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SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
JAHRGANG 1897.
ZWEITER HALBBAND. JULI BIS DECEMBER.
STÜCK XXXIN—LII MIT DREI TAFELN,
DEM VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN, NAMEN- UND SACHREGISTER.
BERLIN, 1897.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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INHALT.
Vanten: Festrede über Leisxız als Schriftsteller
Koser: Antrittsrede
Lesz: Antrittsrede R
VAHLEN: Antwort an Hrn. Kosek nal en TR
Pranck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. Zweite Mittheilung 5
Kösıs: Über »Blaublindheit« (hierzu Taf. VII und VII) .
WaArpever: Das Trigonum vesicae (hierzu Taf. IX)
Borcuarpr: Über das Alter des Sphinx bei Giseh
Hannack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch Ir
Wartessach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee .
Danzs: Über Brustbein, Schulter- und Beckengürtel der Archacopterys
©
von Mancorpr: Beweis der Gleichung = "Oo.
—y
Krostermann: Die Schriften des Origenes in Hieronymus’ Brief an Paula 6 B
Könıs: Die Abhängigkeit der Farben- und Helligkeitsgleichungen von der absoluten Intensität
KoenıGsgerger: Über die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik .
Leiss: Über ein neues, aus Kalkspath und Glas zusammengesetztes Nıcor’sches Prisma
Gorostein: Über die Structur des Kathodenlichts und die Natur der Lexarv’schen Strahlen .
Heynoss: Mittheilungen über die Segmentirung und den Körperbau der Myriopoden .
Fischer: Über Hydurinphosphorsäure R
H. Weser: Über die Differentialgleichungen dar elektrolgiischen IV an
Scuwarz: Zur Lehre von den unentwiekelten Funetionen
E. Scuwmipr: Uhland’s »Märchenbuch des Königs von Frankreich« - >
Frogexius: Über die Darstellung der Orden Gruppen durch lineare Substitutionen
Borrzwann: Über irreversible S rahlungsvorgänge. Zweite Mittheilung C ©
van’ Horr und MEvERHOFFER: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse de oceänischen Salzab
lagerungen, insbesondere des Stassfurter Salzlagers. V. £
Conex: Ein neues Meteoreisen von Beaconsfield, Colonie Victoria, Australien
Borcnarpr: Ein neuer Königsname der ersten Dynastie > ,
Adresse an Hrn. Ferpınann Conn zum fünfzigjährigen Doctor bias am 13. November 1897
Dies: Über ein Fragment des Empedokles
Wenprann: Eine doxographische Quelle Philo’s . e . ;
Krause: Über Bau und Function der hinteren Speicheldrüsen ar Oc toroden
Hırschrenp: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft
Praxck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. Dritte Mittheilung 2: B ©
van’r Horr und Doxnsan: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der opsanachen SER
rungen, insbesondere des Stassfurter Salzlagers. VI.
Morıex: Über die Invarianten der linearen Substitutionsgruppen .
Druckschriften -Verzeichniss
‚Namenregister
‚Sachregister
994
1016
1019
1035
1054
1059
1062
1074
1085
1099
1122
1146
1152
1159
1193
1200
687
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER XXX.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
1. Juli. Offentliche Sitzung zur Feier des Leissızischen Jahrestages.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAuren.
Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit folgender Rede über
Leibniz als Schriftsteller.
Seit mehr als achtzig Jahren begeht die Akademie der Wissen-
schaften alljährlich eine Feier zum Andenken an Leibniz: sie verehrt in
ihm den Mann, der den Plan zur Gründung dieser gelehrten Gesellschaft
entworfen und noch beinahe zwei Decennien bis an sein Lebensende
(1716) an der Spitze der neu gegründeten Anstalt gestanden und ihren
Fortbestand in ungünstiger Zeit zu sichern, Hebung und Ausbreitung
ihrer Wirksamkeit nach Kräften zu fördern unablässig bemüht war.
So sehr diese Thatsachen der Akademie die Pflicht unvergäng-
licher Dankbarkeit auferlegen, so sind doch die Beziehungen, die sie
mit Leibniz verbinden, enger und dauerhafter: die Wissenszweige, in
deren Pilege die Akademie ihre Aufgabe erkennt, und die durch eine
grosse Markscheide in die beiden Classen gesammelt und gesondert
sind, deren jede wiederum selbst eine nicht geringe Manchfäaltigkeit
von Forschungsgebieten umschliesst, sie alle hat Leibniz’ universaler
Geist beherrscht und befruchtet als ein Meister der physikalisch -ma-
thematischen nicht minder als der philosophisch -historischen Wissen-
schaft. Daher geschieht es, dass der Akademie als einem Ganzen und
jeder ihrer beiden Classen noch heute nach zwei Jahrhunderten Leibniz
gleichsam als ein belebender Genius vorschwebt, an dem sich immer
von Neuem die Wahrheit erprobt, dass die Wissenschaften, trotz indi-
vidueller Zersplitterung, einander bedürfen und durch einander wach-
sen und ihre Erfolge erzielen. Und er selbst, käme er heute zurück,
fände Gänge der Forschung, die er gewiesen und eröffnet, als ge-
bahnte und gepflegte Wege, fände Wissenschaften, die sein Geist vor-
ahnend erschaut, in schöner Entfaltung und grosse Unternehmungen,
Sitzungsberichte 1897. 64
688 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
deren Bedürfniss er, seiner Zeit weit voraneilend, erkannte und be-
zeichnete, in ertragreicher Ausführung begriffen, und dürfte sich mit
Befriedigung sagen "das ist Geist von meinem Geist.
Allein so mächtig und nachhaltig die von Leibniz ausgegangene
Wirkung war, seinem schriftstellerischen Nachlass, der Frucht eines
langen und arbeitsamen Lebens, ist nicht in gleichem Maasse Pflege
und Fürsorge zu Theil geworden.
Fünfzig Jahre nach Leibniz’ Tode werden, in der Fremde, nicht
in seiner Heimath, die ersten Veranstaltungen grösseren Maassstabes
getroffen, Leibniz’ Schriften zu sammeln und bekannt zu machen. Aber
so dankenswerth, trotz aller Mängel, diese ersten Versuche waren, die
lange vorhalten mussten, vieles, das den Begriff Leibnizischer Geistes-
arbeit zu erbreiten und schiefe Urtheile über ihn. die sich inzwischen
festgesetzt, zu berichtigen geeignet war, blieb unberührt im Verbor-
genen liegen. Erst von den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts ab
sehen wir in rascherer Folge die Bemühungen sich wiederholen, lang
versäumter Pflicht Genüge zu thun; und gross angelegte Sammlungen,
das Ergebniss deutschen und französischen Gelehrtenfleisses, geben
Zeugniss von der wachsenden Einsicht in die noch ungelöste Aufgabe;
aber auf bestimmte Gebiete seiner Litteratur beschränkt, oder durch
die Ungunst der Zeiten abgebrochen, hinterlassen sie den Eindruck,
dass der redlich aufgewendeten Arbeitskraft der Erfolg nicht voll ent-
sprochen habe: denn auch so fehlte viel, dass Lessing’s Wort sich be-
wahrheitet hätte "wenn es nach mir gienge, müsste der grosse Leib-
niz keine Zeile vergebens geschrieben haben‘; und eine wohlgeordnete
Sammlung seiner Schriften, die ein getreues und vollständiges Abbild
seiner Geistesart und seiner rastlosen Thätigkeit gewährte, wird auch
heute vermisst.
Dieses nicht günstige Resultat herbeizuführen, haben Umstände
manchfacher Art das Ihrige beigetragen. Aber Ein Moment, das mit-
gewirkt, lag in Leibniz’ eigener Natur und in der Weise, wie er zu
schriftstellern liebte. Und dies zu erläutern, möge der Versuch ge-
stattet sein, mit Beschränkung auf seine philosophische Litteratur, Leib-
niz' schriftstellerische Motive, d.h. die in ihm liegenden und die ihm
von Aussen gekommenen Antriebe, einer kurzen Betrachtung zu unter-
ziehen, ob es vielleicht gelingt, auch in den kleinen Zügen das Bild
des grossen Mannes einen Augenblick uns näher zu bringen.
Es ist bekannt, dass Leibniz seine früh entwickelte philosophische
Weltanschauung, die in lebendigem Zusammenhang, mit all ihren Prae-
missen und letzten Folgerungen, hell vor seiner Seele stand, niemals
Anstalt gemacht hat, in einem abschliessenden darstellenden Werk der
Nachwelt zu hinterlassen. Sein Schriftstellern hatte mehr etwas von
Vanren: Festrede über Leiısnız als Schriftsteller. 689
'
momentanem und sporadischem Charakter, wendete sich auch lieber
an einzelne gleichgestimmte Genossen oder an erlesene Kreise sach-
kundiger Männer, als an das vielköpfige unbestimmbare Lesepublicum,
dem er, wie er oft bekennt, nicht genügendes Verständniss für seine
metaphysischen Anschauungen zutraute. Ein Blick in die uns vor-
liegende Sammlung seiner philosophischen Schriften lässt bald erken-
nen, welch beträchtlicher Theil Leibnizischer Gedankenarbeit in Briefen
niedergelegt ist, die nicht selten sich zu umfangreichen philosophischen
Abhandlungen erbreiten, und wenn sie auch meist ihre besondere Fär-
bung aus den besonderen Interessen der Adressaten empfiengen, doch
mitunter auch dazu bestimmt waren, den näheren Freunden zur Kennt-
niss gebracht zu werden, und so eine wenn auch sehr beschränkte
Publieität erhielten.
Ein Briefwechsel dieser Art war es, den Leibniz mit Antoine
Arnaud in Paris, dem berühmten Haupt der Jansenisten, der selbst
ein namhafter Schriftsteller auf theologischem und philosophischem Ge-
biete war, durch die Vermittelung des Landgrafen von Hessen -Rhein-
fels, dessen Mittlerschaft sie beide in Anspruch nahmen, in den Jahren
1686-1683 geführt hat. Schon in früheren Jahren hatte Leibniz ein-
mal in einem lateinisch abgefassten Schreiben an Arnaud sich gewen-
det, worin er über seine metaphysischen Ergebnisse, nicht ohne Be-
zugnahme auf eine dogmatische Streitfrage, und seine sonstigen Ent-
deekungen umständlich sich auslässt. Aber erheblich später, nachdem
er inzwischen bei wiederholtem Aufenthalt in Paris (1672. 1673) Ar-
naud’s persönliche Bekanntschaft gemacht hatte, drängt es ihn, den
gelehrten und scharfsinnigen Mann, dessen Urtheilsfähigkeit er hoch-
hielt, in eine Erörterung über die wichtigsten Sätze seines philoso-
phischen Systems zu ziehen. Er hatte zu diesem Zweck einen Discours
de metaphysique aufgesetzt, der ohne streng systematisches Gefüge
in 37 losen Abschnitten die Hauptresultate seiner metaphysischen For-
schung zum Ausdruck brachte, zunächst aber nur die Inhaltsangaben
dieser Abschnitte dem Briefe an Arnaud beigelegt, damit dieser prüfe
und wähle, und ihm seine Ansichten und Bedenken mittheile. Aber
die so wohl vorbereitete Absicht wäre dennoch in Folge einer pol-
ternden Entgegnung des heftigen Arnaud an einem einzelnen heraus-
gegriffenen Puncte beinahe gescheitert, wenn nicht Leibniz’ feine Art
dem Polternden zu begegnen, ihn fast widerwillig in die metaphysische
Diseussion verwickelt hätte, und nachdem Arnaud einmal zu ruhiger
Betrachtung sich herbeigelassen, seine Zweifel zu äussern, sich Auf-
klärung zu erbitten angefangen hatte, liess es sich Leibniz in hohem
Grade angelegen sein, die aufgeworfenen Bedenken zu zerstreuen, und
seine Auffassungen in immer klareren, auch für einen an metaphysi-
64*
.
690 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
sches Denken weniger gewöhnten Kopf möglichst fassbaren Ausdruck
zu kleiden, und so durch fortgesetzte Belehrung den halb Widerstre-
benden zu fesseln.
Der Gang der Erörterung war durch den von Arnaud zufällig zu-
erst angegriffenen Satz bestimmt worden und erstreckte sich nicht auf
die ganze Reihenfolge der aufgestellten Thesen, aber einige der wich-
tigsten und weitreichendsten Bestimmungen der Leibnizischen Lehre,
wie Begriff der Substanz, Qualität der Materie, Kraft und Bewegung,
Beziehungen von Leib und Seele, Gott und Welt zu einander, finden
schon hier ihre Entwickelung und Erledigung.
Wir hören, Leibniz habe selbst die Absicht gehegt und Anstalt
getroffen, diesen Briefwechsel, dem er immer besonderen Werth bei-
gelegt, durch einige Briefe und Aufzeichnungen verwandten Inhalts
vermehrt. zur Herausgabe zu bringen. Allein dem Eifer, mit dem er
den Gedankenaustausch mit Arnaud unterhielt, entsprach nicht ein
gleicher Eifer, die dort gepflogenen Unterhaltungen durch den Druck
mehreren zugänglich zu machen, und hinzutretende äussere Umstände
liessen die Absicht bald in Vergessenheit gerathen. Erst die Heraus-
gabe der Werke Arnaud’s (1775) brachten Bruchstücke aus Leibniz’
Briefen, welche Aufmerksamkeit erregten, aber vollständig bekannt
gemacht wurde die Correspondenz zuerst im J. 1846.
Solange hat es gedauert, bis der Schatz, einer von vielen, ge-
hoben ward. Und lesen wir in dem letzten, dem einzigen schon
früher bekannten Briefe, den Leibniz nach längerer Unterbrechung
(1690) von Venedig in dem Augenblick seiner Heimreise an Arnaud
gerichtet, dass er auf seiner Reise mit manchen geschickten Männern
in Berührung gekommen, denen er von seinen Ideen Mittheilung ge-
macht, um von ihren Zweifeln und Einwendungen Nutzen zu ziehen,
und dass das besondere Interesse, das Einige an seinen Anschauungen
genommen, ihm den Gedanken nahegelegt, sie schriftlich aufzuzeichnen,
um sie bequemer mittheilen zu können, ja vielleicht einige Exemplare
in Druck abziehen zu lassen, aber ohne seinen Namen und nur zur
Vertheilung an Freunde, um deren Urtheil zu erlangen, und dass er,
um sich vorab Arnaud’s Urtheil zu sichern, ihm einen Abriss seiner
neuen Ideen vorlege, so haben wir in Leibniz’ eigenen Worten, was
uns die Thatsachen lehren, wie eigenthümlicher Art sein Schriftstel-
lern und von was für bewegenden Gründen es bestimmt und einge-
geben ward.
Ein Briefwechsel mit John Locke, so sehr er Leibniz erwünscht
gewesen, ward nicht erreicht. Nicht lange nach dem Erscheinen von
Locke's epochemachendem Werk über den menschlichen Verstand
(1690) hatte Leibniz, wie er zu thun pflegte, seine Bemerkungen dar-
Vauren: Festrede über Leısnız als Schriftsteller. 691
über aufgezeichnet, zumal es Fragen betraf, die Leibniz schon früher
zum Gegenstand eindringender Untersuchung gemacht hatte. Etliche
Jahre später (1696) waren durch Burnett’s Vermittelung diese Be-
trachtungen in Locke’s Hände gelangt, nicht ohne Leibniz’ Erwartung,
der berühmte Verfasser werde die dargelegten Ansichten prüfen und
sich darüber aussprechen und so ein Ideenaustausch über die von
Locke entwickelten neuen Anschauungen sich anknüpfen. Allein, ob-
wohl seitdem in den höflichsten Formen von beiden Seiten durch
dieselbe Vermittelung mehre Jahre hindurch unter ihnen ein Verkehr
sich unterhielt, bisweilen sogar durch besondere Umstände einen stär-
keren Impuls empfieng, auf Leibniz’ Reflexionen zu antworten, konnte
Locke, auch auf einen wiederholten Anstoss, sich nicht entschliessen,
und erst nach seinem Tode (1704) traten aus seinem Nachlass (Lon-
don 1708) Leibniz’ Aufzeichnungen an das Licht. Denn da sie den er-
warteten Erfolg nicht gehabt hatten, hatte er um ihr weiteres Schicksal
sich keine Sorgen gemacht, ja selbst eine ihm von Freundes Seite dar-
gebotene Druckgelegenheit ausgeschlagen.
Was aber Locke abhielt, auf Leibniz’ Darlegungen einzugehen, war
nieht so sehr die Verschiedenheit der Standpunete, obwohl sie fast eine
Verständigung auszuschliessen schien, als die ausgesprochene Abnei-
gung Locke’s gegen das, was Leibniz’ ganze Seele erfüllte, in brieflicher
Verhandlung und persönlichem Austausch der Meinungen, auch ohne
das Publicum zum Richter zu machen, Ausgleichung der Gegensätze zu
suchen und der Erkenntniss der Wahrheit sich zu nähern. Wer’, sagt
Leibniz, ‘über das, was er veröffentlicht hat, brieflich zu verhandeln
ablehnt, muss wohl, was er gesagt, für erwiesen und jedes weitere
Wort für nutzlos halten, oder er hat für den Ruhm und nieht für die
Wahrheit geschrieben: denn wer die Wahrheit liebt, wird immer bereit
sein, in der Stille brieflichen Verkehres sich auszusprechen, auch wenn
das Publicum nichts davon erfährt.
Und Leibniz blieb sich treu. Was er nicht viel später (um 1700)
auf erneuten Antrieb in grösserem Maassstab zur Auseinandersetzung
mit Locke’s Lehre aufgesetzt und nahezu vollendet hatte, verlor in
seinen Augen seinen Werth in dem Augenblick, als Locke starb und
von der Seite, von der sie am meisten gewünscht und erhofit wor-
den, Beurtheilung und Aufklärung nicht mehr zu erwarten war; und
diese sorgfältig stilisierten, in dialogische Form gekleideten Ausfüh-
rungen blieben ungenutzt liegen, bis sie fünfzig Jahre nach Leibniz’
Tode von fremder Hand an die Öffentlichkeit gezogen wurden.
Um so eifriger tauschte Leibniz Briefe mit französischen Gelehr-
ten, wie Huet, Malebranche, Foucher, mit dem Jesuiten des Bosses in
Hildesheim, dem Übersetzer der Theodicee, mit .dem Leidener Philo-
692 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
sophen und Mathematiker de Volder, mit dem er den Begriff der Sub-
stanz in philosophischer und mathematischer Betrachtung entwickelte,
in Briefen, die, vor und nach 1700 geschrieben, uns erst 1879 bekannt
und zugänglich geworden sind.
Mit diesen und mit wie vielen andern unterhielt Leibniz Jahre
hindurch einen anregenden und angeregten Briefverkehr, und so ver-
schieden die Fragen waren, die zur Erörterung kamen, so verschie-
den auch die Personen, an die er sich wendete, immer erweist sich
Leibniz in gleicher Weise geneigt, auf jeden Einwand einzugehen, je-
des Bedenken aus dem Springquell nie ruhenden Nachdenkens durch
bessere Belehrung zu heben und sich selbst im Wechselverkehr der
Geister zu immer hellerer und gesicherterer Anschauung emporzuheben.
Wer diese Briefe heute mustert, ihrem Gedankenreichthum sich
hingiebt, zugleich die durchsichtige Klarheit und erlesene Feinheit der
Form beachtet, gleichviel ob sie in lateinischer Sprache, wie die an
des Bosses und de Volder, oder, wie meistens, in französischer verfasst
sind, wird sich nicht wundern, dass schon damals nach einem zeit-
genössischen Urtheil Leibniz’ Correspondenz unter den Europaeischen
Gelehrten eines hohen Rufes sich zu erfreuen hatte.
Wo aber Leibniz Gründe fand, mit abgeschlossenen Untersuchun-
gen zumal geringeren Umfangs dem Publicum selbst gegenüber zu tre-
ten, standen ihm die beiden Träger der französischen und der deutschen
Gelehrsamkeit zur Verfügung, das als erstes Muster einer gelehrten Zeit-
schrift durch den Parlamentsrath de Sallo 1665 gegründete Journal des
Savans, und die in Leipzig, nicht ohne Leibniz’ eigene Betheiligung in
das Leben gerufenen Acta Eruditorum, und sie haben ihm beide nicht
selten als Vermittler seiner Gedanken gedient, für die er, wie es die
Zeitschriften mit sich brachten, bald in lateinischer, bald in franzö-
sischer Sprache mit gleicher Leichtigkeit den Ausdruck fand.
So erschienen in den Leipziger Acta einige grundlegende Unter-
suchungen, wie 1684 Gedanken über die Erkenntniss, die Wahrheit
und die Ideen‘, 1694 über die Verbesserung der sogenannten ersten
Philosophie und den Begriff der Substanz’ und andre verwandte, aber
alle hervorgegangen aus dem bewussten Gegensatz gegen das noch
herrschende System seines Vorgängers des Cartes, dessen Bekämpfung
der Veröffentlichung ihren nächsten Anlass gab.
Das Journal des Savans brachte nebst kleineren Mittheilungen als
Wichtigstes (1695) Leibniz’ Darlegung seines 'neuen Systems der Natur
und des Verkehrs der Substanzen unter einander d. h. der unter dem
Namen der praestabilierten Harmonie bekannten Lehre von der Ver-
bindung von Leib und Seele, die Kant verhöhnte, die aber, ob sie
nun recht oder falsch war, einen Fortschritt über die nächstvoran-
Vanuren: Festrede über Lrısnız als Schriftsteller. 693
gegangene Philosophie bezeichnete, deren von Leibniz durchschaute
Mängel den neuen Versuch herbeigeführt hatten. Und wenn wir nun
hören, dass diese neuen Lehren schon zehn Jahre früher den Freun-
den mitgetheilt, mit Arnaud, Foucher, und anderen in Briefen erörtert
waren, und dass Leibniz nur in einem Augenblick geschwächter Ge-
sundheit den Gedanken gefasst und geäussert, diese Untersuchungen
zu veröffentlichen, und darauf von Pariser Freunden gedrängt, sie für
das Journal, doch ohne Nennung seines Namens zu gestatten, her-
gegeben, und wie er nun gespannt und besorgt ist, welchen Erfolg
er damit unter den Philosophen erzielen werde, so erkennt man leicht,
wie wenig der grosse Mann, der jederzeit bereit war, die schwie-
rigsten Fragen mit sachkundigen Freunden brieflich zu verhandeln,
darauf Bedacht nahm, seine philosophischen Grundgedanken in authen-
tischer Form und mit voller Beweiskraft der Mit- und Nachwelt zur
Kenntniss zu bringen.
Nachdem aber einmal der kühne Wurf gethan war, und es nun
auch an Angriffen und Entgegnungen hier und anderwärts nicht fehlte,
war auch Leibniz stets schlagfertig, nicht so sehr fremde Meinungen
zu bekämpfen als seinen Sätzen zu Hülfe zu kommen, und durch
immer neue Aufklärungen aus dem unerschöpflichen Schatz seiner
Gedankenarbeit ihnen Schutz und Sicherung gegen Zweifel und Be-
kämpfung zu gewähren.
Zu diesen beiden Frankreichs und Deutschlands gelehrtem Lese-
bedürfniss entgegenkommenden Journalen trat, neben immer zahl-
reicher auftauchenden Fachzeitschriften, in den achtziger Jahren des
Jahrhunderts eine dritte allgemein wissenschaftliche Zeitschrift hin-
zu in den in Holland von Pierre Bayle begonnenen und einige Jahre
mit grossem Erfolg fortgeführten Nouvelles de la republique des let-
tres, deren Andenken unlängst in beredter Darstellung erneuert wor-
den ist. Ihre fast unfreiwillige Benutzung und der damit eröffnete
persönliche Verkehr mit dem gelehrten Herausgeber derselben ist für
Leibniz’ schriftstellerische Bethätigung von besonderer Wirkung ge-
worden, so dass ein wenn auch rascher Blick auf Bayle und dieses
Verhältniss sich rechtfertigen wird.
Bayle war einer der einflussreichsten französischen Schriftsteller
in der zweiten Hälfte des siebenzehnten und dem beginnenden acht-
zehnten Jahrhundert, und recht ein lebendiger Zeuge der Zeit, die
ihn hervorgebracht. Einer reformierten Predigerfamilie in Südfrank-
reich entsprossen, aber eine Zeit lang unter jesuitischem Einfluss der
römischen Kirche gewonnen, dann wieder zurückgefallen, hatte er
nach längerem Aufenthalt in und bei Genf, nieht ohne Fährlichkeit
nach Frankreich zurückgekehrt, eine Zeit lang an der Academie zu
694 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
Sedan eine Professur der Philosophie bekleidet, aber nach Aufhebung
der Anstalt (1682) in Rotterdam an der neugegründeten Eeole illustre
einen seinen Talenten entsprechenden Wirkungskreis gefunden, in wel-
chem er in einem mässig langen Leben (er starb in seinem 59. Lebens-
jahr, 28. December 1706) eine ungewöhnliche schriftstellerische Thä-
tigkeit entfaltet, deren Früchte die nächste Folgezeit in zweimal vier
Folianten schwersten Calibers gesammelt hat.
Er war zwar mathematischer und physikalischer Anschauung
nicht fremd, aber die Ziele seiner Forschungen lagen auf philoso-
phischem und historischem Gebiet, und wie ihn zu diesem ein kri-
tisches Talent und ein feiner Wahrheitssinn leitete, der das Herge-
brachte nicht ohne Zeugenverhör und ausreichende Gewähr gelten
liess, so zu jenem ein tiefblickender Scharfsinn, der die Probleme
in ihrem Kern zu erfassen und die daran haftenden Zweifel und Be-
denken mit dialektischer Schärfe herauszustellen wusste.
Stoffe zu seinen schriftstellerischen Arbeiten ergaben sich ihm
aus den Bewegungen der Zeit, wie wenn er einen litterarischen An-
griff auf die Reformierten, einen Vorboten von Schlimmerem, das be-
vorstand, und wenig später nach Aufhebung des den Protestanten
Frankreichs Schutz gewährenden Edietes (1685) die beginnenden Verfol-
gungen und gewaltsamen Bekehrungen wiederholt in Schriften, die für
Toleranz und Gewissensfreiheit eintraten, mit Nachdruck bekämpfte,
oder aus Anlass der von aller Welt an die Erscheinung eines Kometen
im J. 1680 gehefteten Befürchtungen aus dem unermesslichen Schatz
seiner Belesenheit diesen und den sämmtlichen auf Vorzeichen verschie-
dener Art gegründeten Aberglauben alter und neuer Zeit in einer immer
neue Gesichtspunkte einführenden Darstellung verfolgte.
Dazu leitete ihn bei allem, was er schriftstellerisch unternahm, ein
wunderbarer Tact, die rechte Form zu finden, die Leser gewinnen und
fesseln konnte. Nicht zu reden von so anmuthigen Schriften, wie die
"Gedanken über die Kometen oder die mit jenen verwandten "Antworten
auf die Fragen eines Kleinstädters‘, die in dem leichten Ton des diseours
Betrachtungen an Betrachtungen anspinnend den Leser nicht ermüden
lassen, selbst ein so ponderoses Werk, wie das zwei Folianten, in der der
ersten rasch gefolgten zweiten Bearbeitung drei umfassende Dietionnaire
historique et eritique, fand reichlich Beifall und Nachfrage: das freilich
nicht dazu bestimmt war, von Anfang bis zu Ende gelesen zu werden,
um so mehr in den gesonderten Artikeln die verschiedensten Interessen
befriedigen konnte, bald durch knappe geschichtliche Belehrung anzog,
bald in den oft weit sich ergehenden Digressionen durch umfassende
Erörterung schwieriger philosophischer oder theologischer Fragen an-
regend wirkte.
VAutEn: Festrede über Leıznız als Schriftsteller. 695
Ganz besonders aber traf Bayle die Wünsche des lesenden Publieums
durch die von ihm begründete, in monatlichen Heften erscheinende Zeit-
schrift, in der er mit seltenem Geschick durch Auszüge und Beurthei-
lungen vom Neuesten der Litteratur regelmässig Kunde brachte — einige
Jahre hindurch, bis er, da er sie fast allein schreiben musste, erlahmte
und sein Freund H. Basnage de Beauval das glücklich begonnene Unter-
nehmen unter neuem Titel weiterführte.
Hier setzte Leibniz’ Verbindung mit Bayle ein. Anlass gab eine in
den Leipziger Acta (1686) gedruckte Abhandlung von Leibniz, in der
er einen Irrthum des Cartes’ über Quantität der Bewegung und Quantität
der Kraft aufdeekte; was Einwendungen von ÜCartesianischer Seite her-
beiführte, die zusammen mit Leibniz’ Aufsatz (beides in französischer
Sprache) in Bayle’s Nouvelles aufgenommen eine durch Replik und
Duplik sich hindurchziehende Controverse hervorrief (1686. 1687). An
der Streitfrage selbst hatte Bayle keinen Antheil, aber Leibniz, der mit
seiner Entgegnung an Bayle sich gewendet, benutzte nicht ungern die
vom Zufall dargebotene Gelegenheit, dem berühmten Schriftsteller, dem
er bis dahin fern gestanden, näher zu treten.
Und die einmal angeknüpfte Beziehung erhielt sich zunächst mittel-
bar wenigstens. Leibniz’ Briefe an Basnage aus den Jahren 1692. 1693
lassen erkennen, wie viel Leibniz daran gelegen war, für seine Animad-
versiones über die Principien der Cartesianischen Philosophie Bayle’s
sachkundiges Urtheil zu erlangen, und wie auch dieser sich bereit finden
lässt, auf eine von Leibniz angeregte Frage einzugehen.
Directer Austausch philosophischer Ideen zwischen Leibniz und
Bayle knüpfte sich an Bayle’s Dietionnaire eritique und an den durch
Leibniz berühmt gewordenen Artikel Rorarius. Bei Gelegenheit einer
Schrift des Hieronymus Rorarius über die Natur der Thierseelen hatte
Bayle, wie er zu thun pflegte, eine Reihe von Schriften verwandten
Inhalts und verschiedene Ansichten Verschiedener über denselben Ge-
genstand aufgezählt, darunter auch Leibniz’ Hypothese über die Ver-
bindung von Leib und Seele im Hinblick auf das im Journal des Sa-
vans (1695) bekannt gemachte ‘Neue System der Natur’ und einen er-
gänzenden Aufsatz in Basnage’s Histoire des Ouvrages (1696) einer Be-
sprechung unterzogen und, wie immer mit dem Ausdruck bewundern-
der Anerkennung für Leibniz, auf einige Bedenken hingewiesen, die
seiner Annahme sich noch entgegenzustellen schienen.
Fein und zierlich wie der Angriff war die Erwiderung. die Leibniz
an Bayle’s Freund Basnage de Beauval gerichtet, der sie in seine Zeit-
schrift (1698) aufnahm, nachdem sie zuvor unter Bayle’s Augen gewesen,
der sich zwar beifällig darüber geäussert, sich aber doch nicht dazu
verstanden hatte, wie Leibniz gehofft, seine epikritischen Bemerkungen
696 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
dem Abdruck gleich beizufügen. Um so sicherer stand zu erwarten,
dass die rasch nach der ersten in Angriff genommene zweite Bearbei-
tung des Dietionnaire neue Gedanken über die noch unausgetragene
Streitfrage bringen werde. Und Leibniz, immer begierig, von Bayle’s
Scharfsinn zu lernen und von ihm zu neuen Erwägungen sich anregen
zu lassen, hatte den lebhaften Wunsch, noch vor Abschluss des Werkes
die von Bayle beabsichtigten weiteren Ausstellungen an seiner Theorie
kennen zu lernen, damit der Druck, meinte er, sie zugleich mit seiner
Antwort bringen könne. Da dies nicht sein konnte, musste er sich,
wohl oder übel, bis zur Herausgabe des Dietionnaire gedulden. Ende
1701 war es erschienen, aber Leibniz erst 1702 zu Gesicht gekommen.
Bayle hatte wirklich, wie vorauszusehen, mit grösserem Anlauf Leibniz’
Lehre zum Gegenstand seiner Kritik gemacht, die bei aller Anerkennung
der grossen Bedeutung, die seiner Theorie zukomme, deren Vortheile
vor des Cartes’ und der Occasionalisten Annahme er bereitwillig ein-
räumte, doch auch die Schwierigkeiten hervorhob., an der sie noch leide.
Leibniz antwortete verbindlich, wie er pflegte, und nicht ohne
Bayle’s Scharfsinn besondere Anerkennung zu zollen, und schickte von
Lüzenburg, wo er sich damals aufhielt, seine ausdrücklich nur für
ihn und einige Freunde, nieht für die Öffentlichkeit, bestimmte Aus-
führung, die Punkt für Punkt Bayle’s Zweifel durch noch genauere
Darlegung zu entkräften suchte, nebst einem Schreiben an Bayle, der
dankbar für die durch seine Veranlassung herbeigeführte weitere Auf-
klärung Leibniz’ Replik an ihn zurücksendet mit dem ausgesprochenen
Wunsche, dass sie gedruckt werden möge, vorausgesetzt, dass Leibniz
die ihm darin ertheilten Lobsprüche tilge. Noch ehe seine Aufzeich-
nung, die nach Bayle bei Freunden eursierte, an ihn zurückgekom-
men, antwortet Leibniz auf Bayle’s Brief, dass er das Unrecht nicht be-
gehen werde, den ihm gebührenden Antheil an der Aufhellung einer
so schwierigen Materie zu beseitigen, dass aber das Druckenlassen keine
Eile habe, da er nicht für das Publicum geschrieben, sondern für ihn
und andere Freunde, in der Erwartung von ihnen hinwiederum Be-
lehrung zurückzuerlangen. Und in der That erst mehre Jahre nach
Bayle’s Tod, als sein Freund des Maizeaux seine Briefe sammelte, ge-
schah es auf dessen Veranlassung, dass die inzwischen in Leibniz’
Hände zurückgekommene, aber bei Seite gelegte Arbeit spät noch zur
Veröffentlichung gelangte (1712).
Der Hergang, dem manch analoges Erlebniss aus Leibniz’ Schrift-
stellerthätigkeit sich an die Seite setzen liess, ist zwar auch bezeich-
nend für Bayle’s Charakter, zeigt aber ganz besonders Leibniz’ Eigen-
art in hellstem Licht, der die Zustimmung scharfsinniger und compe-
tenter Richter zu seinen Lehrmeinungen wohl zu schätzen wusste, vor
VAnrten: Festrede über Leıenız als Schriftsteller. 697
allem aber, sei es nun Zustimmung oder Ablehnung, aus ihren Mei-
nungsäusserungen neue Antriebe der Forschung und damit Förderung
der Erkenntniss zu gewinnen trachtete.
Doch Bayle’s Schriften haben noch von anderer Seite her mittel-
bar einen bestimmenden Einfluss auf Leibniz’ eigene litterarische Pläne
ausgeübt.
Bayle’s Beziehungen zu Deutschland hingen nieht bloss und hin-
gen nicht vornehmlich an Leibniz. Zwar hatte Bayle's Gedanke, als
arge Misshelligkeiten ihm Rotterdam verleideten, in Berlin unter dem
freisinnigen Regiment des grossen Kurfürsten, wie viele seiner Landes-
und Glaubensgenossen, ein Unterkommen zu finden, sich nicht ver-
wirklichen lassen (1688), so wenig wie einige Jahre später (1697)
Leibniz’ Absicht ihn für den grade frei gewordenen Bibliothekarposten
in Cassel zu gewinnen. Aber an Verbindungen mit Berlin und in
Berlin ansässigen Franzosen fehlte es ihm nicht, wie mit Lenfant, ei-
nem Jugendfreunde Bayle’s, der seit 1688 als einer der französischen
Hofprediger in Berlin lebte, mit de la Croze, seit 1704 Bibliothekar
des Königs, mehr noch mit Charles Ancillon, dem juge superieur der
in Preussischen Landen lebenden Franzosen, der, wie zu Bayle, so
auch zu Leibniz in naher Beziehung stand und wiederholt zwischen
beiden den Vermittler zu machen veranlasst war. Aber auch mit
dem Grafen Dohna, einst (1672) in Copet bei Genf, dem Stamm-
sitz der Dohna, Bayle’s Schüler, jetzt (1695-1704) der Gouverneur
des Kur- und Kronprinzen Friedrich Wilhelm, bestand noch eine per-
sönliche Verbindung, deren Fäden uns Bayle’s Briefe an Ancillon er-
kennen lassen, der auch hier meist als Vermittler eintrat: an beide
geht Bayle’s neues Dietionnaire und trägt ihm von beiden willkom-
mene Zeichen ehrender Anerkennung ein.
Vor allem aber hatte Bayle durch seine Schriften warme Verehre-
rinnen gewonnen an der Kurfürstin, späteren Königin Sophie Charlotte
von Preussen und ihrer Mutter, der Kurfürstin Sophie von Hannover.
Schon 1697 erwähnt Leibniz beiläufig in einem Brief an Basnage, dass
Bayle’s "Gedanken über die Kometen zu den Lieblingsbüchern der Kur-
fürstin Sophie gehörten. Und als im October 1700 die beiden Kur-
fürstinnen in diplomatischer Mission unter Begleitung des Grafen Dohna
einen Besuch in Holland machten, unterliessen sie nicht, eine persönliche
Begegnung mit dem berühmten Schriftsteller, ihm und seinem Freunde
Basnage, im Haag herbeizuführen, bei der, wie Bayle’s zeitgenössischer
Biograph berichtet, während die Kurfürstin Sophie sich eifrig mit Bayle
unterhielt, ihre Tochter im Gespräch mit Basnage ihrer besonderen An-
erkennung für Bayle und seine Schriften Ausdruck gab, die sie immer
bei sich zu führen pflege. Und Leibniz schreibt selbst an Bayle (27. De-
698 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
cember 1701), dass die Königin von ihrer Zusammenkunft mit ihm er-
zählt und nur bedauert habe, sich nicht länger mit ihm unterhalten zu
können, doch kenne sie ihn besser, setzt Leibniz hinzu, aus seinen Schrif-
ten, die Königin nicht minder als ihre Mutter, die Kurfürstin. Als daher
Ende 1701 die langersehnte Neubearbeitung des Dietionnaire erschienen
war, meldet es Leibniz als ein besonderes litterarisches Ereigniss der
Kurfürstin, und dass die Königin Auftrag gegeben, ein Exemplar zu
beschaffen.
Man sieht, der Schriftsteller Bayle war eine wohlbekannte und gern
gesehene Erscheinung am Hof der Königin, der zwar auch ein Musenhof
war, aber nicht minder vielleicht ein Gelehrtenhof, an dem manch ge-
lehrter Streit unter den Augen der Königin und zu ihrem besonderen
Wohlgefallen ausgefochten ward, und an welchem Männer verkehrten,
wie u.a. John Toland, der irische Freidenker, Thomas Burnett de Kem-
ney, der Freund Locke’'s und eifrige Correspondent von Leibniz, Lord
Shaftsbury, auch ein persönlicher Gönner Bayle’s, und vor allem Leibniz,
der grosse Leibniz, wie die Königin sagte, der seit 1700, dem Jahr der
Gründung unserer Societät, in den nächstfolgenden Jahren bis zum
Tode der Königin (1705) fast regelmässig einen Theil des Sommers
und Herbstes in dem Lustschloss der Königin in Lüzenburg zuzubringen
pilegte.
In diesem Kreise fanden Bayle’s Schriften ihre rechte Würdigung:
oft, erzählt Leibniz, ward aus ihnen vor der Königin vorgelesen; und
sie bewährten ihre Eigenart, belehrend zugleich und unterhaltend zu
sein; aber es konnte auch nicht fehlen, dass sie zahlreiche Fragen,
zumal in dem von Bayle nicht selten beschrittenen Gebiete religiös-
philosophischer Betrachtung, anregten, über die sich viel nach vielen
Seiten streiten liess, wie z.B. wenn er behauptete, die Manichäische
Annahme eines guten und bösen Prineips zur Erklärung des Bösen
in der Welt lasse sich mit Vernunftgründen nicht widerlegen, oder
wenn er Götzendienst und Atheismus in Parallele bringt und nach
ihrem Werth an sich und ihrer Wirkung auf die Sittlichkeit des Lebens
gegen einander abwägt.
Bei solchen Fragen griff Leibniz ein, indem er oft Anlass nahm,
die blendenden Gründe Bayle’s, die nicht ohne Wirkung auf die Köni-
gin blieben, als nicht unüberwindlich zu erweisen, in mündlicher Aus-
führung, und auf den besonderen Wunsch der Königin, damit man,
sagte sie, alles wohl überlegen könne, auch in schriftlicher Darlegung,
und gewann damit eine neue Gelegenheit, sich schriftstellerisch zu
bethätigen, die seinem Wesen, das immer mehr auf persönliche Ein-
wirkung gieng, vorzüglich zusagen musste. So hatte er auch, um von
anderem, was er in Lüzenburg und für die Königin ausgearbeitet,
Vanrten: Festrede über Leisnız als Schriftsteller. 699
nicht zu reden, nachdem er Lady Masham auf ihren Wunsch brief-
lich sein System entwickelt hatte, dieselbe Darlegung der Königin
überreicht, nur mit einem anmuthigen Zusatz von Humor, der auch
sonst dem alten Herrn in der Allongeperücke nicht übel zu Gesichte
stand.
Und so also werden wir diese gegen Bayle sich wendenden für
die Königin aufgesetzten Einzelbetrachtungen uns zu denken haben:
denn erhalten sind sie uns nieht, sondern haben nur als Füllstücke
gedient in dem Aufbau eines besonderen Werkes, des einzigen grösse-
ren von philosophischem Inhalt, das Leibniz selbst herausgegeben hat.
Was Leibniz unter dem Titel "Theodieee, Versuche über die Güte
Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Bösen’ fran-
zösisch geschrieben, hat man wohl so angesehen, als ob es auf Ver-
anlassung der Königin verfasst und dazu bestimmt gewesen sei, dem
Sceptieismus Bayle’s die Spitze abzubrechen: keins von beiden trifft,
bin ich der Meinung, voll die Wahrheit.
Auf Fragen über menschliche Freiheit und göttliche Vorsehung,
über Gottes Gerechtigkeit und das viele, physische und moralische,
Übel in der Welt, wie sie eine Theodieee zu lösen hat, hatte Leib-
niz, der ein frühreifer philosophischer Denker war, schon in seiner
Jugend eifriges und anhaltendes Nachdenken gewendet, hatte von Lau-
rentius Valla’s Sehrift De libero arbitrio. Luther’s De servo arbitrio
angefangen zahlreiche Schriften über diese Streitfragen gelesen, schon
1673 bei seinem Aufenthalt in Paris in einem lateinisch geschriebenen
Dialog seine Ansicht über die beste Welt und die menschliche Frei-
heit dargelegt, und später oft und mit Vielen mündlich und schrift-
lich diese Gegenstände erörtert, so dass es nichts Verwunderliches
gehabt hätte, wenn aus diesen Anfängen ein Werk wie die Theodieee
in freier und selbständiger Gestaltung hervorgegangen wäre, zumal
Leibniz nichts näher liegen musste, als nachdem er seine physika-
lische Weltanschauung in Grundzügen dargestellt hatte, die davon un-
trennbare moralische Weltordnung auf bestimmten Ausdruck zu brin-
gen. Aber ob die so früh und so lang gehegte Absicht jemals zur
Verwirklichung gediehen wäre ohne hinzutretenden äussern Anstoss,
lässt Leibniz! schriftstellerische Art, wie wir sie erkannten, nur zu
sehr bezweifeln.
Als Leibniz seine Theodicee niederzuschreiben anfıeng, war die
Königin bereits durch allzufrühen Tod dahingerafft (Jan. 1705). auch
Bayle schon seinen Leiden erlegen (Ende 1706). Aber Freunde, die
von Leibniz’ philosophischen Gesprächen mit der Königin wussten,
vielleicht auch Einiges von dem aus diesem Anlass aufgezeichneten
kannten, äusserten den Wunsch, das gesondert Entstandene gesam-
700 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
melt und verknüpft zu sehen. Und folgte ihnen Leibniz, so gewann
er zugleich Gelegenheit das ihm so theure Andenken an die früh ver-
blichene Königin in seiner Weise zu ehren. Als Bindemittel aber
das Sporadische zu vereinigen, bot sich der schon so reiflieh durch-
dachte Plan einer Theodieee dar, die wie eine Art Schirmdach das
aus einander stiebende zusammenzuhalten und zu einer Verbindung
zu zwingen sich eignete. So erwuchs ein Werk, das seinen Ursprung
aus disparaten Theilen, aus lambeaux, wie Leibniz selbst wiederholt
sich ausdrückt, dem aufmerksamen Leser nicht verleugnen kann.
Aber so sehr der gegen Bayle’s Ansichten gewendete polemische
Antheil über die harmonische Gliederung des Ganzen hinausgewachsen
ist, man würde doch, dünkt mich, fehl gehen, wollte man darin den
Hauptzweck des Werkes erkennen: ja dass Leibniz selbst gelegentlich
in Briefen sein Buch als ein Antibaylianum bezeichnet, darf uns nicht
beirren. Sein Ziel war ein positives: die in seiner Theodieee nieder-
gelegten und aus seinen metaphysischen Anschauungen gezogenen Über-
zeugungen, dass die Welt mit all ihren Übeln doch die beste unter
allen möglichen sei, und das Übel selbst ein Ingrediens des göttlichen
Weltplans ausmache, und die göttliche Vorsehung die freie Selbstbe-
stimmung und sittliche Verantwortung nicht aufhebe, lagen ihm am
Herzen, und er wünschte sie nicht durch die in verschiedenen Schriften
Bayle’s zerstreuten scharfsinnigen aber mehr Zweifel aufstörenden als
beschwichtigenden Ansichten gefährdet oder beeinträchtigt. Und indem
er diese immer festgehaltene Richtung der Abwehr in der Kritik der
Sätze Bayle’s verfolgt, hat er im Grunde den Streit nur fortgesetzt,
den er mit ihm selbst geführt. zumal die meisten der in die Theodieee
aufgenommenen Widerlegungen noch bei Bayle’s Lebzeiten aufgezeich-
net sind und Leibniz’ Wünschen nichts entsprechender gewesen wäre,
als die von Neuem in das Feld geführten Streitpunkte in unmittel-
barem Austausch mit ihm selbst durchzusprechen. Nichts lag Leibniz’
edler Gesinnung ferner, als einen Angriff dem Todten gleichsam in das
Grab nachzusenden. Soviel er an Bayle’s Ansichten und Methode aus-
zusetzen fand, mit dem er doch auch in vielen Stücken einverstanden
war, und so sehr er neben Bayle’s Stärke auch ein Auge für seine
Schwächen hatte, niemals verleugnet er die hohe Achtung, die er vor
Bayle’s ungewöhnlichem und oft glücklichem Scharfsinn und seiner
seltenen Gelehrsamkeit hegte.
Leibniz wusste wohl, dass seine Theodieee, obwohl sie, hier und da
über die Grenzen ihrer besonderen Aufgabe hinaustretend, philosophische
Fragen allgemeiner Art berührt, kein vollständiges System seiner Philo-
sophie darstellte, meinte aber, wenn man das vereinzelt in den franzö-
sischen, deutschen, holländischen Zeitschriften Mitgetheilte hinzunehme,
Vauren: Festrede über Leısnız als Schriftsteller. 701
werde nicht viel fehlen, wenigstens soweit es auf die Prineipien an-
komme. Und das genügte ihm: eine zusammenfassende Darstellung zu
versuchen, den Gedanken hat er kaum gefasst, darin weit verschieden
von seinem Zeitgenossen Spinoza, der entfernt von einem Weltverkehr,
wie er Leibniz’ Natur zusagte, einzig in dem Ausbau und der künstle-
rischen Gestaltung seines philosophischen Systems die Lebensaufgabe
fand und zu erfüllen trachtete. Leibniz war, wie in Vielem, auch darin
mehr ein Philosoph von Platonischem Geist, dem die Philosophie nicht
Überlieferung sondern Erzeugung der Erkenntniss ist, dass er es ver-
schmähte, seine Weisheit einem Buche anzuvertrauen, das von Verstän-
digen und Unverständigen gelesen, unvermögend sei, auf Fragen Ant-
wort zu geben und dem Missverständniss zu wehren, sondern immer ge-
neigter war, in lebendigem Austausch der Gedanken die Probleme zu er-
örtern, und wo dies nicht angieng, in dem so eifrig gepflegten Brief-
wechsel durch den Contact der Seelen Erkenntniss zu gewinnen und zu
fördern. oder wenn es hoch kam, in einem Journalartikel eine einzelne
Meinung mit Gründen darzulegen oder zu verfechten. Und darin unter-
scheidet sich auch die Theodieee nicht, nur dass sie ein Conglomerat ist
von vielem Einzelnen derselben Gattung.
Und doch hätte Leibniz vermocht, lange vor Lessing und Kant, der
deutschen Philosophie, als deren Ahnherr er immer gelten wird, ein
elassisches Werk anzueignen in deutscher Sprache, deren wunderbare
Fähigkeit für jeden, auch den höchsten Schriftstellergebrauch, Niemand
tiefer empfunden und nachdrücklicher ausgesprochen hat als Leibniz.
Doch wir nehmen ihn als Schriftsteller, wie er sich hat geben wollen,
und geniessen seines Geistes, wie und auf was Art er sich der Mit- und
Nachwelt offenbart hat.
Und indem wir heute vor Allem seines Verdienstes um unsere Kör-
perschaft gedenken, huldigen wir zugleich in seinem Geiste der edlen
Fürstin, die von seinen Ideen erfüllt, die Wege zur Gründung dieser An-
stalt geebnet hat, und preisen den König, der, wie er königliche Pracht
geliebt, auch den Glanz, mit dem die Wissenschaft den Thron umgiebt,
nicht entbehren wollte.
Darauf hielt Hr. Koser seine Antrittsrede.
Den Dank, den ich der Akademie an dem heutigen Festtage öffent-
lich abstatten darf, sage ich ihr nicht bloss für die hohe Auszeichnung,
die mir durch die Aufnahme in diese gelehrte Gemeinschaft zu Theil
geworden ist. Mein Dank hat weit zurückzugreifen: ich schulde ihn
der Akademie jetzt seit dreiundzwanzig Jahren, seit dem Tage, da die
Akademie auf den Vorschlag von Joh. Gust. Droysen und Max Duncker
mich zur Betheiligung an eben den Arbeiten heranzog, für die sie jetzt
702 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
von neuem meine Mitwirkung in Anspruch nimmt. Für meine Lauf-
bahn, mein Leben ist der damals mir ertheilte Auftrag entscheidend
geworden. Im Begriff, mich praktisch dem Schulfach, für das ich
mich vorbereitet hatte, zu widmen, erhielt ich durch das Eingreifen
der Akademie die Richtung auf ein anderes Ziel, die Veranlassung zu-
gleich und die äussere Möglichkeit zu berufsmässiger Beschäftigung mit
den Aufgaben historischer Forschung.
Aber nicht allein die Laufbahn, auch das besondere Arbeitsfeld
ist mir in jenem Augenblick vorgezeichnet worden: die Geschichte des
Herrschers, den die Akademie als ihren Wiederhersteller und einstigen
regelmässigen Mitarbeiter verehrt. Ein ausgedehntes Forschungsgebiet,
dem ich seither ununterbrochen und ganz überwiegend meine littera-
rische Thätigkeit zugewandt habe, wenn auch die nach einander über-
nommenen Lehraufträge es mir zur willkommenen Pflicht machten, den
Kreis meiner historischen Studien mit der Zeit immer weiter zu ziehen.
Die Wendung, die mich auf die andauernde Beschäftigung mit dem
Leben und dem litterarischen Nachlass eines grossen Mannes führte,
konnte nun auch auf die Entwickelung meiner wissenschaftlichen An-
schauung nicht ohne Einfluss bleiben. Lebhafter denn je wird heute
die alte Streitfrage erörtert nach der Bedeutung und der Rolle der Per-
sönlichkeit innerhalb der historischen Bewegung. Ich gebe den Wort-
führern einer collectivistischen Geschichtsauffassung gern zu, dass die
weltgeschichtlichen Thaten selbst der Grössten nur denkbar sind in
den ihnen durch die Zustände gesetzten Grenzen. Aber der Möglich-
keiten sind so viele, und die Grenzen des Möglichen sind so weit ge-
zogen, dass für die freie Bethätigung der lebendigen Menschen, der
grossen wie der kleinen, hinreichender Spielraum bleibt, um die nie
fertigen, allzeit tliessenden Zustände ebenso wieder umzugestalten,
wie sie ihre augenblickliche Gestalt doch durch Menschenkraft und
Menschenwitz erhalten hatten. Um die Mitte unseres Jahrhunderts
wollte Gervinus ein wesentlich charakteristisches Zeichen unserer Zeit-
geschichte darin sehen, dass der grosse Einfluss Einzelner in ihr kaum
zum Vorschein komme, dass die Bewegungen von dem Instinete der
Massen getragen würden, dass der hervorragende Rang der grossen
Begabung in Abnahme sei. Sehr bald zeigte die Zeit ein gar anderes
Gesicht, und so oft immer eine starke Persönlichkeit durch den Einsatz
ihres zwingenden Willens und ihres überlegenen Intellects zwar nicht
das Unmögliche möglich macht, aber das unmöglich Scheinende, das
Irreguläre, Unerwartete, Ungemeine durchsetzt, wird auch das Dichter-
wort gelten, dass wer fest auf dem Sinne beharrt die Welt sich bildet.
Unsere Akademie ist ein Arbeitsinstitut: es sind ganz concrete
Aufgaben, deren Förderung, wie schon berührt, hier von mir verlangt
Koser: Antrittsrede. 703
wird. Die Veröffentlichung der Urkunden und Acten zur Geschichte
der neueren Jahrhunderte, zur Geschichte unseres engeren Vaterlan-
des, ist in das Arbeitsprogramm der Akademie erst seit verhältniss-
mässig kurzer Zeit hineingezogen worden. Die fünfziger Jahre unseres
Jahrhunderts hatten uns jene ganze Reihe hervorragender Darstellun-
gen gebracht, die von der Gestaltungskraft der deutschen Geschichts-
forscher das glänzendste Zeugniss ablegten, während doch ihre Auf-
fassung der neueren deutschen Geschichte die Werke von Droysen,
Häusser, H. von Sybel alsbald lebhaften Angriffen aussetzte. Die Ver-
fasser hatten den politischen Maassstab für die Beurtheilung der Ver-
gangenheit gewonnen in und an den Kämpfen der Gegenwart, in
denen die Gegensätze der deutschen Bürgerkriege von ehedem wie-
der lebendig geworden waren; auch dieser Geschichtsschreibung hätte
das ineedis per ignes suppositos eineri doloso zugerufen werden dür-
fen. Da hat nun niemand eifriger als der Verfasser des bahnbrechen-
den Werkes über die Geschichte der preussischen Politik die Ver-
öffentlichung der urkundlichen Zeugnisse dieser Politik, die Vorlegung
des Gontrolmaterials, betrieben und gefördert, ganz unbekümmert da-
rum, wie sein eignes schriftstellerisches Lebenswerk in dieser Probe
bestehen würde. Wir haben seitdem gesehen, dass in dem Maasse,
als unsere Kenntniss der historischen Vorgänge sich erweiterte und
vertiefte, immer neue Probleme der Forschung sich ergaben, die wie-
derum den Wunsch nach weiterer Nachricht weeckten. Das hier und
da laut gewordene Vorurtheil, als könnte bei unseren Quellenpubli-
cationen des Guten zu viel geschehen, dürfte damit widerlegt sein;
wenn es vorkommen kann, dass der Einzelne bei Durchmusterung der
Archive aus der erdrückenden Masse der Acten vorzugsweise das her-
ausliest, was er gern beweisen möchte, so wird eine Ausgleichung der
entgegengesetzten Auffassungen am ehesten dadurch zu erwarten sein,
dass die Beweisstücke in möglichster Vollständigkeit dem allgemeinen
Urtheile vorgelegt werden.
Die wissenschaftlichen Aufgaben, auf die Droysen und Duncker
1874 in einer der Akademie vorgelegten Denkschrift über die Pflege
der vaterländischen Geschichte hinwiesen, haben in den grossen, rüstig
fortschreitenden Sammlungen der »Politischen Correspondenz Fried-
rich’s des Grossen« und der » Acta Borussiea« ihre Lösung erhalten.
Aber diese unsere akademischen Unternehmungen bilden nur einen
Theil dessen, was heute mit öffentlichen Mitteln für die preussische
und deutsche Geschichte geleistet wird. Auf die Anregung des Fürsten
Bismarck hat die Königliche Archivverwaltung während der zwanzig-
jährigen Amtsthätigkeit Heinrich von Sybel’s eine lange Reihe grund-
legender Publicationen veranstaltet, und wenn zum Nachfolger Sybel’s
Sitzungsberichte 1897. 65
704 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
wiederum ein Vertreter der historischen Diseiplin berufen worden ist,
so war damit zugleich entschieden, dass die bewährten Verwaltungs-
grundsätze in freiem Sinne festgehalten werden und die Staatsarchive
der historischen Forschung in weitestem Umfang geöffnet bleiben sollen.
Sodann haben die provinzialen Geschichtsvereine und die in einzelnen
Landschaften zusammengetretenen historischen Commissionen den ört-
lichen Bestrebungen die früher vielfach vermisste Wissenschaftlichkeit
und Planmässigkeit gegeben und nach dem Muster der Akademien eine
umfassende Editionsthätigkeit begonnen: eine grossartige, über ganz
Deutschland verzweigte, in einander greifende Organisation, die noch
während des letzten Jahres durch verheissungsvolle Anläufe in den
neueren Landestheilen unserer Monarchie eine nicht unerhebliche Er-
weiterung erfahren hat. Gern hat sich die Archivverwaltung in den
Dienst dieser Bestrebungen gestellt, mit ihrem Urkundenvorrath, mit
ihren Arbeitskräften und, wo es Noth that, auch mit ihren materiellen
Mitteln. Bei den mannigfachen Beziehungen, die sich mir in dieser
Riehtung aus meiner amtlichen Stellung ergeben, steigert es noch mein
Dankgefühl gegen die Akademie, dass sie mir durch die Aufnahme in
ihre Mitte für den wissenschaftlichen Verkehr mit so vielen Vereini-
gungen trefflicher Gelehrter gleichsam ein Creditiv ertheilt hat.
üs folgte die Antrittsrede des Hrn. Lenz.
Dem Dank, den ich Ihnen heute für die Aufnahme in Ihren Kreis
abstatte, mischt sich aufs Neue das herbe Gefühl der Trauer bei über
den 'Tod der beiden grossen Historiker, auf die mit uns unser Volk
stolz war und die es längst zu seinen Klassikern gezählt hat. Von
ihnen ist mir der Eine als Lehrer theuer geworden. Die schwanken-
den Schritte des jungen Studenten hat Heinrich von Sybel zu Bonn
geleitet, und in seinem Seminar habe ich den ersten Versuch gemacht,
historische Gedanken zu formen. Das Interesse, welches er dem Schüler
bewies, hat er mir in den späteren Jahren niemals entzogen; mit tiefer
Wehmuth gedenke ich heute der Abschiedsstunde an seinem Arbeits-
tische, wo er immer zu finden war, vor seiner letzten Reise nach
Marburg. Und wie liesse sich aussprechen, was ich dem Wort und
Beispiel Heinrich von Treitschke’s verdanke, zu dem die Nation schon
in meinen Knabenjahren wie zu ihrem Propheten aufsah, und der
mitten in der Bahn unvergleichlicher Erfolge von uns gerissen wor-
den ist.
Dennoch darf ich nicht sagen, dass meine Studien ihr eigenthüm-
liches Gepräge gerade durch diese Männer erhalten haben. Die Jahre,
da sich Grundriehtungen und Ziele bei mir festsetzten, standen bereits
unter anderen Gestirnen. Sybel und Treitschke waren die letzten und
Lenz: Antrittsrede. 705
wohl auch die grössten Vertreter jener mit Dahlmann beginnenden
Gruppe von Historikern, deren ganzes Schaffen gestellt war in den
unmittelbaren Dienst politischer Arbeit, der Ideen, welche damals das
Leben der Nation erfüllten und in ihrer Einigung, in der Schöpfung des
neuen Reiches gipfelten. Wir Jüngeren haben daran nicht mehr mit-
gearbeitet, es sei denn mit der Waffe und in dem allgemeinen Heer-
bann. Ich war noch auf der Universität, als die Institutionen des
neuen Deutschlands geschaffen wurden und dem Ausbau des nationalen
Staates sich alle Kräfte zuwandten. Die inneren Fragen regten fortan
unser politisches Leben gewaltig auf, aber die Leidenschaftlichkeit,
mit welcher früher die Kämpfe um die deutsche Hegemonie betrachtet
waren, begann einer ruhigeren Stimmung Platz zu machen. Mit kälteren
Blicken, unbefangener und von einem universaleren Standpunkte aus
konnten wir nach dem Siege auf die Epochen unserer Geschichte zu-
rückblicken, in denen unsere Lehrer immer nur nach der Mission
Preussens ausgeschaut und alle seine Gegner verfolgt hatten. So näher-
ten wir uns wieder den Grundsätzen der Objectivität, welche Ranke
in allen Kämpfen der Gegenwart behauptet hatte, er, dessen Bildung
schon vor der Jugendepoche Sybel’s und Treitschke’s abgeschlossen
gewesen war, und der uns nun in immer neuen Werken die unver-
siegliche Kraft seines Geistes und die harmonische Geschlossenheit
seiner weltumspannenden Forschung offenbarte.
So wenig dürfen wir es uns als ein Verdienst anrechnen, wenn
unser Blick etwa weiter reichen sollte als der unserer Lehrer: wir stan-
den nur wieder unter Constellationen, die wir nicht gesetzt hatten
noch beherrschten.
Der Zufall, ich muss es bekennen, hat mich dann, nachdem ich
mit zwei Arbeiten zur Geschichte des Constanzer Coneils debutirt hatte,
auf die Bahn geworfen, die mich zuletzt bis in Ihre Mitte geführt hat.
Meine Absieht war es ursprünglich, mich in Berlin zu habilitiren und
in der Epoche Friedrich’s des Grossen heimisch zu werden. Aber der
Wunsch Sybel’s, mich mit der Herausgabe des Briefwechsels Philipp’s
des Grossmüthigen und Martin Bucer’s zu betrauen, brachte mich nach
Marburg an die Universität und das Archiv des hochgesinnten Land-
grafen, der zuerst von allen deutschen Fürsten protestantische Politik
im grossen Stile getrieben hat. Der Bearbeitung der dortigen Schätze,
bei der ich oft auf jungfräulichen Boden stiess, habe ich ı2 Jahre
gewidmet.
Ich gerieth so an die Epoche, in der auch Ranke seine Kräfte
geschult und die ersten Erfolge erreicht hat: ihn hatte dorthin sein
Genius, durch die Jahrhunderte den Pfad suchend, geleitet; von hier
aus hat er die Eroberungen begonnen, die ihn zurück bis an die
65*
706 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
Pforten der historischen Erkenntniss und wieder bis in das helle Licht
der Gegenwart gebracht haben.
An unmittelbarem Interesse für die Kämpfe unserer Zeit lässt sich
die Reformation, auf den ersten Blick wenigstens, mit den neueren
Epochen kaum vergleichen. Aber einer tieferen Betrachtung können
die Zusammenhänge der Gegenwart mit der Anfangsepoche der neuen
Geschichte nicht verborgen bleiben. Gerade die Macht, gegen welche
Luther das deutsche Gewissen aufrief, sehen wir heute auf’s Festeste
in dem deutschen Boden verankert. Keinen Schritt können wir vor-
wärts thun ohne die Rücksicht auf sie. Ja nicht bloss ihre Gewalt,
sondern ihr Recht, ihm selbst gegenüber, erkennt der Staat an — der-
selben Kirche, in der Luther den Antichrist herrschen sah, und welche
ihrerseits die Reformation und Alles was sie schuf als Abfall und dem
Tode geweiht ansehen muss. Und indem sieh die Massen von dem
Glauben der Väter zu lösen drohen, will Rom fast nur zu Vielen als
die feste Burg inmitten der allgemeinen Zersetzung erscheinen.
Von hier aus bieten sich uns die Analogien zum 16. Jahrhundert
in Fülle. Auch damals schien es Vielen, als ob die Fluth der Zer-
störung über die Welt herbrechen sollte: Dogmen und Verfassung, die
Grundlagen der Gesellschaft und des Staates und die Bildung selbst
schienen im Sturze der alten Kirche begraben zu werden. Jedermann
war, mehr fast als heute, im Innersten agitirt; in jedem Verhältniss
des Lebens sah er sich den Grundfragen des Daseins und dem Ewigen
gegenübergestellt, und musste an den kämpfenden Theorien Halt zu
gewinnen trachten. Hierin liegt der unendliche Reiz, den die Er-
forschung jener Epoche darbietet: bei den kleinsten Untersuchungen
und in den Acten, die ich edirte, in den führenden Geistern und in
den Fragen der hohen Politik, in dem Feldlager selbst, im feinsten
dogmatischen Gespinnst und in den grobsinnlichen Interessenkämpfen
—- überall zeigt sich der Bezug auf die religiösen Grundfragen des
Zeitalters.
Vor Allem ein Problem hat mich immer gefesselt, das uralte und
ewig sich wandelnde, das auch auf dem Grunde der heutigen Kämpfe
ruht: die Stellung der weltlichen Macht zur Kirche, der Begriff selbst,
der deren Ansprüche begründet, und das Recht des Staates, der ihr
entgegentritt.
Dies war es, was mich auch an den späteren Epochen, zumal
an der französischen Revolution vornehmlich anzog.
Ich bin damit auf das eigentliche Arbeitsgebiet Sybel’s und Treitsch-
ke’s gekommen. Die grössere Entfernung, in der wir heute dazu stehen,
wird uns, wie ich nicht zweifele, eine unbefangenere Beurtheilung so-
wohl ihrer Helden wie ihrer Gegner ermöglichen. So beginnen bereits,
Lenz: Antrittsrede. 707
vor Allem durch die weitverzweigten Arbeiten der Franzosen, die Ver-
rottung und Abgelebtheit der durch die Revolution umgeworfenen Ver-
fassung und die positiven und grossen Ideen, welehe in der zerstö-
renden Macht wirksam waren, klarer hervorzutreten als in ihren auf
Vertheidigung oder Angriff gerichteten Schilderungen; und so vermö-
gen wir auch die welthistorische Gestalt Napoleon’s I. unbefangener zu
würdigen, als es dem Hasse der früheren Generation gegen den Zwing-
herrn unseres Volkes möglich war. Aber wichtiger noch erscheint
es mir, auch in der Geschichte der Revolution wie unseres Jahrhun-
derts die Analogien zu der Reformation und die Nachwirkungen des
damals unausgetragenen Kampfes offenzulegen. Die Stellung Sybel’s
und seines Kreises zu Rom wurzelte doch, so gute Protestanten sie
waren, noch in den Anschauungen, welche ihre Jugend, die Epoche
unserer Revolution beherrscht hatten und in Dahlmann’s Politik for-
mulirt waren. Sie gipfelten in der Lehre von dem modernen Staat,
der seinem Wesen nach entblösst und unabhängig sei von dem Ein-
{luss religiöser Meinungen, und nicht nur das Recht, sondern auch
die Macht habe, die Grenze zwischen sich und den Kirchen in seinem
Bereich, welche die Doctrin als gleichartig behandelte, zum Segen bei-
der Sphären zu setzen. Möglich war solche Abstraetion, die niemals
realisirt gewesen ist, nur in einer Zeit, da die Wortführer des Libera-
lismus die Macht der alten Kirche ganz aus dem Gesicht verloren hatten,
da selbst ein Ranke das Papstthum für einflusslos und abgestorben
ansehen konnte, und Dahlmann in der Berufung von Reichsständen
das Heilmittel für alle religiösen Wirren erblickte. Aber nicht bloss
den liberalen Ideen gehört unser Jahrhundert: mindestens zu gleicher
Bedeutung hat sich der klerikale Geist in ihm erhoben. Zwei Ströme
sind es, deren Quellen in der Epoche der Romantik dieht bei ein-
ander lagen. Beide entstammen sie der Tiefe des nationalen und des
allgemeinen Lebens. Die demokratischen Formen, welche die europäi-
sche Gesellschaft seit der französischen Revolution angenommen hat,
kamen beiden zu Gute, und durch tausend Quellen und Zuflüsse ge-
nährt, gruben sie sich immer tiefer in den Boden unseres Volkes ein.
So werden sie in das dunkle Jahrhundert hineingehen, an dessen
Schwelle wir stehen, und das sie erfüllen werden, wie frühere Epochen
von ihnen erfüllt gewesen sind.
Ich halte es für eine Hauptaufgabe auch der neuesten Geschichte,
diese Doppelströmung und ihre Einwirkung auf einander zu erfor-
schen. So werden wir erst der Beziehungen recht gewahr werden,
die uns noch heute mit der Reformation verknüpfen, und wird diese
selbst für uns eine Bedeutung gewinnen, welche denn doch die von
der grossen Revolution ausgehenden politischen Wandlungen übertrifft.
708 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
Und so erst werden wir uns auch den tieferen Problemen unserer
Wissenschaft nähern, dem Zusammenhange des geistigen Lebens mit
allen Formen der Gesellschaft, denen es sich einprägt und incarnirt,
dem Boden, auf dem die Nationalität selbst sich bildet und sich fort-
entwickelt in unablässigem Austausch mit der allgemeinen Cultur.
Die Aufgabe ist unermesslich, und Angesichts des stets wachsen-
den Stoffes mag der Einzelne wohl Grund finden zu verzagen. Zum
Glück sind viele Hände am Werk. Und noch tröstlicher ist es, dass
die Grundlagen gelegt und die Ziele gewonnen sind. Sybel und
Treitschke, Duncker und Droysen haben daran gearbeitet, vor Allen
aber doch Ranke, als dessen Schüler ich mich bekenne, obgleich ich
ihn kaum je gesehen habe. Es sind die 'Traditionen der Akademie,
denen ich folgen werde.
Beide Antrittsreden beantwortete der vorsitzende Secretar.
Wenn ich, geehrte Herren, amtlicher Pflicht nachkommend, auf
Ihre eben vernommenen Antrittsreden zu erwidern versuche, so ge-
schieht es nieht in dem Gedanken, dass ich Ihnen auf Ihr besonderes
Forschungsgebiet mit fachgemässer Einsicht zu folgen vermöchte, wohl
aber in dem Bewusstsein, dass den Willkommensgruss den neu ein-
getretenen Mitgliedern im Namen der Akademie auszusprechen, leicht
jeder unter uns Beruf genug haben werde, der nur ein warmes Herz
hat für das Gedeihen der Akademie und von dem Wunsche beseelt
ist, dass sie jederzeit der Erfüllung ihrer hohen Aufgaben gewachsen
sein möge.
Die Akademie hat in dem Gebiet, auf dem Ihre Forschungen
liegen, in den beiden letztverilossenen Jahren schwere und schmerz-
liche Verluste erlitten; noch steht vor unserem Auge das glänzende
Bild, das vor Jahres Frist einer der Unsrigen an dieser Stelle von
dem "goldenen Zeitalter der deutschen Geschichtsehreibung’ entworfen
hat, das, wenn auch nicht von der Akademie ausgegangen, doch
durch die Träger desselben mit der Akademie auf das engste ver-
wachsen war, und das mit dem Hinscheiden der Herren von Sybel
und von Treitschke zu Ende gegangen sei.
Sie sind berufen, meine Herren, in die Lücken einzutreten, die der
Tod in unsern Reihen gerissen hat, und an Ihrem "Theile mitzuwirken,
dass der alte, auf einer langen Reihenfolge hervorragender Geschicht-
forscher und Geschichtschreiber begründete Ruhm der Akademie zum
Heil der Wissenschaft und zum Segen des Vaterlandes erhalten werde.
Sie, Hr. Koser, haben schon seit 1874 Ihre Kraft in den Dienst der
Akademie gestellt, indem Sie rüstig mitgearbeitet haben an der damals
von ihr beschlossenen und seitdem mit erfreulichem Erfolge fortgeführ-
‚Vanten: Antwort an Hrn. Koser und Hrn. Lenz. 709
ten Veröffentlichung von Acten und Urkunden, die der Erforschung der
vaterländischen Geschichte vor allem zu dienen bestimmt war. Und wie
das Gelingen dieser Unternehmungen wesentlich den auf eine Art von
Personalunion gegründeten nahen Beziehungen zwischen Akademie und
Staatsarchiv zu danken war, so hat die Akademie auch die Hoffnung
an Ihren Eintritt geknüpft, dass, nachdem gleichzeitig die Leitung der
Archivverwaltung in Ihre Hände gelegt worden, durch Ihre Vermitte-
lung die seit langen Jahren bestehende, nach verschiedenen Richtun-
gen förderlich gewordene Verbindung von Staatsarehiv und Akade-
mie sieh ununterbrochen forterhalten und fruchtbringend sich er-
weisen werde, und gern vernahmen wir, wie Sie selbst diese Ihre
Doppelstellung in echt wissenschaftlichem Geiste auffassen und zu ver-
werthen gewillt sind.
Dass aber, indem Sie thatkräftig mithalfen, eine Urkunde so ein-
ziger Art wie die politische Correspondenz Friedrich’s II., in gebühren-
der Weise hergerichtet der Forschung nutzbar zu machen, Ihr eigenes
Arbeitsgebiet sieh abgesteckt und Sie Ziel und Mittelpunkt Ihrer Unter-
suehungen in der Geschichte des Königs gefunden haben, dürfte man
wohl als ein neidenswerthes Glück ansehen, wem es zu Theil gewor-
den. Denn Ihrer eigenen Darstellung entnehme ich den Gedanken,
dass, wie mit der Aufrichtung des deutschen Reiches die früh erfass-
ten und unentwegt verfolgten Ziele des grossen Königs ihren reifen
Abschluss gefunden, so nun auch, nach viel schwankenden, von po-
litischer Parteianschauung getragenen Urtheilen, eine vollere und ge-
rechtere Würdigung des Königs möglich und eine erneute Erforschung
und Darstellung seiner Geschichte ein unabweisbares Bedürfniss ge-
worden sei, dem überdies um so zuversichtlicher entsprochen werden
könne, als gleichzeitig ein unermessliches Urkundenmaterial, an dessen
Bearbeitung Sie selbst einen so hervorragenden Antheil haben, mit
uneingeschränkter Liberalität der Forschung eröffnet und zur Verfü-
gung gestellt worden. Denn Sie haben mit Recht, dünkt mich, auch
heute die unersetzliche Bedeutung betont, die der gewissenhaften Aus-
beutung der urkundlichen Zeugnisse für die historische Forschung zu-
kommt, die ohne auf diesem festen und fruchtbaren Boden zu rulıen,
auch unter den Händen der genialsten Forscher ihr Ziel nieht voll er-
reichen kann.
Die Aufgabe aber, die Sie unter so günstigen Auspieien und mit
so seltener Vorbereitung in Angriff genommen haben, eine eng be-
grenzte wird sie nicht nennen wollen, wer eine Vorstellung davon
hat, dass die Geschichte Friedrich’s nieht Preussische, nicht Deutsche
sondern Europäische Geschichte ist und den Forscher nöthigt den tau-
send Fäden stets wachsamen Auges nachzugehen, durch welche die
710 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
Geschicke Preussens mit den Strömungen und Strebungen in den ver-
schiedenen Staaten Europas verknüpft waren, oder wer nach anderer
Seite in Erwägung zieht, welche Fülle schwieriger in die manchfal-
tigsten Verwaltungszweige eines grossen Staates eindringender Unter-
suchungen aus dem Aufbau und der Neugestaltung des Fridericiani-
schen Staates sich ergeben musste. Aber auch darin möchte ich den
Geschichtschreiber Friedrich’s glücklich nennen, dass es ihm vergönnt
ist, seinen historischen Griffel an die Zeichnung dieser Persönlichkeit
zu setzen und uns in dem grossen König den grossen Menschen zu
zeigen, und neben dem wechselvollen Verlauf der Weltereignisse uns
Blicke in die innere Welt seines Gemüthslebens zu eröffnen. Hier
auch, wenn irgendwo, wird die alte Streitfrage sich lösen, ob die
selbstbewusste Kraft des Einzelnen oder die instinetive Gewalt der
Massen die Ereignisse herbeiführt und dem Zeitalter das Gepräge auf-
drückt. Die Entscheidung kann nicht zweifelhaft sein.
Möge es Ihnen vergönnt sein, Hr. Koser, das glücklich begonnene
Werk mit gleichem Erfolge zu Ende zu führen.
Auch Ihnen, Hr. Lenz, hat die Akademie schon in früherer Zeit
ein Zeichen ihres Vertrauens gegeben, indem sie nach Waitz’ Tode Sie
in den Vorstand des Preussischen historischen Instituts in Rom gewählt
hat, und sie erwartet nun von Ihnen auch eine unmittelbare Bethei-
ligung an den ihr im Bereich historischer Wissenschaft gestellten Auf-
gaben.
Sie haben sich das universalere Gebiet der neuern Geschichte zu
Ihrem Arbeitsfeld erkoren, das will sagen die vier Jahrhunderte, in
denen vorzugsweise die beiden fundamentalen Mächte, auf denen die
menschliche Gesellschaft beruht, Staat und Kirche, im Verein mit ein-
ander und im Widerspiel gegen einander sich wirksam erwiesen, und
haben, ohne die Gesammtentwickelung dieser grossen Epoche ausser
Betracht zu lassen, vor allem Ihre Kraft eingesetzt bei den beiden welt-
historischen Ereignissen, durch welche das Recht dieser beiden Mächte
in Frage gestellt, alt überkommene Formen zerbrochen, neue geschaffen
und lang nachdauernde Wirkungen auf beiden Gebieten. hervorgerufen
wurden, dem Zeitalter der deutschen Reformation und der Epoche der
französischen Revolution. £
Sie haben uns selbst erzählt, wie zufällige Umstände Sie auf die
Geschichte der Reformationszeit geführt und wie Sie den Anfang damit
gemacht haben, ein hervorragendes umfassendes Quellenwerk dieser
Epoche reinlich an das Licht zu stellen und der Forschung zuzuführen.
Auch in der Geschichte des Revolutionszeitalters ist es Ihnen gelungen,
in einer Reihe scharfsinniger Einzeluntersuchungen vorhandene oder
VaAurten: Antwort an Hrn. Koser und Hrn. Lenz. 11
neu hinzugekommene Quellenschriften eigener Art in methodischer Kri-
tik auszubeuten und für die tiefere Erkenntniss von Personen und Er-
eignissen zu nutzen.
Die kritische Quellenuntersuchung wird immer eine ebenso wichtige
wie schwierige Aufgabe des Geschichtsforschers bleiben müssen, wofern
die Zuverlässigkeit der Thatsachen das sichere Fundament abgeben soll,
auf dem die Causalerklärung des Geschehenen mit Erfolg ihr Geschäft
vollziehen kann: zumal bei einer Epoche wie die der Reformation, an
der so viele und so entgegengesetzte Interessen haften, die den Blick
bestrieken und die Forschung auf Abwege leiten können. Sie haben
selbst wiederholt Anlass genommen mit kritischer Schärfe Verirrungen
zurückzuweisen, die, gleichviel ob auf dem Grunde engherziger Quellen-
benutzung oder unter Anwendung falscher Analogien statt der Wahr-
heit den Schein derselben oder ein Zerrbild statt der echten Gestalt
hervorgebracht haben.
Doch Ihre eigenen Ziele liegen viel höher: Sie haben uns eben
einen weiten Ausblick eröffnet, wie Sie, wenn anders ich den Gang
Ihrer Darlegung richtig erfasst habe, die Geschichte der Reformation
mit Fragen der unmittelbaren Gegenwart in Verbindung zu setzen,
und die aus der französischen Revolution erwachsenen Ideen in ihrer
Ausbreitung zu verfolgen, und die Einwirkungen jener auf diese klar
zu stellen, und so gewisse Grundfragen staatlichen und religiösen Le-
bens mit erneuter Vertiefung in jene grossen Epochen zu befriedigen-
derer Lösung zu bringen sich vorgesetzt haben, aber auch das haben
Sie hervogehoben, dass, indem Sie Gebiete betreten, auf denen so
grosse Vorgänger, wie Duncker und Droysen, von Sybel und von
Treitschke erfolgreich gearbeitet haben, der heutigen Forschung der
Vortheil zu Gute komme, ungestört von mächtigen Erregungen des
politischen Lebens in ruhigerer Betrachtung der Enträthselung der
schwierigen Probleme sich hingeben zu können, und haben in diesem
Zusammenhang mit gutem Grunde auf Ranke, den unübertroffenen Mei-
ster objeetiver Geschichtschreibung, als Ihren wahren und einzigen
Führer hingewiesen.
Wir wünschen von Herzen, Hr. Lenz, dass es Ihrer jugendlichen
Kraft gelingen möchte, Ihre gross angelegten Pläne glücklich zur Aus-
führung zu bringen; inzwischen aber, bis Sie Ihr Wort einlösen, wollen
wir uns an dem von Ihnen in engerem Rahmen zwar, aber in plasti-
scher Anschaulichkeit und mit warmer Empfindung entworfenen Porträt
des grossen Reformators erfreuen und wollen es als Unterpfand nehmen
Ihrer grossen Leistungen, die Sie uns in Aussicht stellen.
Meine Herren, ich heisse Sie beide im Namen und Auftrage der
Akademie herzlich willkommen in unserem Kreise, in dem Sie jeder-
Sitzungsberichte 1897. 66
712 Öffentliche Sitzung vom 1. Juli.
zeit mit Ihren Forschungen und Darstellungen der lebhaftesten Theil-
nahme sich versichert halten dürfen.
Ferner wurden Gedächtnissreden auf zwei der seit dem letzten
Leısnız-Tage verstorbenen Mitglieder, von Hrn. Könter auf Erst Cur-
rıus, von Hrn. Daues auf H. E. Beyrıcn gehalten.
Zum Schluss theilt Hr. Diers mit: Das Epnvarp GERHARD-Stipen-
dium ist im nächsten Jahre mit dem vierfachen Jahresbetrage der
Zinsen zu vergeben. Bewerbungen sind bis zum ı. Januar 1898 bei
der Akademie einzureichen.
Ausgegeben am 8. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Ms
SITZUNGSBERICHTE 189.
DER XXXIV.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
S. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
*]. Hr. Krırın las über Ganggesteine und ihre Stellung im
System der Eruptivgesteine.
Wie schon seit älterer Zeit bekannt, werden die massigen (Eruptiv-) Gesteine
von zahlreichen Gangbildungen durchsetzt.
Die Forschung hat sich in neuerer Zeit mit besonderer Vorliebe diesen Gang-
gesteinen zugewandt.
Während aber die einen Forscher in denselben nur besondere Gesteinsarten von
bestiminter, meist porphyrartiger Structur sehen und sie so den betreffenden, schon
früher bekannten Gesteinsarten anfügen, haben andere Forscher alle in Gangform auf-
tretenden Gesteine unter Würdigung dessen, was sie lehren, in eine Gruppe ver-
einigt und innerhalb derselben gegliedert.
Bei der ersten Auffassung und zum Theil auch bei der zweiten werden erheb-
liche Missstände in der Folge nicht fehlen. Dieselben werden wesentlich darauf hinaus-
kommen, einmal die Anzahl der Gesteinsarten erheblielı zu vermehren und sodann
Zugehöriges (also z. B. das Ganggestein von seinem Tiefengestein) von einander zu
trennen. Überdiess kommen bei der ersteren Auffassung die so interessanten Be-
ziehungen zwischen Gang- und Massengesteinen überhaupt nicht zum Ausdruck.
In einer theilweise neuen Anordnung der Gesteine, die sich indessen an bekannte
Vorbilder anlehnt und in welcher Hauptgesteine, wie Granit, Quarzporphyr, Diabas
und Diabasporphyrit, Trachyt und Basalt, Typen abgeben, erscheinen die Ganggesteine
mit ihren zugehörigen Massengesteinen verbunden. Auch sind als Ganggesteine nur
solche verzeichnet, die aus der Spaltung des betreffenden Magmas entstanden sind.
Ist aber der chemische Bestand des Magmas im Massengestein und in der Gangbildung
ganz oder nahezu der gleiche, so heisst letztere ein gansförmig auftretendes Ge-
stein. Hierdurch wird es erreicht, dass eine grosse Anzahl in Gängen vorkommender
Gesteine bei ihren respectiven Massengesteinen verbleiben können und keine neuen
Namen, sondern nur die der betreffenden Grundgesteine, mit Bemerkung des gang-
förmigen Auftretens und der dadurch bedingten Besonderheiten, zu erhalten brauchen.
Die Ganggesteine im engern Sinne, aus der Spaltung des Magmas in der
Tiefe entstanden, werden in sauere und basische gegliedert und dadurch die Gruppen-
übersicht erleichtert, die Anzahl der neuen Namen verringert und die Beziehungen
zum Ausgangsgestein, durch Anschluss an dasselbe, gewahrt.
Nach diesen Rücksichten ist u. a. die eben vollendete Aufstellung der petro-
graphischen Schausammlung im Museum für Naturkunde durchgeführt worden.
* erscheint nieht in den akademischen Schriften.
Sitzungsberichte 1897. 67
714 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 8. Juli.
2. Hr. Prancx überreichte eine zweite Mittheilung über irrever-
sible Strahlungsvorgänge.
Der von Hrn. L. Borrzuawn in diesen Berichten veröffentlichte Einwand gegen
die vom Verf. entwickelte Theorie wird zurückgewiesen, da er sich auf einen singu-
lären Fall bezieht, welcher in jener Theorie ausdrücklich ausgeschlossen ist und’über-
diess, je nach der Wahl des Grenzüberganges, ganz verschiedenartige physikalische
Deutungen zulässt.
3. Hr.vox Bezorn legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Dr. A. Könıs
hierselbst vor: über Blaublindheit.
Es wird der Nachweis erbracht, dass ausser den beiden bisher wohlbekannten
Formen angeborener partieller Farbenblindheit, sogenannter »Rothblindheit« und »Grün-
blindheit« im Sinne der älteren Young - Hrınnorrz’schen Farbentheorie, auch die theo-
retisch mögliche dritte Forın, die »Blaublindheit«, vielfach vorkommt, freilich nur als
pathologisch entstandene Begleiterscheinung bei Netzhautablösung und manchen Fällen
von Netzhautentzündung. Bei letzterer Affeetion ist sie jedoch meistens auf einen
kleinen, nur wenige Grad im Durchmesser enthaltenden centralen Bezirk des Gesichts-
feldes beschränkt.
715
Über irreversible Strahlungsvorgänge.
Von Max PLANCcK.
Zweite Mittheilung.
(Ulmen vorstehendem Titel hat in der vorigen Sitzung der physikalisch-
mathematischen Classe' Hr. L. Borrzmann einen Aufsatz vorgelegt, in
welchem er die Schlussfolgerungen, die ich in meiner letzten Mittheilung”
an die Bedeutung der Schwingungen eines mit gewissen Eigenschaften
behafteten Resonators für die Erklärung irreversibler Vorgänge geknüpft
habe, für unzulässig erklärt. Im Folgenden beabsichtige ich klarzu-
stellen, dass es sich hiebei nur um eine missverständliche Deutung der
von mir entwickelten Theorie handelt.
Das Hauptargument Hrn. Borrzumann’s gründet sich auf folgenden
Satz: » Wenn in einem überall von vollkommenen Spiegeln umschlossenen
Raume, der beliebige elektrische Resonatoren enthält, plötzlich im Felde
und in den Resonatoren,, insofern diese auch Dielektrika enthalten. ohne
Änderung der elektrischen Kräfte und Polarisationen plötzlich alle mag-
netischen Kräfte und Polarisationen genau umgekehrt würden, so würde
der ganze Strahlungsvorgang genau rückgängig werden.« — Hiezu ist
nun vor Allem zu bemerken, dass dieser allgemeine Satz gerade auf die
in meiner Theorie behandelten Vorgänge gar nicht anwendbar ist, und
zwar deshalb, weil durch eine derartige plötzlich vorgenommene Um-
kehrung der magnetischen Kräfte eine der Hauptbedingungen verletzt
würde, welche jenen Vorgängen von vorneherein zu Grunde gelegt sind.
Denn in meinen Abhandlungen über diesen Gegenstand findet sich wie-
derholt ausdrücklich die Bedingung vorangestellt, dass die Intensität
der erregenden, primären Welle am Orte des (immer als unend-
lich klein vorausgesetzten) Resonators zu allen Zeiten endliche
und stetige Werthe besitzt. Die vom Resonator ausgesendete, secun-
däre, Welle dagegen, welche sich in concentrischen Kugelflächen nach
Aussen verbreitet, besitzt nothwendig in der Nähe des Resonators
Werthe der Intensität, die mit abnehmenden Dimensionen des Reso-
! Vom 17. Juni 1897.
® Vom 4. Februar 1897.
67*
1466 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. Juli.
nators über alle Grenzen wachsen. Kehrt man nun die magnetischen
Kräfte plötzlich um, so schreitet diese Kugelwelle mit unveränderter In-
tensität in entgegengesetzter Richtung, von Aussen nach Innen, fort und
gehört daher jetzt zur erregenden, primären, Welle. Dann erfüllt aber
die primäre Welle nicht mehr die oben hervorgehobene Bedingung.
Der Borrzumann sche Einwand bezieht sich also auf einen singu-
lären Fall, der in meiner Theorie von vorneherein ausdrücklich aus-
geschlossen ist und der sich auch in der Natur zu keiner Zeit genau
verwirklicht finden wird. Tritt er aber einmal mit grosser Annähe-
rung ein, so besitzt die Aufgabe überhaupt keine bestimmte Lösung
mehr, solange nicht weitere Einzelheiten in der Beschaffenheit des
Resonators (der keineswegs ein ruhender Leiter zu sein braucht) be-
kannt sind; es kommt dann ganz auf die Art des Grenzübergangs an,
und man kann von vorneherein gar keinen bestimmten Schluss von
physikalischer Bedeutung an diesen Vorgang knüpfen.
Betrachten wir, um dies noch deutlicher zu machen, das von Hrn.
Borrzmasn näher besprochene Beispiel: »Wenn etwa früher eine elektro-
magnetische Planwelle über einen Resonator hinweggestrichen wäre, ihn
dadurch zum Mitschwingen veranlasst hätte und durch die von ihm
ausgesandten Wellen modifieirt weiter gewandert wäre, so würde jetzt
die modifieirte Welle wieder zurückkehren; aber auch die vom Reso-
nator ausgesandte Welle würde wieder radial gegen ihn zurückströmen.
Derselbe würde dadurch zu dem gleichen Schwingungsvorgange wie
früher, nur ebenfalls in verkehrter Reihenfolge, angeregt, und die Plan-
welle würde schliesslich den Resonator in derselben Form, in der sie
ihn zu Anfang traf, wieder verlassen.« — Der solchergestalt rückwärts
verlaufende Vorgang ist von meiner Theorie deshalb ausgeschlossen,
weil er der am Eingang hervorgehobenen Grundbedingung nicht ent-
spricht; er widerspricht aber auch dem in meiner Theorie enthaltenen
Satze, dass ein schwingender Resonator unter allen Umständen Kugel-
wellen nach Aussen sendet, während er hier umgekehrt solche Kugel-
wellen von Aussen lediglich »einsaugen« müsste. Dieser Widerspruch
beruht eben auf dem Umstand, dass für den angenommenen singulären
Fall überhaupt keine bestimmte Lösung der Aufgabe existirt.
In mathematischer Form stellt sich die Sache folgendermaassen
dar. Wie ich gezeigt habe, sind die elektromagnetischen Vorgänge in
der unmittelbaren Nähe des von mir untersuchten Resonators bestimmt
durch eine einzige Function F der Zeit £ und der Entfernung r, welche
der bekannten Differentialgleichung genügt:
= — SEE — 2 - (r )
97° r or gr
a . . . m
Pranck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. ZT
Das allgemeine Integral dieser Gleichung ist:
ler rn 1 r
F=-fl 2)\+ (+2),
wo f und g beliebige Functionen eines einzigen Arguments bedeuten.
Dabei entspricht f einer nach Aussen, g einer nach Innen fortschrei-
tenden Kugelwelle, woraus folgt, dass f der erregten, secundären,
g der erregenden, primären Welle angehört. Nach der über die End-
lichkeit und Stetigkeit der erregenden Welle am Orte des Resonators
(r = 0) gemachten Voraussetzung ist daher nothwendig die Function
9 für alle Werthe ihres Arguments gleich Null. Dieser Satz bildet in
gewissem Sinne den Kernpunkt meiner Theorie, er scheidet aus der
Zahl der durch die obige Differentialgleichung dargestellten Vorgänge
die eine Hälfte aus und verbürgt eben dadurch die Einseitigkeit der
übrig bleibenden.
Da nun sonst in der ganzen Natur kein Vorgang bekannt ist, in
welchem irreversible Veränderungen durch lediglich conservative Wir-
kungen erzeugt werden, so halte ich es für durchaus nothwendig, diese
Strahlungsgesetze nach möglichst vielen Richtungen hin zu untersuchen.
Dass hiezu in der von mir entwickelten Theorie eben erst der An-
fang gemacht ist und dass sich daran eine Menge bisher noch unge-
löster Fragen anschliessen, davon ist gewiss Niemand lebhafter durch-
drungen als ich. Aber gerade hierin liegt die beste Anregung, weiter
vorwärts zu gehen und zu sehen, wohin der eingeschlagene Weg führt.
Auf ihm scheint sieh mir bis jetzt die Aussicht auf die Begründung
einer rationellen Theorie der irreversibeln Processe noch eher zu bieten
als durch diejenige Auffassung, welche die Bedingungen der Irrever-
sibilität ausschliesslich in den Anfangszustand der Welt verlegt.
718
Über „Blaublindheit“.
Von Prof. Dr. Arruur Köntıg,
Abtheilungsvorsteher im Physiologischen Institut der Universität Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. v. Bzzor.n.)
Hierzu Taf. VII und VIN.
Waprend meine beiden ersten Abhandlungen aus der hiermit fortge-
setzten Reihe physiologisch-optischer Mittheilungen sich auf die Unter-
suchung angeborener Eigenthümlichkeiten des Gesichtssinnes — sei es
normaler, sei es anomaler — bezogen, will ich mich im Folgenden
mit einer neu aufgefundenen pathologisch entstandenen Anomalie be-
schäftigen.
In einer vor drei Jahren gemachten auf den menschlichen Seh-
purpur bezüglichen Mittheilung' habe ich nachzuweisen versucht, dass
die Fovea blaublind sei, d.h. dass in ihr im Sinne der Youne-Hern-
norrz’ schen Farbentheorie keine Endorgane für die Grundempfindung
> Fe - .. . ” .
Blau vorkommen’, was aber durchaus nicht völlige Unempfindlichkeit
für Licht kurzer Wellenlänge in sich schliesst. Es wurde damit wieder
meine Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt, ob denn diese den beiden
anderen wohlbekannten Formen der partiellen Farbenblindheit, der so-
genannten »Rothblindheit« und sogenannten »Grünblindheit« völlig
analoge Anomalie nicht auch auf extrafovealem Gebiete als angeborene
oder erworbene Anomalie vorkomme. Denn wenn auch bisher mehr-
mals durch Farbengleichungen, die am Farbenkgeisel hergestellt waren,
oder durch das Aufsuchen von einzelnen Verwechselungsfarben im
! Diese Berichte, 21. Juni 1894.
2 Ich will hier schon bemerken, dass ich über die Qualität dieser dritten Grund-
empfindung der Young - Herunor'rz’schen Farbentheorie — ob blau oder violett — noch
kein sicheres Urtheil fällen möchte. Jedentalls aber bin ich jetzt geneigt, sie weit
mehr dem Violett anzunähern als dieses im Jahre 1886 der Fall war (vergl. diese Be-
richte vom 29. Juli 1886). Ich halte diese Frage von nebensächlicher Bedeutung und
lasse mich stets gern auf Grund neugefundener Thatsachen darüber belehren und in
meinen Ansichten berichtigen.
König: Über »Blaublindheit«. 719
Spectrum das Vorhandensein einer solchen Anomalie wahrscheinlich,
Ja fast sicher gemacht worden war, so fehlte doch noch eine völlige
Analyse eines derartigen Farbensystems, wie sie an den häufiger vor-
kommenden Formen durch die Untersuchungen von Maxweır, Hrn. van
DER WEYDE, Hrn. C. Dierericı und mir und neuerdings von Hrn. J. von
Krırs durch die Reduetion der Gesammitheit der vorhandenen Farben-
empfindungen auf eine geringe Anzahl von Elementarempfindungen bez.
Grundempfindungen ausgeführt worden ist.
Durch das grosse Interesse, welches der in meinem Laboratorium
arbeitende hiesige Augenarzt Hr. Dr. Rıcnarn Sımox dieser Frage wid-
mete, gelang es aus dem diesem Herrn zur Verfügung stehenden Kran-
kenmaterial bei einer Anzahl von Patienten mit Retinitis und Ablatio
retinae Blaublindheit in dem oben dargelegten Sinne als Begleiterschei-
nung der Erkrankung nachzuweisen. Doch war, abgesehen von den
Fällen mit Ablatio retinae, wo immer ein grösserer Bezirk betroffen
war, die Blaublindheit mit Ausnahme eines einzigen Falles stets auf
den centralen, nur wenige Grade im Durchmesser enthaltenden Theil
des Gesichtsfeldes beschränkt. Bisweilen fand sich die Blaublindheit
auch auf einem in der Nähe der Fovea gelegenen, aber diese nicht
einschliessenden Bezirke; in solchen Fällen war jedoch eine genauere
Analyse nicht ausführbar, weil es bei der mangelhaften Schulung der
betreffenden Personen im excentrischen Sehen nicht möglich war, auf
diesem Gebiete auch nur einigermaassen sichere Farbengleichungen her-
zustellen. Auch bei einem central gelegenen, die Fovea einschliessenden
blaublinden Bezirke gelangen zuverlässige Messungen nur dann, wenn
jener Bezirk nicht zu klein war. Eine allgemeine Angabe über die
zur Herstellung von brauchbaren Farbengleiehungen erforderliche Grösse
des affieirten Gebietes lässt sich nicht machen, weil es natürlich auch
von dem Bildungsgrad der betreffenden Person abhängt. Bei grösserer
Intelligenz wird ein Gebiet völlig ausreichen, welches bei ungebildeten
Personen durchaus unzureichend ist.
Es ist aber wohl zu beachten, dass bei den hier mit speetralen
Farbengleichungen untersuchten Personen die erhaltenen Zahlenwerthe
im allgemeinen ungenauer sind als bei den früher von Hrn. ©. Dirrerıcı
und mir untersuchten Personen. Zudem bilden bei Ablatio retinae die
im Gesichtsfeld auftauchenden subjecetiven Liehtempfindungen, welche
sich über die zu vergleichenden Farbenfelder hinüberlagern, eine Quelle
der Ungenauigkeit.
Trotz alledem wird sich aus dem Nachfolgenden ergeben, dass
bei Beschränkung auf die zuverlässigeren Personen die Ergebnisse der
Beobachtungen, besonders die aus ihnen erhaltenen Mittelwerthe, doch
sichere Schlussfolgerungen zulassen.
720 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. Juli.
Über die klinische Seite dieser hier besprochenen Anomalie mag
noch bemerkt sein, dass manchmal bei völlig ausgesprochener Blau-
blindheit auf dem betreffenden Bezirke der Netzhaut ophthalmosko-
pisch nur ganz geringfügige Veränderungen sichtbar sind'. In mehreren
Fällen verschwand mit der Besserung der Retinitis auch die Blaublind-
heit. Einigemale wurde auch völlig normale Sehschärfe in dem be-
treffenden Bezirk gefunden.
Ehe ich die erhaltenen Ergebnisse darlege, will ich über die ein-
zelnen Personen, bei welchen sich die Blaublindheit fand, noch Fol-
gendes anführen.
Hr. Rıcn. Sımox hat die hie® beschriebene Form der Anomalie des
Farbensinnes bisher bei 25 Individuen aufgefunden, davon waren 14
an Retinitis albuminurica, 3 an Retinitis sypbhilitica, 3 an Retinitis
eentralis aus unbekannter Ursache und 5 an Ablatio retinae erkrankt.
Von diesen 25 Fällen eigneten sich nur 9 zur Untersuchung mit Spec-
tralfarben’, und von diesen waren wieder nur 5 zur Herstellung von
spectralen Farbengleichungen geeignet.
Über jene 9 Personen ist im einzelnen Folgendes zu bemerken:
ı. Hr. B. F. Retinitis albuminurica. Das blaublinde Gebiet liegt
auf dem linken Auge und hat einen Durchmesser von 3-4°. Die
Sehschärfe beträgt 3/4.
2. Hr. R.M. Retinitis albuminurica. Blaublindes Skotom auf
dem rechten Auge von 2!/;- 3° Durchmesser.
3. Fr. C. M. Retinitis ‘syphilitica. Der auf dem rechten Auge
befindliche blaublinde Bezirk hat einen Durchmesser von 8°. Die Seh-
schärfe ist gleich 1.
4. Hr. C. H. Retinitis syphilitica. Der auf dem rechten Auge
gelegene blaublinde Bezirk änderte während der Beobachtungszeit seine
Grösse. Im Jahre 1894 hatte er etwa 6° Durchmesser; von 1895 an
hatte er annähernd die Gestalt einer die Fovea als Mittelpunkt ent-
haltenden Ellipse mit einem horizontalen Durchmesser von 60° und
einem verticalen Durchmesser von 25°. Die Sehschärfe ist gleich !/y.
5. Hr. H. J. Der auf‘ dem linken Auge liegende blaublinde Be-
zivk ist unregelmässig begrenzt, hat aber in der kleinsten Ausdehnung
einen Durchmesser von S°. Die Sehschärfe ist gleich 1'/.. Der ophthal-
! Recht interessant war ein Fall, bei dem die Blaublindheit bereits sicher con-
statirt war, ohne dass ophthalmoskopische Veränderungen sich zeigten. Nach vier
Wochen aber waren die ersten zweifelhaften, nach acht Wochen ganz sichere Zeichen
der centralen Retinitis mit dem Augenspiegel nachweisbar. In einem zweiten Fall war
überhaupt während der Beobachtungsdauer ophthalmoskopisch nichts Krankhaftes zu
finden.
® Der grösste Theil der Fälle von Retinitis albuminurica war so schwer allge-
mein erkrankt, dass ein Besuch des Physiologischen Institutes unausführbar war.
Könıs: Über »Blaublindheit«. 721
moskopische Befund ist völlig normal, es besteht aber Aeccommodations-
parese und auf beiden Augen Pupillenstarre. Da eine syphilitische
Infeetion vorliegt, so ist auch hier eine objeetiv nicht nachweisbare
Retinitis syphilitica zu vermuthen.
6. Fr. M. H. Retinitis centralis. Das auf dem reehten Auge lie-
gende Skotom hat einen Durchmesser von ungefähr 12°. Die Seh-
schärfe ist fast gleich 1. Nach längerer Zeit tritt bis auf ein kleines
5 5
paracentral gelegenes Skotom völlige Heilung ein.
7. Hr. P.H. Ablatio retinae mit sehr geringer Sehschärfe.
8. Hr. M.W. Ablatio retinae auf dem linken Auge. Sehschärfe
fe)
gleich '/. Die blaublinden Bezirke werden wieder vollkom-
to} 6
men farbentüchtig, wenn sich die betreffenden Netzhaut-
stellen in Folge einer Punetion anlegen, und bleiben es, so-
lange diese Anlegung dauert.
5 \ 5
9. Fr. A.M. Ablatio retinae auf dem linken Auge mit einer Seh-
schärfe von !/ro-
I. Ergebnisse der spectralen Farbengleichungen.
Da sich an den Enden des Speetrums Strecken fanden, welche
ebenso wie bei den bisher untersuchten »Rothblinden« und »Grün-
blinden« nur Intensitäts- und keine Nuancenunterschiede zeigten, und
da sich ferner ergab, dass.alle Nuancen der dazwischen liegenden Spee-
tralregionen durch Mischung aus den Endstrecken entnommener Lichter
erzeugt werden konnten, so war die Zurückführung der Gesammtheit
der möglichen Farbenempfindungen auf zwei Elementarempfindungen '
möglich. Sie geschah nach der ersten der beiden von Hrn. ©. Diererıcı
und mir bei den bisher bekannten diehromatischen Farbensystemen
benutzten Methoden”.
Curven für die speetrale Vertheilung der Elementarempfindungen
konnten, wie oben schon erwähnt, mit einigermaassen zureichender
Sicherheit bei fünf der untersuchten Personen gewonnen werden.
! In dem Folgenden benutze ich die Bezeichnungen, welche Hr. ©. Diererıcı
und ich zuerst in unserer Mittheilung in diesen Berichten vom 29. Juli 1886 gebraucht
haben. Im wesentlichen kommen hier die beiden Ausdrücke »Elementarempfindung«
und »Grundempfindung« in Betracht. »KBlementarempfindung« ist eine rein experi-
mentelle, nur durch die Rücksicht auf Einfachheit der Darstellung und Rechnung ge-
wählte Hülfsgrösse. Im vorliegenden Falle werden z.B. als Elementarempfindungen
die beiden Empfindungen gewählt, welche von den Enden des Speetrums ausgelöst
werden. Unter »Grundempfindung« wird hingegen eine solche Empfindung verstanden,
der in der Peripherie des Sehnerven ein einfacher, d.h. durch keine Art des Reizes
weiter zerlegbarer Process entspricht. Das letzte Ziel farbentheoretischer Untersuchungen
besteht u. a. darin, die Grundempfindungen und ihre speetrale Vertheilung zu finden.
2 A. Könıs und ©. Dirrerier, in diesen Berichten 1886, S. 808, und Zeitschr. für
Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd. 4. S.259— 265. 1893.
722 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 8. Juli.
Da bei allen diesen Personen das zweite Auge gesund war, so
liessen sich, worauf weiter unten noch näher eingegangen werden soll,
durch Vergleich mit demselben die Qualitäten der beiden Elementar-
empfindungen auf der affieirten Stelle des erkrankten Auges bestim-
men. Sie wurden stets als Roth und Grün (oder Blaugrün) angegeben;
wir wollen sie daher mit R und @ bezeichnen.
Die Tabelle I enthält nun die gewonnenen Ordinaten für die bei-
den Curven, und zwar beziehen sich dieselben auf das bei der Beob-
achtung benutzte Dispersionsspectrum des Gaslichtes. Um den Ver-
gleich zu erleichtern, ist der Maassstab für jede der Curven so gewählt,
dass ihre maximale Höhe ungefähr 15 beträgt. Ausser den aus den
Beobachtungen direet berechneten Werthen sind in den Columnen für
die HH.B.F. und R.M. noch mit kleinerer Schrift und in Klammern
die durch graphische Interpolation gewonnenen Werthe derjenigen
zwischenliegenden Wellenlängen angegeben, welche für die weiter unten
vorgenommene Bildung der Mittelwerthe erforderlich sind.
Auf Taf. VlIsind diese zehn Curven, zwei für jeden Untersuchten, ein-
getragen. Berücksichtigt man die Grösse der Unsicherheit, welche jedem
einzelnen der durch die hergestellten Farbengleichungen berechneten
Tabelle I.
Wellen- | Elementarempfindung R | Elementarempfindung @
länge | Hr. B.F. | Hr. R.M.| Hr. H.J. | Fr. M.H.| Hr. P.H. || Hr. BF. | Hr. R.M. | Hr. H.J. | Fr.M.H.| Hr. P.H.
660 u | (7-44) (5-82) 3-09 3.30 | (2.28) | (o.—) (.—) 20:5 0.— | (a)
650 » 9.24 7:74 4-32 | 0.— 0.— | 0.
