen die Aus-
löschung beim Drehen des Mikroskoptisches wie eine Barre der Art
fortlief, dass die entgegengesetzten Enden des Durchschnittes in ihren
Auslöschungsrichtungen über 40° verschieden waren.
Die Besprechung einiger bemerkenswerthen Verhältnisse bezüg-
lich der Einschlüsse im Olivin ist bei Gelegenheit der Augitbeschrei-
bung gemacht.
Hinsichtlich der Verwitterung des Olivins ist zunächst die ver-
breitete Umwandlung in Serpentin zu erwähnen, die den in dieser
Veränderung begriffenen Krystallen das bekannte, charakteristische
ie
Rınse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1013
Aussehen verleiht. Im Limburgit vom Rosenberg sind die Olivine
unter Erhaltung ihrer Form z. Th. in Kalkspath umgewandelt.
Augit. Bei den meisten der in Rede stehenden Gesteine lassen
sich Einsprenglingsaugite als ältere Generation von den jüngeren
Augiten der Grundmasse unterscheiden. In einzelnen Vorkomm-
nissen sind erstere indess verhältnissmässig spärlich (Hahn, Nänkel,
Klippen östlieh der Hattenburg), und bei wenigen werden sie in
den zur Verfügung stehenden Dünnsehliffen ganz vermisst (Stein-
berg, Schweinsbusch, bei welch’ letzterem Gestein, im Gegensatz
zum Augit, die Olivineinsprenglinge besonders gross und reichlich
entwickelt sind).
Einsprenglingsaugite. Sie besitzen die Form & P& (100);
oo P& (o10); © P(110); P(Tıı). Prismen- und Pinakoidflächen sind
meist gleichmässig entwickelt. Zwillinge nach oPx(ıoo) in der
Verbindung zweier ungefähr gleich grossen Individuen, sowie auch
als polysynthetische Gebilde kommen vor. Radialstrahlige Gruppen
sind selten. In ausgezeichnetster Weise lassen viele (z. B. Junkers-
kopf, Häuschenberg, Burghasungen) eine Schalenstructur erkennen, die
auch im gewöhnlichen Licht wahrzunehmen ist, da ein grüner Kern
von einem hellen Mantel umgeben wird, welch’ letzterer den stark
verrundeten, inneren Theil als ein nach aussen krystallographisch
wohlbegrenzter Rahmen umgiebt. Der grüne Kern liess in den stu-
dirten Fällen, auf Schliffen aus der Zone der Säulen eine geringere
Schiefe der Auslöschung zur Axe « (im Mittel 33°), erkennen als der
hellere Mantel (im Mittel 42°). Ein Pleochroismus der grünen, inneren
Theile ist sehr deutlich wahrzunehmen. Sie erscheinen bei letzt er-
wähnten Durchschnitten in sattgrüner bez. gelblichgrüner Farbe, je
nachdem die Polarisationsebene des Nicols senkrecht oder parallel zur
Auslöschungsrichtung steht, welche mit der Axe c einen Winkel von
etwa 33° macht. — Eine andere Zonenstructur tritt weniger durch
Farbenverschiedenheiten als dureh Anordnung der Einschlüsse hervor.
Es wechseln nämlich nicht selten an Glas- und Magnetiteinschlüssen
reiche Zonen mit solchen von fast reiner Substanz. und meist ist dann
der äussere Mantel der Krystalle fast einschlussfrei. Es ist dies im
Einklange mit der krystallographisch wohlumgrenzten äusseren Form;
denn wohlausgebildete Flächen und Einschlussfreiheit sind harmoni-
rende Eigenschaften sich langsam bildender Krystalle.
Von den Einschlüssen in den besprochenen Augiten ist Glas zu-
erst zu erwähnen. Obwohl die Augite in brauner, glasiger Grund-
masse liegen, erscheinen dennoch Einschlüsse von farblosem Glase in
ihnen; ein Gleiches bietet der Olivin dar. Es ist dies eine Erscheinung,
1014 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
die bei basaltischen Gesteinen nicht vereinzelt dasteht.' Erhöht wird
das Interesse im vorliegenden Falle dadurch, dass in den Durchschnitten
auch braunes Glas als Einschluss erscheint. Während indess die farb-
losen Einschlüsse geringe Dimensionen besitzen, füllt das braune Glas
grössere, rundliche Räume oder durchadert in mannigfachen Win-
dungen die Durelisehnitte. Letztere Erscheinung tritt besonders beim
Augit, weniger charakteristisch beim Olivin auf. Wenn nun auch
zugestanden werden muss, dass die kleinen Glaseinschlüsse in Folge
ihrer geringeren Dicke heller erscheinen müssten als die dickeren,
grösseren, auch wenn sie aus gleich stark gefärbtem Glase hbeständen,
so reicht doch diese Betrachtung bei weitem nicht aus, die starken
Farbengegensätze zu erklären. Letztere sind besonders auffällig bei den
mit tiefbraunem Glasgrunde ausgestatteten Limburgiten vom Schrecken-
berg, Häuschenberg, Junkerskopf, Nänkel. In den grösseren und
dunkleren Glasfetzen und -Sehnüren könnte man ein Glas sehen,
welches in seinem früheren feurigen Fluss in Hohlräume und Risse
der betreffenden Krystalle eindrang zu einer Zeit als die farblosen
Einschlüsse natürlich schon in letzteren sich befanden. Man könnte
indess auch der Vermutliung Raum geben, dass beiderlei Einschlüsse
gleichzeitig umschlossen wurden, die nunmehr farblosen, kleinen Ein-
schlüsse indess von dem wachsenden Krystall entfärbt wurden, der
sein aufbauendes Material gewiss auch ihnen, so lange sie noch
flüssig waren, entnahm, ein Vorgang, der bei der grösseren Masse
der noch braunen Glaseinschlüsse nicht in dem Maasse wie bei den
kleineren Einschlüssen Platz greifen konnte. Das in verschiedenen
Fällen festgestellte Vorhandensein eines hellen Krystallisationshofes
am Rande der dunklen und grossen Glaseinschlüsse, spricht für die
letztere Erklärungsweise.
Einschlüsse von Magnetit erscheinen zuweilen (z. B. Junkerskopf)
so massenhaft in den Augitkrystallen, dass die Durchschnitte bei
schwacher Vergrösserung fast schwarz erscheinen, und dass erst bei
Anwendung stärkerer Objeetive der augitische Untergrund heraustritt.
Augit der Grundmasse. Die wohlbegrenzten Kryställchen
bieten nie die oft deutlich grünen Farben der älteren Augitgeneration
dar, erscheinen im Sehliff vielmehr fast farblos oder lichtbräunlich.
Sie sind häufig in unzählbaren Schaaren im Dünnschliff vorhanden
und sinken bei solch” massenhaftem Vorhandensein zu winzigsten
Grössen herab. Ihre Menge steht im umgekehrten Verhältniss zu
der der glasigen Basis. Das glasarme Gestein vom Hahn bietet sie
ı H. Rosensusca. Mikrosk. Physiographie der Mineralien und Gesteine. Bd. Il,
S. 719. 1887. !
Rıyse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1015
gum
in ausserordentlichen Mengen dar. In einem Gesichtsfelde von /,;
wurden reichlich 400 Augite gezählt, eine Summe, die 10000 Augit-
kryställchen auf ı"" ergiebt, falls diese Fläche nur von letzteren
eingenommen würde. Auch bei dem Limburgit vom Bocksgeil und
von den Klippen ö. der Hattenburg herrscht der Augit über die Glas-
masse; bei den meisten übrigen Vorkommnissen können diese beiden
Bestandtheile als gleichwerthig gelten; bei einzelnen wiegt der Glas-
grund vor (z. B. Schreckenberg, Burghasungen).
Im polarisirten Lichte zeigt sich, dass die Sanduhrform bei den
Augiten der Grundmasse sehr verbreitet ist. Zwillinge nach © Px (100)
sind nicht selten, Zuweilen (Schweinsbusch) sind radialstrahlige Grup-
pirungen zu beobachten.
Krystallskelette von Augit sind in den glasreichen Limburgiten
von Burghasungen, Junkerskopf, Nänkel, Schreckenstein, z. Th. Rosen-
berg zur Beobachtung zu bringen. Am zierlichsten pflegen diese
Bildungen in grösseren Glasanhäufungen und auch in diesen wiederum
am charakteristischsten in den mittleren Theilen der letzteren zu
erscheinen. Es sind Säulchen, deren Ecken in stachelige oder dolch-
förmige Fortsätze auslaufen. Häufig liegen diese Stacheln abgebrochen
oder durch den Schliff abgetrennt für sich im Glase oder zeigen ihre
Zugehörigkeit zu den kleinen Augiten noch durch Reste der letzteren,
an denen sie wie die Scheeren eines Krebses an einem Arme sitzen.
Die stacheligen Fortsätze erscheinen zuweilen als aus zahlreichen,
perlschnurartig aneinander gereihten, globulitischen Körnern bestehend,
und meist tritt dann eine peitschenförmige Biegung der Fortsätze ein.
Durch secundäre, feine Ästehen gewinnen letztere nicht selten ein
yauhes Äussere, so dass sie wie in Eisenfeilspähne getauchte Magnete
aussehen. Die Grösse der Augitskelette mag durchschnittlich o""”o2
und o"”oo5 in Länge und Breite betragen.
In den Augitskeletten wird man die letzten Augitausscheidungen
vor der Erstarrung des Magmas zu erblicken haben. Ihre Bildung
wurde durch die schliesslich zähe Natur der Krystalle ausscheidenden
Flüssigkeit begünstigt bez. verursacht. Dass auch die nicht in Ske-
letten ausgebildeten Augite der Grundmasse bis zur Gesteinsverfesti-
gung wuchsen, scheinen mir die hellen Krystallisationshöfe anzudeuten,
die als Aufhellungen der umgebenden, braunen Glasmasse sich z. B.
im Gestein vom Maderstein recht deutlich finden. Von Einschlüssen
pflegen die Augite der Grundmasse frei zu sein,
Über einige weitere auf Augit bezügliche Verhältnisse ist bei
Gelegenheit der Besprechung der Einschlüsse fremder Minerale be-
richtet.
Sitzungsberichte 1889. 90
1016 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
Plagioklas. Den typischen Limburgiten ist der Feldspath fremd.
Durch sein gelegentliches Auftreten bahnen sich Übergänge zu den
Feldspathbasalten an. Auch dem elassischen Limburgitvorkommen
von der Limburg sind solche Übergangsglieder nicht fremd; denn es
gesellen »sich hie und da in geringer Menge Feldspathmikrolithe von
trichitischem Habitus« den übrigen Gemengtheilen bei."
Derartige interessante Zwischenglieder zwischen Limburgit und
Feldspathbasalt sind bei den in Rede stehenden Gesteinen in den
Vorkommnissen vom Weissholz bei Lütgeneder und vom Junkerskopf bei
Metze vorhanden. Letzteres ist auf Grund der vorliegenden Schlifte
nicht wohl anders als feldspathführender Limburgit zu bezeichnen.
Das erstere hingegen nimmt eine schwankende Stellung ein und
steht jedenfalls durch beträchtlichere, in verschiedenen Handstücken
jedoch wechselnde Feldspathführung den Plagioklasbasalten des in
Rede stehenden Gebietes nahe, von welch’ letzteren ich aus den Vor-
kommnissen nördlich vom Habichtswald das Gestein von der Mals-
burg bei Ober-Meiser s. w. von Hofgeismar und von denen südlich
vom Habichtswalde den Basalt vom Kammerberg bei Besse erwähnen
will. Feldspath als Einsprengling habe ich nur selten, und zwar im
Gestein vom Junkerskopf, bemerkt. Es kommt bei ihm Zwillings-
bildung nach dem Albit- und dem Periklingesetz vor. Eine Artbe-
stimmung ist auf Grund der wenigen Durchschnitte unthunlich.
Sonst wurden Plagioklase nur in leistenförmigen Durchschnitten
als junge Generation beobachtet. Im Gestein vom Junkerskopf besitzen
sie eine verhältnissmässig ansehnliche Grösse und sind im Durchschnitt
vielleicht o""o2 breit und o"”ı5 lang. Wo sie im Limburgit vom
Weissholz spärlich auftreten, sind sie recht klein (durchschnittlich
vielleicht o””o4 lang und o"”"”0075 breit), während sie dort, wo sie
sich in grösserer Menge zeigen, auch etwas bedeutendere Dimensionen
annehmen, etwa o""oı Breite und o””o8 Länge besitzen. Die Sub-
stanz der Feldspathleisten ist, wie ja meist bei Basalten, im Allgemeinen
ziemlich rein; indess konnten doch nicht selten winzige Einschlüsse
von Augitkörnchen bestimmt werden.
Der Grösse ihrer Auslöschungsschiefen nach gehören die Feld-
spathleistehen des Gesteines vom Junkerskopf, die meist aus nur
wenigen Lamellen bestehen, zuweilen selbst einheitlich erscheinen,
einem Feldspath an, der dem Albit näher steht als dem Anorthit,
da bei Schnitten senkrecht zur Zwilligsebene die symmetrisch entgegen-
gesetzte Auslöschungsschiefe im Allgemeinen Werthe zwischen 7° und
' H. Rosengusch, Mikrosk. Physiographie der Mineralien und Gesteine. Bd. I,
S. 817. 1887.
Rınne: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1017
ı2° inne hält. Es erhöhen sich diese Werthe bei den Gesteinen
vom Weissholz, von der Malsburg und dem Kammerberg auf solche
von 15° bis 25°, so dass hier basischere Plagioklase vorzuliegen
scheinen.
Nephelin erscheint in dem Limburgit vom Rosenberg in nicht
bedeutender Menge und überdies ungleich vertheilt. Während er in
einem Schiffe in etwa o""o2 langen und o""oı breiten Säulchen in
einigermaassen beträchtlicher Menge, allerdings auch nicht auf den
ganzen Schliff vertheilt, vorkommt, wurde er in einem anderen Schliffe
desselben Handstückes vermisst. Reichlicher zeigte sich dies Mineral
im Gestein vom Escheberg. Es erreieht hier oft die doppelte Grösse
der oben erwähnten Durchsehnitte und ist meist reichlich mit kleinsten
Augitkryställchen erfüllt. Doch auch in diesem Gesteine ist es un-
gleichmässig vertheilt. Regelmässiger, wenn auch an Menge in den
verschiedenen Schliffen wechselnd, zeigt sich der Nephelin im Lim-
burgit von Burghasungen. Er erlangt in diesem glasreichen Gestein eine
vollendet schöne Formentwickelung und stellt sich in bis 0"”ı5 langen
und o”"”og breiten, rechteckigen und hexagonalen, scharfen Durch-
schnitten dar. Die Krystalle finden sich fast nur in grösseren Glas-
buchten, in die sie vom Rande aus hineinragen. Der Mangel jeglichen
Reliefs der Oberfläche, der sie vom Apatit unterscheidet, lässt sie in
dem braunen Glasgrunde fast wie Löcher erscheinen. An Einschlüssen
führen sie hin und wieder winzige Augitkryställchen.
Leueit. Das wegen gelegentlicher Nephelinführung bereits er-
wähnte Gestein vom Rosenberg zeichnet sich auch durch Gehalt an
Leueit aus. Zwar wird letzterer in keinem der bezüglichen Dünn-
schliffe vermisst, indess ist seine Vertheilung eine sehr ungleich-
mässige, auch in der Ebene desselben Dünnschliffes. Während einzelne
Stellen eines solchen ihn ganz vermissen lassen, häuft er sich an
anderen der Art an, dass z. B. auf '/ıo 25 Kryställchen gezählt
wurden. Sie liegen theils einzeln; häufig haben sie sich zu. zweien
gmm
und mehreren, ja zu Gruppen von 30—40 Stück vereinigt und er-
scheinen wie zusammengebacken. Es sind rundliche Gebilde, die
wie klare Tropfen zwischen den dunkleren Gemengtheilen liegen.
Selten sind scharfe Achtseite zu beobachten. Über ihren Rand
greifen gern die Augite und triehitischen Gebilde der Grundmasse
hinüber, so dass derselbe zerlappt erscheint.
Die grösseren Leueite gehen in ihrem Durchmesser meist nicht
über o””o7 hinaus; im Durchschnitt sind die Kryställeben vielleicht
o®"o4 gross. — Es kommt vor, dass die Durehschnittsebene durch
die Leueitkörner frei von Einschlüssen erscheint; meist indess erleich-
tern kleine, eingeschlossene Augitsäulchen, sowie öfters Magnetit- und
90*
1018 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
unbestimmbare, dunkle Körnehen die Bestimmung des Minerals als
Leueit, zumal wenn diese Einschlüsse nicht, wie es oft der Fall
ist, regellos zerstreut, sondern in centraler Anhäufung oder als zier-
liche Kränzchen liegen. Doppelbrechungserscheinungen sind, wie so
häufig bei gesteinsbildenden, kleinen Leueiten, nicht wahrzunehmen,
auch nieht mit Hülfe des Gypsblättehens vom Roth I. Ordnung.
Apatit hat die gewöhnliche Gestalt langer, zuweilen quergeglie-
derter Nadeln. Nicht selten strahlt sein Ende in zwei lange und
spitze, gerade Zinken aus, ganz entsprechend den Fortsätzen der
Augitskelette. Häufig ist er mit dunklen Punkten übersäet und mit
kurzen, gerade abstarrenden, dunklen Härchen besetzt, die ihm ein
eigenthümlich borstiges Aussehen verleihen.
Magnetit erscheint in- manchen Gesteinen (z. B. Weissholz,
Burghasungen) in Gestalten, die, wenn sie auch in ihrer Form als
drei-, vier- und sechseckige Durchsehnitte von Oktaedern überein-
stimmen, nach ihrer Grösse jedoch im Wesentlichen in zwei Gruppen
getrennt werden können. So kann man z. B. im erstgenannten Ge-
stein eine Gruppe Magnetite von 0.015 —0.08 Mm. Durchmesser von
einer weit individuenreicheren trennen, deren Krystalle durchschnitt-
lich nur o"”oo5 gross sind. Dass zwei Generationen vorliegen, ist
hieraus nicht zu schliessen.
Die bekannten, höchst zierlichen Krystallskelette des Magnetit
fehlen in den Gesteinen nicht.
Ilmenit. Titaneisenglimmer findet sich recht verbreitet neben
Magnetit. Er ist durch besonders günstige Ausbildungsart in den
Gesteinen in sofern von Interesse, als er gestattet, einige neue Beobach-
tungen über seine physikalischen Verhältnisse zu machen. Es sei
daran erinnert, dass man ihn in vielen Basalten kennt als sechsseitig
umrandete oder unregelmässige, dünne Blättehen, die nelkenbraun
durehscheinen und in günstigen Lagen starke Doppelbrechung zeigen.
In dieser typischen Erscheinungsweise kann man den Titaneisenglimmer
in schlierigen Zügen des Limburgites vom Hahn sowie vom Lotter-
berg erblicken. Die zarten Blättchen vereinigen sich hier, wie auch
bei anderen Basalten, nieht selten zu zwillingsartigen Gruppen, deren
Durchschnitte in der Schlifffläche zierliche, scharfe, aus schwarzen
Linien bestehende, sechsstrahlige Sterne liefern. Die Ränder der braun
durehscheinenden Blättehen erscheinen oft fein gekerbt. Eine Ver-
wechselung mit Biotit ist bei diesem charakteristischen Aussehen aus-
geschlossen.
Die Blättehen lassen, wenn sie in günstiger Lage, nämlich steil,
Jedoch nieht ganz senkrecht einschneiden, starke Doppelbrechung und
zur Randkante orientirte Auslöschung erkennen. Senkreeht einschnei-
Rınse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1019
dende Blättehen erscheinen nur als undurchsichtige, tiefschwarze Striche.
Die Doppelbrechung der Blättehen ist, nach der Beobachtung der
Polarisationstöne unter Anwendung eines Gypsblättchens vom Roth
I. Ordnung zu urtheilen, negativ. Die polarisirenden, zarten Blättchen
zeigen weiterhin einen deutlichen Pleochroismus und erscheinen gelb-
liehbraun, wenn die erwähnte Randkante mit der Polarisationsebene
des Nicols zusammenfällt und dunkelbraun in der dazu senkrechten
Lage.'
Im Limburgit vom Eckensteine kommen nun ferner, ausser den
in gewöhnlicher Form erscheinenden Blättehen, auch solehe vor, die
im Verhältniss zu ihrer Längenentwieckelung nur geringe Breite zeigen,
so dass letztere von der Länge um das 5—Sfache übertroffen wird.
Sonst stimmen diese Gebilde in allen ihren anderen Eigenschaften,
besonders in der Farbe, der Höhe der Polarisationstöne, Vertheilung
der Lage der optischen Elastieitätsaxen (ihre Längenentwickelung ent-
spricht einer Randkante der oben erwähnten Blättehen) und im Pleo-
chroismus mit den typischen Blättehen überein, so dass wohl keine
Zweifel bestehen können bezüglich der Identität der beiden Ausbildungs-
formen. Diese länglichen Blättehen wiederum bilden den Übergang
zu sehr verbreiteten, feinen und schmalen Gebilden, die dadurch ent-
stehen, dass die Breite der Lamellen noch geringer wird. Diese
Kryställchen besitzen meist eine geringe Länge (durchschnittlich viel-
leicht 0""08, seltener bis o""20) und sehr geringen Querdurchmesser.
Ihre Farbe hat sich in Folge ihrer geringen Stärke zu einem hellen
Gelb erhoben. Sie würden im Dünnschliff dem Beobachter sehr leicht
entgehen, wenn sie nicht in Folge der oben erwähnten, starken
Doppelbreehung durch lebhafte Interferenzfarben sich heraushöben.
Ihr Pleochroismus ist bei einiger Aufmerksamkeit unverkennbar, so
dass die Gleichheit aller dieser Eigenschaften mit denen der schmalen
Blättehen vom Eekenstein ihre Zugehörigkeit zu den letzteren nicht
wohl streitig sein lässt.
Hier ist nun fernerhin zu erwähnen, dass diese Stäbehen sich
nicht selten der Art parallel gruppiren, dass sie, von einer dunklen
Axe (Magnetit?) rechtwinklig abstrahlend, wie ein Kamm mit nach
zwei Seiten abstehenden Zinken erscheinen.
An den Enden von Augiten der Grundmasse sitzen die Kryställchen
zuweilen der Art, dass die beiderseitigen Längsrichtungen zusammen-
fallen.
! Man darf wohl als sicher annehmen, dass der Pleochroismus des Ilmenits mit
der chemischen Zusammensetzung sich ändern wird, ähnlich wie die Durehsichtigkeit
dieses Minerals in weiten Grenzen schwankt.
1020 _ Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
Das Titaneisen in der vorliegenden Form von Blättechen oder
Nädelchen scheint in Beziehung mit den kıystallitisehen Gebilden des
Gesteinsglases zu stehen, wie aus Folgendem hervorgeht:
Die meisten der in Rede stehenden Limburgite sind dureh Glo-
buliten in ihrem Glasgrunde ausgezeichnet. Nach dem Vorkommen,
ja an verschiedenen Stellen desselben Schliffes wechselnd, liegen diese
rundliehen Körnehen zerstreut oder zu grossen Mengen vereinigt.
Nicht selten (sehr hübseh in Schliffen der Gesteine vom Maderstein,
Eekenstein, Schweinsbuseh, Steinberg) ordnen sieh die Globuliten zu
Globulitenreihen an, die untereinander innerhalb kleiner Bezirke
parallel zu stehen pflegen. Die Reihen sind durchsehnittlich vielleicht
o”®o3 lang. Manche erreichen eine Länge von o""20. Auf einer
o””o5, langen wurden 25 Globuliten gezählt.
Man beobachtet nun, dass in Sehliffen, in denen Titaneisen-
glimmer als Blättehen oder Stäbehen vorkommt bez. zahlreieh vor-
handen ist, auch Globuliten und bez. Globulitenreihen sieh einstellen
bez. in reichlichen Mengen erscheinen. Dieses Nebeinanderherlaufen
geht so weit, dass bei Abwesenheit oder sehr spärlichem Auftreten
der Titaneisenstäbehen (Rohrberg, Nänkel, Burghasungen) ein Freisein
des Glases an Globuliten oder wenigstens ein ganz auffallend zer-
streutes Vorkommen festgestellt werden konnte. Fernerhin ist es
bemerkenswerth, dass bei Schliffen, in denen die Stäbchen ungleich
vertheilt vorkommen (z. B. Häuschenberg), man ziemlich erfolglos
nach ihnen sucht, wenn man im Mikroskop Stellen einstellt, die
globuliten- und besonders margaritenfrei sind, während man ziemlich
sicher sein kann, die Stäbchen in Gesellschaft angehäufter Glebuliten
und besonders in dem Filz der Globulitenreihen zu finden.
In diesen Verhältnissen liegt unverkennbar ein Hinweis auf eine
enge Beziehung zwischen den Titaneisenstäbehen und den Globuliten
und Globulitenreihen. Man wird folgern können, wenn auch mit der
Zurückhaltung, die bei solehen Verhältnissen angebraeht ist, dass die
Globuliten und Globulitenreihen selbst aus Titaneisen bestehen. Ich
freue mich durch die Schilderung obiger Verhältnisse die Vermuthung
von Prof. H. Rosexgusch bekräftigen zu können, welcher der Meinung
ist,' dass »mit grosser Wahrscheinlichkeit die Globulite basischer Ge-
steinsgläser (Augitvitrophyrite und Basalte) aus Titaneisen« bestehen.
Der Ausspruch, dass in den in Rede stehenden Gesteinen die
Titaneisennädelehen mit den Globuliten und Globulitenreihen stofflieh
ident sind und bei Gegenwart von ersteren auch letztere zugegen sind,
ı H. Rosensusch, Mikrosk. Physiographie der Mineralien und Gesteine. Bd.I,;
S. 334. 1885.
Rınse: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1021
darf selbstverständlich nieht zu dem Satze umgekelirt werden, dass
mit den Globuliten und Margariten auch stets Nädelchen vorkommen.
Denn die Entwickelung des Titaneisens kann sehr wohl gelegentlich
in der Krystallitenbildung sich erschöpfen. Man wird diesen Vorgang
besonders bei sehr glasreichen Gesteinen erwarten und erklärlich finden.
In der That kann man dieses Verhältniss bei den Gesteinen vom Weiss-
holz und Grossen Schreekenberg, dem glasreichsten Vorkommen der
vorliegenden Limburgite, verwirklicht sehen. Andererseits ist die Mög-
liehkeit durchaus nicht zu bestreiten, dass Titaneisenkrystalle auch
ohne Krystallitenbildung entstehen können. Man wird letzteres be-
sonders dann für leieht erklärlich finden, wenn die betreffenden Kry-
stalle recht vollkommen erscheinen, sich z. B. durch ihre Grösse oder
Formvollendung (im vorliegenden Falle durch Blättehenbildung) aus-
zeichnen. Denn unter den Umständen, bei denen die Bedingungen
für Entwickelung von ausgezeichneten Krystallen gegeben sind, tritt
natürlich die Bildung der Krystalliten zurück, deren Entstehung einer
anderen Zeit mit anderen Bedingungen der Krystallisation angehört.
Eine Hindeutung auf ein derartiges Verhältniss bieten Sehliffe vom
Limburgit des Lotterberges dar, in dessen Glasmasse reichliehe und
wohlentwickelte Titaneisenstäbehen und auch Blättehen sich finden,
bei dem die globulitische Körnelung indess nur sehr zart ist und
stellenweise fehlt. — Erwähnt sei, dass der beträchtliche TiO,-Gehalt
(1.93 Procent) des analysirten Limburgites vom Hahn den obigen An-
nahmen nicht entgegensteht.
Glas. Die in Rede stehenden Limburgite sind meist reich an
braunem Glase. Die Menge. desselben steht im umgekehrten Verhält-
nisse zu der des Grundmassenaugites. Besonders reich an Glas sind
Handstücke vom Schreckenberg, Junkerskopf, z. Th. von Burghasungen.
Der Augit tritt entsprechend zurück. Handstücke vom Burghasungener
Basalt lehren, dass dasselbe Vorkommen beträchtliche Sehwankungen
des Glasgehaltes zeigt. Obwohl zwei Handstücke dieht nebeneinander
geschlagen wurden, erwies sich das eine glasreieher als das andere.
Bei den meisten Vorkommnissen halten sich Glas und Grundmassen-
augit ungefähr das Gleichgewicht. Glasarm und entsprechend augit-
reich sind die Limburgite der Klippen östlich der Hattenburg, vom
Escheberge, Bocksgeil und besonders vom Hahn. Das glasreichste
Gestein, das vom Schreekenberg, besitzt den am tiefsten braun ge-
färbten Glasgrund. Dureh die Augitausscheidung, Vergrösserung und
Neubildung von Magnetit und Ilmenit scheint das Glas sich von den
färbenden Bestandtheilen mehr und mehr zu reinigen. Indess führt
der augitreiche Basalt vom Hahn auch noch Glasstellen, die merklich
braun gefärbt sind. Mit dieser Entfärbung stehen die hellen Krystalli-
1022 Sitzung der phys. -math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
sationshöfe im Zusammenhang, die sich um Magnetit, Ilmenit (auch
um Stäbchen und Margariten) und Augit sebr deutlich, besonders in
den dunkleren Gesteinsgläsern finden. Sie beweisen, dass die Bildung
bez. Vergrösserung dieser Mineralien bis zu dem Augenblicke dauerte,
als die Erstarrung letztere in ihrem Krystallisationsprocess gewisser-
maassen überraschte und so denselben, ihn mitten in vollster Thätig-
keit unterbrechend, dem Beschauer zum Studium überlieferte.
Die Vertheilung des Glases ist meist eine gleichmässige. Es
bildet dann den Untergrund, in dem die anderen Bestandtheile ein-
gebettet sind. Im Gegensatz hierzu kommen, besonders ausgeprägt
im Gestein von Burghasungen, minder charakteristisch in denen vom
Häuschenberg, Rohrberg und anderen, teichartige, rundliche, läng-
liche, auch kanalförmig gewundene Glasanhäufungen vor, die im
Mittel vielleicht o"”1o lang und entsprechend breit sind, aber auch
in der Ausdehnung von o”"yo zur Beobachtung gelangten. Ihr Rand
ist nicht gerade scharf, da besonders die Grundmassenaugitchen sich
über denselben hinüberlegen.
Im Gestein von Burghasungen ist eine perlitische Absonderung
angedeutet, die in dem vom Schreckenberg zu deutlicher Entwickelung
gekommen ist.
Über die Globuliten und Margariten ist bei Besprechung des
Ilmenits berichtet. Sehr zierlich erscheinen dieselben in den Limbur-
giten vom Maderstein, Junkerskopf und manchen anderen Punkten,
während sie in denen vom Blumenstein, Burghasungen, Nänkel und
Rohrberg stark zurücktreten oder fehlen. Ihre Vertheilung im Dünn-
schliff ist häufig eine ungleichmässige, in so fern als sie z. B. im
Gestein vom Schweinsbusch in fleckenförmigen Anhäufungen erschei-
nen, bei anderen (z. B. Rosenberg) wie ein Filz um andere Minerale
sich legen. |
Im Glase liegen ferner die erwähnten, mikrolithischen Augite,
ihre abgebrochenen Spitzchen sowie moosförmig vereinigte Nädelchen,
die man wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Spitzen und Zacken der
Augitskelette vielleicht für augitisches Material zu halten hat.
Bezüglich der chemischen Natur des Gesteinsglases ist von In-
teresse, dass gelindes Ätzen mit verdünnter Salzsäure das braune
Glas angreift. Bei Behandlung des geätzten Schliffes mit Fuchsin-
lösung färben sich die glasigen Stellen sehr deutlich. Ein Schliff
von Burghasungener Basalt wurde mit concentrirter Säure behandelt.
Das Glas verschwand allgemach, indem die Glasbuchten zuerst in
Glasscherben zerfielen und schliesslich verschwanden. Jedenfalls ging
der Säureangriff von den perlitischen Sprüngen aus.
Rınsc: Über Limbureite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1023
Dureh Verwitterung entstandene Minerale. Es ist zunächst
Serpentin zu erwähnen, der in den bekannten, oft beschrie-
benen Blättehen und Fäserchen als Umwandlungsproduet des Olivins
an und in den Krystallen des letzteren auftritt sowie auch in ge-
sonderten Buchten und Spalten (z. B. Hahn) erscheint.
Zeolithe kleiden in einzelnen Gesteinen (z. B. Nänkel, Steinberg)
mikroskopische Hohlräume aus. Im Gestein vom Nänkel besitzen sie
'adialstrahliges Gefüge und lassen im polarisirten Lichte ein positives
Interferenzkreuz und schwache Doppelbrechung wahrnehmen. Es
dürften hier Natrolithe vorliegen.
Kalkspath ist in einzelnen Gesteinen (Eekenstein, Schweins-
busch, Rosenberg, Steinberg) in beträchtlichen Mengen enthalten. Er
füllt rundliche und unregelmässige Hohlräume. In Schliffen des Lim-
burgites vom Rosenberg kann man Pseudomorphosen nach Olivin sowie
tadellose Berrrann’sche Interferenzkreuze des Kalkspathes wahrnehmen.
Unerkanntes Mineral. Besonders in dem bräunlichen Krystal-
litenfilz einiger Gesteine (z. B. Hahn) kommen nicht gerade selten
klare, durchschnittlich vielleicht o""o3 lange und 0"""007 breite, hexa-
gonale Säulchen vor, die mit Nephelin schwache Breehung und Doppel-
brechung gemein haben, indess, auch im Gegensatz zu Apatit, posi-
tive Doppelbrechung besitzen.
Einschlüsse.
‚ Sandstein. Einen prachtvollen Sandsteineinschluss konnte ich
in dem Steinbruch auf dem Steinberge sammeln, dessen Basalt Muschel-
kalk durcehbrieht und den Sandstein jedenfalls aus Buntsandstein-
schichten heraufbefördert hat. Es ist ein handgrosses Stück weiss-
lichgelben Gesteins, in das seitlich ein Basalterguss stattgefunden hat,
und dessen mittlerer Theil eine weisse, dichte, porcellanartige Masse
darstellt. Dieser mittlere Theil ist von Basalt schalig umgeben, und
in ihn hinein erstrecken sich zahlreiche, gröbere und feinere, unregel-
mässig verlaufende Spalten, die mit Basaltglas erfüllt sind. Auf der
Oberfläche hebt sich das Glas in schwarzer, aderförmiger Zeichnung
von dem weissen, porcellanartigen Untergrunde, besonders beim Be-
feuchten des Stückes, scharf ab. Die Spalten werden an ihren Enden
häufig äusserst fein; indess in die dünnsten Spitzen erstreckt sich
das Glas, wie die Dünnschliffe lehren. Es spricht dies deutlich für
eine leichte Beweglichkeit und grosse Dünnflüssigkeit des basaltischen
Magmas.
In den feinen Plättchen der Dünnschliffe scheinen die Glasadern
z. Th. nur bräunlich durch; die meisten besitzen einen violett braunen
Ton; verschiedene sind wasserhell. Die Farbenaufhellung wird die
Folge der Beimischung des fremden, aufgelösten Materials zu der
1024 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
braunen Glasmasse des Limburgits sein. In den Glaszügen liegen
allerlei trichitische Bildungen, dunkle Erztheilehen in Gestalt von
Körnehen und Strichen sowie Augitmikrolithen. In dem braunen
Glase fallen die dunklen Ausscheidungen durch schöne, helle Krystal-
lisationshöfe auf. Letztere finden sich auch um die Grundmassen-
augite, die mit dem Gesteinsergusse in die feinen Spalten des Ein-
schlusses gelangt sind.
Einige weitere Erscheinungen entzogen sich bislang einer end-
gültigen Bestimmung. Feine nadelförmige Krystalle, die an einzelnen
Stellen in beträchtlicher Anzahl im Glase sich vorfinden, haben Eigen-
schaften der Apatite. Sie scheinen hell durch, polarisiren meist in
graublauen, seltener höheren Tönen, ihre Längsrichtung ist Axe
grösster Elastieität in optischer Hinsicht; parallel letzterer schwingende
Strahlen werden stärker absorbirt als senkreeht dazu vibrirende. Die
porzellanartige Masse des Einschlusses scheint bläulich weiss durch.
Der an die Glasadern stossende Saum besteht aus hellerer Substanz,
die zuweilen reetanguläre, geradeaus löschende Täfelchen (Wollas-
tonit?) als äussersten Saum erkennen lässt. Derselben Substanz
scheinen zerstreute, weissliche, länglich viereckige und seehsseitige
Durchsehnitte anzugehören, von denen erstere orientirt auslöschen,
letztere eine Feldertheilung (Zwillingsbildung?) erkennen lassen.
Wo Quarze des Sandsteins im Schliffe erscheinen, bilden sie ver-
rundete Durchschnitte, deren schmale Zwischenräume hauptsächlich
Grundmassenaugite und Glas einnehmen. Augitsäume fehlen. Wahr-
scheinliceh war die Menge des den Quarz angreifenden Basaltmagmas
zu gering und die Zeit der Einwirkung zu kurz, als dass eine erfolg-
reiche Auflösung stattfinden konnte.
Graniteinschlüsse führt der Limburgit vom Häuschenberg.
Einsehlüsse von Quarz. Die bekannten, in Basalten reeht
verbreiteten Augitaugen hat man wohl in vielen Fällen als eoncretio-
näre Bildungen aufzufassen, zumal dann, wenn die Kryställchen mit
den Augiten der &rundmasse übereinstimmen. Solche Augitaugen
sind den vorliegenden Gesteinen zwar nicht fremd, kommen aber
dennoch spärlicher vor als eine zweite Art, die der theilweisen oder
gänzlichen Einschmelzung von Quarzeinschküssen ihr Dasein verdankt.
Obwohl diese Verhältnisse nieht neu sind, verdienen die in Rede
stehenden Gebilde wegen der grossen Schönheit und Mannigfaltigkeit
ihrer Entwiekelung eine kurze Besprechung. Ich. habe sie besonders
verbreitet in den Limburgiten aus dem Weissholz, vom Desenberg,
Häusehenberg, Hahn und Lotterberg gefunden. Ihr Augit ist 'ein
weit hellerer als der der Grundmasse und erscheint im Dünnsehliff
klar durehsiehtig. In demselben Auge kommt er gewöhnlich in zwei
Rınne: Über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 1025
Ausbildungsformen vor. Die einen, es sind die an Zahl und Masse
vorwaltenden, haben die gewöhnliche Form der Augite und sind in
Folge ihrer Klarheit durch Heben und Senken des Tubus als Com-
binationen von © P& (010); © P (110); © PX (100); P(iı1ı) zu
erkennen. Mit grosser Schärfe tritt oft ihre prismatische Spaltbarkeit
heraus. Die anderen bilden lange Nadeln, deren Enden öfters Gabelung
erkennen lassen, welch’ letztere im Übrigen auch den ersterwähnten
Augiten hin und wieder zukommt. Beiderlei Arten haben fernerhin
verhältnissmässig grosse Einschlüsse, die man nach der Breite ihres
Totalreflexionsrandes für Glaseinschlüsse halten darf. Höchst zierlich
sind letztere in den Nadeln zuweilen zu fünf und mehr hintereinander
perlschnurartig gereiht. Dass beide Augitformen nur durch ihre Form
unterchieden sind, zeigt die ihnen gemeinsame Auslöschungsschiefe
von 30°— 35°. Häufig fehlt jede Spur eines unveränderten Restes
des Einschlusses, der die Bildung dieser Augitaugen veranlasste. Man
hat dann entweder den Anblick eines Häufehens wirr durcheinander
liegender klarer Augite oder, und das ist der häufigere Fall, es um-
schliessen letztere als ovaler, kreisrunder oder unregelmässiger Kranz
einen durchsichtigen Glashof, in dessen Inneres die einzelnen Kryställ-
chen sich frei und lang erstrecken, ganz ähnlich den Krystallstrahlen,
die im Tiegel geschmolzener Sehwefel von den Tiegelwänden ausschickt.
Das klare Glas verhält sich vollkommen isotrop. Es widersteht
der Einwirkung verdünnter Salzsäure. Nicht selten hat sich an-
scheinend das basaltische Magma mit der vom Einschluss abge-
schmolzenen, helleren Masse vermischt. In solchen Fällen besitzt
das im Innern des Augitkranzes befindliche Glas einen mehr oder
weniger dunkel violettbraunen Ton und lässt nicht selten schlierige
Struetur erkennen. Hellere und dunklere Glasmassen verfliessen in-
einander.
Schliesslich kommt es vor, dass ein Glas den farblosen Augit-
kranz erfüllt, das sich in der Farbe nicht mehr vom Gesteinsglase
unterscheiden lässt. Der zierliche Kranz farbloser Augite ist dann
der einzige Zeuge für die ehemalige Gegenwart eines Einschlusses.
Während die letzt beschriebene Erscheinung das eine Extrem
des Einschmelzungsprocesses vorführt, stellt sich das andere so dar,
dass um den verrundeten Einschluss nur ein schmaler Glassaum sich
vorfindet, in den von aussen her der Augitkranz seine Krystallstrahlen
hineinschiekt. Im Limburgit vom Häuschenberg konnte beobachtet
werden, wie um den Einschluss zunächst eine wellig schalige Zone
gelblicher Substanz sich gelegt hatte, die zwar bei gekreuzten Nicols
nicht aufhellte, in Folge ihrer deutlichen Structur indess nicht als
Glas angesehen werden kann.
1026 Sitzung der phys.- math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
Wo Reste der Einschlüsse zur Beobachtung gelangten, erwiesen
sie sich als Quarz. Ob noch andere Mineralien in dem Glase unter-
gegangen sind, kann nicht festgestellt werden.
Die Gegenwart von Einschlüssen ist nicht ohne Einwirkung auf
die Struetur des Basaltes gewesen, zu dem das Magma in ihrer Um-
gebung erstarrt ist. Besonders da, wo eine Anhäufung mehrerer
Augitaugen auf kleinem Raume stattgefunden hat, ist ein starkes
Anwachsen des Glases zu beobachten, in welchem die einzelnen Ge-
mengtheile einzeln und frei gewissermaassen schwimmen. Solche
Schliffstellen gewähren einen ungemein schönen Anblick, zumal da
in den in Rede stehenden Gesteinen ein braunes Glas den vortheilhaft
contrastirenden Untergrund für die helleren Gemengtheile bildet. Mit
der Glasanhäufung Hand in Hand pflegt die Ausbildung zierlichster
Eisenerzskelette zu gehen, die den Reiz der Erscheinung erhöhen.
Eine Analyse des Limburgites vom Hahn bei Holzhausen wurde
von Hrn. stud. Herp unter der Leitung des Hrn. Prof. P. Jannasch
im chemischen Laboratorium der Universität Göttingen ausgeführt.
Sie ergab folgendes Resultat:
SiO, 42.06
TiO, 1.93
RnI 20,88
ABO 12278
Be702.67
FeO 7.89
CAOFNT.29
MsO 11.47
N20"'* 5:76
EM oT
S 0.09
OMA,
186,40) 3.08
100.05
Spuren von Sr und Cl.
Unter X sind seltenere Erden zu verstehen, deren Natur noch
nicht erkannt werden konnte.
Spec. Gew. — 2.968.
1027
Über Gismondin vom Hohenberg bei Bühne
in Westfalen.
Von Dr. F. Rınne
in Berlin.
Vorseleet von Hrn. Kreın am 31. October [s. oben S. 865].)
( seleg
Die Kentniss der geometrischen und physikalischen Eigenschaften des-
Gismondins ist trotz mannigfacher Untersuchungen über diese Mineral-
art noch nicht umfassend genug, als dass mit Sicherheit das Krystall-
system dieses Zeolithes entschieden werden könnte. Die Unzulänglichkeit
dieser Kenntniss liegt in der ungünstigen Ausbildungsart der Krystalle
begründet, die weder für das Studium am Goniometer noch für system-
bestimmende optische Untersuchungen tauglich erscheinen. Zuver-
lässige Winkelmessungen werden durch Flächenstreifung und nicht
genau parallele Aneinanderreihung der zum Krystallstock vereinigten
Individuen verhindert und physikalische Untersuchungen durch die
geringe Grösse der zierlichen Krystalle und den krummen Verlauf der
die angeschliffene Fläche begrenzenden Kanten erschwert. Und so
kam Des-Croizeaux,' in Anbetracht des, durch den unregelmässigen
Aufbau der Gismondine hervorgerufenen Wechsels in den optischen
Verhältnissen zu dem negativen Resultat: »_Les variations que je viens
d’enumerer ofrent une telle irreqularite que, comme je Vai dit dans ma
premiere note, elles ne s’accordent pas mieux avec U’hypothese d’une forme
Irielinigue qu’avec celle d’une forme rhombique ou elinorhombique.«
Die Seltenheit des Gismondins war ein weiterer Umstand, der
von der Bearbeitung des Minerals abhielt.
Es war mir deshalb von besonderem Interesse am Hohenberg
(Hamberg) bei Bühne in Westfalen ein ausserordentlich reiches Gismon-
dinvorkommen zu finden, das Krystalle von stattlicher Grösse und
günstiger Ausbildung liefert. Der Fundpunkt befindet sieh am Ost-
rande der grossen Keuperplatte, welche westlich der Weser zwischen
Diemel und Nethe sich ausbreitet, und in deren Mitte das Städtchen
! Bulletin de la Societe Mineralogique de France Bd, VII, p. 137. 1884.
1028 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
Borgentreich liegt. In ungefähr ı'/, Stunden ist der Hohenberg von
der Station Hümme der Eisenbahn zwischen Cassel und Carlshafen
bequem zu erreichen.
Die Krystalle finden sich in Drusenräumen eines Nephelinbasaltes.
Reger Steinbruchsbetrieb fördert ständig neues Material zu Tage, und
da weit umher der Basalt als Chausseeschotter benutzt wird, so kann
man von den Steinhaufen an den Wegen sowie im Steinbruch selbst
reichlich das seltene Mineral sammeln.
Gleich dem Gismondin kommen in den Drusenräumen des Basaltes
vor: Phillipsit, Chabasit, Natrolith, Nephelin, Melilith, Augit, Aragonit
und Kalkspath. Es ist bemerkenswerth, dass der Gismondin gern für
sich allein, ohne begleitende zeolithische Minerale, dem Basalte aufsitzt.
Die Krystalle bieten eine beim ersten Anblick oktaädrisch er-
scheinende Form dar; indess lehrt eine kurze Betrachtung die Un-
.„gleichmässigkeit der Kantenwinkel und die grosse Annäherung der
Krystalle an die Gestalt einer tetragonalen Pyramide mit etwa 90-gradi-
gcm Randkantenwinkel.' Die Länge der Randkante erreicht zuweilen
die für Gismondin recht stattliche Dimension von gut 3/,"”. Meist
ist das Maass der Krystalle indess geringer. Im Durchschnitt mögen
gross sein. Selten sind sie rundum fast vollständig bis auf eine
sie gem
geringe Ansatztläche ausgebildet. Für gewöhnlich ragen nur vierflächige
Ecken aus dem Untergrunde hervor, da die zu Krusten vereinigten
Krystalle sich gegenseitig in der Formentwickelung gehemmt haben.
Die Flächen sind häufig mit einer Streifung versehen, die parallel
einem Schenkel der dreieckigen Begrenzungsflächen verläuft. Ferner
macht sich schon bei einer kurzen Betrachtung bemerkbar, dass die
meisten Krystalle aus nicht genau parallel gestellten Theilen aufgebaut
sind, ein Umstand, der die Flächen mehr oder weniger sattelförmig
gekrümmt und die Kanten gebogen erscheinen lässt.
Während diese Beschaffenheit vieler Krystalle nicht nur gonio-
metrischeri sondern auch optischen Untersuchungen störend im Wege
steht, werden letztere durch die Klarheit der Mehrzahl der Krystalle
begünstigt. Der Glanz der unveränderten Substanz ist ein sehr hoher
und kräftiger. Einzelne Stufen sind mit einer weisslichen Hülle
bedeckt, welehe die unter ihr noch frischen Krystalle überlagert.
Zuweilen dringt diese bolartige Masse” weiter in’s Innere des Gis-
! Als »scheinbar tetragonale Pyramide« ist die Krystallform auch in der folgenden
Beschreibung der optischen Verhältnisse bezeichnet, um verwickelte Ausdrücke zu ver-
meiden, und zwar ist die Gestalt bei dieser Benennung als Deuteropyramide Px (101)
gedacht.
® Auch Prof. A. SrrenG beschreibt derartige Pseudomorphosen beim Gismondin
vom Schiffenberg bei Giessen im Neuen Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1874. S. 586.
Rınse: Über Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. 1029
mondins, der dann hin und wieder auf den Bruchflächen ein recht-
winkliges System unangegriffener, klarer Lamellen zeigt, dessen Ebenen
durch die Kanten der scheinbar tetragonalen Pyramide gehen.
Die optische Untersuchung deckt den im Gegensatz zur
äusseren Form der Krystalle minder einfachen, inneren Aufbau auf.
Allgemein ist zu bemerken, dass nur in verhältnissmässig wenigen
Fällen scharf geradlinig verlaufende Kanten bestimmte, krystallo-
graphische Richtungen abgeben, auf welche die Auslöschung bezogen
werden kann, dass ferner im Falle einer Aneinanderreihung der Krystall-
theile mit nicht genau parallelen Axen fleckige und wellige Aus-
löschung hervorgerufen wird.
Die optische Untersuchung führt zunächst zu dem Resultat:
ı. dass dem Gismondin das monokline System zukomnit;
2. dass der Aufbau der Krystalle folgender ist (vergl. Fig. ı.):
a) Die scheinbar tetragonale Pyramide P& (101) zerfällt in zwei
Fig. 1. Hälften, von denen die eine durch die von
vorn nach hinten verlaufenden Flächen
ı,2,3 und 4 und die andere durch die von
links nach rechts verlaufenden Flächen
5,6, zund 8 begrenzt wird. — Die erstere
Hälfte ist in normaler Stellung mit nach
vorn gerichteter «-Axe (Kante 2:3) ge-
zeichnet. Man erkennt, dass ihren sämmt-
lichen Flächen das Zeichen Px (oıı) zu-
kommt. Die andere Hälfte des Krystalls
durehkreuzt die erstere fast rechtwinklig; ihre Axe @ (Kante 5 : 8)
verläuft in der Zeichnung von links nach rechts. Diese Krystall-
hälfte wendet somit gleichfalls nur P& (oıı)-tlächen nach
aussen und steht mit der ersteren Hälfte in Zwillingsstellung
nach dem fast rechtwinkligen Prisma & P (110).
b) Jede dieser beiden Hälften stellt bereits einen Zwilling dar,
insofern als die ganze obere Hälfte des Kıystalls zur unteren
in Zwillingsstellung nach der Basis sich befindet.
Zusammenfassend kann man also den Aufbau der Kry-
stalle wie folgt ausdrücken:
» Zwei Zwillinge nach oP(oo ı) durehkreuzen sich nach© P(1 10)«.
ı. Schliffe nach den Flächen der scheinbar tetragonalen
Pyramide Poo(ıoı).
Dieselben sind von allen Schliffen am leichtesten und genauesten
zu erlangen, da die betreffenden Kryställchen, auf eine dieser Flächen
gelegt, nur dünn geschliffen zu werden brauchen. Bei scharfer Be-
grenzung zeigen die dreieckigen Plättchen, dass eine Auslöschungs-
1030 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
richtung um etwa 5° deutlich von der Dreiecksbasis abweicht. Diese
Richtung besitzt optisch positiven Charakter." Da sämmtliche, zu
Gebote stehenden Schliffe letztere Orientirung aufweisen, so trägt
dies zum Beweis dafür bei, dass die Kryställchen in der That rundum
gleichartige Flächen nach aussen kehren.
Bei der Betrachtung mit dem Gypsblättehen vom Roth ı. Ord-
nung treten nun ferner bei einer’Anzahl von Schliffen an einen oder
beide Schenkel der dreieckigen Schlifflläche angelagerte, streifenförmige
Partien auf, die sich dadurch auszeichnen, dass die letzterwähnte,
ungefähr der Dreiecksbasis entsprechende Riehtung optisch negativen
Charakters ist. Vergl. Fig. 2. Die seitlichen Zonen zeigen den höhe-
Fig. 2. ren Polarisationston, wenn der Haupttheil des
Schliffes den niedrigeren aufweist und umge-
kehrt. — Die Erklärung dieser Erscheinung ist
einfach. Die erwähnten Streifen sind Ortho-
domenflächen, welehe sich in Folge der fast
genau rechtwinkligen Durchkreuzung der Zwil-
linge nach © P (110) auf die Klinodomenflächen
des Zwillingsindividuums legen. Ohne Zuhülfenahme des Gypsblätt-
chens ist diese interessante Erscheinung nicht so hervortretend, ob-
wohl natürlich auch dann der Unterschied der Auslöschungsrichtungen
auf den orientirt zur Projeetion der Axe b auslöschenden Orthodomen-
flächen und den unter etwa 5° Schiefe auslöschenden Klinodomen-
flächen sie erkennen lässt.
Im convergenten, polarisirten Lichte erblickt man auf den in
Rede stehenden Flächen ein Kurvensystem von der Art, wie sie auf
Sehliffen erscheint, die erheblich von der zu einer Mittellinie senk-
rechten Lage abweichen, die aber in der Zone der anderen Mittel-
linie liegen.
Eine starke Annäherung an die Verhältnisse des rhombischen
Systems ist mithin in den Erscheinungen im parallelen sowie im
eonvergenten, polarisirten Liehte nieht zu verkennen.
2. Schliffe, welehe eine Polkante der scheinbar tetra-
gonalen Pyramide P& (101) gerade abstumpfen.
Die Zwillingsbildung nach &© P (110) tritt auf diesen Schliffen
deutlich heraus. Die Zwillingsgrenze zieht sich parallel den Com-
binationskanten des Schliffes zu den anliegenden Flächen der scheinbar
tetragonalen Pyramide durch die Platten. Die Auslöschungsrichtungen
! Die Platten zeigen bei eingeschobenem Gypsblättehen vom Roth ı. Ordnung
die höhere Polarisationsfarbe wenn die erwähnte Richtung mit der kleinsten Elasti-
eitätsaxe im Gypsblättchen zusammenfällt, die niedrigere in der dazu senkrechten Lage.
Rınse: Über Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. 1031
sind symmetrisch zu ihr orientirt. Eine Aulöschungsriehtung macht
den beträchtlichen Winkel von 40° mit der Zwillingsgrenze.
Unsymmetrisch zu den Begrenzungen gelegene Interferenzstreifen
im eonvergenten, polarisirten Liehte bezeugen die schiefe Lage des
Schliffes in Bezug auf die Ebene der optischen Axen.
3. Schliffe nach der Basis der scheinbar tetragonalen
Pyramide Po (ıoı).
Diese Schliffe sind auch parallel der Basis der monoklin aufge-
fassten Krystalle. Sie sind wie die unter 2. erwähnten recht geeignet
für die Aufdeckung der Zwillingsbildung nach & P(ıı10). Bei den
sorgsamen und auf zahlreiche Schliffe gestützten Untersuchungen von
Des-Crorzeaux' an den Krystallen von Capo di bove bei Rom und
aus dem Vogelsberg sowie von A. von Lasaurx” an solehen von Schlau-
roth bei Görlitz in Schlesien sind die, wechselnden Erscheinungen
der Schliffe dieser Lage gebührend gewürdigt worden.
Die Erscheinungen entsprechen folgendem Schema. Die viereckige
Platte zerfällt in vier durch die Diagonalen getrennte Felder, von
denen je zwei gegenüberliegende gleichzeitig und die anliegenden
mit einem Unterschiede von etwa 5° auslöschen. Es machen gsich auf
diesen Schliffen die Folgen der nicht parallelen Verwachsungen der
Krystalle besonders geltend, und Des-Crorzeaux betont mit Rücksicht
hierauf: »c’est surtout dans les nombreux groupements de eristaux a axes
imparfaitement paralleles qu’il faut chercher la cause principale a laquelle
sont dus la plupart des desaccords observes dans les extinctions«. Hierzu
kommt dann ohne Zweifel die technische Schwierigkeit, Flächen, die
eine Krystallecke gerade fortnehmen, an einem kleinen Krystalle her-
zustellen, eine Aufgabe, die jedenfalls schwieriger ist als die, eine
Kante gerade abzustumpfen oder parallel einer Fläche zu schleifen.
Da das Prisma, nach welchem der Gismondin verzwillingt ist,
nicht 90-gradig ist, so gestaltet sich der Umriss der Schliffe nach
oP(ooı) nicht zu einem genauen Rechteck; die b-Axen der zum
Zwilling vereinigten Individuen liegen nicht genau senkrecht zu ein-
ander, und es steht somit das geringe Auseinanderfallen der Aus-
löschungsrichtungen in den benachbarten. Sectoren der Platten im
vollen Einklange mit den obigen Annahmen.
Die Prüfung mit dem Gypsblättchen ergibt, dass sämmtliche
vier Randkanten optisch positiven Charakters sind, ganz entsprechend
der Gleichartigkeit der den Schliff begrenzenden P & (o1ı)-Flächen.
* Bulletin de la Soeiete Mineralogique de France. Bd. VI, S. 301. ı883 und
Bd. VII, S.ı35. 1884.
® Zeitschrift für Krystallographie u. s. w. Bd. IV, S. 172. 1880.
Sitzungsberichte 1889. 91
1032 _ Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oet.
Die Erscheinung im convergenten, polarisirten Lichte ist eine
solche, wie sie um die optische Normale zweiaxiger Krystalle auftritt.
Auf dieses Verhalten möge hier besonders hingewiesen sein im Hin-
blick auf die vollständige Umwälzung der optischen Eigenschaften
beim Erwärmen der Gismondinkrystalle.
4. Schliffe nach © P(110) der scheinbar tetragonalen
Pyramide Po(ıoı).
' Während die unter ı, 2 und 3 beschriebenen Schliffe nur die
Zwillingsbildung nach © P (110) aufdecken, lassen diese Platten deut-
liehst die zwillingsmässige Verwachsung der oberen und unteren Hälfte
des Krystalls nach der Basisfläche erkennen. Zugleich drücken sie
auch die Zwillingsbildlung nach © P(110) nochmals aus und sind
insofern recht charakteristisch.
Die Schnitte haben die Gestalt von Rhomben mit seitlichen spitzen
Winkeln. Sie zerfallen in vier Seetoren, welche durch die Diagonalen
der Schlifffläche getrennt sind. Wenngleich diese Grenzen recht scharf
erscheinen, so ist doch die Auslöschung auf den Platten keine praeecise.
Die Blättehen erscheinen im parallelen, polarisirten Lichte wie Schnitte
senkrecht zu einer optischen Axe eines zweiaxigen Krystalls. Das in
ein Instrument mit eonvergentem, polarisirten Lichte umgewandelte
Mikroskop bezeugt, dass in der That in allen vier Feldern eine
optische Axe fast senkrecht austritt.
5. Sehliffe nach o Po (100) der scheinbar tetragonalen
Pyramide Poo (101).
Dieselben stumpfen eine Randkante der Krystalle ab. Die Be-
trachtung der Fig.ı ergibt, dass solche Schliffe nach oo Po (010)
der beiden nach o P (001) verzwillingten, über einander liegenden
Individuen gehen. Durch die gerade Abstumpfung der horizontalen
Kante werden aber gleichfalls die an-
liegenden, auch nach o P(ooı) verzwil-
lingten Individuen durchsehnitten, zumal
wenn sich die Schliffläche dem Krystall-
inneren nähert. Da diese letzteren bei-
den Individuen gegenüber den beiden
ersteren um fast genau 90° gedreht
liegen, so trifft die Schlifffläche dieselben nieht nach co P & (010),
sondern fast genau nach © PX (100). Dieser Betrachtung entsprechen
die Schliffe vollkommen. Vergl. Fig.3. Die parallel oo P&x (100) ge-
sehnittenen Seitentheile löschen orientirt zur Längsrichtung des Schliffes
aus; die Zwillingsgrenze nach o P (oo1) setzt an ihnen ab. Die in
der Zeichnung von links nach rechts laufende Auslöschungsriehtung
ist negativen Charakters.
Fig. 3.
Rıynz: Über Gismondin vom Hohenberge bei Bühne in Westfalen. 1033
Die nach dem seitlichen Pinakoid getroffene, mittlere Partie zeigt
die Zwillingsgrenze nach der Basis. Die Auslöschungsschiefe zu dieser
Grenze ist so gering, dass der Unterschied von einer zur Zwillings-
grenze orientirten Lage wenig bemerkbar ist. Die in der Zeiehnung
von links nach rechts verlaufende Auslöschungsrichtung ist im Gegen-
satz zu der auf © P&(100) von positivem Öharakter.
Im eonvergenten, polarisirten Lichte tritt auf o Po(100) das
Interferenz - Öurvensystem um die positive, auf o P&(010) das um die
negative Mittellinie aus. Da beide Flächen im Schliffe vereinigt sind,
so hat man im vorliegenden Falle das seltene und die optische Unter-
suchung befördernde Verhältniss vor sich, mit einem Schliffe zugleich
senkrecht zur ersten und zur zweiten Mittellinie geschnitten zu haben.
Das Grössenverhältniss der nach © P®&(100) getroffenen, seit-
lichen Theile des Schliffes zu den mittleren, parallel oo Po (010)
geschnittenen Partien verändert sich mit der Lage des Schliffes. Peri-
phere Schnitte lassen erstere, centrale letztere zurücktreten.
Die scheinbaren Winkel der optischen Axen wurden um beide
Mittellinien in Olivenöl gemessen.
Um die erste, mit der Axe b zusammenfallende, negative Mittel-
linie ergab sich:
" Erste Platte.
[e
Ha= 86° 58’ für Li-Licht,
87° 34° für Na-Licht,
88° 10’ für Tl-Licht.
Zweite Platte. 2Ha= 87° 52’ für Na-Licht.
p<v.
Um die zweite, mit der Axe @ zusammenfallende, positive Mittel-
linie fand sich:
2Ho = 104° ıı' für Li-Licht,
103° 38 für Na-Licht,
102° 54’ für Tl-Licht.
p>v.
Der wahre, innere Winkel der optischen Axen im Krystall ist
hiernach:
2Va = 82° 1118” für Li-Licht,
82°42’44” für Na-Licht,
83° 18°40” für TI-Licht.
Der mittlere Brechungsexponent findet sich zu:
ß= 1.5348 für Li-Licht,
1.5385 für Na-Licht,
1.5409 für Tl-Licht.
Bezüglich der Prüfung auf eine Dispersion der Ebenen der optischen
Axen kann ich die Angaben von Drs-Crorzraux auch auf das vor-
1034 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov.
liegende Vorkommen erweitern: deutliche gekreuzte oder horizontale
Dispersion waren nieht wahrzunehmen.
Im Vorhergehenden ist über die optischen Venkare des Gis-
mondins vom Hohenberg berichtet worden, wie sie in der weitaus
grössten Mehrzahl der Krystalle vorliegen. Modificationen in der Er-
scheinung mögen, soweit sie mir von Belang zu sein scheinen, an
dieser Stelle erwähnt werden.
In selteneren Fällen zeigen Schliffe nach o P(ooı), dass keine
vollständige Durchkreuzung nach © P (110) vorliegt, vielmehr nur
der einen Seite des Schliffes ein dreieckiger Sector sich anlegt, der
zu dem Haupttheil des Schliffes in Zwillingsstellung nach & P(110)
sich befindet. Es kamen sogar Schliffe zur Beobachtung, welche diese
Zwillingsbildung ganz vermissen liessen.
Auch die Zwillingsbildung nach o P (ooı) zeigten einige zur
Basis senkrechte Schliffe nicht.
In der grossen Mehrzahl der Fälle entsprechen aber die Krystalle
dem weiter oben ausführlich beschriebenen Aufbau.
Verhalten der Gismondinkrystalle beim Erwärmen.
Die Gismondinschliffe müssen, um brauchbar zu sein, recht dünn
gefertigt werden, da die Zwillingsgrenzen, besonders die nach o P(oo1ı),
erst bei sehr grosser Feinheit der Schliffe deutlich hervortreten. Es
ist nun nicht leicht, solche dünne Schliffe unversehrt aus dem Kitt
auf dem Objeetträger herauszupraepariren, um sie der Erwärmung
in einer Heizvorrichtung auszusetzen. Ich zog es deshalb vor, sie
vorsichtig unter Deckglas im Canadabalsam zu erhitzen. Man hat
dabei den Vortheil, dass die Plättehen nach dem Erhitzen noch ein-
gebettet unter Deckglas liegen, erneutes Einlegen mithin unnöthig
ist, eine Operation, die bei den erhitzten und durch den erfolgten
Wasserverlust sehr zerbrechlichen Gismondinschliffen schwierig sein
würde. Beobachtung in Flüssigkeiten (Canadabalsam, auch ÖD ist bei
den erhitzten Schliffen deshalb angebracht, weil dieselben an der Luft
trübe erscheinen bez. werden. Die trüben werden durch den durch-
tränkenden Balsam wieder aufgehellt.
Es sei hier an den bemerkenswerthen Umstand erinnert, dass
die Gismondinkrystalle zu Folge ihrer Zwillingsbildung in ihrer äusseren
Form ganz wie rhombische Pyramiden erscheinen, da sie acht gleich-
werthige Poo(o1ro)-Flächen nach aussen wenden.
Die Umwandlung der Gismondinkrystalle beim Erwärmen voll-
zieht sich nun so, dass in der That die Substanz durch den Wasser-
Rınne: Über Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. 1035
verlust in das rhombische System übergeht und die Aussenflächen
den gleichartigen Charakter der acht Flächen annehmen, welche eine
rhombische Pyramide umschliessen. Die Krystalle werden also zu
‚dem, was sie unter gewöhnlichen Umständen darzustellen scheinen.
Die Verschiedenheiten in der Auslöschung, welche durch den
Zwillingsaufbau bedingt waren, hören auf; die Krystalle stellen ein-
heitliche, rhombische Pyramiden dar.
Die Veränderungen der optischen Eigenschaften sind sehr be-
deutende. Während vor der Erhitzung die optischen Axen im basischen
Hauptschnitte lagen, ist nunmehr die Axe c erste Mittellinie. Die
Ebene der optischen Axen geht einer der Diagonalen auf der an-
geschliffenen Basis parallel.
Die Veränderungen, welche die einzelnen Schliffe erleiden, er-
geben sich aus dem Obigen von selbst. Von besonderem Interesse
sind diejenigen P&(o1ı1)-Schliffe, auf denen seitlich, an den Schenkeln
der dreieckigen Fläche, Orthodomenflächen auftreten (vergl. Fig. 2).
Letztere heben sich bei Anwendung des Gypsblättehens leicht von
dem grösseren, nach P&®(oıı) getroffenen Felde ab, da sie ihre
höheren Polarisationstöne zeigen, wenn letzteres die niedrigeren auf-
weist und umgekehrt. Nach dem Erhitzen ist dieser auffällige Gegen-
satz verschwunden. Der früher aus zwei oder drei verschiedenen
Flächen zusammengesetzte Schnitt ist eine einheitliche Platte nach
einer Fläche der rhombischen Pyramide geworden.
Die Basisfläche lässt nach dem Erhitzen den centrischen Austritt
der optischen Axen um die erste Mittellinie erkennen. Der schein-
bare Winkel der optischen Axen beträgt, in Olivenöl gemessen:
2 Ha 242 57 für) TI- Licht.
p>v.
Die Doppelbrechung um diese Mittellinie ist schwach und negativ.
Nicht ohne Interesse ist es, die geringe Grösse des Winkels der
optischen Axen zu bemerken, insofern als dieses Verhältniss eine An-
näherung an die optische Einaxigkeit ausdrückt und andererseits eine
grosse Ähnlichkeit der Gismondinkrystalle in ihrer äusseren Form an
die eines tetragonalen Minerals gleichfalls unverkennbar ist.
Die Versuche, die Gismondinsubstanz durch Erwärmen in eine
wasserärmere, rhombische überzuführen, gelingen verhältnissmässig
leicht. Unregelmässigkeiten stellen sich ein, wenn die Krystalle aus
allzu verschieden orientirten Theilen aufgebaut sind, deren Axen dann
weder vor noch nach der Erhitzung parallel liegen, sodass strahlig
angeordnete Interferenz-Farbenstreifen entstehen, oder wenn die Er-
hitzung zu gewaltsam geschieht.
Sitzungsberichte 1889. 92
1036 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. Nov. — Mittheilung v. 31. Oct.
Nach dem Erhitzen ist die Substanz leicht zerbrechlich. Indess
halten sich die erhitzten Schliffe mit ihren charakteristischen Eigen-
schaften, wenn sie allseitig von Canadabalsam luftdicht umgeben sind.
Im anderen Falle zerbröckeln sie leicht zu einem weisslichen Pulver.
Die beschriebenen Erscheinungen erinnern recht sehr an die,
welche vom Heulandit!' und auch Brewsterit” bekannt sind. Auch
diese monoklinen Minerale nähern sich in ihrer Form recht sehr rhom-
bischen Combinationen und gehen in das rhombische System über,
wenn sie durch Hitzewirkung einen Theil ihres Wassers verloren
haben. °
! F. Rınne, Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1887, Bd. II. S. 25.
® W. Krem, Zeitschrift für Krystallographie u. s. w. Bd. IX, S. 38. 1884.
Ausgegeben am 21. November.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
1037
1889.
XLVI.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
21. November. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Auwers.
1. Hr. Munk las: Sehsphäre und Augenbewegungen, nach
gemeinschaftlich mit Hrn. Dr. Osreeıa aus Bukarest ausgeführten Ver-
suchen.
2. Hr. Brunser machte die umstehend folgende Mittheilung über
das Duodeeimalsystem in den Busszahlen der deutschen
Volksrechte.
Sitzungsberichte 1889. 93
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Julie em 4 ur
1039
Duodeeimalsystem und Decimalsystem
in den Busszahlen der fränkischen Volksrechte.
Von HemricH BRUNNER.
h den germanischen Volksrechten findet sich bekanntlich eine kaum
übersehbare Menge von Busszahlen. Die meisten Rechtsverletzungen
sind in bestimmten Bussen abgeschätzt, welche der Übelthäter als
Sühne seines Unrechts zu zahlen hat. Man hat sich redlich bemüht,
die verwirrende Mannigfältigkeit der Busszahlen in ein bestimmtes
System zu bringen, indem man die verschiedenen Busssätze auf eine
bestimmte Grundbusse zurückführte, deren Theilung oder Vervielfälti-
gung wenigstens die Mehrzahl der übrigen Bussen erklärt. Da hat
sich denn im allgemeinen das Ergebniss herausgestellt, dass die Buss-
systeme der meisten Stämme auf die Grundzahl zwölf zurückführen,”
während einige andere Stammesrechte die Grundbusse von zehn Solidi
! Von den Bussen, welche aus einer Theilung des Wergeldes hervorgingen, ist
hier abzusehen. Dass die Wergelder der dentschen Stämme des fränkischen Reiches
im Wesentlichen gleichartig sind, weil die scheinbaren Unterschiede nur auf einer
verschiedenartigen Berechnung des Friedensgeldes beruhen, habe ich, Deutsche Reichs-
geschichte I 225 f., ausgeführt. Zu den Bussen, die aus einer Theilung des Wergeldes
erklärt werden müssen, rechne ich auch die salische Busse von 62!/, Solidi, in dem
Hauptpunkte mit Wırpa, Strafrecht der Germanen S. 416 ff. übereinstimmend. Doch
kann ich an ein altes salisches Wergeld von ı25 Solidi nicht glauben, denke vielmehr,
dass jene Busse auf die Hälfte eines Wergeldes von 200 Solidi zurückgeht, welches
um ein Drittel, wahrscheinlich den Betrag der Magsühne, gekürzt worden war und
bei der Umrechnung in Denare auf 2500 Denare abgerundet worden ist. Vorläufig
möge man Lex Salica (Hessers) 29, 3 in Codex 6 und Emendata, ferner 29, 12; 13 in
Codex 6, Herorp und Emendata mit Aelfred 47 (siehe die Bemerkung R. Scammw’s),
7ı und Leges Henriei I. ce. 93, $ 31 vergleichen, wo für Auge, Hand und Fuss eine
Busse von 66 Schill. 61/, Pf. gesetzt ist. Dazu Wırna S.76ı fi. Näheres darüber
anderwärts. i
®? Nach Wırpa S. 363, dessen Ergebnisse ich hier nieht schlechthin vertreten
will, sondern einer Erörterung an anderem Orte vorbehalte, war zwölf die eigentliche
Busszahl bei den Alemannen, Baiern, Friesen, Sachsen und Burgundern und wohl
auch anfänglich bei den skandinavischen Völkern. Auch das altkentische Recht fällt
in diese Gruppe.
93%
1040 Gesammtsitzung vom 21. November.
aufweisen.‘ An Combinationen beider Systeme fehlt es nicht. So
beruhen die Wundbussen nach dem Rechte der Langobarden auf dem
Duodecimalsystem, während eine zahlreiche Gruppe anderer Bussen
sich auf dem Decimalsystem aufbaut.” Auch wenn die Zwölfzalıl
nicht allenthalben die ursprüngliche ist, wofür gewichtige Gründe
sprechen, so gehen doch wenigstens beide Systeme auf das ger-
manische Grosshundert (ags. hundtwelftig, altfränkisch (hunn)toalaftih,
friesisch tolftig”) zurück, indem von den zwei Faetoren des Gross-
hundert bei den meisten Stämmen die zwölf, bei anderen die zehn
als Einheit des Busssystems gewählt wurde.
Der angeführten Regel standen bisher die Busssysteme des sa-
lischen und des ribuarischen Volksrechtes als unerklärte Ausnahmen
gegenüber. Im salischen Rechte herrscht nämlich die Busse von
ı5 Solidi als unverkennbare Grundbusse vor. Sie kommt nicht nur
in der grössten Zahl von Bussfällen zur Anwendung (in 93 nach der
Recapitulatio), sondern es sind auch durch Theilung die Bussen von
5 und 7'/, Solidi, durch Vervielfältigung die Bussen von 30, 45, 75
und 90 Solidi aus ihr hervorgegangen. Im Gegensatz zur Lex Salica
hat die Lex Ribuaria in ihrem ältesten Bestandtheil ein selbständiges
Busssystem mit der Grundzahl ı8, während ihr zweiter Theil, weleher
systematisch nach dem Vorbilde der Lex Salica gearbeitet ist, unter
der Herrschaft der salischen Grundbusse von 15 Solidi steht.
Der Gegensatz, in welchen sich die salische und die altribuarische
Grundzahl zu den Busszahlen der übrigen Volksrechte stellt, ist nur ein
scheinbarer. Denn bei Lichte besehen ist die salische Grundbusse 10,
die altribuarische ı2. Neben der Busse, welche der Verletzte erhielt.
wurde bekanntlich ein bestimmter Betrag als Friedensgeld, fredus, an
die öffentliche Gewalt, an den König oder an das Volk bezahlt.
Während nun bei den meisten Stämmen feste Friedensgelder bestehen,
welche neben der Busse in Anschlag zu bringen sind, stehen bei
den Franken die Friedensgelder innerhalb der compositio, sie bilden
ein Drittel derselben und sind in den Buss- und Wergeldsätzen in-
begriffen.” Ziehen wir demgemäss von der altribuarischen Grund-
! Nach dem Rechte der Anglowarnen, vielleicht erst unter dem Einfluss des
ribuarisch -salischen Busssystems. Spurenhaft bei den Westgoten. Sieh Wırva S. 359.
Neben einem älteren Duodeeimalsystem bei den Angelsachsen. Sieh K. Maurer,
Krit. Überschau II 47.
? ÖSENBRÜGGEN, Strafrecht der Langobarden S. 24.
® Kern bei Hessers, Lex Salica, Sp. 563. Vergl. J. Griuu, Geschichte der
deutschen Sprache S. 251.
* Vergl. Sonm in der Z. f. Rechtsgeschichte V 393 ff.
° Wırva S. 467. Sonm, Reichs- und Gerichtsverfassung I 108. Anm. ı7,
ı70f. Den bei Wırpa und Sonn angeführten Belegen füge ich noch folgenden hinzu.
Brunser: Duodeeimalsystem in den Busszahlen. 1041
zahl ı8 den dritten Theil ab, so gelangen wir zur Grundzahl ı2.
Ebenso stellt sich die salische Busse von ı5 Solidi als eine Busse
von ıo Solidi dar. Die Lex Ribuaria setzt in Titel 2 auf Verwun-
dung mit Blutvergiessen „bis novem solidos’, von welchen also
sechs Schillinge als Friedensgeld abzuziehen sind. Dagegen wird nach
Lex Chamavorum ce. ı8 dasselbe Deliect mit zwölf Solidi gebüsst,
weil daneben ein besonderes Friedensgeld von vier Solidi verfällt.
Grundsätzlich ist die Wundbusse in beiden Rechten dieselbe, nur das
Friedensgeld ein verschiedenes. Eine Stelle der Lex Ribuaria, welche
ihrem ältesten Bestandtheile angehört, X, 2 sagt: unde Ribuarius
15 solidos culpabilis indicetur , regius et ecelesiasticus homo medielatem
conponat. An Stelle von ı5 müsste man ı8 erwarten, wie die voraus-
gehenden und nachfolgenden Busszahlen dieses Theiles der Lex dar-
thun. Die Zahl ı5 ist jedenfalls jüngere Zuthat. Dagegen enthalten
etliche Handschriften darunter die wichtige Handschrift A 5 statt ı5
die Zahl ı2. Der Schreiber setzte die eigentliche altribuarische Buss-
zahl ein, indem er das Friedensgeld ausser Acht liess. Auf der Zwölf-
zahl beruhen auch die Werthtaxen, welche Lex Ribuaria 36, ı ı für
die Gegenstände aufstellt, in welchen man das Wergeld und ohne
Zweifel auch die Bussen zu zahlen pflegte. Sie sind wie Hengst,
Brünne, Jagdfalke zu ı2 oder wie Helm, Beinschienen, Kranichfalke
zu 6 oder wie die Schwertscheide zu 4 oder wie Kuh.' Stute, Schwert
ohne Scheide, ungezähmter Falke zu 3 oder wie Ochs, Schild mit
Lanze zu 2 Solidi abgeschätzt. Der salischen und der neuribuarischen
Busse von ı5 Solidi entspricht bei den Sachsen die Busse von 12,
bei den Anglowarnen die von 10 Solidi.” Nach alledem stimmen die
salischen und ribuarischen Grundbusssen, soweit sie an die verletzte
Partei fallen, mit den Busszahlen der übrigen Stämme überein. Mit
anderen Worten das altribuarische Busssystem fusst auf dem Duo-
decimalsystem, das der Lex Salica auf dem Decimalsystem.’ So klar
Lex Angl. et Werin. ec. 57: qui domum alterius collecta manu hostiliter circumdederit,
trium primorum, qui fuerint, uwnusquisque sol. 60 conponat et rei (lies regi) similiter ; de
ceteris, qui eos secuti sunt, sol. 10 unusquisque et in bannıum regis sol. 60. Die Stelle ist
eine Nachbildung von Lex Rib. 64. Nach dieser verwirkten die Zres priores bei dem
Verbrechen der Aariraida 90 Solidi, die übrigen ı5 Solidi. Allein von den 90 Solidi
fallen 30 Solidi, von den ı5 Solidi fünf als Friedensgeld an den Fiseus. Demnach
stimmen die Bussen der Lex Angliorum et Werinorum und der Lex Rib., soweit sie
dem Verletzten zu Theil .wurden. vollständig überein. An Stelle des fredus trat in
der karolingischen Lex der Anglowarnen der Königsbann von 60 Schillinge. Die
Heimsuchung (harizuht) bildete ja einen der acht bekannten Bannfälle. Capitularia I
224.C.7. Der bannus schloss aber den fredus aus.
! Nach vielen Handschriften gilt die Kuh nur ı Solidns.
® Arg. Capitulare Saxonienm ce. 3.
3
° Lex Angliorum et Werinorum ce. 53.
1042 Gesammtsitzung vom 21. November.
und einfach dieses Ergebniss ist, hat man es doch bisher bei all den
sorgfältigen und mühseligen Untersuchungen über die altdeutschen
Busszahlen durchgehends übersehen.
Neben den Bussen des Decimalsystems finden sieh in der Lex
Salica deutliche Spuren eines wahrscheinlich älteren Duodecimalsystems.
So die Bussen von drei. sechs und neun Solidi. Im einer altfränki-
sehen leider nur in verderbtem Text überlieferten Zusammenstellung
von salischen Busshezeichnungen wird die Busse von drei Schillingen
als unum toalaftih,' d. h. als ein Grosshundert von Denaren angeführt.
Dem Duodeeimalsystem ist auch die Busse von 7 Denaren, nämlich
U6 Solidus” zuzureehnen. Auf die Zwölfzahl führen aber gleichfalls,
so unwahrscheinlich es auf den ersten Blick hin dünken mag, die
'/, von 35 und 70 Soldi zurück.
Bei Abfassung der Lex Saliea wurden mit Rücksicht auf eine
Bussen von 17
kürzlich vorausgegangene Ordnung des Münzwesens die Bussen zunächst
nach Denaren berechnet, deren 40 auf einen Solidus gehen. Der
Summe von Denaren wurde dann in den einzelnen Bussansätzen der
Lex die entsprechende Summe von Solidi beigefügt. Die Bussansätze in
Denaren sind, wie schon Warrz gelegentlich bemerkte, die prineipalen.
Die Denare werden fast ausnahmslos in Hunderten und Tausenden
angegeben. Die Ausnahmen betreffen, soweit es sich nieht um Bruch-
theile von Solidi handelt, kleinere Bussen, fast nur die Bussen von
3, 6 und 9 Solidi, also Bussen, welche in einem® oder in zwei oder
in drei Grosshundert von Denaren bestehen und auf dem salischen
Malberg etwa als ı, 2, 3 toalaftih bezeichnet wurden.” Dagegen
hat man bei allen grösseren Summen nur Deeimalhunderte von De-
naren in Ansatz gebracht und um von dieser Regel nicht abweichen
zu müssen althergebrachte Sehillingsbussen derart abgerändert,’ dass
sie in die Rechnung nach Denaren als volle Deeimalhunderte ein-
! Hoc est unum thoalasti. Werssers, Lex Salica Sp. 424. Vergl. Grımm bei
MErkEL, Lex Salica, praef. p. XV, LXIV und Kern bei Hzssers, Lex Salica Sp. 563.
Die Emendation: hunn für unum halte ich, da das Denkmal z. Th. lateinisch abgefasst
ist. für bedenklich. Auch die Glosse zu Lex Sal. II, ı. Cod. 6 lautet: unum tualepti.
? Lex. Sal. 4.1: VII din. qui face. medio trianti.
® Auch die Prügel. die der Sklave erhält. werden in Lex Sal. 4o nach dem
Grosshundert gezählt.
* Vergl. das unum toalaftih in Anm.ı oben. In Lex Salica U, 3 haben die meisten
Texte eine Busse von 280 Denaren, also 7 Solidi. Allein die Recapitulatio A 9 setzt
für diesen Fall eine Busse von 7!/, Solidi (300 Denaren).
° Dass die Bussen bei den Saliern ursprünglich wie bei den übrigen Stämmen
nieht nach Denaren sondern in Schillingen berechnet waren, darf für zweifellos gelten.
Die Bussen wurden in Vielı bezahlt und der Ursolidus der Germanen war walır-
scheinlich die Kulı.
. * / ‘
Brunner: Duodeeimalsystem in den Busszahlen. 1043
gestellt werden konnten." Dass die Busszahlen um Brüche von De-
naren zu vermeiden abgerundet wurden, sagt uns die Lex Salica an
einer Stelle selbst. Wer ein saugendes Lamm stiehlt, büsst nach
Lex Sal. 4, ı sieben Denare, d. h. einen halben Triens. Da der
Triens ein Drittel des Solidus war, machte der halbe Triens nur
6°/, Denare aus, welche man auf 7 Denare abrundete. Dem Streben
die höheren Denarsummen in Hunderten auszudrücken verdankt die
wichtige Busse von 35 Solidi ihre Entstehung, nach Wırpa a. OÖ. S. 360
die einzige Busszahl des salischen Gesetzes, welche ganz räthsel-
haft bleibt. Sie ist an Stelle einer älteren Busse. von 36 Solidi ge-
treten.” Diese hätte 1440 Denare ergeben, man rundete die Summe
bei Abfassung der Lex auf 1400 Denare ab und rechnete diesen Betrag
dann genau in 35 Solidi um. Die Busse von ı7'/, Solidi, gleich
700 Denaren ersetzt eine ältere Busse von 18 Solidi,“ gleich 720 De-
naren, die auf 700 abgerundet wurden. Die Busse von 70 Solidi
erklärt sich als Verdoppelung von 35.
Dass die Salier nach Hunderten von Denaren rechneten, zeigt
jene Zusammenstellung altfränkischer Zahlenglossen zur Lex Salica,
welche die Überschrift trägt: ineipiunt chunnas und nach Denar-
hunderten geordnet ist. Sie beginnt mit dem Grosshundert. Es
folgen: sexan chunna (600 Denare), sol. XV, septun chunna (700 De-
nare), sol. XVII (17'/,), theu valt chunna (tualaf ehunna, 1200 Denare),
sol. XXX, thue (twi) septen chunna (1400 Denare), sol. XXXV, theu
uene (twi neune) chunna (1800 Denare), sol. XLV, thothocundi fitme
(tuthusondi fimfe) chunna (2500 Denare), sol. LXII'/,. Die weiteren
Chunnen betreffen Wergeldsätze.
! Völlig vereinzelt steht die den übrigen Texten und der Recapitulatio unbekannte
Busse von 3120 Denaren (78 Solidi) in Herold 45,4.
2 Wo die Lex Salica 35 Solidi als Busse hat, begegnet an entsprechenden Stellen
der Lex Ribuaria die Busse von 36 Solidi. So wird der Verlust des Pfeilfingers nach
Lex Sal. 29,5 mit 35 Solidi (1400 Denaren) nach Lex Rib. 5,7 mit 36 Solidi gebüsst.
Mehrere Texte der Lex Salica setzen auf Diebstahl oder Tödtung eines Sklaven
(10, 1; 2) die Busse von 35, Lex Ribuaria 8 die Busse von 36 Solidi. Wırpa S. 363.
® Die Münchener Handschrift (Cod. 3), welche die Denarsummen unterdrückte,
ersetzte die 700 Denare in Lex Salica II, 10; 11; ı2 durch ı8 Solidi.
Ausgegeben am 28. November.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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1889.
XLVI.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
28. November. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
1. Hr. Beyrıcn las über das Alter der Tertiärbildungen
von Olympia.
2. Derselbe legte die von Hrn. Prof. R. Lersıus in Darmstadt
mit Unterstützung der Akademie hergestellte geologische Karte von
Attika vor.
3. Hr. Schurze legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. Rog. SCHNEIDER
hierselbst vor: Neue histologische Untersuchungen über die
Eisenaufnahme in den Körper des Proleus.
4. Der Vorsitzende berichtete über die Resultate speetrographi-
scher Beobachtungen des Sterns Algol durch die HH. Prof. H. C. VosEL
und Dr. Scheiser auf der Potsdamer Sternwarte.
Drei Aufnahmen des Speetrums im letzten Winter hatten bereits
ergeben, dass Algol vor einem Minimum sich von der Sonne entfernt
und nach dem Minimum sich derselben nähert. Obwohl die Linien
des Algol-Speetrums sich weniger für genaue Messung eignen, hatte
doch jede Aufnahme die Richtung der Bewegung unzweifelhaft er-
kennen und ihren Betrag ziemlich angenähert feststellen lassen.
Drei neue Aufnahmen in den letzten Wochen haben ein voll-
kommen übereinstimmendes Ergebniss geliefert, und die schon früh
aufgestellte, später aber wegen der grossen mechanischen und physi-
kalischen Schwierigkeiten, auf welche sie führt, überwiegend aufge-
gebene Hypothese, dass die Lichtänderung Algol’s einer Verfinsterung
Sitzungsberichte 1889. 94
1046 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 28. November.
durch einen umlaufenden dunkeln Begleiter zuzuschreiben sei, erhält
dureh diese Beobachtungen wiederum eine starke Stütze.
Die Umlaufsbewegung des sichtbaren Sterns würde im Mittel aus
den 6 Messungen = 5.7 geogr. Meilen anzunehmen sein. Weiter ergibt
die Annahme einer mit dieser Geschwindigkeit durchlaufenen Kreis-
bahn verglichen mit dem Verlauf des Lichtwechsels etwa folgende
Anordnung des Systems:
Durchmesser des Hauptsterns = 2300060 Meilen
Durchmesser des dunkeln Begleiters = 180000 Meilen
Entfernung der Mittelpunete = 700000 Meilen
Bahngeschwindigkeit des Begleiters = 12.0 Meilen
Massen der beiden Körper —4#/, und ?/, der Sonnenmasse.
Die Einzelresultate der bis jetzt vorliegenden Beobachtungen sind:
Abstand beob. Bew, Red. * gegen ©) Bew. red. auf
vom Min. gegen Erde auf © zur Beob.-Zt. nächste Quadr. =.
m. Zt. Potsdam
ı888 Dec. 4 66 ı1lyanach —zoM -—-12M. -6.2M. —7.ıM. e
ı889 Jan. 6 5.7 22.4 vor +69 » —-30» +39» +43 v 1
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Nov.13 9.3 13 3nch —56 » +02» —B54 = ı
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also
Mittel der auf Quadratur reducirten Bewegungen
vor dem Minimum + 5.3 Meilen
nach dem Minimum — 6.2 Meilen
wonach einstweilen die Translationsbewegung des Systems in der
Gesichtslinie zu — 0.5 Meilen und die Bahnbewegung wie oben zu
5.7 Meilen anzunehmen ist.
Ausgegeben am 5. December.
1
1047
1889.
XLIX.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
28. November. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Currıus.
1. Hr. Vanıen las über eine Rede bei Livius.
2. Hr. Weser berichtete über zwei Vedänta-Texte.
3. Hr. Zerter überreichte eine Abhandlung des correspondirenden
Mitgliedes der Akademie Hrn. GERHArRDT über Leissız’ Verhältniss zu
SPINOZA.
Alle drei Mittheilungen folgen umstehend.
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1049
Über eine Rede bei Livius.
Von J. VAHLEN.
Es ist die Rede, welche Aemilius Paulus am Tage der Schlacht von
Pydna hält, zu seiner Rechtfertigung, dass er nicht Tags zuvor, als
die Gelegenheit günstig schien, mit Perseus und den Macedoniern sich
gemessen habe (44, 38 und 39). Die Rede ist nieht von grossem Um-
fang; sie entwickelt ihren Grundgedanken an einer mässigen Zahl von
Beweisgründen, die zwar im Ganzen wohl geordnet und in strenger
Gliederung sich an einander schliessen, aber gerade in den Fugen
der mit rhetorischer Kunst geformten Übergänge an mehr als einer
Stelle Störungen aufweisen, die theils bisher unerkannt geblieben,
theils erkannt und nach Möglichkeit gehoben, neuestens eine nicht
glückliche Behandlung erfahren haben." Die historischen Voraus-
setzungen der Rede, die entfernteren wenigstens, sind uns in Folge
von Blätterverlust in der Wiener Handschrift entzogen; doch lässt sich
der wesentliche Inhalt des Fehlenden aus der dem Polybius folgenden
Darstellung in Plutareh’s Leben des Aemilius Paulus ergänzen. Da
wo die Erzählung des Livius wieder einsetzt, stehen die beiden feind-
lichen Heere in geringer Entfernung einander gegenüber. Perseus
hatte, durch eine von Seipio Nasica glücklich ausgeführte Umgehung
genöthigt, seine befestigte Stellung am Flusse Elpius aufgegeben und
sich nordwärts auf Pydna zurückgezogen, wo er kampfbereit die Römer
erwartete. Aemilius Paulus, nachdem er mit den Truppen des Nasica
sich wieder vereinigt hatte, war ihm gefolgt, entschlossen, wie es schien,
unverzüglich den dargebotenen Kampf mit den Macedoniern aufzu-
nehmen. Allein der Anblick des ihm überlegenen und schlagfertig da-
stehenden Macedonischen Heeres flösst ihm Besorgniss ein, und er wagt
nicht seine von den Mühen des Marsches erschöpften Soldaten sofort
dem mit frischen Kräften ihn erwartenden Feind entgegenzustellen. Er
giebt Befehl das Lager abzustecken und zieht die zum Theil schon auf-
! Kritische Versuche zur fünften Dekade des Livius. Von W. von Hartel. Wien
ı888 (aus dem Jahrgang ı888 der Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kais.
Akademie der Wissenschaften, CXV]1. Bd. S. 783, besonders abgedruckt).
1050 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
gestellten Truppen langsam zurück, und veranlasst so auch die Mace-
donier ihre Absicht für heute aufzugeben. Die unerwartete Änderung
in dem Entschluss des Consuls gab dem Scipio Nasica den Muth
den Feldherrn zu erinnern, dass er die dargebotene Gelegenheit die
Feinde im offenen Felde zu schlagen nicht unbenutzt lasse; ergriffen
sie die ihnen durch sein Säumen eröffnete Möglichkeit abzuziehen,
würden sie bis tief in das Innere Macedoniens zu verfolgen und kaum
unter schwerer Mühsal den Römern erreichbar sein (e. 36, 9): tunc
mutatione consilü subila cum alü silerent, Nasica unus ex ommnibus ausus
est monere consulem, ne hostem, ludificatum priores imperatores , fugiendo
cerlamen manibus emitteret. Vereri, ne, si nocte abeat, sequendus maximo
labore ac periculo in intima Macedoniae sit, aestasque,' sicut prioribus
ducibus, per calles saltusque Macedonicorum montium vagando circuma-
gatur. Se magnopere suadere, dum in campo patenli hostem habeal, ad-
grediatur nec oblatam occasionem vincendi amittat. Der Consul, nicht
geneigt, ihm in diesem Augenblick Rede zu stehen, weist seine Be-
denken kurz ab. Erst am folgenden Tage, da er auch jetzt noch
nieht gewillt schien zu kämpfen, und seine unbegreifliche Saumselig-
keit Gerede im Heere veranlasste, sieht sich Aemilius gedrängt, Na-
siea und den übrigen in zusammenhängender Rede Rechenschaft über
sein Verfahren zu geben, durch das er, wie er meinte, am gestrigen
Tage das Heer gerettet habe. Diese seine Meinung zu erhärten, will
er darthun, wie vieles den Feinden günstig, den Römern entgegen
U gestasque (die Handschrift aesosque) halte ich fest mit Madvig, überzeugt, dass
eine bessere Schreibung nicht gefunden werden kann; und bedauere, dass Hartel sich
veranlasst gesehen hat, einen vergessenen nicht glücklichen Vorschlag von Weissen-
born aufzunehmen und zu verfechten: inlaesusque. Ich übergehe andere Gründe, die
mir wenigstens diese Fassung zu widerrathen scheinen (wie das jetzt unklare vagando,
das bei aestasque treffend stand), und bemerke nur Eines. Die Vorstellung einer ‘Hetz-
jagd’, in welcher die Macedonier von den Römern in den Macedonischen Bergen um-
hergetrieben würden, kann ich weder an sich noch in dem hiesigen Zusammenhang
passend finden. Ich sehe nur eine Iudificatio und zwar der Römer durch die Mace-
donier, nieht umgekehrt, bezeichnet, denn der Gedanke ist derselbe mit dem vorher-
gehenden (hostem ludificatum priores imperatores), den er fortsetzt, eine Nasführung also,
indem die Macedonier in ihren Bergen, die sie kennen, die Römer umherzuziehen
nöthigen, so dass diesen vagando die schöne Zeit zum Handeln (aestas et tempus rerum
gerendarum 32, 36, 6) nutzlos verstreicht. Auch weiss ich nicht, warum bei inlaesus
die Beziehung der Worte sieut prioribus ducibus deutlicher sein soll als bei aestasque,
und bin der Meinung, dass die von Hartel wie von Weissenborn angeführte Stelle 32,
9, 10 ni imuisset, ne, cum a mari longius recessisset emisso e manibus hoste, si, quod antea
fecerat, solitudinibus sivisgue se tutari rex voluisset, sine ullo effectu aestas extraheretur
(vom König Philipp) in.dieser Rücksicht jedes Bedenken beschwichtigen könne. Vgl.
auch 25, 32, 6; und über die ludificatio 29, 33, 8, oder was Fabius sagt 22, 18,9 ne
nihil actum censeret extracta prope aestate per ludificationem hostis. An das Hinziehen
der Sommerzeit denkt auch Perseus 44, 8, 8 hoc flumine obsaeptum iter hostis credens,
extrahere relicum tempus aestatis in animo habebat.
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VaHten: Über eine Rede bei Livius. 1051
gewesen sei: in qua me opinione sine causa esse ne quis vestrum credat,
recognoscal age dum mecum , si videtur, quam multa pro hoste et adver-
sus nos fuerint (e. 38, 4). Er beginnt damit die numerische Über-
legenheit der Macedonier in das Licht zu stellen, in doppelter Weise,
einmal überhaupt, weil sie über eine grössere Truppenmacht geboten,
iam omnium primum, quantum numero nos praestent, neminem vestrum
nec ante ignorasse et hesterno die, explicatım intuentes aciem , animadver-
lisse certum habeo (5); sodann dureh den besonderen Umstand, dass
die Römer nicht ihre ganze Mannschaft für den Kampf verfügbar
hatten, ex hac nosira paueitate quarta pars militum praesidio impedimentis
relicla erat; nec ignavissimum quemque relingui ad custodiam sareinarum
seitis (6). Und fügt in künstlich geformtem Übergang ein zweites
Argument hinzu, das mit dem ersten in Verbindung gesetzt, nicht
die gleiche Klarheit im Wortlaut aufweist: Sed fuerimus omnes: par-
vom hoc tandem esse credimus, quod ex his castris, in quibus hac nocte
mansimus , exituri in aciem hodierno aut summum crastino die, si ila vide-
bitur , dis bene iwantibus sumus? Nihilne interest, utrum militem, quem
neque viae labor eo die neque operis fatigaverit usw. (7. 8). Die Aus-
leger, welehe die Worte einer Erläuterung werth halten, haben sich den
Zusammenhang ungefähr in folgender Weise zurecht gelegt: ‘aber ge-
setzt wir waren alle beisammen (und hätten also kämpfen können): ist
denn das kein Vortheil, dass wir in diesem Lager eine Nacht haben aus-
ruhen können; macht es keinen Unterschied, ob man die Soldaten in
diesem oder jenem Zustand in den Kampf führt?” Obenhin angesehen,
kann es den Anschein gewinnen, als ob mit dieser Auffassung eine
leidliche Gedankenverbindung hergestellt sei. Tritt man aber näher
und prüft das Einzelne, so erheben sich Bedenken und es schwindet
der Glaube, dass damit die Absicht des Redners getroffen sei. Zu-
erst sed fuerimus omnes. Der Satz ist eine Einräumung, die das, was
eben negiert worden, jetzt poniert, um auch für diesen Fall, das was
zu erweisen war, als richtig zu bekräftigen: ‘gesetzt wir sind alle
beisammen gewesen: macht es keinen Unterschied, in welcher Ver-
fassung wir uns befanden?’ Livius hat öfters in seinen Reden von
dieser Gedankenwendung Gebrauch gemacht, z. B. 41, 24, 8 opportuni
propinquilate ipsa Macedoniae sumus? an infirmissimi omnium . .? immo
vel viribus nmostris vel regionis üntervallo tuti. Sed simus aeque subiecli
ac Thessali Aetoligue: nihilo plus fidei auctoritatisgue habemus adversus
Romanos usw., und 32, 21, 2ı in langer Reihe analog geformter
Concessivsätze. Allein hier scheint die gewählte Form der Einräu-
mung unbefriedigend, nicht wegen fuerimus, für das una fuerimus zu
setzen ohne Belang ist, sondern wegen des Gedankens, den sie ent-
hält. Denn da im Vorigen ein Doppeltes ausgesagt war, einmal, dass
1052 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
die Römer an Truppenzahl erheblich zurückgestanden, und zweitens
dass auch von dieser geringeren Anzahl ein nieht unbeträchtlicher
Theil für den Kampf nicht verwendbar gewesen, so erwartet man,
dass die den Fortschritt der Argumentation vermittelnde Einräumung
nicht an das Zweite, welches nur eine accessio zum Ersten ist, sich
anschliesse; denn waren auch alle beisammen, so war damit die nu-
merische Ungleichheit nicht aufgehoben; sondern dass entweder der
Hauptgedanke allein oder dieser mit dem Zusatz die Form der Con-
cession bestimmt und diese demnach entweder sed fuerimus pares,
oder vollständiger sed fuerimus ommes parali ad pugnam numeroque
hostibus pares gelautet habe. Doch sei die Form der Einräumung,
welche sie wolle, was als Gegensatz dazu sich darbietet, fügt sich zu
keiner, auch nieht wenn der der Concession entgegengesetze Satz den
Sinn enthält, den man ihm untergelegt hat. Denn ‘gesetzt wir sind
alle zusammen gewesen’ oder ‘gesetzt wir sind den Feinden an Zahl
gleich gewesen’, “halten wir das für nichts, dass wir eine Nacht haben
ausruhen können?’ sind Sätze, die so zu Einem Gedanken sieh nicht
vereinigen können. Aber auch der Sinn, den man der gegensätzlichen
Frage beigemessen hat, kann Angesichts des sprachlichen Ausdrucks
nicht bestehen: denn parvom hoc tandem esse credimus, quod ex his
castris, in quibus hac nocte mansimus, exituri in aciem ..sumus heisst
nicht ‘Halten wir für etwas geringes, dass wir in diesem Lager aus-
geruht haben’ sondern ‘Halten wir für etwas geringes, dass wir aus
diesem Lager in den Kampf ausziehen werden’. Und zieht man in
Betracht, dass, nachdem der Feldherr die Absicht zu schlagen auf-
gegeben, das Lager für den Nothbedarf eilig hergerichtet worden,
und dass dasselbe auch noch am folgenden Tage, wie aus ce. 40, 2'
zu entnehmen, den Anforderungen nicht entsprach, welche Paulus
€. 39, 2 so beredt entwickelt, so enthüllt sich der Gedanke des Red-
ners, und man erkennt auch den, der unausgesprochen im Hinter-
grunde liegt: ‘Scheint Euch das am Ende etwas geringfügiges, dass
wir aus diesem noch so wenig befestigten Lager, das uns eben ge-
nügte, heute darin zu übernachten’, heute oder morgen in den Kampf
ausrücken werden? Hätten wir etwa gar, noch ehe wir ein Lager
aufgeschlagen, uns den Wechselfällen einer Schlacht aussetzen sollen?’
Ist aber dieses der Sinn des Satzes, so ergiebt sich auch so, dass
dieser Gedanke mit jener Einräumung, wie sie immer geformt ge-
wesen sein mag, in keiner erkennbaren oder befriedigenden Beziehung
I quod in novis castris non ligna, non pabulum convectum erat. Dagegen castris
permunitis 37, 5 nur heisst ‘nachdem der Wall fertig war’; vgl. 27, 12, 10.
®2 Denn das ist deı Sinn von manere, wie 22, 13, 8 Casilini eo die mansurum
eum; 23, 6,7 eo die manere extra fines Iomanos iuberet; 32, 12, 10.
Vanten: Über eine Rede bei Livius. 1053
steht; und auch das wird ersichtlich, dass so gefasst der Gedanke
von dem "hier leitenden Gesichtspunkt, zu zeigen, was gegen die
Römer und für die Macedonier gewesen sei, sich entfernt. Nimmt
man hinzu, dass die Frage, ob der Feldherr auch ohne eines Lagers
sich versichert zu haben, sieh in den Kampf hätte einlassen sollen,
an späterer Stelle (c. 39, ı) besonders erörtert wird, so scheint sich
die Folgerung zu ergeben, dass der fragliche Satz parvom hoc tandem
esse credimus usw., wie er in seine Umgebung sich nicht fügen will,
so auch für den Platz, den er jetzt einnimmt, nicht berechnet ge-
wesen sei. Wird er ausgeschieden, so ist für den einräumenden Satz
gefunden, was wir vermissten; wir erkennen, der Redner schreitet
unter Festhaltung des vorangestellten Gesichtspunktes der Vergleichung
von der geringen Zahl seiner Truppen zu deren körperlichen und
geistigen Verfassung fort, und wir gewinnen eine Gedankenbewegung,
die wie sie in der Natur der Sache begründet ist, auch der Beispiele
bei Livius nicht ermangelt.' Sed fuerimus omnes .... Nihilne interest,
utrum militem, quem neque viae labor eo die neque operis fatigaverit, re-
quietum, integrum in tenlorio suo arma capere dubeas atque in aciem ple-
num virium, vigentem el corpore et animo educas, an longo itinere fali-
gatum et onere fessum, madentem sudore, ardentibus siti faucibus, ore
atque oculis repletis pulvere, torrente meridiano sole, hosti obücias recenti,
quieto, quı nulla re ante consumptas vires ad proelium adferat? “Gesetzt
wir sind alle kampfbereit und dem Feinde an Zahl gleich gewesen:
macht es keinen Unterschied, ob man den Soldaten (wie es bei den
Macedoniern war) in seinem Zelt zu den Waffen greifen und mit fri-
schen Kräften in den Kampf ziehen oder ob man ihn (was die Lage
der Römischen Soldaten war) nach den Mühseligkeiten eines langen
Marsches, matt und entkräftet an Geist und Körper, wie er ist, in
Reih’ und Glied treten lässt?” Aus diesen Erwägungen ist die Ver-
muthung geflossen, dass der Satz parvom hoc tandem esse credimus usw.
an dieser Stelle fälschlich eingedrungen sei und dass die Einschiebung
des ungehörigen zugleich die Verkürzung des Concessivsatzes verschul-
det habe: denn ich bin geneigter omnes für richtig und den Satz für
einen unvollständigen zu halten. Ob sich für den ausgeschiedenen
im Rahmen dieser Rede eine andere Stelle werde ausfindig machen
lassen, wird später zu untersuchen sein. Die hiesige Gedankenreihe
aber schliesst der Redner mit dem Hinweis ab, was. der Erfolg sein
müsste, wenn in solcher Verfassung, wie eben geschildert, feindliche
Truppen einander gegenüber gestellt würden: quis, pro deum fidem, ita
\ 21,40, 8 pauci quidem sunt, sed vigentes animis corporibusque; 23, 16, 13. nulla
numero aut viribus manus insignis; 42, 65. 6 quia numero et viribus impar erat.
1054 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
comparatus, vel iners atque ımbellis, forlissimum virum non vicerit? (10)'
Und baut auf diesen Gegensatz der Römischen und Macedonischen Sol-
daten noch einen besonderen in der momentanen Lage beider Heere
gegebenen Unterschied auf: gquwid, quod hostes per summum olium in-
siruxerant aciem, praeparaverant animos, stabant compositi suis quisque
ordinibus,, nobis tunc repente trepidandum in acie instruenda erat el in-
composilis concurrendum? (10.11)
Die bisherige Argumentation verlief unter dem (nach Ausschei-
dung des allein widerstrebenden Satzes) stetig festgehaltenen Gesichts-
punkt, zu zeigen, wie vieles für den Feind und gegen die Römer
gewesen sei. Das zuletzt über die Schlachtreihe Gesagte, über die
Vortheile und Nachtheile, die hier und dort sich daran knüpften,
giebt den Anlass und vermittelt den Übergang zu einer neuen Ge-
dankengruppe, die von der Vergleichung absieht und allein die Lage
des Römischen Heeres in das Auge fasst. At hercule aciem quidem
inconditam inordinatamque habuissemus, castra munita, provisam aqualio-
nem, tutum ad eam iter praesidüs impositis, ewplorata eirca ommia. An
il nostri habentes praeter nudum campum in quo pugnaremus? (39; 1)
Wiederum ein mit rhetorischer Kunst geformter Übergang, und wieder
hat demselben die Überlieferung, aber nicht minder die Kritik der Ge-
lehrten geschadet. Doch lässt sich die Gedankenwendung des Redners
auch so noch aus den Worten, wie sie stehen, entnehmen. Die beiden
ersten Sätze, die ein engverbundenes Paar ausmachen, enthalten einen
Einwurf, den der Redner sich macht oder machen lässt, der so ge-
formt ist, dass ein Nachtheil, der eingeräumt wird, durch einen ent-
sprechenden Vortheil ausgeglichen werden soll: ‘Eine geordnete Schlacht-
reihe, könnte man sagen, hätten wir freilich nicht gehabt, aber ein
t So schreibt man mit Einschiebung von nor, das in der Handschrift fehlt.
Doch bleiben die Worte quwis ita comparatus, über welche ‘die Ausleger kein Wort
verlieren, unklar. Denn soll gwis ita comparatus auf iners atque imbellis gehen, so
stösst man bei vel an, und vermisst ein entsprechendes ita comparatum bei fortissimum
virum. Aber selbst wenn doppelt stünde (Quis ia comparatus ita comparatum iners at-
que imbellis fortissimum virum non vwicerit, bliebe die Beziehung des doppelt gesetzten
unbestimmt. Da die Handschrift ron nicht hat, bin ich geneigter, den Schlusstheil
des Satzes für richtig zu halten: vel iners atque imbellis fortissimum virum vicerit (wie
44. 33, 10 fessos integri saepe adorti hostes vel pauci plures vexabant), dagegen einen
Fehler anzunehmen in dem vorangestellten quwis pro deum fidem ita comparatus, welches
die für beide Seiten bestimmte Bedingung enthalten muss. Vielleicht ist mit Änderung
eines Buchstaben zu schreiben Quis pro d. f. ita comparatis d. i. Quae si ita comparata
sunt, oder Qui si ita comparati sunt, nach bekannnter Bedeutung von comparari, die
auch Livius kennt (30, 28, 8): ‘Wenn die Dinge so stehen’, oder ‘wenn die Kämpfenden
so zusammengeordnet sind’, (dass nämlich der eine matt und erschöpft, der andere
frisch und ungeschwächt ist) ‘könnte auch ein Feigling einen tapfern Mann besiegen’.
Quis für quibus hat Livius oft (z. B. 30, 25, 7 Quis defieientibus), und könnte quis,
irrthümlich für den nom. genommen, die Verschreibung veranlasst haben.
VaHtEn: Über eine Rede bei Livius. 1055
Lager, ein mit allem Erforderlichen ausgerüstetes Lager hätten wir
gehabt.‘ Der dritte Satz, in die Form einer Frage gekleidet, bringt
die Entgegnung auf den gemachten Einwurf und vernichtet den Vor-
theil, mit dem man den eingestandenen Nachtheil zu decken meinte:
‘Oder (aber) hätten wir nichts, was unser, gehabt als das nackte
Feld, auf dem wir fochten?”’ Auch diese Weise rhetorisierender Ge-
dankenverknüpfung ist dem Livius in seinen Reden geläufig: einige
Beispiele werden dienlich sein, das Eigenartige daran noch deutlicher
hervortreten zu lassen.
At enim pauei quidem sunt, sed vigentes animis corporibusque,
quorum robora ac vires vix sustinere vis ulla possit. Effigies immo,
umbrae hominum, fame frigore Ülwie squalore enechi usw. 21,
40,8.
At hercule privato quidem consilio bellum susceptum esse, sed
gestum prudenter fortiterque. Immo, utrum susceptum sit nequius
an inconsultius gestum, diei non posse. 41,7, 8.
At enim bello quidem iusto sum persecutus, sed vinci non
oportuit eum neque ea quae vichis accidunt pali. Quorum casum
cum ego subierim, qui sum armis lacessitus , quid potest queri sibi
accidisse, qui causa belli fwt? 42, 41,12.
At hercule milites contactos sacrilegio furor agital, in ducibus
ipsis puniendis nullum deae numen apparui. Immo ibi praesens
mazxime fuit. 29, 18,12.
At enim| ad erumpendum e castris defuit animus , ad tutanda
‚fortiter castra animum habuerunt, dies noctesque aliquot obsessi
vallum armis, se ipsi tutati vallo sunt . ... Orto sole hoslis ad
vallum accessit, ante secundam horam, nullam fortunam certaminis
experli, tradiderunt arma ac se ipsos. 22,60, 22.
At hercule, ne quid novum in eas rogetur, recusant; non dus sed
iniuriam deprecantur. Immo ul, quam accepistis , dussistis suffragüs
vestris legem . . . hanc ut abrogetis. 34, 3; 3-
In diesen Beispielen sind die Gegensätze entweder durch gwidem und sed
verbunden, oder es fehlt beides. Da in unserer Stelle guidem steht, war
es dem Sprachgebrauch entsprechend, sed vor casira einzusetzen, wie
Madvig that; nicht entsprechend weder diesem Sprachgebrauch noch
dem Gedanken war, was Hartel versucht hat, at hereule acie quidem
incondita inordinataque habuissemus castra munita. Denn zu geschweigen,
dass dabei auf guidem, so viel ich sehe, keine Rücksicht genommen
ist, scheint auch der Umstand, dass das Erste durch den abl. abs.
zu einem untergeordneten Gliede herabgedrückt wird, der Natur dieser
Ausdrucksweise entgegen zu sein, welche freie Herausstellung der
Gegensätze verlangt. Die allein ausreichende und völlig befriedigende
1056 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
Berichtigung war der Zusatz von sed, hier um so angemessener, weil
beide Sätze an Einem Verbum hängen. Ob man aber die Partikel
einzusetzen habe, kann dennoch zweifelhaft erscheinen, bei der That-
sache,' dass Livius, wie er oft quidem-sed, quidem-autem (tamen),
quidem-ceterum verbindet, nicht selten den durch guidem angedeuteten
Gegensatz ohne entsprechende Adversativpartikel zu Ende führt, wenn
ich auch bekennen muss, für die specielle Form der hier in Frage
kommenden Entgegensetzung ein Beispiel fehlender Partikel nicht zur
Hand zu haben. Doch wie man über sed entscheidet, Sinn und Zweck
dieses Paares von Sätzen kann nicht unklar sein. Die Antwort aber
auf den doppelten Einwurf, die in den angeführten Beispielen wieder-
holt durch immo eingeführt ward, hat hier die Form der Frage an-
genommen, die dazu bestimmt scheint, alles was zur Widerlegung:
des Einwurfs zu sagen ist, zusammenzufassen, die daher auch als
eine selbständige, vom vorigen sich abhebende zu betrachten ist: An
nihil nostri habentes praeter nudum campum in quo pugnaremus? Aber
die Satzform ist, wie man sieht, mangelhaft, und die Kritiker mühen
sich den Mangel auszugleichen. Die Einen (wie Madvig) tilgen ha-
bentes, damit der Fragesatz am vorigen hänge und von da sein Ver-
bum zu ziehen habe, Andere (wie Weissenborn) halten für möglich,
dass Livius selbst irrthümlich, als ob nicht Aabuwissemus, sondern ich
weiss nicht welch anderes Verbum vorausgegangen sei, statt habuisse-
! Die Thatsache ist bekannt genug, wird auch von den Auslegern gelegentlich
berührt, aber nichts desto weniger manchmal vergessen: 42, 49, 2 Semper quidem ea
res cum magna dignitate ac maiestate geritur ; praecipue [Zamen] convertit oculos animosque,
cum ad magnum nobilemque hostem euntem consulem prosecuntur. So Madvig mit Ein-
schiebung von Zamen, das die Handschrift nicht hat; auch sed praecipue, bemerkt er,
hätte stehen können. Und warum nicht auch praecipue |uero] comvertit, wie 33, 32, 1
semper quidem et alias frequens... tum vero —. Aber eine Partikel (wie sie auch Weissen-
born in der 2. Ausg. beibehält, nicht M. Hertz) wird hier nicht mehr vermisst als
45, 28, 5 unde per Megalopolim Olympiam escendit, ubi et alia quidem spectanda ei visa,
Iovem velut praesentem intuens motus animo est. So hat Madvig, der ei für et der Hand-
schrift hergestellt hat, wenigstens ediert, macht aber die Bemerkung (Emend. Liv. 730)
minus dure scripsisset Livius: “ei visa; |ceterum] Iovem. Und Weissenborn hat Iovem
[vero] (warum nicht Iovem [autem])), H. J. Müller [ef] Iovem gesetzt, welches letztere
mir weder gefordert noch erträglich zu sein scheint. Auch 30, 29. 4 Hannibal nihil
quidem eorum, quae nuntiabantur (nam et Masinissam cum sex milibus peditum , quattuor
equitum venisse eo ipso forte die afferebant) laeto animo audüt, |ceterum| ma.xime hostis
fiducia |audacia]gue, non de nihilo profecto concepta, percussus est, war nicht nothwendig,
ein ceterum (mit Madvig) oder sed (mit anderen) vor maxime gegen die Überlieferung
einzuschieben. Im Übrigen lassen Differenzen der Handschriften Zweifel über die
ursprüngliche Fassung der Stelle, die mir noch nicht hergestellt scheint. Für fehlende
Adversativpartikel vgl. noch 42, 60, 2 postquam rediere in castra victores, omnes quidem
laeti, ante alios Thracum insolens laetitia eminebat. 66, ı Romanis quidem ab ultima de-
speratione recreatus est animus. Perseus ... et ipse hostium adventum mansit. 34, 39, 8
Nabis quidem, ut capta urbe trepidans , quanam ipse evaderet, circumspectabat, Pythagoras
cum ad cetera animo officioque ducis fungebatur, tum vero unus, ne caperetur urbs, causa fuit.
VAHBLEN: Über eine Rede bei Livius. 1057
mus die Partieipialform gesetzt habe. Eines so wenig glaublich wie
das andere. Denn weder ist ein Anlass für den Zusatz habentes zu
erkennen, das so treffend an der allein geeigneten Stelle steht, noch
zu begreifen, wie Livius selbst bei so einfachen Sätzen so seltsam
in der Construction sich verirrt haben sollte. Überdies wäre in bei-
den Fällen, mit habwissemus, sei es dass es aus dem vorigen ergänzt
wird, oder dem Schriftsteller in’ der Feder stecken geblieben, der
hinkenden Satzform zwar aufgeholfen, aber dem fühlbaren Gewicht
des Gedankens so wenig gedient, dass selbst, wenn man setzte, was
man glaubt verstehen zu müssen, dieser Anspruch nicht befriedigt
wäre. Einen andern Weg schlug Hartel ein, der aus den dastehen-
den Worten für das Partieipium habentes die unentbehrliche Krücke
zu gewinnen suchte, indem er aus in quo inique herstellte und dem-
nach folgenden Satz empfahl an nmihil nostri habentes praeter nudum
campum inique pugnaremus? Schon von anderer Seite! ist, wie mir
scheint, mit Recht eingewendet‘ worden, dass in dem so geformten
Satz nicht pugnaremus sondern pugnassemus gefordert war, und dass
an in quo nicht hätte gerüttelt werden dürfen. Der methodische
Grundsatz hat sich oft bewährt, dass Berichtigungen nicht bestehen
können, die, einen Anstoss zu beseitigen, in das gesunde Fleisch ein-
schneiden. Und was kann gesunder sein als praeter nudum campum
in quo pugnaremus, ein Ausdruck geformt, wie was Livius 42, 47, 5
schreibt, locum finire in quo dimicaturi essent, und der verstümmelt
wird, wenn er auf das karge kaum recht verständliche praeter nudum
campıum herabgesetzt wird. Und das um des schwächlichen inique
willen, das, wenn es denn heissen kann, was Hartel will, ‘zu unserem
Nachtheil’, doch dem erwarteten Gedankenausdruck nicht Genüge thut.
Nach meinem Dafürhalten hätte nie zweifelhaft sein sollen, dass die
Worte unvollständig überliefert sind: denn alles, was dasteht, ist
richtig und angemessen und ohne den mindesten Verdacht der Ver-
derbniss zu erregen; nur ist der Satz nicht zu Ende geführt, und
die Annahme einer Lücke um so mehr indiciert, als nicht bloss viele
Verderbnisse ähnlicher Art in der Überlieferung dieser letzten Bücher
des Livius vorliegen, sondern auch die Weise wie der Gedanke ab-
zuschliessen war, fast wie von selbst sich darbietet; denn es bedarf
nur, dass man der deutlich erkennbaren Gedankenbewegung folge,
um die Absicht des Redners zu errathen. Wollte man beispielsweise
den verstümmelten Satz so vervollständigen: an nihil nostri habentes
praeter nudum campum, in quo pugnaremus, |temere dimicassemus?|, so
würde Satz und Gedanke richtig zu Ende geführt sein, auch der
naheliegende Wechsel des Ausdrucks in pugnaremus und dimicassemus
vH. J. Müller im Jahresbericht über Livius XV 1889 S. 42.
1058 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
Livius’ Weise entsprechen, der z. B. 42, 57, 10 schreibt, adfeetosque
siti, si primo in eonspechu dimicassent, pugnaturos fuisse apparebat, und
nur das Eine wäre einzuräumen, dass stilistisch angesehen dieser
Abschluss des Satzes, temere dimicassemus, an einer gewissen Mager-
keit leide, die der Schriftsteller selbst vielleicht vermieden hatte.
Nachdem Einwurf und Entgegnung die Vermessenheit, ohne
durch ein befestigtes Lager gedeckt zu sein, dem Kampfesglück sich
auszusetzen, gekennzeichnet hat, fährt der Redner fort zur Bekräf-
tigung des Gesagten die Anschauung der Römer über Bedeutung
und Unentbehrlichkeit des Lagers im Kriege zu entwickeln. Maiores
vestri castra munita portum ad omnes casus exercitus dhcebant esse, unde
ad pugnam exirent, quo iaclati tempestate pugnae receplum haberent. Ideo
cum maumimentis ea saepsissent, praesidio quoque valido firmabant, quod,
qui castris ewutus erat, etiamsi pugnando acie vieissel, pro victo haberetur.
Castra sunt vietori receptacuhım , victo perfugium. (Quam multi exereitus,
quibus minus prospera pugnae fortına fwit, intra vallum compulsi, tem-
pore suo, interdum momento post, eruplione facta viclorem hostem pe-
pulerunt? _ Patria altera est militaris haec sedes, vallumque pro moenibus,
et tentorium sum cuique militi domus ac penates sunt. Sine ulla sede vagi
dimicassemus, ut quo victores nos reciperemus? (39, 2—5). Alles klar
und wohl geformt bis auf den Schlusssatz sine ulla sede vagi dimicasse-
mus usw., mit dem der Redner auf seinen Ausgangspunkt zurück-
zukommen scheint. Doch wird dieser Zweck nur unvollkommen er-
reicht. Denn wollte er der eben gezeichneten althergebrachten Sitte,
vor allem für ein festes Lager zu sorgen, das leichtfertige Verfahren
entgegensetzen, dessen er sich schuldig gemacht hätte, wenn er Tags
zuvor frisch vom Marsch in den Kampf sich gestürzt hätte, so würde
man wenigstens erwarten, dass dieser Gegensatz durch ein Wort an-
gedeutet würde, etwa wie mit richtigem Gefühl für das Angemessene
der deutsche Übersetzer des Livius, Conrad Heusinger, sich ausge-
drückt hat: ‘Wir aber würden als Umherirrende, die nirgends zu
Hause sind, uns geschlagen haben’. Da jetzt der Satz ohne Ver-
bindung und ohne jegliche Bezugnahme auf das nächst vorangegan-
gene steht, so schien er mir nicht an seiner Stelle zu sein, und ich
habe 1873 (in der Zeitschrift f. d. östr. Gymnasien 24. Bd. S. 103)
die Vermuthung geäussert, dass dieses Sätzchen die von ihrem Ort
verschlagene Ergänzung des oben lückenhaft überlieferten Satzes sei,
dem es auf das bequemste und festeste sich anschmiegt: An nihil nostri
habentes praeter nudum campum, in quo pugnaremus, sine ulla sede vagi
dimicassemus, ut quo victores nos reciperemus? Der Gedanke a. a. O.
nieht eingehender begründet, hat kaum Beachtung, geschweige Zu-
stimmung gefunden; und manchen hat wohl das Wagniss geschreckt,
Vauıen: Über eine Rede bei Livius. 1059
einen halben Satz von seinem Platz zu rücken und über zehn Zeilen
hinweg an anderer Stelle unterzubringen. Doch sind mitunter so
kühne Änderungen, die an den Buchstaben nicht rütteln, sondern nur
die aus einander gerathenen Theile wieder zusammenschieben, minder
bedenklich als kleine Buchstabenänderungen, von denen mancher allein
Heil zu erwarten scheint. So hat auch Hartel mit einer kleinen Be-
richtigung zu helfen gesucht. Er entzog sich nieht der Anerkennt-
niss des hervorgehobenen Anstosses, dass die Worte sine ulla sede
vagi dimicassemus usw. verbindungslos stünden, aber er meinte mit der
Änderung illa für ulla (sine illa sede vagi dimicassemus) die unentbehr-
liehe Bezugnahme auf das voraufgehende wieder zu gewinnen. Was
kann unverfänglicher sein als «/a in {la abzuändern? Nur voraus-
gesetzt, dass die Änderung die Wirkung thut, die wir von ihr er-
warteten, und dass sie uns nicht etwa verdirbt, was gut und besser
war. Aber erstlich vermittelt i/@ nicht diejenige Verbindung, die
wir vermissten; denn wir erwarteten, der Redner werde den Gegen-
satz bemerkbar machen, in den er sich mit seinem gestrigen Thun,
wenn er anders gehandelt hätte, gegen die geschilderte alte Sitte
gebracht haben würde: ein Hinweis auf das Lager, die militaris sedes,
wie es vorhin genannt war, kann uns wenig helfen. Aber illa ge-
nügt nicht nur nicht, es verdirbt auch, was besser war: denn diese
Verbindung sine ulla sede vagi schützt der Sprachgebrauch. Auf An-
lass einer Stelle des Philosophen Seneca, in dessen Worten ad Seren.
de trang. e. ı2 ne aut labor inritus sit sine effectu aut effectus labore
indignus die Kritiker, den lästigen Überschwang zu beseitigen, die
einen inritus, die anderen sine effectu getilgt haben, habe ich in der
praef. zu Koch’s Seneca p. ıx an erlesenen Beispielen zu zeigen ver-
sucht, dass solche Häufung parallelen (positiv und negativ gewendeten)
Ausdrucks eine Diehtern und Schriftstellern beliebte Redeweise sei,
und nicht bloss römischen, auch griechischen, bei denen man auch
mitunter die vermeintliche luxuries weggeschnitten hat. Für diesen
Gebrauch, der nichts besonderes hat als dass er verkannt worden ist
und verkannt wird, bietet auch Livius reichliche Belege dar, sowohl
einfache, wie /evibus sine effectu certaminibus (32, ı8, 8); nomen tantum
sine usu fuerunt (44, 41, 4); fama ... temere vulgata sine auctore (37,
51, 8); omnia haec aperta sine muro loca sunt (34, 38, 5); prosperam
navigationem sine terrore ac tumultu fuwisse (29, 27, 13); haud dissimiliter
navibus sine gubernaculo vagis (27, 48, 11); sine consilio, sine imperio
pro se quisque currere (35, 11, 13), als auch mit dem verstärkenden,
dem Livius auch sonst' in analogen Wendungen sehr beliebten ullus,
\ 2.B. 24, 3,4 ubi sacrum deae pecus pascebatur sine ullo pastore; 45, 25,8 agere
de ea re sine rogatione ulla perlata.
1060 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 28. November.
wie rumores lemere sine ullis auctoribus ort! (35, 23, 2; vgl. 33, 41, 1;
34. 16, 9); aperta erat regio sine ullis ad insidias latebris (27, ı2, 8);
silentio noctis ab urbe sine ullo tumultu egressus (24, 40, ı1); falsas et
in tempus simulatas sine ullo pignore deditiones factas (33, 22, 9); deos
ipsos sine ulla humana ope profligare bellum (21, 40, ı1); per se sine
ullis Carthaginiensium opibus gessit bellhım (24, 49, 6); sine ulla ope
hostis cum ipsa diffieultate rerum pugnandum erat (44, 7, ı1). Wer die
Beispiele mustert, die nur eine Auslese sind aus vielen, wird ein-
räumen, dass ein Ausdruck wie sine ulla sede vagi, in welchem die
beiden Seiten fest und unlösbar zu Einem Begriff sich vereinigen, un-
antastbar sei, um so mehr, da dem Redner daran gelegen sein musste,
den Zustand, in welchem sich sein Heer am gestrigen Tage befunden,
mit Gewicht und besonderem Nachdruck zu bezeichnen. So schwindet
das wenige von Verbindung, welches il/a herzustellen schien. Und
stehen nun die Worte ohne äusserliche Beziehung zum Vorigen, so
werden sie für diese Stelle nicht bestimmt gewesen sein, und wir
werden die freistehenden dahin versetzen, wo sie die erkannte Lücke
auf das genaueste decken: An nihil nostri habentes praeter nudum campum,
in quo pugnaremus, sine ulla sede vagi dimicassemus, ul quo victores nos
reciperemus? Dabei kann Niemanden entgehen, wie viel besser als
unser vorläufig gemachter Versuch der Ergänzung, iemere dimicassemus,
diese Worte des Livius selbst diesen Dienst erfüllen, die hier ein-
gesetzt, nicht bloss den Satz vervollständigen, sondern auch dem
Gedanken zu wirksamem Ausdruck verhelfen, indem das, was die
Worte nihil nostri habentes praeter nudum campum usw. besagen, in
den zugefügten sine ulla sede vagi d. wie in einer Schlussfolgerung
aus jenen von neuem in scharfer Fassung herausgestellt wird. Und
diesem volleren Gedankenausdruck schliesst sich das knapp geformte
ut quo viclores nos reciperemus, “um uns wohin als Sieger zurückzu-
ziehen’ treffend an, die vollkommene Rathlosigkeit zu bezeichnen, die
selbst im glücklichsten Falle aus jenem tollkühnen Unternehmen sich
ergeben hätte. Hartel meinte freilich, dass nur die kühne Umstel-
lung mich gezwungen habe, dieses Sätzchen, das dort ‘verfrüht’ sei,
mit hinaufzurücken. Aber das wäre ein starker Missgriff gewesen,
wenn ich, weil ich die eine Hälfte des Satzes an die obige Stelle
bringen wollte, die andere Hälfte, die dahin nicht passte, nur mit-
genommen, weil sie davon nieht zu trennen war. Mich bestimmte
vielmehr die Natur des Fragesatzes An nihil nostri habentes usw., von
der ich ausging. Denn wie die Bestimmung desselben, die Entgeg-
nung auf den gemachten Einwurf zu enthalten, ihn zu einem frei-
stehenden und selbständig sich abhebenden mache, so meinte ich,
müsse er auch alles enthalten, was die Lage des Feldherrn an sieh
Vanten: Über eine Rede bei Livius. 1061
und in ihren Folgen zu bezeichnen geeignet wäre. Und von dieser
Auffassung aus erschien mir der Satz ut quo viclores nos reciperemus
nieht nur kein Ungehöriges an dieser Stelle, sondern der Hinweis
auf die auch im Fall des Sieges sich einstellende hülflose Lage von
besonderer Wirkung zu sein.'
Erwägen wir nun, dass in diesem Zusammenhang das Lager und
die unerlässliche Nothwendigkeit eines wohl ausgerüsteten Lagers die
Gedanken bestimmt, so scheint sich zu ergeben, dass die früher
besprochenen Worte parvom hoc tandem esse credimus, quod ex his cas-
tris, in quibus hac nocte mansimus, ewiluri in aciem hodierno aut sum-
mum crastino die, si ita videbitur, düs bene iuvantibus sumus, die an ihrer
Stelle fremdartig und störend sich eindrängten, da sie, wie wir
glaubten verstehen zu müssen, denselben Gedanken nur in Anwen-
dung auf das Heute oder Morgen enthalten, an der hiesigen Aus-
einandersetzung ihren wahren Rückhalt haben, und dass sie, hierher
versetzt, das erlangen, was ihnen dort abging, festen Anschluss an
ihre Umgebung. At hercule aciem quidem inconditam inordinatamque
habuissemus, castra munilta, provisam aqualtionem, tutum ad eam_iter
praesidüs ümpositis, explorata circa omnia. An nihil nostri habentes praeter
nudum campum, in quo pugnaremus, \sine ulla sede vagi dimicassemus?
ut quo vietores nos reciperemus? Parvom hoc tandem esse eredimus , gquod
ex his castris, in quibus hac nocte mansimus, exiluri in aciem hodierno
aut summum crastino die, si ia videbitur, düs bene iuvantibus sumus?|
Maiores vestri castra munilta usw. ‘Aber freilich eine wohlgeordnete
Schlachtreihe hätten wir nicht gehabt, aber ein befestigtes mit allem
Erforderlichen versehenes Lager. Oder hätten wir nichts unser eigen
nennend als das kahle Feld, auf dem wir fochten, schweifend ohne
festen Sitz uns in den Kampf gewagt, um als Sieger nicht zu wissen,
wohin uns zurückzuziehen? Halten wir denn das für nichts, dass
wir aus diesem (noch so wenig mit dem Nothwendigen ausgerüsteten)
Lager heute oder morgen in den Kampf rücken werden? Eure Vor-
fahren waren anderer Ansicht über das Lager’ — und dann die Aus-
führung dieses Gedankens, an dessen Schluss eine Rückkehr zum Aus-
gangspunkt durch nichts geboten oder empfohlen war. Täusche ich
mich nicht, so ist in dieser Gedankenfolge nichts Erzwungenes oder
Gekünsteltes gegeben, das widerrathen könnte, sie als die ursprüng-
liche anzusehen. Aber gewonnen ist sie mit grossen Wagestücken
' Ob man durch die Ergänzung von quo vieti den Gedanken nach beiden Seiten
wenden soll, lasse ich jetzt wie ehemals dahingestellt: für unrichtig kann ich den
Zusatz nicht halten, aber auch nicht für nothwendig. — Uf aber ist Finalpartikel,
indem was Erfolg ist oder werden könnte, in die Form der Absicht gekleidet wird:
s. Sitzungsber. 1882. S. 266.
Sitzungsherichte 1889. 95
1062 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 28. November.
nicht einer sondern einer doppelten Umstellung, indem von zwei ver-
schiedenen Enden hergeholt wird, was wir hier zusammenfügen. Den-
noch ist in diesen Annahmen nichts, was den Glauben überstiege.
Zahlreiche Lücken, grössere und kleinere, oft durch geringfügigsten
Anlass, die Wiederkehr einer gleichen Silbe oder eines gleichen Wortes,
herbeigeführt, weist die Wiener Handschrift in den letzten Büchern,
nicht minder die Pariser der dritten Decade auf.' So ist wenig Grund,
sich ungläubig dagegen zu sperren, dass die Wiederkehr der Endung
mus (in pugnaremus und sumus) den Ausfall von drei Zeilen veranlasst
hat. Nicht häufig, aber nicht ohne Beispiel ist auch, dass ein Satz oder
Satztheil, der übersprungen war, am Rande nachgetragen, an falscher
Stelle in den Text wieder eingeschaltet worden. Madvig hat in den
Emendationes Livianae S. 524 fg. und 710 an mehren einleuchtenden
Beispielen gezeigt, wie auf diese Weise eine oder mehre Zeilen an un-
richtigen, wenn auch vom rechten nicht weit entfernten Platz gerathen
sind. Das Besondere in unserem Falle ist nur dies, dass die über-
sprungenen Zeilen in grösserer Entfernung vom ursprünglichen Platz an
zwei verschiedenen Stellen in den Text wieder aufgenommen worden;
woran Art und Ort, wie und wo das Übersprungene nachgetragen war,
vielleicht auch die hinzutretende Überlegung des das Ausgefallene
wieder Einrückenden Antheil gehabt haben konnte. Und an Beson-
derheiten fehlt es auch sonst nicht, wie 45, 30, 2. 6 ungefähr eine
Zeile nach eirca zwölf Zeilen, ohne dass man nur den Anlass deut-
lich sähe, in ganz fremdem Zusammenhang wiederkehrt; ähnliche
Wiederholungen auch 40, 45, 3. 5; 44, 19, 4. 65 42,4, 2. Darum
nicht in der Casuistik des äusseren Hergangs, die selten versagt, aber
auch selten beweiskräftig ist, liegt die Entscheidung, sondern in der
Kraft und der Tragweite der inneren Gründe, welche die Beweis-
führung bestimmt haben.
Es erübrigt der Schluss der Rede, der den erhobenen Einwand
beseitigt, ‘wie wenn der Feind in dieser Nacht abgezogen wäre;
welche Mühsal für uns, ihn bis in das Innere Macedoniens zu ver-
folgen’. Dem entgegnet Aemilius zweierlei: erstens, “ich war über-
zeugt, dass er nieht abziehen wollte, denn das war früher, als wir
noch fern waren, leichter als jetzt, wo wir ihm auf dem Nacken
sitzen‘. Und zweitens, ‘wenn die Feinde jetzt abziehen, bei Tag oder
bei Nacht, kann es uns nicht verborgen bleiben, uns aber nichts er-
wünschter sein, als den abziehenden im offenen Felde in den Rücken
zu fallen’. Auch hier hat eine kleine Lücke ungefähr an dem Punkt,
! Vgl. 45, 14,5, wo wenigstens zwei Zeilen ausgefallen sind, deren Ergänzung
noch nicht in genügender Weise gelungen ist; 44, 27, 6; 42, 43, ı usf.
ey
VAHLEn: Über eine Rede bei Livius. 1063
wo «die beiden Gedanken zusammentreffen, eine Unklarheit in der
Anordnung der Sätze erzeugt. Madvig verbindet quanto enim facilius
abire fuit, cum procul abessemus , quam nunc, cum in cervicibus sumus
nec fallere nos interdiu aut nocte abeundo potest? Quid aulem est nobis
optatius quam usw. Grynaeus und andere Herausgeber lassen da-
gegen mit Nec fallere einen neuen Satz anheben. Und mir scheint
letzteres, da mit cum in cervicibus sumus der Gedanke geschlossen ist,
dem folgenden, der ein zweigliederiger ist, besser zu entsprechen:
‘Und jetzt können sie uns nicht verborgen bleiben, uns aber nichts
erwünschter sein, als sie beim Abzug anzugreifen’. Also Nee fallere
nos nunc (nee die Handschr.) interdiu aut nocte abeundo possunt:
nihil autem est nobis optatius quam ut quorum castra ... adorti sumus,
eos relictis munimentis agmine effuso abeuntes in patentibus campis ab tergo
adoriamur. ‘Das sind die Gründe’, schliesst der Redner ab, ‘für die
Verschiebung der Schlacht von gestern auf heute: denn zu kämpfen
bin auch ich entschlossen und werde nicht abstehen, bis ich dem
Krieg ein Ende gemacht habe’.
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BLATE BUREN.\
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1065
Über zwei Vedänta-Texte.
Von ALBR. WEBER.
Am 5. September d. J. erhielt ich in Stockholm von Dr. BerestepTt,
meinem alten Studienfreunde vom Jahre 1847, zwei von ihm damals
aus Pariser Manuscripten sehr sorgfältig in Devanägari gemachte Ab-
schriften. Und zwar gehören dieselben dem gleichen Gebiete an, wie
seine von mir durch seine Güte für meine Bearbeitung von AnQuETIL
pu Prron’s »Öupnekhat« benutzte Abschrift der 30 in E. I. H. 1726
enthaltenen Upanishad' und seine Ausgabe (Upsala ı850) von Gamkara’s
Jnänabodhini”, dem Gebiete nämlich der indischen Philosophie.
Die eine dieser beiden Abschriften ist nach dem Manuseript’
D59 »de la Bibliotheque Royale a Paris« gemacht (20. November 1847).
Das Manuscript trägt die Unterschrift: iti crimad-Ash tävakramunikritä
upadecaclokah samäptah, und enthält die schon von Wırson MAcKENZIE
Coll ı, 11 (1828)', und von F. E. Harn »Index to the Bibliography of
the Indian Philosophical Systems« (1859) p. 125, sowie von AUFRECHT
im Catalogus Oxon. (1864) p. 227". 228° besprochene Ashtävak-
rasamhitä, welche dann im Jahre 1868 von Üsarro Giussanı in
Florenz nach zwei Tübinger Manuscripten und einer Petersburger
Handschrift unter dem Titel: »Ashtävakragitä« edirt worden ist’.
Abgesehen von allerhand Varianten im Einzelnen, die sich auch
auf Umstellung von ganzen Hemistichen erstrecken, zeichnet sich
die Pariser Handschrift speciell noch dadurch aus, dass sich, was
zur Orientirung ganz nützlich ist, am Schlusse jedes der 2 ı Capitel eine
Y s. Ind. Stud. ı, 301. 302. Bersswepr’s Abschrift, die ich damals alsbald zurück-
sandte, ist leider auf diesem Rückwege verloren gegangen!
2 's. Ind. Stud. 1, 421. 423. 433.
°* samvat 1837 mäsotfamamäse mäghamäse krishne pakshe gubhätithau | pratipa-
däyäm guruväsare lisfitam migra P(r)emaräja Jogaräjasya ätmajah| gubham bhuyät.
leshakapäthakayoh.
* sec. ed. (1882) p. 99: Ashtävakrasütra dipikä.
andere Manuseripte s. z.B. noch bei Burxerr, Tanjore Coll. (1879) p. 96 und
bei G. Orrerr Private Libr. South. Ind. I (1880) Nro. 6867. II (1835) Nros. 4472.
8004. 8005. Sur. BHuänpirkar Dece. Coll. (1888) Index p. 482. Burnerr zufolge ist
das Werkehen in Caleutta schon 1855 und in Bombay 1864 publieirt worden.
5
1066 Sitzung der philosophisch historischen Classe vom 28. November.
Unterschrift, mit der Angabe des Inhalts desselben und der Zalıl der
darin enthaltenen Verse, vorfindet, wie folgt:
ı mit 20 Versen': ity Ashtävakrasüktäv ätmänubhävopade-
ca-clokavincatikam prathamam prakaranam; — im Schlusseapitel
werden bei Grussanı dem ersten Capitel nur 19 Verse zugetheilt, daher
er den Eingangsvers apart gestellt hat”; im hiesigen Schlusscapitel
werden demselben gar nur 16 Verse zugewiesen.
2°25 ity Ashtävakroktau cish(yJaproktau pamcavincatikam
svätmänubhavovelosa (“bhävaviläso?) dvit. pr.
3 14 ity A°kroktau väladväropadeca-caturdacakam näma
trit. pP.
46ity A’kroktau cishyaproktau upäsalulläsa s. 21, 2)-shatkam
nama cat. p.
54 ity A’kroktau laya-catushtayam näma pame. p.
64 ganz wie 5, nur shashtham p.
75 ity A°kroktau anubhava-pamcakam näma sapt. p.
84° ity A°kroktau bamdhamoksha-catushtayam nämä’sht. p.
98 ity A’kroktau nirvedä-'shtakam näma nav. p.
ı08 ity A’kroktau upasamä-'shtakam n. dac. p.
ıı Sity A’kroktau jnänä-"shtakam ekädacam näma (s. bei 15) pr.
ı2 8ity A°kroktau vämevä-'shtakam dväd. p.; es ist: (s. 21, 3)
evam-evä° zu lesen, da jeder der 8 Verse mit dem Refrain: evam evä’
"ham ästhitah schliesst.
137 ity A°kroktau yathäsukha-saptara (°ptakam!) näma
trayod. p.
144 ity A’kroktau cämti-catushkam cat. p.
15 20 ity A°kroktau natvo(tattvo)padeca-pamcadacam näma pr.
(hier fehlt die Angabe der Verszahl, und steht näma irrig, wie bei ıı,
hinter der Zahl des prak.)
16 ıı ity A’kroktau viceshopadesa(cai)kädacaka(m) näma shod.
pr. Im Schlusseapitel (21,4) wird dies Capitel als: jnänopadecaka
bezeichnet, und es werden ihm da nur ıo Verse zugetheilt.
17 2oity ACkroktau ta(t)tvajnänasvarüpa-vinca(ka)m n. sapt. p.
ı8 ı0oo bloss: cämtiprakaranam; — diese kurze Bezeichnung, in
Verbindung mit dem den anderen Capiteln gegenüber unverhältniss-
mässig grossen Umfange dieses Capitels, führt unwillkürlich zu der
ı Vers ı-8 bei Aurrecht le.
* dieser von Givssanı apart gestellte Eingangsvers trägt übrigens hier, wie bei
AUFRECHT ]. c., die Überschrift: Janaka uväca, statt: gishya uväca; es entspricht dies
der Legende im Mahä Bhär. 3, 10618 fe.
® Vers 1. 10-15 bei AUFRECHT |. c.
* vollständig bei Aurrecht |. c.
WeBEr: Über zwei Vedänta- Texte. 1067
Vermuthung, dass dasselbe ursprünglich nieht zu ihnen gehörte, zu-
mal der Gegenstand selbst schon in Cap. 14 behandelt ist. Zur Zeit
des Schlusscapitels gehörte es indessen schon dazu.
19'8 ity A’kroktau vierämty-ashtakam ekonav. p.
20 14 ity A°kroktau eishyaproktau jivanmukti-caturdacakam n.
vinc. p.
216 iti erimad-A°kroktau munikritä upadecaclokah samäptah.
Da dieses Schlusscapitel, welches seinerseits ebenfalls die Namen
und die Verszahl der sämmtlichen Capitel aufführt, und dabei in einigen
Beziehungen, sowohl von den obigen Angaben, wie von dem Texte
bei Grussanı (= G.) abweicht, theile ich es wie folgt mit:
daca shad vo (wohl: shat eo?) "padece ı syus, tathä vai” pam-
cavincatih | satyatmänubhavo(l)läse 2, upadece 3 eaturdaca I: | shad
ulläse 4, laye cai ’va upadece catuc-catuh 5.6 | pamcakam syäd anu-
bhave 7, vamdhamokshe catushkakam° 8 || 2 Il nirvedo-"pacame 9. 10
jnänam* ıı evam-evä ı2 'shtakam bhavet | yathäsukhe ı3 suptakam’
cämtau ı4 syäd vedasammatih® Is|| ta(t)tvopadece 15 vineae’ ca, daca
Jnänopadecake ı6| tat(t)vasvarüpe” ı7 vincac’ ca, camam” ı8 ca catakam-
bhavet ||4 | ashtakam cä "tmavierämtau 19 jivanmuktau 20 caturdaca| shat
samkhyäkramavijnäne 21, gramthe käfv)ts(n)yam'’ atah param ||5 || vin-
catyekamitaih khamdaih elokair ältmä)gnimadhyagaih"'|| avadhütänu-
(blüte)e”” ca clokäh samkyäkramäd'” ami]|6 ||
Da ich im Vorstehenden die guten Lesarten aus @ theils bereits, in
Parenthese, im Texte selbst mittheile, theils nebst denjenigen, welche
entweder ganz selbständig oder zweifelhafter Art sind, in den Noten
aufführe, so gehe ich hier auf diese Differenzen speciell nicht weiter
ein (auf eine derselben, in v.ı, komme ich jedoch sogleich zurück).
Die Hauptsache ist, dass sich aus v. 6 eine Gesammtzahl von 302"
! Vers ı—7 bei ÄuFREcHt |. c.
ekonavinco "padece syuh clokäh G, hier liegt ein Thema: ekonavinc@ vor!
® catushtakam G.
jnäne G.
° saptakam ca G.
° sammitih G.
7 vincae G.
tattvasya rüpe G.
came G.
!° oramthaikätmyam G.
!! khaih G.
!® nach Harr 1. c. ist dies als der eigentliche Titel des Werkchens selbst aufzu-
fassen; dasselbe führt, ihm zufolge, daneben auch den Namen: jnanänandasam-
uccaya.
1 krama G.
“= Harr le. hat 203. Irrthum? oder fehlt das Cap. ı8?
1068 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. November.
agni drei, kha Null in der Mitte, ätman zwei! — Versen er-
giebt, während die Addition der einzelnen im Texte vorliegenden
Verszahlen der Capitel factisch vielmehr 304 ergiebt. Dem lässt sich
jedoch an der Hand der Angaben unseres samkhyäkrama hier in
Cap. 2ı leicht abhelfen. Denn der Angabe in v. ı bei & zufolge ent-
hält das erste Capitel nur ı9 vv., nicht 20, wie die Pariser Hand-
schrift (P) zählt, und Grussanı hat daher auch bereits den Einleitungs-
vers apart gestellt, resp. nicht mitgezählt. Und ein zweiter Vers hat
in Cap. ı6 auszufallen, welches nach v. 4 (GP) nur zehn, nicht elf vv.
enthalten soll; welcher Vers hier zu streichen sein mag, ob etwa der
Schlussvers?, muss einstweilen dahingestellt bleiben (dies Capitel führt
“übrigens hier in 21, 4 einen anderen Titel, als in seiner eigenen
Unterschrift). Die Redueirung des vorliegenden Umfangs von 304 Versen
auf die 302, welche v. 6 (GP) im Auge hat, wäre somit leicht zu
gewinnen. Nun tritt aber der eigenthümliche Umstand ein, dass nach
der Lesart von P in v. ı das erste Capitel weder ı9 vv. wie bei G
noch deren 20, wie sie in P factisch vorliegen, sondern nur ı6 haben
soll! was denn natürlich eine Gesammtsumme von nur 299 vv. er-
geben würde. Wie hierfür eine Lösung zu finden sein wird, ist mir
unklar. — Interessant ist in v. 4 vincat (G, oder vinca, Mascul., P)
statt vincati; ebenso in v. 2 eatuc-catuh statt catvärac-catvärah; ferner
daca shat ca in v. ı für shodaca, vincatyeka in v. 6 für ekavincati,
endlich in v. 6 das Compositum: ätmägnimadhyakhaih.
Während die Ashtävakragitä zwar, wie schon AUFRECHT con-
statirt hat, schwerlich mit den alten Weisen Ashtävakra irgend direct
in Bezug steht, immerhin aber doch den alterthümlichen reinen
advaita-Standpunkt des Vedäntata-Systems vertritt, ist in der
zweiten Berestepr'schen Copie ein Werkchen enthalten, das ja auch,
und zwar ex professio, den reinen advaita-Standpunkt repraesen-
tiren will, dabei aber doch durch allerhand eingefügte Specialitäten
vielmehr die seetarisch-monotheistische Wendung der Vedänta-
Lehre zum Ausdruck bringt und somit einen entschieden modernen
Charakter trägt. Diese zweite Abschrift Berestepr’s ist augenschein-
lich (ein Datum fehlt jedoch) zur selben Zeit gemacht wie die
erste, denn sie trägt die gleichartige Aufschrift: »d’apres le Manu-
serit D 57 de la Biblioteque du Roi, a Paris.«® Und zwar enthält
dass hier ätman statt zwei (jivätman und paramätman) steht, stimmt nicht
zu dem advaita-Standpunkt des Textes und tritt dafür ein, dass Cap. 2ı nicht
von dessen Autor selbst herrührt, sondern eine spätere Zuthat ist.
* diese Handschrift ihrerseits, D 57, rührt von demselben Schreiber, resp. aus
demselben Jahre her, wie D 59, denn die Unterschrift lautet: samvat 1837 tatra
WEBER: Über zwei Vedänta-Texte. 1069
sie, dem Kolophon zufolge, den bhedäbhedaväda des crimal-Lalitä
caranaikatäna-Vancidäsa.
Weder der Titel des Werkehens noch der Name des Autors sind bis
jetzt, mir wenigstens, anderweit bekannt. Der in Prosa abgefasste,
und etwas mehr als den halben Umfang des im Vorhergehenden behan-
delten Schriftehens einnehmende Text! beginnt, nach dem Eingangs-
Heilrufe und einem Einleitungsverse, von denen ich zunächst absehe,
wie folgt: svänatiriktapadärthä(h) svätirekenä "sa(t)tvam sphorayatnti
ta(t)-tvam-arthayo(r) dvayor vyäpakaikatarädhikaranatväpekshanät pa-
ryavasthänalabhyä ei (?) svatamträ yad ajnänakritä prapameapaddhatih
puri nishannatva(nn) pariechitti parisphoraka tadatiriktapurushatväbhi-
mänarüpä bhedäbhedänusamdhänena tajjnänopäsanäblıyäm nivartyä
tadä ca na cai "kämtato bhedah samgachate.... Da die Handschrift
ziemlich incorreet geschrieben ist, und jeder Absatz- resp. Interpunctions-
Marke entbehrt, so ist die Abtrennung der Sätze, resp. ihr innerer
Zusammenhang, oft recht schwer herzustellen. So viel indess liegt
klar vor, dass sich der Inhalt der zudem sehr lakonischen Darstellung
auf die Negation (abhedaväda) des bheda, d. i. (efr. Aurrecnr Cata-
logus p. 258 n. 5) der dualistischen Trennung des ätman in in-
dividuellen Lebensgeist (jiva) und höchsten Geist (icvara) bezieht,
welche Trennung speciell dem vedäntischen Monotheismus der eiva-iti-
schen Secten zu eigen ist”, während der der vishnu-itischen Seeten
auf dem reinen advaita-Standpunkt des Vedänta zu stehen vorgiebt,
was er aber freilich nur durch mystische Gewaltstreiche zu erreichen
im Stande ist.
Und so gelangt denn auch unser Autor hier zwar, unter reich-
licher Heranziehung und eingehender Erörterung von eruti-Stellen,
speciell aus den Upanishad, zu dem advaita-Resultat der Einheit:
..na 'nyato’sti drashtä, »na drishter drashtäram pacyed (Ceyer)« ity-
(Gatap. 14, 6, 5, ı = Brih. Är. 3, 4, 2)ädyä(h) crutayo bhedäbhedam
evo 'papädayamti jiva-vrahmanoh. — Aber er beruft sich daneben
auch auf die gitä, d.i. bhagavadgitä (9,15. 18,66), das Textbuch der
mäsottamamäse krishne pakshe cubhatithau ashtamyam cganiväsare liskitam migra
P(r)emaräja Jogaräjatya ätmajah | gubham bhüyät leskakapäthakayoh mamgalam
dadyäta | grir astu kalyänam astu.
' er umfasst in der Copie nur 7 Blätter, die Seite a 10 Zeilen a go akshara,
während die Ashtävakragitä deren ı3 umfasst.
® als Vertreter des bhedaväda, der dualistischen Trennung, wird im Schol.
zu Mädhava’s samkshepa-Camkaravijaya 6,50 (Aurrecnr Catalogus 255” n. 5) der Civait
(gaiva) Nilakantha, während als Vertreter des advaita - Standpunktes (bhedä-
bhedavadı) Bhäskara aufgeführt (zu beiden Namen siehe Harr im Index). — Die
Animosität, mit welcher hierbei die Geister auf einander platzen, spricht sich z. B. in
dem Titel des Commentars eines advaita-Werkes: bheda-dhikkära kräftig genug
aus, s. Harr p. 158. Bveserr Tanjore Col. p. 84.
1070 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
vishnu-itischen advaita-Lehre, und auf die Cändilyasütra, den vedän-
tischen Fundamental -Text der monotheistischen bhakti-Lehre. Und
zwar eitirt er zwei Stellen aus Gänd., von denen die eine: »sä (die
bhakti nämlich) paränuraktir icvare« in der That in BarzAntvne’s
Textausgabe (1861) als sütra 2 sich vorfindet, während die andere:
»bhedäbhedam iti vayam«, und zwar zweimal eitirte — einmal: tathä
:a Qämdilyah: »bhed°«, und das zweite Mal: »sä parä° icvare« bhaktifr),
»bhedäbh. iti vayam« iti Qämdilyasüträbhyäm — darin fehlt. Auch
Cowerr, den ich darüber befrug, kennt dieselbe nieht, hält sie resp. für:
»added from some ecommentator«, und meint, dass sie': »in course of
time got added to the sütras«, wie dies, ef. p. vı der Vorrede zu
seiner Übersetzung (1878), ganz ebenso »happened to Svapnecvara’s
words, quoted by Bhavadeva«. — Und auch unter den als eruti
bezeichneten Stellen finden sich einige, welche keiner ächten, alten
cruti angehören, vielmehr der von dem Autor ebenfalls herangezogenen
tantra-Literatur entlehnt sind, wie denn ja in der sectarischen Lite-
ratur der Name cruti für die seetarischen Upanishad und anderweiten
dgl. Texte durchaus üblich ist, ef. z. B. Räma Täpan. Upan. p. 313, 6
(1864).
Und zu den sectarischen Autoren gehört unser Vancidäsa denn ja
auch selbst, trotz seines ad vaita-Geprunkes. Ähnlich wie bei anderen
Religionen und Culten hat sich auch in Indien die esoterische reine
(Vedänta-)Lehre dem exoterischen Volksglauben anbequemen müssen.
Für unsern Autor geht dies klar und deutlich schon aus dem voran-
gestellten (seiner Eigenthümlichkeit wegen doch wohl auf ihn selbst,
nicht etwa auf den Schreiber der Handschrift zurückgehenden) Heil-
gruss im Eingange, sowie aus dem darauf folgenden Einleitungsverse
hervor, in welchem letzteren er, trotz aller schönen Deduetionen im
Innern über die Einheit des tat und des tvam, sich doch dahin be-
scheidet, sein Heil nur von der bhakti, gläubige Hingabe, an den
Fusslotus der Lalitä zu erwarten, resp. zu erflehen. Der Eingang
lautet nämlich: criganecäya namah | crimad-Rädhä-Lalitä-Vanci-
caranebhyo namah | Lalitäcaranämbhoje sadridhä(sud°) bhaktir
astu me| kim anyaih sädhanädhicaih kalädhicaih prayojanam || ı ||
Von den im Heilgrusse genannten drei Göttinnen nun ist Rädhä
die bekannte Hirtin und Geliebte Krishna’s. Auch Lalitä wird im
Gabdakalpadruma, s. Pet. W., als Name einer Hirtin, die mit der
Durgä und mit der Rädhikä’ identifieirt wird, aufgeführt, erscheint
daneben freilich auch einfach als Name einer Form der Durgä selbst
! sie macht, nota bene, den Eindruck, der päda eines gloka zu sein.
® s. Närada Paücarätra 5, 5, 30 (1861).
WEBER: Über zwei Vedänta- Texte. 1071
(z. B. im Skarda Pur. bei Aurrecut Catal. 7ı"ıı), resp. als Name einer
Tutelargottheit überhaupt. Vanci dagegen als Namen einer Göttin, als
welcher das Wort auch im Namen unseres Autors: Vancidäsa »Selave
der V.« direet vorliegt, ist bis jetzt unbekannt. Es sind resp. für
vanci(s. Pet. W.) nur die Bedeutungen: »Flöte, Blutgefäss, bestimmtes
Körpermaass, resp. bestimmtes Gewicht, Tabashir« bekannt. Man könnte
nun etwa daran denken die » Flöte« als ein Synonymon der Göttin der
Rede, Sarasvati, der Gemahlin Brahman’s, aufzufassen, und somit in
dem Heilgrusse die Gattinnen der drei Hauptgötter: Vishnu (Krishna),
Civa und Brahman angerufen finden. Es liegt indess doch näher in der
Vaneci vielmehr eine Personification der »Flöte« K rishna’s zu
erkennen, mit der er die Herzen der Hirtinnen, gopi, seiner Ge-
spielinnen, entzückt' und bezaubert” und von der er den Beinamen
Vaneidhara führt, s. Närada Pancar. I, 5, ı8. ı2,28. Dann würden also
alle drei Namen dem Krishna-Cult angehören’, und würde der Autor
sich somit praegnant als der Krishna-Secte, zugehörig erweisen, und
zwar speciell derjenigen Schattirung derselben, bei welcher das weib-
liche Element (die cakti) im Vordergrund steht. — Und hierfür spricht
denn ferner noch, resp. ganz entschieden, dass er auch im Inneren
seines Schriftehens die Gelegenheit einmal bei den Haaren herbei-
zieht, um die Identität der Rädhä mit der Lalitä, Beider resp. mit
dem ätman, zu erhärten. Die nach verschiedenen Richtungen hin
höchst interessante, obschon, in Folge der lakonischen Darstellung und
der dazu noch tretenden Incorreetheit des Textes, im Einzelnen wie
in ihrem Zusammenhange ziemlich unklare Stelle lautet (ich hole ab-
! Cowerr schreibt mir in dieser Beziehung: As for Vancidäsa I doubt that
Vanci can mean a goddess. Could it not be amodern expression borrowed from
Mohammedan phraseology and only mean Krishna’s soul-enrapturing pipes? The
Cüfi-priests constantly talk of the »soul-maddening wail of the pipe«. Häfiz also says:
»I am the slave of the drunken nareissus of that lofty eypress, se. the slave of the
intoxicatirg glance of my tall Beloved«. Krishna is constantly represented as piping
to his gopis; he is called vangidhara, so that the vanci is associated with him. —
Eine dergleichen Entlehnung, wie sie CowerL hier vorschlägt, wäre ja immerhin ganz
möglich. Andererseits jedoch ist, bei den speciellen Angaben, die sich z. B. bei Arpı-
run über arabische Übersetzungen des Patanjali ete. vorfinden, auch die um-
gekehrte Annahme, dass der Cüfismus von Indien aus befruchtet worden ist,
ebenso nahe liegend. Und was speciell den Namen Vancidäsa betrifft, so sind
Namen auf däsa in Indien auch verhältnissmässig früh schon üblich, ef. Kälidäsa,
Durgadäsa. Allerdings aber ist gerade die Bildung: Vancidäsa modern, da in ihr
nicht, wie bei Kälidäsa, Durgadäsa, die Verkürzung des Auslautes des Feminins im
ersten Gliede vorliegt, die nach Pänini dafür erforderlich ist.
® vangimadhuranisvanaih | lasadgopälikäceto mohayantam Närada Paäcar.