640 (11.04) (10.50) 5.84 9.96 (7:38) (0.07) (0.14) 0.— 0.— | (0.—)
630 12.90 | 13.14 0.26 0.40 |
620 » (14.22) (14.32) | 14.44 14.34 | 14.70 | (1.33) (2.10) | 2.75 0.— | 0.—
610 » || 14.88 | 15.30 | | | 4.53 6.44 |
600 » || (14.46) | (14:78) | 14.20 | 14.88 | 14.34 || (13) | (970) | 8.08 8.33 | 0.37
590 » 1272 13.20 | | 12.78 12.18 | |
580 » (t0.32) | (10.38) | 10.31 10.80 | 6.60 | (15.—) | (14.07) | 14.79 | 12.00 | 11.69
570 8.22 3.04 | || 15.47 15.26 | |
560 (6.37) (5.82) ATS 4.20 | 2.16 || (14.76) | (es.62) | 13.14 | 15.47 | 15.07
550 4.68 3.66 | | 13.07 | 14.56 |
540 (2.76) (62) | 1.43 1.38 | 0.90 | (0.93) | (rr.83) | 7.70 | 11.00 | 7.60
530 » || 1.02 0.32 | | | 8.53 8.89 | |
520 » (0.26) (0.20) 0.36 0.18 | 0.30.|| (5.33) (58x) | 23:25 5.67 6.20
sıo 0.17 0.13 | 3.27 3.78 |
500 » (0.12) (0.089) | 0.042| 0.06 | (o.14) (2.13) (2.24) | 1.IS 2.13 (2.67)
495 v 0.09 0.060 FT! 1.75 | |
480 » | | | 0. 0.— | (0.80) (m) | o 44 0.74 | (0.94)
475 * For 0.— | | 9.— 0.67 0.56 0.74
460 | (0.24) 0.09
450 | 0.07
440 » | | | | (0.04) 0.02
| | | | 0.02 | 0.01
Taf. VII.
iss. 1897,
Sitzungsber. d. Berl. Akad. d.
ol
rl! 009
ri 059
ri! o0L
UOFLTO.IOLET,
UOJEULIOT 194 Y9J01 A
a
ENT -
a e-
ee
ER
uodumpurzdmoaeguouo]zg
!
}
\
ın
Uber
„Blaublindheit “.
König
König: Über »Blaublindheit«. 723
Punkte derselben zukommt, so muss man, abgesehen von den stets vor-
handenen individuellen Abweichungen, die Gleichheit aller R-Curven ei-
nerseits und aller @-Curven andererseits für nachgewiesen erachten und
sämmtliche hier analysirten Farbensysteme demselben Typus zuordnen.
Ein Blick auf die Curven sowohl, wie auch auf den Verlauf der
in der Tabelle angegebenen Zahlen zeigt, dass die spectrale Vertheilung
der beiden Elementarempfindungen R und @ ziemlich übereinstimmt mit
dem von Hrn. ©. Dirrerıcr und mir bestimmten Verlauf der rothen und
grünen Elementarempfindung bei normalen triehromatischen Farbensy-
stemen!. Um zu zeigen, dass jedenfalls die violette Elementarempfin-
dung hier fehlt, habe ich den speetralen Verlauf derselben dureh die
punetirte Linie eingetragen, die so stark abweicht, dass selbst bei
hundertmal grösseren Fehlern, als sie hier im äussersten Falle zuzugeben
sind, ihr Vorhandensein noch immer mit den hier gemachten Messungen
völlig unvereinbar wäre.
Ich wende mich nun zu der Frage, ob aus der hier erhaltenen
speetralen Vertheilung der beiden Elementarempfindungen solche Grund-
empfindungen abzuleiten sind, welche mit den bei normalen Trichro-
maten vorhandenen übereinstimmen.
Dass dieses der Fall ist, ergab sich schon als theoretische Fol-
gerung aus der Thatsache, dass innerhalb der Breite gewöhnlicher indi-
vidueller Abweichungen alle Farbengleichungen, welche für normale
Triehromaten gültig sind, von den hier untersuchten Personen aner-
kannt wurden. Es lässt sich aber auch rechnerisch leicht eine solche
Übereinstimmung nachweisen, wozu man am besten die Mittelwerthe
der erhaltenen R- und G@-Curven zu Grunde legt und dadurch die Beob-
achtungsfehler der einzelnen Curven wenigstens zum Theil beseitigt.
In der Tabelle II enthalten die beiden ersten Columnen die genann-
ten Mittelwerthe, doch sind wegen der sich anschliessenden Rechnungen
die Maassstäbe der Ordinaten verändert und zwar so, dass
\ TR | G.ds
wird, wobei ds ein Längenelement des Dispersionsspeetrums bezeichnet
und die Integration über die ganze Länge des sichtbaren Speetrums aus-
zudehnen ist. Der Werth dieser Integrale ist nichts anderes als die Grösse
U Es ist dabei aber wohl zu beachten, dass die von Hrn. ©. Dierericı und mir
(diese Berichte, 29. Juli 1886, und Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sin-
nesorgane, Bd.4, S. 241, 1893) in Zeichnungen veröffentlichten Curven sich auf das
Interferenzspectrum des Sonnenlichtes beziehen, während hier das Dispersionsspeetrum
des Gaslichtes zu Grunde liest. Um den Vergleich auszuführen, muss man also auf
die a.a. O. von Hrn. C. Diererter und mir in den Tabellen angegebenen Zahlenwerthe
zurückgehen.
724 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. Juli.
der von dem zur Abseissenaxe genommenen Dispersionsspeetrum und der
Curve der betreffenden Elementarempfindung umschlossenen Fläche.
In der dritten und vierten Columne sind die für dasselbe Speetrum
und nach den entsprechenden Maassstäben berechneten Ordinaten der
Curven für die speetrale Vertheilung der bei normalen Triehromaten
vorhandenen rothen und grünen Grundempfindungen N und © ein-
getragen!.
Die fünfte und sechste Columne enthalten die nach den Formeln
RR — in led nd E28 er .
1.4 1225
berechneten Grundempfindungen für die hier untersuchten Personen, wo-
bei die Coeffieienten 0.4 und 0.25 so gewählt sind, dass die für AN’ und
($ erhaltenen Werthe am besten in ihrem Verlaufe mit den Werthen
von W und & in der dritten und vierten Columne übereinstimmen.
Ein Vergleich der Zahlen zeigt schon die gute Übereinstimmung,
noch besser aber lehrt dieses ein Blick auf Tafel VIII, wo die ge-
strichelten Curven die beiden berechneten Grundempfindungsceurven W
und © darstellen, während in punetirten Linien die drei bei norma-
len Trichromaten bestehenden Grundempfindungseurven N, & und ®
Tabelle I.
- | Elementar- | 1 ,
Wellen- | x | Grundempfindungen
” empfindungen i
länge h Er
I: ae | R 6 wi |
1
660 zu || 430 | 0— || 3.84 0.55 3.07 0.86
| 2 | | > >
640 » | 8.76 | 0.04 | 6.99 1.68 6.27 1.78
620» || 14.22 1.01 || 10.36 3.57 10.44 3.65
600 » 14.25 | 5.79 || 11.39 7.87 11.84 7.48
5so » | 9.49 | 10,98 | 9.51 10.85 9.91 10.68
560 » | 4-47 12.04 | 6.43 10.34 6.64 10.53
540 » | 1.59 | 7.98 | 3.54 6.82 3.41 6.70
520 » | 1.63 3.97 | 141 3.46
500 0.09 1.67 | 0.43 1.24 0.55 1.35
480 » 0.— | 0.60 | 0.11 | 0.34 0.17 0.48
460 » | | 0.14 | 0.02 0.04 | 0.040 ©.11
440 | 0.012 | 0.0034 | 0.010
! Ich mache darauf aufmerksam, dass diese Werthe vielleicht einiger kleiner,
für unsere Betrachtung aber durchaus belangloser Correeturen bedürfen und auch nicht
genau mit den s. Z. von Hrn. C. Dierericı und mir angegebenen übereinstimmen. Die
Abweichungen sind veranlasst ı. durch eine etwas verschiedene Helliskeitsvertheilung
in dem jetzt benutzten Spectrum und 2. dadurch, dass inzwischen anderweitige von
mir angestellte Versuche bei der Curve R am kurzwelligen Ende des Spectrums kleinere
Ordinaten als die damals angegebenen wahrscheinlich machen. Damit hängt es auch
zusammen, dass ich jetzt, wie oben schon erwähnt, wieder geneigt bin, Violett — und
nicht Blau — als die dritte Grundempfindung bei normalen trichromatischen Farben-
systemen anzunehmen. Da diese Frage z. Z. ohne Belang ist, so habe ich in dieser
Abhandlung noch stets von Blau als der dritten normalen Grundempfindung geredet.
Taf. VII.
Süzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1897.
"UOPEIIOAUPLLT, TOpeurrou uodunpuydwopunas) = une
»uopmpgnepg« op uosımpuydwapımany) --------- ----
»uapumgnefep“ Op uodımpuyduanejuowo]s
rl 0St rl 00S rrl 0SS rl 009 rl 059 rl ooL
Be
it“
indhe
Blaubl
”
Über
König
König: Über »Blaublindheit«. 728)
eingetragen sind. Die Übereinstimmung zwischen den beiden Gur-
ven WR und W einerseits und den beiden Curven & und 6 anderer-
seits ist so gross, wie sie nach der vorhandenen Unsicherheit der
Messungen nur erwartet werden kann.
Des Vergleichs halber sind auch die beiden Mittelwerthsceurven
für die Elementarempfindungen R und @ der hier untersuchten Farben-
blinden eingetragen. Es ist unmittelbar augenfällig, dass durch keinerlei
Superposition von R und @ eine Curve zu bilden ist, welche auch nur
die mindeste Übereinstimmung mit der Curve für die normale Verthei-
lung der blauen Grundempfindung ® besitzt.
Wir können also das Ergebniss dieser Untersuchung in folgendem
Satze zusammenfassen. Bei Netzhautablösung und bei einzelnen Fällen
von Netzhautentzündung tritt — bei letzterer Affeetion meistens nur
auf den centralen Bezirk beschränkt — eine Anomalie des Farbensinnes
auf, die hinsichtlich der speetralen Vertheilung der Grundempfindungen
durch das Fehlen der Blauempfindung charakterisirt ist, während die
beiden anderen Grundempfindungen sich vollkommen normal verhalten.
Hiermit ist — freilich nur als pathologisch entstandene Anomalie
das dritte der drei möglichen, als Ausfallserscheinung aus den nor-
malen triehromatischen Farbensystemen abzuleitenden diehromatischen
Systeme gefunden. Die beiden anderen sind die häufiger vorkommen-
den zwei Gruppen der angeborenen partiellen Farbenblindheit. Der
»Rothblindheit« und »Grünblindheit« gesellt sich also nunmehr die
»Blaublindheit« zu.
I. Das Aussehen der verschiedenen Speetralregionen.
Der oben schon erwähnte Umstand, dass durch Vergleich mit dem
andern, gesund gebliebenen Auge die Qualität der Empfindungen auf
der erkrankten Stelle einigermaassen genau bestimmt werden konnte,
ermöglichte es, hier tiefer in die Natur der Anomalie einzudringen,
als es sonst bei angeborenen und auf beide Augen sich erstreckenden
Anomalien des Farbensehens der Fall ist.
Bei Hrn. B. F. war die Qualität der Empfindung auf der lang-
welligen Endstrecke für beide Augen die gleiche, während die kurz-
wellige Endstrecke auf dem erkrankten Gebiete den Eindruck machte
wie Licht von 485-487 ua auf dem gesunden Auge.
Bei den HH. R.M. und H.J. war auf der langwelligen Endstrecke
die Empfindung ebenfalls unverändert geblieben, während die kurz-
wellige Endstrecke beim erstern den Eindruck von 485-495 ua, beim
zweiten den von etwa 495 un machte.
Bei den übrigen Personen liessen sich aus verschiedenen Gründen
solehe Vergleiche nicht mit dieser Genauigkeit durchführen. Es wurde
726
Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. Juli.
bei ihnen daher nur nach dem Eindruck gefragt, den die verschiede-
nen Speetralregionen auf der erkrankten Netzhautstelle hervorriefen.
Die folgende Tabelle III enthält die Ergebnisse dieser Fragen.
Tab
elle III.
Wellen- Er. C.M. x
Isnee Hr. C.H. Hr. H.J EirYP-El: Hr. M.W. Fr. A.M.
= November 1894 Mai 1896
640 zu Roth Roth Roth Roth Roth
Weissliches
610 yuyı Roth
|) ee: Weissliches
\ yaun Roth
600 yyu | ei: Weisses Roth Roth
rothem
Schimmer
| | Weiss, leuch-
Hell, farblos | tende Farbe
| Weiss mit age
580 zu | Ganz Weiss | Weissgrau || zartem rosa Gelb Mattes helles Rosa
— | Schein Gelb, viel
Hellgrau Weiss ent-
haltend ||
Ze A B U E = = 2. ERBE N.
| Grünlich- besas
| weiss | =
Pr | fa Blaugrün
Se Liehtfarbe | ‚Ganz. hell, Weissgrün | Weissgrün ——
SSSak| = 2 Weissgrau | beinah Weiss 5 | mo
550 zu
540 zu
530 pp |
w
o pp |
Blau mit
Schattirung
in’s Grün
in yaıun.ız uuep pPATM "neig |
Blasshlau
Blaugrün,
mehr Blau
Dunkelblau,
etwas grün-
lich
mit etwas
Grün
Grün
3läulichgrün
Weissliches
Blaugrün
Weissliches
Grün mit
Spur blauer ||
Beimischung
Weissliches
Grün
Wässriges
weissliches
Grün
Grünlich
|| (mehr Farbe
| als 540 u)
Mattblau,
bleibt auch so
bei Ver-
|| grösserung
| |
|| |
| Mattblau, bei
Aufhellung
‚tritt ein grün-|
|
hinzu
\der Intensität |
\licher Schein |
|
|
|
|
|
Grün
Grün (dunkler)
als 540 zu) ||
Il
Weissgrün,
mehr Weiss
als Grün
Helles Bläu-
lichgrün
Blaugrün
Grün, mehr
Blaugrün
Leuchtendes |
weissliches
Grün
önıs: Über »Blaublindheit«. Z
Kö Über »Blaublindheit 727
Wellen- Fr. C.M.
länge Hr. C.H. Hr. H.J. HrsPÄE: Hr. M.W. Fr. A.M.
5 November 1894 Mai 1896
510 yuu Grün Reines Grün
Blau, bei Ver- Wassergrün
grösserung
5 Grün Grün der Intensität Gesättigtes Grü
SNHE tritt grün- kräftiges au
licher Schein Grün
auf
490 ya Dunkles Grün
Dunkler und
etwas gesät-
tigter (als
Reines Grün Grün 320, AR)
480 zu Schönes Grün > ee.
Dunkelgrün || Bläulichgrün een
rün
Kräftiges
NG Grün
Be et! m. > Kt en. u nn =
470 un Dunkles Grün = Grün
Dunkelgrün, = |
bei grösserer 5 |
Helligkeit ©
tritt bläuliche as
Sahrdunkles Beimischung | Mattgrün, = Ganz Dunkel- |
Cu auf blauer Schim- jan grün
460 yuyı un erg 7 mer tritt auf, = >—
FERN Grünliehblau | wenn es heller 23 Kräftiges
; mit wenig | gemacht wird 5: Grün
Blau
Bläuliches Y
Grün
Zr ( Ze | | >=
Dunkelgrün =
450 u Dunkelgrün mit bläulichem e
Schimmer 3
| Mattblau- 3
| grün, bei Ver- Weissliches 2:
| Yanleung. dunklung tritt Grün, aber =
440 zu | ulehes das Blau, bei schwach (CH
Aufhellung — ;
Y das Grün Dunkelgrün
= ‚mehr hervor | |
& Mattes Him-
5 melblau, wird
3 aber bei |
3 || grösserer Y
& + Helligkeit Er
2 5 ‘p re
SEI RM = \ Grünlichblan, Grün, dunkel
S \ bei sehr
r: grosser
| Intensität |
| »Grünlich « | Y
Ganz dunk- |
les, sehr ||
; |
ak schwaches
Y Grün |
728 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. Juli.
In der Tabelle ist jedesmal der Wortlaut der Antwort eingetragen.
Von einander abweichende, bei Wiederholung der Frage ertheilte Ant-
worten sind sämmtlich aufgeführt, z. B. bei Hrn. C. H. für die Wellen-
länge 600 uu. Stets wurde sorgfältig darauf geachtet, dass man keine
Antwort in die Leute hineinexaminirte. Lieber begnügte ich mich bei
einem spontan gebrauchten, etwas unklaren Ausdruck, als dass das
Urtheil durch viele Fragen vielleicht beeinflusst oder verwirrt wurde.
Bei Fr. C.M. geschahen, wie auch die Anordnung der Tabelle zeigt,
diese Prüfungen in zwei Terminen, welehe mehr als ein Jahr (November
1594 bis März 1896) aus einander lagen und zwischen welchen keinerlei
weitere Untersuchungen vorgenommen wurden. Trotzdem ergab sich über-
einstimmend die auch von anderen der untersuchten Personen gemachte
merkwürdige Bezeichnung der Speetralregion von 550-520 uu als Blau.
Nach den Angaben aller untersuchten Personen schien die Qualität
der Empfindung bei der Einwirkung weissen, d. h. unzerlegten Sonnen-
lichtes unverändert geblieben zu sein.
Bei sechs Personen habe ich auf dem erkrankten Gebiete eine wenig-
stens sehr annähernd richtige Farbengleichung von speetralem, monochro-
matischem Lichte mit unzerlegtem weissen Sonnenlicht herstellen können.
Da von letzterm, wie eben erwähnt, keine Veränderung des normalen
Eindrucks angegeben wurde, so ergaben jene Farbengleichungen also die
Wellenlänge der weissen, sogenannten neutralen Zone im Spectrum. Die
erhaltenen Wellenlängen waren
bei Hrn. B. F. etwa 566 un bei Hrn. H. J. etwa 569 uu
» 0» DRUM. 02562 » „Pr. MD. 25570,
» Fr. C.M. » 570 » » Hın.M.W. » 570»
Da ich die Unsicherheit dieser Bestimmungen nicht grösser als 2 un,
höchstens 3 uu erachte, so ist der Rest der Verschiedenheit als indivi-
duelle Abweichung anzusehen.
Ebenso wie die gelbe Region des Speetrums eine Farbenänderung
erlitt, war dieses auch bei allen gelben Pigmenten der Fall. Die zu oph-
thalmologischen Prüfungen gewöhnlich benutzten Objecte aus gelbem,
Marx 'schem Tuche wurden als »weisslich« angegeben. manchmal mit
röthlicher Nuance (»Rosa«). Es lag diese Abweichung von reinem Weiss
ohne Zweifel daran, dass die auch von der Beleuchtung etwas abhängige
Nuance des 'Tuches nieht genau mit der in dem betreffenden Falle als
farblos erscheinenden Region des Spectrums übereinstimmte.
Es sei an dieser Stelle noch besonders darauf hingewiesen, dass
bei der hier untersuchten Anomalie des Farbensinnes eine Änderung
der von gelben Objeeten erzeugten Empfindung ohne jede Affection des
Sehnerven auftritt!
Dieses steht in Widerspruch mit der von Hrn. L. Worrrsers (DEUTSCHMAnN's
Beiträge zur Augenheilkunde, Bd. Il, S.613, 1895) geäusserten Anschauung.
Könıs: Über »Blaublindheit«. 729
III. Allgemeine Bemerkungen.
1. Es ist ersichtlich, von welch grosser, ja für die Frage, ob
Hrn. von Krıes’ oder meine Farbentheorie richtig ist, möglicherweise
entscheidender Bedeutung Beobachtungen über das sogenannte PurkınsE-
sche Phaenomen und überhaupt Farbengleichungen bei sehr niedriger
Intensität auf den hier untersuchten blaublinden Netzhautgebieten sein
würden. Ist meine Theorie zutreffend, so darf, ohne dass man besondere
Annahmen macht, kein PurkımsE’sches Phaenomen auftreten und alle
Farbengleichungen müssen bei gleichmässiger Herabsetzung der objecti-
ven Lichtintensität bis zum Verschwinden bestehen bleiben, während
nach Hrn. von Krırs’ Farbentheorie der »Dunkelapparat« durch das
Fehlen der Blauempfindung gar nicht berührt zu werden braucht, und
daher auch hier die normale Abhängigkeit der Farbengleichungen von
der absoluten Intensität zu erwarten ist. Leider liess sich nun in dieser
Frage keine Entscheidung gewinnen, weil die schon für geschulte Beoh-
achter manchmal vorliegende Schwierigkeit, bei starker Herabsetzung
der Helligkeit noch sicher mit der Fovea zu fixiren und sich darüber
auch gewiss zu sein, hier zu einem unübersteiglichen Hinderniss wurde.
Bei keiner einzigen der für quantitative Untersuchung mit spectralen
Liehtern geeigneten Personen war die Gewissheit zu gewinnen, dass
die Fixation bei niedriger Helligkeit mit dem erkrankten Gebiete geschah.
2. Mit der Hrrıse'schen Farbentheorie sind die hier mitgetheilten
Resultate unvereinbar. Die beiden Grundempfindungen N und © stim-
men in ihrer spectralen Vertheilung überein mit der Gelbempfindung
bei den zwei Typen der Herıne’schen »Rothgrünblinden«. Hr. Herıne
fasst den zwischen diesen beiden Typen bestehenden Unterschied als
individuelle Abweichungen auf und führt ihn wenigstens zu einem
grossen Theil auf stärkere oder schwächere Färbung der Augenmedien
und der Macula lutea zurück. Wie will er nun aber diese beiden ver-
schiedenen Formen erklären, wenn sie in demselben Auge vorkommen?
3. Von Bedeutung ist ferner die Thatsache, dass die bei den
hier untersuchten Personen von den Enden des Spectrums ausgelösten
Empfindungen einem für ein farbentüchtiges Auge gültigen Paare von
Complementärfarben entsprechen, was natürlich im engsten Zusammen-
hang mit einer normalen Weissempfindung steht. Es legt dieses im
Verein mit den übrigen oben berichteten Thatsachen den Gedanken
nahe, dass, wie Hr. J. von Krırs schon mehrfach dargelegt hat'!, die
von der Youns-Hermnortz’schen Farbentheorie aufgestellte Gliederung
J. von Krıes, Die Gesichtsempfindungen und ihre Analyse, Leipzig 1882 (auch
Suppleinent zu ou Bois’ Archiv, Jahrg. 1882), S.163—171. J. vox Krırs, Zeitschr. für
Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd.ı3, S. 311 ff.
Sitzungsberichte 1897. 68
730 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. Juli.
des Apparates für die Lichtempfindung nur die peripheren Organe be-
trifft und dass wir uns weiter centralwärts eine andersartige Gliede-
rung zu denken haben, über die gegenwärtig freilich nur sehr wenig
gesagt werden kann, von der aber angenommen werden müsste, dass
an dieser Stelle die Ankunft einer von unzerlegtem Sonnenlicht in der
Peripherie ausgelösten Reizwelle stets, d.h. für alle Netzhautstellen und
bei allen Personen, dieselbe farblose Empfindung veranlasst, was dann
zur nothwendigen Folge hat, dass bei einem in der Peripherie des
Sehnerven zweicomponentigen Farbensystem die beiden Componenten
(Grundempfindungen, Elementarempfindungen) die Qualität normaler
Complementärfarben haben und dass bei jedem eineomponentigen Far-
bensystem diese eine Componente das Weiss des normalen Auges ist!.
Ich verweise hier auf einen schon vor beinahe sechs Jahren von
mir beschriebenen Fall’, bei dem sich angeborene Farbenblindheit mit
pathologisch entstandener vereinigte. Ein in physikalischer Beobach-
tung geschulter und daher in Bezug auf die gemachten Beobachtungen
zuverlässiger Herr, der auf beiden Augen angeborene partielle Farben-
blindheit (»Rothblindheit«) besass, erlitt auf seinem linken Auge eine
Netzhautablösung. Dadurch wurde auf dem ganzen abgelösten Bezirk
das bis dahin diehromatische Farbensystem in ein monochromatisches
verwandelt, und zwar hatte die eine hier nunmehr nur noch vor-
handene Empfindung genau die Farbe der neutralen Spectralregion des
andern unverändert gebliebenen Auges, d.h. sie war farblos. Hin-
gegen stimmte die spectrale Vertheilung dieser einen allein übrig ge-
bliebenen Empfindung mit derjenigen der bisherigen Gelbempfindung
überein, d. h. sie hatte, als Curve dargestellt, die Form der in Ab-
schnitt I besprochenen Curven & oder &. Durch die Ablösung der
Netzhaut war damals also, gerade wie wir es bei den in der vor-
liegenden Mittheilung beschriebenen Fällen gefunden haben, die pe-
riphere Blaueomponente zerstört. Dieser Fall bildet also eine werth-
volle Ergänzung zu dem hier Mitgetheilten®.
! Auch durch eine solche Annahme würde freilich der merkwürdige Befund un-
aufgeklärt bleiben, dass bei unseren Blaublinden die Spectralregion von 550—520 uu
einen bläulichern Ton hat als die Regionen kleinerer Wellenlänge. Aufschluss wird
sich hierüber vielleicht erst gewinnen lassen, wenn darauf bezügliche Angaben von
Personen vorliegen, die in Beobachtung und Beschreibung ihrer Sinnesempfindungen
geschult sind.
2 A. Könıs, Über den Helligkeitswerth der Speetralfarben, Hamburg 18gr,
L. Voss, S.79—83. Auch enthalten in: Beiträge zur Psychologie und Physiologie der
Sinnesorgane (Hernnorrz-Festschrift), Hamburg 1891, L. Voss, S. 383 — 387.
3 Einen andern ohne Zweifel ebenfalls hierher gehörigen Fall habe ich vor
noch längerer Zeit veröffentlicht (Verhandlungen der Physikalischen Gesellschaft zu
Berlin vom 6.November 1885). Bei demselben war das von einer Netzhautentzündung
betroffene Gebiet ziemlich gross. Die neutrale Zone entsprach ungefähr der Wellen-
Könıs: Über »Blaublindheit«. rag
Es ist hier nieht der Ort, auf eine weitere Durchführung der Hy-
pothese über das Vorhandensein einer zweiten centralwärts gelegenen
Gliederung des Farbensystems einzugehen. Ich möchte nur hervor-
heben, dass sich mit ihrer Annahme manche noch jetzt bestehende
Schwierigkeiten für die Erklärung des Farbensehens auf den excen-
trischen und peripheren Theilen der Netzhaut, für die von mir be-
hauptete Blaublindheit der Fovea, für die scheinbare Farblosigkeit der
Empfindungen bei niedrigster Helligkeitsstufe u. s. w. heben würden.
Durch Annahme pathologischer Vorgänge in diesem weiter central-
wärts gelegenen Farbenapparat könnte man ferner manche Fälle von
Erythropsie, Chloropie u.s.w. und endlich vielleicht Farbensinnstö-
rungen in Folge von Hysterie u. s.w. erklären.
Um Missverständnisse zu verhüten, bemerke ich ausdrücklich,
dass ich diese Hypothese nur als das auffasse, was eine Hypothese
sein soll, nämlich ein Wegweiser für neue Fragestellungen, durch
deren Beantwortung geleitet, wir erst weiter in das Verständniss des
Thatsächlichen eindringen. Als bewiesen erachte ich sie für ebenso-
wenig, wie ich das seiner Zeit mit der von Hrn. C. Dirtericı und mir!
über die Ableitung der beiden Typen angeborener diehromatischer Far-
bensysteme aus normalen trichromatischen Farbensystemen geäusserten
Vermuthung gethan habe und noch thue. Ob eine von beiden Hypo-
thesen richtig ist und welche, muss erst die Zukunft lehren. —
Ich schliesse diese Abhandlung mit aufrichtigem Danke an Hrn.
Rıcn. Sımox, dass er nach sorgfältigen und scharfsinnigen an seinem
Krankenmaterial angestellten Vorprüfungen mir die in der vorliegen-
den Abhandlung erwähnten Farbenblinden zugeführt und mich bei den
Prüfungen selbst in jeder Hinsicht unterstützt hat.
Sämmtliche hier besprochenen Untersuchungen wurden mit einem
grossen Spectralapparate gemacht, zu dem mir die Gräfin Bose -Stif-
tung die Mittel in dankenswerther Weise bewilligt hat und bei dessen
Construction ich durch den bewährten Rath und die grosse Erfahrung
des inzwischen verstorbenen Hrn. Hermann HaenschH geleitet worden bin.
länge 560 au. Ein Unterschied gegenüber den jetzt beschriebenen Fällen bestand darin,
dass damals weisse Objecte als »gelblich« bezeichnet wurden. Die Farbe der beiden
Spectrumenden war roth und grün.
' Diese Berichte 1886, S.827 und 828, und Zeitschr. für Psychologie und Phy-
siologie der Sinnesorgane, Bd. 4, S. 344— 346.
6S*
Das Trigonum vesicae.
Von W. WALDEYER.
(Vorgetragen am 17. Juni [s. oben S. 659].)
Hierzu Taf. IX.
Seit Lievraup 1753' in der Harnblase des Menschen diejenige Bildung,
welche seinen Namen trägt: »Trigonum Lieutaudi« oder »Trigo-
num vesicae«, genauer als bisher beschrieb, ist dieselbe in den mono-
graphischen Bearbeitungen der menschlichen Harnblase, sowie in den
Lehrbüchern der Anatomie wiederholt Gegenstand einer mehr oder min-
der eingehenden Besprechung gewesen. Man kann indessen nicht sagen,
dass eine übereinstimmende Auffassung und Schilderung derselben in
Wort und Bild erzielt worden wäre. Noch weniger Klarheit ist über
ihre physiologische und entwicklungsgeschichtliche Bedeutung gewon-
nen, und man weiss kaum etwas über das Verhalten des Blasendreieckes
bei 'Thhieren.
Es würde schon an sich nicht unwerth sein, diese Lücken auszu-
füllen; indessen tritt noch ein anderes Moment hinzu, was eine er-
neute Besprechung des Trigonum vesicae wünschenswerth erscheinen
lässt: ich meine die Rücksicht auf die Untersuchung der Harnblase zu
ärztlichen Zwecken. Das Blasendreieck und die an die Ecken desselben
gestellten drei Mündungen der in die Blase ein- und von ihr austreten-
den Harnleitung, die beiden Mündungen der Ureteren und die der
Urethra, bilden die wichtigsten Orientirungspunkte für die endosko-
pische Untersuchung der Blase. Diese Theile sind ungemein charakte-
ristisch, während der ganze Rest der Blaseninnenfläche sich als gleich-
förmig ausweist und im eystoskopischen Bilde kaum Merkpunkte ge-
währt. Mit Rücksicht auf dies praktische Bedürfniss habe ich denn
auch keinen Anstand genommen, auf manches Detail einzugehen, was
für die wissenschaftliche Seite der Betrachtung füglich hätte unbe-
! Lieuwaup, Observations anatomiques sur la structure de la Vessie. Mem. de
l’Academie royale des Sciences. Paris, 1753-
E e m92°
WarpEvER: Das Trigonum vesicae. 133
sprochen bleiben können; auch durfte ich es für diesen Zweck nicht
vermeiden, auf die Unterschiede, welche Lebensalter und Geschlecht
in der Ausgestaltung des Trigonum zeigen, mehr Gewicht zu legen, als
es bisher üblich war.
Ich gebe zunächst an der Hand der Fig.ı eine Schilderung der
Flächenansicht des Blasendreieckes beim erwachsenen Manne, wie sie
sich bei normaler leerer Blase im frischen Zustande darbietet und
wie ich dieselbe für typisch halte.
Das Trigonum stellt dann ein ungefähr gleichseitig-dreieckiges,
erhabenes Feld der unteren Blasenwand dar, welches zwischen den
beiden Harnleitermündungen und der Harnröhrenöffnung gelegen ist,
so, dass die Harnleitermündungen nahezu die Basiswinkel des Drei-
eckes einnehmen, während die Spitze desselben genau in das Orifieium
urethrae internum hineinläuft. Das Trigonumfeld zeichnet sich aber
nicht nur durch seine Erhebung über seine nächste Umgebung und
durch die an dasselbe geknüpften Öffnungen, sondern vor allem auch
dadurch aus, dass es (im frischen Zustande) einen andern Farbenton
besitzt, als seine Umgebung und dass seine Oberfläche durch ihre
Glätte in auffallender Weise mit der faltigen Beschaffenheit der übri-
gen Blasenschleimhaut (bei leerem Zustande der Blase) kontrastirt. Es
sei gleich gesagt, dass dieser Kontrast auch bei gefüllter Blase, wenn-
gleich in etwas anderer Weise, bestehen bleibt. Ist die Blase gefüllt
und somit ausgedehnt, so verstreichen zwar die eben erwähnten Fal-
ten, aber die zu innerst liegenden Muskelbündel heben sich in dem
grösseren Theile der Blase, deutlich durch die Schleimhaut her sicht-
bar, ab, während man am jetzt noch mehr geglätteten Trigonum keine
Spur solcher Bündel wahrnimmt.
Gänzlich faltenfrei ist das Blasendreieck indessen nicht; man sieht
auch im frischen Zustande mitunter auf demselben einige ganz feine Fält-
chen gegen die Urethralmündung ziehen; jedoch lassen sich diese Fält-
chen mit der Pincette kaum erheben, während man die grossen Falten
der übrigen Blasenwand leicht bis zu 1-14” hochziehen kann. Nach
Alkoholhärtung treten die Fältehen des Trigonum meist ein wenig stär-
ker hervor; von beiden Seitentheilen des Trigonum convergiren sie
dann in sehr regelmässiger Weise zur Urethralmündung hin (Fig. 5),
während sie unmittelbar vor und hinter der letzteren nicht so regel-
mässig angeordnet erscheinen.
Die grossen Falten der übrigen Blasenschleimhaut fand ich nach
Härtung der Blase, insbesondere an deren hinteren oberen Wand, vor-
wiegend in der Längsrichtung verlaufend; mehr zum Grunde der Blase
hin kommen auch quere Falten vor: doch lassen die vielen Variationen
kaum eine Regel aufstellen.
734 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
Was den Farbenton des Trigonum betrifft, so fanden wir ihn
gelbbräunlich, während die übrige Fläche violettgrauröthlich erschien;
meist zeigte sich das Trigonum etwas dunkler als der Rest der Blasen-
schleimhaut.
Eine bisher wenig gewürdigte Eigenthümlichkeit des Blasendrei-
eckes ist die flache Vertiefung e”’ Fig.ı, welche es in seiner Mitte
wahrnehmen lässt: dieselbe gleicht sich nach allen Seiten hin unmerk-
lich aus. Diese Vertiefung lässt nun naturgemäss als Hervorragungen
erscheinen: ı. die Basis trigoni, 2. die beiden Seitenränder desselben,
3. den vorderen in die Urethralöffnung hineinragenden Theil; diese Bil-
dungen müssen genauer geschildert werden.
Die Basis trigoni. Sie wird gebildet durch die einander ent-
gegenstrebenden beiden Harnleiterwülste. Letztere entstehen da-
durch, dass die Ureteren, indem sie die Blasenwand schräg durchsetzen,
sich der Innenfläche der Blase immer mehr nähern und so einen durch
deren Schleimhaut hindurch sichtbaren und fühlbaren Wulst bilden.
Der Hauptsache nach ist es die Muskulatur der Ureteren, welche den
Vorsprung bewirkt: sie geht in die ihr gleich beschaffene dichte und
feinbündlige Muskulatur des Trigonum über. Die Anatomie benennt
seit alters diese Wülste als »Plicae uretericae«: »Toruli urete-
riei« würde ihrem Verhalten besser entsprechen.
Wie meine Präparate lehren, kommen nun verschiedene Bilder
der Trigonumbasis heraus, je nach dem Verhalten der Harnleiterwäülste.
Ich betone zunächst, dass sehr selten, entgegen den üblichen Abbil-
dungen, beide Wülste in der Mittellinie in unverminderter Stärke in-
einander übergehen; ist dies dennoch der Fall, dann zeigt die Trigonum-
basis sich als ein ganz gleichförmig und meist stark vorspringender
Wulst. In den meisten Fällen ist eine Trennung beider Wülste deut-
lich, so dass die Trigonumbasis in ihrer mittleren Partie eine Vertie-
fung oder auch einen Einschnitt, Ineisura trigoni m., wahrnehmen
lässt; ja, nicht selten zeigt sich ein grösseres vertieftes Feld zwischen
den beiden Harnleiterwülsten, welches natürlich bei gefüllter Blase viel
grösser ist als bei leerer, wo die beiden Ureterenwülste näher zusam-
menrücken. Wenn nun auch diese Unterbrechung besteht, so ist die
Grenze der Trigonumbasis gegen die übrige Blaseninnenfläche bei leerer
Blase gewöhnlich noch immer etwas erhaben, so dass man das Trigo-
numfeld auch an dieser Stelle als deutlich abgesetzt wahrnimmt. Bei
leerer Blase ist ferner die Basis auch von der vorhin erwähnten flachen
mittleren Vertiefung des Feldes meist deutlich unterschieden. Füllt
sich aber die Blase, rücken dabei die Ureterenmündungen auseinander,
so kann allerdings an dieser Stelle der Basis jede Erhöhung verschwin-
den, so dass dann eine völlige Ausgleichung des Trigonumfeldes nach
. . m
Waropeyer: Das Trigonum vesicae. 735
hinten zwischen beiden Ureterenmündungen hindurch mit der übrigen
Blaseninnenfläche stattfindet. Mit Rücksicht auf dieses Verhalten bei
gefüllter Blase nenne ich die zwischen den beiden Ureterenwülsten be-
findliehe Strecke Area interureterica: bei leerer Blase ist also, dem
Gesagten zufolge, die Area interureterica kleiner; ihre Mitte wird dann
durch die Ineisura trigoni bezeichnet.
Ein anderer Punkt wäre vielleicht noch hervorzuheben, nämlich
der Umstand, dass der Ureterwulst selbst eine kleine Einziehung zeigen
kann, welche eine mediale Partie des Wulstes, in der die Ureteren-
mündung liegt, von einer lateralen (dem Beginne des Wulstes) scheidet.
Die Seitenränder des Trigonum zeigen sich, wie bekannt, me-
dianwärts leicht konkav ausgeschweift; sie können, wie das ganze Trigo-
num, schwächer oder stärker entwickelt sein; weitere Besonderheiten sind
von ihnen nicht zu melden. Sie beruhen ebenfalls, der Hauptsache nach,
auf einer Verdiekung und Verdichtung der Muskulatur; die Fasern hier
hängen gleichfalls mit der Uretermuskulatur zusammen, und so zeigen
sich auch die Seitenränder als mit den Harnleiterwülsten in Beziehung
stehende Bildungen.
Besonders bemerkenswerth ist die von Lıeuraup unter dem Namen
»Luette vesicale«, »Uvula vesicae« beschriebene, in den Anfang
der Harnröhre hineinragende Verdickung des vorderen Endes des Bla-
sendreieckes. Diese Uvula vesicae erscheint wie eine flachovale Pro-
minenz und setzt sich mit einer kleinen mittleren Leiste, Crista ure-
thralis, in den Anfangstheil der Harnröhre fort. Beim Manne ver-
bindet sich diese Crista mit dem Schnepfenkopfe, während sie beim
Weibe sich gegen das vordere Drittel der Harnröhre allmählich ver-
liert. Beim Manne geht nun vom Schnepfenkopfe ab diese Leiste ent-
weder noch eine Strecke weiter der hinteren Harnröhrenwand entlang,
oder dieser Theil der Leiste spaltet sich nach kürzerem oder längerem
Verlaufe in 2 Schenkel. Frenula eollieuli seminalis', welche sich
allmählich verlieren. Ich komme bei Besprechung des Rinderblasen-
dreieckes auf diese Dinge zurück.
Ich möchte zur Anatomie dieser Uvula vesicae bemerken, dass
ich sie für eine durchaus regelmässige Bildung halten muss, welche
indessen bei normaler Blase nur klein ist und stets in den Anfangs-
theil der Pars prostatica urethrae noch ein wenig hineinragt; ferner,
dass sie mit der Bildung eines sogenannten dritten Prostatalappens
nichts zu thun hat. Die Uvula besteht nur aus verdickter Schleim-
haut von dem Charakter der Trigonumschleimhaut; eine Verdiekung
! Rauser, A., Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 5. Aufl. 1897. Bd.I. (Er-
klärung der Fig. 747.)
736 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
der Trigonalmuskulatur habe ich hier nicht finden können. Allerdings
ist es richtig, dass, wenn ein dritter Prostatalappen entsteht, er an
der Stelle der Uvula sich vorwiegend entwickelt; aber die Uvula selbst
ist von der Prostata unabhängig. Die Fig. ı giebt ein Bild ihres nor-
malen Verhaltens (bei d).
Indem nun das Trigonum in der geschilderten Weise in die Blasen-
lichtung vorspringt, müssen sich hinter ihm und zu beiden Seiten mehr
oder minder deutliche Vertiefungen ausprägen; es sind dieses: 1. die
Fossa retroureterica, 2. diePlana paratrigonalia. Ich bespreche
im Anschlusse hieran 3. die Area praeurethralis und 4. die Re-
cessus laterales vesicae.
Fossa retroureterica. Die Fossa retroureterica hängt mit der
hauptsächlich von den französischen Chirurgen und Anatomen als »Bas-
fond« der Blase bezeichneten Vertiefung, welche unmittelbar hinter der
Trigonumbasis gelegen ist, zusammen. Eine Vertiefung wird sich hier
immer ausbilden müssen, namentlich, wenn die Ineisura trigoni un-
bedeutend ist und insbesondere, wenn sie, wie in seltenen Fällen, ganz
fehlt. Sie wird ferner bei leerer Blase stärker ausgeprägt erscheinen.
Sehr gut zeigt sich dies auf Mediandurchschnitten leerer, oder doch
nahezu leerer Blasen, vergl. Fig. 5. Fossa retroureteriea. Dies Bild
finde ich in den bisherigen Beschreibungen und Abbildungen von
medianen Blasendurchschnitten kaum berücksichtigt; es ist aber für
die gesunde leere Blase ungemein charakteristisch.
Bei Blasen jüngerer Leute tritt diese Vertiefung bei der Flächen-
ansicht in der Form einer unmittelbar hinter der Trigonumbasis gele-
genen spaltförmigen querlaufenden Grube, 9” Fig.ı, auf, wofür der
Name »Fossa retroureterica« wohl passen dürfte. Zu einer mehr aus-
gesackten Vertiefung, wofür der Name »Bas-fond« geeignet erscheint,
entwickelt sie sich erst bei älteren Leuten und auch hier nicht immer.
Auf die so wichtige praktische Bedeutung dieser Bildung brauche ich
nicht einzugehen; ich wollte nur hervorheben, dass der Bas-fond auf
normal-anatomischen Verhältnissen beruht.
Planum paratrigonale. Ich verstehe unter »Planum paratri-
gonale« eine bei leerer Blase seicht vertiefte Partie der Blasenbasis,
welehe sich namentlich an der männlichen Blase abhebt und unmittel-
bar neben jedem Seitenrande des Trigonum gelegen ist (Fig.ı, p/). Nach
der übrigen Blaseninnenfläche besteht keine besondere Abgrenzung. Ich
unterscheide dieses Blasenfeld deshalb, weil seine Schleimhaut, auch
bei leerer Blase, mehr glatt erscheint, ähnlich der des Trigonum; von
letzterem aber unterscheidet es sich durch die Niveaudifferenz, durch
die Farbe, welche ähnlich der der faltigen Blasenschleimhaut ist und
dadurch, dass es sich leichter in Falten erheben lässt; es stellt also
£ h ram
WarpevErR: Das Trigonum vesicae. OR
eine Art Übergangsgebiet zwischen Trigonum und übriger Blasenschleim-
haut dar.
Einen ähnlichen Charakter wie die Schleimhaut im Gebiete der
Plana paratrigonalia hat auch diejenige, welche unmittelbar vor der
Urethralmündung sich befindet; auch sie ist glatter und, bei leerer Blase,
nicht so faltenreich wie die übrige Schleimhaut; ich belege diese Blasen-
partie, welche sich dadurch ebenfalls auszeichnet, mit dem Namen:
Area praeurethralis. Bei der Besprechung der physiologischen Be-
deutung des Blasendreieckes komme ich auf diese Verhältnisse zurück.
Recessus laterales vesicae. Ist die Blase leer, so zeigt sich,
dass ihre Lichtung jederseits über dem Trigonumfelde sich in einen
ausgedehnten spitz zulaufenden Blindsack fortsetzt, für den der Name
»Recessus lateralis« nicht unzutreffend sein dürfte. Diese Formeigen-
thümlichkeit der Blasenlichtung bei leerer Blase ist praktisch nicht
unwichtig, bisher aber in den Beschreibungen nicht hervorgehoben
worden. In Fig. 5 habe ich den Recessus abbilden lassen und be-
zeichnet.
Ich lasse nun einige Bemerkungen über die Form der drei Blasen-
mündungen folgen.
Die normale Form der Ureterenmündungen beim Menschen
kann man sich am besten vorstellen, wenn man sich den Kiel einer
kleinen Vogelfeder erst seitlich komprimirt und‘ dann in der Weise
schräg abgeschnitten denkt, als wollte man die Feder als Schreib-
feder herrichten. Der erste schräge Schreibfederschnitt an dem kom-
primirten Kiele giebt genau die Gestalt der Uretermündung. Sie gehört
also mit einer gewissen Abänderung (der Kompression) zu den Formen,
welche die Franzosen als »en bee de tlüte« charakterisiren. Der längere
Theil dieses Flöten- oder Federmundstückes liegt zur Blasenwand hin;
er kann sich oft sehr lang ausziehen: eine extreme Bildung der Art
finden wir in der Harnblase von Sus serofa domestieus (s. w.u. und
Fig. 4). Der kürzere Theil des Mundstückes sieht zur Blasenlichtung
hin und stellt einen ungemein feinen und zarten Schleimhautsaum dar,
der, weil die Ureteren schräg durchbrechen, grade an der Mündung
am dünnsten ist; ich möchte diese Bildung besonders als »Mündungs-
saum« bezeichnen. Ich lege deshalb Gewicht auf diese scheinbare Klei-
nigkeit, weil ich, im Gegensatze zu einigen Autoren und in Überein-
stimmung mit anderen, annehmen muss, dass es dieser Saum ist, wel-
cher vorzugsweise als Klappe wirkt, um das Zurückstauen des Blasen-
harns in die Ureteren zu verhindern; weniger wird eine solche Klappen-
wirkung an den tiefer in der Blasenwand gelegenen Theilen des Ureter
eintreten können, als grade hier, am Saume. Hat man eine gefüllte
und dabei erhärtete Blase, so sieht man den Saum dicht anliegen.
138 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
Ich bemerke noch, dass die Mündungsweise der Ureteren grosse Ähn-
lichkeit hat mit der der Ductus nasolacrimales, wenigstens mit der
Form, wie wir sie in der Mehrzahl der Fälle. finden.
Ausser dieser typischen Form der Ureterenmündungen kommen
noch vor die Form eines rinnenförmigen Schlitzes und, selten,
eine rundliche.
Die innere Harnröhrenmündung, Orificium urethrae in-
ternum, stellt sich bei leerer, wie bei gefüllter Blase, sobald eben
letztere keinen Harn abträufeln lässt, als geschlossen dar: höchstens
kann man von einer kleinen, etwa 1""” tiefen Einsenkung des Blasen-
lumens an der Stelle des Orificium urethrae sprechen; diese kleine Ein-
mm
senkung führt aber in eine fest geschlossene, nur mit virtuellem Lu-
men versehene Harnröhre. Man wolle hierzu Fig.5 vergleichen.
Sieht man sich die vorhandenen Abbildungen von Medianschnitten
des menschlichen Körpers an, so findet man, namentlich wenn die
Blase des betreffenden Praeparates gefüllt war, auch das Orifieium ure-
tlırae sowie die Harnröhre vielfach mit offenem Lumen dargestellt;
dies ist durchaus nicht der Natur entsprechend. Ich möchte deshalb,
zumal es sich um physiologisch wichtige Dinge handelt und da solche
Abbildungen auch bei unseren besten Autoren vorkommen, wie z.B. bei
Saırppey' (Fig. 850, 3. Aufl. S.547, weibliche Harnröhre) und W. Braune’,
olıne dass gesagt wird, warum etwa das offene Lumen gezeichnet wurde,
im Besonderen darauf aufmerksam gemacht haben. Ich füge hier an,
dass in meiner demnächst erscheinenden » Topographischen Anatomie der
Beckenorgane«° auch eine derartige Figur mit klaffender Harnröhre sich
findet (Fig. 136a, S. 548): dies ist aber absichtlich (nach Metallausgüssen
der Harnröhre) so gezeichnet worden, um deren Kaliberänderungen in
ihren verschiedenen Abschnitten zu veranschaulichen. Eine vortreffliche
Abbildung der unteren Abtheilung der männlichen Harnblase nebst Tri-
gonum und anschliessendem Theile der Harnröhre liefert HextE in
Fig. 296 seiner Splanchnologie (I. Aufl. S.396); nur ist die Lichtung
der Urethra und deren innerer Mündung noch etwas zu weit gehalten;
völlig richtig ist dagegen das Lumen in Fig. 293 S.390 desselben Wer-
kes dargestellt.
Untersucht man die Gestalt der Harnröhrenmündung an der frischen
von oben her geöffneten Blase, so erscheint sie, wie von verschiedenen
Seiten, insbesondere schon von Lieuraup, mit Recht hervorgehoben
ist, wie ein halbmondförmiger Schlitz mit nach vorn gerichteter Kon-
! Sırpey, Ph. C., Traite d’anatomie descriptive. gime Edit. T.1V. Paris, 1873.
® Braune, W., Topographisch-anatomischer Atlas nach Durchschnitten an ge-
frorenen Cadavern. Taf.1B.
® Bonn, 1897, Verlag von Friedrich Cohen.
WaLpEvYEr: Das Trigonum vesicae. 139
vexität, o, Fig. ı. Das kommt dadurch zu Stande, dass die Uvula vesi-
cae sich von hinten her in das Orifieium vorschiebt: dadurch muss die
ursprünglich rundlich-trichterförmige Öffnung die Halbmondform er-
halten.
Barkow hat in seiner Monographie' von fünf Wülsten, 3 hinteren
und 2 vorderen, gesprochen, welche sich an dem geschlossenen Orificium
urethrae internum mit grosser Regelmässigkeit bilden sollen. Mitunter,
namentlich bei den Blasen älterer Leute, habe ich solche Wülste gleich-
falls gesehen; sie sind aber selten und keineswegs als reguläre Bil-
dungen anzusprechen.
Bemerkenswerth ist die Form, welche die innere Harnröhrenmün-
dung bei foreirter Injektion der Blase von den Ureteren aus annimmt,
wenn sie durch den Injektionsdruck eröffnet wurde; ich fand sie dann
häufig in Gestalt eines Dreieckes mit abgerundeten Eeken; die Spitze
des Dreieckes liegt nach vorn: seine Basis ist zuweilen von hinten her
leicht eingebogen, so dass die Form eines Kartenherzens herauskommt.
Ich habe diese Form bis jetzt nur beim Menschen, und zwar nur bei
männlichen Individuen beobachtet. In anderen Fällen zeigte sich die
erweiterte Öffnung auch bei Männern rundlich; dies ist die Regel bei
Weibern und jungen Kindern beiderlei Geschlechts; bei Knaben kommt
schon die Dreiecksform vor.
Nach solchen Injektionen mit Erweiterung des Orificium urethrae
internum und des anschliessenden Theiles der Harnröhre zeigt sich der
Rand der Öffnung immer scharf, und steil gegen die Harnröhre abfallend;
es wird dies offenbar durch die Verstärkung der Muskulatur (Annulus
urethralis) an der Harnröhrenmündung hervorgerufen’. Ich will hierzu
bemerken, dass man sich diese Muskulatur nicht als einen einheitlichen,
in sich geschlossenen Ring zu denken hat; vorn gehört sie der eigent-
lichen Harnblasenmuskulatur an, hinten dagegen der mit der
Ureterenmuskulatur zusammenhängenden Trigonummuskulatur. Es
ist dies aus den Figuren 257 und 296 Hexte’s l.c., sowie aus einer
treffliehen Abbildung Disse’s® ersichtlich; auch ist in Fig. 5 hier darauf
Rücksicht genommen. Über diese Muskulatur werden demnächst weitere,
im Berliner I. anatomischen Institute ausgeführte Untersuchungen von
Dr. OÖ. KarıscHer zur Veröffentlichung gelangen.
! Bırkow, H.C.L., Anatomische Untersuchungen über die Harnblase des Men-
schen. Breslau, 1858. Fol.
?2 Vergl. darüber Hıs, W., in: Die anatomische Nomenklatur. Nomina anatomica.
Leipzig, Veit & Comp. 1895. 8. S.134.
® Dısse, J., Untersuchungen über die Lage der menschlichen Harnblase und ihre
Veränderung im Laufe des Wachsthums. Anatomische Hefte, herausgeg. von Boxer
und Merker. Heft 1. 1891. S.ı. Fig. ı.
740 Sitzung der phys. -math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
Fassen wir kurz zusammen, was an Neuem, oder bisher weniger
Beachtetem hier gegeben wurde, so dürften dahin zu zählen sein: die
Aufstellung einer typischen Form für das Trigonum und für die Ureteren-
mündungen, die Betonung einer Ineisura trigoni, einer Area interure-
teriea und der Paratrigonalfelder, sowie der Recessus laterales vesicae;
auch der Nachweis, dass der sogenannte Bas-fond auf eine normale Bil-
dung, die Fossa retroureterica, zurückzuführen ist, betrifft ein bisher
weniger beachtetes Faktum. Unbekannt war, soviel ich sehe, die Drei-
ecks- oder Kartenherzform der erweiterten und in dieser Erweiterung
erhärteten Blasenmündung der Harnröhre (Formolpräparate).
Trigonum vesicae beim Weibe. Bekannt ist, dass das Bla-
sendreieck beim Weibe weniger ausgeprägt ist als beim Manne. Meine
Präparate bestätigten dies und ergaben ausserdem, dass die mittlere Ver-
tiefung des Trigonumfeldes beim Weibe stärker entwickelt war, was sich
auch bei injieirter und erhärteter Blase zeigt. Ferner scheint es, dass
die Ureterenmündungen beim Weibe durchschnittlich etwas weiter aus-
einander liegen oder doch bei injieirter Blase auseinander rücken als
beim Manne. Die Harnröhrenmündung erschien an gefüllten und er-
härteten Weiberblasen meist rundlich, bisweilen mit steil zur Urethra
abfallendem Rande, in anderen Fällen von Trichterform. Eine deut-
liche Uvula ist selten.
Trigonum vesicae bei Kindern. Da zwischen männlicher und
weiblicher Harnblase bei Kindern der ersten Lebensjahre kaum ein Unter-
schied in der Bildung des Blasendreieckes besteht, so lassen sich für
dies Alter beide Geschlechter zusammenfassen. Das. was das Blasen-
dreieck der Kinder auszeichnet, ist, dass es klein (im Verhältniss) und
häufig von mehr länglicher Gestalt ist, dass es (bei leerer Blase) weniger
erhaben erscheint, dass das Trigonumfeld bei der Blasenfüllung im
ganzen sich stark austieft, wie es zum öÖftern auch beim Trigonum
erwachsener Weiber gesehen wird, dass eine Verbindung beider Harn-
leiterwülste nur selten vorhanden ist und dass eine Uvula vesicae ent-
weder fehlt oder doch nur schwach angedeutet ist.
Die innere Harnröhrenmündung zeigte sich, wie bemerkt, bei
mehreren Harnblasen von Knaben nach der Füllung vom Ureter aus
in der beschriebenen Dreiecksform, bei weiblichen Kindern und bei
anderen Knaben rundlich; zuweilen war unmittelbar vor derselben noch
eine kleine halbmondförmige Vertiefung zu sehen; ob dies eine zufällige
Bildung ist, oder auf mitunter vorkommenden Strukturverhältnissen
beruht, vermag ich bis jetzt noch nicht zu entscheiden. An den
Harnblasen der Knaben erschien die innere Harnröhrenmündung nur
an ihrem hinteren Umfange steil abfallend. In der Gegend der Mittel-
ebene des Blasendreieckes zeigten sich nicht selten bei Kindern auch
Warpevyer: Das Trigonum vesicae. 741
bei gefüllter Blase eine Anzahl feiner auf die Urethralmündung zu-
laufender Fältchen.
Im späteren Kindesalter prägen sich bereits die Geschlechts-
unterschiede auch am Trigonum vesicae aus.
Bau des Trigonum. Das für die Erzeugung des Blasendrei-
eckes Wesentliche ist 1. die besondere Entwicklung der Muskulatur,
welehe mit der Muskulatur der Ureteren und der der Pars prostatica
der Harnröhre zusammenhängt, 2. das Fehlen einer Submucosa und
3. die starke Ausbildung einer festen und diehtfaserigen Schleimhaut.
Ich will nur besonders hervorheben, dass die Trigonummuskulatur
aus viel dünneren Bündeln besteht, als die Harnblasenmuskulatur,
dass aber diese Bündel viel diehter zusammenliegen, also eine fester
gefügte, mehr kompakte Masse bilden, welche sieh unmittelbar in
die Muskulatur der Harnröhre fortsetzt. Die ceitirten Hexte'schen
Abbildungen und Fig. 5 hier mögen verglichen werden, so wie das
vorhin bei Gelegenheit des Annulus urethralis vesicae Bemerkte. Be-
sonders betone ich die Selbständigkeit der Trigonummuskulatur
und ihre Unabhängigkeit von der übrigen Blasenmuskulatur, zu-
mal Grirritus, 1. e. inf.. anderer Ansicht zu sein scheint, indem er
(S. 542) hervorhebt, dass die Muskellage des Trigonum von der
inneren Lage der Blasenmuskulatur gebildet sei. (As I have
mentioned, the trigone is composed only of the innermost bands of
muscular bundles, while the outermost band, which is here longi-
tudinal, passes onwards towards the neck of the bladder ete.) Dass
Verbindungen zwischen der Blasenmuskulatur und der der Ureteren
und des Trigonum bestehen, stelle ich nicht in Abrede. Ich be-
schränke mich hier auf dieses Wenige und zumeist hinlänglich Be-
kannte, um wenigstens das anzuführen, was der Hauptsache nach
das Bild des Trigonum und seine vorhin geschilderten Eigenschaften
erklärt.
Blasendreieck der Thiere. Bei Thieren ist das Trigonum
vesiecae, wie mir scheint, noch kaum Gegenstand eingehenderer Unter-
suchungen gewesen. Wenigstens enthalten die bekannten Lehrbücher
der Anatomie der Hausthiere sowie die Monographien über die Ana-
tomie einzelner Thiere, soweit sie mir zur Verfügung standen, kaum
etwas über diesen Gegenstand. J. Grirrırns' sagt p.542: »I have
found the trigone as a distinet structure only in man and some mon-
keys, and I conclude therefore that it may have some relations to
the ereet posture«.
! Grirrırus, Josern, Observations on the urinary bladder and urethra. The
Journal of Anatomy and Physiology by Hunrury, Turser and McKenoprıer. Vol. XXV.
S. 535. 1891.
142 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
Diesem gegenüber hebe ich hervor, dass ich diese Ansicht nicht
zu theilen vermag: bei unseren Hausthieren wenigstens — ich unter-
suchte Hund, Schaf, Rind, Schwein, ausserdem noch eine Chimpansen-
blase — finden sich Bildungen, welche sowohl ihrem Baue nach, wie
nach ihrer äusseren Erscheinung sich als dem menschlichen Trigonum
völlig vergleichbare Dinge darstellen.
Was den Bau anlangt, so zeigt sich bei den genannten Thieren
ebenso wie beim Menschen, dass an der entsprechenden Stelle des
Blasengrundes die Ureterenmuskulatur sich an der hinteren Blasen-
wand in die Urethra hinein fortsetzt, und dass über dieser kompakteren
Muskulatur auch die Schleimhaut, die von den Harnleiterwülsten bis
zum Orifieium urethrae internum sich erstreckt, die gleichen Verhält-
nisse wie beim Menschen aufweist: eine Submucosa fehlt, die Ober-
tläche ist faltenfrei. Wir finden auch Plana paratrigonalia und die
sonstigen äusseren Formverhältnisse, d.h. im ganzen «ie dreieckige
Gestalt des betreffenden Feldes, sein Vorspringen über die Umgebung,
die Harnleiterwülste, eine Area interureterica, eine starke Ineisura tri-
goni, sowie Andeutungen einer Luette vesicale, letzteres freilich nicht
in allen Fällen. Was das menschliche Trigonum auszeichnet, ist ledig-
lich seine mehr regelmässig dreieckige Gestalt mit nahezu gleichen
Seiten und das stärkere Vorspringen des gesamten Feldes. Wenn wir
aber den Einschnitt in der Mitte der Basis trigoni, i. e. die Ineisura
trigoni (g', Fig.ı) sowie die mittlere Vertiefung (e”’, Fig.ı) des Tri-
gonumfeldes in Betracht ziehen, so lassen sich bei stärkerer Ausbildung
dieser Dinge daraus die Formen, wie wir sie bei Thieren, z. B. beim
Hunde und Rinde, haben, leicht ableiten (Fig. 2 und 3).
Auf der beiliegenden Tafel sind die Trigonumbildungen beim
Hunde (Fig. 2), Bullenkalbe (Fig. 3) und beim Eber (Fig. 4) abgebildet
worden.
Im Nachstehenden gebe ich noch eine kurze Beschreibung dieser
Formen, sowie die der Blasendreiecke vom Chimpansen und vom Schafe.
Chimpanse (junges 9‘). Die untersuchte Blase hat eine länglich
ovale Gestalt; im leeren Zustande liegt sie völlig von der Symphyse
vorn gedeckt. Zwei deutlich ausgeprägte Ureterenwülste vereinigen
sich unter stumpfem, nach hinten offenem Winkel; aus dieser Ver-
einigung geht ein zur Urethralöffnung ziehender medianer Wulst her-
vor, der sieh mit einer kleinen Uvula in das Orifieium urethrae in-
ternum hineinschiebt und dieses dadurch halbmondförmig gestaltet.
Hund '. Die Fig.2 der beigegebenen Tafel zeigt das Verhalten
beim Hunde. Es sind zwei deutliche Ureterenwülste vorhanden, die
sich bogig einander zuwenden, sich jedoch meist nicht erreichen. Die
federsehnittförmige Harnleitermündung liegt am distalen Ende des be-
- ” 7
WAaLDEYER: Das Trigonum vesicae. 743
treffenden Wulstes; beide Mündungen sind einander zugekehrt. Von
der Mündung ab verschmälert sich jeder Wulst rasch zu einer feinen
Leiste; beide Leisten vereinigen sich kurz vor der Urethraöffnung zu
einer medianen Crista urethralis, die auf den kleinen rundlichen Colli-
eulus seminalis trifft, um sich von diesem aufs neue noch 3-4°" in’ die
Harnröhre hinein fortzusetzen. Mitunter zeigt sich eine kleine, einer
Uvula vesicae vergleichbare Anschwellung im proximalen Theile der
Crista (d, Fig.2). Das dreieckige Feld zwischen den beiden Harnleiter-
wülsten ist vertieft und ohne Falten; auch ein Planum paratrigonale
lässt sich jederseits unterscheiden. In einem Falle verbanden sich auch
beide Ureterenwülste durch eine seichte Pliea interureterica, so dass
eine förmliche Trigonumbildung ähnlich der des Menschen erschien.
Das Trigonum einer Hündin wurde bei einer durch Formolinjektion
(von den Ureteren aus) ausgedehnten Blase untersucht. Beide Ureteren-
mündungen waren bis zu 2" auseinandergerückt und standen genau
einander gegenüber; das Trigonumbild ist dem des männlichen Hundes
sonst ähnlich. In dem dreieckigen Felde zeigten sich feine zur Urethra-
mündung convergirende Längsstreifen, welche von deutlich durehschim-
mernder Muskulatur herrührten.
Durch die Injektion war die Harnröhre so weit ausgedehnt, dass
eine Grenze gegen die Blase mit Bestimmtheit nicht angegeben wer-
den konnte.
Beim Bullenkalbe (Fig. 3) ist ein deutliches Trigonum vorhan-
den. Die beiden Ureterenwülste springen an ihren Enden stark, fast
halbkugelig in die Blase vor; die Ureterenmündung findet sich etwa
10-12" distal vom Beginne des Vorsprunges und auch distal von
dessen höchster Höhe. Sie ist federschnittförmig.
Zwischen die beiden Wülste erstreckt sich von oben her eine tiefe
Ineisura trigoni, 9, Fig.3, wodurch der obere Theil des Trigonum ein
kartenherzförmiges Aussehen gewinnt. Unterhalb der Mündungen ver-
einigen sich beide Ureterenwülste zu einer langen und verhältnissmässig
breiten medianen Erhabenheit, e, Fig. 3, welche, sich immer mehr ver-
Jüngend, in den Collieulus seminalis ausläuft. Man kann indessen in ein-
zelnen Fällen. s. Taf. IX Fig. 3 d, unterhalb der Stelle, wo beide Ureteren-
wülste sich vereinigen, noch eine schwache Verstärkung des Kammes
wahrnehmen, die einer »Luette vesicale« entsprechen würde.
Unterhalb des Collieulus seminalis tritt abermals eine 5"" lange
einfache Leiste, @, ab; diese theilt sich dann in zwei ziemlich gleich
cm
hohe Falten, a’«’, die sich nach einem Verlaufe von 2-24°" wieder
” . ” ” „ . . . Ai .
zu einer einfachen Leiste, @ , vereinigen. Ich möchte das Feld e in
Fig. 3 als Trigonum vesicae ansprechen; d, wenn überhaupt erkennbar,
wäre der Uvula vesicae des Menschen gleich zu setzen. c,b, a, a’ und
744 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
a" sind offenbar die gleichen Bildungen, wie sie beim Menschen als
Crista urethralis, + Collieulus seminalis + Frenula eollieuli
seminalis beschrieben sind, aber mehr ausgebildet.
Wollten wir diesem verwickelteren Verhalten durch eine besondere
Namengebung, die allgemein — zum Zwecke von Vergleichungen —
verwendbar wäre, Rechnung tragen, so würden die Leiste c als Crista
urethralis posterior, 5 als Collieulus seminalis, a als Pars
proximalis cristae urethralis anterioris, a’ a’ als Frenula
collieuli seminalis und a” als Pars distalis eristae urethralis
anterioris zu bezeichnen sein. Wie diese Bildungen sich in einfacherer
Form darstellen, zeigt das Blasenharnröhrenbild vom Hunde (Fig. 2).
Ich bemerke noch, dass beim Rinde allerlei Abweichungen von dem
geschilderten Bilde vorkommen können; so kann unter anderem eine Pars
distalis eristae urethralis anterioris fehlen; es gehen dann die beiden
Frenula unmittelbar vom Samenhügel ab. Bei einem Stiere fand ich
die Frenula sehr schwach entwickelt, das eine fehlte fast ganz; meist
sind sie jedoch deutlich ausgeprägt. Bei einem anderen mündeten beide
Ureteren in eine Nische; vom gemeinsamen Mündungssaume ging eine
die Mündungen innerhalb der Nische trennende mediane Falte ab.
Ganz anders als beim männlichen Thiere ist das Bild bei einem
Fersenkalbe. Hier laufen beide Harnleiterwülste unter allmählicher
Konvergenz in die Harnröhre hinein, welche sie in den hinteren zwei
Dritteln ihrer Länge nach deutlich gesondert durchsetzen. Alsdann
verstreichen sie, in mehrere kleine, zarte Falten aufgelöst. Zwischen
beiden Ureterenwülsten zeigt sich ein im Beginne erhabenes dreieckiges
Feld, welches sich fein zugespitzt bis zu deren Verstreichen fortsetzt.
Es erscheint auf diese Weise in der Harnröhre als dritte, median ge-
legene Falte.
Ähnlich wie beim Stiere und beim Bullenkalbe sind die Verhältnisse
beim Schafbocke. Nur ist das Trigonum dem menschlichen ähnlicher,
indem seine Basis breiter erscheint, weil beide Ureterenwülste rascher
gegeneinander konvergiren und die Incisura kleiner ist. Die Ureteren-
mündungen sind klein und mehr rundlich. Sie liegen an der medianen
Abdachung der Ureterenwülste. Eine Art Luette, sowie eine Crista
urethralis lassen sich zuweilen erkennen. Dagegen fehlen die Frenula.
Der Collieulus seminalis ist bei beiden, Rind wie Schaf, kielförmig vor-
springend und länglich.
Sehr eigenthümlich ist das Bild beim Eber. Beide Ureterenwülste
sind durch die Incisura trigoni, 9, Fig. 4, ähnlich wie beim Hunde (Fig. 2)
vollständig von einander getrennt, so dass zwischen ihnen ein vertieftes
Feld liegt: dieses ist jedoch glatt und fest. Jeder Ureterenwulst zeigt
näher seinem proximalen Beginne eine feste, rundliche Partie, f, Fig. 4,
Warpeyer: Das Trigonum vesicae. 745
die stark vorspringt. Dann folgt eine kleine Einschnürung, darauf eine
niedrigere Anschwellung, welche man als » Ureterenmündungsstück « be-
zeichnen könnte; denn es besteht nur aus jenem vorhin beschriebenen
klappenförmigen Saume, welcher hier indessen sich von einer weit be-
deutenderen Entfaltung zeigt.
Von da ab setzen beide Ureterenmündungen, welche fast 2"
Weite haben, sich bis zum Collieulus seminalis fort in Gestalt zweier
flacher Rinnen, die durch eine schmale Leiste getrennt sind; es be-
steht eine kurze ÖUrista urethralis posterior. Dicht neben dem
fast kugligen Collieulus finden sich zwei olivenförmige flachrundliche
Vorsprünge'; vom Colliculus aus geht dann eine ziemlich breite Crista
urethralis anterior eine kurze Strecke weit in den vorderen Theil
der Harnröhre, deren Schleimhaut ein granulirtes Aussehen zeigt, hinein.
Der weitaus interessanteste Befund beim Eber ist sicherlich der,
dass augenscheinlich, s. Fig.4, die Ureterenmündungen in das Orifieium
internum urethrae zu liegen kommen und mit ihren langen Rinnen
sich noch eine gute Strecke weit in den Anfangstheil der Harnröhre
hinein fortsetzen. Wir kommen alsbald hierauf zurück.
Auch beim Hengste, dessen Blase (nebst einigen Stierblasen) mir
von Prof. Dr. Schmarzz zur Verfügung gestellt wurde, verhalten sich
die Ureterenmündungen wie beim Eber, jedoch nieht ganz so ausge-
prägt; das zwischenliegende Feld ist sehr gross.
Es drängt sich nach Mittheilung aller dieser Einzelheiten die Frage
auf, ob eine kombinirende Betrachtung zu irgend einem wissenschaft-
lichen Ergebnisse führt. Ich meine, dass dies allerdings der Fall sei,
wenn wir noch die Entwicklungsgeschichte zu Rathe ziehen. Es muss
hier auf die Arbeiten von W. Hıs’, von MinArkovıcs’, W. NasEL', Fr.
KeıgeL’, sowie auf die zusammenfassende Darstellung von G. Born"
verwiesen werden.
Aus den übereinstimmenden Angaben von Hıs, Nager und Keıseu
geht hervor, dass auch bei menschlichen Embryonen die Ureteren in
! Sie treten in der Figur nicht deutlich hervor.
Hıs, W., Anatomie menschlicher Embryonen. Leipzig 1880.
von MinArkovics, G., Untersuchungen über die Entwickelung der Harn- und
Geschlechtsorgane der Amnioten. Internat. Monatsschr, für Anatomie und Histologie.
Bd. II, 1885.
* Nasen, W., Über die Entwicklung des Urogenitalsystems des Menschen. Arch.
f. mikrosk. Anat. Bd. 34. 1889. — Derselbe, Über die Entwicklung der Harnblase bei
Menschen und bei Säugethieren. Sitzungsber. der Königl. Preuss. Akad. der Wissensch.
1892, Stück XU, 25. Febr.
° Keıser, Fr., Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Urogenitalappa-
rates. Arch. f. Anat. und Physiologie, Anatomische Abth. 1896 S.55 (spez. S.136).
° Ergebnisse der Anatomie und Entw.-Geschichte, herausgeg. von Bonner und
Merker, Bd. 11I S.490.
2
3
Sitzungsberichte 1897. 69
746 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
der Weise der Kurrrer’schen Nierenknospe sich anlegen, d. h. also
als ein Auswuchs des Worrr’schen Ganges. Dieser mündet, wie His,
l.c. Textband I, S.67, gezeigt hat, bei menschlichen Embryonen von
7-7""5 Länge in die Kloake, und vor der Einmündungsstelle zweigt
sich bereits in Form eines Blindsackes die Ureteranlage ab, welche
auch im Bereiche der Kloake gelegen ist (Hıs gibt dem Endabsehnitte
des Eingeweiderohres, in welches Enddarm, Allantoisgang und Worrr-
scher Gang + Nierengang münden, die passende Bezeichnung »Bursa
pelvis«. Textband III, S.14).
Das Stück des Worrr’'schen Ganges, welches zwischen Abgang
der Nierenknospe, d. h. des Ureters und der Mündungsstelle des WoLrr-
schen Ganges, d. h. dem späteren Collieulus seminalis liegt, nennt
von MinArkovics den Allantoisschenkel des Worrr’schen Ganges.
Nach der Meinung vos MmArxovics’, welcher Borv und Krıgeu beipflich-
ten, wird dieser Allantoisschenkel, also ein Stück des Worrr’schen
Ganges, mit in die hintere Blasenwand, richtiger wohl »Harn-
röhrenwand«, aufgenommen. Für diesen Vorgang sprechen auch die
Profilkonstruktionsbilder von His, l.e. Textband II, S.17-19 einschl. —.
Ureteren und Worrr’sche Gänge münden dann naturgemäss dicht neben-
einander. Dies Stadium wird bei menschlichen Embryonen schon sehr
früh erreicht, nach Naerr bei solchen von 8-10"”" Länge. Nach den
von Keıger hergestellten Präparaten und Modellen rückt während die-
ses Aufnahmeprocesses — welchen Born treffend mit dem von ihm
nachgewiesenen Vorgange der Bildung der oberen Wand des linken
Atrium cordis durch Aufnahme eines Stückes des anfangs unpaaren
Lungenvenenstammes vergleicht — der Ureter an die laterale Seite
seines Worrr’schen Ganges. Läuft in der That der Vorgang nach der
von v. MrmArkovıcs aufgestellten Ansicht ab, dann müssen zu einer
gewissen Zeit die vier Mündungen (beider Ureteren und beider WouLrr-
schen Gänge) dieht neben einander stehen. Dies geben übereinstim-
mend auch alle Autoren an.
Wie rücken nun aber die beiden Ureterenmündungen von den
Worrr’ schen Mündungen, d. h. von denen der späteren Samenleiter,
ab? Nach der Ansicht von v. MinArkovics wächst das Feld, auf
welchem die vier Mündungen liegen, nach allen Richtungen hin aus,
oben, insbesondere beim Menschen, auch in die Breite; dadurch müssen
sowohl die beiden Ureterenmündungen von den Samenleitermündungen
als auch von einander entfernt werden; das in dieser Weise ver-
grösserte Feld ist das Trigonum. Der v. MinArkovics’schen Erklärung
stimmen Born und Krieger bei. Nager fand bereits bei menschlichen
Embryonen von 20-22" ein Trigonum, ebenso KeıseL. NasEL wich
in seiner Erklärung der Trigonumbildung insofern von v. MiHALKovics
WAaLDEYErR: Das Trigonum vesicae. 747
ab, als er meinte, dass »durch die Erweiterung und das Längen wachs-
thum des Allantoisganges die Ureterenmündungen mit in die Höhe ge-
nommen würden« (Sitzungsber. d. K. Preuss. Akad. l.c. S.179). In
seiner Jüngsten Darstellung dieser Dinge (»Die weiblichen Geschlechts-
organe« in »Handbuch der Anatomie des Menschen«, herausgeg. von
K. v. BArDELEBEN, Bd.VII, 2, I. Abth., Jena, 1896) schliesst er sich
jedoch der Ansicht v. MmArxkovics’ an.
Bei der Betrachtung der hier auf Taf. IX abgebildeten Präparate
kommt man zu der Ansicht, dass der Vorgang so, wie es v. Mr-
nuArkoviıcs denkt, sich abspielen werde; insbesondere sprieht der
Befund beim Schweine dafür. Ist dem aber so, dann müssen wir
sagen, dass das Trigonum vesicae ursprünglich dem proximalen Theile
der Harnröhre, und, wenn es richtig ist, was Hıs von menschlichen
Embryonen beschreibt, der Kloake, seil. der Bursa pelvis, angehöre.
Finden wir es später in der Blase, so spricht das nieht dagegen,
selbst wenn wir die letztere, wenigstens zum Theil, wie ich es (im
Anschlusse an Nacer) thue, oder in toto, wie Letzterer es will, aus
der Allantois ableiten‘. Denn bei der weiteren Entwicklung und Ent-
faltung der Blase kann letztere sehr wohl einen ihr ursprünglich
fremden Theil in sich aufnehmen.
Wir hätten demnach im Trigonum vesicae einen zur Harnröhre,
bez. zur Kloake zu reehnenden Theil, welcher uns zeigt, wie auch
die Ureteren ursprünglich zur Harnröhre gehören. Das Trigonum
zeigt uns die Verbindungsbrücke zwischen dem Verhalten der höheren
Thiere und dem der Monotremen. Die hier mitgetheilten Befunde sind
geeignet, diese wesentlich aus der Entwicklungsgeschichte geschöpfte
Ansicht zu stützen. Auch das Verhalten der Muskulatur spricht da-
für; vergl. die Bemerkung von GEGENBAUR in dessen Lehrbuche der
Anatomie des Menschen, VI. Aufl. 1896 Bd. II, S. 141. — Schliesslich
sei noch auf die interessanten Angaben von W. Ferıx betreffend die
Entwicklung der Harnblase bei den Salmoniden hingewiesen’, sowie
auf die merkwürdigen Fälle von theilweiser Abtrennung des Trigonum
von der Blasenwand, welche Passavant (Vırcnow’s Archiv Bd.VII) und
Dirrer (Strikturen der Harnröhre, Wien 1872) beschreiben. Auch mag
der treffende Ausspruch Cnarpy’s (Cours de Splanchnologie, Organes ge-
nito-urinaires, Toulouse 1890, p.68): »ÜC’est en tout cas une region bien
partieuliere, moitie ureterale, moitie uretrale«, nicht unerwähnt bleiben.
I! Auch Keıger, der Nager’s Ansicht, dass die Harnblase ganz und gar aus
der Allantois hervorgehe, bekämpft, spricht sich doch, S.127 ]. e., reservirt aus, in-
dem er sagt, dass »vielleicht« die ganze Harnblase aus der Kloake hervorgehe.
®2 Ferıx, W., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Salmoniden. Anatomische
Hefte, herausgegeben von Fr. Merker und R. Bonner. Abth. I, Heft 26. 1897.
69*
748 Sitzung der phys.- math. Classe v. 8. Juli. — Mittheilung v. 17. Juni.
Physiologische Bedeutung des Trigonum. Ich erblicke die
physiologische Leistung des Trigonum vesicae im wesentlichen in drei
Punkten: in der Erleichterung der Füllung der Blase, in der Ermög-
lichung einer gänzlichen Entleerung derselben und endlich in einer
Mitwirkung beim Verschlusse der Blase.
Was die Erleichterung der Füllung anlangt, so ist es klar, dass
sich dieselbe viel ungehinderter machen wird, wenn die Ureteren-
mündungen auf einem glatten, faltenfreien und festen Blasenfelde sich
befinden, wie es thatsächlich der Fall ist. Hierbei kommt noch in
Betracht, dass normaler Weise diese Mündungen nicht auf der Höhe
der Harnleiterwülste liegen, sondern an dem vorderen, schon zum
Trigonumfelde abfallenden Rande derselben, s. Fig.ı, in der diese
Stellung mit aller Treue gezeichnet ist. Bei der Betrachtung der
Fig.5 ergibt sich ferner, dass der einfliessende Harn zunächst im
Fundus der Blase sich ansammeln wird, wo er alle Bedingungen für
eine leichte Aufnahme findet (Fossa retroureterica, Recessus laterales
vesicae). Bei weiterer Füllung hebt sich dann, wie bekannt, die obere
bewegliche Blasenwand von der unteren, fixirten ab; sehr gut zeigt
dies der eitirte Braune’sche Mediansehnitt.
Dass die glatte Beschaffenheit des Trigonumfeldes die völlige Ent-
leerung auch des letzten Harnrestes begünstigt, bedarf keiner weiteren
Begründung: wohl aber möchte ich hier auch auf die gleiche Bedeutung
hinweisen, die den Plana paratrigonalia und der Area praeurethralis
zukommt; erst im Vereine mit diesen ebenfalls glatten und faltenarmen
Stellen der Blase kann das Trigonum in der genannten Richtung seine
physiologische Wirkung völlig geltend machen'.
Für den Verschluss der Blase beim Lebenden kommen mehrere
Momente in Betracht; zu einem kleinen Theile trägt wohl auch, wie
von anderen Seiten bereits hervorgehoben worden ist, die Uvula ve-
sicae mit dazu bei; man darf eben nicht vergessen, dass während
des Lebens alle Gewebe, wegen der Füllung der Blut- und Lymph-
räume, in einem erheblich grösseren Schwellungszustande sich befinden,
als wir dies in der Leiche antreffen.
! A. BepnAr, Beitrag zur Ischuria neonatorum, Zeitschrift der K.K. Gesellschaft
der Ärzte zu Wien, 3. Jahrgang, 2. Bd. S.279, Wien 1847, macht auf die Bedeutung
der neben dem Trigonum befindlichen Rinnen, welche den von mir beschriebenen
»Plana paratrigonalia« entsprechen, für die Harnentleerung aufmerksam. Diese Bil-
dungen als »Rinnen« zu beschreiben, wenn man ihre Bedeutung für die Entleerung
der Blase hervorheben will, dürfte nieht passen, denn erst bei entleerter Blase
treten sie als Rinnen auf.
Warpever: Das Trigonum vesicae. 749
Tafelerklärung.
Fig. ı. Mensch, %. d=Uvula vesicae, e”’ =schmaler Theil des Tri-
gonum, e”"= breiter Theil des Trigonum mit flacher Vertiefung, f= Harn-
leiterwulst mit Ureteröffnung, g’=Ineisura trigoni, g’ = Fossa retroureterica,
o=Orifieium urethrae internum, pl=Planum paratrigonale.
Kig.2. Hund, & a= Crista urethralis anterior, 5b = Collieulus seminalis,
:=(rista urethralis posterior, d= Uvula vesieae, e'= Pliea lateralis trigoni,
f= Harnleiterwulst mit Ureteröffnung, p= Prostata. j
Fig. 3. Kalb, #. a= Crista urethralis anterior (Pars proximalis),
a', a’ = Frenula collieuli seminalis, a” = Crista urethralis anterior (Pars distalis),
b = Colliculus seminalis, 5’ = Pars prostatica urethrae, ce = Crista urethralis
posterior, d= Uvula vesicae, e= Trigonum vesicae, /= Harnleiterwulst mit
Ureteröffnung, g= Ineisura trigoni.
Fig.4. Schwein, *. a= Crista urethralis anterior, d = Collieulus semi-
nalis, c= Crista urethralis posterior, f= Harnleiterwulst mit Ureteröffnung,
= Urethralöffnung mit langer Rinne, f" = seitliche Öffnungsfalte, f" = mittlere
Öffnungsfalte, g9= Ineisura trigoni.
Fig. 5. Medianschnitt einer in Alkohol und Formol erhärteten mensch-
lichen () Harnblase. Bezeichnungen an der Figur; vergl. den Text. — Säinmt-
liche Figuren sind von Dr. Fronsz "gezeichnet.
Ausgegeben am 15. Juli.
\ Blake, sale u
a, wi NR
Rare ran: De re sehen
ee UASEN
Kor age
Ming ur h N HR
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Ma |) re Bun:
$ BU LE Hs, AR AN Bin
Sitzungsber d. Berl. Akad. d. Wiss. 1897.
De GEREEE —
Taf X
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Schwein ,;s
Fossaretrouret Harnleitermulst ring£ M.
Kalb,®
B.Laue ülh. Berkin.
Mensch Wedianschrutt.
Waldeyer: Das Irigonum vesicae.
nr
751
SITZUNGSBERICHTE 189.
DER xXXXV.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
8. Juli. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. Cosze legte den Bericht des Hrn. Ingenieur GIEBELER über
dessen Entdeckung der Wasserkammer der Druckleitung von Pergamon
vor, sowie eine Mittheilung des Hrn. WEBEr-Smyrna über die Wasser-
leitung bei Laodicea ad Lycum.
2. Hr. Erman legte eine Abhandlung des Hrn. Regierungs-Bau-
meister Lunpwıs Borcnarpr in Berlin vor: Über das Alter des Sphinx
bei Giseh.
Hr. BorcHArpr weist nach, dass der grosse Sphinx von Giseh erst der Zeit des
sogenannten »mittleren Reiches« (um 2000 v. Chr.) entstammt; zwischen seinen. Tatzen
stand ursprünglich ein Götterbild.
Über das Alter des Sphinx bei Giseh.
Von Lupwıs BoRCHARDT
in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. Erman.)
Der Frage nach der Entstehungszeit des grossen Sphinx bei Giseh
von einer anderen Richtung her näher zu treten, als dies bisher ge-
schehen ist, soll die Aufgabe der hier folgenden Untersuchung sein.
Die früheren Beurtheiler haben sich entweder durch die Erwähnung
des Namens des Chephren in der Sphinxstele Thutmosis’ IV.' leiten
lassen, oder sie haben irgend welche Ähnliehkeiten im Gesichtstypus des
Sphinx selbst zu sehen vermeint und sind so zu irgend welchen, unter
einander abweichenden Resultaten gekommen. Der erste Weg, der über
den Chephrennamen, ist mindestens unsicher zu nennen, da die eitirte
Inschrift in der betreffenden, von einer grossen Lücke umgebenen Stelle
von weiter nichts als von einem wohl sicher zu Chephren zu ergänzenden
Namen in Verbindung mit irgend einem Bilde spricht. Dass hiermit
etwa der Sphinx gemeint sei, ist nicht ersichtlich. Der zweite Weg, auf
dem man aus dem Gesichtstypus etwas herauszulesen vermeint, ist noch
unsicherer; das Gesicht ist so zerstört, dass man, wenn nicht etwa
andere Indieien hinzukommen, kaum etwas daraus schliessen kann.
Im Folgenden soll nun einmal der Versuch gemacht werden, aus
Einzelheiten der Tracht auf irgend eine Zeitansetzung zu kommen, denn
das scheint vorläufig für die Datirung aegyptischer Seulpturen noch der
einzig sichere Weg zu sein, da für die Behandlung solcher Fragen von
der rein stilistischen Seite aus bisher weder gesichtetes Material noch
ausreichende Vorarbeiten vorhanden sind. Wir müssen eben heute noch,
unter Hintansetzung aller stilistischen Beobachtungen über die Behand-
lung des Portraits, der Museulatur u. s. w., allein uns damit begnügen,
die vorliegende Untersuchung nur als Frage der Tracht zu erledigen,
sie auf etwas Augenfälliges, Greifbares — ich möchte sagen: Zahlen-
mässiges — zurückzuführen.
Das erste Kriterium solcher Art, von dem wir hier handeln wol-
len, sind die Schminkstreifen, welche sich an den äusseren Augen-
ı LD.III 68 Z. 13.
Borcnarvr: Über das Alter des Sphinx bei Giseh. 133
Der Sp hinx bei Giseh Nach einer Aufnahme von
S s Hru. Em Brussch.
Ansicht von Osten. 1883.
754 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. Juli.
winkeln des Sphinx in ganz flachem Relief und mit Spuren blauer
Farbe angegeben finden. Hierauf hätten wir das von Hrn. von Bıssıne
kürzlich gefundene Gesetz anzuwenden, dass Schminkstreifen im alten
Reiche unbekannt sind. Dass dem so ist, zeigt folgende Statistik,
die sich leider nur auf das Kairiner Museum erstreckt, aber durch
die aus anderen Sammlungen hinzukommenden Stücke wohl kaum mo-
difieirt werden dürfte'.
Das Kairiner Museum besitzt in seinen a. R.-Sälen und Magazinen
über 230 Statuen und Bruchstücke von solchen aus dem alten Reiche
mit Köpfen; bei keiner derselben zeigen sich die Schminkstreifen. Bei
dieser Zählung sind vorweg nicht mitgerechnet:
14 Königsstatuen, die, da sie die Namen alter Könige tragen,
in den Sälen des a. R. untergebracht sind, die aber aus
vielen Gründen, die zu erörtern hier zu weit führen würde,
keineswegs als Arbeiten aus so alter Zeit anzusehen sind;
ferner
(Nr. 289-311, Kat.1895, S.28, Saal ı ı, Schrank A) bemalte
Holzstatuetten aus Achmim und Lugsor, die sich wohl irr-
thümlich in den Sälen des alten Reiches finden, aber nicht
dem a. R. zuzurechnen sind, und
ı in Abydos gefundener Torso einer Königin (Nr. 255, Kat.
1895, S.15, Saal 3, Schrank B), von dem MARIETTE behauptet
(Kat. Mar. Nr. 516), dass dies vielleicht die älteste Seulptur
der aegyptischen Kunst sei, bei der der heutige Kunsthisto-
riker aber bei einer Datirung wohl nur zwischen ptole-
os
mäischer oder römischer Epoche schwanken dürfte.
Bei diesen Allen’ kommen die Schminkstreifen vor, und das mit
gutem Recht, denn alle diese Seulpturen gehören eben nicht in das
alte Reich.
Nur eine einzige Statue, die sicher aus älterer Zeit stammt, zeigt
bereits die Schminkstreifen; es ist dies die in Meir gefundene bemalte
Holzstatuette eines stehenden nackten Mädchens (Nr. 248, Kat. 1895,
Suppl. 2, Nr.13405, Saal 2), etwa einer Tänzerin, die mit den Sachen
aus dem Grabe des Pepy-n-önh-kem zusammen in derselben Vitrine
untergebracht ist, sich aber von den Arbeiten aus diesem Grabfunde
doch etwas unterscheidet, so dass die Möglichkeit nicht ausgeschlossen
! Die angegebenen Nummern der Kairiner Sammlung beziehen sich auf das
neubegonnene, noch nicht veröffentlichte Inventar der Sammlung. Wo ältere Nummern
an den Stücken vorhanden sind, sind dieselben miteitirt, um das Auffinden in den
käuflichen Katalogen zu erleichtern. Sind keine alten Nummern vorhanden, so ist
wenigstens die Saalnummer angegeben worden.
® Bei einigen der genannten Königsstatuen sind die Schminkstreifen nicht im
Relief angegeben. In der Statistik dürfen diese aber dennoch nicht mitgezählt werden.
Borcuarnr: Über das Alter des Sphinx bei Giseh. 755
wäre, dass sie nur irrthümlich zu diesem Grabfunde gezählt wird.
Sehen wir aber von dieser Möglichkeit ab, so haben wir in oder nach
der 6. Dynastie' das erste Auftreten der Scehminkstreifen”, also in der
Zeit, in der alle die durchgreifenden Veränderungen in Tracht und
Sitten vor sich gehen, die das m. R. vom alten scheiden, so dass
man eigentlich — in der Kunstgeschichte jedenfalls, vielleicht aber
auch in der politischen — das mittlere Reich mit der 6. Dynastie
beginnen könnte.
Was wir an den Statuen constatirten, zeigt sich auch an den Re-
liefs. Vor der 6. Dynastie lassen sich nirgends Schminkstreifen nach-
weisen, danach aber treten sie überall auf: da erscheinen sie an den
Wedät-Augen auf den Stelen, an den Särgen, in den Grabgemälden
und sogar an dem Zeichen > in der Schrift.
Eine einzige, scheinbare Ausnahme ist mir bekannt: Auf der Schein-
thür aus dem Grabe des Schery (Giseh, Kat.1895, Nr.ı3, Saal ı, aus
Saqgarah’) hat die eine der Frauen, wenn man genau zusieht, den
Schminkstrich am Auge, alle anderen Figuren zeigen ihn nicht. Schery
war zwar Priester der Könige Send und Per-jeb-sen der 2. Dynastie,
die Scheinthür giebt uns aber keinerlei Anzeichen, dass auch sie in
so alter Zeit entstanden sein müsste, sie erinnert vielmehr, namentlich
was den Stil der vertieften Hieroglyphen anlangt, mehr an Arbeiten
aus dem Ende des alten Reiches. Ich glaube daher, dass man bis zum
Nachweis des Gegentheils annehmen muss: die Schminkstreifen treten
— an Statuen jedenfalls — frühestens in der 6. Dynastie auf, werden
aber eigentlich im mittleren Reich erst allgemeiner.
Der grosse Sphinx hat nun deutliche Schminkstreifen, also fällt
seine Entstehungszeit in die Periode nach der 6. Dynastie.
Gab uns dieses Kriterium die untere Grenze der Zeitansetzung,
so finden wir die obere in der Ornamentirung des Kopftuchs, der so-
genannten Königshaube. Dieses vorn über der Stirn mit dem Uraeus,
dem Abzeichen der Könige, geschmückte Tuch liegt, durch ein glattes
Stirnband gehalten, vorn fest am Kopf an, umrahmt, zwei dreieckige
Flächen bildend, das Gesicht und fällt in zwei Lappen zu beiden Seiten
des Halses auf die Brust. Hinten ist es zusammengenommen und endet
in einen auf dem Rücken liegenden, gerippten, wohl als umwickelt
anzusehenden Zopf. Die Musterung, die dieses Tuch zeigt, ist in den
meisten Fällen die folgende: Die Brustlappen sind, wie hierunter (A)
! Der mit Pepy zusammengesetzte Name sagt nicht, dass sein Träger unter
oder kurz nach diesem Könige gelebt habe. Es finden sich z. B. mit Snofru zusammen-
gesetzte Personennamen noch sehr lange nach der Regierung dieses Königs.
®2 Dass diese mit der älteren Sitte, die Stellen unter den Augen grün zu färben,
nichts zu thun haben, braucht wohl kaum erwähnt zu werden,
® Siehe Masr., Hist.I p. 237.
756 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. Juli.
in Ansicht und Querschnitt angegeben, horizontal gefältelt, das den
Kopf bedeekende Stück hingegen in gleichmässige, abwechselnd ver-
tieft und erhaben gearbeitete Streifen zerlegt (s. Skizze B), die bei Sta-
tuen, deren Bema-
— — lung erhalten ist, in
wechselnden gelben
— und blauen Tönen
SS yusgeführt sind.
PEN ERINNERT Diese Königs-
haube war natürlich
I der: Mode .unterwor-
fen, und so können
wir, wenigstens an
den Statuen, verschiedene zeitlich unterschiedene Varietäten verfolgen.
In der 18. Dynastie, vielleicht schon etwas früher, kommt es auf, die
Brustlappen innen durch einen verticalen, glatten Saum einzufassen',
etwa mit der 19. Dynastie wird es üblich, die gleichmässige Streifen-
theilung des Obertheiles auch auf die Brustlappen unter Aufgabe der
ältelung auszudelinen” und gleichzeitig auch den sonst gerippten Zopf
in vertiefte und erhabene Horizontalstreifen zu zerlegen.
Der grosse Sphinx zu Giseh zeigt nun aber in seiner Königshaube
noch ein anderes Muster.
Die vertieft angegebenen Streifen derselben sind nämlich in Grup-
pen zu je 3 Streifen angeordnet, d.h. Je ein breiter liegt zwischen zwei
schmäleren Streifen.
Jeder breite Streifen
hat also seitlich je
einen schmalen Be-
gleitstreifen. Das
weicht von der son-
stigen Anordnung
mit stets gleich brei-
ten Streifen ab, und
wir müssen daher
untersuchen, wo und wann diese Anomalie noch vorkommt.
Die folgende Liste, in der Königsstatuen mit diesen gruppen-
weise auftretenden Streifen” aufgeführt sind, wird dies sofort zeigen.
! 2. B. Statue Har-em-heb’s neben Amon zu Turin und oft. Auch schon an den
Statuen des Sebekhotep in Paris (pe Rousz, Not. des mon., Nr. 16/17, p.15 fl.).
® 2.B. Kolossalbüste Ramses’ Il. zu London und oft.
3 ,Es ist immer nur von den Streifen des oberen Theiles und der Seitentheile
des Tuches die Rede, die .‚gleichmässige Fältelung der auf die Brust fallenden Lappen
kommt nicht in Betracht.
Borenarvr: Über das Alter des Sphinx bei Giseh. 757
Es sind dabei zwei Arten zu unterscheiden, solche mit ganz durch-
geführten Streifengruppen (Skizze €) und solehe mit nur durch ein-
fache Linien angedeuteten (Skizze D); beide Arten sind natürlich zu
demselben Typus gehörig, die zweite ist nur eine Abkürzung der ersten.
A. Im Museum zu Giseh konnte ich selbst Beobachtungen
machen:
1. Nr. 384 (Kat.1895, Nr.125, Saalı6). 'Torso einer Statue der
ı2. Dynastie von Merenptah-Hetep-her-maät usurpirt. Streifen der
Haube nach €.
2. Nr.385 (Kat.1895, Suppl. 4, Nr.1370, Saal ı6). Statue Amen-
emhet’s III. Streifen nach €.
3. Nr. 430 (Kat.1895, Nr. 226, Hof28). Statue der ı2. Dynastie!
von Ramses II. usurpirt. Streifen nach €.
4. Nr.432 (Kat.1895, Nr.196, Saal 26). Statue der ı2. Dynastie
von Ramses I. usurpirt. Streifen nach €.
5. Nr. 481 (Saal 63, Schrank A). Kopf mit Typus Amenem-
het’s III”. Streifen nach €.
6./7. Nr.482/3 (Saal 63, Schrank A). 2 Köpfe mit Typus Amenem-
het’s II. Streifen nach D.
B. Im Berliner Museum war Hr. ScnÄrer so freundlich, auf
meine Bitte die Originale und Abgüsse durchzusehen:
8. Nr.ıı2r (Ausf. Verz. S.71). Statue Amenemhet’s III. von Me-
renptah usurpirt und überarbeitet. Streifen nach ©. Die Streifen des
Schurzes zeigen dieselbe Anordnung.
9. Nr. 7264 (Ausf. Verz. S.24). Statue der 1ı2.Dynastie, von Ram-
ses II. und Merenptah usurpirt. Streifen nach €.
10. Nr. 11348 (Ausf. Verz. S. 58). Obertheil einer Statue mit Typus
Amenemhet’s IH. Streifen nach D.
ı1/12. G. 388/9 (Ausf. Verz. S.331) Abgüsse von Petersburger
Statuen Amenemhet’s II., bez. mit dessen Typus (s. GOLENISCHEFF im
Rec. 1893 Pl. ı-3). Streifen nach D.
C. In Paris, woher ich wiederum Hrn. ScnÄrer das Material ver-
danke, findet sich nur eine solehe Statue:
13. Nr. 23 (pe Rover, Notice des mon. p. 22). Sphinx der 12. Dy-
nastie von Apophis und später von Merenptah - Hetep-her-maät usurpirt.
Streifen nach €.
D. In London, wo Hr. Grirrıt# in liebenswürdigster Weise die
Durehsicht übernahm, scheinen im Museum keine Statuen vorhanden zu
sein, die hier als Beispiele dienen könnten.
! Bei 3 und .4 ist unter anderen Anzeichen als mittleres Reich-Kriterium die Ab-
rundung der vorderen horizontalen Kante des Sitzes anzusehen.
® Siehe GoLENISCHEFF im Rec. 1893 p. 131 ff.
758 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. Juli.
In England findet sich im Privatbesitz:
14. Kopf mit Typus Amenemhet’s III. in der Grenfell Colleetion
(Burlington fine arts Club, the art of ancient Egypt 1895. Photographie
Nr. 51). Streifen nach D.
15. Kopf mit Typus Amenemhet's II, Besitzer unbekannt (a. a. O.
Photographie Nr.43). Streifen nach D.
Von den übrigen Sammlungen habe ich die im Berliner Museum
aufbewahrten Photographien durchgesehen, aber keine weiteren Fälle
der in Rede stehenden Streifenanordnung gefunden.
Das Resultat dieser Zusammenstellung ist klar:
Die gruppirten Streifen an der Königshaube kommen nur unter
der ı2. Dynastie vor, vielleicht sogar nur unter Amenemhet III, denn
die genau datirten Stücke mit solcher Streifenanordnung sind alle aus
seiner Zeit, und bei den übrigen, nur allgemeiner als » 12. Dynastie«
datirten, ist es nie ausgeschlossen, dass es auch Bilder Amenemheöt’s II.
sein könnten. Für diese engere Begrenzung dieser Streifenmode nur
auf‘ die Zeit des dritten Amenemhet spricht auch noch der Umstand,
dass die Statuen Usertesen’s I. aus Lischt (Giseh, Nr. 411-420, Kat.
1895, Suppl. 3, Nr.1365, Saal 21) keine gruppirten, sondern gleich-
mässige Streifen haben. Will man nun die Zeit der Streifengruppen
nur auf Amenemhet III. beschränken oder nicht, jedenfalls ist sicher:
nach der ı2. Dynastie kommt diese Mode nicht mehr vor. Die Sta-
tuen der 13. Dynastie, Sebekhotep (Louvre, Abguss G ı, Ausf. Verz.
S. 332, Berlin) und Sebek-em-sä-f (Giseh, Nr. 386, Kat. 1895, Nr.128,
Saal 16) haben bereits die gleichgestreifte Königshaube.
Für die Datirung des Sphinx bei Giseh ziehen wir aus alledem
folgendes Faeit:
Da das Kopftuch des Sphinx die breiten Streifen mit den schmalen
Begleitstreifen hat, so kann der Sphinx sicher nicht nach der 12. Dy-
nastie entstanden sein.
Wir hätten also die Entstehungszeit des Sphinx in zwei Grenzen,
eine obere und eine untere, eingeschlossen.
Nach den Schminkstreifen ist sie 6. Dynastie oder später, nach
den Kopftuchstreifen vor Ende der ı2. Will man aber weniger vor-
sichtig sein, so kann man noch hinzufügen: vielleicht Zeit Amenem-
het’s II.
Für diese Datirung lässt sich noch manche nebensächliche That-
sache, auf die wir aber kein grosses Gewicht legen wollen, anführen:
Der Mangel einer Erwähnung des Sphinx im alten Reiche, so-
weit wir bis jetzt die Inschriften kennen.
Das Fehlen von Fundstücken aus dem alten Reiche in der näch-
sten Umgebung des Sphinx.
Borcuarpr: Über das Alter des Sphinx bei Giseh. 759
Das Vorkommen zweier senkrechter Schächte! auf dem Rücken
des Sphinx, deren einer in eine Grabkammer endete, in der Sarg-
bretter gefunden wurden. Hieraus kann auf das frühere Bestehen einer
Mastaba auf dem Rücken des Sphinx geschlossen werden.
Die ursprüngliche Bartlosigkeit” des Gesichts, ganz so wie Amen-
emhet III. meist dargestellt wird.
Das Auftreten eines Götterbildes vor der Brust zwischen den Pran-
ken, ganz so wie bei dem m. R.-Sphinx aus El Kab (Giseh, Nr. 391,
Kat. 1895, Nr. 139, Saal 16). Die Spuren dieses Götterbildes sind noch
deutlich als vortretendes Gesteinstück vor der Brust zu sehen.
Endlich könnte man bei einigem guten Willen sogar den Typus
Amenemhet’s III. aus dem Gesichte des Sphinx herauslesen. Aber wie
schon in der Einleitung gesagt, ist das bei dieser Verstümmelung ein
sehr fragwürdiges Argument.
Die Geschichte des Sphinx hätte man sich demnach in grossen
Umrissen, mit einigen Vermuthungen untermischt, etwa so vorzustellen:
Der Sphinx wurde vielleicht von Amenemhet II. unter Zerstörung
einer auf einem Hügel, dem jetzigen Rücken des Sphinx, stehenden
Mastaba aus dem Fels gehauen und theilweise aus Hausteinen aufge-
baut. Er stellte den König in Gestalt eines liegenden Löwen mit Men-
schenkopf — vor der Brust mit einem Götterbilde, etwa dem des Har-
machis oder des Chepra — dar. Als später das Denkmal in seinem
Haupttheile verschüttet war, liess es Thutmosis IV. zum ersten Male
wieder ausgraben. In der dieses Factum feiernden Stele tritt schon die
Vermischung der Bedeutung des Bildes des Sphinx selbst mit dem
Götterbilde vor seiner Brust zu Tage’. Vielleicht wurde damals der
! Siehe Marıerre im Athenaeum frangais 1855 p.392.
® Der Bart, den Perrıns hier fand (Operations III zwischen p.1o8 und 109),
ist ein aus Haustein aufgemauerter, nachträglich, etwa im neuen Reiche, hinzugefügter
geflochtener Götterbart, den der Sphinx erst erhielt, als man ihn aus einem Könige
in einen Gott umwandelte. Darauf, dass der Sphinx nur irrthümlich von den Aegyptern
als Bild des Harmachis angesehen wurde, machte mich Hr. Serne aufmerksam. Ur-
sprünglich ist ja jeder Sphinx nur der als Löwe dargestellte König.
® Der Ausdruck mm al (LD. 111 68 Z.7) könnte noch heissen: »Der
ge]
Sphinx mit dem Chepra«; auch bei der Stelle NDa 0 (a.a.0.Z.ı1) »es
0000
geht der Sand über mich weg« ist wohl nur das Götterbild vor der Brust gemeint,
da der Rücken und der Kopf des Sphinx wohl nie versandet waren, wenn aber (a. a. O.
E IN AMIN D 3 2 : :
Z.8) vom 1 »dem Schatten dieses grossen Gottes« die Rede ist, so
© IN wm i
kann man darin wohl kaum die dem Wortlaut nach immerhin mögliche Anspielung auf
einen König sehen — man müsste doch den Namen desselben erwarten; hier ist also
der Sphinx selbst sicher schon als Gott gedacht.
760 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 8. Juli.
geflochtene Götterbart dem Bilde zugefügt‘. In der 19. Dynastie muss
der Sphinx theilweise vom Sande befreit gewesen sein?
In späterer Zeit umschliesst man ihn mit einer hohen Backstein-
mauer°, um ihn gegen den Flugsand zu schützen. Von Osten führte
eine grosse Treppe’ herab zu der kleinen Capelle vor dem Götterbilde
vor der Brust.
Alle Schutzmaassregeln haben aber nicht viel genützt’. In diesem
Jahrhundert musste er daher schon wiederholt, zuletzt 1883, ausge-
graben werden, und dies wäre eigentlich heute schon wieder nöthig.
! Siehe die Abbildung LD. III 68.
2 Siehe die Stelen Ramses’ II. (Prrrıng-Vvse a.a. O. III gegenüber S.117).
3 Die Ostseite und Südosteeke derselben sind heute noch sichtbar, die Westseite
giebt Marmree an (Mastabas S. 551). Diese Mauer könnte auch schon im neuen
Reiche existirt haben, wenigstens lässt sich die Darstellung des Sphinx auf der Stele
Thutmosis’ IV. (LD. 111 68), wo der Sphinx anscheinend auf einem Gebäude liegend
abgebildet ist, nach den aegyptischen Gesetzen der Perspeetive auch so interpretiren,
dass die Sphinxfigur innerhalb des oben offenen Gebäudes, eben dieser Ziegelring-
mauer, sich befindet.
* Siehe Perrına-Vvse a. a. OÖ. Ill gegenüber S.ııo und 113.