A, (0,
® zwar nicht die vanci selbst, aber doch ihr Schall wird Gitagovinda 9,11 direet
um Schutz gebeten: apohatu sa vo ’creyänsi vanciravah.
1072 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. November.
sichtlich etwas weit aus, um ein gutes Speeimen des Ganzen zu
geben):
ata eva »tat tvam asi« 'ti tat-tvam-puraskärenai 'vä "bhedah
pratiti(pratitah?), tathä ca gitayäm:
»ekatvena prithaktvena bahudhä vievatomukham« iti (9, 15)
»sarvadharmän parityajya mäm ekacaranam vrajed« iti (18, 66) ea
ekatva-prithaktvayo(h) parasparaviruddhabhä(va)nayor anyathai "kär-
thakriyäkäritvam ishtafvam väkyänvayac ca bhavet, ekatve sati cara-
narnvrajanam ca siddhämte cä ’virodhah, jnänopästi'samuccayac ca,
tenai "katvätmakena prithaktva ekatvenai 'va caranavrajanam bhedä-
bhedamaryädayä, ata eva:
»jnänina” ätvam(ätma-?)bhaktatvam, jnäni tv ätmai 'va me ma-
tam«, »caturvidhä bhajamte mä(m« i)ti ca anatiriktatve sati bhaktat-
vena sa(r)rvottamatvena pariceshalabhyatvag (Ctväc?) ca,
tathä Za(ca?) Cämdilyah: »bhedäbhedam iti vayam«; prakrite 'pi
Lalitä°, sai ’va ca Rädhikä,
‚Rädhävakträrpitekshanam«' ityädi-tamtraväkye bhedäbheda
eya nirüpyate, cerutic ca:
»kvacid bhütvä dvibhujä krishnadehä vanciramdhrair vädayäm-
äsa vaktre| yasyä bhüshäm kumddra’pushpämäläm kritvä 'nunape (?
Lücke!) deva« ity-ädishu svarüpäbhinnasyai 'vo 'päsakatvam,
»Rädhärüpo bhave(d) devi! nä 'tra käryä vicarana (nä)«
»japa(jape?) 'nanyamanä tvamdha® Rädhäsayujyam(sä°) eyyati
(apyeti?)« "ti tamtraväkyaih upäsakatve sati tädrüpyam säyujyam, tad
eva sdyujau sakhäyäv iti säyujyam ekibhävah säkhitvam upäsakatvam
! beiläufig bemerkt. die Yäs mit upa wird in den Brähmana neben der eigent-
lichen Bedeutung: »sich an Etwas heransetzen, ihm nähern«, hauptsächlich in der abge-
leiteten religiösen Bedeutung: »colere, venerari« gebraucht, ist der reguläre, stetig wieder-
kehrende Ausdruck dafür, und die Ableitungen daraus haben in den Upanishad ete.
ausschliesslich diese Bedeutung. Dagegen die Ysad mit upani, die als verbum
finitum überhaupt nur selten vorkommt, hat als solches nur die einfache Bedeutung:
»sich an Etwas annähern«, in dem Adjeetiv upanishädin resp. mit der Nebenbedeutung
der Unterthänigkeit; und diese einfache Bedeutung liegt denn auch wohl ursprünglich
dem technischen Worte: upanishad »das sich zu den Füssen eines Lehrers Setzen«
(s. Pet. W.) zu Grunde, wie ja auch das Wort nishad, ohne upa, theils speciell in
der Bedeutung: »sitzend, Sitzung« sich vorfindet, theils dann, secundär, auch zur
Bezeichnung einer literar. Composition, neben upnishad, verwendet wird.
2 zu jnänin s. Bhagavadg. 3.39. 4. 34, 6, 46 Pancar 1, ı0, 19.
® der Zusammenhang dieser drei Wörter ist mir ganz besonders unklar; prakrite
bedeutet sonst: »in dem Behandelten«, »im Original- Text«, also als ob unser Schriftehen
hier eine Art Commentar zu einem zu Grunde liegenden sectarischen, sütra-, resp.
etwa Pahcarätra- Text wäre! An das Vedänta sütram selbst ist bei der obigen
Angabe jedenfalls nicht zu denken. Vergl. die gleiche Ausdrucksweise am Schluss.
* cf. När. Paücar. 2, 12, 68. 5, 5,11 flg.
° kundara Name eines Grases Pet. W.
% °näs tv amdho? oder: °manä bhütva?
Weser: Über zwei Vedänta -Texte. 1073
ubhayam apy aviruddhasiddhämtam spashtayati; nanu vicishtädvaitam
eva bhedäbhedapadacakyatävachedakam? asti vä ko 'pi viceshah ...
Die im Vorstehenden enthaltenen, leider ihrer Herkunft nach
von mir nicht identifieirten Citate gehören wohl sämmtlich Krishna-
sectarischen Texten der tantra-Literatur ete. an.
Und ganz ähnlich, nur noch directer, wird die Identität der
Rädhä mit dem ätman' (eit) dann auch noch in den Schlussworten
erhärtet::
upädhivishayatvena sämänädhikaranye »brahmavid äpnoti param «
(päram) iti (Taitt. Up. 2, ı) na prasajjeta amte paraprakäcatväpattih,
prakrite” jijnäsya-jijnäsakäder uktarüpatvena svänatirekät sütra-
samgatih, prakrite’: »pracodad(?) Rädhä prastutam eid arväg«
ity-ädierutyä ei-danatiriktayä eri-Rädhäyä (dhayä) ta(t)-tvam-
padärthayo(h) siddhämtena tad-anatiriktena sa(t)tvam, tasyäc(“syäc?)
ei(t)tväd iti hetos, tasya ca sa(t)tvaniyamakatväd, alampallavitena.
Mit dieser der geliebten Hirtin Krishna’s zugewiesenen hohen
Stellung steht denn auch die in dem Schlusstitel vorliegende Bezeichnung
des Autors als: crimal-Lalitäcaranaikatäna in vollem Einklang, in-
sofern auch in ihr, wie im Einleitungsverse, Lalitä eben wohl einfach
als »mit Rädhikä identisch« zu fassen sein wird. Der Autor war
vermuthlich ein Anhänger des Krishna-itischen Pancarätra-Systems.
Is. Paücar. 5, 5,51.140 (caitanyarüpa).
? zu prakrite s. oben p. 1072. n. 3.
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1075
LEIBNIZ und SPINOZA.
Von K. I. GERHARDT.
Zn Klärung des Verhältnisses zwischen Leienız und Spmoza soll im
Folgenden über die unmittelbaren Beziehungen, in welchen Lrısnız
zu Spınoza gestanden hat, gehandelt werden. Zwei unter den Lriısnizi-
schen Papieren von mir aufgefundene Manuscripte liefern Beiträge dazu.
Zuerst trat Leignız zu Spmoza in Beziehung durch ein Schreiben,
Franeofurti 5. Oetober 1671, mit welchem er zugleich ein Flugblatt
übersandte, in dem er über eine optische Entdeckung Mittheilung
machte. In seiner Antwort, Hagae Comit. 9. November 1671, be-
zweifelte Spınoza die Möglichkeit der neuen Erfindung. In beiden
Schreiben wird Philosophisches nicht berührt; Spıxoza bemerkt nur
in der Nachschrift zu seinem Schreiben, ob Leıgnız ein Exemplar des
Tractatus theologieo-politieus (der 1670 erschienen war) besitze; andern-
falls wolle er ein solches übersenden. Leıssız unterliess die Fort-
setzung der Correspondenz; er war, als er im November 1671 Spiwoza’s
Brief erhielt, eifrigst beschäftigt, seiner im August ı670 verfassten
politischen Denksehrift: Bedenken welchergestalt securitas pu-
bliea interna et externa und status praesens im Reich jetzigen
Umständen nach auf festen Fuss zu stellen, einen zweiten
Theil hinzuzufügen. Ferner arbeitete Leisnız in den letzten Monaten
des Jahres 1671 an dem Entwurf einer umfangreichen Denkschrift,
die Eroberung Aegyptens betreffend, welehe Ludwig XIV. überreicht
werden sollte. Nach vielen Verhandlungen, die hier nieht zu erwähnen
sind, reiste Leısxız selbst in aller Stille den 19. März 1672 nach Paris,
um persönlich die erwähnte politische Angelegenheit zu betreiben.
Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass Leıssız von November 1671 bis
zu seinem Abgang nach Paris schwerlich Zeit fand, die Correspondenz
mit Spınoza fortzusetzen. Er unterbrach auch in dieser Zeit die von
ihm so sorgsam gepflegte Correspondenz mit OLpensure in London.
— Aber Lrıssız hat. auch während seines Pariser Aufenthalts unter-
lassen, den Briefwechsel mit Spmmoza wiederanzuknüpfen. Dies geht
aus Spınoza’s Schreiben an SchuLLer, Hagae Comit. 18. November 1675
(Srmoz. op. tom II. p. 238) hervor:
1076 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. November.
8 P P
Lijbnizium, de quo seribit (Tscnuirx#Aaus) me per epistolas no-
vilfe eredo, sed qua de caufa in Galliam profeetus sit qui
Franeofurti eonfiliarius erat, nescio. Quantum ex ipfius epi-
stolis conjicere potui, vilus est mihi homo liberalis ingenii et
in omni scientia versatus. Sed tamen ut tam cito ei mea
scripta eredam, inconsultum effe judico. Cuperem prius scire,
quid in Gallia agat, et judieium nostri Tschirnh. audire, post-
quam ipfum diutius frequentaverit, et ipfius mores intimius
noverit.
In Betreff dieser Briefstelle ist nun weiter zu bemerken, dass
Srımoza die Ausdrücke »per epistolas« und »ex ipfius epistolis« in
Bezug auf Leissız gebraucht und demnach ein Widerspruch gegen
das Obige entsteht, insofern nur ein Brief Leissızens an Spmoza vor-
handen ist. Vorausgesetzt, dass Spmoza sich nicht irrt, indem er
hier von mehreren Briefen Leiıssızens spricht, ist an die Sitte der
damaligen Zeit zu erinnern, dass die Briefe von Hand in Hand gingen
und dass Leissızens Briefe an OLDENBURG, mit dem Srmoza innigst
befreundet war, dem letzteren bekannt sein konnten.
Erst durch vos TscHirsHAus, der im September 1675 mit Empfeh-
lungen OLDEngure s an Leisnız in Paris eintraf und mit dem letzteren
in Folge gleichen Strebens und gleicher Studien Freundschaft für das
ganze Leben schloss, wurde Leıssız wiederum auf Srıxoza hingelenkt.
TscHırnHuaus war während seines zweiten Besuchs in Holland im
Jahre 1675 mit Spisoza persönlich bekannt geworden; er hatte Einsicht
in seine Schriften erhalten, die noch Manuscripte waren, und war
ein begeisterter Verehrer seiner Philosophie. Über das, was TscHirn-
Haus aus den Manuscripten Spısoza’s an Leıssız mittheilte, hat dieser
nach seiner Gewohnheit Folgendes auf einem Blatt vermerkt:
Mons. Tsehirnhaus m’a conte beaucoup de chofes du livre
Mf. de Spinosa. Il y a un marchand & Amsterdam (nomme
Gilles Gerrit,' puto) qui entretient Spinosa. Le livre de Spinosa
sera de DEO, mente, beatitudine seu perfeeti hominis idea, de
Medieina mentis, de Medieina eorporis. Il pretend de demon-
strer de DEO des chofes, quod sit solus liber; libertatem in
eo consistere putat, cum actio seu determinatio non ex extrinseci
impulfu, sed sola agentis natura resultat. Hoc senfu recte ait
solum DEum effe liberum. Mens secundum ipfum est quodam
modo pars DEi. Putat senfum quendam in omnibus effe rebus
pro gradibus existendi. DEum definit Ens absolute infinitum.
Item Ens quod omnes continet perfectiones, id est affırmationes,
! Wahrscheinlich derselbe Jorıca JELLEs, der mit Srıxoza correspondirte.
GERHARDT: Leısnız und SPpınoza. 1077
seu realitates, seu quae coneipi polfunt. Item DEum solum
e(fe substantiam, sive Ens per se subsistens seu quod. per se
concipi potest, creaturas omnes non nifi modos effe. Hominem
eatenus liberum effe, quatenus a nullis externis determinatur,
sed eum hoe sit in nullo actu, hine hominem nullo modo efle
liberum, etfi plus partieipet de libertate quam eorpora. Mentem
e[fe ipfam corporis ideam. Putat etiam oriri unionem corporum
a prelfione quadam. Vulgus philosophicum ineipere a crea-
turis, Cartefium incepiffe a mente, se ineipere a DEo. Exten-
fionem non inferre divifibilitatem, inque eo lapfum effe Carte-
fium; lapfum item effe Cartefium, cum clare se videre eredidit
ac distinete, quod mens agat in corpus, vel a corpore patiatur.
Putat nos morientes plerorumque obliviseci et ea tantum reti-
nere quae habemus cognitione, quam ille vocat intuitivam,
quam paueci norint. Nam aliam effe senfualem, aliam prag-
mativam (-cam?), aliam intuitivam. Credit quandam Trans-
migrationis Pythagoricae speciem....... '" mentes ire de corpore
in corpus. Christum ait fuilfe summum philosophum. Putat
infinita alia effe attributa affirmativa praeter cogitationem et
extenfionem. Sed in omnibus effe cogitationem, ut hie in
extenfione. Qualia autem sint illa a nobis coneipi non poffe,
unum quodque in suo genere effe infinitum, ut hie spatium.
Als eigene Bemerkung hat Lrıssız hinzugefügt: Ego soleo dicere:
tres effe infiniti gradus, infimum v. g. ut exempli caufa afymptoti
hyperbolae, et hoc ego soleo tantum vocare infinitum; re est majus
quolibet affignabili, quod et de caeteris omnibus diei potest; alterum
est maximum in suo seilicet genere, ut maximum omnium extensorum
est totum spatium. maximum omnium succe[llorum est aeternitas;
Tertius infiniti isque summus gradus est ipfum omnia, quale infinitum
est in DEo, is enim est unus omnia;: in eo enim caeterorum omnium
ad existendum requisita continentur. Haee obiter annoto.
Diese Mittheilungen erregten in Leissız den Wunsch, die Manu-
scripte SpmozA’s kennen zu lernen. Tseumxnaus wandte sich deshalb
an SCHULLER, der die Stelle eines Agenten für Spmoza versah, und
dem Srmwoza in der oben mitgetheilten Briefstelle darüber antwortet.
Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass Leısxız keine Zusendung
von Spixoza erhielt.
Leisnız verliess im November 1676 Paris und kehrte über London
und Holland nach Deutschland zurück. In Holland machte Leısnız
die persönliche Bekanntschaft der hervorragendsten Männer der Wissen-
! Ein Wort unleserlich.
Sitzungsberichte 1889. 96
1078 Sitzung der philosophisch-historischen 'Classe vom 28. November.
schaft, namentlich Srinoza’s, der damals im Haag lebte. Dieses Be-
suches bei Spınoza gedenkt Lemsız in einem Briefe an GALroys in
Paris im folgenden Jahre 1677:
Spinofa est mort cet hiver. Je l’ay veu en paffant par la
Hollande, et je luy ay parle plusieurs fois et fort long temps.
Il a une etrange Metaphyfique, pleine de paradoxes. Entre
autres il eroit que le monde et Dieu n’est qu’une m&me chofe
en substance, que Dieu est la substance de toutes chofes, et
que les creatures ne sont que des Modes ou accidens. Mais
Jay remarque que quelgques demonstrations pretendues, qu'il
m’a monstrees, ne sont pas exactes.
Was hier Leissız über seine philosophischen Gespräche mit
Spıxoza im Allgemeinen erwälnt, wird durch den Inhalt eines Manu-
seripts bestätigt, das ich unter den Leisnizischen Papieren aufgefunden
habe. Es folgt hier dasselbe in einer spätern Überarbeitung und
Vervollständigung; ich habe jedoch die ursprüngliche Fassung desselben
kenntlich gemacht:
Quod Ens Perfeetiffimum existit.
Perfeetionem voco omnem qualitatem simpliceem quae po-
sitiva est et absoluta, seu quae quiequid exprimit, sine ullis
limitibus exprimit.
Qualitas autem ejusmodi quia simplex est, ideo est irreso-
lubilis sive indefinibilis, alioqui enim vel non una erit simplex
qualitas, sed plurium aggregatum, vel si una erit, limitibus
eircumscripta erit, adeoque per negationes ulterioris progreffus'
intelligetur, contra hypothefin, affumta est enim pure pofitiva.
Ex his non est diffieile ostendere, omnes perfeetiones
e(fe compatibiles inter se, sive in eodem eflfe polfe subjecto.
Nam Sit propofitio ejusmodi:
A et B sunt incompatibiles
(intelligendo per A et B duos ejusmodi formas simplices sive
perfeetiones, idemque est si plures affumantur simul?’) patet
eam non poffe demonstrari sine resolutione terminorum A et
B, alterutrius vel utriusque, aliogui enim natura eorum non
ingrederetur ratiocinationem ac poffet incompatibilitas aeque
de quibusvis aliis rebus ac de ipfis demonstrari. Atqui (ex
hypothefi) sunt irresolubiles. Ergo haee propositio de ipfis de-
monstrari non potest.
! Leienız hatte zuerst geschrieben: atque ita ope negationum.
? Die Worte: idemque est ..... sind später hinzugefüst.
N r
GERHARD: Leıenız und Srınoza. 1079
Posset auteım utique de ipfis demonstrari si vera esset; quia'
non est per se vera, omnes autem propolitiones necelfario verae
sunt aut demonstrabiles, aut per se notae. Ergo neceflario
vera non est haee propositio. Sive” non est necellarium ut
A etB sint in eodem subjecto, non pollunt ergo elle in eodem
subjecto et cum eadem sit ratiocinatio de quibuslibet aliis ejJus-
modi qualitatibus affumtis, ideo eompatibiles sunt omnes per-
feetiones.
Datur ergo sive intelligi potest subjeetum omnium perfectio-
num, sive Ens perfeetillimum.
Unde ipfum quoque existere patet, cum in numero per-
fectionum” existentia eontineatur.
Im Vorstehenden findet sich das, was Lrısnız Spınoza vorgetragen
hat. Das Folgende scheint er später hinzugesetzt zu haben.
[Idem ostendi potest etiam de formis eompofitis ex absolutis,
modo dentur.]
Ostendi hane ratiocinationem D. Spinofae, eum Hagae Comitis
e(fem, qui solidam effe putavit, cum enim initio contradiceret,
seripto ecomprehendi et hane schedam ei praelegi.
Scehol.
Cartefii ratiocinatio de Entis perfeetissimi existentia suppo-
(uit Ens perfeetissimum intelligi pofle, sive poffibile effe.
Hoc enim pofito quod detur ejusmodi notio, statim sequitur
existere illud Ens, quoniam ipfum tale finximus ut statim
existentiam contineat. Quaeritur autem an sit in nostra po-
testate tale Ens fingere, sive an talis notio sit a parte rei,
elareque ae distinete sine contradietione intelligi poffit. Dieent
enim adversarii talem notionem Entis perfectiffimi sive Entis
per Effentiam existentis effe chimaeram. Nee suffieit Car-
tefium provocare ad experientiam et allegare quod idem ejus-
modi in se elare distineteque sentiat, hoc enim est abrumpere,
non absolvere demonstrationem, nifi ostendat modum, per
quem alii quoque ad ejusmodi experientiam venire polfint;
quotiescungue enim inter demonstrandum experientias alle-
gamus, debemus aliis quoque modum ostendere faciendi ean-
dem experientiam, nifi eos sola tantum autoritate nostra
convincere velimus.
! Für das Folgende bis zu den Worten: aut per se notae, hatte Leısnız zuerst
geschrieben: (elfet enim necellaria, neque tamen per se nota).
? Dieser Satz bis omnes perfeetiones ist später hinzugefügt.
3 Zuerst: inter perfectiones.
1080 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. November.
Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass Lrısnız bereits im No-
vember 1676 (er war 30 Jahre alt) gegen die Philosophie Spmoza’s
und des Carrtzsıus Stellung genommen hatte. Bis dahin hatte er nur
durch die Mittheilungen von Tscnırsnaus über das philosophische
System Spiwoza’s Kenntniss erhalten. In Srmwoza’s Tractatus theolo-
gieo-politicus, der 1670 erschienen war und von dem Leisız viel-
leicht Einsicht genommen hatte, ist sein philosophisches System
nicht entwickelt.
Die Differenz in den philosophischen Anschauungen zwischen
Leisnız und Srisoza wurde vielleicht für den ersteren Veranlassung,
dass er die Unterhaltung auf ein anderes Gebiet lenkte. Ich habe unter
den Leissızischen Papieren ein kleines Blatt gefunden, auf welchem er
Mittheilungen ausführlich notirt, die er von Spmoza über die revolu-
tionäre Bewegung, in der die Brüder pe Wırr zu Grunde gingen,
erhielt.
Demnach besteht die Behauptung zu Recht, dass Leısnız bis zum
Jahre 1675 beziehungsweise 1676 von dem philosophischen System
Spmoza’s keine Kenntniss gehabt hat.
Srınoza starb - Februar 1677.
Ausgegeben am 5. December.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
1081
1889.
L.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
5. December. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Auwers.
1. Hr. Schaper las: zur Geographie des assyrischen Reichs.
Die Mittheilung folgt in einem der nächsten Sitzungsberichte.
2. Die philosophisch -historische Classe hat der Verlagsbuch-
handlung Dirrrıcn Remer hierselbst zur Veröffentlichung der von
Hrn. Kırperr hergestellten Karte von Kleinasien 2000 Mark bewilligt,
ferner Hrn. Dr. Tu. Bürrser-Wosst in Dresden 400 Mark als Ent-
schädigung für seine Unkosten bei der von der Classe ihm über-
tragenen kritischen Ausgabe des Zonaras.
Ausgegeben am 19. December.
Sitzungsberichte 1889. 97
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1083
1389.
Li.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Currivs.
l. Hr. Toster las über Drei französische Wörter etymo-
logisch betrachtet.
Die Mittheilung folgt umstehend.
2. Hr. Zerrer legte vor eine Abhandlung des correspondirenden
Mitgliedes Hrn. Heırz in Strassburg i. E. über die angebliche Meta-
physik des Herennios.
Die Mittheilung folgt im nächsten Sitzungsbericht.
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1085
Drei französische Wörter etymologisch betrachtet.
Von A. ToBLEr.
nfz. dechet.
Di: nfz. dechet »Abgang«, d.h. Einbufse an Rohstoff bei der Be-
arbeitung oder der Lagerung, oder »Abfall«, d. h. minderwertige Über-
bleibsel des der Bearbeitung unterworfenen Rohstoffes, mit dechoir
zusammenhänge, hat jeder sich sagen müssen, der das Wort einmal
auf seinen Ursprung hin ins Auge falste. Darüber jedoch, wie dieser
Zusammenhang im einzelnen beschaffen sei, ist man ungleicher Meinung
gewesen. SCHELER findet, nachdem er mit Recht die von ÜARPENTIER
aus späten Urkunden belegte, gleichbedeutende Form decatum als dem
französischen Worte erst nachgebildet von der Hand gewiesen hat',
den Ursprung desselben in decafus, das er nur nicht so einfach hätte
als lateinisch bezeichnen sollen, da es doch auch erst im späten Mittel-
alter aufgefunden ist und, wofern nicht im Französischen, in keiner
romanischen Sprache sich erhalten hat. Dieses “decafus müfste, wenn
aus ihm das französische Wort geworden wäre, ein altes vulgärlateini-
sches Erbwort sein; denn das französische würde in seiner auch nicht
findbaren altfranzösischen Form *dechies (so und nicht "dechez mulste
SCHELER ansetzen’) durchaus den Lautgesetzen entsprechen. Die Fran-
zosen selbst könnten das Wort nieht gebildet haben, da sie von cadere
nur schwaches Partieipium kennen, und das lat. cafus bei ihnen nur
als Lehnwort heimisch geworden ist. Von jenem *dechies aus, dessen
s ein stammhaftes gewesen wäre, hätte das sprechende Volk, indem
es irrtümlich in dem s das des männlichen Nominativs der Einzahl
sah, den Accusativ dechiet gebildet, der in dem heutigen dechet seine
regelrechte Fortsetzung fände. Auch dieser Volksirrtum ist nicht so
! Nieht minder maccaronisch ist das im Du CanGe der Benediktiner aufgeführte
gleichbedeutende decheium.
® Streng genommen ist auch *dechies nicht die lautgesetzliche französische Form
für decafum, das vielmehr *doiies hätte werden müssen, da chie aus ca sich nur ergeben
konnte, wenn decafum als Compositum empfunden wurde, was bei dem Fehlen eines
ererbten cafum ausgeschlossen war.
1086 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 12. December.
ganz leicht anzunehmen: ist für älteres chevez schon frühzeitig chevet
gesagt worden (Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. XV 262), so wäre eine irrige
Auffassung des auslautenden s (nicht 2) als £+s doch nur da möglich,
wo t-+s wirklich s ergiebt, und dies gilt nur für einen ziemlich ge-
ringen Teil des französischen Gebietes; und den Ausgang -iet für -is
einzuführen, lag keinerlei Veranlassung vor, da -iet keineswegs etwa
ein oft vorkommender, vielmehr auch ein nur innerhalb enger Mund-
artgrenzen möglicher Ausgang ist. So kommt mir denn der von
Scheer angenommene Verlauf der Dinge zwar nicht völlig undenk-
bar, doch in hohem Grade unwahrscheinlich vor, schon der Ausgangs-
punkt Bedenken erregend, und auch der Weg, der zum Ziele führen
soll, nichts weniger als glatt.
Anders hat Lirtr£ und hat nach ihm Bracuer dechet zu erklären
versucht: es wäre dechet die normandische Form des alten Partieipium
perfeeti dechoit von dechoir, bedeutete also »was abgefallen ist«. Hätte
Liviwi sich in seinem Wörterbuche für seine setymologischen Äufse-
rungen etwas mehr Raum gönnen dürfen, so hätte er wohl ungefähr
gesagt: Von cheoir und dessen Zusammensetzungen giebt es im Alt-
französischen aulser dem Pe. pf. chöu (= it. caduto, pr. cazut) ein zweites,
cheoit samt dessen mundartlichen Nebenformen (= pr. cazech), das schon
mehrfach nachgewiesen ist, so bei Orerıı? S. 266, bei Diez II? 248,
bei Bureuy II 24, 25, das normandisch (und im ältesten Französisch
überhaupt) eö statt oi, im heutigen Normandisch e statt dieses ältern e
aufweist und wie zahlreiche andere, die nämliche Endung aufweisende
Partieipia (s. z. B. Scnezer zu Berte 773') so erklärt wird, dafs man
sagt, der bei beneoit, maleoit, coilloit aus -ichum und -Ectum regelrecht
hervorgegangene Wortausgang sei irrig als blofse Flexion empfunden
und mit andern Verbalstämmen zur Bildung eines Partieipium perfeeti
verbunden worden, wie denn schon Diez I? 245 nach beneoit auch
loloit und cheoit entstanden sein läfst. Die Formen decheoit und decheeit
mulsten neufranzösisch das ec der mittleren Silbe verlieren; *dechoit
scheint nicht vorhanden, dagegen ist ein zunächst nur normandisches
dechet für ein älteres decheit gemeinfranzösisch geworden. Dies die
Ansicht Litrre's.
Ihr steht aber die Thatsache entgegen, dafs an den freilich
wenig zahlreichen Stellen, wo das Wort in altfranzösischen Schrift-
stücken begegnet, wir es bereits zweisilbig vorfinden und hinter dem ch
mit einem i£, das nur ein a zur Grundlage haben kann; und dies
! Ich füge hinzu affeois, Og. Dan. 11245; ooit, Percev. 35175; brooiz, Barb. ı.
M.1 280, 313 (bei Pogurr an gleicher Stelle 84, 313 brie); remanois, R Alix. ıS6, 20;
veoit, S. d’Angl. 250 Var.; Jwioite, Mousk. 934, 7211.
Toster: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1087
führt auf den ohne betonte Endung auftretenden Stamm decad,
Es frägt sich nun, ob dechiet, das man bei Goperroy belegt findet
(übrigens auch in den nicht mehr bestehenden Bedeutungen »Fall«
der Engel und »Abweisung«, die man mit einer Klage vor Gericht
erfährt), oder dechie, das BrAumAnoIr in seiner ersten Fatrasie 66 im
Reime zu mengie, paüc braucht, das ursprüngliche ist. Jenachdem
wird man in dem französischen Worte die dritte Singularis des Präsens
decadil oder aber den blofsen zum Substantivum erhobenen Stamm zu
erblicken haben. Vielleicht bestand auch beides neben einander. Das
heutige Wort, das nicht einen Vorgang, ein Thun bezeichnet, sondern
den in Abgang kommenden Betrag, möchte ich als die Verbalform
betrachten, mit der man in eine Berechnung jenen Betrag einstellt,
dergestalt, dals mit dechet: deux livres eigentlich gesagt wäre: »geht
ab: zwei Pfund«. Mehrfach sind in gleicher Weise lateinische
Verbalformen zu substantivischem Gebrauche gekommen, so defieit (bei
den Deutschen auch jacit), placet, vidimus, acceffü, velo; aber auch
an französischen Formen fehlt es nicht, für welche gleiche Auf-
fassung allein möglich oder höchst wahrscheinlich ist, so doit (Soll),
refte, creante m., defaut, während /urcroit und accroit wohl nur falsche
Schreibungen für accrois, furcrois sind. So weit man es dagegen
mit der Bezeichnung einer Thätigkeit, eines Vorgangs zu thun hat,
scheint mir die Annahme näher zu liegen, es sei aus dem Verbum
ein mit dem blofsen Stamme zusammenfallendes Substantivum ge-
wonnen worden, wie es deren neben den ungemein zahlreichen von
Verben erster Konjugation doch nicht wenige auch von andern Verben
giebt, so (neben den von Dirz IP 290 angeführten) z. B. offre (afz. m.),
choix, crois, ceriem, eroi, muef, fie” Die auf diesem Wege gewonnene
Form soll eigentlich nicht anders als deehie lauten, kann aber, wo pedem
piet giebt, auch mit ? auftreten; es kann dieses ? auch anderwärts
zugefügt sein, sei es infolge Vermengung des Wortes mit dem nah
verwandten, auch sinnverwandten, eigentlich aber verschiedenen dechiet,
sei es durch blofsen sonstigen Irrtum wie in civet, clairet, filet (s.
Jahrb. a. a. O.), bei denen freilich das Bestehen des verbreiteten
Suffixes -e! zum Abirren vom Richtigen verleitet haben wird.
! Es sei bei dieser Gelegenheit auch an die in der Zts. f. rom. Phil. IV ıS3 über
it. aggio geäulserte Vermutung erinnert.
® Ich habe nur Maseulina anführen wollen. Zu belegen brauche ich blofs wenige:
O’eft pur neent, nel volt gehir N’enteimes pur crem de murir, SGile 2904; Dijtrent, ne
aveient rei Ne mais Cefar en crei, Pr. Tuaon Best. S. 123 Z. 1381; Enfi me vient en mon
Jamblant, Si n’est mie fans aucun muef, Cour. Ren. 981 (hier ohne Zweifel ein Wort,
das mit modus niehts zu schaffen hat); fi@ verträgt sich als Maseulinum und wegen
seines ie ebenso wenig wie prov. fe, das offenes e hat (Mau Ged. 755,2). mit feden;
weiblich kenne ich es nur Chr. Ben. 41536, aber auch da mit ie.
1088 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 12. December.
nfz. Souquenidle.
Diez hat im Wörterbuch Ile unter guenille evwähnt, dafs dieses
Wort nebst /ouguwenille durch einige, denen er übrigens nicht aus-
drücklich zustimmt, von gonna abgeleitet werde, einem Worte, dem
TuursEysen Jetzt entschiedener als Diez keltischen Ursprung zuschreibt
(Keltoromanisches S. 64), während andere geneigt seien, es mit fläm.
quene »wollenes Überkleid« in Verbindung zu bringen. Wie dem sein
möge, ist bei dem Fehlen alter Zeugnisse für guenille schwer festzu-
stellen; das von ÜARPENTIER bei Du CaneE unter guella belegte guenelle,
welches »Wimpel« zu bedeuten scheint, könnte allenfalls mit guenille
eins sein, würde aber als ein von gone abgeleitetes Wort kaum gelten
dürfen, da sein Lautbestand so wenig wie sein Sinn dazu palst.
Keinesfalls aber wird gestattet sein /ouquenille als Compositum von
guenille anzusehn; denn während wir dieses nur in der einen Form
mit dem Ausgang -i//e (vielleicht auch -eille, wenn das CARPENTIERSche
Wort gueneille gelautet haben sollte) kennen, tritt jenes in der alten
Sprache einzig mit dem Ausgang -ie auf; während dieses nur mit g
als Anlaut bekannt ist, finden wir jenes nur mit g oder c oder %k
oder einem damit vermutlich gleichbedeutenden ch hinter dem, was
Präfix zu sein scheinen könnte: foucanie t[hJeriftrum, Gloss. 7692, 583
(während im Glossar von Lille das nämliche griechisch -lateinische
Wort S.23 mit camife übersetzt wird); Ainz demain conplie Avras
atache et corroie, Cotte et [ofquenie, Rom. u. Past. I ı9g, 48; penft
que ü doinft fovent Cotte, mantel a f’amie, Peligon et fofqwenie, Lied
in BartıscH Chrest.' 338, 4; Robins m’acata cotele D’efcarlate bonne et
bele, Soufkanie et chainturele, Rob. et Mar. 5; Je aportai (in meiner
Ausstattung) mout boine plice Et boin fercot et [oufcanie, Du Vallet
im Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. XIII 303, 362; Or uffent unes fofchanies
Amples defos, par pans fornies Et veftent ces les foupelis, Parton. 8o15
(in einem ironischen Lobe der bei den Frauen der Gegenwart herrschen-
den Schliehtheit der Kleidung); /Et] Une blanche fufeanie Ot veftufe]
por plus biaus eftre (der als Ritter auftretende Engel), Rob. le Diable
C III 61; Veftue ot (Franchise) une forguanie, Qui ne fu mie de
borras (grober Wollenstoff auch Sackleinwand); N’ot fü bele jufqu’a
Arras, Car el fu fi coillie et jointe Qu’ü n’i ot une feule pointe Qui a fon
droit ne fuft affife. Moult fu bien veftue Franchise, Car nule robe n’eft
fi bele Que forguanie a damoifele. Fame eft plus cointe et plus mignote
En forguanie que en cole, Rose ı216ff.'; Li ami et les amies Orent
" Im Dv Canse der Benediktiner wird unter /ofcania, wofür ein Beleg von ı199
gegeben ist, dieselbe Stelle nach einer Handschrift angeführt, wo jedesmal fous-
quenie steht.
Tosgter: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1089
gans et forkenies (Schäfertanz), Rom. u. Past. III 30, 20; forcanie
ist statt des gedruckten /orcaine ohne Zweifel auch in dem Gedichte
zu lesen, das JusiınaL in seinem RurtzEgEur | 448 mitgeteilt hat, wo
manches zwar dunkel bleibt, die /orcanie blanche aber jedenfalls auch als
ein Kleidungsstück für Leute niedrigen Standes und zwar für Geistliche
genannt wird." Eine entsprechende Änderung wird man bei ParscravE
zu vollziehn berechtigt sein; denn das bei ihm S. 23 1a aufgeführte Arwke,
a garment for a woman, das er mit furguayne und froc übersetzt, ist
doch schwerlich etwas anderes als das S.233a zu findende Auke?,
dessen französische Wiedergabe furguanie und ‚froc lautet. Auf
keinen andern als diesen Ausgang weist denn auch die Form hin,
die dem wahrscheinlich aus Frankreich eingeführten Worte im Mittel-
hochdeutschen gegeben ist, fuckente, fuggenie. WeısnoLv, die deutschen
Frauen S. 447. hat, was von den Romanisten übersehen worden,
schon 1851 das deutsche und das altfranzösische Wort einleuchtend
zu dem polnischen fuknia, dem böhmischen fuckne, in Beziehung ge-
bracht. dessen anderweitige slavische Formen Mixrosıcn im Etymol.
Wörterbuch unter /u%k verzeichnet, auch Cmac I 379 aus Anlals des
rum. /uend anführt. Doch scheint es geraten anzunehmen, das Wort
habe Deutschland auf dem Umwege über Frankreich erreicht, wo
sowohl die Einschaltung des Vokals zwischen A und nr leichter be-
greitlich erscheint (vgl. für den Anlaut Diez Gr. 1? 318) als auch
namentlich die Verlegung des Tons auf das im Polnischen tonlose i.’
Kann hiernach fouquenille als von guenille aus gewonnen keines-
falls gelten, wenn gleich die alten Schreibungen mit /os und or
darauf hindeuten, es sei schon in alter Zeit die erste Silbe des
Wortes irrig als das eine oder das andere der Präfixe empfunden
worden, die in /orchauz , forceint, forceinte, forcot, forcotel, forcotelet,
Jorpeliz , fozcengle (forcengle) , fozfelle (forfelle) und dergl. vorliegen,
so kann ebenso wenig davon die Rede sein, dafs fougquenille, wie
Lirte£ und ScHELER meinen, ein Deminutiv zu afz. fouguenie sei.
Aus diesem wird vielmehr jenes so entstanden sein, dafs in schon
neufranzösischer Zeit, als bereits mouilliertes / den Laut des Jod an-
" Dals das Wort ein auch von Männern getragenes Gewand bezeichnet habe,
hat auch CArPENTIER zu Du Cangea.a.O. aus einer Urkunde von 1393 gezeigt,
worin dreimal die Form feguannie zu lesen sei.
* Das in England, wie es scheint, erst spät und nur selten begesnende Wort
ist offenbar eins mit französisch Augue, das ich in altfranzösischen Texten nicht ge-
troffen habe, das aber Goperroy aus Schriften des fünfzehnten Jahrhunderts reichlich
belegt; s. auch Auca bei Du CAnGE und CARPENTIERS Zusätze.
® Mit den slavischen Wörtern hat das mittellateinische, das deutsche und das
französische 1862 auch DierengacH in der Zts. f. vergleich. Sprachf. XI 290 zusammen-
gestellt; er erblickt darin eine romanische Zusammensetzung mit einer Präposition
und verwirft die Annahme einer Ableitung von mlat. fucca.
1090 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 12. December.
genommen hatte, andererseits aber # hinter betontem Vokal noch
nicht völlig geschwunden war, der Ausgang -ie (genauer -le) schrift-
lich durch -ille dargestellt wurde, das in vielen Wörtern für manche
die nämlichen Laute vertrat. Das mag dann wieder bei manchen, die
-ille noch mit palatalem / sprachen, eine geschichtlich unberechtigte
Aussprache mit solchem / herbeigeführt haben. So meint A. Dauper
vermutlich nur eine ihm auffällige besondere Hörbarkeit des e nach ö
am Wortende, wenn er den aus der Provence nach dem kalten Paris
umgezogenen alten Valmajour darüber murren läfst, dafs man ihn von
daheim weggeführt habe fi loin dans cette Siberille, Numa Roumestan
116, oder wenn er Valmajour selbst den Tag herbeisehnen lälst, da
man seine biographille auf den Strafsen feilbieten werde, eb. 241, oder
wenn im Petit Chose 217 der Händler aus den Cevennen seinen Esel
Anaftagille wuft: »il croyait dire Anaftafie«. Nicht anders verhält es
sich mit dem aus dem Süden eingeführten baftille = prov. baftida,
baflia, wozu das veraltete ba/tillon neben bafton gehört. Der näm-
liche Vorgang scheint sich vollzogen zu haben auch wenn nicht eben
dumpfes e folgte, und wenn dem / ein anderer Vokal als ö voran-
ging. Nfz. debraille geht nicht erst durch Vermittelung von braiel
Hosengurt (bracale) auf braie zurück, wie SCHELER und LirtrkE an-
nehmen, sondern ist eins mit pr. defbraiat, wie schon BrAcHET ge-
sagt hat. Nfz. porillon scheint nichts anderes zu sein als porion, das
in der alten Sprache allein vorkommt, übrigens selbst nicht recht
verständlich ist; wenigstens würde, was W.Mrver, Neutrum 62, von
dessen Zusammenhang mit porrum annimmt, nur für ein Wort ge-
lehrter Herkunft gelten.
Einiges andere ist weniger sicher: Unbedenklieh würde man
nfz. fourmiller dem alten ‚formiier gleichsetzen dürfen; doch findet
sich schon afz. formillier oder doch fremillier, und formille als Name
der Ameise, was in Verbindung mit it. formicolare, formicola eine
andere Auffassung nahe legt. Nfz. Öbrailler könnte so entstanden sein,
dafs in den Formen von braire, wo dem Stamme ein Vokal folgt
(braient, braioit, braiant u. dgl.), das © dureh mouilliertes / neufranzö-
sisch ersetzt und von ihnen aus ein neuer Infinitiv und weitere Formen
nach erster Konjugation gebildet wären; wenn jedoch braillier wirklich
sehon im Altfranzösischen vorhanden war, wie es nach Rose 10114
(brait et crie et braille, Micner) scheint, so wird diese Annahme hin-
fällig, ohne dafs darum Lirree's und Scuerer’s Hinweis auf das Ver-
hältnis von criailler zu crier zutreffender wird.‘ Nfz. eraillE mag,
! Dals draillier schon im Altfranzösischen bestanden habe, ist mir zweifelhaft.
Die Stelle im Roman von der Rose ist die einzige, an der ich es kenne; und dort
Toster: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1091
soweit es von Geweben oder von Tauen gesagt wird, eins sein mit
dem von den Wörterbüchern als veraltet verzeichneten eraye, also
von raie abgeleitet; dagegen wird man für afz. efraaillie (z. B. la vielle
efraelie, das Micner in Eustache le moine 266 so seltsam als israelite
mifsdeutet hat) ein anderes Etymon suchen müssen. Die ältere Neben-
form tremouille für das heutige iremie, afz. tremmie (eigentlich -weie,
-oie) zeigt den in Rede stehenden Laut unter besondern Bedingungen
(di), auf die hier nicht näher eingegangen werden soll (vgl. G. Parıs
in Romania VI ı33 und 309). Vermutlich hat auch neben champion
irgendwo champillon bestanden; denn schwerlich werden die Deutschen,
die das Wort im Sinne des it. campione, Muster, Probe, sich an-
eieneten, selbst das / von Schablone hinzugefügt haben, obschon it.
eonvoglio, zagaglia, sp. fervilleta als Wiedergaben von fz. convoi, zagaie
und /erviette derartiges Auftreten des mouillierten 7 beim Übergang
französischer Wörter auf fremden Boden als möglich erweisen. Sicher
sehon in altfranzösische Zeit hinauf reicht die Erscheinung, wenn morie
und morile, beide »tötliche Seuche, Sterbent« bedeutend , wofür auch
morine gesagt wird, das nämliche Wort sind. Ersteres findet man
aufser an der von GoDEFRoY mit einem störenden Fehler (prit für frit)
wiedergegebenen Stelle des R Rose 20741 auch Z. 348 desselben Ge-
dichtes: Ce ne fuft mie grant morie, S’ele morufl, ne grans pechies; Car
tous es cors eftoit fechies De viellece et anoiantis; ferner Si eft cheoite
la morie (so Mussarıa für des Herausgebers /’amorie) Defus laute en
ceft monde, Poire 1262; letzteres aulser an den von GopErroy beige-
brachten Stellen, deren erste übrigens dem GAUTIER DE ÜoIsY 183, 147
gehört, auch in Ferir les puift malfe] morille, eb. 625, 390; fe uns
buef chiet mort a la charrue de droite morille, Cout. Bourg. 23.
Schliefslich sei erwähnt, dafs man aus den bei Tnuuror, De la
Pronone. fre. 1158, zusammengetragenen Zeugnissen ersehn mag, wie
spät die Formen /ouguenie, fequenie, [gQtenie noch in neufranzösischer
Schriftsprache auftreten. Derselbe führt II 299 die Bemerkung von
Rocne (1777) an, dafs manche Leute peiller, affeillez-vous statt payer,
affeyez-vous aussprechen. Il 307 bemerkt Tuuror, baftillon und baftion
seien zwei verschiedene Wörter; doch erkenne ich nicht, worauf sich
steht es zwar in den Ausgaben von MEon, von MicHEL, von Marreav, auch in den alten
Drucken, die ich habe vergleichen können. Die beiden Handschriften der hiesigen
Kgl. Bibliothek dagegen, die einzigen, die mir zu vergleichen möglich gewesen (die
zwei des Kgl. Museums sind leider unversehens wieder verkauft). haben an jener
Stelle Cele gwi brait et crie et baille und Celle qui bret et crie et baille. Vielleicht hat
GuıLLAUNmE DE Lorrıs neben baaillier auch baillier (den Mund aufsperren, stöhnen,
ächzen) gebraucht, wie Rogerr DE Broıs es thut, wenn er in dem nämlichen Gedichte
sagt: (C’e/t foufpirer et baaillier, Barb. u. M. II 217, 1040 und Or je plaint, or baille, or
[eftent, eb. 209, 789.
1092 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 12. December.
8 I I
diese Behauptung stützt. — Die Umkehr des Vorgangs, der zu fou-
quenille geführt hat, kann man in vigie aus vigilia sehn; doch handelt
es sich hier um ein Wort der Seemannssprache, das aus einer italieni-
schen Mundart entlehnt sein wird; und den Wechsel des palatalen /
mit zu verfolgen ist hier nicht der Ort.
Ist /ouquenille keinesfalls ein Compositum von guenille, so könnte
umgekehrt dieses aus jenem gewonnen, zu dem Worte, dessen erste
Silbe man fälschlieh schon im Altfranzösischen als Präfix empfand,
ein vermeintliches Stammwort gestellt worden sein. Le Ducnar bringt
in der Ausgabe von 1750 des etymologischen Wörterbuchs von MENnAGE
ein canie aus BeLLerorest’s Übersetzung des Bandello und Sanısr's
Übersetzung des Herodot, also aus Werken des 16. Jahrhunderts bei,
das er für gleichbedeutend mit souquenie hält. So könnte ein *quenille
aus /ouquenille entnommen oder auch aus canie hervorgegangen und
nachmals zu guenille geworden sein, wie neben afz. quitaire sich nfz.
guitarre gestellt hat, neben cabarre auch gabarre, neben cabufer auch
gabufer, neben canivel auch ganivet u. dgl. sich finden. Vielleicht ist
auch schon im unverstümmelten Worte g für q eingetreten, wie man
bei Froissart haghenee neben haquenee trifft, und mit hagenee, das in
dem Glossar »Olla patella« /onipes übersetzt. ohne Zweifel ebenfalls
haguenee gemeint ist.
nfz. acecoutrer.
coutre Pflugmesser oder Sech (von ceulir-um) ist im Französischen
weit früher nachzuweisen, als Lirrre'’s Belege vermuten lassen, die
erst mit dem ı5. Jahrhundert beginnen. Man trifft es in Karl’s
Reise 285, wo der Dichter Kaiser Hugo’s kostbaren Pflug beschreibt,
im Rou IH ı23ı und 1245, wo es neben /oc Pflugschar und apleit
(GoDEFRoY aploit, Lartre aplet) als eines der fers des Pfluges genannt
ist; ferner Aine ne pout faire paffer outre Ne la charrue ne le coutre
Li varlez qui la terre aroit, GCoimss. ı21, 504: (Orifons) perche d’outre
en outre Le ciel, com la tere le coutre, JJouR. 2073 (so die Handschrift);
A la karue fen repaire, .. Aine n’i laiffa ceval ne poutre, Ofte le face
(1. foc?) et puis le coutre, Ferg. ı2. 34; Or faut bowvies (2?) et clous
el frettes, Herfes et joins et courraietes Ei foc et coutre. Ainfi efeonvient
doutre en outre Faire ce que menage mouftre A chafeun homme, Jus.
N Rec. IH ı65; Mont. Fabl. I 85: aufserhalb des Reimes auch Jus.
Jongl. et Trouv. 130; Bars. u. M.IV 383, 573, wo coftre geschrieben
ist, in den Glossaren von Douay ı03b, von Lille 2ra und 2ıb, in
Toster: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1093
dem Glossar »Olla Patella«, im Catholicon, wo vomer und eultrum
damit übersetzt sind.
Von diesem Nomen kann ein Verbum acoutrer abgeleitet worden
sein, welches »mit dem Messer ausrüsten« bedeutete und den Pflug
zum Objekte hatte. Wenn es in diesem Sinne bestanden hat, so
gehört es in die gleiche Gruppe von Bildungen erster Konjugation
aus Substantiven und dem Präfix ad wie folgende altfranzösische
Verba: amorer mit einer Spitze versehn (von more), abaftoner, aba-
taillier, abretefchier, aclofagier, acortiner, aefchier (mit Köder bestecken),
afeutrer, aflorer, afrener, aguichier, aharnafchier, amanchier, aprovender,
und vermutlich manche andere, die ich mir nicht gemerkt habe.
Dafs es einstmals in dem angegebenen Sinne üblich gewesen sei, bin
ich allerdings darzuthun aufser stande; aber mir scheint, die Annahme
eines solchen Sachverhaltes, der wahrlich sehr wohl bestehn konnte
ohne in den Denkmälern eine Spur zu hinterlassen, erklärt am leich-
testen nach Gestalt und Sinn das heutige accoutrer »ausstaffieren«.
Der Umstand, dafs erst mit dem coutre versehen der Pflug zur Ver-
wendung fertig ist,' alles, auch das Letzte hat, was ihm not thut
um in Thätigkeit zu treten, mag Veranlassung gewesen sein, dafs
man in andern Verhältnissen das Ausstatten mit dem zum Hinaus-
treten unter die Menschen erforderten äufseren Zubehör als ein accoutrer
bezeichnete. So ist e/quiper als transitives Verbum in der alten Sprache
nur vom Ausrüsten der Schiffe gesagt worden, während es jetzt
(unserem »auftakeln« zu vergleichen) von ganz anderem Ausstatten
ebenso gut gilt; so ist enharnacher zunächst nur »anschirren« oder
»in die Rüstung stecken (ein Rofs)«, wird aber auch auf Menschen
mit auffälligem Anzug angewandt; so ist afz. acefmer, wenn G. Parıs,
Rom. XI 445 recht hat, zunächst nur »scheiteln« gewesen, aber
hernach der Ausdruck für jede Art des schön Herrichtens geworden;
so ist adouber »zum Ritter schlagen«, dann »mit den ersten Ritter-
waffen versehn«, später überhaupt »ausstatten«.
Die altfranzösischen Wörterbücher haben in diesem Falle das
Finden einer annehmbaren Etymologie eher gehindert als gefördert.
Einmal hat das Voranstellen einer Form mit s, die in diesem Falle
keineswegs die ursprüngliche war, irre geführt, und andererseits sind
Wörter vermengt worden, die nur als Homonymen gelten dürfen,
ihrem Ursprunge nach einander nichts angehn. Wenn wir es bei
GGurmet I 3901 mit unserm accoutrer zu thun haben, allerdings auch
! Es sei an die von mir in der Zts. f. vom Phil. IX ı50 gerechtfertigte Anderung
im Texte des Movsker erinnert, der zufolge Z. 29235 lautet Peu vaut Pareres fans le
coutre (Hds. lafaires).
1094 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 12. December.
schon in abgeleiteter und noch dazu etwas gezwungener Verwendung,
wo er sagt El tens.. (Que la mauviz fes chanz acouftre, Et que violete
fe mouftre, so darf der Umstand, dafs das Reimwort ein stammhaftes
s in der Schrift noch aufweist, nicht zu der Annahme verleiten, man
habe es auch in acouftre mit stammhaftem s zu thun. Das s ist in
mouftre bei G Gurt längst verstummt gewesen, nur in der Schrift
festgehalten, und kann somit auch in acouftre ohne alle Bedeutung,
nur der äufsern Übereinstimmung mit mouftre zuliebe eingeschaltet
sein; so fehlt es denn auch an der andern Stelle, wo acouire mit outre
zu reimen hatte: a deus autres pas Furent, fi con Üen les acoutre, Frangois
defireuz d’aler outre, eb. 1 5559, und fehlt es bei gleichem Reime an
folgender Stelle Les hardeillons moult bien acoutre Defor fon dos, que
bien [’en cuevre, Ren. 850 (ähnlich lautend bei Marrıw III 98, und im
Variantenband S.ı25). Wenn also nicht ältere, für die Ursprüng-
lichkeit des s zeugende Reime sich finden, nötigt uns die Schreibung
mit s ebensowenig für acoutrer ein Etymon mit s zu suchen, wie die
Reime breche: breteche (älter bretefche) G Gusart 1 4010, baafte: hafte
4890 uns nötigen bei breche und baater an Untergang eines älteren s
zu denken, oder wie entsprechende Schreibung und Reime, die oben
für das Substantivum coutre nachgewiesen sind, uns hindern können
cullrum als Etymon für dieses gelten zu lassen.
Wenn wir sodann an einigen andern Stellen acoutrer in einer Be-
deutung vorfinden, die mit der von uns als ursprünglich angenommenen
unvereinbar scheint, so wird es sich da um ein ganz anderes Wort
handeln, um eine Nebenform des von cote, keute, code (= cubitum)
vielleicht unter Einmischung von coule, keute (= euleita) abgeleiteten
acoter. Wenn es im Testament des JEAN pe Meune 1809 heilst Luwure
confont tout la ou elle [’acoutre (: outre), so hat man da wohl dasselbe
Verbum vor sich wie in Te eruautes for tous f’acoute, Vdl Mort 5, 3,
und es wird dasselbe heifsen »sich niederlassen« ; so vermutlich auch
in Zui et fes ferjanz la demeurent. Ez vous Flamens, qui fus leur queurent
Si toft con devant eus f’acouftrent (: mouftrent), G Gur. 1 7265. Von
cote »Ellenbogen« ist mir zwar eine Nebenform mit fr altfranzösisch
nicht bekannt; doch verzeichnet sie Cmamgure als heute im Morvan
üblich, Glossaire du Morvan 223; von coute »Polster« treffe ich die
Nebenform coutre im Joufroi: En plus bel lit, en plus blans dras Gifoit
et en plus mole coutre (: outre), 1921, sei es dafs hier ewleira zu Grunde
liegt, sei es, dafs r in die tonlose Schlufssilbe te eingeschaltet ist,
wie in den bekannten, zuletzt von Eurfx in dem Recueil presente A
M. Gaston Parıs S.15 (in etwas zu grofser Zahl) aufgeführten Wörtern.
! Vielleicht auch in dem nachher zu erwähnenden afz. empaitrier, wenn es mit
Toster: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1095
Vielleicht gehört hieher auch folgende Stelle aus dem Gedichte De
Guersay: Mauves famblant d’amors me mouftre Cil qui m’efforce que
jacoutre Tant de vin en mon ventre, in (Euvres de Rurzs. Il 438, wo
aufser mouftre auch outre, efcoutre (2), voutre, avoutre veimen, und dem
Verbum etwa die Bedeutung »lagern« beizulegen sein mag; vielleicht
auch Percev. 39367, wo acouftree kaum etwas anderes sein wird als
acotee, der vorangehende, eng damit zusammenhängende Vers aber
mir völlig unverständlich ist.
Nfz. defaccoutrer, in heutiger Bedeutung durch Lirree auch aus
dem 15. Jahrhundert nachgewiesen, macht keine Schwierigkeit. Wenn
6 Gurarr das (bei Goperrov fehlende) Wort in etwas abweichendem
Sinne gebraucht: Leur flo fuiant fe defacoutre, Et li Efpaingnol paffent
outre, I 2171, so kann dies bei der etwas gezwungenen Verwendung,
die er sich von acoutrer gestattet, nicht befremden; ist dieses für ihn
ungefähr so viel wie afaitier und wie arengier, so ist es natürlich,
dafs er jenes in dem Sinne braucht, den oil defrengier anderwärts
hat: Et Saifne fe defrangent, Ch. Sax. I 143.
Was das nur im Altfranzösischen nachweisbare defcoutrer betrifft,
so ist die Vermengung dieses Wortes mit defcoftre = defeofdre (dis-
confuere), die sich Hexscnen hat zu schulden kommen lassen, schon bei
Goprrroy vermieden, allerdings nicht ohne dafs er seinerseits wieder
Formen des auch ihm bekannten defcoure (difeutere) als zu defcoudre,
defeoutre gehörig angesehn hat.' Defeoutrer ist auch mir nur aus
G Gurarr bekannt; es heifst »zerschneiden, zerhauen«: Aufi con Pen
defeoutre gloe (wie man Scheitholz spaltet), Les prennent enwiron a roe,
Mes nes emprifonnent ne lient, Ainz les defpoillent et ocient, 11 8316 (wo
der Vergleich sich nur auf das ocient des letzten Verses zu beziehn
scheint); Pepin et fes filz Karlemaine, Qui tant Sarrafin defeoutrerent, En
maint fort eftour la (Voriflambe) mouftrerent, Iı138; Aucuns d’eus leurs
boiaus träinent, Autres leur plaies [’entremouftrent; Frangois a douleur les
defcouftrent, 13648. In reflexivem Gebrauch heifst es »sich auflösen,
sich zerstreuen«: Francois les dos aus Flamens mouftrent, Et cil en
dem gleichbedeutenden pr. empaitar, empachar eins und auch in empaiftrier das s nur
mülsig sein sollte. s vor £ ist bei Benorr stumın.
! Defeoure oder defcorre heilst übrigens an den von Gopverroy dafür beigebrachten
Stellen keineswegs punir, sondern giebt durchweg difeutere des Originals wieder und
war mit difeuter zu übersetzen; man findet die Stellen in Forrsrer’s Ausgabe des
Job 312, 38, 40, 42; 317,8. Es kommen dazu: cant l’om les (les vices) defcout, fi feit
l’om com anemis il erent (cujus adverfitatis fint, difeu/fa fentiuntur), eb. 310, 6; nos les
devons plus cremoir ke defcoure (timere magis quam difeutere debemus), Dial. Greg.,229, ı8.
Die cheveux defeoux des AuLaın CHArvıEr dagegen sind die difeuffae jubae aus Aeneis IX
8ıo und haben mit defeofdre, dessen Participium nie anders als defeofu gelautet hat,
nichts zu thun.
1096 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 12. December.
P’eure fe defcouftrent, Qoi (1. Qui) les vont derriere affaillant (hier von
Auflösung zum Zwecke der Verfolgung), I 6158; Flamens voient quwil
fe decouftrent Et que nul n’a atendu per, U 7694. Möglicherweise
giebt es weitere Belege für das Wort; so könnte vielleicht an der
von ÜARPENTIER in Du CAnsE unter decotare angeführten Stelle icellun
Jehan faicha un coutel et en defcota li diz Maffins (2) par le corps,
tellement que trois jours apres la mort f’en enfüy das Verbum defcotra zu
schreiben sein; ob GopeErroy die Stelle aus der Urkunde selbst oder
aus ÜARPENTIER mitteilt, ist leider nicht sicher. So könnte das Wort
herzustellen sein an der von Pogurr unter allen Umständen mils-
handelten Stelle des @Coimfy 602, 370: La n’ierent fi aligote Et def-
confit et d’eftrote, sei es dafs der Dichter mit nichtreichem Reime,
der auch bei ihm öfter vorkommt, defcotre gesagt, sei es dafs er
eine durch Metathese des r zu erklärende und leoninisch reimende
Form deferote gebraucht hat.
Dieses defcoutrer ist mit acoutrer in der Weise verwandt, dafs
auch es von coutre aus gebildet ist, wenn gleich wahrscheinlich nicht
von coutre in der Bedeutung »Pflugmesser«, sondern in der ihm heute
noch zukommenden und schwerlich minder alten »Spaltklinge, Spalt-
axt«. Jenachdem man das s des Präfixes für ursprünglich oder aber
für bedeutungslos in die Schrift aufgenommen ansieht, wird man das
Verbum etwa mit afz. defborner »durch Grenzsteine scheiden«, nfz.
derayer »durch eine Furche teilen« seiner Bildungsweise nach zusammen-
stellen oder aber zu coutre in dem Verhältnis finden, das zwischen
afz. deglaivier, dehachier, demaillier und glaive, hache, mail besteht.
Ich möchte mich eher für das letztere entscheiden und decoutrer für
die ältere Form, s für verhältnismäfsig spät eingeschaltet halten.
&in Wort noch über bisherige Versuche accoutrer etymologisch
zu deuten; aber nur über solche, die nieht, wie einige der bei Lirrk£
erwähnten, heutzutage von vornherein jedem ganz unsinnig vorkommen
müssen. Diez hat in dem Verbum eine Ableitung von couture »Naht«
sehn wollen; es hätte zunächst »eine Naht machen«, dann »verbinden«,
endlich »zurecht machen« bedeutet. Könnte ich mich mit dieser
Deutung befreunden, so würde ich lieber daran erinnern, dafs cofdre
(— coudre) oft von dem Nesteln der Ärmel gebraucht worden ist,
das einen nicht unwesentlichen Teil des accoutrement in alter Zeit
ausmachte (Ch. lyon 5423; Jeh. et Bl. 5908; Rose 98, 563, 21990;
Pere. 17750). Was mir diese Herleitung unannehmbar macht, ist ein-
mal die Überflüssigkeit einer Bildung "acofhırer neben dem der alten
Sprache geläufigen acofdre, sodann die Schwierigkeit von der Bedeu-
tung »annähen« zu der Bedeutung »bereit machen« zu gelangen,
endlich der Umstand, dafs mir nicht eine einzige Bildung auf -ure
Toster: Drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1097
bekannt ist, deren Derivata nicht das u bewahrt hätten (droiturier,
‚ferrurier , teinturier, ufurier , peinturer, voiturin, aventureux'; afz. amefurer,
afaiturer, deffaiturer, empafturer”). Gegen Scuruer’s Herleitung von
eultura, das im Sinne von cultus, Pflege der leiblichen Erscheinung,
genommen wäre, spricht, dafs nichts eine solche Verwendung des
lateinischen Wortes oder das einstige Vorhandensein eines vulgären
"aceulturare in der erforderten Bedeutung wahrscheinlich macht, dafs
afz. couture nur »Landbestellung« oder vielmehr »bestelltes Land«
heifst, wie schon Diez geltend gemacht hat, und dafs das Schwinden
des v auch hier gegen die Regel wäre. Urrıcn endlich, der von
coutre (= culeitra) ausgeht, übrigens diese Form nicht nachgewiesen
hat, nimmt coutre einfach für »Decke«, während es vielmehr etwas zum
Lager dienendes ist, vermag auch das Verbum in der Bedeutung
»bedeeken« nicht nachzuweisen, und irrt mit ScHeLer darin, dafs er
entgegen der Geschichte des Wortes annimmt, man habe vor allem
seine Verwendung im Sinne von »aufputzen« zu erklären, während
die umfassendere »bereiten, fertig machen« die frühere ist.
! An aventrer aus aventurer, wie SCHELER im Jahrb. X 247 annimmt, glaube ich
einstweilen nicht. Goperroy scheint mir recht zu haben, wenn er an der einzigen
Stelle, wo dieses Wort gefunden ist, aventa statt aventra schreibt.
2 Wie man empafturer und empai/trier vereinigen kann, sehe ich nicht. Gegen
DARNESTETER in Rom. V 155 ist geltend zu machen, dals von jenem auch flexions-
betonte und von diesem auch stammbetonte Formen vorkommen: empafture, Ch. II
esp. 11507; enpaftures, eb. 11584; enpaites (1. enpaiftres: maiftres), SCath. 670; enpaite
(l. enpaiftre: mäiftre), eb.2333. Bei Gleichheit der Herkunft könnten nicht die einen
Formen ai, die andern a in der zweiten Silbe haben, könnte auch nicht neben enpaijtrie,
Chr. Ben. 2596, enpa/ture vorkommen. — Dals eintrer — *ceintur-er sei, ist viel zu wenig
sicher. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an limus (eine Art Gürtel): zZuitles im
Vocab. von Douay ı19a, wo vermutlich das zweite Wort eintles zu lesen ist, und an
die Beischrift /pJar chu vos ’om un(e) are, le cintre(e)l devers le ciel bei W Hon. XXXVII.
Damit wäre denn dem nfz. cintre m. etwas höheres Alter nachgewiesen.
Ausgegeben am 19. December.
Sitzungsberichte 1889. 98
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1889.
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SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
12. December. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
l. Hr. pu Bois-Revmono legte die umstehend folgende Mittheilung
des Hrn. Prof. G. Frırscn hierselbst vor: über das numerische Ver-
hältniss der Elemente des elektrischen Organs zu den Ele-
menten des Nervensystems.
2. Hr. Würwser, eorrespondirendes Mitglied der Akademie, über-
sendet die gleichfalls unten folgende Mittheilung: die allmähliche
Entwickelung des Wasserstoffspeetrums.
3. Hr. Scuurze überreichte den ebenfalls hier folgenden Bericht
des Hrn. Dr. L. Wırr in Rostock, welchem Hr. Prof. Braun daselbst
die Bearbeitung des mit Unterstützung der Akademie 1882 auf den
Balearen gesammelten zoologischen Materials überlassen hat, über
Studien zur Entwickelungsgeschichte von Platydactylus mau-
ritanieus.
4. Hr. Prisnesuem überreichte im Auftrage des Verfassers ein
Exemplar des von Hrn. Dr. Fr. Orımanss mit Unterstützung der
Akademie bearbeiteten Werkes: »Beiträge zur Kenntniss der Fucaceen«.
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1101
Das numerische Verhältniss der Elemente des
elektrischen Organs der Torpedineen zu den
Elementen des Nervensystems.
Von Prof. Gustav FrırscH
in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. E. pu Boıs-Revmonp.)
Ans ich im Jahre ı88ı im Auftrage der Königlichen Akademie der
Wissenschaften zur Untersuchung der elektrischen Fische nach dem
Orient ging, stand hinsichtlich des Zitterrochen auch die Feststellung
der Plattenzahl in den Organen auf meinem Programm an hervor-
ragender Stelle. Die Praeparationen an Ort und Stelle wurden viel-
fach mit Rücksicht auf diese Untersuchung geleitet, und in dem von
Hrn. E. pu Boıs- Reymono redigirten ersten Bericht über meine Arbeiten,
welchen ich mir erlaubte einzusenden, war der Hoffnung Ausdruck
gegeben, das gesammelte Material würde sich zur Beantwortung dieser
Fragen günstig verwerthen lassen.
Jahre sind vergangen und manche wichtige Arbeiten, deren Er-
gebnisse bereits längst gedruckt vorliegen, drängten gerade diese so
früh in’s Auge gefassten Fragen in den Hintergrund. In jedem Jahre
erschien eine oder die andere neue Publication über die so viel um-
worbene Torpedo aus anderen Federn, aber das soeben bezeichnete
Capitel blieb unberührt. Worin liegt der Grund dieser auffallenden
Zurückhaltung?
Darf man vielleicht die Fragen als im Wesentlichen erledigt be-
trachten? Es ist leicht zu zeigen, dass dies nicht der Fall ist. Oder
dieselben entbehren allgemeineren Interesses; auch das möchte ich be-
streiten. Oder endlich, die Beantwortung der Fragen erwies sich als
unthunlich; dieser Grund mag thatsächlich manche Autoren abgehalten
haben sich mit dem Gegenstand zu beschäftigen, doch ist er nicht
als ein zwingender zu bezeichnen.
Um den letzten Punkt, weil er zur richtigen Beurtheilung des
Nachfolgenden wichtig erscheint, zuerst zu erledigen, so ist anzu-
erkennen, dass die Schwierigkeiten am elektrischen Organ von Torpedo
1102 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
zu genauen, Vertrauen erweckenden Zahlen zu kommen, in der That
grösser sind, als man auf den ersten Blick geneigt sein möchte an-
zunehmen. Das frische Organ lässt sich nicht in grösserer Aus-
dehnung genügend dünn und gleichmässig schneiden, um zuverlässige
Zählungen der Platten zu erlauben. Anderseits hat mir bisher keine
der bekannten ÜConservirungsmethoden, die am Organ in toto vor-
genommen wurden, befriedigende Resultate in Betreff der Gestalt und
Anordnung der Platten geliefert. So blickte ich auf mein eigens
praeparirtes Material mit steigendem Misstrauen, zweifelnden Sinnes,
ob es weitere darauf verwandte Mühe lohnen würde.
Aber andere Autoren früherer Zeiten hatten vor diesen Schwierig-
keiten nieht Halt gemacht, sie durchhieben den Knoten und beruhigten
sich bei äusserst spärlichen und unvollkommenen Beobachtungen. Mit
Rücksicht auf diese ganz unglaublich widerspruchsvollen Resultate
früherer Zählungen der Organplatten hatte ich mich oben veranlasst
gesehen, die Fragen als unerledigt zu bezeichnen. Zum Beweise mag
Folgendes dienen, was Hr. E. pu Borıs-Reymoxnp in dem Buch über
den Zitteraal (S. 279) bereits übersichtlich zusammenstellte:
Hunter fand in einer ı” engl. — 25""4 hohen Säule eines mittel-
grossen Zitterrochen ı50 Platten. Hr. Varenrın fand deren 59 auf die
Linie, was für Rheinisches Maass etwa 27 auf das Millimeter, in den
mm
höchsten Säulen von 7” = ı5""3 etwa 400, und in den mittelhohen
Säulen von 52 = ı1""3 nur etwa 300 Platten giebt. Hr. LruckArT
fand nur 30 Platten auf die Linie, oder etwa ı4 auf das Millimeter,
und in der Säule, sehr nahe wie Hunter, nur ı80. Hr. Pacımı da-
gegen kam durch mikrometrische Messungen der Querscheidewände
und Abstände in den Säulen dazu 50 Querscheidewände auf das Milli-
meter anzunehmen. Indem er dann der Säule 4° Höhe zuschrieb,
erhielt er 2000 Platten in der Säule bei mittelgrossen Thieren. Somit
verhalten sich die Zahlen der angeführten Autoren etwa wie ı (Hunter,
L£ucKART) : 2 (VALENTIN) : ı2 (Pacını), wobei es sich nur um die einzelne
Säule handelte. Hätten sie ihre Werthe auf die gesammten Säulen
eines Organs bezogen, so würden die Abweichungen dureh Einführung
ungenauer Säulenzahlen vermuthlich noch grösser geworden sein.
Erscheint die Angelegenheit schon wegen dieser Widersprüche
nicht als spruchreif, so darf ich noch hinzufügen, dass thatsächlich
keine der Angaben die genügende, bei einiger Mühe zu erreichende
Genauigkeit besitzt, Hr. Varentın indessen der Wahrheit jedenfalls
am nächsten gekommen ist. Mit seinen Angaben werde ich mich
auch weiterhin noch zu beschäftigen haben, während die anderen als
gänzlich unzutreffend zurückzuweisen sind.
Immerhin blieb die Aussicht auf die Untersuchung unter solehen
Frrvscn: Zahl d. Ganglienzellen u. elektr. Platten bei Torpedo. 1103
Umständen wenig verlockend, zumal vom Standpunkt der Physiologie
allmählich die Frage nach der Plattenzahl durch diejenige nach
der Plattendieke zurückgedrängt wurde, nachdem es mehr und
mehr wahrscheinlich wurde, dass die gehäufte Wiederholung kleinster
in der Plattensubstanz reihenweise angeordneter Theilchen das wesent-
lichste Moment für die elektrische Funetion des Organs sei.
Ich selbst hätte daher die so lange vertagte Frage auch noch
weiter ruhen lassen, wenn sich nicht eine andere ebenfalls noch
offene daran anlehnte, die zugleich von grosser vergleichend -histo-
logischer Bedeutung erscheint und bei glücklicher Lösung allgemeiner
verwerthbare Schlussfolgerungen versprach. Dies ist das numerische
Verhältniss der peripherischen Elemente im elektrischen Organ zu
demjenigen der zugehörigen Elemente des Gentralnervensystems, wo-
raus weiterhin auf den ganzen Aufbau der Theile und ihre Verbin-
dung mit einander geschlossen werden durfte.
Dass der aus mächtig entwickelten Ganglienzellen zusammen-
gesetzte Lobus eleeiricus am Gehirn des Zitterrochen nicht als über-
flüssiger Anhang zu betrachten sei, sondern bestimmte funetionelle
Beziehung zum peripherischen, elektrischen Organ hat, das möchte
wohl Jeder zugeben; aber über diese allgemeine Phrase hinaus er-
scheint alles Weitere in Frage gestellt. Fehlt es doch in dieser Zeit,
wo die Neuerungssucht der Autoren gerade unsere Kenntniss der
Histologie des Nervensystems schwer schädigt, selbst nicht an solchen,
welehe sogar die »nervöse Natur« der Ganglienzellen anzweifeln.
Der Versuch musste gemacht werden, die empfindliche Lücke
auszufüllen und eine bündige Antwort über die Beziehung der Gan-
glienzellen zu den elektrischen Platten zu geben. Ich glaube die
zufriedenstellende Antwort darauf gefunden zu haben und wenn die
an das Ei des Columbus erinnernde Einfachheit der Lösung eben
wegen ihrer Natürlichkeit Vertrauen in die Riehtigkeit erweckt, so
werde ich zu zeigen haben, dass der Weg zu der Lösung zu gelangen,
keineswegs so einfach und mühelos war.
Um festzustellen, dass augenblicklich das angedeutete Verhältniss
der Nervenelemente zu ihren peripherischen Organen beim Zitter-
rochen in der That ebenso wenig aufgeklärt ist als die Plattenzahl,
möchte ich noch an Hrn. Ranvıer’s Beschreibungen erinnern, welche
zu der Annahme verleiten, dass bei Torpedo etwa achtzehnmal so
viel Platten als Ganglienzellen im Lobus electrieus vorhanden seien.
Auch diese Angabe ist falsch.
Um von vorn anzufangen, war es nothwendig wohl oder übel
eigene Daten über die Menge der in den Organen vorhandenen Platten
zu gewinnen.
1104 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
Das Material, zu dem ich noch das meiste Vertrauen hatte, war
in der Weise conservirt, dass am frisch getödteten Thier die elektrischen
Organe beiderseits schnell freigelegt, die Hirnkapsel eröffnet und nun
die ganze vordere Rumpfpartie mit den Organen in silu durch Jod-
Alkohol mit nachfolgender Erhärtung in doppeltehromsaurem Kali
conservirt wurde. So fielen die Organe fast gar nieht ein und blie-
ben wegen der natürlichen Befestigungen an den Seiten frei von
Verzerrungen. 2
Beim späteren Durchschneiden in Berlin erwiesen sich die Lage-
rungsverhältnisse der Platten im Inneren gleichwohl gestört und auch
so wollte die Anfertigung genügend feiner Schnitte nicht nach Wunsch
gelingen; der Zug des Messers zerstörte den letzten Rest normaler
Plattenanordnung. Es erwies sich daher als nothwendig zur Fest-
legung der Platten die ganzen oder halbirten Organe erst noch mit
Celloidin zu durchtränken; dann genügten selbst gröbere Schnitte
zum Einblick in die Zusammensetzung der Säulen.
Man findet bei der Revision der Schnitte unter schwacher Ver-
grösserung stets Stellen, wo der gleichmässige und regelrechte Ab-
stand der Platten die Überzeugung erweckt, dass dieselben ihre nor-
male Lagerung nicht wesentlich geändert haben; solche Stellen sind
besonders die Randzonen der Säulen, weil die Platten hier besser
befestigt sind als gegen. die Axe der Säule zu. Wiederholte Zählun-
gen ergeben, wieviele derselben auf eine bestimmte Längeneinheit
kommen und durch Multiplication erhält man ohne Schwierigkeit die
Plattenzahl der gemessenen ganzen Säule.
Weiterhin ist alsdann die durchschnittliche Säulenhöhe zu be-
stimmen, eine Aufgabe, deren exacte Lösung bei der unregelmässigen
Figur des elektrischen Organs und der nach wechselnder Richtung
bald zunehmende bald abnehmende Dicke ganz besonderen Schwierig-
keiten unterliegen würde. Man ist gezwungen von solcher Lösung
abzusehen und sich mit annähernden Werthen zu begnügen, annähernde
Werthe aber lassen sich überraschend leicht finden.
VArentin' durchschnitt das Organ in seiner ganzen Länge und
maass die Säulenhöhe in der Nähe des vorderen Randes, in der Mitte
und drittens in der Nähe des hinteren Randes, um aus diesen drei
Werthen die Durchschnittshöhe zu finden. Dies Verfahren erscheint
! Vergl. Handwörterbuch der Physiologie von R. Wagner, Bd. I. 1842. S. 254.
Ich glaube nicht zu irren, wenn ich den auf diesen Gegenstand bezüglichen, durch
fehlerhaften Druck völlig unverständlichen Satz folgendermaassen richtig stelle: »Die
mittlere Höhe der Säule betrug 2”’, nach hinten von dem vorderen Rande des Organs
entfernt 4’, in der Mitte der Länge desselben 7’, und 2’”’ nach vorn von dem hinteren
Ende entfernt 4. 5”'.«
Frırscn: Zahl d. Ganglienzellen u. elektr. Platten bei Torpedo. 1105
sehr roh und unvollkommen schon desshalb, weil die vordere Organ-
hälfte in ihrer Verbreiterung sehr viel mehr Säulen unter dem Durch-
schnitt enthält, als die schmale hintere Hälfte deren über dem Durch-
sehnitt aufweist; gleichwohl stellte sich der dadurch eingeführte Fehler
niedriger als anzunehmen war. Ich suchte der Sache näher zu kommen,
indem ich ausser dem grössten sagittalen Organdurchmesser, zwei
transversale verwendete, welche ersteren in Drittel zerlegten; so be-
kam ich ausser dem Varentin’schen mit stark wechselnder Säulen-
höhe noch einen Durehschnitt der niedrigen Säulen und einen zweiten
der hohen Säulen. Durch Vergleichung der drei Durchsehnittswerthe
wurde der mittlere Durchschnitt gefunden, welcher, wie vorauszu-
sehen war, sich etwas niedriger stellte, als der aus dem Sagittal-
schnitt allein gewonnene (der erste Transversalschnitt, welcher etwa
doppelt so viel Säulen aufwies als der zweite, hintere, wurde zwei-
fach gerechnet). An einer mittelgrossen Fimbriotorpedo marmorata
von 265”” Körperlänge stellte sich die durchsehnittliche Säulenhöhe
auf 13.5 (gegen 13.6 des Sagittalschnittes allein). Die mikrome-
trischen Messungen und Zählungen ergaben, dass solcher Säule durch-
schnittlich 375 Platten zukamen; das Organ hatte 479 Säulen, somit
betrug die Gesammtzahl der Platten in demselben 179625.
Varentin. berechnete bei einem Zitterrochen (Torpedo Galvanüt)
von 10° 5 die mittlere Säulenhöhe auf 5.2” und schätzte auf die
Linie ungefähr 59 Septa, somit auf die ganze Säule 307 Septa oder
Platten; da er im Organ nur 410 Säulen gezählt hatte, so stellte
sich seine Summe auf 125788 Platten, welche Schätzung er selbst
eher zu niedrig als zu hoch gegriffen bezeichnet. Hat VaLentım
wirklich T. Galvanii (die unmarmorirte Varietät der F. marmorata) vor
sich gehabt, so ist mit positiver Gewissheit zu behaupten, dass er
um etwa 50 Säulen zu wenig gezählt hat, weil die Durchschnittzahl
der Art sogar 513 beträgt; die Plattenzahl würde sich bei 450 Säulen
bereits auf 138150, bei Verwendung der Durchschnittzahl 513
sogar auf 157491 stellen. Nimmt man noch die jedenfalls mangel-
haftere Conservirung und Schwierigkeit der Plattenzählung am nicht-
durehtränkten Organ hinzu, wodurch VALentın zu der entschieden zu
niedrigen Plattenzahl der Durchschnittsäule von 307 kam, so ist die
Übereinstimmung unserer Ergebnisse eine ziemlich gute.
Da ich VArentıw einen so groben Fehler des Zählens der Säulen
nicht wohl zutrauen mag, ist ihm vielleicht die ziemlich seltene,
ungefleckte Varietät von F. ocellata unter die Finger gekommen, ohne
dass er im Stande war sie zu unterscheiden, dann wäre seine Säulen-
zahl nur wenig unter dem Durchschnitt, unsere Ergebnisse aber nicht
ohne Weiteres vergleichbar.
1106 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
Ich habe, um gleichzeitig einen Anhalt über die Praeformation
der Platten bei jugendlichen Individuen zu gewinnen, alsbald auch
ein Exemplar der F. ocellata von etwa 100"”" Länge auf die Platten-
zahl untersucht. Hier stellte sich die durchschnittliche Säulenhöhe
wie oben berechnet auf 6”"25 mit einer Plattenzahl von 380, also
noch 5 Platten mehr als die erwachsene F. marmorata zeigte. Die
durchsehnittliche Säulenzahl beträgt für F. ocellata 433, welche ich
benutzen muss, da die individuelle nieht mit Sicherheit festzustellen
war, man erhält so die Summe der Platten in einem Organ als 164540
für diese Art.
Varentis’s an einem Embryo von T. Galvani gewonnene Zahlen
sind absolut unbrauchbar, da es ihm nicht gelang daran mehr als
298 Säulchen zu eonstatiren, und somit die ungenügende Erhaltung
des Materials unzweifelhaft hervortrat. Nach dem was jetzt über die
vollkommene Säulenausbildung am Embryo mit Sicherheit festgestellt
ist, habe ich Weiteres darüber nicht hinzuzufügen. Im Gegentheil
hat die obige Untersuchung die Praeformation der Elemente
des Organs aueh für die Plattenanlage der Gewissheit nahe
gebracht.
Besonders zu betonen ist noch die merkwürdige Thatsache, welehe
ebenfalls mit der frühen Ausbildung der Elemente im Zusammenhange
zu stehen scheint, dass an den niedrigeren Säulen die Platten
enger zusammenstehen als an den hohen Säulen desselben
Organs, dass also das Wachsthum der Säulen, worauf ich
sehon mehrfach hinwies, auch in dieser Hinsieht sich als
ein Quellungsvorgang kennzeichnet, der zum Auseinander-
rücken der Platten führt.
Vorläufig mögen nun die angeführten Zahlen, deren genauere
Bestimmung der Zukunft vorbehalten bleiben muss, als erwiesen an-
genommen werden, um den Blick auf das eigentliche Thema, das
numerische Verhältniss der Organelemente zu den nervösen Elementen
zu richten.
Wohl die meisten Autoren dürften wenigstens darüber einig sein,
dass die in die Platten eintretenden Nervenfasern mit den grossen
Ganglienzellen des Lobus eleetrieus durch die Axeneylinderfortsätze zu-
sammenhängen, wie es schon R. Wasser' durch eine schematische
Skizze anschaulieh machte. Er lässt die Axencylinder verbreitert in
unbestimmter Weise auf den im Umriss dargestellten elektrischen
Platten endigen, da es ihm dabei auf die Besonderheiten nieht ankam.
! Sympathischer Nerv, Ganglienstructur und Nervenendigungen. Handwörter-
buch der Physiologie u. s. w. Bd. III. Abth. I. 1846. S. 398. 400.
Frirsch: Zahl d. Ganglienzellen u. elektr. Platten bei Torpedo, 1107
Aber gerade ihm verdanken wir einen bemerkenswerthen Fort-
schritt hinsichtlich der Erkenntniss der Nervenvertheilung im Organ,
da er beobachtete, wie jede Nervenfaser vor ihrem Eintritt in die
Platten plötzlich in einen Büschel von Theilfasern zerfällt, die nach ihm
Wasner’sche Büschel genannt werden.
Es wurde alsdann zuerst von Hrn. Avsust Ewarn' beschrieben
und später von mir bestätigt und noch schärfer betont, dass diese
Theilfasern der Wacner’schen Büschel von den Eeken «der Platten
aus in auffallender Regelmässigkeit über einander gelagert in dieselben
eindringen, um sich weiter diehotomisch zu verzweigen.
Die Zahl der Theilfasern eines
Büschels schwankt von zwölf bis zu
ZIANS
SE ae; er ;
\ S DD einigen zwanzig, so dass der Durch-
em, N\ D . . ..
—r sehnitt etwa bei ı8 liegen möchte
DE 7 j E ;
N — bei weleher Zahl auch schon Hr.
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N fh M
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Ranvier stehen geblieben ist. Nimmt
man die Platten, was sie der Regel
nach wirklich sind, zu sechs Seiten
an, so gestaltet sich die Anfügung
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AN #7 der Nervenfasern an die Säule, sche-
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stehende Skizze darstellt, wobei jeder
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Vz Stammfaser ı8 Theilfasern zugewie-
ee sen wurden. Häufig laufen mehrere,
Ne G besonders drei Stammfasern gemein-
N 1,9 schaftlich, und die Faser, welche
IN Z zwischen ihren Schwestern nicht
RZz7
mehr Platz findet, schiebt sich zwi-
> schen den Säulenflächen weiter bis
7] zur nächsten Kante.
S Aus diesem thatsächlich bestehen-
T, den, nachweisbarem Verhältniss er-
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giebt sich, dass eine gewisse Summe
von Ganglienzellen bez. sämmtliche
Zellen des Lobus eleetrieus durch ihre
Axeneylinder, die in je 18 Theile
Schema, Datclung der Voting Wer zerfallen und dabei an den Platten
en - je 6 Eeken zu versorgen haben,
wenn die Zahl der Zellen —= N gesetzt wird, N.“ Platten innerviren
! Über den Modus der Nervenverbreitung im elektrischen Organ von Torpedo
u.s. w. Habilitationssehrift u. s. w. Heidelberg 1880; — Untersuchungen des physio-
logischen Instituts der Universität Heidelberg. Bd. IV. Heft ı.
1108 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Deeember.
werden. Das heisst, den angenommenen einfachen Verlauf voraus-
gesetzt, wo Theilungen der Axeneylinder auf ihrem Wege zur Peri-
pherie ausgeschlossen sind, müssen die Ganglienzellen die drei-
fache Anzahl von Platten versorgen können, nicht mehr und
nicht weniger.
Vielleicht liegt die Durchschnittszahl der Theilfasern etwas unter
ı8, dieser Fehler wird sich aber wieder ausgleichen durch den Um-
stand, dass auch nicht alle Platten sechs Ecken entwickeln, sondern
manche 5, einzelne, allerdings selten, nur 4; das angegebene Ver-
hältniss wird durch solehe Abweichungen nicht mit Nothwendigkeit
verändert.
Um auf dem Wege der directen Untersuchung den Beweis zu
führen, dass die numerische Beziehung der Nervenelemente zu ihren
Endorganen sich thatsächlich der aprioristischen Anschauung gemäss
verhielte, war es nothwendig auch bei jenen den Zahlenverhältnissen
nachzugehen.
Soleher Versuch ist bereits vor längerer Zeit in Betreff der
Ganglienzellen durch BorzL' gemacht worden, der seine Ergebnisse
der Königlichen Akademie der Wissenschaften ebenfalls unterbreitete.
In den Bericht sind weiter tragende Schlussfolgerungen in Betreff
des Verhältnisses der Zellen zu den peripherischen Endorganen nicht
eingeflochten, und in der That waren auch die gewonnenen Zahlen,
trotz dem unverkennbaren Fleiss mit dem Borz sich der Untersuchung
unterzogen hat, für solche Folgerungen nicht wohl zu verwerthen.
Ich selbst hatte etwa gleichzeitig mit Borz, d. h. im Jahre 1875,
denselben Weg betreten, indem ich Schnittserien des Lobus electrieus
von Torpedo machte, um die Ganglienzellen vollständig überblicken
zu können. Ich habe den Weg damals nicht weiter verfolgt, weil
er mir nicht zu einem befriedigenden Ziele zu führen schien, und
habe ihn erst jetzt lediglich zur Controle wieder aufgenommen, als
ich auf andere Weise zu Resultaten gekommen war, die ein völliges
Irregehen verhinderten.
Die Gründe, welche ein Auszählen der Ganglienzellen des Lobus
an Schnittserien nahezu unmöglich machen, sind folgende: Die un-
regelmässig kugelige oder polygonale Gestalt der Gänglienzellen bringt
es selbstverständlich mit sich, gleichviel welche Schnittdieke man
wählt, dass ausser annähernd vollständigen Zellen in jedem Schnitt
eine grössere Anzahl von Abschnitten solcher erscheinen und zwar,
da dieselben an erwachsenen Thieren, wie Bor richtig angiebt, sich
! Neue Untersuchungen zur Anatomie und Physiologie von Torpedo. Monats-
berichte der Akademie aus dem Jahre 1875. ı1. Nov. S. 710 ff.
Frrrscn: Zahl d. Ganglienzellen u. elektr. Platten bei Torpedo. 1109
mm
im Durehschnitt bis o
wöhnlich aber in zwei Schnitten erscheinen,
Wie soll der Zählende sich diesen Theilstücken gegenüber ver-
ıı ausdehnen, möglicher Weise in drei, ge-
halten? Zählt er sie gar nicht, so verschwindet eine grosse Anzahl
Zellen, die gehälftet oder gedritttheilt wurden, gänzlich aus der Rech-
nung, zählt er sie mit, so liegt die Gefahr nahe, dass sie doppelt
eingetragen werden.
Borr scheint den ersteren Weg gewählt zu haben; denn er fand
im mittleren Durchschnitt des Lobus 560 Ganglienzellen, eine Zahl,
die nach meinen eigenen Untersuchungen nur die ganzen Zellen um-
fasst; es kommen gegen 288 grössere und "kleinere Abschnitzel
hinzu, welche etwa mit der halben Summe in Rechnung zu stellen
wären.
Ferner sind die Zellen nicht, wie Born angenommen hat, Kugel-
schichten, welche auf einander gepackt sind, sondern unregelmässige
Körper, die unter Benutzung der Zwischenräume in und an einander
gepackt, gegen die Oberflächen des Lobus häufig auch stark abge-
plattet sind. Borz dachte sich den Lobus aus ungefähr ı20 solcher
Kugelschichten aufgebaut, wobei er vermuthlich auch Zelldurchmesser
mit Länge des Lobus multiplieirt hat, da die Ganglien eben keine
zählbare Reihe bilden. Die Zahl ist richtig berechnet aber wegen
der angeführten Lagerungsverhältnisse der Zellen nicht verwerthbar.
Endlich hat Borz ausgehend von der Cylindergestalt des Lobus eine
erhebliche Correetion nach Schätzung angebracht, um die Verschmäle-
rungen des Organs nach den Enden zu in Rechnung zu stellen, deren
exactes Maass er nicht weiter begründet, und wohl kaum ‚begründen
konnte; denn diese Abweichungen von der regelmässigen Gestalt
führen eine weitere Fehlerquelle in die Rechnung ein, welche schwer-
lich beseitigt oder bestimmt werden kann. Die von ihm auf solche
Weise gefundene Zahl von 53760 Ganglienzellen ist aus den ange-
führten Gründen nach meiner Überzeugung zu niedrig ausgefallen,
doch ist die Annäherung an den richtigen Werth schon recht be-
merkenswerth, zumal wenn man annimmt, dass Borr die Untersuchung
an F. ocellata machte, die in Viareggio, seiner Beobachtungsstation,
häufiger ist als F. marmorata,; dass die Art erhebliche Unterschiede
auch in der Ganglienzellenzahl bedingen könnte, scheint ihm gar
nicht in den Sinn gekommen zu sein, indem er selbst die Art-
bezeichnung weggelassen hat. Obgleich ich selbst die Zählung der
Zellen zur Controle nach ganz anderen Prineipien anstellte, indem ich
die Flächen der Schnitte in ihrem Verhältniss zum grössten Durch-
schnitt schätzte und ganze von getheilten Zellen unterschied, so kam
ich doch merkwürdiger Weise zu beinahe derselben Summe, nämlich
1110 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
53739, weil gewisse Fehlerquellen sich beim Zählen der Zellen nicht
vollständig beseitigen lassen.
Es blieb aber noch ein anderer, sicherer Weg übrig, das nume-
rische Verhältniss der Nervenelemente festzustellen, welcher auch von
Anderen bereits empfohlen, aber meines Wissens noch nicht begangen
worden ist, nämlich das Auszählen der Axeneylinder in den
elektrischen Nerven.
Dazu war es erforderlich die Nerven zu isoliren und kurz vor
der Eintrittstelle in das Organ, um die benachbarten Aeste für die
Kiemen auszuschliessen, Querschnitte derselben anzufertigen. Diese
Aufgabe kann einem modernen Histologen ernste Schwierigkeiten nicht
bereiten, dagegen zeigte ein Blick auf die mikroskopischen Praeparate,
dass man sich theoretisch das Zählen der Axeneylinder leichter ge-
dacht hatte als berechtigt war.
Die ungeheuren Felder der quer durchschnittenen Nervenröhren ver-
wirrten den Blick im mikroskopischen Bilde, so dass ein Folgen des
zählenden Auges mit irgend einem Index gänzlich ausgeschlossen schien.
Hier konnte wiederum nur die stets hülfreiche Photographie eine Lösung
der Schwierigkeit bewirken. Ich fertigte daher zunächst Photogramme
der vier Durchschnitte elektrischer Nerven an und wählte dabei die Ver-
grösserung (90 linear) bedeutend genug, um auf jedes Quadratmilli-
meter Fläche etwa den Durchschnitt einer Nervenröhre zu haben.
An den Stellen der Schnitte, wo die Bündel recht regelmässig
gerundet und gut zählbar erschienen, wurden die Nervenfasern unter
der Lupe gezählt und aus der Summe berechnet, wie viel Fläche eine
Nervenfaser durchschnittlich in Wirklichkeit einnahm. Es ergab sich
aus den bisherigen Zählungen, dass 1.259 Faser auf das Quadratmilli-
meter kam, diese Zahl rundete ich vorläufig auf ı.25 ab, da eine
gewisse, allerdings geringe Fläche der Durchschnitte durch vereinzelte
Capillaren in Anspruch genommen wird.
Es galt nun den Querschnitt in Betreff seines Flächeninhaltes
möglichst genau zu untersuchen; wözu ich die Bündel der Nerven
in die Fläche eines Kreises zusammenbrachte; man erreicht dies mit
einiger Mühe, indem man die photographischen Bilder mittelst Paus-
papier eopirt und die einzelnen Querschnitte ausschneidet, um sie
mosaikartig zur Kreisfläche zusammen zu fügen.
Man findet auf diese Weise, dass die Durchschnittsflächen der
vier elektrischen Nerven sich als Kreise darstellen lassen, deren Ra-
dien sich zu einander verhalten wie:
50.6 (I) : 77.5 (OH) : 64 (I) : 55.7 (IV).
Es zeigt sich dadurch, dass der zweite elektrische Nerv, welcher
noch einen grossen Theil der vorderen Verbreiterung des Organs zu
Frrrscn: Zahl d. Ganglienzellen u. elektr. Platten bei Torpedo. 1171
versorgen hat, der mächtigste ist, dass ihm der dritte Nerv nicht
sehr viel nachsteht und auch I und IV nicht soweit hinter ihnen
zurückbleiben, als ein flüchtiger Blick auf die photographischen Ab-
bildungen vermuthen lassen würde.
Wie schon Hr. Rasvier ausdrücklich hervorhob, sind die Fasern
der elektrischen Nerven von bemerkenswerth gleichem Kaliber und
es erscheint daher zulässig den für die Einzelfaser berechneten Flächen-
werth von ı®"25 für alle vier elektrischen Nerven zu benutzen.
So ergiebt sich, dass die vier Kreisflächen, auf welche die Nerven-
durehschnitte redueirt wurden, die folgenden Summen von Nerven-
faserquerschnitten enthalten müssen:
ER 28028, 11 23770, IE 10717, IV 9799;
dies ergiebt eine Gesammtsumme von 58318 Nervenfasern, bez. von
Axeneylindern aller vier elektrischen Nerven zusammengenommen.
Multiplieirtt man die gefundene Summe mit 3, so erhält man 174964.
Diese selbe Zahl, in runder Summe gerechnet, findet
sich aber bereits weiter vorn, es ist, auf 2.59 Procent
genau, die Zahl der in dem nämlichen Organ, von welchem
die Nerven gewonnen wurden, festgestellten elektrischen
Platten. Somit finden sich die Platten der Torpedo in der
dreifachen Anzahl ihrer zugehörigen Ganglienzellen: was
zu beweisen war.
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1113
Die allmähliche Entwickelung des Wasserstoff-
speetrums.
Von A. WÜLLNER.
Dass das vollständige Spectrum des Wasserstoffs aus dem zuerst von
mir ausführlicher beschriebenen Bandenspeetrum und den mit steigen-
der Temperatur allmählich unter ganz stetiger Helligkeitszunahme
hinzutretenden Linien des Prücker'schen Linienspeetrums besteht, lässt
sich mit Hülfe der in meiner letzten Mittheilung' über den allmäh-
lichen Übergang der Gasspectra in ihre verschiedenen Formen be-
schriebenen Anordnung auf zwei verschiedenen Wegen nachweisen.
Beide Versuchswege zeigen (direct, wie mit steigender Temperatur
bez. steigender Stärke der durch die Speetralröhren geführten Ent-
ladung zu dem langsam an Helligkeit wachsenden Bandenspeetrum
die Linien H,, H;, H,, H, nach und nach zuerst kaum sichtbar, dann
sehr viel schneller als das Bandenspeetrum an Helligkeit wachsend
hinzutreten, bis schliesslich die drei erstern das Bandenspectrum weit
überstrahlen. Zuerst wird immer H, sichtbar, dann H,, später FH,
und zuletzt A,.
Der erste Weg, die ganz allmähliche Entwickelung der Linien
im Bandenspectrum zu zeigen, ist die fortschreitende Verdünnung des
Wasserstoffs in den vom Strome durchsetzten Röhren. In meinen
150°° langen Röhren wurde unter Benutzung einer Rünnkorrr' schen
Länge und Anwendung eines indueirenden
em
Induetionsrolle von 56
Stromes von etwa ı2 Amperes das vom Wasserstoff bei einem Gas-
drucke von etwa 2“"ı ausgesandte Licht hell genug, so dass man ein
Spectrum beobachten konnte. In einem Rohr, das einen Durchmesser
von 0° s hat, zeigt sich unter diesen Verhältnissen das Bandenspectrum
schwach im Orange, heller im Grün, ebenfalls schwach im Blau. Im
Grünen treten sofort drei Linien als schwach hell hervor, von denen
die mittlere die hellste zu sein scheint, sie ist breiter als die beiden
! WÜLLNER, Sitzungsberichte der Berliner Akadeınie. 1889. S. 793.
Sitzungsberichte 1889. 99
1114 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
andern. Die wenigst brechbare der drei Linien ist bei stärkerer Ver-
dünnung des Gases als eine Doppellinie erkennbar mit den Wellen-
längen 501.4 und 501.1; die mittlere zerfällt in zwei Linien mit den
Wellenlängen 493.4 und 492.8, und die dritte der Linien ist A, mit
der Wellenlänge 486.1.
Durch ein einmaliges Pumpen mit der Törrer'schen Pumpe gieng
der Druck des Gases im Innern meiner Röhren auf fast genau ?/, des
vor dem Pumpen vorhandenen Druckes zurück. Die im Folgenden
gemachten Druckangaben, besonders die kleinern, die nicht mehr direet
gemessen werden konnten, sind unter dieser Voraussetzung berechnet;
genauere Angaben des Druckes haben keinen Zweck, da kleinere Druck-
änderungen auf die zu beschreibenden Erscheinungen keinen wesent-
lichen Einfluss haben, und da der Verlauf derselben bei gleichem
Drucke sehr von der Weite der Röhren abhängt. Die Druckangaben
sollen nur eine Orientirung geben, bei welchem Drucke etwa die Er-
scheinungen sich zeigen. Ich beschreibe zunächst den Verlauf in dem
Rohre von 0°5 Durchmesser.
Wird in diesem Rohre der Druck auf ı“”4 vermindert, so nimmt,
wie bei jeder der vorgenommenen Verdünnungen die Helligkeit des
Bandenspectrums zu, mehr aber noch die Helligkeit von H,;, dasselbe
ist heller geworden als die umliegenden Theile des Bandenspeetrums,
auch heller als die Linien 50ı und 493; H, wird schwach sichtbar,
ist aber weniger hell als die Linien im Orange des Bandenspectrums.
Bei 0“g3 und 0“"62 Druck haben HZ, und ZH, an Helligkeit die Linien
des Bandenspectrums schon ganz erheblich überholt; noch mehr bei
043, und bei diesem Drucke wird H, schon als schwacher Schein
sichtbar. Bei einem Drucke von o”ıg sind H, und H, dem heller
gewordenen Bandenspectrum gegenüber schon als glänzend hell und
H, als helle Linie zu bezeichnen, die indess die Linien des Banden-
spectrums an Helligkeit noch kaum übersteigt. Bei 0o“'o8 ragt auch
H, schon an Helligkeit vor dem ebenfalls prächtig hellen Banden-
spectrum hervor, A, ist aber noch nicht sichtbar. Dasselbe erscheint
als schwach sichtbarer Schein erst, wenn der Druck auf o“"o16 ab-
genommen hat. Erst bei einem Drucke von 0“"007 ist H, als helle
Linie erkennbar und messbar, so dass man die Wellenlänge der ge-
sehenen Linie als diejenige von FH, gleich 410.2 nachweisen kann.
Bei diesem Drucke sind H,, H,;. H,, besonders die beiden erstern,
gegenüber dem ebenfalls prächtig hellen Bandenspeetrum glänzend hell.
Weitere Verdünnung des Gases änderte in den Helligkeitsverhältnissen
kaum mehr etwas.
Der Verlauf der Erscheinungen in Röhren verschiedener Weite
unterscheidet sich nur insoweit, als die gleiche Helligkeit der Linien A,
Würzser: Die allmähliche Entwickelung des Wasserstoffspeetrums. 1115
H;, H,, H, bei verschiedener Gasdichte eintritt. Der Druck, bei
welchem die Linien sichtbar werden oder an Helligkeit das Banden-
speetrum überstrahlen, ist bei gleicher Stärke «les indueirenden Stroms
in engeren Röhren grösser, in weitern Röhren kleiner. In der engsten
der von mir benutzten Röhren von 0“”25 Durchmesser ist bei dem
Drucke 2” ı H, schon heller als die Linien 501 und 493, auch ist
H, schon sichtbar und heller als das benachbarte Orange des Banden-
speetrums. H, wird schon sichtbar bei dem Drucke 0“"93 und er-
em
seheint sehon bei o”"42 als scharfe helle Linie. H, wird bei 0°"o36
sichtbar als schwach helle Linie, jedoch hell genug, um gemessen
und als MH, nachgewiesen werden zu können.
In einer Röhre, dessen Durchmesser 1°" beträgt, hebt sich bei
einem Drucke von ı'%4 H, noch nieht deutlich von dem schwach
beleuchteten Hintergrunde ab, während die Linien 501 und 493 schon
deutlich erkennbar sind, ebenso war es zweifelhaft, ob 7, überhaupt
schon sichtbar ist. Erst bei 0“"g3 Druck war H, deutlich, aber
nicht heller als die Linien 493, FH, äusserst schwach sichtbar. Bei
o“”62 Druck hatte HM, kaum die Helligkeit der Linien im Orange
des Bandenspectrums, 4, trat schon als die hellere der Linien 501;
493; 486 hervor. H, wurde zuerst schwach siehtbar, als der Druck
em
auf o”"ıg abgenommen hatte, bei welchem Drucke HM, und H, das
Bandenspeetrum schon weit überragen; erst bei 0“"o8 Druck ist H,
als helle Linie charakterisirt. HM, tritt als ganz schwacher Schein
erst auf, wenn der Druck auf o“"oo5 vermindert wird, und nimmt
an Helligkeit auch bei weiterer Verdünnung nur wenig zu.
In einem 2°” weiten Rohr hebt sich 7, vor dem schwachen
Bandenspeetrum als wenig heller als seine Umgebung erst bei dem
Drucke o0“"4ı hervor, H, wird zuerst schwach sichtbar bei dem
Drucke o“"ı9, H, wurde zuerst gesehen bei dem Drucke 0“o8. Erst
bei 0“"036 sind H, und H, merklich heller als das Bandenspeetrum;
lol bleibt auch bei dem kleinsten Drucke schwach.
Der Einfluss der Röhrenweite gibt sich in einem hübschen Ver-
suche zu erkennen, welcher zeigt, dass ein und derselbe Strom in
einem engern Rohr die Linien H,, H,;,, H, schön hell erscheinen
lässt, während dieselben in dem weitern Rohr nicht oder kaum sicht-
bar sind. Die Röhren von ı“” und von 2°” Durehmesser haben in der
Mitte seitlich angesetzte Elektroden. Wurden die mittleren Elektroden
der beiden Röhren metallisch mit einander verbunden, und nun der
Strom an dem dem Speetrometer zugewandten Ende des einen Rohres
eintreten, an demjenigen des andern Rohres austreten gelassen, so
durehsetzte ein und derselbe Strom nacheinander das Rohr von ı®
und das von 2°” Weite, in beiden eine strahlende Schieht von 75°" Länge
ads
1116 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. December.
liefernd. Man erhält dann bei passendem Drucke etwa o”ı in dem
engern Rohre H,, H;, H, schön. während in dem 2“ weiten Rohr
H, nur sehr schwach, H, gar nicht sichtbar war.
>
Der zweite Weg, welcher das allmähliche Hinzutreten der Linien
zum Bandenspectrum und ihr viel schnelleres Anwachsen gegenüber
dem letztern unmittelbar verfolgen lässt, ist die Veränderung der
Stromstärke des inducirenden Stromes. Zur Erzeugung des indueirenden
Stromes benutzte ich eine Dynamomaschine; in den Strom war ein
harfenähnlich gespannter Eisendraht, 80” diekern, 160” dünnern
Drahtes, mit verschiebbaren Contacten eingeschaltet. Durch Ver-
schiebung der Contacte konnte dem indueirenden Strom, der als Zweig
des Stromes der Dynamomaschine eingerichtet war, beliebig eine
zwischen ı.4 und ı2 Amp. liegende Stärke gegeben werden. War der
ganze Widerstand eingeschaltet, so hatte der inducirende Strom 1.4Amp.
Bei passend gewähltem Drucke kann man den Linien H,, H;,
H,, H, innerhalb gewisser Grenzen jeden beliebigen Helligkeitsgrad
geben und durch allmähliches Einschalten oder Ausschalten von
Widerstand die ganz stetige Änderung der Helligkeit mit der Stärke
des Stromes verfolgen. Nimmt man z. B. das Rohr von 0“ 5 Durch-
messer und einen Gasdruck von 0”ıg, so ist bei einer Stärke des
indueirenden Stromes von 1.4 Amp. nur das schwache Bandenspectrum
zu sehen; Verstärkung des Stromes lässt zuerst auf dem heller wer-
denden Bandenspectrum AH; sich heller abheben; ist der Strom bis
auf 2.3 Amp. gewachsen, so wird auch H, schwach sichtbar, erst
dunkler als die Linien im Roth und Orange des Bandenspectrums; es
wird bei wachsender Stromstärke ebenso wie H; stetig heller und
überstrahlt bald ebenso wie H, das ebenfalls heller gewordene Banden-
spectrum. Es tritt bei etwa 5 Amp. H, hinzu, und ist der Strom
auf 1ı—ı2 Amp. gestiegen, so sind wie vorhin erwähnt wurde A,
und H, wahrhaft glänzend und A, ist ebenfalls eine helle Linie
geworden.
An jeder der Linien des Linienspeetrums kann man so erkennen,
dass sie unterhalb einer gewissen, von der Röhrenweite und dem
Gasdrucke abhängigen Stromstärke nicht sichtbar, oder wenigstens
wie FH; im Bandenspectrum nicht gesondert erkennbar ist, wie sie
dann mit wachsender Stromstärke ganz stetig an Helligkeit zunimmt
und zwar viel schneller als die benachbarten Theile des Banden-
spectrums, so zwar, dass sie dieselben bald in solchem Maasse über-
Würrser: Die allmähliche Entwiekelung des Wasserstoffspeetrums. 1117
ragt, dass es oft den Anschein hat, als wäre das Bandenspeetrum
dunkler geworden. Dass das indess nicht der Fall ist, sieht man
daran, dass mit wachsender Stromstärke alle Einzelnheiten des Banden-
speetrums schärfer sichtbar werden. Selbst für das immer schwach
bleibende F,, das in dem Rohr von 0°z Durchmesser bei einem
Drucke von 0°”007 siehtbar wird, wenn der Strom auf 6 Amp. ge-
stiegen ist, findet sich im Beobachtungsprotokoll erwähnt: »Man sieht
wieder an H, wie sehr viel rascher die Helligkeit der Linie mit
wachsender Stromstärke wächst als diejenige des Bandenspeetrums«.
Die Linien werden nicht gleichzeitig, sondern mit wachsender
Stromstärke nach einander sichtbar; zuerst H,, die stets die hellste
der vier Linien ist, dann H, die zweithellste, dann H, und zuletzt
H,. Selbst in dem engsten Rohr und bei einem Gasdrucke von 0“"005
erscheint A, erst, wenn der indueirende Strom auf etwa 4.5 Amp.
gestiegen ist, H, erst, wenn der Strom etwa 1.6 Amp. geworden ist,
während H, und H,; schon ganz erheblich heller sind als das Banden-
spectrum, ja, wenn H, sichtbar wird, schon wahrhaft glänzend sind.
Im vorigen Jahre habe ich in meiner Bemerkung über den
Einfluss der Dicke der strahlenden Schicht auf die Gasspeetra' aus-
geführt, wie sich nach meiner Auffassung der Gasspectra das Wasser-
stoffspeetrum mit steigender Temperatur entwiekeln müsse. Ich be-
merkte, dass zunächst bei niedrigerer Temperatur, bei welcher die
Molecüle mit geringerer Geschwindigkeit aneinander prallen, die
materiellen und die Aethertheilchen der einzelnen Atome des Wasser-
stoffmoleeüls in schwingende Bewegung gerathen, und dass diese
Schwingungen das Bandenspecetrum liefern. Erst wenn die Tempe-
ratur eine erheblich höhere geworden ist, die Moleeüle also mit er-
heblich grösserer Geschwindigkeit gegen einander fliegen, gerathen
die Complexe, die wir als die Atome im Molecül ansehen, gegen .ein-
ander in Schwingung, und diese Schwingungen geben die Linien des
Linienspeetrums. Jetzt nachdem die in dieser Mittheilung dargelegten
Erfahrungen vorliegen, finde ich nicht, dass ich diese meine Auffassung
irgendwie abzuändern habe. Im Gegentheil, soweit mir überhaupt
aus Beobachtungen auf die Vorgänge in den Moleceülen, (die ja
schliesslich allerdings nur Phantasiegebilde sind), zurückschliessen
können, scheinen mir diese Beobachtungen die erwähnte Auffassung
direct zu beweisen. Ganz besonders steht es mit derselben in Ein-
! WÜLLNER. WiıeDEn. Ann. Bd. 34. S. 647. 1888.
1118 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 12. December.
klang, dass die verschiedenen Linien mit steigender Temperatur erst
nach und nach sichtbar werden. Im Linienspeetrum sieht man zuerst
die Wellenlängen, für welche das Emissionsvermögen den grössten
Werth hat, erst wenn die Stösse stärker werden, erhalten die den
übrigen Wellenlängen entsprechenden Schwingungen eine hinreichende
Amplitude um wahrgenommen zu werden. Die Stösse müssen um
so stärker werden, je geringer das Emissionsvermögen für die be-
treffenden Schwingungen ist: dass dasselbe für H, und H, am ge-
ringsten ist, soll ja nichts anders als die Thatsache ausdrücken, dass
H, und H, niemals die Helligkeit von H, und besonders von H;
erhalten. 5
Mit der Auffassung, dass das Bandenspeetrum des Wasserstofls
und das Linienspeetrum einem verschiedenen Bau des strahlenden
Moleeüls zuzuschreiben sei, vermag ich die vorliegenden Beobach-
tungen nicht zu vereinigen; es bedürfte jedenfalls einer sehr ge-
zwungenen Hypothese, um sich auf Grund dieser Anschauung eine
Vorstellung zu machen, wie die ganz stetige Helligkeitszunahme der
einzelnen Linien und das Auftreten derselben nach einander zu Stande
kommen soll.
4.
Das bei diesen Versuchen beobachtete Bandenspectrum nimmt bei
abnehmendem Drucke nieht nur an Helligkeit erheblich zu, sondern
lässt auch die eimzelnen Linien des Bandenspeetrums mit wachsender
Schärfe erkennen. Noch bei Drucken von wenigen Millimetern, bei
denen das Spectrum schon hübsch hell ist, scheinen die Linien mit
einem Schleier überdeckt zu sein, bez. scheinen sie sich nur von
einem nieht dunklen Hintergrunde heller abzuheben. Mit abnehmen-
dem Drucke werden sie schärfer, der Hintergrund scheint dunkler zu
werden. Es scheint sieh derselbe Einfluss der Dichte der strahlenden
Schieht bemerkbar zu machen, den ich bei der Beschreibung des
Stiekstoffspeetrums in meiner letzten Mittheilung erwähnt habe. Be-
sonders in den engeren Röhren ist das Speetrum bei» den geringen
Drucken sehr hell, so dass ich dasselbe am deutlichsten in dem 0"'25
weiten Rohr sowohl nach der rothen Seite als nach der violetten
weiter verfolgen konnte, als es Hr. Hassergere nach der Angabe des
em
Hrn. Kayser in seiner Spectralanalyse' ausgemessen hat. Während
die Messungen des Hrn. HassreLger« im Roth bei 640.8 beginnen,
! Kayser, Spectralanalyse, S. 279. Die Abhandlung des Hrn. HAssELBERG
Memoires de l’Acad. de St. Petersbourg 30 (1882) steht mir nicht zu Gebote.
Würrser: Die allmähliche Entwickelung des Wasserstoffspeetrums. 11.19
konnte ich dort mit Sicherheit noch zwei Linien 645.5 und 643.8
nachweisen, mit ziemlicher Sicherheit auch eine Linie von der Wellen-
länge 647.4. Ob noch näher bei H, Linien vorhanden waren, liess
sich wegen des grossen Glanzes von H, nicht sicher erkennen, zu-
weilen schien es mir, als wenn das Bandenspeetrum mit allerdings
sehr wenig hellen Linien noch näher an ZH, heranrückte. An der
blauen Seite des Speetrums schliesst die Tabelle des Hrn. HassELBErG
mit der Wellenlänge 441.4; ich konnte vor H, Linien bis 436.5 er-
kennen und hinter 4, das Bandenspectrum bis nicht weit von H, bis
zur Wellenlänge 416.6 verfolgen. Dasselbe war allerdings sehr wenig
hell, indess liess sich mit künstlicher Beleuchtung des Fadenkreuzes
die zuletzt erwähnte Linie noch mit einiger Sicherheit einstellen.
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72
1121
Bericht über Studien zur Entwickelungsgeschichte
von Platydactylus mauritanieus.
Von Dr. L. Wını
in Rostock.
(Vorgeleet von Hrn. Scuurze.)
Mi Zustimmung der Akademie wurde mir von Hrn. Prof. M. Braun
sein im Sommer ı882 auf Menorca gesammeltes Material von Gecko-
Embryonen zu einer Bearbeitung übergeben, in der ich soweit gediehen
bin, dass die Gastrulation und Keimblätterbildung als vorläufig abge-
schlossen gelten kann, worüber ich mir erlaube im Nachfolgenden der
Akademie zu berichten.
Nachdem die Furchung abgelaufen, ohne dass ich von einer
Furehungshöhle zweifellose Spuren hätte entdecken können, sondert
sich auf der Oberfläche der kreisrunden oder ovalen Keimscheibe das
Blastoderm als einschiehtige continwirliche Haut von dem Rest der
Furchungsderivate.
Der erste Schritt zur Anlage des Embryos selbst wird sodann
mit dem Auftreten des Embryonalschildes gethan, welcher bei Lupen-
besichtigung als ein ovaler heller Fleck sichtbar wird, dessen spitzeres
Hinterende dem Keimwall am nächsten liegt. Schnitte beweisen, dass
das Erscheinen des Schildes lediglich durch Höhenzunahme der Cylin-
derzellen des Blastoderms an der betreffenden Stelle und dureh zu-
nehmende Abplattung der peripheren Blastodermtheile hervorgerufen
wird. Mediane Längsschnitte aber ergeben ausserdem, dass sich am
zugespitzten Hinterende eine, von der Fläche gesehen, kreisförmige
Verdiekung desselben findet, welche ich als Primitivplatte bezeichne.
Ohne Zweifel ist sie identisch mit dem Knopf, den SıranuL' als Vor-
läufer des Primitivstreifens bei Zacerta in der Nähe des Hinterrandes
auffand. Für den Gecko ist nur zu bemerken, dass hier die Primitiv-
platte nicht durch einen, wenn auch noch so kleinen Zwischenraum
ı H. Seraur, Beiträge zur Entwickelung von Lacerta agilis. Archiv f. Anat. und
Phys, ı882. Anat. Abth.
1122 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
von dem Hinterrande getrennt ist, sondern selbst den hintersten Ab-
schnitt des Schildes bildet und ferner, dass beim Gecko das betreffende
Gebilde weit einfacher gebaut ist als bei Lacerta.
Bei Lacerta besteht zu dieser Zeit bereits ein zusammenhängen-
des Entoderm, das im Knopf mit dem Eetoderm versehmolzen ist.
Zwischen beiden Blättern besteht ferner an dieser Stelle ein den Über-
gang vermittelndes mehrschichtiges Zellmaterial, das Srrant als Me-
soderm in Anspruch nimmt, wie ich jedoch glaube, mit Unrecht, da
jede Abgrenzung nach oben oder nach unten fehlt. Soviel ist jedoch
sicher, dass bei Zacerta schon jetzt zwei verschiedene Keimblätter
unterschieden werden können und dass an der Verschmelzungsstelle
der beiden, der Primitivplatte, bereits Zellwucherungen stattgefunden
haben, welche wir beim Gecko erst im Gefolge der Einstülpung auf-
treten sehen.
Beim Gecko existirt in diesem Stadium noch keinerlei blatt-
artige Anordnung der tieferen Zellen, die nach wie vor ungeordnet
locker neben und über einarder liegen, und fortwährend neuen Zuschuss
vom Dotter her bekommen. Während das Blastoderm im übrigen Be-
reich des Schildes ein ziemlich regelmässiges einschichtiges Cylinder-
epithel darstellt, dessen Zellen ungefähr doppelt so hoch wie breit
sind, sind die Zellen der Primitivplatte unregelmässig polyedrisch
ineinander gekeilt, in mehrfacher Lage angeordnet und gehen nach
unten so eontinuirlich in die hier fester gefügten tieferen Furchungs-
zellen über, dass es nieht möglich ist anzugeben, welche Zellen noch
der Platte angehören und welche nicht. Mit anderen Worten: in der
Primitivplatte besteht ein inniger Zusammenhang zwischen dem Blasto-
derm einerseits und den tieferen Furchungsderivaten sammt dem Dotter
andrerseits. Wenn auch eine scharfe Abgrenzung” der Keimblätter
erst mit dem Auftreten der Gastrulaeinstülpung möglich wird, so
lässt sich doch jetzt schon soviel sagen, dass das Blastoderm mit
alleinigem Ausschluss der Primitivplatte zum Eetoderm wird, während
die Zellen der Primitivplatte, ferner die tieferen Furchungszellen so:
wie der ungefurchte Dotter das Entoderm darstellen. Die Primitiv-
platte ist demnach eine Stelle der Keimscheibe, an der das Entoderm
zu Tage tritt; sie stellt die Anlage des Blastoporus dar, eine Auf-
fassung, die durch die folgenden Vorgänge ihre volle Bestätigung
erfährt.
Im nächsten Stadium tritt die Primitivplatte schon äusserlich
hervor, doch sind alsdann bereits wichtige Veränderungen mit ihr
vorgegangen. Sie erscheint nunmehr als eine kreisrunde verdiekte
Platte am Hinterende des Schildes, deren wulstig vortretende Ränder
eine leichte Einsenkung umgeben. Schnitte zeigen, dass es sich hier
h
!
.- e
Wirt: Entwickelungsgeschichte von Platydactylus mauritanicus. 1123
um die beginnende Gastrulaeinstülpung handelt; die Einsenkung stellt
den zur Invagination sich anschickenden Urdarm und die wulstigen
Ränder die Lippen des Blastoporus dar, die sich äusserlich in eine
vordere und eine hintere Lippe gliedern. Die unter dem Blastoderm
gelegenen Zellen haben auch jetzt ihre blattartige Anordnung noch
nicht vollendet; eine solehe findet sich nur erst im Bereich der area
opaca, felılt dagegen im Bereich des Schildes und der Primitiv-
platte noch ganz. In der Mitte der noch ganz flachen Einstülpung
stehen die Zellen derselben, die sich jetzt schon epithelartig zu grup-
piren beginnen, nach wie vor mit den tieferen Zellen in Verbindung,
oft sogar durch plasmatische Fortsätze. Bei Lacerta liegen die Ver-
hältnisse derartig, dass bisher nicht festgestellt werden konnte, wie
diese erste Einsenkung zu Stande kommt, ob durch eine wirkliche
Einstülpung oder lediglich durch ein Auseinanderweichen der Zellen.
In dieser Beziehung bringen die einfachen Bilder beim Gecko die
Entscheidung: in den Lippen des Blastoporus findet lebhaftes Wachs-
thum der Zellen neben reger Vermehrung statt; sie erreichen hier
oft eine ganz bedeutende Grösse, enthalten zum Theil zahlreiche Kerne
und sind stellenweise bereits in mehrere Zellen zerfallen. Die Folge
dieses lebhaften Wachsthums ist, dass die Zellen sich gegenseitig zu
mehr oder weniger kolbenförmigen Gebilden an einander pressen und
durch den hierin sich documentirenden Druck die mittlere Parthie
der Primitivplatte zur Einstülpung zwingen.
Während bisher alle Theile des Entoderms miteinander in conti-
nuirlichem Zusammenhang standen, beginnt sieh mit der fortschrei-
tenden blattartigen Aneinanderlagerung der tieferen Zellen eine Tren-
nung anzubahnen, die vollständig wird, sobald das untere Blatt auch
unter dem Schilde und der Einstülpung zur Anlage gekommen ist.
Diese Trennung der einzelnen Theile des Entoderms, die übrigens
rein äusserlicher Art ist und eine einheitliche Auffassung durchaus
nieht stört, ist z. B. auf dem nächsten Stadium bereits vollendet.
Ich bezeichne den Theil des Entoderms, der aus der Einstülpung
hervorgeht, als primäres Entoderm, als Gastrulaentoderm oder
als Urdarmblatt; das gewöhnlich allein als unteres Keimblatt auf-
gefasste Blatt, welches hier übrigens von vorneherein einschichtig
sich anlegt, nenne ich seeundäres Entoderm oder Dotterblatt.
Ferner gehören dem Entoderm an diejenigen Furchungszellen, welche
vorläufig noch nicht zum Aufbau des Dotterblatts Verwendung ge-
funden haben und als Dotterzellen bezeichnet werden können, so-
wie schliesslich der ungefurehte Dotter.
In dem dritten Entwickelungsstadium ist die Einstülpung schon
weiter gediehen. Bei äusserer Besichtigung bemerkt man, dass der
1124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
Blastoporus seine Kreisform verloren hat und seine Breitenausdehnung
jetzt die Längenausdehnung übertrifft. Die hintere Urmundlippe ist
in der Richtung der Längsachse breiter geworden und nach hinten
nicht mehr so scharf begrenzt, die vordere erscheint stark gewulstet
und hat sich über das Niveau der Keimscheibe um ein Bedeutendes
erhoben, eine Erscheinung, die durch das nach vorne gerichtete
Wachsthum der Einstülpung bedingt wird.
Mediane Längsschnitte bestätigen diese Wahrnehmungen; sie
zeigen aber ausserdem, dass der tiefer gewordene und nach vorne
wachsende Urdarm, worauf ich besonderes Gewicht legen möchte, aus
einem einschichtigen Cylinderepithel besteht, das an der vorderen
Urdarmwand doppelt so hoch ist wie an der hintern. Das Dotter-
blatt zieht in einer einfachen Schicht von Plattenzellen unter der
Einstülpung hinweg und hat die Verbindung mit letzterer völlig auf-
gegeben. Auf einer grösseren Strecke liegt es der hinteren einschich-
tigen Urdarmwand, durch einen schmalen aber deutlichen Zwischen-
raum getrennt, locker an,- ohne dass auch nur der Schatten eines
anderen Zellmaterials, vielleicht eines Mesoderms dazwischen träte.
Wie ich Horruanw’s' Angaben über Zacerta gegenüber hervorheben
möchte, besteht beim Gecko vor der Einstülpung keinerlei Verdickung
des seeundären Entoderms, die mit der Einstülpung verschmelzen und
den grössten Theil der Chorda liefern könnte, vielmehr erweist sich
das Dotterblatt an den mir vorliegenden Schnitten an der betreffenden
Stelle ganz besonders flach.
Während sich nun an der vorderen Urmundlippe die einschichtige
Urdarmwand einfach in die ectodermale Cylinderzellenschicht des
Schildes umschlägt, erweist sich die hintere Lippe als mehrschichtig.
An dieser findet eine lebhafte Zellwucherung statt, welche zur Bildung
eines Zellmaterials hinführt, welches nach oben mit der Blastoporus-
lippe continuirlich zusammenhängt, nach unten aber vom Dotterblatt
scharf abgegrenzt erscheint. An dieser Zellwucherung partieipirt etwas
später auch die hintere Wandung des Urdarms in seinem oberen Ab-
schnitt. Beiderlei Wucherungen lassen sich anfangs noch von einander
abgrenzen, verschmelzen aber bald continuirlich mit einander und bil-
den so das Hauptmaterial für den Aufbau des Primitivstreifens in seiner
definitiven Gestalt, das Hauptmaterial nur, weil ja auch die vordere
Urmundlippe mit am Aufbau des Primitivstreifens betheiligt ist.
Eine Folge dieser constant fortschreitenden Zellwucherung ist
erstens, dass die hintere Lippe in der Längsrichtung des Embryos
ı ©. K. Horrmann, Reptilien in: Bronn’s Ulassen und Ordnungen des Thier-
reichs. Bd. VI, Abth. IIL. 1888.
Wırn: Entwiekelungsgeschichte von Platydactylus mauritanicus. 1125
an Ausdehnung zunimmt und dadurch das Auswachsen der anfangs
runden Primitivplatte zu einem immer länger werdenden Primitiv-
streifen bewirkt wird, zweitens aber, dass allmählich das ursprüng-
lich einfache Cylinderepithel des oberen Abschnitts der hinteren Ur-
darmwand sowie der hinteren Blastoporuslippe völlig in die Bildung
der Zellen des Primitivstreifens aufgeht und dieses Zellmaterial selbst
die hintere Begrenzung des Urdarmlumens in seinem oberen Drittel
bildet. Da diese Zellen nach ihrem Entstehungsorte hin keinerlei Ab-
grenzung zeigen, so habe ich gar keine Veranlassung, sie als Meso-
derm anzusehen, sondern kann sie mit Rücksicht auf ihre Genese nur
als eine entodermale Bildung betrachten, die vollkommen homolog
dem Dotterpfropf der Amphibien sich verhält.
Während nun bei Zacerta die Gastrulaeinstülpung anscheinend
auf diesem Stadium stehen bleibt, wächst sie beim Gecko weiter in
der Riehtung nach vorn, um eine verhältnissmässig ausserordentliche
Länge zu erreichen. Äusserlich unterscheidet sich ein solches Stadium
noch kaum von dem vorigen, nur dass das Prostoma in der Riehtung
von vorn nach hinten sich etwas verschmälert hat. Mediane Längs-
schnitte ergeben, dass der eingestülpte Urdarm weit nach vorne frei
zwischen Eetoderm und Dotterblatt hineinragt und von der vorderen
Urmundlippe bis zu seiner vorderen Spitze 1""”08 misst. Da nun bis
zum Auftreten der Kopffalte des Amnions die Grösse der Embryonen
zwischen o"”g und ı
als ausreichend, um der gesammten Chorda den Ursprung geben zu
mm
schwankt, so ist die Länge des Urdarms mehr
können; da ferner die Breite des Urdarms vorn zwischen 0"”"5 und
o"”"6 beträgt, so ist es höchst wahrscheinlich, dass mindestens ein
grosser Theil des definitiven Darmepithels aus dem Urdarm seine Ent-
stehung nimmt.
Was den Bau des Urdarms anlangt, so wird die vordere Wand
desselben nach wie vor von einem hohen Cylinderepithel gebildet,
welches an der vorderen Urmundlippe continuirlich in das Ectoderm
des Schildes umbiegt, nach der Spitze der Einstülpung zu aber all-
mählich etwas an Höhe abnimmt. Die hintere Wand ist in ihren
vorderen zwei Dritteln einschichtig, aus einem niedrigen Plattenepithel
bestehend, in ihrem hinteren Drittel jedoch mehrschichtig, d. h. sie
wird hier unmittelbar von den Zellen des Primitivstreifens, dem
Dotterpfropf gebildet. Unter der gesammten Einstülpung aber zieht
das Dotterblatt als einfache Schicht glatt hinweg, überall nach oben
deutliche Grenzen aufweisend.
Nachdem nun die vorderen und seitlichen Ränder des ausser-
ordentlich flachen Urdarms mit dem Dotterblatt verschmolzen sind,
erfolgt der Durchbruch des Urdarms nach unten. Über die Vorgänge
»
1126 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
beim Durehbruch bin ich zu sehr interressanten Resultaten gekommen;
ich will hier nur erwähnen, dass derselbe an zahlreichen Punkten
gleichzeitig erfolgt, so dass bei der Ansicht von unten die hintere
oder untere Urdarmwand sammt dem unter ihr wegziehenden Dotter-
blatt wie netzartig durchbrochen erscheint. Die einzelnen isolirten
Durehbruchstellen fliessen zusammen und dadurch kommt dann die
gesammte untere Urdarmwand, soweit sie einschichtig war, also gut
zwei Drittel derselben zum Schwund. Nur das hintere Drittel der
hier mehrschiehtigen unteren Urdarmwand ist bestehen geblieben und
das Lumen an dieser Stelle in einen Kanal verwandelt, den ich als
Kurrrer’schen Gang bezeiehne. Ich musste für den so entstandenen
Kanal eine besondere Bezeichnung wählen, weil er sich in seiner
weiteren Entwickelung bei Gecko anders verhält als bei der Eidechse
und schon vor der Absehnürung des ersten Urwirbelpaares zum Ver-
schluss kommt. Es folgen dann mehrere Studien, die keinerlei Kanal
aufweisen, bis später, kurz vor dem Verschluss der Medullarrinnen,
ein zweiter Durchbruch erfolgt, der nun genau dieselben Verhältnisse
aufweist, wie der ceanalis neurenterieus der Eidechse an älteren Em-
bryonen. Die Vorgänge, welche zum allmählichen Verschluss des
Kurrrer’schen Ganges hinführen und über welche mir lückenlose
Reihen vorliegen, übergehe ich an dieser Stelle.
Von besonderm Interesse sind jene Vorgänge, welche mit dem
Verschluss des Blastoporus bez. des Kuprrrer'schen Ganges in Be-
ziehung stehen und zur Bildung einer ausgeprägten Primitivrinne
hinführen, die bekanntlich den übrigen Reptilien fehlt, beim Gecko
aber !/, so lang wie die Embryonalanlage wird. Diese Vorgänge
spielen sich in folgender Reihenfolge ab. Der anfangs kreisrunde
Blastoporus wird zunächst durch jene Zellenmasse, welche ich dem
Dotterpfropf der Amphibien verglichen habe, theilweise verstopft und
nimmt dann die Form eines queren Spaltes an, dessen vordere Lippe
die hintere bedeutend überragt. Indem nun der Dotterpfropf in der
Längsrichtung des Embryo’s an Ausdehnung zunimmt, geht die an-
fangs rundliche Primitivplatte in einen länglichen Primitivstreif über.
Gleichzeitig erfährt die vordere Lippe eine Biegung, deren Concavität
nach hinten sieht. Die Biegung wird allmählich zu einer scharfen
Knickung, so dass ein nach hinten offener Winkel entsteht, der mit
seinen Schenkeln den Dotterpfropf zwischen sich fasst. Die Schenkel
nehmen mit dem Auswachsen des Primitivstreifs an Länge zu, rücken
einander näher und näher und bilden so eine Primitivrinne, welche
auf der Öberfläche des Primitivstreifens verläuft und an ihrem
vordersten Ende in den Kurrrer’schen Gang sich hinabsenkt.
Jene Oberflächenveränderungen, die mit dem Auftreten des paari-
pn
x
u % ü 5
Mu =
B A A -
Wırv: Entwiekelungsgeschichte von Platydactylus mauritanieus. 1127
gen Mesoderms in Beziehung stehen, gleichen vollständig denen bei
den übrigen Reptilien. Auch hier ist die Folge das Auftreten einer
Rückenfurche, die sich nach hinten in zwei Schenkel gabelt, von
denen der eine in der Riehtung auf die etwas asymmetrische Pri-
mitivrinne, der andere wie bei den übrigen Amnioten seitlich davon
verstreicht.
Das Mesoderm hat einen doppelten Ursprung. Ein Theil ent-
steht paarig jederseits von der Chorda aus der oberen Urdarmwand
und kann mit Rast als gastrales Mesoderm bezeichnet werden; ein
anderer Theil nimmt allseitig vom Primitivstreifen seinen Ursprung
und stellt das prostomiale Mesoderm dar. Auf meinen Präparaten
liess das gastrale Mesoderm von Anfang an eine Spaltung in ein
somatisches und ein splanchnisches Blatt erkennen, von denen ersteres
mit der Chorda, letzteres mit dem Darmblatt zusammenhing. Die
Grenzlinie zwischen beiden stellt die erste Anlage des Coelomspalts
vor, der jederseits von der Chorda in den Urdarm ausmündet. Die
Bilder lassen kaum eine andere Erklärung zu, als dass das gastrale
Mesoderm nach dem von Herrwıs für die Amphibien geschilderten
Typus durch Einstülpung vom Urdarm her entstanden ist. Über die
Entstehung des Mesoderms im Bereich des Gefässhofs bin ich bis
jetzt nicht klar geworden. Ausgeschlossen für dasselbe ist ein be-
sonderer Ursprung etwa vom Keimwall her; es kann sieh nur darum
handeln, ob es einer seitlichen Ausbreitung sowohl des gastralen als
auch des prostomialen Mesoderms die Entstehung verdankt, oder ob
es eine Wucherung des prostomialen Mesoderms allein ist. Letzteres
ist mir am wahrscheinlichsten. Allerdings entsteht das Blut aus Zellen,
die sich im Bereich des Gefässhofs aus dem Verbande des Entoderms
auslösen, doch habe ich gar keine Veranlassung, das Blut als eine
mesodermale Bildung aufzufassen.
Die Unterwachsung der Chorda vom Darmentoderm her geschieht
in der für Reptilien bekannten Weise.
Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass die Gastrulation beim
Gecko in viel ursprünglicherer Form sich vollzieht, wie bei den bis-
her untersuchten Reptilien und durch die unifangreiche Ausdehnung
des Urdarms sich eng an die Amphibien anschliesst. Die zwischen
beiden noch vorhandenen Unterschiede dürften lediglich durch die
versehiedenen Dotterverhältnisse bedingt sein. Soweit die zur Zeit
noch nicht abgeschlossene Entwickelungsgeschichte von Ichthyophis der
Vettern Sarasın' erwarten lässt, werden bei diesem durch einen mäch-
! P. und F. Sarasın, Zur Entwickelungsgeschichte und Anatomie der ceyloni-
schen Blindwühle Iehthyophis glutinosus. Ergebnisse naturw. Forsch. Ceylon. Bd. II.
Heft I. 1837.
1128 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. December.
tigen Nahrungsdotter ausgezeichneten Blindwühler die Übereinstim-
mungen mit der Gecko-Entwickelung noch grössere sein. Jedenfalls
geht aus einem Vergleich der Gecko-Gastrula mit der der Urodelen
hervor, dass der Blastoporus der Reptilien dem gesammten Blasto-
porus der Amphibien entspricht.
Von noch grösserer Wichtigkeit sind die Beziehungen zu der
Entwickelung der übrigen Amnioten, zu der die Gecko-Entwickelung
durch das Vorhandensein eines Primitivstreifens und einer Primitiv-
rinne ganz allmählich hinüberführt. Was bisher mehr eine Hypothese
war, wird durch die Verhältnisse beim Gecko bewiesen, dass nämlich
die Primitivrinne von den Lippen des im Verschluss begriffenen Blasto-
porus gebildet wird, dessen Öffnung selbst bei den höheren Amnioten
mit dem Urdarmlumen geschwunden ist und nur noch durch den
Durchbruch eines Canalis neurentericus angedeutet wird. Mit Noth-
wendigkeit ergibt ferner die Gecko-Entwickelung, dass der Kopffort-
satz des Primitivstreifens bei den übrigen Amnioten nichts ist, als
die solide gewordene Urdarmeinstülpung des Gecko, deren Lumen be-
reits bei Lacerta vudimentär zu werden beginnt. Damit fällt gleich-
zeitig die Auffassung der Amniotenchorda als eine mesodermale Bildung.
Die Gecko-Entwickelung führt mithin zu ganz denselben allge-
meinen Resultaten, zu denen jüngst vau BENEDENn auf ganz anderm
Wege, von der Fledermaus-Entwickelung her gekommen ist.
Ausgegeben am 19. December.
Beilin. gedruckt in der Reichsdruckerei.
1129
1889.
LIM.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
19. December. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
1. Hr. pu Boıss-Reyuonxo las über die innere negative Polari-
sation der Muskeln, als Fortsetzung seiner Untersuchungen über
seeundär-elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben.
Die Mittheilung folgt umstehend.
2. Hr. Coxze legte das 2. Ergänzungsheft zum Jahrbuch des
Kaiserlichen archaeologischen Instituts vor, enthaltend die Ergebnisse
der mit Unterstützung des Hın. Scnucnnarpr von Hrn. Bonn ausge-
“ führten Untersuchung der Ruinen von Nemrud-Kalessi im pergame-
nischen Gebiete.
Hr. Conze machte ferner Mittheilung von der Entdeckung eines
ionischen Tempels auf der Stelle des epizephyrischen Lokri. Die Aus-
grabung ist auf Anregung des ersten Secretärs des Kaiserlichen archaeo-
logischen Instituts zu Rom, Hrn. Prrersen, von Seiten des Königlich
italiänischen Unterrichtsministeriums ausgeführt und hat auch eine zum
Tempel gehörige Seulpturgruppe ergeben.
3. Hr. Dünnter überreichte als Vorsitzender der Centraldirection
der Monumenta Germaniae historica das Schlussheft des fünften Bandes
der »Leges«.
4. Die Professoren der Botanik an den Universitäten Breslau,
Leipzig und Bonn, HH. Ferpınasp Cons, Wırnerm Prerrer und
EpuARD STRASBURGER wurden zu correspondirenden Mitgliedern der
physikalisch-mathematischen Classe gewählt.
Sitzungsberichte 1889. 100
1130 Gesammtsitzung vom 19. December.
9. Die physikalisch-mathematische Classe hat Hrn. KRronEckeEr
zur Herausgabe der Werke G. LesEUNE Diric#LerT’s, von welchen der
erste Band gegenwärtig erschienen ist, 3000 Mark als erste Rate
bewilligt.
Am 18. December starb in München Hr. WıLneLm von GIESEBRECHT,
correspondirendes Mitglied der philosophisch -historischen Classe, und
am 21. December in Tübingen Hr. Frıepr. Aus. von (JUENSTEDT, COT-
respondirendes Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe.
1131
Über secundär-elektromotorische Erscheinungen
an den elektrischen Geweben.
Von E. vu Boıs-Revymonnv.
Zweite Mittheilung.
Erster Abschnitt.
Von der inneren negativen Polarisation der Muskeln.
$. 1. Einleitung.
N mehreren Jahren habe ich ein neues Feld elektrophysiologischer
Forschung erschlossen, welches ich das der secundär-elektromotorischen
Erscheinungen nenne, weil es sich darin um elektromotorische Er-
scheinungen an den elektrischen Geweben handelt, welche denen der
Rırrer’schen secundären Säule gleichen, sofern sie in Folge des
Hindurchtfliessens eines primären Stromes auftreten.'
Als ich anfing mich mit der thierischen Elektrieität zu beschäf-
tigen, war schon an zwei Stellen einmal ein Fuss auf dieses Gebiet
gesetzt worden. Conrisriacnt hatte ı805 aus den elektrischen Organen
von Zitterrochen eine Art von Rırrer’scher Ladungssäule ohne Me-
talle gebaut; doch war seine Angabe ganz unbeachtet geblieben, und
ich fand sie erst wieder auf, lange nachdem ich selber Streife vom
Zitterwelsorgan mit einem über den seinigen weit hinausgehenden
Erfolge polarisirt hatte.’
PELTIER entdeckte sodann 1834, dass länger durchströmte Frosch-
gliedmaassen, auch blosse Froschmuskeln, ja Stücke von Muskeln,
einen Strom im umgekehrten Sinne des ursprünglichen Stromes ent-
wickeln. Er deutete dies darauf, dass an den Grenzflächen zwischen
thierischen Theilen und zuleitender Flüssigkeit, wie an einer me-
tallischen Zwischenplatte, Wasserstoff und Sauerstoff ausgeschieden
! Diese Berichte, 5. April 1883. ı. Hlbbd. S. 343; — Archiv für Physiologie.
1884. S. ı. — Im Folgenden wird die erstere Stelle kurz als ‘Erste Mittheilung’ angeführt.
2 S. meine Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel- und Nerven-
physik. Bd. II. 1877. S.7ı9. Anm.
100 *
1132 Gesammtsitzung vom 19. December.
würden, welche er jedoch nicht nachwies. Zugleich läugnete er
ausdrücklich, dass auch die dazwischen liegenden, nicht in die Zu-
leitungsflüssigkeiten tauchenden Strecken elektromotorisch wirksam
werden." Es ist daher nicht richtig, wenn Hr. Hrrmasn die innere
Polarisation der Muskeln und Nerven durch PELtıer entdecken lässt.”
An Nerven hat PELTIER gar nicht experimentirt.
Marreucer wiederholte PELTIEr's Versuch, ohne etwas anderes
hinzuzufügen, als dass man mittels des seeundären Stromes ein Frosch-
praeparat zum Zucken bringen kann; auch liess er mehrere Frosch-
praeparate hintereinander durchströmen, und bildete so daraus, wie
schon ConxrieLiacnt aus elektrischen Organen, gleichsam eine Rırrrr’sche
Ladungssäule ohne Metalle.”
Gleich meine ersten Versuche in dieser Richtung zeigten mir,
dass Perrier's Beschreibung des Thatbestandes unvollständig sei und
dass seine Erklärung nicht ausreiche. Zwar gelang es mir, dieser Er-
klärung die ihr noch fehlende thatsächliche Grundlage scheinbar zu
verleihen, indem ich an den Grenzflächen der eingetauchten Theile
Säure und Alkali nachwies. Zugleich aber fand ich, dass der secun-
däre Strom, wenn überhaupt, jedenfalls nicht allein von diesen Ionen,
sondern auch von den dazwischen gelegenen Strecken ausging, so
zwar, dass man zur Annahme säulenartig im Inneren der Muskeln ver-
theilter seeundär-elektromotorischer Kräfte genöthigt wird. Ähnliche
Erscheinungen bieten die Nerven und andere thierische Gewebe dar.
Keinesweges aber sind sie auf solche beschränkt. Sind hinsichtlich
der Leitungsfähigkeit der festen Substanz und der tränkenden Flüssig-
keit gewisse Bedingungen erfüllt, so leisten die verschiedensten von
Elektrolyten durehdrungenen Capillargerüste oder mit Wasser ge-
quollenen imbibitionsfähigen Stoffe dasselbe wie die thierischen Ge-
webe: unorganische wie organische, organisirte wie amorphe, lebende
wie todte Gebilde. So entstand meine Lehre von der inneren Polari-
sation feuchter poröser Körper, von der ich schon seit 1848 wieder-
holt Nachricht gab, welche aber vollständig, soweit ich sie geführt
habe, erst in der Schlusslieferung meiner ‘Untersuchungen über thierische
Elektrieität’ vom Jahre 1884 dargelegt sich findet.‘
Sehr bald erkannte ich, dass mit dieser Art der Polarisation der
Kreis des Geschehens hier noch nicht abgeschlossen sei. Bei thierischen
! Perrier’s Angaben finden sich wörtlich abgedruckt in meinen Untersuchungen
über thierische Elektrieität. Bd. II. Abth. I. 1884. S. 378.
2 Prrüser's Archiv u.s.w. 1872. Bd. V. S. 233.
® Essai sur les Phenomenes electriques des Animaux. Paris 1840. p. 14. 15.
* Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 1848. S. 377 fil.; — Gesammelte Abhand-
"lungen u. s. w. Bd. 1. S.ı3 ff.; — Bd. I. S. ıgı ff.;, — Untersuchungen u. s. w. Bd. II.
Abth. II. S. 406 ft.
E.ou Bors-Reruonp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1133
Geweben sowohl wie bei anderen porösen feuchten Körpern kam es
unter bestimmten Umständen vor, dass die secundär-elektromotorische
Kraft, statt dem polarisirenden Strom entgegen, ihm gleich gerichtet
war, so dass die Polarisation als positiv sich «darstellte. Bald wurde
klar, dass es in solchen Fällen um zwei ganz verschiedene Dinge sich
handelte. Ausser der inneren Polarisation der feuchten porösen Körper
giebt es erstens noch eine äussere Polarisation an deren Grenzflächen,
etwa in der Art wie Perrrier es sich gedacht hatte. Bei Anwenduug
einer geeigneten Zuleitungsflüssigkeit lässt sich wie schon bemerkt, an
diesen Flächen Säure und Alkali nachweisen. Zu dieser Polarisation
ist aber der poröse Körper unnöthig, sie findet auch statt an der
Grenze passend übereinander geschichteter Elektrolyte, und in gewissen,
Zusammenstellungen hat sie dieselbe Richtung, wie der polarisirende
Strom; wozu es bei den Metallen nur wenige Seitenstücke giebt." Bei-
spielsweise kann man aus Pappscheiben, von denen die einen mit Koch-
salz-, die anderen mit Kalihydratlösung getränkt sind, eine Ladungs-
säule aufbauen, welche im umgekehrten Sinne wie die Rırrer'sche,
d.h. in demselben Sinne wie der polarisirende Strom wirkt.
Hr. Hermann hat neuerlich, zum ersten Male nach dreissig Jahren,
mit den seitdem in diesem Gebiete von mir geschaffenen Hülfsmitteln,
unpolarisirbaren Elektroden, aperiodischer Bussole, Compensation, und
mit einer von ihm eigens dazu gebauten Vorrichtung, die Polarisation
an der Grenze von Elektrolyten nachuntersucht, und dabei die positive
Polarisation der Combinationen, an denen ich sie beobachtete, nicht
wiedergefunden.” Er schreibt die Verschiedenheit seiner und meiner
Ergebnisse ohne Weiteres der Unvollkommenheit meiner Versuchs-
weisen zu: wenn ich mich weiter Heberröhren bediente, der geringeren
Schärfe der Trennungstflächen der übereinander geschichteten Flüssig-
keiten; wenn ich eng ausgezogene Heberröhren benutzte, bei schlechter
Leitungsfähigkeit der darin enthaltenen Flüssigkeit deren Fortführung
durch den Strom; endlich bei Anwendung von Bäuschen, die mit
den beiden Flüssigkeiten getränkt waren, gleichfalls der kataphorischen
Wirkung des Stromes.
Ich zweifle nicht an der Überlegenheit von Hrn. Hermann’s
Versuchsweise, und es wäre wunderbar, wenn er nach solchen Fort-
sehritten. der Versuchstechnik, auf meinen Schultern stehend, nicht
über mich hinausgegangen wäre. Doch glaube ich noch nicht, dass
meine Ergebnisse unrichtig waren, und dass schon jetzt, wie er be-
ı Vergl. Gesammelte Abhandlungen u.s. w. Bd.I. S.6. 48. 37—60; — WIEDEMANN,
die Lehre von der Elektrieität. (Zugleich als... 3. Aufl. u. s. w.) Bd. II. 1883. S. 791 ff.
2 Nachrichten von der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-
Augusts-Universität zu Göttingen. Juli 20. 1887. S. 326.
1134 Gesammtsitzung vom 19. December.
hauptet, »festgestellt sei, dass verkehrte Polarisationen bei Durch-
»strömung eines Systems von Elektrolyten nieht vorkommen, wenn
»alle fremdartigen, d.h. nicht von der blossen Folge der Elektrolyten
»herrührenden Einwirkungen vermieden werden.«< Um zu diesem
Schlusse berechtigt zu sein, hätte Hr. Herrmann erklären müssen, wie
die von ihm beschuldigten Umstände in meinen Versuchen zu einem
Strom im Sinne positiver Polarisation Anlass geben können. Er be-
gnügt sich aber damit, sich dies so vorzustellen, wobei er unrichtige
Voraussetzungen macht. In Bäuschen, welche mit so gut leitenden
Flüssigkeiten wie Kochsalz- und Kalihydratlösung getränkt sind, findet
keine merkliche Fortführung durch den Strom statt, und von Fort-
führung schlechter leitender Flüssigkeiten in meinen WArker’schen
Röhren kann ebensowenig die Rede sein, da, wie ich ausdrücklich
bemerkte, diese Röhren nur angewendet wurden, »wenn der Wider-
stand der Flüssigkeit es erlaubte, ihren Querschnitt stellenweise der-
gestalt zu verkleinern,« also nur mit gut leitenden Flüssigkeiten."
Ohnehin wäre schwer zu verstehen, dass nur gewisse Zusammen-
stellungen, diese aber ganz beständig, und bei jeder Versuchsweise,
mit weiten wie mit engen Heberröhren und mit Bäuschen, mir positive
Polarisation gaben, während doch bei allen Combinationen die Ver-
suchsweisen dieselben waren, also auch noch bei anderen als den
obigen hätten positive Polarisation vortäuschen können. Wir wissen
viel zu wenig von den elektromotorischen Wirkungen an der Grenze
von Elektrolyten, um darüber absprechen zu dürfen, ob nicht die
Polarisation daselbst unter sehr ähnlichen Umständen, das eine Mal
positiv, das andere Mal negativ sein könne, und was wir davon
wissen, spricht eher für als wider die Möglichkeit solchen Verhaltens,
da oft sehr geringfügige Umstände in unerklärlicher Weise die Richtung
der Ströme in Flüssigkeitsketten beeinflussen.
Wie dem auch sei, es fand sich zweitens, dass, wo erregbare
Frosch-Gliedmaassen oder -Muskeln im Kreise waren, scheinbar noch
eine andere Art von positiver Polarisation zu der negativen inneren
sich gesellte, eine solche, welche zunächst gleichfalls auf säulenartiger
Anordnung elektromotorischer Kräfte im Inneren der Gewebe zu be-
ruhen schien. Bei jeder Lage der in stets gleichem Abstande die
Muskeln berührenden Keilbäusche des Multiplicatorkreises erfolgten
unter sonst gleichen Umständen ungefähr gleich starke positive Nach-
ströme, und bei hinreichendem ausserwesentlichem Widerstande wuchs
' Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. I. S. 4, — Untersuchungen u. s. w.
a. a. O. S. 404. — Über Fortführung in Röhren vergl. Wırpemann, die Lehre von der
Elektrieität u. s. w. Bd. II. 1883. S. ı77fl.
E. pu Bors-Revuorp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1135
der Nachstrom mit dem Abstand der ableitenden Keilbäusche: zwei
im Vereine scheinbar untrügliche Wahrzeichen innerer Polarisation.
Von der inneren negativen Polarisation unterschied sich die
scheinbare innere positive Polarisation ausser durch die Richtung aber
noch durch die höhere Schwelle der zu ihrer Erzeugung erforderlichen
Stromdichte, sowie durch die verschiedene Abhängigkeit von der
Schliessungszeit, d. h. der Dauer des polarisirenden Stromes, und
von der Öffnungszeit, d. h. der seit seiner Öffnung verflossenen Zeit.
Während die innere negative Polarisation mit dem Product aus
Stromdichte in Schliessungszeit wuchs, erreichte die positive Polari-
sation mit wachsender Schliessungszeit schnell ihren grössten Werth,
und während jene vom Augenblick der Öffnung an verhältnissmässig
steil abfiel, sank diese sehr allmählich von ihrer schneller erstiegenen
Höhe herab. Übrigens übertraf die grösste anfängliche Stromstärke der
inneren negativen Polarisation bei gleichem Widerstande die Muskel-
stromstärke zwischen natürlichem Längs- und künstlichem Querschnitt
um eine ansehnliche Grösse; die anfängliche Stromstärke der schein-
baren inneren positiven Polarisation dagegen war nur etwa ebenso
gross, wie die Muskelstromstärke, wobei aber nicht zu vergessen ist,
dass die innere negative Polarisation verhältnissmässig rein zur Er-
scheinung kam, von der inneren positiven nur ihr Überschuss über
die innere negative.
Das waren die hauptsächlichsten Züge des neuen Phaenomens,
welches ich dann auch bei den Nerven erkannte, wo ich es wegen
der Unvollkommenheit meiner damaligen Versuchsweisen Anfangs ver-
misst hatte. Nun fragte es sich, was seine Bedeutung sei. Die negative
Polarisirbarkeit der Muskeln und Nerven der von feuchten porösen
Leitern völlig gleichzusetzen, verbot einigermaassen ihr Verhalten beim
Absterben und Todtsieden der Gewebe, indem ich damals zu finden
glaubte, dass sie dabei nahezu vernichtet werde, während hartgesot-
tenes Hühnereiweiss, durch Schlagen erhaltener Blutfaserstoff, gekochte
Bindesubstanz noch negativ polarisirbar sind. Doch sprach schon
für diese Auffassung die Art ihrer Abhängigkeit von der polari-
sirenden Stromdichte und der Schliessungszeit. Was die scheinbare
positive Polarisation betrifft, so lag es mir nahe, sie an den Nerven
mit der von mir angenommenen säulenartigen Anordnung elektro-
motorischer Elemente im Elektrotonus zu verknüpfen, und von da
aus dieselbe Vermuthung auch auf die Muskeln zu übertragen.
In dieser Anschauung wurde ich dadurch bestärkt, dass ich
ähnliche Erscheinungen auch an den elektrischen Organen entdeckte,
neben innerer negativer innere positive Polarisation, welche letztere
sogar eine bestimmte Beziehung zur Richtung des Schlages verrieth.
1136 Gesammtsitzung vom 19. December.
Diese drei elektromotorischen Gewebe, Muskeln, Nerven und elektri-
sche Organe schienen also nach einem und demselben Gesetze secundär-
elektromotorisch zu wirken, und dadurch einen tiefen Einblick in
ihren Mechanismus in Aussicht zu stellen.
Unter diesem Gesichtspunkte handelte ich vor bald sieben Jahren
die seeundär-elektromotorischen Erscheinungen zusammenhängend ab,
und beschrieb sie als ein neues und wichtiges Forschungsgebiet. Ob-
wohl ich keinesweges glaubte, dasselbe völlig bewältigt zu haben,
liess ich mieh zur Veröffentlichung meiner Ergebnisse verleiten theils
dureh die Wahrnehmung, dass man sich von verschiedenen Seiten
her jenem Gebiete näherte, so dass ich bei längerem Zögern leicht
die Frucht vieljähriger Bemühungen verloren hätte; theils durch die
nur zu richtige Überlegung, dass es mir in absehbarer Zeit doch
nieht gelingen würde, diese Untersuchung so zu vollenden, wie ich
es sonst wohl zu thun gewohnt war. Für diese Abweichung von
dem bis dahin stets von mir befolgten Grundsatze, nur nach allen
Richtungen Erwogenes und Erprobtes mitzutheilen, sollte ich empfind-
lich bestraft werden.
Ich hatte mich zu meinen Versuchen des aus Graeilis und Semi-
membranosus bestehenden Muskelpaares bedient, an welchem die
säulenartige Anordnung gleichsinniger secundär-elektromotorischer
Kräfte in Folge eines kräftigen Stromstosses sich scheinbar ganz un-
zweifelhaft beobachten liess. Gelegentlich bemühte ich mich wohl
dieselben Wirkungen am Sartorius oder Cutaneus femoris als mehr
regelmässigen Muskeln zu erhalten; über den mangelhaften, ja nich-
tigen Erfolg dieser Versuche setzte ich mich mit Hülfe verschiedener
Erklärungsgründe hinweg. Meine Angaben wurden von mehreren
Seiten geprüft, von Hrn. Tscursew,' Hrn. Hrrvann, Hrn. BERNSTEIN
und von den beiden Forschern, welche neuerlich die Fachgenossen
durch ihre Fruchtbarkeit in der allgemeinen Nerven- und Muskel-
physiologie in Erstaunen setzten, von Hrn. EwArn Hering und seinem
Mitarbeiter Hın. Wırnerm Biepermann, damals noch in Prag. Sie
haben binnen neun Jahren dreiundzwanzig Abhandlungen über Reiz-
versuche und Elektrieität der Muskeln und Nerven”? veröffentlicht,
welche zusammen einen starken Band ausmachen, und durch die
Fülle der darin enthaltenen Aufstellungen keine geringen Ansprüche
an die Auffassungskraft, den Fleiss und die Musse des Lesers stellen,
' Archiv für Physiologie u. s. w. 1883, Supplement-Bd. (Festschrift). S. 280.
? Sie finden sich, bald unter Hrn. Herıng’s, bald unter Hrn. Biepermann’s
Namen, aber unter dem durchgehenden Titel: “Beiträge zur allgemeinen Nerven- und
Muskelphysiologie’ eine zusammenhängende Reihe bildend, in den Sitzungsberichten der
Wiener Akademie, II. Abth., vom LXXIX. Bande (1879) bis zum XCVIl. Bande (1888).
E. ou Boıs-Reynonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1137
der mit den Verfassern Schritt zu halten wünscht. Die zwölfte und
dreizehnte dieser Abhandlungen beschäftigen sich ausdrücklich mit
den von mir beschriebenen seeundär-elektromotorischen Erscheinungen
der Muskeln.
Herne und Biepermann haben die einst von ALsBErr v. BezoLp”
auf den Muskel übertragene Prrüser'sche Lehre von der polaren Er-
regung des Nerven durch zahlreiche und sorgfältige Versuche am
entnervten Sartorius des Frosches neu und sicher begründet. Sie
zeigten aber nicht allein, dass der Muskel nur dort erregt wird, wo
der Strom ein- oder austritt, also an anodischen oder kathodischen
Punkten der Muskeloberfläche; wenn es um Kettenströme sich handelt,
an letzteren Punkten nur zu Anfang, an ersteren nur zu Ende des
Stromes. Sondern Hr. Biepermann fügte noch hierzu die ganz neue
und überraschende Entdeckung, dass auch an anodischen und katho-
dischen Punkten Erregung nur dann stattfindet, wenn diese Punkte
unversehrt sind, nicht oder ungleich schwächer, wenn sie mechanisch,
kaustisch, chemisch verletzt wurden. Stellt man sich einen ideal
regelmässigen Muskel, durch senkrechte künstliche Querschnitte begrenzt,
geradlinig ausgespannt vor in einem Kreise, der diesen Querschnitten
mit gleichem Querschnitt anliegt, so dass die Fäden eines Stromes im
Kreise senkrecht auf die Querschnitte ein- und austreten: so würde
Entstehen und Vergehen des Stromes den Muskel in Ruhe lassen.
Ich stehe nicht an, in Hrn. Biepermann’s Wahrnehmung eins der
denkwürdigsten Ereignisse in der Geschichte der seit hundert Jahren
tausendfältig durchforschten Reizversuche anzuerkennen.
Diese Thatsache erscheint nun im Widerspruch mit meiner An-
schauung einer auf säulenartiger Anordnung elektromotorischer Kräfte
beruhenden positiven Polarisation des Muskels. Man kann sich nicht
gut vorstellen, wie eine tief eingreifende Einwirkung des Stromes
auf die contractile Substanz in jeder Querscheibe des Muskels vor
sich gehen sollte, ohne dass dieser dabei erregt würde. Bei den Ver-
suchen, welche Hermes und BieperMmAnN am entnervten Sartorius mit
allen von mir angegebenen Hülfsmitteln und Vorsichtsmaassregeln an-
stellten, konnten sie denn auch in der interpolaren Strecke keine
innere Polarisation, weder positive noch negative, nachweisen. Sie
erhielten Polarisation nur, wenn sich anodische oder kathodische
! Über Veränderungen des elektromotorischen Verhaltens der Muskeln in Folge
elektrischer Reizung. A.a.0. 1883. Bl.LXNXVII. S.415 ff. — Über pu Boıs-Revuonp’s
Untersuchung der secundär-elektromotorischen Erscheinungen am Muskel. Ebenda
S. 445 ft.
2 Monatsberichte der Berliner Akademie. 1860. S. 764; — Untersuchungen über
die elektrische Erregung der Nerven und Muskeln. Leipzig 1861. S. 235 ff.
1138 Gesammtsitzung vom 19. December.
Punkte, Ein- oder Austrittsstellen des ‘Reizstromes’, im Bussolkreise
befanden.
An solchen polar erregten Stellen, von welchen allein die Zuckung
ausgeht und dem Muskel entlang sich fortpflanzt, findet nach ihrer
der Hrrmann’schen sich anschliessenden Auffassung eine ‘Alterirung’
der Muskelsubstanz statt, welche die ‘alterirte’ Substanz negativ gegen
die unangegriffen gebliebene macht. Liegt die eine Bussolelektrode
im Bereich der von einer Reizelektrode sich ausbreitenden ‘Alterirung’,
so entsteht dadurch im Muskel ein Nachstrom von der Reizelektrode
fort, also positiv, wenn diese die Anode, negativ, wenn sie die
Kathode war.