5 Dass Herodot den Sphinx nicht erwähnt, liegt dennoch weniger an dieser
Versandung, da der Kopf doch nie ganz verschüttet gewesen sein kann, sondern wohl
mehr an der versteckten Lage. Man sieht den Sphinx nämlich nur von sehr wenigen
Punkten des Todtenfeldes, eigentlich sogar nur von seiner nächsten Umgebung aus.
Über die „Ordinationes“ im Papstbuch.
Von Apvour HArnNAcK.
(Vorgetragen am 17. Juni [s. oben S. 663].)
Ike dem Papstbuch steht am Schluss jeder Vita — unmittelbar vor den
letzten Notizen über (den Tod), den Ort (und Tag) des Begräbnisses
des Papstes und über die Dauer der Vacanz — eine Angabe über die
ÖOrdinationen, die der Betreffende vorgenommen hat. Das Grundschema
ist constant. Es lautet: »hie fecit ordinationes x per mens. Decemb.,
presbiteros y, diaconos z; episcopos per diversa loca n«. Bei der Vita 3
(Cletus), der Vita 31 (Marcellus) und bei einem Theil der Vitae 35-59
(Marcus bis Agapetus) sind die Worte »in urbe Roma« nach »ordi-
nationes« (in der Regel auch nach der nun folgenden Zahl, viermal
aber vor derselben) hinzugefügt. Sie drücken deutlich aus, was an
sich schon klar ist, dass die Presbyter und Diakonen, im Unterschied
von den »episcopi per diversa loca«, für den Dienst der stadtrömischen
Kirche geweiht wurden. Ausser dieser Abweichung vom Schema sind
bis nr.78 Vitalianus (ann.657-672) Variationen dadurch zu Stande ge-
kommen, dass I. ein paar Päpste ihrer kurzen Regierungszeit wegen
überhaupt nicht ordinirt haben oder nur Bischöfe oder nur Bischöfe
und Diakonen (bez. nur Bischöfe und Presbyter), und dass 2. einige
Päpste nieht nur im December, sondern auch im Februar (nr. 49. 51. 53)
oder überhaupt nicht im December, sondern im Februar und März
(nr. 56), bez. in Quadragesima et Sept. (nr. 61) ordinirt haben.
Dass das »episeopos per diversa loca n« (suppl. »feeit« oder »ordi-
navit«, cf. nr. 20. 55) selbständig neben »feeit ordinationes« steht und
ihm nicht untergeordnet ist, folgt aus der Stellung der Bischöfe nach
den Presbytern und Diakonen. Auch heisst es nr. 86 (Sergius): »hie
ordinavit per diversas provincias episcopos 97; fecit autem et ordina-
tiones 2 per mens. Mart., presb.ı8, diac.4«, vergl. nr.87 (Johannes VI):
»hie feeit ordinationem presbyt. et diac. unam, i.e. presb. 9, diae. 2;
fecit autem et per diversa loca episce. 15«'. Die Ordinationen der
! Vergl. auch nr.84 (Johannes V): »diutina infirmitate detentus ut etiam vix ordi-
nationes sacerdotum explere potuisset..... fecit autem epise. per div. loca 13«.
Sitzungsberichte 1897. 70
zusammen.
2 Betmus: hie feeit ordinat. (3 FK) per mens. Dee., epise. 3, presb. 10, diac. 7.
2. Linus: non » 2 re
3. Cletus: » ex praecepto beati Petri 25 presb. ordinavit in urbe Roma.
4. Clemens: » fecit ordinat. 2 per mens. Dee., presb. 10, diac. 2; episc. per diversa loca 15.
5. Anencletus: moon » 2 » u » Burg n » » 6
6. Evaristus: on » 3» » » a » » » » 15.
7. Alexander: on » } » » 6 Nas S » ir
8. Xystus I: non » ED DET A: » ni AR
9. Telesphorus: 4 » » 12 » $8et» » » 13.
ıo. Hyginus: ig » 3» » » ee » » Der
Tea Bus: » 5.» » ” 3 ro » » r2!
12. Anicetus: non 5 » » TOR BEA n » » ».09.
I3. Soter: » » 3 I » » Dr ii lo, » » al:
14. Eleutherus: non 3 » ) ST 2 5 » » » 15.
12. Victor: D » » 2 » » AU Er » or
762 Sitzung der phil. - hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
,
Bischöfe fanden also statt, so oft ein Bisthum erledigt war: bei den
feierlichen Ordinationen dagegen wurden nur Presbyter und Diakonen
für die Stadt Rom ordinirt!.
Damit sind wir bereits zur Deutung und Beurtheilung der Ein-
tragungen übergegangen. Es ist für dieselben bisher so gut wie nichts
geschehen. Hr. Ducnesne (Lib. Pontif. I p. CLIVf.) hat sich mit einigen
Bemerkungen begnügt:;: Andere, die verpflichtet gewesen wären, auf
diesen Bestandtheil des Papstbuchs einzugehen, haben ihn ganz bei
Seite gelassen. Erst Hr. Momnsex hat im Zusammenhang seiner neuen
Ausgabe des Liber Pontificalis den Verfasser auf das hier vorliegende
Problem aufmerksam gemacht und ihn zu nachstehender Untersuchung
angeregt.
Eine zusammenhängende begleitende Tradition, welche die Ordi-
nationen-Eintragungen des Papstbuchs erläutert, giebt es nicht, und
leider ist auch die Zahl einzelner Zeugnisse, die ein Licht auf sie
werfen, sehr spärlich. So ist man fast allein auf innere Erwägun-
gen angewiesen. Ich stelle zunächst alle Eintragungen bis Nicolaus I
! Nur ein einziges Mal (nr. 20 Anteros) findet sich der Ausdruck: »hic fecit
ordinationem unam, episcopum unum mens. Dee.«, obgleich keine Presbyter und
Diakonen von Anteros ordinirt sind. Allein nur die Handschriften der Classe BCDE
(Monunusex 11. III) bieten dies; AFK bieten einfach: »hie feeit unum episcopum«. Be-
merkenswerth ist auch die Voranstellung der Bischöfe bei Petrus und Linus naclı dem
jüngern Text. — Dass die Bischöfe zu allen Zeiten je nach Bedarf von den Päpsten
(in den Fastenzeiten) ordinirt bez. bestätigt wurden, ergiebt sich aus den Papstbriefen.
Die Ordination zum Bischof hat ja einen ganz anderen Charakter als die Priester-
und Diakonen-Weilhe. Unter den Briefen des Gelasius (Tirer p.379) findet sich ein
Schema für die Anzeige einer durch den Papst vollzogenen bischöflichen Ordination
bei dem Klerus, der Obrigkeit und der Gemeinde der betreffenden Stadt. Dieses
Schema ist in den liber diurnus 111, 9 übergegangen. Ausserdem besitzen wir (Tkıer,
p. 330) das Schreiben, in welchem Gelasius die Ordination des Bischofs von Brundisium
und die von diesem übernommenen Verpflichtungen der Gemeinde anzeigt.
Harsack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. 763
16. Zephyrinus: hie feeit ordinat. 4 per mens. Dec., presb. 14, diac. 7; epise. per diversa loca 13.
17. Callistus: von » Se seen » To D "si:
18. Urbanus: » » » 5» » » ee u » 28,
19. Pontianus: I) » 2 » » » Bd » » » 6.
20. Anteros: » » unmm episcopum in civitate Fundis Campaniae per mens. Dee.
[»hie feeit ordinat. 1, epise. r mens Dec.« Rec. II. II.]
21. Fabianus: » » ordinat. 5 per mens.Dec.. presb. 22, diac. 7; episc. per diversa loca rı.
22. Cornelius: eine Angabe fehlt [aber in FK: »feeit ordinationem r, presb. 8«].
23. Lucius: hie feeit ordinat. 2 per mens. Dec., presb. 4, diac. 4; epise. per diversa loca 7.
24. Stephanus: non D 2 » 110) In TER In » ulm:
25. Xystus II: von " 2u1 » » a » » 2.2.
26. Dionysius: » » » Zm% » » or OR » » >
27. Belıx TI: non „ De » » a » » „5.
28. Eutychianus: oo » De » » DR » ” 22 n:
29. Gaius: non » 4» » » NE mar An » » eh
30. Marcellinus: » » » 2» » » A um » » u
31. Marcellus: » ordinavit ».2ulets 7252 u » » ».2I.
32. Eusebius: » fecit ordinat. 2° permens.Dec, » I3 » 35 » » » 14.
33. Miltiades: on» » aa Er » DR 5 Te
34. Silvester: N u 6» » » De ro » „65.
35. Marcus: hie feeit ordinat. 2! per mens. Dec., presb. 25, diac. 6; episc. perdiversa loca 27.
36. Julius: DR 3 » » nee nn » » 0:
37. Liberius: we ezler » » we Tr ae » » » 19,
38. Felix II: DR: » en 3) „ » nu 20 en » » » IQ.
39. Damasus: non NIS » „ 30 ar None » » » 62.
40. Sirieius: ah te » gro » » De lo » » 132,
41. Anastasius I: nu n1,.ı9 » » n OBeSus E » 5 He TR
42. Innocentius I: non nalen » To ae » ”.54.
43. Zosimus: » » » ıt » » » Toren: en = ” pe
44- Bonifatius I: nr a le » al 2 nr » » 36.
45. Caelestinus: De" a a Se » » BE 2 Dr „ » 46.
46. Xystus III: non a Sn) ehr » Sn Pte a n » 52,
a7. LeoT: von An Mer » RE a he » » 185.
48. Hilarus: " » » 72 » „ ch oe © » » » 22.
49. Simplieius: hie feeit ord.! 3 per mens. Dec. et Febr., presb. 58, diac. 11; epise. per div.loca 88.
50. Eelix IIl: „on „ 20 » » 28 sa a mat.
51. Gelasius: nn es »E etlKehr:O Me 22: 0» 23 hal a En Eng:
52. Anastasius II: » » 2 ln » » » ur2,alkeine]; In Re nr6:
53. Symmachus: » » n„ 4!» » aEretiRebr.?.07 2.92 di1ac.m6o 0 all Rs onTinTe
54. Hormisdas: Bu El ne » “27, (keine; = cu oo:
55. Johannes I: » ordinavit episcopos per div. loca 15.
56. Felix IV: » feeit ord. 2! per mens. Febr. et Mart.°, presb. 55, diac. 4; » =, 1020:
57. Bonifatius Il: [keine Angabe].
58. Johannes II: hic feeit ordinat. r! per mens. Dee., presb. ı5, [keine]; » LH ZT.
59. Agapetus: » » » I [keine], diac.!4; » EU Are Pe tie:
! in urbe Roma. Im Folgenden ist überall die Zahl ı beigesetzt, wo die Handschriften, sei es auch die
der jüngeren Recension allein, die Worte »in urbe Roma« bieten.
?2 per mens. Decemb.
FR 3.
So FK, das Papstbuch Ree. I, II bietet »ordinationes in urbe Roma« ohne Ziffer.
5 fehlt in F(K).
% „et Mart.« fehlt in FK, in F auch der Februar.
3
4
70*
764
60. Silverius:
Sitzung der phil. -hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
hie feeit ordinat. ı per mens. Dec.. presb. 14, (diae. 5);! epise. per div. loca 18.
61. Vigilius: » » » 2» » » » 46 » 16; » wen > 8%
62. Pelagius I: » » » 2 » „ » 26 20095 » Du » 49.
63. Johannes 1: » » » 2 n » » 2 135 » a rn ». (678
64. Benedictusl:» » » © » „ ar 203% » Pi DR ». 21.
65. Pelagius II: » » » 2» v » „28 „8; » u » 48.
66. Gregorius 1: hie feeit ordinat. 2 (en) presb. 39 (diae. 5); epise. per div. loca 62.
67. Sabinianus: hie ecclesia de clero implevit; hie feeit epise. per diversa loca 26.
68. Bonifatius Ill: » feeit episcopos per diversa loca 21.
69. Bonifatius IV: » » ordinat. 2 per mens. Deec., diac. 8; episc. per diversa loca 36.
70. Deusdedit: De » 3 presb. 14, diac. 5; » » » » 29.
71. Bonifatius V: am » 2 per mens. Dec., presb.26, diac.4; episc. per div. loca 29.
72. Honorius: » » 3.(p.m.Dec.Rec-lll), » r30 nn, Te
73. Severinus: feeit autem episcopos per diversa loca 4.
74. Johannes IV: » » ordinat.2 per mens. Dec., presb. 18, diac. 5; episc. per div. locaıS.
75. Theodorus: hie feecit Dr » » en SA » oe
76. Martinus: feeit autem » 2 » » » 2 ae 8. win ER
77. Eugenius: » » » —; episcopos per diversa loca 21.
78. Vitalianus: » » » 4. presb. 22, diac. 1; episc. per diversa loca 97.
79. Adeodatus: fecit autem ordinat.ı per mens. Dec., presb. 14, diac.2; episc. per div. loca46.
80. Donus: » » » I ke rn, 2
81. Agatho: » » ET >»: I0. = 35 = nee
82. Leo Il: hie feeit » Ip.m.Jun.,die27?, » be a Pe 2) Dr
83. Benedictus Il: feecit autem episcopos per diversa loca 12.
84. Johannes V: qui sanetissimus vir diutina infirmitate detentus ut etiam vix ordinationes
sacerdotum explere potuisset.... Feeit autem episc. per div. loca 13.
85. Conon: fecit autem episc. per diversa loca 16.
86. Sergius: hie ordinavit Damianum archiepisc. s. ecelesiae Ravennatis; hie ordinavit
Bertoaldum Brittaniae archiepiscopum atqne Clementem in gentem Fri-
sonum; hie ordinavit per div. provincias episcopos 97; feeit autem et
ordinationes 2 per mens. Mart., presb. 18, diac. 4.
87. Johannes VI: hie feeit ordinationem presbyt. et diae.ı, i. e. presb. 9, diac. 2: feeit autem
et per diversa loca epise. 15.
88. Johannes VII: hie feeit epise. per diversa loca 19.
89. Sisinnius: fecit autem episcopum in insula Corsica unum,
90. Constantinus: hie fecit ordinationem ı, presb. 10, diac. 2; episc. per diversa loca 64.
91. Gregorius 1: » » ordinationes 5 [4 per mens. Sept. et unam mens. Junio], presb. 35,
diac. 4; episc. per div. loca 149 [150].
92. Gregorius 111: [hie feeit ordin. 3 per mens. Dec., presb. 24, diac. 3; epise. per div. loca 80].
93. Zacharias: [> » » .3.'» 5% ‚Mart., = 30% a5 ur Preiser
94. Stephanus I: qui » » I» » » » a » ©.» Pl[ı5].
95. Paulus: hie » w, 1 wi. Dec, - mrıT2.), a2 a
96. Stephanus III: 5 » » Sm As re
97. Hadrianus: qui» So: Mari, 0 DA > ey
98. Leo Ill: feeitautem » 3 » » » > 30, » 12, In Eurer
99. Stephanus IV: » » an Deck > Ko he ».» 25%
100. Paschalis: » » » 2 Dec.etMart‘, » ? BET» wo „2
101. Eugenius II: keine Eintragung.
»Diac. 5« steht
° Fehlt in K.
»
nur in Rec. III und K.
3 „Feeit enim ipse sanetissimus pontifex.«
%* „unam quidem per mens. Dec. et aliam per mens. Mart.«
102.
103.
104.
105.
106.
107.
Valentinus:
Gregorius IV:
Sergius I:
Teo IV:
Benedictus III:
Nicolaus:
Dass
die Formel
765
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch.
keine Eintragung.
fecit autem ordinationes 5 per mens. Mart. et Sept. seu Dec., presb.?, diae.?;
episc. per div. loca 185.
feeit autem ordinat.ı in mens. Mart., presb.8, diac. 3; epise. per div. loca 23.
» » » 21° Dee..et Mart., => 700, I» Ne: nf 103%
hie feeit » X persmens»sDecn 20 Om ok 700%
» » » Ta » Mart., » 7 » 45 » » » 65 2
den Gebräuchen der römischen Kirche ent-
sprochen haben muss, unterliegt keinem Zweifel und wird ausserdem
durch die Briefe des Gelasius bestätigt (cf. den Liber diurnus). Allen
Bischöfen wird eingeschärft, dass sie Ordinationen von Priestern und‘
Diakonen nicht ausser den bestimmten Zeiten und Tagen vorzunehmen
wagen sollen; diese sind die Sonnabende in den Quatemberfasten des
4., 7. und 10. Monats, ferner die Sonnabende am Anfang und am mitt-
leren Tage der grossen Fastenzeit (Gelas. ep. 14. 15. 16). In Rom aber
muss sich die Sitte eingebürgert haben, fast ausschliesslich am Sonn-
abend des Decemberfastens zu ordiniren'. Nach den nrr. 1-78 (Vita-
lianus) ist angeblich nur fünfmal von dieser Sitte abgewichen worden;
bei den späteren Päpsten sind die Abweichungen etwas häufiger. Hier-
aus folgt, dass man in Rom nur einmal im Jahr ordinirt hat, weil
man sich in der Regel an den Decembertermin hielt.
In Wahrheit aber waren, wie die Eintragungen ausweisen, die
Ördinationen in Rom bedeutend seltener; denn — wie es immer mit
der Zuverlässigkeit der Zahlen im einzelnen Fall stehen mag — wir
haben dem Papstbuch für die Zeit von 468-860 Glauben zu schenken,
wenn es den einzelnen Päpsten in der Regel ı-3 Ordinationen, nur
2 Päpsten je 4 und 2 Päpsten je 5 Ordinationen (Symmachus, Vita-
lianus, Gregor Il, Gregor IV) beilegt. Eine grosse Anzahl der Ordi-
nationen-Eintragungen innerhalb dieser 400 Jahre ist entweder gleich-
zeitig im strieten Sinn oder nahezu gleichzeitig oder muss doch auf
guter Überlieferung beruhen. Es ist daher schlechthin ausgeschlossen,
dass das Papstbuch nur 1-3 ÖOrdinationen notirt hat, wenn in Wahr-
heit jährlich so viele stattgefunden hätten. Ein einfaches Divisions-
exempel der Zahl der Ordinationen (ce. 90) in die Zahl der Jahre (468
bis 867) ergiebt, dass durchschnittlich alle 4 (bis 5) Jahre eine Ordi-
nation von Presbytern und Diakonen vollzogen worden ist.
Diese Thatsache erscheint auf den ersten Blick so auffallend,
dass man nicht geneigt sein wird, sie ruhig hinzunehmen. Jeden-
falls möchte man sie aus anderen Urkunden beglaubigt sehen. Eine
direete Beglaubigung vermag ich nicht zu geben; denn die Papstbriefe
sind über Ordinationen der stadtrömischen Kleriker sehr schweigsam;
aber doch darf man auf zwei Thatsachen hinweisen: In dem Brief
! Wie und wann es zu dieser Sitte gekommen ist, wissen wir nicht.
766 Sitzung der phil.-hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
an den römischen Diakon Corvinus vom 17. Januar 494 — der Brief
wird uns unten noch einmal beschäftigen — fordert Gelasius diesen
auf, sich zu Beginn der Fasten nach Rom zu begeben, um bei der
vorzunehmenden Ordination das Priesteramt zu erhalten (Florileg. Casin.I
p- 234; Ewarp, Neues Archiv V S.510, über die Datirung 1. c. S. 528).
Es handelte sich also um eine Feier, bei der mehrere zugleich zu
Priestern geweiht werden sollten. Ferner, nach dem Papstbuch hat Niko-
laus I (858-867) nur eine Ordination abgehalten und dabei 7 Priester
und 4 Diakonen geweiht. Nach der Unterschrift des Coneils vom
18. November 861 (vergl. Ducuzsse II p. 172) gab es damals nur drei
Diakonen in Rom. Nikolaus hat also bis zum November 861 in der That
noch nicht ordinirt. Er hat die Zahl der Diakonen bis auf 3 zu-
sammenschmelzen lassen und dann durch eine Ordination die Sieben-
zahl der Diakonen wiederhergestellt. Durch eine Ordination; denn
die Angabe des Papstbuchs ist nun sehr glaublich. Hat man es er-
tragen, dass die Zahl der Diakonen auf 3 sank, d.h. bei Erledigung
einer Stelle nicht sofort einen Nachfolger geweiht, so wird man auch
auf einmal die Vollzahl wiederhergestellt haben, und eben das be-
richtet das Papstbuch.
Die den Angaben des Papstbuchs zu Grunde liegende Praxis, dass
man in Rom nicht jede Presbyter- und Diakonenstelle sofort wieder
besetzte, sondern wartete, bis die Vacanzen zahlreicher waren, bestätigt
sich somit. Überschaut man die Zahl der Diakonenweihen, die der
einzelne Papst vorgenommen hat, und vergleicht sie mit der Zahl der
ÖOrdinationen, die einem jeden beigelegt werden, so ergiebt sich, dass
in der Regel bei einer Diakonenordination 3, seltener 2 Diakonen oder
mehr als 3 und ganz selten nur einer geweiht worden ist. In den
400 Jahren von 468-867 sind bei c. 90 Ordinationen freilich nur c.
230 Diakonen ordinirt worden, was durchschnittlich nicht ganz 3 Dia-
konenweihen für jede Ordination ergiebt; aber es lässt sich vermuthen,
dass die Päpste, die öfters ordinirt haben, bei manchen Ordinationen
nur Presbyter und gar keine Diakonen geweiht haben!. Was die Pres-
byter betrifft, so sind bei den c. go Ordinationen von 468-867 nicht
weniger als c. 950 geweiht worden, d. h. durchschnittlich jedesmal
! Von den 59 Päpsten von 468-867 haben 17 überhaupt keine Diakonen ge-
weiht. Nur zweimal ist je ein Diakon geweiht worden (von Vitalian und Benedict III)
und nur sechsmal je 2 von Gelasius, Adeodatus, Johannes VI, Constantinus, Stephanus II,
Paulus — man beachte, dass vor dem Jahre 672 nur Gelasius 2 Diakonen geweiht
hat, alle übrigen haben entweder gar keine oder mehrere geweiht. Hieraus folgt,
dass man vor der Mitte des 7. Jahrhunderts selten weniger als 3 Diakonen auf einmal
geweiht hat. Es werden mithin auch die Päpste, die mehrmals ordinirt haben, bei
manchen Ordinationen nur Presbyter ordinirt haben, Diakonen aber erst dann, wenn
mehrere Stellen erledigt waren.
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. 767
10-11 bei jeder Ordination. Als höchste Zahl finde ich e. 23 (Sym-
machus und Vigilius); es kommen aber auch ganz geringe Zahlen (6
bei Benediet III, 2 bei Stephanus II) vor. Augenscheinlich gab es hier
keine so feste Regel, wie bei den Diakonen. Sehr bemerkenswerth
ist aber der absolute Unterschied: in den Zahlen: in der ersten Hälfte
der Zeit zwischen 468 und 867 sind c. 644 Presbyter geweiht worden, in
der zweiten Hälfte aber nur halb so viele. Wie das zu erklären ist,
bleibt zunächst dunkel.
In Bezug auf die Diakonen sind wir in der glücklichen Lage, die
Zahl der Stellen zu kennen: es gab nur sieben. Wenn trotzdem aus
der Berechnung folgt, dass in den Jahren 468-867 durchschnittlich
nach 1% Jahren (13-24 Jahren) eine Stelle erledigt war, die mittlere
Amtszeit des Diakon also nur etwa 14x 7 =1ı2 Jahre betrug, so hat
natürlich in der Regel nicht der Tod die Lücken gerissen, sondern
die Diakonen wurden zu Presbytern — was sie übrigens nicht immer
wünschten, s. den Brief des Gelasius an den Bischof Vietor — oder
zu Bischöfen geweiht.
Die Zahl der Presbyter Roms kennen wir leider nicht sicher,
weil wir über das Verhältniss der Presbyter zu den Titelkirchen nicht
genau unterrichtet sind. Wir wissen aber, dass es in der Mitte des
3. Jahrhunderts zur Zeit des Bischofs Cornelius 46 Presbyter gab (Cor-
nelius bei Euseb., h. e. VI, 43), und dass zur Zeit, als das Papstbuch
edirt wurde, 25 tituli in Rom vorhanden waren (s. das Papstbuch unter
Marcellus und Ducnzsne z. d. St., vergl. auch die Angaben bei Cletus,
Urbanus und Hilarus). Diese Zahl der Titelkirchen ist wahrscheinlich
noch sehr lange constant geblieben, höchstens ist sie (zeitweilig?) um
e. 3 vermehrt worden. Aber sie giebt nicht die Zahl der Presbyter an
(nicht alle Presbyter waren Presbyter-Cardinales); vielmehr darf man
annehmen, dass diese der Regel nach mindestens so hoch gewesen ist,
wie sie uns von Cornelius überliefert ist. Ja, man wird noch über
diese Zahl hinausgehen müssen. Nach den Unterschriften des Coneils
von 499 (Monnsen, Cassiodori Senatoris Variae p. 410 ff.) ist es wahr-
scheinlich, dass der Regel nach 3 Presbyter an einer Kirche angestellt
waren, dass also, wenn das Collegium vollzählig war, c. 75-80 Pres-
byter zu ihm gehörten (im J. 499 waren es 74). Nothwendig aber
waren später 28 Priester, um an den vier Patriarchalkirchen Roms den
Hebdomaldienst zu leisten', dessen Einrichtung gewiss alt ist. Noth-
wendig werden früher für die ce. 25 Titel mindestens 25 Priester ge-
wesen sein.
Eine Berechnung nach den Angaben des Papstbuchs ergiebt nun,
dass durchschnittlich in der Zeit von 468-867 jährlich 2-3 Stellen
' S. Hınscaius, Kirchenrecht I S. 335.
768 Sitzung der phil.-hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
vacant wurden — in den ersten 200 Jahren etwas mehr als 3, in den
folgenden 200 etwas weniger als 2 (s. 0.). Beachtet man, dass zwar
die Mehrzahl der Presbyter im Amt gestorben, eine Minorität aber
theils removirt, theils promovirt worden ist, nimmt man demgemäss
für die ersten 200 Jahre e. 2,38 Todesfälle auf das Jahr, für die fol-
genden e. 1,3 an, so hat man, auch wenn man sich an die erste Zahl
hält, keinen Grund, die Zahl der römischen Presbyter anders als un-
gefähr auf 75 zu veranschlagen; denn eine Sterblichkeit von 3,7 Pro-
cent bei einer Altersclasse, wie wir sie für die römischen Presbyter
annehmen ıüssen, und im römischen Klima ist nicht auffallend!.
Auffallend ist umgekehrt die niedrige Sterblichkeit (1,3 Fälle = 1,7 Pro-
cent) für die Zeit von 668-867. Darf man nicht annehmen, ja ist
man nicht zu der Annahme gezwungen, dass etwa seit der Mitte
des 400Jjährigen Zeitraumes von 468-867 die Zahl der Presbyter
Roms auf die Hälfte redueirt worden ist, oder richtiger, dass bei den
feierlichen Ordinationen nunmehr nur die Ordinationen zu Cardinal-
presbytern, nicht aber die übrigen Priesterweihen gezählt worden
sind? Dann erklärt sich die Abnahme der Vacanzen um die Hälfte
auf die einfachste Weise. Dass aber irgend einmal in der Geschichte
der römischen Kirche ein Moment eingetreten ist, wo die Cardinal-
presbyter scharf von den gewöhnlichen Priestern geschieden worden
sind, ist ja unzweifelhaft.
Wie dem aber auch sein mag — bleiben wir bei der Zeit bis um
die Mitte des 7. Jahrhunderts, so ergiebt sich aus den Ziffern des
Papstbuchs mit Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der römischen Pres-
byter seit der Zeit der Titelkirchen ebenso constant geblieben ist
(um 75), wie die der Diakonen (7) seit der ältesten Zeit. Diese Beob-
achtung wird bestätigt durch die Wahrnehmung, dass bei keiner Or-
dination mehr als e. 23 Presbyter geweiht worden zu sein scheinen,
d.h. man liess, wie bei den Diakonen die Zahl nicht unter
die Hälfte, so bei den Presbytern nicht unter zwei Drittel
sinken. Zur Noth reichten freilich schon e.25 für die 25 Titelkirchen,
reichten später 28 für den Dienst an den vier Hauptkirchen aus.
Was das Verhältniss der Zahl der Ordinationen zu der Zahl der
Amtsjahre eines Papstes betrifft, so gewährt folgende Tabelle eine
Übersicht:
Simplieius 15 Jahre 3 Ordinationen.
Felix II 9» 2 >
Gelasius etwas über 4 2
! Ich habe mich an den Altersclassen - Sterblichkeitstabellen des deutschen Reichs
orientirt, aus denen natürlich für Rom im frühen Mittelalter nur mit grösster Vorsicht
geschlossen werden darf.
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. 769
Anastasius II nicht ganz 2 Jahre ı Ordination.
Symmachus 154 » 4 Ordinationen.
Hormisdas on ? „
Johannes 1 23 » keine »
Felix IV 4!/6» 2 » Die beiden Ordinatio-
Bonifatius Il 2» keine » \ nen ergänzen sich.
Johannes Il 24 » I »
Agapet L »
Silverius fast ı$ L »
Vigilius 1) N 2 »
Pelagius De: 2 5
Johannes Ill ig» 2 5
Benedictus 4 » I »
Pelagius ER 2
Gregor I KA 2 »
Sabinianus Te 5% keine »
Bonifatius III 3» keine »
Bonifatius IV 7» 2
Deusdedit 3 >» 3 »
Bonifatius V 6» P) »
Honorius a 3
Severinus Den keine »
Johannes IV fast 2 » 2(1)
Theodorus 6 » I n
Martinus über 4» 2
Eugenius fast 3 » keine »
Vitalianus 144 » 4
Die Tabelle zeigt, dass der Olympiaden-Zwischenraum zwischen den
Ordinationen die Regel bildet. Auffallend ist nur, dass Vigilius, Jo-
hannes Ill und Gregor I nur 2, Theodorus nur ı, dagegen Deusdedit und
Johannes IV innerhalb ihrer kurzen Regierungen 3 bez. 2 Ordinationen
gehalten haben. Allein die Zahlen bei Vigilius und Johannes Ill (46 Pres-
byter und 1ı6[!] Diakonen bei zwei Ordinationen, bez. 38 Presbyter und
ı3[!] Diakonen bei zwei Ordinationen) sind überhaupt sehr auffallend
(s.u.); die Zahlen bei Gregor I und Theodorus erklären sich vielleicht
daraus, dass während ihrer Regierungszeit nur 5 bez. 4 Diakonate zu
besetzen waren; räthselhaft bleiben die Zahlen bei Deusdedit und Jo-
hannes (doch überliefern K und III bei Johannes IV nur eine Ordi-
nation). Allein die übrigen 24 Fälle von 30 entsprechen der Regel,
dass in ec. 4 Jahren eine Ordination (in den 200 Jahren von Simplieius
bis Vitalian) abgehalten wurde, und auch in der Folgezeit bleibt diese
Regel bestehen — die Ordinationen werden nur noch etwas spärlicher;
aber die Stellen sind auch seltener erledigt gewesen.
Fragt man nun nach den Gründen, die es verursacht haben, dass die
Ordinationen durchschnittlich nur alle 4 Jahre stattfanden, so giebt die
oben mitgetheilte Beobachtung einen Fingerzeig, dass niemals (oder fast
niemals) mehr als 4 Diakonen und nicht mehr als e. 23 Presbyter bei
einer Ordination geweiht worden sind — anders ausgedrückt: die
770 Sitzung der phil.-hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
Kirchen-Maschine ertrug eine Abnahme des Klerus um die
Hälfte bez. um ein Drittel: sie muss noch immer ohne erheb-
liche Schwierigkeiten fungirt haben, wenn nur 3-4 Diakonen
und e.50 Presbyter vorhanden waren. Die Päpste hatten also in
Bezug auf die Besetzung der Stellen einen Spielraum, bis dieser niedrigste
Stand erreicht war'. Es ist nun wohl verständlich, dass sie erst eine
Reihe von Vacanzen abwarteten, bevor sie zu den Wiederbesetzungen
schritten. In einer grossen Verwaltung kann man oft ein Dutzend Stellen
auf einmal leichter besetzen, als drei oder vier. Es sind Rücksichten
aller Art zu nehmen, persönliche und sachliche; man lässt ein Bedürfniss
lieber unbefriedigt. wenn man nicht auch ein anderes, ihm correspon-
direndes oder antithetisches, zugleich zu befriedigen vermag. Auch
hielt man sich in der Regel an einen Ordinationstermin im Jahr, den
Decembertermin. Wie leicht konnte da ein Hemmniss eintreten, und
damit waren die Ordinationen um ein ganzes Jahr verschoben, und ihre
Zahl verdoppelte sich. Aber wenn solche und ähnliche Erwägungen
nicht ausreichen sollten, so mag man sich erinnern, dass es noch heute
in Rom so ist wie vor 1400 und vor 1000 Jahren. Auch heute besetzt
der Papst nicht jeden vacanten Cardinalsitz sofort, sondern wartet in
der Regel 3 Jahre und mehr, so dass die Zahl der Cardinäle sehr stark
zusammenschmilzt, und creirt dann wohl 6 und mehr Cardinäle auf
einmal. Dass aber die Zahl der römischen Presbyter und Diakonen
bis auf zwei Drittel bez. die Hälfte sank, war auch in dem Zeitraum
von 468-867 die Ausnahme. Die durchschnittliche Zahl der bei einer
Ordination geweihten Kleriker betrug ja c. 13, also etwa ein Fünftel
der Gesammtzahl.
Wir haben bisher vorausgesetzt, dass das Schema und auch die
ziffermässigen Grundzüge der Ordinationen-Eintragungen des Papst-
buchs für die Zeit 468-867 nicht auf freier Erfindung beruhen, son-
dern der Wirklichkeit entsprochen haben. Diese Voraussetzung hat
sich auch bei näherer Untersuchung der Zahlengruppen bestätigt: das
Bill vom Wechsel in den Ämtern, das sie gewähren, hat nichts Un-
glaubliches oder auch nur Auffallendes. Aber es erhebt sich nun die
Frage, welche Glaubwürdigkeit den einzelnen Eintragungen zukommt,
d. h. bei welchen Eintragungen wir auf ganz zuverlässigem Boden
stehen. Mit dieser Frage ist die andere enge verwandt, aus welchen
Quellen der Verfasser des Papstbuchs und seine Fortsetzer geschöpft
haben; denn dass mindestens einem Theil der Angaben Quellen zu
! In der Regel haben sie, wie die Tabelle zeigt, nicht gewartet, bis die Zahl
der Vacanzen so eross geworden war, sondern früher ordinirt.
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. rl
Grunde liegen, folgt aus der Zuverlässigkeit des Gesammtbildes in
seinen Hauptzügen.
Der Catalogus Liberianus bot keine Ordinationen -Eintragungen.
Schon desshalb und in Erwägung der fast totalen Unzuverlässigkeit
des Papstbuchs für die Papstleben bis Silvester sehen wir von den
34 ersten Eintragungen zunächst völlig ab. Aber auch die folgenden
14 Eintragungen (nr. 35—48, Mareus—Hilarus, 336-468) müssen wir
noch bei Seite lassen. Zwar entsprechen die Gesammtziffern (37 Or-
dinationen, 372 Presbyter, 131 Diakonen in ı32 Jahren: daher durch-
schnittlich 10 Presbyter und 3-4 Diakonen bei jeder Ordination) dem
oben gefundenen Ergebniss sehr wohl'; aber der Umstand erweckt Ver-
dacht, dass alle Ordinationen ohne Ausnahme (so auch nr. I-34) im
Monat December stattgefunden haben sollen und auch sonst alle indi-
viduellen Unterschiede fehlen. Wir beginnen daher erst bei nr. 49 und
betrachten zunächst die Gruppe von Simplieius—-Agapetus (nr. 49-59);
ann. 468-536).
Diese Gruppe hat den hohen Vorzug, dass jede Eintragung bis
auf eine (Felix III) eine Abweichung vom Schema aufweist. Simpliecius,
Gelasius und Symmachus haben auch im Februar ordinirt; Felix IV
überhaupt nicht im December, sondern nur im Februar und März; Ana-
stasius II, Hormisdas und Johannes II haben keine Diakonen geweiht,
sondern nur Presbyter, Agapetus hat umgekehrt wohl Diakonen ge-
weiht, aber keine Presbyter. Die Zahl der Ordinationen des Hormisdas
ist nicht angegeben, scheint dem Verfasser also unbekannt geblieben
zu sein; die beiden Päpste Johannes I und Bonifatius II, die nur kurz
regiert haben, haben überhaupt keine stadtrömischen Kleriker ordinirt,
der letztere nicht einmal Bischöfe. Diese unerfindlichen bunten That-
sachen tragen den Stempel der Wahrheit und müssen aus einer schrift-
lichen Quelle geflossen sein; denn mündlich kann dergleichen sich
nicht fortgepflanzt haben.
Aber wir besitzen sogar eine Urkunde, die die Zuverlässigkeit einer
der hier mitgetheilten Thatsachen in überraschender Weise bestätigt.
Gelasius schreibt in seinem Brief vom 17. Januar 494 an den stadt-
römischen Diakon Corvinus, er solle sich zum Beginn der Fasten
nach Rom begeben, um bei der vorzunehmenden Ordination das Priester-
amt zu erhalten. Nach diesem Brief soll also im Februar eine Ordi-
nation von Gelasius abgehalten werden. Nun — im ganzen Papstbuch
sind überhaupt nur 4 Februar-Ordinationen verzeichnet, eine unter
ihnen bei Gelasius! Damit ist die Zuverlässigkeit des Papstbuchs
! Nur die Zahl der Ordinationen selbst ist etwas höher (durchschnittlich bereits
alle 3% Jahr eine Ordination), und die Zahl der Diakonen ist etwas grösser als man
erwartet (doch siehe unten über die Zahl von 31 Diakonen bei Leo ]).
©
12 Sitzung der phil.-hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
für die Ordinationen des Gelasius und, wie man wohl annehmen darf,
auch für die beiden vorhergehenden und die nächstfolgenden, in ihrer
individuellen Haltung gleichartigen Eintragungen. schlagend erwiesen.
Bis zu Silverius exel. darf man unbedenklich die Zuverlässigkeit er-
strecken. Von da ab beginnt wieder eine Gruppe bis Gregor I (exel.),
die durch das einförmige »per mens. Decembr.« und durch so auf-
fallende Eintragungen, wie »5 Diakonen« bei einer Ordination (Sil-
verius), »1ı6 Diakonen« bei zwei Ordinationen, bedenklich erscheint.
Aber noch aus einer anderen Beobachtung ergiebt sich, dass zwischen
nr. 59 und 60 ein Einschnitt zu machen ist. Bis nr. 59 (Agapet) näm-
lich tragen viele Eintragungen den Zusatz »in urbe Roma«, von nr. 60
an (Silverius) hört dieser Zusatz auf. Das Zusammentreffen dieser
beiden Thatsachen, dass von nr. 60 an die Variationen des
Schemas aufhören, aber auch der Zusatz »in urbe Roma«
nicht mehr gefunden wird, beweist, dass hier eine schrift-
liche Quelle des Papstbuchs, welche die Ordinationen der
Päpste enthielt, abbricht, d.h. im Jahre 536'.
Aber zu den beiden, zeitlich genau zusammentreffenden Thatsachen
fügt sich noch eine dritte. In dem Brief Gregor's I an Secundinus,
»servus dei inelausus« (Vatie. Christ. 69 saec. X add. »Trigentinae [?]
urbis«) liest man (Epp. IX, n. 147 ed. Harrmans p. 142-149) Folgendes:
»De ordinationibus vero apostolicae sedis pontificum,
utrum post beatissimum Hormisdam aliqua [sie] sint addita, vestra
charitas requirit. sed usque ad Vigilii papae tempora expositas ordi-
nationes praesulum esse cognoscat. «
Leider lässt sich aus dem Context nichts zur Erläuterung dieser
Worte beibringen; denn sie stehen ganz unvermittelt im Brief. Du-
cHESNE möchte (I p. CLIV) die »ordinationes« nicht als Ordinationen
deuten, sondern als »une categorie de deerets pontificaux qui auraient
et© V’objet d’une publication speciale«. »On ne voit pas, en effet«,
fügt er hinzu, »s’il s’agissait des lettres pontificales en general ou de
leurs registres, pourquoi Gregoire aurait parl& d’une prolongation arre-
tee A Vigile. On a beaucoup de lettres et de fragments de registres
! Bereits im Eingang habe ich bemerkt, dass in dem Papstbuch — abgesehen
von den Vitae 3 und 31, s. darüber unten — der Zusatz »in urbe Roma« sich nur bei
den Vitae 35—59 findet. Allerdings bieten ihn FK überhaupt nicht (ausser F bei Sym-
machus), und die Recension I hat ihn unter den 23 Vitae [nr.55. 57 kommen nicht
in Betracht, da stadtrömische Kleriker von diesen Päpsten überhaupt nicht ordinirt
sind] sicher nur an 8 Stellen (36. 48. 49. 53. 54: 56. 58. 59), an ıı Stellen bietet sie
ihn nicht (37 —41. 44—46. 50—52), und an 4 Stellen ist die Sache zweifelhaft; aber
— wie er immer zu erklären sein mag — da er in den Recensionen I und Il in
nr. 53—59 constant ist und dann ebendort aufhört, wo auch die Variation des Schemas
aufhört, so darf man auf dieses Zusammentreffen den Finger legen.
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. 773
posterieurs A ce pape; me&me s’il s’agissait des ordinations, ce qui me
parait inadmissible, il n’y aurait pas eu lieu d’indiquer ce terme. «
Duchzsne’s Bedenken, ordinationes auf päpstliche Briefe und An-
ordnungen überhaupt zu beziehen, ist wohl berechtigt; denn die Päpste
zwischen Vigilius und Gregor I haben zahlreiche Anordnungen gegeben
und veröffentlicht; darüber konnte der Fragesteller schlechterdings nicht
im Zweifel sein. Aber die Annahme, man habe es hier mit einer be-
sonderen Classe von päpstlichen Deereten zu thun, ist doch höchst
bedenklich; denn was für Deerete sollen das sein, und warum trugen
sie den Namen »ordinationes«? »Ordinatio« im Sinne von »Regelung«,
besonders mit dem Zusatz »ecelesiasticae disciplinae«, ist seit dem
Muratorischen Fragment, besonders bei Angabe des Zwecks der Pastoral-
briefe, im kirchlichen Sprachgebrauch nicht selten zu finden. Aber dass
das Wort im Sinne von »constitutum« »deeretum« gebraucht worden
ist, ist bereits sprachlich eine schwierige Annahme, abgesehen davon,
dass es als Terminus technieus für eine bestimmte Ülasse päpstlicher
Erlasse ebensowenig nachweisbar ist wie diese selbst. Also erscheint
es geboten, das Wort in dem Sinn zu nehmen, den es im Plural im
kirchlichen Sprachgebrauch meines Wissens stets, jedenfalls in der
Regel hat: »Die Kleriker-Weihen«. Duchesse meint, diese Bedeutung
sei hier unannehmbar; allein Gründe hat er nicht angegeben, ausser
einem einzigen, dass doch auch Vigilius und seine Nachfolger bis Gregor I
Ordinationen vorgenommen haben. Von diesem Argument wird gleich
zu handeln sein. Zunächst sei die Stelle übersetzt:
» Wasaber die Ordinationen der Oberpriester des römischen
Stuhls betrifft, ob nach dem höchstseligen Hormisdas (noch) Eintra-
gungen! hinzugefügt worden sind, verlangt Eure Liebe zu wissen. Nun,
sie möge erfahren, dass bis zu den Zeiten des Papstes Vigilius die
Weihen der Vorsteher” veröffentlicht” worden sind.«
Hieraus ergiebt sich, dass es ein offieielles Verzeichniss der von den
Päpsten vorgenommenen Ordinationen bis Hormisdas gab (ann. 523) —
dieses war dem Secundinus bekannt —. welches aber noch bis zu den
Zeiten des Vigilius officiell fortgeführt und publieirt worden ist, dann
! So glaube ich das »aliqua« fassen zu müssen, wenn nicht ein Fehler oder
eine saloppe Ausdrucksweise anzunehmen ist.
®2 Darunter sind wohl die von den Päpsten vollzogenen Bischofs-Ördinationen
zu verstehen; denn für diese wird sich Secundinus interessirt haben (schwerlich für
die Weihen der stadtrömischen Kleriker); sie waren aber, wie eben die Eintragungen
des Papstbuchs lehren, zusammen mit den. Weihen der stadtrömischen Kleriker ver-
öffentlicht. Möglich ist es allerdings auch, dass »praesules« den Begriff »apostolicae
sedis pontifices« wieder aufnimmt und Gregor nicht »paparum« geschrieben hat, weil
er eben das Wort »papa« gebraucht hatte; Gelasius nennt die Kaiser »praesules nostri«.
® »Exponere« kann hier nicht anders als in dieser geläufigen Bedeutung gefasst
werden.
774 Sitzung der phil.-hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
aber nicht mehr. Die Zeiten des Vigilius beginnen im Jahre 537,
oder da er schon unter seinem Vorgänger Silverius, der nur ein Jahr
regiert hat, seine verhängnissvolle Rolle zu spielen begonnen hat, bereits
im Jahre 536'. Gerade bis zum Jahr 536 reicht aber (s. o.) der
Zusatz »in urbe Roma« im Papstbuch. Genau bis zu diesem
Jahre reichen auch die durch ihre Abweichungen vom Schema
ausgezeichneten Eintragungen, die von dem Gelasiusbrief
eine so treffliche Bestätigung empfangen.
Diese drei Thatsachen stützen einander. Es kann hiernach schwer-
lich ein Zweifel sein: das Papstbuch hat für die Zeit (von?) bis
Silverius und Vigilius (exel.) seine Ordinationen-Eintragun-
gen einer offieiellen (»exposita«) Urkunde entnommen, die
spätestens nach dem Tode des Hormisdas (5237) zum ersten
Male erschienen und bis 536 (Tod Agapet's) fortgeführt wor-
den ist. In der Gestalt, in der sie bis 523 reichte, kannte sie Seeun-
dinus; mit der Fortsetzung, in der sie die Papstregierungen bis Agapet,
dem letzten Papst vor den Zeiten des Vigilius, umfasste, kannten sie
der Verfasser des Papstbuchs und Gregor’. Der letztere sagt aber auch
ausdrücklich — was sich aus dem Papstbuch indireet ebenso ergiebt
(Fehlen des Zusatzes »in urbe Roma« seit 536; Aufhören der Ab-
weichungen vom Schema) —, dass die Publication seitdem nieht mehr
fortgesetzt worden ist. Damit ist auch das einzige Argument, welches
von Ducnesse gegen die Deutung von »ordinationes« als »Weihen«
(im Gregorbrief) angeführt worden ist, erledigt. Gewiss — auch die
Päpste von Vigilius ab bis Pelagius Il, dem Vorgänger Gregor's, haben
ordinirt; aber ihre Ordinationen sind nicht »expositae«, d.h. die Ver-
öffentlichungen derselben als Fortsetzung der »Ordinationes aposto-
licae sedis pontificum« sind nicht erfolgt.
Welche Bedeutung es für die Frage nach der Zeit der ersten Aus-
gabe des Papstbuchs hat. dass in ihm eine Urkunde vom Jahre 536
benutzt ist, mag hier auf sich beruhen. Wohl aber muss die andere
! Ich setze hier voraus, was freilich nicht das Nächstliegende zu sein scheint,
dass die »Zeiten des Vigilius« exclusive gemeint sind. Aber die Allgemeinheit des
Ausdrucks ist doch besonders verständlich bei der Annahme, dass Gregor, der bei
Beantwortung des Briefs schwerlich die Acten nachgeschlagen, die ihm im Gedächtniss
festhaftende Thatsache berichtet hat, dass seit den Wirren der vigilischen Zeit jene
Publieationen aufgehört haben. Nimmt man ihn streng beim Wort, so sind die ordi-
nationes des Silverius noch veröffentlicht worden; aber Silverius regierte nur ein Jahr
und fällt bereits in die Zeiten des Vigilius. Will man das nicht zugeben, so muss
man sich bescheiden bei der Einsicht, dass die Sache um ein Jahr nicht stimmt, d.h.
dass Gregor eine Liste kannte, in der noch Ördinationen des Silverius verzeich-
net waren.
® Gregor kannte die Liste vielleicht bis Silverius (s. die vorige Note), d.h. um
eine Papstregierung und’ein Jahr vorgerückt.
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. 719
Frage aufgeworfen werden, wie weit die Urkunde »Ordinationes aposto-
licae sedis pontifieum« hinaufging.
Leider lässt sich diese Frage, soweit ich sehe, nicht beantworten.
Keinem begründeten Zweifel unterliegt es, dass sie bis Simplieius hin-
aufging, bez. von 468 an glaubwürdig ist. Aber weiter aufwärts lässt
sich eine Grenze überhaupt nicht finden. Ich habe daran gedacht, die
Grenze zwischen Silvester und Marcus (nach nr. 34) zu ziehen auf Grund
der Thatsache, dass der Zusatz »in urbe Roma« hier beginnt! und
nr.59 aufhört. Aber ich habe mich aus dem Apparat der Ausgabe
des Hrn. Momnsen belehren lassen, dass die Annahme, jener Zusatz
gehöre der editio prior bez. ihrer Quelle an, kaum durchführbar ist.
Zwar ist auch die Annahme, dass die Worte lediglich aus Zufall, erst
spärlicher, später häufiger, hinzugefügt worden sind, von Schwierig-
keiten gedrückt — warum setzte man sie hinzu, da sie völlig entbehrlich
sind? warum setzte man sie nur zu einer bestimmten Gruppe hinzu?
erklärt sich die Weglassung nicht leichter als die nachträgliche Ein-
fügung? —, aber die handschriftliche Überlieferung spricht für diese
und nicht für jene.
Fehlt somit ein äusseres Kennzeichen, um hinter nr. 49 (Simplieius)
abzugrenzen, so ist bis auf Weiteres die Frage unbeantwortet zu lassen,
wo jene Quelle, die um das Jahr 536 endigt und mindestens bis 468
hinaufging, begonnen hat.
Damit ist auch die Frage der Glaubwürdigkeit der Ordinationen-
Eintragungen von nr. 34-48 (anno 314-468) ins Dunkle gerückt
(dass die Eintragungen nr. 1-33 ganz unglaubwürdig, weil nach einem
bestimmten Schema zurechtgemacht sind, wird unten gezeigt werden).
Zwar ist es an sich nicht unwahrscheinlich, dass von Julius, bez. schon
von Silvester an regelmässige Aufzeichnungen gemacht worden sind,
auch stimmen (s. 0.) die Verhältnisszahlen für die Zeit von 336-468
recht wohl zu denen von 465-536 (dort 37 Ordinationen in 132 Jahren,
hier e. 18 Ordinationen in 68 Jahren); aber es fehlt uns nicht nur jede
Möglichkeit der Controle hier, sondern auch die regelmässige Eintragung
»per mens. Decemb.« bis nr. 48 erweckt Verdacht. Nun könnten aller-
dings diese Worte sehr wohl dem Verf. des Papstbuchs und nicht der
Quelle angehören und damit wäre in nr. 35 die Quelle von einem
! Das Auftauchen dieses Zusatzes in nr. 3 und 31 (von nr. 6 ist abzusehen, da
er hier nicht neben »ordinationes«, sondern neben »tituli« steht und fast unentbehrlich
war) hängt wahrscheinlich nicht mit seinem Erscheinen in nr. 35—59 zusammen; denn
er steht dort nicht neben der Formel »hie feeit ordinationes«, da den beiden Päpsten
überhaupt keine solennen Ordinationen der Form nach beigelegt werden. Dazu kommt,
dass die ersten Eintragungen im Papstbuch auch sonst singulär sind und das »in urbe
Roma« bei Cletus den Leser an die 25 Titelkirchen erinnern sollte, also nicht über-
flüssig ist.
776 Sitzung der phil.-hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
groben Fehler entlastet (Mareus hat als Papst überhaupt keinen De-
cember erlebt); allein eine Angabe wie die, Leo I habe bei 4 Ordi-
nationen 31 Diakonen geweiht, ist unerträglich. Doch ist das die einzige
Stelle, die Bedenken erregt, während sonst Einwände nicht erhoben
werden können und die Art der Vertheilung der 37 Ordinationen auf
die 14 Papstregierungen überraschend verständig wäre, wenn sie ledig-
lich auf Erfindung beruhte. Man wird daher wohl annehmen dürfen,
dass der Verf. des Papstbuchs auch für diese Zeit nicht von jeglicher
Überlieferung verlassen war.
Dasselbe gilt von dem Abschnitt 536-590 (Silverius—Pelagius II,
nr. 60-65). Gregor I berichtet, dass in dieser Zeit »ordinationes non
sunt expositae«, und das bewahrheitet sich an den 6 Eintragungen.
Sie sind alle auf den Decembertermin gestellt, und Vigilius soll bei
2 Ordinationen 16 [A*® bietet 6, aber das ist belanglos], Johannes eben-
falls bei 2 Ordinationen 13 Diakonen ordinirt haben. Die letztere
Angabe ist zur Noth erträglich. die erstere nicht mehr. Wir glauben
hier die Feder desselben gedankenlosen Verfassers des Papstbuchs zu
erkennen, der Leo I bei 4 Ordinationen 31 Diakonen ordiniren lässt!.
Ganz ohne geschichtliche Unterlagen werden die Angaben über die
Ördinationen von 536-590 wohl nicht sein: aber das Maass ihrer Glaub-
würdigkeit lässt sich nicht feststellen.
Anders steht es aber mit den Eintragungen von Gregor I an.
Hier begegnet eine Ähnliche Mannigfaltigkeit wie in dem Abschnitt
468-536. Gregor I hat in Quadragesima und im Monat September
ordinirt, Leo II am 27. Juni, Sergius zweimal im März, Gregor II vier-
mal im September und einmal im Juni. Zacharias und Leo III drei-
mal im März, Stephanus II einmal im März, Hadrian zweimal im März,
Paschalis im December und März u. s. w. Aber auch in Bezug auf die
anderen Bestandtheile der Eintragungen finden sich nach Form und
Inhalt sehr mannigfaltige Abweichungen. Man darf daher mit Fug
annehmen. dass bald nach Gregor’s I Zeiten wieder officielle Aufzeich-
nungen über die Ordinationen gemacht worden sind, und dass der
Verfasser des Papstbuchs, bez. seine Fortsetzer diese benutzt haben.
Jedenfalls vermag ich nichts zu entdecken, was die wesentliche Glaub-
würdigkeit der Ordinationen-Eintragungen von Gregor I bis Nicolaus I
! Das darf als ein Argument für die Annahme verwerthet werden, dass die erste
Recension des Papstbuchs nicht schon vor die Mitte des 6. Jahrhnnderts, sondern erst
in das 7. gehört. Doch möchte ich kein Urtheil über diese Frage abgeben; denn an
sich hat die Erkenntniss der theilweisen Glaubwürdigkeit der Ordinationsliste und ihrer
Abfassungszeit mit der Frage der Abfassungszeit des Papstbuchs nichts gemein. Nur
das unterliegt keinem Zweifel, dass auch die Ordinationsliste die zeitgenössische Ent-
stehung des Papstbuchs von Gregor I an bezeugt.
Harnack: Über die »Ordinationes« im Papstbuch. 777
zu erschüttern vermöchte. Dass sich im einzelnen Fall Fehler ein-
geschlichen haben, muss natürlich offen bleiben.
Die Abschnitte von 468-536 und vom Anfang des 7. Jahrhunderts
im Papstbuch sind also in Bezug auf die Ordinationen glaubwürdig,
bez. ganz wesentlich glaubwürdig; die Abschnitte von 336-468 und
536 bis saec. VI. init. beruhen wahrscheinlich ebenfalls zum Theil auf
überliefertem Material, bieten aber im Einzelnen nicht dieselbe Gewähr
wie die erst genannten.
Ich hoffe gezeigt zu haben, dass die Ordinationen -Eintragungen
des Papstbuchs einen besonders werthvollen Bestandtheil dieses in
vieler Beziehung werthlosen — ja weniger als werthlosen — Werkes
bilden. Es lässt sich an die gewonnenen Ergebnisse noch manche
Folgerung knüpfen, durch welche die Geschichte der römischen Hier-
archie erhellt wird'; doch mögen weitere Untersuchungen aufgeschoben
sein, bis die hier vorgelegten Beobachtungen die Prüfung bestanden
haben’.
! Auf die Zahl der Bischofsordinationen wird die Aufmerksamkeit besonders zu
richten sein. Nach dem Papstbuch sind ordinirt worden in der Zeit von 336—401
(65 Jahre) 179 Bischöfe, 401-468 (67 Jahre) 403 Bischöfe, 468— 536 (68 Jahre) 435 Bi-
schöfe, 536 —604 (68 Jahre) 340 Bischöfe, 604—672 (68 Jahre) 439 Bischöfe, 672— 741
(69 Jahre) 559 Bischöfe. Dass die Zahl der ordinirten Bischöfe nicht lediglich von der
Grösse des Sprengels und dem natürlichen Abgang abhängig gewesen ist, geht bereits
aus dieser Übersicht hervor. Noch deutlicher wird diese Thatsache, wenn man die
Posten bei den einzelnen Bischöfen ins Auge fasst: Simplieius hat in 15 Jahren 88 Bi-
schöfe, Felix III, sein Nachfolger, in 9 Jahren nur 31, Gelasius aber, der nächste Papst,
in noch nicht 5 Jahren 67 Bischöfe ordinirt! Man vergleiche auch die Zahlen bei Dama-
sus, Innocentius I und Leo I mit denen ihrer nächsten Vorgänger und Nachfolger. Dass
sich die Bedeutung hervorragender Päpste auch in ihren Bischofs - Ordinationen spiegelt,
kann nicht verkannt werden; aber die Erklärung dieser Beobachtung ist nicht einfach.
Alles spricht dafür, dass die 34 ersten Ordinationen - Eintragungen ganz wesent-
lich auf freier Erfindung des ersten Verfassers des Papstbuchs beruhen. Über die 4
ersten Eintragungen hat bereits Duckesne (p. LXI, LXXI, CLIV) das Nöthige be-
merkt. Auch hat er schon darauf hingewiesen, dass Lucius und Xystus II den Monat
December als Päpste nur einmal erlebt haben, dass ihnen aber im Papstbuch zwei
December -Ordinationen beigelegt werden, ferner dass bei Eusebius eine (3) December-
Ordination verzeichnet wird — er hat aber keinen December als Papst erlebt —, end-
lich dass die Angabe, bez. das Schweigen bei Cornelius mit der beglaubigten Geschichte
streitet. Hierzu kommen noch andere wenig glaubliche Mittheilungen. Callistus soll
fünfmal im December ordinirt haben, d.h. jedes Jahr, u.s.w. Auffallend ist nur, dass der
Verfasser, der von Petrus an die Päpste auswärtige Bischöfe ordiniren lässt, in der Zahl
derselben sich eine Reserve auferlegt hat. Nur 278 Bischöfe sollen bis Silvester (exel.)
ordinirt worden sein in c. 272 Jahren. Der Verfasser hatte also, scheint es, ein Gefühl
dafür, dass er die Päpste bescheiden anfangen lassen müsse. Kein Papst hat bis Mar-
cellinus mehr als ı5 Bischöfe ordinirt; dem Silvester aber werden 65 zugebilligt. Eine
Spur geschichtlicher Erinnerung ist auch darin zu erkennen, dass dem Anteros, der
kaum 14 Monate regiert hat, keine Ordinationen von Presbytern und Diakonen bei-
gelegt werden, sondern nur die Ordination eines einzigen Bischofs. Aber wenn auch
für die Zeit bis Silvester dem Verfasser eine oder die andere geschichtliche Über-
lieferung zugänglich gewesen ist, so sind wir doch zur Zeit nicht mehr im Stande,
Sitzungsberichte 1897. 71
778 Sitzung der phil. -hist. Classe vom 8. Juli. — Mittheilung vom 17. Juni.
diese herauszuschälen. Auf eine frappante Beobachtung aber glaube ich hinweisen
zu müssen. Es scheint mir kaum bestritten werden zu können, dass in den Zah-
len der auswärtigen Bischofsordinationen von Eleutherus bis Euty-
chianus (nr. 14—28) die Zahlen der Amtsjahre der römischen Bischöfe
stecken, aber nicht überall die des Papstbuchs selbst — soweit wir nach
den Handschriften zu urtheilen vermögen —, sondern die einer verwandten,
zuverlässigeren, wenn auch nicht fehlerfreien Liste (man beachte übrigens
auch, dass von Petrus bis Silvester exel. 278 Bischöfe ordinirt worden sein sollen,
und dass dieser Zeitraum ec. 272 Jahre nach damaliger Rechnung umfasst; aber die Einzel-
posten bei nr. I-13; 29—33 stimmen nicht). Ich stelle die Zahlen des Papstbuchs mit
den Zahlen der berichtigten römischen Liste (s. meine Chronologie I, S. 726f.) zusammen;
Eleutherus regiert nach dem Papstbuch 15°/, Jahre (berichtigte Liste 15 Jahre); Ordinationen 15
An Zufall wird hier Niemand glauben wollen, da die Gesammtziffer stimmt und
auch die gute Hälfte der Einzelposten stimmen. Aus einer Liste der Amtsjahre dieser
Päpste hat sich der Verfasser des Papstbuchs, bez. bereits irgend ein Gewährsmann, die
Zahlen für die auswärtigen Ordinationen der Bischöfe von Eleutherus bis Eutyehianus
zurecht gemacht. Nimmt man an, dass diese Liste die Mitte hielt zwischen der Liste
des Papstbuchs und der wirklichen Liste, so stimmen die Einzelposten der Ordinationen
mit den Amtsjahren der betreffenden Päpste nur sechsmal nicht (wenn man voraussetzt,
dass die Zahlen bei Lucius und Sixtus umgestellt sind). Wer überschlägt, wie der
Verfasser des Papstbuchs mit den ihm überlieferten Amtsjahre-Zahlen der Päpste um-
gesprungen ist, wird die Abweichung in 6 Posten für sehr gering halten (dazu kommt,
dass die Ordinationen-Zahlen bei den drei Abweichungen, Victor -Zephyrin - Callist,
summirt genau so hoch ist, wie ihre Amtsjahre-Zahlen, nämlich 33). Wir gewinnen
also an dieser Stelle in die künstliche Mache des Papstbuchs (in Bezug auf die drei
ersten Jahrhunderte) einen deutlichen Einblick, der uns sonst nur selten zu Theil wird.
— Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass der Verfasser des Papstbuchs die Ein-
setzung der 7 Diakonen in Rom auf Petrus selbst, die der 25 Presbyter für die 25
Titelkirchen ebenfalls auf Petrus durch Vermittelung des Cletus zurückgeführt hat. Die
Eintragung bei Linus hält Ducnesne wohl mit Recht für eine spätere Interpolation.
Ausgegeben am 15. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsedruckerei.
Vietor » » » » 10! » » » 9-IO » » |
Zephyrinus » » » » 87/2 » » » 18-19 » 33 » 13033
Callistus » » » » 62/6 » » 5 N » s|
Urbanus » » » » » y 8 5 N 8
Pontianus » » » » » Su oe » 6
Anteros » » » » » » ı!/, Monate » I
Fabian » » » » » a! Jahre » II
Cornelius » » » » » » 21/4 » 5 ?
Lueius » » » » » » 3 >» » 7
Stephanus » » » » » » 3%), » n 3
Xystus Il » » » » » BT N - 2
Dionysius » » » » » » Syn » » 8
Felix » „ » » » 2, 1,5200 m n 5
Eutychianus » » » » » 811/12» » 9
Summe d. wirkl. Regierungsjahre 107 Summe d. beige-
» » angebl. » 107/S legten Ordinat. 108
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Ne)
SITZUNGSBERICHTE _ 189.
DER XXXVI
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
15. Juli. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
*]. Hr. Togrer las aus einer grösseren Arbeit über die Legende
des heiligen Julian in der schönen Litteratur die auf Mira pE
Anzscva und auf G. Fraugert bezüglichen Theile.
Das Stück des Erstern »el animal profeta« wurde in eingehender Inhaltsangabe
und theilweise in metrischer Übertragung vorgeführt, seine Abweichungen von der
Quellenschrift gekennzeichnet und auf ihre Motive und ihre Wirkung hin gewürdigt.
Dem S. Julien Fravgerr's wurde seine Stellung in der persönlichen Entwickelung des
Verfassers und im Verhältniss zu seinen übrigen Werken angewiesen.
2. Die philosophisch-historische Classe hat Hrn. Dr. Koran Prarn
hierselbst zu einer Ausgrabung der Königspfalz in Kirchheim im Elsass
1000 Mark, und der @. Reimer’schen Buchhandlung hierselbst zur Heraus-
gabe des 15. und 16. Hefts des V. Bandes von GerHarpT's » Etruskische
Spiegel« 360 Mark bewilligt.
fe) 2 =
Hr. JaArETUS STEENSTRUP in Kopenhagen, eorrespondirendes Mitglied
der physikalisch-mathematischen Classe, ist am 20. Juni verstorben.
Ausgegeben am 29. Juli.
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
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Sitzungsberichte 1897.
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SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER AXXVL.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
22. Juli. Sitzung der philosophisch --historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. Wartensaca las über die Quirinalien des Metellus
von Tegernsee.
Eine Handschrift des Klosters Admunt enthält die Quirinalien des Metellus von
Tegernsee nicht nur viel correcter als der Druck bei Canisius, sondern auch mit vielen
Zusätzen; 5 neue Oden werden daraus mitgetheilt. Manches spricht dafür, dass hier
eine neue Bearbeitung im Autograph des Verfassers vorliegt, und dass dazu auch der
den anderen Handschriften fehlende 6. Theil über die Übelthaten der Vögte gehört,
welcher bald nach ı159 verfasst ist, dessen Ende aber leider fehlt. Dieser Theil,
von welchem früher nur Auszüge bekannt waren, wird vollständig mitgetheilt.
*2. Hr. Harsack sprach über die jüngst entdeckten Sprüche
Jesu (B. P. GrenreLr und A. S. Hunt, AOTIA IHZOY, London 1897).
Er suchte zu zeigen, dass sie weder ein Bruchstück eines Evangeliums oder
einer Apophthegmen-Sammlung, sondern ein Excerpt aus einem Evangelium sind,
das wahrscheinlich mit dem Aegypter-Evangelium identisch ist. Dieses Evangelium
und die evangelische Schriftstellerei überhaupt erhalten durch den Papyrus, wenn
jene Identification richtig ist, eine sehr willkommene Beleuchtung.
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
782
Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee.
Von W. WATTENBACH.
Mi der Handschrift, welche mich zu der jetzt vorzulegenden Unter-
suchung veranlasst hat, bin ich auf meiner ersten wissenschaftlichen
Forschungsreise bekannt geworden, im Jahre 1847 im Kloster Admunt
in Steiermark. Die ansehnlichen handschriftlichen Schätze der öster-
reichischen Klöster, welche die einheimischen Gelehrten damals fast
ganz vernachlässigt hatten, waren von G. H. Prrrz für die ersten Bände
der Monumenta Germaniae benutzt, für die Folgezeit vorläufig durch-
gemustert, und mir wurde die Ausbeutung derselben für die zunächst
vorliegenden Aufgaben aufgetragen. Der Ertrag war nicht unbedeutend,
nicht minder wichtig aber war für mich persönlich, dass sich mir da-
durch ein Bliek erschloss in Verhältnisse und Zustände, die sich noch
eng dem Mittelalter anschlossen und von denen man auswärts keine
Vorstellung hatte. Da nun wenig später so grosse und tiefgreifende
Umwälzungen eintraten, ist es mir nieht ohne Nutzen erschienen, wenn
ich die damals erhaltenen Eindrücke festzuhalten versuche und sie bei
diesem Anlass, obwohl sie nur in sehr lockerer Verbindung mit dem
eigentlichen Gegenstande stehen, hier mittheile.
Das Kloster wird jetzt Admont genannt, aber nur einer fehler-
haften Etymologie von "ad montes zu Liebe. Die ältesten Formen sind
Ademundi und Agymund: sie bezeichnen die Mündung der Ache in
die Enns. Eher als "ad montes’ hätte man es "inter montes’ nennen
sollen, denn es liegt zwischen hohen Bergen, wo nach den Worten
des Chronisten nur nach oben der Blick frei ist, in einer fruchtbaren
Erweiterung des schönen Ennsthales nach der engen Strecke des Ge-
säuses, wo der eingeengte Fluss zwischen hohen und steilen Felswän-
den mit seinem Sausen einen oft ganz gewaltigen Lärm vollführt. Noch
war das Stift nicht leicht zugänglich; nach langer Fahrt im Postwagen
musste man noch einen hohen Bergrücken übersteigen, wenn man von
Bruck a. d. Mur kam. Um so mehr überraschte dann das ansehnliche
Stift mit seinen mehr als hundert Benedietinern und der schönen
Bibliothek, lauter litterarisch gebildete Männer, welche aus ihrer Mitte
die Gymnasien in Graz und Judenburg zu besetzen, den Präfeeten des
7 ” ID - EEE
WAartENnBAcH: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 183
Gymnasiums in Cilli zu stellen, im Kloster eine Hauslehranstalt für
ihre und des Stiftes St. Lambrecht junge Theologen zu unterhalten
und an 30 Pfarreien im Gebirge zu besetzen hatten, in armen 'T'hälern,
denen so die reichen Einkünfte des Stifts zu Gute kamen. Die Pfarrer
kamen häufig ins Stift und waren nicht, wie andere, der Gefahr der
Verbauerung ausgesetzt. Das waren die guten Folgen der durch Jo-
seph II. auferlegten Reformen. Man fand manche recht gelehrte Leute
in diesem und anderen Stiftern, nur freilich wenig Producetivität:; ein
Pfarrer klagte mir, dass man, wenn man etwas ausfände, es doch‘
nicht drucken lassen dürfe.
Noch war die Lage so, dass man sich freute, wenn ein Fremder
von draussen’ kam, was nicht häufig geschah. Doch hatten die Augs-
burger Allgemeine Zeitung und die Fliegenden Blätter Eingang gefunden
und wurden eifrig gelesen. Es war gerade der September, der Ferien-
monat, wo viele Capitularen von auswärts im Stift und die Lehrer nicht
beschäftigt waren; man blieb nach dem Abendessen beisammen bei
dem guten Luttenberger von ihren Weinbergen in Unter-Steier, und
mein guter Freund, der Dr. Prurıpp Pororscnsice, ein Schüler und Lands-
mann von MikrosıcH, freute sich, über sein geliebtes Sanskrit mit mir
reden zu können. Ich hatte anfangs versucht, auch Abends zu meinen
Handschriften zurückzukehren, fand aber bald, dass man das nicht
gerne sah.
Von confessioneller Abneigung war keine Rede; diese alten Stifter
standen in einem gewissen Gegensatz zu der strengeren Richtung der
Bischöfe. Man zeigte mir wohl die Lehrbücher protestantischer Her-
kunft, welche man vorzog, aber schon nicht mehr ohne Anfechtung:
die Admunter freuten sich, dass ihr Bischof ihnen doch noch den Besuch
der Schiessstatt erlaubte, wo sie gerne mit dem Landvolk verkehrten.
Viel erzählte man mir von den schönen Sommerfesten auf der
Kaiserau, einem 'ihrigen Schloss’ hoch oben im Gebirg, aber dafür war
es jetzt zu spät. Dagegen konnte ich nicht umhin, an einer Gamsjagd
theilzunehmen, obgleich sie nicht in den Kreis meiner Aufträge gehörte.
Das war nun freilich für mich ein sehr unerwartetes Schauspiel, fast der
ganze Convent rückte aus, über dem "kurzen Habit' der Jagdrock, so
dass man den Mönch gar nicht erkannte. Ich übernachtete bei einem
Pfarrer hoch oben im Gebirg, aber es regnete in Strömen. Auf den
Bergen war so viel Schnee gefallen, dass die Treiber nicht hinauf konnten.
So musste die Jagd aufgegeben werden, aber auf dem Sammelplatz war
doch der Anblick malerisch genug. Auf dem weiten Flur eines grossen
Bauerhofes loderte ein mächtiges Feuer, über dem ein grosser Kessel
brodelte. Umher standen in Gruppen die Mönche und einzelne Kavaliere
aus der Umgegend, Bauern und Treiber. Endlich erschien auch der
784 Sitzung der philosophisch historischen Classe vom 22. Juli.
Prälat, der ehrwürdige alte P. Benno Kerın, welcher das Stift nach tiefem
ökonomischem Verfall wieder aufgearbeitet hatte, und sprach das Morgen-
gebet. Dann wanderte ich durch das wunderbar malerische Gesäus zum
Stift zu meinen Handschriften, um später im Refeetorium wieder mit
dem ÜConvent zusammen zu treflen. Das war ein gewaltiger Saal mit
langer Tafel, an den Wänden kolossale vergoldete Bildsäulen der Stifter,
der s. Hemma, der Erzbischöfe Gebhard und Thiemo, von dem noch
alte Bildwerke, angeblich in von ihm erfundenem Steinguss, herrühren
sollten. Von dem Ertrag einer früheren Jagd, dem "Bock, den der Herr
Prälat geschossen‘, konnte ich noch speisen. Alles war noch viel harm-
loser als später, und es schien mir nicht, dass dieses äusserlich weniger
strenge und abgeschlossene Leben auf den Eifer für die ernstlichen Auf-
gaben des Berufes nachtheilig wirkte.
Wie hat sich das nun alles verändert! Eine Eisenbahn führt
durch das Thal, welches eine beliebte Sommerfrische der Wiener ge-
worden ist: im Sommer findet man jetzt schwer Unterkunft. Das
Kloster selbst muss sich gegen übermässigen Besuch absperren. Und
das altersgraue Gebäude selbst ist durch einen furchtbaren Brand zer-
stört worden, der am 27. April ıS65 von einem Blödsinnigen, einem
"Trottel‘, wie man da sagt, angelegt, die ganzen weitläuftigen Ge-
bäude in einer Sturmnacht zerstört hat: nur die Bibliothek hat mit
ihrem festen Gewölbe und dem Drahtgitter der Fenster standgehalten.
Die ökonomischen Verhältnisse haben dureh den Neubau sehr gelitten,
und sind ja ausserdem durch die Ablösungen ganz verändert. Die
alte herrschaftliche Stellung besteht nicht mehr.
Im Winter mag es noch jetzt einsam genug sein, und immer
bleibt noch der wunderbare Eindruck dieses litterarischen, wenn auch
freilich nur wenig wirksamen Mittelpunktes, mit seinen reichen Bil-
dungsmitteln, mitten im abgelegenen Gebirgsland. Es dient doch auch
das dazu, die ausserordentliche Bedeutung der grossen Klosterstiftun
gen des früheren Mittelalters zu würdigen, die ja gewöhnlich in ab-
gelegenem Wald und Gebirg angelegt wurden. Auch damals wurden,
wie noch jetzt, Bauernsöhne mit guten Anlagen für den Kirchendienst
gewonnen und ausgebildet. Der Abstand von der noch ganz illitte-
raten Bevölkerung war ein viel grösserer, der Eindruck der strengen
Klosterzucht, der glänzenden Gottesdienste ein sehr grosser. Die Wun-
derthaten der Schutzpatrone fanden allgemeinen Glauben, grosse Schaa-
ven von Wallfahrern füllten an den Festtagen den Klosterplatz. Schen-
kungen vergrösserten den Besitz, und mit dem Reichthum zogen Welt-
lust und Üppigkeit ein; die Mönche wurden vornehme Herren und
ritten mit dem Falken zur Jagd, ohne sich ferner mit Büchern abzu-
geben, und die Pilichten ihres Amtes gänzlich vergessend. Aber immer
Warrenpach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 785
trat dann auch von Zeit zu Zeit eine Reform ein, oft mit Härte und
Gewaltsamkeit durchgesetzt, und wieder war für längere Zeit der regel-
rechte Bestand des Klosters gesichert.
Von einem solchen Stift, von Tegernsee, berichtet auch die
Handschrift, welche ich damals beschrieben habe, die aber, worauf
E. Dümnter die Freundlichkeit hatte, mich aufmerksam zu machen,
niemand seitdem beachtet hat: nur meine Auszüge sind benutzt.
Bursıan beklagte (S. 495), dass es ihm leider nicht gelungen sei, wei-
tere Mittheilungen über diese Handschrift zu erlangen. Jetzt ist sie -
durch Dünnter’s gütige Vermittelung mit bereitwilligst gewährter Er-
laubniss des Herrn Prälaten hierher geschickt.
Das Kloster Tegernsee wurde schon im achten Jahrhundert von
den Brüdern Adalbert und Otkar begründet und reich ausgestattet;
sein Schutzpatron war der h. Quirinus, den sie vom Pabst Zacharias
erhalten und aus Rom geholt hatten. An diesen sowohl, wie an die
Personen der Stifter, knüpfte sich ein reicher Fabelbau; wir vermögen
nicht, das Dunkel über ihre Personen zu lichten. Mit der betreffenden
Litteratur aber hat sich L. vow Hrmemann eingehend beschäftigt'.
Das Kloster war sehr begütert und der Besitz wuchs durch Schen-
kungen, bis Herzog Arnulf in der Noth des Kampfes gegen die Ungarn
die Besitzungen dieses Klosters und der übrigen Stiftungen grössten-
theils zu Lehen gab. Es ist Arnulf ergangen, wie Karl Martell: die
Zeitgenossen empfanden die Nothwendigkeit solcher Maassregeln ; sie
empfanden, dass es besser sei, auf solche Weise auf Kosten, aber doch
auch zur Rettung der Kirche den Heerbann zu stärken, als den ganzen
Besitz in die Hände der Feinde gerathen zu lassen. So wenig, wie
gegen Karl Martell, hören wir von Zeitgenossen einen Tadel gegen
Herzog Arnulf, der vielmehr in seinem Lande den eifrigsten Anhalt
und Rückhalt fand. Später aber, als man schmerzlich empfand, dass
der alte Besitz nieht mehr dem Kloster gehörte, nannte man ihn ‘den
Bösen’ und erfand hässliche Fabeln über sein Ende.
Davon ist aber noch nichts zu lesen in dem ältesten Stück der
Tegernseer Litteratur”, welche noch den unbeschädigten Besitz vor-
aussetzt, und schon vor die Zeit des Herzogs Arnulf gesetzt werden
muss. Es kommt dazu, dass augenscheinlich erst später Wunder-
! Zur Kritik Tegerns. Geschichtsquellen. Neues Archiv XII, S.143—160. — Ich
verdanke ihm auch eine Abschrift der von Tu. MaveEr unvollständig herausgegebenen
Passio II von Heinrieus, welche M. noch ohne allen Grund Wernher von Tegernsee
zuschrieb.
?2 Passio I, abgedr. von Tu. Maver im Arch. f. Kunde Österr. Geschichtsg. III,
291— 303 (1849) nach einer Abschrift aus Cod. lat. Monae. 1036 =Teg. 1401. S. Rırzrer,
Sitzungsber. d. Münch. Akad. 1892, S.762, weist eine aus Passau stammende Hs. Cod.
lat. Monac. 16106 nach, welche die letzte Wundergeschichte noch nicht enthält,
756 Sitzung der philosophisch--historischen Classe vom 22. Juli.
geschichten aus dem neunten Jahrhundert hinzugefügt sind, von denen
die erste aus aufgelösten Hexametern besteht, die letzte aber, offenbar
wieder nachträglich angehängt, von dem Abt Mogilo (al. Megilo) in
der Mitte des neunten Jahrhunderts handelt, und vorzüglich von dessen
Freund und Zeitgenossen, dem Bischof Arn von Würzburg (855-893).
auf dessen eigene, an ihn gerichtete Worte der Berichterstatter sich
beruft.
In dieser Legende fehlen noch die Fabelgeschichten über Adal-
bert und Autcar, und die absurde Verherrlichung des Märtyrers Qui-
rinus, den man später zu einem Sohne des angeblich christlichen
Kaisers Philipp machte. Verbunden mit diesen Fabeln, die in Tegern-
see mündlich gewuchert haben mögen, und mit sehr zahlreichen neuen
Wundergeschichten vermehrt, bildet die Passio I die Grundlage des
berühmten Gedichtes des Mönchs Metellus, betitelt Quirinalia,
welches von nun an den Ausgangspunkt für die spätere Litteratur
bildet'.
Über diese Gediehtsammlung besitzen wir eine ausgezeichnete Unter-
suchung des Prof. Bursran’, und sie verdient durchaus eine solche
Ehre, weil sie ein überaus merkwürdiges Zeugniss gewährt von dem
Eifer, welcher damals den celassischen Studien gewidmet wurde, von
der Gewandtheit im lateinischen Ausdruck, welche man damals in den
Schulen erwerben konnte, und vor allen Dingen von der Kunst, sich
in den verschiedensten Metren mit Leichtigkeit zu bewegen, wenn
auch freilich nicht immer ohne grammatische Fehler und oft mit arger
Mishandlung der Sprache. Vorzüglich in Frankreich blühten diese
Studien, und Burssan (S. 514) glaubte nach zwei Stellen den Verfasser
für einen zugewanderten Burgunder erklären zu können. Glücklicher
Weise können wir dieser Annahme entgegentreten und Metellus als
unseren Landsmann in Anspruch nehmen. Er sagt nämlich an einer
Stelle der 18. Ode, welche in der Ausgabe fehlt:
! L. vox Heısemann S.150 vermisst die Quelle eines Satzes der Passio II von
Heinricus, allein er findet sich im Cod. Adm. in der 15. Ode:
Nempe ferunt dignum plaeito positum sibi signum,
Dum bello redeant,
Ut candens labarum revehat vietoria elarum,
Aut fuga det roseum.
Eminus ergo globum dum signum prodidit album,
Urbs avet ac patria.
Pontificem comitata u. s. w.
Freilich ist es zweifelhaft, ob er diese neue Bearbeitung gekannt hat.
?2 Beiträge zur Geschichte der classischen Studien im Mittelalter. Sitzungsber.
der philos.-philol. und histor. Cl. der K. Bair. Akad. d. Wiss. in München. III. 1873.
S. 473-518, vergl. S. 597.
Warrensach: Über die Quirinalien des Metelins von Tegernsee. 7187
Rite Dei eultum moremque tenendo venustum
Quem Gallico nos ordine Teutoniei sequimur.
Dann kommt die Klage über die Beraubung des Klosters durch Herzog
Arnulf, womit hier eine neue Ode beginnt.
Er war also ein grosser Bewunderer der zur Reform des Klosters
neu eingeführten gallischen Klosterzucht, wobei wir wohl an das Rhein-
land, an Lothringen zu denken haben, denn der Abt Hartwich, den er
ausdrücklich als den Reformator feiert', war ein Mönch von St. Maxi-
min gewesen und hatte von dort 978 das Mönchsleben in Tegernsee '
wieder eingeführt, nachdem längere Zeit hindurch nach dem Verlust
ihrer Güter Laien dort gehaust und eine sehr üble Wirthschaft ge-
trieben hatten, wie Kaiser Otto II. in dem Schutzbrief vom 10. Juni
979 berichtet”. Er gibt da eine kurze Geschichte des Klosters und
seiner Gründung, und es scheint ihm auch eine metrische Aufzeichnung
vorgelegt zu sein, da sich in der Urkunde der Pentameter findet:
Sordebant eanibus claustra sacrata domus.
Ein Deutscher also war Metellus nach seiner eigenen Angabe, aber
allerdings aus der Fremde gekommen nach seinen Worten Od. XIL, ır ff.:
Hospes introiveram
Amabilis saecram domum Quirini
Regiamque gratiae,
Salus frequens ubi datur petenti.
Conditoribus loci
Latus laris® sepulchra continebat.
Seiseitans docebar hie
Patrum beata gesta non tacenda.
Einheimisch war er also nicht, und er spricht auch von den Baiern
wie einer, der nicht zu ihnen gehört, wenn er im 6. Theil v. 93 sagt:
‘gens Norica dicet. Den einen der Stifter aber, Otkar, erklärt er für
den, augenscheinlich aus französischer Dichtung ihm bekannten Ossiger
(Ogier), Herzog von Burgund, und wenn er da von den Burgundern
sagt: 'Quem gens illa canens prisca vocat nune Osigerium', so erweckt
das nicht den Eindruck, dass er sich selbst zu den Burgundern rech-
nete. Auch RiEzLEer a.a.0. S.7Sı macht gegen französische Herkunft
die richtigen Formen deutscher Ortsnamen geltend. Seine Bildung wird
er auswärts erhalten haben: sehr möglich, ja wahrscheinlich, dass er
auch in Frankreich gewesen war. Seine ganze Bildung, vorzüglich
! Ihm ist (unten S.792) eine eigene Ode gewidmet; die wiederholten Reformen,
auch durch den Lütticher Seifrid, übergeht Metellus.
Mon. Germ. DD. II, 219. Natürlich liegen die vom Kloster vorgelegten Nach-
richten zu Grunde.
® D.h. der Seitengang des Gebäudes.
788 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
die Formgewandtheit, erinnert an seinen Zeitgenossen Rahewin in
Freising.
Denn vollkommen überzeugend hat Bursıan S. 497 ff. nachgewie-
sen, dass Metellus trotz einer widersprechenden Stelle, welche ebenso
auch in der Admunter Handschrift steht und wohl nur durch einen
Rechenfehler zu erklären ist', erst gegen die Mitte des 12. Jahrhunderts
gelebt und gedichtet hat, und L. vos Hemeuans hat ihm darin bei-
gestimmt.
Es ist sehr begreiflich, dass Bursray keine Mittheilung über die
Admunter Handschrift erhalten konnte, da zu einer solchen eine grofse
Arbeit nöthig gewesen wäre, zu welcher der Bibliothekar nieht im
Stande war. Aber zu bedauern ist es sehr, da nicht nur der Text
dadurch an unzähligen Stellen verbessert wird — Bursın’s Emen-
dationen werden fast überall bestätigt? —, sondern auch viele nicht
unwichtige Ergänzungen gegeben werden.
Dadurch werden wir nun zu der Frage geführt, wie sich diese
Handschriften zu einander verhalten. Alle übrigen Handschriften stim-
men im Wesentlichen mit dem Druck überein, und es lässt sich mit
ihrer Hülfe ein ganz correeter Text herstellen’. Die vielen Abweichun-
gen, und namentlich Zusätze, der Admunter Handschrift lassen sich
unmöglich so erklären, dass eine andere Abschrift, die Quelle aller
Übrigen, von einem nachlässigen und unachtsamen Schreiber gemacht
wäre; es spricht auch dagegen der Schlusssatz der Oden, welcher offen-
bar zu einem fertigen Werke gehört, während hier der Text weiter
geht. Es kommen auch kleine stilistische Änderungen vor, welche die
Hand des Verfassers selbst erkennen zu lassen scheinen. So ist in der
21.Ode durch 'eoxas’ statt 'nates’ der metrische Fehler verbessert. Na-
mentlich hat auch der Rubrieator, der wohl der Autor selbst war, sehr
correct geschrieben und gelegentlich kleine Fehler verbessert. Das alles
wird erst eine sehr wünschenswerthe neue Ausgabe in helles Licht
stellen; ich begnüge mich hier, ein Beispiel anzuführen aus der 39. Ode.
Die erste Strophe berichtet von der Wallfahrt zum Feste des Heiligen:
! Auch in der Ode VIII, 35 steht im Cod. Adm. "Quadringentenis’ und X, 65
“Trecenties’, beides in Übereinstimmung mit dem Metrum.
® Nur nicht Od. X (S. 477), wo 'vite Sorech merum’ zu verbessern ist. Auf
S. 597 bemerkt schon Bursıan, dass ‘sorech’ hebr. die Weinrebe bedeutet. In XVI, 67
ist "arcae’ ganz richtig und nicht nach S. 5ıı gegen das Metrum zu ändern. Auch ist
in dem ‘Immo’ Eel. III, 96 nicht nach S.487 eine Person zu suchen, da David (im
Druck häufig verkannt) das Subject ist. Ode XI, 35 (Burs. S. 515) ist nicht "Utiliter”
sondern 'Ut tradunt’ zu lesen; v. 56 'oceulunt'.
Varianten einer Hs. in Wilhering vom Jahre 1507, welche aus St. Emmeram
zu stammen scheint, hat OÖ. GritLENBERGER mitgetheilt in den Studien u. Mittheilungen
aus d. Benedietiner Orden VI, Heft 4. S. 9785—982. 1885.
> 6 0 B ei rc
WarrengacH: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 789
Plebs tuis, Quirine, festis
Aftluebat alacris,
Quam jocunda fovit aestas,
Dum sacram petit tumbam,
Januamque gratiarum
Quae patesceit omnibus.
Hier ist aber in der dritten Zeile das Wort jocunda” ausradiert und
dafür 'serena’ gesetzt, der metrische Fehler jedoch
kommen — nicht verbessert. Dann bemerkte aber Metellus, dass der
Zusammenhang mit der folgenden Erzählung nicht deutlich genug sei,
und schob folgende Strophe ein:
ein seltenes Vor-
Sed' carina stabat arvis,
Ingerenda gurgiti,
Quam peregerat novellam
Dives ac potentior
Civis, ut pateret Oenus”
Pervius meantibus.
Eine zugesetzte Strophe finden wir auch am Schluss der 25. Ode
über Heinrich U. Da heisst es:
Ipse pius rex,
Sceptra gubernans,
Iura Quirini,
A duce quondam
Rapta potenter,
Reddidit illi
Sponte redempta.
Über der dritten Zeile steht roth 'apud Uneholzingin’. Das war
ein altes Klostergut, welches Herzog Adalbero von Kärnten besass,
und welches durch Heinrich IH. wieder an das Kloster kam. Unter
Heinrich U. ist es weder als Ausstellungsort noch als Restitution nach-
weisbar, und Metellus scheint also hier einer irrthümlichen Nachricht
gefolgt zu sein.
Am Schlusse der gedruckten Oden fehlt die dort stehende Be-
merkung über die 60 Oden und Metra; dafür aber folgen noch 5 neue
Oden, welche wir hier mittheilen‘.
! Das roth zu schreibende S ist vergessen, es steht nur das Zeichen ;. Die Par-
tikel ist überall so geschrieben, ich glaube aber nicht, dass man deshalb 'set’ schrei-
ben muss, weil an anderen Handschriften doch auch ‘sed’ damit wechselt.
® Mit dem geschwänzten E.
3
Das gewöhnlich an richtiger Stelle gesetzte geschwänzte e ist durch ae wieder-
gegeben, und dieses auch gesetzt, wo gegen den sonstigen Gebrauch des Schreibers
ein e steht.
90 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
fo, De pane in votum misso, qui fraude reservatus et reportatus
in lapidem est mutatus.
Ode monocolos distrophos. Metrum jiambicum trimetrum
catalecticum endecasyllabum.
Translationis annuae frequentes
Dum plebium catervae festa densant,
Pauper fidelis offerenda misit
Tumba tua, Quirine, vota panis.
Quod munus infidelitas ferentis
Maligna subprimit Deo nee offert:
un
Reservat id viatico revertens:
Vindieta non reliquit acta fraudis.
Dat ex rapina martyr acta laudis,
:» Raptum Deo reis usum negabat.
Via reversionis exeunt
Et hora prandii monet eibari:
Panis reservati scelus reposcunt,
Ut hine eis refectio juvetur,
ss Quem protinus factum petram probarunt:
Cultro secandus artat hie acumen,
Non sectionis preferens notamen.
Perversitas confunditur frequenter,
Et hii suum dum pervident reatum,
»» Ex hoc Deo non deferunt honorem,
Sed indicem mali petram rejectam
In publiea linguunt via fugaces.
Eam fidelis atque nobilis vir,
Cujus fuit domus viae propinqua,
:s Agro suo levaverat repertam,
Et quamdiu suis frui volebat,
Hane pluribus monstraverat reservans.
Post seculo renuntians caduco
Et artiore se via Deo dans,
30 (restae rei verax manet relator,
In laude promptus martyris verendi,
Per secla cantiecis novis canendi.
Warrensacn: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. zo
De femina fideli que visione ignis coram sancto altari declarata est.
Ode monocolos distrophos. Metrum trochaicum ex septem trocheis
et sillaba; reeipit et spondeum.
Annua rursum die beati martyris sacra,
Norico qua creditus revolvitur sollempniter',
Plurimis de partibus gregata plebs advenerat,
Et locum templumque martyris turba repleverat.
s Plena teceta eonerepant, fremunt viae, strepit forum;
Defieit turmis solum, casis nemus struendis.
Exeunt intrantque perpetes templum frequentiae,
Vix fores utrisque perviae globos coanxiant.
Agminum vis invicem se comprimit perplexior,
ı» Efferens se defugit, sed invenit se denuo.
Quantus effluit tumultus, intluit par protinus,
Nec quies stratis die noetuve cedit interim.
fol.z4v. Hora vesperi Deo laudes ferebat debitas,
Clerus et chorus monasticus canunt sollemniter.
ıs Martyr interim silentis ora cordis audit;
Clarius monstrans precantis igneam fidem.
Omnium sub visibus devota venit femina,
Quae gradus scandens petebat aram martyris pii.
Cuius ore flamma clare viva visa progredi,
:» Inter os pedesque pervolat celer diutius.
Hine deorsum fertur, inde sursum coneite nimis.
Quod pater cenobii suis videns cum fratribus,
Estimabat inter aras hane euntem sedule
Öereorum forte tlammis ustulatam quolibet.
s Preeipit presentibus, currant eam restinguere,
Mox euntibus peracta transiit iam visio.
»
De energumino purgato ad tumbam virorum illustrium qui templum
cenobiumque martyris fundaverunt”.
Ode monoecolos pentastrofos. Metrum Gliconicum.
Templum martyris optimi, Et qui prefuerant ibi,
Juneto cenobii lare, s Sacra sunt positi domo.
Hii qui eondiderant viri Hos patronus amantior
2 16. Juni.
® Dieses Wunder ist in der Prosa des Mönches Heinrich (fälschlich Werner
genannt) theilweise mit denselben Worten erzählt.
192
De miraculo ad sepulchrum Hartwiei abbatis, qui loecum ordinemque
Ode monocolos exastrophos.
Ace virtute potentior
Signis celarificat piis,
(uorum nune canimus tria,
(Juae tradunt memores ibi
Amborum procerum cinis,
Quorum fundus erat locus,
Tumba elauditur unica:
Hane energuminus miser
Cum turba petit inscius.
Qui postquam tetigit pium
Actus demone bustum,
Hostis liquit eum ferus;
Sospes cum sociis redit
Paueis hac vice consciüs.
Portans dona revertitur,
30
35
Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
Altari quoque martyris
Cum dono prope sistitur.
Non hie, inquit, eram prius
Hostis nexibus erutus.
Quesitus' loca gratiae
Hoc templo sibi prestitae,
Direete tumulum petit,
Qui servat dominos loei,
Et munus posuit suum.
Hie sanabar, ait, prius,
Hie collata michi salus.
Mirantes stupor imbuit,
Et laudes referunt Deo,
Auctori medicaminis.
reparavit.
Ordinis monastiei
Executor impiger,
Qui sua valentia
Atque diligentia
s Suseitaverat locum
Post dueis tyrannidem,
Conditoribus loci
Adjacet propinquius,
Harduicus arduus.
ı Actibus” potentibus
Hujus eminens vigor
Sie patens refulserat.
Martyris die sacra,
Qua levatus est prius,
:s Visitando Teutones,
Multa turba venerat
Ac domum repleverat
Sie! active zu verstehen.
2 Actis Hs.
Metrum trochaieum dimetrum cataleeticum.
Insolenter irruens.
Archa vero lignea,
:»: Rite plana desuper,
Tecta sub tapetio,
Corpus obtegit patris
A deambulantibus,
Ne quis ossa dissipet.
25 Viderant diem sacram
.»s Comptulae juvenculae:
Nempe delieatule
Sede se remiserant,
Justus abba qua latet
3» Obtegente conditus.
Fallit arca nescias,
Dum sedere gestiunt,
Desident licentius.
Colloquendo laxius
un
°
Ode
un
Warrvessach: Über die Quirinalien
Verba stulta proferunt
Nee Dei timent domum.
Diseiplina protinus
Tale vindicat scelus:
Coneremantur ilico
Prorsus igne celico.
Vestis ardet omnium
Improbe sedentium.
Ardor acer affieit
Parte feminum reas,
Qua leves resederant
Ossibus super sacris.
Jam dolendo resciunt
Quo loco resederint.
Exilire ceperant,
Sevus ardor exeitat
‘
des Metellus von Tegernsee.
65
Fessa menbra primitus.
Rumor acta publieus
Nota feeit omnibus,
Laus nitet pii patris.
Justus ille denique,
Hoc honore proditus,
Civis ante Treveris,
Ex tua domo, sacer!
Maximine, prodüt
Tegriensibus pater,
Quo monastieus rigor
Imminente fortius
Institutus est vetus,
Per chorosque Noricos
Pulcher ordo Gallieus
Cepit esse latius.
De ossibus sub eripta repertis miraculo deelaratis.
dieolos distrophos.
lico et tribus trocheis.
Ignibus alta domus dum martyris hausta concrematur,
Et reparanda foret, eriptam placet ampliare tumbae.
Effoditur locus ultra seilicet ampliandus ede.
Est tumulus vetus inventus: pia continebat ossa,
Quae sine nomine personae placuit tamen reponi:
Candida, sed nivis instar, religione clausa digna,
Scire dabant, meriti causa reverenda se per aevum.
Propterea positis illis borealis ore templi
Sarcofagum pavimento celsius & petra coaptant.
Haee noviter mieuit signo preeiosa tumba tali:
Femina, lux oculis eui deperiit dolore longo,
Vidit herum veneranda se specie monere elarum,
Martyris ut peteret templum, tumulum requirat illie
Ex aquilone domus, votum quoque cerei det istuc.
Illa secuta boni promissa venit, locum revisit,
Visa sibi memorans dedueitur ad fidele bustum.
Sedula proeidit et pro lumine gratiam precatur,
Cerea dona cremat quae fecerat indices doloris.
ı
Darüber geschrieben: ö.
Metrum Archiloieum eonstans tetrametro buco-
794 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
Visibus' et kapiti flammans ibi eirculare lumen,
»» Luminis orat opem reddi sibi pristino vigore.
Explieita prece liventes oculos dolor reliquit,
Visus acumen habet, gaudensque domum redibat illa,
(Quae manibus prius est dedueta: Deum referte laudis odae,
Omnia qui facit in sanetis rite postulata.
Hierauf folgt fol.25v. ohne Überschrift:
Ingratus esse scriptor ipse non feram,
In me peracta martyris mira tacendo din.
Testis minus fidus probarer hine enim,
Audita quaeque proferens, visa silendo premens.
n
Dum cancer igneus leone pellitur”,
Vocante fratre prodii, post modicum redii.
Phebeia terras flamma pressit acrius,
Calor viantibus caput dum terebrat penetrat.
Reversus in febres acutas deeidi,
ı» Acerrimusque me gravem tum dolor obtinuit.
Terna die magis magisque decoquens,
Febris maligna ferbuit, viribus aucta suis.
Vires enim michi totas voraverat,
Extrema res periculi visa gerenda michi.
ıs Tandem subit spes obseerare martyrem,
Cujus morans cenobio, sie pede servieram,
Ut passio translatioque corporis
Ab urbe Roma, qua means Bajariam petit,
Meo stilo metri laudes receperit,
:» ÖOdaeque singulae sibi singula mira canant,
Quod non adhue carmen peregeram tamen.
Precabar ergo martyrem febre mei dubius,
Si perfiei melos suum disponeret,
Vatem suum resolveret febribus implieitum.
»; Et addidi munus rogans enixius. £
Sacrista supplicante me luminibus dat opem.
Paratur ambiens altare cereus
Tumbamque eirculans sacram; nocte crematur ea,
(Juae quarta dum foret michi iam languido,
ı Das V fehlt.
> Am ı8. Juli tritt die Sonne in das Sternbild des Löwen.
Warresgacn: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 795
> Sudor salubris occupat meque gravem relevat,
Vires reciprocas stupens receperam,
Fultus bacillo subrigente, sole parante diem,
Ad martyris eriptam gradum citans ago.
Qui nocte vix quieveram, fine doloris ovans.
s Missam canit dum presbiter maturior,
Sopore vincor, assidens margine mausolei,
Quod sustinet tumbam solotenus.
Sed luce gratiae suae cor miserum radians,
Pius pater refecit egrum suaviter.
s Sarcofagi basis sacri visa patere michi.
Passim fenestris semieircularibus
Clare nitebat intime lumine vivifico.
Foras scatebant rivuli translueidi,
Suis fenestris singuli per loca dividui.
s Ad solis ortum se ferunt meatibus,
Pertranseunt eriptam, fluunt deforis in populos,
Quos bruta plebs cum deterit viantium,
Jumenta seu trahens eos stercorat irreverens,
Retracta statim fonte vena conditur,
so Rivi stetere gratiae eriminibus populi.
Dehine simul se colligunt sarcofago,
Introque iam motum tenent lumine perspieui.
Haee sensibus dum contuebar intimis,
Iliditur versus michi more volans jaculi,
ss Quem feceram sacrum prius laudans locum:
Rivi fluunt hine gratiae martyre propicio.
Dieser letzte Vers steht in der Ode XVII. ı6. Der Verfasser er-
zählt hier also ein Wunder, das er selbst an seiner Person erfahren
hatte, noch bevor er sein grosses Gedicht vollendet hatte.
Hieran schliessen sich nun die Eklogen, wie im Druck, dann
aber der sechste Theil der Quirinalien. Es ist nämlich in der An-
ordnung der Oden einige Verschiedenheit, und ausserdem finden sich
Überschriften, vor der ı1. Ode 'Odarum pars secunda de translatione
beati Quirini, vor der 19.Ode "Tertia pars de miraculis beati Quirini.
Der vierte Theil ist nicht bezeichnet, als fünfter sind die Eklogen
zu betrachten.
Hierauf folgt nun der sechste, welchen Bursıay nicht demselben
Verfasser zuschreiben will, weil der Stil ein anderer sei: HEINEMANN
Sitzungsberichte 1897. 73
796 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. Juli.
(S.159) auch deshalb nicht, weil dieser Theil in Heinrich’s Passio II.
nicht, wie die früheren, benutzt ist.
Das ist richtig, ein gewisser Anklang aber doch vorhanden, und
daher vielleicht eine verlorene schriftliche Grundlage für beide anzu-
nehmen. An einer characteristischen Stelle bezeichnet unser Dichter
Konrad einfach als Erzbischof von Salzburg, während Heinrich ihn als
den älteren unterscheidet und also erst nach 1164 schrieb, wo Kon-
rad II. Erzbischof wurde. Auch führt er seine Erzählung weiter, aber
der unserigen fehlt der Schluss. Auch diese deutet jedoch auf das
neue Schisma von 1159, so dass ihre Abfassung zwischen 1159 und
1164 anzusetzen scheint.
Mir scheinen die äusserliche Gestalt der Handschrift, die ganz
gleichartigen kleinen Verbesserungen des Schreibers und Rubricators,
worin ich Metellus selbst zu erkennen glaube, gegen eine Verschieden-
heit der Verfasser ins Gewicht zu fallen. Der Vf. war auf den unseli-
gen Gedanken verfallen, die sittlich verkehrte Handlungsweise der
Schirmvögte dadurch zu kennzeichnen, dass er sie in leoninischen
Hexametern beschrieb, welche man auch rückwärts lesen kann; die
Reime sind jedoch, wie in den Eklogen, sehr ungenau und wechseln
auch ab mit Endreimen. Ohne Künstelei und allerlei Verkehrtheiten
der Sprache liess sich das nicht erreichen, und dadurch dürfte sich
die Verschiedenheit von den früheren Theilen leicht erklären lassen;
auch war der Dichter älter geworden. Aber ein grosses und schwie-
riges Kunststück war es ohne Zweifel. und es ist ein bedenklieher
Ausweg, einen zweiten, ähnlich begabten, geübten und vorgebildeten
Mönch in Tegernsee anzunehmen, wenn auch die derselben Zeit zu-
geschriebene rhythmische Dichtung de Antichristo auf lebhafte Studien
dieser Art in Tegernsee hinzuweisen scheint. Aber auch Metellus war
ja zu allerlei metrischen Experimenten geneigt.
Durchweg ist jedes Wort durch einen über demselben roth ge-
schriebenen Buchstaben bezeichnet, und die Abweichung von der ge-
wöhnlichen Folge zeigt die nothwendige Umstellung der Wörter an.
Ich werde nur diese anmerken.
Zunächst also folgt eine allgemeine Anklage gegen die trügeri-
schen Vögte, an einzelnen Stellen kaum verständlich, sonst deutlich
genug.
Sexta pars Quirinalium Periparacliton. sive de advocatis.
De iniquitate judieum et advocatorum.
Plectens' omnia morbis, olim languidus orbis,
Retro prepete se veteri fraudum serie fert,
! Die Initiale fehlt.
[X
Warrexsach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee.
»
au
30
Ut sors postima tandem fini debita verset,
Atque cadat retro fraus turpis defuga celo.
Sie etiam proceres, qui tutandas rapiunt res,
Retro cedere sueti, eurvant munia recti.
Nil poterunt justi, vendit jus gratia lueri,
Fas struitur nummo, pareit lex pervia nummo.
Fit reus ille, nichil feeit, sed non habuit nil.
Cur reus iste nichil patitur? quia non tribuit nil.
Aere pius latro, fur auspice defugit albo,
Res sunt denique eulpae pondus vel scelus omne.
Res hominis peccant, quo elausum vincula nectant,
Res sceleri mandant justum, rapto veniam dant.
Ut quadrifrons Janus venali judice fit res,
Pro libitu causam tractat res undique presens.
Sit gravior judex: ne cures, re geritur res,
Nee jam erimine dampnatur jus munere vendens.
Nune etenim' terra jus depulsum tenet ethra.
Nusquam libera sedes, gratis erimina ledes.
Quin etiam retinent diserimen judiciorum,
Lis dum munere certat judice, qui cupidus sit.
Ipse capit precium per partes discidiorum,
Quas graviter coemunt: spes omnes decipit horum,
Ut eupias demum, qui jJus, non jurgia, vendant,
Justiciamque tibi venalem comperiendam
Auro solveris, omni querens climate regni,
Vir melius quamquam causas quam erimina vendat,
Quae pariter longis e litibus exoriuntur,
Et variis ausis ac cedibus exacuuntur.
Preterea, tutores, vestros edere mores
Me gemitus pressarum cogunt ecelesiarum.
Commemorabo Quirini gesta, dabo sibi digna
Laudum carmina, declarando potentia signa,
Quis solet iste tyrannos tyro vincere magnos,
Cum spoliant plebem, seu comptam martyre sedem.
Eeelesiarum” res tutandi nomine raptant,
Et propriis saltem qui rebus parcere norant,
Rura sibi quae defensores eredita jactant,
Multiplicatis obsequiorum fraudibus artant,
(Juas vario passim velatas nomine tractant:
setenim Hs.
Hier, wie gewöhnlich, mit dem geschwänzten (diphthongischen) E.
-.%
iD
197
798 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
Fas dedit hie', jus det, mos istud, et illud amor fert.
Ista comes, judex, poscunt, haec officiales.
Haec equites tollunt et quilibet associales,
4 Seutiferorum cetus, raptor in omnia cecus,
Preco, vernula grex”, einiflonum plebs’, hominum fex.
Nos igitur factis primatum retrogradatis,
Vel propriis votis oblique seilieet actis,
Vel gravibus votis divino robore victis,
so Retro flexile‘ causas versu dieimus ipsas’,
Ut latebras caneri vestiget formula cancri.