Die am Muskelpaare des Gracilis und Semimembranosus von
mir beschriebenen Polarisationserscheinungen, wobei die Ableitung
des Nachstromes von der interpolaren Strecke geschah, erklärt Hr.
Herıne durch den meinerseits nicht beachteten Umstand, dass diese
Muskeln, der Gracilis ganz, der Semimembranosus zum Theil, von
einer schrägen Scheidewand durchsetzt sind.‘ Im einen oder anderen
Sinne durchströmt, stelle diese Scheidewand auf der dem Strom zu-
gewandten Seite eine kathodische, auf der ihm abgewandten eine
anodische Fläche dar, welche nach dem Vorigen Sitz von Erregung,
also von ‘Alterirung’ der Muskelsubstanz sein werden. Da auf diese
Weise das längsdurchströmte Muskelpaar immer zwei anodische und
zwei kathodische Stellen besass, deren Wirkungen sich algebraisch
summiren konnten, waren nach Hrn. Hrrıne meine Versuchsbedingungen
so verwickelt, dass es nicht möglich sei, das Ergebniss jedes einzelnen
Versuches theoretisch abzuleiten.
Wie die Folge lehren wird, ist Hr. Hrrıne im Recht, wenn er
aus seinen Erfahrungen den Schluss zieht, dass es eine innere positive
Polarisation des Muskels, wie ich sie annahm, nicht gebe. Ich habe
mich geirrt, nicht in den Thatsachen, mit welchen ich vielmehr,
nach jahrelangen mühsamen Vorarbeiten, die Wissenschaft bereicherte,
sondern in deren Auslegung, und der experimentirende Naturforscher,
dem dies nie begegnet ist, werfe den ersten Stein auf mich. Ich
habe in meinem wissenschaftlichen Leben oft genug Recht behalten,
um es zu vertragen, wenn auch an mich einmal die Reihe kam, einen
Fehler eingestehen zu müssen. Hr. Hrrıns, der mit solcher Liebe und
psychologischer Vertiefung den Ursachen nachspürt, die mich zu Falle
brachten, macht die Entschuldigung für mich geltend, dass ich von
der polaren Erregung der Muskeln nichts wusste, weil ich mich zu
' S. meine Beschreibung und Abbildung der Inseriptiones tendineae der beiden
Muskeln in den Gesammelten Abhandlungen u. s.w. Bd.Il. S. 573.
E.pu Bors-Reymonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1139
wenig mit den mechanischen Reizerfolgen der Muskeln beschäftigt
habe. Leider darf ich nicht einmal diese gütige Verwendung an-
nehmen, denn ich war es, welcher in der Unterhaltung mit Hrn.
Prtüser über seinen grossen Fund einst zuerst von allen Sterblichen
die so wichtig gewordenen Wörter Anelektrotonus und Katelektrotonus
aussprach, ich theilte 1860 meines jungen Freundes ALBERT'S von
BezoLp Entdeckung der Berliner Akademie mit,' ja ich zuerst be-
schrieb, um die polare Erregung sichtbar zu machen, eine Art von
Doppelmyographion, wie jetzt Hr. Herrıns ein solches, natürlich voll-
kommeneres, anwandte.” Hr. Hrrıne hätte lieber bemerken sollen,
dass, da ich mich nieht entnervter Muskeln bediente, in welchen
die Erregung durch die intramusculären Nerven die polaren Unter-
schiede verwischt, ich keinen Anlass hatte, der polaren Erregung
in meinen Versuchen eine so bedeutende Rolle zuzuschreiben, wie
Hr. Herıse es thut. Er selber aber wird sogleich erfahren, wie schwer
es hält, hier unfehlbar zu sein, und dass er unter Anderem in keiner
kleinen Täuschung befangen war, als er unbedingt schrieb, und ge-
sperrt druckte: »eine innere negative Polarisation des Muskels
in pu Boıs-Reymonp’s Sinne ist nieht nachweisbar.«’
Ich bin meinerseits seitdem nicht müssig geblieben und habe
mir, nach fortgesetzten Untersuchungen, über diese Verhältnisse meine
eigenen Vorstellungen gebildet, welche, wenn sie von meinen früheren
Anschauungen abweichen, doch auch in wichtigen Punkten von denen
meiner Berichtiger entfernt sind. Die folgende Darlegung bezweckt
meine neuen Einsichten und die für mich daraus sich ergeben-
den Schlüsse zusammenfassend zu entwickeln, obgleich ich auch jetzt
noch keinesweges glaube, in diesem verworrenen Gebiete, wo alle
Schwierigkeiten der Reizversuche mit allen denen der thierisch-elek-
trischen sich verbinden, zu einem sicheren Abschluss gelangt zu sein.
Hr. Hrrmann, dem ich nichts recht mache, erhebt sich mit Heftig-
keit gegen die von mir gebrauchten Ausdrücke »negative« und »posi-
tive« Polarisation. Er meint, negativ zu sein, liege im Begriff der
Polarisation; negative Polarisation sei ein Pleonasmus, positive Pola-
risation eine Contradietio in adjecto, Polarisation, als ein Fall von Er-
haltung der Energie, könne ihrem Wesen nach nicht positiv sein.‘
! Monatsberichte der Berliner Akademie. 1860. S. 760.
2 Monatsberichte a. a. O. S. 904, 905; — Gesammelte Abhandlungen u. s. w.
Bd.I. S.ı29; — v. Bezorp, Untersuchungen über die elektrische Erregung u. s. w.
S. 254; — Herıns, Zweite Mittheilung. A. a. OÖ. ı879. Bd. LXXIX. III. Abth.
S. 258.
® Zwölfte Mitth. A.a.O. S. 420.
4 Prrüger’s Archiv u.s. w. 1384. Bd. XXXIU. S. 105.
1140 Gesammtsitzung vom 19. December.
Hr. Hermann irrt sich aber hinsichtlich des ursprünglichen Begriffes der
Polarisation. Dieses Wort wurde bekanntlich in der Optik von Marus
eingeführt, indem er die Wirkung der bei der Polarisation des Lichtes
thätigen Kräfte dem Einfluss eines Magnetes verglich, der die Pole einer
Reihe magnetischer Nadeln alle nach der nämlichen Richtung kehrt.!
Farapay nannte sodann Polarisation die Anordnung der Theilchen eines
Dielektrieums, welche er einer Reihe kleiner Magnetnadeln verglich.
Nach solchen Beispielen, denen sich noch mehrere anreihen liessen,
durfte ich doch wohl von positiver Polarisation sprechen, wo es sich
in meiner Vorstellung um das Richten elektromotorischer Molekeln in
solchem Sinne handelte, dass ein dem polarisirenden Strom gleich-
sinniger Nachstrom entsteht. Mit der Erhaltung der Energie hat,
wie man sieht, der Begriff der Polarisation ursprünglich und unmittel-
bar nichts zu schaffen. Von Polarisation der Elektroden fing man erst
spät zu reden an. In Fecnser’s classischem ‘Lehrbuch des Galvanis-
mus und der Elektrochemie’” vom Jahr 1829, seinen ‘Maassbestim-
mungen über die galvanische Kette’ vom Jahr 1831 kommt das
Wort noch nicht vor; anstatt dessen ist immer nur in Rırrter’scher
Weise die Rede von Ladungen. Diese nannten die französischen
Elektriker Polarites secondaires, und von ihnen scheint der heutige
Gebrauch der Ausdrücke ‘Polarisation’, ‘Polarisiren’ im Gebiet des
Galvanismus zu uns herübergekommen zu sein. Vielleicht herrschte
ursprünglich Scheu davor, wegen des Missbrauches, welchen die natur-
philosophische Schule mit der ‘Polarität' getrieben hatte. Das Gesetz
der Erhaltung der Energie ist mir nicht so fremd, wie Hr. Hermann
zu meinen scheint; die geschichtliche Entwickelung vor Augen sehe
ich aber nicht ein, warum man seeundäre Polaritäten, wenn sie einen
dem primären Strome gleiehgerichteten Strom liefern, nicht mehr
sollte Polaritäten, und diesen Zustand eines durchströmten Systemes
von Leitern Polarisation nennen dürfen; und ich denke, dass, wenn
ein Physiker wie Hr. Gustav WıEpEmAnn die von von Berrz bei
Metallen, von mir bei Elektrolyten beobachtete anomale Polarisation
im Gegensatz zur normalen, negativen, unbedenklich positiv nennt,”
ich trotz Hrn. Hermann’s Widerspruch ruhig fortfahren kann, mich
derselben Redeweise zu bedienen, an der ja auch Hr. Hrrıss keinen
Anstoss genommen hat.
! Givserr’s Annalen der Physik. 1814. Bd. XLVI. S. 10; — Bıor’s Lehrbuch
der Experimental-Physik u. s. w. Übersetzt von Fecnner. ı829. Bd. V. S. 106.
® Experimental Researches in Electrieity. Reprinted ete. 1849. Vol. I. p. 534.
$. 1677. (June 1838).
3 Die Lehre von der Elektrieität u. s. w. Bd. II. 1883. S.791— 793.
E.pu Boıs-Reyuonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1141
$. 2. Vorrichtungen und Versuchsweisen.
Die Vorrichtung, welche mir zum Übertragen der Schliessung
vom Säulenkreise auf den Bussolkreis in den Polarisationsversuchen
dient, die Polarisationswippe, habe ich, seit meiner Mittheilung über
die secundär-elektromotorischen Erscheinungen, nunmehr in der oben
S.1132 angeführten Schlusslieferung meiner ‘Untersuchungen’ beschrie-
ben und auf Taf. VI daselbst in Fig. ı51. ı52 abgebildet. Man wird
ihr, wie dies meine Nachfolger auf diesem Gebiete schon thaten, ver-
schiedene Formen geben können, wobei aber stets der von mir auf-
gestellte Grundsatz festzuhalten ist, dass jeder der beiden sorgfältig
isolirten Kreise, von denen «das Polarisationsobjeet abwechselnd einen
Theil bilden soll, an zwei Punkten unterbrochen werden muss.
A.a. 0. ist gesagt, wie durch einen passenden Mechanismus die
Schliessungszeit an der Wippe geregelt wurde. Ich habe seit der
Zeit, auf welche jene Beschreibung sich bezieht, meine experimentellen
Hülfsmittel noch vervollkommnet, und besitze eine Vorrichtung, welche
Schliessungszeiten bis zu wenigen Tausendteln der Seeunde herzu-
stellen erlaubt, auch habe ich die Übertragungszeit der Wippe be-
stimmt. Zu den Versuchen über die innere negative Polarisation,
welche für die Erforschung der secundär-elektromotorischen Erschei-
nungen den Grund legen, und mit welchen wir uns demgemäss zu-
nächst zu beschäftigen haben werden, bedarf es dieser Vorkehrungen
nicht. Die Schliessungszeiten sind dabei so beträchtlich, dass die
beim Bewegen der Wippe mit der Hand begangenen Fehler dagegen
verschwinden, und die Polarisation ist so nachhaltig, dass auch auf
Kleinheit und genaue Innehaltung der Übertragungszeit nicht viel
ankommt. Ich verspare also die Beschreibung meines Apparates zur
Herstellung kurzer Schliessungszeiten bis zu dem Punkte, wo ich von
der positiven Polarisation der Muskeln zu handeln gedenke, für deren
Erforschung die kurzen Schliessungszeiten unentbehrlich sind.
Doch habe ich in der Technik der elektrophysiologischen Ver-
suche einige kleine Fortschritte gemacht, welche passend an dieser
Stelle zu erwähnen sind, da sie im Folgenden fortwährend an-
gewendet werden. Sie betreffen die Art, Ströme den thierischen
Theilen zu- und davon abzuleiten. Eine erhebliche Verbesserung des
bisherigen Verfahrens bestand in der Einführung der von mir so-
genannten Thonstengel in Verbindung mit den Keilbäuschen. Früher
überzog ich die Schneide der Keilbäusche nach dem Vorbilde der
längst verlassenen Eiweisshäutehen mit einem aus Thon gewalzten
Streifen von gleicher Breite mit der Länge der Schneide (15""), und
1142 Gesammtsitzung vom 19. December.
von 20”" Länge jederseits von der Schneide." Dies erwies sich als mehr-
fach unzweckmässig, besonders sofern der Thonüberzug die Neigung
hatte, nach der Schneide hin zu gleiten, wo er dann holıl lag, was den
Widerstand erhöhte und die Berührung mit dem Polarisationsobjeet
unsicher machte. Ich verfiel darauf, statt dessen einfach die Schneide,
welche allein des Überzuges bedarf, abzustumpfen und einen dünnen
Thon-Stab oder -Stengel von gleicher Länge daran zu kleben. Es
zeigte sich, dass solcher 'Thonstengel mit ebener Schnittfläche der
Schnittfläche des Bausches sehr gut anhaftet. Mein in physiologischen
Kreisen wohlbekannter langjähriger Laboratoriumswärter Gustav Ascn
empfahl mir zur Herstellung der Stengel das bei der Wurstbereitung
von den Fleischern angewendete Verfahren des Spritzens, und Hr. Preır
baute eine Spritze, welche je nach der aufgesetzten Mündung die
eine oder die andere der beiden in Fig. ı erkennbaren Formen von
Fig. 1.
a
\ | Ill
Stengeln liefert. Die abgerundete Form dient in Fällen, wo Wider-
stand und Stromdiehte an der Berührungsstelle mit dem Polarisations-
objeet zu vermindern sind, also zur Bekleidung der Säulenschneiden,
die scharfkantige in Fällen, wo möglichst beschränkte Stellen zu
berühren sind, also zur Bekleidung der Bussolschneiden. Wenn im
Folgenden von Säulen- und Bussolschneiden die Rede ist, sind da-
runter stets die mit Thonstengeln versehenen Schneiden der Keilbäusche
verstanden.
Ein Kunstgriff, welcher die Handhabung des Thones sehr erleichtert,
besteht nebenbei gesagt darin, dass man als Unterlage, um ihn zu
Platten auszuwalzen oder zu schneiden, nicht polirtes Glas oder glasirtes
Porzellan nimmt, welchen der Thon in sehr lästiger Weise anhaftet,
sondern etwas rauhes mattes Glas, oder noch besser die zur Arsenik-
probe dienenden Biscuitplatten, zwischen denen und dem Thon ihrer
! Gesammelte Abhandlungen u.s. w. Bd. I. S.88. 89. 161; — Untersuchungen
n.,s,w. Bd.II. Abth.II. S.425. 426. Taf. VI. Fig. 158.
E.ou Boıs-Reyrsonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1143
Unebenheit wegen keine Adhaesion stattfindet. Den Seiten der Keil-
bäusche entlang empfiehlt es sich, um ihnen mehr Halt zu geben,
Glimmerstreifen von angemessener Steifigkeit in der Art zu befestigen,
wie man es in Fig. ı sieht.
Unter Umständen, wo es an Platz fehlte, zwei Elektrodenpaare
in Gestalt von vier unpolarisirbaren Röhrenelektroden mit Thonspitzen
dem Polarisationsobjeet anzulegen, und wo ich nicht aus anderen
Gründen vermeiden musste, die Reizstellen in den Bussolkreis auf-
zunehmen, habe ich den Polarisationsstrom durch dieselben 'T'hon-
spitzen abgeleitet, welche den polarisirenden Strom zuführten. Ähnlich
sind schon Hr. TieErstept,' Hr. Herıne® und Hr. Herrmann” verfahren.
Hr. Tieersteor hat, wenn ich ihn recht verstehe, sogar gewagt,
den polarisirenden Strom dem Nerven mittels derselben Zinktröge
zuzuführen, mit welchen er den Nachstrom ableitete. Ich halte dies
für höchst bedenklich, da die Unpolarisirbarkeit des verquickten Zinkes
zwar sehr weit geht, aber doch ihre Grenze hat. Man kann, wie
ich fand, nicht einmal so verfahren, dass man in dieselbe mit Zink-
lösung gefüllte und mit einer Thonspitze verschlossene Röhre zwei
Zinkplatten versenkt, deren eine dem Säulen-, die andere dem Bussol-
kreise angehört. Die polarisirenden Stromfäden in der Flüssigkeit
gehen auf die ableitende Platte als Zwischenplatte über und polarisiren
sie bei irgend grösserer Stärke und Dauer dermaassen, dass nicht
daran zu denken ist, auf diese Weise etwas Sicheres über die Po-
larisation der thierischen Theile herauszubringen.
Dagegen sind die äussere und innere Polarisation des mit Zink-
lösung und des mit physiologischer Steinsalzlösung angekneteten
Thones bei der Stärke und Dauer der Ströme, wie sie hier gebraucht
werden, in der That zu unbedeutend, um Störungen zu veranlassen.
Man kann daher in manchen, wenn auch nicht in allen Fällen, so
zu Werke gehen, dass man dem Polarisationsobjeet eine passend
gestaltete Thonmasse anknetet, und dieser die Thonspitzen zweier
unpolarisirbaren Zuleitungsröhren anlegt, deren eine den polarisirenden
Strom zu-, die andere den Nachstrom abführt. So verfuhr Hr. Herıse,
während Hr. Herrmann, was eine gleichbedeutende Versuchsweise ist,
die stromzuführenden Thonspitzen den stromableitenden anlegte. Später
bediente sich Hr. Herrmann ypsilonförmig gegabelter Röhren, deren beide
Schenkel einen verquickten Zinkdraht, den einen zur Zuleitung des
polarisirenden, den anderen zur Ableitung des Nachstromes enthielten.
! Erste Mitth. S. 381. 382.
2 Dreizehnte Mitth. A. a. O. S. 468.
® Pruücer’s Archiv u.s.w. 1884. Bd.XXXII. S. 128.129; — 1888. Bd. XL. S.4.
1144 Gesammtsitzung vom 19. December.
Er nennt diese Vorriehtung, von der er einen sehr ausgedehnten Ge-
brauch machte, die Doppelelektroden. Da ich nicht oft, und stets
ungern, zu solcher Versuchsweise mich bequemte, begnügte ich mich
damit, mit einer meiner gewöhnlichen flachen Röhren, wie sie zu un-
polarisirbaren Elektroden dienen, eine andere fest zu verbinden, in
welehe die zweite Zinkplatte versenkt wurde, während ein gemein-
samer Thonpfropf die in einer Ebene liegenden unteren Mündungen
der beiden Röhren verschloss und die Leitung zum Polarisationsobjeet
vermittelte.
Hr. Hrruass erneuert wider die unpolarisirbaren Röhrenelektroden
in der ihnen von mir ertheilten Gestalt den Vorwurf, dass sie oft
nieht gleichartig seien, und er sucht den Grund davon in der Art,
wie das obere Ende des Zinkbleches mit dem Messing des Ständers
verbunden sei. Obgleich ich die Röhrenelektroden wochenlang so
gleichartig fand, dass die mittlere elektromotorische Kraft eines Nerven
die mittlere der Elektroden hundertmal übertraf,' so kommt es doch
auch mir vor, dass sie für feinere Versuche untauglich sind. In
einem solchen Falle erkannte ich zu meiner Überraschung, dass die
Ungleichartigkeit nicht, wie auch ich immer ohne Weiteres annahm,
ihren Sitz in der metallischen Verbindung am oberen Ende der Zink-
platte hatte, sondern in dem die Röhre verschliessenden Thon. Wäh-
rend die sorgfältigste Reinigung jener Verbindung die Ungleichartig-
keit bestehen liess, verhielten sich die beiden wie sonst an ihren
Ständern befestigten Zinkplatten nach Entfernung der Röhren einander
metallisch berührend oder in Quecksilber oder in Zinksulphatlösung
tauchend, völlig gleichartig; mit dem Dazwischentreten von Thon-
spitzen war die Ungleichartigkeit sofort wieder da. Ich habe schon
in der “Ersten Mittheilung’” darauf aufmerksam gemacht, dass Unter-
schiede im Wassergehalt des Thones eine elektromotorische Kraft
bis zu 0.014 Raoult erzeugen können. Etwas der Art mag auch hier
im Spiele sein; doch lässt sich die Erscheinung nieht hinlänglich be-
herrschen um ihr völlig auf den Grund zu kommen. Wie dem auch
sei, ich habe seitdem die Ursache der Ungleichartigkeit der Röhren-
elektroden fast stets im Thon gefunden. Bei unreinlicher Behandlung
kann sie aber natürlich auch ihren Sitz an der von Hrn. Hermann
beziehtigten Stelle haben.
Es wird in der Folge der M. sartorius vom Frosch, als das wenn
auch unvollkommene, doch noch am meisten zweckentsprechende
Paradigma eines regelmässigen monomeren Muskels, vielfach angewendet
! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. I. S. 167.
2 A.a. ©. S. 351. Anın.
E.pu Bors-Reyuonp: Seceundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1145
werden, und es wird nützlich sein, hier vorweg die Art zu beschreiben,
wie ich ihn aufzustellen pflege. Damit er den Säulen- und den Bussol-
schneiden bequem zugänglich sei, muss er mit seinen Flächen in senk-
rechter Ebene wagerecht frei ausgespannt sein. Dazu dient die in
Fig. 2 A und B in zwei Dritteln der natürlichen Grösse im Aufriss
und Grundriss abgebildete kleine Vorrichtung.
Sie besteht im Wesentlichen aus einem passend zugeschnittenen
dünnen Brettehen, das mittels eines an die Rückseite gekitteten
Korkes und eines Glasarmes von einem Nörrengere’schen Ständer"
allerwärts beweglich und fein verschiebbar getragen wird. Links von
dem mit dem Sartorius zu überspannenden Ausschnitt ist eine Kork-
platte aufgekittet, auf welehe das obere sehnige Ende des Muskels ohne
Verletzung des Fleisches mit Igelstacheln® festgesteckt wird. Rechts
ist durch das Brettehen ein Kork gesteckt, in welchem ein Wirbel
! Gesammelte Abhandlungen u.s. w. Bd. II. S. 251. 648; — diese Berichte, 1884.
I. Hlbbd. S. 204.
2 Die Anwendung von Igelstacheln zu diesem Zwecke findet sich auch bei
Hrn. Hreruann (Prrüger’s Archiv u. s. w. 1888. Bd. XLII. S. 10). Mir lag sie sehr
nahe von meinen Beschäftigungen am anatomischen Museum her.
Sitzungsberichte 1889. 101
1146 Gesammtsitzung vom 19. December.
sich dreht; ein um die untere Sehne, unterhalb der letzten Muskel-
bündel geknüpfter Faden wird in den Wirbel geklemmt, durch dessen
Drehung nunmehr dem Muskel gleich der Saite einer Geige jede ge-
wünschte Spannung ertheilt werden kann. Fig. 2 B zeigt, wie die
Säulenschneiden von hinten der femoralen, die Bussolschneiden von
vorn der äusseren Fläche des Muskels angelegt werden. Dies geschieht
nach verschiedenen Normen, von welchen gehörigen Ortes die Rede
sein wird.
Zu vielen wichtigen Ermittelungen dient der Doppelsartorius,
das Praeparat, welches man gewinnt, wenn man beide Sartorien des
Frosches von ihren spitzen Enden am Knie aus nach der Symphyse
hin frei zurichtet, und durch ein Stück Symphyse mit einander ver-
binden lässt. Für den Doppelsartorius dient eine Vorrichtung, welche
von der Vorigen nur dadurch sich unterscheidet, dass der mit den
Muskeln zu überspannende Raum mehr als doppelt so gross ist
(115 statt 55"”), und dass beiderseits Wirbel zum Spannen vorhanden
sind. In gewissen Fällen empfiehlt es sich, hinter der Symphyse ein
Widerlager in Gestalt einer senkrechten Korkplatte anzubringen, an
welcher die Symphyse mittels Igelstacheln befestigt werden kann.'
$. 3. Von der inneren negativen Polarisation entnervter Muskeln.
Hr. Herne gelangt in seiner zwölften Mittheilung, nach Unter-
suchungen von ihm selber und von Hrn. Biepermann, zu dem, wie
schon bemerkt, mit unbedingter Schärfe ausgesprochenen und betonten
Satze, dass es keine innere negative Polarisation des Muskels gebe
(S. oben S. 1139). Diesen Satz gründet er auf Versuche, welche er
am curarisirten Sartorius in folgender Weise anstellte. Der Muskel
wurde mittels eines Stückes Becken und eines Stückes Tibia wagerecht
ausgespannt, und der ‘Reizstrom’ durch die Knochen zugeleitet.
Unpolarisirbare Elektroden als Enden des Bussolkreises lagen der
einen Fläche des Muskels an, so dass sie das mittlere Drittel der
Länge des Muskels umfassten. Der von nur zweien Daniell gelieferte
‘Reizstrom’ wurde noch überdies durch das Rheochord abgestuft.
Unter diesen Umständen gab sich auch bei 10” Schliessungszeit kein
Polarisationsstrom zu erkennen, erst bei 20” langer Schliessung erschien
eine Spur negativer Polarisation, welche aber Hr. Hrrıne dann auf
im Muskel verborgene polar erregte Stellen bezog.”
! Auch Hr. Hermans hat den Doppelsartorius zu Polarisationszwecken ange-
wendet (PrLüser’s Archiv u. s. w. 1884. Bd. XXXI. S. 120).
® A.a. O, S.434— 436.
E. vu Boıs-Reynono: Sectndär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1147
Hr. Hering fragte sich nicht, ob nicht vielleicht bei diesem Ver-
fahren das Product von Stromdichte in Schliessungszeit zu gering
war, um die gesuchte Erscheinung hervörtreten zu lassen. Er meint,
ich hätte am Muskelpaare des Gracilis und Semimembranosus »die
»Stromzuführung durch die natürlichen Muskelenden vermieden, weil
»ich den von mir nachgewiesenen secundären Widerstand in den
»dünnen Sehnen fürchtete, welcher, da bis zu 50 Grove’sche Elemente
»und Schliessungszeiten bis zu 5 Minuten benutzt wurden, allerdings
»erheblich sein müsste«.' Dazu ist erstens zu bemerken, dass ich
zwar irgendwo gesagt habe, ich besitze fünfzig kleine Grove,” nirgend
aber, dass ich einen lebenden Muskel oder Nerven dem Strome von
fünfzig Grove aussetzte, was Hr. Hrrıse wiederholt für eine gewohn-
heitsmässig von mir geübte Versuchsweise ausgiebt.” Für’s zweite
irrt Hr. Hrrıne, wenn er sagt, ich hätte den von mir nachgewiesenen
seeundären Widerstand in den Sehnen gescheut, worunter er nur
inneren seeundären Widerstand verstehen kann. Wie in meiner Ab-
handlung über den von mir entdeckten secundären Widerstand zu
lesen ist, wurde aber innerer secundärer Widerstand bisher nur an
lebendem Pflanzengewebe beobachtet, und die Sehnen insbesondere
wurden davon frei gefunden.” Der Widerstand, den ich bei der von
mir vermiedenen, von Hrn. Hrrıse gewählten Art der Stromzuführung
fürchtete, war, wie ich deutlich gesagt zu haben glaube,’ der durch
Erhitzung und in Folge davon Austrocknung der Sehnen erzeugte.
Nach dem Gesetze, dass die Wärmeentwickelung durch den Strom
in einer Theilstreeke des Kreises unter sonst gleichen Umständen dem
Widerstand der Strecke proportional ist, muss insbesondere die dünne
untere Sehne des Sartorius, von einem einigermaassen starken Strome
durchflossen, sehr bald fast zum Nichtleiter werden. Hr. Herıse hat
deshalb, auch wenn er ausnahmsweise bis zu acht Daniell in Gebrauch
nahm, einfach einen zu schwachen Strom zu kurze Zeit einwirken
lassen, um die innere negative Polarisation des Muskels inmitten der
mancherlei sie umgebenden Störungen deutlich zu erkennen. Dass
diese Polarisation kein Hirngespinnst, sondern eine sehr wirkliche Er-
scheinung ist, zeigt sich bei richtiger Versuchsweise leicht.
Die im Folgenden erwähnten Muskeln sind, wenn nicht aus-
drücklich das Gegentheil gesagt ist, völlig ceurarisirten Fröschen ent-
nommen. Ein entnervter Sartorius also wird in der soeben beschrie-
! Dreizehnte Mitth. A. a. O. S. 470. .
2 Erste Mitth. S.352.
® Dreizehnte Mitth. A. a. O. u. S. 449.
* Gesammelte Abhandlungen u.s. w: Bd.I. S.ı2o.
> Erste Mitth. S. 350.
101*
1148 Gesammtsitzung vom 19. December.
benen, in Fig. 2 sichtbaren Art aufgestellt, und zwar so, dass seine
Bündel geradlinig gestreckt sind, und bei Zuckungen so wenig wie
möglich sich verschieben. Den beiden Enden des Muskels werden,
wie schon bemerkt, von hinten die Säulenschneiden angelegt, von
vorn, an wechselnden Stellen der interpolaren Strecke, die Bussol-
schneiden.
Die untere Säulenschneide liegt dem spitz zulaufenden Zipfel am
unteren Ende des Muskels in solcher Höhe an, dass oberhalb der-
selben der Querschnitt des Muskels nicht mehr merklich wächst, und
dass die untere Bussolschneide, auch bei tiefstem Stande in nächster
Nähe der unteren Säulenschneide, doch nie in den Bereich des schrägen
unteren natürlichen Querschnittes kommt. So wird nicht allein die
Verwickelung vermieden, welche, wie wir sehen werden, der natür-
liche Querschnitt in die Polarisationserscheinungen einführt, sondern
auch in der ‘Strecke zwischen den Bussolschneiden die Dichte so
gleichförmig wie möglich gemacht, obschon sie an der mit den Säulen-
schneiden berührten Fläche des Muskels aus leicht ersichtlichen Gründen
stets etwas grösser bleibt als an der anderen Fläche.
Die Zuleitungsgefässe mit den Bussolschneiden stehen nöthigenfalls
auf einem gläsernen Schlitten, der dem Muskel genähert und davon
entfernt werden kann. Eine auf die Glasplatte des Schlittens geklebte
Millimetertheilung dient dazu, den Schneiden gemessene Abstände zu
ertheilen. Um bestimmte Punkte am Muskel wiederzufinden, bezeichnet
man sie mit Drachenblut, da Russ als Nebenleitung und als polari-
sirbare Zwischenplatte wirken könnte. Die ganze Vorrichtung befindet
sich natürlich in einer feuchten Kammer, zum Schutze nicht bloss des
Muskels, sondern auch der scharfkantigen Bussolschneiden gegen
Troekniss während der nicht selten über eine Stunde dauernden
Versuche.
Die Lage der Bussolschneiden wurde auf die in Fig.3 A und B
Fig. 3. schematisirte Art geregelt,
u, , wo die wagerechte Gerade
CP die Axe des Muskels,
C dessen centrales, P sein
peripherisches Ende, S’ und
P S, die Säulenschneiden, die
Bögen den Bussolkreis in
seinen mannigfaltigen Lagen
bedeuten. In den durch
Fig. 3 A dargestellten Ver-
suchen behielten die Bussol-
schneiden stets dieselbe kleine Distanz d, je nach der Grösse der
E. ou Bors-Reymonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1149
Frösche von 3——5"”", und sie wurden dem Muskel entlang von der
Mitte nach dem Centrum, bez. der Peripherie, in die fünf Stellungen
DD, Op: Ö, gebracht. In den Fig. 3 B entsprechenden Versuchen
wurden ihnen drei verschiedene Abstände ertheilt: &, je nach der
Grösse der Frösche wie vorher von 3—5"”, d von 10—ı5"", D von
15—25””, Bei den Abständen d und D nahmen die Schneiden eine
symmetrische Lage zur Mitte der interpolaren Strecke ein, so dass
das Ö dieses Messungssystems mit dem Öö, des ersten zusammenfällt.
Bei dem Abstande d wurden sie aus der gleichfalls symmetrischen
Lage d, in die Lagen d, und d, verschoben.
Nachdem nun zuerst bei dem einen oder anderen Systeme von
Lagen der Bussolschneiden die an jeder Stelle herrschende Muskel-
strom-Stärke und -Kraft beziehlich nach Scalentheilen und Compen-
satorgraden aufgezeichnet worden war, wurden die Bussolschneiden
vom Muskel abgerückt, und durch die Säulensehneiden der Strom
einer angemessenen Anzahl von Grove, beispielsweise zehn, eine an-
gemessene Zeit, beispielsweise ı5 Minuten, dem Muskel zugeführt.
Nach dieser Zeit und nach doppelter Öffnung des Säulenkreises wurden
die Bussolschneiden dem Muskel wieder angelegt, und die Muskel-
stromstärken und elektromotorischen Kräfte möglichst genau an den-
selben Stellen wie früher wieder aufgenommen. Wie sie auch ur-
sprünglich gewesen waren, sie fanden sich jetzt in dem dem polari-
sirenden Strom entgegengesetzten Sinne mehr oder weniger verändert,
und bei dem in Fig. 3 .B dargestellten Messungssysteme um so mehr,
je grösser der Abstand der Bussolschneiden.
Im Verlauf der zahlreichen und höchst einförmigen Versuchs-
reihen, die ich nach diesem Plane anstellte, gelangte ich bald zu der
Sinsicht, dass die Beobachtung und Aufnahme der Muskelstromstärken
nur sehr selten von Nutzen sei, und begnügte mich mit der Aufnahme
der elektromotorischen Kräfte. Auch pflegte ich anfangs, ehe ich den
Säulenstrom in entgegengesetzter Richtung durch den Muskel sandte, in
Erwartung einer raschen Depolarisation den Zustand der verschiedenen
Stellen nach 10-— ı5 abermals zu prüfen. Ich gab später diese zeit-
raubende und die Leistungsfähigkeit des Muskels allzusehr bean-
spruchende Controle als entbehrlich auf, da unter den obwaltenden
Umständen die Polarisation meist so nachhaltig war, dass sie auch
nach so langer Zeit zum grössten Theile noch bestehen blieb, oder
dass ihre Abnahme gegen Veränderungen der Kraft aus anderen Ur-
sachen nicht in Betracht kam. Daher es auch keinen erheblichen
Unterschied machte, in welcher Reihenfolge am polarisirten Muskel
die fünf Stellen geprüft wurden, was höchstens ebensoviele Minuten
dauerte. In der Mehrzahl der Versuche wurde demgemäss, sobald
1150 Gesammtsitzung vom 19. December.
der durch die Polarisation veränderte Zustand des Muskels festgestellt
war, bei abgerückten Bussolschneiden die Wippe des Säulenkreises
umgelegt, und der Strom abermals ı5', auch wohl 20’ lang in ent-
gegengesetzter Richtung durch den Muskel geleitet. Nach doppelt
geöffnetem Säulenkreise und wieder angelegten Bussolschneiden fand
sich der Muskel überall im umgekehrten Sinne von vorhin, wiederum
dem Säulenstrom entgegen, polarisirt. Die so erhaltene Wirkung
setzte sich natürlich zusammen aus Depolarisation in unbekanntem Be-
trage und neuer Polarisation, doch konnte dies den angestrebten Erfolg,
Nachweis einer inneren negativen Polarisation am längsdurchströmten
Muskel, nur der Grösse nach beeinflussen. Es ergab sich, dass jede
Muskelstrecke mehreremal negativ polarisirt werden konnte, wie aus
den folgenden Beispielen erhellt, in welchen, wie in allen Tabellen
dieser Abhandlung, nieht Muskelstromstärken in Scalentheilen,
sondern stets nur elektromotorische Kräfte in Compensator-
graden angegeben sind. Die ersten, mit M bezeichneten Reihen ent-
halten die vor der Polarisation vorhandenen elektromotorischen Kräfte
der Muskelstrecken, die römischen Zahlen sind Grove, die mit einem
Häkchen versehenen Pfeile zeigen die Richtung des polarisirenden
Stromes an. Die hinter der Schliessungszeit eingeklammerten Zahlen
sind die in Scalentheilen an einer Bussole im Säulenkreise abgelesenen
polarisirenden Stromstärken. Sie fehlen in einigen Fällen, wo sie zu-
fällig nieht beobachtet oder bei einer verschiedenen und nieht redueir-
baren Einriehtung der Bussole verzeichnet wurden.
A. Bussolscehneiden in beständigem kleinen Abstand d dem
Muskel entlang wandernd.
Sartorius I. I Sartorius II.
de me dm mp dp | de Ime dm Smp
M 174 18.1135 Y 73.1 29.4. || M 187 50: NE A55 189
X Y15'(177) | X Y15’ (178)
Y 90 Y45 J 32 {110 1127 | Jı8 Y49 fi 68 450 4 7
PL +16 +27 — 3 —ı83 —ı07 P—69 —ı —ııg +5 —06
A ’ = A ‚
‚\20' (176) 20’ (139)
76 a | 134 y24 444 30 a3
PR—ı7 —2ı —43 —ı28 — 40 P—ı16 +25 —ıız —89 —;o
Y20' (139) y20’ (136)
WR 1 1 ae
B— Sg een | P3 —64 —37 — 69 —62 —56
E.pu Bors-Reynonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1151
In jeder Strecke des Muskels ist eine seeundär-elektromotorische
Kraft im umgekehrten Sinne des polarisirenden Stromes erzeugt
worden.
B. Bussolschneiden in wachsenden Abständen dem
Muskel angelegt.
Sartorius I. Sartorius I.
° de dm dp D ° de dm dp D
M 144 199 fi 38 128 in 10 M 90 } 26 1 28 ji 33 } 22
X 115’ (196) 115’ (171)
K14 y230 Y 27 1109 1134 eanR eos N 60 A207 4178
P 30 — 37 —5 —ıg —ı4 Pı —36 +69 — 32 —ı74 —200
120’ (185 120’ (173)
izz xı05 4142 A166 445 Y82 Jı9s )ı28 1 s6 htı7
P —63 —ı25 —ı69 57 — 7) A ee on 505
Y25’ (149)
14 Y 70 K124 ha2ı A130
a2 25 —Rgs N aB7
Nennt man P,„ das Mittel der Polarisation in den drei Stellungen
d,,d,.d,, ferner P,, P, die Polarisation in den Abständen d, D, so
hat man in den obigen fünf Reihen:
I II
I 2% I: 2: Er
P, =A— 30 T— 63 T— 36° A— 28 I— 06
Py=|- 538 |-1ıı17 — 46 |—136 |—ızı
I 114 1179 y 200. |—295 237
Die secundär-elektromotorische Kraft wächst mit dem Abstand
der Bussolschneiden, was in anderer Form dasselbe Ergebniss ist wie
das der ersten Versuchsweise, und soviel bedeutet wie dass überall
in der interpolaren Strecke säulenartig angeordnete elektromotorische
Kräfte walten. Dass das Wachsthum der Polarisation mit der Länge
der abgeleiteten Strecke streng proportional geschehe, wird kein mit
solchen Versuchen Vertrauter erwarten.
Der Werth eines Compensatorgrades belief sich bei diesen Ver-
suchen auf 1/7092 R. An ähnlich beschaffenen Fröschen (Winter-
fröschen) bestimmte ich früher die mittlere Muskelstromkraft eines
Sartorius bei einer Graduationseonstante von ı/8000 D zu 285“.! Da
ein Daniell ungefähr — 1.115, ein Raoult —= 1.059 Volt ist,’ ent-
! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. I. S. 356.
2 Vergl. Kırrrer in Wiepemann’s Annalen u. s. w. 1882. Bd. XVII. S. 893.
1152 Gesammtsitzung vom 19. December.
sprechen jenen 285°” nur 266 der jetzigen. Dies giebt eine Vor-
stellung von der verhältnissmässigen Grösse der Polarisation in den
obigen Versuchen. Die stärkste darin verzeichnete Polarisation im
Betrage von 295°“ übertrifft die Kraft zwischen natürlichem Längs-
und künstlichem Querschnitt des Sartorius, und ist etwa 44 Milli-Volt
gleichzusetzen.
Die Stärke des polarisirenden Stromes wurde wie bemerkt an
einer besonderen Bussole überwacht. Obschon zwischen den unver-
rückt bleibenden Säulenschneiden stets derselbe Widerstand herrschen
sollte, unterlag er nicht unbedeutenden Schwankungen. Zuerst sank
er etwas, dann stieg er um eine beträchtliche Grösse, ersteres wohl
wegen Erwärmung, letzteres wegen Austrocknung des Muskels und
der Thonstengel. Secundärer Widerstand wird dabei kaum eine Rolle
gespielt haben, und ebenso wenig kam die Polarisation selber in Be-
tracht, da ihr. höchster beobachteter Werth etwa 450 Mal kleiner war
als die gegen zwanzig Volt betragende Kraft der Säule. Dass der
Widerstand stieg, wenn der Muskel im Laufe der Zeit nachgegeben
hatte und neu gespannt werden musste, versteht sich von selbst. Die
Abnahme der Stromstärke wegen Zunahme des Widerstandes hinderte
übrigens nicht, dass, wie sogleich besprochen werden wird, gerade
bei längerer Fortsetzung der Versuche an demselben Muskel die nega-
tive Polarisation sich mit grösserer Regelmässigkeit kundgab. Den
Verlauf der polarisirenden Stromstärke in die hier mitgetheilten Ta-
bellen aufzunehmen, schien nutzlos; es genügte, einen möglichst wahr-
scheinlichen Mittelwerth zu verzeichnen.
$. 4. Über verschiedene bei den obigen Versuchen zu beachtende
Umstände.
Mehrere Ursachen führen in diesen Versuchen Abweichungen
vom gesetzlichen Verhalten herbei.
Erstens trifft man trotz allen Vorkehrungen doch nie mit den
Schneiden genau dieselben Punkte der Muskeloberfläche wieder, sobald
zwischen den Berührungen längere Zeit verfloss. Der gespannte
Muskel reckt sich nachträglich, entspannt sich und giebt unter dem
Druck der wieder genäherten Schneiden mehr nach als vorher, so
dass kleine Verschiebungen unvermeidlich sind, gleichviel ob man
ihn erschlafft lasse, oder durch Drehen des Wirbels neu spanne. So
lange der Muskel erregbar bleibt (s. unten), gesellen sich zu diesen
Verschiebungen noch solche durch Zuckungen. Es giebt freilich
E. ou Bors-Reynonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1153
eine Art der Ableitung, bei welcher dieser Übelstand vermieden wird,
nämlich die zuerst von Hrn. Meıssner am Gastroknemius eingeführte!
mittels eines um den Muskel geknüpften feuchten Fadens. Es braucht
nicht auseinandergesetzt zu werden, weshalb diese Versuchsweise,
von welcher Hr. Hrrıma Gebrauch machte, für meinen Zweek nicht
passte. Wie aber durch die Verschiebungen, was auch ihr Ursprung
sei, von einer Messungsreihe zur anderen die Ergebnisse gefälscht
werden, geht am besten daraus hervor, dass wenn man den Muskel,
ohne ihn zu polarisiren, nach dem System A (mit wanderndem
kleinem Abstand d der Bussolschneiden) wiederholt durehmisst, man
von scheinbar ganz denselben Stellen nicht bloss verschieden grosse,
sondern zuweilen sogar verschieden gerichtete Wirkungen erhält.
Bei dem System B (mit wachsenden Abständen der Bussolschneiden)
verschwinden die Veränderungen der Kraft in Folge geringer Ver-
schiebungen der Schneiden um so eher gegen die Kraft der abge-
leiteten Strecke, je länger diese im Vergleich mit der Verschiebung ist.
Zweitens ist, auch abgesehen von der Polarisation, die elektro-
motorische Wirkung der verschiedenen Strecken keine unveränderliche,
sondern von seinen Enden her geht häufig Stromentwickelung im
Sinne wachsender Negativität vor sich. Diese Änderungen der elektro-
motorischen Wirkung, im Verein mit denen wegen Verschiebung der
Berührungspunkte, vermischen sich mit der inneren negativen Po-
larisation, so dass besonders bei der ersten Einwirkung des polarisi-
renden Stromes manche Unregelmässigkeiten sich einstellen, wie man
dies in den obigen Beispielen sieht, wo einzelne fehlerhafte Erfolge
an Pluszeichen kenntlich sind. Später erreicht dann der Muskel
einen stabileren Zustand, sowohl in Bezug auf Dehnung wie auf
Stromentwickelung, und die Polarisation tritt, wie schon bemerkt,
ungetrübter hervor.
Ein dritter Fehler besteht darin, dass zuweilen die Polarisation
in der Nähe eines Muskelendes, auch wo sie durch Entwiekelung
des Muskelstromes verstärkt erscheinen könnte, umgekehrt gerade
schwächer erscheint als in einiger Entfernung davon. z. B. bei ab-
steigendem Säulenstrom schwächer in Ö, als in On (Versuchsweise
IN SEHHIR 2 2) Auch mit Berücksichtigung der polaren Wirkun-
gen weiss ich hierfür keinen sicheren Erklärungsgrund anzugeben.
Auf alle Fälle kann bei der Überzahl und Grösse der regel- .
mässigen Erfolge nach dem Obigen kein Zweifel bleiben an der
von Hrn. Herıne so emphatisch geläugneten inneren negativen Po-
larisation längsdurchströmter Muskeln. Fraglich könnte nur noch
! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. II. S. 300.
1154 Gesammtsitzung vom 19. December.
erscheinen, ob ein Theil der beobachteten Wirkungen auf Rechnung
der von Hrn. Here allein zugelassenen polaren ‘Alterirung’ der
Muskelsubstanz an unverletzten Ein- und Austrittsstellen des Stromes
zu bringen se. Nach Hrn. Hermes herrscht an der Anode eines
schwachen kurzdauernden Stromes schwache negative, an der eines
starken länger dauernden Stromes starke positive Polarisation." Da-
nach würde es bei Öffnung eines so starken und so lange anhalten-
den Stromes, wie wir ihn anwenden, sich um nichts handeln als um
anodische positive Polarisation, welche wohl positive, aber nicht ne-
gative Polarisation vortäuschen könnte. Sie kann mithin an unseren
Erfolgen keinen Antheil gehabt haben. Hätte polare Erregung mit
unserer inneren negativen Polarisation etwas zu thun, so wäre doch
ein von der Stromrichtung abhängiger, regelmässiger Unterschied der
Polarisation an den beiden Muskelenden zu erwarten, da die ‘Alte-
rirung’, wenn überhaupt, nicht füglich mit linear abnehmender Stärke
über die ganze interpolare Strecke sich ausbreiten würde. Nichts
der Art giebt sich mit irgend welcher Beständigkeit kund, die Polari-
sation ist bald in ö,, d,. bald in ö,, d, grösser, ohne irgend einen
nachweisbaren Bezug auf die Stromriehtung. Wenn also Hr. Herıss
sagt, dass meine innere negative Polarisation, falls es überhaupt eine
solehe gebe, gegen seine ‘Alterirung’ völlig verschwinde, so ist
dieser Satz, falls wirklich seine ‘“Alterirung’ in unseren Versuchen
mitspielt, vielmehr umzukehren.
Hr. Herıse wird auch schwerlich unsere Erfolge durch die ihm
geläufige Annahme freier Bündelendigungen im Muskel verdächtigen
können, denn nichts würde diese Annahme in fast jeder Querebene
irgend eines Sartorius, geschweige jedes von mir untersuchten Sar-
torius rechtfertigen.
Eine andere Erklärung, welche Hr. Hermes gleichfalls für solche
Fälle bereit hat, ist die durch Kniekung oder ziekzackförmige Lagerung
der Muskelbündel, in Folge wovon der natürliche Längsschnitt jedes
Bündels abwechselnd anodische und kathodische Stellen darbiete,
welehe Sitz der ‘Alterirung’ sein können. Wir werden weiter unten
sehen, dass nach Hrn. Hermann der Muskel bei querer Durehströmung
stark negativ polarisirbar ist. Ich weiss nicht ob diese Polarisation
von Hrn. Here als ein Theil seiner ‘Alterirung’ in Anspruch ge-
nommen wird; wie dem auch sei, auch an sie könnte gedacht werden,
um auf Grund der geknickten Lagerung der Muskelbündel die innere
negative Polarisation in den obigen Versuchen anders als in unserem
Sinne zu deuten.
! Zwölfte Mitth. A. a. O. S. 424; — Dreizehnte Mitth. A. a. O. S. 452.
Ze
E. puBors-Revmonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1155
Allein erstens waren die Muskeln in diesen Versuchen scharf
gespannt, so dass von einer Knickung der Bündel nicht die Rede
sein kann. Zweitens lässt sich beweisen, dass Hın. Herıss’s Vor-
stellung von der Wirkung der gekniekten Lage der Bündel in hohem
Grade übertrieben ist. Er selber hat diese Wirkung meines Wissens
nur theoretisch erschlossen, und keinen Versuch angestellt, um sich
ein Bild davon zu verschaffen. Ich habe mir dies angelegen sein
lassen, und habe mich bemüht zu ermitteln ob der nieht gespannte
Muskel stärker polarisirbar erscheine als der gespannte, bin aber dabei
auf nicht geringe Schwierigkeiten gestossen. Das erste Hinderniss
entspringt dem Umstande, dass wie zu erwarten der gespannte Muskel
den schlaffen an Widerstand bedeutend übertrifft. Selbst bei zehn
kleinen Grove im Kreise sinkt die Stromstärke durch das Spannen
des Sartorius, auf welchen man hier angewiesen ist, unter zwei Drittel,
ja fast auf die Hälfte ihres Werthes im schlaffen Zustande. Der
Widerstand des Sartorius ist aber überhaupt so gross, dass um seine
Schwankungen, also um ihn selber gegen den Gesammtwiderstand des
Säulenkreises verschwinden zu lassen, ein ausserordentlich grosser
additioneller Widerstand, und demgemäss, um noch eine hinreichende
Stromstärke zu erlangen, eine entsprechend grosse elektromotorische
Kraft aufgeboten werden muss. Diese Schwierigkeit gelang es mir
mittels des oben S. 1146 beschriebenen Doppelsartorius zu besiegen.
Da es hier darauf ankommt, die Spannung auf das äusserste Maass
treiben zu können, ist es rathsam, den Muskeln ein Stück Tibia zu
lassen, oberhalb dessen die Fadenschlinge liegt, welehe sonst abgleiten
könnte. Ausserdem aber muss der Doppelsartorius in der oben a. a. 0.
erwähnten Art gegen eine hinter ihm angebrachte Korkwand zu
beiden Seiten der Symphyse mittels Igelstacheln so befestigt werden,
dass jeder der beiden Muskeln zwischen der Symphyse und seinem
Wirbel einzeln gespannt werden kann. Indem man nun bald den
linken Muskel spannt, den rechten schlaff lässt, bald umgekehrt ver-
fährt, erreicht man es, dass nicht nur die Stromstärke in jedem der
Muskeln in beiden Zuständen nahe dieselbe bleibt, sondern auch dass
sie in dem einen Muskel im schlaffen, im anderen im gespannten
Zustande genau dieselbe ist. Natürlich hat der Doppelsartorius von
Zipfel zu Zipfel den doppelten Widerstand vom einfachen Sartorius,
ja wegen der Symphyse sogar einen noch grösseren, so dass man,
um gleiche Wirkungen zu erhalten wie am einfachen Sartorius mit
zehn Grove, deren zwanzig braucht.
Wenn nun aber auch dergestalt der Unterschied der Stromstärken
im gespannten und im schlaffen Sartorius ausgeglichen ist, so bleibt
doch zweitens noch der Unterschied der Stromdichten übrig, welcher
1156 Gesammtsitzung vom 19. December.
davon herrührt, dass durch das Spannen des Muskels sein Querschnitt
verkleinert wird. Da das Volum V des Muskels bei der Dehnung
beständig bleibt, so ist der Querschnitt dabei der Länge umgekehrt
proportional, g= V/L. Bedeutet « den speeifischen Widerstand des
Muskels, W den übrigen Widerstand des Säulenkreises mit Inbegriff
der Sympbyse und des anderen, schlaffen Muskels, # die elektromo-
torische Kraft, so hat man die Stromstärke:
folglich die Dichte:
Dei EL
ga WV+cE
Differenziirt man A nach Z, so findet man
dA E(WV — cL)
dL - (WV + co
woraus folgt, dass so lange W>ocL/g, d.h. so lange der übrige
Widerstand des Säulenkreises den des Muskels übertrifft, die Strom-
diehte im Muskel mit der Dehnung wächst: sie ist am grössten, wenn
>
I
die beiden Widerstände einander gleich sind. Bei unserer Anordnung
ist zu Anfang der Dehnung des einen Muskels dessen Widerstand
sichtlich kleiner als der des übrigen Kreises, und es wird also die
Dehnung zunächst von einer Zunahme der Dichte im gedehnten Muskel
begleitet sein. Ob das Maximum überschritten werde, ist nicht aus-
zumachen, noch weniger, wie tief etwa jenseit des Maximums die
Dichte sinke.
Wird drittens ein innerlich polarisirbares feuchtes poröses Elasticum
gedehnt, so rücken die polarisirbaren Flächenelemente in der Längs-
riehtung auseinander, während sie in der Querrichtung sieh einander
nähern. Es kann nicht ausbleiben, dass dadureh die Polarisirbarkeit
beeinflusst wird, doch ist es olıne eine theoretische Untersuchung, zu
welcher es an den nöthigen Grundlagen fehlt, unmöglich, etwas Näheres
und Sicheres darüber auszusagen. Gelänge es also auch, was unaus-
führbar ist, zwei längsdurehströmte Muskelstreeken von gleicher Länge,
gleichem Querschnitt, gleicher darin herrschender Stromdichte her-
zustellen, die sieh in nichts unterschieden als darin, dass die eine
gedehnt, die andere schlaf wäre, und man fände zwischen beiden
einen Unterschied der Polarisirbarkeit, so dürfte man immer noch
nieht schliessen, dass die gekniekte Lage der Bündel im schlaffen,
ihre gestreckte Lage im gedehnten Muskel die Ursache des Unter-
schiedes sei.
E.ou Boıs-Reyuonxp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1157
Zu diesen Bedenken tritt endlich noch eine experimentelle Schwie-
rigkeit, nämlich dass es nicht gelingt, bei abwechselnd gespanntem und
schlaffem Muskel den Polarisationsstrom von ganz denselben Stellen
des Muskels abzuleiten, da beim Spannen der mit Drachenblut ge-
zogene Strich nicht bloss sich verbreitert, sondern auch wellig schräg
sich verzieht.
Inzwischen musste zugesehen werden, was wohl die Erfahrung
lehren möchte. Ich stellte die Versuche nach einem zweifachen Plan
an. In einer ersten Versuchsreihe legte ich die Bussolschneiden in
beiden Zuständen des Muskels möglichst genau denselben Punkten
seiner Oberfläche an. Die zu Doppelsartorien verbundenen Sartorien
mm mm
waren schlaff etwa 37””, gespannt etwa 50”” lang. Die von den
Bussolsehneiden umfasste Strecke maass schlaff etwa 14, gespannt
19””. Die Dehnung betrug also ein Drittel der Länge, und die ab-
geleitete Strecke wurde dem ganzen Muskel proportional verlängert.
An jedem Doppelsartorius wurde viermal der eine, viermal der andere
Muskel gespannt. Man sieht den Erfolg unter den entsprechenden
Ordnungszahlen in den nachstehenden Tabellen. 8 bedeutet ‘Schlaff”,
G ‘Gespannt’. Es wurden jedesmal die elektromotorischen Kräfte
beider Muskeln in ihrem Zustande vor der ersten, beziehlich der er-
neuten Durchleitung des polarisirenden Stromes aufgenommen. Diese
Kräfte finden sich in den Tabellen in der mit M bezeichneten wage-
rechten Reihe. Die Richtung der Kräfte ist nicht durch auf- und
abwärts weisende, sondern durch wagerechte Pfeile angegeben. Ein
auf die S und @ trennende senkrechte Linie, wo man sich die
Symphyse zu denken hat, zu gerichteter Pfeil zeigt aufsteigende, ein
davon fort gerichteter absteigende Richtung an. Ebenso sind die
langen, mit Haken versehenen, die Richtung des polarisirenden Stromes
anzeigenden Pfeile zu deuten. Nach Entfernung der Bussolschneiden
wurde der polarisirende Strom ı0’° hindurchgeleitet. Darauf wurden
die Bussolschneiden wieder angelegt, und die Veränderung der elektro-
motorischen Wirkung verzeichnet. Endlich die Zahlen in der Reihe P
geben Zeichen und Betrag der Polarisation an.
Doppelsartorius I.
I 2 3. 4
S G G Ss Ss G | G Ss
M 90 13 99 23 25 54 || 68 20
| — —> < < > -< | | >
XX 10’) >|) > || < Gl: {
(136) (102) (96) (110)
0) 9 59 8ı | 96 16 40 | zı
< < < < | ——> >| > | —
129 | u) 22 2 || — 33 N |— 7 85
AR “ .
1158 Gesammtsitzung vom 19. December.
Doppelsartorius Il.
I. 2, 3 4-
G N Ss G G Ss Ss G
M 22 66 21 49 | 52 19 25 47
< < < < > > < <
XX 10’ < {| + ( ) >
(184) (174) (180) (178)
28 42 34 24 58 43 60 130
7% < | > > < < < <
t
P nn 24 EB 73 | —uo | —_&|, — 35 | — 83
Wie man sieht, überwiegen am ersten Doppelsartorius die Polari-
sationen im schlaffen die im gespannten Zustand. Das Mittel der
ersteren ist 82.25, das der letzteren nur 51.0. Allein in dem unter
ganz gleichen Umständen angestellten zweiten Versuche trifft das Um-
gekehrte ein, diesmal überwiegen die Polarisationen am gespannten
Muskel. Das Mittel für sie ist 65.0, das am schlaffen Muskel nur
44.0. In zwei anderen ganz gleich geführten Versuchsreihen war der
Erfolg ebenso unbestimmt. Die Mittel der Polarisationen für den
schlaffen Muskel betrugen 68.0; 51.5, für den gespannten beziehlich
40.4; 55.0. Immerhin bleibt zuletzt ein gewisses Übergewicht auf
Seiten des schlaffen Muskels, da das Mittel aus allen sechszehn Ver-
suchen für ihn 61.4, für den gespannten 52.8 beträgt, wobei noch
in Betracht kommt, dass, wie wir fanden, die polarisirende Stromdichte
im gespannten Muskel möglicherweise grösser war als im schlaffen,
und dass selbst bei gleicher Stromdichte die Polarisation im ersteren
Falle stärker erscheinen kann als im zweiten.
Nun stellte ich aber auch noch ähnliche Versuchsreihen in der
Art an, dass ich die Bussolschneiden den Muskeln in beiden Zuständen
in stets gleichem Abstand anlegte, wobei sie also verschiedene Stellen
des natürlichen Längsschnittes berührten. Vermuthlieh in Folge hier-
von war das Ergebniss dabei vollends so unregelmässig, dass es sich
nicht verlohnt, es ausführlich mitzutheilen. Auch hier blieb indess im
Mittel aus allen acht Bestimmungen (92.8 für den schlaffen, 80.3 für
den gespannten Muskel) ein Übergewicht für ersteren bestehen, und so
mag wohl der schlaffe Muskel mit ziekzackförmig gelagerten Bündeln
in der That etwas mehr negativ polarisirbar sein, als der gespannte
mit geradlinig gestreckten Bündeln. Wenn aber dies aus meinen
Versuchen nur mit einiger Wahrscheinlichkeit folgt, beweisen anderer-
seits diese Versuche, in welchen die Muskeln bis fast zur Zerreissung
gespannt wurden, gerade auf das Schlagendste, dass die innere nega-
tive Polarisation der Muskeln nicht an die Kniekung der Muskel-
bündel gebunden ist, sondern auch bei völlig gerade gestreckten
Bündeln fast ebenso stark erscheint, wie bei völlig erschlafften Bündeln.
E. ou Boıs-Reyuonv: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr.Geweben. 1159
Hier ist schliesslich der Ort hervorzuheben, wie ein besonderer
und wesentlicher Vorzug meiner Versuchsweise zur Untersuchung der
inneren negativen Polarisation darin liegt, dass, da die Bussolschnei-
den den Muskel während der Durchströmuug gar nicht berühren, die
Ableitungsstellen des Polarisationsstromes auch nicht als Aus- und
Eintrittsstellen in die Schneiden sich einbiegender Stromfäden, und
daher weder als Sitz kathodischer und anodischer Erregung, noch als
querdurchströmt aufgefasst werden können. Vielmehr bleibt bei dieser
Versuchsweise die Längsdurchströmung der interpolaren Strecke von
einem gewissen Abstand von den Säulenschneiden ab so strenge wie
möglich gewahrt.
Die Frage liegt nahe, ob die so erwiesene innere negative Po-
larisirbarkeit des längsdurehströmten Muskels nicht vielleicht allein
dem Sarkolemm und den fremden Geweben im Muskel zukomme, so
dass die contractile Substanz selber dabei nieht betheiligt sei. Ich
weiss keinen Versuch, um diese Frage sicher zu entscheiden, sehe
aber keinen Grund, der quergeschichteten contraetilen Substanz eine
Eigenschaft abzuspreehen, welche hartgesottenes Hühnereiweiss und
dureh Schlagen erhaltener Blutfaserstoff besitzen." Gehörte indess die
Polarisirbarkeit -nur dem Sarkolemm und den fremden Geweben an,
so hätte sie doch vollends nichts mit der polaren Erregung des Muskels
zu thun.
$. 5. Von der inneren negativen Polarisation der abgestorbenen
Muskeln.
Allein die Unmöglichkeit, meine Ergebnisse auf Hrn. Hrrıne's
Art zu erklären, erhellt noch aus anderen Thatsachen. Zunächst
fährt die innere negative Polarisation fort zu erscheinen, ja sie tritt
in vollster Regelmässigkeit noch auf zu einer Zeit, wo der Muskel
sich nicht mehr zusammenzieht, also auch schwerlich noch der
polaren ‘Alterirung’ fähig ist, nämlich nachdem der Säulenstrom
mehreremal abwechselnd in beiden Riehtungen jedesmal eine Viertel-
stunde oder 20 Minuten lang hindurchgesandt wurde. Ein guter
Sartorius im entnervten Zustande verträgt zwei solcher Stromwechsel;
nach dem dritten entspannt, antwortet er meist bei keiner Strömungs-
richtung mehr, weder auf Schliessung, noch auf Öffnung des Stromes,
noch auf Umlegen der Wippe im Säulenkreise. Zuletzt findet man
ihn, trotz der feuchten Kammer, offenbar in Folge der Erwärmung,
trocken und steif. Aus den Versuchen am Doppelsartorius gingen die
! Untersuchungen u. s. w. Bd. Il. Abth. H. S. 435. 436.
1160 Gesammtsitzung vom 19. December.
Muskeln stets in diesem Zustand hervor. Hr. Herma betrachtet nun
zwar die vorausgesetzte ‘Alterirung’ als ein feineres Merkmal der Er-
regung denn die Zusammenziehung selber,' doch wird er diese an sich
etwas bedenkliche Meinung wohl kaum auf den Fall eines unter dem
Einfluss des Stromes halb abgestorbenen Muskels ausdehnen wollen.
Aber noch mehr. Ich habe früher angegeben, dass die Sied-
hitze die negative innere Polarisation des Muskels vernichte, und
daraus entsprang sogar in meinen Augen eine Schwierigkeit für die
Gleichstellung dieser Polarisirbarkeit mit der anderer feuchter poröser
Körper.” Ich verfuhr damals so, dass ich einen sehr starken Strom,
von 30— 350 Grove, 20” lang durch todtgesottene Muskeln oder
Muskelmassen leitete, weil nämlich dies die Art war, wie ich, bei
dem unvollkommenen Stande meiner Versuchsweisen, noch ohne un-
polarisirbare Elektroden und olıne Einsicht in den secundären Wider-
stand, im äussersten Falle innere negative Polarisirbarkeit an feuchten
porösen Körpern zum Vorschein zu bringen suchte. Dabei erhielt ich
von den gesottenen Muskeln allerdings nur noch unmerkliche Spuren
von Polarisation. Als ich aber neuerlich todtgesottene Sartorien ganz
wie vorher die lebenden behandelte, sah ich einen sehr verschiedenen
Erfolg, wie folgende Beispiele lehren.
Der Muskel wurde auf Kork stark ausgespannt eine halbe Mi-
nute lang gesotten, nicht in physiologischer Steinsalzlösung, welche
zweimal besser leitet als Muskel,‘ und dadurch Störungen hätte
verursachen können, sondern in Leitungswasser. Die Versuche wur-
den nach dem Messungssysteme B, mit wachsendem Abstand der
Bussolschneiden, angestellt.
Todtgesottener Sartorius.
N ee
M 0) 7 10 414 dr
X 115’ (134)
in 6 A139 | 16 o #40
P —6 —41 —6 +14 — 28
A20' (110)
Y4 38 56 Y& Y 50
Pa —-50 —77 —72 —62 — 99
| 20’ (98)
A | A
Zwölfte Mitth. A.a. 0. S. 427.
2 Erste Mitth. S. 368. 398. — Vergl. oben S. 1135.
® Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. Il. S. 373 ft.
E.ou Bois-Reyaosn: Seeundär-elektromot. Ersehein. an elektr. Geweben. 1161
Auf dieselbe Art wie oben S. ı 151 zusammengestellt, findet sich
für die drei Abstände
1. 2: 3.
P; I 0 — ‚35
Ey = Kat | —-70 |— 60
P, =y—-28 |-9 y-ız
Selbst eine ganze Minute langes Sieden hob die Polarisirbarkeit nicht
völlig auf. In einem Falle erhielt ich
1 2: 3
IT Te ez
Pu Re NH) — 47
I N TE)
immerhin in der Mehrzahl der Prüfungen richtig gerichtete Wirkung.
Nach einer Minute Aufenthalt in 100° heissem Quecksilber geben
zwei Sartorien
1% 2 3 0. 2 3
Ps =: 7 A—13 | — ı A—ıo T— 12
She Sr | 3 | | N | =
a ı8 | | 123232 124
P) =Yy-14 —-7 ea | V—r3 TEN 38
In diesen Versuchen wurden die Muskeln plötzlich der Sied-
hitze ausgesetzt, wobei sie nach meinen Beobachtungen bekanntlich
sich nicht säuern." Wie der bei nur 45° wärmestarr gemachte und
gesäuerte, oder sonstwie abgestorbene Muskel sich verhalte, habe
ich noch nieht untersucht. Die obigen Thatsachen reichten aus für
meinen gegenwärtigen Zweck, zu beweisen, dass die negative innere
Polarisirbarkeit unabhängig von der polaren Erregung besteht, welche
Hr. Herıse doch wohl kaum noch an einem todtgesottenen Muskel
annehmen wird. Will er nicht behaupten, und kann er nicht be-
weisen, dass das Todtsieden die Muskeln negativ polarisirbar mache,
so werden sie es wohl schon vorher gewesen sein.
Man kann diese Versuche dahin abändern, dass man nur die
Enden des Muskels durch Siedhitze abtödtet, die Säulenschneiden den
todten Endstücken, die Bussolschneiden, nach doppelt geöffnetem
Säulenkreise, der lebenden Streeke symmetrisch anlegt. Da nach
Hrn. Brievermann’s Entdeckung am künstlichen Querschnitt keine Er-
regung, folglich keine ‘Alterirung’ stattfindet, so wird auch so be-
! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. 11. S. 18 ff.
Sitzungsberichte 1889, 102
1162 Gesammtsitzung vom 19. December.
wiesen, dass die innere negative Polarisation nichts mit der ‘Alterirung’
zu schaffen hat. Von den beiden Sartorien, welche zu den folgenden
Versuchen dienten, wurden dem ersten die Enden durch Eintauchen
in physiologische Kochsalzlösung, dem zweiten durch Eintauchen in
Olivenöl von 90—ı00° verbrüht. Wegen der Verkürzung der ab-
getödteten Strecken nehmen diese von der gesammten Muskellänge
einen so beträchtlichen Theil ein, dass von der lebenden Strecke zur
mm
Ableitung eine Länge von nur efwa 10”" verfügbar bleibt. Die von
dieser erhaltenen Wirkungen stehen nach Analogie der obigen Ver-
Ns . - I
suchstabellen unter d,; unter ö die mit einem Abstand der Bussol-
mm
schneiden von nur 3—4"" erhaltenen.
Sartorius mit verbrühten Enden.
I II
° dın ° dın
M 440 Kı63 M \3ı Ass
A „A
X | 15'(250— 172) X | 15
124 \46
PR +7 —9ı
Tız'
2 ( #
N18 136
De
A
Ki)
17 v4
P; —ıı —50
120!
\f
Dans
E49 49
N20'
Y15 Yı2
Ye a 7
Das Mittel aus allen P für ö beträgt im ersten Versuche — 42, für
d„— 75; im zweiten Versuche beziehlich — ı5; — 65. Die verhältniss-
mässige Kleinheit der Wirkungen überhaupt erklärt sich durch die
Kürze der Strecken; die anfangs bedeutende Stromstärke am ersten
Sartorius vermuthlich durch die noch erhöhte Temperatur. In dem
Versuch am zweiten Sartorius wurden die polarisirenden Stromstärken
nicht aufgezeichnet.
Hierher gehören endlich Versuche an Muskeln warmblütiger
Thiere, sofern diese Muskeln so schnell unerregbar werden, dass
E.ou Bors-Reyaonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 116;
Hrn. Herıne’s Erklärung der Polarisationserscheinungen auf sie nicht
passt, obschon in ihrem Inneren eher, als im Froschsartorius, freie
öndigungen der Muskelbündel eine Rolle spielen könnten. Ein Streifen
Gracilis von einem curarisirten Kaninchen gab
d dan
M ‘32 2
NER, 5
X | 15’ (196)
A ı- een
ee
Pı —20 —1ıı5
15" | (290
5' 7 (290)
N29 | 80
P; — — 83
A =
20’ | (226)
19 N 19
Ps, —ıo — 99
Das Wachsthum des polarisirenden Stromes ist wohl der Ausdruck
des im Absterben verminderten Widerstandes des Muskels.
Von der inneren negativen Polarisation nicht entnervter
Muskeln.
Wie am todten Muskel lässt sich andererseits auch am nicht
72
entnervten Muskel die innere negative Polarisation nachweisen, wie
folgende Beispiele zeigen, deren ersteres wieder nach dem Messungs-
system A, das zweite nach dem B eingerichtet ist. Die polarisirenden
Stromstärken konnten nicht mit den vorherigen auf denselben Maass-
stab redueirt werden.
Nicht entnervte Sartorien.
I I.
ER Inne Im Imp 3] | 3 de dm dp D
A A | Na | A 6 ur la |
M Yı54 16 Tg y42 37 M 14 762 147 8 y36
De —_
7 ’ r
D. 15 | N y15'
Na N a }\ Klon Na ee N,
| 38 |72 125 49 103 BR&H x 18 j [125 141 | 78
Pı —ıga —56 +76 —91 — 66 PL —ı19 + 80 —ı72 —229 —114
Nach 10’ nochmals durchgemessen Nach 5’ nochmals durchgemessen
A en Ne Sl UN Ss A888 |6: Ar Arız A6
SE se] 146 36 | 85 9 063 [2 117 | 61
TR, Ken
[15 | | 20
A PN A | lı1z l16c A Ibrr:
J Log 10, 13 14 15 112 170 y65 [22 ylız
PR—19 — —27 —22 — 31 Pa —200 —ı107 —277 — 95 —173
9 43 7 7 77 5 73
1164 Gesammitsitzung vom 19. December.
In beiden Versuchsreihen giebt sich die Polarisation unzweifelhaft
kund, wenn auch zwei Fehler vorkommen, und in dem zweiten Bei-
spiele die wie oben berechneten Polarisationen das Gesetz des Wachsens
mit den Abständen nicht gehörig befolgen, denn man hat
1. 2:
D = n Er?
EN — I 109 A 200
Bar = 207 — 160
Br y— 114 |— 173
Solehe Unregelmässigkeiten wiederholten sich öfter an den nicht ent-
nervten Muskeln, gliehen sich aber in einer grösseren Anzahl von
Versuchen wieder aus, denn im Mittel aus vierzehn Versuchen, in
denen der polarisirende Strom siebenmal auf- und siebenmal abstieg,
ergab sich
> #7)
PB; Pır P,
— 118 —ı132 — 175
Noch an zwei anderen regelmässigen monomeren Muskeln des
Frosches habe ich die innere negative Polarisation, gleichfalls im nicht
entnervten Zustande, beobachtet. Der Adduetor magnus Ecker! gab
nach einmaliger Durchströmung
P, Py P,
— —N6 —%y
also mit einer ähnlichen Abweichung, wie zuweilen am nicht ent-
nervten Sartorius. Der Cutaneus femoris, welcher nur etwa halb
so diek ist wie der Sartorius,‘ wurde auf der Vorrichtung für den
Elektrotonus der Nerven” ausgespannt, sonst wie der Sartorius unter-
sucht. Er lieferte nach dem zweiten Systeme ganz regelmässig:
Cutaneus femoris, nicht entnervt. Nach 10’ nochmals durchgemessen.
° de dm dp D | ° de dm dp D
M Y 84 ) 89 \107 172 Y116 | Y119 1196 1172 )ız 160
2x iz | T2o'
m || N
Yıı7 Jı72 175 Yız 1164 | 29 Yaı N 57 141 134
Pı —33 —3 —68 +59 —48 | P, 148 165 =339 = 153) 324
I 2
oder PR = A— 33 Ir 148
Pr = |—46 N 182
P)n = |-48 24
Der Fehler bei d,, der zu kleine Werth von D in Reihe P,, der
auffallend grosse von D in Reihe P, erklären sich genugsam durch
Entwiekelung des aufsteigenden Muskelstromes am unteren natürlichen
Querschnitt.
! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. Il. S. 577.
2 Untersuchungen u. s. w. Bd.I. S.7o05.
? Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd.1I. Taf. III. Fig. 4.
E. ou Bors-Reymosxp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 1165
Einen sicheren Erklärungsgrund für die geringere Gesetzmässigkeit
der Erscheinungen am nicht entnervten Muskel weiss ieh übrigens
nicht anzugeben; doch wird die Vertheilung der inneren Nachwirkung
der negativen Schwankung am entnervten und am nicht entnervten
Muskel nothwendig eine verschiedene sein.
Ich sehe voraus, dass man diesen Versuchen vorwerfen wird, ich
hätte mit ‘unerlaubt' starken Strömen und langen Schliessungszeiten
gearbeitet. Allein der Leitungswiderstand eines gedehnten Sartorius
ist so gross, dass der von einer mehrgliederigen Grove’schen Säule
herrührende Strom hier keinesweges als ein übermässig starker zu
betrachten ist. Ohnehin sehe ich nicht ein, warum nicht die Wir-
kung starker und lange anhaltender Ströme Gegenstand der Unter-
suchung sein dürfe; warum man auf so schwache Ströme und so
kurze Zeiten sich beschränken solle, dass sie nur undeutliche Spuren
der Erscheinung erkennen lassen, während bei den von mir gewähl-
ten Verhältnissen kräftige Wirkungen mit voller Gesetzmässigkeit sich
kundgeben.
Übrigens versteht es sich von selbst, und wird durch Vorhergehen-
des bestätigt, dass es so starker Ströme und so langer Schliessungszeiten
nicht bedarf, um die innere negative Polarisation zum Vorschein zu
bringen. Aber natürlich giebt es auch eine untere Schwelle der
Stromdichte und Schliessungszeit, oder ihres Productes, unterhalb
welcher die Polarisation im Gewirre verschiedener anderer damit zu
verwechselnden Wirkungen undeutlich wird und zuletzt verschwindet.
Hr. Herıne und, wie wir noch sehen werden, Hr. Bernstein sind
unterhalb dieser Schwelle geblieben. Deutliche Zeichen der Polari-
sation liefert bei unserer Versuchsweise ein Sartorius meist erst, aber
auch nicht immer, bei 5° dauernder Durchströmung mit drei Grove.
Denn, was sehr bemerkenswerth erscheint, die Schwelle kann für
verschiedene Individuen eine beträchtlich verschiedene sein. Anderer-
seits ist noch die Frage unbeantwortet, welches Product aus Strom-
dichte in Schliessungszeit die stärkste Polarisation liefere. Es wird
noch viel Arbeit nöthig sein, um diese Dinge vollständig zu er-
gründen; vor Allem aber ist nun ein anderer Umstand von viel
grösserer Wichtigkeit hier aufzuklären.
(Fortsetzung folst.)
ger RAN,
in ar
r one m
N.
1167
Die angebliche Metaphysik des Herennios.
Von E. Herz.
(Vorgelegt am 12. December [s. oben S. 1083].)
IN hen von einer offenbar niemals zu weiterer Verbreitung ge-
langten, von Sımox Smoxipes mit lateinischer Übersetzung versehenen
Ausgabe, über die wir das Näbere in einem Anhang mitzutheilen
beabsichtigen, ist die unter dem Titel ’EEyynoıs eis ra werd 7a ducızd
in einer ziemlich grossen Anzahl von Handschriften vorhandene, den
Namen eines sonst völlig unbekannten Philosophen Herennios tragende
Schrift bloss von Mar, classiei auctores B. IX S. 513 — 3593 veröffent-
lieht worden. Dem ihr vom Herausgeber in etwas unvorsichtiger
Weise gespendeten Lobe — S. VII der Vorrede nennt er sie: »per-
doctus et peracutus ad Aristotelis metaphysica eommentarius« — ist
von keiner Seite beigepflichtet worden. Unmittelbar nach ihrem
Erscheinen wurde vielmehr der früher schon von Lucas HorstEs
gegen ihren Verfasser erhobene Vorwurf des Plagiats' für einzelne
ihrer Theile in unwidersprechlicher Weise begründet. Zu weiter-
gehenden Zweifeln sah sich jedoch dadurch, so sonderbar es scheinen
mag, niemand veranlasst. Selbst Jacos Berways, meines Wissens
der Letzte, der Gelegenheit genommen hat, sich etwas eingehender
mit dem Werke des Herennios zu beschäftigen, war so weit davon
entfernt irgend welchen Verdacht an dessen Echtheit zu hegen, dass
er sogar, in seiner in den Monatsberichten der Akademie Jahrg. 1876
S. 55 —63 erschienenen Abhandlung: »Herennios Metaphysik und
Longinos«,” sich von der Berücksichtigung des Herennios bei der
Herausgabe der Aristoteleserklärer Nutzen versprochen hat. Hätte
dieser scharfsinnige Forscher seine Untersuchung nicht auf die in der
Überschrift angegebene Frage beschränkt, so würde ihm der wahre
Sachverhalt unmöglich entgangen sein, und Herennios würde nicht
fortgefahren haben eine, wenn auch noch so bescheidene und wenig
beachtete Stelle unter den letzten Ausläufern der neuplatonischen Lehre
! Epistolae ed. Boissonade S. 228 u. 236.
2 Aufgenommen in die Gesammelten Abhandlungen von J. Bernays, von H. ÜsEner.
B. IS. 347fi.
1168 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
zu behaupten. Wie wenig aber ihm eine solche gebührt, und dass
vielmehr die Zeit, zu welcher das seinen Namen tragende Werk
entstanden ist, um mindestens acht Jahrhunderte, ja vielleicht um ein
volles Jahrtausend später angesetzt werden muss, als dies zu geschehen
pflegt, dies dürfte sich mit mehr als genügender Sicherheit aus der
nachstehenden Darstellung ergeben.
Über dasjenige, was eigentlich die Schrift des angeblichen Phi-
losophen Herennios bezweckt, ist bekanntlich verschieden geurtheilt
worden. Davın Runsken führt sie gelegentlich als Commentar zur
aristotelischen Metaphysik an: als solchen hat sie auch Mar heraus-
gegeben. Wenn andere in dem Werk ein CGompendium der neu-
platonischen Metaphysik zu finden geglaubt haben, so setzt dies einen
Gebrauch des Ausdrucks 72 uerz 74 bucızd voraus, wie er jedenfalls
den Neuplatonikern nicht geläufig gewesen ist. Vorsichtiger und
zugleich zutreffender hat sich Korr ausgedrückt, wenn er dasselbe
in folgender Weise kennzeichnet: compilatio ex variis variorum inter-
pretum maxime Platonicorum, etiam Damaseii eommentarüs redacta.”
Bis zu welchem Grade aber das Werk diesen compilatorischen Charakter
an sieh trägt, ist bisher noch nicht in zusammenhängender Weise
untersucht worden, indem sich entweder Korr selbst oder andere
damit begnügt haben‘, auf die Entlehnung einzelner Stellen aus Philo
von Alexandrien, Alexander Aphrodisias, Damaskios aufmerksam zu
machen. Finen das ganze Werk umfassenden Nachweis bietet die
folgende Übersicht, bei der wir jedoch vorerst die beiden Anfangs-
capitel bei Seite lassen.
Herenn. Cap.II $ ı'=Philo de ebrietate $41.
> r De B 2 $43—45
El 845.