1%
Die folgende Erzählung betrifft den Hof Waringou oder Worn-
gowe, welchen die Brüder Poppo und Piligrin von der Beraubung
dureh Herzog Arnulf her besassen und welchen Kaiser Heinrich II.
dem Kloster am 22. Mai 1009 wiedergab, s. Hırsc#, Jahrbücher unter
Heinrich I., Bd. II S.222. Diese Wundergeschichte erzählt auch Hein-
rich bei Maver S. 342, aber lange nicht so ausführlich. Er nennt
den Grafen Poppo als Vogt: ebenso wird der Vogt genannt, welcher
im Jahre 978 den Abt Hartwich einführte. Die charakteristische Ge-
schichte von den erpressten Ochsen hat er gar nicht: dagegen fehlen
hier die Namen. Beide stimmen darin überein, dass er bestrebt war,
die Abtei zu Lehen zu erhalten; vergl. vs. 84.
De advocato qui demone correptus villam pretorianam cum
appendiciis Ixx® mansuum reddere compulsus est.
Heros germinis ortum ducens stemmate comptum,
Jus tenuit sacrae tutari predia tumbae,
Qui ferus impietate tulit quam plurima late.
ss Nam spoliis populi bos ibat erebrior illi,
Qua pecudum captura carnes huic dabat hora’
Undelibet raptas, eivili erimine captas.
! Umzustellen: 'dedit hie fas’.
2 So vom Rubr. ausdrücklich durch die Interpunction verbunden. Auch unten
v. 67 ist grex weiblich.
‘ein. plebs’ bleibt bei der Umkehr.
* Seil. versu, also fehlerhaft statt 'flexili'.
‘die. ips.’ bleibt bei der Umkehr.
% Die Zahlen habe ich zugesetzt.
Umzukehren: "hora dabat carnes huic'.
Y . .. » m
Warrengach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 799
His epulis turgens, hine edes expetit amens,
Qua positus tumba presens martyr gerit alma.
6 Advenienti se gravis ultio martyris offert:
Necdum limina templi tangens tristia perfert.
Plenus demone pectus, heu quae jurgia questus,
Quin suamet cunctis clamabat erimina gratis.
Re nimium mira, mugitus pars dabat ima,
65 Uno seilicet acsi plures carcere clausi
E stabulis tauri mugirent gutture rauci,
Sie sonuit cavea grex multi demonis una,
Tam reboans jusum capto quam corpore sursum.
Qua videas plaga quoniam censet Deus aequa,
- (Juam sapiens justa compenset debita libra,
Quam patiens judex martyr sit erimine vindex.
Eece pius pater ipse scelus repetens tenuit jus:
Ille comes ferus ante reus pecudum rapuit plus,
Unde bubus parilis puduit miser et! patuit plus.
Sub manibus nutans astantum dueitur intus,
fol.a;v. Ad populis sacram quam tractus circuit aram’?.
Dum vieibus multis hie eireumdueitur amens,
Tandem reddita responsum dietis dederat mens,
Non rediens plene, sed sensu famina pandens,
so Ut saperent auri, fluerent aut rectius ori.
Cui penitus sibimet reddendo cum studium dent,
Consiliantur cari causas annichilari,
Quas voluit niti contra jJus nobile templi,
De manibus regni non eque” suscipiendi.
s; Illas protinus abjurans non scandala sanat,
Non adeo lesi sensus tune naufraga tranat,
Ut mox passio vexet captum, nee requiem det.
Tune iterum suadent quo predia publica donet,
Ipse dueis feudo* tenuit quae debita templo;
‘ Haec redibens sanctis restaurat perdita mentis.
Is locuples pagus sparsos per jugera mansus
Si releget, centum simul undenis°® vieibus sunt,
Quod decies septem mansus gens Norica dicet.
Dux tulerat terras Arnoldus pestifer istas,
Bei der Umkehrung bleibt "miser et’.
9 KO ” ’ . Fr
®2 “eireuit aram bleibt.
‘non eque’ bleibt bei der Umkehr.
Übergeschrieben 'vel dono'.
‘simul undenis’ bleibt.
Ss00 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. Juli.
ss Nisus scandere vi, non leetus eulmina regni,
Ac temerans veterum tune plurima cenobiorum!'.
Hine spoliis celi jam florent robora” secli,
Quae lacerant matrem, dum certant ponere patrem,
Non placitum matri, leetum vi Simonis atri”,
ıo Pro canonum parma cui rex synodo ciet arma.
Turbant intima, seindunt extera. Cur? siluit lex.
Miscent dissona, findunt consona: jus necuit fas.
O Deus omne pater seelum turbo rapit ater.
De veteri preda retinet martyr tamen illa
os Arva comes quae reddit, quem tum demone solvit,
Cogens verbere strietum templo reddere vicum,
Qui glomerans plebes nune est pretoria sedes.
Sie utinam multos direpto cespite fultos,
Alme Deus, raptas eompellas linquere terras!
1 Rus noviter seissum binis in curtibus ipsum,
Quod rediit signo, servit Jam foenore digno
Pro placito fratrum, qui servant carmine sanctum.
ll.
Die folgende Geschichte folgt ebenfalls bei Tm. Mayer S. 343, aber
nur ganz kurz. Der Thäter heisst da Heinrich, nicht Isanrich. Bernhard
von Grube war nach M. der Bruder des Sigboto, und kommt von 1070
bis 1102 als Vogt vor.
De Isanrico qui in porta curtis beati Quirini bovem ex banno
oblatum jugulans ipsa noete perüt.
Fit monasterio tutor post tempore pauco
Non equidem fervens, nec causas munere censens,
ss Non nimium durus, nee qui cupide tulerit jus,
Sed studio justi spernebat commoda lueri,
Et dederas nomen, Bernart, huie lenius omen.
Qui sceleri dandum nolebat tollere bannum,
Faustus conjuge clara, celso stemmate nata.
! Vergl. den ähnlichen Ausdruck Od. XVII, 41.
2 "ardua’ ist getilgt und 'robora’ darüber geschrieben.
3 Durch Simonie; die Worte '"Simonis atri’ bleiben bei der Umkehrung.
Warrensach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. s01
1:0 Stirps fuit hee comitis jam supra desipientis',
(Quem retuli pro se rem sacris restituisse”,
Dli erebrius atqui turbis complaeitanti,
Dum nichil it lucro, dieebat domna marito°:
(Juae redeunt causis e tantis commoda mensis?
1»; Hospes® ait: Bannos libeat cur eminitandos,
Quis generis forma vestri, pars heu tonet ima?
Porro proxima culpam pleetens eontio quandam
Juris judice bannum sanxit erimine dandum.
Ergo primitus hune dum’ preeipit aceipiendum,
ı;o Acceleratur res, profertur bucula florens,
Inde subit claustro, festis ut gaudeat ultro.
Nox patuit nati solis, laus virginitati‘.
Jam domibus proceres densant, per menia miles,
Armigerorum turmas mixto turbine versans,
::; Ibat plurimus et se miscens plebe satelles’,
Qui stupuit cetus mirandum quod referemus*.
Illaqueata subit bos atria cornibus illie,
Festae prebita mensae, solvens debita culpae.
Quo eolitur Nycolaus, curtis prior est aditu lar”.
:, Arcus sustinet hune, portas cui substituerunt,
(Jui monasterium fecerunt ceingere murum,
Clausit qui vice‘ castri quondam menia claustri.
Nune recidens portae veteris finem capit aede,
Sub qua vietima transit, quam feriens ibi stravit.
“s Causa sibi propriae mortis princeps coquus ipse,
Hane jugulans sola jactando robore plaga,
Seu tribui bannum gavisus carnificandum,
Ietu eonfieit auspice, bos venit haec prior inde,
Sed furia captus non aequos senserat actus,
ss Tota nocteque frustra balnea dum sibi plura
Mox facerent, toto nil pausat corpore foto,
Cui cerebrum tantum eredebant frigore tactum,
' Also des Poppo; vergl. v.126.
‘Sacris rest.’ bleibt.
® "domna marito’ desgleichen.
* Der Wirth, Hausherr.
° “hune dum’ bleibt unverändert.
w
In der Legende deutlicher als Weihnachtsabend bezeichnet.
‘ Umzukehren: 'Pl. sat. mise. et se’.
‘"Quod ref.” bleibt.
‘per portam, cui ecelesia S. Nicolai imminet’ Legende. Bei der Umkehrung
ist, zu lesen: 'Lar aditu prior est’. Lar bedeutet auch in den Oden das Haus.
% "qui vice’ bleibt bei der Umkehr.
502 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. Juli.
Unde ealor euratur aquae', qua” confoveatur.
Sed Dominum contra quid agat” ratio rogo nostra?
fo. 34 155 Quid studii nostri eoncertet Cunetipotenti?
Celo prodita non vaga' lex stat vindice plaga:
Terrae denique vires, judex celice, rides.
Vir moritur reus ille, Deus pius enitet idem’°:
Non spoliis inopum fert blande prandia ditum,
:6 Nee placitum monstrat martyr, quod erimine constat
Judieiali banno lueris exagitando.
Quam miseris durum diserimen judieiorum,
Quo minus et magnum faciunt par debita dampnum',
Creseit ubi judex precio, stant deterius” res.
ss Post alium nolens defensor sumere bannum,
Nee tulerat pridem per multum temporis illum,
Unde pius finis postremae condicionis,
Hune monachis jungi concessit limine templi.
IT.
Der folgende Abschnitt findet sich nicht bei Heinrich. Der Graf
Siboto wird von In. Maver als Graf von Neuburg an der Mangfall
bezeichnet, der, wie unten erzählt wird, im J.ı106 die Vogtei dem
Grafen Otto von Wolfratshausen übergeben musste; er war der Bruder
des vorher erwähnten Bernhard und des Abtes Udalschalk (1092-1102).
Von dem Ende des Untervogts Wolvold ist noch unten in V. die
Rede.
De advocato Sigbotone et ejus vicario Wolvoldo post mortem
demonum ludibriis tradito.
Singula turbans”, omnia captans, omnia predans,
io Singula tollens’, omnia fallens, omnia fraudans,
Fons laerimarum, erux miserorum, fax populorum”,
! "euratur aquae” bleibt.
2 ‘que’ Hs.
3 "quid agat’ bleibt.
* 'non vaga’ bleibt.
Ebenso 'en. idem'.
% Umgekehrt: 'D.d. p. f. m. minus et quo’.
‘st. det.’ bleibt.
Desgleichen.
Ebenso.
!% Hier bleiben je 2 Worte in ihrer Folge.
Warvengacn: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee.
Perfide sanctis, legis abusio', passio plebis,
Juris nomine raptor maxime, post date” tutor,
Tu nimium miserae detonsor Siboto terrae,
ıs Pastor ovilia cogis, te, lupe’, sanguine prodis,
Falso nomine tutor, factis dilaniator,
Alma prius tu jura lucellis® subposuisti,
Servieiorum pondera pressis imposuisti.
Ille tuus judex effulsit eriminis index,
:s Quem rapuit busto demon sub judice justo,
Quo stupida pupa lusisset, carne sepulta’,
Qua cupida larva ferus ante subegerat arva.
Nam luit ille palam® moriens, tu quae tuleras elam.
Clam memoro, non quin hee tolleret in manifesto',
:»; Nec sineret quiequam, sed juris sub tegumento",
Rem populi radens plebi predo sibi’ judex,
Lucrum nomine justiciae per’ competa poseit:
Pro nichilo pendit jus, de quo commoda non sint.
Nomen’ cui bene" das, ovium plus belua mordax,
9, Sie patria lingua deflexum preduce causa,
Ceu pecorum raptus ut curet'”, sit latro natus,
Ah populos carpens vir, tanguam fuseina carnes.
Hie prior hae terra tutoria tunc'” sibi jura.
Acer eondidit, ob quae nunc heu plebs gemit'* aeque.
9 Quaedam spernere gaudet, spes hoc Cesaris audet,
Qui vetuit seriptis quas fraus haec intulit istis,
15
Non tolerandas'” conditiones serviciorum,
Ordine judieiorum'" seissas legitimorum.
Desgleichen.
‘post date’ bleibt.
‘te Jupe’ ebenfalls.
Ebenso.
‘carne sep. bleibt.
Umzukehren: "luit ille palam nam’.
‘in m.’ bleibt.
Ebenso.
Desgleichen.
Wolvold.
‘cui bene’ bleibt. »
Ebenso.
Umzukehren: 'tutoria tune terra prior hac hie.
‘plebs gemit heu nunc ob quae'.
‘Non tol.’ bleibt.
Ebenso.
30
3
804 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
IV.
Hierauf folgt die merkwürdige Geschichte, welche ich schon in
Perrz’ Archiv X, 636 mitgetheilt habe, und im Neuen Archiv VI, 213
erläutert, nachdem A. JAEGER als den Ausstellungsort der von Hein-
rich IV. am 15. Mai 1097 für Georgenberg ausgestellten Urkunde Nuss-
dorf am Inn nachgewiesen hatte. Hierhin also hatte der Kaiser sein
‘prandium bestellt, welches durch die trügerische List des Kloster-
vogts ausblieb. Auf Siboto folgte 1106 als Vogt Graf Otto von Wolf-
ratshausen. So weit also stimmt alles sehr gut zusammen; bedenk-
lich aber ist, dass damals noch Udalschalk Abt war, auf den erst 1102
Aribo folgte. Wie es sich damit verhält, vermag ich nicht aufzuklären,
denn bei dem sonst möglichen Rückzug Heinrich’s V. aus Italien war
schon der Graf Otto Vogt.
De Arbone abbate et qualiter eum advocatus consilio nequam reum
Cesari fecerit irreparabili dampno loci.
Abbas prefuit Arbo, stridens limine cardo,
0 Dum gemitus populi capiens, fert commoda null.
Quo valuit nisu miseros hie fovit ab! ausu
Prememorato, censor ubi sua, vult sua” questor,
Qui sibimet legem sanxerunt rodere plebem.
Dat comitis mire fraus istum ÜCesaris irae,
:»s Uonsiliorum tegna, penis conficienda,
Qua dederat tandem tantam vis regia celadem,
Dum locus hie stabit quod eam non exsuperabit”.
Rex Latio rediens Heinrieus previa mittens
Summis nuntia elaustri, jussit prandia mitti,
so Per fluvii valles Eni quo fert via* calles,
Si eui Norica tellus post Latium petitur rus.
Mons ibi celsus honori te dat, magne Georgi’,
Illie Cesaris alis pausant agmina lassis.
Ipse prior sacrae rex offert martyris arae:
::s Huc reverens ordo proceres fert non sine® dono,
Re tenuis qui tune locus ipse, viget melior nunc,
Christi milite clarum quem flos miliciarum
Cum populis ambit sollers, quem munere comit.
‘“ausu fovit ab hie.’
® Umgekehrt: 'vult sua, censor ubi sua”.
° "Exsup. non quod eam, stabit locus hie dum’.
* ‘f. via quo valles Eni’.
5 “Magne G. te dat’.
‘non sine’ bleibt.
Warrensach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 805
Arta manet sedes, medicans hie queritur edes,
>:0 Tanti nomine sancti, si qui elade coacti',
Seu febribus tacti, spem poscant anxietati,
Quem titulum donis .abiens rex auxit et agris”.
Plaustris congrua mandans illue miserat abbas
Servieciorum xenia, sed tutor vafer illa
N}
n
un
Astu verterat acri,. suadens non ea tradi,
Ceu fuerit fallax de Cesare nuntia portans,
Quae melius noscens post mittat munera prudens.
His retinet verbis mens callida munia regis,
Tradit erimine vietum spreti prineipis istum’,
>> Grebro qui sibi' plebis causa nomine regis
Jus minitans questus interdum solverat ejus.
Sie graviter frustra prestolans non sibi missa,
fol.s4v. Rex nimium neglecta re motus, ferit acta,
{o) E)
Digno verbere eulpis instans durius ultis.
n
@
a
Poseit euria missis ambos’ regia scriptis,
Actor seilicet ac consultor” pellitur illac,
Qua procerum turmae Ratispone glomerant se;
Abbas pleetitur eris dampnis, tutor honoris”.
Iste quater geminas templi de sede coronas‘,
0 (Juas solidas flavo necenon ars fecerat albo,
Ebdamadarum” sex pastu dat, sie adigit rex;
arat fasces s yto o gerat'” ingens,
Ile parat fasces sumptos Otto gerat' ing
Vir generis elari, quem restat commemorari.
Die folgende Geschichte findet sich auch bei Heinrich (S. 345
bei MAvEr, aber mir in der ergänzenden Abschrift von L. vov HEmE-
MANN vorliegend).
1
Auch hier findet sich (S. 343) bei der Erwähnung
‘celade coacti’ bleibt.
® "Auxit et agris’ bleibt.
3
+
5
6-8
° sie!
Desgleichen.
‘pr. istum’ bleibt.
Desgleichen "qui sibi’.
Ebenso 'm. ambos’.
10 "Otto gerat’ bleibt.
!! Statt des von Maver hervorgehobenen 'jura comieicius’ ist einfacb wie in der
Vorauer Hs. 'comitis’ zu lesen.
S06 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
des Grafen Otto von Wolfratshausen der Ausdruck "Nostra exinde
aetate. Der ‘obengenannte Vicar' ist Wolvold. Über die Schreeknisse
berichtet Heinrich 'vivis adhue testibus‘, aber ein wörtlicher Anklang
findet sich nicht. :
De comite Ottone, advocato S. Quirini, et de fine vicarii supranominati.
Tandem tempore nostro fit tutor comes Otto,
>; Passim credita pacans, sed luera' fortia captans,
Pleetens extera vindex, radens intima judex,
Iura sibi tutoris firmans anterioris,
Per rabidum questorem, de quo tristia pridem
lam cecini supra, caniturus adhuc” sibi plura,
:;e Qui populo feralis perstans officialis,
Sub vieibus censoris, ut Assur virga furoris”,
Omne prius presumptum cogebat quasi’ justum.
Is moriens demum fit Judus demoniorum,
Ut memorant ejus curantes flebile funus.
:;; Atra rapit finis sors hune vehemens animae mors,
Quae miserum prorsus cum debet linguere corpus,
Tartareorum premicuerunt signa dolorum.
Non erat ullus totius edis tam locus intus
Quam foris, unde silerent monstra, sibi nee agant rem.
>60 Qua tabulae junetae vel fissae trenera® cunctae
Adgemuere columnis, insonat angulus omnis",
Postes, limina, cardo, foramina, teeta, fenestrae',
Irrequiete concrepitarunt singula ve! ve!
Quin cuneum tetrum senserunt demoniorum
»
a
7
Alta super tecti miserum jam poscere morti.
Qui strepitus elamoris tune heu tristibus horis
Vix pavidas isti fert exequias morienti”.
Sie superis funetus petit sie Tartara ductus,
Tamquam vietima pinguis, perpes quam coquat ignis”.
> Exanimatum plebs stipat mox credita poscens,
Pro spoliis rerum stant debita serviciorum.
Non aliter fugiens, fauces pro sanguine lingens,
! "sed 1.’ bleibt.
? Ebenso.
® Umgekehrt: "Virga f. ut Assur”. Vergl. Jes.ıo, 5.
4, °c.g. bleibt.
So steht ganz deutlich da.
‘Ins. a. o.' bleibt so.
Umzukehren: "Tecta f. c. f. 1. postes.'
"Exequias mor.’ bleibt so.
"‘Q. ce. i. desgleichen.
= ' : late. m m
Warresgacn: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 807
E stabulis molli demorso plenus ovili',
Ore lupus rabido densavit corpora vulgo,
Qui pavidum elamando fugarunt exagitando.
Ille eitat eursum, sors acrem detulit ursum,
1° saturum sorbet, populis quo gaudia prebet.
Sie eibus est mortis, miseris hie publieus hostis.
Pleps celebris casu coit”, huie non promtula planctu.
Nam quis eum plangit, nisi quos' et debitor angit?
Qui sibi pro’ dampno flebant, non hune miserando.
Quod populos convolvit crimen, quis prece” solvit?
Quis facinus purgat pro quo vox publica surgat?
n
1
{071
D
o
°
Quo patriae plorent indultum, quis scelus oret',
Ni sua despoliatis reddat debita gratis?
D
©
un
ME
De sepultura vicario eidem vix obtenta, sed a demonibus diu sepius-
que violata.
Quique ministeriales stirpe sibi sociales‘,
Juneti funere tristi, templi menia sancti
Competiere, :nepoti’ querere munia busti;
Sed vetuit cetus, nisi pro causis fieret jus.
0 Vox populi clamat, quod terram non sibi'” pandat,
Ni medium cernant, pressis qui debita reddat.
Propterea reduces vectarunt corpus in edes!.
Tum preeibus partim sedarunt, munere partim,
Quae populi major poscebat debita elamor.
2»; Post revocant clausis eurandum funere causis,
12
Cui tribuunt tumulum non digne, sat prope ° templum.
@Quod poterant homines duras in conditiones,
Ebenso.
2 Sie!
‘casu coit’ bleibt.
Umgekehrt: 'nisi quos, plangit quis eum nam’.
'sibi pro qui’ und ‘'Hune miserando'.
‘quis prece’ bleibt.
" "Oret quis scelus’.
‘Stirpe s. soc. q. min..
"Compet. nep.’ bleibt.
Ebenso.
‘ec. in edes’ desgleichen.
10
11
2 ‘sat prope’ bleibt.
Ss0s
fol. 35
300
325
Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. Juli.
Pro modulo rerum non segnes exhibuerunt.
At superis regnans et mundi sceptra gubernans'
Illie protinus irae signa dat edita” mire,
Corpus demone torquens, ut pateant animae res,
Quam fuerint artae, cui vas fert tortor aperte®.
Noctis tempore semper portans ille cadaver‘,
Id variis aut hue furiis aut transtulit illue.
De laribus villarum poscens contiguarum
Huie prius heu’ notorum eommoda servieiorum,
Hie, referunt, dicens: Quo vietima quam michi® debes?
Hic: Modium comiti cur, inquit, non tribuisti‘?
Seu stomaehans: Bannum non curasti michi” dandum!
Sie misero euidam: Fer jus’, michi dueito vaccam.
Hine rediens lato giro per plurima facto,
Artus eondidit ultro quo tulit ante sepulchro',
Nee fuerat reditus eicior, nee serior ejus'",
Quam sonuit signum nocturni temporis ymnum',
Ut sonus hie busto fieret non absque sepulto'®.
Sie memorant factum, sie noctu sepe notatum'*.
Laus Domini fregit, quas res ars demonis egit.
Numquam tempore laudum feeit funere ludum,
Et fugiens fossa deponebat prius ossa.
Ast remeans tumulo minabat turbine multo
Omne genus pecoris, variis id duxerat horis.
Quos veniens vel iens' adit, horror defugat ingens.
Effert martyris haee res cum formidine' vires,
Qui spoliis rerum numero perplure” dierum
Hune populis ejus durum non plectere pejus
Umgekehrt: ‘Se, gub. et mundi.
‘Edita m. s. dat’
Tortor ap. fert cui vas’.
'Ille cad.’ bleibt.
‘prius heu’ desgleichen.
Auch 'quam m.’
‘Non trib. cur inquit'.
‘cur. m.’ bleibt.
‘Fer jus’ desgleichen.
“Ante sep. q. t.'
"Ejus nee serior.
"Temporis ymnum'.
Umgekehrt: "absque s.n. f.b. sonus hie ut‘.
'Sepe not.
‘vel iens’ bleibt.
: 5 -
cum form. ebenso.
sie! 'p- d.' bleibt.
WawrensacHh: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 809
Ultor plebibus ipsis, quam queat indieiis his',
Ne lateat tales suamet fraus officiales,
Discant quo duce vadant, qui male non sua” radant.
at
Den Vorfall des bei der Bestattung der Gräfin Adelheid von Sulz-
bach, der Schwester des Grafen Otto von Wolfratshausen, ausgebrochenen
Streites berührt auch Heinrich (S. 344 Maver) in Verbindung mit der
gleich folgenden Geschichte von der Entweihung der Kirche. Diese,
sagt er, liessen Abt und Mönche zu, um das durch die Bestattung ge-
schehene piaculum’ zu sühnen. Die Gräfin Adelheid starb am ı 1. Januar
1126, aber die Vermählung ihrer Tochter Bertha mit Kaiser Manuel.
welche hier schon erwähnt wird, fällt erst in das Jahr 1146.
De Adeleida sorore comitis et oblatione ejus ae morte.
Egra soror comitis tutoris nomen habentis”,
0 Mater splendida stirpis Sulbacio dominantis'
Cujus filia Greei scandit culmina regni,
Fratris menia visit, quam perducere’ jussit,
Quo tumulum sacrum vidisset martyre clarum.
Illue dum venit, acri decidit obsita febri‘,
ss; Qua gravius languens, jam mortis limina tangens,
Arae tradidit aurum gemmis structile purum,
Quo lapidum bis sex par offert ipsamet index.
Hinc ealicem vidi nune aptum martyris edi,
Raro tam breve’ vas tam claro scemate cernas.
; Qua nitida scala pedibus de gutture tensa
Per celebres comitissa dies” comis fuit ipsa,
Fulgens ordine gemmis lucida bis duodenis”.
Demum morbida partu fudit funera planectu,
Unde nimis comes Otto dabat studium, jaceat quo
3; Ipsa soror tumulo celebri, sua stirps'” pateat quo.
Mos habuit matres in partu'' deficientes,
Ne subeant sacrum limen tune ecelesiarum,
Dum memorans ipsas dat commendatio missas.
‘Ind. his quam queat'.
® "n.s. qui m. v. quo duce'.
> "Nom. hab.’ bleibt.
! "Sulb. dom.’ bleibt.
1! Ebenso.
s10 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. Juli.
Quod vetuit fieri ceu parcens ille sorori',
so Fit pietas personae dampnum religione”.
Munus funebre sacris defert gloria fratris:
Illud spreverat abbas non templi temerans fas.
Quod comes ex ditione® peregerat ambitione,
Fert graviter totis hoc’ fratrum contio votis,
ss; Quae famulans edi, dolet hanc’ de funere ledi.
Cui renuens morem defensor tollit honorem".
Res eadem majores prebens nempe labores’,
Post etiam sacras infringi fecerat aras.
Ejus turbinis auetor nutans fit vice“ tutor,
6° Vi temerans templum, vi curans restituendum.
(Juod minimum reverens nec commaculasse pavescens”.
10
@Quem tumide sprevit penas a martyre sensit.
Vn.
Dieser Abschnitt handelt von dem Schisma unter Heinrich IV.,
aber, wie in der Überschrift ausdrücklich gesagt wird, mit Beziehung
auf die Gegenwart. Damit kann nur das Schisma nach dem Tode
Adrians IV. gemeint sein. Der Vf. ist im Ganzen auf der kirchlichen
Seite, aber, wie auch Heinrich, doch nicht ohne Bedenken.
De scismate inter papam et regem, ubi preterita referens, poetico more
presentia tangit.
Lis scelerum nodis se nectens pristina nobis,
Olim grandibus actis patribus obvia sanetis,
ss Rupit erimine regis primae federa sedis,
Turbans ecelesiarum'' pacem cardine rerum,
Seindens eulmina secli, purgans lumina celi,
Clavis celica Petri dum trans cornua sceptri
Altos fulminat hostes tanqguam fulgura montes.
sro Lis faciens inguam neutris rem partibus equam'”,
Cum dominis nostris placuit jJus querere probris,
Quae grave sit ferri, gravius nec suave referri"”.
Diese je 2 Worte bleiben bei der Umkelrung in ihrer Stellung.
!ı "Turb. ecel.’ bleibt.
2 Ebenso.
Desgleichen, dann 'grave sit quae.
Warrensach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. sıl
Non geritur mori mos, gloria non fit honori',
.Ut moderans horum fieret” dux consiliorum.
ss Laus est, durius acri pugnos reddere patri,
Ut fabricans pacem queat his” vix tollere falcem,
Sol veluti Phebe committat prelia fede.
En species ludi stant summa cacumina® mundi,
Qui minium dure vario certant sibi jure.
sc Pro studio causas dant ambo grandius ausas,
Quid poterint tractant, non quid dent acta, retractant’.
Monstrant qualia possint, at non qualia prosint.
Reges omnia possunt, quae non omnia prosunt.
Paulus quod sibi subsint res et apostolus inquit,
ss Quod eupiam patet omne licere, nee expedit® omne.
Dum varie jactant se, paci dissona tractant.
Enses duriter in se’ collidunt gemini se.
Presul spiritualem°, rex fert materialem,
Hic animae judex, hie durus corpore vindex.
fol.asv. 39e Spirituales hunc, sed carnales’ metuunt hune.
Nos trepidae gentes, amborum scripta legentes,
Ceu pueri, bellantes prospeetando gygantes',
Dum timidi miramur, agendum nil meditamur",
Nee miseris parcent, qui se sie acriter arcent’”.
ss Haec Deitas speetes, auferri scismata prestes'”.
Quo feror? in celum non ausim'* mittere telum.
Non operae michi lex hujus, regat haec'’ superum rex.
VI.
Die Geschichte von der Entweihung der Tegernseer Kirche durch
den fanatischen Erzbischof Konrad von Salzburg ist auch von Hein-
rich ausführlich erzählt, bei dem auch der weitere Verlauf zu finden
ist, der hier fehlt: er bezeichnet Erzbischof Konrad als ‘senior und
! ‘Non f. h.’ bleibt.
Nicht umzukehren.
's. c.’ bleibt.
’ "a. r.’ ebenso. 'poterint’ steht deutlich da.
Umgekehrt: 'nee expedit o. 1..
’=1l Nicht umzukehren.
12. 13 Desgleichen.
Umzukehren: 'non ausim celum feror in quo’.
15 Nicht umzustellen.
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w
Sitzungsberichte 1897. 74
812 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
hat also nach 1164 geschrieben. Nach ihm war, wie auch hier, der
Erzbischof empört, weil Bischof Heinrich von Freising (1098-1137)
von den Wibertinern eingesetzt war, aber sich doch behauptet hatte;
von ihm war die nach dem Brande von 1035 neugebaute Kirche ein-
geweiht. Der Erzbischof wurde hingeführt von Sibodo, dem früheren
Vogt, und Otto, und zerstörte die Weihen Heinrich’s, scheint aber
endlich selbst von Zweifel und Reue ergriffen zu sein, und vollzog
dann die neue Weihe. Es geschah nach der Tegernseer Chronik 1135;
Heinrich und auch unser Dichter tadeln seinen unverständigen Eifer.
Von Castorius ist bei Heinrich nicht die Rede: hier fehlt der Schluss,
und da der Text genau bis zum Schluss der Lage reicht, ist anzu-
nehmen, dass das Ende verloren ist. Über die darauf folgende Kreuz-
zugsdichtung, welche ursprünglich wohl nicht dazu gehörte, habe ich
im Neuen Archiv U, 414ff. berichtet.
Quod diu seisma lateque resederit, etiam auetoribus ejus defunetis,
et qualiter archiepiscopus eccelesiam beati martyris traetaverit.
Lis veteris causa litis pendens quasi cauda,
Et relevans busto se nempe dracone sepulto',
0 Tune tenuit terrae permixtim elimata nostrae,
Heu retrahens stellas a celi” luce eaducas’,
In tenebras ductas, umbram pro’ sole secutas’.
Jam requie celi lux almo splenduit illi,
Qui placuit Christo, sollerter Symone muncto,
ss Qui prior ore probus, casti moris tonuit jus,
Quo gradibus sacrorum stet lex officiorum,
Ne subigant elerum post illecebras mulierum‘,
Quem vieibus septem vigilem dat cartula vatem’,
Qua serie seripti sedes fit cognita Petri,
40 Patres ordine censens, quos haec extulit omnes.
Jam luerat dignas Gwiberti factio penas,
Ipse datus morti, stirps improba deeidit orei,
Sed residet pestis rebus sub sceismate gestis.
Presul denique montis libera jura canentis"
+5 Regis munere sedem tantam nactus et urbem',
Navim non bene! Petri scandit munere sceptri,
'n. dr. sep.’ bleiben so.
275 Diese je 2 Worte sind nicht umzustellen.
“ill. mul.’ bleibt.
Am Rande roth: "Gregorius septimus’.
‘Jura can.’ bleibt. — Heinrich, Bischof von Freising, ist gemeint.
% 'nactus et u.’ bleibt.
10 Ebenso.
WartEnBAcH: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee.
A patriarcha' preditus ordine pontificatus,
Qui retinens a rege datas tune res Aquilejae”,
Post dominum papam cum cesare pacificavit.
#0 Exin quoslibet ordine leetos amplificavit,
In propriis gradibus firmatos consolidavit;
Quos statuit pridem, primatus culmine stravit,
Quorum portio grandis presul prememoratus,
Semper seismate eulpabatur cauteriatus,
+; Quamquam limina Petri scandens se stabiliret‘,
Clari pragmate cleri quamvis presul obiret'.
Atqui sevior illis archiepiseopus horis
De titulis lesis it corrector diocesis’.
Per geminos comites in eisalpina potentes®,
4 Martyr ubi pausas, aspernans hie petit’ aulas,
Laudum carmina sprevit, nec prece thus adolevit*.
De foribus lateris trans templum versus abibat”,
Hine reliquas edes quam multis septus adibat'":
Fratres cum patre poscens, quare dixit adesset',
45 Quod veteres aras sacrandas frangere vellet.
Patrem nec mora' fratres pro re consuluerunt.
Hii dum primitus arceri sacra'” prestituerunt,
Per comitis jam lesa sororem'* commonuerunt,
Quam refici labem vix egre sustinuerunt,
4 Sed comiti probris hance turbelam retulerunt'”,
Qui maculans pridem tune ipsam diluit edem,
6
Egit tam levis illud quam temerarius' istud.
Udalrich von Aquileja.
‘Res Aquil. t. ar. d.
Diese je 2 Worte sind nicht umzustellen.
“Thus adol. nee prece'.
‘V,. a. bleibt.
'Septus adibat quam multis’.
“Dixit adesset.
‘nee mora’ bleibt.
“arceri sacra pr. hii dum'.
‘1. s. p. c. jam’. Vergl. oben S.809.
"Turb. ret.’ bleibt.
‘g. t. ill. tam levis’,
813
814
Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. Juli.
IX.
Quod altaribus eonfractis sanctorum Crisogoni et! Castorii conspeetis
ossibus extimuerit.
Inde celer sacras antistes dissipat aras,
Quarum prineipe cesa, sunt duo visa sygilla°,
«s Unum, quod vetus”, infra, serius ordine supra'.
Horum conditus uno lar est’, redditus uno
Post einerum tlammas, laudes ad martyris almas.
Heros utraque cernens diseit singula sollers.
Non tetigit primum quod duxit numine dignum,
40 Sed religuum tollens: Heinriei, elamat, honores®
Hie capiunt finem! Gradibus tum constitit isdem’,
Rem populis monstrans, capto sie hoste triumphans®.
O quid ovans faceres, Heinrieum si retineres"?
Exin quattuor aras destruit omnia girans,
ss Saxis obdita desuper aufert signa potenter'
Nil renuens quod vult, incurrit'' qualia non vult.
Clam positis celaras sacris dum sperneret aras'”,
Nee reputans quid ibi fors nobile posse recondi",
Rupit condita supra, sed sacra nescius infra'
4 Liquit, copia quorum clausit paucula sursum
Signis addita tantum pignora moris in actum'”.
Una caput preter te, Castori, tenet ara,
Alta tribus sociis florentem quem tulit ethra.
Comit nobile celarescens Chrisogonus altar,
s Ossa nitor quo prefert inclita luminis instar.
Ambos archiepiscopus hos, ut abest, chorus'” effert.
De numero fratrum ponuntur qui sacra" servent.
Ad gerulas dandum perrexit poscere plumbum.
‘et’ fehlt in der Hs.
‘Visa syg. s. duo’.
Nicht umzustellen.
Desgleichen.
Das ist der heilige Quirinus.
Nicht umzustellen. Bei Heinrich sagt er: "Heinriei honores exeunt’.
Nicht umzukehren.
Desgleichen, und 'quid ovans 0.
‘Signa p. des. aufert.’
‘q. v. ine.’ bleibt.
Ebenso.
‘Nescius infra sed sacra'.
‘Moris in a.p. s. a. t.'
'E. hos ut a. chorus'.
Nicht umzustellen.
Warrengach: Über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 815
Die letzte Zeile findet keine Aufklärung in der ausführlichen Dar-
stellung des Mönchs Heinrich. Der Schluss fehlt leider, und wir wissen
nieht, ob, wie bei Heinrich, noch weiter von den Vögten Otto und
Heinrich berichtet war. Die Handschrift, welche doch wahrscheinlich
in Tegernsee geschrieben war, scheint frühzeitig von dort fortgekommen
zu sein, wodurch es sich erklärt, dass ihre Zusätze in der Tegernseer
Litteratur keine Beachtung gefunden haben. Erfahren wir nun auch
daraus, und überhaupt aus den Quirinalien nicht bedeutende geschicht-
liche Thatsachen, so sind sie doch erfüllt von charakteristischen Zügen
über Sitten, Denkweise und Aberglauben der Zeit; es ist eine kultur-
historisch wichtige Schrift, von welcher eine correete und handliche
neue Ausgabe, verbunden mit der ältesten Passio und Heinrich's soge-
nannter Passio II, sehr zu wünschen wäre.
Ausgegeben am 29. Juli.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Sitzungsberichte 1897. 75
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SITZUNGSBERICHTE _ 1897.
DER XXXVM.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
22. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
Hr. Dangs las über Brustbein, Schulter- und Beckengürtel
der Gattung Ärchaeoptery.
An der hiesigen Archaeopteryx-Platte wurden alle Theile der rechten Beckenseite
und von der Unterseite her ein Durchschnitt des Sternum, das distale Ende des
linken Coracoid und die Querdurchschnitte der beiden Fureula- Äste blossgelegt. Die
auffallende Verschiedenheit der llia des Londoner und des Berliner Exemplars führte
zur Trennung in zwei Arten; für die durch das hiesige Exemplar repräsentirte neue Art
wurde der Name Archaeopteryx Siemensiü vorgeschlagen. — Auch die neuaufgedeckten
Skelettheile sprechen dafür, dass Archaeopteryc kein Übergang zwischen Reptil und
Vogel ist, sondern ein Vogel, bei welchem Merkmale, welche jetzt nur unentwickelte
oder junge Vögel aufweisen, dem ausgewachsenen Individuum eigenthümlich sind.
Sitzungsberichte 1897. 76
818
Über Brustbein, Schulter- und Beckengürtel
der Archaeopteryx.
Von W. Danmes.
Ike Skelet der Archaeopteryw ist im allgemeinen gut gekannt, da sich
die beiden bisher gefundenen Individuen in erwünschter Weise ergän-
zen, wie es in meiner Beschreibung des Berliner Exemplars ausein-
andergesetzt ist'. Nur eine Lücke bestand noch in dem Mangel einer
vollständigen Kenntniss des Brustbeins und der beiden Extremitäten-
gürtel, welche sich um so empfindlicher fühlbar machte, als gerade
diese Skelettheile für die Beurtheilung der Stellung der Archaeopteryw
im System und für ihre Bedeutung in phylogenetischer Hinsicht von
grösster Wichtigkeit sind. — Mehr als in anderen Theilen des Skelets
ist die Umformung zum Flugthier in diesen ausgeprägt, denn ihnen
fielen die wichtigsten Aufgaben und die daraus entspringenden Ver-
änderungen zu: die Vorderextremität sollte das Thier in die Luft er-
heben und darin fortbewegen, erhielt also eine Function, die der der
Landthiere schroff gegenübersteht, bei denen der Hinterextremität die
Hauptkraft der Locomotion anvertraut ist; und andererseits entstand
für die Hinterextremität nun, nachdem die Vorderextremität der Mit-
wirkung der Bewegung auf der Erde oder auf‘ Bäumen und Felsen
völlig entzogen war, die Aufgabe, den ganzen Körper zu tragen,
dessen Last bei den Landthieren mit wenigen Ausnahmen (Mehrzahl
der Dinosaurier, Känguruh, Mensch u. a.) von beiden Extremitäten-
paaren gemeinsam gehalten wird.
Archaeopteryx steht nun, wie bekannt, zwischen beiden: die Vor-
derextremität hat sich schon zum Flügel umgeformt, aber noch nicht
bis in die bei den jüngeren Vögeln erreichten Stadien. Die Finger
sind nicht verwachsen, tragen an allen 3 Fingern Krallen und haben
im Vergleich zum Unterarm noch nicht die Länge erlangt, welche
hei guten Fliegern sich stets entwickelt. Jedenfalls dienten die Arme
noch mit zur Stütze und zur Fortbewegung, sei es nun beim Laufen
! Über Archaeoptery. (Palaeontologische Abhandlungen. Bd. 2.1884. S.1ıgff., t.15).
Danzs: Archaeopteryw. 819
auf der Erde und an Felsabhängen oder beim Hüpfen auf Baum-
oder Strauchästen.
Aus diesen Gründen ist die Kenntniss der Extremitätengürtel so
bedeutsam; sie lehren, bis zu welchem Grade die Annäherung an die
Entwickelung der geologisch Jüngeren Vögel erreicht ist, wie sich beide
in dieser Beziehung zu einander und zu der Ontogenie des Vogels
verhalten.
Dass an dem Berliner Exemplar diese Fragen zu lösen sein wür-
den, habe ich nie bezweifelt. Jedoch standen der Ausführung der Frei-
legung der betreffenden Knochen Hindernisse entgegen, welche wesent-
lieh in dem Bedenken beruhten, ob die Platte, auf‘ welcher das Skelet
liegt, einer weiteren Bearbeitung ohne Gefährdung würde unterzogen
werden können. Nachdem eine erneute Untersuchung der Dicke und
Festigkeit der Platte dieses Bedenken gehoben hatte, liess ich den
Diener unserer geologisch-palaeontologischen Sammlung, BOoRrcHERT,
nach meiner Anweisung und unter meiner Aufsicht die Freilegung
vornehmen, und zwar die des Brustbeins und des Schultergürtels von
der Unterseite her, nachdem der mörtelartige Gyps, welcher als Unter-
lage der Platte angewendet war, dort entfernt war, wo Reste der-
selben der ungestörten Lage und Erhaltung des ganzen Skelets ent-
sprechend angetroffen werden mussten, die des Beckengürtels von
der Stelle der Oberseite aus, wo das Proximalende des rechten Ilium
aus der Platte herausragte.'
Es ist der Zweck der folgenden Mittheilung, über die dadurch
erzielten Ergebnisse zu berichten und ihre Bedeutung für die Stellung
der Archaeopteryx zu den übrigen Vögeln darzulegen.
ı. Das Brustbein.
Bei der Präparation von der Unterseite wurde der Durchschnitt
des Brustbeins freigelegt nebst einigen Fragmenten des Schultergürtels
und der Innenseite des distalen 'Theils des rechten Humerus.
Das Brustbein stellt sich in dem entblössten Querschnitt (Fig. 1. s)
als ein dachförmiger, dünner, kaum 0”"5 dicker Knochen dar, dessen
beide Seiten vorn unter einem spitzen Winkel von ca. 45° zusammen-
stossen. Hier ist der Knochen etwas, aber nur wenig dieker als auf
den Seiten. Im vorderen Theil ist die Ausfüllungsmässe zwischen bei-
den Häiften krystallinischer Kalkspath, im hinteren dichter lithographi-
! Der unermüdlichen Geduld und der Geschicklichkeit, mit welcher BorcHER'\
diese schwierige, nur mit feinen Nadeln zu bewerkstelligende Freilegung in wochen-
langer Arbeit ausgeführt hat, will ich auch an dieser Stelle meine Anerkennung nicht
versagen.
-R
16*
820 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 22. Juli.
scher Schiefer. Die eigenthümliche Lage des Sternum gegen das übrige
Skelet erklärt sich leicht. Bei fast allen recenten Vögeln hängt das
Sternum fast senkrecht herab, und davon machte Archaeoptery& keine
Ausnahme. Sein distaler Theil bettete
Fig. 1. sich nun in die unterliegenden, noch
Ä nieht erhärteten Schichten des Schie-
fers ein, wurde beim Spalten der Plat-
ten nicht beachtet und ist nun ver-
loren. Der proximale Theil verblieb
07 in der Platte selbst in fast natürlicher
s Querdurchsehnitt durch das Brustbein; e.distales Lage zu dem Schultergürtel, nur et-
Ende des linken Coracoid von der Unterseite; f Quer- 4 » . 5
durchschnitt des rechten; /, des linken Fureula- was auf die Seite und nach oben VEer-
Astes; 4 rechter Humerus von der Unterseite.
Natürliche Grösse.
schoben, was daraus hervorgeht, dass
auf der linken Seite das linke Coracoid,
auf der rechten das obere Ende des rechten Humerus über seine Rän-
der geschoben sind.
Das Brustbein war ausser der Pubis der einzige Theil des Archaeo-
pterya-Skeletes, von dem jede Kenntniss fehlte‘. Die Hauptfrage,
die vielfach erörtert worden ist, war die nach dem Fehlen oder Vor-
handensein einer Carina, eine Frage, die um so lebhafter discutirt
wurde, als ich in meiner Abhandlung ihr Vorhandensein aus der Be-
schaffenheit der Furcula, die der der Carinaten entspricht, und aus
dem Vorhandensein von Contourfedern für sehr wahrscheinlich erklärt
und auf Grund dieser angenommenen Form des Sternum und zugleich
der beiden anderen, nur den Carinaten zukommenden Merkmale mich
dafür ausgesprochen hatte, Archaeopteryx als Carinate mit embryona-
len oder doch juvenilen Eigenschaften im Skeletbau, also ungefähr in
dem Sinne, dem FÜrBrIıngEr durch die Bezeichnung Protocarinate Aus-
druck gab, zu betrachten. Das Vorhandensein einer Carina hatte
auch nach der GörrtE'schen Untersuchung über ihre Entwickelung viel
für sich, aus welcher sich ergab, dass die Sternalcrista aus den distalen
Enden der angelegten Clavieulae entsteht, welche sich von den proxi-
malen abschnüren und mit dem Sternum verwachsen. Endlich kommt
noch dazu, dass eine Sternalerista sich auch bei anderen Thieren ent-
wickelt, deren Vorderextremitäten zu besondere Kraft heischenden
Verriehtungen, wie Fliegen oder Graben, verwerthet werden, z. B. bei
Pterosauriern, Fledermäusen, Maulwürfen. Demgegenüber hat man
! Über die Angabe Marse’s, dass Archaeopteryx »a well ossified, broad Ster-
num« besessen habe, vergl. meine Abhandlung über Archaeopteryx 1. c. S.27. — War
es schon damals sicher, dass Marsn eine Scapula für das Sternum angesprochen hatte,
so wird dies nunmehr bestätigt, da das Sternum nicht breit, sondern im Gegentheil
sehr schmal ist.
Danes: Archaeoptery«. 821
mir wiederholt vorgehalten, dass ich das Vorhandensein einer Carina
keineswegs bewiesen hätte, und hat ihr Vorhandensein, je nach
der verschiedenen Auffassung über die Stellung der Archaeopteryx zu
Reptilien und Vögeln, angenommen oder verneint. Dagegen bemerke
ich, dass ich nie den Anspruch erhoben habe, einen Beweis zu er-
bringen; aus den angegebenen Erwägungen nahm ich die Ausbildung
einer Carina an, sie zu beweisen war unmöglich.
Nun ist diese Frage, wenigstens zum Theil, gelöst. Nach dem
neuen Befunde halte ich das Vorhandensein einer Carina für fast aus-
geschlossen, aber eine Möglichkeit bleibt doch noch übrig. Bedenkt
man, dass der Querschnitt nur sehr wenig unter dem proximalen
Ende des Sternum liegen kann, da auf der Oberseite der Platte nichts
davon sichtbar ist, und ihre Dieke an dieser Stelle kaum 6"" er-
reicht, so liesse sich kaum etwas gegen die Annahme einwenden,
dass der Querschnitt durch das Sternum noch vor der Erhebung zur
Carina gelegt ist; auch weist die, wenn auch geringe Verdiekung
auf der First des Daches, das die beiden Seiten bilden, auf einen
ersten Anfang der Entwickelung einer Carina hin. Das muss unent-
schieden bleiben, bis neue Funde hierüber Aufschluss geben.
Nimmt man also an, Archaeopteryx habe keine Crista sterni be-
sessen, wie ist nun die beobachtete, spitze Dachform mit dem Sternum
der übrigen Vögel in Beziehung zu bringen? Die Carinaten besitzen
fast ausnahmslos ein Brustbein, welches, abgesehen von der Carina, mehr
oder minder hoch-dachförmig ist, die Ratiten sämmtlich ein flaches,
ebenes oder leicht gewölbtes Sternum ohne dachförmige Zuschärfung
in der Mediane. Archaeopteryx hat diese dachförmige Zuschärfung in
einem sonst nicht vorkommenden Extrem der Entwickelung, so dass
trotz des Mangels einer Crista die Seiten des Brustbeins zum Ansatz
der Brustmuskeln fast ebenso tauglich wurden, wie bei Carinaten,
während mit den Brustbeinen der Ratiten keine Ähnlichkeit besteht.
Nach meiner Auffassung wiederholt sich hier, wie in so vielen anderen
Skelettheilen, die Eigenthümlichkeit, dass Archaeopteryx im erwachsenen
Zustande Merkmale besitzt, welche die Vögel der jüngeren geologischen
Perioden nur als Übergangsphase in der Entwiekelung zeigen. G. Baur!
hat in einer Polemik gegen meine frühere Abhandlung geltend gemacht,
dass Parker das Sternum eines Vanellus eristatus nach + der Bebrütungs-
zeit abgebildet habe, das keinen Kiel besässe, wiewohl die Clavieula
vollständig sei. Es ergibt sich also daraus, dass die Entwickelung der
Clavieula, wenigstens bei einigen darauf hin untersuchten Vögeln, der
der Carina vorausgeht, und damit würde die von mir vertretene An-
! Dinosaurier und Vögel. Eine Erwiderung an Hrn. Prof. W. Danes in Berlin.
(Morphologisches Jahrbuch. Bd.ıo. 1835. S. 453.)
822 Sitzunz der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. Juli.
g PN)
sicht, dass Archaeopteryw eine Protocarinate sei, eine neue Stütze be-
kommen!. Zugleich beweist auch dieser Skelettheil, dass von einer
Übergangsform zwischen Reptil und Vogel keine Rede sein kann, denn
kein Reptil hat ein Brustbein, das irgend welche Ähnlichkeit mit dem
der Archaeopteryx besässe. Selbst die Pterosaurier, welche GERSTÄCKER”
mit Vorliebe zum Vergleich heranzieht, haben ein völlig abweichend
gebautes, flaches Sternum, das nach vorn in eine die Carina vertretende
Spitze ausläuft, die sich wohl auch noch auf den vordersten Theil der
Sternalplatte ausdehnen kann.
2. Der Schultergürtel.
Beim Freilegen der Unterseite der Platte von ihrer Gyps- Unterlage
zeigte sich das Fragment des distalen Endes eines kleinen Knochens,
weleher bald seine Natur als Coracoid (Fig. ı,c) erkennen liess; es
gelang ihn etwa zur Hälfte herauszupräpariren. Darüber war er ab-
gebrochen. Seine Fortsetzung liegt nach kurzer Lücke auf der Ober-
seite der Platte und ist von mir früher als proximales Ende des linken
Coracoid gedeutet worden, was sich nunmeh» bestätigt.
mm mmı
Das Fragment hat eine Länge von 22"”” und ist proximal ;
distal 12"”” breit. Der Vorderrand ist theils etwas verletzt, theils
noch von Gestein bedeckt, das ohne Gefahr der Verletzung der Platte
nicht entfernt werden konnte. Der Hinterrand ist etwas verdickt und
leicht concav gekrümmt, der Unterrand fast gerade, nur an den Ecken
etwas convex und, wie erwähnt, auf die linke Seite des Sternum ge-
schoben.
Auf der Londoner Archaeopteryx-Platte ist nur das von Huxrey
zuerst richtig gedeutete, von R. Owen als Tuberositas humeri ange-
sprochene, glenoidale Ende des rechten Coracoid sichtbar. Dass so-
wohl dieses wie die beiden gleichen Knochen des Exemplars unserer
Sammlung vollkommen nach dem Typus der Vögel gestaltet sind, habe
ich (l.e. S.25) ausführlich dargelegt. Das nunmehr bekannte distale
Ende entspricht dem in allen Theilen. Nur dem Vogel kommt ein
Coracoid mit der beträchtlichen Verbreiterung am unteren Ende zu,
mit welehem es sich auf die oberen Ränder des Brustbeins in einer
! Auch ist nieht aus dem Auge zu lassen, dass lebende Carinaten, bei denen das
Flugvermögen wenig entwickelt oder ganz aufgegeben ist, wie Strigops habroptilus und
Didus ineptus, eine rudimentäre Crista besitzen. Bei dem zweifellos noch sehr mangel-
haften Flugvermögen der Archaeopteryx genügte ein hoch -dachförmiges Brustbein auch
olme Carina zum Ansatz der Flugmuskeln.
®2 Das Skelet des Döglings Hyperoodon rostratus (Pox’r.). Ein Beitrag zur Östeolo-
gie der Cetaceen und zur vergleichenden Morphologie der Wirbelsäule. Leipzig 1887.
Danes: Archaeopteryx. 323
Rinne, welche einen entsprechenden Kiel umfasst, festlegt. Es ist
somit überflüssig, den Vergleich auch noch über Dinosaurier und Ptero-
saurier auszudehnen. Innerhalb des Vogelstammes lassen sich zwei
scharf getrennte Typen der Coracoide unterscheiden. Während näm-
lich die Carinaten ein verlängertes, in der Mitte schmales, oben in
einen hohen Fortsatz ausgehendes, unten verbreitertes Coracoid be-
sitzen, ist es bei den Ratiten kurz gedrungen und sein Schaft meist
nur wenig schmäler als die beiden Enden, deren oberes auch des
hohen Fortsatzes entbehrt, der nach Reduction der Museulatur bei.
Aufgabe des Flugvermögens überflüssig wurde. Archaeopteryx schliesst
sich nun mit seinem Coracoid auf das engste an die Carinaten an,
wie aus der obigen Beschreibung hervorgeht, und bringt einen weiteren
Beweis für seine nahe Stellung zu diesen.
Die Furcula (Fig. ı, f, f,) ist ebenso wie das Sternum mit ihrem
distalen Theil in der unteren, nicht überlieferten Platte stecken ge-
blieben und beim Spalten derart zerbrochen, dass die beiden Arme
im Querschnitt sichtbar werden. Vor dem proximalen Ende des Cora-
eoid-Fragments liegt der Durchschnitt des linken, vor seinem distalen
Ende der des rechten Furcula-Astes in Gestalt eines quer-elliptischen,
schmalen Knochens von ca. 2” Dicke und 6”" Breite. Beide Bruch-
tlächen ragen etwas schief nach links aus der Platte hervor, während
Coracoid und Sternum nach rechts verschoben wurden. Auf der Ober-
seite der Platte liegt das Fragment eines kleinen, schmalen, flachen
Knochens dem Oberrande des linken Humerus auf, das ich (l. e. S. 26)
als Fureula-Fragment beschrieben hatte.
Es hat sich nun herausgestellt, dass der Querbruch der linken
Seite genau in der Fortsetzung dieses Fragmentes liegt, und da nun
der rechte Ast direet beobachtet ist, ist das Vorhandensein einer Fur-
eula auch an dem hiesigen Exemplar nachgewiesen, wo sie noch in
natürlicher Lage erhalten blieb. Es verdient das hervorgehoben zu
werden, da die so schön erhaltene Furcula des Londoner Individuums,
die R. Owen und mit ihm alle Palaeontologen, die sich mit der Unter-
suchung der Archaeopteryw beschäftigten, unbezweifelt als solche an-
gesehen hatten, von ©. Vosr und A. GERSTÄCKER eine völlig abweichende
Interpretation gefunden hat. Für C. Vosr's Auffassung, dass Archae-
opterye weder Reptil noch Vogel, sondern ein Übergangsglied zwischen
beiden sei, musste eine Furcula, wie sie nur dem Vogel zukommt, sehr
unbequem werden, und so kam er zu der befremdlichen Anschauung,
dass der fragliche Knochen eine nach vorn verschobene und so zwischen
die Flügel gerathene Praepubis sei, wie sie einige Pterosaurier besitzen,
oder vielmehr nach der damaligen Ansicht besitzen sollten. — A. GER-
STÄCKER (l.c. S.140) geht noch einen Schritt weiter und sagt: »Dass
824 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. Juli.
der von Owex (folgt Citat) mit 53 bezeichnete V-förmige Knochen keine
Vogel-Fureula sein kann', ergibt ebensowohl die rechtwinkelige Di-
vergenz seiner Schenkel gegenüber ihrer Kürze und Massivität, wie
auch das Missverhältniss, in welches dieser Knochen durch seine Plump-
heit zu den nadeldünnen Rippen tritt....«”. Auch bestreitet er die
Richtigkeit meiner Beobachtung eines Fureula-Fragmentes auf der Ober-
seite der Platte, gibt jedoch nicht an, für welchen Skelettheil er selbst
diese Fureula hält, sondern beschränkt sich darauf, ihre Existenz zu
bestreiten aus denselben Gründen, welche für C. Vosr maassgebend
waren. — Diese aus vorgefasster Meinung entsprungenen Missdeutungen
bedürfen nun, nachdem die Fureula an beiden Individuen der Archae-
opteryx, und zwar an der hiesigen in situ, nachgewiesen ist, keiner
Widerlegung mehr.
3. Der Beckengürtel.
Der Beckengürtel (Fig. 2) liegt, wie die hintere Hälfte des ge-
sammten Skelets, auf der linken Seite. Seine rechte Seite ist daher
von der Aussenseite her entblösst. Die 3 Theile derselben: Ilium,
Ischium und Pubis befinden sich in
Fig. 2. ihrer Richtung noch in natürlicher Lage
Pre brrzan zu einander, aber durch den Druck
u e bei der Einbettung in das Gestein ist
£ an u das Ischium in ein etwas tieferes Niveau
PEITTSG herabgedrückt worden. Alle 3 Elemente
2 ee ‘ sind bis auf geringe, z. Th. erst bei der
8 / Praeparation entstandene Verletzungen
F } vollständig erhalten. Der Unterrand des
Pa fe Acetabulum wird vom Femurkopf be-
| deckt, so dass nur annähernd festge-
stellt werden kann, wie gross die Theil-
nahme des Ischium an seiner unteren Be-
grenzung ist.
£ Das Ilium (Fig. ı, i/) bildet einen
ar
2,
vorn gerundeten, hinten in eine stumpfe
Rechte Beckenhälfte und Femur #on der Aussen-
seite; i/ Mium; is Ischium; pu Pubis; / Femur. Spitze auslaufenden Knochen. Der bis-
Natürliche Grösse.
her allein siehtbare Vorderrand ist fast
halbkreisförmig gerundet, der Oberrand nahezu gerade, nur sehr unbe-
deutend eonvex und fällt hinter dem Acetabulum etwas nach unten bis
! Im Text des Originals nicht gesperrt gedruckt.
2 Da die Rippen weder in Anlage, noch Entwickelung, noch Funetion irgend
etwas mit der Furcula zu thun haben, ist das Heranziehen des Verhältnisses zwischen
beiden als Argument gesen die Fureula-Natur unverständlich.
Danmes: Archaeopteryx. 825
zur Endigung ab. Der Unterrand ist vor dem Acetabulum in der ersten
Hälfte dem Oberrand parallel, biegt plötzlich in flach concaver Curve
abwärts und fällt darauf bis zum Acetabulum in die erste Richtung
zurück, soweit er zum Ansatz für die Pubis dient. Da die letztere diesen
Theil des Randes bedeckt, ist die genauere Begrenzung der Beobachtung
entzogen. Hinter dem Acetabulum steigt der Rand scharf concav bis
zur Endspitze auf. Das Acetabulum selbst ist, soweit sichtbar, kreis-
rund und in der oberen Hälfte ausschliesslich vom Ilium umgrenzt.
Dagegen scheint die untere Hälfte ungefähr zu gleichen Theilen von.
Pubis und Ischium umschlossen worden zu sein. Die Oberfläche des
Ilium zerfällt in zwei wohl geschiedene, sehr ungleich grosse Hälften.
Der vordere, praeacetabulare Theil ist ringsum mit erhabenen Rändern
umgeben, welche die concav gewölbte Oberfläche umziehen. Wo sich
der Unterrand plötzlich abwärts biegt, befindet sich ein scharfer Kiel,
parallel dem Oberrande, der sich nach dem Acetabulum hin mehr und
mehr verflacht. Unter diesem Kiel ist die Oberfläche ebenfalls, wenn
auch weniger concav als über ihm. Zwischen dem Oberrande und
dem Acetabulum wölbt sich der Knochen etwas convex auf, und dies
ist die Grenze des prae- und des postacetabularen Theils, der wiederum
muldenartig vertieft ist. Auffallend ist die bedeutende Grösse des
vorderen Theils im Vergleich zu dem hinteren, doch schwankt dieses
Verhältniss auch innerhalb der lebenden Vögel in weiten Grenzen.
Maasse.
Länge von der Mitte des Vorderrandes bis zur Endspitze.. 34 Mm.
Länge des praeacetabularen Theils..................- 22... ===... 20 »
Tänger des postacetabularenTheils ... ...... uno en eccn.. 9»
Höhe des praeacetabularen Theils vor der Abwärtsbiegung . 9
Höhe des praeacetabularen Theils von der Stelle, wo er das
Acetabulum berührt, bis zum Oberrande............. 12
Höhe des postacetabularen Theils vom .................. 8
Doschmessen.des A cetabulumea. 22 een: 5
Die Pubis (Fig. 2, pw) besteht aus einem dünnen, stielrunden,
langen, proximal und distal verbreiterten Knochen. Wie schon er-
wähnt, stösst das proximale Ende an den abwärts gerichteten Theil
des Ilium an. Die Naht zwischen beiden scheint gerade zu verlaufen,
«loch wird sie durch die Pubis verdeckt, die, hier etwas verletzt, auf
dem Bruch erkennen lässt, dass sie mit Kalkspath erfüllt ist, was
darauf hinweist, dass sie hohl war. In diesem obersten Theil ist die
Pubis verflacht, nimmt ohne Zweifel an der Begrenzung des durch das
rechte Femur verdeckten Unterrandes der Gelenkpfanne theil und ist
von da ab, sich schnell verschmälernd, in einem spitzen, gegen die
Längsaxe des Ilium ungefähr um 45° geneigten Winkel schräg rück-
wärts und abwärts gerichtet. Ungefähr in der Mitte ist der Durch-
messer am geringsten, von da an nimmt die Dicke bis zum distalen
826 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 22. Juli.
mm
Ende allmählich wieder zu, bis fast unvermittelt etwa 7""” über dem
Unterrande eine Verflachung und Verbreiterung sich einstellt, indem
der Hinterrand sich in convexer Curve auswärts wendet. Die distale
Hälfte dieser Verbreiterung hat eine rauhe, matte Oberfläche, die auf
Bedeekung von Knorpel hinweist, während der übrige Knochen glän-
zend glatt ist.
5 Maasse.
Gesammtlänge, in der Luftlinie gemessen. ........ 4
6
Länge des Oberrandes, soweit sichtbar .......... 6
Grösste Breite des Unterrandes...... 2.22. 22222.. ba
I
2
7
Dicken dena Ne REN ee re TE
Dicke am Ende des ersten Dritttheils............
Länge der distalen Verbreiterung................
Hinter dem Femurkopf und von ihm proximal bedeckt liegt das
Ischium (Fig. 2, is) in Gestalt eines flachen Knochens, der sich von
vorn nach hinten allmählich und nicht beträchtlich verschmälert. Sein
dlistales, mit rauher Oberfläche versehenes und in einzelne Theile zer-
fallenes Ende, das, wie auch bei der Pubis, mit Knorpel bedeckt ge-
wesen ist, war anscheinend etwas verbreitert. Es kann wohl keinem
Zweifel unterliegen, dass das Ischium mit seinem proximalen Ende die
Begrenzung des hinteren, unteren Acetabularrandes gebildet hat. Die
Richtung zur Längsaxe des Ilium ist fast genau diejenige der Pubis,
also ebenfalls mit 45° rückwärts und abwärts.
Maasse.
Breite am proximalen Ende, soweit sichtbar ...... 6 Mm.
Breite am distalen Ende (vor der Verbreiterung)... 3 »
Gesammtlänge (soweit sichtbar) .........22222000. 20 »
LängesbiszzunsVierhreiterun ggg re erre 16
Obwohl Theile des Beckengürtels am Londoner Exemplar erhalten
sind, so ist doch erst durch Aufdeckung desselben an dem hiesigen
die morphologische Beschaffenheit vollkommen bekannt geworden. Ein
Vergleich zwischen beiden Becken zeigt unerwartete Verschiedenheiten.
Bevor ich auf diese eingehe, komme ich zunächst auf meine Deutung
der einzelnen "Theile des Londoner Exemplars zurück, weil dieselben
nunmehr einige Änderungen erfordern, und zwar betreffs der Pubis.
Ich hatte geglaubt, einen stumpfen Vorsprung unten am vorderen Äce-
tabularrand als Pubis (Fig. 3, p.?), eine Verbreiterung am proximalen
Ende des Ischium als Postpubis (Fig. 3, pp.?) ansprechen zu sollen.
Wenige Jahre vor der Veröffentlichung meiner Abhandlung hatte
Marsır ein viertes Element im Becken einiger Dinosaurier zu erkennen
geglaubt und darauf hin den rückwärts gewendeten Theil mit der Be-
zeichnung Postpubis belegt, während der vorwärts gewendete, ent-
sprechend dem der übrigen Reptilien, die eigentliche Pubis sein sollte.
Auf diese Auffassung, über welche eine umfangreiche Litteratur ent-
Daues: Archacopteryx. 827
standen ist, näher einzugehen, ist nur insofern erforderlich, als sie
sich auch auf das Vogelbecken bezieht. Bekanntlich besitzen sehr
zahlreiche Vögel an der von mir bei Archaeopteryx als Pubis angenom-
menen Stelle einen mehr oder minder verlänger-
ten Höcker oder Fortsatz, den Processus pecti-
nealis oder die Spina iliaca, und dieser ist von
Fig. 9.
mehreren Seiten als die mit dem Ilium ver-
wachsene Pubis gehalten worden, so dass also
das Ilium der Vögel dem Ilium + Pubis der Di-
nosaurier entspräche, und beide dann ausserdem
eine rückwärts gewendete Postpubis besitzen soll-
ten. Dieser Auffassung bin ich damals gefolgt
und habe versucht, das Beobachtete mit ihr in
Einklang zu bringen. Heute ist sie nieht mehr
aufrecht zu halten, seitdem man durch die Unter-
suchungen MEuxerrt's' weiss, dass der Processus
Becken des Londoner Exemplars mectinealis der Vögel kein eigenes Ossifications-
der Archaeopteryx. Die Abbildung fe fe
Br SPuseateze (BeiB:sh) Centrum besitzt, sondern stets ungetrennt von
Sa dem Ilium und mit ihm zugleich angelegt wird.
Somit kann von 4 ursprünglichen Beckenelementen beim Vogel keine
Rede mehr sein, und damit fällt zunächst meine Deutung des l.c. S. 34
mit p.? bezeichneten Theils des Ilium. Es ist die schwach entwickelte
Spina iliaca desselben. Weiter kann ich jetzt auch den mit pp.? be-
zeichneten Theil nicht mehr für die mit dem Ischium verwachsene
Postpubis, wohl aber für das proximale Ende der Pubis, das auf
das Ischium geschoben zu sein scheint, halten. Sowohl Owen wie
ich haben keine Naht zwischen beiden Theilen beobachtet, trotzdem
zweifele ich nicht, dass eine erneute Präparation gerade dieses Becken-
theils hierüber neue Aufschlüsse bringen wird. Dass die von Owen
gegebene Deutung des Ischium als Pubis irrig ist, habe ich schon
früher nachgewiesen; durch den jetzigen Befund ist der unmittelbare
Beweis dafür geliefert.
£in Vergleich der beiden Becken ergibt nun schwer zu erklärende
Unterschiede in der Form der einzelnen Theile. Während das Ilium
des Londoner Stückes vor dem Acetabulum eine tief concave Ausbuch-
tung besitzt, neigt sich an derselben Stelle des Berliner der Vorder-
rand in ganz flach-concaver Linie zum Unterrande. Da, wie erwähnt,
die Pubis auf diesen Unterrand geschoben ist, lässt sich über die
! Untersuchungen über die Entwicklung des Os pelvis der Vögel (Morpholo-
gisches Jahrbuch. Bd. 13. 1887. S. 259ff., t.8—ıo). — In dieser Arbeit sind alle Auf-
fassungen über das Wesen des Processus pectinealis, von v. BuxGe und MEnserr nach
GEGENBAUR Spina iliaca genannt, zusammengestellt.
828 Sitzıng der physikalisch- mathematischen Classe vom 22. Juli.
Begrenzung der vorderen Acetabularränder kein Vergleich anstellen.
Ferner fehlt dem Londoner Exemplar der horizontale Kiel, der an dem
hiesigen so deutlich und kräftig entwickelt ist, ganz, die Oberfläche
ist ungleich tiefer concav, der Oberrand gerader, in der Mitte sogar
etwas concav. Auch die relativen Grössenverhältnisse der prae- und
postacetabularen Theile weichen erheblich von einander ab, wie fol-
gende Maasse ergeben.
Länge von der Mitte des oberen Acetabularrandes bis zur vorderen Spitze L.24 B. 22
” » » ” ” ” » » ” hinteren » I 7 I 3
Bei ersterem Exemplar, bei dem noch wesentlich zu beachten ist,
dass das hintere Ende des Ilium nicht vollkommen erhalten blieb, ver-
halten sich also beide Theile rund wie 70:100, beim zweiten wie
60:100. Legt man ferner eine senkrechte Linie vom oberen Aceta-
bularrande nach dem dorsalen Rande und misst von ihrer Mitte die
Entfernungen zur vorderen und hinteren Spitze, so erhält man für das
erstere Stück 26 bez. 10, für das zweite 30 bez. 13, also für L. 100: 38,
tür B. 100.43.
Angesichts dieser erheblichen Differenzen zwischen den vergliche-
nen Beckengürteln drängt sich die Frage auf. ob man beide Indivi-
duen der Archaeoptery® weiterhin zu einer Art wird rechnen können.
Ich hatte mich in meiner Abhandlung für ihre specifische Identität
ausgesprochen und die auch von mir anerkannten Unterschiede in ihrer
absoluten Grösse und den relativen Längenverhältnissen einzelner Skelet-
theile auf Zubehörigkeit zu verschiedenen Geschlechtern zurückführen
zu sollen geglaubt, hatte aber auch die Möglichkeit, dass jedes der
beiden Individuen der Typus einer eigenen Art sei, zugegeben.
Hr. @&. Srerey war durch Abmessungen einer Photographie des hie-
sigen Exemplars und des Originals in London zu der Ansieht gekommen,
dass sie nicht nur verschiedene Arten, sondern sogar verschiedene
Gattungen repraesentirten.' Die Unterschiede bestehen, wie ich (l. e.
S. 45) nachwies, darin, dass das hiesige Skelet um etwa ein Zehntel
kleiner ist und einen etwas kürzeren Hinterfuss besitzt, wozu möglicher
Weise noch eine verschiedene Form der Zähne kommt. — Waren diese
Differenzen für mich früher ungenügend zur Spaltung in zwei Arten,
so fallen sie jetzt. wo sich auch die Form der Becken als wesentlich
abweichend erwiesen hat, mehr in das Gewicht. Zwar ist mir Material
von recenten Vogelskeleten nicht in dem Umfang zugänglich gewesen,
um feststellen zu können, welchen Schwankungen innerhalb einer und
derselben Art die einzelnen Beckenelemente morphologisch unterlegen
! The Geological Magazine. 1881. p. 454. — Gelegentlich des in demselben
Jahre in York abgehaltenen Meeting der British Association for the Advancement of
Science war SEELEY noch einen Schritt weiter gegangen und hatte verschiedene Familien
für wahrscheinlich gehalten.
Danes: Archaeopteryx. 829
sein können: soviel glaube ich aber beobachtet zu haben. dass die-
selben niemals den Höhegrad erreichen, der zwischen «den beiden
Archaeopterya-Becken liegt. Wenn nun hierzu noch andere, wenn
auch unwichtigere Unterschiede treten, so gebührt ihnen erhöhte Be-
achtung und Bedeutung, und ich trage ihnen Rechnung, wenn ich
nunmehr die Berliner Archaeopteryx specifisch von der Londoner trenne
und sie
Archaeopteryx Siemensü
benenne in dankbarem Gedenken an den hochherzigen Mann, der sie
unserer Sammlung sicherte.
Die vollständige Erhaltung des Beckens der neuen Art gibt weiter
Veranlassung, seine Beziehungen zu dem der Vögel und Reptilien zu
prüfen. Ausser GERSTÄCKErR hat kein Anatom, Zoolog oder Palaeon-
tolog daran gezweifelt, dass das Becken durchaus vogelähnlich sei,
und in der That war nach dem damals Bekannten diese Deutung
auch vollkommen berechtigt. Da GErRSTÄCKER sich aber nicht von der
Vorstellung frei machen konnte, dass ein Thier nur dann ein Vogel sein
könne, wenn es in allen Stücken die Eigenschaften eines ausge-
wachsenen, recenten Vogels besässe, waren für ihn die geringe Grösse
und die mit den Sacralwirbeln nicht verwachsenen Hälften der Ilia ge-
nügend zu dem Ausspruch, »dass dadurch ein vogelähnliches Becken
von vorn herein ausgeschlossen ist«. Da diese Behauptung nur ein
Glied in der Kette seiner Beweisführung darstellt, dass Archaeoptery.w
kein Vogel sei, sondern der Repräsentant einer sonst unbekannten,
befiederten Reptilordnung, diese absurde Hypothese aber nach ihm
keinen Anhänger oder Vertheidiger gefunden hat, so gehe auch ich
nicht wieder auf sie ein. Nur seine Einwürfe gegen die Vogelähn-
lichkeit des Beckens sind zu discutiren.
Von allen in Betracht kommenden Thierclassen besitzen nur Vögel,
Dinosaurier und Pterosaurier Becken, welche prae- und postacetabular
kräftig verlängert sind. Alle drei Sippen bewegten sich ganz oder
zum Theil auf den Hinterextremitäten und beweisen dadurch, dass
diese Verlängerungen Consequenzen ihrer Lebensweise sind, hervor-
gegangen aus dem Bedürfniss, grossen Muskelmengen Ansatzstellen
am Becken zu verschaffen, das nunmehr die ganze Körperlast zu tragen
und die Locomotion auf der Erde zu übernehmen hatte. Hat so die
Convergenz der Lebensweise auch zu einer Convergenz der Ausbil-
dung des Ilium im allgemeinen gedient, so bleiben doch im einzelnen
wesentliche Unterschiede bestehen. Diejenige Unterordnung der Dino-
saurier, bei welchen, ähnlich wie beim Vogel', die Pubis rückwärts
1
Ich betrachte, nachdem der Processus pectinealis (Spina iliaca) nicht mehr als
separates Beckenelement aufgefasst werden kann, den grossen Gabelknochen, der bei
s30 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 22. Juli.
gewendet ist, — die Orthopoden —, besitzen ausnahmslos ein Ilium,
dessen praeacetabularer Theil schmal und vorn mehr oder minder zu-
gespitzt ist, während der postacetabulare Theil sich verbreitert und
hinten stumpf zuspitzt (Iguanodon) oder abrundet (Stegosaurus), wäh-
rend beim Vogel das umgekehrte Verhalten die Regel ist: und dieser
folgt auch Archaeopteryx. — Ferner sind die Becken der beiden durch
das Vorhandensein des Processus pubis anterior bei den Orthopoden,
sein Fehlen beim Vogel scharf getrennt. Derartige osteologische Ver-
schiedenheiten setzen voraus, dass die Museulatur hier und dort sehr
abweichend entwickelt war. Das Gemeinsame ist — wie erwähnt —
auf die Convergenz der Lebensweise zurückzuführen, keineswegs aber
kann das Becken der Vögel aus dem der Dinosaurier abgeleitet wer-
den, wie es der Fall sein müsste, wenn die ersteren von letzteren
abstammten. Weniger Gewicht ist auf die Form des Ischium zu legen,
das bei beiden rückwärts gewendet ist, dabei aber eine so grosse Ver-
änderlichkeit in der Form zeigt, dass in der That eine auffallende
Ähnlichkeit resultiren kann. — Dass das von GerstÄcker als dem der
Archaeopteryx am meisten vergleichbare Pterosaurier-Becken, abgesehen
von der prae- und postacetabularen Verlängerung, die vorn sehr lang,
schmal und scharf zugespitzt, hinten beilförmig und in die Höhe ge-
richtet ist, mit seinen das Acetabulum allein begrenzenden Iium und
Ischium und den vorwärts gerichteten, distal entweder schaufelartig
verbreiterten oder median verwachsenen' Pubes, somit in der Morpho-
logie und der relativen Stellung aller drei Knochen so fern wie mög-
lich steht. bedarf keines weiteren Beweises.
Es bleibt also nur das Becken des Vogels zum Vergleich übrig.
GersTÄcKER hat sich, wie erwähnt, gegen die Vogelähnlichkeit des
Archaeopteryx-Beckens erklärt und zwar aus drei Gründen, einmal
wegen seiner Kürze im Verhältniss zur Länge des Brustkorbes (er
nahm 40”” bez. 70”" an), ferner des Mangels einer Verschmelzung mit
den zwischen seinen beiden Hälften liegenden Wirbeln, endlich des
den Iguanodonten und verwandten Dinosaurier-Ordnungen die vordere Hälfte des un-
teren Acetabularrandes begrenzt, als den der Pubis der Vögel homologen Beckentheil.
Die rückwärts gewendete Hälfte entspricht durchaus der Pubis der Vögel und ist nicht,
wie v. Zrrrer nach den Untersuchungen von v. BuxngE und MEHnxerRTr annimmt, ein
rückwärts gewendeter Fortsatz der vorwärts gewendeten Pubis, was sich schon daraus
ergibt, dass z.B. bei Iguanodon vom Ischium ein Fortsatz zur Pubis herübergeht und
ein Foramen obturatorium entstehen lässt, genau wie beim Vogel. Die Bezeichnung
Postpubis wird somit entbehrlich. Aber es empfiehlt sich auch nicht, eine von mir
früher für den vorwärts gerichteten Schenkel der Pubis angewandte Bezeichnung »Prae-
pubis« beizubehalten, weil sie dazu verleiten kann, in dem vorderen Fortsatz einen
besonderen Beckenknochen zu vermuthen. Ich schlage vor, dafür die Benennung Pro-
cessus pubis anterior zu wählen.
! v, Zrivver, Handbuch der Palaeontologie, 3.Bd. 1887—1890. S.787, Fig. 687, 688.
Danzs: Archaeopteryw. 831
Verlaufes des Innenrandes (d. h. des der Wirbelsäule zugewendeten).
Was zunächst die zuzugebende geringe Längsausdehnung des Ilium
angeht, so ist zu beachten, dass das lange Vogelbecken, wie GEGEN-
Baur nachgewiesen hat, dadurch zu Stande kommt, dass die Lenden-
wirbel und einige Brustwirbel vorn, die vorderen Schwanzwirbel hinten
mit in das Sacrum einbezogen werden. Für beide Exemplare der
Archaeopteryv können der Länge der Wirbel entsprechend deren etwa
6 für das Sacrum beansprucht werden, also 4 über die ursprünglichen
2 der Reptilien, von denen es abzuleiten ist. Die Länge des Vogel-:
beckens im Vergleich zur Länge des Rumpfes ist doch nur der Aus-
druck des Bestrebens, für die Muskeln der hinteren Extremitäten und
die hohen, an ihre Leistungen gestellten Anforderungen Platz genug zu
gewinnen. Wo aber diese Leistungen, wie bei Archaeopteryw, viel ge-
ringer waren, ist auch die Ausdehnung der Ilia über einen so grossen
Wirbeleomplex, wie bei den geologisch jüngeren Vögeln, noch nicht
benöthigt, und in dieser Phase der Vogelentwickelung befindet sich
Archaeopteryx; die Einbeziehung mehrerer Wirbel in den Complex des
Sacrum hat begonnen, ist aber über den ersten Anfang noch nicht
hinausgekommen'. Der weitere Einwand GersrÄcker’s, dass die beiden
Hälften der Ilia nicht mit einander verwachsen seien, ist auf dieselbe
Ursache zurückzuführen wie die Kürze des Ilium. Beim jungen Vogel
ist sie ebenfalls nicht vorhanden und tritt erst später ein. Wie breit
der Raum zwischen beiden bei jungen Pinguinen, bei welchen zudem
noch auch keine Verwachsung des Sacrum mit den Ilia stattfindet, die
auch bei Archaeoptery& nicht vorausgesetzt werden darf, sein kaun,
lehrt eine Abbildung, welche Mexzsıer” von dem Becken des Kudyptes
chrysocoma gegeben hat. Ein solch breiter Zwischenraum zwischen den
llälften des Hüftbeins in der Mediane wie dort war, wie die Höhe
des Ilium lehrt, bei Archaeopteryx schon nicht mehr vorhanden, so
dass ihr Becken von oben gesehen eher dem eines nestjungen Thieres
von Ciconia alba geglichen haben wird, wie SELENKA” es darstellt.
Was GerstÄcker endlich über den Verlauf des Innenrandes des Ilium
als Unterschied vom Iium des Vogels anführt, hatte anscheinende
Geltung für das Londoner Exemplar, ist aber durch das oben be-
schriebene beseitigt.
! Nach den erwähnten GeEsEngaur'schen Untersuchungen ist die geringste Zahl
der betheiligten Wirbel bei lebenden Vögeln ı1, die höchste 18. Archaeopterys steht
also mit seinen 6 Lumbosaeralwirbeln den Vögeln mit rı solchen näher als diese denen,
welche 18 Wirbel besitzen.
? Vergleichende Östeologie der Pinguine in Anwendung zur Haupteintheilung
der Vögel. (Bulletins de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. 1887. t. 8.
203270.) &
Serenka und Ganow. Vögel. (Broxx’s Klassen und Ordnungen des Thier-
reichs. 1891. t.1o. f. 7.)
832 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. Juli.
Pubis und Ischium schliessen sich der Entwickelung des noch
kleinen und kurzen Ilium durchaus an. Beide sind weder mit dem
Ilium, noch unter einander verwachsen, wie es beim erwachsenen Vogel,
wenigstens bei den Carinaten, der Fall ist. Alle drei Knochen sind
weit getrennt und waren auch nicht, wie die glatte Beschaffenheit der
Ränder beweist, durch Knorpel mit einander verbunden. — Zunächst
fällt die sehr verschiedene Länge der drei Elemente auf. Das Ischium
ist bedeutend länger als die distale Hälfte des Ilium, und die Pubis,
deren distale Verbreiterung sich bei manchen Carinaten, namentlich
bei den Schwimmvögeln, die auch ihre relative Länge mit Archaeo-
ptery® theilen, wiederfindet, um nahezu ebensoviel länger als das
Ischium. Auf den ersten Bliek gibt dieses Verhalten dem Archaeo-
pteryw-Becken etwas Befremdendes, genauer betrachtet ist es davon
leicht entkleidet. Die Länge der einzelnen Theile wechselt innerhalb
des Vogelstammes ungemein stark. Am häufigsten ist Ilium und Ischium
gleich lang, und die Pubis dehnt sich über sie rückwärts hinaus. Bei
Apterye umgekehrt sind Ischium und Pubis gleich lang; das Ilium
bleibt wesentlich kürzer. Bei Archaeopteryx ist eine Combination der
möglichen Fälle der Verschiedenheit vorhanden, welehe — soweit mir
bekannt — keinem lebenden Vogel in diesem Grade zukommt, und
eben dies lässt das Becken eigenartig erscheinen. Ferner sind die
drei Theile weit von einander getrennt. Bei den lebenden Carinaten
legen sie sich früh an einander, sind beim jungen Thier durch Knor-
pel verbunden und verwachsen dann später sämmtlich mit ihren Rän-
dern oder doch das Ilium mit dem Ischium, ‘an welches sich dann
die Pubis eng anlegt. Bei den Ratiten ist das Verhalten insofern
anders, als die drei Knochen getrennt bleiben, oder Ischium und Pubis
derselben Seite mit einander distal verwachsen!'. Das Becken der
Archaeopteryc hat nun mit dem von Casuarius und Apteryx die grösste
Ähnlichkeit. Das Becken von Casuarius hat ebenfalls freie Elemente,
ein distal verbreitertes Ischium und eine viel schmälere Pubis, die
namentlich im proximalen Theil, wo sie mit dem Iium sich berührt,
auffallend gleich gestaltet ist. Andererseits ist die Länge der drei
Knochen ungefähr gleich, das Iium ist bedeutend länger als bei Ar-
chaeopteryx und sein Oberrand stark convex, während er bei ihr fast
gerade verläuft. Letztere Merkmale theilt auch das Apterya-Becken
mit dem des Casuarius als Unterschied von Archaeopteryx. Anderer-
seits sind Ischium und Pubis länger wie Ilium und unter sich gleich
lang. In einem wichtigen Punkt kommen sich die Becken der beiden
letzteren Gattungen jedoch bemerkenswerth nahe: in der Richtung
! Die mediane Verwachsung der beiden Pubes bei Struthio kommt hier nicht in
Betracht.
Danues: Archaeoptery«. 833
der Ischia und Pubes zur Längsaxe der Ilia. Nachdem v. Busse und
MEnserT gezeigt haben, dass in der ersten Anlage des Vogelbeckens
Pubis und Ischium nahezu senkrecht zur Axe des Iium herabhängen
und bei fortschreitender Entwickelung sich allmählich nach hinten dre-
hen, bis sie — wenigstens bei den meisten Carinaten — fast parallel
zu derselben gerichtet sind, ist der Grad der Abweichung von dieser
Parallele zugleich ein Maassstab für die Höhe der Entwickelung des
Vogels selbst. Mensert hat eine Reihe zusammengestellt, welche ver-
schiedene Stadien der Rückwärtsbiegung bezeichnet. Sie beginnt mit
Apteryw, geht über Struthio zu Rhea und Caswarius, dann zu den
Carinaten über Tinamus zu Podiceps, wo völliger Parallelismus erreicht
ist. Fügt man Archaeopteryx in diese Reihe ein, so erhält sie, wie
a priori zu erwarten war, ihren Platz am Anfang, da der Divergenz-
winkel bemerkbar grösser ist als bei Apterywu (Archaeoptery& 45°,
Apteryx ca. 35°).
Dieses Verhalten ist von erheblicher Bedeutung für die morpho-
logische Auffassung des Ratitenbeckens. Nach den Untersuchungen
FÜrgrınGer's kann es wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, dass die
Ratiten — in sich heterogen und unnatürlich zu einer Ordnung ver-
bunden — von verschiedenen, vielleicht erloschenen, unbekannten,
vielleicht durch fehlende, entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen
in ihrem Zusammenhang noch nicht aufgefundenen Gruppen der Cari-
naten abstammen, und nicht, wie lange Zeit angenommen wurde, pri-
mitive Vogeltypen darstellen. Dafür spricht, abgesehen von den Für-
BRINGER'SChen Ausführungen, auch das geologische Auftreten. Nach-
dem Hesperornis aus der Kreideformation von den Ratiten, zu denen
Marsı sie gerechnet hatte, entfernt und zu den Carinaten als Vor-
läufer der Colymbidae und Podieipidae gestellt wurde, ist keine Ratite
geologisch älter als tertiär, und auch die angehlichen derartigen Reste
aus älteren Tertiärschichten bedürfen noch weit besserer Begründung
ihrer Ratitennatur als bisher. Wären die Ratiten primitive Vögel, so
hätte man sie in den ältesten Schichten, welche Vogelreste geliefert
haben, auffinden müssen. Was sie an sogenannten primitiven Merk-
malen aufweisen, ist demgemäss nicht ursprünglicher Besitz, sondern
durch Aufgabe des Flugvermögens erworbener, wie der Mangel der
Carina am Sternum, das Fehlen der eigentlichen Contourfedern, die
lockerere Verbindung der Beckenelemente u.a.m. — Diese neuere Auf-
fassung der Genesis der Ratiten wird durch die Beschaffenheit des
Archaeopteryx-Beckens wesentlich unterstützt: Archaeopteryx ist in der
That ein primitiver Vogel, und wenn nun die Ratiten im Becken-
hau ihr am nächsten unter den lebenden Vögeln stehen, so wird in
Verbindung mit dem geologischen Auftreten bewiesen, dass sie zu
Sitzungsberichte 1897. 17
834 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. Juli.
etwas Primitivem zurückgekehrt sind, dass sie also, verglichen mit
den Carinaten, bestimmte Eigenschaften des Beckens nicht mehr
besitzen, welche von der Archaeopterye noch nicht erworben sind.
Auch die neu aufgedeckten oder doch vollständiger bekannt ge-
wordenen Skelettheile der Archaeopteryx, wie sie oben beschrieben sind,
bilden nach meinem Dafürhalten ohne Ausnahme eine weitere Stütze
der in meiner früheren Abhandlung vertretenen Auffassung, dass Ar-
chaeoptery& keine Übergangs- oder Zwischenform zwischen den Classen
der Reptilien und Vögel mehr ist, sondern in der Reihe der Vögel
schon weit ab von der Stelle, wo beide Äste der Sauropsiden sich
trennten, ihren Platz finden muss. Alle Merkmale, die ihr eigen sind,
lassen sich nur durch Vergleich mit den verschiedenen Entwickelungs-
stadien lebender Vögel erklären, niemals durch einen solchen mit Rep-
tilien. Embryonale Merkmale sind noch in der Bildung der Hand
und des Schwanzes ausgeprägt, solche, welche dem jungen Vogel
anhaften, also juvenile, in der Gestalt des Brustbeins, des Beckens,
vielleicht auch der dünnen Rippen ohne Processus uncinati, und dazu
treten Scapula, Coracoid und Hinterextremität in der Ausbildung er-
wachsener Vögel, während die Bezahnung ein Merkmal aller praeter-
tiären Vögel ist. — So zeigt Archaeopteryx an seinem Skelet ein buntes
(Gemisch verschiedener Ausbildungsstadien einzelner Körpertheile, das
uns unterrichten soll, wie der Vogelkörper zu dem wurde, was er
heute ist, nicht aber dazu führen darf, Archaeopteryx mit Pawıow und
MEszBıEr als einen »misslungenen«, der Vervollkommnung unfähigen
Vogel aufzufassen, weil ihr Skeletbau nicht zu der Vorstellung von
der Entwickelung der Vogelstammes passt, welche sich Speeulation und
Hypothese theoretisch zurecht gelegt haben.
[0.)
[IS
ou
Beweis der Gleichung 3" =».
K—1
Von H. von MAncouDT,
Professor an der Technischen Hochschule zu Aachen.
(Vorgelegt von Hrn. Schwarz am 20. Mai [s. oben S. 607.)
k Übereinstimmung mit der von Hrn. F. Merress' eingeführten Be-
zeichnung bedeutet #(k) im nachfolgenden eine Function des ganz-
zahligen positiven Argumentes Ak, welche
= I & me hell,
— 0, wenn k durch eine von 1 verschiedene Quadratzahl theil-
bar ist,
—-—1|, wenn k aus einer ungeraden, und
— 1, wenn %k aus einer geraden Anzahl verschiedener Prim-
factoren zusammengesetzt ist.
Demgemäss sind die Anfangsglieder der in der Überschrift erwähnten
Reihe bei Fortlassung der verschwindenden Glieder
(k)
k
positive Werthe von % annimmt, und zwar in derjenigen An-
Sie umfasst alle Werthe, welche der Ausdruck °'- für ganzzahlige
ordnung, in welcher sie entstehen, wenn man für A der
Reihe nachalle Zahlen der natürlichen Zahlenreihe einsetzt.
Es wird behauptet, dass diese Reihe convergire und die
Summe 0 habe.
Diese Behauptung selbst ist schon von L. Eurer ausgesprochen
worden’. Aber die Gründe, welehe Ever dafür anführt, sind nicht
zureichend, weil ihm noch die Einsicht fehlte, dass die Entscheidung
der Frage, ob eine gegebene Reihe convergire, und welches ihre
Summe sei, unter gewissen Voraussetzungen nicht bloss davon ab-
! „Über einige asymptotische Gesetze der Zahlentheorie«, Journal f. d. r. u.a.
Mathematik, Bd. 77, 1874, S. 289.
® »Introduetio in analysin infinitorum«, Tom.I, Lausannae 1748, Cap. XV,
Nr. 277, Exemplum 1.
--.
dd
536 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
hängt, welche Glieder überhaupt in der Reihe vorkommen, sondern
auch davon, wie diese Glieder geordnet sind.
Soviel ich weiss, ist ein strenger Beweis der Eurer’schen Be-
hauptung bisher noch nicht gelungen. Nachdem indessen durch die
werthvollen Ergebnisse, mit welchen die HH. HapamArp' und DE LAV ALLEE-
Povssıs® die Theorie der Rırmanx’schen Funetion {(s) bereichert haben,
die grössten Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt sind, erweist
es sich als möglich, einen, wie ich glaube, einwandfreien Beweis zu
erbringen. Dies soll im nachfolgenden geschehen.
18
Wenn ın eine ganze positive Zahl bezeichnet und für d nach
einander alle Theiler von m gesetzt werden, so ist immer
NS uld)=0,
u
mit einziger Ausnahme des Falles »» =1, in welchem > u(d) — jowarde
Diese Grundeigenschaft der Function « ergibt sich durch ganz ein-
fache und elementare Überlegungen® und ist schon von A. F. Mösıvs
bewiesen worden‘. Aus ihr folgt sofort, dass für jeden’ nicht unter-
halb 1 gelegenen reellen Werth von zn und für jeden Werth des Ex-
ponenten r die Gleichung gilt
! 1. »Etude sur les proprietes des fonetions entieres et en partieulier d’une fonetion
consideree par Rıemann«, Journal de Mathematiques pures et appliquees, 4°me Serie,
Tome 9, 1893, p.171—215.
2. »Sur les zeros de la fonction &(s) de Rıemann«, Comptes rendus, 122, 1896,
p- 1470-1473:
3. »Sur la distribution des zeros de la fonetion {(s) et ses consequences arith-
metiques«, Bulletin de la societE math@ematique de France, Tome 24, 1896.
? »Recherches analytiques sur la theorie des nombres premiers«, premiere partie,
Annales de la Societe seientifique de Bruxelles, t. XX, 2° partie, 1896.
® Vergl. P. Bacumann, »Die analytische Zahlentheorie«, Leipzig 1894, S. 308— 310.
* „Über eine besondere Art von Umkehrung der Reihen«, Journal f.d.r. u. a.
Math., Bd. 9, 1832, S.108-ıır —= Gesammelte Werke, Bd. 4, Leipzig 1887, S.595—597,
5 Aus Zweckmässigkeitsgründen, welche sich im nachfolgenden geltend machen,
wird die Zahl » absichtlich nicht der Einschränkung unterworfen, ganzzahlig zu sein.
Unter X ,/(k) ist jedesmal, die Summe aller Werthe (A) zu verstehen, welche man
k 1
erhält, wenn man für # nach einander alle nicht ausserhalb des Intervalls (1:---) lie-
genden ganzen Zahlen einsetzt.
von Mancorpr: Beweis einer Eurer’schen Behauptung. 831
Denn die linke Seite erhält dadurch, dass man nach Ausführung
der vorzunehmenden Multiplicationen jedesmal alle diejenigen Glieder
vereinigt, in welchen das Produet AA den gleichen Werth hat, die Form
wo für d, jedesmal nach einander alle Theiler von v zu setzen sind;
in Folge der erwähnten Grundeigenschaft der Function u sind aber alle
Glieder der über v erstreckten Summe gleich Null, mit Ausnahme des
ersten, welches den Werth 1 hat.
Bezeichnet man nun allgemein durch [x] die grösste ganze in x
enthaltene Zahl, so erhält man aus (1) für r—= (0 die von Hrn.R. Lirscnirz'
angegebene Gleichung
(2) Zeul;| an
al
n
oder, wenn man zur Abkürzung
setzt,
NS u(k)- —1+N u(k)r;
u K J
it 1
Da nun
und der absolute Werth der Summe aller übrigen in > ulkr, enthaltenen
Kr
Glieder nieht grösser als [n]—-1 ist, so ergibt sich
n
n
S u(k)—-|Sn.
art
Durch Division mit n erhält man daher den folgenden
Hülfssatz 1. Der absolute Werth der Summe
x u(k)
—_—
kzı
ist niemals grösser als 1, welchen Werth auch die obere Sum-
mengrenze n haben möge”.
! Comptes rendus, Vol.89, 1379, P.949.
® Dieser Satz ist auf dem gleichen Wege schon von Hrn. J. P. Grau abgeleitet
worden in einer Preisschrift »Undersogelser angaaende Maengden af Primtal under en
given Graense«, Kopenhagen 1834, Memoires de l’Academie Royale de Copenhague,
6me serie, Classe des Sciences, Vol. II. p. 197—198.
838 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
Setzt man zweitens in Gleichung (1) r=1, so erhält man
(3) Su 3 en:
Nun ist bekanntlich
PR a:
iA=l - >
un
wo 0 = 0.57721 56649 --- die sogenannte Evrer’sche Constante bedeutet,
und 0O<S<[1I ist.
Bezeichnet man jetzt durch S,,S,, >, Zahlen, von denen nichts
weiter bekannt zu sein braucht, als dass sie 20, aber <1 sind, so
erhält man durch Anwendung des Tayror'schen Satzes in der ein-
fachsten Form zunächst
n N n "%
[| z ( = ARTEN
= —5 rn.
k ;
Da nun immer
en
en; 1 .
also
nn — Br E3 n
ee or
und ausserdem r,;,<1 ist, so kann man der vorstehenden Gleichung
die Form geben
n k
if == In—Ik—25, .
Überdies lässt sich
umwandeln. .So erhält man
! —=In-Ik+C+(s,— 25, ir
A ey
und, wenn man dies in (3) einsetzt,
a u(k) an u(k)lk = rl il b ee i
InD 7 > = 1-02 1: - „>, @2.-3,)elk).
BJ k=1 k=1 k=1
Hieraus folgt aber unter Berücksichtigung des Hülfssatzes ı. so-
fort der
. - ” >*®
von Mascorpr: Beweis einer Eurer’schen Behauptung. 339
Hülfssatz 2. Der absolute Werth des Unterschiedes
u(k u(k)lk
DIOR
— ko mw k
EI En
kann niemals den Werth
3+C
übersteigen, einerlei welchen Werth die obere Summengrenze
n haben möge.
2)
.
Im nachfolgenden gebrauche ich zum Theil die gleichen Bezeich-
nungen wie in meiner Arbeit mit dem Titel: Zu Rıemasw’s Abhandlung
»Über die Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Grösse«!.
Insbesondere hat das Zeichen A(w,r) die dort S.279 angegebene Be-
deutung.
Zur Vermeidung aller Weitläufigkeiten, welche etwa daraus ent-
stehen könnten, dass der Ausdruck A(w,r) als Function von x ange-
sehen, an jeder Sprungstelle den Mittelwerth zwischen den unmittel-
bar benachbarten Werthen annimmt, möge die reelle, der Bedingung
n=1 unterworfene Zahl n bis auf weiteres auch noch der Einschrän-
kung unterworfen werden, nicht ganzzahlig zu sein. Dann folgt
aus der Erklärung der Funetion A(x,r), dass für jeden zulässigen
Werth von » und für jeden Werth von r die Gleichung gilt
Sulk)ik (k) u
(4) >, I rn pr’
Zum Beweise hat man nur nöthig, jedes Glied der linken Seite,
in welchem A eine zusammengesetzte Zahl ist, durch Auflösung des
Factors /k in die Summe der Logarithmen der Primfaetoren von %k
in eine Summe zu verwandeln. Wenn man sodann stets alle die-
Jenigen Bestandtheile der linken Seite der Gleichung (4) vereinigt,
welche den Logarithmus ein und derselben Primzahl als Faetor ent-
halten, so erscheint der Logarithmus /p einer beliebigen unterhalb n
liegenden Primzahl p jedesmal multiplieirt mit dem Factor
a
1. ulkp),
ee kr
Nun ist aber
u(Ap) = —u(A), wenn k nicht durch p theilbar, dagegen
u(kp)—= 0, wenn k durch p theilbar ist.
! Journal f.d.r. u. a. Mathematik, Bd.ı14, 1895, S. 255— 305.
540 Sitzung der phys.- math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
Setzt man in diesem Falle — ?, so kann man der letzteren
Gleichung die Form geben
u(kp) = —ulk)+u(rp).
und erhält daher
1 un Ellen) p)
We a kr
Indem man die zweite der rechts stehenden Summen, falls sie
nicht von selbst wegfällt, noch einmal in der gleichen Weise umformt
und nöthigenfalls so fortfährt, gelangt man nach einer endlichen An-
zahl von Schritten zu der Gleichung
n n n n
IS plhp) _ _ I uk) Seh 1 Seh,
pP kr Bee kr De kr iD Fa r
Die rechte Seite dieser Gleichung stimmt aber genau mit dem-
jenigen Factor überein, mit welchem /p auf der rechten Seite der
Gleichung (4) behaftet erscheint, wenn man dort für die Ausdrücke
N x 5
A (7 r) die entsprechenden Summen einsetzt.
Hiermit ist die Gleichung (4) bewiesen.
Aus ihr folgt durch Multiplication mit nr’
I = Zul a)
el!
und hieraus durch Differentiation in Bezug auf r
\ u(k Ik Er u(k)(2k) ar d IE 1 n \)
S Sn L N! — NE — ulk) — BR »1\.
(5) en hr - I \ ar x, N r)\
Aus dieser Gleichung erhält man diejenige Formel, welche für
den zu erbringenden Beweis die Grundlage bildet, indem man in jedem
Gliede der rechts stehenden Summe für die zahlentheoretische Function
A ihren analytischen Ausdruck einsetzt, welcher durch die Gleichung
(55)S.292 meiner oben angeführten Arbeit gegeben wird, sodann r
in Il übergehen und hierauf n unendlich gross werden lässt, und end-
lich noch einige sich leicht darbietende Vereinfachungen vornimmt.
Die wirkliche Ausführung dieser Umformungen und Schlüsse er-
fordert einige Rechnung.
Zunächst empfiehlt es sich, der erwähnten Gleichung (55) eine
andere Form zu geben, wobei einige in der gleichen Abhandlung auf
den S.279 und 284 angegebene Formeln zu benutzen sind.
von Mancorpr: Beweis einer Evurer’schen Behauptung. S4l
Zu diesem Zwecke möge die Zahl r der Einschränkung unter-
worfen werden, dass sie sowohl von 1 als von sämmtlichen Null-
stellen der Function {(s) verschieden sein soll. Dann erhält man aus
der letzten a.a. 0. S. 279 angegebenen Gleichung, indem man s —= 0 setzt,
die) __1 es] Ro 102 S 2(r-;) r
dr r—1l | n+l r+2n\ = (r—-4)’+u;
n—1 =
Wenn man ferner der Gleichung
C= lim }14+5+5+: + -bl,
Es
durch welche die Constante ( erklärt wird, die Form gibt
= n n+1\
: e i n dI&(r)
und diese Gleichung mit der vorangehenden Formel für a Nee
ar
bindet, so erhält man
dIc(r 1 < r = ap
Ri > En m oL.
dr r—1l = —2n(r+2n) a) 40,
Aus dieser Gleichung und der Gleichung (55) (a. a. 0. S.292) folgt
Alg,r) = a _ di&(r) N el =) er N 2: er
1—-r dr = (r —
Nun ist aber, wie sich aus den beiden letzten Gleichungen auf S.284
der angeführten Abhandlung sofort .ergibt.
2(r 5) N
Sn a 5 a
(r 4)’ +0, 5 ee en
Wilz,r) =
Setzt man dies in die vorangehende Formel ein, so erhält man nach
Multiplication mit x’
x dI£(r) Sera ER zit ai ]
BURN AEN EN _ 19%) en
El) 1—-r i dr ee Pi — r-+—-0,1 r-3+a,t\
Hiermit ist die oben als wünschenswerth bezeichnete Umformung der
Gleichung (55) ausgeführt.
Aus der Gleichung (6) erhält man durch Differentiation in Bezug
auf r
d x dlc(r) d’I&(r)
*) - a —_ ic" 5
) (1-r)' dr dr”
842 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
Diese Gleichung zeichnet sich dadurch aus, dass die auf der rechten
Seite vorkommenden unendlichen Reihen beide gleicehmässig eonver-
giren für alle Werthe von x, die in einem beliebigen endlichen Intervall
mit der unteren Grenze 1 gelegen sind, und für alle Werthe von r,
welche einem beliebigen endlichen Bereiche angehören, der weder im
Innern noch auf der Begrenzung eine Nullstelle der Function {(s) ent-
hält. Eben deswegen kann gegen die Differentiation der in Gleichung
(6) vorkommenden unendlichen Reihen durch Differentiation der ein-
zelnen Glieder ein berechtigter Einwand nicht erhoben werden. Aus
den Gleichungen (5) und (7) folgt nun
n
(5) iS HOLEES lk)tik)® |
Keen,
n To
= > u(k) _ k | = n\’,n di&(r) (m \' dc) SS (4)
? Ic ch: de” — (r+ 2)"
In dieser Gleichung denke man sich
ler
gesetzt und sodann beide Seiten nach aufsteigenden Potenzen von >
entwickelt.
Da bekanntlich!
yv f I Au Y Yen
ei+)= —+l+Gp+l,E +.
p
ist, wo ( wieder die Eurer’sche Constante und (€, C,,--- von p unab-
hängige Coeffieienten bedeuten, deren Zahlenwerthe für das Nachfol-
gende nicht erforderlich sind, so hat man
nr
It) =-ı+li+lpo+Ce+:-:)
—=-b+l+(G,-3
ale(1+o0 1 : 2 es
S OH __ 110480 -O)pt--,
a a .
do D
und erhält daher aus (8), indem man die von p unabhängigen Be-
standtheile beider Seiten einander gleich setzt,
! Vergl. A. Pırız, »Über das Gesetz, nach welchem u. s. w.« Diss. Berlin 1881,
S.6—7, oder P. Bacnwaxv, »Die analytische Zahlentheorie«, Leipzig 1894, S.468— 470.
. ” ” A
von Mansorpr: Beweis einer Evrer'schen Behauptung. 843
DENT
(angel u(k)lk u(k)(/R)' % = dl n ne RD ar, ns (7)
n > k > a rg: 17) a: >43)
mt 1 n \&yi 1 n \=4,i
ee
(%) elea)) #) era \e
A, In ar uk) plk)ik uk
=- Zul) ((ir)’- 2m Ik+( + (!k) Wu ED 77 >: 7 | (20, —( m
> ee Ei \ 1 a n \s»+2;i 1 2 (n\ 3-a,il
STYLE N a Sn ed (7 \
FD>oyZror Baer Bere \r ara Aw: a2
oder nach Division durch 2 und Streichung von Gliedern, welche auf
beiden Seiten vorkommen,
RS HR)" (k) (Ik) \ au) a ulk)ik a ul)
OD) rt 0m Ir LER e)> So
ML Mt Ki k=1 K=—1
e gza-ı " BA \ 1 en {alt 0 1 X az
Se rd nl) ae
In dieser Gleichung können nun aber die absoluten Werthe der
drei ersten Glieder der rechten Seite niemals gewisse endliche Grenzen
überschreiten, nämlich
der des ersten niemals die Grenze C(3+C) nach Hülfssatz 2,
der des zweiten niemals die Grenze |2C,—C*| nach Hülfs-
satz I, und
1 Se
der des dritten niemals die Grenze S —— , weil immer
a)
NS v IN 7.20 nel S2ucr 1
Del) <I kin —n
K—1 %—ı
ist.
Was endlich das vierte Glied der rechten Seite der Gleichung (9)
anbetrifft, so kann man folgendes nachweisen:
Nach willkürlicher Annahme einer beliebig
kleinen positiven CGonstanten e ist es immer möglich,
für die Zahl n eine Grenze N in der Weise vorzu-
schreiben, dass der absolute Werth jenes vierten
Gliedes für alle der Bedingung n>N genügenden
Werthe von n kleiner wird als ein.
Da nämlich die reellen Theile der Nullstellen 5+z,i der Function
S(s) den Werth 1 niemals überschreiten, so ist zunächst
x ya at — Fb 5
Dum)(” I S =>, - „|1+| : —= n(1+In)<2n- In,
= =1
v
1
sobald n>e ist.
844 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
Ferner folgt aus der von Hrn. Hanamarn' bewiesenen unbedingten
ao
| : Sl EScTe > 6 SE
Convergenz der Reihe $D_,, dass es möglich ist, eine ganze positive
0,
v—1
Zahl @ so zu bestimmen, dass jede der beiden Summen
> — und 3 Ir
re an] en steil
kleiner als ze wird.
Nachdem dies geschehen, hat man für jeden oberhalb e gelegenen
Werth von n
la) = Ik & Ha) ( )
= 1 ü n \ztai 1 M n \3—- il
Az n Me
= > (7) IT ezezn) > (r) \ + n In
Denn in der links vorkommenden Summe ist nach dem Voran-
gehenden der absolute Werth der Summe aller derjenigen Glieder, in
welchen v>@ ist, kleiner als
also um so mehr kleiner als zen -/n.
Durch geeignete Verfügung über n kann man nun aber auch den
ersten Theil der rechten Seite der Ungleichheit (10) unter den Betrag
,en-/n herabdrücken. Weil nämlich die Funetion £(s), wie die HH. Hana-
MARD und DE LA VALLEE-Poussıy bewiesen haben’, keine Nullstelle besitzt,
deren reeller Theil gleich 1 wäre, so ist der grösste Werth, welchen
der reelle Theil des Ausdrucks
f e
Tan?
unter der Bedingung v<@G annehmen kann, kleiner als 1. Bezeichnet
man diesen grössten Werth durch 7, so ist in jedem Gliede der Summe,
welche auf der rechten Seite der Ungleichheit (10) an der ersten Stelle
steht,
ur n\ttail — /n\“ da N
> w(k)| > [# <w| -= —=
— k = » x” -
und daher der absolute Werth jener Summe selbst, wenn zur Abkürzung
' Vergl. die oben angeführte Abhandlung »Etude sur les proprietes ete.« p.21o
? Vergl. die oben angeführten Abhandlungen.
ur ; S
von Mancorpr: Beweis einer Evrer'schen Behauptung. 845
£
Son nn | M
(2-8 Ist]
gesetzt wird, kleiner als
IE NR
on
also kleiner als
en-In
sobald
M
—— <zeln
1-7
oder
eu
n > e ell—r)
ist.
Nachdem dies festgestellt, ergibt sich leicht, dass das vierte Glied
der rechten Seite der Gleichung (9) wirklich die oben angegebene Eigen-
schaft besitzt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und des von
den drei ersten Gliedern Erwähnten folgt aus (9) nach Division durch z/n
(11) ‚lim In> 2 ) u; Se a — 408
1 k=1
Da die hier auf der linken Seite unter dem Zeichen lim stehende
Function von n sich stetig ändert, wenn n stetig zu- oder abnehmend
durch einen ganzzahligen Werth hindurchgeht, kann jetzt die Ein-
schränkung, dass n ganzzahlige Werthe nicht annehmen solle, wieder
aufgehoben werden.
Durch Anwendung eines bekannten von G. LEJEUNE DIRICHLET an-
gegebenen Kunstgriffs erhält man
n 0 ke I \
SE _ SS
In = k In IN N \
1 K—ı2 WA—U N!
k n
a 5 0%) (r+1)) u.(k)
5 Denen SS
2.08 Sue Im ar
Da nun
(a+)) 1 , 2Un+s)) _ 2 In+s)
no u nn
ist, und da der zweite Theil der rechten Seite bei unbegrenzt wach-
sendem n verschwindet, so kann man der Gleichung (11) die Form
geben
\ı & ur)
(12) Bm > Kl) (Ik, u —0.
Nun ist aber nach dem Tarvror'schen Lehrsatz
ı=1l
Ss46 Sitzung der phys. -math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
5 n 2k 1—-UR h
(I(k+ 1)) — (!K) — = u rd ((<S<I]).
Da ferner der absolute Werth der Summe
1-1k+2) Su)
— (k4HS)”" 1
k=1 a—=l
.
wie sich unter Berücksichtigung des Hülfssatzes ı ergibt, immer kleiner
bleibt als die endliche Zahl
So 1+1(k+3)
so kann man statt (12) einfacher schreiben
(13) lim
Dies ist diejenige Formel, auf welche schon oben als die Grundlage
des zu führenden Beweises hingewiesen wurde.
Es sei
u die untere
und
U die obere
Unbestimmtheitsgrenze der Summe
k
Se
N
al
bei unbegrenzt wachsendem A.
Dann folgt aus (13)
I. Die untere Unbestimmtheitsgrenze vkann nicht po-
sitiv sein.
Denn angenommen, man hätte v>0, so würde man stets eine ober-
halb 2 gelegene ganze positive Zahl Ak, so bestimmen können, dass
für jeden der Bedingung
kk,
genügenden Werth von % die Ungleichheit
ua)
Dr \
Seren
—— A 2
Aal
bestände. Wenn dann zur Abkürzung
vov Mancorvr: Beweis einer Eurer’schen Behauptung. 847
gesetzt würde, so hätte man für n>%A, die Ungleichheit
n
1 1 1 er
P; — Alk, — - > - >>
ee Er an
Wegen A,=3 würde hieraus folgen, dass
u 4 1 u
am. = Do — TE A(k,—1)
[N
Alaaıyr
1
me:
u
Ms & m 2. MH
41m Ik) zn
ee 5 1 r :
wäre, das heisst der Ausdruck „A würde bei unbegrenzt wachsen-
n z
dem n unendlich gross werden, was der Gleichung (13) widersprechen
würde.
Ganz ebenso ergibt sich
II. Die obere Unbestimmtheitsgrenze U kann nicht ne-
gativ sein.
Durch etwas verwickeltere Betrachtungen findet man
II. Die obere Unbestimmtheitsgrenze U kann nicht po-
sitiv sein.
Die Annahme 7>0 würde sich nämlich ebenfalls nicht mit der
Gleichung (13) vereinigen lassen, indem aus beiden folgen würde, dass
2 i An Den: s y
der Quotient 7, 2) bei Anderungen von rn in dem Intervall (@--- +)
n
immer noch Schwankungen erleiden könnte, welche eine gewisse po-
sitive Constante übersteigen, einerlei. wie hoch man auch die untere
Grenze @ des angegebenen Intervalls hinaufrückt.
Im Einzelnen ergibt sich dies, wenn man über einige innerhalb
gewisser Grenzen willkürlich anzunehmende Zahlen gleich so verfügt,
dass man einfache Formeln erhält, folgendermaassen:
Wäre U>0, so würde man, wie aus der Bedeutung von U und
der Gleichung (13) sofort hervorgeht, nach willkürlicher Annahme
einer beliebig grossen oberhalb ? gelegenen Zahl G, stets eine ganze
positive Zahl n, finden können, welche die folgenden Ungleichheiten
gleichzeitig befriedigte:
n,>G
v
(14) 1-
n 18
(15) year
848 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22, Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
An,
In,
Da aber nach dem Vorangehenden u=0 ist, so müsste es Werthe
von n geben, welche >n, und zugleich so beschaffen wären, dass
el 2
<ztl .
(16)
wäre. Wenn dann n,+1 den kleinsten dieser Werthe bezeichnete, so
hätte man
n+l =
A =
(17) yer<ir,
ıA=1l
dagegen für
n, kn,
Eis rn
(18) SD
eh hi
Aus (15) und (17) würde durch Subtraction folgen
II MA) IR 177
Um so mehr müsste
oder
sein. Nun ist aber
Also wäre
oder
AU
(19) n,+1>n,e'
Nunmehr würde aus der Gleichung
m
N, k
Ar) An TS EN RR
In, In Iı ku Nr In, Im
? —/ v
0 lk=nt A—l 2
unter Berücksichtigung von (18) folgen
Am) AM) sg N Ik tm In, Aka)
In, In "In, % In, In,
k=n+l
al SE A(n,)
at a IN > 07
_—_ Ih k | In, ı
,, u
lk-m+tı
von Mancorpr: Beweis einer Evrer’schen Behauptung. 849
und unter Berücksichtigung von (16)
An) A(,) Zap 1 > Ik _am
In, In, In
no+1
7 Mo, +1)+4n, +1) ut! _ım
= In, +1
SıU y al
ne
sodann bei Beachtung von (19)
Aln,) A(n,) BR me
In, nel
endlich bei Beachtung von (14)
A(n,) 4A(n,)
In, In, :
An
In
mehr als „U” zunehmen. Da dies mit Gleichung (13) nicht vereinbar
ist, muss die Annahme U>0 verworfen werden.
Genau ebenso ergibt sich schliesslich
IV. Die untere Unbestimmtheitsgrenze v kann nicht ne-
gativ sein.
Durch die Sätze I. bis IV. wird jede andere Möglichkeit ausge-
schlossen, als dass
(20) Jim > 2 —
k— oo Mm
ı=1
Der Quotient - würde somit, wenn rn von n, bis n, wächst, um
ist. Dies ist aber, genau die in der Überschrift ausgesprochene Be-
hauptung.
4.
Aus dem eben gewonnenen Ergebniss fliesst als einfache Folge-
rung der folgende
Lehrsatz. Bei unbegrenzt wachsendem r wird die Summe
n
> u(k)
RL
Sitzungsberichte 1897.
850 Sitzung der phys. -math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
im Verhältniss zu n selbst zuletzt unendlich klein, d.h. es ist
N
(21) ‚im en
Beweis. Setzt man zur Abkürzung
Ki
mit dem Zusatz, dass M(0) = 0 sein soll, so hat man für jeden ganzen
positiven Werth von n
u(k) 1
>! =», M(k)-Mk-1)
woraus leicht
ulk) M(k) M(n)
2) 2 een n+1
folgt. Nun sei
v die untere
und
V die obere
Unbestimmtheitsgrenze des Quotienten
bei unbegrenzt wachsendem n. Dann ergibt sich zunächst:
vo kann nicht positiv sein.
Denn sonst könnte man eine ganze positive Zahl A, so bestimmen, dass
für k>%A, beständig
A (k)
k+l
wäre. Dann hätte man aber in Folge von (22) für n>A, die Un-
>19
gleichheit
n ky ?
x ulk) N Mk) + In > + x T v,
= h ak (A ai 1 ) k rl
ER a u(k h ;
d. h. die Summe > u würde bei unbegrenzt wachsendem » unend-
u |;
kl
lich gross werden, was nicht möglich ist.
Zweitens findet sich:
Auch V kann nicht positiv sein.
Denn sonst könnte man nach willkürlicher Annahme einer beliebig
grossen positiven Zahl @ zunächst eine ganze Zahl v so bestimmen,
dass
»>G
und
von Mancorpr: Beweis einer Eurer’schen Behauptung. s5l
wäre, und sodann eine ganze Zahl n, so, dass die Ungleichheiten
n, >v
und
M(n,)
n+l
Sr
gleichzeitig beständen. Wenn dann durch n, die grösste unterhalb n,
'elegene ganze Zahl bezeichnet würde, welche die Bedingung
fo] ’ oO fo}
M(n,) ap
LO!
befriedigte, so hätte man
G<ySn,
und für alle Werthe von k, welche die Bedingung
n, <sk=en,
befriedigten,
Mk). N
ns
Unter Berücksichtigung dieser Ungleichheiten würde sich aber aus
(22) folgendes ergeben:
o u(k) .< u(k =, Mk) M(n,) Mn)
Fl k — k let) n+1 n,+l1
a ee
Ss > St Ve]
k=nm+l
= MW
4 all : i
Die Summe > würde somit bei unbegrenzt wachsendem n
k=1
fortgesetzt Schwankungen von grösserer Weite als ;V erleiden, was
der Gleichung (20) widersprechen würde. Also ist die Annahme V>0
unzulässig.
Ganz ebenso lassen sich negative Werthe der Zahlen V und v aus-
schliessen.
Somit bleibt nur die Möglichkeit, dass
: M(n)
lim —— = 0
n=w nt
also auch
a M(n) j
lim - —0
n= & n
ist, wie behauptet wurde.
852 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Juli. — Mittheilung v. 20. Mai.
Ganz ähnlich ergibt sich der folgende allgemeinere Satz, der die
vorangehenden als besondere Fälle umfasst:
Wenn « einen beliebigen reellen nicht unter-
halb -1 gelegenen Exponenten bezeichnet, so ist
immer
(23) En er Zu OR“ ——0jr
Denn, setzt man zur Abkürzung
k
>.RO)R = N(k) (k=1,2,3,.--),
il
so hat man
u(k) _XS 1 : “_S on 1 1 N (n)
>. = u(k)k“ — Dal = a) + Gyr
kl ö k—1 kl
N) N(n)
——lleh 1 ——,
(a+ > (k+S,)*+? (nr +1)et
wo jede der Zahlen S,; zwischen 0 und 1 liegt, und an diese Gleichung
lassen sich Schlüsse anknüpfen, welche den vorangehenden durchaus
ähnlich sind.
Auf demselben Wege kann man noch unendlich viele andere Glei-
chungen von ähnlicher Art wie (23) gewinnen, von denen nur die eine
(24) lim en uckyzr! =)
besonders hervorgehoben werden möge.
Auch die Ausdehnung der gewonnenen Ergebnisse auf die ge-
wöhnlich durch ?(k) bezeichnete zahlentheoretische Function, welche
sich von der Function #(A) nur dadurch unterscheidet, dass sie, falls
k durch ein von 1 verschiedenes Quadrat theilbar ist, nicht den Werth 0,
sondern ebenfalls den Werth +1 hat, je nachdem % aus einer geraden
oder einer ungeraden Anzahl von Primfactoren zusammengesetzt ist,
bietet keine Schwierigkeit. Insbesondere ergibt sich
das heisst: Für grosse Werthe von n finden sich in dem In-
tervall (1--:2) annähernd ebenso viele ganze Zahlen, die aus
einer geraden, als solche, die aus einer ungeraden Anzahl
von Primfactoren zusammengesetzt sind.
Ausgegeben am 9. August.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
853
SITZUNGSBERICHTE _ 1897
DER XXXIXN.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
29. Juli. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
*]. Hr. Exerer las über die systematische Anordnung der
dikotyledoneen Angiospermen.
Nachdem in den letzten Jahren die Chalazogamie bei den Casuarinaceen entdeckt
worden war, und nachdem auch versucht worden war, der Beschaffenheit der Samen-
anlagen mit Rücksicht auf die Entwicklung der Integumente einen hohen systemati-
schen Werth beizulegen, konnte man zweifelhaft sein, ob die bisherige Eintheilung der
Angiospermen in Monokotyledoneen und Dikotyledoneen beizubehalten sei. Da die
Chalazogamie auch bei Betulaceen und Juglandaceen entdeckt wurde und da die Nicht-
entwicklung von Integumenten bei den Santalales auch als secundäre Erscheinung anf-
gefasst werden kann, so ist davon Abstand zu nehmen, die Angiospermen in Chala-
zogamen und Acrogamen zu spalten oder dieselben nach dem Vorgange van Tıesnuen’s
in Invoulate, Innucellate und Nucellate zu gruppiren. Es ist aber auffallend, dass
gerade bei apetalen oder haplochlamydeischen Familien derartige Abweichungen in der
Entwicklung des Pollenschlauches und der Embryosäcke vorkommen. Es scheint dies
ein Grund mehr dafür zu sein. dass alle diese Familien im System der Dikotyledoneen
eine niedere Stufe einnehmen. Bei ihnen ist die Art der Befruchtung und die Ent-
wieklung der Embryosäcke nicht so fixirt, wie bei den übrigen Dikotyle doneen. Für
die vom Verf. vorgenommene Anordnung der Reihen der Dikotyledonen sind nach wie
vor Beschaffenheit der Blüthenhüllen, der Blüthenachse und Stellung der Blüthen-
phyllome maassgebend; die Reihen sind nieht immer einheitliche monophyletische Ver-
wandtschaftskreise, sondern Complexe von mehreren Verwandtschaftskreisen, von Unter- '
reihen, die, theilweise von verschiedenen Anfangspunkten ausgehend, in ihrer Ent-
wicklung auf derselben morphologischen Hauptstufe Halt gemacht haben, theilweise
aber auch noch verschiedene Hauptstufen der Entwicklung erkennen lassen. Jede der
morphologisch weiter vorgeschrittenen Reihen ist als eine selbständige Pflanzengruppe
anzusehen, welche in keiner Weise von einer der anderen abgeleitet werden kann.
2. Hr. Harnack legte eine Abhandlung des Hrn. Dr. E. Krosrter-
MAnN in Kiel vor: »Die Schriften des Origenes in Hieronymus’
Brief an Paula«.
Das in dem Brief des Hieronymus an die Paula mitgetheilte Verzeichniss der
Werke des Origenes war bisher nur aus dem Codex von Arras bekannt. Es ist hier
auf Grund von 4 Handschriften (Arvas, 2 Pariser, Brüssel) neu recensirt und com-
mentirt.
erscheint nicht in den akademischen Schriften.
*
s54 Gesammitsitzung vom 29. Juli.
3. Hr. vox Bezorp legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Dr. A.
Kösıe hierselbst vor: Die Abhängigkeit der Farben- und Hellig-
keitsgleiehungen von der absoluten Intensität.
Werden bei einem »Grünblinden« aus den Enden des Spectrums Farbengleichun-
gen mit Lichtern der zwischenliegenden Wellenlängen hergestellt, so ist von diesen
Gleichungen nur eine, auf eine bestimmte Nuance bezügliche, von der absoluten In-
tensität unabhängig. — Stellt ein »Grünblinder« Farbengleichungen zwischen Gaslicht
(oder Sonnenlicht) einerseits und Mischungen des langwelligen Endes des Speetrums
mit einem andern monochromatischen Lichte andererseits her, so muss dieses letztere
Licht eine bestimmte (bei Sonnenlicht andere) Wellenlänge haben, damit die Farben-
gleichung von der Intensität unabhängig ist. — Die als Purkınse’sches Phänomen be-
zeichnete verschiedene Abhängigkeit der Helligkeit der verschiedenen Spectralfarben
von der absoluten Intensität ist keine allgemein gültige Regel.
4. Die philosophisch-historische Classe hat Hrn. CoxzE zu einer
topographischen Aufnahme der Umgegend von Pergamon 12000 Mark,
und Hrn. Sacnau zur Herausgabe der Geschichte des Islam von Ibn Saad
ıSooo Mark bewilligt.
5. Die physikalisch-mathematische Classe hat Hrn. Hofrath Dr.
B. Hasen in Frankfurt a. M. zur Herausgabe eines anthropologischen
Atlas 3000 Mark bewilligt.
6. Hr. Gaston Maspero, Mitglied des Institut und Professor am
College de France in Paris, ist zum correspondirenden Mitgliede der
philosophisch --historischen Classe im Fach der orientalischen Philologie
erwählt, und Hr. GırorLAuo Vıreruı, Professor am Regio Istituto di Studj
superiori in Florenz, zum correspondirenden Mitgliede derselben Classe
im Fach der classischen Philologie.
Die Schriften des Origenes in Hieronymus’ Brief
an Paula.
Von Dr. E. KLostTERMANN
in Kiel.
(Vorgelegt von Hrn. Harnack.)
Dr. Bibliothek des Märtyrers Pamphilus zu Caesarea ist von grund-
legender Bedeutung für alles Wissen um Origenes. Auf sie geht sehr
wahrscheinlich alles zurück, was uns von seinen Werken vollständig
und auszugsweise, im Urtext und in Übersetzungen, überliefert ist:
auf sie auch das einzige ausführliche Verzeichniss seiner Schriften,
das wir noch heute besitzen.
Eusebius von Caesarea entschuldigt sich an dem Punkte seiner
Kirchengeschichte (6, 32,3), wo er eigentlich die Werke des Origenes
vollständig aufzuzählen Veranlassung gehabt hätte, in doppelter Weise,
wenn er es dort nicht thue. Einmal gehöre dazu besondere Musse,
und zweitens habe er bereits seinem »Leben des Pamphilus«, um
dessen theologische Verdienste in das rechte Licht zu stellen, die (vor-
handenen) Listen der Werke des Origenes, wie der übrigen Kirchen-
schriftsteller aus der Bibliothek des Pamphilus einverleibt (Ti der Tov
Aoywv TÜvOpos EMI TOV TMapovTros TOV akpıßn Karaxoyov Toıeıodaı,
iöias Öeouevov oyoAns; Ov Kal äveypayauev emi ns Tov Flaubirov
Blov Tov ka nuas iepov uaprvpos qvaypasbns, ev n nv mrepi ra Heia
omovönv Tov IlaubıAov önson Tıs Yeyoveı TapıoTWVvTes, TNS FvVva-
xdeions auto Tov Te Wpryevovs Kal TOVv AAAwV EKKÄNTLACTIKOV FUY-
ypapbewv BıßAuoßnkns Tovs mivaras mapedeunv [lies mapedeuev]). Dort
könne jeder Wissensdurstige genau erfahren, was von den Arbeiten
des grossen Mannes noch auf seine Zeit gekommen sei (ra eis nuas
eXdovra). Leider sind diese Listen griechisch nicht mehr erhalten,
sondern mit dem »Leben des Pamphilus« untergegangen; und die zer-
streuten Angaben des Eusebius, welche direet auf diesem Kataloge,
oder doch auf dem thatsächlichen Bestande der Bibliothek zu Caesarea
ruhen, sind zu einer Reconstruction des wirklich vorhanden Gewesenen
zu knapp.
S56 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
Zur Zeit des Hieronymus aber ist das »Leben des Pampbhilus«
noch in Umlauf und diesem selbst genau bekannt (de vir. inl. Sı;
adv. Ruf. 1,9). Er weiss, dass der Katalog der Schriften des Origenes
sich im dritten Buche befindet und dass er keine 2000 Nummern
umfasst (adv. Ruf. 2, 22: Numera indices librorum ejus qui in tertio
volumine Eusebii, in quo scripsit vitam Pamphili, eontinentur: et non
dieo sex millia sed tertiam partem non reperies). Er weiss endlich
auch, dass dieser Katalog auf Pamphilus selbst zurückzuführen ist,
und zwar an einer Stelle, die einige Schwierigkeiten bietet (ep. 34. 1):
Beatus Pamphilus Martyr, ceujus vitam Eusebius Caesariensis epi-
scopus, tribus ferme voluminibus explicavit, cum Demetrium Phalereum,
et Pisistratum in sacrae Bibliothecae studio vellet aequare imaginesque
ingeniorum, quae vera sunt, et aeterna monumenta, toto orbe per-
quireret, tune vel maxime Origenis libros impensius prosecutus, Cae-
sariensi Ecelesiae dedieavit: quam'! ex parte corruptam, Acacius de-
hine, et Euzoius ejusdem Eeclesiae sacerdotes in membranis instaurare
conati sunt. Hie eum multa repererit, et inventorum nobis indicem
dereliquerit, centesimi vigesimi sexti Psalmi Commentarium, et Phe
litterae Traetatum’, ex eo quod non inscripsit, confessus est non re-
pertum. Non quod talis tantusque vir (Adamantium dieimus) aliquid
praeterierit, sed quod negligentia posterorum ad nostram usque me-
moriam non durarit. Hoc ideo dixi, ut quia de eodem Psalmo mihi
proposuisti, quid esset panis doloris ....... ostenderem me de Ori-
genis Commentariis quid senserit, non habere.
Was hier von Pamphilus gesagt wird, scheint über die nüch-
ternen Angaben des Eusebius nur durch die rhetorische Ausmalung
hinauszugehen. Die eingeschobene Bemerkung über Acacius und Euzoius
entspricht de vir. inl.ı113 (Euzoius..... plurimo labore corruptam jam
bibliothecam Origenis et Pamphili in membranis instaurare conatus)’
! Es muss wohl bibliothecam hinzugesetzt werden.
2 Was dieses bedeutet, hat man nicht sicher ermitteln können; und vielleicht ist
eine Corruptel daran Schuld. Marcella hat von Hieronymus die Erklärung einer Stelle
des v 126 verlangt. Er entspricht dem, will aber zugleich anmerken, dass er seine
Meinung nicht aus Origenes’ Erklärungsschriften (commentariis) habe, also weder aus
einem röuos (commentarium), noch aus einer Homilie (traetatus) zu dem Psalm. Lies
etwa: ut pariter statt: et PHE litterae.
3 Eine Bestätigung dieser Nachricht liefert der Wiener Philo-Codex theol. gr. 29
mit seiner Notiz: Ebldıos Emirkomos &v owuarioıs avevencaro; vergl. zuletzt Philonis Alex.
op. omn. ed. Conx et Wenprano I, III, 1896. Eurmarn (Röm. Quartalschr. V, 223, 1891)
meint, dass diese Umschreibung »sich ohne Zweifel nicht auf alle Handschriften wird
erstreckt haben«. Dazu stimmt, dass Hieronymus die Werke des Origenes in der
Bibliothek zu Caesarea zum Theil in Abschriften des Pamphilus (de vir. inl. 75, vergl.
Bernovrrı, Der Schriftstellerkatalog d. Hieronymus 281, 1895), zum Theil in den Normal-
exemplaren (comm. in ep. ad Tit.3.9) gesehen zu haben scheint.
Krosvermann: Schriften des Origenes. 857
und beruht wohl auf eigener Anschauung. Der folgende Satz (Hie
cum multa ete.) bezieht sich zweifellos wiederum auf Pamphilus, und
nicht auf Euzoius (gegen Enrnarp). Aus der Äusserung des Eusebius
aber, wie aus dieser zweiten des Hieronymus geht hervor, dass der
Katalog des Pamphilus dem praktischen Bedürfniss entsprungen war,
die Bücher zu katalogisiren, die er hatte auftreiben und an sich bringen
können, und dieser seiner Natur nach nicht beanspruchte, ein ausge-
führtes Bild der gesammten schriftstellerischen Thätigkeit des Origenes
zu liefern.
Wie verhält sich nun zu diesem Katalog das Verzeichniss der
Schriften, welches Hieronymus in der Zeit seiner ersten Liebe zu Ori-
genes aufstellte? Ganz wie Eusebius einst, so bringt auch Hieronymus
es nicht an der Stelle, wo man es eigentlich erwartet, im Schrift-
stellerkatalog. Sondern er entschuldigt sich da ebenfalls (de vir. inl. 54):
Et quia indicem operis [andere: operum] eius in voluminibus
epistularum quas ad Paulam seripsimus, in quadam epistula contra
Varronis opera conferens posui, nune omitto.
Der Brief, auf den er verweist', ist ein Vorläufer des Schriftsteller-
katalogs, gewissermaassen ein libellus de viro inlustrissimo. Wie näm-
lich in jenem die Kirche durch Aufzählung möglichst vieler christlicher
Autoren (darunter Seneca, Philo und Josephus) und ihrer Schriften von
dem Vorwurf der rustica simplieitas gereinigt, und statt dessen gegen
ihre Ankläger der der imperitia erhoben werden sollte (de vir. inl. prol.),
so will er hier zeigen, dass die beiden fruchtbarsten Schriftsteller der
alten Lateiner wie Griechen von dem Christen Origenes übertroffen wer-
den (ep. 33,1: Marcum Terentium Varronem miratur Antiquitas, quod
apud Latinos tam innumerabiles libros scripserit, Graeci Chalcenterum
miris efferunt laudibus, quod tantos libros composuerit, quantos quivis
nostrum alienos sua manu describere non potest). Das heisst, er will
es eigentlich, besinnt sich aber sofort eines bessern, und eliminirt den
Didymus ganz, weil eine Liste griechischer Werke für einen Lateiner
kein Interesse habe (Et quia non otiosum est apud Latinos Graecorum
voluminum indicem texere, de eo qui latine seripsit, aliqua commemo-
rabo). Dann zählt er von Varro’s Werken kaum die Hälfte auf, weil
' Ich eitire hier nach dem Reconstruetionsversuch von Prrra, Spice. Sol. III, 311 ff.
1855 (im Apparat= Pi). Über die Geschichte des Briefes ad Paulam habe ich kürzlich
in TU NF 1, 3, rf. berichtet. Ich führe noch einmal die hauptsächliche Litteratur an:
REDEPENNINnG, Origenes ]. II, 1841/46 (=ReO). F. Rrrscnt, Rhein. Mus. NF VI, 481ff.
1843 (oder op. 3, 419f.=Ri). F. Rrrscat, Ind. schol. Bonn. 1849/50 (oder op. 3.
506f.=b). REDEPENNING, Z. hist. Theol. NF 15, 66 ff. 1851 (=ReZ). Prrra. Cuappuss,
Sentences de Varron etc. 1ı7ff. 1856. Westcorr, Diet. Christ. Biogr. IV, 96-142, 1882
(=We). PrruscHen , Harnack’s Gesch. d. altchr. Litt. I, 332—405, 1893 (=Pr). Krüser,
Gesch. d. altehr. Litt. 107—126, 1895 (= Kr).
D
-o m 5 5 <
558 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
überhaupt kein rechtes Interesse für solche Dinge vorhanden sei. (Vix
medium descripsi indicem, et legentibus fastidium est. At e contrario
nostra saecula habent homines eruditos, seiuntque pisces in quo gurgite
nati sint, quae concha in quo littore ereveriteete.). Darauf gibt er gleich-
wohl eine vollständige Liste der griechischen Schriften des Origenes
(Vultis nosse quanta ingenii sui reliquerit monimenta? sequens titulus
ostendet. Seripsit ete.), um mit dem Ausdrucke der Befriedigung zu
schliessen, dass er so deutlich die Überlegenheit seines Helden gegen-
über Griechen wie Lateinern veranschaulicht habe (Videtisne et Graecos
pariter et Latinos unius labore superatos?).
So sicher nun Plan und Ausführung dieses Machwerks eigenster
Besitz des Hieronymus sind, so wenig ist das von dem werthvollen
mitgetheilten Stoffe zu glauben. Daher halten Lientroor (Diet. Christ.
Biogr. II, 319), Preuscnes (a. a. O. 334) und BErnouru (a.a.0. 292) es für
sehr wahrscheinlich, dass Hieronymus’ Katalog nach dem des Pamphi-
lus-Eusebius angefertigt worden sei und dass er mit jenem —- Flüchtig-
keiten, Versehen und falsch überlieferte Zahlen abgerechnet — im we-
sentlichen übereinstimme, und Harnack (Gesch. d. altehr. Litt. I, XXXIV)
sagt sogar geradezu, dass Hieronymus den Pamphilus nur ins Latei-
nische übertragen habe. Dagegen liesse sich einmal anführen, dass
Pamphilus’ Katalog ja nicht alle Werke des Origenes aufzuzählen beab-
sichtigte, während Hieronymus den Anspruch auf Vollständigkeit zu er-
heben scheint, ferner dass Hieronymus selbst anderweitig behauptet hat,
in seiner eigenen Bibliothek alles zu besitzen, was Origenes geschrieben
habe (ep. 84, 3: Quod autem opponunt, congregasse me libros illius,
super cunctos homines: utinam omnium Tractatorum haberem volu-
mina.... Congregavi libros ejus, fateor; et ideo errores non sequor,
quia scio universa quae scripsit), also möglicherweise eine selbständige
Aufzählung liefert, endlich, dass er die in Pamphilus’ Verzeichniss ver-
sammelten Bücher zwar auf keine 2000 Nummern geschätzt hat (adv.
Ruf. 2, 22), aber seine eigene Liste, so wie sie vorliegt, keine 800
umfasst. Indessen können diese Einwürfe bei der Art, wie Hieronymus
sich auszudrücken pflegt, nicht allzu schwer ins Gewicht fallen; und
was den letzten speciell anlangt, so sind bei der mangelhaften Über-
lieferung des Briefes ad Paulam auch grössere Ausfälle nicht unmög-
lich'. Andererseits legen aber nicht nur die bekannten Charaktereigen-
thümlichkeiten und schriftstellerischen Sitten des Hieronymus es nahe,
dass er nach der Liste des Pamphilus gearbeitet hat, sondern auch
! Für diese würde auch Hier. ep. 84,8 sprechen (Mille et eo amplius tractatus
in Ecelesia loeutus est: edidit innumerabiles praeterea commentarios, quos ipse appellat
Touovs, et quUoS nunec praetereo, ne videar operum ejus indicem texere), wenn die mille
tractatus als geschriebene zu fassen sein sollten (Mss. fügen vor in: legi quos ein!).
r N “m . al
Krosreruann: Schriften des Origenes. 859
der Umstand, dass, wo er die ungefähre Zahl der Schriften des Origenes
angeben will (adv. Ruf. 2,22) oder das Fehlen einer seiner Arbeiten
eonstatiren (ep. 34, 1), er sich nicht auf seine Kenntnisse und seine
Bibliothek verlässt, sondern auf den Katalog des Pamphilus zurückgreift.
Die Annalıme, dass er ihn einfach übersetzt, stösst dagegen auf
ernstere Schwierigkeiten. Man müsste dann auch vermuthen, dass be-
reits Pamphilus’ Verzeichniss so widerspruchsvoll angelegt war, dass
mitten zwischen die Commentare zum Alten und Neuen Testament die
dogmatisch-apologetischen Schriften eingeschoben waren, dass bei den
Commentaren die Reihenfolge der Bücher war: Gen.-Lev., Jes., kl.
Proph., Ez., Psalm., Spr., Pred., Hohel., Klagel., und später: Röm.,
Gal., Eph., Phil., Col., Thess., Tit., Philem., während bei den Homilien
auf Gen. — 1. Sam. folgten: Hiob, Spr., Pred., Hohel., Jes., Jer., Ez.,
Psalm., und später: Cor., Thess., Gal., Tit., Hebr. Diese und kleinere
Differenzen würden sich erklären, wenn durch eine nicht gerade glück-
liche theilweise Umredigirung eine ursprünglichere, planvollere An-
ordnung des Verzeichnisses gestört wurde. So ist es auch als möglich
zuzulassen, dass Hieronymus einzelne Angaben nach eigenem Wissen
änderte oder hinzufügte. Wenigstens fällt bei manchen Zahlangaben
von Homilien die Übereinstimmung mit der Anzahl auf, welche Hie-
ronymus selbst ins Lateinische übersetzt hat.
Obige Erwägungen beruhen allerdings auf einem Texte, der nicht
nur bisher schlecht herausgegeben, sondern überhaupt mangelhaft über-
liefert ist. Rufin kannte den Brief an die Paula noch und hat ihn
benutzt (apol. 2, 20), eine Spur von ihm ist vielleicht bei Isidor von
Sevilla (etym. 6,7) zu finden. Von da ab ist er verschollen mit Aus-
nalıme der von Rufin angeführten Sätze, bis in unserm Jahrhundert
Sir Tuomas Pniuumrs zu Arras in einer Handschrift der Pentateuch-
homilien des Origenes als Einleitung sehr erhebliche Theile des Briefes,
vor allem die Listen der Werke des Varro und des Origenes entdeckte.
Auf seinem unzuverlässigen Privatabdruck beruhen die erste Ausgabe
von F. Rırscur und die von REpErPEnSInG, Pırra und Preuscnen. Die
zweite Ausgabe Rırschr's beruht auf einem Facsimile der gleichen
Handschrift, das A. ScHhLEıcHer angefertigt hat. Für Varro zog dann
noch Cnarpuis zwei Pariser Handschriften der Pentateuchhomilien des
Origenes heran. Diese beiden benutze ich im Folgenden zum ersten Mal
für die Liste der Werke des Origenes, dazu noch eine vierte, ganz
ähnliche Handschrift der Brüsseler Bibliothek, welche merkwürdiger-
weise aus dem Besitz des Sir Tuomas Pmurrıers dorthin gelangt ist.
Weitere zu finden ist mir nicht gelungen, und es dürfte auch nur
geringe Aussicht sein, in Zukunft noch ein Manuseript mit erheblichen
Abweichungen und darum von selbständigem Werth zu entdecken.
S60 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
Die von mir benutzten Handschriften sind
a) .cod. Paris. bibl. nat. lat. 1628 saec. XII (»provenant de S. Amanp;
anc. TELLIER 235, anc. Regius 3621 (2)«);
b) cod. Artebr. 849 saec. XU/XIU (olim S. Venasti);
c) cod. Paris. bibl. nat. lat. 1629 saeec. XII (»provenant de S. Marrın
de Tournaı, anc. TELLIER 191, anc. Reeıvs 3731(2)«);
d) cod. Bruxell. II. 1065 saec. XII (»provenant de l’abbage d’Avuse,
autrefois Pnırrieps 4645 «)'
Auch die Übereinstimmung dieser vier (U) sehr nahe verwandten
Handschriften”? bietet jedoch leider keine Gewähr dafür, dass wir den
Text ungefähr so herstellen können, wie Hieronymus ihn hinterlassen
hat. Darauf weist schon ihr geringes Alter, und deutlich tritt es zu Tage
bei einer Vergleichung mit den Bruchstücken, die Rufin aufbewahrt
hat (R). Wenn dagegen in U (und R?) eine Anzahl Schriften fehlen,
die nicht nur Eusebius und Hieronymus selbst gekannt und benutzt
haben, sondern die auch noch heute vorhanden sind; wenn sich eine
Anzahl von Zahlangaben durch Vergleichung mit gelegentlichen No-
tizen des Eusebius und des Hieronymus selbst oder mit dem noch
vorhandenen Bestande als zu gross oder zu klein erweist — dann
ist es zwar möglich, aber nicht gewiss, dass diese Mängel dem Ur-
exemplar des Briefes ad Paulam nicht anhafteten, also nur unserer
Überlieferung zur Last fallen.
Über die nun folgende Ausgabe habe ich noch zu bemerken,
dass die Handschrift a benutzt ist in einer Abschrift von A. VıDıER,
b in dem Facsimile aus dem Ind. schol. Bonn. 1849/50, e nach einer
Collation von A. Vıpızr, und d nach einer Collation von J. VAN DEN
Guevys. Der Text weicht von dem Consensus der Handschriften (U
oder UR) nur sehr selten ab, niemals in den Zahlangaben, da hier
eine Correetur von noch so offenbaren Fehlern doch eine Correetur
am Hieronymus selbst sein könnte. Im Apparat sind alle Abwei-
chungen der Handschriften gebucht mit Ausnahme der Compendien
für liber, omelia, epistula und dergleichen. Daneben habe ich auch
die beachtenswerthen Verbesserungsvorschläge notirt. Die Anmerkun-
gen sollen, wo es erforderlich ist, die Begründung des hergestellten
Textes bringen, zweitens die auf anderm Wege überlieferten An-
gaben zur Vergleichung heranziehen, und endlich sachliche Zusätze
und Berichtigungen zu dem gegenwärtigen Wissen über die Werke
! Für ihre ausserordentlich gefällige Hülfe beim Aufspüren der Handschriften
bez. für die Besorgung von Collationen bin ich den HH. H. Ouoxr und A. Vipıer in
Paris, wie €. Ferıs und J. van DEn GHEyN in Brüssel zu lebhaftem Danke verpflichtet.
® Eine aus der anderen abzuleiten, was besonders für b und d nahe läge, ist
mir nicht gelungen.
UR
Krosterumann: Schriften des Origenes. Ss61
des Origenes bringen, wie es durch WestcorT, PrREUSCHEn und KRÜGER
vertreten wird. Die Kirchenväter konnten in der Regel nur in den
Drucken von Miexe angeführt werden'. Für Cassiodor’s Inst. div. lit.,
auf die besonders viel ankommt, habe ich die wichtigste Handschrift,
den cod. Bamberg. H. 1. IV. ı5, selbst eingesehen. Sie stimmt übrigens
in ihren Abweichungen vom Druck mit den jungen codd. Vat. lat. 569
Vat. Urb. lat. 67 Vat. Ottob. lat. 765 und Casan. XX. VII. 20 überein.
Quorsum Varronis et Calcenteri mentio facta sit queritis; videli-
cet ut ad nostrum Adamantium nostrumque Calcenterum veniamus,
qui tanto in sanetarum seripturarum commentariis sudore laboravit,
ut juste adamantis nomen acceperit. Vultis nosse quanta ingenii
sui reliquerit monimenta? sequens titulus ostendet:
un
seripsit Mysticarum omeliarum libros II
In Genesim libros XIII In Exodum excerpta
1. Chalcenteri R | quaeritis R| videlicet] fehlt in b 2. nostrum] fehlt in R
(aber Ms: Adamantium nostrum) | Amantium d | Chaleenterum R Calcenterium b
3. tanto] + studio R (fehlt im Ms) | sacrarum b d | commentariis] fehlt in R|labore su-
davit R 4. Adamantü R 5. ostendit R 7. genesi U| XIII] tredeeim R
8. mystiearum] locarım ac localium bd Pi moralium Re Z 69 | II] duos R 9... Im
Exodum.. (In Exodum) excerpta möchten lesen Ri ReZ 69
2. Hier. ep. 43.1 (Ruf. apol. 2, 17): vere Adamantius et Chalcenterus noster;
Pseudoanatol. Alex. de rat. pasch.: caleuli componendi perspieacissimus quippe qui
et Caleenterus! Cummianus (MPL LXXXVII, 971): Origenem Chalcenterum et vere
adamantinum. Isid. vergl. zu Z.198. 3. Hier. ep. 84, 8: seripturas memoriter te-
nuit, et in studio earum diebus desudavit ac noctibus; vergl. de vir. inl. c. 54.
4. Hier. praef. in libr. de nom. hebr. (Ruf. apol. 2,16): ingenii sui praeclara monu-
menta. 6. Man vermisst hier etwa noch: tomorum in vetus testamentum, vergl.
Z. 97. 7. XIII Bb. (über Gen. c. 1-4? vergl. c. Cels. VI, 49; daher wohl auch Hexa-
emeron genannt vergl. Hier. ep. 34,7) nimmt man unter Berufung auf R und Hier.
ep. 36.9 an, obwohl letztere Stelle ein 14. B noch nicht ausschliessen würde. Sicher
unrichtig bietet Eus. h. ec. VI, 24,2 XII (P). Die XIII aus irrthümlicher Summirung
der 12 Bb. Commentar und der 2 Bb. Homilien zu erklären (Pr 343), ist nicht möglich.
Was an Excerpten aus Commentaren, Homilien oder an Scholien des Orig. zu der
hist. Bb. in Procor's Ketteneommentaren steckt, hat neulich L. Eısennorer (Procopius
von Gaza 1897) bequem zusammengestellt. 8. Ob mysticarum (locarum ac) oder
localium (romkov, rporıkov?) ist bis jetzt nicht zu entscheiden; man erwartet noch eher
etwas wie exegeticarum. Vielleicht stand in ihnen die vermisste Homilie über Mel-
chisedek, die Hier. ep. 73,2 erwälnt (We 104). 9. Bei den Excerpten wird eine
Bandzahl in der Regel nicht angegeben (Z.13 27 71 178 geg. 86). Mehrere rsuor von
eis rıjv &&odov onueiwoeıs kennt Philoc. ec. 27 und Hier. übersetzt sowohl exorıa als oy-
ueıwgeıs mit excerpta (prol. hom. Orig. in Ez., prol. comm. in Is... Ob darum erxoAıa
= onueiweeis, ist freilich fraglich vergl. Hurr Orig. IIl, 2,1, 2—4 ReOl, 375 ff. II,
67 Pr 339.
! Eusebius’ Kirchengeschichte dagegen in der Ausgabe von HeıxıcHen, 2. Aufl.
1868, Hieronymus’ de viris inlustribus in der Ausgabe von Rıcuarvsox (TU XIV, r),
1896, die Philocalie in der von Rozınsox 1893, Vıncenz von BEauvaıs nach dem Ab-
druck bei Pr 336.
562 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
ıo In Leviticum excerpta In Osee de Effraim librum I
Stromatum libros X ıs In Osee commentarium
In Isaiam » XXXV]I In Johel libros II
Item in Isaiam excerpta In Amos » al
1o. in (III b) leviticum excerpta stromatum. libros X. U | [.. In Numeros ex-
cerpta] schliessen an Ri ReZ 69 11-76. et post multa R 12. ysaiam bd
13. ysaiam d 14. ephraim d|]] unum d 17. Ausfall des Obadja nach Amos
vermuthet Ri
10. Excerpte zu Num. benutzte Ruf. prol. hom. Orig. in Num., aber sie dem
Verzeichniss einzufügen ist man darum noch nicht berechtigt. Von einem Comm.
in Num. wissen wir nichts; die dafür angezogene Stelle (Pr 349) bezieht sich in
Wahrheit auf Orig. bom. 5,2 in Num. Lateinisch existirt freilich noch ein Com-
mentar zu den sämmtlichen hist. Bb. des A. T. unter der Überschrift: Ineipit com-
mentum super genesym secundum Örigenem im cod. Laur. plut. XIV, 8. Nach Stich-
proben zu urtheilen dürften in diesem späten Elaborat wenigstens die noch erhaltenen
Origeneshomilien benutzt sein. ı1. Von den Stromata, welche z. Th. Excerpte
enthielten (zu Dan., zu Gal.) und deshalb an dieser Stelle erscheinen, ist die gleiche
Zahl auch sonst überliefert (Pr 383). Über die Excerpte des Presbyters Beatus aus
diesem Werke, welche sich im Escurial befinden sollen (Re OÖ I, XIII II, IV), vermag
ich Neues, wenn auch nichts Erfreuliches zu berichten; auf eine Anfrage wurde mir
aus dem Escurial am 23. 6. 97 durch Benısnus FERNANDEZ O.S.A. gütigst mitgetheilt,
dass in den Katalogen prout nunc exstant keine Spur von ihnen zu finden sei. Am
6. 7. aber erhielt ich durch Hrn. Dr. E. Scnärer’s Gefälligkeit Nachricht über einen
cod. Matr. bibl. nac. B. 3ı membr. A. D.1047, welcher »Apokalypse und Daniel mit
Erklärungen des Presbyters San Beato« enthält. Auf fol. 311”—313" befinden sich
dort auch die gesuchten Excerpte aus Orig.'s Stromata. Da dieser Beatus offenbar
der bekannte Beatus von Libana ist, in dessen Commentar zur Apokalypse der des
Hier. steckt (BArpenuewer Patrologie 433), so ist es nicht wunderlich, dass auch
diese Excerpte gar nicht selbständig sind. Sie beginnen: »Expositis, ut potui, quae in
Danielo libro juxta Hebraicum continetur, ponam brebiter quod Origenes in decimo
Stromatum suorum libro de Susanne et Belis fabulis dixerit. Cuius haec verba sunt.«
und sind, wie man bereits hieraus ersehen kann, wörtlich identisch mit Hier. comm.
in Dan. ec. XIII/XIV. ı2. XXXVI in U wird Überlieferungsfehler sein. Denn
nicht nur werden die XXX Bb. bei Eus. h. c. VI, 32,ı durch die Noten des cod.
Vat. gr. 2125 (Pr 927 f. Cerıanı, De codice Marchaliano 2of. Cozza, S. Bibl. Vet.
Fragm. I, XXXVIl ff.) bestätigt, sondern nach Hier. prol. comm. in Is. hätte Orig.
nur 30 Bb. verfasst (bis Is. 30, 5), von denen zu Hier.’s Zeit das 26. bereits fehlte.
Und die 2 Bb. de visione rerpamööov (Is. 30,6 fl.) ad Gratam, qui pseudographi pu-
tantur werden wohl gerade deshalb so beurtheilt worden sein, weil man wusste, dass
Orig. nur exp Tys Öpdoews Toy Terpamoowv T@v Ev Ti) epyuo (Eus. a. a. OÖ.) commentirt
hatte. In den Catenen findet sich zum Jesaia fast keine Spur, weder von den Commen-
taren, noch den Homilien, noch den Excerpten (desgleichen nichts zu den kleinen Pro-
pheten). 13. Diese onueiscess nennt Hier. prol. comm. in Is. 14. Eine exegetische
Monographie, nicht der Commentar (geg. Pr 366)! Hierauf beziehen sich die Worte
Hier. prol. comm. in Os.: Origenes parvum de hoc propheta seripsit libellum, ceui hune
titulum imposuit, mepi roV mas &vouaodn ev To None Eppaiu. 15. Diess ist der Com-
ınentar (so auch Ri); eine Bandzahl von ihn zu geben war nicht möglich, das Buch
war akebaxov kal areXeorov (Hier. a.a.0. Biırr, Antikes Buchwesen 374 Anm.4). Die
25 Bb. Commentare zu den kleinen Propheten, welche Pamph. (Hier. de vir. inl. ce. 75)
und Eus. h. e. VI, 32, 2 nur noch besassen, kommen dann zwar richtig heraus, wenn
man diesen Commentar zu Hos. als ein Buch rechnet; Voraussetzung wäre aber dabei,
dass alle Theilzahlen in Ordnung sind (vergl. aber Z.17, wo Ri Obadja vermisst [Orig.
'Krosrermann: Schriften des Origenes. 863
In Jonam librum I In Psalmo XIIII® librum I
In Micheam libros III In » RL et
zo In Naum EN In » xVI el
In Abacue on 45 In u xx De
In Sophoniam » 1 In » XXIII 220-1
In Aggeum lihrum I In » XXVIII® „» 1
In prineipio Zachariae libros II In » XXXVII® al
2s In Malachiam » II In » 3.900 » I
In Ezechiel » XXIX so In » XLIII! libros II
Excerpta in Psalmos a primo usque In » XLIIII® » I
ad quintum deeimum. — Rursum: In » xXLV° librum I
In Psalmo primo librum I In » XLVI° TE
30 In » secundo » I In » L° libros II
In » tertio » I ss In » I5IC librum I
In » quarto at In » LII® a
In » quinto | In » LIII® est
In » vIo 3 In » LESAnI“ » |]
35 In » IIO » 1 In » LVIII® » I
In » anne Be 60 In » LVIIII® 7
In » VIII? | In D LXII® » |
In » x Sl In » LXIII® „1
In » XI a! In » LXII® Bu
40 In u X11° 1 In » LXV® DT
In » X1I1° ST 65 In » LXVIIIO ST
21. abacuch ac abbacuc d 26. Jezechiele ac Hiezechiel d|b: In iezechiel.
lib. XXV. III. Excerpta in psalmos ete. Danach Pi: In Ezechiel lib. XXIV [soll
heissen XXV?]. III Excerpta ete. 28. quintum deeimum] XV d vicesimum quintum
ändert ReZ 72 29ff. lib.ı Excerpta in Psalm. ı lib.r. (Excerpta in Psalm.) 2
etc. RiReZ nach PnırLıprs 31. tertio] tercio d III b 34ff. Die Zahlen werden
in Worten statt in Ziffern ausgedrückt in b von hier bis y 12, in d bis v 40 35. 1]
fehlt in a 42. I] fehlt in a 50. libri b 51. libri b 54. quinquagesimo
a|libri b 55. liber d 59. LVII] XVII b
e. Cels. VII, ır!] und 25). Übrigens scheint noch der Verf. des psendorufinischen Com-
mentars zu Hosea (MPL XXI, 959fl.) eine der Arbeiten des Orig. zu Hos. gekannt
zu haben; er findet darin (und in Folge dessen auch bei Hier.) allegoriarum magis
lepida, quam historicarum explanationum solida et tenenda. 24. Das gleiche weiss
Hier. auch sonst (Pr 366). 25. Hier. prol. in Mal.: Ill Bb. 26. Zweifellos ist
XXIX falsch. Nach Eus. h. e. VI, 32,1 und den Noten des cod. Vat. gr. 2125 hat es
nie mehr als XXV Bb gegeben. Aber Pi's Änderung widerspricht der ausnahmslosen
Stellung der Bandzahl hinter dem Buchtitel, und statt NXXIX einfach XNXV zu
schreiben ist deshalb unzulässig, weil Hier. selbst hier die Verwechselung zwischen
xd und ke begangen haben kann. 27. Dreifach waren Orig.’s Arbeiten zum Psalter
auch nach Hier.’s Angabe in den Commentarioli in Psalmos oder Excerpta de Psalterio
(ed. G. Morın, Anecdota Maredsolana III, r. prologus, 1895); den kurzen Anmerkungen
des Enchiridion (vergl. Z.178) tritt ein aliud opus von grosser Ausführlichkeit gegenüber,
bald darauf werden ausdrücklich tomi und omeliae genannt. Diese Commentare nun
finde ich, entgegen der gewöhnlichen Meinung und Pitrrıprs’ Lesart, in Z. 29-69,
die Homilien Z.114—177. Man muss dann freilich 2 Sammlungen von Excerpten an-
nehmen (Z. 27 und 178), oder bei Z. 27 sich erinnern, dass Eus. h. e. VI, 24, 2 rouoı
zu v ı—25 erwähnt, und unsere Nachricht damit eombiniren; Ri will deshalb sogar
bei Eus. i€ statt xe lesen. 29. Einen röws zu wı kennt auch Philoe. e. 2/3.
32. Einen rouos kennt auch Philoe. c. 26.
564 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
In Psalmo LXX® librum I quos insuper seripsit in adolescentia
In » TREO » 1 75 In Lamentationes Jeremiae thomos V
In prineipio LXXmi ]Jdi Sl RURSUM
In EI? N libros HI Periarchon libros III
zo In Proverbia > 19 Deimesunreetione x u
In Eeclesiasten excerpta Et alios de resurreetione dialogos II
In Cantieum Canticorum libros X so De proverbiorum qui-
Et alios thomos II busdam questionibus librum I
73. U] duos e | insuper seripsit] mit Farrıcıws Ri Re Z72 vergl. Philoc. e.7;
superseripsit U 75. iheremiae b Hieremie d 76. Rursum] item monobiblia
(monobibla Ms) R 77. Tlepı Apkov (Periarchon Ms) R Periarcon b | III] quattuor R
78. II] duos R (Z. 78/79 fehlen im Ms) 79. Il] duos R 80. Von hier bis
Z.197 fasst R Alles in die Worte zusammen, et cum enumerasset omnia eius Opuscula,
secundum indienli fidem [finem] addidit (Ms: addit) et dieit
71. Hieraus stammt. vielleicht das von mir Analecta S.29 aus dem cod. Vat. gr.
1694 edirte Catenenfragment. 72. Die gleiche Zahl steht auch sonst fest (Pr 359).
Bei Vine. (super prineipium cantieorum libros III) ist IIII zu lesen, da er zweifellos
die in 4 Bb. bis e.2, ı5 reichende Übersetzung Rufin’s meint. 73-74. Philoeses7.
ek TOV eis TO doya jukpoV Touov, Ov Ev Ti) veoryrt Eypayrev (vergl. Hier. prol. comm. in
Abd.); danach wird man das superseripsit in U zu bessern und das röwos der Philoe.
nicht im eigentlichen Sinne zu fassen haben. Vergl. noch ThLZXXI, 323 und die
den Charakter des Orig. tragende kurze anonyme Einleitung zum Hohenlied, die ich
1892 aus dem cod. Ven. gr. I saec. VIII/IX herausgegeben habe (De libri Coheleth
versione Alexandrina S.4 ff. Daselbst ist S.5 Z.8 das ? zu streichen; Z.17 lies
E’ eokväuevy; Z.18 «al rov marepa; Z.14 v.u. ZAAMA statt Zarouov; Z.II vu.
WPAIEIXON statt opaıodncav?]). 75. Ebensoviel hatte Eus. h. e.VI, 24, 2
überkommen. Nicephorus hat € in # verlesen, Maximus Confessor spricht sogar
von einem Io. röuos Pr 362. 76. Statt des farblosen rursum in U wäre das
item monobibl(iJa von R sehr viel erwünschter, wenn man es nur als Gesammttitel
der 6 folgenden Schriften fassen dürfte (Hurr, Orig. Il, 3, ı, 10), etwa im Sinne
unseres Wortes Monographie. Die gewöhnlich vertretene Auffassung nämlich (Ri
Pr 386 Re Z 70 Bırr a.a. O.), welche unter monobibl(i)a alle die nichtexegetischen
Schriften versteht, »welche nur ein Buch enthielten«, hat doch auch sehr grosse
Schwierigkeiten gegen sich. Ri z.B. muss selbst zugestehen, dass dann hinter mono-
biblia eine Zahl fehlt, dass es inconsequent und flüchtig ist, wenn trotz der Zusammen-
fassung in monobiblia nachher der Dialog gegen Candidus (Z. 81; Ri hätte auch Z. 8o
und 82 gleich mit anführen können) einzeln noch einmal gezählt wird, und endlich,
dass die Absicht einer vollständigen Aufzählung sich nur auf die exegetischen Werke
des Orig. erstreckt habe. An dieser Stelle nimmt Ri auclı den Ausfall der 8 Bb.
gegen Celsus an, die Hier. zweifellos gekannt hat (ep. 70, 3). Die Schrift wepi euxns,
von der das nicht feststeht, die aber Pamph. apol. c.ro erwähnt hat, ist ihm dagegen
mit unter monobibl(i)a begriffen. 78. 79. 4 Bb. über die Auferstehung zählt Hier.
auch ce. Joh. Hieros. ec. 25 (bei Pr 384 ist im Citat das »quarto« ausgefallen), nicht
aber bei Ruf. apol. 2,47 (gegen Pr 383 Kr 122, welche wohl 2, zo (MPL XXI, 599, 1878)
meinen; Eus. h. e. VI, 24,2 nennt nur 2 Bb. wepi dvaoracews. Für Dialoge über diesen
Gegenstand ist aber auch noch Theophilus von Alexandrien Zeuge (vergl. Hier. ep.
2, 4): in libris Resurrectionis, quos seripsit ad Ambrosium, dialeeticum morem imitans
disputandi, in quo seiscitatio est. atque responsio, artis magicae praedicator his verbis
est [:] Ars magica non mihi videtur alicujus rei subsistentis vocabulum, sed etsi sit,
nequaquam est operis mali, nec quod haberi possit contemptui. Die gleiche Stelle
eitirt er ein anderes Mal (Hier. ep. 96,16) aus »tractatibus« des Orig.
UR
Krosreruann: Schriften des Örigenes. 865
Dialogım adversus Candidum go In epistulam ad Ephe-
Valentinianum sios libros II
De martyrio librum In » ad Philippen-
DE NOVO TESTAMENTO ses librum I
In Matheum libros NXV Ta { oje en Zubrozgl
a arennen VERKK In epistula » N nr
In partes quasdam Jo- nn .
hannis excerptorum librum I In z z Thessalo- R
en ibros 4 nicenseslla librum I
In epistulam Pauli apo- ss In x ale ae
In » » Philemo-
stoli ad Romanos » XV
In epistulam ad Gala-
thas » XV
nem » I
82. martirio ac 93. I®] fehlt in bd 94. In-1] fehlt in b | 1a] scda d
81. Hier. adv. Ruf. 2,19: Habetur dialogus apud Graecos Origenis et Candidi
Valentinianae haereseos defensoris. Daselbst ist der Inhalt kurz charakterisirt; eine Einzel-
heit findet sich adv. Ruf. 2, 18. 82. Einfach repi naprvptov scheint auch nach Eus. h. e.
VI, 28,1; Hier. de vir inl. 56; Pamph. apol. c. 8 der Titel gewesen zu sein. Dagegen
nennt ihn schon Nicephorus röv mporperriköv eis uapripıov "yevvalov Aoyov. 84. Die
gleiche Zahl bei Eus. h. e. VI, 32,2; Hier. prol. comm. in Matth. Im prol. hom. Orig.
in Luc. (Ruf. apol. 2,22f.) geben die Hss des Hier. XNX\VI oder XXVI Bb. an,
XXVI auch Vine.; vergl. dazu Re OÖ Il, ı9ı Pr 366. Uber die Benutzung dieses Com-
mentares in dem des Hier. Zaun, Forsch. 2, 275 ff. 85. Die gleiche Zahl hat Var-
rarsı für Hier. prol. hom. Orig. in Luc. (Ruf. apol. 2, 22f., wo andere NXXIV und XXXIX
lesen) statt XXXIX und XXXIV bevorzugt. Dass Eus h. e. VI, 24, 1 fälschlich xB
liest, ist klar, da wir noch das 32. B. (AP) besitzen. Mit Recht haben daher Hvrr,
Faprrıcıus, Varrarsı die Eusebstelle so wiederhergestellt: r7s ö' eis ro mav evayyexıov Ön
ToVTO Tpayuarelas ‚uovor AB eis nuas mepınAdov Touoı (gegen Re Ol, 38ı Pr 371). Aus
diesem Ausdruck und Orig. Ser. comm. in Matth. 133 geht aber weiter hervor, dass
ursprünglich wohl noch mehr als 32 Bb. vorhanden waren; ob nun gerade 39 (DELARUE),
wird durch die subscriptio einiger Hss, nicht des Archetypus, kaum wahrscheinlicher
(vergl. Pr 371 und die früheren Subscriptionen zu tom. 6, 13, 20 und.28 bei DELARUE-
Losmarzsch). Der Verf. der Catene zum Johannesevangelium geht übrigens mit seinen
Originesexcerpten über Joh. 13, 33 eigentlich nicht hinaus (vergl. The commentary of
Origen on S. John’s Gospel ed. A. E. Brooke ll, 307 ff. 1896. Über die Johannescatene verel.
Brarke in St Kr 1895 S. 361ff.). 86. ReZ73 will die excerpta als Bruchstücke der
weiteren rouor fassen. 87. XV in U muss wohl als UÜberlieferungsfehler angesehen
werden gegenüber der V bei Hier. prol. comm. in Matth. (Ruf. apol. 2, 22 f.); so auch ReZ 74.
88. Auch Ruf. lagen noch XV rouo: vor (prol. comm. Orig. in ep. ad Rom., wo corrigirte
Hss XII oder X lesen), die er beim Übersetzen in X zusammenzog. Diese X nennt Vine.;
XX Bb. bei Cass. ist Fehler für XV oder X, vergl. Re O 11, 189. 89. XV in U
hat wohl als Überlieferungsfehler zu gelten, vergl. Hier. prol. comm. in ep. ad Gal. und
ep. 112,4. Über die Benutzung des Galatercommentars durch Hier. vergl. Zaun GNK
Il, 2,428 Anm. und öfter. 90. Die gleiche Zahl nennt Hier. auch prol. comm. in
Eph. (adv. Ruf. 1,21) und adv. Ruf. 1.21. Über die Catenenfragmente vergl. TU NF
I, 3 S. 64. 92. Ein Citat in tertio libro epistolae ad Colossenses steht bei Pamph.
apol. e. 5. 93. 94. Damit fällt die früher berechtigte Annahme, Origenes habe den
2. Thessalonicherbrief nicht erklärt. 95. Ein B. nennen auch Pamph. und Bar-
sanuphius, Pr. 375. 96. Nach dem Philemonbrief vermisst man den Commentar zum
Hebräerbrief, auf den Pamph. apol. schliessen lässt, Pr. 376.
Sitzungsberichte 1897. 79
866 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
RURS OMELIARUM IN VETUS In Deuteronomio omeliae XIII
TESTAMENTUM In Jesu Nave DON
In @enesi omeliae DXIL In libro Judieum » VIII
In Exodo a VII ı05 De pascha =. NON
lin Iuaziiten 5 XI In primo Regnorum libro » 111
In Numeris » XXVII In Job » XXI
98. genesy b 104. VIII] IX d 106. IlII] hierzu ina am Rand: r. 1.
98. Cass. zählt XVI in Ruf.’s Übers., Vine. XVII (lies XVII oder XVI); XVII oder
XV] bieten die Hss der lat. erhaltenen Homilien (vergl. Pr. 346). Mit den 2 Bb. mysticarum
omeliarum (vergl. Z.8) haben diese nichts zu thun. Benutzt sind sie z. Th. in Pseudo-
eucherius’ Commentar vergl. DLZ XVI, 45 und C. Worxe im 23. Jahresb. d. k. k. Staats-
symn. im XVIl. Bezirk von Wien 1897. Es ist übrigens sehr zu beachten, dass die letzte
Homilie »De benedietionibus patriarcharum« unvollständig ist (sie bespricht nur Ruben,
Simeon, Levi, Juda und bricht dann ohne Doxologie ab) und sachlich gar nichts enthält.
was nicht in Rufin’s »De benedietionibus patriarcharum« stände; nur ist Rufin’s Ablıand-
lung vollständig und stellt Juda als erstes Buch voran, gemäss der Bitte des Paulinus, be-
sonders den Segen Judas zu erklären. 99. VIH in U ist wahrscheinlich Überlieferungs-
fehler für XIII, so Vine. und die Hss von Ruf.'s Übers. ; Cass.’s XII (cod. Bamb.) oder XI ist
wohl in XIII zu bessern. 100. XV] lat. bei Cass., Vine. und den Hss von Ruf.’s Übers.:
XI in U ist wohl Überlieferungsfehler. Übrigens ist es ein Irrthum, wenn immer noch
für die Existenz mehrerer Homiliensammlungen angeführt wird, dass einem Philoe. ce. ı
erhaltenen Fragment einer Leviticushomilie in unseren lateinischen nichts entspreche. Das
dort in ABD unbetitelte, in E amo rys eis rö Aevirkov öyuAıas devrepas [lies mit Robinson
€ statt B] eöhds era rw äpxijv betitelte Fragment findet sich Hom. in Lev. V,ı (We 106).
101. XXVIII Vine. und die Hss von Ruf.’s Übers., Cass.: NXVIIU (cod. Bamb.) oder
XXX. Das Catenenfragment zu Num. 22,9 entspricht hom. XIl1,7 durchaus. 102. (ass.
hatte in lat. (Ruf.'s? vergl. prol. hom. Orig. in Num.) Übers. IIII (eod. Bamb.) oder VII.
was denn als Fehler für XIII zu gelten hätte, Pr 352. Rabanıus Maurus suchte wohl
infolge dieser Notiz Cass.'s nach ilmen, fand jedoch nichts mehr (praef. comm. in Deut.).
103. XXVI in Ruf.’s Übers.: Cass. (nach cod. Bamb., NNX nach den Drucken), Vine.,
die Hss der lat. erhaltenen Homilien. Zu den Catenenfragmenten vergl. TU XII, 3
und EisEnHoreEr a. a. 0. 104. VIlIL in Ruf.'s Übers. Cass., Vine., die Hss der lar.
erhaltenen Homilien. 105. Zu Ruth besass bereits Cass. nichts mehr. Die Ver-
muthung, dass sich auf Ruth die Paschahomilien beziehen, hat nur an der Stellung
dieser einen schwachen Anhalt, die für blosse Homilien über das Osterfest immer-
hin auffällt. Ob aber der libellus de pascha bei Pseudoanatolius Alexandrinus
(Pr 384; Zaun, Forschungen III, 180f. vergl. zu Z. 2. Über einige Fragmente aus der-
selben Schrift bei Cummianus und Victor Capuanus Pr 384), oder ob die homilia de
pace (Z. 188) damit combinirt werden darf, scheint ganz fraglich. Die Stellung der
Schrift könnte schliesslich noch zu der Annahme führen, dass es sich hier um Homilien
zu 2.Chron. Esra und Neh. handle, zu welchen Bb. Cass. noch je eine Homilie in
Übers. (Bellator’s, Pr 355) besass, und die sonst fehlen würden. 2. Chron. 30. 35 und
Esra A’ı ist ja vom raoyxa die Rede. ro6. IIII lat. kannte Cass. (ein cod. Bobb.
VI? Pr 355), Vince. besass jedoch nur noch die eine, die auch wir noch neben üurep
rjs &yyaorpınvdov haben, und die schon Pseudoeucherius comm. in libr. reg. ausgebeutet
hat (verel. zu Z. 98). Zu beachten ist die Note im cod. a. Ebenfalls verloren gegan-
gen ist eine noch Cass. bekannte Homilie zu 2. Sam. 107. Dass die Catenen-
fragmente z. Th. den Homilien entstammen, lässt sich hier einmal einfach beweisen: zu
Job 20,29 21,13 41,14. 15 sind in der Catene noch Fragmente mit Schlussdoxologie
erhalten (vergl. Gallandi und Pi zu d. St.). Orig. hom. 6,4 in Ez. (Pr 355) bezieht sich
auf den in der Catene etwa so lautenden Satz zurück: Job 40, ıır Alury 7 mporn
ar x u Fu N r A] N 7 7 Sch r ” re
Ovvanlıs KaTa TOov avopos, TOpVOoV TOIELV evreudev apxeTal eo... Iva To Av onuavı, iva ceien
Krosrersann: Schriften des Origenes. 567
In Paroemias omeliae VII 135; In Psalmo LII’ omeliae 11
In Eeelesiasten 2 NSHONE In 3. ale omelia |
ı1o In Cantico Canticorum Bl In n LXVII® omeliae VII
In Isaiam » XXXI In er DIEXTE » 11
In Jeremiam » XI In » LXXIIV » 111
In Jezechiel » Xu 140 In » LXXUITIO » 111
De Psalmis In » LXXIMO omelia |
ı15s In Psalmo III° omelia 1 In » EARVC » I
In me nn In » LXXVI! omeliae Ill
In » N\]119 a In » LXXVIe » VIII
In „ X]I0 a ae 145 In 2 TERRY TIITS » 1111
In »” XII el In » LERXO » 11
120 In » .xV2 omeliae Ill In » LXXXTO omelia |
In » XVIo omelia 1 In » LXXXIIO omeliae III
In » XVII] | In » LXXXIII0 omelia 1]
In » XXI] el ıso In » LXXXIII® omeliae II
In BEERTLTE a. 2 In » LAXRXV omelia |]
125 In RIO DT In » EXXXVI » I
In TS l In 2 CV » 1
In » 'XKXYV]° I In 02; » I
In ERIMII Se] 155 In a ERSVITITE omeliae III
In » IIONVTL omeliae \ In » ER omelia |]
130 In » REKSKANIITO » I In » EXXI! omeliae Il
In » RORKUVIITO » 1 In » EROSHL » ll
In » XXXVIMI » I In » CRIIITO » II
In » XLVIII° omelia ] 160 In a ERERTITNIE 5 Il
In » 1 » l In » (ERO,OUL omelia |]
ııı. ysaiam d| XNXI]] hierzu am Rand a: IX (vergl. zu Z. 106) 112. ihe-
vemia b Hieremia d | XIII] XXIIIL b 113. ihezechiel b Hiezechiel d a |
tertio ac tertio b 116. I] una d 117. octavo bd 119. I] una d ı21. In]
et in d|I]| una d 122. octavo dee’ d|1] fehlt in b 132. XXXIX Ad
133. XLIX d|1] fehlt in b 134. 1] una d fehlt in b 138. II] due d fehlt in b
140. II] + in LXXIII omel’ tres d; b hat hier eine lacuna membranae 144. VIII]
IX d 145. LXXIX d | Ol] III” ace?) 155. CXXVII a 156. 157. omelia ].
In EXXI°] fehlt in b | CXXI®] CXX® a 159. CXXXIIb CXXXIHacd
160. CXXXIUOIb CXXXIllacd 161. CXXXVac
er r > r \ - DT! x r r D r EL
OTL OTPATEVETAI OV JLOVOV KATaA TWV EXOVTOV Ta OTTEPHATA. Tavv 0eE eurpemeoTa Ta Wvonagev
’ x BERN ar et \ \ ar ‚ r x SueN ar, r n n
oo®BvVv ET appevos Kat oubaNov Ye Tpos ET YvvalKkos' EXP! Yap ET EVTNNAOV odacaı EodeL To
’ ER VERS NENSERNEe SERRES N NN ENT ER SE RT eo n r
Aoyo Eemt YVVvalKos. 100V 0eE U ITXUvS QAUTOV ET o7@vVL, 7 oe OVVALUIS AavTov ET oupaNov YaTTpos.
Vergl. noch Pr 355; TU NFI, 3 S: 57. ıro. Il lat. in Hier.’s Übers. bei Cass..
Vine., und handschriftlich erhalten. tır. Hier. weiss sonst noch von XXV (prol.
comm. in Is.; »vigintisex« ein Ms), hat aber nur die IX (resp. 8£) übersetzt, die Vince.
kannte und die Hss noch bieten (vergl. cod. a). ıı2. XIIII in Hier.'s Übers. bei
Vine. und in der erhaltenen Hss. Cass. (nnd Rabanus Maurus) spricht von ursprüng-
lichen XLV; und da auch Philoe. cc. (1 und) ıo eine 39. Homilie eitirt, so ist wolıl
XLV (oder vielleicht XLIIII) die richtige Zahl, TU NF I, 3 S.ıff. (Ebenda S. 32 ff.
über die Catenen). 113. XII in U ist wohl Überlieferungsfehler, da Hier. selbst
XII]I übersetzt hat (de vir. inl. 135; Ruf. apol. 2,13). XIII Vinc. und Hss. Eine nicht
unwichtige Catene zum Ezechiel scheint der cod. Barb. V,45 zu sein. 114. Ob
hier Homilien zum Daniel fehlen, ist sehr zweifelhaft (Pr 365). Barırror hat in der
Revue biblique 1897 1,5—27 kürzlich als Probe (von 18 neuen Origeneshomilien, vergl.
Rev. bibl. 1896 3, 434—439) eine Homilie zum Daniel abgedruckt, die vielleicht echt ist.
129-136. Die gleichen Zahlen bei Vine. und in den Hss von Ruf.'s Übers.
79*
S68 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
In Psalmo OXXVII? omelia I In Psalmo CXLVIII® omelia I
In » CXXVIN! » I Excerpta in totum psalterium
In » EERRNIINS » T -
16; In » VEXRKTI0 2 I OMELIAE IN NOVUM TESTAMEN-
In » CXXXI® omeliae II TUM
In » EXXXII° » 11 ıso KATA MAOHYM
In » CXXxXII » 11 evangelium omeliae XNV
In » EXXXV!® » 10001 In evangelium
170 In » TERRKUITO » II KATA AOYKAN » XXXVmn
In » CXXXVII » III In Actus apostolo-
In » CXXXVII® » 101 rum 3 RNIT
In » CXLIMI® » III In epistula ad Co-
In » CXLV2 omelia 1 rinthios 11 » XI
17; In LEERE D I In epistula ad Thes-
In » CXLYII » I salonicenses » 9m
170. centesimo NXXVIId 172. OXXXIX d 175. 1] una d 177. CXLId
178. »otı le Manuscrit d’Arras a excerpta in totum psalterium, le manuserit de
Bruxelles porte Incta, sans aucun signe d’abreviation.« ıSo. cata MAOHYM evange-
lium a evglon cata matheum e 181. evglon cata lucam e | kata a| XXXIX d
KATA AYKAN
182. X et VII b 183. chorinth. d| 11] secunda a e
178. Diese Excerpta in totum psalterium pilegt man richtig mit der Notiz des
Hier. (prol. comm. in ps. ed. G. Morın, vergl. zu Z. 27): proxime cum Örigenis
psalterium, quod Enchiridion ille vocabat, strietis et necessarüs interpretationibus
adnotatum in commune legeremus, simul uterque deprehendimus nonnulla eum vel
praestrinxisse leviter, vel intacta penitus reliquisse, de quibus in alio opere latissime
disputavit. Doch ist die gewöhnlich dabei vorausgesetzte Deutung des Wortes Enchiri-
dion als Buchtitel kaum richtig. Man wird besser mit Mercarı annehmen, dass Orig.
den Psalter schlechtweg oder sein Handexemplar der Pszlınen als sein »Handbuch«
bezeichnet hat. Morın hat übrigens wahrscheinlich gemacht, dass die 150 tractatus
des Trithemius allerdings (Pr 357) nichts sind als das Breviarium in Psalmos. Wenn
man zusammenzählt, was hier an Arbeiten des Orig. zu den Psalmen genannt wird,
so versteht man, dass Hier. ep. 112, 20 Orig. an erster Stelle unter denen nennt, die
das ganze corpus psalmorum ausgelegt haben. Unter Zuhülfenahme der Catenen und
der Erklärungen von Hilarius, Ambrosius, Hieronymus (vergl. jetzt Anecdota Mared-
solana III, 2, 1897) wird er zum grössten Teil wiederhergestellt werden können.
180. Ebensoviel kennt Hier. auch sonst, Pr 367. 181. Ebensoviel in Hier.’s
Übersetzung erhalten, wonach Vince. (XXXVII) zu verbessern ist, Pr 368. Ur-
sprünglich waren es mehr; vergl. in Matth. comm. XIII, 29 in Joh. comm. XXXI, 2
(dagegen bezieht sich in Matth. comm. XV], 9 auf hom. NXXIV in Luc.). 183. Ent-
weder ist ad Corinthios I zu schreiben (vergl. Pr 374) oder es sind Homilien zu
1. Kor. ausgefallen, auf die sich Orig. hom. XVII in Luce. (doch vergl. in Joh. comm.
VI, 59, in ep. ad Rom. VIII, 4) und Hier. ep. 49, 3 beziehen, und auf die mindestens ein
grosser Theil der Fragmente aus Üramer's Catene zurückgeht. Craner (oder seine
schlechte Handschrift, We 118) schreibt jedoch eine Anzahl Bruchstücke dem Orig. zu,
welche nach besseren Hss dem Chrysostomus gehören, so im Vat. gr. 762 saec. XI(?)
folgende: zu I, 2 (el ka—avrov) 1, 6 (am—diaherews) I, 7 amor.— davıjoeraı) 1, 10 (ei— avlı-
ouev) 1, 12 (oKomer—eöy\wrev) 1, 17 (Ti ueya— Öiakpovönevos) I. 20 (Ev— karappovem— cobovs)
15,30 (deukv.— Eoravpodn) 253 (mi Aeyeıs— Eraıvov) 2,9 (Aeyeraı — uvorpia) 2,14 (Aviroıs—eEns).
184. Es fehlt die Zahl I® oder Ile. 188. Re Z 74 stellte 3 Erklärungen zur Wahl; die
letzte: »oder, da die Überschrift Omeliae auch hier noch fortwirken kann, eine Homilie«,
ist nach dem jetzigen Text das einzig Mögliche. De pascha oder gar de precatione,
wofür Hier. wohl de oratione gesagt hätte, sind schlechte Conjeeturen.
Krosreruann: Schriften des Origenes. 369
155; In epistula ad Galathas omeliae VII eum epistularum libri II (epistulae
In epistula ad Titum omelia I sinodorum super ceausa Origenis in
In epistula ad Hebreos omeliae XVII libro 11°)
De pace omelia I 195 Epistularum eius ad di-
Exlortatoria ad Pioniam versos libri VIII
ıgo De jejunio, de mono- Aliarum epistularum > a
gamis et trigamis omeliae Il Item epistula pro apologia
In Tharso 3 operum suorum » II
Origenis, Africani et Gregorii Videtisne et Grecos pariter et Latinos
Item excerpta Origenis et diversarum ad unius labore superatos?
189f. Exhortatoria ad pioniam de ieiunio de monogamis et trigamis omeliae Il.ac
Exhortatoria ad pioniam. de ieiunio. de monogamis et trigamis. omel. I. b d | Pionium
Ri Piorum? Re 274 (OI, 421) 191. 192. In eins gezogen bei Pi ıgr. tarso bd
(Anti-) Tauro(?) ReZ 74 192. Africani] Firmiani acd frumani b Firmiliani Re Z 74
193. libri I1] fehlt in d 194. epistulae sinodorum] epistula esifodorum U epistula
cephisodori Ri epistula ad esifodorum (cefisodorum?) Pi| 11°] II bd 195. IX d
197. Item] Pi; in U 198. unius] UR (alii huius)
189-190. Ein Titel kann das Ganze nicht sein, da es sonst Exhortatoriae
heissen müsste. Aber ob wirklich 190 nur eine Zeile bildet? 189. Da die Stadt
[hovie in Mysien nicht gemeint sein kann, haben Ri und Re wenigstens einen Mannes-
namen conjieirt. Der Märtyrer Pionius würde gewiss passen, wenn er (gegen Eus.
h.e. IV, 15,47) in die deeianische Verfolgung gehört. Vielleicht ist auch Exhortatoria
ad patientiam zu schreiben (ein mporperrös eis bmouovyv des Clem. Al. bei Eus. h. e. VI,
233): 190. Vergl. Hier. ep. 54,6: nunquam enim exhortatorias litteras postulares,
si ambigeres de bono monogamiae (?). 19I—194. Z.192 kann nicht zu Z. 191 gezogen
werden, da die Buchzahl ausnahmslos den Schluss einer Angabe bildet, aber auch
wohl nicht zu dem folgenden (vergl. das Item Z.13). Dass hinter Gregorii nicht nur
Buchzahl, sondern auclı Titel fehlt, würde sich bei der Annahme gut erklären, dass
die Zeile ausser Briefen auch den Panegyricus des Gregor umfasst. Das Firmiani
(frumani) in U lässt sich verschieden deuten. Man hat an Firmiliani gedacht wegen
Eus. h.e. Vl, 26. 27, obendrein eitirt Vietor Capuanus einen Brief des Orig. an ihn
(Pr 388). Auch Fabiani wäre möglich, falls dieser auf Orig.’s Brief (Eus. h. e. VI, 36, 3;
Hier. ep. 84,10) sollte geantwortet haben. Sachlich am angemessensten scheint mir
Africani. Wir hätten dann in Z.192 die beiden einzigen noch heute vollständig er-
haltenen Briefe des Orig. zusammen mit den beiden Schriftstücken, durch welche sie
veranlasst worden sind. Heute ist freilich Orig.’s Brief an Gregor nebst dessen Dankrede
nur in Verbindung mit ce. Cels. (allein steht er auch in Philoe. e. 13) überliefert (vergl.
Koerscnau’s Ausgabe, kirchen- und dogmengesch. Quellenschr. IX. 1894), der Brief-
wechsel mit Africanus nur im cod. Coisl.XX] und in der Catene zum Daniel. 194. Die
bisherigen Conjeeturen zu d. St. sind unhaltbar. Es heisst eben nicht super causa sua
und auch nicht in libris II, sondern super causa Origenis und in libro 11°. Die Beschlüsse
der unter Demetrius gegen Orig. abgehaltenen Synoden (Phot. cod. 118) konnten wohl
derart sein, dass sie in Sammlungen von Örigenesbriefen geriethen. 195. Diess
dürfte die Sammlung von über 100 Briefen sein, die Eus. h. e. VI, 36,6 erwähnt, und
die Briefe mpos abrov Barırea PiAımrov, an rijv Tovrov Yanernv Zeßnpav und didpopoi re
AaNNaı mpos Ötaböpovs enthielt. Ex libro epistularum Origenis quarto stammt auch der
Brief ad quosdam caros suos Alexandriam, den Ruf. de adult. libr. Orig. und Hier.
adv. Ruf. 2,18 benutzen. (Über ein separat überliefertes Fragment aus Ruf.'s Übers.
vergl. Pr 388. Auch im cod. Vat. lat. zıı fol.139" findet sich als »Purgatio Origenis«
das Rufin’sche Bruchstück: Quidam eorum — dicentibus credens). 197. Hiermit könnte
der Eus. h. e. VI, 36,4 genannte Brief Paßıavo To kara 'Pounv Emokonw (Erepoıs re mAei-
Fros apxovaıw ExkAnaıov) mepl Tjs Kar abrov Ophodofias gemeint sein. Hier. ep. 84,10
lässt in diesem Brief Orig. seine Reue aussprechen, cur talia seripserit, et causas temeri-
UR
s70 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
tatis in Ambrosium schieben, quod secreto edita, in publicum protulerit. 198. Verel.
Hier. ep. 62,2: Graecos pariter et Latinos. Isid. Etym. VI, 7: De nostris quoque apud
Graecos Origenes, in Seripturarum labore, tam Graecos quam Latinos operum suorum
numero superavit.
199. Von den Bb., die man in dieser Aufzählung vermisst, ist ein Theil in den
Anmerkungen bereits genannt: ep! ebyjs, kara KeAoov, Excerpte zu Numeri, je eine
Homilie zu 2. Sam., 2. Chron., Esra und Neh., Homilien(?) zu Daniel, zum 1. Korinther-
brief, ein Commentar zum Hebräerbrief und vielleicht neben den Homilien noch eine
andere Schrift de pascha. Es wären vielleicht noch zu erwähnen das Buch de no-
minibus hebraicis (und die hebräischen Maasse und Gewichte? Pr 385 f.), der Phe litterae
tractatus (Hier. ep. 34, 1, Ruf. apol. 2, 18; doch vergl. S.856 Anm. 2), das Buch ep!
pVoeov (Pr 384), die Protokolle von Disputationen (Pr 377f.). soweit sie in der Biblio-
thek zu Caesarea vorhanden gewesen sein mögen. Zweifellos nicht zufällig fehlen
die Hexapla (und Tetrapla), etwa ein Commentar zu vw 126 (Hier. ep. 34, I) und
gewiss noch manches Andere. Sehr fraglich steht es mit den Scholien zu allen
Bb. der Bibel, die ReO]l, 193 Z 72 annimmt, und mit 3 Fragezeichen möchte ich
auch die Titel der Schriften de decalogo, de ritibus (Pr 385), ept kpioewos und 6 no-
voorıyos (Pi AS III 333 und 352) versehen, die wir lediglich Pi verdanken. Keinen-
falls sind besondere Schriften, die also in unserm Verzeichniss fehlen würden, ge-
meint in dem Ausdruck BaoıXelov Kara Opıyevovs Tepi rjs Beias dVcews (Pr 385), oder
Opıyevovs mepi rys üylas rpıados (Pr 385. Diese Bezeichnung trägt das Catenenfragment
z.B. auch im cod. Vat. Ottob. gr. 398 fol. 119”). Eine Schrift de fato (Pr 385) hat
es ebensowenig gegeben. Was nämlich im cod. Vat. Pal. gr. 209 (so!) fol. 167° unter
der Überschrift örı kat am rov delov ypabov E£yyrjoews Te Kal aprvpias 6 mepl ns einap-
nevns EAeyyerar Aoyos‘ ek Tov Opryevovs steht, ist lediglich das Excerpt aus dem 3. rouos
zur Genesis, welches Eus. praep. ev. VI, ı1, 1-81 anführt, nebst Euseb's Schlussbe-
merkung in $ 82 (ine. /Tept rov eis anueia yeyovevar, expl. evpqueda Ödidaokaxtas). Die von
Montfaucon aus dem cod. Remens. angeführten 3 Schriften (Pr 386) sind gewiss werth-
los. Der Titel der dritten: de iis, qui in seriptura divina petram scandali videntur
afferre, entspricht ganz genau dem von Philoe. ec. 10: ep! r@v Ev rn) Bela ypapn dokovvrov
Eye Tı Aldov mporköunaros merpas okavoaxov. Mit den beiden anderen wird es ähnlich
sein, vergl. Philoc. e.2ı (23) und 12 (14). Ebensowenig meint Orig. in ep. ad Rom.
comm. VI, ı6 (De quibus plenius quidem a nobis in eo libello, ubi de arbitrii libertate
disseruimus, pro viribus singula quaeque disceussa sunt .... paueis tamen etiam nune
de his, quae ibi dieta sunt admonebimus etc.) eine besondere Schrift, er bezieht sich
deutlichst auf Periarchon Ill, ı,ı8. Eine Schrift de mendacio ist nur ein Missver-
ständniss von Hier. adv. Ruf. 1. ı8 durch Pi 317; und nicht besser scheint es um eine
Schrift adv. Marcellum et Porphyrium und den mporadevnara zu stehen (aus Orig. ep.
ad Greg. 1’). Der weitere Brief an Gregorius (Pr 389) im cod.Vat. gr. 389 fol. 36° ist
thatsächlich nichts anderes als der bekannte an Gregorius Thaumaturgus, die ganze
Handschrift enthält nur die Philocalie (vergl. auch Rosınsox’s Ausgabe S.15). Ferner
das Citat bei Athanasius ep. IV,9. ro ad Serap. (Pr 387) entstammt wohl der Schrift
Periarchon (], 3,5) und findet sich ganz ähnlich griechisch in dem Briefe Justinian’s
an Menas; und wenn Athanasius a.a. O. ein ovvrayuarıov des Origenes über die Frage
nach der Sünde wider den heiligen Geist anzuführen scheint, so meint er trotz des
auffallenden Ausdruckes nichts anderes, als eben diesen $ 5 aus dem Capitel 3 der
Grundlehren, das »De Spiritu sancto« überschrieben ist. Die von BarırrorL ent-
deckten Homilien (vergl. zu Z.114) konnten hier nicht berücksichtigt werden, da sie
mit einer Ausnahme noch ungedruckt sind, und ihre Echtheit noch zu beweisen ist.
Dass sie in unser Verzeichniss nicht passen, sagt allerdings nichts gegen sie (vergl. S.859.)
871
Die Abhängigkeit der Farben- und Helligkeits-
gleichungen von der absoluten Intensität.
Von Prof. Dr. Arrtuur Königs,
Abtheilungsvorsteher im Physiologischen Institut der Universität Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. vox Bezorn.)
r der hiermit fortgesetzten Reihe physiologisch -optischer Mittheilun-
gen' wende ich mich nunmehr einer Frage zu, welche weit enger als
die bisher behandelten mit theoretischen Auffassungen zusammenhängt.
Ich beschränke mich aber dennoch hier auf die Angabe neu 'ge-
wonnener Thatsachen und gehe auf theoretische Erörterungen nur in
so weit ein, als ich von den gemachten Beobachtungen nachzuweisen
versuche, dass sie der von mir vertretenen Farbentheorie nicht wider-
sprechen und auch mit anderen bereits länger bekannten oder wenig-
stens leicht zu bestätigenden Thatsachen in Einklang stehen.
Alle im Nachstehenden erwähnten Farben- und Helliekeitsglei-
chungen wurden auf einem kreisrunden Felde von etwa 4° scheinbarer
Grösse gemacht”. Die Grenze zwischen den beiden mit einander ver-
glichenen Hälften dieses Kreises bildete ein vertical stehender Durch-
messer. Die Construction des Apparates brachte es mit sich, dass die
Beobachtungsfelder in schwarzer Umgebung sich befanden. Doch wurde
bei der Herstellung und Beurtheilung der Hellgleichungen stets dafür
Sorge getragen, dass das Auge, soweit es die jedesmaligen Umstände
ermöglichten, für helles Lieht adaptirt war; während bei den Dunkel-
! Diese Berichte vom 30. Juli 1896, 13. Mai und S8. Juli 1897.
?2 Diese Grösse des Feldes rührt davon her, dass ein erosser Theil der nach-
stehend erwähnten Beobachtungen bereits gemacht war, ehe die neueren Fortschritte
in unseren farbentheoretischen Erkenntnissen die Benutzung kleinerer Felder wünschens-
werther machten. Übrigens hat die Grösse des Feldes auch nur Einfluss auf die Deut-
lichkeit und nicht auf Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der hier beschriebenen
Erscheinungen; es sei denn, man gehe zu so kleinen Feldern über, dass nur die eigent-
liche Fovea zur Benutzung kommt, wobei aber auch wieder eine besonders gut ein-
geübte Fixation vorausgesetzt werden muss.
872 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
gleichungen für Dunkeladaptation gesorgt war'. Ich möchte hierbei
jedoch nicht verschweigen, dass es bei grösserm Zeitaufwand manch-
mal möglich gewesen wäre, in dieser Richtung noch weiter zu gehen
und dadurch wohl die Ergebnisse noch etwas zu vervollkommnen;
ich werde darauf an den einzelnen Stellen zurückkommen. Ich rede
im folgenden nur von mittlerer und geringer, niemals von grosser
Intensität, um anzudeuten, dass solche Helligkeiten, bei denen auch
die kleinste wirkliche Blendung eintritt, streng ausgeschlossen waren”.
Bei den Versuchen der Abschnitte ı bis 3 wurden die Beobach-
tungen von dem »grünblinden« Hrn. Euerxn Bropnun ausgeführt, wel-
chem ich für seine ausgedehnte Beihülfe meinen aufrichtigsten Dank
auszusprechen habe; die in Abschnitt 4 besprochenen Helligkeitsglei-
ehungen wurden sowohl von ihm als auch von mir, der ich farben-
tüchtig bin, gemacht. Zu allen Beobachtungen diente wieder der früher
erwähnte aus Mitteln der Gräfin Bose-Stiftung erbaute Farbenmisch-
apparat.
k;
Bei einem »Grünblinden« (einem Deuteranopen, nach Hrn. J. vos
Krıes’ neuerer Bezeichnung) bleiben Gleichungen, die bei mittlerer In-
tensität zwischen einer Mischung von Licht der Wellenlänge 640 uu
mit Licht der Wellenlänge 440 un einerseits und einem zwischen diesen
beiden Componenten liegenden monochromatischen Lichte von der Wel-
lenlänge A andererseits hergestellt sind, nach Verdunkelung nur be-
stehen, wenn A ungefähr gleich 4Sı uw. Ist A gleich oder grösser
als 453 uu, so erhält bei Verdunkelung das gemischte Feld einen gelb-
lichern Ton im Vergleich zu der Mischung, d.h. es müsste, um wieder
Gleichheit zu erzeugen, auf dem monochromatischen Felde eine grössere
Wellenlänge eingestellt werden. Ist A gleich oder kleiner als 479 un,
so tritt bei Verdunkelung Ungleichheit in der anderen Richtung anf,
d.h. es müsste, um wieder Gleichheit zu erzeugen, auf dem mono-
chromatischen Felde eine kleinere Wellenlänge eingestellt werden.
Die Wellenlänge der sich bei diesen Versuchen als indifferent er-
gebenden, gewissermaassen einen Wendepunkt bildenden Speetralregion,
die also etwa 481 u beträgt, ist abhängig von den Wellenlängen der
jeweiligen Mischungseomponenten. Diese Abhängigkeit in systemati-
! Ich mache diese Angaben, weil auch die Umgebung der Felder, sowie der
Adaptationszustand des Beobachters bei den hier behandelten Erscheinungen von sehr
grossem Einfluss sind.
® Bei der Benutzung solch grosser Intensitäten werden sich vermuthlich noch
neue interessante Aufschlüsse fiir die Farbentheorie ergeben.
König: Über Farben- und Helligkeitsgleichungen. 873
scher Weise auf direectem experimentellen Wege genau zu bestimmen,
würde den Gegenstand einer besonderen und wahrscheinlich sehr um-
fangreichen und zeitraubenden Untersuchung zu bilden haben. Jetzt
kommt es mir nur daraufan, erstens das Vorhandensein solcher Wende-
punkte für Farbenmischungen bei »Grünblinden« durch den direeten
Versuch constatirt zu haben, und zweitens zu zeigen, dass man aus
bisher schon bekannten, zu anderen Zwecken ausgeführten Bestimmun-
gen das Bestehen solcher Wendepunkte rechnerisch nachweisen kann.
Vor einigen Jahren hat Hr. E. Toxx' die spectrale Vertheilung
der Elementarempfindungen für Dichromaten bei verschiedener abso-
luter Intensität bestimmt. Von den damals von ihm untersuchten In-
tensitäten will ich nur die beiden extremsten, welche sich wie 1:240
zu einander verhalten, zu meiner nachfolgenden Rechnung benutzen,
weil bei dieser Auswahl die zufälligen Beobachtungsfehler gegenüber
den grossen durch den Einfluss der Intensitätsverschiedenheiten beding-
ten Abweichungen am meisten verschwinden, und seine Intensität 240
jedenfalls sehr nahe derjenigen lag, die hier als mittlere Intensität be-
zeichnet ist; übrigens braucht diese Übereinstimmung auch gar nicht
vorhanden zu sein, denn sobald man einmal eine gewisse Helligkeit
überschritten hat, ist in einem sehr weiten Bereich die spectrale Ver-
theilung der Elementarempfindung unabhängig von der Intensität.
Wir wollen die beiden Elementarempfindungen bei der mittleren
Helligkeit mit Ge und B/, bei der geringen mit ge und bl bezeichnen.
Aus der von Hrn. Toxx” mitgetheilten Tabelle ergeben sich dann für
seinen »grünblinden« Beobachter Hrn. Hrsze die in der nachfolgenden
Tabelle enthaltenen Werthe der Elementarempfindungen’.
| Ge Ge Bl hl
|
640 uu | 6.87* | 6.73* | 0.— | 0.— * Diese Werthe sind durch
5I0 » | 1.24 2.53 3.40 | 6.28 N INN RT
490 » || 0.308 | 1.10 | 5.98 | 4.08
479 » | 0.066 | 0.317 | 8.2 | 2.12
460 » 0.015 | 0.166°| 7.50 | 1.3707
440 » 0.— |, 0,— 4.44*| 0.53”
Die Wellenlänge wollen wir den Bezeichnungen der Elementarem-
pfindungen und auch den benutzten Constanten jedesmal als Index bei-
fügen, so dass z. B. ge,., den Wertli der langwelligeren Elementarempfin-
dung bei der Wellenlänge 470 un für die geringe Helligkeit bezeichnet.
! E. Toxv, Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane. Bd. VII,
5.279. 1894.
® S.2gI und 292 seiner oben eitirten Abhandlung.
Den von uns hier gewählten Bezeichnungen @e und Bl, bez. ge und bl entsprechen
bei Hrn. Toxx die Bezeichnungen W; und Ä.
s74 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
Wenn bei mittlerer Intensität von den am Eingang dieses Ab-
sehnittes erwähnten Farbengleichungen z. B. diejenige hergestellt ist,
bei der sich Licht der Wellenlänge 5rouu auf dem monochromatischen
Felde befindet, so muss sein
Gen dee ® Gen l
i ; I
und Bi. — BEN = Dur \
Daraus folgt mit Benutzung der obigen Zahlenwerthe:
Ge... 12
Ge — as — u 0.180
Geeo 6.87
BI Be II.
Ban = — Sa — 0.766 \
Bliss 4.44
Bei der Verdunkelung ändern sich nun nicht die Werthe von a und 8,
wohl aber sind die Werthe von Ge und B/ durch die entsprechenden
von ge und bl zu ersetzen: wir haben daher jetzt:
Ge 000 OT8O 0.7 3 — mai Im
und Br: bl... 0.766. 30.53 0406 i
Nach der Verdunkelung ist also auf dem gemischten Felde das
Verhältniss der beiden Elementarempfindungen
ge 1.21 ih E
: ) = — =112.08 IV.
bl, ee 0.406
Auf dem monochromatischen Felde ist nach der Verdunkelung
Jens 2.53 R
= — 0.403 N
BL. 7 a8 wen
Es ergibt sich also aus dieser Rechnung übereinstimmend mit der
oben angeführten Beobachtung, dass nach der Verdunkelung das ge-
mischte Feld gelber als das monochromatische erscheint.
Für die Wellenlängen 490 un, 470 uu und 460 uu führe ich im
folgenden nur die entsprechenden Gleichungen I bis V an, da die ver-
bindenden Schlussfolgerungen immer die gleichen sind, wie wir sie
soeben gemacht haben.
Für 490 uu:
490 I
BL IDASBL
Ge 0.308 N
we E00 8/
a Gre;.. 0.87 Le;
El I.
> Bis 5.99
Be,
Iy4o 4.44
0 ec — 9:.04M 8078002 II
Bar bl E35 12062, eo 7 ‘
Könıs: Über Farben- und Helligkeitsgleichungen.
Für 470 uu:
Br = om — — #86 \
Bluse 4.44 }
* Ges = 0.0096 - 6.73 = 0.0646 |
Brambl.,, — 3:80 1 0,530—10.950.))
Für 460 un:
Gera
Bl — Be Bl \
460
Ge;so 0.015
Aus — En 2 7 = 0.002198
Be 50
Der So —— —17.09 \
; Bi. 4-44
&u6°G2en — 0:0021.8.0.73—10:0147
8 bl = 1.69 -0.53 = 0.896
17460 440
de 0.0147
“ = —— = 0.016
OR 0.896 4
GEgco 0.166
=- 0 W27
j Öl 56 eat
Il.
III.
IV.
II.
De
V.
Die Ergebnisse der sämmtlichen Gleichungen IV und V sind in der
folgenden Tabelle zusammengestellt.
Wellenlänge - | ge o
ae z auf'dem | m auf dem
monochromatischen | = | monochromatischen
= gemischten Feld =
Feldes 5 Ü | Feld
5To du 2.98 0.403
490 v 0.422 0.270
4709 » 0.0055 0.150
460 » 0.0164 0.127
876 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
Zeichnet man die Werthe der beiden letzten Columnen als Or-
dinaten zu den Wellenlängen als Abscissen auf, so kann man durch
graphische Interpolation mit ziemlicher Sicherheit finden, dass bei der
ge
bl
gleich demjenigen im monochromatischen Felde ist. Diese Gleichheit
zeigt aber an, dass trotz der Verdunkelung die betreffende Farben-
Wellenlänge 48So uu bis 4Sıuu der Werth für im gemischten Felde
gleichung bestehen bleibt, was mit unserer am Eingang dieses Ab-
schnittes gefundenen Thatsache so genau übereinstimmt, wie wir es
nur erwarten können. Die hier beschriebenen Versuche und die Mes-
sungen des Hrn. Tosx stehen also (wenigstens soweit sie in die eben
ausgeführte Rechnung eingehen) in vollem Einklang mit einander, und
es bilden beide eine gegenseitige Bestätigung ihrer Richtigkeit.
Aus den von Hrn. E. Tosx für seinen »rothblinden« Beobachter
Hrn. Rırrer angegebenen Zahlen ergibt sich nach einer von mir ganz
analog durchgeführten Rechnung die Lage dieser indifferenten Region
bei ungefähr 476 un; doch ist zu erwähnen, dass bei dieser Rechnung
die niedere Intensität die doppelte von der früheren war, die beiden
benutzten Helligkeitsstufen sich also wie 1:120 verhielten. Es musste
dieses geschehen, weil für die noch niedrigere Intensität ge, „= 0 von
Hrn. E. Toswn angegeben ist. Diese Abweichung ist aber belanglos,
weil es doch nur darauf ankommt, dass die Helligkeit überhaupt be-
trächtlich und nicht in einem bestimmten Verhältniss herabgesetzt ist.
)
Stellt ein »Grünblinder« bei mittlerer Intensität zwischen unzer-
legtem Gaslicht einerseits und einer Mischung von zwei Lichtern der
Wellenlänge 640 uu und A andererseits, wo A< 5Iouu ist, Farben-
gleichungen her, so wird bei Verdunkelung die zweicomponentige Mi-
schung blauer als das Gaslicht, wenn A 495 un ist: sie wird gelber,
wenn A < 50O0up ist. Wird A dem zwischenliegenden Intervall, dessen
Mitte also die Wellenlänge von 497.5 uu hat, entnommen, so tritt
bei Verdunkelung kein Nuancenunterschied auf.
Vielleicht würde es möglich sein, durch bessere Adaptationen, als
sie hier aus äusseren Gründen vorgenommen wurden, die Breite des
indifferenten Intervalles, 500 uu bis 495 uu, etwas mehr einzuengen.
Ebenso wie bei den im vorigen Abschnitt dargelegten Versuchen
kann man auch hier nicht nur die Übereinstimmung, sondern sogar
die Möglichkeit der Vorhersage der angeführten Thatsachen aus den
früheren Bestimmungen des Hrn. E. Tosx durch folgende Rechnungen
nachweisen.
Kösıs: Über Farben- und Helligkeitsgleichungen. S71
Die Einheiten für die von Hrn. E. Tosx in seinen Tabellen ange-
gebenen Werthe der Elementarempfindungen, von denen in der Tabelle
S.873 die hier benutzten bereits aufgeführt sind, wurden stets so ge-
wählt, dass bei der Einwirkung des unzerlegten Lichtes, hier also des
Gaslichtes, die Stärke der beiden Elementarempfindungen die gleiche ist.
In Folge dessen besteht bei mittlerer Intensität eine Farbengleichung
zwischen der Mischung von 640 uu und 510 u einerseits und dem un-
zerlegten Gaslichte andererseits, wenn auf dem Mischungsfelde
(rn a el II
ist, woraus sich ergibt
Gere 6.87
— ——— — TS I.
Bl, — @04. 3.40 —1.24
Bei der Verdunkelung bleibt nun «@,,, unverändert; es sind aber Ge und
BI durch ge und bl zu ersetzen, so dass also dann die in der Mischung
enthaltenen beiden Elementarempfindungen, die wir einmal mit ge, und
bl, bezeichnen wollen,
IEem — eo tr Asro* Jesro = 6.73 + 3.18. 2.53 == 14.78 ! II
und Bl, — "Denn = 3.18-.6.28 — 419.97)
sind. Das Verhältniss beider ist demnach
ge 14.78 ß
Iem — 24:79 —ION NO IV.
bl, 19.97
Ganz analog bestehen für die Mischungen von 640 un mit 490 un
und 470 uu die folgenden Gleichungen:
für 640 un + 490 um:
Ges + 4oo* Ges — A;oo* Bl, I.
Ge 6.87
A, = as ——- = at > —= 1.21 I.
Bl, — Ge 5-98 — 0.308
Gem — Jesse hr eo (ey — 6.73 HI.21-1.10 — 8.06 | m
N — ALL —eN
Gem 3.06 T
EN — 003 18)
DI, 4-94
für 640 un + 470 ua:
Gen. 0, Ge, ae. Bl, Ic
Ges 6.87 a
a z -ı ——— = 0.841 II
BERG 0 338-9066
In Io + Yo" Je = 6.73 + 0.841-0.317 = 7.00]
} II.
Ruh — (OK IVO DR) — 78)
Jem 7.00 =
= — — 3.93 IN
DI, 1.78 Erw
02)
|
[ee
Gesammtsitzung vom 29. Juli.
Aus den in folgender Tabelle zusammengestellten Ergebnissen der
Mischungs- gem
eomponenten bl
640 uu +5Ioun 0.740
640 zu + 490 uyu 1.63
640 uu + 4701 3.93
drei Gleichungen V folgt bereits, dass der Werth ı für den Quotient
gem
bl,
entspricht, einer Mischung von 6404uu mit einer Wellenlänge zwischen
5Ioum und 490uu zukommen muss. Zeichnet man die drei Quotienten
als Ordinaten zu den Abseissen 5ITouu, 490uu und 470uu auf, so ergibt
eine graphische Interpolation 501uu als wahrscheinlichsten Werth jener
Wellenlänge.
‚ der einem Gültigbleiben der Farbengleichung bei Verdunkelung
Die oben angegebenen direeten Versuche zeigten, dass diese Wel-
lenlänge in dem Intervall von 500 uu und 495 uu. also wahrschein-
lich nahe bei 497.5 uu lag. Die Abweichung von 3.5 uu kann man
vielleicht als Folge individueller Verschiedenheit der beiden Farben-
systeme (Bropuun und Hrsze) ansehen. Jedenfalls aber ist sie mit
Rücksicht auf die vielen Faetoren, welche in die betreffenden Rech-
nungen eingehen, so gering, dass auch hier wieder, ebenso wie in
Abschnitt 1, eine Übereinstimmung und gegenseitige Bestätigung zwi-
schen den hier mitgetheilten und den früher von Hrn. E. Toxx aus-
geführten Versuchen und Bestimmungen erwiesen ist.
Aus den von Hrn. E. Tosx für seinen »rothblinden« Beobachter
gefundenen Werthen folgt auf Grund einer ganz analogen Berechnung,
dass die Lage dieser indifferenten Spectralregion bei ungefähr 496 un
liegt. Wie weit dieses mit der unmittelbaren Beobachtung stimmt,
muss erst die Zukunft lehren.
Nimmt man bei den im Eingang des vorigen Abschnittes erwähn-
ten Farbengleichungen unzerlegtes Sonnenlicht statt des Gaslichtes, so
liegen die Werthe von A, bei denen die Gleichungen für einen »Grün-
blinden« ohne Auftreten von Nuancenunterschieden sich verdunkeln
lassen, zwischen 480 uu und 472 um; die Mitte dieses indifferenten
Intervalles entspricht also einer Wellenlänge von etwa 476 un.