> ü Se » 547. 48.
a „848.
» » S (= ?
» » = ?
» Cap. IV $ ı = Alex. Aphrod. quaest. phys. p. 1 1— 13 Sp.
» » Su » » Dis 5;
S » S = » » P- 78.
» » S ı =Proel.comm.inPl.Parm.p. 1071 9— 1072 ı5
Cousin.
! In einer Anmerkung zu Longinos S. 484 Weıske.
® In seiner Ausgabe des Damaskios S. 13 f.
° S. die betreffenden Angaben von H. Usener, Bernays’ Kl. Abh. S. 350 Anm. 2.
' Mit Ausnahme des Anfangs.
5 Die Mitte und den Schluss ausgenommen.
Herenn. Cap. V
Herrz: Die
SR SR ST SR SR STE SR STE STE SIE ASP2 SR SIE ST
STR YSR SR AR SR ASP AP STE STE
[7
[o)
UN IND SIT SL STE ST IN UN
[57 > >
1
m
=
=
=
IN SRE AN IR YSR SR SR ST
angebliche Metaphysik des Herennios,
1169
=Proel. comm.inPl. Parm.p. 1072 15-1074 4.
el lee ze
I
I
P-
P-
P
1%
p-
p
1%
P-1074
P-1076
P-1079
p-1081
p-!118
p-1119
p-I119:
P-EL7S
p-1180
P-1190
P-1190
4-1076 4.
41079 9.
28-1080 30.
I-1082 19.
3—-112222.
22112130270
22-112437
36-1137 7
GE)
23-1138 16
35-1182 8
533
33 -II9gIo9
1066 16-28.
P- 1066
P-1067
P-1068
P-1070
P-1167
p-1168
28-1067 24.
33-1068 27.
27 LO 0215%
US MOTENTRSE
2 110.827%
7 RUOOELIE
P-706 22-707 40.
P-707 40-708 41.
745 41-746 20.
1100 8-1101 8.
= Damase. de prince. p. 28— 30.
1170 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
Herenn. Cap. VI $ 5 = Damasc. de prine. pP. 49— 51.
» » 8 B— » 5 52 0
» » 8 7 = » 2 ping:
» » Se — » x 1:52: 53:
> n I » ..0P-54. 58.
» » Sur — » » p.8—11.
» » Sır= » a,
» » Suna — » ”.. P. 18 2A,
>, Gap: VS » » -p.126—128.
» > = » >... P. 028. 120. 140143,
> i Di ü >» P-143 —145.
» » S » » P.89—92.
» » Se » » »P.:107.708. 106, wog.
» » $ = » » _P.96—-99. 94. 95-
5 n, N = » » P- 67 — 76.
» ee 3 ” 1P476779:
a CAP RR » 2 PI77,0-
» » SR » A zhite 1177
» » Sa » » .. P.281. 282. 280
» » S Ad » »2 P-300.,362
» » Se — » ». . P- 364. 365.
> » ‘ = » » p- 367 — 369
A 2 SR 2 DW SE
» » S S — » » P- 372- 373-
; 3 Se ? » _P-374- 375-
» » So » » , 375.370:
» » Saar, — » >» Fp.376.237:7. 160.107:
» » Sao — » » p. 161— 163.
» » Sarg — » » p. 115.quaest.in Parm.fol.
267" 268" 271° cod.Mar-
eiani.
Mit einer einzigen, das dritte Capitel betreffenden Ausnahme,
von welcher später ausführlicher die Rede sein wird, sind die Ex-
cerpte, aus welchen die einzelnen Capitel bestehen, jedesmal einem und
demselben Werke entnommen. Schon aus diesem Grund müsste die
unter dem Titel $uoızai zul YSızal droscı erhaltene Sammlung von
Auszügen, deren grösster Theil wenigstens aus Alexander Aphro-
disias entnommen ist, eher als dessen Commentar zur Metaphysik
S. 659 6—616 2 Bontzz, was Bernays a. a. O. S. 356 noch unent-
schieden liess, als Quelle der beiden ersten Paragraphen des IV Ca-
pitels gelten, selbst wenn dafür die verkürzte Form, in welcher der
Satz bei Alexander a.a.0. 8.659 ı2: &rsi oiv didios 9 zimoıs A dE Aı-
Herrz: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 171
m
vmOIs Ev FW XWoumevw TO Elvaı EWEL, Kal TO KIvouuevov dpa TAv didıov Kiumaw
dudıcv Errıy, übereinstimmend bei Herennios und in der ebenerwähnten
Sammlung wiedergegeben wird, nicht noch einen weit unmittelbareren
Beweis ergäbe. Ohne weiteren Belang ist die Verbindung im letzten
Paragraphen des IX Capitels von Stellen aus den zwei verschiedenen
Werken des Damaskios, da sie bekanntlich in den Handschriften ent-
weder schwer von einander zu scheiden sind, oder sogar vollständig
vereinigt werden.
Die Übereinstimmung des Herennios mit seiner jedesmaligen
Vorlage beschränkt sich nicht etwa bloss auf den Inhalt oder auf
einzelne Entlehnungen, vielmehr ist sie eine wörtlich genaue im
I. II. III., und so weit wir dies zu beurtheilen im Stande sind, auch
im IV. Capitel. Genau dasselbe ist der Fall mit dem V. vollständig
aus Proklos Parmenides-Commentar abgeschriebenen Gapitel, und zwar
so, dass trotz aller seiner Mängel der Text der Schrift des Herennios
immer noch zur Verbesserung des von Cousın selbst in seiner zweiten
Ausgabe gelieferten Textes dienen könnte. Wie dies später anzu-
führende Beispiele beweisen werden, erstreckt sich diese Treue des
Compilators in der Wiedergabe der von ihm benutzten Schriftsteller
selbst auf solche Fälle, wo sie nothwendig zu vollständiger Sinn-
losigkeit führen musste. Einzelne Änderungen, wie sie durch häufige
Auslassungen bedingt werden, kommen natürlich dabei nicht in Be-
tracht, um so weniger als sie in den meisten Fällen auf die Ein-
schiebung oder Vertauschung von Partikeln beschränkt bleiben und
nur selten ein kurzer überleitender Satztheil eingefügt wird. Ein
etwas umfangreicherer Zusatz zu dem veröffentlichten Texte des Pro-
klos findet sich bloss an einer einzigen Stelle, indem den in S 4
angeführten Beispielen ein weiteres hinzugefügt wird: Oele Aeyoyuev
dowuarov Tov volv Kal Tyv Orıyumv, AAN oüy, Suolws TO dowuarov dubaiv
Karmyopodev: Emi MEv Yap TOD voos To dowuarev Ws Apeirrov OWMarTos dxau-
onev, Emi (Ö) TA orıyugs Uderw dromrwow Gwmaros voolus. Dass diese
Bemerkung füglich von Proklos herrühren könnte, wird man ohne
weiteres zugestehen. Dass sie ihm thatsächlich gehört, dafür liegt
der Beweis in dem Gebrauch des Wortes drorrweıs, das nur bei ihm
in diesem Sinne Verwendung gefunden zu haben scheint.‘ Hat nun
Herennios die betreffende Stelle einem anderen Theile des Commentars
entlehnt, oder fanden sich die Worte im Texte der von ihm benutzten
Handschrift? Beides ist möglich, und zwar das zweite um so eher,
je geringer die von den bisherigen Proklos- Ausgaben gebotene Ge-
SR \ sr x 3 D A ’
2 Comm. in Aleib. pr. S. 309 27: die Fr AmomFrWrw ns oizsıas Fersıornros, ebds.
B
« S ‚ Er 3 , & 2
. 352 35: as amomrwesis &ayrav, in Polit, S. 357: & dmorrwrw 798 oizsiac Öyvemews.
72 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. C1.) vom 12.Dee.
währ in Bezug auf Genauigkeit ist. Ein Vergleich der Auszüge des
Herennios aus Proklos mit dem von Starızaum gegebenen Abdruck
würde zu dem ebenerwähnten Fall noch zwei weitere hinzufügen, in-
dem dort zweimal längere bei Herennios und jetzt ebenfalls in dem
Texte des Proklos stehende Stellen einfach ausgefallen sind.‘
Etwas grössere Freiheit hat sich der Compilator gegenüber Damas-
kios gestattet. Auch in den Capiteln VI—IX ist allerdings der bei
weitem grössere Theil einfach wörtlich abgeschrieben; an anderen
Orten aber, worauf bereits Korr aufmerksam gemacht hat,” ist die
Fassung des Textes mehrfach, wenn auch nur unbedeutend geändert
und ausserdem scheinen hie und da Zusätze vorzuliegen. Dies ist
der Fall Cap. VI$2 und 4, Cap. VI $ı und 4, Cap. IX $2, 4, 6 und ıo.
Auf diese Verschiedenheiten näher einzugehen hätte keinerlei Zweck.
Trotz der vorgenommenen Änderungen ist der Anschluss überall deut-
lich erkennbar. Was die Zusätze betrifft, so macht es ihr geringer
Umfang schwer, darüber zu entscheiden, ob es nicht dennoch solche
Stellen sind, die irgendwo bei Damaskios stehen. Bei einem Schrift-
steller, wie Damaskios, der sich im Kreise derselben Untersuchung
bewegend, immer und immer wieder neue Anläufe zur Lösung der
von ihm gestellten Fragen nimmt, ohne je zu einem Abschlusse zu
gelangen, ist der betreffende Nachweis keineswegs ein leichter. Zum
Beweise dafür mag das folgende Beispiel genügen, für welches wir
den Schlussparagraphen des ganzen Werkes deshalb wählen, weil er
zum Theil Excerpte aus dem noch nicht veröffentlichten Werke des
Damaskios enthält. Eingeleitet wird dieser Paragraph durch die Auf-
stellung der Frage, ob es vor der intelligibeln Trias, wie dies von
Jamblichos behauptet worden war, zwei Prineipien gibt, oder, nach
der Meinung der Meisten, bloss ein einziges. Den Abschluss dieser
der Schrift ep ray rowrwv dpy@v S.ıı5 entlehnten, so wenig bei
Herennios als bei Damaskios zu irgend welchem Ergebniss führenden
Untersuchung, bildet der Satz: vor der Einheit (wov&s) sei das Eine
(2 &v). Um jedoch zu diesem Schlusssatze zu gelangen, hat der Com-
pilator mehrfach die ursprüngliche Aufeinanderfolge der einzelnen
Satztheile geändert. Hieran knüpft er alsdann eine weitere Unter-
suchung über den Unterschied zwischen der Einheit und dem Einen.
Bei Damaskios steht sie in den Aporien und Lösungen zum Parme-
nides, in dem ep 775 dxporyres rüv vorrav xaı vorpwv überschriebenen
vierten Abschnitte fol. 258" des cod. Mare., und zwar unter der achten
also lautenden Aporie: ri dıubepei wovas vos zul ei mM Endorn Movas xal
! Vergl.$7 und 29 mit S. 872 und 989 Srauıe.
2 Vergl. dessen Ausgabe S. 23. 32. 37.
Herrz:
Ei \ \ x
dpiIucs Xarı nv
Die angebliche Metaphysik des Ilerennios.
I \
Tagluevideıov AATAO zEUNv
hinreichen Anfang und Ende zu vergleichen:
Damasc. a. a. O. fol. 267”:
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oydoov Em Touras To &v Oucuhepei
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TNS Movddos, TpwWrov WEV n Ta moAAd
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Nach der dritten, vierten und
nios und Damaskios angegebenen
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Herenn, ec. 8813 med.:
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Tov MEv orı N Movas apıS pe Kal mpos
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\ 7 \ Er \ ’
TO MEWOVWWEVOV Kal KATI EdUTo SeupoU-
dpıSuov, TE &v mpos Ta moArd dvri-
N nm > I \
Tı ÖyAcı xal dmAnDuvrov' ovas
wevov (so auch die Ausgabe des
SIMONIDES).
fünften übereinstimmend bei Heren-
Verschiedenheit fahren beide fort:
ec ’ au \ ec r !
Extov de, orı oUv ErEpOTNTı mavrWs
w N a IN „ \ E
TouTo To Ev TNS Movddos" dveu Ydp ETE-
’ 5 AN r > r NR
POTYTOS 00x Av 'YEvorro daSuos‘ 1dıo-:
\ ec Ei \ m Sag) e Mi
Fyrı WEV di duraı mAodı AAN al MeV
En c INSN mw \ e \
yevvWorv, al ÖE YEvvWvTraı’ Xdl ol EV
e ‚ DAR N ’ eat
OALXWTEpWV dpıyımv eimı Mopid, ai de
’ (N e \ el Er
MEpIKWTEDWV" Xu Mi MeV Nywvraı MÄA-
ce N\ m N ’ \ ’
Aov, di de MaAAcv ÖLARERpIVTAL" Ko EV
IN N w > Er c
Tıves ovddes ToUde (ToÜ) do uol‘ di
NS N EhY, v IN \
de TOUde" 9 dpa Ts Tpiddos Movas Tpid-
N r E1 x G \ 1 N [2
dızy EOTı Kara dbuciw, Kal oUX dv VE-
’ ’ IN A
vorro (yevavro Mar) lEpos TETpADOS 7
E7 > z N3/, I
aAAoU apıS od" MEDIAN, apa EXAOTN MO-
! e Ä\ [2 ec m
vac, 9 de mpwry amAüis. Das Folgende
bis zum Schluss wie bei Damaskios.
! Anspielung auf den von Praro Phileb. 66c angeführten orphischen Vers (Or-
phica ed. Abel S.
157 Fr. 34).
= Die dort behandelte Apori ie lautet:
N
za N Q
a Die Handschrift 7.
e
ev JAE zgEt mager enDeevon ev agıSuoV ererrou, eureg TORTE ovas 9
rivi Öuedeger T aey,ovs FoU agıTuod 1MOVES
\
TaG agı: Sue.
1174 Gesammisitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
Man wird kaum behaupten können, dass durch die vorge-
nommenen Änderungen der Text des Damaskios gewonnen hätte
oder verständlicher geworden sei. Aber hat der Compilator überhaupt
je daran gedacht eine Schrift zu liefern, deren Verständniss irgendwie
für einen aufmerksamen Leser möglich wäre? Nach den Beispielen,
die wir anführen wollen, lässt sich entschieden das Gegentheil be-
haupten, da sie den deutlichen Beweis dafür enthalten, dass ohne
Kenntniss des eigentlichen Sachverhalts, wir jeden Augenblick auf
unlösbare Schwierigkeiten stossen.
Bei Proklos im Parmenides-Commentare S. 1076 29 heisst es:
mavra olv 60a dmehdaxeı Tod Evos EE Auto) mocsion. dei Yap are undev eivaı
Tüv Favtwv, va 7 mare dm ouTol. die mcı doxel moAAdXıs xl Ta dvrizeineve
dmobaioxeıv, clov &rı oUTE OAov GUTE MEPOS, GUTE TAÜTOV OUTE ETEpov oUTE
iorös elrs zıvouuevor. Subject von dropdezxe wie von deze ist natür-
lieh Plato. oder, wenn man lieber sich wie Proklos ausdrücken will,
Parmenides im gleichnamigen Dialog, dem ja auch die angeführten
Beispiele entlehnt sind. Wie wenig die bei Proklos selbstverständliche
Ausdrucksweise für seinen Zweck passt, davon hat der Compilator
allerdings eine Ahnung gehabt. Er ändert deshalb V $ 4 zarapsazeı
in zarabaozeraı, seine Einsicht reicht aber nicht so weit, dass er
auch das folgende dexet xaraparzey geändert hätte. Die auf diese
Weise stehen gebliebene Schwierigkeit bemerkt zu haben, gereicht
dem Scharfsinn des Sımoxipes zur Ehre; dagegen aber entspricht
seine Übersetzung 8. 39: »ideo mihi videntur contraria in negationem
venire« keineswegs dem gegenüberstehenden Text. Völlig ähnlich
ist ein zweiter Fall. Ohne jeden Anstoss liest man bei Proklos a. a. O.
S. 1190 12: We yap auros mposipyxe TO Erepov Erepou Erepov, indem
der Hinweis sich auf das unmittelbar Vorhergehende Plato Parm.
S. ı39e bezieht. Wie aber lassen sich dieselben Worte bei dem
angeblichen Herennios V $ 23 erklären, wo weder von Plato noch
von Parmenides die Rede ist, noch auch die betreffenden Worte zu
finden sind? Auch hier hat sich Smonipes in offenbarer Verlegenheit
befunden. Er sucht sich sogar durch eine Textesänderung aus der-
selben zu helfen. Leider aber verräth sie sich auf den ersten Blick
als solche, sehon durch ihre Unvollständigkeit, indem es bei ihm
heisst S. 70: &s yap aüros Tgesipyxaue. Ein wo möglich noch schla-
genderes Beispiel bieten gleich zu Anfang von V S 26 die Worte:
Tara yolv yoabevaı men As Mdrwvos SeoAoyizc. Aus denselben lässt
sich ebenso wenig klug werden, wie aus der Übersetzung des Smo-
NIDES S. 74: »haee sane seribuntur e Platonis theologia«, weil ja vom
Anfange des V. Capitels bis zum Schlusse der ganzen Schrift sich alles
ausschliesslich nur auf die sogenannte platonische Theologie bezieht.
Herez: Die ängebliche Metaphysik des Herennios. 1175
Damit aber ist die Sache noch keineswegs abgethan. Um den Zu-
sammenhang ersichtlich zu machen, in welchem diese in der frechsten
Weise aus Proklos abgeschriebenen Worte bei demselben stehen, ist
es nothwendig die ganze Stelle hier anzuführen. S. 1067 23 heisst
> \ \ \ ES n Bl; \ = 3 N NEN mw
es: Ei de xul rous TpEIs DaoıAeds Tous Ey Eriororais! dıa Tod dev TEpov eivaı
’ m \ en -
wy WATEDES TV mep Kun meuWrns UmoS JEOEWG Acyav
St
To Eves dfıovow oi Tov
(do rep olv flow Ev Tols mer aurüv Aoyas ol TaV ourV UmeIeciw cÜ movov
eivaı mept Seo) Asyovres, dAAZ ol mEepL mayrwv amAus Semv’, Iva um cu aU-
vapıyuiraı To &v Tols deurepais, xpeirrov Ümdpyov dmaons mpos TE WET dürou
owvapıdunsews xal older GuvrarreoIaı duvausvov, TAÜTA yody yeabouc
mepi TAs To MAdrwvos SeoAoyıas) müs er Xara Iaav Umo Seo Seov zul
Iecvs rakousv zul Tas düras dmabdosıs cuaims rois mac Ebapuooouev; Sieht
man nun wie der Compilator, alles Vorhergehende von & de xaı bis aur-
rarreoIaı Öuvauevov auslassend, die folgenden Worte raDra yoov— Seo-
Aoyızs an die Spitze eines neuen Abschnittes stellt, indem er sich da-
mit begnügt, r&s erı in rüs Ara zu ändern, so wird wohl kaum das
von ihm befolgte Verfahren einer weiteren Aufklärung bedürfen. Die
Zahl dieser Beispiele liesse sich noch durch viele andere vermehren.
So durch den Anfang von V $ 20: rerrapwv Ö’ evrwv me Te Taurov
xl Erepov mpoßAnudrwv dmobarızuv TOD Evoc, Au Nu EUANMTOTEWV, dp%,o-
WEvos ourw mpoeıcı dia Fov Acızuv, wo wiederum Sımoxives mehr kühn
als richtig übersetzt S. 66: »cum sint quatuor propositiones... nos a
perceptu facilioribus exorsi, ita progrediemur«. Den vier aufgestellten
Problemen: das Eine ist nieht verschieden von sich selbst, das Eine
ist nieht verschieden von dem Andern, das Eine ist nicht identisch
mit sich selbst, das Eine ist nicht identisch mit dem Andern, sind
bei Proklos die von S. 1127 27 bis 1189 2 reichenden Erörterungen
gewidmet. Herennios, obgleich er alle zu behandeln verspricht, schreibt
$20— 22 bloss dasjenige aus, was sich auf das erste und einen Theil
dessen, was sich auf das zweite bezieht, bis S. 1182 8, um nichts-
destoweniger $ 23 mit rourwv de dedaiyusvwv, &ı u. s. w. fortzufahren,
wie es auch bei Proklos beim Übergang von der erwähnten Unter-
suchung zu einer anderen Frage heisst, was aber bei Herennios wiederum
nur dann verständlich wird, wenn man auf den Text des Proklos
S. 1190 4 zurückgeht: ıows d° dv rıs Auds Emavtpors Tourwv dederyuevwv,
ei U. S. W.
Weshalb gerade in den aus dem Parmenides-Commentar abge-
schriebenen Abschnitten das rein mechanische Verfahren des Compila-
! Gemeint ist die Stelle Plat. Epist. II S. 3ıze, auf die Proklos mehrfach hin-
weist. Vergl. S. 1081, 1096, 1097, 1107, 1115.
? Dieser zwischen den Parmenides-Erklärern streitige Punkt wird ausführlich
vorher S. 1054 37 fl. erörtert.
1176 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. C1.) vom 12. Dee.
tors am handgreiflichsten zu Tage tritt, bedarf keiner weiteren Er-
klärung. Wer nicht weiss, dass unter den vielfach bei Herennios
zur Sprache gebrachten, nirgends aber näher bestimmten Hypothesen,
die bei den Parmenides-Erklärern eine so grosse Rolle spielenden Hy-
pothesen im Parmenides zu verstehen sind, wird sich vergeblich
abmühen den Sinn der betreffenden Stellen zu entziffern. Ähnlich
verhält es sich da, wo von dem 75 oud&usd und anderen dem Par-
menides entlehnten Worten ausgegangen wird. Aber auch da, wo
anscheinend keinerlei Schwierigkeit vorliegt und man sogar in die
Versuchung gerathen könnte, Aufschlüsse, sei es über den Verfasser
selbst oder die Einriehtung und den Zweck seiner Schrift zu finden,
haben wir es mit einem blossen Absehreiber zu thun, dessen überall
sonst zu Tage tretende Dummheit es fraglich erscheinen lässt, ob
in den angegebenen Fällen die Absicht einer Täuschung vermuthet
Q
werden darf oder nicht. So hat er sich V $ 7 unbedenklich folgende
Worte aus Proklos ı 118 35 angeeignet, in denen dieser in gewohnter
überschwenglieher Weise von seinem Lehrer Syrianos sprieht: racoued«
de TE Muerepw xalmyeuovı mavu ye ododoa xar Ev Foiras INuBoAws (eUIUWoAwE
Proklos) ryv od MHrdrwvcs TeInpaxorı diawvarav. Vielleicht noch mehr wird
man sich darüber wundern zu erfahren, dass selbst der Capitel I $ı
stehende Satz: re wv Emıdarrsı 70 magev Bıßrrov derzvuvar, nicht minder
als der ebenso unverfänglich wie sachgemäss klingende Schluss des
$ 2: ralra eiow & To mapov Bıßrv xaremayyerreraı ebenso gut wie
alles übrige einfach abgeschrieben sind.
Damit gelangen wir zu den beiden ersten, unter sich aufs engste
verbundenen und gleichsam die Einleitung bildenden Capiteln. Im
Vergleiche mit den meisten übrigen ist der durch sie hervorgebrachte
Eindruck ein entschieden günstigerer. Vielleicht erklärt sich dies
aus den deutlich in denselben enthaltenen, und merkwürdigerweise,
wie es scheint, Brrnays vollständig entgangenen‘ Anklängen an die
aristotelische Metaphysik. Diese Übereinstimmung, durch welehe der
Irrthum derjenigen, die mn dem Werke einen Commentar zur aristote-
lischen Metaphysik zu finden geglaubt haben, erklärlich wird, erstreckt
sich vielfach bis auf den Wortlaut. In dieser Weise steht der ganze
Satz II$ 2: raUrev yap eis dvSpwmos nal wv dvDpwmos xl ou, Erepov Tı
ÖnAoi xara ryv Aekıv EravadımAouusvov To Eis Eoriv AvSpwrros xl vv dySpwmos
wörtlich so bei Aristoteles II, 2 S. 1003” 26. Ebenso findet sieh dort
Q
. . 4 ! \ [2 I =
das Beispiel Zwxparys zu Zwxparys xaSyuevos S. 1004” 2; desgleichen
5 N N \ 3 nos EN ! e r
die ganze Stelle: or yap za dpısmov 7 daıuod dia masn, olov TepITToTHs,
IS. 349 a. a. O. sagt er von der Schrift des Herennios: Sie steht durchaus in
keiner näheren Beziehung zu dem grossen aristotelischen Werke.
Herrz: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 1177
dpriorys, OUMMErpIL, inorns, irspoyn, eArenbis S. 1004” 10; und endlich
noch die Worte II$ 3: Pic yap dpym xal rüv arruy dfmmerwv aurn
mdvruv 8.1005” 33.
Eine unmittelbare Benutzung der aristotelischen Metaphysik von
Seiten des Compilators für diese Capitel voraussetzen, hiesse ihm
allzu grosse Ehre erweisen. Auch die, übrigens schon durch den
mehrfachen Gebrauch solcher Ausdrücke, die einer späteren Gräcität
angehören,' widerlegte Annahme, er hätte, wie im IV. Capitel, aus
Alexander Aphrodisias geschöpft, findet keine Bestätigung. Auch
hier hat er sich die Sache unendlich viel leichter gemacht, und
zwar glücklicherweise so, dass dadurch dasjenige, was sonst blosse,
wenn auch im höchsten Grade wahrschemliche Vermuthung geblieben
wäre, weit über jede Möglichkeit eines Zweifels gestellt wird. In
der That ergibt sich als die gemeinsame und in der gleichen Weise,
wie dies in den bisher besprochenen Fällen geschehen ist, benutzte
Quelle der von Georgios Pachymeres verfasste Abriss der gesammten
aristotelischen Philosophie. Da dieses Werk niemals in griechischer
Sprache gedruckt worden ist, geben wir nachstehende Übersicht nach
der Seitenzahl der lateinischen Übersetzung.
2
Herenn. e.I. $ ı = Georg. Pachym. epit. in Arist. phil. p. 262. 263.
» » S == » » P- 263. 264.
» »II. N == » » P. 270.
» » = » » Pe ar EN
» » SR » » Pa 72270
Ein Blick auf die lateinische Übersetzung würde vollständig zum
Beweise dafür ausreichen, dass bei Herennios auch nicht ein Wort
steht, das nieht dem Georgios Pachymeres entnommen wäre. Nichts-
destoweniger mögen zum bequemeren Vergleiche folgende Stellen des
Originales dienen, deren Mittheilung auf Grund der drei in München
vorhandenen Handschriften® ich der längst bewährten Liebenswürdig-
keit des Hrn. Prof. Run. Scnörr verdanke:
Georg. Pachym. epit. 1. X tit. I Herenn. e.IS$ı:
c.ı. Cod. Mon. A fol. 245: werd Merd 74 hucıxd Asyovraı dmep PU-
' Es genügt auf Worte wie I, ı evrgupnsis, Umavarımrew, N > das bei H. St.
fehlende erı@arsusıs zu verweisen.
® Georgii Pachymerii (sie) Hieromnemonis, in universam fere Aristotelis philoso-
phiam epitome, in qua et aliorum philosophorum, qui ante et post ipsum elaruere,
dogmata sie enarrantur, ut iusti commentarii instar esse possit, e graeco in latinum
sermonem nunc primum summa fide ae diligentia conversa aD. Philippo Beechio phi-
losopho, medieo atque inelytae Academiae Basiliensis professore dialeetico ordinario.
Basileae, Froben 1560 fol.
® A Cod.Mon.gr. 97 chart. fol. saec. XVI. B Cod.Mon.gr. 274 chart. 4° saec.XVI.
C Cod. Mon. gr. 128 chart. fol. saec. XVI. Das Nähere bei Harpır, Catal. codie. ms.
Bibl. reg. Bavaricae.
Sitzungsberichte 1889. 103
1178 Gesammtsitzung vom 19.Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
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Hertz: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 1179
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Eorıv Exeiva, di de Harabadcsıs Tals Adnvas 7 TD um Erdelv Munde Yyercodar
drapasenı Fundyovran Eoraı yap ö um Spaiws xol Emi Tov aAuv Tayrwv
dv Tompns wv Fpmens, za ywercdi dh Wors dunonras (um movov) mäca Bovrn
70 TV N öuod mäyrea Ypn- xaı oxeılıs, dAAd xal mäce öpun zul
uara!. erı de Xu dmo Tüv mpaEewv Kımoıs.
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Yapalde x To u Badızew Meyapade
78 aure, va Tı Badısy TIS Meryapdids,
era ro Sadıoaı ru um Badıraı auv-
TPEYEL, Kal To EADEIV xal yeveodaı eis
Meyapı To un EAIelv zul un yevcodar
uorE Avnpyraı um uovov mäca Bovan
al oxeVıs, dAAa xal mäCa öpum Ka
Zivmoıs.
Die vollständige Identität beider Texte erstreckt sich in gleicher
Weise auf alles übrige. In der Vertauschung von Athen mit Megara
zeigt sich dieselbe Armseligkeit des Gompilator, die sich bereits in
einer der oben angeführten Stellen kundgibt, wo an Stelle von rergds,
rpi&s von ihm gesetzt worden ist. An eine Umkehrung des Verhält-
nisses, in der Weise, dass Georgios Pachymeres aus Herennios ge-
schöpft hätte, kann auch nicht einen Augenblick gedacht werden.
Nicht nur ist der Text des Georgios Pachymeres der weit ausführ-
lichere und gerade so wie sonst überall von Herennios gekürzt worden,
sondern der ganze Charakter seines Werkes ist ein durchaus einheit-
lieher und gleichsam aus einem Gusse hervorgegangener. Jedenfalls,
wenn er, was an und für sich mehr als wahrscheinlich ist, andere
frühere Werke benutzt hat, so standen ihm weit bessere zu Gebote
als die den Namen des Herennios tragende Compilation.
Der Schluss aus dem Vorstehenden ergibt sich von selbst. Ob
das Todesjahr des Georgios Pachymeres, wie dies angegeben wird,
etwa erst in das Jahr 1340 fällt,” ist ziemlich gleichgültig. Sicher
ist soviel, dass sein Geschichtswerk mit dem Jahre 1308 abschliesst.
Damit aber ist der unumstössliche Beweis gegeben, dass die angeb-
! Vergl. Arist. Met. III.4 S. 1007b 25.
2 Diese Ansetzung beruht auf der Angabe des Lamsecıvs, comm. de bibl. Caesarea
Vindob. B. III S. 237 und VII S. 71 und ist deshalb wenig wahrscheinlich, weil Georgios
Pachymeres 1242 geboren sein soll.
103 *
1180 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
liche Metaphysik des Herennios nieht vor der Mitte des 14. Jahr-
hunderts entstanden sein kann. Gegen eine noch viel spätere Ent-
stehungszeit können, abgesehen natürlich von etwa sich findenden
äusseren Zeugnissen, keinerlei Gründe geltend gemaeht werden, viele
dagegen, und zwar sehr gewichtige, lassen eine solche, wie wir später
zu zeigen hoffen, als die allein wahrscheinliche erscheinen.
Unsere Aufgabe wäre so weit erledigt und es könnte füglich als
überflüssig gelten, noch ein weiteres Wort über die Metaphysik des
Herennios zu verlieren, wenn sich nicht in Bezug auf das UI. Capitel
eine Schwierigkeit ergäbe, die es wohl der Mühe lohnen dürfte etwas
eingehender zu besprechen. In der That, sollte es nicht gelingen sie
genügend zu lösen, so wären wir schliesslich doch dem Compilator,
wenigstens was einen Punkt betrifft, zum Dank verpflichtet.
Wie bereits oben bemerkt unterscheidet sich das II. Capitel in-
sofern von allen übrigen, als die Auszüge, aus denen es sich zu-
sammensetzt, offenbar nicht bloss einem und demselben Werke des-
selben Schriftstellers entstammen. Hier sind offenbar zwei von ver-
schiedenen Schriftstellern herrührende Werke zur Benutzung gelangt.
Neben dem Werke Philo’s über Trunkenheit, welchem etwa drei
Fünftel des ganzen Capitels verdankt werden, sind die zwei übrigen
aus einer anderen Quelle geflossen. Versuchen wir zuerst kurz das
Verhältniss klar zu stellen, in welchem die aus ihr entnommenen Ab-
schnitte zu den Philoexeerpten stehen.
Darüber, dass der Theil des philonischen Werkes, dem diese
Auszüge entlehnt sind S. 383 —388 Massey, selbst auf einer älteren
Quelle beruht, wenn auch die Darstellung das unverkennbare Gepräge
philonischer Ausdrucksweise verräth, besteht keinerlei Zweifel. Die
Entscheidung über die Frage, auf wen die dort gegebene Ausführung
über die Unsicherheit der Sinneswahrnehmungen und überhaupt aller
Kriterien der Erkenntniss ursprünglich zurückgeht, kann in doppelter
Weise erfolgen, indem man entweder an einen Anhänger der neuen
Akademie oder an einen Skeptiker denkt. Die letztere Ansicht darf
wohl als die wahrscheinlichere betrachtet werden, nachdem durch
eine vor Kurzem in höchst scharfsinniger Weise geführte Untersuchung
die Übereinstimmung der bei Philo gegebenen Beweisführung mit den
sogenannten TpomaL rns Eroyas des Aenesidemos gezeigt worden ist, so
dass dieser schliesslich von Philo benutzt worden wäre." Für die
Beantwortung dieser Frage kann es keineswegs in die Wagschale
fallen, wenn durch das im Anfang des die Excerpte aus Philo ent-
ı H. von Arnım, Quellenstudien zu Philo von Alexandrien, in den Philologischen
Untersuchungen von A. Kıessuine und U. von Wıramowrrz-MoELLENDoRF. Elftes Heft.
S. 53 ff.
Herrez: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 11S1
haltenden Capitels des Herennios Gesagte alle, gegen die Möglichkeit
der Erkenntniss vorgebrachten Gründe auf Rechnung der Akademiker,
die zugleich als Ephektiker bezeichnet sind, gesetzt werden. Schon
deshalb nicht, weil überhaupt in späterer Zeit, die an und für sich
nieht immer leiehte Scheidung zwischen neuer Akademie und Skepsis
kaum mehr gemacht worden ist. Insbesondere gilt dies gerade von
der sowohl an der a. St. wie $. 7 gebrauchten Bezeiehnung £&pexrizaı,
da dieselbe ausdrücklich als sowohl den Akademikern, wie den Skep-
tikern zukommend bezeugt wird." Immerhin bleibt also die Möglich-
keit bestehen, dass in beiden Fällen aus derselben Schule entstam-
mende Ansichten vorgetragen werden. Zur weiteren Untersuchung
der Frage die uns beschäftigt, scheint es nothwendig, die nicht aus
Philo stammenden Theile in ihrem ganzen Wortlaute anzuführen,
schon deshalb weil der von Mar herausgegebene Text nicht jeder-
mann so leicht zur Hand sein dürfte.
Das III. Capitel beginnt also:
mepi Tas Ev nulv yuwoews vov 909 Aeyomev. "Ev Aulv Ta ovra ywWoxerau,
ywwoxeraı dt 7a mautws AAN" Ei de MM, sUx dv Eywucxero, oldeis yap ra
"bevdg ywwoxeı dandes yap Eorw ürı ıbeuoh zinw: Emeidy yap duo einı Ta ns
YWTEWS ApIrNa TÜV YIWOXoMEVvMy Tonydruv, voDs Aal MOSNTIs, Kora jaEv
Tuv Ted Guuares aiotycswv, di wu” 6 vous Ta Exres xararauaveı mAEOTE
oi Ex TAs Axaönmias dirscapai, ol mal Ebexrinoi do Tou Tpomeu Ts Old-
Nekews xANDEuTEs, EhAnvabncav,” Emiysipodvres did FTourwv dvedeiv Av Tüv
ovruv ywoow" db iv Tivd mapaypanlavres TNV EYREXPUMILEUNV auTaV diatvaraıv
dvaxanınbousv, era za xara duvanı drereykaı repaosuede. Als Ein-
leitung lassen diese Worte nichts zu wünschen übrig, wie dem ge-
gebenen Programm auch das ganze Capitel vollständig entspricht,
Auf sie folgt der grössere Theil der Philoexcerpte bis kurz nach
Anfang des $ 5. Angefügt werden dieselben durch die nicht bei
Plhilo sich findenden Worte Asyovsı yap orı. Abgesehen vom Unter-
schied in der Sprache, die keinerlei Spur des Bilderreichthums Philo’s
an sich trägt, ist der Anschluss ein vollständiger. Die Philoexcerpte
sehliessen zunächst a. a. OÖ. mit einem Hinweis auf den grossen
zwischen Philosophen herrschenden Widerspruch der Ansichten. Erst
nach dieser Stelle gelangen die im Anfang versprochenen, gegen die
Möglichkeit einer Erkenntniss gerichteten, Einwendungen zur Darlegung,
! Gell. n. att. 11,5: utrique enim (Pyrrhonii et Academici) szerrızor, Epezrızat,
@rogyrızeı dieuntur. Vergl. Divg. L. pr. 16. IX, rı.
2 So richtig Sımoxioes, ov Mar.
® Ganz in derselben Bedeutung und zwar in derselben Form wird das Wort
gebraucht bei Meletios de nat. hom. in Cramer’s Anecd. ox. B. III S. 5, 19, in einer
gegen die griechischen Philosophen gerichteten Stelle.
1182 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
und zwar so, dass es sich um eine blosse Fortsetzung zu handeln
scheint.
Ü E} \ ER. 7 \ m \ DE In \ U
5: Ada TI av TIs EImoL mEpL TOoU YEvumrov N Ayevvyrov EIvdL Tov KOOMov,
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zul 76 um Öduvaodeı mapsxreweoten dmeipw Ypovw Mpoveie' xal Tpirov, orı umde
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on Omen: xaı dmadys' 6 yap oUd oAws Eye yeveoews Apumy oud av
&v or wore Karraoreum pSapas" oUxodv Erı mpooTamıas deiraı“ ro dE yevuy-
vov, er eirep ar more Xaovos more KorWos oUx A, " dMErNS Tuv KaAAloTWV
av 5 Seos Exwv N dduvaros, uv ouderepov ocıov Emi Jeoü" To TE ydp ExrovTa
a N: \ \ n m east > ‚ > ’ NORN
zaSyouyalew x wm Bovreodoı xooueiv Tyv VAN dusheids EOY,drys' To de
n.t ’ von V N 2 B \ / /
Bovreodaı uev, un duvaodaı de, ddvvanızs. "Erı de zul 5 mepl XıwyoewWs Aal Kpd-
[7 Ä vn r cr > t .e \ 1
Gews uevroi xal 6 mepl Duxns Acyos oUTWs EOTi Waremos, Ws moAAd mpdyuare
‚ n I
mapey,eıv Tols dıAonobaıs.
Den Zusammenhang unterbricht von neuem ein kurzes Excerpt
aus Philo, und zwar das letzte, worauf am Ende von $5 die aus
dem vorstehenden sich ergebende Schlussfolgerung der Akademiker
und gleich darauf ihre Widerlegung folgt.
> ER, DD Nase x \ e r =
oöx einorws olv To Emenyew doxei, AAN xaı Auav apuogovrws‘ xl Tadre
nEv &% ToAAUV xl Uaxpuv onIya Kol Bpaysa Fuvanyayövres mapeIeueda.
86. Tlpo« raura de mavra dvremaiyonev” nuels Aoyous Bpanveunnabevs
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5 es ’ a > ' > \ 02 67 3 n \ ‚ 4
EbEXTIXWV Aoyov OTL ararwusda. Ei ydp EITW cTL arısüs za Beharws yırw-
el a „ \ n ı e > L > \ „ e/ Er
oxw orı Öl, TI mpos Taura dyası 6 Ebexrixos; Ei Yap eima oTı araraudı
wm c / Ä N \ c > ! z 3 NN 3% DIR EN:
radra ümoraubavwv, \bevoerdi, xal yap 0 amarwusvos CH‘ ei de I0wWs £pel,
< / a m > c/ ’ ou n ‚ « a ' !
erı xadevdeis nal dryvosis za Ev Umvw Brereıs amep PAemeis,’ aav rourw ev-
N r \ \ r r 92 Ne ce n > E77] du ’
deraı mpodyAws' xal Yap © xaseudwv CH xal 6 dyvouv' Ei de eimol, OTI aim
> DS e ’ IN \ e / Is NZ „
al dyvoels, omolws \Devdera Kal yap xl 0 mamwomevos Ch" oVdemorE dpa dime-
es 5 r ‘2 £ / AV & \ 2) N = \
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Gdı” 0 ya Aeyuv olda Euaurov or a Ev mevra Asyen ei de emo oldd uaurev
eidevan orı Cu, dvo Öymeu Asyeı ei de eimaor mar, orı oda Taura do, Tplrov
NW Ei ’ >14 N NS Mi 7 O_r. N 4 N 4
Eidevaı EOTIV" OVdE DE ÖUVvATaL Kal TETAPTOV TOODSEIVdL Kol TEUTTOV, Kal TOUTO
! Cicero de deor. nat. I. 35. 100: tu quod opus tandem magnum et egregium
habes, quod effeetum divina mente videatur, ex quo esse deos suspicere.
@ Re SIMONIDES, AUTUTRYOr.EV Mar.
Ähnlich bei Arrian Epiet. diss. TR. 5,6 (überschrieben rg0° Foüs "Azaönueizovs)
86: zurahuBare is, or Eyomyogas; ev, dbrriw: oude yag Orar 2v role Urvas bavralwmaı
3
ori Eygmyozaz. oudev our Ötcebe gs um r parrarıc Ereimg; cube.
% ouse Maı.
Heırz: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 1183
Em dmeıpov Kupiset, ws eipmran ei 1 Ö& eimn mar, orı old Euaurov Aal Ovre
za Luvre Kal voodvra Tig dv Ey,wv vodv aupiBanneı; mayTes yap EdUTOUS Yı-
vWOKoUGı Kal voodvras zul Cüvras zul ovras, xl oUdevi EoTıv dunpiSoro ro
UMTE TIvd vociv ToV (un) Cure, wre wa Liv Tov ur Dura‘ Emolevov pe
Towuv Eori ul eivaı xal nv Töv voovvra.! "Erı Ierovras &avrovs YwWozaucı
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Aeraı' ei duorageı a ei dıoraleı xpiver" 6OTis Yolv Ev Erepois dio rafeı,
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’ dumm uviornoiw Mulv‘ 00x voey ToUs mpumv 'Yeyavoras duSgumous xal Ta
Tüv reiruv &pya xal ra 2a” Endormv 0ev Önmore dmayyennoueva‘ 00x io ev
ev TIOL Tomas Kal Ex Tivwv duögumu Eduuev" Tara Ya mavta Kal Ta Tourals
FapamIno1a Tais Erepwv Erisreiganen Moprupiaıs. xl TaUTe Ev Ev TouTes
mepi ÖE Tuv Erepwv Ev Tols EUTPOONEVv buSnoeran.
Wie man sieht bildet die Vereinigung dieser, drei von einander
getrennten Abschnitte ein zusammenhängendes und wohlabgerundetes
Ganzes. Dasselbe dient nun den aus Philo entnommenen Auszügen
gleichsam zum Rahmen, indem es zugleich die Widerlegung der in
denselben ausgesprochenen Ansichten enthält. Dass diese Verbindung
einer gewissen Berechtigung nicht entbehrt und nieht ohne Geschick
gemacht ist, wird man zugestehen müssen. Schon äusserlich gibt
sich die Übereinstimmung hinreichend kund. Der ausdrücklichen
Erwähnung der Ephektiker auf der einen Seite, entspricht bei Philo
die an zwei Stellen sich findende Empfehlung des ereyew.” Selbst-
2 vouv Mar.
2 Vergl. die Definition der Philosophie bei Ps. Galen hist. phil. 5 (Diers, Doxogr.
P- 630 2)E zarann. IS Sera TE acc auSgn yrtvuv meayuarun,
IS 386 Manc. ($ 4): ri av em Aoımov, „ 0 emeye zw avayrcor; 8.387 (8 5): ce
de me 27 zn roU AyaST ou av rerıcı (ci de megi Fou ayas FRE rel davresies Mai), ag oUx
1184 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist.-Cl.) vom 12. Dee.
verständlich erstreckt sich aber diese Ähnlichkeit mit der dureh
Philo benützten Quelle nur auf den kleinsten Theil des in Frage
stehenden Exeerpts. Hat Philo aus der Schrift eines Skeptikers. ge-
schöpft, so muss dagegen dieses aus einem der Bekämpfung und
_ Widerlerung skeptischer Ansichten gewidmeten Werke geflossen sein.
Auch ein anderer Unterschied mag noch insofern stattfinden, als die
bei Philo zu Grunde liegende Schrift einen strenger wissenschaftlichen
und schulgereehten Charakter getragen zu haben scheint. während die
Darstellungsweise der anderen vielleicht eine mehr populäre gewesen
ist, etwa derjenigen ähnlich, die uns in Arrian’s Unterredungen
Epiktet's entgegentritt.
Die nächste Frage wird nun die sein, an welche Schrift zu
denken ist. Nicht eben viel gefördert wird ihre Lösung durch die bei
Bernays a. a. 8.351 gemachte Bemerkung, es sei das gangbare, aus
Lucretius (IV, 385 — 475) Cicero’s akademischen Büchern und Sextus
Empiricus bekannte Beweismaterial beigebracht. Dies mag vollständig
richtig sein, die Besehränkung auf die Darlegung der neuakademischen
oder skeptischen Behauptungen vorausgesetzt. Dagegen trifft es weder
die Widerlegung noch insbesondere auch den gegebenen Wortlaut. Und
daran, dass dieser nicht ebenso getreu wiedergegeben sein sollte, wie es
in allen übrigen Theilen der Schrift des angeblichen Herennios der Fall
ist, lässt sich auch nicht einen Augenblick zweifeln. Der Beweis
hierfür liegt meines Erachtens gerade da, wo man ihn am wenig-
sten suchen sollte, nämlich in den anscheinend auf das Werk des
Herennios selbst gehenden Verweisungen zu Anfang und zum Schluss
des $7. So: gut wie in den oben bereits angeführten Beispielen,
sind auch die Worte: r4 &v 7@ devrepw zedaraım eiprueva und ep de
Talv ErEowv Ev Tols EuTpooIev inSnoerau einfach mit abgeschrieben. Je fester
dies von vornherein steht, um so überflüssiger kann der ausdrückliche
Hinweis darauf scheinen, dass so wenig wie das II. Capitel der
Schrift des Herennios gemeint ist, so wenig irgendwo später die in Aus-
sicht gestellten weiteren Ausführungen zu finden sind.
Woher aber nun der angebliche Herennios diesen Theil seines
Werkes genommen hat, dies zu entdecken ist mir trotz aller Nach-
forschungen nicht gelungen. Dass es sich um eine der Bekämpfung
der Skepsis gewidmete Schrift, oder wenigstens um eine solche
handelt, die eine ausführlichere darauf bezügliche Polemik enthielt,
haben wir bereits gesehen. Als ihr Verfasser darf wohl unbedenklich
> e n. a > m 197 N ”. * > \
Ereyzw (Umeysw Mar) 1402.ARov 7 omoRoysiv Cualovreı; Schon früher S. 383 $ ı steht: eg:
undevos Evdoselovros Zreygw. Vergleichen liesse sich allenfalls noch die Erwähnung der
> ’ - & « FR
@zararnbie bei Philo mit zaraambıe.
Herrz: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 1185
ein Stoiker vermuthet werden. Gegen einen solchen scheinen die
Einwendungen der Akademiker gerichtet, wie dies aus dem, was
über die Gottheit, die Vorsehung gesagt wird, hervorgeht, besonders
aber aus solchen Ausdrücken wie z. B. xooueliv ryv UA. Ebenso er-
folgt die Widerlegung vom Standpunkte der stoischen Lehre, wozu
es auf das zu verweisen genügt, was über die zureanbeıs gesagt wird.
Auf weitere Vermuthungen mich einzulassen, erscheint mir kaum rath-
sam. Istes doch leicht möglich, dass andere in der Auffindung der
von mir vergeblich gesuchten Quelle besseren Erfolg haben. Nur
darauf mag noch aufmerksam gemacht werden, dass sie möglicherweise
in noch ganz später Zeit zu suchen ist. Gehört doch zu der ver-
hältnissmässig sehr geringen Anzahl von Schriftstellern, bei denen über-
haupt von Ephektikern die Rede ist, Theodoros Metochita, der im
ı3. Jahrhundert gelebt hat. Das 61. Capitel seines Sammelwerks 8.370
m
. - . 7 > „ a r f AN w
ist überschrieben: "Orı oüx e£w Aoyou Tavramacı doEeıev dv Eivadı TA TWV
"Eoexrrixuv Evavrıuusvav mpos mäcav zararmlw, xaı orı IMdruv xaı Zur
xpairns dpyas eis rer edwxav, und kurz darauf heisst es mi reis "Eexrixois
xrSeinı Tuv xara dıRovabiar.
Ob nun aber die Schwierigkeit, die zu lösen wir nicht vermocht
haben, ihre Lösung von anderer Seite findet, bleibt ohne Einfluss auf
das gewonnene Ergebniss. Und hier wird es erlaubt sein noch einen
Schritt weiter zu gehen. Nach allem bisher gesagten, wird man sich
des Eindrucks kaum erwehren können, dass in der Schrift des an-
geblichen Herennios eine ähnliche Fälschung vorliegt, wie sie zu
jeder Zeit von Griechen in gewinnsüchtiger Absicht versucht worden
sind. Dies zugestanden wird man nicht länger im Zweifel darüber
sein können, woher der Name »Herennios« stammt. Er ist einfach
in leicht erkennbarer Absicht mit Rücksicht auf die bekannte bei
Porphyrios im Leben Plotins sich findende Erzählung gewählt worden.
An der Schwierigkeit, dass dieser Schüler des Ammonios bedeutend
älter gewesen ist, als die im Werke angeführten Porphyrios und
Jamblichos wird man dabei ebenso wenig Anstoss nehmen, als an
der Unmöglichkeit Herennios könne sein Werk als Metaphysik be-
zeichnet oder überhaupt diesen Ausdruck gebraucht haben. Nach den
bereits angeführten Beispielen können einige Versehen mehr, und
mögen sie auch zu denen gröbster Art zählen, nichts an der That-
sache ändern, dass die Unwissenheit des betreffenden Fälschers seiner
’o
x Cap. BE "Eaewvis de za Rpeyeveı zu rurivy FuvSnav DE eyovunv z undev Erz
Aumrew Fuv Aununiou doymarun, & ön ev ToIG drgouserw aurois quenenwTugro, Eunzve Ha
& Hawrivos FW WEv FTırı raw mgosıoVTuw, Fnowv de AvEAmusTe 7 muge Too Auumviou
;
T a] -
doynare. "Egsvviov d& maWroU Tas FuvIrzeS mugaQavros, "Rgeyerns nv HRoAoUSTer zu
; - ,
pIaravrı Eogsvviw.
Sitzungsberichte 1889. 104
1186 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
Frechheit vollständig die Wagschale hält. Ihn zu entlarven dürfte
vielleicht nicht unmöglieh sein, wenn es auch kaum der Mühe lohnt.
Wäre es erwiesen, was wahrscheinlich ist, dass sich keine über die
Mitte des ı6. Jahrhunderts hinausreichende Handschrift findet, so
wüsste ich niehts dagegen einzuwenden, wenn Jemand unter der
Maske den berüchtigten Andreas Darmarios vermuthete. Vieles ist
es in der That was gerade auf ihn hinzuweisen scheint. Er ist es,
von dessen Hand die beiden in München befindlichen Handschriften des
Herennios geschrieben sind', und höchst wahrscheinlieh rühren noeh
eine Anzahl anderer ebenfalls von ihm her. Vertraut ist er ausser-
dem mit den meisten der zur Compilation benützten Schriften gewesen.
Von seiner Hand ist eine in der Bibliothek des Eseurials befind-
liche vom Jahr 1570 datirte Handschrift des Werks des Georgios
“ Pachymeres über Aristoteles,” ebenso eine der in Paris befindlichen
von Proklos Parmenides-Commentar ,” während er den Damaskios jeden-
falls mehr als einmal abgeschrieben hat. In Bezug auf die den Namen
des Alexander Aphrodisias tragende Schrift lässt sich die Sache nieht
feststellen, da überlıaupt eine Handschrift derselben nicht mehr vor-
handen zu sein scheint.‘ Dagegen aber ist die Möglichkeit einer
Benutzung der bereits im Jahre 1535 erschienenen Ausgabe des
Trincavelli in keiner Weise ausgeschlossen. Somit bliebe nur das
IV. Capitel übrig, für welches der betreffende Nachweis schon deshalb
Schwierigkeiten bietet, weil es kaum ein vollständiges Verzeichniss
der Philohandschriften gibt. Zu diesen allerdings nur einen gewissen
Grad von Wahrscheinlichkeit bedingenden Gründen treten aber noch
andere hinzu, selbst wenn wir darauf kein Gewicht legen wollen, dass
Marsiglio Fieino und seine Zeitgenossen von Herennios Werk offenbar
nichts gewusst haben. Nicht geringe Ähnlichkeit mit der in Frage
stehenden Fälschung bietet der unter Damaskios Namen unzweifelhaft
hauptsächlich aus Galen zusammengestellte Commentar zu den Aphoris-
! Die Richtigkeit dieser bereits bei Harpr cod. 302 und 341 sich findenden und
auf die Ähnlichkeit der Schriftzüge sich stützenden Angabe, ist mir von Prof. Schörz
bestätigt worden. Die Handschrift, auf welcher Mars Ausgabe beruht, ist der Vati-
canus 1442. Nach der mir gütigst von Prof. Mau ertheilten Auskunft ist sie gleich-
altrig mit cod. Vat. 1036, beide aber so jung, dess sie füglich erst dem ı7. Jahrhundert
angehören könnten. In beiden findet sich die Capiteleintheilung. Die von uns grösserer
Bequemlichkeit wegen beibehaltene vielfach höchst sonderbare Eintheilung in Para-
graphen rührt von Mar her. Grosse Ähnlichkeit mit Vat. 1442 zeigt eine nicht näher
beschriebene Handschrift bei Mırzer, Catalogue des Manuscrits grees de la bibliotheque
de l’Escurial, p. 326, insofern beide, ansser dem Werk des Herennios, den Commentar
des Prokopios von Gaza zum Hohenlied enthalten.
2 MıızerR, a. a. 0. p. 4.
® Catal. codd. M. Bibl. reg. Paris t. II, 499. cod. MDCCEXXXV,
* Vergl. die Vorrede von L. SpEnGEL.
Herız: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 1187
men des Hippokrates. Auch hier handelt es sich um einen blossen Cento,
als dessen Urheber Dietz, anscheinend völlig mit Recht, Darmarios ver-
muthet hat." Wie es sich mit einer ganz denselben Eindruck machenden
Sammlung verhält, Libellus synodicus, die zuerst von dem Strassburger
Theologen Pappus, der sie von Darmarios im Jahre 1585 erworben
hatte, dann von Fabrieius in der Bibliotheca graeca zum Abdruck
gebracht worden ist, und von der eine Handschrift ebenfalls von
Darmarios im Jahre 1571 in Valladolid geschrieben, in München vor-
handen ist,” darüber mag von Anderen entschieden werden. Mit der
Annahme, Darmarios sei der Fälscher gewesen, würde man ihm keines-
wegs zu nahe treten. Sie entspricht nur dem, was kaum ein halbes
Jahrhundert nach seinem Tode, wie es scheint, von völlig berufener
Seite geurtheilt worden ist. Der häufig angeführte Schluss” dieses
Urtheils ist folgender: »Ita scelestus erat Andreas Darmarius Epirota,
ut nihil illi eredere debeamus, nee titulis eius«.
Anhang.
Uber die in Samos um das Jahr 1604 gedruckte Ausgabe
des Herennios.
Wie aus einer Anmerkung Usener’s zu Bernays kl. Abh. BI
S. 348 hervorgeht, war Letzterer bald nach dem Erscheinen seines
Aufsatzes, durch Prof. Dr. Hırrer in Braunsberg (jetzt Domcapitular in
Frauenburg), von der Existenz einer im XV]. Jahrhundert gedruckten
und mit einer Übersetzung von Sımox Sımoxives versehenen Ausgabe
der Metaphysik des Herennios in Kenntniss gesetzt worden. BERNAYS
ist es nicht geglückt, den betreffenden Druck näher zu prüfen. Da
mir derselbe, Dank der Liebenswürdigkeit des Oberbibliothekars Hrn.
Prof. Barack und des freundlichen Entgegenkommens der Krakauer
! Apollonii Cit. et aliorum scholia in Hippocratem et Galenum t. II praef.
p- XI s.
2 Vergl. Harpr N. 245, wo darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Münchner
Handschrift weniger enthält als der gedruckte Text.
® Bei Murarorı Ant. Ital. t. III p. 927 heisst es: Est mihi Catalogus ms. rariorum
codicum graecorum manuseriptorum in Bibl. Escor. quem Davidus CorvırLus Scotus,
vir doctissimus ante hos annos centum exaravit. Folgt alsdann unter Anführung der
eigenen Worte Corvırr's, über den ich nichts näheres zu ermitteln vermag, ein längeres
von ihm aufgestelltes und mit den a. W. schliessendes Sündenregister des Darmarios.
Wenn das Urtheil gewöhnlich dem Murarorı beigelegt wird, so geschieht dies in Folge
der bekannten leidigen Citatenvererbung. In dem vorliegenden Falle ist sie um so
misslicher, als leicht hie und da aus Corvırr's Angaben hätte Nutzen geschöpft werden
können.
1188 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
Universitätsbibliothekverwaltung vorliegt, bin ich in der Lage Folgendes
über denselben zu bemerken.
Das Exemplar gehört zur Bibliotheca Jagiellonska. Es trägt auf
der roth gefärbten Pergamentdecke das betreffende Wappen mit der
Notiz: »klasyey polsey. N. 2ı2 ad cimelia«. Titel und Vorrede sind
nieht vorhanden. Die erste Seite beginnt mit der Überschrift "Egewicu
pıro|schpev EEnynois eis ra|uere ra puoıxa und darunter Herennii philo-
sophi|enarratio in metaphysiea Simone Simonida interprete. Dem Texte
steht die lateinische Übersetzung auf den einzelnen Seiten gegenüber. Von
der bei Mar vorhandenen Capitel- und Paragrapheneintheilung findet sich
nur insofern eine Spur, als mit einziger Ausnahme des II. Capitels der
Anfang aller übrigen durch einen Absatz bezeichnet erscheint. Trotz
zahlreicher Druckfehler wäre der Text nichtsdestoweniger zur Ver-
besserung des Marschen geeignet. Besonders hat er nicht die vielen
bei Mar durch Homöoteleuten entstandenen und eher durch den Heraus-
geber als durch den Schreiber veranlassten Lücken. So steht richtig
II. $ 1: Tas doxas Tas dxporaras statt Tas anporaras, $ 2 nach diabepovros
das nothwendige x& un diabepovros, $ 3 pIoyyas ITeı zul dAAMAaıs -eioiv
iscı statt einfach &Soyyas iscı und Ähnliches häufig. Bei Sımoxıpes
fehlt hie und da der Artikel oder einsilbige Partikeln: bloss an einer
Stelle ist durch ein Druckversehen die Schlusszeile von S. 64 ausgefallen,
während die Übersetzung ohne die betreffende dadurch entstehende
Lücke ist. Die völlige Übereinstimmung beider Texte ergibt sich aus
einer Reihe gemeinsamer Fehler. So Capitel II 2: &rorsuuayugovow
und gleich nachher rersuuayıouevov, $ 7: iDußorws, $ 8: ameAmrouoa
(statt dvedirrouca), $ 9: &viodoı (statt dviücı), $ıı, wo Mar an Stelle
der durch Proklos gebotenen evurwv, apa Any liesst, bietet SımonIDEs
&rrıxwv, $ 32 (S. 556 Mar 62 Sm.), wo eine, zwei Zeilen umfassende,
durch das zweimal wiederholte &rsırzzıs &reıpa veranlasste Dittographie
bei beiden steht. Als Herausgeber gebührt Smmonxipes jedenfalls der
Vorzug, wenn er auch mit der leicht begreitlichen Ungeübtheit seiner
Setzer einen vergeblichen Kampf geführt zu haben scheint.
Wie erklärt sich nun die vollständige Verschollenheit dieser Aus-
gabe, die selbst in der Polnischen Bibliographie des XV.—XVlI. Jahr-
hunderts von Kar EsTREICHER, Krakau 1883, keine Erwähnung ge-
funden hat? Der Grund liegt offenbar darin, dass sie unvollendet
geblieben und deshalb nie zur Veröffentlichung gelangt ist. Bestätigt
wird diese Annahme zunächst durch eine in allerneuester Zeit auf dem
Vorsatzblatt eingetragene Notiz in polnischer Sprache, wonach ein
völlig ähnliches Exemplar ohne Titel und Ende in der Bibliothek Em
Össolinskich in Lemberg vorhanden ist. Noch entscheidender sind
die vom ersten Besitzer, dessen Namen: »Simonis Broscii 1630«, am
Herrz: Die angebliche Metaphysik des Herennios. 1189
unteren Rande der ersten Seite mit rother Tinte. geschrieben steht,
offenbar gleichzeitig am unteren Rande der 160. und letzten Seite ein-
gezeichneten Worte: »plura non edidit«. Simon Broscius, der um
die Mitte des ı6. Jahrhunderts Professor der Theologie in Krakau
war,' hat ohne Zweifel Simon Simonides persönlich gekannt und war
also mit den Verhältnissen vertraut.
Am Texte selbst fehlt kaum mehr als eine halbe Seite bei Mar.
Er schliesst mit den dort S. 593 stehenden Worten: reraprev örı Ta.
Zur Vervollständigung des Drucks hätte es jedoch noch mehr als
bloss eines Blattes bedurft, da der Herausgeber Anmerkungen bei-
zufügen beabsichtigte. S. ı5 findet sich eine Lücke in der Über-
setzung, in der die cursiv gedruckten Worte stehen: Locus corruptus.
Vide in notis. Eine ähnliche Lücke, aber ohne die betreffende An-
merkung, kehrt S. 72 wieder. Ob die Anmerkungen deshalb nicht
zu Stande gekommen sind, weil inzwischen Smosipes den Betrug
entdeekt hatte, wäre immerhin denkbar, besonders, da wie dies einige
Proben gezeigt haben, er keineswegs des nöthigen Scharfsinns ent-
behrte. Damit aber wäre auch der Grund angegeben weshalb der
Druck unveröffentlicht blieb, wenn auch selbstverständlich noch eine
Reihe anderer Ursachen dabei im Spiele gewesen sein können.
Als das Druckjahr hat Hırrer in der oben erwähnten Mittheilung
1596 angegeben. Seit der Zeit, zu welcher er das Exemplar in Händen
hatte, ist demselben in derselben Schrift, wie die Notiz über das zweite
in Lemberg vorhandene Exemplar, die Bemerkung beigefügt worden:
»Editio Samosei eirca 1604. Vide Epiphanii oratio in sepulturam
corporis Domini nune primum in Jucem ed. ex Bibl. Sim. Simonidae.
Samosei Mart. Lenseius MDCIV.” simil. charaect. graeco.« Ob nun
Herennios vor oder nach dieser Rede des Epiphanios in den Druck
gegeben worden ist, dürfte sich schwer entscheiden lassen, man müsste
denn geneigt sein, zu Gunsten der letzteren Ansicht den Umstand
geltend zu machen, dass im Drucke des Herennios von der zweiten
Hälfte ab im Texte statt des griechischen Fragezeichens das lateinische
gebraucht wird, eine Neuerung, die im Drucke des Epiphanios nicht
vorhanden ist.
! Die Zahl seiner bei Aperung in den Nachträgen zu Jöcher verzeichneten
Schriften lässt sich mit Hülfe der o. a. Polnischen Bibliographie erheblich vermehren.
2 Ähnlich lautet der Titel in der a. Poln. Bibliographie und früher schon bei
Ebert. Weshalb bei Fabricius b. gr. steht: auspieiis Sim. Simonidae cancellarii regni
Poloniae, weiss ich nicht. Die Gesammtausgaben des Epiphanios geben die betreffende
Rede nur nach dem polnischen Druck. Obgleich sie unecht ist, wogegen schon der
erste Herausgeber sie in der Vorrede in Schutz zu nehmen sucht. ist sie nicht, wie
man vermuthen könnte, gefälscht. Bei Mırrer z.B. a. a. O. S. ı81 wird eine Hand-
schrift aus dem 9. J. angeführt.
Sitzungsberichte 1889. 105
1190 Gesammtsitzung vom 19. Dee. — Mittheilung (phil.-hist. Cl.) vom 12. Dee.
Über Sımov Smonipes lässt sich nur wenig ermitteln. Nach
den Angaben bei Srarovorscı, Scriptorum Polonieorum &xarovrds, seu
centum illustrium Poloniae scriptorum elogia et vitae, Ven. 1627, auf
denen der Artikel Bavye’s zum grössten Theil beruht, war Sımonıpes
in Lemberg geboren und studirte m Krakau; später begab er sich
nach Belgien und Frankreich. Was die Angabe betrifft a. a. 0.8. 222:
»bibit e sacris illis pectoribus Scaligeri, Corneli, Hunnii, Turnebi
aliorumque hianti ore abditae doctrinae fontes,« so ist es kaum erklär-
lich, wie jemand den im Jahre 1565 gestorbenen Adrianus Turnebus
und, zu gleicher Zeit, den damals noch ziemlich unbekannten und
ausserdem auf Reisen ausserhalb Frankreichs sich aufhaltenden Jos.
Scaliger gehört haben kann. Wer die drei übrigen sind, weiss ich
nicht zu sagen. Nach seiner Rückkehr wurde Sımoxipes von J. Za-
moiski zu seinem Seeretair ernannt. Später in den Ritterstand erhoben,
erhielt er vom Papste Clemens VIII. den Dichterlorbeer. Als Dichter
genoss SımoNIDES einen grossen Ruf: wie behauptet wird, soll ihn
J. Lirsıus mit keinem Geringeren, als Catull verglichen haben. Die
1617 zu Leyden erschienene Sammlung seiner Gedichte Sim. Simonidis
poemata aurea... edita ex bibliotheca Ioachimi Morsii, enthält ausser
verschiedenen seiner Briefe, an ihn gerichtete Lobgedichte. Grosse
Lobsprüche werden Simonides von Grore Dousa ertheilt, der ihn in
Lemberg aufsuchte, ebenso von dessen Vater Janus Dousa. Vergl.
G. Dovsar. de itinere suo Constantinopolitano, ex off. Plant. 1599 S. 14
und ı29. Ebendaselbst stehen S. ı3ı und 133 zwei, mit Ausnahme
vielleicht der Worte: si quid librorum MSS mea causa comparasti,
ziemlich inhaltlose Schreiben des Smoxiıpes, die an den in Constan-
tinopel befindlichen G. Dousa gerichtet sind.
Ausgegeben am 9. Januar 1890.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei
VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
ERSTES VIERTELJAHR.
(Die Schriften, bei denen kein Format angegeben ist, sind in Octav.)
Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher.
Heft XXIV. N.23. 24 und Titel und Register. Heft XXV. N.1--4. Halle
1888. 1889. 4.
Abhandlungen der math. physik. Classe der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Bd. XVI. Abth. 3. — der hist. Classe. Bd. XVIlI. Abth. 2. München 1888. 4.
Sützungsberichte der math. physik. Classe der K. B. Akademie der Wissenschaften zu München.
1888. Heft III. — der philos. philol. Classe. 1888. Bd. II. Heft III. München 1889.
Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu
Leipzig. Philol. hist. Classe. 1888. II. IV. Math. phys. Classe. 1888. I. 1.
Leipzig 1889.
Abhandlungen der math. phys. Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Bd. XV. N.I.I. Leipzig 1889.
Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg - Augusts - Universität
zu Göttingen. 1888. N. 11—17 nebst Titel und Register. Göttingen 1888.
Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Jahrgang 1888.
Berlin 1888.
Preussische Statistik. XCVIII. Berlin 1889. 4. ö
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate. Bd. XXXVI.
2. Statistische Lieferung. Bd. XXXVI. Heft1. Berlin 1888. 1889, 4.
Blektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. X. 1889. Heft I—VI, Berlin 1889.
Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XVII. Ergänzungsband II. IV. Bd. XVII.
Heft 1. Berlin 1888. 1889.
Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. 21. N. 18. Jahrg. 22. N. 1—5.
Berlin 1888. 1889.
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1883. Jahrg. XXXIX. Abth. 1. Berlin 1889.
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. XVII. Jahrg. 1886. Heft 1. 2.
Berlin 1888. 1889.
Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. XL. Heft 3. Berlin 1888,
Veröffentlichung des K. Preuss. Geodätischen Institutes. Astronomisch - geodätische Arbeiten.
I. Ordnung 1886/87. Berlin 1889. 4.
Das Märkisch- Thüringische Dreiecknetz. Berlin 1889. 4.
Beobachtungs- Ergebnisse der K. Sternwarte zu Berlin. Heft 4. Berlin 1888. 4.
Übersicht über die Geschäftsthätigkeit der Aichungsbehörden während des Jahres 1887.
Berlin 1888. 4.
Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel. Bd. VII. Heft III und IV.
Berlin 1888.
Sitzungsberichte 1889. A
(2) Verzeichniss der eingegangenen Druckschaften. Erstes Vierteljahr.
Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. III. 1883. Heft 4.
Berlin 1889. 4.
Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Abtheilung. Bd. XII.
Heft 3.4. Athen 1888. — Römische Abtheilung. Bd. Ill. Heft 4. Fase. 4. Rom 1888.
Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten über die physikalischen Eigen-
schaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1887. Heft X— XI.
Berlin 1889. 4.
Mittheilungen der Geschichts- und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes. Bd. 10.
Heft 1. Altenburg 1888.
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde
von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften. Bd. VII. Freiburg
im Breisgau 1888.
24. Bericht der wissenschaftlichen Gesellschaft Philomathie in Neisse, zugleich Festschrift zur
Feier des 50 jährigen Bestehens. Neisse 1888.
Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig - Holstein. Bd. VII. Heft 2.
Kiel 1889.
Astronomische Nachrichten. Bd. 120. Kiel 1889. 4.
Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preussischen Rheinlande. Jahrg. 45. Folge 5.
Jahre. 5. Hälfte 2. Bonn 1888.
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. Jahrg. 1—7. 1878—1884. Jahrg. 9. 1886.
Hamburg 1878 — 1887. 4.
Monatliche Übersicht der Witterung. Jahrg. 1—12. 1876—1887. Hamburg. 4.
Meteorologische Beobachtungen in Deutschland von 25 Stationen II. Ordnung. Jahrg. 1—9.
Hamburg 1880 — 1888. 1878— 1886.
Resultate meteorologischer Beobachtungen von deutschen und holländischen Schiffen für Ein-
gradfelder des Nordatlantischen Oceans. N. 1—7. 1880—1887. Hamburg. 4.
Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. Heft I. II. Hamburg 1887. 1888. 4.
Täglicher autographirter Wetterbericht. Jahrg. 1888. Hamburg. 4.
Monatsbericht der Deutschen Seewarte. 1888. Jan.-Oct. Hamburg. 4.
Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1887. Jahrg. X. Hamburg 1889. 4.
Mittheilungen der Mathematischen Gesellschaft in Hamburg. N.9. 1889. Hamburg.
Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein für Neu-Vorpommern und Rügen in
Greifswald. Jahrg. 20. Berlin 1889.
Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 31. Würz-
burg 1888.
Jahresbericht des historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg für 1887.
Würzburg 1888.
‚Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr
1886/87. Frankfurt a. M. 1888.
Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 42. Heft 4. Leipzig 1888.
Mittheilungen aus dem germanischen Nationalmuseum. Bd. I. Heft 2. Jahrg. 1888.
Nürnberg.
Anzeiger des germanischen Nationalmuseums. Bd.1I. Heft 2. Jahrg. 1888. Nürnberg.
Katalog der im germanischen Museum befindlichen deutschen Kupferstiche des XV. Jahr-
hunderts. Bearbeitet von Dr. M. Leurs. Nürnberg 1888.
Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 23. Heft 3. 4. Leipzig 1888.
Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 64. Heft 2. Görlitz 1888.
Hedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXVIII. 1889. N.1. Dresden.
Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bd. 14. Heft 2.
Hannover 1889.
u
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (3)
Bulletin mensuel de la Societe des sciences, agriceulture et arts de la Basse- Alsace. T. XXI.
1888. Fasc. Dec. T. XXIII. 1889. Fasc. Janv. Fevr. Strassburg 1888.
®=Pomrow, H. Beiträge zur Topographie von Delphi. Berlin 1889. 4. 2 Ex.
Die Venusdurchgänge 1874 und 1882. Bericht über die Deutschen Beobachtungen. Heraus-
gegeben von A. Auwers. Bd. 2. Die Beobachtungen der Expeditionen von 1874.
Berlin 1889. 4.
J. von FRAUNHOFER's gesammelte Schriften. Im Auftrage der math. physik. Classe der
K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Herausgegeben von E. Lomner.
München 1888. 4.
Freischer, H.L. Kleinere Schriften. Bd. 3. Leipzig 1888.
v. Hormansn, A. W. Zur Erinnerung an vorangegangene Freunde. Bd.1.2.3. Braun-
schweig 1888.
Korr, H. Über die Molecularvolume von Flüssigkeiten. Leipzig und Heidelberg 1889.
Sep. Abdr.
Levois, F. Triton helveticus und Rana agilis. Würzburg 1888. Sep. Abdr.
— —. Pigmente der Hautdecke und der Iris. Würzburg 1888. Sep. Abdr.
— —. Das Parietalorgan der Reptilien und Amphibien kein Sinneswerkzeug. Erlangen
1889. Sep. Abdr.
— —. Über Argulus foliaceus. Würzburg 1888. Sep. Abdr.
BArtERMAnN, H. Untersuchungen über die Gestalt der Bilder und die Theorie der Messungen
ausserhalb der optischen Axe von astronomischen Instrumenten. Kiel 1889. 4. Sep.
Abdr.
ScHLIcHTInG, J. Die Aufgaben der Hydrotechnik. Rede zum Geburtsfeste S. Maj. des
Kaisers und Königs Wırserm Il. Berlin 1389. 4.
Wınkter, H. Weiteres zur Sprachgeschichte. Berlin 1889.
Distenı, M. Die Sremver'schen Schliessungsprobleme. Leipzig 1888.
WesıpuarL, A. Basisapparate und Basismessungen. 1I. Berlin 1888. Sep. Abdr.
BaurFEeLD, E. Das Münzwesen der Mark Brandenburg von «len ältesten Zeiten bis zum
Anfange der Regierung der Hohenzollern. Mit einem Band Tafeln. Berlin 1889.
2 Bde. 4.
SCHREIBER, P. Vorläufige Mittheilung aus’ den Jahrbüchern des K. Sächsischen meteorolo-
gischen Instituts zu Chemnitz. Anhang 2.5. Chemnitz. 4.
Das Römische Lager in Bonn. Festschrift zu Wınckermann’s Geburtstage am 9. Dec.
1838 herausgegeben vom Vorstande des Vereins von Alterthumsfreunden im
Rheinlande. Bonn 1888. 4.
103 Inaugural- Dissertionen der K. Wilhelms- Universität Strassburg aus dem Jahre 1888.
Kurtze vnnd warhafftige Historia, von einer Junckfrawen, welche mit etlich und dreissig
bösen Geistern leibhafftig besessen etc. München, bey Adam Berg. 4.
Sitzungsberichte der math. naturwissensch. Olasse der K. Akademie der Wissenschaften in
Wien. Jahrg. 1888. N. XXVIl N.XXVIH. Titel und Register. Jahrg. 1889.
N. 1. DH. II. Wien 1889.
Übersicht der akademischen Behörden, Professoren etc. an der K. K. Universität zu Wien
für das Studienjahr 1888/1889. Wien 1889.
Die feierliche Installation des Rectors der Wiener Universität für das Jahr 1888/1889.
Am 18. October 1888. Wien.
Mittheilungen der K. K. Central- Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historischen Denkmale. Bd. XIV. Heft 3. 4. (Schluss) Wien 1388. 4.
Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1388. N. 15—18 u. Register. 1889,
N.1. 2. Wien 1888. 1889.
N
4 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr.
segang )
Ärztlicher Bericht des k. k. Allgemeinen Krankenhauses in Wien vom Jahre 1887. Wien
1889.
Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XVII. Heft IV. Wien
1888. 4.
Verhandlungen der k. k. zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1888.
Bd. XXXVII. IH. IV. Quartal. Wien 1888.
Publicatiomen der v. Kurrner’schen Sternwarte in Wien (Ottakring). Herausgegeben
von Dr. N. Herz. Bd. 1. Wien 1889. 4:
Liber diurnus Romanorum Pontificum. Ex unico Codice Vaticano denuo edidit Tr. E.
aB SıckEer. Vindobonae 1889. 8.
Carinthia. Zeitschrift für Vaterlandskunde ete. Jahrg. 78. 1888. Klagenfurt.
Becker, M. A. Hernstein in Niederösterreich. Th. Ill. 1. 2. 1888. nebst Plänen und
Ansichten von Hernstein. 1853—1883. Wien. Fol.
Duvıx, B. Mährens allgemeine Geschichte. Bd. XII. Brünn 1888. h
Descnmann, K. Führer durch das Krainische Landes- Museum Rudolfinum in Laibach.
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Ungarische Revue. Herausgegeben von P. Hunraryy und G. Heınrıc#. 1889. Heft 1. 2.
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Egyetemes philologiai Közlöny. Szerkesztik. Heınrıch, THEWREWK, Ager. 1888. Juni-
Juli. Nov.-Dee. Füzet VI-VII. IX—X. Budapest 1888.
Földtani Közlöny. (Geologische Mittheilungen.) Bd. XVII. Heft 5—12. Budapest
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Viestnik hrvatskoga arkeologickoga Druztva. God X. Br. 1. 2. 3. Zagrebn 1889.
Rad jugoslavenske Akademije zmanosti i umjetmosti. Kujiga XCH. Matematicko -prirod.
Razred. IX, 1.2. Knjiga XCIII. Razredi filot. hist. i filos. -jurid. XXI. Zagrebu
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Journal of the Royal Asiatie Society of Great Britain and Ireland. N. Ser. Vol. XX.
P. IV. London 1888. >
Proceedings of the London Mathematical Society. N. 333— 342. Vol. XIX. London
1888. 1889. ;
Proceedings of the Royal Geographical Society and Monthly Record of Geography. Vol. XI.
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Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. XLIX. N. 2—4. London
1888. 1889.
Journal of the Chemical Society. Supplementary Number. 1888. Vols. LI and LIV.
Title-pages, Contents and Indexes. N. CCCXIV—CCCXVI London 1889.
Abstracts of the Proceedings of the Chemical Society. N. 60—64. Session 1883 —1889.
London.
The (Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XLV. N. 177. London 1889.
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1889. 4. .
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The Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXIX. P.V. Dublin 1889. 4.
Proceedings of the Royal Irish Academy. Ser. II. Vol. I. N.i. Dec. 1888. Dublin
1888.
KoerrLE, S.W. Mohammed and Mohamedanism ceritically considered. London 1389.
von LENDENFELD, R. Descriptive Catalogue of the Sponges in the Australian Museum,
Sydney. London 1888.
Records of the Geological Survey of India. Vol. XXl. P.4. 1885. Calcntta 1888.
Memoirs of the Geological Survey of India. Palaeontologia Indica. Ser. IH, 1. 7.
Caleutta 1887. 4.
Descriptions of New Indian Lepidopterous Inseets from the Collection of the late Mr.
W. S. Arkınson. P. II. Caleutta 1888. 4.
Ra’jendrala’ la Mitra. Notices of Sanskrit Mss. N. XXI. (1886— 1887.) Cal-
eutta 1887.
The Journal of the Bombay Branch of the Royal Asiatice Society. Vol. XVU. N. XLVI.
1837. Bombay 1887.
SHERIDHAR R. BHAnDARKAR. A (Catalogue of the Collections of Manuseripts deposited in
the Deccan College with an Index. Bombay 1588.
Pandita Devi Prasada. A Catalogue of Sanskrit Manuseripts existing in Oudh Pro-
vince for the year 1887. Allahabad 1888.
Results of Observations of the fixed Stars made with the Meridian Cirele at the Government
Observatory, Madras, in the years 1865, 1866 and 1867. Madras 1888. 4.
Journal of the China Branch of the Royal Asiatie Society. Vol. XXI. N. 6. 1887.
Vol. XXIU. N. Ser. N. 1. 1888. Shanghai 1888. 1889.
The Transactions of the South African philosophical Society. Vol. IV. P. I. 2. Cape
Town 1887. 1888.
Payne, F. F. Eskimo of Hudson’s Strait. Toronto 1889. Extr.
The Canadian Record of Science. Vol. Il. N.3. Montreal 1889.