Eine unmittelbare Bestätigung dieser Versuche aus den Bestim-
mungen des Hrn. E. Toxs, wie dieses im vorigen Abschnitt möglich
Kösıs: Über Farben- und Helligkeitsgleichungen. 879
war, ist hier nicht ausführbar, weil Hrn. Tosv’s Angaben über die
spectrale Vertheilung der Elementarempfindungen sich nur auf das
Gaslicht und nicht auf das Sonnenlicht beziehen. Hrn. Tosv’s Curven
auf das Sonnenlicht unter Benutzung bekannter spectralphotometrischer
Vergleichungen umzurechnen, ist wohl für die mittlere, nicht aber für
die geringe Intensität zulässig, weil eine solche Umreehnung die Gültig-
keit des Newrov’schen Farbenmischungsgesetzes voraussetzt, und sich
gerade aus den hier besprochenen Thatsachen ergibt. dass dieses Gesetz
für die geringere Intensität nicht gilt.
4.
Unter dem PurxıssE schen Phaenomen wird neuerdings allgemein
die Erscheinung verstanden, dass verschiedenfarbige Felder, die bei
mittlerer Erleuchtung den Eindruck gleicher Helligkeit machen, bei
gleichmässiger Herabsetzung der objectiven Intensität nicht gleich hell
bleiben, sondern in der Art ungleich werden, dass das Feld, dessen
Farbe der kürzeren Wellenlänge entspricht, den helleren Eindruck macht.
Die in dieser Formulirung enthaltene Regel ist nun aber, wie aus
den nachfolgenden Versuchen hervorgeht, nicht allgemein gültig, son-
dern bei einzelnen Farbencombinationen tritt sowohl bei farbentüchtigen
wie auch bei »grünblinden« Personen das Phaenomen nicht auf und
kehrt sich bei anderen Farbencombinationen sogar in das Gegentheil
um, indem bei Verdunkelung die langwelligere Farbe die hellere wird.
Ich habe auf der kurzwelligeren Hälfte des Spectrums von 56 un
an bis 420 uu in Intervallen von Io uu alle möglichen Vergleichungen
gemacht, also 560 uu mit 550 uu, 540 um u.s.w. bis 420 uu, dann
550 uu mit 540 um, 530 Au u.$s.w. bis 420 un u.s. w. verglichen, so
dass im ganzen 105 Paare von Spectralfarben untersucht wurden. Das
Ergebniss dieser Prüfung ist in der folgenden Tabelle übersichtlich
dargestellt. An den Enden der horizontalen und verticalen Columnen
sind die Wellenlängen angeschrieben. Wo sich zwei Columnen schnei-
den, ist durch ein Zeichen angegeben, was bei der Vergleichung der
betreffenden Wellenlängen hinsichtlich des PurkıssE’schen Phaenomens
gefunden wurde, und zwar bezeichnet
Identität der Vergleichsfelder,
Unmerklichkeit eines event. Unterschiedes,
[@)
+ starkes Purkısse sches Phaenomen,
+ schwaches » »
— starkes umgekehrtes Pvrkınse'sches Phaenomen,
— schwaches » 2 n
ss0 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
1560 550 540 530 520 |510|500|490 480 470 460 450 440430 420
IA apa | pay zuge | apa | zuge | apa | zuge | zapa | apa zapa | apa zupa | zur | apa
560un! = | o re elle = een |kereilliee
550 uU Sr | ee
SASHR ARE u a a a a el a
530pa|+| +| + | = el een esse
som + | ++ +/=/+/+|+|)+|#+/|+/|+|#+Jo|o
Styales leajles leeren ee | el lien) oo | ®
5SoMu| #I +) +++ +) = | +/| + |) +/|+|+|0oJlo| —
490 + | ++ | + | + | + + l= | er ele =
48ouu + ++ = | EEE 243 lBou Hay Eor Moe
SB a a a Fehl © ==
60 | | HH | | + I | 00 — en |
ao ++ +|+|+[=+Jolo a a
op + | + +|+| + ojojo|jo 3. lheaı sa ran
430 uu| + En um == = {0} Oo ° = — o = 10)
420mu|+|o|o|o|o|o = | ll ro
Aus der Anordnung der Tabelle geht hervor, dass alle Zeichen
symmetrisch zu der von oben links nach unten rechts gehenden Dia-
gonale vertheilt sind, da jedes Paar verglichener Farben zweimal in
der Tabelle aufgeführt ist.
Ausserdem aber zeigt sich eine annähernd symmetrische Anord-
nung der ++ und — — Zeichen zu den Columnen 470 un. Daraus
folgt, dass in dem Speetrum bei etwa 470 uu eine Umkehrung des
Verhältnisses der relativen speetralen Helligkeitsvertheilung bei mitt-
lerer Intensität zu derjenigen bei geringer Intensität stattfindet.
Es muss dieses natürlich auch ersichtlich werden, wenn man die
spectralen Helligkeitsvertheilungen bei diesen beiden Intensitätsstufen
unmittelbar mit einander vergleicht., Bezeichnet man mit F/ı die Hel-
ligkeitsvertheilung eines bestimmten Spectrums bei mittlerer Intensität
als Function der Wellenlänge A, und mit /x dieselbe Funetion bei
demselben Spectrum aber bei niedriger Intensität und setzt man A, >A,,
so besteht zwischen A, und A, das Purkinse’sche Phaenomen, wenn
hy, er Ir,
Hr HL
Ix; EM hr,
H,, Hh,
; Ar Da: : 3
demnach folgern, dass die Curve beiA= cca. 470 uu ein Maximum
Hy
haben muss. Es ist klar, dass die Lage dieses Maximums unabhängig
ist; es muss aber das umgekehrte Phaenomen auftreten,
wenn ist. Aus den Angaben der obigen Tabelle kann man
ist von Art und Herkunft des zur Untersuchung benutzten Speetrums.
Ich habe neuerdings zu ganz anderen Zwecken bei mir den Ver-
lauf der Funetionen A, und A, für dasselbe Dispersionsspecetrum des
h
Gaslichtes bestimmt, und es zeigt sich nun, dass die Quotienten -
H,
Könıs: Über Farben- und Helligkeitsgleichungen. ss1
thatsächlich bei ungefähr 470 un die grössten Werthe erreichen. Die
nebenstehende Figur stellt aus Gründen, die weiter unten erst ersicht-
hx h
3 A
lich werden, zwar nicht -—-, jedoch die Brıee’schen Logarithmen von ——
TER E H,\
als Function der Wellenlänge dar, was natürlich die Lage des Maxi-
mums nicht beeinflusst. Um die Zuverlässigkeit des gesammten Curven-
verlaufs einigermaassen zu kennzeichnen, will ich noch angeben, dass
aus unmittelbaren Beobachtungen die Ordinaten für die Wellenlängen
680 uu, 660 um u.s.w. berechnet sind. Die graphische Interpolation
des Maximums auf ungefähr 470 un ist daher ziemlich sicher. Aus dem
| Bee
ae 0,0
6Boun 660un 640un bzoun boonu 5Bonn 560uu 540oumM 520um 500um 4Bouu 460um 440nu 420m
Curvenverlauf geht ferner hervor, dass auf der von mir nicht direet
auf das Purkınse sche Phaenomen untersuchten langwelligen Spectrum-
hälfte (A> 560uu) überall dieses Phaenomen und niemals seine Um-
kehrung auftritt.
Ob zwischen Lichtern der Wellenlänge A, und A, das PurkımJE'sche
Phaenomen selbst oder auch seine Umkehrung beobachtet werden kann,
In, hr,
hängt nicht von der Grösse der Differenz zwischen ——- und — —- ab,
ne TE
Ir Ir
sondern davon, wie weit das Verhältniss —-:-—- von ı abweicht
HRSHN
oder mit anderen Worten von der Differenz zwischen log sc und
H\,
Uberschreitet diese eine gewisse Grösse, so wird bei einer
I
gewissen Güte der vorausgegangenen Adaptationen die Beobachtung
möglich sein. Vergleicht man nun die Angaben der Tabelle mit dem
Verlauf unserer Curve, so findet man auch, dass im allgemeinen das
Zeichen © der kleinsten Differenz der Logarithmen für die beiden
Sitzungsberichte 1897. so
882 Gesammtsitzung vom 29. Juli.
Wellenlängen entspricht und dass bei den Zeiehen — und + kleinere
Differenzen der Logarithmen vorhanden sind als bei den Zeichen —
und +. Ausnahmen von dieser Regel rühren wahrscheinlich von den
nicht stets gleichmässigen Adaptationen her.
Der »grünblinde« Hr. E. Broprun hatte die Güte, ebenfalls Ver-
suche über das Purkmse’sche Phaenomen in derselben Art vorzunehmen,
wie ich es gethan. Die Resultate sind in ganz analoger Weise in der
folgenden Tabelle eingetragen.
1540530 | 520 510 | 500|490 480 470 460450 440 430 420»
RI RA ap au | mm | Ar zu | aa ar | are | Be RR
| | | | | |
ee ale:
530 yuu Bee o oo ©. | 02 | 0% 402 Kor Nor 20
5om|ojo|=|o olo|o 02], 0.02 702 17702150
510 Ju Se m SR
5oowu | o | o See 0220, 11,.02|102 Vo@l ou Ie—
| | | | |
490 un| + | © o|o|lo|- 0. |%o%1No. | 0). |. or | —
480 u + o|JoJjo/Jo|o| =jo|o dio | —=|—
Z7OJRE = |09 | 08 xof| 09] 7021705 "au 9E | Non OA EZ
A60RıE170%1603 1081602115021 0021u07 = no BoZIE—
450j44.R.0) 1,02 1202.|.0111.1081..08.7.02 1021102 2702 2215
440 u) © olololoJo/o|olo|e|=|o|-
| | | |
4301| 0o|0o,o0|o oel—-\- | —-|—- |<. 0 | = 70
420 u | © | o 0: © | = - | -|- | -|-|0|=
Hrn. Bropnun s Beobachtungsreihe ist nicht ganz so umfangreich
wie bei mir und es ist auch bei weitem nicht so gut für die Adap-
tationen gesorgt worden; daher zeigen seine Beobachtungen eine ge-
ringere Empfindlichkeit für die Wahrnehmung des Bestehens des
Purkisse’schen Phaenomens und seiner Umkehrung. Trotzdem aber
ergibt sich auch hier annähernde Symmetrie um die Vertieal- und
Horizontaleolumne 470un. Leider verfüge ich zur Zeit noch nieht über
vollständige an demselben Speetrum von Hrn. E. Bropnuun gewonnene
Bestimmungen der Werthe Hı, und /ı und kann daher die oben bei
mir ausgeführte Controlle hier nicht vornehmen'.
! Verbinde ich jedoch ältere und neuere Messungen zu einer freilich nicht ein-
wandfreien Berechnung, so erhalte ich für Hrn. Bropnun die Lage des Curvenmaximus
ebenfalls bei 47044. Wenn ich älteres Material (A. König, Über den Helligkeitswerth
der Speetralfarben bei verschiedener absoluter Intensität. Hamburg 1892 — Sep.-
Abdr. aus der Hermnorrz - Festschrift) zur Berechnung der Curve für ein »rothblindes«
System benutze, so ergibt sich, dass das Maximum bei einer Wellenlänge liegen muss,
die kleiner als 450744 ist. Doch möchte ich auf dieses Ergebniss, solange es nicht
anderweitig bestätigt wird, kein Gewicht legen.
Ausgegeben am 9. August.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
883
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER XL.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
21. October. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER.
*]. Hr. Voerı las: Über die Spectra der der ersten Speetral-
celasse angehörenden helleren Sterne.
Der Zweck der in Potsdam im Verein mit Prof. Wırsıng ausgeführten Arbeit
war der, die Sterne nach ihren Speetren in Unterabtheilungen der I. Spectralelasse
einzuordnen. Bei über hundert Sternen konnte die Anwesenheit von Cleveitgas in
ihren Atmosphaeren nachgewiesen werden (Classe Id); sie bildeten den vierten Theil
aller zur Untersuchung gelangten Sterne, die der I. Spectralcelasse angehören. Eine
ausführliche Abhandlung über diese Untersuchungen wird demnächst in den Publiea-
tionen des Astrophysikalischen Observatoriums erscheinen.
2. Hr. H. Weser in Strassburg, correspondirendes Mitglied, über-
sendet eine Mittheilung: Uber die Differentialgleichungen der
elektrolytischen Verschiebungen. (Ersch. später.)
Die elektrolytische Verschiebung von Lösungen und Lösungsgemischen hängt von
einem System nicht linearer partieller Differentialgleichungen ab. Bei diesen Differential-
gleichungen ist immer Rücksicht zu nehmen auf das Entstehen und die Bewegung von
Unstetigkeiten, die auch dann auftreten können, wenn anfänglich alles stetig war. In
der vorliegenden Mittheilung ist ein Fall behandelt. wo die Lösungen zweier verschie-
dener Elektrolyte einander in einer scharfen Grenze berühren, und es ergiebt sich
dabei. dass, je nachdem der nachfolgende Elektrolyt die kleinere oder die grössere
Beweglichkeit hat, die scharfe Trennungstläche erhalten bleibt oder durch eine stetige
Mischung aufgelöst wird. Von der Wirkung der Diffusion ist dabei abgesehen.
3. Hr. L. KornıGsBEreer in Heidelberg, correspondirendes Mitglied,
übersendet eine Mittheilung: Uber die Darstellung der Kraft in
der analytischen Mechanik.
Nachdem der Ausdruck für die Kraft auch auf kinetische Potentiale, welche
Ableitungen beliebig hoher Ordnung der Coordinaten enthalten, ausgedehnt und die
allgemeinen Bewegungsgleichungen in den Satz zusammengefasst worden, dass während
der Dauer der unter Zwangsbedingungen stattfindenden Bewegung die äusseren Kräfte
stets die Summe der Projectionen der auf das freie System wirkenden Kräfte sind,
wird die Frage nach der Anzahl und Form der zu einer Function adjungirten Functionen
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
Sitzungsberichte 1897. sl
554 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 21. October.
aufeeworfen, und in allen Fällen ausser den Bewegungsmomenten der Kraftausdruck
als die einzige zu jedem kinetischen Potential gehörige adjungirte Funetion gefunden.
4. Hr. Kırın legte eine Mittheilung des Hrn. C. Leıss, Mitarbeiters
der Firma B. Fuess in Steglitz vor: Über ein neues, aus Kalkspath
und Glas zusammengesetztes Nıcor’sches Prisma.
Bei dem grossen Mangel an Kalkspath zur Herstellung Nreor’scher Prismen ist
es von Interesse zu wissen, dass man sehr vollkommen polarisirende Prismen anfertigen
kann. die gegenüber denen älterer Construction bei gleicher Grösse eine Material-
ersparniss von 50 Procent zulassen.
5. Hr. Wargure legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Dr. E. Gorn-
stein hierselbst vor: Über die Struetur des Kathodenlichts und
die Natur der Lenarp'schen Strahlen.
Es wird gezeigt. dass die sogenannte dritte Schicht des Kathodenlichts aus
geradlinigen Strahlen besteht, die aber nicht von der Oberfläche der Kathode selbst,
sondern von den Strahlen der zweiten Schicht ihren Ursprung nehmen. Ferner wer-
den die Lexarv’schen Strahlen auf die vom Verfasser schon früher beschriebenen diffus
rveflectirten Kathodenstrahlen zurückgeführt.
6. Hr. Auwers legte eine von Hrn. Leo Brexxer in Lussin piecolo
eingesandte Abhandlung vor: Beobachtungen des Planeten Mars
in der Opposition 1896-97.
Hr. Brenner hat den Planeten zwischen dem 8. Febr. 1896 und dem 20. Mai 1897
an 102 Tagen beobachtet und 73 Zeichnungen aufgenommen, nach welchen eine General-
karte angefertigt worden ist. Die zugehörige Abhandlung weist die einzelnen beob-
achteten Objeete. die Identität eines Theils derselben mit früher, namentlich von
Scnrararertı beobachteten. und die Sichtbarkeitsverhältnisse von zahlreichen neu auf-
sefundenen nach.
7. Hr. Auwers legte ferner Planetenzeichnungen vor, welche Hr.
Purwıer Faurn, Lehrer in Landstuhl, auf seiner dortigen Sternwarte
aufgenommen hat: 84 Abbildungen des Planeten Jupiter aus der Zeit
1896 Oct. S— 1897 Julir4, und 63 Abbildungen des Mars 1896 Juli 20
—1897 Juni 24.
8. Hr. Schurze legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. Hrymons, Assi-
stent am Zoologischen Institut hierselbst, vor: Über die Segmen-
tirung und den Körperbau der Myriopoden.
Bei der Entwickelung von Scolopendra eingulata tritt eine als »Dorsalorgan« be-
zeichnete Blastodermplatte auf, welche der äusseren Keimhülle (Serosa) der Insecten
entspricht. Aus einer dem Clypeus der Inseeten der Lage nach entsprechenden prae-
oralen Ektodermplatte entsteht durch Delamination das Protencephalon. Vor dem die
Antennen tragenden Kopfsegmente legt sich noch ein besonderes »Praeantennalsegment«
an. Bei jungen @lomeris- Embryonen erkennt man hinter dem Maxillarsegmente noch
ein weiteres als »Postmaxillarsegment« zu bezeichnendes,. dem zweiten Maxillarsegment
der Chilopoden und Inseeten homologes Kopfsegment.
), Hr. v. Bezorp überreichte zwei. weitere Bände der Veröffent-
liehungen des Königl. Meteorologischen Institutes vom Jahre 1897.
885
Über die Darstellung der Kraft in der analytischen
Mechanik.
Von Leo KoENIGSBERGER.
Man definirt bekanntlich als die Kraft X, welche auf einen freien
Punkt mit der Masse »n in der Richtung der Coordinate x einwirken
muss, damit die vorausgesetzte Bewegung dieses Punktes demselben
2
Pa L
die Beschleunigung Fr ertheilt, das Produet aus Masse und Beschleu-
ed
=
nigung oder den Ausdruck
(ol
Mus
dt
und kann somit für ein freies materielles System, dessen lebendige
Kraft durch
n
U z > m; (x Sr A Ar 2%)
I
bezeichnet wird, die im angegebenen Sinne auf den Massenpunkt n;
in der Richtung der CGoordinaten wirkenden Kräfte durch
od ol
N=—— 4
\ 02: dio
_ oe
Y,=—---+- RR,
oy; dt oy;
OT. urd oT
= —--- + —
5 02; 35 dt 02;
darstellen.
Wird nun das System irgend welchen Zwangsbedingungen unter-
worfen, so dass die Bewegungsfreiheit der Punkte dadurch beschränkt
wird, dass die 3% Coordinaten als von £ freie Functionen von 4 von
einander unabhängigen Grössen p,,P,,...p, gegeben sind, welche wir
wiederum allgemein als Coordinaten bezeichnen wollen, so folgen aus
der bekannten Relation
Sa
n
U
u |
T
(
356 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
Sıl_ an d oT 0; ol d oT\ 9y;
=) dw; dt da’) op, oy; dt dy;) op,
oT d oT\ 93) SR d oT
ta) Ip," di op,
und dem p’Arengert'schen Princip die Bewegungsgleichungen in der
zweiten Lasranse schen Form
ee droT = Er „0y;
Tan, er =>, X, +Fın an
op; op; 3 op; op; ep;
wobei 7 die in die neuen Variabeln transformirte lebendige Kraft
darstellt.
Nennt man nun allgemein für ein beliebigen Zwangsbedingungen
unterworfenes System den Ausdruck
OH AO
— == + — Pe
op, dt dm
die Kraft X,, welche auf das System, dessen augenblicklicher Zustand
durch die Coordinaten p,.P.,...p, vollständig gegeben ist, in der
Riehtung der Coordinate p, einwirken muss, damit die vorausgesetzte
Bewegung desselben in der angenommenen Weise vor sich gehen kann!',
und bezeichnet ferner als Projeetionen der in der Richtung der «;, Y;, &
wirkenden Kräfte X;. Y;. Z; auf die Richtung der Coordinate p, die
2 E „I m 9a eh;
Summe der aus diesen Grössen mit a — gebildeten Producte,
op, dp, op,
so werden die Lasraxee’schen Bewegungsgleichungen in
n
übergehen und somit dem Satze aequivalent sein, dass während der
Dauer der Bewegung die auf die Coordinate p, wirkende
Kraft gleich ist der Summe der Projectionen aller auf die
Punkte des freien Systems wirkenden Kräfte nach der
Riehtung von p, genommen.
Werden weiter die inneren Kräfte von den äusseren Z, getrennt,
und bezeichnet
H=—T—U
(las kinetische Potential, worin 7 die lebendige Kraft und U das Po-
tential im gewöhnlichen Sinne bedeutet, so wird, da wiederum
Or do He dee (ale ande Y ode. dleiH 051 | oH d
oa, dt du, op, |
Vergl. HerLunorız. Wissenschaftliche Abhandlungen Bd. 111, S. 112.
oH
9, dt Ay’ )op, Beh, 05 dt dx )op\ Op dt op)
KoenıGszerser: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 887
ist, das System der Lasrange' schen Gleichungen
DH dedH 2 0; 02;
nn > +/, 4 - +2
op, ddp — (x ‘dp, =)
durch die Gleichungen
n dx 3 a
D=», X + a0 +2.)
r 2R: Ps OP;
ersetzt werden können und also dem Satze aequivalent sein, dass
die auf die Coordinate p, während der Dauer der Bewegung
wirkende äussere Kraft /, gleich ist der Summe der Pro-
jJeetionen aller auf das freie System wirkenden äussern Kräfte
nach der Richtung der Coordinate p, genommen.
Aber auch wenn das kinetische Potential 77 sich nicht unmittel-
bar als eine Zusammensetzung der actuellen und potentiellen Energie
darstellt — und solche Fälle hat Hrrmnorrz in Betracht gezogen —,
bleibt, wie ich gezeigt habe, der oben ausgedrückte Projectionssatz
für jede beliebige Function 4 der Coordinaten und deren nach der
Zeit genommenen ersten Ableitungen, also auch die obige Ausdrucks-
form der Lasrasee’schen Gleichungen bestehen, und ganz allgemein,
wenn das kinetische Potential H eine beliebige Function der Coordi-
naten und deren nach der Zeit genommenen Ableitungen bis zur
v“" Ordnung hin bedeutet, wird, wenn für das unter beliebigen, von
der Zeit freien Zwangsbedingungen sich bewegende System die auf
die transformirte Coordinate p, wirkende äussere Kraft durch den
Ausdruck
oH_ daH doH a,
ee
definirt wird, vermöge der Beziehung
Orıa dor cd: oH ehe N 0a,
STE re re zer
a IE el ae Rd; en oY,
a Te a) 3,
x \oH d 9%H € oH EU d’ N 02;
oe alde n dindz. de dz0\ dp,
a, Ra @ I
TE op, dt op/ Tr One EN dt’ dp
das System der erweiterten Lasraxge’schen Gleichungen der zweiten
Form!
' Vergl. Sitzungsberichte 1896. S. 905, Gleichung (18).
888 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
Or do Wdeso d’ oH St ec; 02;
ee Er ee ma
op, diodp, diop, de’ op! = op, op, op,
(S=IDz 20)
vermöge des erweiterten D’ALENBERT'schen Prineips in
n 2
dw; Yy oY; zZ 02;
EN Bi op, en op,
übergehen und somit die Beschreibung der Bewegung in der wesent-
lichen Eigenschaft der Kräfte darstellen, dass die auf die Üoor-
dinate p, wirkende äussere Kraft für ein beliebigen, von
der Zeit freien Zwangsbedingungen unterworfenes und ver-
möge eines willkürlichen, von den Coordinaten und deren
Ableitungen bis zu irgend weleher Ordnung hin abhängigen
kinetischen Potentials in Bewegung gesetztes System gleich
ist der Summe der Projeetionen aller auf das freie System
wirkenden äusseren Kräfte nach der Richtung der Coor-
dinate p, genommen.
Wir wollen nunmehr für eine Function
ET Na. Re 16
TEN N N an).
in welcher r,,r,,...r, beliebige von einer Variabeln ? abhängige
Grössen, und r\9, r%,...r‘ die nach Z genommenen «'“" Ableitungen
derselben bedeuten, eine zu F, nach einer der Variabeln r ge-
nommene, adjungirte Function feine solche nennen, welche
aus
oF OF oF
an am in
und deren nach {genommenen totalen Differentialquotienten
von beliebiger Ordnung zusammengesetzt ist' und die EFigen-
schaft besitzt, dass, wenn 7,.7,,...r, in willkürlicher Weise
vonnwanderen von einander unabhängigen Grössen 9,, P., ::: P,
abhängig gemacht werden’, dieselbe Function gebildet aus
oF oF oF
op. dp"
und den nach ? genommenen totalen Differentialquotienten
dieser Grössen gleich ist der Summe der Projeetionen der
' Man könnte auch die Function F selbst als Argument der adjungirten Function
zulassen, doch wird die nachfolgende Untersuchung zeigen, dass dies für den später zu
erweisenden Hauptsatz unnöthig ist.
® Wobei wir hier und im Folgenden stets voraussetzen, dass die Variable zZ in
diese Abhängiskeiten nicht eintritt.
Koeni6sserGer: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. SS
Eunetion f für die Variabeln r;,r,,...r; nach der Riehtung
der Variabeln p, genommen, also die Beziehung besteht
Border @dE dFAaaRaon vom aan don \dr,
Dr mare ar aa ee)
TI
op,
daR on OF donra, or DRNd OH dor )
Zi (perpt 99, ddp dr dp," Op?” at Ip?’ AR dpl” Op? ar Ip ar ap
worin unter dem F der rechten Seite der in die Variabeln
Pı>P.>-..p, transformirte ursprüngliche Ausdruck zu ver-
stehen ist.
So werden z.B. die oben als Kräfte eines bewegten freien ma-
| teriellen Systems bezeichneten Ausdrücke
ONE I Ro ae
| Dee Tape ang
die Elemente eines Systems adjungirter Functionen bilden, und ebenso
allgemein für ein beliebiges kinetisches Potential 7, welches in
willkürlich vorgeschriebener Weise von den 3n Coordinaten und deren
Ableitungen bis zur v
DE u DE
DZ)
Ordnung hin abhängt, die oben aufgestellten
Ausdrücke für die auf die Coordinaten x, y;, 2; wirkenden äusseren
Kräfte eines bewegten freien Systems
oH d oH d’ oH
tr ee
om da oaH NdrcH
Ta Dr ayN)
oH doaH ‚de oH
a er
für eine beliebige Wahl der Zwangsbedingungen ein System adl-
Jungirter Funetionen definiren.
Ich werfe nunmehr die Frage auf, ob es noch andere zu jeder
beliebigen Function
,
TE N ee
gehörige und für jede willkürliche Wahl der analytischen Trans-
formationen der Variablen r,,r,,...r, in « andere von einander un-
abhängige p,, P.,... pP, gültige adjungirte Functionen giebt als die für
den Kraftausdruck aufgestellte
OrnedrdR rd or do.
re ee
or dtdr' di or \ di’ dr”
Sei zunächst die im Übrigen willkürliche Function
BimT2)
390 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
nur von einer Variabeln und deren nach ? genommenen Ableitung
erster Ordnung abhängig, und r mit p durch eine ebenfalls willkür-
liche Beziehung
"—6s(p)
verbunden, so würde die Eigenschaft der adjungirten Funetion die
identische Gleichung erfordern
f ran oF dor ad oO ddR dom or
NR reger “Sor’aror ar or en
oF doOF @ OF oF ddF d 9F )
er ap’ de par op" "Apr de Op’ de op
in welcher F auf der linken Seite als Function von r und r', auf der
rechten als Function von p und p’ aufzufassen ist.
Da aber
or , BEE AR or. tee =
a Im? an r dp! IP a p
dr er , or 07
op dp? ng op
somit
oF rs oeFor OF 2 „ oF O8Foar
op dr dp nn m? op Ar’ dp
ist, so geht die obige a in
) r( or ‚dr » dr, OF ddE EIE IE daR Aan
I i ee
Ge mean
u FOr Fr ‚drddF Wr ‚ddF Er, AR
= (2 er Hay et
OF or „ oeFoör dr dOF 9FP%r
ai mel oooonn RAS Aare =—
er op! dr’ dp’ dp dt dr’ dr’ dp?
über, und diese Identität soll erfüllt werden für willkürliche von ein-
ander unabhängige Werthe von
on oe ORO FL dh, oem de
PP PER s I Den ER a En Er Sleikehie 5
op dp° or Or’ or Ardr’ dr
also vermöge der Beziehungen
d oF OH or , Mon (> Be
— == 2 p
San ET NS
dt dr or” op! erdr
er
.. op
ee |
op? |
De. |
K
Koeni6GspEerGer: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 891
auch identisch befriedigt für beliebige Werthe von
I er or oF d odF d oF oF dodF @oF
a op’ op’ dr’dt dr di dr’ Or’ ddr de dr’
Bemerkt man, dass r und p, weil sie nur auf je einer Seite der
Gleichung (1) explieite vorkommen, überhaupt in der Gleichung nicht
enthalten sein dürfen, so wird, wenn zur Abkürzung
or Or dr oF oF
ne 0, ni, sm... eb aIeM
op np: op’ Son re i
gesetzt wird, die Gleichung (1) in die in den Grössen
’ „ ’ „W r „
ER URS USE Use le Ute Uster are
identisch zu befriedigende
4 „ 7 „ )
2 ‚ 3
BORD aD: + ap", a,p + 30,p pP Fap”,... u, WU U
)
übergehen.
Setzt man hierin ,=q,=...=0, so wird sich’ aus der ge-
forderten Identität der Gleichung
„ ’ „
a ’ „ 72 f
(3) N IE ao Ro. RE DEE 800)
mie 7] 777 ’ 72 B 7 2 „
— UNI ED ae oo ee OB Re)
die Form der Function f leicht bestimmen lassen; differentiirt man
„ 2 „
nämlich diese Gleichung zuerst nach %,W,W%,...%,W,U,..., SO
dass sich
\ IND er ie ip’, 3) Ifla,p', 2 Yfp, ee)
ou, N ou Te
De Re ap onlp.e)
ou, TI ICKAT: ou) I Teen.
ergiebt, ferner nach a,, woraus die Beziehung
Kohlen. Mora OnlD
fa,p‘ --)+ ap Na — er a 77 SUNG = av = N
da,p ca,p ca,u,
Ilm arlpe ae OR
EDDIE 9 gel JB: A Au ; u
da,u, da,u, da,u,
oder mit Berücksichtigung der eben aufgestellten Relationen, wenn
ausserdem
! [2 !
«ap=4g9.4WPp =q4
gesetzt wird,
IN (0% | ala, ;
U, arg us Uo ) + u rg Adi ) + N = u, f(q U, -)
ou, ou, ou,
‚ofq Us > ) OA, )
Ei ou! re %g
1 ON SR +) Cr ae,
Zi dg” Er Er =f(q $) Us; )
folgt, so ergiebt sich durch Integration dieser partiellen Differential-
gleichung für die allgemeinste Auflösung der Functionalgleichung (3)
die Form
I „n ’ „
ER: , ? U Us DEE hi -
PP Us ir Us) = U 5 we
UERlE Mr Or
worin w eine willkürliche Function der eingeschlossenen Grössen be-
deutet.
Soll nun die Function f eine ganze lineare Function ihrer Variabeln
sein, so ist aus (4) ersichtlich, dass die Grössen p/, p”,... in derselben
nicht vorkommen können, und dass diese somit die Form haben wird
f=Auwr+AwWrAWr... ++ AW+ Au + ...,
in welcher die Coeffieienten von p und dessen Ableitungen unabhän-
eig sind'.
Setzt man diesen Werth von f in die Gleichung (2) ein, so er-
giebt sich
’ , „ „ BG [2 „ „
aAw+ Au + AW+...+Au +Aw+rAu +...)
— A,(a,u,+ a,pu,) + A,(a,ul + a,pw + a,p'u.+ a,p u, + a,p'u,)
„ „ ’ / , 2 ’
+ A, (a,u, + 2a,pWw + ...)+... +4,04 + A,(a,u, + a,p'u,)
+A (au + 2a,pPwW+...)-+..-;
und die Identität derselben erfordert
A,rAl=b, A=Al=nrm=o, AS AN
0 1 1
so dass sich als die beiden einzigen linearen Formen, welche
der Gleichung (2) Genüge leisten, indem man die beiden will-
kürlich bleibenden Coeffieienten A, und A, der Einheit gleich setzen
kann. «, und w„—u/ oder
I
oF oeF doOF
-— und „= — -
er or dt or
! Es könnten die Coeffiecienten F selbst und dessen nach £ genommene totale
Ditferentialquotienten in beliebigen Funetionalausdrücken enthalten; da diese Ausdrücke
jedoch in der ursprünglichen und transformirten Form gleichwerthig sind, so fallen
sie aus der zu befriedigenden Relation heraus, und es ist daher keine Beschränkung
der Allgemeinheit, wenn wir jene Coeffiecienten als Constanten betrachten.
KoeniGsperer: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 893
ergeben, also wenn F die lebendige Kraft
R— nu.
2
eines längs der r-Axe sich bewegenden Punktes mit der Masse ın
bedeutet, vom Zeichen abgesehen, die als Bewegungsmoment und
Kraft definirten Ausdrücke.
Lässt man nun die Bedingung fallen, dass die durch die Glei-
chung (4) gegebene Function f eine in den Grössen
„ ’ „
J
al WO (oo
07 (jr WE N
U
0
lineare sein soll, so ergiebt sich ausser dem Momente und der Kraft
zu jeder Function F einer Variabeln und deren erster Ableitung und
unter der Annahme willkürlicher Transformationen eine unendliche
Mannigfaltigkeit weiterer adjungirter Funcetionen. Dass es keine solche
zweiten Grades in den Variabeln giebt, ist unmittelbar ersichtlich, da-
gegen ergiebt sich wieder eine Reihe von adjungirten Funetionen
dritten Grades, welche der Gleichung (1) Genüge leisten, und von
denen nur die nachfolgenden angeführt werden mögen:
‚[OF\® ‚arFor
Ä dr’ 2 er or’
OR ‚oF doF
ö (37) Te;
„oFoF ‚[9F\’ old di oR dor
ar a A ren
„OFOF ‚[OF® _,OFAddrF ‚(dar\:
— Al Ir ei 7
dr or’ dt dr dt dr
Es zeigt sich somit, dass, wenn nur Funetionen einer Va-
riabeln und deren erster nach ?{ genommenen Ableitung in
Betracht kommen, noch andere adjungirte Functionen als
die für den Ausdruck des Bewegungsmomentes und der Kraft
in die Mechanik eingeführten existiren. Wesentlich anders
Jedoch gestaltetsich das Ergebniss der Untersuchung, wenn
die willkürliche Function F mehr als eine von t abhängige
Variable enthält.
Sei also eine beliebige Function zweier von f abhängiger Grössen
und deren ersten Ableitungen
n
JEl En Re r.)
gegeben, und werde wieder die Frage nach der Existenz adjungirter
894 Sitzung der physikalisch - mathematischen - Classe vom 21. October.
Funetionen aufgeworfen bei Festsetzung willkürlicher Abhängigkeiten
der Grössen r, und r, von einer Variabeln p, welche somit der Func-
tionalgleichung Genüge leisten müssen
OF doR do or daR dor %
re;
{ Er: = d oF d’ dF OR rd dEN d= OR or,
en WERD er
= ’ dt dr.’ ae or,’ Ari’ de dr’ de Or’
r ER: = dar d ar OR dor nd oE
— fl9, pP, 0"... au as ae ae aa ze es
J\PP>P > op dt dp ’ dr dp’ dp’ dt dp’ ’ di” op
oder da
BLEI CHE, or, . eFor, OF&Rr, or or,
‚
Ip Piss dr pr p
ET
a ae
op’ or’ op 2 or! dp
ist. wenn zur Abkürzung
or, o’r, 07 or, er, o’r,
ra ea an El De
op op’ op® op op’ op?
oF oF oF oF
nn eher em. lb.
or or! or, or!
gesetzt und wiederum wie oben beachtet wird, dass die Grössen
r,, r, und p nicht En vorkommen können, die Gleichung
- 5 ’ 12 7
(6) a,fla,p,a,p +4P"; a, pP De 3a, pP p Ban en Us En .-.c)
+b,fb,p, b,p' +b;p", b,p" + 3b, pp" + bp", 0,0, ve 0, v., 0.0
— f(p, pP',Pp”, ... wu. +a,p u, + 5,0 + b,pv., u, + a,p u, +a,pt u, + a,p "u, +a, ‚ri fi
+ be, +b,pv,+b,pv, + bp, +b,p'o,, au, + 2a,pu, + a,p ut a,p "u,+ a,p%
u 2a,p u, + 2a,p'u, + a ‚pu, + BunnE + a,p"u, + be! + 2b,pv, + b,pr. + b,pf
+b,p u" +b,p od. + 2b,pv.+b,p 2 als 3b,p'p'v, +b,p"vd,,--..- u +, dı, 4, u + a,p‘
+b,v, + b,p'v,, a, u + 2a pi, +a,p u, +a,p'u, +b,.v + 2b,p'v, '+b,p" v,+b.p"v,
identisch befriedigen.
Setzt man hierin ,=a,=...=b,=b,=...=0, so nimmt (6)
die Form an
. v [777 ! [73 2 ß
(7) »a.)1(0.9, aD ,»@p,. ususele RR)
+ b,f(b,p', bp”, DRDIES 80.6 0|,02,.2.050,, 0 De)
— f(p',p",P”s-.-,W+ 5,0, ,% + b, v.,a;w +60
.0,u, + 5,0, 0, +b,v.,0.% + 0,0...)
und geht für 4, =o in
KoENIGSBERGER: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 895
' „ m ’ „ f? „
NIEDER La U US US 3 Urs Unsere)
r ! „ m 12 „ ! „
— ERDE RU U AU STAU NOS 0 Ursr Se)
über. Da nun diese mit (3) zusammenfallende Gleichung die allge-
meine Lösung
! „ TZ I 73 / „
BED ED U U U U rs 2er)
4 „ ! „
U, U, U, U U j Fr
=uw|l—,—,...—,—,—,...P UP" Us. --
Ur U, Us %,
hatte, worin » eine willkürliche Funetion der eingeschlossenen Grössen
bedeutet, so wird die Form der Function w zu untersuchen sein, wenn
der Gleichung (7), also der Beziehung
$ PAR,
8) au pe Se pP U,a,p U
( a, U,w LH 9 $) De 7 0» Aıl ae che
U U Us U U
vu DERORAROE,
N Ne
Do 08 On j
, 3 R „ „H
a.u,+b,v, a,u, +b,v,
— (A en RE:
au+bv, auw-+bv,
au +b,v, au +bv au +bv : F
— ann, 2 aD (aus r 90.),D (au. 0m.)
au,+b,v, u, +b,v, a,u,+ b,v,
Genüge geschehen soll.
Differentiirt man aber diese Gleichung nach u, u. ,... Ws WU sen,
so ergeben sich
! fi !
alias j a,u, + b,v,
0wW—,...,P Wr... ale eo au bene
Us u U -+ b, d, ee
a | (% w+b,v.
ol — ol ———— —
U,) au, + b,%,
und die ähnlichen Gleichungen, aus denen, da die rechten Seiten
’
von b, und v,,0,,...0,v abhängen, ersichtlich, dass die so ge-
I Ay un
bildeten partiellen Differentialqguotienten von den Argumenten
u u u. u %
{e, {e)
TR I
unabhängig sein müssen, w selbst also eine lineare Function der
Form sein wird
, 7
’ „ U, t „ U, ! „ U,
Dr be(p.,me, + PP a) 5 a A) 7
1} ’ " u, ! ’ Ad u ’ „
+Y,(9,p aan), +V,(P,P s--.) 5 +...+%(P:P >»: -:)>
deren Coeffieienten sich durch Einsetzen in (8), wie leicht zu er-
kennen, als Constanten ergeben, so dass für die Gleichung (7)
896 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
[= Cu+ Cu+ GW +...+0uw+lur u +...
folgt. Führt man nun diesen Werth von / in die Gleichung (6) ein, f
so ergiebt sich
Y
Ca, Au Eur... OU -r Cure
+50, + 0%, + EU -+...+09 7 Ov- rer
— (,(a,u,+ a,pu, + b,v,+ b,p'®
+ (/(a,u, + a,pu,+ a,p u, + a,p u, + a,p' uw + be, + b,pr.+b,pv. + b,pr, + b,p”d
+ ((a,u, + 2a,pW,+ ...+b,v) + 2b,pV,+...)+..
+ (,(a,u, + b,v,)+ Ola, + a,p u, + 5,0, + b,p®
+ (C/(a ul + 2a,pW +... +bv + 2b,pV,+...)+...
und wenn diese in allen in ilır vorkommenden Grössen identisch sein
soll.
G= CH, GC =0,.0t ort. Geo
c I
weil die Posten a,p'w, und b,p’v,, die in C/ multiplieirt sind, sonst
nicht vorkommen, ferner a,p’u, und d,p’v, nur mit €, und € multi-
plieirt sind, endlich die Posten 2a,p’u) und z2a,p'w, dann nur die
Faetoren € und C/ besitzen u. s. w.
Es wird somit die allgemeinste adjungirte Function von F(r,.r/. r,. r})
dureh
(
re
„IF, „(OF _d ar
or dt dr’
dargestellt sein, worin ©, und €, willkürliche von r und r’ unabhän-
gige Grössen bedeuten und somit stets zwei und nur zwei ad-
Jungirte Funcetionen
oF eF dar
— und — ——
er er dt dr
existiren, die in der That die Gleichungen
oF dr, OF dr, oF
Sn nee gr ner
or, 0p er, cp cp
und
for a ar\ dr WdE a EN or are
(ar. dt dr!) op or, dt or) Op dp ddp’
identisch befriedigen.
Genau ebenso ergeben sich für beliebige Funetionen
Ta Re 0
von k Variabeln r,,r,....r, und deren ersten nach ? genom-
KoenıGsnerger: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 897
menen Ableitungen bei Einführung beliebiger analytischer
Bedingungen zwischen den 4 Variabeln und x neuen von ein-
ander unabhängigen ».,P,,...P,
oF Ad or
-—- und ——- —— -—
or er dt dr
als die beiden einzigen adjungirten Functionen und genügen
somit den Beziehungen
kam n Ay
S oF or, oF
PR EZ. ; kurs air ’
=: or! 0p op
k STH Le R An! g T
x oF d dH\ or. oF d oF
or derer.) ep op dt op
Sei nun
N)
gegeben, und mögen 7,,7,....7r;, durch willkürliche analytische Be-
ziehungen mit den von einander unabhängigen Grössen P,.P:>::- P,
verbunden sein, so ist leicht zu erkennen, dass es nicht bloss zwei,
den oben gefundenen und als Bewegungsmoment und Kraft definirten,
analoge adjungirte Funetionen giebt. Benutzt man nämlich, wenn r
eine der Variabeln r,,r,,...r;, und p eine der Variabeln p,,P.;--. 2,
bedeutet, die früher von mir entwickelte Formel'
er ele—1)... (ge A+1) Ort
op N op ’
so ergiebt sich unmittelbar, dass
IF Ara
k
a rare Op
k
23
vn
ist, und es folgen hieraus die Beziehungen
! Vergl. Sitzungsberichte 1896, S.900, Gleichung (4).
2 ( era d 3% oF d oF
\ 23 ( Bu DET un) ao dr:
—:\ or 3) mal It 1-2 dt’ dr) ) dp
oF ar em vw—ı) d& OR
tn en
x oF d oF v—A+2)v—A-+I) @ oF
0) 2. br len at Zen. re
a =) LE >
TEE‘ dt’ dr") ) dp one) dt Op" a
W—A+2)w—r+n)d OF vlw—r)... (var
Brennen: ee) ee
worin A die Werthe o0,1,2,...v annimmt.
Es existiren somit für jede beliebige Function F von k
Variabeln r,,r,,...r;, und deren nach einer Variabeln 7 ge-
nommenen Ableitungen bis zur v'°" Ordnung und unter Zu-
grundelegung willkürlicher Transformationen der Variabeln
T,Pa,...7, in a andere von einander unabhängige 9,,9.»...2,
I
v+1 adjungirte Functionen
oF Be d OR N ZEIG or
or?» dt Ore +9 2 de de) 0.00
vw—I)..v—A+I) d oR
+ (—1)' re => ae = 1 SEE ae e) ?
1-2. A dt’ or
MOV)
und es lässt sich genau wie oben nachweisen, dass es die ein-
zigen sind.
Fassen wir die bisher erhaltenen Resultate zusammen, indem wir
die Function F jetzt das kinetische Potential 4 bedeuten lassen, so
ergiebt sich Folgendes:
Nennen wir eine zu einem beliebigen, von 3n Coordinaten
und deren ersten nach der Zeit genommenen Ableitungen
abhängigen kinetischen Potential HZ gehörige Funetion
oH ao 29H OH sdro Hd Sole )
nE’ar de ran ae. oe a gear ce,
=
FE
IX
Sr
IX
KoENIGSBERGER: Die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 899
in welcher £ eine der Öoordinaten bedeutet, eine adjungirte,
wenn dieselbe die Eigenschaft hat, dass bei Einführung will-
kürlicher Zwangsbedingungen für das System, also belie-
biger analytischer Ausdrücke für die 3» Coordinaten durch
# neue von einander unabhängige Variable p,,9,,...p,, in
welche die Zeit? nicht -explicite eintritt, die Function f für
das transformirte kinetische Potential in Bezug auf eine be-
liebige der Coordinaten p, genommen gleich ist der Summe
der Projeetionen der adjungirten Funetionen des ursprüng-
lichen kinetischen Potentials in Bezug auf alle 3n Coordi-
naten genommen nach der Riehtung der Coordinate p,, oder
welche der Beziehung genügt
n
a Ede en dia a cH
F Ps» Ps> Ps >= - - A) ——
p, dt Op,’ di? Op, Op’ dt dp) ’dr dp’
"dt da, de da, dal ’dt dal’ dir da’
OH d.oH.d oh: oH d oH dsso.H) hi
I i i i Op;
> £ ER or car 0 de oh OHR do. ad di oy;
Re : —, u u
e : NAUZEZE? oy; dt oy, de oy; dy: di dy; di” dy; op,
x ee, SER oh ONE Eh ONE NEE GE e)2l 02;
2) de, dee.de. die de). del..at de) of: daR. jan.
I
so giebt es stets zwei und nur zwei solcher adjungirter
Funetionen, nämlich
oH OH Sao
0E a 0E def
Definirt man nach HermnorLtz die Grösse
oH
0E
&
als das zur Coordinate £ gehörige Bewegungsmoment, welches so-
mit der Gleichung genügt
S \OH da, „gH 0Y „OH 0%) _0H
—i)da; Od, Y Or, 04 pl dm’
so bleibt, wenn man von den Bewegungsmomenten eines
Systems absieht, als einzige adjungirte Function zu jedem
kinetischen Potential der angegebenen Art und für will-
kürliche dem freien System auferlegte Zwangsbedingungen
der Ausdruck
oeH doaH
0 di 0E 2
Sitzungsberichte 1897. 82
(il
I00 Sitzung der physikaliselı -mathematischen Classe vom 21. October.
und es folgt somit nach der früher gegebenen Definition
die Kraft als die einzige zu jedem kinetischen Potential ge-
hörige und für Einführung beliebiger Zwangsbedingungen
existirende adjungirte Function des kinetischen Potentials.
Ist nun allgemein das kinetische Potential // eine Function der
3n Coordinaten und ihrer nach der Zeit genommenen Ableitungen bis
zur v“" Ordnung, so definire man die v Funetionen
‚öH
gg
get d oH
ea
en BE! do vv—ı) d 0H
aaa ar
oH d oH FERNER d OH > Re VE!
Ta Kaya er awaz 312 es me ee (— I ——
Etat in:
ter
als Bewegungsmomente 1°“, 2°°,... v‘“" Ordnung, und es zeigt zu-
nächst die Gleichung (9) wieder, dass die Bewegungsmomente
der v verschiedenen Ordnungen adjungirte Funetionen des
kinetischen Potentials sind; sieht man daher von den so defi-
nirten v Bewegungsmomenten eines Systems ab, so bleibt nur noch
zu Jedem kinetischen Potential und bei Einführung beliebiger Zwangs-
bedingungen als einzige adjungirte Function der Ausdruck
re len a ale ft 3H
DE AR 98 t- de 0£” — je tale Sr —l de AEG]
übrig, welcher oben die Definition der Kraft eines vermöge des kine-
tischen Potentials 4 bewegten Systems lieferte, und wir können so-
mit sagen, die Kraft ist von den v Bewegungsmomenten ab-
gesehen die einzige, zu jedem kinetischen Potential gehörige
und für willkürliche dem freien System auferlegte Zwangsbe-
dingungen existirende adjungirte Function des kinetischen
Potentials.
ws
901
Über ein neues, aus Kalkspath und Glas zusammen-
gesetztes Nicon'sches Prisma.
Von C. Leıss
in Steglitz.
(Vorgelegt von Hrn. Kreım.)
Dr Schwierigkeit der Beschaffung optisch brauchbaren Kalkspathes,
wie solcher bei den verschiedenartigsten, der Wissenschaft und Tech-
nik dienenden Instrumenten und Apparaten Verwendung findet, hat
sich in den letzten Jahren immer mehr und mehr gesteigert. Das zur
Herstellung grosser und reiner Prismen erforderliche Material ist jetzt
entweder schon gar nieht mehr oder nur noch mit sehr bedeuten-
dem Kostenaufwand zu erhalten. Bei denjenigen Instrumenten, wo
dies irgend angängig war, hat man bereits, um dem Kalkspathman-
gel zu begegnen, das Nicor'sche Prisma durch eine andere, aller-
dings viel weniger vollkommen polarisirende Vorrichtung zu ersetzen
gesucht.
So ist man zur Zeit schon genöthigt, die Polarisationsapparate der
NÖRRENBERG schen Construction, an Stelle deren Glasplattensätze man
fast allgemein — als noch genügend Kalkspath vorhanden war — das
Nicor'sche Prisma setzte', wieder mit der ursprünglichen Polarisations-
vorrichtung zu versehen’.
Selbst bei denjenigen, für krystallographische und mineralogische
Studien dienenden Mikroskopen, welche ohne hohe Kosten zu Beob-
achtungen von Interferenzerscheinungen im convergenten Licht mit Con-
densoren und Objectiven von hoher numerischer Apertur dienen sollen,
hat man in neuerer Zeit seine Zuflucht zu einem aus Glasplatten zu-
! Des-Crorzeaux, Ann. des mines, T. VI, 1864; P. Grorn, Pose. Ann., Bd. 144
S.34—35, Fig.1. S.v. Lang, Carr’s Rep. VII, S.377; Mürter-Povitvrr’s Lehrb. d.
Phys. 9. Aufl. Il, S.1082 und 1084.
®2 C.Leıss, N. Jahrb. f. Mineral. u.s. w., 1896, Bd.1l, S.233.
g2*
902 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. October.
sammengesetzten Polarisator nehmen müssen!. Aber auch unter den
besseren im Gebrauch befindlichen, in den letzten Jahren besonders
verfertigten Instrumenten erfüllen nur wenige die Bedingung, dass die
freie Öffnung des Nicols den Aperturen der Condensor- und Öbjeetiv-
systeme, welche für die Beobachtungen von Interferenzbildern im stark
eonvergenten Licht dienen, entspreche.
Nicht allein, dass der Glasplattensatz im Vergleich zum Niıcor'schen
Prisma eine geringere Lichtstärke besitzt und eine weniger vollkom-
mene Polarisation ergiebt, schliessen die verschiedensten Gattungen der
im Gebrauch stehenden Apparate seine Verwendung völlig aus, oder
es kann dessen Zuhülfenahme nur auf Kosten der Vollkommenheit und
des bequemen Gebrauches der Instrumente geschehen. Es sei nur daran
erinnert, dass z.B. ein mit einem Glasplattensatz versehenes Mikro-
skop die für viele Zwecke nützliche, sogar in gewissen Fällen unum-
gänglich nöthige Umlege-Einrichtung illusorisch macht. Ebenso schliesst
der Glasplattensatz das neuerdings an Mikroskopen vielfach angewandte
Prineip der gemeinsamen Drehung der beiden Polarisatoren°, anstatt
der Drehung des Objeetes, gänzlich aus. Das Gleiche gilt für die
Saecharimeter und die Projeetionsapparate für physikalische und kry-
stalloptische Demonstrationen. Für letztere würde ganz besonders, ab-
gesehen von dem wenig günstigen Arrangement und der Montirung
eines solehen Apparates, wegen der energischen Absorption der Strahlen
in den Glasplattenschiehten die Anwendung dieser unmöglich werden,
da das austretende Licht in den meisten Fällen kaum noch eine Wir-
kung auf den Wandschirm auszuüben vermag. Häufigere Versuche in
dieser Richtung haben mich von der Unzulänglichkeit dieser Einrich-
tung überzeugt.
Polarisations-Prismen, deren Construction sich auf die Ersparniss
von Kalkspath oder einer sonstigen geeigneten doppelbrechenden
Substanz gründete, wurden u. A. ersonnen von: Janin und ZENKER',
Feussser' und Berrranp°. Alle diese Prismen haben gemeinsam, dass
bei ihnen zum Unterschied von den gebräuchlichen Arten nur. eine
dünne Platte einer doppelbrechenden Substanz — Kalkspath, Natron-
salpeter, chromsaures Kalium — zwischen zwei keilförmige, den Hälf-
ten eines Harrnack-Prazuowskr'schen Prismas ähnliche Glasstücke ge-
! ©, Leiss, Neues Mikroskop mit Glasplattenpolarisator u. s.w., a.a.0.1897, Bd.Il,
S.86, Fig. 2.
® Verel. €. Kreın, Akad. d. Wissensch., Berlin 1895, S.91, Fig. 1; C.Leıss, a.a.0.
Beil. Bd. X, S. 179, Fig. ı; ferner: Beil. Bd.X, S.412—420, Fig.ı u. 2.
° Compt. Rend. 68, p. 221.
* KR. Feussser, Zeitschr. f. Instr.- Kunde 1884, S. 41.
Exıre Bertranv, Sur diflerents prismes polarisateurs (Bulletin de la Soeiete
mineralogique de France), 1884, P. 339 — 344:
Leıss: Über ein neues Nicol. 903
kittet wird. Der allgemeineren Einführung dieses Construetionstypus
stehen immer noch Schwierigkeiten entgegen. Zunächst fehlt es an
genügend grossen Platten des wegen seiner starken Doppelbrechung
am besten geeigneten Materials, des Natronsalpeters'. Bei Anwendung
von Kalkspath würden, wenn der Gesichtswinkel der Prismen ein für
die gewöhnlichen Zwecke genügend grosser sein soll, die Prismen
nicht unbeträchtlich länger als die sonst gebräuchlichen Arten werden.
Chromsaures Kalium, dessen Stärke der Doppelbrechung noch über
dem Natronsalpeter steht, ist besonders seiner Färbung wegen nicht
geeignet; überdies sind genügend grosse und reine Krystalle auch
hiervon sehr schwer zu bekommen. Ein weiterer Umstand, der die
Herstellung der auf der Anwendung einer dünnen Lamelle beruhenden
Polarisationsprismen erschwert, ist die Beschaffung eines festen und
guten Kittes von genügend hohem Brechungsexponenten.
Um diesen Übelständen zum Theil zu begegnen, habe ich folgende
Construction des polarisirenden Prismas ersonnen. Bei derselben wird
der Kalkspathmangel keineswegs aufgehoben, dagegen letzterem da-
durch begegnet, dass das neue Prisma nur die Hälfte des Materials
der bisherigen Öonstruction nöthig macht. Wie bekannt, dient
die zweite Hälfte des Nıcor'schen Prismas dazu, die erstere Hälfte zu
einer planparallelen Combination zu ergänzen, damit die aus dem ersten
Theil-Prisma austretenden ausserordentlichen Strahlen keine Ablenkung
ihrer Fortpflanzungsrichtung erfahren und bei der Beleuchtung mit
weissem Lichte keine Dispersion stattfinden kann. Diese Überlegung
führte mich dazu, die eine Prismenhälfte durch einen Glaskörper von
genau gleicher Form eines der beiden Prismen zu ersetzen. Eine Glas-
sorte, die in ihren optischen Constanten — Brechungsexponent und
Dispersion — volle Übereinstimmung mit dem im ersten Prisma er-
zeugten ausserordentlichen Strahl besässe, würde einen durchaus voll-
werthigen Ersatz der zweiten auch durch Kalkspath hergestellten Pris-
menhälfte darbieten. Genau ist eine solche Übereinstimmung bei den
zur Zeit zu Gebote stehenden Gläsern nicht erreichbar, aber mit den
vorhandenen Glassorten lassen sich, wie dies aus einer Reihe ange-
stellter Versuche hervorgeht, Doppelprismen combiniren, welche, als
Polarisatoren angewandt, in ihrer Leistungsfähigkeit kaum den seit-
herigen Arten nachstehen. Als analysirende Prismen sind sie deswegen
weniger geeignet, weil in Folge der nicht vollkommenen Übereinstim-
mung der beiden Brechungsindices von Glas und des ausserordentlichen
Strahles im Kalkspath bei ihnen eine minimale Ablenkung des Strahles
! Hr. Dr. L. Werrr, dessen diesbezügliche Arbeiten in diesen Berichten nieder-
gelegt sind, hat sich seit Jahren das Ziel gesteckt, die Krystallisation von Natronsal-
peter so weit auszubilden, um in diesem einen Ersatz des Kalkspathes zu erhalten.
904 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
eintritt und somit bei der Drehung des Prismas der beobachtete Gegen-
stand eine geringe oscillirende Bewegung erfährt.
Polarisations-Prismen, welche zur Hälfte aus Kalkspath und zur
Hälfte aus Glas bestehen, wurden bereits in folgenden bekannten und
meist gebräuchlichen Typen ausgeführt: ältere Nıcor’sche Form, ver-
kürzte Nıcov’sche Form, HarrnAack- Prazmowskı sche und GLan- Tnonr-
sox' sche Construction.
905
Über die Structur des Kathodenlichts und die
Natur der Lenarn’schen Strahlen.
Von Prof. E. GoLDSTEIN
in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. WArsurc.)
Il früheren Arbeiten habe ich gezeigt!, dass das Kathodenlicht in-
dueirter Entladungen nicht homogen ist, sondern aus drei einander
durchdringenden Lichtarten von abweichenden Eigenschaften besteht.
Diese drei Lichtarten entsprechen den drei sogenannten Schichten des
Kathodenlichts. Die erste und die zweite Schicht bestehen aus gerad-
linigen, von der Kathode ausgehenden Strahlen, welche die dritte
Schicht durchdringen. Von dem Lichte der dritten Schicht wurde nach-
gewiesen, dass es durch ausgedehnte Strecken jenseits einer Biegung
des Entladungsrohres sich fortzupflanzen, um eine Ecke bis zu Stellen
sich auszudehnen vermag, bis zu denen von der Kathode wie von
der inneren Grenze der dritten Schicht keine Geraden durch den eva-
euirten Raum mehr gezogen werden können. Feste Körper, die in
Strahlenbündel der zweiten Schicht eingesenkt waren, erzeugten Schatten-
räume, die mit Licht der dritten Schicht erfüllt waren: wurden die
Körper ausserhalb jener geradlinigen Bündel der zweiten Schicht nur
in Lieht der dritten Schicht eingesenkt, so wurden sie vom Lichte der
dritten Schicht rings umhüllt, und es zeigte sich gar kein Schattenraum.
In dem nachfolgenden weiteren Bericht über das Verhalten der
dritten Schicht sollen die Bezeichnungen A,-Lieht und A,-Lieht oder
-Strahlen im Interesse kürzerer Ausdrucksweise gelegentlich an Stelle
der Bezeichnungen Licht bez. Strahlen der dritten oder zweiten Schicht
gebraucht werden.
3ei der Fortsetzung der 1892 veröffentlichten Untersuchung fiel
mir auf, dass bei Benutzung gebogener Gefässe wie Fig. ı das Licht
der dritten Schicht nicht beliebig vielen starken Biegungen des Ent-
ladungsrohres folgte, sondern z. B. bei der gezeichneten Röhrenform
sehr kurz hinter der zweiten Biegung abschloss, und zwar war das
K;-Licht in den verschiedensten Röhrenexemplaren bei seiner grössten
! GorvsrEin, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1886, S. 691 und 1892, S. 827.
906 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
Ausdehnung jedesmal nur gerade so weit zu verfolgen, wie die diffus
refleetirten Kathodenstrahlen, die durch das Aufprallen der A;-Strahlen
Fig. 1. auf die (in der Figur schraf-
firte) Wandfläche erzeugt wer-
den'. Der Verbreitungsbezirk
der retlectirten Strahlen grenzt
sich vermöge ihrer Fähigkeit,
Phosphorescenz zu erregen,
an der Glaswand gut bestimm-
bar ab®.
Der anscheinende Connex
würde sich erklären, wenn
das Licht der dritten Schicht
ebenfalls aus Strahlen bestän-
de, die durch diffuse Re-
tlexion der 4A,-Strahlen an
der Glaswand erzeugt wür-
den. Diese Annahme ent-
fällt jedoch, weil das Az,-Licht um die Kathode sich auch in weiten
Gefässen bildet, wenn die A,-Strahlen die Wand noch nicht errei-
Fig. 2. chen. Ebenso kann nicht an-
bg genommen werden, dass zwar
nicht das ganze A,-Licht im
Allgemeinen, aber doch der-
jJenige Antheil, der um Ecken
und Biegungen herumzugehen
scheint, durch Reflexion der
K,-Strahlen an den Wänden
dieser Ecken und Biegungen
entsteht. Denn die Erfüllung
soleher Seitenräume mit Äz-
Licht fand auch statt bei Ge-
fässen wie Fig. 2, bei denen
ein durch ein Diaphragma aus-
geschnittenes enges A,-Strah-
lenbündel die Glaswand erst
am Boden des Schenkels B traf,
während trotzdem Az-Licht
! Gorpsreın, Monatsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1881, S.775. Ann. d. Phys.
(N. FE.) Bd.15.
° Als Kathoden dienten in den beschriebenen Versuchen Kreisscheiben von 10—2omm
Durchmesser aus Aluminium, deren Stiel durch Glasrohr und deren hintere Fläche
durch einen congruenten Glasschirm isolirt war.
Gorvsrein: Kathodenlicht. 907
cm
mindestens 7
reichte.
Gleichwohl erscheint es, obschon die dritte Schieht als Ganzes
Biegungen auskleidet und um Ecken herumreicht, doch denkbar, dass
sie aus geradlinigen Elementen, ebenfalls aus Strahlen besteht. Nur
muss der Ursprung dieser Strahlen nicht an der Kathode gesucht wer-
weit in die 25”” weiten Schenkel $, und 8, hinein-
den. Das A;-Licht reicht nämlich, wenn es seine grösste Ausdehnung
erlangt hat, welches auch die Form der Röhre sei, stets gerade bis
zu denjenigen Stellen, bis zu denen noch Gerade von irgend
welchen Punkten der A,-Strahlen durch den Gefässraum ge-
zogen werden können. Diese Grenzen fallen naturgemäss, wie der
Fig. 3. unmittelbare Anblick der Figuren ergiebt,
sehr nahe zusammen mit der Ausbrei-
tungsgrenze der diffus refleetirten Katho-
denstrahlen, die bis dorthin reichen, wo-
hin man noch Gerade von der durch
die A,-Strahlen getroffenen Wandfläche
ziehen kann.
In der That haben nun die weite-
ren Beobachtungen die folgende Auffas-
sung bestätigt: Die dritte Schicht
des Kathodenlichts besteht aus
geradlinigen Strahlen, die aber
weder von der Kathodenoberfläche
noch von der inneren Grenze der
dritten Schicht entspringen, son-
dern von den Strahlen der zwei-
ten Schicht; und zwar gehen Ä;-
Strahlen von allen Punkten der
K,-Strahlen aus und von jedem
Punkt nach allen Richtungen im
Raume.
Es sei gestattet, einige Versuche zu
skizziren, welche hieraus gezogene Fol-
gerungen bestätigen.
Ist die erwähnte Auffassung zutreffend, so wird, wie schon beob-
achtet'!, das X;-Licht einer in einem langen geraden Kugelhalse be-
findlichen Kathode (Fig. 3) die Kugel erfüllen, auch wenn Theile der
Kugel von der Kathode aus nieht geradlinig erreichbar sind: dagegen
! Gorpsrein, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1892, S.832; Ann. d. Phys.
(8 E.), Bd. Sr.
OS Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. October.
wird von einer ganz gleichen, von der Kugel gleich weit entfernten
Kathode kein Az-Licht in die Kugel gelangen, wenn der Hals so ge-
bogen ist, dass von keinem Punkte des A5-Bündels eine Gerade durch
den evacuirten Raum in die Kugel gezogen werden kann. Der Ver-
such bestätigt dies. War a Kathode, so war die ganze 11°" weite
Kugel von blauem Licht erfüllt; war 5 Kathode, so liess sich kein
blaues Licht in der Kugel erkennen, auch nicht, wenn alles positive
Licht durch Anbringung einer 5 nahen Anode «w beseitigt war. —
Analog zeigt sich schon bei einer Röhre wie Fig.ı, wenn man in
dem horizontalen Schenkel eine neue Biegung anbringt, dass die ab-
solute Länge des A;-Lichts vermindert wird, indem es schon kurz
hinter der neuen Biegung schliesst, ohne die zweite zu erreichen.
So kann anfänglich der innerlich unwahrscheinliche Anschein ent-
stehen, als bestände die dritte Schicht aus Licht, das um eine Biegung,
aber stets nur um eine Biegung herumgehen kann. Worauf es that-
sächlich ankommt, zeigt eine leichte Modification des Versuchs mit
der Röhre Fig.3. Die Kugel bleibt nämlich dunkel, selbst wenn man
die Kathode 5 bis in die punktirte Stellung, also noch über die nächste
Biegung nach der Kathode hin vorschiebt. Dann hätte das Az-Lieht
also nur noch um eine Biegung herumzugehen, um in die Kugel zu
gelangen. Der Grund, dass jetzt auch diese eine Biegung nicht über-
Fig. wunden wird, liegt darin, dass bei dieser Stel-
5 lung der Kathode kein Punkt des Az-Bündels
durch Gerade mit der Kugel zu verbinden ist.
Sogar bei geradem Hals findet wenigstens
ein partieller Ausschluss des A;-Lichts von der
Kugel, conform der dargelegten Anschauung,
statt, wenn die Kathode eine Lage wie in Fig. 4
hat. In der Kugel tritt ein blauer Lichtkonus,
der vom Magneten wie Kathodenstrahlen de-
formirt wird, auf, soweit als Gerade vom A>-
Bündel in die Kugel reichen. Die ausserhalb
der dadurch bestimmten Grenzen gelegenen
Theile der Kugel aber erhalten kein A,-Licht. —
In dem Gefässe Fig. 5 sind die Schenkel B und €
gleich lang. Während hier B vom Az-Licht völlig erfüllt wird, reicht
es in Ü nur ein ganz kurzes Stück hinein, soweit als Gerade vom A5-
Bündel sich erstrecken.
Wegen der Möglichkeit, durch die Schwäche der Lichterschei-
nungen über ihre Ausdehnung getäuscht zu werden, habe ich in diesen
Versuchen wiederholt die Methode der Dauerphotographie angewendet,
um die Liehteindrücke bis zu ausreichender Stärke zu summiren. Die
Gorvsrein: Kathodenlicht. 909
lichtschwachen Theile der Röhren wurden, während für die hellen
Theile wenige Seeunden Exposition ausreichten, mit einem lichtstarken
Zeiss- Anastigmaten a: bis zu 7 Minuten aufgenommen. Die Grenzen
3
der lichtschwachen Theile traten dann sehr deutlich hervor und
Fig. 5. entsprachen ganz der
ONE angeführten Annahme
über ihren Ursprung.
Aus dem dargelegten
Ursprung der A-Strah-
len erklärt sich nun
leicht das von dem
K,-Lieht abweichende
Verhalten der dritten
Schicht, das ich in der
Arbeit von 1892 be-
schrieben habe. Der
Schattenraum, der in
einem Bündel A;-Strah-
len durch einen einge-
schalteten festen Kör-
per erzeugt wird, ist
von XÄz-Licht erfüllt,
weil die den Schatten-
raum einschliessenden Theile des A,-Bündels A3-Strahlen in ihn wie
nach allen Seiten aussenden. Dass hinter einem, ausserhalb der A>-
Strahlen nur in Az-Lieht eingetauchten Objeet gar kein Schatten ent-
steht, erklärt sich daraus, dass bei der Ausdehnung des A3-Bündels
zu jedem Punkt hinter dem Schattenobjeet noch Az-Strahlen gelangen
können.
Es sollten jedoch auch im A3-Licht prineipiell Schattenräume
sich herstellen lassen, wenn nämlich die Breite des Schattenobjeets
grösser ist als die des aufgefangenen A;-Bündels, da alsdann von
Letzterem in einem gewissen Raum hinter dem Objeet keine Geraden
möglich sind. Realisirt man diese Bedingungen, indem man ein breites
Schattenobjeet in eine schmale Stelle des eonvergenten Bündels einer
Hohlspiegelkathode bringt, oder indem man das schwach divergente
K,-Bündel einer ebenen Kathode durch ein über seinen Querschnitt
hinausreichendes Objeet auffängt, so sieht man. dass hinter dem Letz-
teren jetzt in der That ein fast ganz dunkler Raum entsteht. Die
Bedeutung des noch in ihm auftretenden ganz matten Lichtes soll
später erörtert werden.
910 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. October.
In früheren Arbeiten habe ich nachgewiesen, dass qualitative Iden-
tität in allen charakteristischen Eigenschaften zwischen dem Katho-
denlieht und dem secundären negativen Licht besteht. In dem ei-
tirten Aufsatz über die sogenannte Schichtung des Kathodenlichts'
habe ich auch gezeigt, dass das secundäre negative Licht aus zwei
Liehtarten besteht. von denen die eine den Strahlen der zweiten
ra Schicht, die andere der dritten Schicht des Kathoden-
— lichts entspricht. Auch beim secundären negativen
Licht bewährt sich die oben skizzirte Auffassung von
der Entstehung des Az-Lichts.
Wenn man die Entladung in verdünnter Luft
aus einem weiten Theil in ein enges Rohr treten
lässt (Fig. 6), so delınt sich das Büschel des secun-
dären negativen Lichts mit einem helleren bläulichen
Centraltheile und einer ihn umgebenden dicken roth-
gelben Lichtmasse von der Öffnung immer weiter in
das weitere Rohr aus. Während das Centralbündel
sich nur nach vorn, nach dem Gefässboden hin, aus-
breitet, bemerkt man, dass das rothgelbe Licht sich
auch nach rückwärts, in den oberen Theil des Cy-
linders ausdehnt, wohin von der Öffnung selbst keine
geraden Strahlen gelangen können. Dabei erreicht es
nach rückwärts aber nur begrenzte Länge, im All-
gemeinen nur von einigen Uentimetern, während es
nach vorn sehr lange Gefässe bis zum Boden erfüllt.
Dieser Unterschied bleibt unerklärt, wenn man an-
nimmt, dass das ganze rothgelbe Lieht gleich dem Centralbündel von der
Öffnung ausstrahlt: er erklärt sich aber leicht, wenn die Ausgangsstellen
über das ganze Centralbündel vertheilt sind. Die Längen der rothgel-
ben Strahlen, die nach vorn den Boden erreichen, sind nieht grösser als
die kurzen nach rückwärts sich ausdehnenden Strahlen: sie erreichen
den Boden nur deshalb, weil sie erst in seiner Nähe aus dem langen
Centralbündel ausstrahlen. — Entsprechend zeigt sich bei Metall-
kathoden, deren eine Fläche durch einen ihr congruenten Glasschirm
isolirt ist, blaues Az-Licht auch in dem Raum an der isolirten Seite.
Es wird von den der Kathode näheren Theilen des AÄ>-Licehts aus-
gesendet und bleibt deshalb scheinbar kürzer als das nach vorn mit
den A,-Strahlen seine Ausgangsstelle immer weiter vorschiebende A7-
Lieht. — Aus demselben Prineip erklärt sich auch, weshalb das an
Gorpsrein, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1892, S.S27; Ann. d. Phys.
(N. F.), Bd. 5I.
Gorpsvein: Kathodenlicht. 911
der Vorderseite einer sehr kleinen Kreisscheibe bei gewisser Dichte
halbkugelförmige Az-Licht bei weiter verminderter Gasdichte sich nielıt
gleichmässig ausdehnt, sondern an Stelle der halbkugeligen eine in
Richtung der Kathodenaxe verlängerte Form annimmt.
Vollständig erklären sich endlich, im Gegensatz zu bisherigen Er-
klärungsversuchen, die Formen, die das Kathodenlicht im magnetischen
Felde zeigt, aus der Annahme, dass nur der centrale Theil des sicht-
baren magnetisch deformirbaren Lichtes als konisches Bündel von
relativ geringer Apertur von der Kathode selbst ausgeht, während
die übrigen sichtbaren, an der Bildung der magnetischen Curven mit-
betheiligten Strahlen aus jenem Bündel und zwar entlang seinem
ganzen Verlaufe entspringen. Analog erklären sich die Gestalten des
seeundären negativen Lichts im magnetischen Felde.
Doch muss ich mit Rücksicht auf den Raum, den die hierbei
unumgängliche Schilderung und Erörterung von Formendetails er-
fordern würde, die nähere Durchführung dieser Erklärungen mir für
eine andere Abhandlung vorbehalten. Es sei nur bemerkt, dass die
geradlinigen A,-Strahlen vom Magneten ebenso abgelenkt und de-
formirt werden wie die X,-Strahlen.
Wenn von jedem Punkte eines A,-Strahls nach allen Seiten neue
Strahlen ausgesandt werden, so liegt die Frage nahe, ob nicht von
den verschiedenen Punkten der Letzteren abermals neue Strahlen
ausgesandt werden. Andeutungen dafür, dass dies in der That der Fall,
liegen in gewissen Beobachtungen. Z.B. zeigt sich, wie oben erwähnt,
dass das Innere der Schattenräume, die im A3-Licht zu erzeugen sind.
noch nicht absolut lichtlos ist, sondern mit einem völlig lichtlosen Raum
verglichen noch eine ganz matte Erhellung zeigt. Ohne auf andere
analoge Versuche einzugehen, möchte ich nur hervorheben, dass, falls
thatsächlich von den A3z-Strahlen abermals neue Strahlen ausgehen,
diese Letzteren jedenfalls ausserordentlich viel lichtschwächer sind als
das A,-Licht. In erster Annäherung kann also das Kathodenlicht so
betrachtet werden, als wenn von ihm nur einmal ein seeundäres Strah-
lensystem gebildet wird, dessen Strahlen dann nahe ungestört ihren
geradlinigen Weg fortsetzen. Dass die geradlinige Ausbreitung der A7-
Strahlen verdeckt erscheint, rührt also nicht davon her, dass die Strah-
len immer wieder sogleich von Neuem diffundirt werden, sondern da-
von, dass die von jedem Punkte eines A,-Strahls nach allen Seiten
ausgehenden Az-Strahlen sich mit A3-Strahlen theils von anderen Punk-
ten desselben Strahls, theils von anderen A,>-Strahlen durchkreuzen.
Es schien mir zweckmässig, die beobachteten Erscheinungen , so-
weit ich vermochte, rein objectiv zu beschreiben, wie sie mir vor
mehreren Jahren entgegengetreten sind, ohne dem Phaenomen der
92 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. October.
Strahlenemission aus Strahlen eine Erklärung unterzulegen. Will man
jedoch eine Erklärung versuchen , so ist es naheliegend, die Grundsätze
zu verwenden, die von Hrn. Learn! inzwischen für die diffusen Strahlen
erschlossen worden sind, welche aus von A,-Strahlen getroffenen dün-
nen Metallwänden nach aussen treten. A priori stand die Anwendbar-
keit dieser Ermittelungen auf eigentliche Kathodenstrahlen im Vacuum
nieht fest. Denn Hr. Learn hat ermittelt, was aus den diffus nach
allen Seiten sich ausbreitenden Strahlen wird, die jenseits einer von
gewöhnlichen, nur nach einer Richtung sich fortptlanzenden Kathoden-
strahlen getroffenen dünnen Metallwand auftreten. Die Annahme, dass
jene diffusen Strahlen mit den einfach gerichteten inneren Strahlen
qualitativ identisch und dass die einen nur die Fortsetzung der anderen
sind, ist noch nicht erwiesen worden. Beim Durchgang durch Gase
scheinen jedoch beide Strahlenarten gleichartig beeintlusst zu werden.
Hr. Lesarp gelangte zu dem Schlusse, dass die von ihm untersuchten
Strahlen Vorgänge in so ausserordentlich kleinen Dimensionen sind,
dass schon Dimensionen von molecularer Grössenordnung in Betracht
kommen, so dass schon die einzelnen Gasmoleküle als gesonderte Hin-
dernisse wirken und wie in optischen Strahlen suspendirte feste Theil-
chen das Licht zerstreuen. Von mir selbst waren schon 1881 a.a.0. die
Erscheinungen beschrieben, welche auftreten, wenn Kathodenstrahlen
auf eine ausgedehnte feste Wand fallen, und ich hatte gefunden, dass sie
dann jedesmal, auch von Flächen von höchster Politur, diffus refleetirt
werden. Die diffus retleetirten Strahlen sind magnetisch deformirbar.
Soweit ich die im Laufe der Zeit von mir beobachteten Erscheinungen
zu übersehen vermag, scheint es mir nun zulässig und erfahrungs-
gemäss für die Auffindung neuer Thatsachen nützlich, die Lewarn'sche
Ermittelung in dem Satze zu praecisiren: Kathodenstrahlen, die
auf ein Gastheilehen treffen, erfahren an demselben quali-
tativ gleiche Veränderungen, wie an einer ausgedehnten
festen Wand. Dieser Satz erlaubt dann, in ziemlicher Allgemeinheit
Gruppen von scheinbar differenten Erscheinungen zu übersehen und zu-
sammenzufassen.
Man gelangt dann also zu der Auffassung, dass die diffus reflee-
tirten Kathodenstrahlen und die Strahlen der dritten Schicht des Ka-
thodenlichts gleicher Art sind, die einen erzeugt durch Aufprallen der
Kathodenstrahlen auf eine feste Wand, die anderen durch ihr Auf-
prallen auf Gastheilchen.
Ob nun dem Aufprallen in der That nur eine blosse Diffusion
folgt. mit anderen Worten, ob die als reflectirt bezeichneten Strahlen
! Lenarp, Sitzungsb. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1893, S.3 u. Ann. d. Phys. (N. F.)
Bll. 5I.
Gornosrein: Kathodenlicht. 913
völlig gleichartig sind mit den ursprünglich einfallenden A,-Strahlen,
kann freilich noch nieht bestimmt entschieden werden. Die diffusen
Strahlen haben in vielen Fällen eine von den erzeugenden A,-Strahlen
ganz verschiedene Farbe: bei Sauerstoff sind die A,-Strahlen violett,
die Xz-Strahlen je nach der Gasdichte gelb, grünlichgelb oder grau
gefärbt; bei Kohlensäure ist das K,-Licht blau, A, grünlichweiss, bei
Wasserstoff A, bläulich, A, weisslich u. s. w.
Sicherer erscheint es daher, ohne über den Charakter der diffusen
Strahlen und ihr Verhältniss zu den erzeugenden Strahlen eine Hypo-
these einzuführen, nur allgemein zu sagen: wenn X3-Strahlen auf eine
feste Wand oder auf Gastheilchen aufprallen, so gehen von den ge-
troffenen Theilen nach allen Richtungen im Raume neue Strahlen-
systeme aus. Ihre Strahlen sind an sich geradlinig, sie werden vom
Magneten in derselben Weise beeinflusst wie A,-Strahlen. Zur Ab-
kürzung mögen die verschiedenen Gruppen von diffusen Strahlen d-
Strahlen heissen.
Noch eine weitere Eigenschaft lässt sich an ihnen feststellen. Auf
irgend eine feste Wand im Innern eines Gefässes lässt man bei starker
Evacuation A,-Strahlen fallen. In die nun von der festen Wand aus-
gchenden d-Strahlen bringt man dünne Metallblättchen, wie Hertz!
sie in die gewöhnlichen A,-Strahlen gebracht hatte. Man bemerkt
dann, dass anscheinend die d-Strahlen diese Metallblätter durchdringen
können, denn hinter den Metallblättern ist die Gefässwand nicht ganz
lunkel, sondern sie phosphoreseirt. Würden die Strahlen aber einfach
hindurchgehen, so müsste die Helligkeit der Wandung hinter dem
Blättehen unabhängig sein von der Entfernung, in der es sich von
der Wand befindet. Diese Helligkeit ist aber am grössten, wenn das
Blatt sich ganz nahe der Wand befindet, und sie nimmt, während
gleichzeitig eine immer grössere Fläche erhellt wird, ab, wenn das
Blatt sich von der Wand entfernt. Ein d-Strahl durchsetzt also eine
dünne feste Wand nicht einfach, sondern hinter der von ihm ge-
troffenen Wand tritt statt des vorn aufprallenden engen Bündels wieder
eine nach allen Seiten gerichtete Strahlung auf. Aber auch von der
Vorderseite des Metallblattes geht beim Auftreffen des engen Bündels
ein nach allen Seiten gerichtetes Strahlensystem aus, wie besondere
Beobachtungen ergeben.
Man wird also zusammenfassend sagen dürfen:
Wenn ein Bündel d-Strahlen auf eine sehr dünne Wand fällt. so
ruft es ein nach allen Seiten im Raum, nach vorn wie nach hinten
gerichtetes Strahlensystem hervor, dessen nach hinten gerichtete Com-
! Hertz, Ann. d. Plıys. (N. F.), Bd.435.
914 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
ponenten die dünne Wand durchsetzen. Vorher war gefunden, dass,
wenn ein Bündel A,-Strahlen auf eine beliebige feste Wand fällt, es
ein in allen nach vorn gekehrten Richtungen sich ausbreitendes Strahlen-
system hervorruft, und Hertz! hatte beobachtet, dass, wenn die Wand
dünn ist, auch von der Rückseite diffuse Strahlen ausgehen.
&s scheint mir, dass aus diesen Ergebnissen unmittelbar ein erster
Aufschluss über die Natur der Lenarv’schen Strahlen folgt: Wenn ein
Bündel Xz-Strahlen auf eine beliebig beschaffene Wand fällt, so ruft
es allseitig gerichtete diffuse Strahlen hervor, die im Stande sind, in
eine gewisse Tiefe der Wand einzudringen. Ist die Dicke der Wand
grösser als diese Tiefe, so gelangen nur die nach vorn gerichteten
Strahlen zur Wahrnehmung — es sind die bisher als diffus refleetirte
Kathodenstrahlen bezeichneten Strahlen. Ist die Gefässwand dünner
als jene Grenztiefe, so gelangen die Strahlen hindurch und breiten
sich dann auch an der Aussenseite der Wand aus. Dies sind die
Lenarp’schen Strahlen.
Die Letzteren wären nach dieser Auffassung also nichts Anderes,
als die länger bekannten diffus refleetirten Kathodenstrahlen, die ich
schon 1881 beschrieben habe. — Durch die Zurückführung auf eine
schon länger bekannte Strahlungsform wird natürlich das grosse Ver-
dienst der Lexarv’schen Arbeit, zur Überraschung der Physiker nach-
gewiesen zu haben, dass diese Strahlen auch in freier Luft sieh aus-
breiten können, nicht beeinträchtigt.
lSHERIZE AAO:
915
Mittheilungen über die Segmentirung und den
Körperbau der Myriopoden.
Von Dr. Rıcnarp Hryuons,
Assistent am Zoologischen Institut in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. Schutze.)
m folgenden Mittheilungen liegen entwiekelungsgeschichtliche Unter-
suchungen an Vertretern der beiden Hauptabtheilungen von Myriopoden,
den Diplopoda (Chilognatha) und Chilopoda zu Grunde. Nur einige
wesentlichere Fragen der Körpersegmentirung können an dieser Stelle
erörtert werden, eine eingehendere Darlegung der einschlägigen Ver-
hältnisse, sowie besonders genauere Mittheilungen über die embryo-
nalen Entwickelungsprocesse muss ich dagegen auf eine in Vorbereitung
begriffene grössere Arbeit verschieben.
Als Repraesentant der Chilopoden ist Scolopendra cingulata Lark.
von mir untersucht worden. Da über die Fortpflanzung der Scolo-
pender verschiedene Angaben gemacht sind, so bemerke ich, dass
Scolopendra eingulata nicht vivipar ist, sondern dass das Weibchen
eine Anzahl Eier legt, um welche es sich spiralig aufrollt. Es findet
also Seitens der Mutter eine Art Brutpflege statt, welche sich auch
noch auf die aus den Eiern entstandenen jungen Scolopender erstreckt.
Die Furchung des Eies vollzieht sich in ähnlicher Weise, wie
es SOGRAFF' seiner Zeit für Geophilus angegeben hatte. Nach Ablauf
der Furchung erscheint an der Ventralfläche des Eies ein weisslicher
Fleck, der dem Hinterende der Embryonalanlage entspricht; an der
betreffenden Stelle spalten sich von der Ektodermschicht Mesoderm-
zellen ab (die bei höheren Inseeten beschriebene sogenannte »Gastrula-
rinne« habe ich bei Myriopoden niemals angetroffen, das Entoderm
geht aus den bei der Furchung im Dotter verbliebenen Zellen hervor).
Die junge Embryonalanlage ist beim Scolopender zungenförmig
gestaltet mit verbreitertem Vorderende. Nachdem am letzteren die
Mundöffnung aufgetreten ist, prägen sich die ersten 3—4 Segment-
! N. SoGrarr, Materialien zur Kenntniss der Embryonalentwickelung von Geo-
philus ferrugineus und @. proximus. Moskau 1883.
w
Sitzungsberichte 1897. BE
916 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 21. October.
furchen aus. Die Segmente zeigen sich aber nicht, wie man erwarten
könnte, zuerst am Vorderende, sondern grenzen sich in geringer Ent-
fernung vom Hinterende von einander ab. Es ergiebt sich hiermit
eine kleine, freilich wohl unwesentliche Modifieation der bekannten
Regel, dass die Segmentirung in der Richtung von vorn nach hinten
verläuft.
Nach beendeter Segmentirung ist der Keimstreifen bandförmig
gestaltet. Abgesehen von dem Kopfabschnitt, der nachher noch ge-
nauer besprochen werden soll, sind 21 gleichartige Rumpfsegmente
(das Segment der Kieferfüsse nicht mitgerechnet) zu unterscheiden,
von denen ein jedes ein Paar von Extremitätenanlagen trägt. Die-
jenigen des letzten (21.) Segmentes sind (die grössten, sie erinnern
an die Cerei der Orthopteren und werden zum letzten Beinpaar. Hinter
den Rumpfsegmenten gliedert sich ein sehr deutliches und grosses
gliedmaassenloses Analsegment (Telson) ab, und zwischen diesem und
dem 21. Rumpfsegment findet sich eine schmale Zone Körpergewebes,
aus der zwei weitere kleine Segmente sich differenziren, die ebenfalls
mit Extremitätenanlagen versehen sind, welche letztere indessen nicht
zu Beinen werden.
Die Seitenhälften des Keimstreifens weichen später stark aus ein-
ander, Kopf und Hinterende nähern sich, die Körperanlage gewinnt
vorübergehend eine rhombische Gestalt. Es tritt hierauf eine Knickung
zwischen dem 10. und ı1. Rumpfsegment ein, welche sich vertieft,
so dass der gesammte Körper schliesslich taschenmesserförmig einge-
krümmt wird, wobei Mund und After sich beinahe berühren und
Bauchtläche gegen Bauchfläche gewendet ist.
Wiehtig ist, dass bei dem Aufbau des Körpers nicht das ganze
Blastoderm verwendet wird. Ein Theil der Blastodermzellen zieht
sich an der Rückenseite zusammen und bildet vor dem Kopf eine
nicht sehr scharf umschriebene halbmondförmige Figur. die als Dorsal-
organ bezeichnet werden mag. Zu einer Einstülpung des letzteren
kommt es nicht, doch zerfallen die das Dorsalorgan zusammensetzen-
den Blastodermzellen ohne an der Körperbildung direeten Antheil zu
haben.
Ein entsprechendes Organ ist von SosrAarr für Geophilus nicht
erwähnt worden, und auch bei Embryonen von ZLithobius habe ich
es nicht auffinden können. Scolopendra weist dagegen in dieser Hin-
sicht ein Verhalten auf, welches in nahezu übereinstimmender Weise
auch bei den niedersten Inseeten wiederkehrt. Bei den Thysanura
entognatha fehlt, nach den bisherigen Beobachtungen zu urtheilen, zwar
ein Amnion, doch stülpt sich bereits ein Theil des Blastoderms in
Form des bekannten »Dorsalorganes« in den Dotter ein, um dort der
Heynoxs: Über Segmentirung und Körperbau der Myriopoden. sEhr
Resorption zu unterliegen. Bei den höheren amnioten Inseeten ist
der entsprechende Blastodermabschnitt noch stärker ausgebildet, er
wird hier zur äusseren Keimhülle (Serosa), die ebenfalls schliesslich
in den Dotter einsinkt und zerfällt. Es ergiebt sich hiermit, dass
die Entwickelungsvorgänge, welche schliesslich bei den In-
seeten zur Bildung der Keimhüllen geführt haben, bereits
beim Scolopender angebahnt sind, und sogar in einer ganz
ähnlichen Weise wie bei gewissen niederen [hysanuren sich
abspielen, ein Umstand, der zweifellos für die nahe verwandtschaft-
liche Stellung zwischen Chilopoden und Hexapoden sprechen dürfte.
Nach der Ausbildung der dorsalen Körperregion treten am 2. Un-
terkieferpaar zwei euticulare »Eizähne« auf, mit deren Hülfe die Ei-
schale in zwei Hälften zersprengt wird'. Die weiteren Entwickelungs-
vorgänge des zunächst noch bewegungsunfähigen und blinden jungen
Thierehens, das in diesen Stadien eher einer weisslichen Made als
einem Tausendfusse gleicht, übergehe ich hier und wende mich zur
Darstellung der Kopfsegmentirung.
Wie bei den Insecten, so kann man auch am Kopfe des Scolo-
penderkeimstreifens hinter dem Munde die folgenden Segmente unter-
scheiden: 1. Antennensegment, 2. Intercalarsegment, 3. Mandibelseg-
ment, 4. und 5. die beiden Maxillensegmente. Hinzu tritt noch, wie
wie bei allen Chilopoden, ein weiteres postorales Segment: das Seg-
ment der Kieferfüsse.
Von Interesse ist die Zusammensetzung des praeantennalen Körper-
abschnittes. Dieser besteht nicht wie bei den Inseeten aus einem ein-
heitlichen Stück (Oralstück oder Oralsegment), sondern wird beim
Scolopender von zwei differenten Theilen gebildet. Wir unterscheiden
einmal einen praeoralen Theil, der halbkreisförmig die vorderste Körper-
partie umgiebt und vorn in das Blastoderm übergeht. Dieser Theil
enthält hauptsächlich die Anlagen des Clypeus und der Oberlippe und
entspricht im Wesentlichen der von Heiper bei Hydrophilus” als Vorder-
kopf beschriebenen Partie. Zweitens ist vorhanden ein adoraler Ab-
schnitt, der anfänglich zu beiden Seiten der Mundöffnung sich befindet,
später sich aber gleichfalls etwas vor dieselbe schiebt (Fig. ı Prat).
Der letztere Theil entspricht zweifellos einem echten Körpersegmente,
welches ich als Praeantennalsegment bezeichnen will.
Das Praeantennalsegment ist durch Intersegmentalfurchen sowohl
vorn wie hinten begrenzt und besitzt ausserdem 2 laterale Erhebungen,
die den Gliedmaassenanlagen anderer Segmente vollständig gleichen.
! Die beiden Eizähne, welche auch Sosrarr für Geophilus beschrieb, habe ich
ferner bei Lithobius beobachtet.
® K. Heiver, Die Embryonalentwickelung von Hydrophilus piceus. Jena 1889.
83*
918 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. October.
Im Innern ist das Praeantennalsegment mit einem Paar von Uölom-
säckchen versehen, welche durch Dissepimente von den Ursegmenten
Fig. 1. des Antennensegmentes
geschieden sind und sich
bis in den praeoralen Theil
hinein erstrecken.
Zur richtigen Beur-
theilung der in Rede ste-
henden Kopfsegmente lie-
fert das Nervensystem
At- wichtige Anhaltspunkte.
Das Protencephalum (Pro-
tocerebrum) der Scolo-
pender wird nicht wie
bei den Inseeten in zwei
seitlichen Kopflappen ge-
bildet, sondern entsteht
"< Br j s
Terg Pax durch Delamination von
Kopfabschnitt eines Keimstreifens von Scolopendra. der dem Clypeus entspre-
At= Antenne, C!= Clypeus (hinter demselben ist die Oberlippe sicht- chenden Hautpartie. Vor
bar), Mx, = vordere Maxille, Prat = Praeantenne, pro — praeoraler
Kopfabsehnitt, Pmx = Maxilliped (Kieferfuss), Zerg = Tergit dem Praeantennalsegment
(Rückenplatte). = & Z 2 =
prägen sich jederseits zwei
grubenförmige Einsenkungen aus, die den in ihrer Bedeutung bisher
zweifelhaft gebliebenen »Kopfgruben« von Peripatus und Geophilus ent-
sprechen. Beim Scolopender liefern diese Gruben lediglich das Mate-
rial für die optischen Ganglien. Entsprechende paarige Einstülpungen
kommen aber nieht allein dem praeoralen Abschnitt zu, sondern auch
sämmtlichen Körpersegmenten, vom Praeantennalsegment anfangend
bis zum hinteren Körperende hin. Die sich einstülpenden Ektoderm-
zellen betheiligen sich an der Bildung der (Bauchmark-) Ganglien.
Bei den Insecten ist das Auftreten ventraler Nervengruben noch
nicht beobachtet worden, dagegen scheinen die räthselhaften Ventral-
organe des Peripatus, welche ebenfalls mit dem Nervensystem in einem
gewissen Zusammenhange stehen, möglicher Weise eine analoge Bil-
dung darzustellen. Der Umstand, dass das Praeantennalsegment von
Scolopendra ebenfalls ein Paar, allerdings kleiner Nervengruben auf-
weist, dürfte ein weiterer Beleg für die Segmentnatur des betreffenden
Absehnittes sein. Das Praeantennalsegment wird später bei der fort-
schreitenden Vergrösserung der Ganglia optica, sowie bei den Lage-
verschiebungen, die nach der ventralen Einknickung des Körpers durch
die Bildung der Kopfkapsel herbeigeführt werden, undeutlich und
verschwindet dann vollständig.
Heymons: Über Segmentirnng und Körperbau der Myriopoden. 919
Durch das Vorhandensein eines embryonalen praeantennalen Seg-
mentes unterscheidet sich Scolopendra wesentlich von anderen bisher
untersuchten Arthropoden. Bei Insecten hat ein derartiges Segment
jedenfalls noch nicht nachgewiesen werden können'. Die vordersten
Cölomsäckchen liegen bei den Hexapoden im Antennensegment, nie-
mals aber, soviel man bis jetzt weiss, im praeantennalen Kopfabschnitt.
Für die Arachnoiden sind differirende Angaben gemacht worden. Nach
den Untersuchungen von Brauer” enthält jedoch der Kopfabschnitt
beim Skorpion ebenfalls keine Ursegmente mehr, die vordersten Cölom-
säckchen liegen vielmehr im Chelicerensegment. Bei den ÜUrustaceen
erscheint die Frage der Kopfsegmentirung noch nicht genügend geklärt.
Sucht man die Segmentirung des Scolopenders mit der anderer
Thierformen zu vergleichen, so liegt es wohl nahe, an die Anneliden
zu denken. Abgesehen von einer wechselnden Zahl postoraler Seg-
mente, die sich auch bei Polychaeten an der Bildung eines »Kopfes«
betheiligen können, besteht die vorderste Körperregion der Ringel-
würmer aus einem praeoralen Körperabschnitt und einem den Mund
umschliessenden echten Körpersegment. Ich stütze mich hier auf die
ausgedehnten Untersuchungen von Racovırza” und bemerke, dass auch
Goopricn' in einer kürzlich erschienenen Arbeit zu den gleichen Er-
gebnissen gelangt ist.
Der praeorale Abschnitt (prostomium, lobe c£phalique) enthält die
Anlagen des oberen Schlundganglions (archicerebrum), entbehrt aber
besonderer Extremitätenanhänge und selbständiger Cölomsäckehen. Das
nun folgende erste echte Segment (peristomium, segment buccal) ist
bei den Anneliden typisch mit Cölomsäckchen versehen und kann in
vielen Fällen auch Extremitäten tragen (Tentakeleirren). Wir haben oben
gesehen, dass Scolopendra sich diesem Schema vollständig anschliesst,
es existirt hier erstens ein mit Cölomsäckcehen und Gliedmaassenanlagen
versehenes Praeantennalsegment (Mundsegment) und zweitens ein prae-
oraler Abschnitt, welcher hauptsächlich dem Clypeus entspricht und in
dem das Vorderhirn (Protencephalum) zur Entwiekelung kommt.
Die Kopfsegmentirung der Insecten lässt sich ohne grosse Schwie-
rigkeit auf das gleiche Schema zurückführen, wenn man berücksichtigt,
! CaRrterE (Archiv f. mikr. Anatomie Bd. 35. 1890) hat für Chalicodoma das
Vorhandensein von sieben Kopfsegmenten angegeben, doch dürften in diesem Falle
weitere Untersuchungen noch erforderlich sein.
® A. Brauer, Beiträge zur Kenntniss der Entwickelungsgeschichte des Skorpions.
II. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 59. 1895.
3 E. Racovrıza, Le lobe cephalique et l’eneephale des Annelides polychetes.
Archives Zool. exper. Ser. 3, vol. 4. 1896.
* E. Gooprıcn, On the relation of the Arthropod Head to the Annelid Prosto-
mium. Quart. J. Mier. Sci. Vol. 40. 1897.
920 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
dass bei diesen Thieren mit der vollkommeneren Ausbildung der Seh-
organe die Ganglia optiea eine bedeutendere Grösse erlangt haben.
Das Material für die letzteren wird frühzeitig beim Inseetenembryo in
Form zweier umfangreicher seitlicher Kopflappen angelegt, welche
ihrerseits die Entfaltung eines selbständigen praeantennalen Segmentes
unmöglich machen. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass
noch gegenwärtig, selbst bei den Inseeten von der Clypeusanlage aus,
Nervenelemente «ebildet werden. Die die beiden Hälften des Ober-
schlundganglions verbindende Supraoesophagealecommissur geht, wie
ich für Forficula beschrieben und abgebildet habe', gerade wie beim
Scolopender aus dem praeoralen, dem späteren Olypeus entsprechenden
Abschnitt hervor, so dass der Unterschied im Vergleich zu den Myrio-
poden eigentlich nur als ein gradueller bezeichnet werden kann.
In wie weit Vergleiche mit anderen Arthropoden durchzuführen
sind, und ob besonders die praeantennalen Gliedmaassenanlagen mit
den Antennulae (1. Antennenpaar) der Urustaceen sich vergleichen lassen,
soll hier nieht weiter erörtert werden. Immerhin ist es, nach den
bisherigen Befunden zu urtheilen, nicht unwahrscheinlich,
dass der Ülypeus der Inseeten und Myriopoden auf den prae-
oralen Kopflappen von annelidenartigen Vorfahren zurück-
zuführen ist. Da ferner das gliedmaassenfreie Endsegment (Telson)
dem parapodienlosen Pygidium der Anneliden vollständig entspricht,
da sich weiter bei vielen Myriopoden (z. B. Chilopoda anamorpha) vor
diesem Endsegment gerade wie bei Ringelwürmern eine Knospungs-
zone für neue Segmente vorfindet, so dürfte die Übereinstimmung in
der Körpersegmentirung zwischen Anneliden und Tracheaten wohl nieht
zu verkennen sein.
Über die ursprüngliche Segmentirung der Diplopoden ist bisher
verhältnissmässig erst wenig bekannt geworden. Zum Theil dürfte
sich dieser Umstand vielleicht dadurch erklären, dass man zum Studium
ausschliesslich die sehr kleinen und ungünstigen Embryonen einhei-
mischer Arten benutzt hat. Zur Untersuchung verwendete ich haupt-
sächlich eine in Dalmatien vorkommende Glomeride (@lomeris europaea
pulehra C. Kocn). Diese Form erwies sich deswegen als besonders
brauchbar, weil der Keimstreifen im Gegensatz zu anderen Diplopoden
ein superfieieller ist (dasselbe gilt übrigens auch für einheimische @lo-
meris- Arten).
Die Körpersegmentirung schliesst sich bei @lomeris dem oben ge-
gebenen Schema im Prineip vollkommen an. Wir haben also einen
primären Kopfabschnitt, hinter dem sich frühzeitig einige Segmente
' Die Embryonalentwickelung von Dermapteren und Örthopteren. Jena 1895.
S.43, Taf. 11, Fig. ı5.
Heymons: Über Segmentirung und Körperbau der Myriopoden. 921
absondern, und es findet sich ferner ein gliedmaassenloses Analseg-
ment (Telson), aus dem später die Afterklappen hervorgehen. Zwischen
dem Analsegment und den hintersten Körpersegmenten zeigt sich eine
Zone indifferenten Körpergewebes (Proliferationszone) von der wie bei
allen Diplopoden noch lange nach dem Ausschlüpfen immer neue
Segmente nach vorn hin abgegliedert werden.
Die Segmentirung des Kopfabschnittes veranschaulicht die bei-
stehende Figur.
Man unterscheidet zunächst drei Segmente: ein Äntennensegment,
ein Mandibel- und ein Maxillarsegment. Der praeantennale Kopfab-
Fig. 2. schnitt (Kl) ist bei Glomeris (auch bei
Julus) ungegliedert und wird haupt-
cı
sächlich von den Anlagen der grossen
lobi optiei eingenommen. Dieses Ver-
halten stimmt mit dem oben für die In-
seeten geschilderten überein und dürfte
wie dort so auch bei Glomeris (und
Julus) mit der grossen Zahl der Ein-
zelaugen in Verbindung zu bringen sein.
Bemerkenswerth ist, dass sich bei
Glomeris hinter dem Maxillarsegment
ein weiteres Segment nachweisen lässt,
Vorderende eines Keimstreifens für welches ich den Namen Postmaxil-
von (rlomeris. h
At Antenne, CI= Clypeus, Al=Kopflappen, Jarsegment vorschlage. Dieses letztere
Md = Mandibel, Mr = Maxille, Pmxr = Post-
maxillarsegment, p, = drittes Rumpfbeinpaar,
S 9, = erstes bez. zweites (beintragendes)
Rumpfsegment
Segment (Fig. 2 Pm&) ist zwar durch
eine deutliche Ganglienanlage ausge-
zeichnet, dagegen trägt es keine Extre-
mitäten mehr. Sein Rückentheil erhält sich in Form des bekannten
»Halsschildes«. Das grosse » Brustschild« von Gl/omeris (ich wähle die
Bezeichnungen von Larzeı.' gehört dem ersten beintragenden Rumpf-
segmente an. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass das beim
Embryo von Glomeris sehr deutliche Postmaxillarsegment dem kiefer-
tragenden zweiten Maxillarsegment der Chilopoden und Hexapoden
homolog ist.
Zur weiteren Bestätigung hierfür habe ich Untersuchungen an
Julus angestellt, und zwar, da deutsche Julus- Arten sich als unge-
eignet erwiesen, an den grossen Embryonen des dalmatinischen Juhıs
flavipes C. Kocn. Beim ausgebildeten Juhrs schliessen sich bekanntlich
an den Kopf vier einfache Segmente an, von denen aber nur drei mit
je einem Beinpaar versehen sind. Wie man gegenwärtig annimmt,
soll nun das dritte Rumpfsegment glielmaassenlos sein.
' R. Larzer, Die Myriopoden der Österreich. - ungar. Monarchie. Wien 1884.
922 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. October.
Entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen lehren indessen, dass
diese Ansicht nicht zutreffend ist. Von den vier einfachen Rumpf-
segmenten ist beim Embryo nur das erste (Postmaxillarsegment) ex-
tremitätenlos, aber wie die übrigen ‚mit einem besonderen Ganglion
versehen. Das vorderste Beinpaar befindet sich am zweiten Rumpf-
segment und wird vom zweiten Ganglion aus innervirt. Erst in spä-
teren Stadien tritt eine Lageverschiebung der Extremitäten ein, der-
artig, dass das vorderste Beinpaar ganz an den Kopf herantritt und
dann irrthümlich dem ersten Rumpfsegment zugerechnet werden kann.
Bereits HrarncoreE! vermuthete bei Juhrs einen derartigen Vorgang,
doch konnte er bei seinem ungünstigen Objeete ihn nieht nachweisen.
Eine ganz ähnliche Verschiebung scheint auch bei Polydesmus statt-
zufinden, eine Möglichkeit, auf die schon von Seiten vom Rarm's hin-
gewiesen wurde”.
Fasst man das Gesagte zusammen, so ergiebt sich, dass
die hinteren Maxillen der Chilopoden und Hexapoden nicht,
wie man bisher allgemein anzunehmen pflegte, dem vor-
dersten Rumpfbeinpaar der Diplopoden homolog sind, son-
dern dass bei den letztgenannten Myriopoden die entspre-
chenden Extremitäten überhaupt fehlen. Dies gilt zunächst
für Julus und Glomeris, wahrscheinlich aber auch für Poly-
desmus und andere Formen, bei denen das bezügliche Körper-
segment (Postmaxillarsegment) mehr oder weniger rudi-
mentär geworden ist und extremitätenlos bleibt.
Zum Schluss noch einige Worte über die Mundtheile. Schon durch
Merschnikorr” und vom Rarn” ist der ontogenetische Nachweis erbracht
worden, dass das Gnathochilarium «der Diplopoden trotz seiner compli-
eirten Zusammensetzung nur aus einem Extremitätenpaar (Maxillen) her-
vorgeht. Wenngleich diese Thatsache im Allgemeinen anerkannt ist
und auch von Seiten einsichtiger Systematiker z. B. von Latzeu bereits
in vollem Umfange berücksichtigt wurde, so sind doch andererseits bis
in die neueste Zeit hinein gegen die obige Auffassung noch Widersprüche
erhoben worden’.
ı F. Hearncore, The post-embryonie development of Julus terrestris. Phil. Trans-
act. Royal Soc. London. Vol. 179. 1888.
® O.vom Rarn, Beiträge zur Kenntniss der Chilognathen. Bonn 1886.
® E. Merscunikorr, Embryologie der doppelfüssigen Myriopoden (Chrlognatha).
Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. 24. 1874.
* Ich weise hier besonders auf VERHoEFF hin, der, ohne die ontogenetischen
Befunde anzuerkennen, noch an der Zusammensetzung des Gnathochilariums aus 2 Ma-
xillenpaaren festhält (Zoologischer Anzeiger Nr. 500. 1896). In einer (in wesentlichen
Punkten nicht berechtigten) Polemik gegen die werthvolle Arbeit von P. Scauipr (Bei-
träge zur Kenntniss der niederen Myriopoden, Zeitschrift f. wiss. Zoologie 1895) spricht
VERHOEFF sogar seine Verwunderung aus »wie man zweifeln konnte, dass dasselbe
Heynoss: Über Segmentirung und Körperbau der Myriopoden. 923
Es mag deshalb hier besonders betont werden, dass meine eigenen
Resultate mit denen der beiden genannten Autoren im Wesentlichen
vollständig übereinstimmen: nur ein Mandibel- und ein Maxillenpaar
gelangte bei den von mir untersuchten Diplopoden zur Anlage. Die
bisher noch unbekannte genauere Entwickelung dieser Theile habe ich
besonders bei Julus flavipes untersucht.
Die Mandibeln wachsen in die Breite, es trennt sich von ihnen
ein medialer Theil (Mandibel im engeren Sinne) von einem lateralen
Abschnitt (Stamm oder Backe') ab. Ganz ähnlich verhalten sich die
Maxillen. Sie nähern sich der Medianlinie, verwachsen dort mit ein-
ander zu einer Art Unterlippe, und es tritt dann in jeder Hälfte der
letzteren gleichfalls eine Theilung in einen medialen und einen late-
ralen Abschnitt ein. Die beiden medialen Abschnitte entsprechen den
»lamellae linguales«, die beiden lateralen den »stipites gnathochilarii«.
Die ungetheilten basalen Abschnitte der mit einander verwachsenen
Maxillen bilden das »mentum« sowie anscheinend einige accessorische
Chitinstücke.
Die medialen und lateralen Abschnitte (lamellae linguales und
stipites) der Maxillen liessen sich am ehesten mit lobi interni und ex-
terni von Inseetenmaxillen vergleichen, obwohl eine eigentliche Ho-
mologie natürlich ausgeschlossen ist. Jedenfalls haben die erst später
als Auswüchse sich bildenden »Laden« des Gnathochilariums gar nichts
mit denen der Insectenkiefer zu thun.
vom Rarn hat bereits in zutreffender Weise die Chitinerhebungen
an der Innenseite des Gnathochilariums als Hypopharynx bezeichnet.
Der letztere, d. h. die aufgeworfenen Sternite des Mandibular- und
Maxillarsegmentes nehmen aber überhaupt einen nicht unwesentlichen
Antheil an dem Aufbau des Gnathochilariums, indem sie z. B. bei Juhıs
das sogenannte »promentum« und »unpaare Läppcehen« bilden.
Das Gnathochilarium der Diplopoden ist somit als ein
Verwachsungsproduet von einem in zwei Hälften gespaltenen
Maxillenpaar mit dem Hypopharynx aufzufassen.
(Gnathochilarium) aus zwei Gliedmaassenpaaren entstanden ist« und äussert, »die Ent-
wickelung scheint hier Manchen irregeleitet zu haben«!
Es dürfte wohl selbstverständlich sein, dass gerade morphologische Fragen der
hier behandelten Art zum grossen Theile eben ausschliesslich mit Hülfe der Entwicke-
lungsgeschichte gelöst werden können.
! Diese wie die folgenden termini technici stimmen mit den in der Arbeit von
Rarn’s (a. a. O.) angewendeten überein.
Ausgegeben am 28. October.
Sitzungsberichte 1897. S4
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925
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER XLI.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
21. October. Sitzung der philosophisch -historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLEn.
*]. Hr. Sacnau las "über eine Arabische Chronik aus Zan-
zibar..
Der Vortragende besprach ein Arabisches Geschichtswerk, betitelt Kasf-al-
shumma, das in jüngster Zeit aus Zanzibar erworben und von einem unbekannten
Verfasser wahrscheinlich im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts verfasst worden
ist. Aus der grossen Masse des historischen Materials, einer Geschichte des Islams
vom Ibaditischen Standpunkt, heben sich als besonders werthvoll diejenigen Partien
hervor, welche die Sondergeschichte des Ibaditischen Islams. seiner origines. seiner
Ausbreitung nach Süd und West behandeln. Im Einzelnen wird das Verhältniss dieser
neuen (Geschichtsquelle zu der von Bapser in Englischer Sprache veröffentlichten Ge-
schichte von Oman sowie zu der von Masquzray in Französischer Sprache edirten
Geschichte der Mzabiten in Nordafrika untersucht.
2. Vorgelegt wurden das von dem correspondirenden Mitgliede
Hrn. DesıeLE in Rom verfasste und eingesendete Werk La desolation
des eglises monasteres hopitaux en France, Tom. I.
Ferner die mit Unterstützung der Akademie herausgegebenen
Schriften Ioannis Zonarae Epitomae historiarum lib. XII-XVII. Ed.
T#eop. Bürrner-Wogst, Bonn 1897, und
Das Kamavutram des Vatvyayana, übersetzt von Rıc#. Schmipr.
Leipzig 1897.
Ausgegeben am 28. October.
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
gedruckt in der Reielisdruckerei
Berlin
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SITZUNGSBERICHTE 189.
DER XL.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
28. October. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLEn.
*]. Hr. Pernıcz las über Fahrlässigkeit und Erfolghaftung
{ 5 5
im ältern römischen Strafrechte.
Zur Beantwortung der Frage, wie weit die Ahndung der Fahrlässigkeit im rö-
mischen Rechte zurückgehe, wird zwischen den Verbrechensarten unterschieden. Die
Sacralvergehen zeigen bald Haftung für Dolus, bald Erfolghaftung. Von den welt-
lichen Delieten setzt eine ganze Anzahl sogar überlegten Vorsatz voraus. Bei allen
öffentlichen Verbrechen lässt sich die Beschränkung auf den Dolus nachweisen. Bei
Privatvergehen und Ersatzptlicht aus Delieten dagegen kommt die Erfolghaftung vor.
Die Fahrlässigkeit hat nirgends eine selbständige Bedeutung.
2. Hr. Erman legte das von Hrn. Baumeister Dr. Lunwıs BorcnAarnpr
5
verfasste und eingesendete Werk Die aegyptische Pflanzensäule vor.
3. Hr. E. I. Bexker, Grossherz. Bad. Geheimrath und Professor
an der Universität Heidelberg, ist zum correspondirenden Mitglied der
philosophisch-historischen Classe im Fache der Staats- und Rechts-
wissenschaft erwählt.
4. S. M. König Oscar I. von Schweden und Norwegen ist am
29. Juli von der Akademie zu ihrem Ehrenmitgliede erwählt und die
Wahl am 14. September allerhöchst bestätigt worden. Die vollzogene
Wahl und die Bestätigung derselben sind Sr. M. bei Gelegenheit der
Feier ihres 25jährigen Regierungsjubileums auf diplomatischem Wege
zur Kenntniss gebracht worden.
5. Am 20. September starb in Frankfurt a.M. das ordentliche
Mitglied in der philosophisch -historischen Ulasse, Hr. WırneLm War-
TENBACH, am 8. August das correspondirende Mitglied in der physi-
kalisch-mathematischen Ulasse, Hr. Vıcror Meyer in Heidelberg, am
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
Sitzungsberichte 1897. 35
928 Gesammtsitzung vom 28. October.
13. October das correspondirende Mitglied in derselben Classe, Hr. Ru-
DOLF HEIDENHAIN in Breslau.
6. Die Akademie hat ihrem Mitgliede Hrn. Harnack zu weiteren
Vorarbeiten für die zum bevorstehenden Jubileum abzufassende Ge-
schichte der Akademie 3000 Mark; ferner 900 Mark zur Herausgabe
des von Hrn. Ginzeı. bearbeiteten speciellen Canons der Finsternisse
für das Gebiet der classischen Alterthumsforschung bewilligt. Die
philosophisch -historische Classe hat 400 Mark für die von Hrn. Dr.
G. STEINHAUSEN unternommene Publication deutscher Privatbriefe des
14. u. 15. Jahrhunderts bewilligt.
Ausgegeben am 11. November.
SITZUNGSBERICHTE _ 1897.
DER XL.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
4. November. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLeEn.
*]. Hr. Brunner liest: Zur Geschichte des germanischen
Ständewesens.
Der Vortragende tritt gegen die sogenannte grundherrliche Theorie des germa-
nischen Ständewesens. wie sie neuestens insbesondere von einzelnen Agrarhistorikern
geltend gemacht wird. für die in der rechtsgeschichtlichen Litteratur herrschenden
Ansichten ein.
2. Hr. Harnack berichtet über die Entdeckung bez. Identifieirung
{e} >
der » Acta Pauli« durch Hrn. Karı Scnuipr, der im Auftrage der akade-
mischen Kirchenväter-Commission koptische Handschriften untersucht
(s. Kar Scnmivr, Die Paulusacten. Eine wiedergefundene altchristliche
Schrift des 2. Jahrhunderts in koptischer Sprache, i. d. Neuen Heidel-
berger Jahrbb. VI. Bd. 1897, S.117-124).
3. Hr. Brunser legt den Bericht des Hrn. Prof. Scniemann über
die Ergebnisse seiner mit Unterstützung der Akademie in St. Peters-
burg gemachten Studien zur Geschichte des Kaisers Nicolaus I. von
Russland vor.
Ausgegeben aın 11. November.
* erscheint nicht in den akademischen Schriften
RR®, En Be
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4
931
SITZUNGSBERICHTE _ 189.
DER XLIV.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER.
l. Hr. Fischer las: Uber Hydurinphosphorsäure.
Dieselbe entsteht bei der Reduction des Trichlorpurins mit Jodwasserstoff und
Jodphosphonium. Sie hat die Zusammensetzung C,H,N,PO,, bildet mit Salzsäure oder
‚Jodwasserstoff krystallisirte Salze und ist durch die Neigung ausgezeichnet, prächtig
rothe Farbstoffe zu bilden.
*2, Derselbe las ferner: Uber den Einfluss der Salzbildung
auf die Metamorphosen der Purinkörper.
Es wird gezeigt. dass die durch Methylirung neutral gewordenen Purinderivate
gegen Alkalien sehr viel unbeständiger sind, als die sauren Verbindungen und dass die
Salzbildung sowohl die Aufspaltung des Purinkerns wie auch die Ablösung von Halogen
erschwert.
3. Hr. van'r Horr las eine mit Hrn. Dr. W. MEvErnorrer bearbei-
tete fünfte Mittheilung aus seinen Untersuchungen über die Bil-
dungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, ins-
besondere des Stassfurter Salzlagers. (Ersch. später.)
Der qualitative und quantitative Krystallisationsgang bei Lösungen, welche Kalium
und Magnesium in Form von Sulfaten und Chloriden enthalten, unter Mitbenutzung der
früheren Versuche von Dr. LöwEnnErtz.
4. Hr. Kreın legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. E. Conen in
Greifswald vor: Ein neues Meteoreisen von Beaconsfield, CGo-
lonie Vietoria, Australien. (Ersch. später.)
Das Eisen gehört zu den oktaedrischen Eisenmeteoriten mit grobem Gefüge und
erweist sich zusammengesetzt aus: 98.07 Procent Nickeleisen, 1.75 Procent Phosphor-
nickeleisen, 0.11 Procent Troilit, 0.02 Procent Lawreneit, 0.05 Procent Kohlenstoff. —
Es ist nach Verfasser nicht ausgeschlossen, dass der in Rede stehende Meteorit mit dem
von Cranbourne, Australien, mit dem er vieles Gemeinsame hat, identisch ist.
* erscheint nieht in den akademischen Schriften.
932
Über Hydurinphosphorsäure.
Von Emır FiıscHer.
Di. Hoffnung, aus dem Trichlorpurin C,HN,Cl, durch vorsichtige Re-
(duetion mit Jodwasserstoff und Jodphosphonium das freie Purin C.H,N,
zu gewinnen, hat sich nicht erfüllt, denn die Reaction, welche bei den
Oxy- und Aminohalogenpurinen so leicht stattfindet, nimmt hier einen
sehr merkwürdigen Verlauf. Das Halogen des Triehlorpurins wird
allerdings mit grösster Leichtigkeit durch den Jodwasserstoff entfernt,
aber gleichzeitig löst sich ein Kohlenstoffatom ab und es entsteht eine
phosphor- und jodhaltige Verbindung von der empirischen Zusammen-
setzung 0, H,,N,PO,J. Dieselbe ist ein jodwasserstoffsaures Salz und die
Formel kann in C,H,N,PO,, HJ+ H,O aufgelöst werden. Das Krystall-
wasser liess’ sieh freilich nicht direet bestimmen, weil die Verbindung
das Trocknen bei höherer Temperatur nicht verträgt, aber die ent-
sprechende Chlorverbindung hat die wasserärmere Formel
C,H,N,PO,, HCl.
Beide Verbindungen sind unzweifelhaft Salze einer Base Ü,H,N,PO..
Da die letztere selbst nicht die Reactionen der Phosphorsäure zeigt,
aber durch Erwärmen mit verdünnter Salzsäure Phosphorsäure ab-
spaltet. so betrachte ich sie als ein den Amidophosphorsäuren ver-
gleichbares Derivat einer Base O,H;N,. Ich gebe ihr deshalb die Formel
C,H,N,. PO,H, und den Namen Hydurinphosphorsäure. Leider ist es
mir bisher nicht gelungen, das freie Hydurin zu isoliren, weil es bei
der Hydrolyse der phosphorhaltigen Substanz zerstört wird. Aus diesem
Grunde unterlasse ich auch alle Speeulationen über seine Constitution
und bemerke nur, dass die Formel G,H,N, sich von derjenigen des
hypothetischen Purins C,H,N, durch den Mehrgehalt von 4 Wasserstoff
und den Mindergehalt von ı Kohlenstoff unterscheidet.
Jodhydrat. 35” fein gepulvertes Trichlorpurin werden in 50°
farblosem Jodwasserstoff vom spee. Gew. 1.96 unter Kühlung mit Eis-
wasser eingetragen. ein Überschuss von gepulvertem Jodphosphonium
zugefügt und die Mischung erst eine Stunde unter Eiskühlung und
Fischer: Über Hydurinphosphorsäure. 933
zeitweisem Schütteln aufbewahrt. Die eintretende Reaction giebt sich
sofort durch Braunfärbung kund. Wenn die erste Einwirkung vorüber
ist, lässt man die Mischung sich auf Zimmertemperatur erwärmen und
schüttelt sie mit einer Maschine etwa 24 Stunden, bis kein Freiwerden
von Jod mehr bemerkbar ist. Da während der Reaction etwas Gas
entwickelt wird, so ist es vortheilhaft, das Gefäss mehrmals zu öffnen.
Man erwärmt schliesslich auf etwa 40°, um alle organische Substanz
zu lösen, giesst von dem überschüssigen Jodphosphonium ab und ver-
dampft die schwach gelbliche Flüssigkeit unter vermindertem Druck
bei einer Temperatur von 40-50°. Der amorphe Rückstand wird mit
25°" Wasser übergossen, wobei er grösstentheils in Lösung geht. Ver-
dampft man, ohne zu filtriren, wiederum bei derselben Temperatur,
so beginnt sehr bald die Krystallisation des Jodhydrats, und schliess-
lich ist der Rückstand fast vollständig erstarrt. Derselbe wird mit
kaltem Wasser ausgelaugt, das zurückbleibende Salz abfiltrirt und dann
in einer Mischung von 20°" Wasser und 2°” Jodwasserstoflsäure vom
spec. Gew. 1.96 in gelinder Wärme gelöst. Beim Abkühlen fällt das
Salz in klaren ziemlich dieken vierseitigen Platten aus, welche zunächst
noch rosa gefärbt sind. Die Ausbeute beträgt 50-60 Procent des an-
gewandten Triehlorpurins. Durch nochmaliges Umkrystallisiren aus
demselben verdünnten Jodwasserstoff unter Zusatz von etwas Thier-
kohle wird das Salz ganz farblos erhalten. Zur Analyse wurde es
im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet.
0%2477 gaben o®1295 CO, und 0*0802 H,O,
0°1856 gaben 26“"1 Stickstoff bei 18° und 766"”” Druck,
0°2758 gaben 0”1936 Ag),
0®2004 gaben 0%0675 Mg,P,O,.
Berechnet für C,H,,N,PO,J Gefunden
Procent © 14.20 14-26
H 3-55 3-59
N 16.57 16.36
19 9.17 9.40
J 37.58 37-93
Wie erwähnt, war die Bestimmung des Krystallwassers nicht mög-
lieh, weil die Verbindung sich schon bei 100° unter starker Färbung
zersetzt.
Das Salz löst sich in warmem Wasser ziemlich leicht, aber die
Flüssigkeit färbt sich dabei sehr schnell roth. Diese Veränderung wird
durch Zusatz von etwas Jodwasserstoff verhindert, vorausgesetzt, dass
man die Temperatur nicht über 60° steigen lässt. Die wässerige Lösung
des Salzes giebt sofort mit Silbernitrat einen Niederschlag von Jod-
silber, ein Beweis, dass das Jod nicht fester gebunden ist.
934 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 4. November.
Zur Bereitung des Hydrochlorats wird das Jodhydrat in der
25fachen Menge Wasser unter Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure
bei mässiger Wärme gelöst, rasch abgekühlt und mit einem Überschuss
von frisch gefälltem Chlorsilber geschüttelt, bis die Lösung kein Jod
mehr enthält, dann das schwach rosa gefärbte Filtrat unter vermin-
dertem Druck bei etwa 40° auf '/,; seines Volumens eingeengt. Dabei
scheidet sich das Hydrochlorat als farbloses krystallinisches Pulver aus.
Dasselbe wird nach dem Erkalten filtrirt und über Schwefelsäure ge-
trocknet.
0%2068 gaben 0%°1575 CO, und o®o8ı2 H,O
072033 gaben o®1285 AgÜl
0®2102 gaben 0®1040 Mg,P,O,
Berechnet für C,H,.N,PO, Cl Gefunden
Procent C 21.01 20.77
H 4-37 4.52
Cl 15.53 15.63
B 13.56 13.81
Das Salz ist nicht so schön krystallisirt wie das Jodhydrat. Es
löst sich in Wasser von etwa 50° ziemlich leicht auf. Will man die
Färbung der Lösung vermeiden, so ist auch hier der Zusatz von einigen
Tropfen Salzsäure nöthig. Beim Abkühlen fällt es aber sehr unvoll-
ständig aus der wässerigen Lösung heraus, man muss dieselbe vielmehr
wieder im Vacuum einengen.
Das Salz ist ebenso wie das Jodhydrat ausgezeichnet durch die
Neigung, in stark gefärbte Producte überzugehen. Schon die wässerige
Lösung färbt sich bei mässiger Temperatur schön roth, die Farbe geht
allmählich in Tiefroth über und beim Kochen entsteht ziemlich bald ein
fast schwarzer amorpher Niederschlag, während die Purpurfarbe all-
mählich in ein schmutziges Braunroth umschlägt. In verdünntem Al-
kali lösen sich die Salze schon in der Kälte sofort. Beim Erwärmen
wird die Flüssigkeit ebenfalls tiefroth, es entweicht Ammoniak und
schliesslich verändert sich die schöne rothe Farbe in Braun.
Viel schöner noch ist die Färbung durch Ammoniak. Dasselbe
löst in der Kälte erst farblos, aber bald wird die Flüssigkeit violettroth
und schliesslich tief purpur, wie eine Lösung von Kaliumpermanganat.
Auch in kaltem, stark verdünntem Barytwasser lösen sich die Salze zu-
nächst farblos, bald aber tritt Rosafärbung ein, welche beim gelinden
Erwärmen immer stärker wird, während gleichzeitig ein Niederschlag,
wahrscheinlich von Baryumphosphat entsteht. Gegen Oxydationsmittel
sind die Salze sehr empfindlich. Die ammoniakalische Silberlösung re-
dueiren sie schon in der Kälte. Die alkalische Lösung färbt sich auf
Zusatz von Fenuine’scher Flüssigkeit sofort dunkelviolett, nimmt beim
UL I m
Fıscuer: Über Hydurinphosphorsäure. 935
Kochen verschiedene Farbentöne an und scheidet einen schmutzigen
Niederschlag ab.
Versetzt man die kalte wässerige Lösung des Hydrochlorats mit
Natriumnitrit, so färbt sie sich sofort dunkel und scheidet sehr bald
einen dunkelgefärbten Niederschlag aus.
Beim einstündigen Erwärmen mit der zehnfachen Menge Salzsäure
von 14 Procent auf dem Wasserbade wird das Hydrochlorat total zer-
stört. Die farblose Lösung enthält grosse Mengen von Chlorammonium
und viel Phosphorsäure, dagegen konnte in derselben keine phosphorige
Säure nachgewiesen werden.
Die leichte Verwandlung der Hydurinphosphorsäure in stark ge-
färbte Producte erinnert einerseits an die Murexidbildung aus Alloxan,
Uramil und ähnliche Derivate des Malonylharnstoffs, noch mehr aber
dürfte sie der Farbstoffbildung bei der Reduction des Adenins und Hy-
poxanthins zu vergleichen sein. Leider sind alle diese gefärbten Pro-
ducte recht unbeständig und deshalb schwer zu isoliren. Ungleich merk-
würdiger ist aber die Entstehung der Hydurinphosphorsäure; denn trotz
der zahlreichen Reductionen, welche man mit Jodwasserstoff und Phos-
phor oder Jodphosphonium ausgeführt hat, ist meines Wissens bisher
die Bildung eines derartigen Phosphorsäurederivates nicht beobachtet
worden.
936
Über die Differentialgleichungen der elektro-
lytischen Verschiebungen.
Von H. Weser.
(Vorgelegt am 21. October [s. oben S. 883].)
ER Differentialgleichungen, auf die durch die Untersuchungen von
Kontrauscn und Pranck die Theorie der Ionenbewegung in Elektrolyten
zurückgeführt sind, bieten auch dem Mathematiker ein interessantes
Problem. Es handelt sich dabei nämlich um nichtlineare partielle
Differentialgleichungen, die, in gewissen einfachen Fällen eine ganz
ähnliche Form haben wie die von Rırmann integrirten Differential-
gleichungen der Schallbewegung in der Luft, und die auch in ähn-
licher Weise integrirt werden können. Wie schon Rırmann betont
hat, spielen bei solchen nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen
die Unstetigkeiten, die auch in solehen Fällen, wo anfänglich Alles
stetig ist, auftreten können, eine wichtige Rolle. Bei dem Problem der
Elektrolyse giebt es nun noch einfachere Fälle, in denen die Resultate
sehr leicht abzuleiten und überaus anschaulich sind, und da diese
Resultate auch für die Physik von einiger Bedeutung sein können,
so komme ich gern der Aufforderung meines Freundes KoHLRAUSscH
nach, die Ergebnisse dieser Betrachtungen der Akademie vorzulegen.
Ich lege die vereinfachte Form der Gleichungen zu Grunde, die
Koutrauscn in der Mittheilung vom 19. November 1896 gegeben hat,
bei der von dem Einfluss der gewöhnlichen Diffusion abgesehen wird,
und beschränke mich auch hier der Kürze wegen auf die einfachsten
Fälle.
Die strengere Form der Differentialgleichungen, wie sie unter
Berücksichtigung der Diffusion Pranck entwickelt hat (WIEDEMANN S
Annalen Bd. 39, 1890) führt in dem Falle eines einzigen Elektrolyten
auf die bekannte Differentialgleichung für die geleitete Wärme, scheint
aber in dem allgemeineren Falle, in dem mehrere Elektrolyte in einer
Lösung gemischt sind. einer mathematischen Behandlung weit schwie-
Weser: Die Differentialgleichungen der elektrolytischen Verschiebungen. 937
riger zugänglich. Ich beschäftige mich hier nur mit der vereinfachten
Form der Differentialgleichungen und muss es selbstverständlich der
Physik überlassen, die Voraussetzungen näher zu bestimmen, unter
denen die Vereinfachung physikalisch zulässig ist'.
IE
Ich betrachte zunächst «den Fall, dass in einer Lösung zwei Elektro-
lyte AR und BR mit einem gemeinsamen Ion R gemischt seien. Die
Concentrationen der drei Ionen — in Grammmpoleeülen ausgedrückt -
seien &, 8,2 und die elektrolytischen Beweglichkeiten seien a,b,r;
diese werde ich als Constanten voraussetzen, wie es, bei hinlänglich
verdünnten Lösungen, von den Physikern angenommen wird. Der
elektrolytische Vorgang soll überdies nur von einer räumlichen Coor-
dinate x abhängen; die Elektroden sind in unendlicher Entfernung
gedacht.
Es wird sodann die Stromdichte ö als constant oder nur von der
Zeit abhängig angenommen, was die Gleichung:
(1) p=a+ß
zur Folge hat. Hiernach bleiben nur die beiden unbekannten Func-
tionen #,® zu bestimmen. Setzen wir das Leitvermögen der Lösung
(2) x — aa +bd-+n = (a+r)a+(b+r)®,
so sind ia:z, ib:z, —ir:x die Geschwindigkeiten der Ionen, und man
erhält zur Bestimmung der beiden unbekannten Functionen &,& die
Gleichungen:
(3) d& AR: do aa 08 .g 58
— = om en
3 Der oe e 0x x
Von diesen Gleichungen lässt sich zunächst ein erstes Integral finden,
Gene a De e
wenn man die erste mit , die zweite mit Eng multiplieirt und
a
addirt. Setzt man dann
Unze:
a b
(4) u=
.
! Die Arbeiten, auf‘ die ich mich hier beziehe sind folgende: Rırmann, Über
die Fortpflanzung ebener Luftwellen von endlicher Schwingungsweite (Göttinger Ab-
handlungen 1860, gesammelte Werke Nr. VIll). Praxck, Über die Erregung von Elek-
trieität und Wärme in Elektrolyten. Wırpemann’s Annalen 39, 1890. F. Konrravsch,
Über elektrolytische Verschiebungen in Lösungen und Lösungsgemischen. Sitzungs-
bericht der Berliner Akademie 19. November 1896 (seitdem auch in WırnEemann's An-
nalen Bd.62, S.209, 1897). Die Bezeichnungen von KourrauscH sind nach Mösglich-
keit beibehalten.
938 Sitzung der phys.-math. Classe v. 4. Nov. — Mittheilung v. 21. Oct.
so ergiebt sich mit Rücksicht auf (2)
dw
— m (O)R
ot i
d.h. w ist von Zunabhängig, also eine Function von wallein,
die durch den Anfangszustand direet bestimmt ist. Überdies ist w,
seiner Bedeutung (4) nach, wesentlich positiv. Wenn der Anfangs-
werth von w» Unstetigkeiten in Bezug auf .w besitzt, so bleiben während
des ganzen Verlaufs des elektrolytischen Vorganges diese Unstetigkeiten
an derselben Stelle liegen.
Aus (2) und (4) ergiebt sich die identische Gleichung
(5) ala+r)a+bkb+r)B = (a+b)x — abw,
und wenn wir daher die Gleichungen (3) mit a+r und d-+r multi-
plieiren und addiren, so ergiebt sich
(6) ars — lab DEE
Von der Stromdichte © war oben schon angenommen, dass sie
constant oder nur eine Funetion der Zeit sei. Ich will jetzt noch
voraussetzen, dass ö in dem betrachteten Zeitraum sein Zeichen nicht
wechsele, etwa positiv sei. Desgleichen ist » eine positive Function
von x allein. Wenn ich daher statt ? und x zwei neue Variable 7,
E durch die Gleichungen einführe
at
5 1
(7) = fin, £ == wid ,
5
so wächst r mit f, & mit x, und r und £ sind selbst dann stetige
Funetionen von f und x, wenn © und w» unstetig sein sollten.
Danach ergiebt die Gleichung (6)
oe x de w RR
or w u; u ER
oder wenn wir noch
(8) nn et bla+r)a+alb+r)R
x ab((a +r)e+(b+ r)£)
setzen
(9) 2 9: en =o0.
or 0
r . Pr} n
Wenn » und 4 bekannt sind, so können daraus & und © durch
Auflösung linearer Gleichungen bestimmt werden. Die Differential-
gleichung (9) findet sich, in wenig veränderter Bezeichnung, in der
Abhandlung von Konrrauscn. Ebenda ist auch ihr allgemeines, von
Weser: Die Differentialgleichungen der elektrolytischen Verschiebungen. 939
Hrn. Fuchs angegebenes Integral mitgetheilt. Die Differentialgleichung
ist nieht linear in Bezug auf die unbekannte Funetion 7; wohl aber
ist sie linear in dem Jacogr’schen Sinne, d.h. in Bezug auf die Diffe-
rentialquotienten, und darauf beruht auch ihre allgemeine Integration',
Man kann die allgemeine Integration dieser Differentialgleichung
in anschaulicher Weise so darstellen. Zunächst folgt mittels (9)
on Pe on x dr £ A
(10) du4= JE de+ are; de dE (dE — n’dr),
woraus zu schliessen ist, dass „ einen constanten Werth , behält,
wenn £ und r so geändert werden, dass Z—7;r ungeändert bleibt,
vorausgesetzt, dass sich 7 nicht unstetig ändert.
Denken wir uns £,r als rechtwinkelige Coordinaten in einer Hülfs-
ebene, und bezeichnet mit &,,r, die Coordinaten eines Punktes, in
dem 7 den Werth +, hat, so ist
EnT=E—hr
die Gleichung einer durch diesen Punkt gehenden geraden Linie, auf
der also der Werth +, so lange herrschen wird, bis sie durch einen
Punkt läuft, in dem sich „ unstetig ändert. Diese Gerade ist gegen
die Z-Axe unter einem Winkel geneigt, dessen CGotangente gleich 7, ist.
Wir können uns, indem wir zu den ursprünglichen Variablen w, t
zurückkehren, auch so ausdrücken, dass in der vom Strom durch-
flossenen Lösung sich ‘ein bestimmter Werth „, von „ mit der Ge-
schwindigkeit
__ abi
U — No
w
vorwärts bewegt. Man sieht daraus, dass (wenigstens bei gleichen
Werthen von w) grössere Werthe von 7 mit grösserer Geschwindig-
keit fortgepflanzt werden als kleinere, und es würden dann, wenn
keine Unstetigkeiten eintreten, nachfolgende grössere Werthe von 7
die vorausgehenden kleineren überholen: es würde dann 7 mehrwerthig
werden. was sinnlos ist. Daraus ergiebt sich, dass wir notwendig
auf die Bewegung von Unstetigkeiten Rücksicht nehmen müssen.
I:
Es sei nun in einem Augenblick f bei einer Abseisse .«°
Unstetigkeit der Functionen «, ® vorhanden. Es seien 4,, 9,, %,, %.: N.
eine
die der Unstetigkeit unmittelbar vorangehenden (d.h. grösseren Wer-
ı Jacosı, Über die Integration der partiellen Differentialgleichungen erster Ord-
nung. Ürerre Bd. 2. Gesammelte Werke Bd. 4.
940 Sitzung der phys.-math. Classe v. 4. Nov. — Mittheilung v. 21. Oct.
then von « entsprechenden) Werthe der Functionen &,8,x2,w,7 und
B,,%,: %,, 9, die nachfolgenden. In die Flächeneinheit des Unstetig-
el
keitsquerschnittes wird dann in das Zeitelement dt eine Menge des
d
ersten Ions A hineingeführt, die durch iax,dt: x, ausgedrückt ist, wäh-
rend iaz,dt: 2, die auf der entgegengesetzten Seite wieder abgeführte
Menge ist.
Folglich ist der Gewinn
ia| = — — \dt.
Ist die Unstetigkeitsstelle der Funetion z in der gleichen Zeit dt
um dx vorgerückt, so ist die dadurch bedingte Zunahme von A über
der Einheit des Querschnittes gleich («, —«,) dx, und es muss also
ns j,
7 Oo
dt a—a.\K 8
sein. Ebenso ergiebt sich
da’, ib v6) =
dt Br BAloamape
Nun ist, wie eine einfache Rechnung zeigt.
Oi b b w+t u, w—w,
rn ——TT (4,0, — &,w,) — (&, d,) — (d&,+4,) Sr Is
FIR DE RER 2 2
und folglich
dx. iab (ww, «+. w—u,
dt RR 2 4— 4, 2
da, _ ib (ww, B,+Pß, w.—uw,
dt KK, 2 ,—B, 2 j
Diese beiden Werthe werden einander gleich, und die Unstetig-
keitsstelle wandert einheitlich weiter, wenn @w,= u, ist, d.h. wenn
w an der Stelle x stetig ist. Dann ergiebt sich für die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit der Unstetigkeit der Werth
dı® _ iabw
a aT32
und wenn man die Variablen Z und r einführt, nach (7) und (8)
de
(12) Ar = NN:
Nimmt man n am Anfang, d.h. für r = 0 als beliebig gegebene
Funetion 7 von Z an, so wird sich, wenn 7 eine stetige Funetion ist,
n zunächst nach der Stetigkeit, der Differentialgleichung (9) gemäss,
ändern, und man erhält also die Werthe von 7, wenn man in der
#,r-Ebene von allen Punkten der Z-Axe aus die geraden Linien unter
Weser: Die Differentialgleichungen der elektrolytischen Verschiebungen. 941
den Winkeln are cotg (7’) gegen die positive Z-Axe, zieht, und auf
jeder dieser Linien der Function 7 den unveränderlichen Werth 7 giebt.
Diese geraden Linien werden nun im Allgemeinen eine gewisse Uurve
einhüllen, und wenn Theile dieser Curve auf der Seite der positiven
r liegen, so wird die angegebene Construction nur in einem der Z-Axe
parallelen Streifen der £, r-Ebene, der keinen Theil der Enveloppe ent-
hält, ein unzweifelhaftes Resultat geben. Darüber hinaus werden Un-
stetigkeiten eintreten müssen, für die die Differentialgleichung (12) gilt.
Wenn der Anfangszustand selbst schon unstetig ist, so dass etwa
bei der Abseisse = 0 zwei verschiedene Werthe 7, und 7, unmittelbar
an einander stossen, so ist zu unterschei-
Fig. 1.
den, ob der vorangehende Werth 7 der klei-
nere oder der grössere ist.
a. Ist 7, >9., so ergiebt die Gonstruc-
tion mit den geraden Linien einen Sector
1,0, 2, in dem n zweiwerthig bestimmt
ist, was etwa durch eine doppelte Über-
deekung der Ebene veranschaulicht werden
kann. Da aber „ nur einen Werth haben
kann, so muss die Unstetigkeit bleiben. Versteht man unter 7,, 7, die
beiden in einem Punkte des Sectors zusammentreffenden Werthe von
7, so ist nach (12)
(13) =
die Differentialgleichung der Unstetigkeitslinie, und die Function 7 ist
eindeutig bestimmt, bis etwa neue Unstetigkeiten eintreten.
Ganz ähnlich ist der Verlauf, wenn bei Z=o zwar keine Unstetig-
Fig. 2. keit von 7 stattfindet, wenn aber
el die oben erwähnte Enveloppe mit
einer Spitze auf dem Punkt Z=o
ruht. Auch dann wird von die-
sem Punkte aus eine durch (13)
bestimmte Unstetigkeitslinie aus-
laufen.
b. Ist „,<n., so erhält man
einen Sector 1,0,2,. in dem der
5 Anfangszustand gar nichts über
RE BEREITET we die Bunetion 9 lehrt; -murrso ‚viel
o ä folgt aus (13), dass sich die Werthe
in dem Seetor längs der Linien 0,1 und 0,2 stetig an (die eonstanten
Werthe 7, und 7, anschliessen müssen. Denn wäre etwa 0,1 eine Un-
942 Sitzung der phys.-math. Classe v. 4. Nov. — Mittheilung v. 21. Oct.
stetigkeitslinie, in der die Werthe 7, = 7, und 4, zusammenstossen, so
würde sich, da die Differentialgleicehung dieser geraden Linie
d BER
ee
ist, aus (I3) = n, ergeben.
Nun aber lässt sich der Sector © ,ı, 2 durch eine dieser Forderung
genügende stetige Lösung der Differentialgleichung (9) ausfüllen.
Die geraden Linien, in denen eine solche stetige Lösung constant
ist, müssen alle in dem o-Punkt, als dem einzigen Unstetigkeitspunkt,
zusammenlaufen, d.h. die Funetion 7 muss von dem Verhältniss &:r ab-
hängig sein oder sie muss ausser (9) noch der weiteren Differential-
gleichung 2 a
0 0
14) Sa rne > e
za 5 dE oT
genügen, woraus sich durch Vergleichung mit (9) ergiebt:
VE
(15) =
=)
Diese Funetion genügt in der That der Differentialgleichung (9) und
schliesst sieh bei den Linien ©, ı und 0,2 an die Werthe 7, und 7, an.
Es ist hier aber, wie noch hervorgehoben werden muss, auch
möglich, den Sector 1,0, 2 durch unstetige Lösungen auszufüllen, die
allen bisher an die Function 7 gestellten Anforderungen genügen. Man
ziehe z.B. eine gerade Linie 0, 3 unter dem Winkel are cotg (n,7,) gegen
die ZE-Axe, und nehme n in 1,0,3 constant gleich 7,, in 2,0,3
gleich 7, an, so sind auch durch diese Annahme die Gleichungen (9),
(12) befriedigt. Ja man kann beliebig viele solche Lösungen finden.
Nimmt man z. B. einen beliebigen Werth 7, zwischen 7, und 7, an,
bestimmt zwei gerade Linien vom Nullpunkt aus unter den Winkeln
arc cotg (7,7,), Arc cotg (9,7,). so erhält man drei durch Unstetigkeits-
linien getrennte Seetoren, in denen die Werthe 7,,7,,7, für „ gelten,
und in ähnlicher Weise kann man beliebig viele Unstetigkeitslinien
einschalten.
Auf Grund der bisher gemachten Voraussetzungen lässt sich mathe-
matisch nicht entscheiden, welche von allen diesen Lösungen dem
wirklichen Verlauf am meisten entspricht. Physikalisch dürfte aber
doch wohl der stetigen Lösung der Vorzug zu geben sein, zumal
wenn man, wie es ja der Wirklichkeit entspricht, die Unstetigkeit
nur als idealen Grenzfall eines sehr schnellen stetigen Überganges be-
trachtet.
Weser: Die Differentialgleichungen der elektrolytischen Verschiebungen. 943
II,
Die Differentialgleichungen (9) und (12) bleiben ungeändert, wenn
man dr und d£ in —dr, —dZ umwandelt und 7 ungeändert lässt.
Da nun die Vorzeichenänderung von dr dureh die Umkehrung der
Stromriehtung bewirkt wird, so ergiebt sich daraus, dass der elek-
trolytische Vorgang genau rückgängig gemacht wird, wenn die Strom-
richtung umgekehrt wird. Dies wird aber nur unter der Voraussetzung
gelten, dass der in dem Moment der Umkehrung der Stromriehtung
herrschende Zustand den weiteren Verlauf nach vorwärts und nach
rückwärts eindeutig bestimmt. Ist das nicht der Fall, so kann man
auch nicht auf die Umkehrbarkeit des Processes schliessen.
Wenn z. B. unter der im vorigen Artikel gemachten Annahme,
dass im Falle b. (Fig.2) in dem Sector 1,0, 2 immer die stetige Lö-
sung dem wirklichen Vorgang entspricht, der Strom umgekehrt wird
in dem Augenblick, wo der Process bis # vorgedrungen ist, so wird
zunächst der Vorgang umgekehrt, bis der Zustand wieder durch die
Linie £ dargestellt wird, wo aus der stetigen Function eine unstetige
geworden ist. Fliesst nun der Strom aber noch weiter in der zweiten
Richtung, so tritt von da an der Fall a. ein, und es bildet sich eine
Unstetigkeitslinie 0, 0. Eine abermalige Umkehr des Stromes bei #”
wird aber jetzt den Vorgang nicht wieder rückgängig machen, sondern
es tritt sofort eine Auflösung der Unstetigkeit ein, wie im Falle b.
und wie es in der Figur die von 0’ auslaufenden punktirten Linien
andeuten.
IV:
Um diese Betrachtungen an einem einfachen Beispiele zu veran-
schaulichen, nehme ich an, dass zu Anfang die beiden Elektrolyte
AR,BR bei 2=0 in einer scharfen Grenze zusammenstossen, so
dass für {=O und negative «
A}
-
und für {= 0 und positive x
Da (0) ß =,
sei, wobei «, und £, beliebige Funetionen von x sein können.
Es ist dann nach (2), (4) und (8) für /=0o und negative «x
a /& I
(16) Bl nee A Bi DL —
©
ad da
und für positive &
Sitzungsberichte 1897. S6
944 Sitzung der phys.-math. Classe v. 4. Nov. — Mittheilung v. 21. Oct.
r b-+r I
(17) x=(b+r)ß,, »= , BR, = z:
Es ist also im Art. II
Ey — I v7 —_— I
N, oo a ’ N, a b
zu setzen, und wir haben den Fall a., wenn a<b ist, d.h. wenn das
nachfolgende Ion A die kleinere Beweglichkeit hat. Es ist dann
„ überhaupt constant, gleich 1:a oder ı:d, und die beiden Werthe
stossen in der Linie 3 (Fig. ı) zusammen, die in diesem Fall eine gerade
Linie wird mit der Gleichung:
(18) ablE—r= O0.
Da » unabhängig von f ist, und die Grenze nach vorwärts wandert,
so hat » dort den Werth (b+r)®,:b und aus (18) ergiebt sich nach
(7) für die Geschwindigkeit des Wanderns der Grenze a° der Werth
(10) da ib
19 =,
: dt (b-+r)®
Um die Concentrationen &, © in irgend einem Augenblick ? zu
bestimmen, müssen wir drei Abschnitte unterscheiden.
I
TE <AOr EN
a
a+r b+r\_ a+r
WI ae B= ——d,
a b a
w 5
=: =(a+r)a+(+r)S®=(a-+r)a,,
y
woraus
4a =d,: ß=o
I
2. o<a<n, 1 =—
a
a+r b+r\_ Dem,
De ur er "-B=——,
b b
w ; alb-+r
=x=(a+r)a+(-+r)B = DER) 96
7 b
woraus
DEP ra
Fe DS Io:
a)
r I
3 VAREL = B
a+rr bFr\_ b+Fr_
Di —— — a D= Do.
a b b
3%
=x=(a+r)e+(+r)B = (d-+r)ß,;
Weser: Die Differentialgleichungen der elektrolytischen Verschiebungen. 945
woraus
5
vu=0, 8 =%
o*
Es tritt also hier keine Mischung der Ionen A und B ein.
Wenn anfänglich eine Unstetigkeit von » vorhanden ist, wenn also
(a+r)a,:a von (d-+ r)®,:b verschieden ist, so tritt bei = 0 eine blei-
bende Unstetigkeit für die Function # ein. Bei «= x° stossen die beiden
Ionenarten in dem unter 2. angegebenen Concentrationsverhältniss zu-
sammen, ganz so, wie der Vorgang in Nr.1ı5 der Abhandlung von Konr-
rAauscHh beschrieben ist.
Nr
Wenn unter den sonstigen Voraussetzungen des vorangegangenen
Artikels a >b ist, also das nachfolgende Ion eine grössere Beweglichkeit
hat als das vorausgehende, so tritt der Fall d. des Art. Il ein. Den beiden
Geraden ı und 2 der Fig. 2 mit den Gleichungen
ek:
. P 2 e b+r
entsprechen zwei Punkte «,, ,, in denen w die Werthe me $, hat, und
die sich daher mit den Geschwindigkeiten
de, ib? dx, ia b* de,
> pe ala+r)®, de” (a+rß, @ dt
nach vorwärts bewegen. Der Punkt x, schreitet mit grösserer Ge-
schwindigkeit voran, und die beiden Punkte schliessen also einen vor-
wärts schreitenden und dabei immer breiter werdenden Bereich ein.
Zwischen diesen beiden Punkten bestimmt man unter der Voraus-
setzung einer stetigen Ausfüllung des Seetors nach (15) « und & aus
den beiden Gleichungen
NY
woraus sich ergiebt
ab+r)&. (1/?7 ,
— —— = ——b|.
Bere al
a & /T
I a—|/ —).
al ] r)
=,
Es findet also im Bereiche zwischen x, und x, eine Mischung der
beiden Ionenarten statt, wie sie durch (21) dargestellt ist.
Ir
(21)
946 Sitzung der phys.-math. Classe v. 4. Nov. — Mittheilung v. 21. Oet.
In den drei ausserhalb dieses Bereiches liegenden Gebieten: 2 <o,
o<xr<x, ©,<z erhält sich Alles wie in den Fällen ı., 2., 3. des
vorigen Artikels.
Wird, nachdem die Mischung in einer Strecke eingetreten ist,
die Stromrichtung umgekehrt, so geht der Zustand zurück bis zur
vollständigen Entmischung; von da an schreitet die scharfe Grenze
nach Art. IV rückwärts. Wenn aber nun der Strom wieder umgekehrt,
d.h. in der ursprünglichen Riehtung hergestellt wird, so tritt sofort
wieder eine Mischung ein nach Art.V. Der Process ist also nicht
vollständig umkehrbar.
In diesem zweiten Falle spielt sich also unter den gemachten
Voraussetzungen der Vorgang anders ab, als er bei Konurauscn a. a. 0.
geschildert ist. Die Annahme von Kontravscn entspricht aber der
am Ende des Art. II noch erwähnten zweiten möglichen Lösung.
Die Betrachtungen, die zu den vorstehenden Resultaten geführt
haben, sind auch noch auf den Fall anwendbar, dass zwei elektro-
lytische Lösungen ohne gemeinsames Ion, also etwa AR und BS zu
Anfang in einer scharfen Grenze zusammenstossen, weil in diesem
Falle niemals in einem Raumtheil alle vier Arten von Ionen gemischt
auftreten. Man erhält dann, je nach den Grössenverhältnissen der
Beweglichkeiten a, b, r, s vier mögliche Fälle: 1. a<b,s<r: 2.a>b,
s<r; 3. a<b, s>r; 4. a>b,s>r.. Im ersten Falle schreitet je
eine scharfe Grenze &,, x, nach vorwärts und nach rückwärts, so dass
in den drei dadurch entstandenen Gebieten sich nur Lösungen von
AR,AS,BS befinden. In den drei übrigen Fällen werden aus einer
oder aus beiden Trennungstlächen fortschreitende und allmählich breiter
werdende Bereiche, in denen die angrenzenden Substanzen sich mischen.
Nehmen wir aber an, dass schon zu Anfang Raumtheile vorhanden
sind, in denen alle vier lonenarten gemischt enthalten sind, so führt
das Problem auf höhere Differentialgleichungen. zu deren Integration
die hier angewandten Mittel nicht mehr ausreichen. Diese Differential-
gleichungen sind zwar den Methoden, die Rıemann auf die Schall-
gleichungen angewandt hat, noch zugänglich; indessen entbehren die
Resultate der Einfachheit und Anschaulichkeit.
Ausgegeben am 11. November.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
947
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER XLV.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
11. November. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAnuten.
l. Hr. Scuwarz hielt einen Vortrag "zur Lehre von den un-
entwickelten Funetionen.
Für den allgemeinen Fall, in welchem m Veränderliche durch z (im Allgemeinen
nicht analytische) Gleichungen als unentwickelte Functionen von n Veränderlichen er-
klärt werden, leitete der Vortragende m unendliche Reihen her, welche für eine ge-
wisse Umgebung eines nicht singulären Werthsystems der unabhängigen Veränderlichen
unbedingt und in gleichem Grade convergiren, und durch welche die unentwickelten
Funetionen für diese Umgebung als eindeutig erklärte und stetige Functionen ihrer
Argumente dargestellt werden.
2. Hr. E. Scnmivr legte eine Abhandlung über "Uhlands »Mär-
ehenbuch des Königs von Frankreich«’ vor.
Er besprach auf Grund des soeben erschienenen Tagebuches und einer Reihe
von ihm in Tübingen gefundener Bruchstücke Uhlands Plan eines Decamerone alt-
französischer Dichtungen, bestimmte die Nummern der in Paris 1810 angelegten Liste
nach den gedruckten oder handschriftlichen Urtexten und theilte alles Erhaltene mit,
auch die erst nach Schwaben fallenden Einleitungen sammt dem längeren Fragment
des Schwankes von Karl dem Grossen und Kaiser Hug, das sich z. Th. mit einem
schon durch Keller veröffentlichten dramatischen Entwurf deckt.
3. Hr. Dümnter überreichte die von Hrn. WirseıLm ALtmann in
Greifswald mit Unterstützung der Akademie herausgegebenen ‘Urkun-
den Kaiser Sigmunds (1410-1437) U. Bd. 2. Lief.
4. Die Akademie hat das correspondirende Mitglied ihrer physi-
kalisch-mathematischen Classe Hrn. Eryst Scherıne in Göttingen am
2. November durch den Tod verloren.
Sitzungsberichte 1897. 87
948
Zur Lehre von den unentwickelten Funetionen.
Von H. A. Scuwarz.
Aıs Grundlage der Lehre von den unentwickelten Funetionen können
— für den allgemeinen Fall, in welchem »n Veränderliche dureh m Glei-
chungen als unentwickelte Functionen von n Veränderlichen erklärt
werden — folgende Betrachtungen dienen.
ı. Es sollen
y, üirm=— 1,2, m
und or ur ISO, En
m+n stetig veränderliche reelle Grössen bezeichnen, welche zunächst
als von einander unabhängig angenommen werden sollen.
Statt der ausführlicheren Bezeichnung (Y,,%,>°""Y,5 2,;%,, ° &,) soll
im Folgenden der Kürze wegen (y,:;,) gesetzt werden.
Es wird vorausgesetzt, dass die Grössen y,; x, alle Systeme von
Werthen annehmen können, welche einer gewissen Umgebung eines
speciellen Werthsystemes angehören.
Wird der Einfachheit wegen das System der Werthe y, =0;2, —0
zu diesem speciellen Werthsysteme gewählt, so kann die Umgebung
desselben als die Gesammtheit aller Werthsysteme erklärt werden, für
welche die Ungleichheitsbedingungen |y, |<, |x,|<9’ erfüllt sind,
wobei 0° eine passend gewählte positive Grösse bezeichnet.
n
Für dieses Gebiet seien m reelle, stetige, eindeutige Funetionen
fi, für i=1,2,.--m, der m+n Argumente %,;%
n?
FlYu 5%)
mit folgenden Festsetzungen erklärt:
I. Wenn allen m +n Argumenten y,; x, gleichzeitig der Werth 0
beigelegt wird, erhält jede der m Functionen f, ebenfalls den Werth 0.
II. Jede der m Funetionen /, besitzt innerhalb des betrachteten
Gebietes in Bezug auf jede der Veränderlichen y, (u = 1.2, --- m) eine
partielle Ableitung erster Ordnung
of,
Jh _ 2 ..y*
N ze SrulYn3 du)»
Yu
Scuwarz: Zur Lehre von den unentwickelten Funetionen. 949
welche innerhalb des betrachteten Gebietes ebenfalls eine stetige
Funetion der m+n Argumente y,;«, ist.
Über die Existenz etwaiger Ableitungen höherer Ordnung als
der ersten wird keinerlei Bestimmung getroffen.
II. Die Determinante m“ Ordnung, gebildet aus den Werthen
Fu) = a,,., welche die partiellen Ableitungen f,,(y,;%,) für das
specielle Werthsystem y, = 0; x, = 0 annehmen, hat einen von 0 ver-
schiedenen Werth D.
Es soll bewiesen werden, dass es für eine gewisse Umgebung
des speciellen Werthsystemes ©, = 0 der n Veränderlichen x, m ein-
deutig erklärte, stetige, reelle Functionen Y, dieser Veränderlichen
gibt, welche für die Grössen y, gesetzt, die m Gleichungen
Flyn; 2) = 0
befriedigen und für unendlich kleine Werthe ihrer n Argumente eben-
falls unendlich klein werden.
2. Wie bisher, so bezeichnen auch im Folgenden die Indices
?, a, m ganze Zahlen, welche unabhängig von einander alle Werthe
1,2,---m annehmen sollen; der Index n bezeichnet eine ganze Zahl,
welehe alle Werthe 1,2,--n annehmen soll.
Durch das Zeichen (0; x) wird ein System von Werthen der
Grössen y,;“, bezeichnet von der Beschaffenheit, dass jeder der
Grössen y, der Werth 0 beigelegt werden soll.
Zu dem Systeme der m Grössen a, , bilde man das System der
adjungirten Grössen.
Die zur Grösse a,,, adjungirte Grösse werde mit «,, bezeichnet.
u
Man bilde ferner m Functionen F, der m+n Argumente y,:%,,
welche durch die Gleichungen
D & E, (Ym ’ “,) = > 9) u Fi (Yu b w,) ’
h
Fly ’ w,) — > 9 ,u BYE: %)
7
eindeutig erklärt sind.
Wenn das System der m Functionen f, durch das System der
m Functionen F, ersetzt wird, so erhält jede der Grössen a,,, den
Werth 1 oder den Werth 0, jenachdem die Indices A,u denselben
Werth oder verschiedene Werthe haben.
3. Es möge e eine der Bedingung 0<e<1l genügende reelle
Grösse bezeichnen.
Die Veränderlichkeit der Grössen y,;x, werde nun, falls die im
Folgenden anzugebenden Bedingungen nicht schon für das früher be-
trachtete Gebiet erfüllt sind, auf ein solehes Gebiet
950 Gesamntsitzung vom 11. November.
<6, 0<d<d
Iynl<3, &
beschränkt, dass für alle demselben angehörenden Werthsysteme die
zugehörenden Werthe der in Bezug auf die Argumente y, genom-
menen ersten partiellen Ableitungen der »2 Funetionen F, in vorge-
schriebenen, sogleich näher anzugebenden Intervallen liegen.
Die in Bezug auf die Grösse y, genommene erste partielle Ab-
leitung der Function F(y,;x,) möge mit F,,(y„;,) bezeichnet werden.
Die vorgeschriebenen Intervalle sind nun:
h € F €
wenn A = u ist, Un EUR) = ne:
3 € €
wenn AZ ist, -—— <= FM, ,(y;2%) <-—:
m 3 m
Die angegebenen Bedingungen sind erfüllbar, weil die Ableitungen
F,,, ebenso wie die Ableitungen /,,, stetige Functionen ihrer sämmt-
lichen Argumente sind, und weil die Functionen F ,(y,;%,), wenn
sämmtlichen Argumenten der Werth 0 beigelegt wird, den Werth 1 oder
den Werth 0 haben, jenachdem A gleich u oder von u verschieden ist.
Durch die Gleichungen
Yu— FulYya3 2) = Pu lYya 3 %)
werden »n Functionen ®, eindeutig erklärt, welche die Eigenschaft
haben, dass ihre in Bezug auf die Grössen y, genommenen ersten par-
tiellen Ableitungen
= D,,2(Ym ;%,)
innerhalb des betrachteten Gebietes dem absoluten Betrage nach sämmt-
lich kleiner als — sind.
!
. I
Sind (y,;x,) und (y,
hörende Werthsysteme, so besteht, wenn mit I, für u (2m
5%) zwei dem betrachteten Gebiete ange-
m passend gewählte, dem Intervall 0 --- 1 angehörende Grössen bezeich-
net werden, für jeden Werth des Index x eine Gleichung von der Form
(ya) lyr) = Da ya NR N):
1
aus welcher sich für jeden Werth des Index # die Ungleichheitsbe-
dingung
| Dr (Ym ; ®,) Mr D, (Ya; %,) | = m > 1% —yh |
7
ergibt.
4. Nach dieser Vorbereitung lasse man — wenn die sogleich
anzugebenden Bedingungen nicht bereits für das Gebiet |x,|<3 er-
füllt sind — die weitere Einschränkung eintreten, dass, nach ange-
Schwarz: Zur Lehre von den unentwickelten Functionen. 951
messener Bestimmung einer der Bedingung 0 <d* <d genügenden Grösse
0°, für alle dem Gebiete |x,|<d* angehörenden Werthsysteme die
Ungleichheitsbedingungen
| #00; ,)] = |®,(0; ,)|<(1-2)8
erfüllt sind; diesen Ungleichheitsbedingungen kann stets dadurch, dass
der Grösse d* ein hinreichend kleiner positiver Werth beigelegt wird,
genügt werden, weil die Functionen F,(y,;) stetige Functionen
ihrer Argumente sind und weil diese Functionen den Werth 0 haben,
wenn allen Argumenten der Werth 0 beigelegt wird.
Man bestimme nun durch die Gleichungen
Y,..- 2.(0:%)
ein System von m Grössen Y_,, durch die Gleichungen
Vs = Er)
ein System von »n Grössen Y,,, und fahre in der Art fort, dass für
jeden ganzzahligen Werth von v, der grösser als 1 ist, durch die
Gleichungen
Yarsı = ul Yan; 2)
ein System von m Grössen Y',,, bestimmt wird.
Durch folgende Schlüsse kann nachgewiesen werden, dass jede
der so bestimmten Grössen Y,,, dem absoluten Betrage nach kleiner
als (1-e”)d, also auch kleiner als & ist.
Infolge der bezüglich des Gebietes |. |<d® getroffenen Festsetzung
ist Jede der Grössen Y, dem absoluten Betrage nach kleiner als (1-e)d,
also auch kleiner als od.
Aus der angegebenen Eigenschaft der Funetionen ®, ergibt sich
| | = _ > | Ya l
m
en
Es ist daher
folglich besteht die Bedingung
| Yo = | er I+| ee | < (1-e)d+ e(1-e)0;
es ergibt sich mithin
made)
Wenn nun angenommen wird, dass für alle ganzzahligen Werthe
des Index v, die grösser als 1 und nicht grösser als r sind, wo r
eine ganze positive Zahl bezeichnet, welche gleich 2 oder grösser
als 2 ist, die Beziehungen bestehen
Bar I sale er), Der,
usv
so ergibt sich aus der angegebenen Eigenschaft der Functionen ®,
952 Gesammtsitzung vom 11. November.
E 7,
Bes ee el
Hieraus folgt
er Y.|<ealdl3), |} ee 21% ort el Er) <6.
Unter der angeführten Voraussetzung bestehen daher die ange-
gebenen Beziehungen auch für den Werth v=r+1.
Da diese Beziehungen, wie vorher nachgewiesen worden ist, für
den Werth v—=2 bestehen, so gelten dieselben für jeden ganzzahligen
Werth des Index v, welcher grösser als 1 ist.
Hiermit ist zugleich bewiesen, dass die Reihen
Y ‚= Iuıt 20, =, EN »)+t in inf.,
2 el 1
welchen auch die Form
-/#,(0;2)+ F,(Y,
gegeben werden kann, unbedingt und für alle dem Gebiete |x, | <d°
angehörenden Werthsysteme der n Grössen ®, in gleichem Grade
convergiren und dass ihre Summen dem absoluten Betrage nach kleiner
rs EEE ee rn inf. |
sind als 0.
Die Summen dieser Reihen stellen daher für alle diese Werth-
systeme m stetige Funetionen der n Veränderlichen x, dar, welche
für unendlich kleine Werthe derselben ebenfalls unendlich klein werden.
Wenn alle Funetionen ®, nur Functionen der Grössen x, sind,
so bestehen die Gleichungen Y, —/Y,,,, weil sämmtliche Differenzen
ur Wales, eriisysteme der ron x, den Werth 0 haben,
so dass jede der angegebenen unendlichen Reihen sich auf ihr erstes
Glied redueirt. Es kann aber, auch ohne dass alle Functionen ®, nur
Functionen der Grössen «x, sind, für gewisse Werthsysteme der Grössen x,
der Fall eintreten, dass die zur Bestimmung der Grössen Y, dienenden
Reihen nur eine endliche Anzahl von Null verschiedener Glieder be-
sitzen, weil für alle Werthe von u und für vs, wo s eine ganze
positive Zahl bezeichnet, die Gleichungen Y ,,, = /Y,,, bestehen. Unter
wr+1 ur v
dieser Voraussetzung ergeben sich folgende Gleichungen:
a ee — .r Tl a
Y,=') Y, e.Dam); EV) =.
us?
Wenn also die zur Bestimmung der Grössen Y_ dienenden Gleichun-
gen nur eine endliche Anzahl von Null verschiedener Glieder haben,
so befriedigen die Grössen Y_ für y, gesetzt das System der Gleichungen
Fly) = 0.
Dieselbe Eigenschaft besitzen die Grössen Y| auch dann, wenn
mindestens eine der zur Bestimmung der Grössen Y dienenden Reihen
unendlich viele von Null verschiedene Glieder besitzt, wie durch fol-
gende Schlüsse bewiesen werden kann.
Scnwarz: Zur Lehre von den unentwiekelten Functionen. 953
Innerhalb des betrachteten Gebietes |y,|<3,|x,|<d sind die
Funetionen F,(y,; x,) ebenso wie die Funetionen f,(y, ; z,) stetige Fune-
tionen ihrer Berner In beliebiger Nähe des diesem Gebiete an-
gehörenden Werthsystemes (Y, ;,) liegen unendlich viele Werthsysteme
(F,.:;%), denn es besteht die Beziehung |Y,-Y,,|<e'd; für das
Wen (0% ja ergibt sich aber
mv
IF
<e(1-.)0.
mv 3 D, = |}% ur Yy+1l vn
Beim Ubergange zur Grenze lim v=» ergibt sich daher
F DE) —02
u
Hiermit ist bewiesen, dass das System der m Gleichungen
By, ; ©) — 0,
wenn |x,|<d” ist, das innerhalb des Gebietes |y,|<ö liegende System
von Lösungen
Ya
besitzt.
5. In dem Gebiete |y,|<9.|x,|<d befinden sich für dasselbe
System von Werthen x, nicht zwei von einander verschiedene Systeme
von Lösungen der Gleichungen
F,(y, a 0N
Dies kann wie folgt bewiesen werden.
Bezeichnen die m Grössen Y' ein dem betrachteten Gebiete an-
gehörendes System von Lösungen, während die m Grössen Y” eben-
falls ein solches System von Lösungen bezeichnen, so ergibt sich aus
Be) Vz)
Y”-Y,=8,(V7;2)-8 (Ya).
Aus der angegebenen Eigenschaft der Funetionen ®, ergibt sich
daher, falls nicht jede der Differenzen Y/-Y/ den Werth 0 hat,
Br >
u
Durch Addition folgt
> re DIA
u u
Also kann die Summe Sur nur den Werth 0 haben.
Es hat mithin auch ee einzelne der Differenzen Y"—-Y’ den
u
Werth O0 und es ist das System der Werthe RE mit dem System der
Werthe Y’ identisch.
954 Gesammtsitzung vom 11. November.
6. Infolge der zwischen den Functionen F,(y,;®) und den
Funetionen /,(y,;,) bestehenden Beziehungen befriedigen die m Func-
tionen Y_, für die Grössen y, gesetzt, auch das System der Gleichungen
Ay) =).
Diese m Functionen Y, sind durch die angegebenen Gleichungen
und die Bedingung, dem Gebiete |Y,| <d anzugehören, eindeutig be-
stimmt, denn in dem Gebiete |y,|<2,|.x,|<&° befindet sich für das-
selbe System von Werthen x, kein anderes, von dem Systeme der
Lösungen y, = Y,, verschiedenes System von Lösungen der Gleichungen
"AA 3 x) Im: 0.
355
Uhlands „Märchenbuch des Königs von
Frankreich“.
Von Erıcn ScHaipr.
r
Am 24. Mai 1810 traf Lupwie Untanp in Paris ein. Er sollte als junger
Doetor juris den code Napoleon an der Quelle studiren, doch sein ganzes
Dichten und Trachten galt der mittelalterlichen Poesie, für die er neue
Schätze zu heben und als romantischer Litterarhistoriker bisher nur ge-
ahnte Zusammenhänge des Epos zu finden hoffte. Schon vor drei Jahren
hatte er überschwänglich, mit demselben Bilde wie in den »Liedern der
Vorzeit« oder im späteren »Märchen«, an Körte geschrieben (Ludwig
Uhlands Leben... von seiner Wittwe S. 37; ich benutze die Urschrift):
»So wollt’ ich Sie beschwören bei dem heiligen Mutternamen Deutsch-
lands! gehn Sie wenn Sie immer können in die Bibliotheken von Paris,
suchen Sie hervor, was da vergraben liegt von Schätzen altdeutscher
Poesie. Da schlummern sie, die bezauberten Jungfraun, goldne Locken
verhüllen ihr Gesicht, wohlauf ihr männlichen Ritter! löset den Zauber!
sie werden heissathmend erwachen, die goldnen Locken zurückwerfen,
aufschlagen die blauen träumenden Augen. Allein sehen Sie nicht aus-
schliessend auf deutsche Alterthümer, achten Sie auch der roman-
tischen Vorwelt Frankreichs. Ein Geist des Ritterthums waltete
über ganz Europa. Wo Sie in einem alten Buche eine schöne Kunde,
Legende u. s. w. finden, lassen Sie die nicht verloren gehn, wir haben
Ja so grossen Mangel an poetischem Stoffe, an Mythologie«; es folgt im
Entwurf der gestrichene Satz: »eine Sammlung dieser Art würde für
den Kreis der Dichter unschätzbaren Werth haben. Werfen Sie auch
in meinen Garten solche Saamenkörner, ob ich sie zu Blumen erziehen
kann?« Er fragt zuletzt, ob der Freund ausser den »Schriften eines
Grafen Tressan« (Bibliotheque universelle de romans) ähnliche Bücher
kenne, »worin alte romantische Sagen, eine epische Vorwelt für drama-
tische Bearbeitung verborgen liegen«. Kölle, der seinerseits wohl früh
in der begonnenen Lectüre des Roman de la Rose stecken blieb, gab die
956 Gesammtsitzung vom 11, November.
bündige und trotz der recht bedenklichen Fassung lockende Antwort:
ungefähr zweihundert alte Romane, »theils im Romanzo, theils schon
in der /angue d’owi« seien vorhanden; Uhland solle nur möglichst rasch
nach Paris kommen!
Hatte er auch 1810 das Studium altfranzösischer Dichtung an sich
nicht als Hauptaufgabe ins Auge gefasst, so war ihm doch dieses Neu-
land schon lang einladend in der Ferne erschienen und hielt ihn nun
während der sieben Monate seines mit allem Fleiss und manchen Ent-
behrungen ausgenutzten Aufenthaltes fest, dass er eine reiche hand-
schriftliche Beute für Editionen sowohl als für dichterische Verarbeitung,
ein für jene Zeit sehr ausgedehntes Wissen im Einzelnen und eine sichere
Erkenntnis grosser Probleme heimbrachte. Der Aufsatz über das alt-
französische Epos (1812) behauptet als grundlegend einen Ehrenplatz
in der Geschichte der romanischen Philologie, wenn auch Uhland bei
Lebzeiten durchaus keinen Neudruck erlaubte (Keller an J. Grimm
13. Dee. 1862). Ein junger Forscher, der selbständig mit geringen Hilfs-
mitteln solehe Bahnen zu brechen vermochte, hätte unter andern Ver-
hältnissen die beste Anwartschaft auf einen Lehrstuhl der rasch empor-
gedeihenden Wissenschaft gehabt und, des aufgezwängten Juristenbe-
rufes ledig, dankbar seiner Musse bedeutende Leistungen als Philolog
und Dolmetsch abgewonnen. Es ist nicht so gekommen. Wohl zog ihn
noch eine Perceval-Handschrift nach Bern, wohl verfolgte er die Aus-
gaben und Untersuchungen auf altfranzösischem Gebiet und wurde nicht
müde dafaus für seine Sagengeschichte und seine vergleichenden Er-
läuterungen der Volkslieder Gewinn zu ziehen, wohl begleitete er mit
freundschaftlicher Theilnahme die Studien Ferdinand Wolfs, aber jener
erste verheissungsvolle Anlauf führte zu keinem grösseren Werk. Seine
Abschriften kamen bekannten Forschern zu gute oder blieben unver-
werthet liegen. Er wäre berufen gewesen eine Aufgabe mit frischen
Kräften zu erfassen, wie sie Herr Gaston Paris in der Histoire poetique
de Charlemagne gelöst hat, oder im Bereiche der Troubadours Diez vor-
zugreifen, der Uhlands Verdienste ebenso hoch schätzte wie dieser die
Bonner Spenden.
Als Uhland nach Paris kam, wusste er gar wenig von altfranzösi-
scher Poesie. Neben Tressans stillosen Nacherzählungen und dem oder
jenem vom Urquell noch viel weiter entfernten zufälligen Fund hatte
ihm Bouterweks Litteraturgeschichte Einiges angedeutet, und ein paar
Umrisse für den schönen Cyelus »Sängerliebe« mochten seiner Phan-
tasie schon vorschweben. Ginevras Minne sollte unter andern Sagen
in den an ein knabenhaftes Prosabruchstück angelehnten Romanzen
»Hermann von Sachsenheim« behandelt werden. Er war 1807 auf den
Rath Leos v. Seckendorf, der sich selbst mit diesem Vorwurf getragen,
E. Scaumpr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 957
ohne Glück an die Tragik der Francesca da Rimini gegangen und Wır-
HELM SCHLEGEL in Dantes Welt gefolgt.
Von den grossen Italienern aus hatte sich der Blick der romanti-
schen Führer auf die Provencalen geheftet, deren Landschaft ja in
Tiecks Vorspiel zum »Oectavian« als Wiege der Romantik so beredt
gefeiert wird. W. Schlegels Berliner Vorlesungen, nur einem engeren
Kreise bekannt, geben vorläufige Winke zu dem, was viel später auf
Raynouards Spur die Observations sur la langue et la litterature provengale
(Oeuvres eerites en frangais ed. Böcking 2, 148) darlegen, und berühren
sich auch im Einzelnen, wie den warmen Worten über Rudels Liebe
(Minor 3, 173), mit Uhlands Interessenkreis. Über Altfranzösisches je-
doch hat auch Schlegel, der damals in Berlin so meisterlich die Nibe-
lungen und die Ilias nachschuf, sehr wenig zu sagen. Er analysirt
»Floris und Blanchefleur« und giebt noch 1522 den freien Ottaverime
Sophiens v. Knorring eine nicht eben schwer wiegende Einleitung auf
den Weg. Während Melusine, Magelone, Octavian, mit ausdrücklichem
und vorgreifendem Preise Tiecks, am freudigsten aber der Fortunat
(3, 150), dieser Liebling der Romantiker bis zu Uhland und über ihn
hinaus, gemustert werden, finden wir nur ganz flüchtig und herkömm-
lich das verlorene romanzenartige uralte Lied von Roland und Charle-
magne (3, 162; vgl. Oewres 2, 261) gestreift. Sein Gebot, man solle
die Pariser Handschriften ausbeuten, hat Schlegel selbst, obwohl ihm
die Gelegenheit nicht fehlte, vergessen; ja, noch der lange Aufsatz
De Vorigine des romans de Chevalerie (Oeuvres 2, 250), worin Diez eine
collegiale Verbeugung und Bekker eine namenlose Erwähnung empfängt,
bleibt an litterarischen Kenntnissen und an Erkenntnis der Hauptfragen
weit hinter der nirgends genannten und wohl gar nicht beachteten Ab-
handlung Uhlands zurück. Auch sieht man, dass Schlegels zarterer,
allmählich fast verzärtelter Geschmack sich von der rustieite primitive,
der däprete extreme der Paladine Karls abgestossen fühlte und trotz einer
guten Ahnung, welche wichtige Rolle die Normandie für das Epos ge-
spielt habe, durch die ihm leidige sorglose Halbprosa des Heldensangs
und gar durch den unerträglich schleppenden Stil der ungebundenen
Romane von gründlicherer Beschäftigung zurückgeschreckt wurde. In
den Berliner Vorlesungen hatte der höhnische Widersacher des Grafen
Tressan und seines deutschen Nachtreters Reichard die »jämmerlichen «
Auszüge aus den Ritterromanen als »leidliche Unterhaltung für galante
Herren und Damen« und völlige Verballhornungen der alten Originale
kurzer Hand abgethan, nicht zuletzt um den ungerechtesten Parteihass
an Wieland zu kühlen, dessen Geron und Oberon geflissentlich über-
sehen, der aber auf eine Stufe mit dem kläglichen Alxinger gestellt
wird. Er hatte ebenso tendenziös die gereimten Fabliaux in Bausch
958 Gesammtsitzung vom 11. November.
und Bogen verworfen, statt sich mit einem Tadel der allerdings recht
platten Auszüge des Le Grand zu begnügen.
Auch Frıeprıcn ScHLeezer wandte in Paris, wo dann arbeitsame
Frauen die »Sammlung romantischer Dichtungen des Mittelalters« für
den unbeharrlichen Anreger schaffen mussten, sein flüchtiges Augen-
merk auf das Provencalische, berichtete in der »Europa« über die Habe
der Nationalbibliothek und erklärte nach raschem Durchblättern des
Katalogs, es sei eine unermessliche Menge nordfranzösischer Epen vor-
handen (1803, 1’ 69). Sein Lob der portugiesischen Romanzen wirkte
fort, wie Wilhelms begeisterte Erhebung der Lusiaden des Camoens
und das »Spanische Theater« (1803, 1309). So wurde romanische
Poesie von allen Seiten angepriesen. Und, von Fouques fragwürdigem
Versuch (1805) abgesehen, ging F. Schlegel selbst 1806 an Pseudo-
Turpins Hand nachdichtend voran in das Sagenreich Karls des Grossen ;
kein Eroberer wie Uhland, als er den »Roland, Ein Heldengedicht in
Romanzen nach Turpins Chronik« aussandte und in der vierzehnten
sich mit einer unverkennbaren Anleihe aus dem althochdeutschen Lud-
wigsliede behalf:
Helden in dem Schlachtgewühle,
Bei dem Rolandsliede kühner,
Wenn der Held also begrüsset
Vor der Schlacht die Heldenbrüder ...
Lied wird gesungen,
Kampf dann begunnen ...
Gleich seinem Bruder, der ja im stillen Gefühl des Mangels an eige-
ner Schöpferkraft den Deutschen das vor allem ans Herz legte, worin
er selbst die grösste reproductive Begabung erwies, lehrt Friedrich
(Europa I’ 50), unsre Litteratur werde bei der edlen Rastlosigkeit des
deutschen Geistes, neue Quellen der Wahrheit und der Schönheit auf
die vaterländischen Fluren zu lenken, bald alle andern ältern Littera-
turen in sich aufgenommen haben; schon schlage — durch Wilhelm
natürlich — romanische Poesie bei uns Wurzeln zum Heil der Nation:
»da der frische Blüthenreiz und die kunstreiche Zierde derselben recht
“eigentlich dazu gemacht scheinen, den nordischen Ernst altdeutscher
Dichtkunst zu schmücken und zu erheitern.«
Auf diese Bestrebungen ging Uhland gelehrig ein. Zu persön-
lichem Austausch mit Wilhelm, der damals ein ihm von Chamisso über-
reichtes und angepriesenes Gedichtheft Uhlands kühl ablehnte, kam
es nicht, und in den geistreichen Hofhalt der Madame de Staöl hätte
der linkische, wortkarge, überdies im Französischen ungeübte Schwabe
sich noch viel weniger geschickt als sein neuer Freund Chamisso. Bevor
er sich mit Inmanven BEXKER verband und die beiden schweigsamsten
Deutschen zusammen die »altfranzösischen Katakomben« durchforsch-
E. Scauimpr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 959
ten, gemeinsam Spanisch und Portugiesisch, Lope und Camoens stu-
dirten, konnte er die neuen Interessen am ersten mit Cmamısso aus-
tauschen, der nicht bloss eine Sammlung französischer Volkslieder plante
(Hitzig 1, 256), sondern auch ein schlichtes Lebewohl im Mystere von
Isaaks Opferung den göttlichsten Versen der Griechen gleichstellte,
Volksbücher, Fabliaux et Contes las, aber freilich Uhlands Hilfsmittel,
das Roquefortsche Glossaire de la langue romane (1808), nur ganz dilet-
tantisch zu handhaben wusste und über die alte Sprache belustigend
naive Äusserungen that (vgl. Hitzig ı, 308. 288). Übersetzungsversuche
aus jener Zeit (S. 294 0.) sind uns nicht bekannt; später aber hat Cha-
misso, viel moderner als Uhland, trotz weiten Streifzügen durch die
Volkspoesie und obwohl er noch 1837 seinen »Armen Heinrieh« den
Brüdern Grimm darbrachte, Beranger und Vietor Hugo der mittelalter-
lichen Romantik Frankreichs vorgezogen.
Uhland war vom Juni an einer der fleissigsten Besucher der Bi-
bliothek, deren ungeheizte Räume ihn auch im Winter fesselten, und
erfuhr von Meon und Roquefort persönliche Förderung. Mit Ehrfurcht
betrachtet man die sauberen Copien und Excerpte seines Nachlasses.
Neben den alten Handschriften verschmähte er nicht, in irgend einem
Lesecabinet den Tressan oder die Contes de la reine de Navarre in die
Hand zu nehmen, und spähte so eifrig wie glücklich am Pont St. Michel
und Louvre unter den bouquinistes nach seltenen Büchern. Er schied
endlich im entsagungsvollen Bewusstsein, eben erst angefangen zu
haben, und empfing daheim mit gemischten Gefühlen Auszüge aus den
Fils Aimon von Bekker, dem er selbst später neidlos seinen Pariser
Vorrath öffnete. Dies aber und was Adelbert Keller u. a. ihm ver-
danken, soll hier nur flüchtig berührt werden. Uhland selbst sagt,
wer seine Studien nicht kenne, dürfe nicht von ihm reden: er meint
den gemeinsamen Haushalt des Forschers und des Dichters, die nie-
mals eine glücklichere Personalunion geschlossen haben. Von alter-
thümelnden Bearbeitungen einzelner Abschnitte des Heldenbuches und
der im Freundeskreis verherrlichten Nibelungen aus ist Uhland all-
gemach zur poesievollen Darstellung der germanischen Epik vorge-
schritten. Seine Lyrik hatte sich längst am Born des Volksliedes er-
quickt, ehe er dem frischen Heidelberger Dilettantismus eine gründlich
vorbereitete und durchgearbeitete Sammlung gegenüberstellte und in
den Aufsätzen und Anmerkungen dazu zeigen wollte, wie tief er diese
ganze Welt nachempfunden habe, wie gelehrt er die einzelnen Stücke
zu erklären wisse. Der Historiker und der Sagenkenner reichte dem
Balladendichter einen Stoff nach dem andern und liess ihn alles stil-
gerecht formen, mochte es Karl oder Eberhard, Taillefer oder Bertran
de Born gelten.
960 Gesammtsitzung vom 11. November.
Jener 1507 so verschwommen angedeutete Plan musste in Paris,
als immer neue Denkmäler vor Uhlands Auge traten, bald eine festere
Gestalt annehmen. Aus Briefen an Fouqu& und Mayer war uns be-
kannt, dass er dort und daheim eine Sammlung altfranzösischer Poe-
sien treuer oder freier nachdichtend herausgeben und als Decameron
oder Märchenbuch des Königs von Frankreich mit einem Rahmen ver-
sehen wollte, und es lag nahe genug, den entlehnten Anhang seiner
»Gedichte« mit diesem Plan in Zusammenhang zu bringen. Von zwei
Seiten her wird jetzt eine Fülle neuer Aufschlüsse gespendet: J. HArT-
mann hat soeben »Uhlands Tagbuch 1810-1820« (Stuttgart, Cotta,
1898) veröffentlicht, so dass wir Schritt für Schritt Uhlands Thätig-
keit im altfranzösischen Bereich verfolgen können; mir aber gewährt
ein Tübinger Sammelband! die Möglichkeit, manche trockene und
einsilbige Notiz durch Skizzen des Dichters zu beleben und statt blosser
Titel den Text ganz oder in Bruchstücken darzubieten. Auch hat sich
der Herausgeber des Tagebuchs weislich darauf beschränkt, die schwä-
bischen Beziehungen insgesammt allkundig zu erklären und die massen-
haften litterarischen Einträge nur hie und da als Interpret zu be-
rühren.
Vom 16. Juni an laufen die Daten der altfranzösischen Studien
und Nachdichtungen. Der Gedanke, ganze Epen wie den Roman de
la Violette oder Robert le Diable zu bearbeiten, taucht im August und
September auf; im November lockt der Zree flüchtig den Dramatiker,
wie schon am 2. August der Gerard de Nevers, zunächst in Tressans
Auszug, den folgenden Tag bereits im handschriftlichen Veilchenroman
gelesen. Und so greift eins ins andre: die Lectüre und Abschrift der
normännischen Chronik geht sofort Hand in Hand mit poetischer Arbeit;
am 2. December liest Uhland eine spanische Karl-Romanze, den Kopf
mit diesem Sagenkreis angefüllt findet er beim Louvre den Volksroman
! Der Quartant vereinigt zahlreiche eigenhändige Entwürfe und Reinschriften
Uhlands aus sehr verschiedener Zeit, die Wırnerm Lupwıe Horranp nach und nach
von der Wittwe geschenkt erhalten hat. Die altfranzösischen Stücke stehen ohne Über-
schriften und sonstige Bezeichnung, auch nicht in einer Folge, auf einzelnen Blättern;
die Geschichte Karls und Hugs auf einem Foliobogen, die Einleitung »Im holden Mai,
zur Rosenblütezeit« auf S.3 f. desselben Doppelquart, dessen erste Seite die Stanzen
»Auf seinem alten stillen Waldcastelle« enthalten; das Stück »Richard und Bernard«
— s. u. — theils auf einem Quartblatt, theils auf einem Doppeloctavblatt, dessen S. 3
und 4 kurze Notizen aus Wace, z.B. »Schlacht. Taillefer. Rolandslied« bieten, wie das
Blatt »Richard und Gonnor« schon durch kleine Rechnungen in Frances und Centimes
für Paris gesichert wird. Die Skizzen sind z. Th. schwer zu entziffern. Die Ortho-
graphie habe ich nicht angetastet, aber ausser der Zeilenzählung die manchmal ganz
fehlende Interpunction beigefügt.
Ich danke den Herren GEIGER und BounENBERGER für die freundliche Aufnahme
im schönen Tübinger Schlosse, Herrn Toster für gern gespendete bibliographische
Winke.
E. Scuuipr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 961
von Charlemagne, dieser weckt am nächsten Tag seine Begierde nach
dem Fierabras, am 7. sucht er das verschollene Epos unter den Hand-
schriften der Bibliothek und bekommt statt dessen die Belagerung von
Viane in die Hand, deren »herrliche Scenen« ihn begeistern und lang
festhalten.
Im Oetober, da er einmal von Richard Ohnefurcht hingerissen
und der gewöhnlichen Zurückhaltung vergessend ins Tagebuch schreibt
»Apollo, wirst du diese Glut noch lindern!«, keimt der dureh die
normännischen Kunden angeregte Plan einer »Sammlung von Über-
setzungen und Bearbeitungen altfranzösischer Dichtungen«, dergestalt
dass Vollendetes getreu, übel Eingekleidetes, durch Weitschweifigkeit
Entstelltes in freierem Gewand und so auch in der richtigen Treue
geboten, Grosses aber wie der »Wilhelm von England« erst daheim
auf Grund einer Abschrift übersetzt werden sollte. Am Abend des
22. October, als ihn das Gefühl der Einsamkeit niederdrückte, schrieb
er, um sich Luft zu machen, über dies Vorhaben an Fouque, sandte
aber den schon adressirten und geschlossenen Brief‘) nicht ab, gewiss
weil ihm morgens bei ruhiger Betrachtung der Ton zu lebhaft schien,
und ersetzte erst am 19. December diesen Bogen durch gelassenere Mit-
theilungen. Hier erst ist auch von den »lieblichen Fabliaux« und inner-
halb der »eigentlichen Heldensage«, die den Kern seiner Bemühungen
bildet, neben den normännischen Kunden von dem kerlingischen Cyclus
die Rede.” Das Tagebuch giebt nur eine Nachricht aus der Pariser
Zeit, nämlich vom 17. November: »Bibliothek. Das Manuscript Pipin
et Berthe. — Hoffnung zu Auffindung einer Reihe fränkischer Sagen.
Sage von Pipin. Bestimmtere Auffassung der Tendenz meiner Samm-
lung altfranzösischer Poesien: hauptsächlich Sage, Helden-
sage, Nationalsage, lebendige Stimme, mit Hintansetzung
der künstlichen, bürgerlichen etc.«
2
Hinter den 21. October muss ein vorläufiges Register fallen, das
im Tübinger Sammelband auf der Rückseite des eben an diesem Tage
geschriebenen Stückes von Richard und Gonnor steht und das ich hier,
eine Bezifferung beifügend, folgen lasse:
I. Lieder und Romanzen.
1. Königstochter.
2. Wilhelm.
3. Euriant.
4. Lieder.
1. Normännische Kunden. Robert.
962 Gesammtsitzung vom 11. November.
II. Weltliche Erzählungen.
ı. Das bunte Pferd.
2. Der Schatten und der Ring.
3. Wilhelm von England.
4. Der verkaufte Schatten.
IV. Legenden.
1. St. Michels Kirche.
2. Das Fest Marias.
V, Satyrische Stücke.
Li Riote du monde.
Verschiedene Empfindungen.
I. ı ist die wohlbekannte, aber durch Reimnoth nicht wohlge-
lungene Ballade »Die Königstochter«. Das mündlich überlieferte Ori-
ginal wurde von Cmamıssso am 18. Juni 1810 Fouque mitgetheilt und
ist aus Hitzigs Buch (1, 258) gleich dem Spässchen Mon per’ m’a donne
un mari (S.259) — dem italienischen maritino (Nigra, Canti popolari
del Piemont) — in Moriz Haupts Sammlung eingegangen. Tagebuch
9. Juli »Mit Chamisso.... Die Romanze: La fille du Roy d’Espagne«;
25. September »Nachts Übersetzung der altfranzösischen Romanze von
der spanischen Königstochter«.
I. 2 »Wilhelm« wäre vieldeutig, wenn das Tagebuch nicht unter
dem 3. August meldete: »Versifizirter Roman von Gerard auf der Bi-
bliothek. Romanze von Guillaume au court nes abgeschrieben« (dazu
6. December » Wiederholte Abschrift der Romanze @..a.c.n.«). Gemeint
ist also die Stelle im Roman de la Violette ou de Gerard de Nevers
(ed. Franeisque Michel 1834), »wie Gerart, als Jongleur verkleidet, mit
einer Viele sich in sein eigenes Schloss geschlichen, um den Usurpator
Lisiars zu belauschen, und wie er zu seinem Instrument einen Gesang
von Guillaume au-court-nez anstimmt« (Schriften 4, 346); eine Stelle,
die Uhland im Zusammenhange der Romane bespricht und trefflich
für seine Ansicht von epischem Gesang verwerthet. Eine Bearbeitung
) ist nieht vorhanden.
des kurzen Stückes ®
I, 3 »Euriant«. Tagebuch 8. October » Abends Übersetzung der
Romanze: Schön Euriant«. Es kann sich natürlich nicht um eine Dar-
stellung der Euriautfabel handeln (vgl. Rochs, Über den Veilchen-
roman und die Wanderungen der Euriaut-Sage, oder vielmehr Rein-
hold Köhlers Anzeige im Litteraturblatt für romanische und germa-
nische Philologie 1883 Nr. 7), wie sie auf Grund der Prosa schon 1804
durch Helmine v. Chezy in der »Geschichte der tugendsamen Eury-
anthe von Savoyen« (F. Schlegels »Sammlung romantischer Dichtungen «)
lang vor ihrem Libretto für Weber geliefert worden ist — Michel ver-
zeichnet sogar für das Jahr 1810 eine Euriaut- Pantomime im Franco-
nischen Circus —: auch an die handschriftliche Romanze von Gerairs
E. Scuuupr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 963
und Oriour, gedruckt bei Michel S. 329, darf man keineswegs denken,
sondern »Schön Euriant« ist die diele Euriaus, von der Marote im
Roman de la Violette freilich nur sechs Zeilen singt (Michel S. 114
V. 2306; Bartsch, Romanzen und Pastourellen 1870, I Nr. 16):
Siet soi biele Euriaus, seule est enclose;
Ne boit, ne ne mangue, ne ne repose;
Souvent se claimme lasse, souvent se cose,
(a son ami Renaut parler n’en ose;
Souvent s’escrie en haut:
»Ha! Dex! verrai-jou ja mon douc ami Renaut!«
Wollte Uhland eine Ergänzung dichten oder vielleicht Gerards folgen-
den Gesang (S. 116 V. 2340-2346) Amors, quant m’iert ceste painne achievde
damit verbinden?
I, 4 Die »Lieder« lassen sich nicht bestimmen ausser einem:
»Übersetzung des kleinen Liedes: Or la voi ete.« Tagebuch 5. Novem-
ber. Or la voi, la voi, Por dieu, salues le [la] moi bildet den übrigens
anderswoher genommenen Refrain in den Altfranzösischen Romanzen
und Pastourellen von Bartsch II 57, 17 f. (Monmerque u. Michel, Theätre
frangais au moyen dge 13839 8.45; Dinaux, Trowveres brabangons 1863
S.254; Scheler, Trowveres beiges II 1879 S.ııı).
II »Normännische Kunden«. Ihre Quelle ist bekanntlich der
Roman de Rou von Wace, dessen Studium Uhland am 16. October,
gleich nach den Bibliotheksferien, begann. Am 19. übersetzte er die
»Sage von dem Handschuh«, am 21. die »normännische Kunde von
dem ertrunkenen Mönche«: das sind die beiden Stücke »Graf Richard
Ohnefurcht« in seinen Gedichten. »Sie ist mehr witzig, als sagen-
haft« sagt Uhland später von der zweiten Erzählung. Aber er wollte
mehr geben, und wenn die Tagebuchnotiz am 13. October »Idee zu
einer Romanze aus dem französischen Volksroman Fichard sans peur,
nemlich aus der Stelle von dem Schiffbruch« sich nicht weiter belegen
lässt, so ist gleich die unmittelbar nach jener Mönchsgeschichte am
22. »angefangene Übersetzung der [Romanze] von Gonnor« erhalten.
Ohne sich auf die vier Söhne und drei Töchter einzulassen und ohne
das bei Wace abschliessende Lob der Dame zieht Uhland zwei Stellen
des Roman de Rou“) zusammen, die bündige Geschichte dieser Liebe
und die unbedeutende Anekdote der ersten ehelichen Nacht:
Herr Richard lebte lange Zeit
Mit Gonnor, seiner schönen Maid;
Sie war aus edler Dänen Blut,
Am Leibe hold, an Sitten gut.
I ENUEE.
Schwabacher Lettern bezeichnen Ausgestrichenes. 2 seiner undeutlich, einer?
5 abgebrochen; man ergänze: auf Bitten der Priester und Wunsch der Barone
Sitzungsberichte 1897. 88
964 Gesammtsitzung vom 11. November.
Die in ihn drangen manches mal,
Nahm Richard Gonnor zum Gemahl.
Und als er nun [bei] Gonnor lag
Die Nacht nach ihrem Hochzeittag,
Sie wandte ihrem Herrn den Rücken 10
Und thät ihn mit der Schulter drücken.
Was machst du, sprach er, mein Gemahl?
Du lagst bei mir so manches mal,
Doch niemals also thatest du:
Du kehrtest das Gesicht mir zu. — 5
15
Vordem war dieses Lager euer,
Nun ist es mein; als es war euer,
Da konnt’ ich niemals sicher liegen,
That nie nach eigenem Vergnügen.
Nun lieg’ ich hier an sichrem Orte. 20
Sie wandte sieh auf diese Worte:
Das Antlitz kehrten sie sich zu
Und lachten viel in süsser Ruh.
Beachtenswerth ist, dass in der Vorlage die Abenteuer Richards
in der Kirche (Pluquet ı, 278; Andresen 2, 40) und mit dem Sacristan
von St. Ouen (1, 281; 2, 43; vgl. Le Grand 5, 57) gleich auf die erste
Erwähnung Gunnors folgen. Die berühmten Verse von Taillefer stehen
bei Pluquet 2, 214, bei Andresen 2, 348: die Geschichte der Jagd von
Winchester bei Pluquet 2, 340, bei Andresen 2, 428; beide Gedichte,
deren zweites schon in Paris am 10. und ı11.November, deren erstes
in Tübingen am 10. und 12. December 1812 entstanden ist, waren als
zwar durch Wace inspirirte, aber selbständige Schöpfungen nicht für
die »Sammlung« bestimmt.
Dagegen sollte auch Richard Il., der Sohn des Ohnefurcht und
Gonnors, ein Denkmal erhalten, und die von Uhland nach Wace frag-
mentarisch ausgearbeitete Geschichte seiner Begegnung in Cherbourg mit
dem frommen gelehrten Lombarden Bernard, der ein Grab in des
Fürsten Nähe begehrt, möchte ich auch der zweiten Hälfte des Octo-
bers 181o zuweisen. Diese treue Übertragung hat vorläufig den ge-
dehnten Bericht bei Seite gelassen, wie Bernard verkleidet zum Grafen
8 Und über Als nun? Spatium für bei oder (ohne Und) neben unter 9 die blossen
Reimworte legte pflegte ro wandte gestrichen, darüber Unleserliches 12 machst über
baft 16. 17 undeutlich; Vorlage »Ca en arier fut le list uostre, Mais ore est il e mien e uostre«,
weshalb ich in 17 nicht mir, sondern mein lese a. R. die Reimworte euer war und
ohn Gefahr 19 That scheint gestrichen ohne Ersatz 20 lieg’ nach bin 21 auf
— W. neben nichtgestr. bei |nach das?] diesem W. 22 neben nichtgestr. Sie k. das
Gesicht sich zu
E. Scuuipr: Uhlands »Märchenbuch des Könies von Frankreich«. 965
gelangt, und aus dem energisch zu kürzenden Mittelstück nur zwei em-
pfindungsvolle Reimpaare herausgehoben.
Von Richards Mild’ und Gütigkeit
Erscholl die ganze Christenheit.
Zur selben Zeit war ein Lombard,
Der Meister Bernhard wohlgelahrt;
5; Er hielt wol Schule da und dorten,
Man sprach von ihm an allen Orten.
Der hätte gerne selbst erprobt,
Ob Richard man mit Recht gelobt,
Drum kam er aus der Lombardie
ıo Nach Rouen in der Normandie.
Bei einem Bürger er einkehrte,
Der Bürger ihn nach Kräften ehrte.
Als sie zunacht das Mahl beendet,
Der Meister sich zum Wirthe wendet:
ıs Herr Wirth! den Herzog wünscht’ ich sehr
Zu sprechen, wenn es möglich wär’.
Ich zeigt’ ihm ein Anliegen gerne,
Drum ich gekommen aus der Ferne.
Traun! sprach der Wirth, es fehlet weit,
20 Dass ihr ihn sprechen dürft zur Zeit;
Ich glaube nicht, dass vor acht Tagen
Ihr ihm ein Wörtlein könnet sagen.
Er wohnt im hohen Thurme dort,
Verlässt nicht Tag noch Nachts den Ort;
2; Niemand besteigt des Thurmes Stufen,
Wenn er nicht namentlich berufen,
Denn er ladet hieher gesamte
Viscomte, Pfleger und Beamte,
Wo Jeglicher nach seiner Pflicht
3o Ihm Rechnung stellet und Bericht.
Nach Tische pflegt der Kurzweil wegen
Er an ein Fenster sich zu legen,
Das Aussicht hat der Seine zu,
Da hält er eine Stunde Ruh’,
1.2, 9—12, 23—26 auch auf dem die Verse Al ff. enthaltenden Bl. (h?) ı Güt
und Mildigkeit A? 4 aus Bernart ıo die A? ıı einkehrt A? ı2 D.B. hielt
den Meister werth 4? 13 zunacht nach das Abendmabl 14 Der nach Herr
24 Nacht 4? 25.26 Und Niemand darf den Thurm betreten Wenn [so] er nicht
selber lässt erbeten A? 26 n. b. aus selber herb. 29 Wo über Der? 34 Da
aus Dort hält nach f&|lummert? läft?]
SS
966 Gesammtsitzung vom 11. November.
Beschauet dort das Waldrevier, 35
Den Wandel auf der Brücke hier...
Doch wollt’ er lieber Schläg empfangen
Als nicht zum Herzog hingelangen ...
Bis sie der bittre Tod geschieden,
Der manche Liebe trennt hienieden. 40
Zu Chiesrebork, als früh am Tag
Der Herzog einsmals betend lag,
Da sah ihn Bernard, trat heran,
Demüthiglich er so begann:
Mein Herr! ich liebt’ euch treu und bieder 45
Und ihr habt mich geehret hinwieder,
Drum wollt mir eine Bitt’ erfüllen
Aus Christenlieb” um Gottes Willen.
Der Herzog sprach: es sey gewährt!
Nun Bruder, sagt, was ihr begehrt? 50
Herr, sprach Bernard und weinte sehr,
Ich will Euch sagen meinen Begehr.
An dieser Stelle, wo ihr betet,
Zu Gott so oft mit Inbrunst tretet,
Bestattet mich in kühler Erde; 55
Am dritten Tag ich sterben werde:
Denn werd’ ich dort zu liegen kommen,
Es dürfte meiner Seele frommen.
Der Herzog sprach nun: Freund! es seie!
Am dritten Tage starb der Treue, 60
Den Leib begrub man an der Statt,
Die er vom Herrn erbeten hatt’.
In seinem Aufsatz (Schriften 4, 368) bemerkt Uhland über die von
Vater zu Sohn fortschreitenden, eigenthümlich finstern nationalen: Kun-
den der Normandie: » Was ich davon kenne, sind einige Sagen von den
Roberten und Richarden im Anfange normännischer Chroniken, beson-
35 das aus den 37.38 auf der Rückseite u., entsprechend v. 2097,f. des Ori-
ginals. Nach einem Spatium 39. 40: v. 2105f.; dies auch auf der sonst leeren Rücks. h?
(Liebe unter $reunde) 41 Ch. wunleserlich, nach dem Original, s. die Lesarten Andresens.
unter 42 Recht (?) abgebrochen und Spatium. 47 Dr. über br 48 Aus nach
Um Gott Chr. nach Mild 5o s. nach fprecht 54 so — Inbr. unter mit
beiffem Sleben Spatium 57 Denn vor Und würd’? 58 aus Es wäre m.
Seel’ [richt corrigirt| zu Fr. 59 H. — nun über Graf verfetzte
E. Scauipr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 967
ders der vortrefflichen Reimehronik von Wace«, und gedenkt nach
einem Hinweis auf seine beiden im Almanach veröffentlichten Nach-
diehtungen »Graf Richard Ohnefurcht« zweier verstümmelter Volks-
bücher, die noch in Paris feilgeboten würden: D’histoire de Richard Sans-
Peur, duc de Normandie, fils unique de Robert le Diable, lequel par sa
grande generosite fut Roi d’Angleterre (Troyes, 27 S.) und La terrible
et epouvantable vie de Robert le Diable ...(Limoges 28 S.). In der
Sagengeschichte verweilt Uhland auch bei diesen Denkmälern (7,655 ff.
vgl. S, 180 ff.) und betont, dass die Kunden von Richard und Robert
nicht bloss äusserlich, genealogisch, sondern auch innerlich durch den-
selben finstern, von nordischer Herkunft zeugenden Geist verbunden
seien. Er bedauerte schon bald nach der Heimkehr lebhaft', in Paris
das alte Gedicht Robert le Diable versäumt zu haben und statt dessen
auf das populäre Heftchen angewiesen zu sein, dem auch seine Nach-
erzählung im Colleg (7. 656-659) noch folgen muss: »Umriss des Ge-
dichts: Herzog Hubert von der Normandie und seine Gemahlin, die
Tochter des Herzogs von Burgund, sind lange kinderlos«
Zu den Notizen des Tagebuchs vom 27.— 29. September (» Erkau-
fung des Hüon und Robert le Diable. Gedanke, den Robert metrisch zu
bearbeiten. 29. Angefangene Bearbeitung des Robert«) gesellt sich nun
das kleine Tübinger Bruchstück:
Zu Rouen ward ein Kind geboren,
Der Welt zum Wunder auserkoren.
Des Kindes Vater, Herr Hubert,
War der Normannen Herzog werth,
Frau Ida hiess die Mutter gut,
Die Fürstin von Burgundenblut.
als Anfang eines Romanzencyclus. Uhland schreibt am 18. December
an Kerner (Justinus Kerners Briefwechsel mit seinen Freunden 1897 I,
148; mir liegt auch eine genaue Abschrift Hollands vor): » Angefangen
! An I. Bekker in dem bisher unvollständig gedruckten Brief, der wegen der
schliesslich erwähnten Abschrift aus den jils Aymon erst nach dem 23. Februar 1811
entworfen sein kann: »Was ich von eigentlich Epischem mitgebracht und was durch-
aus nur in Form der Übersetzung zu behandeln wäre, ist immer doch nichts Voll-
ständiges. Darum trachtete ich immer so sehr den Fierabras oder irgend ein andres
Gedicht aus diesem Kreise, das für die Abschrift nicht zu gross gewesen wäre, zu
finden. Sehr ärgert mich, dass ich nicht auf das normännische Gedicht von Robert
le Diable, das auch in Volksromans-Prosa aufgelöst in Paris feilgeboten wird, früher
aufmerksam wurde. Aus einer in Roqueforts Glossaire ausgehobenen Stelle [vgl. Schrif-
ten 7,655; 4,369 mit Hollands Anmerkung] sehe ich, dass es in epischem Sylben-
maasse verfasst ist. Ich will es dir doch näher bezeichnen: Diet de Robert le Diable,
Mss. fonds de l’Eglise de Paris, Nr. 21°«. Excerpte liegen im Nachlass. Vgl. auch an
Keller ır. Jan. 1835.
I68 Gesammtsitzung vom 11. November.
hab’ ich die Bearbeitung (im Balladenton) eines nordfranzösischen Volks-
romans: La terrible et epouvantable vie de Robert le Diable. Die Fabel ist
treflich und originell, überhaupt haben die nordfranzösischen Dich-
tungen einen eignen finstern Charakter; in Teutschland sind mehr nur
die südfranzösischen Volksromane bekannt, als Magelone, Melusine pp.,
die von einem viel mildern Geiste beseelt sind als jene normännische
Sage, in denen noch die ursprüngliche wilde Grösse [er hatte erst ge-
schrieben »ursprüngliche Wildheit«] und Schauer des Nordens athmen.
Der Teufel hat viel darin zu thun, wodurch sie sich dir sehr empfehlen
würden.« Während also F. Schlegel an jener Stelle der »Europa«, wie
schon Jean Paul in der » Vorschule der Aesthetik«, romanische Helle
und germanisches Dunkel schieden, betont Uhland hier und sonst inner-
halb des Französischen den »finstern« Geist der Normandie'!. Schliess-
lich hat er den Stoff seinem schnellfertigen Freunde Gustav Schwab
überlassen, der 1820 zwölf »Romanzen von Robert dem Teufel. Nach
einer altfranzösischen Sage« mit einem hölzernen Widmungsgedicht an
Uhland ausstattete (Reclam S. 4958).
Nach dem Gesetz des Wechsels sollte die nächste Gruppe der
Sammlung ein heiteres Gesicht zeigen und, abgesehen von der zu vag
bezeichneten Nummer IV 3 »Wilhelm von England«°, in den bunten
Reigen der Fabliaux führen. Uhland kannte Le Grands Fabliaux et
! Sein Halbdrama »Normännischer Brauch« (15. Juni 1814 — 15. Februar 1815)
verräth leider gar nichts von diesem landschaftlichen Charakter. Es könnte beinahe
von Fouque& herrühren, dem es denn auch zugeeignet ist. Vielleicht steht der Anfang
mit der unten zu berührenden Absicht in Zusammenhang, Romanzen vom vair palefroy
durch ein Widmungsgedicht an Fouque einzuleiten. Die Worte Richards:
Es ist ein Brauch in unsrer Normandie:
Wer einen Gast an seinem Herd empfieng,
Verlangt von ihm ein Mährchen oder Lied
Und giebt sofort ein gleiches ihm zurück.
Ich halt’ in meinen alten Tagen noch
Die edeln Sagen und Gesänge werth,
Darum erlass’ ich dir die Fordrung nicht.
gehen bekanntlich auf altfranzösische Verse zurück, die Uhland 4,295 f. aus Li diz dou
soucretain citirt nach Meon Nouveau Recueil de Fabliaux et Contes (1823). Die ersten
fünf im »Normännischen Brauch« nachgeahmten sind schon in der Vorrede Barbazan-
Meons 3, IX angeführt (vgl. Le Grand 4, 252, 261). Für unsre Untersuchung sind auch
die folgenden Zeilen Balders erwähnenswerth:
Ein Mährchen ist oft süss wie ÜUyperwein,
Wie Früchte duftig und wie Vögel bunt,
Und manch ein alterthümlich Heldenlied
Ertönt wie Schwertgeklirr und Schildesklang.
® Zur beabsichtigten Ausgabe des Urtextes (Schriften 4, 349) kam Uhland nicht.
Holland verweist auf Michels Druck (Ohroniques anglonormandes, 111, 39 fi. Rouen 1840)
und erwähnt, dass Kellers Nacherzählung in den »Altfranzösischen Sagen« 1839 1, 188 ff.
auf Uhlands Abschrift beruhe.
E. Schnur: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 969
contes (in 5 Bänden 1781 wiederholt) und benutzte sie auch späterhin',
theilte aber nicht die Scheu dieses Paraphrasten vor Barbazans intrepi-
dite, solehe dem Verständnis und den guten Sitten trotzende alte Ge-
dichte mit Haut und Haaren wieder auszuschicken, sondern ergetzte
sieh an der neuen Ausgabe des Barbazan von Meon: Fabliaux et Contes
1808 (vier Bände).
IV ı »Das bunte Pferd« ist der schöne Lai du vair palefroi (Bar-
bazan-M£on 1, 164; 1342 Verse); &s genügt, mit einem Wort auf Wil-
helm Hertz, Spielmannsbuch S. 163 zu verweisen. Immer wieder, bis
zu dem unglücklichen Gedanken einer dramatischen Bearbeitung im
Februar 1817, hat Uhland, wie wir noch sehen werden, diesen Gegen-
stand ergriffen, aber keine Zeile seiner mannigfachen Versuche hinter-
lassen. Im Pariser Tagebuch fehlt zufällig jede Erwähnung. Die
Barbazan-Meonsche Sammlung scheint er am 3. November zuerst in
die Hand genommen zu haben. Dass er so hervorragende Stücke wie
Du chevalier au barizel (1,208, unmittelbar nach dem »bunten Zelter«,
von Hertz meisterlich bearbeitet) übersehen hat, ist um so auffälliger,
als ihm »Der Ritter mit dem Fässlein« auch handschriftlich begegnete
(s. Michel, Roman de la Violette S.LV). Oder Barbazan -Meon 1,84 Du
Chevalier, qui voit la Messe, et Notre- Dame estoit pour lu au tournoiement
— wie genial hat Gottfried Keller diesen und ähnliche Vorwürfe gestaltet!
IV 2 »Der Schatten und der Ring«. Eine Abschrift Li lais de
lombre et de laniel in Uhlands Nachlass stammt, wie mich Michels Ein-
leitung zum Roman de la Violette S.LVU zunächst belehrte, aus der
grossen Pariser Sammelhandschrift Nr. 7595, der Uhland noch zwei
Stücke entnommen hat. Das partienweise recht schleppende Gedicht,
mehr als 950 Verse, schon von Le Grand 1,194 kurz nacherzählt, ist
seither von Michel in den Lais inedits des XII“ et XIII? siecles 1836
S. 39-81 und neuerdings von Bedier im Index lectionum Friburg. 1390
abgedruckt worden. Ob es unter Uhlands kürzender und verdichtender
Hand an Reiz sehr gewonnen hätte, steht dahin. Ein Ritter nimmt der
geliebten Dame nach vergeblichem Flehen um einen von ihr getragenen
Gegenstand ihren Ring und vertauscht ihn mit dem seinigen, als die
Schöne den Raub wiederfordert. Sie merkt den Trug und lässt den
Ritter verfolgen. Endlich findet sie ihn am Ufer; er aber wirft den von
ihr zurückgegebenen Ring ins Wasser: seinen Ring, den sie zu tragen
sich weigere, solle hinnehmen, was er nächst ihr am meisten liebe, ihr
Spiegelbild! Mit dieser galanten List (li dons que vous avez fait A mon
ombre en l’onor de moi) gewinnt er die Dame.
! Tagebuch 6. Dee. 1811 »Im Legrand die herrliche Stelle vom noble bachelier
gelesen« — er meint gewiss den Versprolog in der Anmerkung 1, 161-163 (Qui est li
gentis Bachelers, allerdings eine stürmisch fortreissende Schilderung jugendlicher Tapferkeit.