Transactions of the Royal Society of Victoria. Vol.l. P.I. Melbourne 1888. 4.
Natural History of Vietoria. Fr. McCoy. Prodromus of the Zoology of Vietoria.
Melbourne 1888.
Victoria. Mineral statisties of Vietoria for the year 1887. Melbourne. Fol.
The Gold- Fields of Victoria. Report of the Mining Registrars for the quarter ended
30! September 1888. Melbourne. Fol.
Comptes rendus hebdomadaires des Seances de l’Academie des Sciences. T. CVU. 1888.
Sem. 2. N.26. 27. T. EVIHI. 1889. Sem. 1.. N.1—-11. Paris 1888. 1889, 4.
Bulletin de l’Academie de Medecine. Ser. 3. T. XX. Annee 52. N.52. T. XXI.
Annee 53. N. 1—11. Paris 1888. 1889.
Revue scientifique. T. 42. Ser. 3. -Annee VI. Sem. 2. N.26. 1888. T.45. Ser. 3.
Annee IX. Sem. 1. N.1-—12. Paris 1888. 1839. 4.
Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Part. tech. Ser. 11. T.15. Livr. 1.
2. 3. Bart. litt. Ser. »E229:7 Tim. 1.12. 3. Paris 1389.
Compte-rendu des Seances de la Commission centrale de la Societe de Geographie. 1888.
N. 16. 17. 1889. N.1—5. Paris 1888. 1889.
Bulletin de la SocietE mathematique de France. T.XVl. N.5.6. Paris 1888.
Bulletin de la Soeiete astronomique de France. 1° Annee 1887. Paris 1888.
Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Annee Xl. Ser. II. N. 24.
Annee XII. Ser. 2. N. 1-6. Bordeaux 1838. 1889,
(6) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr.
Bulletin de la Societe zoologique de France. T. XIII. N.7. 8. 9. 10. T. XIV. N.1. 2.
Paris 1888. 1889.
Memoires de la SocietE zoologique de France pour l’annee 1888. Annee 1. P. 2. 3.
Paris 1888. 1889.
Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. Il. T. XVI. 1888. N. 6—10. Ser. III.
T.XVI. 1889. N.1. Paris 1887 a 1888.
Memoires de U’ Academie de Stanislas 1887. Annee OXXXVII. Ser. V. T.5. Nancy 1888.
Academie des Sciences et Lettres de Montpellier. Memoires de la Section des Lettres.
T. VII. Fasc. I. Annee 1888. Montpellier 1888. 4.
Memoires de l’ Academie des Sciences, Arts et Belles-lettres de Dijon. Ser. 3. T.X. Annee
1887. Dijon 1888.
Bulletin d’Histoire ecclesiastique et d’Archeologie religieuse des Dioceses de Valence etc.
Annee VII. Livr. 48 —54. 1888. Valence 1887. 1888.
Bulletin de la Societe d’ Etudes scientifiques d’ Angers. N. Ser. — Annee XVI. — 1886.
Angers 1887.
Memoires de la SocietE d’emulation du Doubs. Ser. VI. Vol. 2. 1887. Besancon 1888.
Memoires de la Societe des Sciences physiques et naturelles de Bordeaux. Ser. III. Cah. 2.
Bordeaux 1887.
Bulletin de la Societe d’etudes scientifiques de Paris. Annee 11. 1888. Sem. 2. Paris 1889.
Compte-rendu sommaire des Seances de la Societe philomatique de Paris. N.1. II. 1889.
Paris.
Union geographique du Nord de la France, siege a Douai. Bulletin. T.IX. Mai-Oet.
1888. Douai.
Memoires publies par la SocietE philomatique a l’occasion du Centenaire de sa fondation
1788—1888. Paris 1888. 4.
Bulletin de la Societe philomatique de Paris. Ser. VII. T.XH. N.4. 1887/88. Paris 1888.
Compte- rendu sommaire des Seances de la Societe phiJomatique de Paris. N. 3. 1889. Paris.
Annales du Musee Guimet. Revue de l’histoire des religions. Annee IX. T. XV.
N.3. XVII. N.1—3. Paris 1888.
Annales du Musee Guimet. T. XIU. Paris 1888. 4.
Annales des Ponts et Chaussees. M&moires et documents. Ser. VI. Annee VII. Cah. 10. 11.
Paris 1888.
Annales des Mines. Ser. VIII. T. XIV. Livr. 4 de 1888. Paris 1888.
Annales de l’Ecole libre des Sciences politiques. Annee II. N.4. Paris 1888.
Feuille des Jeunes Naturalistes. Annee XIX. 1889. N. 219— 221. Paris 1839. Catalogue
de la Bibliotheque. Fasc. Nr. 5. Paris 1889.
Ministere de U’ Instruction publique et des beaux-arts. Bulletin archeologique du Comite
des travaux historiques et scientifiques. Annee 1885 —1888. N.1. 2. Paris
1885 — 1888.
Commission meteorologique de la Gironde. Rayet. Observations pluviometriques et ther-
mometriques faites dans le Departement de la Gironde de Juin 1886 a Mai 1887.
(Appendice au T. 3 Ser. III des M&moires de la Societe des Sciences phys. et
nat. de Bordeaux.) Bordeaux 1887.
Inventaire analytique des Archives du Ministere des affaires etrangeres. 1II—VI. Paris
1888. — (orrespondance politigue DE OpDzr ps Srrvz (1546— 1549) publ. par
G. Lerevre-Pontarıs. Paris 1888.
Deuiste, L. Catalogue des Manuscrits des fonds Libri et Barrois. Paris 1888.
ViviEN DE Saının-Marvın. Nouveau Dictionnaire de Geographie universelle. Fase. 45.
Paris’ 1889. 4.
Prince RorLann BonaParTE. La Nowelle- Guine. Notice Il. IV. Paris 1887. 1888,
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (7)
Prince Rorann Bonararte. Note on the Laps of Finmark. Paris 1886.
Prince Arserr pe Monaco. 5 Aufsätze in 4., naturwiss. Inhalts. Paris 1887. 1888.
Jorvan, C. Sur la marche du cavalier. Palermo 1888. Extr.
— —. Sur les transformations d’une forme quadratique en elle-meme. Paris. 4. Extr.
Atti della Reale Accademia dei Lincei. Anno CCLXXXV. 1888. Serie IV. Rendiconti.
Vol. IV. Fase. 6—10. Sem. 2. Roma 1888.
Atti dell’ Accademia Pontificia de Nuovi Tincei. Anno XXXIX. Sess. 1°. 1885.
Roma 1886. 4.
Rendiconto dell’ Accademia delle Scienze fisiche e matematiche. (Sezione della Societä
Reale di Napoli.) Ser. 2°. Vol. II. (Anno XXVI,) 1888. Napoli 1888. 4.
Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXII., Disp. 13°—15°, 1887—1888.
Vol. XXIV., Disp. ’—5°, 1888 —1889. Torino.
Ati del Reale Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Art. T. V. Ser. VI. Disp. 10.
1886—1887. T. VI. Ser. VI. Disp. 1—9. 1887 —1888. Venezia.
Memorie della R. Accademia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna. Ser. IV. T. VI.
Bologna 1887. 4.
Bollettino della Societa geografica italiana. Ser. II. Vol. II. Fase. II. 1889. Roma 1889.
Atti della Societa Veneto- Trentina di Seienze naturali residente in Padova. Vol. X.
Fase. I. 1889. Padova 1889.
Atti della Societa Toscana di Scienze naturali. Processi verbali Vol. VI. Adunanza del
di 11 novembre 1888. Pisa.
Rendiconti del Circolo matematico di Palermo. T.11I. 1889. Fase. 1. Palermo 1889.
R. Osservatorio astronomico di Brera in Milano. — Pını, E. Osservazioni meteorologiche
eseguite nell’ anno 1888. Milano. 4.
VorAntE, A. Eureka areostatica. Torino 1888. 4.
Luvinı, J). 3 Extr. Turin 1888.
Memoires de l’Academie Imp. des Sciences de St. Petersbourg. T. XXXVI. N.3—11.
St. Petersbourg 1888. 4.
Melanges biologiques tires du Bulletin de l’Academie Imp. des Sciences de St. Petersbourg.
T. XII. Livr. 6 et derniere. St. Petersbourg 1888.
Melanges asiatiques. Tires dw Bulletin de I’ Academie Imp. des Sciences de St. Petersbourg.
T. IX. Livr. 4 et derniere. — Melanges greco-romains. T.V. Livr. 3 et der-
niere. St. Petersbourg 1888.
Memoires de la Societe des Naturalistes de la Nowvelle Russie. T. XII. P.2. Odessa
1888. (russ.)
Korrespondenzblatt des Naturforscher- Vereins zu Riga. XXI. Riga 1888.
Annalen der Sternwarte Taschkent. Bd. ll. Moskau 1888. 4. (russ.)
Wırp, H. Annalen des physikalischen Central- Observatoriums. Jahrg. 1857. Th. II.
St. Petersburg 1888. 4.
Meteorologische Beobachtungen. 1888 Mai— August. Dorpat.
Universitäts- Nachrichten. Bd. XXVII. N.10. 11. 12. 1888. Kiew 1888. (russ.)
Magnetische Beobachtungen des Tifliser Physikalischen Observatoriums im Jahre 1886-1887.
Herausgegeben von J. MırrLsers. Tiflis 1888.
Brevicnın, Tu. Sur l’origine des Eitoiles ‚ilantes. Moscou 1888. Sep. Abdr.
BrevıcHin, Tu. Annales de l’Observatoire de Moscou. Ser. I. Vol. I. Livr. 1.
Moscou 1888. 4.
Auwers, A. Neue Reduction der Branzer’schen Beobachtungen aus den Jahren 1750 bis
1762. Bd. 3. St. Petersburg 1888. 4.
(8) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften, Erstes Vierteljahr.
Hurr, J. Meine Sammlung estnischer Volksüberlieferungen im Jahre 1888. St. Peters-
burg 1888. Sep. Abdr. 4 Ex.
DörLLen, W. Stern- Ephemeriden auf das Jahr 1889 zur Bestimmung von Zeit und Azimut
mittelst des tragbaren Durchgangsinstruments im Verticale des Polarsterns. St. Peters-
burg 1888. Sep. Abdr.
Öfversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar. Ärg. 45. 1888. N. 9. 10.
Ärg. 46. 1889. N.1. Stockholm 1888. 1889.
Bihang till Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademiens Handlingar. Bd. XII. Afd, 1—4.
Stockholm 1888.
Acta mathematica. Herausgegeben von G. MrrraG-LErrter. 12:2, Stockholm 1889. 4.
Det kongelige Norske Fredericks Universitets Aarsberetning for Budgetterminen 1886 — 1887
samt Universitets Matrikul for 1887. Christiania 1888.
Dracumann und HENERSsEN. 4 Sep. Abdr. Christiania 1887.
RenscHn. Bömmelöen. Kristiania 1858. 4.
ScHÜBELER. Viridarium Norvegicum III. Kristiania 1888. 4.
Monn. Jahrbuch 1885. 1886. Kristiania 1886. 1887. 4.
Löseru#. Tristranromanen. Christiania 1888.
Daae Agricolae apophthegmata. Christiania 1886. 4.
FEARNLEY und Geeımuyoen. Zonenbeobachtungen der Sterne zwischen 64° 50' und 70° 10’
nördlicher Declination auf der Unwersitäts - Sternwarte in Christiania angestellt. Chvistiania
1888. 4.
Bergens Museums Aarsberetning for 1887. Bergen 1888.
Bıyvr, A. The probable Cause of the displacement of beach-lines. Additional note.
— Second additional note. 1889. £
Memoires de l’ Academie Royale de Copenhague. Ser. 6. Classe des Lettres. Vol. II,
N.2. Kjebenhavn 1888. 4.
Oversigt over det K. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger og dets Mediemmers
Arbejder i Aaret 1888. N.2. Kjebenhavn.
Archives du Musee Teyler. Ser. II. Vol. II. P.2. Haarlem 1888.
Fondation Teyler. — Catalogue de la Bibliotheque, dresse par Ü. Erama. Livr. 7. 8.
Harlem 1887. 1888.
Annales de l’ Ecole Polytechnique de Delft. T.1V. 1888. Livr. 3. Leide 1888. 4.
Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch-Indie. 5° Volg. — Deel IV.
Afl. I. 'sGravenhage 1889.
Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXXI. Atl.4. Batavia 1388.
Notulen van de Algemeene en Bestuurs-Vergaderingen van het Bataviaasch (Genootschap van
Kunsten en Wetenschappen. Deel XXVI. 1888. Atfl. II. Batavia 1889.
Nederlandsch- Indisch Plakaatboek, 1602—1811, door J. A. van DER Unus. Deel V.
1743—1750. Batavia 1888.
Jan Kors et J. W. van Erven. Flora Batava. Atl.’281. 282. 283. 284. Leiden. 4.
pe Gosse, M. J. et M. Tu. Hovrsma. Oatalogus Codicum arabicorum Bibliothecae Academiae
Lugd. Batavae. Ed. 11. Vol.1l. Lugd. Batav. 1888. s
Hovrsua, M. Tu. Reeueil de textes relatifs & l’histoire des Seldjoueides. Vol. H. Histoire
des Seldjoueides de l’Iräg par al-Bondäri d’apres Imad al-Katib al-Isfahani.
Lugd. Batav. 1889.
Bulletin de U’ Academie Royale des Sciences de Belgique. Annee 58. Ser. 3. T.16. N. 12.
Annce 59. Ser.3. T.17. N.1. 2.. Bruxelles 1888. 1889.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (9)
Annuaire de l’ Academie Royale des Sciences de Belgique. 1889. Annee 55. Bruxelles 1889.
Bulletin de Academie Royale des Sciences. Annee 55. Ser.3. T.16. N. 11. Bruxelles 1888.
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Annales de la Societe Royale malacologique de Belgique. T.XXII. Annee 1887. Bruxelles1888.
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Annales de la Societe geologique de Belgique. T. XII. Livr. 1.2. T. XIV. Livr. 1.
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Proceedings of the American Philosophical Society held at Philadelphia. Vol. XXV. N. 128.
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‚Rules and Regulations of the Magellanic Premium. (Americ. phil. Soc.) Philadelphia.
B
Whole Ser.
Sitzungsberichte 1889.
(10) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr.
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The Journal of the Cincinnati Society of Natural History. Vol. XI. N.4. Cineinnati 1889.
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The American Naturalist. Vol. XXI. 1888. N. 263. 264. 265. New York 1888.
The Astronomical Journal. Vol. VIII. 1888. N. 18—21. Boston 1888. 1889. 4.
The American Journal of Science. Vol. XXXVI. N. 217. 218. 219. 1389. New
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Memorias de la Sociedad cientifica » Antonio Alzate«. T. II. Cuad N.5. Nov. 1888.
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Hs TBRETALELER
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (1 1)
ZWEITES VIERTELJAHR. \ 06128 ‚suy )
3%,
A
Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Nammfirschen. Me
Heft XXV. N.5—10. Halle a. S. 1839. 4.
Sitzungsberichte der math. physik. Classe der K. Bayr. Akademie der Wissenschaften zu
München. 1889. Heft I. — Philos. philol.u. hist. Classe. 1589. Heft I. II. München 1889.
Abhandlungen der math. physischen Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Bd. XV. N. II. IV.:V.. Leipzig 1889.
Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu
Leipzig. Math. physische Classe. 1889. 1. Leipzig 1889.
Vachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg- August’s- Universität
zu Göttingen. 1889. N. 1—6. Göttingen.
Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge. Bd. VII. Heft 2.
Danzig 1859.
Zeitschrift des K. Preuss. Statistischen Büreaus. Jahrg. 28. 1588. Heft III.IV. Berlin 1888. 4.
Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. IV. 1889. Heft 1.
3erlin 1889.
Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abtheilung. Bd. IV.
Heft 1. Rom 1889.
‚Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig für das Vereinsjahr 1880/81,
1881/82 u. 1882/83. 1883/4— 1885/86. Braunschweig 1881. 1883. 1887.
Abhandlungen herausgegeben vom naturwissenschaftlichen Vereine zu Bremen. Bd. X.
(Schluss-) Heft 3. Bremen 1889.
Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXI. N. 19. Jahrg. XXI.
N.6. 7. 8. Berlin 1888. 1889.
Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XVII. (1889). Heft 2. 3. Berlin 1889.
Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrg. XI. 1888. Heft I—IV.
Stuttgart 1888/89.
Preussische Statistik. 101. Das gesammte Volksschulwesen im preussischen Staate im
Jahre 1886. Berlin 1859. 4.
Zeitschrift des K. Preuss. Statistischen Büreaus. Jahrg.29. 1889. 1. Halbjahr. Berlin 1889. 4.
Mittheilungen aus der zoologischen Station zu Neapel. Bd. 9. Heft 1. Berlin 1889.
Berliner astronomisches Jahrbuch für 1891 mit Ephemeriden der Planeten (1) — (274)
für 1889. Berlin 1889.
Veröffentlichung des Königl. Preuss. Geodätischen Instituts. Sımox, P. Gewichtsbe-
stimmungen für Seitenverhältnisse in schematischen Dreiecknetzen. Berlin 1889. 4.
Polhöhenbestimmungen aus dem Jahre 1886. Berlin 1889. 4.
Verhandlungen der physikalischen Gesellschaft zu Berlin im Jahre 1888. Jahrg. VII.
Berlin 1589.
Verhandlungen der physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge.
Bd. XXII. Würzburg 1889.
Sitsumgsberichte der physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg. Jahrg. 1888.
Würzburg 1889.
Internationale Erdmessung. Geodätische Literatur, zusammengestellt von Prof. Dr.
O0. Borrsen. Berlin 1889. 4. ]
26. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen 1889.
\
Sitzungsberichte 1889. Ö
(12) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr.
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. Jahrg. VIII. 1885. Jahrg. X. 1857. Hamburg
1889. 1888. - 4.
Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Systeme der Deutschen Seewarte für die
Laustren 1876 — 1880 und 1881— 1885, sowie das Dezennium 1876 — 1885. Ham-
burg 1889. 4.
Deutsche Seewarte. Jahrg. XIV. 1889. N. 1—90. Hamburg. Fol.
Vorläufige Mittheilung aus den Jahrbüchern des K. Sächs. meteorologischen Instituts zu
Chemnitz. Herausgegeben von Dr. P. Scureiger. Anhang 6. Chemnitz. 4.
Veröffentlichung des K. Preuss: Geodätischen Instituts. Lothabweichungen in der Um-
gebung von Berlin. Berlin 1589. 4.
Bericht über die Verhandlungen des Internationalen Meteorologischen Comites. Versammlung
in Zürich im September 1888. Hamburg 1889.
Vierteljahrsschrift der astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 24. Heft 1. 2. Leipzig 1989.
MMittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokio.
Heft 41 (Bd. V. Seite 1—41) und Supplement zu Bd. V. (April 1889.) Berlin
und Yokohama 1889. 4.
24. Bericht der wissenschaftlichen Gesellschaft Philomathie in Neisse vom October 1886 bis
zum October 1888, zugleich Festschrift des 50 jährigen Bestehens. Neisse 1888.
Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 43. Heft 1. Leipzig 1589.
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate. Bd. XNXXVI.
3. Statistische Lieferung. Bd. XXXVII. Heft 2 und Atlas. Bd. XXXVII, ı—ıv.
Berlin 1888/1889. 4. u. Fol.
Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. Bd. VI. (Juni 1587— Juni
1888). Berlin-Budapest 1889.
Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 65. Heft 1. Görlitz 1889.
Elektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. X. 1889. Heft VII—XI. Berlin 1889.
Zweiter Jahresbericht über die II. Städtische Höhere Bürgerschule zu Berlin. Schuljahr 1888/89.
Nebst einer wissenschaftlichen Beilage. Berlin 1889. 4. 6 Ex.
IV. Städtische Höhere Bürgerschule zu Berlin. Bericht über die Zeit von Michaelis 1887
bis Ostern 1889. Nebst einer wissenschaftlichen Beilage. Berlin 1889. 4. 3 Ex.
Andreas- Realgymnasium in Berlin. Jahresbericht für 1888/89. Berlin 1889. 4. Nebst
einer wissenschaftlichen Beilage. Berlin 1389. 4. 2 Ex.
Königstädtisches Gymnasium in Berlin. XI. Ostern 1889. Bericht über das Schuljahr
Ostern 1888 bis Ostern 1889. Nebst einer wissenschaftlichen Beilage. Berlin 1889. 4.
Lessing - Gymnasium zu Berlin. Siebenter Jahresbericht. Ostern 1389 mit einer wissen-
schaftlichen Beilage. Berlin 1559. 4. 3 Ex.
Sophien-Gymnasium zu Berlin. Bericht über das Schuljahr 1888/89. Berlin 1889.
} 4. 3Ex.
Antike Denkmäler. Herausgegeben vom Kaiserlich Deutschen archäologischen Institut.
Bd. I. Heft 3. Berlin 1889. Fol.
®Commentaria in Aristotelem Graeca. Vol. XIX. P.I.]I. Aspasii in Ethica Nicomachea
quae supersunt Commentarja. MHeliodori in Ethiea Nieomachea Paraphrasis
Ed. G. Heyısur. Berolini 1589.
#= KrOENLEIN, J. G. Wortschatz der Khoi- Khoin (Namaqua-Hottentotten). Berlin 1889.
Scuaipr, J. Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra. Weimar 1889.
v. Pescnka, G. An. Freie Perspective in ihrer Begründung und Anwendung. Bd. 1. 2.
Leipzig 1888. 1889.
Lowmmer, E. GE£or«e Smion Onm’s wissenschaftliche Leistungen. Festrede gehalten in
der öffentl. Sitzung der K. Bayr. Akademie der Wissenschaften. München 1889. 4.
Philonis Alexandrini libellus de officio mundi. Edidit LeoroLvus Coun, Vratislaviae 1889.
vr
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (13)
Fresenius, R. Chemische Analyse der Soolquelle im Admiralsgarten-Bad zu Berlin.
Wiesbaden 1888.
— —. (Chemische Analyse der Kaiser FRIEDRICH- (Quelle (Natron-Lithionquelle) zu Offen-
bach am Main. Wiesbaden 1389.
SCHREIBER, P. Neuerungen und Erfahrungen an Apparaten zur Prüfung von Thermometern etc.
Chemnitz 1589. 4. Sep. Abdr.
Bulletin mensuel de la Societe des Sciences, Agriculture et Arts de la Basse- Alsace. T. XXI.
1889. Fasc. N. 3. 4. 5. Strassburg 1889.
Sitzungsberichte der math. naturwissensch. Classe der K. Akademie der Wissenschaften in
Wien. Jahrg. 1889. N. V—VIH. Wien.
Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XIX. Heft I. I. Wien
1889. 4.
Annalen der K. K. Universitäts- Sternwarte in Wien (Währing). Herausgegeben von
E. Weiss. Bd. V. VI. Jahrg. 1885. 1886. Wien 1887. 1888. 4.
Verhandlungen der K. K. Geologischen Reichsanstalt. 1589. N. 3—6. Wien.
Geologische Aufnahmen der königl. ungar. geol. Anstalt. 21. Zone Bl. NXV. Umgebung
von Lippa. 17. Zone Bl. XXIX. Umgebungen von Olpretu. Wien 2 Bl. Fol.
Öffentliche Vorlesungen an der K. K. Universität zu Wien im Sommer -Semester 1889.
Wien 1889.
Mittheilungen der K. K. Geographischen Gesellschaft in Wien 1888. Bd. XXX]. Wien 1888.
47. Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Nebst der 41. Lieferung der Beiträge
zur Landeskunde von Österreich ob der Enns. Linz 1889.
Ordnung der Vorlesungen an der K. K. Deutschen Carl- Ferdinands- Universität zu Prag im
Sommersemester 1889. Prag.
‚Jahresbericht der Königl. Ung. Geologischen Anstalt für 1887. Budapest 1889.
Mittheilungen aus dem Jahrbuche der Königl. Ungarischen Geologischen Anstalt. Bd. VI.
Heft 7. 8. Budapest 1889.
Geologische Mittheilungen. Zeitschrift der Ungar. Geol. Gesellschaft. Bd. XIX. Heft 1—6.
Budapest 1889.
Ungarische Revue. Herausgegeben von P. Huxraryv und G. Heınkıca. Jahrg. IX.
15859. Heft 3—6. Budapest 1889.
Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde. N. Folge. Bd. 22. Heft 1.
Hermannstadt 1889.
‚Jahresbericht des Vereines für siebenbürgische Landeskunde für das Vereinsjahr 1887/88.
Hermannstadt 1888.
Programm des Evang. Gymnasiums A. B. und der mit demselben verbundenen Realschule,
sowie der Ev. Bürgerschule A. B. zu Hermannstadt für das Schuljahr 1883/84, 1884/85,
1885/86, 1886/87, 1887/88. Hermannstadt 1554— 1588. 4.
Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1889. N. 3—5. Krakau 1889.
Rorn, J. Aus trüber Zeit. Bilder aus der Geschichte des Hermannstädter ev. Capitels
A. B. 1600— 1607. Hermannstadt 1587.
WERNER, (. Die Generalsynode der evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen vom
Jahre 1708. Hermannstadt 1883.
Kocn, A. Umgebungen von Banff'y-Hunyad. Budapest 1889.
Perrık. L. Der Hollohazaer (Radvanyer) Rhyolith-Kaolin. Budapest 1889.
RavAnvı, J. Die Rotation der Himmelskörper. Kronstadt 1889. 2 Ex.
Viestnik hreatskoga arkeologiekoga Druztva. God. XI. Br. 2. Zagrebu 1389.
Opera Academiae Scientiarum et Artium Slavorum meridionalium. Kujiga VIII. Zagrebu
1838. 4.
(Obi
(14) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr.
Ljetopis lugoslavenske Akademije znanosti i umjetnosti za Godiner 1888. Zagrebu 1888.
Proceedings of the Royal Society. Vol. XLV. N. 277. 278. 279. London 1889.
Journal of the Royal Microscopical Society. 1889. P. 2.3. London 1889.
Proceedings of the Royal Geographical Society and Monthly Record of Geography. Vol. X1.
N. 4.5.6. 1889. London 1889.
Journal of the Chemical Society. N. CCCXVDU. CCEXVII CCCEXIX. 1889. London.
Abstracts of the Proceedings of the Chemical Society. Session 1888/89. N.65—70. London
1889.
Journal of the Asiatic Society of Bengal. Vol. LVI. P. 1. N.V. 1887. Vol. LVM.
P.D. N.IV. 18883. Caleutta 1883. 1889.
Proceedings of the Asiatic Society of Bengal. N.IX. X. 1888. Calcutta 1889.
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. XLIX. N.6.7. London 1889.
Transactions of the Zoological Society of London. Vol. XII. P. 8. London 1389. 4.
I of the scientific meetings of the Zoological Society of London, for the year 1888.
. IV. London 1889.
Pı Me of the Royal Institution of Great Britain. "Vol. XII. N.82. London 1889.
Royal Institution of Great Britain 1888. List of the Members im 1387. London 1888.
Proceedings of the London Mathematical Society. N. 343 —345— 348. London 1889.
The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XLV. P.2. N.178. London 1889.
Report of the fifty-eighth Meeting of the British Association for the Advancement of Science
held at Bath in September 1888. London 1589.
Catalogue of the fossil Fishes in the British Museum (Natural history). P.1. Elasmo-
branchii by a S. Woopwarn. London 1889.
Catalogue of Sanskrit Manuscripts in the Sanskrit College Library, Benares, with full index.
Allahabad s. a.
Natural History of Victoria. Prodromus of the Zoology of Vietoria: Vietorian indige-
nous animals. Decade XVII. by Fr. McCoy. Melbourne 1888.
Records of the geological Survey of India. Vol. XXI. P.1. 1889. Caleutta.
Epigraphia Indica and Record of the archeologiecal Survey of India. Edit. by J. Bursess.
P. I. II. Caleutta 1888. 1889. 4.
The Gold-Fields of Victoria. Reports of the Mining Registrars for the Quarter ended
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Report ‘of scientific results of the exploring voyage of H. M. S. Challenger. 1873 — 16.
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7. CVIE "DZCYIII27188972Senr 1. N. 12 23% MablessrBanisal8s9r 48
Compte rendu des Seances de la Commission centrale de la SocietE de Geographie. 1889.
N-.6- INES Rarıse
Extrait du Compte rendu des Seances de la Societe de Geographie. N.4. 1889. Paris.
Fr
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (15)
Bulletin de la SocietE de Geographie commerciale de Bordeaux. Annee 12. Ser. 1.
N. 7—12. 1889. Bordeaux 1889.
Bulletin de la SocietE Geologique de France. Ser. II. T. XVII. 1889. N. 3.
Annales des Mines. Ser. VII. T. XIV. . Livr. 5. 6. de 1888. Paris 1888.
Archives du Museum d’histoire naturelle de Lyon. TV. 1—4. Lyon 1876— 1857. 4.
Bulletin de la SocietE mathematique de France. TV. NVI. N.1. Paris 1889.
Bulletin de l’ Academie de Medecine. Ser. 3. T.NXI. Annee 53. N. 12-24. Paris 1889.
Revue scientifique. T.43. Ser. 3. Annee IX. 1889. Sem.1. N.13—24. Paris 1889. 4.
Bulletin de la Societe d’etudes scientifiques de Paris. Annee 11°. 1888. Sem. 2. Paris 1889.
Bulletin de la Societe philomatique de Paris. Ser. VII. T.1I. N. 1. 1888—1859. Paris 1859.
Compte-rendu sommaire des Seances de la Societe philomatique de Paris. N.6—9. Paris 1889.
Bulletin de la Societe zoologique de France pour l’annee 1889. 'T. XIV. N.3—5. Paris 1889.
Extrait du Bulletin de la Societe zoologique de France pour Vannde 1889. Prince ALBERT
pe Monaco. Poissons lune (Orthagorisens Mola). Paris 1889.
Bulletin archeologique du Comite des travaux historiques et scientifiques. Annee 1888. N. 3.
Paris 1888.
Revue numismatique. Ser. 3. T. VII. Trim. 1%. 22. 1889. Paris 1889.
Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Part. tech. Ser. II. T. 15. Livr. 4. 5.
Baxt. litt. Ser. I. T.29. Livr.4. 5. Paris 1889.
Annales des Ponts et Chaussees. Ser. VI. Annee 8. Cah. 12. 1588. Anne 9. Cah.1.2.
1889. Paris 1888. 1889.
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PErRor, G. et Cmmiıerz, Cm. Histoire de l’art dans 1’ Antiquite. T. V. Ser. 23.
Livr. 223—232. Paris 1889.
VIVIEN DE Saıyr-Marrın. Nouveau Dietionnaire de Geographie universelle. Fase. 46. 47.
Paris 1889. 4.
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Volzivs Raser 111.122.18837 Vol. VW. Base. 1 — 5: 1589. Attı Anno CCLNXNXXI.
1586. Ser. IV. Roma 1833. 1589. — Memorie della Classe di Scienze fisiche , mate-
matiche e naturali. Vol. Il. IV. Roma 1836. 1887. 4.
Atti dell’ Accademia Pontificia de’ Nuovi Lincei. Anno NXXIX. Sess. II. 1886. Sess. Va,
VI. VII. Roma 1886. 4.
Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXIV. Disp. 6%. 2 — 124. 1888.
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Atti della R. Accademia dei Fisiocritiei di Siena. Ser. IV. Vol.l. Fase. 1—3. Siena 1889.
Atti e Rendiconti della Accademia medico-chirurgica di Perugia. Vol.l. N.2. Perugia 1889.
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Pisa 1839.
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Bollettino della Societa Geografica italiana. Ser. III. Vol.U. Fase. III. 1889. Roma 1889.
Bollettino della Societa Adriatica di seienze naturali in Trieste. Vol. XI. Trieste 1889.
Giornale della Societa di Letture e Conversazioni scientifiche di Genova. Anno Xl. Sem. 2,
Fase. XI. XII. 1888. Genova 1889.
Commentari dell’ Ateneo di Brescia per l’anno 1888. Brescia 1888.
Eusebio concordanze dei Vangeli Codice (Queriniano. Illustr. da A. Varenrisı. Publ. dall’
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Codice necrologico-liturgieo del Monastero di S. Salvatore O. S. Giulia in Brescia. Tvanseritto e
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Inseriptiones christianae Urbis Romae septimo Saeculo antiquiores. 1d. J. Barır. pe Rossı.
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Bericht über die Universität in St. Petersburg im Jahre 1882, 1883, 1884— 1887. St. Peters-
burg 1883— 1888. (russ.)
Protokolle der Sitzungen des Curatoriums der kaiserlichen Universität zu St. Petersburg.
N. 19. 23. 25. 26. 28. 36. 37. Beigabe. Inventar der Universitätsbibliothek N. 2.
1882. St. Petersburg 1879. 1551 —1883. 1387. 1888. (russ.)
Verzeichniss der wissenschaftlichen Vorträge (Lektionsverzeichniss) an der K. Universität
St. Petersburg, für das 1. Semester des Lehrjahres 1886 — 1887. Für das Sommer-
Semester 1888. Für das Winter-Semester 1888. St. Petersburg 1886. 1558. (russ.)
Memoiren der historisch-phülologischen Fakultät der Kaiserlichen Universität in St. Petersburg.
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Travauı de la SocietE des Naturalistes de St. Petersbourg. Vol. XIX. 1588. Section de
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=
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r {e} ? .
Materiaux pour servir & Uarcheologie de la Russie. N. 3. Antiquites Siberiennes par
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Bericht über die Ergelmisse der Beobachtungen an den Regenstationen der kaiserlichen liv-
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Sırkmann, (©. et V. Rosen. Indices alphabetici codieum man seriptorum persicorum
tureicorum arabicorum qui in Bibliotheca Imperialis literarum Universitatis Petropoli-
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L’Academie Royale de Copenhague. Bulletin pour 1888. N.3 et dernier. 1889. N.1.
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E Museo Lundü. En Samling af Afhandlinger om de i det indre Brasiliens Kalkstens-
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Regesta diplomatica historiae Danicae. Ser. 11. T. 1. VI ab anno 1522 ad annıum 1536.
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Annales de 1’ Ecole polytechnique de Delf. T.1IV. 1888. Livr. 4. Leide 1888. 4.
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Anuario de la Real Academia de Ciencias exactas fisicas y naturales. 1889. Madrid.
Memorias del Instituto Geografico y Estadistico.. T. VII. Madrid 1888.
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Le bulletin de la SocietE des Medecins et des Naturalistes de Jassy. Aunee II. N. 8—10.
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The American Journal of Science. Ser. 3. Vol. XXXVII. N. 220— 222. New Haven 1889.
Proceedings of the Boston Society of Natural History. Vol. XXIII. P.IH. IV. Boston 1888.
The Astronomical Journal. Vol. VIII. 1888. N. 22—24. Vol.IX. N. 1—3. Boston 1889. 4.
Proceedings of the Cambridge Philosophical Society. Vol. VI. P.V. Cambridge 1889.
Annals of Mathematics. Vol.IV. N.5. Baltimore 1888. 4.
Revista do Observatorio do Rio de Janeiro. AnnolIV. 1889. N.3.4. Rio de Janeiro 1889.
Proceedings of the Canadian Institute, Toronto. Ser. Ill. Vol. VI. Fase. 2. Toronto 1889.
Annual report of the Canadian Institute, Session 1887—1888. Toronto 1889.
Resultados del Observatorio Nacional Argentino en Cordoba. Vol. X. Observaeiones del
ano 1877. Buenos Aires 1888. 4. 2
The Canadian Record of Science. Vol. III. N.6. Montreal 1889.
The Transactions of the Academy of Seience of St. Louis. Vol. V. N.1.2. 1886 — 1888.
St. Louis 1888.
Benson, L.S. New Tables in Trigonometry. New York 1889. 4.
Diekerson, E.N. Joseph Henry and the magnetic Telegraph. New York 1885.
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SArrorn, Tr. H. The Williams College Catalogue of North Polar Stars, right ascension
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Sırrorp, Tr. H. A Discourse read June 25. 1888 to commemorate the fiftieth anniversarıy
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Dawson, G.M. Notes on the Indian Tribes of the Yukon district and adjacent Northern
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Harz, A. A Grammar of the Kwagiutl language. (Transactions of the R. Society of
Canada. Vol. VI. Sect. I. 1888.) Montreal 1859. 4.
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Cambridge 1889. 4.
Dessein, A. C. Annuaire statistigue de la Province de Buenos Ayres. Annee VII. 1887.
La Plata 1859.
Jousston, R. M. Systematie account of the Geology of Tasmanie. Tasmania 1888. 4.
Memorias de la Sociedad cientifica »Antonio Alzates. T. 11. Cuad. N.7. Ss. 1889.
Mexico 1889.
Observatorio meteorologico-magnetico central de Mexico. Boletin mensual. T.1. N. 11.12.
und Suplemento al N. 12 de 1888. Mexico 1838. 4.
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Adresses at the Inauguration of W. T. Reıpd. Statement of the progress and Condition of
the University of California. Sacramento, Berkeley. 1872—1888. 55 Hefte.
The Journal of the College of Science, Imperial University, Japan. Vol. 11. P.V. Tokyö,
Japan 1889.
DRITTES VIERTELJAHR.
Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher.
Heft XXV. N.11—-16. Halle a. S. 1889. 4.
Sitzungsberichte der philos. philol. u. hist. Classe der K. B. Akademie der Wissenschaften
zu München. 1889. Heft III. München 1889.
Abhandlungen der philol. hist. Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Bd. XI. N.II. II. Leipzig 1889.
Abhandlungen der math. phys. Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Bd.XV. N.VI. Leipzig 1889.
Berichte über die Verhandlungen der K. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig.
— Philol. hist. Classe. 1889. 1. Leipzig 1889.
Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Bd.IV. 1889. Berlin 1889.
Mittheilungen des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Abtheilung.
Bd. XIV. Heft1l. 2. Athen 1889.
‚Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Heft LXXXVIIl. Bonn 1889.
‚Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. XVII. 1886. Heft 3. Berlin 1889.
‚Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. Jahrg. VI. Hälfte 1. 1888.
Hamburg 1889.
Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokio.
Heft 42. (Bd. V. Seite 43 — 82.) Berlin. Yokohama 1889. 4.
XXXIV. und XXXV. Bericht des Vereines für Naturkunde zu Kassel über die Vereins-
jahre vom 18. April 1886 bis dahin 1888. Kassel 1889.
66. Jahres- Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Breslau 1889.
Sitzungsberichte 1889. D
(20) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr.
Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel. Bd. IX. Heft 2. Berlin 1889.
Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preuss. Rheinlande, Westfalens und des
Reg.-Bezirks Osnabrück. Jahrg. 46. Hälfte 1. Bonn 1889.
Zeitschrift für Naturwissenschaften. Bd. LXI. Heft 1—-6. Halle a. S. 1388.
‚Jahresbericht der Fürstlich JaszonowsKr’schen Gesellschaft. Leipzig, im April 1889.
Königliche Museen zu Berlin. Mittheilungen aus den Orientalischen Sammlungen. —
Heft 1. Berlin 1889. 4.
‚Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Jahrg. 45. Stuttgart
1889.
Sitzungsberichte der physikalisch-medieinischen Societät in Erlangen. 1888. München 1889.
Verhandlungen der vom 17.—23. September 1888 in Salzburg abgehaltenen Conferenz der
permanenten Commission der internationalen Erdmessung. Berlin 1889. 4.
Publicationen des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam. Bd. IV. Theil II.
Potsdam 1889. 4.
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- u. Salinen- Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXXVI.
I. Statist. Lieferung Heft 3 und Atlas Bd. XXVII. TafelV— XI. Berlin 1889.
4. und Fol.
Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 43. Heft 2. Leipzig 188).
Vierteljahrsschrift der Astronomischen (Gesellschaft. Jahrg. 24. Heft 3. Leipzig 1889.
Cnaruıer, ©. V. L. Über die Anwendung der Sternphotographie zu Helligkeitsmessungen
der Sterne. — (Publication der Astronomischen Gesellschaft. XIX.) Leipzig1889. 4.
Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten über die physikalischen Eigen-
schaften der Ostsee und der Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1888. Heft I—VI.
Berlin 1889. 4.
Atlas deutscher Meeresalgen. Im Auftrage des K. Preuss. Ministeriums für Landwirth-
schaft herausgegeben. In Verbindung mit Dr. F. Scaürr und P. Kuckuck "be-
arbeitet von Dr. J. Reınke. HeftI. Tafel 1—25. Berlin 1839. 4.
Sechster Bericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere
in Kiel für die Jahre 1887 — 1889. Jahrg. XVII—XIX. Heft I. Berlin 1889. Fol.
Veröffentlichungen der Grossherzoglichen Sternwarte zu Karlsruhe. Heft II. Karlsruhe
1889. 4.
Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. 3. (1888.) Bd. 4. Heft 1—5.
Freiburg i. B. 1888. 1889.
Elektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. X. Heft XII — XVII. Berlin 1889.
Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXII. N. 9—12. Berlin 1889.
Monatsberichte der Deutschen Seewarte. 1888 November, Deebr. 1889 Jan.. März, April.
Hamburg.
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. Jahrg. XI. 1888. Hamburg 1889. 4.
Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1889. Heft 1. Berlin 1889. 4.
Deutsche Seewarte. Tabellarischer Wetterbericht. Jahrg. XIV. 1889. N. 91—181. Ham-
burg. 1889. Fol.
Astronomische Nachrichten. Bd. 121. Kiel 1889. 4.
SchreEiger, P. Die Theilnahme Sachsen’s an den meteorologischen Forschungen. Chemnitz
1889. Sep. Abdr.
— —. Vorläufige Mittheilung aus den Jahrbüchern des Königl. Sächsischen meteorologischen
Institutes zu Chemnitz für 1888. Chemnitz. 4.
35 akademische Schriften der Universität Giessen aus dem Jahre 1888/89.
95 Schriften der Universität zu Kiel aus dem Jahre 1888/89.
Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Deutsche Geschichtskunde. Bd. 15. Heft 1.
Hannover 1889.
Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften. Drittes Vierteljahr. (21)
Bulletin mensuel de la Socidte des Sciences, Agriculture et Arts de la Basse- Alsace. T. XXIH.
1839. Fasc. 6. Strassburg 1889.
XI. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz für 1888 —1889. Metz 1889.
van BEBBER, J). Die Ergebnisse der Wetterprognosen im Jahre 1888. Hamburg 1889. 4.
Weınsrein, B. Metronomische Beiträge Nr. 6. Kapillaritäts- Untersuchumgen und ihre
Verwerthung bei der Bestimmung der alkoholometrischen Normale. Berlin 1389. 4.
Kun, L. Grundzüge einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt in Schleswig - Holstein.
Kiel 1889. Sep. Abdr.
Kasten, H. W. Die Provinz Hannover in geologischer Beziehung. Als Manuseript
gedruckt. s. l. e. a.
Lirscnriz, R. Untersuchung der Eigenschaften einer Gattung von unendlichen Reihen.
Berlin 1889. 4. Sep. Abdr.
(fOPPELSROEDER, FR. Farbenelektrochemische Mittheilungen. Mülhausen i. E. 1889.
Leyois, F. Einiges über braune Frösche. 1889. Sep. Abdr.
— —. Bemerkungen zum Bau der Nervenfasern, Erlangen 1889. Sep. Abdr.
v. Bırren, W. Seewversicherung und Seeraub eines hansischen Kaufmanns im 16. Jahrhundert.
Bremen 1889. 4.
Sitzungsberichte der philos. histor. (lasse der K. Akademie der Wissenschaften. Bd. 116.
Wien 18883. — der mathem. naturwissensch. Classe. 1. Abth. 1888. N. 1—5. Il. Abth.
1888. N.1-—7. IIl. Abth. 1888. N. 1—6. — Jahrg. 1889. N. XVI— XVII.
Wien 1889.
Denkschriften der naturw. math. Classe. Bd. 54. Wien 1888 u. 4 Sep. Abdrucke aus
denselben. 4.
Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Bd. 72. 2. Hälfte. Bd. 73, 1. u. 2. Hälfte.
Wien 1388 u. 7 Sep. Abdrucke aus dem Archiv. Wien 1888.
Almanach für 1888. Wien 1888.
Mittheilumgen der K. K. Central- Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historischen Denkmale. Bd. XV. Heft 1.2. Wien 1889. 4.
Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn. Bd. XXVI. 1887.
VI. Bericht der meteorologischen Commission des Naturforschenden Vereines in Brünn. Er-
gebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1886. Brünn 1888.
Verhandlungen der k. k. zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1889.
Bd. XXXIV. Quartal I. II. Wien 1889.
Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1889. N. 7—12. Wien 1889.
Öffentliche ’orlesungen an der K. K. Universität zu Wien im Winter- Semester 1889/90.
Wien 1889.
Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XIX. Heft III. Wien 1889. 4.
Abhandlungen der mathematisch -naturwissenschaftlichen Classe der königl. böhmischen Gesell-
schaft der Wissenschaften vom Jahre 1887/88. Folge VII. Bd. 2. — der Olasse für
Philosophie, Geschichte und Philologie vom Jahre 1887/88. Folge VII. Bd. 2. Prag
1888. 4. }
Sitzungsberichte der k. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Philos. Hist. Philol.
Classe. Jahrg. 1887/88. — Math. naturwissensch. Classe 1887/88. Prag 18388. 1889.
‚Jahresberichte der k. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften für das Jahr 1887, erstattet
am 14. Januar 1885. Prag 1888. — Desgl. für das Jahr 1888. Prag 1889.
Magnetische und meteorologische. Beobachtungen an der K. K. Sternwarte zu Prag im
Jahre 1888. Jahrg. 49. Prag. 4.
BoveE, A. Die Europäische Türkei. Deutsch herausgegeben von der Bouv£ - Stiftungs-
commission der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Bd. I. I. Wien 1889.
D*
(22) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr.
GoPPELSROEDER, Fr. Über Capillar - Analyse und ihre verschiedenen Anwendungen, sowie
über das Emporsteigen der Farbstoffe in den Pflanzen. Wien 1889. Sep. Abdr. mit
Beilagen.
Srossicn, M. Appendice al mio lavoro »i distomi dei pesci marini e d’acqua dolce«.
Trieste 1888. Estr.
Archivio Trentino. Anno VII. Fase. II. Trento 1888.
Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. Bd. XXII. Heft 2.
Hermannstadt 1889.
Programm des Evangelischen Gymnasiums A. B. und der damit verbundenen Realschule etc.
zu Hermannstadt für das Schuljahr 1888/89. Hermannstadt 1889. 4.
Programm des Evang. Gymnasiums A. B. in Schässburg und der damit verbundenen Lehr-
anstalten. Schässburg 1889. 4.
Quellen zur Geschichte der Stadt Kronstadt in Siebenbürgen. Bd. 2. Kronstadt 1889.
Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1889. N.6. 7. Krakau 1889.
P. HunraLvy und G. Heinrich. Ungarische Revue. 1889. Jahrg. IX. Heft VII.
Budapest 1889.
Bulletin annuel des finances des grandes Villes. AnneeVIll. 1884. Budapest et Paris 1889.
Manuale Koranae von J. Trunr. Praze 1888.
VeEsDovskv, Fr. Zrani Vajieka. (Maturation des Eies.) Praze 1888. (boh.)
Viestnik hrvatskoga arkeologiekoga Druztva. God. XI. Br. 2. Zagrebu 1889.
Rad Tugoslavenske Akademije zmanosti i umjetnosti. Knjiga XCIV, XXIV, XCV, X, XVI.
XXV. Zagrebu 1889.
Glasnik zemaljskog muzeja u Bosni i Hercegovini. Knjiga Il. God.1I. Sarajevo 1888.
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Proceedings of the scientific meetings of the Zoological Society of London, for the year 1889.
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The Journal of the Linnean Society. Zoology. Vol. XX. N. 119. 120. 121. Vol. XXI.
N. 132. 140. Botany. Vol. XXIII. N. 156—157. Vol. XXIV. N. 163—164.
Vol. XXV. N. 165—170. Vol. XXVI. N. 173. London 1888. 1889.
List of the Linnean Society of London. Session 1888/89. London 1888.
General Index of the first twenty Volumes of the Journal (Botany) and the botanical portion
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The Transactions of the Linnean Society of London. Sec. Ser. Botany. Vol. I. P. 16.
Contents and Index. Sec. Ser. Zoology. Vol. IV. P.2. Vol.V. P.1. 2. 3 and
Vol.H. P. 18. Contents and Index. Zoology. London 1888. 1889. 4.
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N.7. 8. 9. London 1889.
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. XLIX. N. 8. London 1889.
Journal of the Chemical Society. N. CCCXX. CCCXXI CCCXXI. London 1889.
Abstracts of the Proceedings of the Chemical Society. 1889. N.71. London 1889/90.
Proceedings of the London Mathematical Society. N. 349— 353. London 1889.
The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XLV. P.3. N. 179. London 1889.
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Dublin 1887. 1889.
The Scientific Proceedings of the Royal Dublin Society. Vol. VI (N. S.). P. 3—6.
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The Scientifie Transactions of the Royal Dublin Society. Vol. IV. (Ser. I)) 2—5.
Dublin 1889. 4.
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Bibliotheca Indica. New Series. N. 685— 713. Caleutta 1888. 1889.
Woop-Mason, J. 4A Catalogue of the Mantodea. N. 1, pp. 1-—48. Caleutta 1889.
Bursess, J. Epigraphia Indica and Record of the Archaeological Survey of India. P. 11.
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SwinHoE, C. and Cores, E.C. 4A Catalogue of the moths of India. P. VI. — Index, ete.
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The Madras University Calendar, 1889/90. Madras 1889.
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nal Gallery of Victoria, for 1887, with a statement of income and expenditure
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Bulletin du Comite international permanent pour l’execution photographique de la Carte du
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Compte rendu des Seances de la Commission centrale de la SocietE de Geographie. 1889.
Nana ABanıs-
Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. 3. T.XVU. 1889. N.4. Paris 1889.
Bulletin de la SocietE mathematique de France. T. XV1l. N. 2.3. Paris 1889.
Bulletin de la Societe philomatique de Paris. Ser. VIII. T.1I. N. 2. 1888 — 1889.
Paris 1889.
Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et doeuments. Ser. VI. Annee IX. Cah. 3—6.
Paris 1889.
Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Part. tech. Ser. II. T. XV. Livr. 6—9.
Part litt. Ser. T. XXIX. Live. 6. "T. XXX. Live. 1—3.: Paris 1889.
Bulletin de la SocietEe de Geographie commerciale de Bordeaux. Annee Xll. Ser. II.
N. 13—16. Bordeaux 1889.
Bulletin de l’Academie de Medecine. Ser.3. T.XXI. N.25—32. T.XXI. N. 33 —38.
Paris 1889.
(24) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr.
Revue seientifique. T.43. Ser.3. Sem.1. N. 25.26. T. 44. Ser. 3. Sem. 2. N. 1—-13.
Paris 1889. 4.
Bulletin archeologique du Comite des travau.v historiques et scientifiques. Annce 1889. N.1.
Parıs 1889.
Feuille des jeumes naturalistes. Annee XIX. N. 225 — 227. Paris 1889. — Catalogue
de la Bibliotheque. Fase. 6. Paris 1889.
Vivien DE Saımr-Marrın. Nouveau Dictionnaire de Geographie universelle. YFasc. 48.
Paris 1889. 4.
Perror, G. et Cn. Cnıriez. Histoire de l’art dans l’antiqwite. T.\. Ser. 24. Livr. 233 bis
252. Paris 1889.
Darcer, L. Theories directes de la somme des angles d’un triangle valant deux droits et
notes diverses. Pawilhae 1889. 4.
Prince Auserr pe Monaco. Sur un appareil nouveau pour la recherche des organismes
pelagiques a des profondeurs determinees. Pawis 1889. Extı.
Atti della Reale Accademia dei Lince. Anno CCLXXXVI. 1889. Ser. IV. Rendiconti.
Vol. V. Fase. 6—12. Roma 1889.
della R. Accademia dei Lincei. Anno 1888. Ser. IV. Memorie della Classe di
Seienze morali, storiche e filologiehe. Vol. V. Anno 1887. Ser. IV. Vol. IM. .P.1.
2. 1837. Vol. IV. P. 2. 1888. Notizie degli Scavi. Dic. 1887—-Die. 1888.
Vol, 2PR7192272188692R0mar 4.
Atti dell’ Accademia Pontificia de Nuovi Lincei. Anno XL. Sess. IA del 19. Die. 1886.
Sess. II? del 16. Gennaio 1887. Sess. III® del 6. Febbr. 1887. Roma 1887. 4.
Atti del Reale Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti. Ser. VI. T. VI. ‚Disp. 10. T. VI.
Disp. 1. 2. Venezia 1887 —1888. 1883 —1889.
Atti e Rendiconti della Accademia medico-chirurgica di Perugia. Vol.l. Fase. 2. Pe-
rugia 1889.
Atti della Societa Toscana di Seienze natural. Processi verball. Vol. VI. Adunanza del
di 12 maggio 1889. Pisa.
Atti della Societa Italiana dı Seienze naturali. Vol. XXXI. Anno 1888. Milano 1889.
Atti della R. Accademia dei Fisiocritici di Siena. Ser. IV. Vol.I. Fase. 4<—7. Siena. 1889.
Annali del Museo ciwico di Storia naturale di Genova. 1888. Ser. 2a. Vol. VI (XXVI).
Genova 1888.
Rendiconti del circolo matematico di Palermo. TV. 11. Fase. IV. V. 1889. Palermo.
Carta geologica della Campagna Romana e regioni limitrofe in 6 fogli ed una tavola dı
Atti
sezioni. — Scala di 1 a 100000. Pubblicata per eura del R. Uffieio geologieo. —
Roma 1888. Gr. Fol.
Bullettino della Societaä Veneto- Trentina di Scienze naturali. T.IV. N.3. Padova 1889.
Bollettino della Societa Italiana dei Mieroscopisti. Anno I. Vol.I. Fase.1.2. Acireale
1859.
Boncourasnı, B. Bullettino di Bibliografia e di Storia. T. XX. Indiei degli articoli e
dei nomi. Roma 1887. 4.
Toparo, A. Hortus botanicus Panormitanus. T. Il. Fase. V. Panormi s. a. Fol.
Borowro, G. S. Trovatori provenzali alla corte dei Marchesi in Este. Este 1389.
Luvinı, J. Les taches solaires et les variations du magnetisme terrestre. Turin 1889. Extr.
Crarvı, A. 6 Sep. Abdr. oder Extr. Roma 1857. 1860. 1867 ete. in 8 & 4.
Lucarı, @. B. Sull origine e fondazione di Roma. Dissertatione. Roma 1889. 4.
Bulletin de la SocietE Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1889. N.1 nebst Bei-
lage. Ser. I. T. II. Moscou 1889. 4.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (25)
Denkschriften der neurussischen Gesellschaft der Naturforscher. T. XIV. 1. 1889. Math.
Abth. T. IX. 1859. Odessa 1889. (russ.)
Universitäts- Nachrichten. Bd. XXIX. N.5.6. Kiew 1889. (muss.)
Acta horti Petropolitani. T. X. Fase. II. Petropoli 1889.
Öfversigt af Finska Vetenskaps -Societetens Förhandlingar. NXX. 1887 — 1888. Helsing-
fors 1888.
Acta Societatis scientiarum Fennicae. T. XVI. Helsingforsiae 1888. 4.
Öfversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar. Arg. 46. 1889. N.5. Stock-
holm 1889.
Acta mathematica. Zeitschrift herausgegeben von G. MrrrAG-Lerrter. 12: 3 und 4.
Stockholm 1889. 4.
Astronomiska Jagttagelser och Undersökningar anstälda pa Stockholms Observatorium. Bd. 1,
Heft 1.4. Bd. II, Heft 1—5. Stockholm 1885. 1888. 4.
Det kongelige norske Fredrikis Universitetes aarsberetning for 1887/88 samt Universitets ma-
trikul for 1888. Christiania 1859.
Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Bd. 31. Heft 1-3. Christiania 1889.
Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. Bd. X1l. Bd. XII, Heft 1. Kristiania 1388. 1889.
‚Jahrbuch des Norwegischen meteorologischen Instituts für 1887. Herausgegeben von Dr.
. H. Moan. Christiania 1889. 4.
Sımossen, D. Sculptures et inscriptions de Palmyre & la Glyptotheque de Ny Carlsberg.
Copenhague 1889.
Archives Neerlandaises des Sciences exactes et naturelles. T. XXI. Livr. 3.4. Har-
lem 1889.
Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch- Indie. Volg. V. Deel IV.
Afl.3. s’Gravenhage.
Huygens, Cur. Oeuvres complötes. Publiees par la Societe Hollandaise des Sciences.
T.2. La Haye 1889. 4.
ScHLEGEL, G. Nedörlandsch-chineesch Woordenbock. Deel IV. Afl. II. Leiden 1889.
Treug, M. Annales du Jardin botanique de Buitenzorg. Vol. VIII. P.I. Leide 1889.
Observations made at the magnetical and meteorological Observatory at Batavia. Vol. VII.
1883, 1884 and 1885. Vol. X. 1887. Batavia 1888. 4.
Verslag omtrent den Staat van ’sLands Plantentuin te Buitenzorg en de daarbij behoorende
Inrichtingen over het Jaar 1888. Batavia 1889.
Eerste Supplement op den Catalogus der Bibliotheek van "sLands Plantentuin te Buitenzorg.
Batavia 1889.
Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXXIIM. Afl. 1. Batavia
1889.
Notulen van de algemeene en Bestuurs-Vergaderingen van het Bataviaasch Genootschap van
Kunsten en Wetenschappen. Deel XXVII. 1889. Afl. 1. Batavia 1889.
Regenwaarnemingen in Nederlandsch- Indie. Jaarg.9. 1887. Batavia 1888.
VAN DER Cnus, J. A. Dagh-Register gehouden int Casteel Batavia vant passerende daer
ter plaetse als over geheel Nederlandts- India Anno 1659. Batavia 1889.
Bulletin de l’Academie Royale des Sciences. Annee 59. Ser. 3. T.17. N.6—8.
Bruxelles 1889.
Memoires couronnes et Memoires des Savants etrangers publies par l’Academie Royale des
Sciences de Belgique. T. XLIX. Bruxelles 1888. 4.
Memoires de l’ Academie Royale des Sciences de Belgique. TV. XLVII. Bruxelles 1889. 4.
(26) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr.
Academie R. des Sciences de Belgique. Commission R. d’histoire. — Introdnetion au T. VI
de la table chronologique des Chartes et Diplömes imprimes concernant l’'histoire
de la Belgique. — Complement de la I" Partie de ce Tome. Bruxelles 1888. 4.
Memoires couronnes et autres Memoires publies par l’ Academie Royale des Sciences de Bel-
gique. Collect. in 8. T. XL. XLI. XLII. Bruxelles 1387. 18883. 1889.
Biographie nationale publicee par l’Academie Royale des Sciences de Belgique. T. IX.
Fasc. 3. T. X. Fase. 1. 2. Bruxelles 1886-1889.
Commission Royale pour la publication des anciennes lois et ordonnances. Proces-verbaux
des seances. Vol. VI. Cah. 1. U. Bruxelles 1886. 1889.
Collection de Chroniques Belges inedites. Histoire des troubles des Pays-bas, par Messire RENoN
DE FRrANcz. Publ. par M. Cr. Pıor. Bruxelles 1889. 4.
Collection de Chroniques Belges inedites. — Catulaire des Comtes de Hainant de 1337
a 1436. Publ. par L. pe Vırtvers. Bruxelles 1839. 4.
Relations politiques des Pays-bas et de l’Angleterre, sous le Regne de Philippe II. Publ.
par le Baron Kervyn oe Lervennove. T. VI. Gonvernement du Duc d’Albe.
P.II. T. VII. P.I. Bruxelles 1888. 4.
Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Solothurn den 6., 7. und
8. August 1888. 71. Jahresversammlung. Jahresbericht 1387/1888. Solothurn 1888.
Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Jahrg. 33. Heft 3. 4.
Zürich 1888.
Bulletin de la SocietEe Vaudoise des Sciences naturelles. Ser. 3. Vol. XXIV. N. 99.
Lausanne 1889.
Akademische Schriften der Universität Basel aus dem Jahre 1888/89 in 8 und 4.
Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1888. N. 1195 —
1214. Bern 1889.
Archives des sciences physiques et naturelles. Sept.— Oct. 1888. Geneve 1888.
Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. Bd. 14. Zürich 1889.
Worr, R. Astronomische Mittheilungen. LXXIII. Zürich 1889.
KAnmErmanNn, A. Resume meteorologigue de l’annee 1888 pour Geneve et le Grand Saint-
Bernard. Geneve 1889. Extr.
Memorias de la Real Academia de Ciencias exactas, fisicas y naturales de Madrid. T. XII.
P. 2. 3. Madrid 1888. 1889. 4.
Boletin de la Real Academia de la Historia. T. XIV. Cuad. VI. 1889. T.XV. Cuad. I
bis III. Julio— Set. 1889. Madrid 1889.
Resumen de las Observaciones meteorologicas durante el Ano de 1884, 1885, 1886 y 1887
efectuadas en el Observatorio de Madrid. Madrid 1889.
Revista de los Progresos de las Ciencias exactas, fisicas y naturales. DT. XXI. N. 5—7.
Madrid 1888. 1889.
Ranos- CoELHo, Jose. Historia do Infante D. Duarte. T.1I. Lisboa 1889.
Institutul meteorologie al Romaniei. — Herıres, Sr. C. Studiu asupra elimei Bucurestilor
in Anii 1885—88. P.I. Bucuresti 1889. 4.
Le bulletin de la SocietE des Medecins et des Naturalistes de Jassy. Annee 2. N. 11. 12.
Jassy 1888.
Ephemeris arch. 1888. 3. Athen 1889. 4.
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Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (27)
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1888. Washington 1589.
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‚Annals of the New York Academy of Sciences late Lyceum of Natural History. Vol. IV.
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Transactions of the New York Academy of Sciences. 1888—1889. Vol. VIII. N. 1-4.
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Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution for the year ending
June 30, 1886. P.I. Washington 1889.
Memoirs of the National Academy of Sciences. Vol.IV. P.1. Washington 1888. 4.
Gourp, B. A. On the reduction of Photographie Observations. — Reduction of photographie
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Annals of Mathematics. Vol. IV. N.6. Vol.V. N.1. Washington 1889. 4.
Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. P.1. 1889. Philadelphia
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Proceedings of the American Philosophical Society, held at Philadelphia. Vol. XXVI. 1839.
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The American Journal of Philology. Vol.X.1. N.37. Baltimore 1889.
Johns Hopkins University Studies in historical and political Science. Seventh Series II—VI.
Baltimore 1889.
Johns Hopkins University Circulars. Vol. VIN. N. 69—74. Baltimore 1389. 4.
The Journal of the Cincinnati Society of Natural History. Vol. XII. N. 1. Cinein-
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Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. XVI. "N. 5.
XVI. N. 4. Cambridge 1889.
Memoirs of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. XIV. N. |.
P. II. Cambridge 1889. 4.
Annals of Harvard College Observatory. Vol. XVII. N.IX. Vol. XIX. P. 1 (Meteorol.
Observations 1340—-1888). Vol. XX. P. 2 (Meteorol. Observations the year 1888).
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Inundacion de la Ciudad de Leon. Mexico. 1Bl. Fol.
Inundacion de la Ciudad de Lagos. Mexico. 1Bl. Fol.
Memorias de la Sociedad cientifica » Antonio Alzate«. T.1l. Cuad. N. 9. 10. Mexico 1889.
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Sitzungsberichte 1859. 9)
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Rio de ‚Janeiro 1889.
Boletin de la Academia Nacional de Ciencias en Cordoba. T. XI. Entr. 3a. Buenos
Aires 1888.
Journal of the China Branch of the Royal Asiatie Society. N. Ser. Vol. XXIU. N. 2.
1888. Shanghai.
The Journal of the College of Science. Imperial University, Japan. Vol. Il. P.I. 1.
Tokyo 1889.
Mittheilungen aus der medieinischen Facultät der K. Japanischen Universität. Bd. 1. N. 3.
Tokio 1889.
VIERTES VIERTELJAHR.
Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher.
Heft XXV. N. 17—22. Halle a. S. 1889. 4.
Sützungsberichte der mathematisch- physikalischen Classe der K. B. Akademie der Wissenschaften
zu München. 1889. HeftII. München 1889. — der philos., philol. u. historischen
Olasse. 1889. Bd. II. Heft 1. München 1889.
Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg- Augusts- Universität
zu Göttingen. 1889. N. 14—18. Göttingen 1889.
Abhandlungen der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 35 vom Jahre 1888.
Göttingen 1889. 4.
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- u. Salinen- Wesen im Preussischen Staate. Bd. XNXNXV1.
Heft 4 mit einem Atlas, enthaltend die Tafeln XIII—XV, sowie mit der Text-
tafel F. Berlin 1889. 4 und Fol.
Jahrbuch des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Bd.IV. Heft3 und Ergänzungs-
heft II. Berlin 1889. 4.
Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Abtheilung. Bd. XIV,
Heft 3. Athen 1889.
Repertorio universale delle opere dell’ Istituto archeologico. Sezione Romana. Anni 1874
— 1885. Roma 1889.
Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abtheilung. Bd.IV.
Heft 2. Rom 1889.
Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten über die physikalischen Eigen-
schaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1888. Heft VII—IX.
Berlin 1889. 4.
Preussische Statistik. (Amtliches Quellenwerk.) 105. Die Ergebnisse der Ermittelung
des Ernteertrages im preussischen Staate für das Jahr 1858. — NCIX. Die
Sterblichkeit. Berlin 1889. 4.
Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXI. N. 13—16. Berlin 1889.
Übersicht über die Geschäftsthätigkeit der Aichungsbehörden während des Jahres 1888.
Berlin 1889. 4.
“
Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften. Viertes Vierteljahr. (29)
‚Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. XIX. Jahrgang 1887. Heft 1. Berlin 1889.
Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. XLl. Ri 1. Berlin 1889.
Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XVII (1889). Heft 4. 5. Berlin 1889.
Elektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. X. 1889. Heft KIK-XXIV. Berlin 1889.
Die Handschriften-Verzeichnisse der K. Bibliothek zu Berlin. Bd.6. Verzeichniss der
Türkischen Handschriften von W. PerrscH. Berlin 1839. 4.
Publicationen des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam. Bd.VI. Potsdam 1889. 4
Astronomische Nachrichten. Bd. 122. Kiel 1889. 4.
Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Systeme der Deutschen Seewarte für die
Lustren 1876 — 1880 und 1881— 1885, sowie das Decennium 1876— 1885. Hamburg
1889. 4.
Wettertabellen der Deutschen Seewarte. Jahrg. XIV. 1889. N. 182— 273. Hamburg. Fol.
Monatsbericht der Deutschen Seewarte. Mai 1889 und en Da 1889.
Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. Jahrg. VI. Hälfte 2. 1888.
Hamburg 1889.
Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 24. Heft 4. Leipzig 1889.
Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd.43. Heft III. Leipzig 1889.
Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd.1IX. N. 1—3. Leipzig 1889.
Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1887. Beobachtungssystem des Königreichs
Sachsen. — Bericht über die Thätigkeit im Königl. sächsischen meteorologischen
Institut für das Jahr 1887. — II. Hälfte oder Abtheilung III des Jahrbuches des
Königl. sächsischen meteorologischen Institutes. V. Jahrg. 1887. Chemnitz 1889.
1—5. Jahresbericht des Oberhessischen Vereins für Lokalgeschichte. 13578—1887. Giessen
1879 — 1887.
Mittheilumgen des Oberhessischen Geschichtsvereins in Giessen. BAl. Giessen 1389.
24. und 25. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen
1886. 1887.
Bericht der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammte Naturkunde zu Hanau über den
Zeitraum vom 1. Jan. 1883 bis 31. März 1885. — vom 1. April 1885 bis 31. März 1887.
— vom 1. April 1887 bis 31. März 1889. Hanau 1885. 1887. 1889.
Zeitschrift für Naturwissenschaften. Bd. LX1. Folge IV. Bd. VIII. Heft 2. Halle a. S.
Württembergische Vierteljahrshefte fir Landesgeschichte. Jahrg. XII. 1889. Heft1l. Stuttgart
1889. 4.
Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig - Holstein. Bd.VllI. Heft.
Kiel 1889.
Bulletin mensuel de la Societe des Sciences, Agriculture et Arts de la Basse- Alsace. T. XXI.
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W. Scautrz. Hannover 1889. 4. 2 Ex.
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von A. Mir.c#HorrEr. Berlin 1889. Fol. und 4.
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Parrsch, J. Die Insel Leukas. Eine geographische Monographie. Gotha 1889. 4. Sep.
Ahdır.
E*
(30) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr.
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Verzeichniss der Kunstdenkmäler der Provinz Schlesien. Bd. Ill. Lief. 1. Breslau 1889.
Urkunden-Buch der Stadt Lübeck. Th. 8. Lief. 11.12. Lübeck 1889. 4.
Karr Scummr’s Geschichte der Pädagogik in der vorchristlichen Zeit. 4. Auflage viel-
fach vermehrt, verbessert und umgearbeitet von Dr. E. Hannax. Bd.1. Cöthen
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9 Sep.- Abdrücke aus den Denkschriften und Sitzungsberichten. Wien 1889. 4 und 8.
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Wien. Der math.-naturw. Classe. Abth. I. 1888. N.6—10. 18539. N.1—3. Abth. Ila.
1888. N.8—10. 1889. N.1—3. Abth.IIb. 1888. N.1—10. 1889. N.13.
Abth. III. 1888. N. 7—10. 1889. N. 1—4 und Register N. 12. 1888. Wien 1889.
Almanach der K. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 39. 1889. Wien.
Mittheilungen aus dem Vaticanischen Archive. Herausgegeben von der K. Akademie der
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Venetianische Depeschen vom Kaiserhofe. Herausgegeben von der historischen Com-
mission der K. Akademie der Wissenschaften. Bd.I. Wien 1889.
Jahrbücher der K. K. Central- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Jahrg. 1887.
N. Folge Bd. XXIV. Wien 1888. 4.
Jahrbuch der K. K. Geologischen Reichsanstalt. Bd. NXXVII. Heft1.2.4. Wien 1889.
Verhandlungen der österreichischen Gradmessungs-Commission. Protokolle über die am
17. 18. 19. Dec. 1885, am 9. 10. 11. Dec. 1886 und am 13. Jan., 28. 29. Dee. 1837,
26. März 1588 und 24. April 1889 abgehaltenen Sitzungen. Wien 1889.
Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Bd. 74. Hälfte 1.2. Wien 1889.
Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark. Heit NXXVI. Graz 1889.
Programm der k. k. Berg- Akademie in Leoben für das Studienjahr 1889/90. Leoben 1889.
Sitzungsberichte der kgl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. Math. naturw. Classe. 1889.
I. Prag 1889.
Personalstand der K. K. deutschen Carl- Ferdinands- Universität in Prag zu Anfang des
Studienjahres 1889/90. Prag.
Lotos. Jahrbuch für Naturwissenschaft. N. F. Bd. X. Prag 1890.
Spisüv poctenljeh jubilejni conou kral. &. spolecnosti nauk v Praze. Cislo II. Praze 1889.
Mürrer, D. H. Glossen zum Corpus Inseriptionum Semiticarum._ s.1. et. a.
— —, Epigraphische Denkmäler aus Arabien. Wien 1889. 4. Sep. Abdr.
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Krakau 1889.
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Historische Abhandlungen. XII, 9—12. XIV, 1—4. Budapest 1888/89. (ung.)
Philosophische Abhandlungen. III, 1. Budapest 1389. (ung.)
Naturwissenschaftliche Abhandlungen. XVI,6 XVII, 1—5. Budapest 1588. (ung.
Naturwissenschaftlicher und mathematischer Anzeiger. Bd. V1, 2/3—8/9. VII. 1.2/3. Buda-
pest 1888. (ung.)
Staatswissenschaftliche Abhandlungen. IX,8—10. X,1.2. 4. Budapest 1883. 1359. (ung.)
Almanach der K. Ungy. Akademie für 1889. Budapest 1859. (ung.)
Jahrbuch der K. Ung. Akademie. XVII, 6. Budapest 1888. 4. (ung.)
Gedenkreden. V,1—8. Budapest 1888. 1889. (ung.)
Sitzungsberichte der K. Ung. Akademie. XXI (1888) 2—6. XXIII (1889) 1. Budapest
1885. 1889.
Sprachwissenschaftliche Abhandlungen. Bd. XIV, 8—10. Budapest 1887. 1888. (ung.)
Philologische Mittheilungen. Bd. XXI, 1.2. Budapest 1887. 1888. (ung.)
Archaeologischer Anzeiger. Neue Folge. VIII, 3—5. IX, 1.2. Budapest 1588. 1889. (ung.
Mathematische und naturwissenschaftliche Mittheilungen. XXIII, 1—3. Budapest 1888. (une.
Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte. Bd. VI. Berlin und Budapest 1889.
Acsapy. J. Die Finanzen Ungarns unter FERDINAND I. Budapest 1883. (ung.)
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The Gold- Fields of Victoria. Reports of the Mining Registrars for the Quarter ended
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Bulletin archeologique du Comite des travaux historiques et scientifiques. Annde 1889. N. 2,
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r . . ” m vr r. - .,6
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (33)
‚Journal de l’Ecole polytechnique. Cah. 58. Paris 1889. 4:
Revue scientifique. Ser. III. Annee IX. Sem. 2. T.44. N. 15— 24. Paris 1589. 4.
Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Part. tech. Ser. II. T. XV. Livr. 10. 11.
Part. litt. Ser. I. T. XXX. Livr. 4. 5. Paris 1889.
Annales des Ponts et Chaussees. Memoires. Ser. 6. Annee 9. Cah.7. 9. Paris 1889.
Bulletin de U’ Academie de Medecine. Ser.3. T. XXI. N. 39 —-49,. Paris 1889.
Memoires de la SocietE zoologique de France pour l’annee 1889. T.1l. P.1I. — pour
l’annee 1890. T.IIl. P.1. Paris 1889.
Bulletin de la SocietE zoologique de France pour l’annee 1889. T. XIV. N.6—8. Paris 1889.
Annales du Musee Guimet. Revue de l’histoire des Religions. Annee X. T. XIX.
Livr. 1.2.3. Paris 1889.
Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. 3. T. XVII. N.2. 8. Paris 1589.
Bulletin de la Societe de Geographie. Ser. VII. T.X. 1859. Trim. 1.2. Paris 1889.
Compte rendu de la Societe de Geographie. 1889. N. 13.14. Paris.
Revue numismatique. Ser. III. T. VII. Trim. 3. 1889. Paris 1889.
Feuille des Jeumes Naturalistes. Annee XX. N. 230. Rennes, Paris 1389.
Bulletin de la Societe mathematique de France. T.NXVI. N.4. Paris 1889.
Annales des Mines. Ser. VIIl. T.XV. Livr. 1.2.3. 1889. Paris 1889.
Compte-rendu sommaire des scances de la Societe philomatique de Paris. 1589. N. 3. Paris.
Comite international des poids et mesures. Proces-verbaux des seances de 1888. Paris 1589.
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Memoires de U’ Academie des Sciences et Lettres de Montpellier. Seetion des Lettres.
T. VIII. Fasc. 3. Annees 1888—89. Montpellier 1839. 4.
Memoires de l’ Academie de Stanislas. 1888. Annee OXXXIX. Ser. V. T. VI. Nancy 1889.
Bulletin de la Societe des Sciences de Nancy. Ser.Il. T.IX. Fase. XXU. Annee 21. 1888.
Paris 1589.
Union geographique du Nord de la France. Bulletin. 1883. 1886. (T. VII.) 1887. (T. VIII.)
T. IX. 1888. Nov. Dee. T. X. 1839. ‚Jan., Juin.-Nov.-Dec. Douai 1888—89.
Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Annee XII. Ser. 2. N. 17—20.
Bordeaux 1889.
Memoires de la Societe d’Emulation du Doubs. Ser. VI. Vol.3. 1888. Besangon 1889.
Bulletin de la Societe d’etudes scientifiques d’ Angers. N.Ser. XVII Annee 1887. Angers 1888.
Preeis analytique des travaux de l’Academie des Sciences, Belles- Lettres et Arts de Rouen,
pendant l’annde 1887—1888. Rouen 1889.
Memoires de l’Academie des Sciences, Belles-Lettres et Arts de Lyon. Classe des Sciences.
Vol. XXVIIl. Paris 1886. XXIX. Paris1888. Classe des Lettres. T.XXIV. Vol.XXV.
Paris 1887. XXVI. 1889.
Annales de la SocietE Linneenne de Lyon. Annee 1885. (Nouv. Serie) T. 32. Annee 1856.
T. 33. (N. S.) 1886. (N.S.) T. 34. Lyon 1886. 1887. 1888.
Annales de la Societe d’ Agriculture, Histoire naturelle et Arts utiles de Lyon. Ser. V. T.IX.
X. 1886. 1887. Ser. VI. T.I. 1838. Lyon 1887. 1888. 1889.
Vivien pe Samr-Marrın. Nouveau Dictionnaire de Geographie universelle. Fasc. 49.
Paris 1889. 4.
PErRor, G. et Cnıerez, Cu. Histoire de l’art dans V’antiquite. T. V. — Livr. 253 — 262.
Paris 1859.
Saınt-LAGER, Dr. Le proces de la nomenclature botanique et zoologique. Paris 1886.
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Lrwome, E. Sur la mesure de la simplicitE dans les traces geometriques. Paris 1889.
Extr. und 2 andere Extraits.
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Fase. 1—4. Sem. 2. Roma 1889.
Annali dell’ Uffieio centrale meteorologico e geodinamico italiano. Ser. II. Vol. VI. P.1.
— III. (1885). Vol. VI. P.I—IV. (1886). Roma 1387. 1888. 1889. 4.
Atti e Memorie della R. Accademia di Scienze, Lettere ed Arti in Padova. Anno COXC
(1858/89). Nova Serie. Vol. V. Padova 1889.
Atti e Rendiconti della Accademia medico-chirurgica di Perugia. Vol.1. Fase. 3.4. Perugia 1389.
Societa Reale di Napoli. Rendieonto Anno XXVI. 1888. Atti scienze morali e politiche.
Vol. XXIII. Napoli 1889. .... Atti. Ser. II. Vol. III. Napoli 1889. 4.
Bullettino di Archeologia eristiana del Comm. @. B. px Rossı. Ser. IV. Anno V. N. 1—4.
Roma 13837.
Atti della R. Accademia dei Fisiocritiei di Siena. Ser. IV. Vol.I. Fase. 8.9. Siena 1389.
(Griornale di Seienze naturali ed economiche. Pubblicato per cura della Societa di scienze
naturali ed eeonomiche di Palermo. Vol. XVII (Anno 1887). XIX (Anno 1888).
Palermo 1887. 1388. 4.
Atti dell’ Accademia Pontificia de’ Nuovi Lincei. Anno XL. Sess. IV — VIII. 1887. Roma
1887. 4. h
Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXIV,Disp. 13—15. 1888 — 1889.
Torino 1889.
Memorie della Reale Accademia delle Scienze di Torino. Ser. II. T. XXXIX. Torino
1889. 4.
Memorie della Regia Accademia di Scienze, Lettere ed Arti in Modena. Ser. II. Vol.VI.
Modena 1888. 4.
La Biblioteca communale e gli antichi Archivi di Verona nell’ anno 1888. Verona 1889. 4.
Marrone, M. Sulla risoluzione delle equazioni numeriche. Catanzaro 1889. 4.
Le Opere di Dante Alligieri come le vede Paolo Molteni. Libro primo e secondo,
Milano 1889.
Scacenı, A. Catalogo dei mirerali e delle rocce Vesuviane, Napoli 1889. 4. Estr.
— —. Sulle Ossa fossili trovate nel tufo dei Vulcani fluoriferi della Campania. Napoli
1888. 4. Estr.
— —. Il Vulcanetto di Puccianello. Napoli 1889. 4. Estr.
pE Lanza, F. Le origini primitive di Salona Dalmatica Heraclea Illinica. Studio storico
archeologico. Venezia 1889. Extr.
Rassa. M. Confronti e verificazioni d’azimut assoluti in Milano. (Pubblicazioni del R.
Össervatorio di Brera in Milano. N. XXXV.) Milano 1889. 4.
De schola Salernitana Orationes in Regio Salernitano Lyceo a Nicolao Santorelli hab.
Napoli 1885.
SANTORELLI, N. Inscriptiones sepulerales. Napoli 1884.
— —. In Jo. Bapt. Morgagni Historias exercitationes pathologico- eriticae Salerni ann. 1858
— 1860 cum selectioribus discipulis habitae. Salerni 1861. 4.
Memoires de l’Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. Ser. VII. T.XXXVI.
N. 17. T.XXXVI. N. 1. St. Petersbourg 1889. 4.
Bulletin de l’Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. Nouv. Ser. I(XXX]).
N.2. St. Petersbourg 1889. 4.
Bulletin du Comite geologique. 1888. Vol.VII. N. 6—10. 1889. Vol. VIH. N. 1—5.
Suppl. au T. VIII. 1888. — Bibliotheque geologique de la Russie 1888.
St. Petersbourg 1888. 1889.
Memoires du Comite geologique. Vol. VIII. N.1. St. Petersbourg 1888. Vol. III. N. 4,
St. Petersbourg 1839.
Ei
r . . ” . r. r. . Hr
Verzeiehniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (35)
Nouveaux Memoires de la SocietE Imperiale des Naturalistes de Moscou. T. XV. Livr. 6.
Moscou 1889. 4.
Universitäts- Nachrichten. Bd. XXIX. N.7—10. Kiew. (russ.)
v. Koxscuarow, N. Materialien zur Mineralogie Russlands. Bd. X. Bogen 7 — 14.
St. Petersburg 1889.
Finlands Geologiska Undersökning. Beskrifning till Kartbladet N.12— 15. Nebst 3 Karten
in Fol. Helsingfors 1888.
Öfversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar. Avg. 46. N.7. 8. Stockholm
1389.
Bihang till Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bd. XIV. Afd. 1—4.
Stockholm 1889.
Upsala Universitets Ärsskrift. 1888. Teologi. Upsala.
Forhandlingar i Videnskabs-Selskabet i Christiania. Aar 1888. Christiania 1588.
Oversigt over Videnskabs -Selskabets Moder i 1888. Christiania 1889.
Eithnografisk Tabel over Finmarkens Amt af J. A. Fries. Christiania 1888. Fol. 6 Bl.
Bergens Museums Aarsberetning for 1888. Bergen 1889.
Verhandelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Afd. Letterkunde. Deel 18. Amster-
dam 1889. 4.
Verslagen en Mededeelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Afd. Letterkunde. 3. Reeks.
Deel V. — Afd. Natuurkunde. 3. Reeks. Deel V. 1889. Amsterdam. 1838.
Jaarbock van de K. Akademie van Wetenschappen gevestigd te Amsterdam, voor 1888.
Amsterdam.
Archives Neerlandaises des Sciences exactes et naturelles. T. XXI. Livr. 5. Harlem 1889.
Archives du Musece Teyler. Ser. II. Vol. III. P.3. Haarlem 1889.
Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch-Indie. Volg. V. Deel 4.
Afl. 4. "sGravenhage.
Annales de l’Ecole Polytechnique de Delft. T.V. 1889. Livr. 1.2. Leide 1889. 4.
Jan Kors und van Erpen, J. W. Flora Batava. Atl. 285. 236. Leiden. 4.
Nederlandsch Meteorologisch Jaarbock voor 1879 II. 1888. Deel 40. Utrecht 1589. 4.
Nederlandsch Kruwidkundig Archief. Ser. U. Deel5. Stuk 3. Nijmegen 1389.
Adam et Christus. Epistola ad Abraham. (Prijsvers). Amsterdam 1889.
Yatuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch- Indie. Ser. VII. Deel IX. Batavia 1889.
Bulletin de 1’ Academie Royale des Sciences de Belgique. Annee 59. Ser. 3. T.18. N.9. 10.
Bruxelles 1889.
Annales de la Societe geologique de Belgique. T. XIV. Livr. 2. T. XVI. 1888
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(36) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr.
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Anales del Instituto y Observatorio de Marina de San Fernando. Seecion 2. Observaciones
meteorolögicas. Ano 1888. San Fernando 1889. 4.
Almanaque nautico para 1891. Madrid 1889.
Commission des Travaus geologiques du Portugal. Cnorrar, P. Etude geologique du Tunnel
du Rocio. - Contribution a la connaissance du sous-sol de Lisbonne. Lisbonne 1889. 4.
Analele Institutului meteorologie al Romaniei. T.11l. 1587. Bucuresti 1889. 4.
Analele Academiei Romane. Ser. II. T.X. 1887/1888. Partea administrativa si desba-
terile. Ser. II. T.X. 1887/1888. Memoriie seetinuei istorice. Bucuresei 1889. 4.
Sevasros, E. DNunta la Römani. Studui istorieo -etnografieu comparativu. Bucuresei
1389.
Psaltirea Scheiana (1482) Mss. 449. B. A. R. Publicata de Prof. L. Bıaxv. T.I. Textul.
Bucuresci 1889.
Bulletin de la Societe des Medecins et des Naturalistes de Jassy. Annee Ill. Vol. MM. N 1.
Jassy 18839.
The American Naturalist. Vol. XXIII. 1889. N. 269. New York.
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National Academy of Sciences. Constitution and Membership. August 5. 1889. Washington
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Report of the Committee appointed (‚January 6, 1888) by the American Philosophical Society
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Purtrips, H. Subject Register of Papers published in the Transactions and Proceedings of
the American Philosophical Society. Philadelphia 1889.
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Proceedings of the American Philosophical Society, 1881—1889. Philadelphia 1889.
Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. P. 11. May— Sept. 1889.
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The Astronomical Journal. Vol.IX. N.8. 11—14. Boston 1889. 4.
Proceedings of the Portland Society of Natural History. Session of 1880—1881. 9 Num-
mern. 1881. Session 1381—1882. 3 Nummern. Session 1883—1889. N.20. May 1889.
Portland.
Brown, N.C. 4A Catalogue of the Birds known to occur in the vicinity of Portland Me.
Portland 1882. Extr.
Report of the Commissioner of Fisheries and Game of the State of Maine for the years 1871
&ll 1881. Augusta 1872 — 1882.
Report for the year 1588 — 1889, presented by the Board of Managers of the Observatory
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The Journal of the Cincinnati Society of Natural History. Vol. XII. N.2.3. Cineinnati 1889.
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Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (37)
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Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (39)
NAMENREGISTER.
Aupronn, Prof. in Leipzig, erhält 2000 Mark zu Studien über die kohlensauren
Kalkgebilde in der Haut der Spongien, Synapten u. s. w. 842.
ASSMANN, Dr. in Berlin, erhält 400 Mark zu Lufttemperatur-Messungen auf dem
Säntis. 730.
# AUWERS, über die Bearbeitung eines Catalogs von 303 Anschlusssternen für Zonen-
beobachtungen zwischen —2° und — 23° Deelination. 227.
, neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. Ill. 865. 883 — 912.
‚ über die Resultate spectrographischer Beobachtungen des Sterns Algol durch
Prof. H. €. Vocer und Dr. ScnEiner auf der Potsdamer Sternwarte. 1045—1046.
Bascınsky, über den Ursprung und den centralen Verlauf des Nervus acustieus des
Kaninchens und der Katze. 633. 635 — 639.
#®Bevrıcn, über das Alter der Tertiärbildungen von Olympia. 1045.
#=von Bezorn, zur Thermodynamik der Atmosphaere. 831.
pu Boıs-Reymonp, Jahresbericht des Curatoriums der Humsorpır - Stiftung. 42—49.
— ‚ Erwiderung auf Kunpr’s Antrittsrede. 683 — 685.
, über secundär-elektromotorische Erscheinungen an den elektri-
schen Geweben. 1129. 1131 —1165.
Borrzmann, tritt in die Zahl der Ehrenmitglieder über. 14.
Braun, Prof. Ferdinand in Tübingen, über Deformationsströme. 453. 507—518.
BrıeGer, Prof. L. in Berlin, zur Kenntniss der Bildung von Ptomainen und Toxinen
durch pathogene Bakterien. 3. 5—11.
‚ erhält 1500 Mark zur Fortsetzung seiner Untersuchungen über Ptomaine. 730.
Bropuun, Dr. Eugen in Berlin, experimentelle Untersuchungen über die psycho-
physische Fundamentalformel in Bezug auf den Gesichtssinn. 633. 641 — 644.
BrÜCKNnER, Prof. A. in Berlin, erhält 1500 Mark, um in St. Petersburg Material zu
einer ausführlichen Geschichte der polnischen Litteratur in deutscher Sprache zu
sammeln. 730.
Brunser, Bericht über die Savıcny-Stiftung. 43.
* ‚ über Spielarten und Abspaltungen der Friedlosigkeit. 229.
‚ Duodecimalsystem und Deeimalsystem in den Busszahlen der fränkischen
Volksrechte. 1037. 1039 — 1043.
Bürrner-Wosst, Dr. Th. in Dresden, erhält 400 Mark als Entschädigung für
seine Unkosten bei der von der philosophisch-historischen Classe ihm übertragenen
kritischen Ausgabe des Zonaras. 1081.
Cnevreur, Michel-Eugene, starb am 9. April in Paris. 347.
Cuun, Bericht über eine nach den Canarischen Inseln im Winter 1887/88 ausgeführte
Reise. II. Beobachtungen über die pelagische Tiefen- und Oberflächenfauna des
553.
ÜUrcnorıus, Dr. Conrad in Leipzig, Inschriften aus Kleinasien. 363. 365— 378.
östlichen Atlantischen Oceans. 139. 519
——, römische Staatsurkunden aus dem Archive des Asklepiostempels zu My-
tilene. 841. 953 — 981.
(40) Namenregister.
Conn, Prof. E. in Strassburg i. E., die Dielektrieitäts-Constante des Wassers. 379.
405 — 413.
Conn, Prof. Ferdinand in Breslau, zum eorrespondirenden Mitglied der physikalisch-
mathematischen Classe gewählt. 1129.
Coun, Dr. Leopold in Breslau, erhält einen Nebenpreis der Cuartorrex-Stiftung. 43.
Conwentz, Prof. in Danzig, erhält 1000 Mark zu Untersuchungen verkieselter
Hölzer auf der Insel Schonen. 730.
®Conze, über eine Form altgriechischer Kohlenbecken. 321.
Jahresberieht über die Thätigkeit des Kaiserlich deutschen archaeologischen
Instituts. 393. 447 —-452.
Currıus, Festrede zur Feier des Leisnız’schen Gedächtnisstages. 667 —679.
— , Erwiderung auf Korurer's Antrittsrede. 691 —693.
————, über athenische Bauten aus der kimonischen Zeit. 951.
Daur, Dr. in Kiel, erhält 600 Mark zu Untersuchungen über die niedere Süsswasser-
fauna der Elbmündung. 122.
VON DANcKELMANN, Generalseeretär der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin, er-
hält 600 Mark zur vrechnerischen Verwerthung der in Finschhafen auf Neu-
Guinea angestellten Gezeitenbeobachtungen. 730.
VON DECHEN, starb am 15. Januar in Bonn. 122.
®Drers, über zwei sibyllinische Orakel. 289.
‚ zu Hypereides gegen Athenogenes. 661. 663—. 666.
=DırLLmann, über die Tyrus- Weissagung im Buch Jesaia e. 23. 81.
®Diıuruey, über einige Handschriften Kanr’s auf der Rostocker Bibliothek. 601.
DonDers, starb am 24. März in Utrecht. 289.
Dünnter, Geh. Regierungsrath Dr. Ernst in Berlin, zum ordentlichen Mitgliede
der philosophisch -historischen Classe gewählt und bestätigt. 14.
, Antrittsrede, 685 — 688.
EusrrArTıADEs, Petros, starb zu Athen. 36.
®Ewarp, über südliche Turongebilde. 137.
Faussörr, Professor V. in Kopenhagen, erhält den Preis der Borr -Stiftung. 43.
Fırwıne, Prof. in Halle, erhält 1200 Mark zur Herausgabe eines provengalischen
Rechtsbuchs. 841.
FLEISCHMANN, Dr. A. in Erlangen, erhält 1500 Mark zur Erwerbung von Material
zu seinen embryologischen Forschungen. 730.
FrırscH, Prof. Gustav in Berlin, das numerische Verhältniss der Elemente des
elektrischen Organs der Torpedineen zu den Elementen des Nervensystems.
1099. 1101— 1111.
Fucns, zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 695. 713 — 726.
VON DER GABELENTZ, Prof. Georg in Berlin, zum ordentlichen Mitglied der philo-
sophisch -historischen Classe gewählt und bestätigt. 951.
Geıkıe, Archibald in London, zum correspondirenden Mitgliede der physikalisch-
mathematischen Classe gewählt. 122.
GERHARDT, Leissız und Spinoza. 1047. 1075 — 1080.
GIESEBRECHT, W,. von, starb in München am 18. December. 1130.
=GLASER, E., Skizze der Geschichte Arabiens. 829.
Haxv, Prof. Julius in Wien, zum correspondirenden Mitgliede der physikalisch -mathe-
matischen Classe gewählt. 122.
Heıyrıcıus, Dr. G. in Helsingfors, über die Entwickelung der Hunde -Placenta.
5l. 111—117.
Heınz, über die angebliche Metaphysik des Herennios, 1083. 1167—1190.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (41)
von Herunorrz, über atmosphaerische Bewegungen. 729. 761—780.
Hensen,. Prof. in Kiel, erhält 24600 Mark aus der Hunmsorvr -Stiftung für eine
Seefahrt im atlantischen Ocean zur Bestimmung der Menge der im Meere trei-
benden Lebewesen, des Plankton’s. 42.
— , erhält 70000 Mark aus dem Allerhöchsten Dispositionsfonds zu demselben
Zwecke. 121.
Herrz, Prof. Heinrich in Karlsruhe, zum correspondirenden Mitgliede der physi-
kalisch-mathematischen Classe gewählt. 142.
Hırsc#rerv, Bericht über das lateinische Inschriftenwerk. 37.
. die ritterlichen Provinzialstatthalter. 363. 417 — 442.
von Hormann, zur Kenntniss der Amine der Methyl- und Äthylreihe. 159. 161—168.
#= ————— , neue Untersuchungen über hochgegliederte Äthylenbasen. 159.
von Horst, Prof. H. in Freiburg i. B., zum correspondirenden Mitgliede der philo-
sophisch -historischen Classe gewählt. 730.
voN JHERING, Prof. Rudolf in Göttingen. zum correspondirenden Mitgliede der
philosophisch historischen Classe gewählt. 730.
Kayser, Prof. H. in Hannover, über die Speetren der Elemente. 1. Über die
im galvanischen Lichtbogen auftretenden Bandenspeetra der Kohle. 139.
, erhält mit Prof. Runge 1560 Mark zur Fortsetzung seiner Untersuchungen
über die Spectren der Elemente. 842.
®RKıerErt, über die Ortslagen der adramytenischen Landschaft. 727.
KırcHHorr, Bericht über die griechischen Inschriften. 37.
950.
Kreın, die Meteoriten-Sammlung der Königlichen Friedrich - Wilhelms - Universität
zu Berlin. 841. 343 — 864.
Korster, Prof. Ulrich in Berlin, zum ordentlichen Mitgliede der philosophisch-
‚ Bemerkungen zu Euripides Andromache 1173ff. 943. 945
historischen Classe gewählt und bestätigt. 14.
‚ über die auf das Bild der Parthenos bezüglichen Reehnungsurkunden.
221. 223— 225.
—— ,„ Antrittsrede. 689 —691.
Könıs, Dr. Arthur in Berlin, experimentelle Untersuchungen über die psychophy-
sische Fundamentalformel in Bezug auf den Gesichtssinn. 633. 641—644.
Krasse, Dr. G. in Berlin, erhält 1200 Mark zur Untersuchung der Cladoniaceen
im Harze. 730.
KRONECKER, zur Theorie der elliptischen Funetionen. 51. 53—63. 121. 123—135.
199—220. 231. 255 — 275. 289. 309—-317.
, über symmetrische Systeme. 347. 349 — 362.
,‚ die Decomposition der Systeme von n? Grössen und ihre Anwendung
auf die Theorie der Invarianten. 453. 479—505. 601. 603—614.
,„ über eine summatorische Function. 865. 867 —881.
‚ erhält 3000 Mark zur Herausgabe der Werke Dirickzer’s. 1130.
Künteweın, Oberlehrer in Ifeld a. H., erhält 300 Mark zu einer wissenschaftlichen
Reise nach Florenz behufs einer Ausgabe des Hippokrates. 443.
Kuxpr, Antrittsrede. 679—683.
LADENBURG, Prof. A. in Kiel, über die Darstellung optisch activer Tropasäure und
optisch activer Atropine. 729. 785 — 797.
Lanporr, über die genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen.
453. 455 — 477.
Le#mann, erhält den Verdun-Preis. 36.
yon LENDENFELD,D!r.R. in Innsbruck, über die Bezeichnung der Spongiennadeln. 141,
42 Namenregister.
je)
Lersıus, Prof. R. in Darmstadt, erhält 2500 Mark zur Fortsetzung der geologischen
Kartirung Attikas. 122.
, erhält weitere 2500 Mark zum Abschluss derselben. 730.
, geologische Karte von Attika. 1045.
Liesreıen, Prof. OÖ. in Berlin, weitere Untersuchungen über den todten Raum bei
chemischen Reactionen. 159. 169 — 197.
MaurER, Prof. Konrad in München, zum correspondirenden Mitgliede der philo-
sophisch - historischen Classe gewählt. 730.
Mösıus, Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch. 865. 999 — 1006.
Morwke, Excellenz General - Feldmarschall Graf von, Adresse an ihn zu seinem
70 jährigen Dienstjubiläum. 141. 157 — 158.
Monusen,. Festrede zur Feier des Gedenktages Frıerprıcn’s 1. und zur Feier des
Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers. 23—35.
„ Bericht über das lateinische Inschriftenwerk. 37 — 39.
————, Erwiderung auf Dünnter’s Antrittsrede. 688 — 689.
,‚ über die neu gefundenen Fragmente des dioeletianischen Ediets. 829.
—— —, Zusatz zu: CicHorıus, römische Staatsurkunden aus dem Archive zu
Mytilene. 841. 973— 981.
=Morırz. A. Bernhard. zur Topographie der Palmyrene. 729.
Munk, über die centralen Organe für das Sehen und das Hören bei den Wirbel-
thieren. 443. 615 —632.
= ——, Sehsphaere und Augenbewegungen, nach gemeinschaftlich mit Hrn. Dr. Osrecıa
aus Bukarest ausgeführten Versuchen. 1037.
NaGEr, Dr. W. in Berlin, über die Entwickelung der Mürrer’schen Gänge beim
Menschen. 13. 15 —21.
Nernst, Dr. W. in Leipzig, zur Theorie umkehrbarer galvanischer Elemente. 13.
83 — 9.
NıeEse, Prof.. erhält 700 Mark zur Vervollständigung eines handschriftlichen Apparates
zur Ausgabe des Josephus. 14.
Orımanss, Dr. Friedrich in Rostock, Beiträge zur vergleichenden Entwickelungs-
geschichte der Fucaceen. 403. 585 — 600.
PEıser, Dr. F.E. in Berlin, die Zugehörigkeit der unter Nr. 84. 2—11 im British
Museum registrirten Thontafelsammlung zu den Thontafelsammlungen des König-
lichen Museums zu Berlin. 727. 813 — 828.
Pernıce, Bericht über die Savıcyy-Stiftung. 43.
#= —— —, über letztwillige Auflagen und Stiftungen. 221.
PFEFFER, Prof. Wilh. in Leipzig. zum correspondirenden Mitglied der physikalisch-
mathematischen Classe gewählt. 1129.
Pomrow, Dr., erhält 500 Mark für die Ausstattung seines Werkes über Delphi mit
Karten und Bildtafeln. 122.
#=PRINGSHEIM, über alkalische Ausscheidungen der Pflanzen im Licht. 319.
Pucusreiın, Dr. OÖ, in Berlin, zur pergamenischen Gigantomachie. II. 229. 323—345.
RANMELSBERG, über die chemische Natur der Glimmer. 97. 99— 109.
von Regeur-Pascuwırz, Dr. E. in Potsdam, erhält 900 Mark zu seinen Unter-
suchungen über Veränderungen der Lothlinie. 14.
Reye, Prof. Th. in Strassburg, über lineare Mannigfaltigkeiten projeetiver Ebenen-
büschel und collinearer Bündel oder Räume. 831. 833 — 839.
Rıyye, Dr. F. in Berlin, über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes.
865. 1007 — 1026.
———, über Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. 865. 1027—1036.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (43)
RosenrHar, Prof. L. in Erlangen, calorimetrische Versuche an Säugethieren. 231.
245 — 254.
*Rown, über die Veränderungen, welche die Gesteine durch Blitzwirkungen, Erd-
brände und Contact mit Eruptivgesteinen erleiden. 403.
von Rorn, Prof. Rudolf in Tübingen, zum auswärtigen Mitglied der philosophisch-
historischen Classe gewählt. 601.
®Runge, Prof. ©. in Hannover, über die Speetren der Elemente. II. Über die im
galvanischen Lichtbogen auftretenden Bandenspeetra der Kohle. 139.
,„ erhält mit Prof. Kayser 1560 Mark zur Fortsetzung seiner Untersuchungen
über die Speetren der Elemente. 842.
=SacHaau, Neuarabische Volkslieder. 393.
ScHıMmPER, Prof. in Bonn, erhält 3000 Mark zu einer Reise nach Java behufs Unter-
suchung der Lebensbedingungen der tropischen Vegetation. 842.
®Scnwmıpt, über die indogermanischen Benennungen des Auges. 119.
SCHMOLLER, Bericht über die politische Correspondenz Frıeprıc#'s des Grossen. 39—40.
‚ Bericht über die Acta Borussica. 41—42.
‚über das Fremdenrecht in seiner historischen Entwickelung und handels-
politischen Bedeutung. 415.
#SCHNEIDER, Dr. Rob. in Berlin, neue histologische Untersuchungen über die Eisen-
aufnahme in den Körper des Proteus. 1045.
SCHÖNFLIESS, Dr. in Göttingen, erhält 500 Mark zur Herstellung von Modellen zu
Gruppen von Transformationen des Raumes- 14.
Scaorr, starb am 21. Januar zu Berlin. 35.
®SCHRADER, über die Asarhaddon-Stele von Sindjerly. 1.
,‚ zur Geographie des assyrischen Reichs. 1081.
SCHULZE, über die Bezeichnung und Verbreitung der verschiedenen Spongiennadel-
formen. 13.
‚ über die Bezeichnung der Spongiennadeln. 141.
, zeigt einige Exemplare von Protopterus annectens vor, welche Dr. SrunLmann
von Quilimane in enkystirtem Zustande an das zoologische Institut gesandt hat. 711.
,‚ über die Gattung Stelletta. 997.
SCHUMANN, Dr. K. in Berlin, Beiträge zur Kenntniss der Monochasien. 379. 555—584.
SCHWENDENER, die Spaltöffnungen der Gramineen und Cyperaceen. 65—79.
, zur Doppelbrechung vegetabilischer Substanzen. 231. 233—244.
SıEBBEN, Dr. A. in Lichterfelde, Experimentaluntersuchungen über elektrische Figuren
auf lichtempfindlichen Platten. 289. 395—401.
STEINER, Prof. I. in Cöln, erhält 1000 Mark zur Fortsetzung seiner Studien über
die Funetionen des Centralnervensystems und ihre Phylogenese. 842.
STRASBURGER, Prof. Ed. in Bonn, zum correspondirenden Mitglied der physikalisch-
mathematischen Classe gewählt. 1129.
Srupenmunp, Prof. Wilhelm in Breslau, zum correspondirenden Mitgliede der philo-
sophisch - historischen Classe gewählt. 730.
‚ starb am 9. August in Breslau. 842.
STuHLMANN, Dr. Franz in Würzburg, erhält 1000 Mark zur Fortsetzung der faunisti-
sehen Erforschung von Sansibar. 141.
, erhält weitere 1000 Mark zu demselben Zwecke. 443.
, erhält weitere 2000 Mark zu demselben Zwecke. 730.
, zweiter Bericht über eine mit Unterstützung der Königlichen Akademie
der Wissenschaften nach Ost- Afriea unternommene Reise. 453. 645—660.
= ———, sendet einige Exemplare von Protopterus annectens von Quilimane. 711.
Sitzungsberichte 1889. F
(44) Namenregister.
TUHLMANN, dritter Berieht über seine Reise. 831.
Such#ier, Prof. in Halle, erhält 1200 Mark zur Herausgabe eines provencalischen
Rechtsbuchs. 841.
von Syset, Bericht über die politische Correspondenz Frıeprıca’s des Grossen. 39—40.
— ———, Berieht über die historische Station in Rom. 43—44.
, zur Geschichte der Berliner Märztage. 445.
Taıesen, Dr. M. in Sevres, Theorie der pendelartigen Schwingungen. 159. 277—288.
THorBEcKE, Prof. H. in Halle a. S., erhält 920 Mark zur Herausgabe des arabischen
Dichters Al-A’scha. 730.
#ToBLEr, vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. 137.
‚ Predigten des h. Bernhard in altfranzösischer Übertragung. 289. 291— 308.
————— , drei französische Wörter etymologisch betrachtet. 1083. 1085—1097.
VAHLEN, über Arsinoe Zephyritis. 45. 47—49.
————., iiber eine Rede bei Livius. 1047. 1049—1063.
Vırcmow, über ostafrieanische Schädel. 379. 381—391.
WALDEYER, über die Placenta von Inwus nemestrimus. 633. 697—710.
WarrEsnsach, über die mit Gold auf Purpur geschriebene Evangelienhandschrift der
Hamilton schen Bibliothek. 141. 145—156.
A. WEBER, über die Samyaktva Kanmudi, eine eventualiter mit 1001 Nacht auf
gleiche Quelle zurükgehende indische Erzählung. 729. 731—759.
‚ über zwei Vedänta-Texte. 1047. 1065— 1073.
WEBER, Prof. Leonhard in Breslau, über Blitzphotographien. 729. 781—784.
WEIERSTRASSs, Bericht über die Herausgabe der Werke Javosr's. 42.
u; ,‚ über ein Verfahren, das Fundamentaltheorem der Algebra, dass jede
Gleichung nten Grades » Wurzeln besitzt, auf directeste Weise rein arithmetisch
zu entwickeln. 121.
WEIGAND, Dr. Gustav in Leipzig, erhält 1200 Mark zu seinen linguistisch - ethno-
graphischen Forschungen im Gebiet der Zinzaren. 141.
,‚ erhält weitere 1200 Mark zu demselben Zwecke.‘ 444.
Weınsorp, Prof. Karl in Berlin, zum ordentlichen Mitgliede der philosophisch-
historischen Classe gewählt und bestätigt. 842.
#WeEızsÄcKER, über den Versuch eines National-Coneils in Speier den 11. November
1524. 45.
‚starb am 3. September 842.
WEnptanD, Dr. Paul in Berlin, erhält den Preis der CRarLorren -Stiftung. - 43.
Wırr, Dr. L. in Rostock, Bericht über Studien zur Entwickelungsgeschichte von
Platydactylus mauritanieus. 1099. 1121—1128.
DE Wırre, starb am 30. Juli in Paris. 842.
WoRrTMANN, Dr. in Strassburg i. E., erhält 700 Mark für eime Reise nach Neapel zu
Untersuchungen an Meeresalgen. 122.
Wrıcar, William, starb am 22. Mai in Cambridge. 601.
Würıner, Prof. Adolf in Aachen, zum eorrespondirenden Mitgliede der physikalisch-
mathematischen Classe gewählt. 142.
,„ über den allmählichen Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen
Formen. 711. 793—812.
——, die allmähliche Entwickelung des Wasserstoffspeetrums. 1099. 1113—1119.
ZACHARIAS, Dr. Otto in Hirschberg i. Schl., erhält 400 Mark zur Fortsetzung seiner
mikrofaunistischen Studien. 730.
ZELLER, Bericht über die Aristoteles-Commentatoren. 39.
‚ über die ältesten Zeugnisse zur Geschichte des Pythagoras. 983. 955—996.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (45)
SACHREGISTER.
Acta Borussiea, Bericht. 41—42.
Adramytenische Landschaft, über die Ortslagen derselben, von Kırrerr. 727.
Adresse an Se, Excellenz den Generalfeldmarschall Grafen von Morrke zu seinem
siebzigjährigen Dienstjubiläum. 141. 157—158.
Äthylenbasen, neue Untersuchungen über hochgegliederte —, von von Hormnann 159.
Asarhaddon-Stele von Sindjerly, über dieselbe von Scuraver. 1.
Algebra, über ein Verfahren, das Fundamentaltheorem derselben, dass jede Gleichung
nten Grades » Wurzeln besitzt, auf directeste Weise rein arithmetisch zu ent-
wickeln, von WEıErsSTRAss. 121.
Algol, über die Resultate speetrographischer Beobachtungen dieses Sterns, von
Auwers. 1045—1046.
Alkalische Ausscheidungen der Pflanzen im Licht, über solche, von Prınss-
HEIM. 319.
Altgriechische Kohlenbeeken, über eine Form derselben, von Coxze. 321.
Amine der Methyl- und Äthylreihe, zur Kenntniss derselben, von von Hormann.
159. 161—168.
Anatomie: G. Heisrteıvs, über die Entwickelung der Hunde -Placenta. 51. 111—117.
— W. Naser, über die Entwickelung der MüÜrter’'schen Gänge beim Menschen.
13. 15— 21. — WArDpEveERr, über die Placenta von Inuus nemestrinus. 633. 697— 710.
Anthropologie: VırcHow, über ostafricanische Schädel. 379. 381—391.
Arabien, Skizze der Geschichte desselben, von E. GLAser. 829.
Archaeologie: Conze, über eine Form altgriechischer Kohlenbecken. 321. —
Currıus, über athenische Bauten aus der kimonischen Zeit. 951. — ©. Puch-
STEIN. zur pergamenischen Gigantomachie. 229. 823—345.
Archaeologisches Institut, Jahresbericht. 393. 447—452.
Aristoteles-Commentatoren, Bericht. 39. — Neue Publieationen. 393. — Geld-
bewilligung. 443. 841.
Arsinoe Zephyritis, über dieselbe, von Vanten. 45. 47
49.
Assyrisches Reieh, zur Geographie desselben, von SchrAver. 1081.
Astronomie: Auwers, über die Bearbeitung eines Catalogs von 303 Anschlusssternen
für Zonenbeobachtungen zwischen — 2° und — 23° Deelination. 227. — Der-
selbe, neue Untersuchungen über den Durchmesser der Sonne. Ill. 865. 883—-942.
— Derselbe, über die Resultate speetrographiseher Beobachtungen des Sterns
Algol durch Prof. H.C. Vocer und Dr. ScHEiner auf der Potsdamer Sternwarte.
1045— 1046.
Athenisehe Bauten aus der kimonischen Zeit, über solche, von Qurrıs. 951.
Atlantischer Ocean, s. Pelagische Tiefen- und Oberflächenfauna.
Atmosphaere, zur Thermodynamik derselben, von vox Bezorn. 331.
Atmosphaerische Bewegungen, über dieselben, von von Herunorrz. 729. 761-— 780.
Atropine s. Tropasäure.
F*
(46) Sachregister.
Attika, topographisch -archaeologische Aufnahme. 14.
———, geologische Karte, von Lersıus. 1045.
Auge, über die indogermanischen Benennungen desselben, von Schuipr. 119.
Bakterien, s. Ptomaine.
Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch. von Mösıvs. 865. 999 — 1006.
Bandenspeetra der Kohle, über die im galvanischen Lichtbogen auftretenden —,
von Kayser und Runge. 139.
Berichte über akademische und mit der Akademie verbundene Unternehmungen:
über die lateinischen Inschriften. 13. 37—39. 841; — über die topographisch-
archaeologische Aufnahme von Attika. 14; — über die griechischen Inschriften.
37. 841; — über die Herausgabe der Aristoteles-Commentatoren. 39. 393. 443.
841; — über die römische Prosopographie. 39. 443. 841; — über das Corpus
nummorum. 39. 443; — über die Herausgabe der politischen Correspondenz
Frieorıca's des Grossen. 39—40. 443; — über die Acta Borussiea. 41—42; —
über die Herausgabe der Werke Jacozr's. 42; — über die Hunsorpr - Stiftung.
42—43; — über die Savısny-Stiftung. 43; — über die Borr -Stiftung. 43; —
über die historische Station in Rom. 43—44; — über das Kaiserlich Deutsche
archaeologische Institut. 393. 447— 452; — über Dirıcarer’s Werke. 841.
Berliner Märztage, zur Geschichte derselben, von von SyBEL. 445.
Bernhard, Predigten des heiligen — in altfranzösischer Übertragung, von ToBLEr.
289. 291 — 308.
Blitzphotographien, über solche, von L. WEreEr. 729. 781 — 784.
Bopp-Stiftung, Bericht. 43.
Botanik: F. Orrmanns, Beiträge zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte der
Fucaceen. 403. 585— 600. — PrınssuEeim, über alkalische Ausscheidungen der
Pflanzen im Licht. 319. — K. Schumann, Beiträge zur Kenntniss der Monochasien.
379. 555 — 584. — SCHWENDENER, die Spaltöffnungen der Gramineen und Cy-
peraceen. 65—79. — Derselbe, zur Doppelbrechung vegetabilischer Substanzen.
231. 233 — 244.
Calorimetrische Untersuchungen an Säugethieren, von RosenrHAan. 231. 245— 254.
Canarische Inseln, Berieht über eine im Winter 1887/83 ausgeführte Reise dorthin,
von Caun. 139. 519 — 553.
Charlottenstiftung, Preisertheilung. 43.
Chemie: von Hormann, zur Kenntniss der Amine der Methyl- und Äthylreihe. 159.
161— 168. — Derselbe, neue Untersuchungen über hochgegliederte Äthylen-
basen. 159. — H. Kayser und €. Ruxse, über die Speetren der Elemente. II. Über
die im galvanischen Lichtbogen auftretenden Bandenspeetra der Kohle. 139. —
A. Lapengurg, über die Darstellung optisch aetiver Tropasäure und optisch activer
Atropine. 729. 785—787. — Lanporr, über die genaue Bestimmung des Schmelz-
punktes organischer Substanzen. 453. 455—477. — O. LiesrEicHh, weitere Unter-
suchungen über den todten Raum bei chemischen Reactionen. 159. 169 — 197.
— RuanmmELsBERG, über die chemische Natur der Glimmer. 97. 99—109. —
Würrxer, über den allmählichen Übergang der Gasspeetra in ihre verschiedenen
Formen. 711. 793—812. — Derselbe, die allmähliche Entwiekelung des Wasser-
stoffspeetrums. 1099. 1113—1119.
Corpus Inseriptionum Graecarum: Bericht. 57. — Geldbewilligung. 841.
Latinarum: Supplementa Italica. 13. — Bericht. 37—39.
— Geldbewilligung. 841.
Corpus nummorum: Bericht. 39. — Geldbewilligung. 443,
Cyperaceen, s. Spaltöffnungen.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (47)
Decomposition der Systeme von n? Grössen und ihre Anwendung auf die Theorie
der Invarianten, von Kronecker. 453. 479— 505. 601. 603 — 614.
Deformationsströme, über dieselben, von F. Braun. 453. 507 —518.
Dielektrieitäts- Constante des Wassers, über dieselbe, von E. Conn. 379.
405—413.
Differentialgleichungen, zur Theorie der linearen —, von Fuens. 695. 713— 726.
Diocletianisches Ediet, über die neu gefundenen Fragmente desselben, von
Monmnsen. 829.
DirıcarLer’s Werke. 841.
Doppelbrechung vegetabilischer Substanzen, zu derselben, von SCHWENDENER. 231.
233 — 244.
Duodecimalsystem und Decimalsystem in den Busszahlen der fränkischen Volks-
rechte, von Brunner. 1037. 1039 — 1043.
Ebenenbüschel, über lineare Mannigfaltigkeiten projeetiver — und collinearer
Bündel oder Räume, von Tu. Reve. 831. 833 — 339.
Ehrenmitglieder: Bovrzmann. 14.
Eisenaufnahme in den Körper des Proteus, neue histologische Untersuchungen über
dieselbe, von R. SchnEiper. 1045.
Elektrische Figuren auf liehtempfindlichen Platten, Experimentaluntersuchungen
über solche, von A. Sıesen. 289. 395 — 401.
Elektrisches Organ der Torpedineen, über das numerische Verhältniss der Elemente
desselben zu den Elementen des Nervensystems, von G. Frrrsen. 1099. 1101—1111.
Elliptische Funetionen, zur Theorie derselben, von KroneEckeEr. 51. 53 —623.
121. 123—135. 199 —220.. 231. 255— 275. 289. 309— 317.
Evangelienhandschrift, über die mit Gold auf Purpur geschriebene — der
Hamilton’schen Bibliothek, von Warrengacn. 141. 143 — 156.
Festreden: zur Feier des Gedenktages Frreprıcr's ll. und zur Feier des Geburts-
tages Seiner Majestät des Kaisers (Momusen). 23—35. — zur Feier des Leısnız-
schen Gedächtnisstages (Currıvs). 667 —679.
Fränkische Volksreehte, Duodeeimalsystem und Deeimalsystem in den Buss-
zahlen derselben, von Brunner. 1037. 1039 — 1043.
Französische Grammatik, vermischte Beiträge zu derselben, von Toter. 137.
Französische Wörter, drei —, etymologisch behandelt, von Tosrer. 1083.
1085— 1097.
Fremdenrecht, über dasselbe in seiner historischen Entwicekelung und handels-
politischen Bedeutung, von ScHmoLLer. 415.
Friedlosigkeit, über Spielarten und Abspaltungen derselben, von Brunner. 229.
Friedrich der Grosse, politische Correspondenz: Bericht. 39—40. — Geldbewilli-
gung. 443.
Fucaceen, Beiträge zur vergleichenden Entwiekelungsgeschichte derselben , von
Orrmanns. 403. 585—600.
Galvanische Elemente, umkehrbare, zur Theorie derselben. von W. Nernstr.
13. 83—95.
Gasspeetra, über den allmählichen Übergang derselben in ihre verschiedenen For-
men, von Würrner. 711. 793—812.
Geldbewilligungen zur Fortführung der wissenschaftlichen Unternehmungen der
Akademie: Aristoteles- Commentatoren. 443. 841. — Prosopographie. 443. 841.
— (Corpus Inseriptionum Latinarum. 443. 841. — Politische Correspondenz
Frieprien's II. 443. — Corpus nummorum. 443. — Corpus Inseriptionum
Graecarum. 841.
(48) Sachregister.
Geldbewilligungen für besondere wissenschaftliche Untersuchungen und Veröffent-
lichungen: Ausroxns, Kohlensaure Kalkgebilde in der Haut der Spongien. 842.
— Assmann, Lufttemperatur-Messungen. 730. — BRrıEGErR, Ptomaine. 730. —
Brückner, Geschichte der polnischen Litteratur. 730. — Bürrser-Wosst, Zonaras-
Ausgabe. 1081. — Conwentz, verkieselte Hölzer auf Schonen. 730. — Danr,
Süsswasserfauna der Elbmündung. 122. — von DanckeLmann, Gezeitenbeobach-
tungen in Finschhafen. 730. — Deutsche Colonial-Gesellschaft, Kroen-
zEeın’s Wörterbuch der Namaqua-Sprache. 444.
Fischer'’sche Buchhandlung,
Hydrophilus piceus, von Heıver. 730. — Frrrms und SucHier, provengalisches
Rechtsbuch. 841. — Freıschumann, embryologische Forschungen. 730. — Haun-
sche Buchhandlung, Leidener Codex tironischer Noten. 341. — Hensen, Plankton-
expedition. 42. 121. — Kayser und Runge, Speetren der Elemente. 842. —
Krasge. Cladoniaceen. 730. — Künteweın, Hippokrates. 443. — Lersıus, geo-
logische Kartirung Attika’s. 122. 730. — Nıese, Josephus. 14. — Physi-
kalische Gesellschaft, Fortschritte der Physik. 730. — von REBEUR-
Pascnwrrz, Störungen der Lothlinie. 14. — Reimer'’sche Buchhandlung, Delphi,
von Pomrow. 122. — Dieselbe, Etruskische Spiegel. 444. — Dieselbe,
Karte Kleinasiens, von Kırrerr. 1081. — ScHispEr, tropische Vegetation. 842.
— ScnönrLiess, Modelle zu Gruppen von Transformationen des Raumes. 14.
— StEINER, Centralnervensystem,. 842. — Sruurmann, faunistische Erforschung
von Sansibar. 141. 443. 730. — TuoRBEckE, Al-A’schä. 730. — Veit & Co.,
Torpedineen, von Frrrscn, 730. — Weıscann, Zinzaren, 141. 444. — Wortmann,
Meeresalgen. 122. — Zacharıs, mikrofaunistische Studien. 730.
Geographie: Kırrerr, über die Ortslagen der adramytenischen Landschaft. 727. —
B. Morrrz, zur Topographie der Palmyrene. 729. — ScHRADER, zur Geographie
des assyrischen Reichs. 1081.
Geologie und Mineralogie: Beyrıcn, über das Alter der Tertiärbildungen von
Olympia, 1045. — Ewarnp, über südliche Turongebilde. 139. — Krem, die
Meteoriten-Sammlung der königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität zu Berlin.
841. 843—864. — R. Lersws, geologische Karte von Attika. 1045. — F. Rınne,
über Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes. 865. 1007—1026. —
Derselbe, über Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. 865.
1027— 1036. — Rorn, über die Veränderungen, welche die Gesteine durch Blitz-
wirkungen, Erdbrände und Contact mit Eruptivgesteinen erleiden. 403,
Geschichte: Acta Borussiea. 41—42. — Frıeprıcn's des Grossen politische Cor-
respondenz. 39—40. 443. — E. Graser, Skizze der Geschiehte Arabiens. 829.
— Hırsc#reLp, die ritterlichen Provinzialstatthalter. 363. 417—442. — Münzen
Nordgriechenlands. 39. — Römische Prosopographie. 39. 443. 841. — Historische
Station in Rom. 43—44. — von SyserL, zur Geschichte der Berliner März-
tage, 445. — Warrensach, tiber die mit Gold auf Prurpur geschriebene Evangelien-
handschrift der Hamilton’schen Bibliothek. 141. 143—156. — WeEıizsÄckeEr,
über den Versuch eines National-Concils in Speier den 11. November 1524. 45.
Verel. Inschriften und Rechtsgeschichte.
Gesiehtssinn, experimentelle Untersuchungen über die psychophysische Fundamental-
formel in Bezug auf denselben, von A. Könıg und E. Bropnun. 633. 641—644.
Gismondin vom Hohenberg bei Bühne in Westfalen. über solchen von F. Rınne.
865. 1027— 1036.
Glimmer. über die chemische Natur derselben, von Ranmersgere. 97. 99—109.
Gramineen, s. Spaltöffnungen.
Habichtswald,. s. Limburgite.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (49)
Herennios, über dessen angebliche Metaphysik, von Herız. 1083. 1167—1190.
Historische Station in Rom, Bericht. 43—44.
Hohenberg bei Bühne, s. Gismondin.
Humboldt-Stiftung, Jahresbericht. 42—43.
Hunde-Placenta, über die Entwickelung derselben, von Heısricrws. 51. 111—117.
Hypereides gegen Athenogenes, zu —, von Diers. 661. 663—-666.
Jacobi’s Werke, Bericht. 42.
Indogermanische Benennungen des Auges, über dieselben, von Senumr. 119.
Inschriften: Ü. Cıcnorivs, Inschriften aus Kleinasien. 363. 365—378. — Derselbe,
römische Staatsurkunden aus dem Archive des Asklepiostempels zu Mytilene.
841. 953—981. — Korster, über die auf das Bild der Parthenos bezüglichen
Rechnungsurkunden. 221. 223—225. — Mounsen, Zusatz zu CicHorıvs, römische
Staatsurkunden. 841. 973—981. — F.E. Peıser, die Zugehörigkeit der unter
Nr. 84, 2—11 im British Museum registrirten Thontafelsammlung zu den Thon-
tafelsammlungen des Kgl. Museums in Berlin. 727. 813—828. — ScHRADER, über
die Asarhaddon -Stele von Sindjerly. 1.
Vergl. Corpus Inseriptionum.
Inuus nemestrinus, über dessen Placenta, von WaALpEvEr. 633. 697— 710.
Invarianten, s. Deeomposition.
Kaninchen, s. Nervus acustieus.
Kant, über einige Handschriften desselben auf der Rostocker Bibliothek, von Dirraey. 601.
Kleinasien, Inschriften von dort, von Cıcnorıus. 363. 365—378.
Kohle, s. Bandenspectra.
Leibniz und Spinoza, von GErHARDr. 1047. 1075— 1080.
Letztwillige Auflagen und Stiftungen, über solche, von Perxıce. 221.
Limburgite aus der Umgebung des Habichtswaldes, über solche, von F. Rıyse.
865. 1007— 1026.
Livius, über eine Rede bei demselben, von Vanuten. 1047. 1049—1063.
Loubat-Stiftung, Statut und Preisausschreiben. 729—730. 789—792.
Mathematik: Fuchs, zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 695. 713— 726.
— Jacosı’s Werke. 42. — Kronxecker, zur Theorie der elliptischen Functionen.
51. 53—63. 121. 123—135. 199—220. 231. 255—275. 289. 309—317. — Der-
selbe, über symmetrische Systeme. 347. 349—362. — Derselbe, die Deeom-
position der Systeme von n? Grössen und ihre Anwendung auf die Theorie der
Invarianten. 453. 479—505. 601. 603—614. — Derselbe, über eine summa-
torische Funetion. 865. 867—881. — Tu. Reve, über lineare Mannigfaltigkeiten
projeetiver Ebenenbüschel und collinearer Bündel oder Räume. 831. 833—839.
— WeEIERSTRAss, über ein Verfahren, das Fundamentaltheorem der Algebra, dass
Jede Gleichung »ten Grades » Wurzeln besitzt, auf direeteste Weise rein arith-
metisch zu entwickeln. 121.
Metaphysik, über die angebliche — des Herennios, von Herız. 1083. 1167—1190.
Meteoriten-Sammlung, die — der Königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität
zu Berlin, von Krrın. 341. 843—864.
Meteorologie: von BEzorv, zur Thermodynamik der Atmosphaere. 331. — von
Hersnorrz, über atmosphaerische Bewegungen. 729. 761—780. — L. Weser,
über Blitzphotographien. 729. 781 — 734.
Mineralogie, s. Geologie.
Monochasien, Beiträge zur Kenntniss derselben, von K. Scaumann. 379. 555—584.
Müller’sche Gänge, über die Entwickelung derselben beim Menschen, von
W.Nacer. 13. 15— 21.
(50) Sachregister.
Münzen Nordgriechenlands, Bericht über die Sammlung derselben. 39.
Mytilene, s. Römische Staatsurkunden.
National-Coneil in Speier, über den Versuch eines solchen, von Weizsäcker. 45.
Nervus acusticus des Kaninchens und der Katze, über dessen Ursprung und cen-
tralen Verlauf, von Bacınsky. 633. 635 — 639.
Neuarabische Volkslieder, von Sacnav. 393.
Olympia, über das Alter der dortigen Tertiärbildungen. von Beyrıcr. 1045.
Ost-Africa, Bericht über eine mit Unterstützung der Akademie dorthin unternommene
Reise, von SrunnLmann. 453. 645 —660.
Ostafricanische Schädel, von Vırcuow. 379. 381 — 391.
Palmyrene, zur Topographie derselben, von B. Morırz. 729.
Parthenos, über die auf das Bild desselben bezüglichen Reehnungsurkunden, von
KoesLer. 221. 223 — 225.
Pathologie: L. Brıeger, zur Kenntniss der Bildung von Ptomainen und Toxinen
durch pathogene Bakterien. 3. 5—11.
Pelagische Tiefen- und Obertlächenfauna des östlichen Atlantischen Oceans,
von Caun. 139. 519—553.
Pendelartige Schwingungen, Theorie derselben, von Tuıesen. 159. 277 —288.
Pergamenische Gigantomachie, zu derselben, von Pucasreiın. 229. 323— 345.
Personalveränderungen. 35. — Vergl. Ehrenmitglieder, Todesanzeigen und Wahlen.
Philologie, allgemeine: Schmir, über die indo-germanischen Benennungen des
Auges. 119.
‚ lateinische: Monusen, über die neugefundenen Fragmente des diocle-
tianischen Ediets. 829. — VAHrEn, über eine Rede bei Livius. 1047. 1049—1063.
‚ griechische: Aristoteles-Commentatoren. 39. 393. 443. S41. — Dies,
über zwei sibyllinische Orakel. 289. — Derselbe, zu Hypereides gegen Atheno-
genes. 661. 663— 666. — Kırcnnorr, Bemerkungen zu Euripides Andromache
1173 #f. 943. 945— 950. — VaAnren, über Arsinoe Zephyritis. 45. 47 —49.
‚ orientalische: Dirrmann, über die Tyrus-Weissagung im Buch Jesaia
e. 23. 81. — SacHau, neuarabische Volkslieder. 393. — WEBER, über die
Samyaktvakaumudi, eine eventualiter mit 1001 Nacht auf gleiche Quelle zurück-
gehende indische Erzählung. 729. 731—759. — Vergl. Inschriften.
‚romanische: Toster, vermischte Beiträge zur französischen Grammatik.
137. — Derselbe, Predigten des heiligen Bernhard in altfranzösischer Über-
tragung. 289. 231—308. — Derselbe, drei französische Wörter etymologisch
betrachtet. 1083. 1085 — 1097.
Philosophie: Dırrary, über einige Handschriften Kanr's auf der Rostocker Biblio-
thek. 601. — Geruaror, Leienız und Srınoza. 1047. 1075—1080. — Herız,
über die angebliche Metaphysik des Herennios. 1083. 1167—1190. — ZELLER,
über die ältesten Zeugnisse zur Geschichte des Pythagoras. 983. 985—996.
Physik: F. Braun, über Deformationsströme. 453. 507—518. — E. Conn,. die
Dielektrieitäts -Constante des Wassers. 379. 405—413. — W. Nersstr, zur Theorie
umkehrbarer galvanischer Elemente. 13. 83—95. — A. Sıesen, Experimental-
untersuchungen über elektrische Figuren auf lichtempfindlichen Platten. 289.
395—401. — M. Trıesen, Theorie der pendelartigen Schwingungen. 159. 277—288.
Physiologie: Bacınsky, über den Ursprung und den centralen Verlauf des Nervus
acusticus des Kaninchens und der Katze. 633. 635 —639. — nu Boıs-Reymonn,
über secundär-elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben.
1129. 1131—1165. — G. Frrrsch, das numerische Verhältniss der Elemente des
elektrischen Organs der Torpedineen zu den Elementen des Nervensystems. 1099.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (51)
1101—1111. — A. Könıs und E. Bropuun, experimentelle Untersuchungen über
die psychophysische Fundamentalformel in Bezug auf den Gesichtssinn. 633.
641—644. — Munk, über die centralen Organe für das Sehen und das Hören
bei den Wirbelthieren. 443. 615—-632. — Derselbe, Sehsphaere und Augen-
bewegungen, nach gemeinschaftlich mit Dr. Osresra aus Bukarest ausgeführten
Versuchen. 1037. — L. Rosenruar, über calorimetrische Versuche an Säuge-
thieren. 231. 245—254. — R. Schneider, neue histologische Untersuchungen
über die Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. 1045.
Placenta, s. Inuus nemestrinus; Hundeplacenta.
Plankton-Expedition, Geldbewilligung. 42. 121.
Platydacetylus mauritanicus, Bericht über Studien zur Entwickelungsgeschichte
desselben, von L. Wırr. 1099. 1121—1128.
Politische Correspondenz FkriepricH’s des Grossen, Bericht. 39
40. — Geld-
bewilligung. 443.
Preisaufgabe der Lousar - Stiftung. 789—792.
Preisertheilungen: aus dem Verdun-Preis 36; — aus der Borr - Stiftung 43; —
aus der CHARLOTTEN - Stiftung 43.
Prosopographie, römische. Bericht. 39. — Geldbewilligung. 443. 841.
Proteus, neue histologische Untersuchungen über die Eisenaufnahme in den Körper
desselben, von R. Scuneiper. 1045.
Protopterus annectens, einige Exemplare desselben, von SrusLmann aus Quilimane
gesandt, werden von ScHuLzE vorgezeigt. 711.
Provinzialstatthalter, die ritterlichen, von HırschreLnd. 363. 417—442.
Psychophysische Fundamentalformel in Bezug auf den Gesichtssinn, experi-
mentelle Untersuchungen über dieselbe, von A. Könıs und E. Bropkun. 633.
641—644.
Ptomaine und Toxine, zur Kenntniss der Bildung derselben durch pathogene
Bakterien, von L. BrıEGER. 3. 5—11.
Pythagoras, über die ältesten Zeugnisse zur Geschichte desselben, von ZELLER.
983. 985 —996.
Rechnungsurkunden, über die auf das Bild der Parthenos bezüglichen —, von
KoEkLer. 221. 223—225.
Rechtsgeschichte: Brunner, über Spielarten und Abspaltungen der Friedlosig-
keit. 229. — Derselbe, Duodecimalsystem und Decimalsystem in den Buss-
zahlen der fränkischen Volksrechte. 1037. 1039—1043. — Monnsen, über die
neugefundenen Fragmente des dioeletianischen Ediets. 829. — Pernice, über
letztwillige Auflagen und Stiftungen. 221. — Savıcny-Stiftung. 43. — SCHMOLLER,
über das Fremdenrecht in seiner historischen Entwickelung und handelspolitischen
Bedeutung. 415.
Reisen: Cuun, Bericht über eine nach den Canarischen Inseln im Winter 1887/88
ausgeführte Reise. 139. 519—553. — F. Srunrmann, Bericht über eine Reise
nach Ost-Africa. 453. 645—660. 831.
Römische Prosopographie, Bericht. 39. — Geldbewilligung. 443. 841.
Römische Staatsurkunden aus dem Archive des Asklepiostempels zu Mytilene,
von €. Cıcnorıs. 841. 953—981.
Säugethiere, calorimetrische Untersuchungen an denselben, von L. Rosenrnmar. 231.
245— 254.
Samyaktvakaumudi, über die —, eine eventualiter mit 1001 Nacht auf dieselbe
Quelle zurückgehende indische Erzählung, von Weser. 729. 731—759.
Savigny-Stiftung, Bericht. 43.
Sitzungsberichte 1889. G
(32) Sachregister.
Schädel, über ostafrieanische —. von Vırcnow. 379. 331—391.
Schmelzpunkt organischer Substanzen, über die genaue Bestimmung desselben, von
Lasporr. 453. 455—477.
Sehen und Hören bei den Wirbelthieren, über die centralen Organe für dasselbe,
von Munk. 443. 615—632.
Sehsphaere und Augenbewegungen, von Munk. 1037.
Sibyllinische Orakel, über zwei solche, von Dıers. 239.
Sindjerly, über die Asarhaddon-Stele von dort, von ScHRADER. 1.
Sonne, neue Untersuchungen über den Durchmesser derselben, von Auwers. II.
365. 883 —942.
Spaltöffnungen der Gramineen und Cyperaceen, von SCHWENDENER. 65—79.
Speetra, s. Bandenspectra, Gasspectra, Wasserstoffspeetrum.
Speetrographische Beobachtungen des Sterns Algol, über Resultate derselben
von Auwers. 1045—1046.
Spinoza, Leibniz und —, von Gerrarpr. 1047. 1075—1080.
Spongiennadelformen, über die Bezeichnung und Verbreitung der verschiedenen,
von ScHULZE. 13.
Spongiennadeln, über die Bezeichnung derselben, von Scauzze und R.vox LENDENFELD.
141.
Stelletta, über die Gattung —, von SchuzzE und R. von LEnDEnFeELd. 997.
Summatorische Function, über eine —, von Kronecker. 865. 867—881.
Symmetrische Systeme, über solche, von KronEcker. 347. 349—362.
Tertiärbildungen von Olympia, über das Alter derselben, von Beyrıca. 1045.
Thermodynamik der Atmosphaere, zu derselben, von von Bezorp. 831.
Thontafelsammlung, die Zugehörigkeit der unter Nr. 84, 2—11 im British Museum
registrirten — zu den Thontafelsammlungen des Kgl. Museums zu Berlin, von
F.E. Peıser. 727. 813 — 828.
Todesanzeigen: Ünevreur. 347. — von Decaen. 122. — Donvers. 289. —
EusrrArtıades. 36. — GIESEBRECHT. 1130. — Quensteor. 1130. — ScHort. 35.
— STUDEMUND. 842. — WeEIzsÄckEr. 842. — DE Wırte. 842. — Weıcar. 601.
Todter Raum bei chemischen Reactionen, weitere Untersuchungen über denselben,
von Liesreich. 159. 169— 197.
Topographisch-archaeologische Aufnahme von Attica. 14.
Torpedineen, s. Elektrisches Organ.
Toxine, s. Ptomaine.
Tropasäure, über die Darstellung optisch aetiver — und optisch activer Atropine,
von A. Lavensure. 729. 785 — 787.
Turongebilde, über südliche —, von Ewarp. 139.
Tyrus-Weissagung im Buch Jesaia c. 23, über dieselbe, von Dırrmann. 81.
Vedänta- Texte, über zwei—, von Weser. 1047. 1065 — 1073.
Vegetabilische Substanzen. zur Doppelbrechung derselben, von ScHWENDENER.
231. 233 — 244.
Verdun-Preis. 36.
Volkslieder, Neuarabische, von SacHav. 393.
Wahl von ordentlichen Mitgliedern der Akademie. E. Dünnter. 14. — G. voN DER
GaBELENTz. 951. — U. Könrer. 14. — K. Weınsorp. 842.
Wahl von auswärtigen Mitgliedern: R. vox Rora. 601.
Wahl von correspondirenden Mitgliedern: A. Gemıe. 122. — J. Hann. 122. —
H. Herız. 142. — von Horst. 730. — R. von Jaerıng. 730. — K. Maurer.
730. — W. Srupenunp. 730. — A. WüÜrrner. 142.
Der erste Jahresband endet mit Seite 444. (53)
Wasserstoffspeetrum, die allmähliche Entwickelung desselben, von WÜrLner.
1099. 1113 — 1119.
Zoologie: Cnun, Bericht über seine Reise nach den Canarischen Inseln. 139. 519—
553. — Mörıus, Balistes aculeatus, ein trommelnder Fisch. 365. 999 — 1006. —
Scaurze, über die Bezeichung und Verbreitung der verschiedenen Spongiennadel-
formen. 13. — Derselbe und R. von Lexpesrerp, über die Bezeichung der
Spongiennaden 141. — Derselbe, zeigt einige Exemplare von Protopterus
annectens vor. 71l. — Derselbe und R. voxn LEenpenreLp, über die Gattung
Stelletta. 997. — F. Sruntmann: Berichte über seine Reise nach ÖOst- Africa.
453. 645—660. 831. — L. Wırr, Bericht über Studien zur Entwickelungs-
geschichte von Platydactylus mauritanicus. 1099. 1121—1128.
Berichtigungen.
S. 347 unter ı. muss es heissen »Systeme« statt »Probleme«.
S. 444 Z.2 v. 0. st. 2400 Mark ]. weitere 1200 Mark.
S. 509 Z.ıo u. ıı v. u. statt »folgten der von genannten Herren
angegebenen Regel« setze: »verhielten sich entgegengesetzt einem
gleich magnetisirten Eisendraht«.
E j 4 TE
S. 876 muss es in der Formel Z. 6 v. u. statt pe : heissen:
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herr
— sn ———.
kr t
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckezei.
I.
|
| SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
1
XXIXN. XXX.
6. Junı 1889.
MIT TAFEL UI: IV vuxo”V.,
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgen
Bestimmungen gelten.
, (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
81. Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octay regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
82.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
8 28.
l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberiehte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen U, ee die. Gesammtakademie
oder die Classe # "Auffnah' der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
S 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in
Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und vor
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
7
Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft-
liche Mittheilung darf in keinem Falle yor der Ausgabe
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut-
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen
beabsichtigt. als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der
betreffenden Classe. R| |
88. |
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes |
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. }
89 i
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs-
beriehte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieire
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis
in den Buchhandel gebracht werden. i
$ 11.
1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft-
lichen Mittheilungen« abgedruckteu Arbeit erhält unent-
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secere-
tar Anzeige gemaeht hat.
$ 5. |
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsieht über die Redae-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft
heisst er der redigirende Seeretar.
8.29.
l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
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STSTIT STE TEST TTS]
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
XXX.
20. Junı 1889.
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlie
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört,
getreten,
Bestimmungen gelten.
an deren Stelle »Sitzungsberichte«
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
sl
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied. der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
$2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
, zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octavy in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
er A jcht angehören, sind auf die Hälfte dieses
ur “x ränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
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für welche unter anderen folgen
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mi
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Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenscha‘
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausga
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nı
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut-
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der
betreffenden Olasse.
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3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
$ 9.
l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs-
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis
in den Buchhandel gebracht werden.
$ 11.
l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft-
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent-
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre-
tar Anzeige gemaeht. hat.
$ 5. s
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft
heisst er der redigirende Seeretar.
$ 29,
l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
——————
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN
XXX XXX
27. Junı 1889.
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlie
Akademie der Wissenschaften «
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten,
Bestimmungen gelten.
Preussischen
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberiehte«.) —&
$1.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die simmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
$.2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
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2. Das Verzeichniss der eingegangenen”Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben,
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig. vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht , sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschrankd CoRekefpcheane dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der "betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
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zu erscheinen aufgehört, und es s
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Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer M
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Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissense
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des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
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dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder de
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3. Auswärts werden Correeturen nur auf besond
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dar
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
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1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzu
berichte können bestimmte Kategorien wissenschattli
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publi
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlau
Paginirung versehen und mit besonderem Verkau
in den Buchhandel gebracht werden.
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l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissens:
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält un
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag,
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2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
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Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die
tion und den Druck der in dem gleichen Stück eı
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eig
heisst er der redigirende Secretar.
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1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
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SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU. BERLIN
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4. Jurı 1889.
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgend
Bestimmungen gelten.
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav rexelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Beriehte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch-historisehen lasse ungerade
Nummern.
$ 2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
- geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissensehaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nieht erscheinen konnten.
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2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu besehliessen.
8 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
a ——
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in der
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und vor
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist. 2
87. ;
Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenscha
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabı
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch n
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut-
scher Sprache veröffentlieht sein oder werden. Wenn
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftliche
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der
betreffenden Classe.
$8.
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besondere
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
89.
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlichei
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufend
Paginirung versehen und mit, besonderem Verkaufsprei;
in den Buchhandel gebracht werden.
$ 11.
1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenscha
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, a
welehem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre:
tar Anzeige gemaeht hat.
S5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt de
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte
Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redae
tion und den Druck der in dem gleichen Stück ersche
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft
heisst er der redigirende Secretar.
$ 29.
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt d
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN
XXXV.
11. Jurı 1889.
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Tal=T=IST-1ST=IST-JTeJSTSISTSISTSISTSISTZIETSISTSISTSISTSJSTeJSTSISTSISTELSTISTSISTSISTSISTSSTeLEr=ISTS ITS STe Teer
Anzeige. 4
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königli
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es £
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welehe unter anderen folgeı
5 Bestimmungen gelten. 4
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte.«.)
81.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Domnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophiseh-historischen Classe ungerade
Nummern.
8.2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
Sa.
2. Das Verzeichniss der eingegangenenfDruckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung,
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon-
dirender Mitglieder, welche diveet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademieggüulingbgh gen, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. berschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
———sgss—
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in
Text einzusehaltenden Holzschnitte fertig sind und
besonders beizugebenden Tafeln die volle erfordenli
Auflage eingeliefert ist. i
8 7.
Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissensch
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Au sg
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in dı
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. We
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlie
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlie]
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder.
betreffenden Classe.
$.8.
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besondes
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
2
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitz
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlich
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise public
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufend
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspre
in den Buchhandel gebracht werden.
s11.
1. Jeder Verfasser einer unter den »Wissenseh
lichen Mittheilungen« abgedruekten Arbeit erhält unen
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag,
welehem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weites
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihunde
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lasseı
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seer
tar Anzeige gemaeht hat.
85.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt de
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatt
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschal
heisst er der redigirende Secretar.
8.29. ß
1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jede
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
XXXVIE. XXXVo
18. Juzı 1889.
HIERBEI VERZEICHNISS DER IM ZWEITEN VIERTELJAHR EINGEGANGENEN
DRUCKSCHRIFTEN.
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,
T=l=T=IST=ISTIST=1-T= [ST] TelST=lST=lST=leTleTe[eT=leTeleT=lTler=ler=1-Teler=lereler=[eTeleTelS
Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der König
Pzeussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es si
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgen
Bestimmungen gelten.
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
SE
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
8.2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
8 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberiehte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
8 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oectay in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
———B.———
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderli
Auflage eingeliefert ist.
87
Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschal
liehe Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nu
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deu
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. W
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlich
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlich:
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder di
betreffenden Classe. i
S®. i
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes I ı
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
9
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlich
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise Ba | I
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender }
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufsprei
in den Buchhandel gebracht werden.
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& 11.
1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft-
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent-
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weite;
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihunder!
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere-
tar Anzeige gemaeht hat.
85.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte,
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae.
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenscha!
heisst er der redigirende Seeretar.
8,29
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt de
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jed
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
XXXVIL.
25. Juzı 1889.
MIT TAFEL VI uno VI.
BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,.
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Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der König
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sin
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgen
Bestimmungen gelten.
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
$1.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
82.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2) Dajahffolgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
8 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzsehnitten sollen Abbildungen auf durchaus
——mz ——
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer ;
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderlie
Auflage eingeliefert ist.
87.
Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissensch
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch n
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in den
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. We
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentliche
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf «
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder d
betreffenden Classe.
58.
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besondere
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dam
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
Sg. |
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs-
beriehte können bestimmte Kategorien wissenschaftlich:
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publiein
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufendes
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis
in den Buchhandel gebracht werden.
$ 11.
l. Jeder Verfasser einer unter den »Wissenseha
liehen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, 3
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weite
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere
tar Anzeige gemaeht hat.
$ 5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte,
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae.
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaf
heisst er der redigirende Seeretar.
829.
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
SITZUNGSBERICHTE
DER
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KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
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IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,
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Mit dem Deeemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königli
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheimen aufgehört,
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
an deren Stelle »Sitzungsberichte«
Bestimmungen gelten.
1
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regeli iz Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Untersehied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Ulasse allemal gerade, die übeı
«Sitzungen der philosophiseh-historischen Classe ungerade
Nummern.
$.2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen ‚mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nieht ersclieinen konnten.
$4.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
8.28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberiehte be-
stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitelieder,
sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitsliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon-
dirender Mitglieder, welehe. direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu besehliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberiehte
nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Qlasse 'statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf duvehaus
a
getreten, für welche unter anderen folgend
und es si
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforder
Auflage eingeliefert ist. 2
SaTe B
Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissensch f
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus
des betreffenden. Stückes anderweitig, sei es auch.
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in dem
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wen
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlich
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlie
beabsiehtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf e
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder de
betreffenden Classe.
$8. 1
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besond:
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verziehten dan
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
Sr i
l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzu
beriehte können. bestimmte Kategorien wissenschaftlich
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publ
werden, dass ‘dieselben mit Sondertitel und fortlaufend
Paginirung verschen und mit besonderem Verkaufsp
in den Buchhandel gebracht werden.
1.
1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unen
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag,
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weit
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihun
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu las
sofern er rechte dem r Blleirenden Sec e-
tar Anzeige gemaeht hat.
”
$5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Re
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsiiz hat
Derselbe Sceretar führt die Oberanfsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleiehen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigensch
heisst er der redigirende Seeretar.
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1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhales,
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortli
Für alle übri izen "Theile derselben sind nach Ted
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SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
- ZU BERLIN.
XLH. XL.
nr FE 31. Ocroger 1889.
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BERLIN 1889.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
5
Anzeige.
Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königl
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es
an deren Stelle
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
Sale
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die simmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
822,
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben,
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortwage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift. der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
——ai——
»Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folge
Bestimmungen gelten.
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Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer | | |
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in de
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und vo
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderlieh
Auflage eingeliefert ist. |
$ 7. |
Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissensch;
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Au
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen |}
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen
[
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder de:
$8.
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betreffenden Classe.
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit.
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
89.
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzun
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlich
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieir
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender
Paginirung verschen und mit besonderem Verkaufsprei
in den Buchhandel gebracht werden. £
$ 11.
1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissensch
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unen
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, a
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weiter
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihund
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere
tar Anzeige gemaeht hat.
5
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt d
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz h
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Red x
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei.
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenscha
heisst er der redigirende Secretar, h
$ 29.
l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt de
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwort ch,
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jede
Richtung nur die Verfasser verantwortlich. }
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SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
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VERLAG DER!KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,
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Mit dem Deeemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlie
Preussischen Akademie der Wissenschälten« zu erschöinen aufgehört, und es sind
an deren Stelle »Sitzungsberichte« @etreten,
Bestimmungen welten.
(Auszug aus dem Reglement für die Redaerion der »Sitzungsberichte«.)
Sl.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav rezelmässig Donnerstags acht Taxe nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zn einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufis einen Band mit
fortlaufender Payinirung. Die einzeln“n Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Orlnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzunzen der phvsi-
kalisch - mathwmatischen Classe allemal gerade, die üben
Sitzungen der philosophisch-historisechen Classe ungeraule
Nummern.
82,
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeisneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Daranf folgen die den Sitzungsberiehten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen zehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
Sa.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
8 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon-
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
ader die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen,
$ 6.»
1, 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
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für welche unter anderen folgende
Nothwendlises besehränkt werden. Der Satz einer Mi
theilung wird erst begonnen, wenn die Stücke der ind
Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und vo
besonders beizuzebenden Tafeln die volle erforderlich:
Auflage einzeliefert ist. ’
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liehe Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe
des betreffonden Stückes anderweitig, sei es auch nur
amszuzsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut
seher Sprache veröffentlicht sein oder werden Wenn
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen
brabsichtiet. als ihın dies gesetzlich zusteht, bedarf er
dazu der Einwillisung der Gesammtakademie oder der
betreffenden Classe.
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3. Auswärts werden Corregturen nur auf besonderes
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
89.
1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs-
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher
Mittheilnngen auch abzesondert in der Weise publieirt
werden, dass dieselben mit Sondertitel und tortlaufender
Paginirung verschen und mit besonderem Verkaufspreis
in den Buchhandel gebracht werden.
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l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft-
lichen Mittheilungen« abgedruckteu Arbeit erhält unent-
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. ‚
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabilrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre-
tar Anzeige gemaeht hat.
5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigensel
heisst er der redigirende Secretar.
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I. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt de&'
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königl
Preussischen Akademie der Wissensehaften« zu erscheinen aufgehört, und es sindI
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende
Bestimmungen gelten.
(Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«.)
81.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octay regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historisehen Classe ungerade
Nummern.
$ 2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissensehaftliehen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über-
wiesenen wissenschaftlicehen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welehe in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nieht erscheinen konnten.
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2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mitcheilung muss in einer akademischen Sitzung,
druckfertig vorgelegt, werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitsliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
divender Mitglieder, welche diveet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen,
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welehe
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzsehnitten sollen Abbildungen anf dnvehaus
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3. Auswärts werden Correeturen nur auf besondere
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami
auf Erscheinen ihrer Mittheilunsen nach acht Tagen,
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1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitz
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftliche
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publie
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufende:
Paginivung versehen und mit besonderem Verkaufspreis
in den Buchhandel gebracht werden.
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tion und den Druck der in dem gleiehen Stück erschei
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heisst er der redigirende Seeretar.
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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königli
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es simd
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende
Bestimmungen gelten.
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
81.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
82.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
8 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
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Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer N
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
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besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
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Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissensch
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausg
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
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der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftliche
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3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonde:
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
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l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzung:
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftliche
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieire
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufenden
Paginivung versehen und mit besonderem Verkaufsprei
in den Buchhandel gebracht werden.
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l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenscha
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, au
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weiter
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihunder
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
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Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt de
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte,
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redao»
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
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1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt de
geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortlich
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SITZUNGSBERICHTE
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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der
Preussischen Akademie der Wissenschaften«e zu erscheinen aufgehört,
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgen
Bestimmungen gelten.’
(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
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jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirnng, Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien Jder Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosopfiseh-historischen Classe ungerade
Nummern.
5222
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
SA
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
828.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelest werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen. Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem
zunächst geeignet seheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
S 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Sehrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
—m——
Königlich
und es si
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in d
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und v.
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderlie
Auflage eingeliefert ist.
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Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaf
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nu
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut-
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen
beabsichtigt, als ihm dies zesetzlich zusteht, bedarf er
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der
betreffenden Classe. -
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3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
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1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs-
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt.
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender _
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis
in den Buchhandel gebracht werden,
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1. Jeder Verfasser einer unter den »Wissenschaft- >
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent-
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf
welehem der Titel der Arbeit wiederholt wird.
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
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Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die simmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufg einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzunzen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
$ 2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht übeı
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welehe in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
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2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mitheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hjerzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
8 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthatt.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
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Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer !
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforde
Auflage eingeliefert ist.
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Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissens
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Au. 8
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dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder #n
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Verlangen verschickt, Die Verfasser verzichten da
auf Erscheinen ihrer MittNeilungen nach acht Tagen.
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1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzun
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlich
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publi
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufe
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufsp:
in den Buchhandel gebracht werden. ;
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1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissens
lichen Mittheilnngen« abgedruckten Arbeit erhält une
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag,
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. a
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weit
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihund:
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lass
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere
tar Anzeige gemacht hat.
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Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt de
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hai
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die d
tion und den Druck der in dem gleichen Stück- ersch
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenscha!
heisst er der redigirende Seeretar. F
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1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt d
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jede,
Richtung nur die Verfasser verantwortlich
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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
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MIT DEM VERZEICHNISS DER IM VIERTEN VIERTELJAHR EINGEGANGENEN
DRUCKSCHRIFTEN, TITEL, INHALT, NAMEN- UND SACHREGISTER.
BERLIN 1889.
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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der König
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es |
an deren Stelle »Sitzungsberiehte« getreten, für welche unter anderen folgen
Bestimmungen gelten.
(Auszug aus denı Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.)
81.
2. Diese erscheinen in einzeluen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Pazinirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı
Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade
Nummern.
s2. .
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welehe in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
Ss 4.
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
wird vierteljährlich ausgegeben.
$ 28.
1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberiehte be-
stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder,
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung
eines ihrem Fache angehörenden ordentliehen Mitgliedes
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon-
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt-
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit-
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren
Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen.
Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen.
$ 6.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung. der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
—— hr ———
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer ]
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der ın
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und \
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderlich
Auflage eingeliefert ist.
$ 7. ‘
Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissense
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Au
des betreffenden. Stückes anderweitig, sei es auch
auszugsweise oder aueh in weiterer Ausführung, in de
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. We
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftliel
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlie
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bed:
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder
betreffenden Classe.
S 8.
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonder:
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dan
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
89. -
l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzung
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftli
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publie
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufend:
Paginirung verschen und mit besonderem Verkaufspre "
in den Buchhandel gebracht werden.
$ 11.
l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaf
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unen!
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag,
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. !
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weiter
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihunde;
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lasser
sofern er hiervon reehtzeitig dem redigirenden Seere
tar Anzeige gemacht hat.
S5
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz ha
Derselbe Seeretar führt die Oberanfsicht über die Re
tion und den Druck der in dem gleichen Stück ersch
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenscha
heisst er der redigirende Secretar. x
$ 29, ;
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt
geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortli
Für alle übrigen Theile derselben sind nach j
Richtung nur die Verfasser verantw. ordltehe
VERZEICHNISS DER » WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN «
zu St. LIN.
ie Seite
B. pu Boıs-Reymonp: Über seeundär - elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben.
Zweite Mitthelung- =» » «» 1131
gınz: Die augebliche Metaphysik des Herennios 1167
ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE
aus den Jahren 1887, 1888, 1889.
' Somupr: Gedächtnissrede auf Wirnerm SCHERER Hana rl % > 4. 1.00
h Nöroere: Die Ghassanischen Fürsten aus dem Hause Gafna’s . 4.00
# Scnurze: Zur Stammesgeschichte ENSEIETERRGEIHGENE ET A en ee - 1.50
Weser: Über den Pärasiprakäga des Krishnadäsa . EDS N EEE AT, 8.00
Nachträge zur Kenntniss der C oniferenhölzer der palaeozoischen Formationen. Aus dem Nachlasse
von H. R. Görrerr. Bearbeitet von CINSTENZEN ST SIE Sn tt se he re » 9.00
Sıcnau: Indo-arabische Studien zur Aussprache und Geschichte des Indischen . 4.50
Weizsarcker: Die Urkunden der Approbation König Ruprecht's.. ae RER el
SCHULZE: Über die inneren Riemen der ENSCHIOHERVENE TE IS Lee, ae a REE 7.90
Warressacn: Über das Handbuch eines Inquisitors in der Kirchenbibliothek St. Nicolai in
Greifswald -. » » 2. 1:50
3.00
Mösıus: Bruchstücke einer Rhizopodenfauna der Kieler Bucht. »
» 12.00
Warpever: Das Gorilla- Rückenmark Be SR 2 AR FR
Weser: Über den zweiten, grammatischen, Pärasiprakäga des Krishnadasa.e a u au mn ae? 6.00
Ranmerspers: Über die chemische Natur des Glimmers . - » 3.50
ScuurzE u. von LENDENFELD! Über die Bezeichnung der Spongiennadeln © nn nn » 4.00
» 6.00
Sacnau: Arabische Volkslieder aus Mesopotamien
Preisschrift » 20.00
Körter: Grundzüge einer rein geometrischen Theorie der algebraischen ebenen Curven.
Rawırz: Die Fussdrüse der Opistobranchier . a ee WEITE » 2.00
‚Gräser: Die Wasserleitungen von Pergamon. Mit einem Beitrag von GC. ScuucumarDt. . » +” 2.00
.SCHNEIDER! Über Eisen- Resorption in thierischen Organen und Geweben . „4.00
Koxex: Eleutherocereus, ein neuer Glyptodont aus Uruguay 2.00
Kayser und Runge: Über die Speetren der Elemente 6.00
Meısser: Tafel der Besser’schen Funetionen I, und I 2.00
4.00
Mosrrz: Zur antiken Topographie der Palmyrene
ANZEIGE. Er y
€ 3
Seit dem 1. Januar 1882 gibt die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berli ]
wöchentliche »Sitzungsberichte« heraus. Die dafür geltenden Bestimmungen finden sich im Aus
zuge auf der zweiten Seite dieses Umschlages abgedruckt. }
Um dem mathematisch -naturwissenschaftlichen Leserkreise den ihn näher angehenden
des Stoffes der »Sitzungsberichte« in bequemerer Form darzubieten, wird ein Auszug aus dies
Berichten unter dem Titel:
MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN
AUS DEN SITZUNGSBERICHTEN
ZU BERLIN
herausgegeben. Diese Sonderausgabe enthält sämmtliche Arbeiten aus dem Gebiet der rein
Mathematik wie aus dem der theoretischen, experimentellen und beobachtenden Naturwissensch
in vollständigem Abdruck, welche in Sitzungen der Akademie von deren Mitgliedern oder i 4
fremden Verfassern mitgetheilt in die »Sitzungsberichte« aufgenommen wurden. Auch demselbe
Gebiet angehörige geschäftliche Berichte, Preis - Aufe
und dergl. mehr, finden darin Platz. Die »Mittheilun
heften, welche jährlich einen Band ausmachen. D
Regel am zweiten Donnerstag des folgenden Mon
Institute, welche bisher die »Monatsberichte«
berichte« fortan die »Mathematischen und N
zu lassen vorziehen, werden ersucht
N
DER |
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN j
i
aturwissenschaftlichen Mittheilungen« sich zuschicke
‚ von diesem Wunsch dem Secretariat Nachrieht zu geben
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« oder die » Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftenverkehr steht, Jährlich drei Mal, nämlich:
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
» » » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats
August, j
» » » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres sogleich nach Fertigstellung
des Regisiers. j
Diejenigen Empfänger, welchen Theile des Jahrgangs 1889 nicht
hiervon baldigst bei ber Akademie An
Aussicht gestellt werden kann
Wegen ehwa gewünsch n sowie wegen des buchhändlerischen Be-
zuges der »Sitzungsberichtes u. s. w. siehe unten.
In Commission bei GEor6 REmER in Berlin erscheinen in wöchentlichen Stücken:
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
gu. 8. Geheftet. Preis des Jahrgangs 12 #,
Getrennt von denselben erscheinen ausserdem,
MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN
AUS DEN SITZUNGSBERICHTEN
R
DE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
gu. 8. Geheftet. Preis des Jahrgangs EM.
GeEoRG Remer’s Verlagsbuchhandlung erbietet sich ferner denjenigen Empfängern der »Sitzungsberichte«
oder der »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen Mittheilungen«, welehen diese Schriften von Seiten
der Akademie, jedoch nur in längeren Zwischenräumen gesammelt zugesandt werden, dieselben in einzelnen
Stücken sogleich nach deren Ausgabe durch
die Post, gegen Erstattung der Selbstkosten zuzusenden.
Diejenigen Empfänger, welche diese Bezugsart vorziehen, wollen sich deshalb direet mit der genannten
Buchhandlung in Verbindung setzen.
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ebenda in Commission, in Monatsheften: ; ’
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