970 Gesammtsitzung vom 11. November.
IV 4 »Der verkaufte Schatten«. Tagebuch 16. Juni 1810 » Auf
der Bibliothek. Abschrift des Märchens vom verkauften Schatten«. Die
Notiz erregte schon im Hinblick auf Chamisso meine Aufmerksamkeit,
aber ich konnte ihr nicht beikommen, bis Wilhelm Hertz das Räthsel
löste. Eine altfranzösische Prosa-Erzählung vom verkauften Schatten
findet sich im Livre de Cassiodorus empereur de Constantinople, aus dem
Ms. du roi Nr. 4096 abgedruckt in A. Kellers Einleitung zu seiner Aus-
gabe des Roman des sept sages Tübingen 1836 S.LXXIL ff. Da in
Uhlands Nachlass die Abschrift fehlt, ist es möglich, dass er sie Keller,
der aber auch während seines Pariser Aufenthaltes diesen Fund selb-
ständig gemacht haben kann, überlassen hat. Kein Schlemihlmärchen:
es handelt sich nicht um den Schatten selbst, sondern um das Stück
Erde, auf dem er liegt. Der schlaue jüngere Königssohn lässt sich
gegen einen goldenen Apfel vom arglosen Bruder, dem Thronerben,
dessen Schatten schenken, beansprucht dann nach des Vaters Tod jedes
Stück Erde, auf das des Bruders Schatten fällt, und verdrängt ihn so
allmählich ganz aus dem Lande, dass er vor Kummer im Elend stirbt.
So steckt das listige Märchen und mit ihm die vierte Gruppe, die ganz
wohl mit einem ungebundenen Stück abschliessen konnte, zuletzt doch
ernstere, ja peinliche Mienen auf.
V »Legenden«. Vom Kloster auf dem Mont St. Michel (M. Raoul,
Histoire pittoresque du M. St. M. ı834) las Uhland im Roman de Rou (An-
dresen 2,57: Pluquet 1, 296); er besprieht die Sage in den Anmerkungen
zu den Volksliedern 4. 318, um auch hier sogleich die Legende von der
schwangern Frau heranzuziehen und (S. 319) aus seiner Abschrift des
selbständigen Originals Chi commence d’une grosse feme wenigstens ein
Stück mitzutheilen; alle 96 Verse gab erst Eichholtz, Quellenstudien zu
Uhlands Balladen S.29. Sie haben auf Uhland sogleich einen tiefen
Eindruck gemacht, denn ungewöhnlich beredt meldet das Tagebuch am
22.October » Bibliothek. Legenden: von der normännischen Kirche des
h. Michael am Meere, welche des Tags zweimal durch die Flut unzu-
gänglich war, wo eine schwangere Frau, welche, da sie nicht schnell
gehen konnte, von der Flut übereilt wurde, den Erzengel anrief, wel-
cher sie vor der Flut schützte, so dass sie mitten in derselben gebar
und den betenden Pilgerinnen, welche sie schon verloren gegeben, ihr
Kind zubrachte« — 2.März ı8ı1 »Grossentheils Übersetzung der Le-
gende von der schwangeren Frau«. Also ist im Register kein fertiges
Werk oder ein Entwurf, sondern nur ein Plan wie in andern Fällen
gemeint, und Uhland mag noch mehr Legenden, besonders die durch
Gottfried Keller nach abweichender Überlieferung so wundervoll erneute,
wie die heilige Jungfrau die Stelle einer zu langem freiem Liebesgenuss
entlaufenen Nonne vertritt. für seine »Sammlung« bedacht haben. Er
E. Scuump’r: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 971
notirt den Stoff an demselben 22. October und kommt mehrmals auf
diese Marienlegende (vgl. Schriften 2, 48) zurück. — Die »Legende« in
seinen Gedichten ist gleich den beiden vorausgehenden Stücken »Graf
Richard Ohnefurcht«, die manchen Ballast über Bord werfen und etwa
durch glückliche Verkürzung der Engels- wie der Teufelsrede 160 Verse
Wace’s um ein Viertel schmälern, besonders lehrreich für das Fouque
gegenüber vertretene Prineip, das entstellende Gewand abzustreifen sei
die rechte Treue. Hier schaltet er am freiesten, nicht bloss zusammen-
ziehend, sondern die Motive anders gruppirend, so dass die fromme
Vorlage künstlerisch verjüngt und doch nicht geschminkt wird.
VI. »Satyrische Stücke«. 1. Die Prosa Chi commenche li Riote
del monde (Abschrift im Nachlass) gewann Uhland aus demselben Codex
wie den Lai vom Spiegelbild (s. Michel, Roman de la Violette S. LIX);
Michel hat dieses lange, sehr flotte und witzige, dabei nirgend in die
Flegelei Markolfs oder Eulenspiegels fallende Gespräch zwischen dem
König und einem klugen vilain über das Gerede und den Hader der
Welt 1834 sammt dem Fabliau vom Jongleur d’Ely herausgegeben (La
riote du monde).
2.»Verschiedene Empfindungen« weiss ich nicht zu erklären.
Ist der Titel ursprünglich oder dem vierstimmigen Goethischen Liebes-
spiel nachgebildet, das aus den » Ungleichen Hausgenossen « in die Lyrik
überging: » Verschiedene Empfindungen an Einem Platze« (1, 39)?
Überschlagen wir die Daten, so darf für das Register zu dem ter-
minus a quo (21. Oetober) als terminus ad quem der 17. November ver-
muthet werden, seit dem das kerlingische Sagenreich vor Uhland auf-
tauchte. Von diesem dem Nachdichter, Forscher und Neuschöpfer gleich
werthen Kreise sagt unsere Liste gar nichts, aber sie schweigt auch —
und ich möchte deshalb kaum über den 6. November hinausgehen —
trotz der Berücksichtigung grosser Werke ganz von »Flos und Blank-
flos«, das er an jenem Tage zuerst kennen lernte und in der zweiten
Hälfte des Monats copirte, noch 1512 gewillt, »die auch in Beziehung
auf die altdeutsche Poesie merkwürdige, wahrhaft blühende Erzählung«
drucken zu lassen (Schriften 4. 349). Doch erst 1844 trat Bekkers Aus-
gabe »Flore und Blancetlor, altfranzösischer Roman, nach der uhlandi-
schen Abschrift der Pariser Handschrift Nr. 6987 « ans Licht, nachdem
das alte Heft auch Hoffmann von Fallersleben und Haupt vorgelegen
hatte.
Zwei verwandte Namen mögen uns weiter führen zu den Stücken,
die im Register fehlen. aber noch in Paris der Sammlung einverleibt
werden sollten. Uhlands schöne Inhaltsangabe der »altfranzösischen
Erzählung von Florance und Blancheflor« (Schriften 3. 412) be-
972 Gesammtsitzung vom 11. November.
ruht auf dem Fabliau bei Barbazan-M&on 4, 355: Ci commence de Florance
et de Blanche Flor, alias, Jugement d’amour (schon 1754 von Caylus her-
vorgezogen und in Le Grands Auszügen 1, 254 mit zwei ähnlichen
Geschichten verbunden). Den Anfang” bietet lückenhaft ein Tübin-
ger Blatt:
[e) » .. .
An einem Frühlingsmorgen wallten
Zwei Jungfraun, liebliche Gestalten,
Um ihrer Maienlust zu warten,
In einem wonniglichen Garten.
Sie waren beide hochgemuth, 5
An Sehönheit gleich und edlem Blut,
Mit gleichen Mänteln angethan,
Die von zwei Feen sie empfahn.
Sie sind aus Wolle nicht gewoben
Noch andrem Irdischen und groben: 10
Aus Irisblüth’ die Zettellagen,
Mit Maienrosen eingetragen;
Von zarter Liebe sind die Säume,
Zum Futter dienen Morgenträume,
Auch alles wohl genäht und fein 15
Mit dem -Gesang der Vögelein.
Da lag ein Thal, da wand ein Bach
Durch die Gebüsche sich gemach,
Der ihr Gesicht zu schauen bot,
Von Liebe wechselnd bleich und roth ... zo
Wir müssen nur zu wohl uns hüten,
Dass nie wir zu Spott uns bieten.
So lang der Baum das Laub behält,
Ist er gesucht von aller Welt,
Doch wenn die Blätter abgefallen,
D
oı
Wird er gering geschätzt von Allen.
In langen, uns nach dem zauberhaften Eingang etwas trocken an-
muthenden Reden streiten die Schönen, ob der Clere oder der Ritter
ı Frühlings (g mit Schnörkel) über Sommer 2 J.nach Mad 3. 4 umgeziffert
4 aus einen w. über biumenreicben, dies nach Garten wonniglich 7 gl. getilgt und
wiederhergestellt ang. nach die v|on] 8 Die vor So die 9 aus Er war aus W.
n.g., dies erst geändert in Aus W. sind sie 10 Ird. undeutlich,, die Stelle ist frei be-
handelt 13 V.z. [ödZ] L. s. [nach ringsum? rings über waren dann] die [darüber
zarten] S- 14 aus dienten holde Träume nach 16 Spatium ı7 da nach mit
einem w. über floß 21.22 unten nach grösserem Spatium , 23—26 0.r.; im Original
v. 49—54 21 aus Wir haben uns gar wohl-zu [aus Versehen nicht in uns corrigirt) h.
22 niemals? 24 ges. v. über beliebt bei
E. Scauipr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 973
den Vorzug als Geliebter verdiene, und beschliessen, diesen Contlietus,
ein wohlbekanntes wandelreiches Thema, am Hofe des Diex d’amors
zum Austrag zu bringen. Sie reiten auf prächtigen weissen Zeltern
hin, entrichten dem jungen Pförtner den Sold eines Kusses und tragen
dem Gott oder König, der sich vom Pfühl erhebt, ihren Handel vor.
Er beruft eine Cort von Vögeln: Nachtigall und Papagei, von den
Damen gewappnet, führen als ihre Streiter einen im Fabliau allerliebst
beschriebenen heftigen Kampf; des Ritters Anwalt, der Sittich, muss
die Waffen strecken; Florance nimmt das allzu tragisch und erliegt so-
gleich dieser Demüthigung; man bestattet sie feierlich und widmet ihr
die Grabschrift Iei est Florance enfoie, (Qui au Chevalier fu amie.
Da sich unter Uhlands Copien auch das Gedicht Dou capiel a
VII flours (aus der schon mehrmals erwähnten Sammelhandschrift,
s. Michel, Roman de la Violette S.LVII) findet, mag angenommen werden,
dass dem Liebesstreit jener blumigen Jungfrauen die holde Symbolik
folgen sollte, wie einem Mädchen ein Schapel aus sieben bedeutungs-
vollen Blumen, der unsehuldigen Lilie, dem demüthigen Veilchen u. s. w.
dargebracht wird.
Er wandte diesen Gärten den Rücken und wollte gewiss mehr
als einen unreifen Plan oder Entwurf, den die frühere Liste verzeichnet,
wieder abstossen, nachdem die heroische Welt Karls des Grossen aus
alten Mären in den Vordergrund seiner Betrachtung gerückt war. Wir
wissen, dass am 7. December der Girard de Viane die Feder des
unermüdlichen Abschreibers zu beschäftigen begann. Lange Stücke
dieses Urtextes theilte Bekker 1829 im »Fierabras« mit »nach Herrn
Uhlands Abschrift aus cod. Reg. 7535« (vgl. J. Grimm an Lassberg,
Germania 13, 372: »höchlich interessant«). Der »urtheilsfähigste Ken-
ner« nordfranzösischer Epik aber hatte schon am 27. Februar ı811,
den Reim mit der Assonanz vertauschend, fünf Tiraden von Roland
und Aude übersetzt, die man in den »Gediehten« wiederfindet, und
von Ende Mai bis gegen Ende November desselben Jahres 36 Tiraden
der Belagerung von Viane als Anhang zu dem Aufsatz über das alt-
französische Epos ausgearbeitet, auf herbe Strenge bedacht und gern
vergleichsweis altdeutschen Heldensang herbeirufend, wie sein Nor-
manne Taillefer deutlich an den vüidel@ere Volker erinnert. Dankbar
rühmt Jacob Grimm »Uhlands altfranzösische Übersetzungen mit recht
guten Parallelen aus den Nibelungen« (an Wilhelm ırr. Januar 1814,
Jugendbriefe S.216). Und Wilhelm vergass der »schönen Abhandlung«
Uhlands nicht, als man endlich durch Michel 1837 die ganze Chanson
de Roland empfing und nun der begeisterte Vermittler der altdänischen
Heldenlieder, dem Uhland als Germanist am verwandtesten erscheint,
sich noch einmal zur Nachdichtung angeregt fühlte, so wie Uhlands
974 Gesammtsitzung vom 11. November.
eigene letzte Übersetzerthätigkeit auf altfranzösischem Gebiet Abschnitten
des Rolandsliedes gewidmet ist, wenn auch nur für seine Sagen-
geschichte (Schriften 7, 648 ff.).
»Roland und Alda« vor allem hat er im Sinn, wenn er an Kerner,
der schon länger um altfranzösische Beiträge, auch ungebundene, ge-
beten hatte (Briefwechsel 1, 145), am 4. Januar ıSı1 schreibt (1, 169):
»Da es noch lange anstehen dürfte, bis ich meinen ganzen Vorrath
altfranzösischer Dichtungen verarbeitet habe, so wäre es mir sehr er-
wünscht, vor der Hand einiges in deinem Almanach niederlegen zu
können. Ein sehr schönes Stück aus einem grösseren Heldengedichte
gehört zu dem, was ich dir zugedacht, ich konnte es aber aus Mangel
gewisser Hilfsmittel bis jetzt nicht vollständig übersetzen. «
Der »Poetische Almanach für das Jahr 1812« brachte hinten
(S. 230 ff.) die Gruppe »Altfranzösische Gedichte« (Die Königstochter.
Graf Richard. Legende. Roland und Aude) mit Ludwig Uhlands vollem
Namen, während die dem Roman de Rou frei abgewonnene »Jagd von
Winchester« unter Volkers Flagge ausging (S. 61) und zwei spanische
Legenden (Casilde S.ı4. Ildefons S.63 aus Lopes Rey Bamba I, ı) die
Chiffre —d trugen. Dann spottete Bekker des »vielnamigen« Freundes
und gestand offen, die Aussicht auf den altfranzösischen Decamerone
sei ihm unendlich erfreulicher als all die im Almanach dem rollenden
Jahre preisgegebenen Lieder, Balladen und Sonette (Mayer 1,215).
Nur eine kleine Abschlagszahlung hatte Uhland geben wollen, um in
Ruhe das umfassende Werk auszurüsten, das vielleicht auch spanischen
Diehtungen sich öffnen sollte (an Kerner 1, 148: 18. Dec. 1810); doch
war das ein flüchtiger Einfall, und ich lege der Einheitlichkeit wegen
die theils schon bekannten, theils neuentdeckten Übersetzungen spa-
nischer Herkunft für unsere Ausgabe der »Gedichte« zurück. Eine
grössere Sammlung sei nöthig, erklärt Uhland in dem zuletzt ange-
führten Briefe, »da diese Dinge eigentlich nur in Masse wirken, wie
man bei den teutschen Volksliedern gesehen: herbeigeschafft hab’ ich
Mehreres, ausgearbeitet nur Weniges, was vielleicht besser nach meiner
Zurückkunft geschieht«. Und weiter erfahren wir, schon sei die Vor-
rede fertig, die sein künftiges Buch als Frucht und Erinnerung der
Reise bezeichnen solle, nämlich das am 13. October mitten im abend-
lichen Gewühl des Palais royal aufgefasste Gedicht »Graf Eberhards
Weissdorn«. Eine schöne Symbolik: wie das morgenländische Reis
im Wirtemberger Land zum hoch und breit gewölbten Baum erwächst,
so will Uhland in Schwaben die Triebe aus dem altfranzösichen Dichter-
wald hegen: Und als er war daheim,
Er’s in die Erde steckt,
Wo bald manch neuen Keim
Der milde Frühling weckt.
E. Scan: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 975
Das ist denn auch geschehen, obgleich der volle Schuss und das
rechte Wachsthum ausblieb, wofür uns Roland Schildträger, König
Karls Meerfahrt, Taillefer, Sängerliebe und mehr trösten mag.
3.
Am ı.Juni ıSıı fühlt sich Uhland durch Meons Fabliaux aus
langer Niedergeschlagenheit erweckt, wie ihn um dieselbe Zeit Per-
raults Belle au bois dormant ganz plötzlich zum »Märchen« aufrief, und
er fasst den neuen »Plan an die Erzählung Du vair Palefroy die
übrigen anzuknüpfen; Auffassung der Idee des Wunderpferdes«. Aber
erst am 15. November 1814 beginnt er eine Nachdichtung des » bunten
Zelters« in Balladen und schreibt während der bis zum 17. fortgesetz-
ten Arbeit sogleich eine Zueignung an Fouque, den lieben Gönner,
der an alten Weisen eine ebenso lebhafte wie verständnislose Freude
hatte und gern Mythen über seinen französischen Uradel spann. Von
solchen Ansätzen ist nichts erhalten; auch der Eintrag noch vom
22. Februar 1817 »Idee zu einer dramatischen Bearbeitung der Er-
zählung vom bunten Pferde« erlaubt keine Prüfung dieses sehr un-
glücklichen und gewiss rasch verworfenen Einfalls. Während am
2. August die Notiz » Übersetzung der Stelle aus dem Lancelot« keinen
dichterischen, sondern einen wissenschaftlichen Beitrag betrifft', führt
uns der 4. Juni zur wahren Nachblüthe.
Tagebuch 4. Juni ı8Sır »Aucassin und Nicolette etc. gelesen.
Idee für Veränderung des Schlusses dieser Erzählung«...; 19. Juni
»Von A. u. N. einen Theil übersetzt«; 9. Mai 1812 » Angefangene Bear-
beitung von A. u. N.« Er fand diese liebliche aus Prosa und Versen
gemischte Cante-fable, die ihn schon der Form wegen interessirte und
die er in seinem Aufsatz neben »Flos und Blankflos« als »farbenhell
südlich« den normännischen Kunden gegenüberstellte (Schriften 4, 369),
! »Nachtrag zu den Commentarien über die Commedia dieina von Dante«, ge-
druckt in Rehfues’ »Süddeutschen Miscellen für Leben, Literatur und Kunst« Karls-
ruhe 1811 (25.Dee.) 1,413—415, wiederholt von Holland im Dante- Jahrbuch ı, ı 19 ff.
Uhland erläutert die berühmte Erzählung Francescas, indem er »die verführerische
Stelle des Ritterbuchs«, um die er schon 1807 Kölle gebeten, abkürzend übersetzt
aus dem von ihm in Paris excerpirten hsl. Prosaroman Lancelot du Lac. Übrigens
nimmt er für Dantes Zeit schon eine italienische Bearbeitung dieses Romans als vor-
handen an. W. Schlegel, nach dessen Verdeutschung Uhland die Verse des Inferno » Noi
leggevamo« citirt, fragt (Oeuvres 1, 206): En quelle langue Francesca lisait-elle l’histoire
de Lancelot? So alte italienische Übersetzungen von Ritterromanen habe es nicht ge-
geben, das Französische sei damals in Italien wenig gekannt worden, um so mehr
das Provencalische: I! est donc probable que le livre dont le charme seduchur devint sı
JFuneste aux deux amants, etait ecrit en cette lanque.
976 Gesammtsitzung vom 11. November.
bei Barbayan-Meon ı, 580 (est d’Aucasin et Nieolete. Schon von de
Ste-Palaye 1756 als Amours du bon vieux temps modernisirt und auch
durch Le Grand 3. 30 nach seiner Art aufgetischt, hat der kleine
Liebesroman bekanntlich mehrere Deutsche zur Bearbeitung angeregt,
Uhlands Pariser Bekannten Koreff, Platen als erfolglosen Dramatiker
(» Treue um Treue«), bis auch dies Werk in die rechten Hände kam
und Wilhelm Hertz 1865 seine dann im »Spielmannsbuch« erneuerte
Übersetzung herausgab. Uhlands Versuche haben keine Spur hinter-
lassen.
Kehren wir zum Tagebuch zurück: 4. Juni » Absicht, am folgen-
den Tage die Bearbeitung der Gedichte in Stanzen anzufangen«;
5. Juni »Anfang der gedachten Bearbeitung durch 6 Stanzen gemachte.
Nieht Ottaverime für Aucassin und Nicolette, sondern zu »den Ge-
dichten«, d. h. zu dem altfranzösischen Decamerone, der nun nach
manchem berühmten Muster des Morgen- und Abendlandes, nicht zu-
letzt des Boccaceio, eine Rahmenerzählung empfangen, mit Prolog,
Zwischenreden. Übergängen, Epilog ausgestattet werden sollte. Hier-
her gehört ohne jeden Zweifel, wenn es auch nur 5 Stanzen bietet
(deren eine aber doppelt und dreifach auf dem Papier steht), folgen-
des Tübinger Bruchstück; dahin zu ergänzen, dass die Hochzeits-
gesellschaft im verwilderten Garten statt der durch des Bräutigams
Alter ausgeschlossenen Ritterspiele die Kurzweil mannigfacher Erzäh-
lungen sucht.
Auf seinem alten stillen Waldeastelle
Gefiel dem Grafen Leon es zum besten,
Da lebt er in dem Umkreis seiner Wälle.
Von Feinden ungefährdet wie von Gästen.
Die schöne Tochter hielt er in der Zelle,
7
Die reichen Schätze wahrt’ er in den Kästen;
Doch einmal plötzlich in der Zeit der Rosen
Erscholl auf dieser Burg ein festlich Tosen.
Das holde Töchterlein, wer konnt es hoffen!
Sie trat hervor in bräutlich schmuckem Kranze: v0
Die alten 'T'hore standen wirthlich offen,
Und Gäste zogen ein mit reichem Glanze,
Die besten Sänger waren eingetroffen,
Gelage wechselten mit Spiel und Tanze.
ra. st. aus altergrauen ? 2 neben Seit vielen Jabren unbefubt [von] Gäften
(darunter Reimwort beften) 5 Die Toch schöne [gestr., wiederhergestellt| hielt |gestr.,
wiedergestellt über wabrt’| er in der [darüber ftillen] Z. 9 holde über Iböne 12 Und
über Die
|
E. Schaum: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 97
ıs Nur kühne Ritterübung liess man fahren,
Dieweil der Bräutigam schon grau von Haaren.
Sehon um zu sehn das unbekannte Haus,
Erschienen Manche bei der Hochzeit Feier,
Vom Dach zum Keller forschten sie es aus.
20 Umstreiften es auf Wällen und Gemäuer:
Zu jedem Fenster winkte wer heraus,
Vom höchsten Thurme wehten lichte Schleier.
Gar lieblich war die alte Burg zu schauen,
Bekränzt mit stolzen Rittern, schmucken Frauen.
Am Sehlosse war ein Wald mehr als ein Garten,
Er stund gerad’ in seinem wildsten Flor,
167
[971
Denn Niemand war berufen ihn zu warten,
Und Bäum’ und Blumen strebten frei empor
Zu grossem Leid der jungfräulichen Zarten,
30 Die alle Müh’ an solcher Kraft verlor.
Jasmin und Rosen hatten sich verschlungen.
Wo alle Vögel durcheinander sungen.
Einst nach dem Mahle stiegen Fraun und Herrn
In dieses Gartens kühle Dämmrung nieder;
3; Es lagert jedes sich im Grase gern,
Auch sind von Bänken Reste hin und wieder.
15 übung über fpiele 16 gr. — H. unter febr bei Jabren 17 aus Nur um
das unb. Schloss zu schauen sehen 19 Dom Dach zum Keller Sie forfhten es von
D. zu R. forschten sie es aus (so) 20 unter Sowie zieben [so] von allen Seiten zu
umgeben Umstr. aus Umgehen 21 w. w. über fab ein Gaft 22 wehten
Strauen weben (so), darüber lichte vor weiße (?) 23 l. nach feftlich 25 unter Dart
an dem Scloffe lag ein großer |üdZ] Garten Spatium Es war niemand beftellet fie zu
warten Und Baum’ und Blumen wuchfen wild beran Und ibr [dieser Anfang wie Belang
es schon vorher notirt| allein der jugendlichen Zarten Belang es nicht die wilde Kraft
zu zwingen Am — ein über Hart an dem Schloffe war ein großer 27 ihn] sie
28 str. nach wuchfen 33-40 neben der Skizze Stunde Man fette fib im
Schatten in die Kunde nieder Lieder Der andre fab in eine Blume nieder
Da rubten fie im [aus Sie r. in dem] dämmerigen Kaum Entfcehlummert [unter m
Schlummer] Mande, Alle dob im Traum Da ruhten sie mit Scherz und Rede
säumend Hinfchlummernd Manche Schon [unter Und] Manche schlummernd, Alle aber
[über lieblih] träumend 33 Male 34 aus In diese lieblich kühlen [richt aus-
gestrichen] Schatten n. Dämmrung undeutlich 35 Grase undeutlich 36 Auch
nach Doc 37 Das aus Der unter 38 So ruben fie im Sclatten?] Sie rubn im
Kreife [folgt üdZ der?] bober Schattenbäume Der abgebr., dann nach Spatium isolirte
ältere Skizze 35. 36. oc ftebn von der |? nach ftebn von |?] sind von] Bänfen Spuren
bin und wider [über in den Räumen?] Auch lagert jedes fi im Grafe gern Spatium
Der Andre blickt in einer Blume Stern s.o. Da ruben fie, umdämmert von den Bäumen
And Mancbe feblummern [eigentlich schlummernd], hie[blich?] Alte aber träumen.
OQO 4 ”
978 Gesammtsitzung vom 11. November.
Das Eine bliekt in einer Blume Stern,
Das Andre lauschet auf der Vögel Lieder.
So ruhn sie rings im Schatten alter Bäume,
Und manche schlummern, Alle aber träumen. 40
Schon am Nachmittag desselben 5. Juni entsagt Uhland der
schmuckreichen Stanzenform des Ariost, die er 1Sı4 und 1815 im
»Fortunat« nachbildet, und beschliesst, »die Bearbeitung in Hans
Sachsisehen Versen vorzunehmen, wodurch zugleich die normännischen
Kunden, die von Kloris [Clovis s. Gesta Francorum?, Claris s. Le
Grand 3, 75?] ete. hineingezogen und das Ganze getreuer würde. Er-
heiterung dadurch.« Dieser Plan bleibt liegen, denn erst am 15. No-
vember 1812, fünf Tage nach dem Taillefer, meldet das Tagebuch
»Neu aufgefasste Idee zum altfranzösischen Decameron, als
Mährcehenbuch des Königs von Frankreich. Nachmittags an-
gefangene Ausarbeitung«: und zwar wird die Einleitung nicht in Reim-
paaren, sondern in Blankversen begonnen. Der Garten des Grafen
Leon verwandelt sich in den von vornehmen Damen und tapfren Rit-
tern angefüllten Park eines namenlosen Königs, der märchenfroh ist
wie die Reine de Navarre.
Im holden Mai, zur Rosenblütezeit
Da hielt Frankreichs gewaltger König Hof
Auf einem Schloss, das ihm sein liebstes war.
Drei Tage hatten sie mit Ritterspiel,
Mit Festgelag und Fackeltanz verbracht,
Am vierten pflegte man der süssen Rast.
a
In einem weiten, lustigen Baumgarten
Da wandelte wol manche schöne Frau,
In einer Hand ein blühend Apfelreis,
Den edeln Buhlen an der andern. 10
Hier schlug ein Ritter minniglich die Harf’
Und von dem Baume lauschten Vögelein,
Dort las ein stiller Mönch in alten Schriften
Und Blütenblätter fielen ihm ins Buch.
Wie viele Kränze wurden da gewunden, 15
Wie manche Räthsel wurden aufgelöst!
Von Liebesblicken, Küssen sprech’ ich nicht.
39 aus Sie [über So] ruhn im 40 über Und ein unleserliches Wort getilgt.
4 aus hatte man 6 nach Rast Punect unter 7 Da fab man edle Ritter,
fcböne Sraun Luftwandeln oder in den Schatten rubn 8 wol über fo 13 aus D.|.
ein Mönch aus a. Schr. vor darunter Der Ritter und die Dame faßen borcbend
14 blätter wiederhergestellt unter kelcbe 16 aus aufgelöset
E. Scuumr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 979
Wer im Turniere ritterlich gesiegt,
Wie süssen goldnen Dank empfieng er nun!
20 Ja! wer verwundet, wer geworfen war,
Vermeint er nicht, er seye gar gestorben
Und ruhte hier im selgen Paradies!
Es stand ein Ring von alten, hohen Linden,
Sie warfen kühle Schatten auf das Gras,
25 Doch blieb der Luft, dem Lichte freies Spiel.
Der König lehnte dort am höchsten Stamm,
Und als der Mantel ihm vom Arme sank,
Da liess er selbst sich auf den Rasen nieder,
Und bald versammelt’ er im Ring umher
3o Die besten Ritter und die schönsten Fraun.
Der Brief an Fouque vom 19. November (Briefe 1848 S. 499; auch
im Concept erhalten) ergänzt diesen Prolog und rundet den gesammten
Plan: »Wenn es mir nicht an Zeit und Stimmung fehlte, würde ich eine
Reihe altfranzösischer Diehtungen, theils handschriftlicher, theils ge-
druckter, unter dem Titel: Mährehenbuch des Königs von Frankreich,
übersetzen und bearbeiten. Bei einem grossen Feste, das der König
von Frankreich veranstaltet, hat sich nach den Turnieren und andern
rauschenden Vergnügungen, die Gesellschaft in einen Baumgarten! ver-
fügt. Aus allen Provinzen Frankreichs haben sich Ritter und Damen,
Geistliche und Sänger versammelt. Der König bedenkt, wie er unter
seinem Scepter so verschiedene Volksstämme und eben damit ein buntes
Mährchenreich der mannigfaltigsten Nationalmythen vereinige. Um sich
diess zur lebendigen Anschauung zu bringen, fordert er die Anwesenden
auf, Mährchen zu erzählen, und zwar sollte Jeder eine seinem Stamme,
seiner Heimat eigenthümliche Kunde vortragen. So folgt nun eine Reihe
fränkischer, normännischer, bretagnischer, provenzalischer, gascognischer
u.a. Erzählungen und Romanzen, welche durch angemessene Gespräche
verbunden werden. Ein Caplan des Königs schreibt in der Folge Alles
zusammen in ein Buch nieder, das mit Bildern ausgeschmückt, in der
Schatzkammer zu Krone und Scepter niedergelegt und das Mährchen-
buch des Königs von Frankreich benannt wird«.
19 nun. nach itt bier 2I seye nur angedeutet sy 23 R. über Kreis
28 Der(?) über Da auf — R. über in die Blumen 29 aus U. b. versammelten
sich um ihn her 30 Auf der nächsten (4.) S. oben — Rest leer — wie fortgeschrieben,
doch kaum unmittelbar anzuschliessen
Ein zahmer Sittig [so] gauckelt
Und spielte mährchenhaft mit Menschenwort.
ı Vergl. zum Prolog Schr. 4, 362: Bertrans berufe sich »auf die Erzählungen
eines lustigen... Pilgers, der ihm zur lieblichen Maienzeit.. in einem blühenden Baum-
garten die Abenteuer Gerhards erzählte, welche der Pilger selbst unterwegs gehört hatte«.
Sitzungsberichte 1897. 89
980 Gesammtsitzung vom 11. November.
Für blosse Lieder ist hier schwerlich noch Raum, auch für Prosa-
stücke wie die Ziote du monde des alten Pariser Registers nicht, aber
Graf Richard Ohnefurcht, der Sacristan von St. Ouen, die Pilgerin von
St. Michel dürften ohne weiters in den königlichen Märchengarten ein-
gehen, Gestalten der bunteren Fabliaux ihnen folgen, und wie Paul
Heyse seine romanischen Studien den Troubadournovellen dienstbar ge-
macht hat, so würden hier die Dichter der Provence »Sängerliebe, tief
und schmerzlich.... aus den Tagen des Gesanges, aus der Zeit der Minne
schildern«. Dass die »Hans-Sachsische Form« nicht alle Stücke in ihre
Reimpaare schlagen, vielmehr der Unterschied der Landschaften sich
auch im Kleide der ihnen eigenen dichterischen und sagenhaften Über-
lieferungen offenbaren sollte, ist sicher.
Der Tübinger Sammelband gewährt uns wenigstens ein grosses
neues Bruchstück, das freilich bei näherem Zusehen theilweis als guter
Bekannter erscheint: Karl der Grosse und Kaiser Hug von Constanti-
nopel. Noch ohne Kenntnis des alten, gleich der späten Prosa » An-
dacht und derben Heldenscherz auf die wunderlichste Weise verweben-
den« Gedichtes von Charlemagne, das Michel erst 1836 ans Licht zog
(vgl. Koschwitz, Heilbronn 1879), hatte Uhland am 16. December 1810
»den Volksroman Galien Restaure auf dem Quai gefunden« und bald
(25. Dec.) die »vortreffliche Erzählung von Karl und seinen Pairs am
Hofe von Constantinopel« sich eingeprägt. Diese Histoire ... de Gallien
Restaured, fils du noble Olivier (seinen Jahrmarktsdruck von 1807) wür-
digte er in ihren Zusammenhängen mit lateinischer und französischer
Karlsdichtung (Schriften 4, 339. 331 = 2, 84=7,627) und gab, nach Er-
wähnung der alsbald von ihm geahnten, nunmehr gefundenen, doch
noch immer ungedruckten Epopöe, in der Sagengeschichte (7, 639-644)
einen langen Auszug, der sein gleich mitzutheilendes Reimwerk Punkt
für Punkt verfolgen lässt und den Fortgang genau skizzirt, so dass ich
bloss auf Uhlands eigene Interpretation hinzuweisen brauche (A. Keller,
Altfranzösische Sagen 1839. 1876). Das unverkennbar alterthümliche
Gepräge dieser seltsamen Mischung von Schwank und Legende mit ihren
lustigen Märchenmotiven, grotesken Aufschneidereien und naiven Him-
melswundern zog auch den Nachdichter an. Der 20. Juli ı8r1 brachte
ihm die »Idee, die Erzählung von Karl und den ı2 Pairs am Hofe zu
Konstantinopel dramatisch in Hans Sachsischer Manier zu bearbeiten,
auch überhaupt als Idee zu einem für mich tauglichen Genre«. Ich
theile durchaus Schönbachs lebhafte Freude an den Knittelversen der
» Weiber von Weinsberg« — die Geschichte von Karl und Hug jedoch
widerstrebt dem Schauspiel so sehr, dass Uhland fünfviertel Jahre später
lange Reihen der halbdramatischen Skizze (Keller S. 313) mit leichten
Änderungen in die für das »Märchenbuch« bestimmte epische Fassung
E. Senn’: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 981
aufnehmen konnte. Er hat am 16. November 1812, also einen Tag
nach der neuen Einleitung des ganzen Decamerone, »an dem Mähr-
chen von Karl und Hug gearbeitet«. Der Erzähler, als erster in der
Runde, hebt behaglich an und sagt ein launiges sinnreiches Wort über
das Nachleben des Herrschers in Geschichte und Sage.
Zunächst dem König sass ein edler Herr,
Graubärtig schon, doch frisch und wohlgemuth,
Der lehnte jetzt sich auf sein langes Schwerdt
Und hub geruhig so zu reden an:
5 Erlauchter König, hohe Herrn und Fraun!
Ihr wisst, ich stamm’ aus fränkischem Geschlecht
Und meiner Ahnen lange Reihe zieht
Bis zu dem Herzog Roland sich hinauf,
Der Kaiser Karls des Grossen Neffe war.
ıo Auch hat in meinem Hause manche Kunde
Von allen seinen Helden sich vererbt.
Der Kaiser Karl hat doppelte Geschichte:
Die eine steht auf gutem Pergament
Geschrieben in Latein, und diese soll
ıs So war und ächt wie Brief und Siegel seyn;
Die andre geht in alten Liedern um,
Ein Greuel zwar den Schriftgelehrten allen,
Doch singt mian sie beim Fest und in der Schlacht,
Und unter diesen alten Linden hier
2o Lässt wohl sich ein Capitel draus erzählen.
Zuvörderst aber künd’ ich allen Damen,
Die nur verblümter, feiner Witz ergötzt,
Nicht minder allen schöngelockten Junkern
Mit balsamirten Handschuhn, Schnabelschuhn:
2; Es ist ein derber, frommer Heldenschwank,
Wie man zu meinen Tagen ihn geliebt:
fo} >
Der Kaiser Carolus sprach einmal
Vor Herrn und Fraun im offnen Saal:
Mir dienen so viele Land und Reich’,
3 langes nach alte[s] 8 H. über Helden ıı allen nach nichtgestr. diesen
über Karin und 15 wahr nach treu w (? wie? Ansatz zu und?) unter 16 Man
fingt fie beim Gelag und in der Schlacht 17 aus E. [dar über Die ift| G. ist sie
allen Schr. ı8 aus Man singt sie beim Gelag und in d. Schl. sie nach gern
21 k. über fag’ 22 aus Die nur verblümte, zarte Rede lieben, dies erst geändert
Die nur verblümter, zarter R. hold 23 N. m. über Aucb fag ich 24 schuhn
nach ftiefeln foblen 25 d. über guter aus Heldenscherz
982 Gesammtsitzung vom 11. November.
Ich halt, mir ist kein König gleich. 30
Die Kaiserin stand zu seiner Seiten,
Sie sprach: Nein, Herr! lasst euch bedeuten:
Zu Constantinopel Kaiser Hug,
Der hat auch Land und Reiche genug,
Und hört’ ich Manchen, der ihn hält 35
Für den allermächtigsten in der Welt.
Der Kaiser sprach: ich hab’ vor Jahren
Gelobt zum heilgen Grab zu fahren,
Nun solls geschehn zu Gottes Ehre,
Und wenn ich dann nach Hause kehre, 40
So will ich sehn mit eignen Augen,
Was dieser Kaiser Hug mag taugen.
Der Kaiser nahm sich zwölf Begleiter,
Roland, Olivier und so weiter,
Die ritten und ritten in Gottes Namen, 45
Bis dass sie nach Jerusalem kamen.
Als sie zum Tempel sich verfügt,
Allwo der Herr begraben liegt,
So war die eherne Thür verschlossen,
Manch starker Riegel vorgestossen. 50
Da kniete der Kaiser an die Pforte
Und betet’ etlich leise Worte,
So sprangen plötzlich alle Riegel
Und flogen auf die hohen Flügel.
Im Chor der Kirche waren zu schauen 55
Zwölf Stühle, schön aus Holz gehauen;
Noch einer mitten vorm Altar,
Als welcher der dreizehnte war,
Darauf beim heilgen Mahle weiland
Gesessen unser Aller Heiland. 60
Es thäten auf den werthen Plätzen
Die Dreizehn gleich sich niedersetzen;
Der Kaiser, wie man leichtlich denkt,
Hat in den mitteln sich gesenkt.
32 Nein [undeutlich| — bed. nach einem trotz vereinter Mühe nicht zu entziffernden
Wort und ibr liebt [undeutlich, könnte auch sie liebte heissen] das Streiten 36 aller
üdZ 37 unter Und unfer Raifer fpracb: woblan! “Je babe längft ein Gelübd getban
unter 38 Denn icb von dannen wiederfebre Geb’ ich dem Kaifer Hug die Ebre Da will
ih febn mit eignen Augen 39 für Das will ich tbun dem Herrn zu Ebren 40 ich
über wir kehre sollte ursprünglich kehren bedeuten 43—96 fast gleich Keller,
Dramat. Nachlass S. 314 f. 49 So über Da 57 vorm über am
65
70
75
Te)
ao
in
90
95
100
vervierth.
E. Scnmiprr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«.
Nun kam gerade zu der Zeit
Der Patriarch mit grossem Geleit
Von seiner Priesterschaft gesammt,
Zu halten das hochheilig Amt.
Erschrocken stund die ganze Schaar,
Als sie der Dreizehn ward gewahr,
Die schweigend auf den Stühlen sassen,
Die Hände faltend gleichermassen ;
Und jeder hat ums Haupt einen Kranz
Als wie von lichtem Sonnenglanz.
Der Kaiser sich verneigend sagt:
Herr Patriarch, seyd unverzagt!
Ich heiss mich Kaiser Karln den Grossen
Und diess sind meine zwölf Genossen,
Wir kommen übers ferne Meer
Am Grab des Herrn zu beten her;
Auch bitt’ ich Euch beim ewgen Heil,
Ihr wollet mir ein billig Theil
Der heiligen Reliquien schenken,
Die ich gesehn in diesen Schränken,
Als da sind: Jesu Dornenkron,
Der Arm des heilgen Simeon,
Die Nägel von dem Kreutzesstamm,
Die Schüssel von dem Österlamm.
Der Patriarch antwortet gleich:
Von Herzen gerne geb’ ichs Euch.
Zwar liess ich Niemand sie auf Erden
Und sollt’ ich drum geviertheilt werden,
Doch weiss es ja die ganze Welt:
Ihr seyd ein so gewaltger Held;
Wollt’ ich nieht gütlich mich bequemen,
Ihr würdet mit Gewalt sie nehmen.
Es wäre warlich viel zu sagen,
Was sich für Wunder zugetragen,
Als Karl und seine zwölf Begleiter
Mit den Reliquien zogen weiter:
Sie brauchten niemals Schiff noch Brücke,
Die Flüsse traten sogleich zurücke;
73 aus Und jedem gieng 77 heiss wiederhergestellt unter fchreib
983
92
aus
96 w. über möchtet 102 sogl. nach gleich unter 102 Dur der
beilgen Kl[einode?] abgebr.
984 Gesammtsitzung vom 11. November.
Die Buckligen lernten aufrecht gehen
Und die Schielenden lernten geradaus sehen,
Auch sind die Türkischen Räuberhorden., 105
Die gekommen zu plündern und zu morden,
Alsbald in Stein verwandelt worden.
Doch sprach Herr Roland misgemuth:
Ich wollt‘, sie blieben noch Fleisch und Blut:
Hieb’ ich die Steine hier zu Scherben, 110
Würd’ nur mein gutes Scehwerdt verderben!
So reisten die Herren lange Zeit,
Sie wussten selbst nicht wie lang und weit,
Und keiner wusst’ in der ganzen Schaar,
Ob es Sonntag oder Montag war. 115
Endlich auf einem weiten Feld
ürschien ein reiches, buntes Zelt
Mit einem grossen Knopf von Edelstein,
Der gab so wunderhellen Schein,
Der leuchtete schon aus weiter Fern 120
Als wie der liebe Morgenstern.
Sie glaubten, ein Herr von grosser Macht
Halt Lager hier mit solcher Pracht,
Oder dass wohl schöne Damen
Allhier sich zu verlustigen kamen. 12
in
Herr Roland hat sich kurz bedacht,
Er stiess ins Horn mit solcher Macht.
Dass er beinahe über den Rasen
Gezelt und Alles weggeblasen.
Ein Herrlein kam herausgeflogen, 130
Mit Purpur und Seiden angezogen,
Liess sich vom Kaiser nicht lange bitten
Und sprach also mit höflichen Sitten:
Der Kaiser Hug ist mein Gebieter
Und ich sein erster Hofschweinhüter. 135
Zehntausend Schweinlein, alle gleich,
Wie Turteltäublein weiss und weich,
Lenk’ ich mit meinem goldnen Stab
Auf diesem Anger auf und ab;
103 aus aufwärts 108 aus ungemuth 109 bl. über wären ııı W.nach
Ib 116 unter Da famen fie auf ein we abgebr. Keller S. 316 132. 132 auRs
über Und tbät auf Kaifer Karls Befragen Gar böflih feinen Stand anfagen neben
Den tbät Herr Rarl mit guten Sitten Um feinen Stand und Wamen bitten 134 Keller
S8814 136. 137 lein über chen 135 unter Die dort den Anger ziebn binab
E. Scumipr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 985
ı9o Mit dieser hellen silbern Flöt’
Erweck ich sie zur Morgenröth’.
Diess Zelt von Seiden aufgespannt
Bewahrt mich vor der Sonne Brand.
Herr Kaiser Hug kommt jeden Abend,
145 Sich an der Schweinlein Anblick labend;
Mit eignen Händen er sie wägt,
Ob sie gewachsen und zugelegt.
Das dünkt den Helden seltsamer Art,
Und Herzog Naims sprach in den Bart:
ıso Bei uns in Baiern gibts auch Schwein,
Man hält sie aber ganz gemein.
Der Schweinhirt sprach: ihr scheint zu staunen,
Was würdet ihr erst ins Ohr Euch raunen,
Wenn ihr sähet des Kuhhirts Zelt,
ıs; Der hinter dem Hügel Lager hält!
Dieser allerliebst vorgetragene Schwank, der an der Spitze des
altfranzösischen Märchenbuches die Zuhörer erheitern sollte, ist zugleich
der letzte auf uns gekommene Rest. Andre Zeiten, andre Lieder. Schon
im März 1812 bekennt Uhland mit männlicher Offenheit dem spanisch
luxurirenden und zuchtlos faselnden Wort- und Bilderschwall eines Isi-
dorus Orientalis gegenüber seine tiefe Neigung zum strengen alten Stil
der Heimat, zum einfachen Ton des echten deutschen Liedes und will
selber nicht sowohl fremde Herrlichkeit auf unsern Boden verpflanzen,
als sich immer fester in ursprünglich deutsche Art und Kunst einwurzeln
(Leben S.70ff.). Wohl bezeugt »Sängerliebe« und der edle Spätling
»Bertran de Born« sein bestes Können, wohl vergnügt er sich mit
Rückert überlegen am yjoc partit provencalischer Tenzonen, aber den
alten Rauschebart aus dem Grabe zu beschwören lag seinem Schwaben-
herzen doch viel näher, und die heilige Pflieht unmittelbar mit Vater-
ländischen Gedichten nationaler oder landschaftlicher Prägung an den
Heerschild zu schlagen. Neue germanische Cyklen vom Kyffhäuser
(29. März 1812; vgl. Schriften 7,561. 589. 8, 577. I, 501), von Diet-
rich von Bern (7 ff. August 1814), von der Hermannsschlacht (12. August
1815), aus der Schweizergeschichte (8. August 1816) lockten ihn nun;
leider ohne werkthätigen Fortgang. Dazwischen blieb die bunte
Romantik Fortunats auf der Bahn liegen, die allgemach von jugend-
licher Poesie ganz zur Forschung des eingesponnenen reifen Alters
führte.
140 hellen nach 3|arten] silbern nach Ansatz zu fcbönen 145 aus Den
H.d. es 153 aus Wie,
986 Gesammtsitzung vom 11. November.
Immer bestand seine Überzeugung: »Das herrliche Alterthum soll
nicht bloss für die Wissenschaft aufgedeckt sein, sondern im Dichten
lebendig fortwirken«. Seit den bescheidenen Lehrjahren sah er die
germanische und romanische Philologie sich immer fruchtbarer entfal-
ten; auch die ungeduldigen Beschwerden, dass » weitverzweigte Adern
des Karolingischen Epos noch kaum geschürft« und »lebendige Aus-
züge aus den Gedichten aller französischen Fabelkreise« nicht vor-
handen seien (an F. Wolf, 9. Mai 1837), wurden durch Thaten gestillt.
Andere bemühten sich um die Hebung alter Schätze für weitere Kreise:
den Roman de Rou verdeutschte Gaudy, in Uhlands nächster Nähe war
Keller ein rühriger Prosabearbeiter, der junge Landsmann Wilhelm Hertz
brachte ihm, allen Dolmetschen mittelalterlicher Poesie überlegen, 1862
die »Marie de France« in deutschem Gewande wie ein Jahr zuvor mit
herzlicher Widmung das »Rolandslied«.
»Was man in der Jugend wünscht, das hat man im Alter die
Fülle. So geht es mir mit den altfranzösischen Heldengedichten, die
mich frühzeitig beschäftigt hatten«, kann Uhland im December 1854
an Wolf schreiben: doch vermisst er vor allem die Haimonskinder zur
vollständigen Überschau. Auch diese Sehnsucht blieb nieht unerfüllt:
auf Michelants ihm zugeeigneter Ausgabe des /lenaus de Montauban hat
Uhlands erlöschender Blick geruht. Weit dahinten lagen die Pariser
Studien mit Bekker, vergilbt und schier vergessen die Blätter des
Märchenreichs, an dessen Schwelle einst »Graf Eberhards Weissdorn «
ergrünen sollte. Nun war der Schluss für den Greis eingetroffen:
Die Wölbung, hoch und breit,
Mit sanftem Rauschen mahnt
Ihn an die alte Zeit
Und an das ferne Land.
E. Scuumpr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 987
Beilagen.
ı) Leben S. 69: ... »Gegenwärtig ist meine liebste Zeit, in der ich mich mit
altfranzösischen Dichtungen beschäftige. Ich habe besonders eine Reihe normännischer
Kunden von eigenthümlicher Trefflichkeit aufgefunden, von denen ich bereits einige
übersetzt. Ich wünschte überhaupt eine Sammlung von Übersetzungen und Bearbei-
tungen altfranzösischer Dichtungen zusammenzubringen. Diejenigen Diehtungen nehm-
lich, die mir in der Form, in welcher ich sie vorfinde, schon vollendet erscheinen,
übersetze ich getreu, andere die durch unangemessene Einkleidung, besonders durch
Weitschweifigkeit, entstellt sind, such’ ich zu bearbeiten, denn hier scheint mir die
Treue eben darin zu bestehen, dass die lebendige Sage von der schlechten Einklei-
dung befreit und ihr ein Gewand gegeben wird, in dem sie unentstellt erscheint und
frei sich bewegt.
Wie viel ich leisten kann, wird zum Theil von der Dauer meines hiesigen Auf-
enthalts abhängen. Das Abschreiben ist sehr mühsam und die Übersetzung in zwei-
schlägigen, Hanssachsischen, Reimen, worin die meisten dieser Erzählungen verfasst
sind [vgl. Schriften 4, 350], hat manche Schwierigkeit. Eine grössere Dichtung, Kö-
nig Wilhelm von England, die Ähnlichkeit mit dem Oktovianus hat, aber in originellem
Geiste aufgefasst und durchgeführt ist, reinpoetisch, kindlich-phantastisch, wünschte
ich sehr abgeschrieben zu haben, um sie nach meiner Zurückkunft übersetzen zu
können.
Ich weiss nicht, ob Andere die Begeisterung theilen werden, zu der mich diese
Gedichte hingerissen, und wenn ich so die schlichten Worte stundenlange abschreibe,
werd’ ich zuweilen selbst irre: allein wenn mir dann, dem Buche fern, die lebendige
Diehtung unter die Bäume und in den Mondschein nachwandelt, wie ein Geist, der
seinen Grabstein verlässt, dann kann ich nicht glauben, dass es nur selbstsüchtiges
Wohlgefallen an eigenem Treiben ist, was mich so mächtig überströmt, ja mein eige-
nes Dichten verschlungen hat«.
2) Briefe an Friedrich Baron de la Motte Fouque 1848 S.496 (19. Dee. 1812):
.. »Ich beschäftige mich hier mehr mit der Poesie der guten alten Zeit, als mit eige-
ner. Die altfranzösische Poesie ist herrlich, wenn man bis zu ihrem eigentlichen Kerne
dringt. Dies gelang mir zu spät, um zu einiger Vollständigkeit zu gelangen. Ich hielt
mich mit dem minder Wichtigen auf, weil mir das Wichtigere unbekannt war, und
noch dazu fielen die Ferien der Bibliothek in die Zeit meines hiesigen Aufenthalts.
Man muss sich die lieblichen Fabliaux nicht abhalten lassen, bis zur eigentlichen Hel-
denpoesie vorzudringen, die bald nur in einzelnen, aber mächtigen Kunden erscheint,
bald sich zum wahren Epos gebildet hat, und nach den verschiedenen Völkerstämmen
verfolgt werden muss. Ich habe jetzt eine Reihe normännischer Kunden zusammen-
gebracht, und bin jetzt mit den fränkischen, von Karl dem Grossen, seinen Pairs,
und ihren Geschlechtern, beschäftigt, die einen wahrhaft epischen Cyclus bilden, den
ich nimmer ermessen kann, da ich nur noch kurze Zeit hier bleibe. Doch hoffe ich,
dass meine Sammlung hinreichen werde, die Wichtigkeit dieses Theils der Poesie des
Mittelalters einleuchtender zu machen und vielleicht Andere zu vollständigeren Arbei-
ten anzuregen. Ich werde nach meiner Zurückkunft das Gesammelte zu übersetzen
und zu bearbeiten suchen, letzteres hauptsächlich nur durch Entkleidung der Sage
von entstellendem Gewande. Da diese Arbeit von längerer Dauer sein dürfte, so lege
ich vielleicht vor der Hand Einiges in Kerners Almanach nieder. Andere mögen dann
urtheilen, ob die alten Schriften mich nicht durch Zauber verblendet«.
Sitzungsberichte 1897. 90
988 Gesammtsitzung vom 11. November.
3) Michel S. 72.
Lors commencha, si com moi samble,
Con chil qui molt estoit senes,
.). ver de Guillaume au court nes,
A clere vois et & douch son:
Grans fu la cours en la sale & Loon;
Mult ot as tables oiseax et venoison,
Ki ke manyast le char ne le poisson,
Onques Guillaume n’en passa le menton,
Ains manga tourte et but aige & foison;
Mult s’en merveillent cil chevalier baron.
Quant ont bu et mengie & foison,
Les napes ostent escwier et gargon,
Li quens Guillaume mist le roi a raison:
»Qu’as empense, dist-il, le fil Kallon?
Secorras moi vers le geste Mahon?
Ja deust estre li olz a Carrion«.
E dist li rois: »Nous en consilleron,
E le matin savoir le vous feron
Ma volonte, se je irai ou non«.
Guillaume Vot, si taint comme charbon,
De mautalent a fronci le grignon:
»Comment dyable! dist-il, si plaideron.
1402
1405
1410
1415
1420
Chou est la fable dou Tor et dou Mouton.
Mult a @ faire qui pleissier velt felon«.
Il slabaissa, si a pris .j. baston,
1425
Puis dist au roi: » Vostre fie vous rendron,
N’en tendrai mais valissant .j. bouton,
Ne vos amis ne serai ne vos hom,
Et si venres od nous, voellies ou non«.
1430
4) Maistre Wace’s Roman de Row... herausgegeben von Dr. Hugo
2 — Heilbronn 1879 —, 38. 53 (Pluquet ı, 276. 292):
El pais out une pucele,
Gunnor out nun, mult par fu bele,
Bien afattie e bien curteise,
De pere e de mere Daneise,
De robles Daneis esteit nee,
De douz parz bien enparentee;
De bon aire iert e amiable,
Large forment e honurable ;
De ouraigne de femme saueit
Quantque femme saueir poeit.
Li quens Tama s’en fist sa amie:
Mult fu bele lur druerie....
Ricard tint Gunnor lungement,
Ceo dient tuit cumunement,
Ainz ke il espuser la wousist
E einz que a femme la preist.
Mais par preiere del clergie,
Ki l’en out meinte feiz preie,
E par cunseil de ses baruns,
Qui mainte feiz Üen vnt somuns,
Ad Ricard Gunnor espusee;
235
240
615
Andresen.
E. Scummr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«.
620
625
630
640
650
Anceis .e puis l’a bien amee.
(Quant Gunnor primes se cucha,
La nuit enpres que il Vespusa,
Lez le cunte s’est el lit mise
D’autre maniere e d’autre guise
(Que ele ne se soleit cuchier,
Cume se ele i feist dangier.
Le dos li ad auant turne
E des espaudles l’ad bute.
„Cument«, dist il, »te cuntienz tu?
Mainte feiz as ad mei ieu,
Unkes mais ceo ne me feis:
Tu seuz uers mei turner tun uis«.
Gunor en riant respundi:
»Sire, sire, n’est mie issi.
Je soil en uostre lit gesir
E soil faire uostre plaisir.
Ore gis el mien si me gerrai
Sur quel coste ke ieo uoldrai.
Dame sui si gies en mun lit
Si me gerrai a mun delit.
Ca en arier fu le lit uostre,
Mais ore est il e mien e uostre,
Vnkes mais aseure n’i du,
Ne sanz pour od uus ne fui,
Ore sui aukes asevree«.
A ces paroles s’est turnee ;
L’un a l’autre turna sum wis
Si unt asez gabe e ris.
Asez fu puis lunges retrait
Ceo ke Gumor ot dit et fait.
Gunor fu dame bien preisiee
De bones murs, bien enseignee ;
Clers e cheualiers honura,
Mult despendi e mult duna.
5) Andresen 2,109 (Pluquet r, 358):
1980
1985
1990
1995
De Richard e de sa bunte
Fu par tote crestiente
Grant parole e grant reparlance,
Mult iert de riche cuntenance,
A cel tens iert en Lumbardie
Maistre Bernard de grant clergie;
En maint liev out tenu escole,
Si iert de lui mult grant parole.
Del duc Richard saueir woleit
Se il esteit tels cum l’om_ diseit.
Ne sai dunt d’ultre Lumbardie
Vint a Roem en Normandie ;
Od un burgeis se herberga,
E li burgeis mult le honora.
La nuit, quant il orent supe,
Bernard ad sun hoste apele.
»Bel hoste«, dit il, »ie uoldreie
Parler al duc, si ieo poeie:
98)
990 Gesammtsitzung vom 11. November.
Un busoig li ai a mustrer,
Si m’estuureit a hu parler.
JIeo sui cea uenu de bien lung,
Pur mustrer lui un grant bosuing«. 2000
»Par feis, dist il, »ne sai cument
Vus i puissiez parler briefment;
Deuant wit iurs, mun escient,
N’i purrez uus parler nient.
En cele halte tur swiurne, 2005
Ne nuit ne iur d’iloec ne turne:
Ne puet nuls en la tur entrer,
Se Ü nel fait par nun apeler.
Venir ad fait de cest pais
Tuz ses prouoz e ses baillis, 2010
Ses grauesreins e ses vescuntes:
Ses tailles ot e ses acuntes.
Empres disner, quant lu enuie,
A une fenestre s’apuie,
(Qui est deues Seigne turnee:
Iluee 'siet bien vne loee,
Les bois esgarde ki la sunt,
E cels ki passent par le punt«....
Mais mielz uelt il estre batuz, 2097
Ke il ne siet a lu uenuz...
Tant que la mort les departi, 2105
Ki maint home part de altre ami.
A Chieresbure en Costentin
Vrout li ducs a un matin,
Maistre Bernard li wint deuant,
Mult humblement Ü dist itant: 2rıo
»Ieo uus ai, sire, mult ame
E uus m’auez mult honore.
Un dun, se uus plaist, me dunez,
Merci uus eri, nel me ueez,
Par nun de sainte charite a1ı5
E pur la sainte amistie De«.
»Frere«, dist li ducs, uus Vaurez,
Dites mei ceo que wus uolez«.
»Sire«, dist Bernard en plorant,
»Ieo wus dirrai que ieo demant: 2120
En vele place, ov uus vrez,
E ov uus tant Deu reclamez,
Faites mun cors enseuelir,
En terre parfund enfuir,
Kar ieo dei al tierz iur murir, 2125
Si ul iloec endreit iesir:
A ma alme en serreit mielz, ceo crei«.
» Amis«, dist il, »e ie lotrei«.
Ne sai cum ala ne que dut,
Mais al tierz ior Bernard murut ; 2130
E le cors fu porte e mis
La v il out al duc reqwis.
E. Scumipr: Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 991
6) 15
20
»
a
30
Sitzungsberichte 1897.
Un jor d’este par un matin
Deus puceles en un jardin
Entrerent por esbanoier,
(Qui molt faisoient @ proisier.
Andui furent d’un fier coraige,
D’une beaute et d’un paraige ;
D’un mantel furent affublees,
(Qu’en une isle firent deus Fees,
Ne firent pas @vre vileine ;
Onques n’i ot @vre de laine,
Li estains fu de flors de glai,
Traime i ot de roses en mai,
Les lisieres furent de flors,
Et les pannes furent d’amors ;
Ouvre furent bien Üi tassel,
Attachie sont a chant d’oisel.
Par le vergier esbanoiant
S’en aloient lez un pendant:
Un val truevent et un ruissel
(Qui soef cort par l’epinel.
Lä ont mürdes lor colors
(Qui sovent lor mue d’amors...
Quil nos covient trop bien garder
(Que nus ne puist de nos gaber.
Tant com li arbres est foilluz,
Tant est amez et chier tenuz,
Et gant la fueille en est cheue,
Molt a de sa beaute perdue.
Ausgegeben am 18. November.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
91
993
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER XLVI.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
18. November. Sitzung der physikalisch-mathematischen Olasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER.
l. Hr. Frogentus las: Über die Darstellung der endlichen
Gruppen durch lineare Substitutionen.
Jedem Primfaetor der Gruppendeterminante entspricht eine und nur eine primi-
tive Darstellung der Gruppe durch eine lineare Substitution von so vielen Veränder-
lichen, wie der Grad des Factors beträgt. Die Darstellungen werden durch eine Trans-
formation der Gruppenmatrix in eine zerlegbare Form gefunden. Jede Theilmatrix
hat einen Primfactor zur Determinante, und die Theilmatrizen, deren Determinanten
gleich sind, stimmen in den Elementen überein. Die Elemente der verschiedenen Theil-
matrizen zusammen, deren Anzahl der Ordnung der Gruppe gleich ist, sind lauter von
einander unabhängige Veränderliche.
2. Hr. Borrzmans, Ehrenmitglied der Akademie, übersendet eine
zweite Mittheilung über irreversible Strahlungsvorgänge.
Es werden die Voraussetzungen besprochen, unter denen allein eine Möglich-
keit vorhanden ist, aus den Strahlungsgesetzen ein Analogon des 2. Hauptsatzes zu
gewinnen.
Sitzungsberichte 1897. 92
IIA
Über die Darstellung der endlichen Gruppen
durch lineare Substitutionen.
Von G. FROBENIUS.
ie meiner Arbeit Über die Primfactoren der Gruppendeterminante (Sitzungs-
berichte 1896; im Folgenden mit Pr. eitirt) habe ich jeder endlichen
Gruppe 9 der Ordnung A eine Matrix des Grades Ah zugeordnet, deren
Elemente von / Variabelen abhängen. Ihre Wichtigkeit beruht auf dem
Zusammenhange, worin sie selbst und die Primfactoren ihrer Determi-
nante mit den linearen Substitutionen stehen, durch die sich die
Gruppe 9 und die ihr isomorphen Gruppen darstellen lassen. Aus jeder
solehen Darstellung kann man eine zur Gruppe 5 gehörige Matrix
ableiten, deren Determinante in einer Potenz der Gruppendeterminante
enthalten ist ($ 2). Ist die Determinante unzerlegbar, also einem Prim-
factor der Gruppendeterminante gleich, so nenne ich die Darstellung
eine primitive. Umgekehrt entspricht jedem Primfaetor f"" Grades der
Gruppendeterminante eine, und, abgesehen von der Wahl der Varia-
belen, nur eine primitive Darstellung der Gruppe durch Substitutionen
von f Variabelen ($ 4).
Die Gruppenmatrix kann in eine ähnliche Matrix transformirt wer-
den, die in Theilmatrizen zerfällt. Benutzt man dabei allein die k
Gruppencharaktere, so kann man sie in % Matrizen zerlegen, deren
jede die f"“ Potenz einer Primfunction ® des f"” Grades zur Determi-
nante hat (8 3). Benutzt man aber höhere Irrationalitäten, so kann
man sie in > f Matrizen zerlegen, deren jede eine Primfunetion ® selbst
zur Determinante hat ($ 5). Mit Hülfe einiger merkwürdigen Sätze über
ten ( \
Determinanten n"" Grades, deren Elemente n° unabhängige Variabele sind
($ 7), zeige ich dann: man kann die Transformation so einrichten, dass
je f Theilmatrizen, deren Determinanten demselben Primfaetor f"" Grades
® gleich sind. einander identisch gleich sind. Dann sind die Elemente
aller Theilmatrizen zusammen 3? = h von einander unabhängige Varia-
bele. Aus einer solchen 'T'heilmatrix, deren Determinante ® ist, er-
geben sich A lineare Substitutionen, die eine mit $ isomorphe Gruppe
Frosentvs: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 995
bilden. Der Isomorphismus kann auch ein meroedrischer sein. Dies
hängt von einer besonderen Beziehung ab, worin der Charakter %, der
Gruppe 9, weleher der Primfunction ® entspricht, zu einer invarianten
Untergruppe von 9 stehen kann ($ 1). Die primitiven Darstellungen
einer Gruppe durch lineare Substitutionen werfen ein neues Licht auf
die Bedeutung der Relationen, aus denen die Charaktere der Gruppe
und damit die Coeffieienten der Primfactoren der Gruppendeterminante
berechnet werden ($6). Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit habe
ich Devekısp, dem ich die Anregung zu diesen Untersuchungen ver-
danke, im April dieses Jahres mitgetheilt.
T-
W772)
Unter den Charakteren einer Gruppe 5 nimmt der Hauptcharakter,
dessen Werthe alle gleich 1 sind. eine bevorzugte Stellung ein. Ist
9 zusammengesetzt, und ist & eine invariante Untergruppe von 9. so
giebt es ferner gewisse Charaktere von 9, die in Bezug auf © ein
besonderes Verhalten zeigen. Ein solcher Charakter hat nämlich für
je zwei Elemente von 9, die mod. & aequivalent sind, denselben Werth.
= - 2 .
Ich sage daher, er gehöre zur Gruppe — auf Grund des Satzes:
16)
Ist & eine üwariante Untergruppe der Gruppe 9, so ist jeder Charakter
5 e *
von — auch ein Charakter von 9.
[0)
Dies ist so zu verstehen: Bilden A, B.C,--- ein vollständiges
Restsystem von 9 (mod. 6), so ist
5S=46+B6+C06+---.
Dann können die Complexe AS = $&A, B& = GB, --- als die Elemente
der Gruppe aufgefasst werden. Sei X ein Charakter dieser Gruppe,
Ar)
6
und /(AG) sein Werth für das Element A®. Jedes Element R der
Gruppe 9 gehört einem und nur einem dieser Complexe an. Für
alle Elemente R des Complexes A® sei 4(R) = Y(A6). Die so defi-
nirten Ah Grössen %,() bilden einen Charakter von 9. Sei umgekehrt
%,(R) ein Charakter von 9, der den gleichen Werth hat für je zwei
Elemente von 9, die mod. & aequivalent sind. Setzt man dann für
jedes Element R von 9, das aequivalent A (mod.®) ist, also dem
Complexe AG angehört, (AS) — %(R), so ist W ein Charakter von
5
[05
Die beiden entsprechenden Charaktere haben denselben Grad
i= x(E) = v(6).
; >) 2 S
Gehört der Charakter % zu der Gruppe $ so gehört er auch zu a”
wo & eine in & enthaltene invariante Untergruppe von 5 ist.
g9*
996 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
Damit nämlich Ah Grössen %(R) einen Charakter von 9 bilden,
I.
sind die folgenden Bedingungen notliwendig und hinreichend:
(72) x(E)=f
ist eine positive (ganze) Zahl. Für je zwei Elemente A und 5 von
9 ist
(2.) x(AB) = x(BA)
und
(3.) hx(Mdx(B) = FEX(ARTBR).
Endlieh ist
(4.) h= Ex{R)x(R").
Nach der zweiten Bedingung hat nämlich %(%) für alle Elemente
einer Olasse eonjugirter Elemente denselben Werth, etwa für die Ele-
mente der z“" Classe den Werth x, (p = 0,1,..-k-1). Daher sind die
Gleichungen (3.) und (4.) identisch mit (vergl. Pr.$ 7)
D
(3-) hRaX Xg = Di DRM,
(4.) h=Eıxx;.
Jede Lösung der Gleichungen (3.) ergiebt die Verhältnisse der
Werthe eines Charakters 4. Dann liefert die Gleichung (4.) das Quadrat
des noch unbestimmt gebliebenen Proportionalitätsfactors und endlich
die Gleichung (1.) sein Vorzeichen.
Nun ist w(E) = Y(6) = f. Ferner ist ABB& = AB®. Ist also
R ein Element des Complexes A®, und S ein Element von 56, so ist
RS ein Element von AB®. Daher ist y(RS) = V(AB6) = V(AG B6)
und %,(SR) = W(B® AG) und mithin, weil W die Eigenschaft (2.) besitzt,
(RS) = (SR). Ferner ist
2 w(AG) UZ | B6) _ E > v(ASBS6),
I S
wo 5 ein vollständiges Restsystem von 9 (mod. &) durchläuft. Nun ist
AS"BS® = A®S"BS6$ und bleibt daher ungeändert, wenn man 8
durch S@ ersetzt, wo @ irgend ein Element von ® ist. Daher ist auch
hw(A®) w(B6) —/f2 V(ARTBRÖ),
wo R alle Elemente von 5 durchläuft, also auch
hx(A)x(B) = f3x(ARTBR).
Ebenso folgt aus der Relation
h
in 3 v(S6)W(S" 6)
Frosentus: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 997
die Gleichung
h=Ex(R)x(RN).
Daher ist %(#) ein Charakter von 9.
Umgekehrt sei %,(/?) ein Charakter von 9, und sei stets 4 (AR) = %,(S).
wenn RoS (mod. ©) ist. Dann erkennt man auf demselben Wege, dass
YL(R$) = %(R) ein Charakter von S ist.
Der Hauptcharakter gehört zu der Gruppe die Charaktere
el er)
: 9 NR
ersten Grades zu der eommutativen Gruppe © falls & die Commu-
tatorgruppe von 9 ist.
Durchläuft @ die Elemente der Gruppe 6, so sei
(5.) S Ir: Yro
Dann ist unter den obigen Voraussetzungen (vergl. Pr. $ S)
h f h:g
ENERS U RRTE De s
f Ss > (R) a4 iS U SO)Yyus er N4o
Der Rang der Matrix (£79-ı) ist gleich f*. Ist ®(x) der Primfactor
der Gruppendeterminante ©(x) von 9, der dem Charakter % entspricht,
so ist jede Unterdeterminante des Grades f” von jener Matrix bis auf
einen constanten Factor gleich ®(w). Ist Y(y) der Primfactor der Grup-
5 R
pendeterminante H(y) von 5° der dem Charakter entspricht, so
ist jede Unterdeterminante des Grades f” von der Matrix 779-6 gleich
Y(y). Nun ist 9g&, = Ns, und mithin ist unter der Voraussetzung
(5.) P(a) = Y(y). Da ©(x) und H(y) die Faetoren ®(x) und Y(y) genau
in der f"” Potenz enthalten, so ist ©(x) durch H(y) theilbar, und der
Quotient ist zu H(y) theilerfremd (vergl. Pr. S 2).
8.2.
Eine endliche Anzahl linearer Substitutionen
(A) Da — Ag Yı + AaaYa + °°° + AanYns (a—=1,2,...n)
(B) Vg — bayı Sr ba Ya ent den Yu»
deren Determinanten von Null verschieden sind, bilden eine Gruppe
9, wenn die aus irgend zweien von ihnen, (A) und (B), zusammenge-
setzte Substitution (C) = (A)(B) ebenfalls unter ihnen enthalten ist.
Die Coefficienten von (C) sind
CB — Asrbıß + Aeaba5 +: + Gen Önß-
998 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
Man kann auch nach dem Vorgange von Gauss von der Bezeichnung
der Variabelen ganz absehen und unter (A), (B), (C), :-- die Matrizen »""
Grades verstehen, die von den Coeffieientensystemen q,5. b.s.» (us»
gebildet werden.
Sei 5 eine abstracte Gruppe, A, B,C, --- ihre Elemente. Ordnet
man dem Elemente A die Matrix (A). dem Elemente B die Matrix (B),
u. s.w. zu, so sei die Gruppe 5 der Gruppe 9 isomorph, d.h. es
sei (A)(B) = (AB). Dann sage ich, dass die Substitutionen oder die
Matrizen (A), (B),(C),--- die Gruppe 9 darstellen. Der Isomorphis-
: : 5 Set { >)
mus kann auch ein meroedrischer sein. Dann ist 5 einer Gruppe &
holoedrisch isomorph, wo & eine gewisse invariante Untergruppe von
9 ist, gebildet von den Elementen von 9, denen das Hauptelement
(E) von 9 entspricht. Diese Substitution (#) entspricht dem Haupt-
elemente Z£ von9. Da #?=E# ist, so ist auch (#)’=(#). Mithin
ist (£) die identische Substitution, da keine andere Substitution von
nicht verschwindender Determinante dieser Bedingung genügt.
Ist (P) irgend eine Matrix n'” Grades von nicht verschwindender
Determinante, so stellen auch die Matrizen (P)*'(A)(P). (Py*(B)(P), --:
die Gruppe 9 dar. Die entsprechenden Substitutionen gehen aus den
ursprünglichen hervor, indem jedes System von nVariabelen a, ,;
Yıs’'*,5 °° der Substitution (P) unterworfen wird. Zwei solche Dar-
stellungen von 9 bezeichne ich als aeguwivalent. Alle Darstellungen, die
einer gegebenen aequivalent sind, bilden eine (lasse aequivalenter Dar-
stellungen von 9.
Den A Elementen A,B,C, --- von 5 ordne ich A unabhängige
Variabele x,, %2; 6, zu, und ich setze dann aus den Matrizen
(A), (B),(C), --- die Matrix
(Als, + (DB); + (O)2r = 20)
zusammen, deren Elemente lineare Functionen der unabhängigen Va-
riabelen sind. Jede auf diese Art einer Darstellung von 9 entsprechende
Matrix nenne ich eine zur Gruppe 9 gehörige Matrix.
Sei Yy,» Yg> Yo; ein zweites System von 4 unabhängigen Varia-
belen, und sei (Pr. $ ı)
((d63)) 2, aLnYr (RS=T)
Dann ist das Product der beiden Matrizen
(2.) (Z(R)x,)(2(5)y;) = S(RS)@,Y: = Sl
Umgekehrt charakterisirt diese Eigenschaft die Matrix X(R)x, als
eine zur Gruppe 5 gehörige Matrix. Eine solche ist daher z.B. die
S(R)&r| — ln), SO
Gruppenmatrix (279-1). Ist nun die Determinante
Frogenwus: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 99
ist F(a)F(y) = F(e). Nach Pr. $ı folgt daraus, dass F(x) in einer
Potenz der Gruppendeterminante
(x) = | 79-: | = et" ...
aufgeht, also ein Produet von Potenzen der Primfactoren ®, ®, ®",
von © ist
(3.) |E(R)z; | = ##'e""..-,
deren Exponenten s,s’,s”,--- auch zum Theil Null sein können.
Ist ® ein Primfactor f"”" Grades von ©, so ist © genau durch (die
f“ Potenz von ® theilbar. Nach Pr.$ 5 ist die Unterdeterminante
(h-1)"" Grades von ©, die dem Elemente x7,-ı eomplementär ist, gleich
1 0
h Mg
determinanten (4-1) Grades von © den Primfactor ® genau in der
(f-1)"" Potenz. Nach den bekannten Eigenschaften der Elementar-
theiler einer Determinante enthält daher der grösste gemeinsame Divisor
Mithin enthält der grösste gemeinsame Divisor aller Unter-
aller Unterdeterminanten (A-m)“" Grades von © den Factor ® genau in
der (f-m)“" Potenz (m < f), und die Unterdeterminanten (h-f)"" Grades
von © sind nicht alle durch ® theilbar. Die charakteristische Deter-
minante O(w—ue) der Gruppenmatrix hat demnach, als Function von u,
lauter lineare Elementartheiler, und falls man für « eine Wurzel der
Gleichung ® (x—-ue) = 0 setzt, hat jene Determinante den Rang h-f.
S > 1220) & (0)
Setzt man in der Formel (I.) y = hafajn> 50 wirde2,— Fer»
u‘ IX $/T
also weil S(R)e, — BR ist,
o
(4.) FRI), a).
Nun sind die Elementartheiler der Determinante der letzteren Matrix,
die gleich Potenzen von ® sind, alle gleich der ersten Potenz von ®.
Auf Grund von (4.) sind aber diese Elementartheiler durch die ent-
sprechenden von IS (R) Sr theilbar (Über die Elementartheiler der Determi-
nanten, Satz IX, Sitzungsberichte 1894). Mithin sind auch die Elementar-
theiler der Determinante |3%z( R))|; die Potenzen von ® sind, alle
gleich der ersten Potenz von ®, und ihre Anzahl ist gleich s. Ersetzt
man &z durch x,—ue;, so erkennt man, dass die charakteristische
Determinante jener Matrix |(Zx,(R))-u(#)| lauter lineare Elementar-
theiler hat.
Sue
Zerfällt eine zur Gruppe 5 gehörige Matrix in Theilmatrizen, so
ist nach Formel (2.) $ 2 jede einzelne von ihnen auch eine zur Gruppe
gehörige Matrix. Das Product der Determinanten der Theilmatrizen
1000 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
ist gleich der Determinante der ganzen Matrix. Wie ich zeigen werde,
kann man eine der Gruppenmatrix aequivalente Matrix finden, die in
>/f Theilmatrizen zerfällt. Ihre Determinanten sind den 3 Primfactoren
von © gleich. Weiter lässt sich die Zerlegung der Gruppenmatrix un-
möglich treiben. Ehe ich aber zur Darstellung dieser Transformation
übergehe, will ich zunächst eine andere einfachere durchführen, bei
der die Determinante jeder Theilmatrix gleich der f"" Potenz eines Prim-
factors f"” Grades ® ist. Mithin haben die einzelnen Theilmatrizen lauter
verschiedene Determinanten, von denen je zwei theilerfremd sind. Um
diese Zerlegung durchzuführen, reicht die Kenntniss der Charaktere aus.
Sei ® ein Primfactor /”" Grades von ©, und sei % der entsprechende
Charakter. Dann hat die Matrix 4“ Grades (4(PQ")) den Rang r—=f?,
und es giebt darin eine von Null verschiedene Hauptunterdeterminante
r""" Grades (Pr. $ı1). Eine solche möge erhalten werden, indem man
für P und Q die r Elemente A,, A,,:-: A, setzt. Sei Y ein von &
verschiedener Charakter, s der Rang der Matrix (Y(PQ°)), und es
möge darin eine von Null verschiedene Hauptunterdeterminante s“”
Grades erhalten werden, indem man P und Q gleich B,, B,, --: B
setzt. Diese s Elemente können auch ganz oder zum Theil mit A,.A,.:--A
s
übereinstimmen. Trifft man eine solche Bestimmung für jeden der k
Charaktere von 9, so ist die Summe der k Zahlen
. rs be Zar eSy
Nun sei M die Matrix 4” Grades, deren A Zeilen aus der Zeile
X(PAm), PA UPBE), UV DB)
erhalten werden, indem man für P die A Elemente von 9 setzt. Ferner
sei L’ die Matrix, deren Zeilen in analoger Weise aus
KAQ),--- xl4Q), WBQ),--- W(BQ),---
hervorgehen. Vertauscht man in L’ Zeilen und Spalten, so erhält man
die eonjugirte Matrix Z. Ich bilde nun die componirte Matrix ZM.
Sind z und 8 zwei der Indices 1,2,--- r, so ist darin das ß" Element
der &'“" Zeile
4 h
> AFRIKA) f X ARAES)!
R « D 7 6
Die aus diesen r” Elementen gebildete Determinante r"" Grades ist nach
Voraussetzung von Null verschieden. Ist ferner & einer der ‚Indices
1,2, r und ® einer der Indices 1,2, --- s, so ist das (r +)" Element
der a" Zeile
zZ RAR (RB; ) 3:
Folglich zerfällt die Matrix LM in 4 Theilmatrizen, und ihre Deter-
minante ist
Frögenıvs: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 10061
11
FE xIA. Ag) b
also von Null verschieden. Mithin sind die Determinanten IZ| und
M| beide von Null verschieden.
Nun sei X die Gruppenmatrix (&>9-) und Y= _LXAM. Sind «
und 3 zwei der Zahlen 1,2,---r, so ist darin das 2" Element der
a" Zeile
I AA) KR):
R,S
Weil aber 4(PQ) = %(QP) ist, so sind die beiden Matrizen (&7,-) und
(s(PQ7')) mit einander vertauschbar (Pr. $ 6), und jene Summe ist
gleich
B /
Z x(A,RO)x(RS") a = -Ex(A, ST) a0:
R,S = > RS 3 ie
Ist z eine der Zahlen 1,2, ---r, und 8 eine der Zahlen 1,2, --- s. so
ist das (r+ß)" Element der «“” Zeile
SE) x(A,RT)U(RSM)e,
R, [2 D » [23 D
Ss R,S
3 I.
|
Folglich zerfällt Yin % Theilmatrizen, deren erste von den r* Elementen
I I
sel eye = Ale A)
F xl e ) Raz! R f x(A, Az ) %n
gebildet wird.
In dieser Summe ist x, mit der Matrix
5 / \
N, — e x(4.453) (a, =1,2,.--7)
J
multiplieirt, deren Determinante von Null verschieden ist. Ebenso sei
E h nu . x
N, = |—v(B B}) («,6=1;2,.--s)
a
u.s.w. Aus diesen Matrizen der Grade r,s,-- bilde man die Matrix
N 0 LEN
0 N, 0 ... a N
0 0) IN, on
des Grades A; dann zerfällt auch N" —=Z in k Theilmatrizen, deren
erste ist
Hl ie / ae
(1.) (II xta ag 3) PRAAD) - (mP=1,2,--)
Darin ist x, mit der Hauptmatrix multiplieirt. Vergleicht man also in
der Gleichung LXM N" = Z die mit «, multiplieirten Matrizen, so erhält
man LMN"'—=E, und mithin ist
(3) RUE ET,
»
1002 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
eine mit X aequivalente Matrix. Daher gehört Z und jede Theilmatrix
von Z, wie (1.), zur Gruppe 9. Nach Pr. $ ıı ist die Determinante
von (r.) gleich W, wo Y der zu ® conjugirte Primfaetor von ® ist.
Ist & eine invariante Untergruppe von 9, gehört der Charakter %,
zur Gruppe - und ist die Matrix (1.) gleich 3(R)x,, so ist (R) = ($),
wenn Ro S (mod. 6) ist. Daher stellen die Matrizen (A), (B), (©), --- die
® 5
Gruppe 6 dar.
Die obige Umformung lässt sich in derselben Weise ohne Anwen-
dung neuer Hülfsmittel für eine beliebige zur Gruppe gehörige Matrix
durchführen. Auch eine solche kann, wenn ihre Determinante (3.) $ 2
durch verschiedene Primfactoren der Gruppendeterminante theilbar ist,
allein mit Benutzung der Charaktere in eine aequivalente zerfallende
Matrix transformirt werden, deren einzelne Theile die Determinanten
®,®”,--- haben.
S 4.
Ich wende mich nun zu der im Anfang des vorigen Paragraphen be-
sprochenen vollständigen Zerlegung der Gruppenmatrix. Ihre charak-
teristische Determinante © (x—ıre) hat nur einfache Elementartheiler und
hat daher für eine Würzel x der Gleichung ® («—-ue) = (0 den Rang hf.
Ich setze nun für die Variabelen x, solche Constanten k,. dass die Glei-
chung ®(k-ue) = ( eine einfache Wurzel > hat, für die keine der Func-
tionen ®(k—ue), P’(k—ue),--: verschwindet. Dann hat auch die Matrix
(Apg-ı-fErg..) den Rang A-f. Folglich haben die A linearen Gleichungen
S 5
(9) Ryan 4, = 24»
funabhängige Lösungen a, .,a,,::: a). Aus ihnen lässt sich jede andere
Lösung zusammensetzen, indem man sie mit gewissen Factoren multi-
plieirt und dann addirt. Ersetzt man P und Q durch PR und QR”,
so wird
3 .
ir Ryq ı For-ı — at
und folelich ist. wenn 4. X. Xe. :- unabhängige Variabele sind,
. = AN 2
= 77 ı dgr-ı®r — Pa pr-ır
Mithin ist auch a, = > dur 0, eine Lösung der Gleichungen (1.) Dem-
nach giebt es solche Factoren @,,,*: &,,, dass
S .(®) DeNr ar) (= L2r2h)
(2.) 75 N TE Tal Kun —l,a, ee)
3
Die Factoren x, sind durch diese Bedingungen vollständige be-
>
ar
stimmt und sind folglich lineare Funetionen der Variabelen &,. Die
Frosenıus: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1003
so erhaltenen f neuen Lösungen der Gleichungen (1.) sind linear un-
abhängig oder nicht, je nachdem die Determinante f" Grades |,
von Null verschieden ist oder nicht. Da x, = e, ist für 2, = &, SO
kann jene Determinante nicht identisch verschwinden.
Geht «,, in y, oder in 2, über, wenn man die Variabelen x;
durch andere Variabele y, oder 2, ersetzt, so ist auch
>= (x) rg (a) SAN Marsa no)
ORT ART Ian Re
und mithin
Su“) ee) (u)
OR Apo-ı For Ir Tan pr HdR a Na 2
also unter der Voraussetzung (1.), $ 2
Se) Se ar (x)
Zum a wir, Apg-ı Ofen EN sch %
und mithin
» en
EEE I Zn hy
Daher ist (x,) eine zu 5 gehörige Matrix f"” Grades, und mithin
ist ihre Determinante
[4 | —p8 Es ...,
Ist % der Charakter, welcher der Primfunetion ® entspricht, und
h 3
setzt man 7 (Fee) C2, sorist nach‘ Pr. 58
®(c) = il Se) 0.25 Slc-w) = (1-u), ®(c—-ue) = (-u)F,---,
wo ® irgend eine von ® verschiedene Primfunetion des Grades f” ist.
Sind. 0,0',6 ,.-: die f Nuzan der Gleichung ®(k- us) = (0, so sind
nach Pr. $6 p-?%,p’—-R, “ Bul- + die der Gleichung ®(k—Ac-—ue) — 0.
Ist also A eine von 0,9’-p,p”-p,:-- verschiedene Constante, so ist
®(k—Ac—2e) von Null Se Ferner ist »(k—Ac— ge) — ®(k—oe)
von Null verschieden, und daher kann die Determinante O(k—Ac- ze)
nicht verschwinden.
Für x, = c, verschwindet die Determinante |®
E72
nieht. Denn
sonst wären die f Lösungen
(x) h en 5) 3
> apn- %7, (En)
nicht linear unabhängig. Man könnte also aus ihnen eine Lösung
I Apg. 16; = 0 zusammensetzen, worin die Grössen a, den Gleiehungen
Q br
(1.) genügen und nicht alle Null sind. Da cpu = Cor ist, so sind die
Matrizen @7>9-ı und €zo-ı vertauschbar, und mithin ist auch 3 04-109 =.
? a Bau
Daher wäre auch
S Kyg-ı IE a — PEpg Ja, ==),
Da aber die Determinante dieser 7 Gleichungen von Null verschieden ist,
können ihnen nur die Werthe a, = 0 genügen.
1004 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
Das Produet :#(c)' ®(e)" ®’(c)”--- kann aber nur dann von Null
verschieden sein, wenn $=s°—=.--—=( ist. Da a vom Grade f
ist. so ist folglich
(3-) 2. | —IET)R | — we, | — #(w —ue).
2
Nun habe ich Pr.$ ıı gezeigt. dass sich ®(x) durch f*, aber nicht
durch weniger lineare Verbindungen der Variabelen x, darstellen lässt.
Mithin sind die f* linearen Functionen x, der Ah Variabelen x, von ein-
ander unabhängig.
Diesen merkwürdigen Satz, dass es eine zur Gruppe 9 gehörige
“ Matrix giebt, deren f” Elemente unabhängige Variabele sind, hat auch
Morıen gefunden in seiner ausgezeichneten Arbeit Über Systeme höherer
complexer Zahlen (Math. Ann. Bd.41, 8.124), auf die mich Srtupy vor
kurzem aufmerksam gemacht hat. In einer weiteren Arbeit Eine Be-
merkung zur Theorie der homogenen Substitutionsgruppen, Sitzungsberichte
der Naturforscher-Gesellschaft zu Dorpat 1897, Jahrg. 18, S.259 hat
Morien die dort gefundenen allgemeinen Resultate speciell auf die
Gruppendeterminante angewendet.
Ist X = (w,) = 3(R)x,, so ergiebt sich durch Vergleichung der
Coefficienten von wu" in (3.)
(4.) Sx(R)ar = Da.
IStralson) za) SoRisı:
(5.) x(R) Zaun
Ist nun die von den Matrizen (A). (B),(C) --- gebildete Gruppe der
an
Gruppe $
ist auch %(R) = %(8). Der Charakter % gehört also ebenfalls zur
isomorph, so ist (R) = (5). wenn RS (mod. 6) ist. Daher
G 2
uppe —.
Seil — (Ur
) irgend eine constante Matrix f"” Grades von nicht
verschwindender Determinante. Wählt man dann für die f Lösungen
Ao. @g,: der Gleichungen (1.) irgend f andere unabhängige Lösungen,
so erhält man statt X immer eine mit X ähnliche Matrix Z’XZ und
bei passender Wahl der f Lösungen jede solche Matrix.
Man kann aber auch für > eine andere Wurzel der Gleichung
®(k—ue)—= 0 wählen, und ferner ist für 4, jedes System von A Zahlen
zulässig, das gewisse Ungleichheiten befriedigt. Dann treten an die
Stelle der Grössen a, a,,:-; andere, und statt der Matrix X erhält man
eine Matrix U = (w,), deren Elemente ,, lineare Functionen der Va-
vinbelen sind. Bei jeder Wahl der willkürlichen Grössen ist aber U
ten
49
eine zu 9 gehörige Matrix f"" Grades, deren charakteristische Deter-
Frosenivs: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1005
minante ®(w— we) ist. Da ®(x) die A Grössen x; nur in den /” unab-
hängigen linearen Verbindungen «x,, enthält, so müssen die f* Grössen
u, lineare Verbindungen der Variabelen x, sein. Nach einem Satze,
den ich in $ 7 entwickeln werde, kann man daher eine constante
Matrix Z so bestimmen, dass entweder U=L"XL oder U=L"\L
ist, wo X’ die zu X conjugirte Matrix ist, und zwar ist, wenn f>1 ist,
nur der eine dieser beiden Fälle möglich.
Für die hier betrachteten Matrizen kann nun aber, wenn f>1 ist,
nicht U= L"XL sein. Denn ersetzt man die Variabelen x, durch
Yr oder 25, so möge X in F oder Z, und U in V oder W übergehen.
Beanmpıst, RR — 7. undW 0 VW. Ist mun? U EEREV EV = DEEVEL,
W= 1:7 T, so ist auch X’Y —-Z', und folglich. weil XY-— (PX)
ist, Z=FX=XZ Ist also X —=3(R)x,, so sind je zwei der Ma-
trizen (A), (BP), (©) --- mit einander vertauschbar. Die von ihnen ge-
{ nn : A DIPMer
bildete Gruppe und die ihr holoedrisch isomorphe Gruppe ot folg-
lich eine eommutative, und der zu ihr gehörige Charakter % hat den
Grad f=1(Pr.$2.) Demnach ist U= L’XL, und man kann bei jeder
Verfügung über die willkürlichen Grössen die f Lösungen a,.a,.
so wählen, das U= X wird.
RR \ y 2) : - :
Gehört der Charakter % zur Gruppe g; 50 giebt es eine Prim-
funetion f'” Grades Y(y) der Determinante dieser Gruppe, die durch
die Substitution (5.) Sı in ®(x) übergeht. Diese kann als die Deter-
D D
minante einer Matrix f"” Grades (y,,) dargestellt werden, deren Ele-
mente lineare Funetionen der Variabelen Y,, sind, und die zur Gruppe
6 gehört. Macht man darin die Substitution (5.) Sı, so geht sie in
eine Matrix X = (w,,) über, die zur Gruppe 9 gehört, und deren Deter-
minante gleich ®(.r) ist. Da jede andere Matrix, welche dieselben Eigen-
schaften besitzt, gleich L"XL ist, so ist damit die Umkehrung des
oben erhaltenen Satzes bewiesen, nämlich dass, wenn % zur Gruppe
G gehört, auch immer (R) = (8) ist. falls RS (mod. 6) ist.
S 5:
Jetzt mögen die Grössen k, so gewählt werden, dass die Gleichung
$(k—us) B(k—ue) B"’(k—ue) --- — (0
keine mehrfachen Wurzeln hat. Dann hat die Determinante der Schaar
bilinearer Formen
(r.) I Mkpgı = UEpg )Upg
1006 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 18. November.
lauter lineare Elementartheiler. Die Form Z47g-14>v, kann daher nach
einem Satze von WEIERSTRASS durch eine lineare Substitution von nicht
verschwindender Determinante
re) Sn un .
(2.) N eg, =1,2,...h),
die 34,0, in Zu,v, überführt, in
(3) rum tpmn + + nt Urt
transformirt werden, falls z eine f-fache, 7? eine f-fache, --- Wurzel der
charakteristischen Gleichung ®(k—ue) =( ist. Dann ist
ij x (1) au 3 .(2) ’ ER
a rg u,ay®, — P(>% %,)®, + P(>% u,)v, + h
und mithin
33 *) (*)
> Erg-ıa Q — > (dia):
ten
Da die Determinante A" Grades la‘ >| von Null verschieden ist, so
verschwinden in dem System der fh Grössen an nicht alle Determi-
nanten f“" Grades, und mithin bilden sie f unabhängige Lösungen der
Gleichungen (1.) $4. Ersetzt man sie durch irgend f andere unab-
hängige Lösungen, so behält die Substitution (2.) die doppelte Eigen-
schaft, dass ihre Determinante von Null verschieden ist, und dass
sie die Formenschaar (1.) in die Normalform (3.) transformirt. Daher
kann man die /? Grössen a‘) durch die linearen Gleichungen (1.) $ 4 de-
finiren und durch die analogen Gleichungen, die den Wurzeln 7’, p”,...
entsprechen, und der wesentliche Inhalt des oben benutzten Satzes von
Weierstrass besteht darin, dass dann die Determinante 4" Grades ||
von Null verschieden ist. Nun sei, wie oben
S .%) In 0)
2 arg ®g == Zn 2
oder
EA) ES mn 0) Mi, 2
5 pa pa SR Ag. (2 — IE)
derselben Weise sei, entsprechend der ffachen Wurzel z’.
> as), Lpg-ı — > 2 ag. (r—=f+1,f+2,...f+f)
ar
In dem speciellen Falle, wo 2’ eine Wurzel derselben Gleichung
»(w—ue) = 0 wie p (also f'—= f) ist, kann man durch geeignete Wahl
der Lösung der zu (1.) $4 analogen Gleichungen erreichen, dass
aA
Dr RN m 0 ist.
Dann geht die bilineare Form
>3
(4.) Rt Vpg-ı Uptg
durch die Substitution
(v) j un:
Up San ıUÜ,. vw, — Zap tr
oı
>
'
Frogenıvs: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1007
in
je rs f+f' er
> y 5 IA .
(6.) Sı%,u0, + Zyrı DHU0 Tr
ar
x,‘ ah
über, die in f Formen von f* Variabelen, f Formen von f” Variabelen.
u.s. w. zerfällt. Durch dieselbe Substitution geht Zu,r, in Zu,e) über.
Ist also X die Gruppenmatrix (279.1), so giebt es eine constante Matrix
h“” Grades ZL von nicht verschwindender Determinante der Art, dass die
aequivalente Matrix L"AZL zerfällt in f einander gleiche Theilmatrizen
des Grades f, deren charakteristische Determinanten gleich ®(w- we)
sind. in f einander gleiche Theilmatrizen des Grades f‘, deren cha-
'akteristische Determinanten gleich ®P(x—ue) sind, u. s. w., und (die
f’+f”+: = h Elemente dieser Theilmatrizen sind A von einander
unabhängige Variabele, weil sich © (x) nicht durch weniger als A lineare
Verbindungen der Ah Variabelen x, ausdrücken lässt.
Eine Darstellung einer Gruppe durch lineare Substitutionen, für
welche die entsprechende Determinante (3.) $ 2 unzerlegbar ist, nenne
ich eine primitive Darstellung. Dann ist die Anzahl der Classen pri-
mitiver Darstellungen für die Gruppe 9 und für die mit ihr isomorphen
Gruppen gleich der Anzahl 4 der Classen eonjugirter Elemente, worin
die Elemente von 9 zerfallen. Ist f die Anzahl der Variabelen, die eine
der Substitutionen transformirt, so werden die k Zahlen y = f* durch
Auflösung einer Gleichung 4” Grades gefunden, die ich in meiner
Arbeit Über Gruppencharaktere (Sitzungsberichte 1896, $ 4, (12.)) ent-
wickelt habe.
Zur Erläuterung dieser Transformation der Gruppenmatrix wähle
ich das Beispiel, das Deperınp im Jahre 1556 gefunden und mir im
April 1896 mitgetheilt hat. Seien
1. abe 2. bca 3. cab 4. ach 5. cba 6. bac
die 6 Permutationen von 3 Symbolen. Die Substitutionen, die abe
in diese 6 Permutationen überführen, mögen statt mit A, B, €, --- mit
den Ziffern I,2,:-- 6 bezeichnet werden. Sei p eine dritte Wurzel
der Einheit und
uvz=ı+ mt 8%, v —=ıhr LH
%ı = + pr Hr 002, Y%=MTt 0% + p°%,,
U — X + Pia + pXz, % = Aut p’r; +
Ferner seien X, L und U die drei Matrizen
At 2 Val en
Ca 01% 1-1 2 009
Vs %o &%ı 17707 1070722
Dad, Kr Isa 0Z217120
; % Lu I re ze!
1008 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
u+v 0 0 0 0) 0
0 uU—vV 0 0 0 0
0) 0 u OR 0 0
0 0 vg Us 0 0
0) 0) 0) 0 U, ©
0) 0) 0 0 DB Us
Dann ist X die Gruppenmatrix, und es ist
XL — LU, BIRT U,
und indem man ZLL bildet, erkennt man, dass die Determinante
von L nieht verschwindet.
$ 6.
Die Formel (5.) $ 4 führt zu einer tieferen Einsicht in die Be-
deutung der Gleichungen, die ich zur Berechnung der Charaktere
einer Gruppe 9 entwickelt habe. Ist die Determinante der zur Gruppe
gehörigen Matrix
X — (a) = Zlk)e, (x, % = 2,2)
ein Primfaetor f"" Grades ® der Gruppendeterminante, so sind die
f” Grössen x, unabhängige Variabele. Daher kann man den AVa-
riabelen x, solche Werthe geben, dass X einer beliebigen Matrix
ff“ Grades gleich wird.
Die beiden Ähnlichen Matrizen (A) und (R)"(A)(R) = (B) haben
(A)-u(#)| = |(B)-u(E)|. Vergleicht
man auf beiden Seiten dieser Gleichung die Coeffieienten von u", so
erhält man nach (5.), $4 x{A) = x(B). Demnach ist (RAR) = x,(A)
oder, was dasselbe ist, s(QP) = (PR).
Theilt man die Elemente von 5 in die kClassen eonjugirter Ele-
dieselbe charakteristische Function
mente, so möge die &"“Classe aus A, Elementen bestehen (2 —= 0,1, ... k-1).
Durchläuft R alle 4 Elemente von 9, und ist A ein bestimmtes Ele-
ment der «"“" Classe, so stellt RAR jedes Element der Classe und jedes
h :
) Mal dar. Daher ist
[7
Z(RMAR)= 3 (R),
R Ne («)
wo die Summe rechts über die A, Elemente der «'" Classe zu erstrecken
ist. Nun ist aber
(S)E(R-AR) = Z(SRAAR) = S(RARS) = (Z(RAR)) (8).
R R R R
Die dritte Summe erhält man aus der zweiten, indem man R durch
RS ersetzt. Mithin ist die Matrix &(R) mit (S) vertauschbar, also
(e)
auch mit 3(S)@s. demnach mit jeder Matrix f"" Grades. Diese Eigen-
Frosenivs: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1009
schaft hat aber nur die Hauptmatrix, mit einem scalaren Factor mul-
tiplieirt. Folglich ist
(1.) Miller (Ba Fz(RTAR) (Br yhye:
(«) R
Um den noch unbekannten Factor %, zu bestimmen, bilde man auf
beiden Seiten die Summe der Diagonalelemente. Diese ist für jede
der A, mit (A) ähnlichen Matrizen (AR) gleich %(R) = %(A), und für (#)
gleich f. Mithin ist
Xa = x(4).
Componirt man die Matrix (A) mit der Matrix
f >'(S) — (E)haxXg»
so erhält man
FZ (48) —
und, wenn man wieder auf beiden Seiten die Summe der Diagonal-
elemente bildet,
(2.) FZx(A8) —h,x(Ax(B), "Sx(ART BR) — hx(A)x(B).
Dies sind die Gleichungen, welche die Verhältnisse der % Werthe jedes
der k Charaktere bestimmen.
Man kann aber diesen Formeln noch eine andere Deutung geben:
Seien #4, p> 0, die A unabhängigen Einheiten eines Systems hyper-
complexer Zahlen, wofür die gewöhnlichen Regeln der Addition und
das distributive und associative Gesetz der Multiplication, aber nicht
das eommutative vorausgesetzt werden. Diesen Bedingungen genügt
das Multiplieationsgesetz
(3.) EB RB
Demnach vertritt e, die Zahl 1. Setzt man nun
' h
—= BARS. [23
A). an = re
(4) ae
so sind die 4 complexen Zahlen &,,e,,- e,_, mit jeder Zahl des Sy-
stems, also auch unter einander vertauschbar. Das Product von zweien
dieser ecommutativen Zahlen ist
The en
pP < («) ea =
AKETEe:
ae en
wo A,.,r angiebt, wie viele der A,h, Producte RS dem bestimmten
Elemente 7 gleich sind. Nach Pr. $ 7 ist diese Anzahl, falls 7 der
N > c 1 An. ER m
y'“” Classe angehört, gleich 1 h.s.,., hat also für conjugirte Elemente 7
%
denselben Werth. Mithin ist
Sitzungsberichte 1897. 9
IE}
1010 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
(5.)
Demnach bilden die # unabhängigen Zahlen #,,e,,-- &,_, für sich
die Basis eines Systems complexer Zahlen, für die aber auch das com-
mutative Gesetz der Multiplication gilt. Wie ich Über Gruppencharaktere
S. 991 gezeigt habe, gelten dafür überdies die Einschränkungen, unter
denen WEIERSTRASS und Depexınp solche Zahlensysteme untersucht haben.
Demnach giebt es wirkliche Zahlen %,.. die, für e, gesetzt, den Glei-
chungen (5.) genügen:
(6.) h, h; Ka Xa —=fz Max y“
Man kann daher nicht auf Widersprüche kommen, wenn man die bis-
herige Unabhängigkeit der 4 complexen Einheiten e, durch die linearen
Gleichungen e, = %.«, oder
(7>) ee —— hX 2»
[23
einschränkt. Durch Multiplication mit e, fliessen daraus nach (3.) die
weiteren linearen Gleichungen
(8.) F2 egr luxe
In Folge dieser Relationen redueirt sich die Anzahl der linear unab-
hängigen unter den Einheiten e, auf f”, und diese kann man so wählen,
dass die Formeln für ihre Multiplication mit denen für die Composition
aller Matrizen f"”" Grades übereinstimmen.
Die hier angedeutete Rechnung hat Deperısp für das in $5 mit-
getheilte Beispiel einer Gruppe der Ordnung A = 6 durchgeführt und
für einige andere Gruppen der kleinsten Ordnungszahlen, so namentlich
für die Gruppe D der Ordnung 8, die er die Quaternionengruppe ge-
nannt hat, weil das aus ihr abgeleitete System hypereomplexer Zahlen
mit dem System der Hanıwrox’schen Quaternionen übereinstimmt. In
seiner Arbeit Über Gruppen, deren sämmtliche Theiler Normaltheiler sind,
Math. Ann. Bd. 48, spielt er S. 551 auf diese Beziehungen an mit den
Worten: »Es findet aber, wie ich schon im Februar 1886 erkannt habe,
eine noch tiefer liegende Beziehung zwischen der Gruppe Q und Hamır-
ron’s Quaternionen statt«. Die Rechnung mit Quaternionen ist Ja auch,
wenn man gewöhnliche complexe Zahlen als scalare Coeffieienten zu-
lässt, der Rechnung mit Matrizen zweiten Grades völlig aequivalent,
weil die beiden quaternären quadratischen Formen a + y?+2°+ und
xt—yz in einander transformirt werden können. Nur wenn man sich auf
reelle Coeffieienten beschränkt, können die Quaternionen eine selbstän-
dige Bedeutung beanspruchen, deren Wesen darin besteht, dass es
ausser ihnen und den gewöhnlichen complexen Zahlen kein Zahlensystem
Frogesivs: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1011
giebt, worin ein Product nicht verschwinden kann, ohne dass einer der
Factoren Null ist, wie ich in meiner Arbeit Uber lineare Substitutionen
und bilineare Formen, Creıze's Journ. Bd. 84, $14 zuerst dargelegt habe.
Se
Die Elemente &,; («,8® = 1,2,:::n) einer Matrix n““ Grades X
seien n’ von einander unabhängige Variabele. Vertauscht man in X
die Zeilen mit den Spalten, so erhält man die zu X conjugirte Ma-
trix X. Die Elemente der beiden Matrizen A und B seien constante
Grössen. Ihre Determinanten | A| und |B]| seien von Null verschiedene
Grössen, deren Product gleich % ist. Dann haben die beiden Matrizen
AXB und AX’B die Determinante k| X|, und in jeder von ihnen sind
die Elemente lineare Functionen der n* Variabelen &,;.. Umgekehrt
gilt der Satz:
I. Sind die Elemente der Matrix X unabhängige Variabele und die
der Matrix Y lineare Functionen dieser Variabelen, und unterscheidet sich
die Determinante der Matrix Y von der der Matrix X nur wm einen con-
stanten von Null verschiedenen Factor, so ist entweder Y = AXB oder
Y= AXDB, wo A und B constante Matrizen sind; und zwar tritt, wenn
der Grad von X grösser als I ist, nur einer dieser beiden Fälle ein, und
die Matrizen A und B sind bis auf einen scalaren Factor vollständig be-
stimmt.
Der zweite Theil dieses Satzes ist leicht zu beweisen. Denn sei
VYF=AXB=CXD. Setzt man darin 2, —= 0 oder 1, je nachdem
« und 3 verschieden oder gleich sind, so folgt daraus AB= CD, und
wenn man BD" = A’TC=F setzt, XF = FX. Demnach ist F mit
jeder Matrix vertauschbar, und mithin ist #—= hE, wo h ein scalarer
1
1 B.
Ist ferner n>1, so kann auch nicht ANB= CX’D sein. Denn daraus
folgt in derselben Weise XF—= FX’, also z.B. für n=2
(“ b Er Ir b\ =
z ) Ra a) ya)
Diesen vier linearen Gleichungen kann man, wenn die ‚Unbekannten
Factor und EZ die Hauptmatrix ist. Folglich ist O=A4AundD=-
a,b,c,d von den Variabelen «,y,2z,t unabhängig sein sollen, nur
durch verschwindende Werthe der Constanten genügen.
Zwischen den Unterdeterminanten m‘ Grades (O<m<n) der Ma-
trix X besteht keine lineare Relation mit constanten Coefficienten. Denn
seien 7,0,0, :-- diese Unterdeterminanten, @a,b,c,--- Constante, und
sei au+bv+cw+:-:: —=0. Setzt man darin alle Variabelen x; = 0
ausser den m” in « vorkommenden, so verschwinden ©,20,.--, und
93°
1012 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 18. November.
Ss ph}
mithin muss @ = 0 sein. Die Unterdeterminanten (2 — 1)" Grades sind
die ersten Ableitungen von |X] nach den Variabelen x,,.. Da zwischen
ihnen keine lineare Relation mit constanten Coeffieienten besteht, so kann
man |X| nieht als Function von weniger als n? Variabelen darstellen,
’
die lineare Functionen der n’ Variabelen x,, sind. Ist also |Y/| = k|X
so sind die n” Variabelen /,, von einander unabhängig. Daher besteht
auch zwischen den Unterdeterminanten »x'“”" Grades der Matrix Y keine
lineare Relation mit constanten Coefhicienten.
Der Coeffieient von &,, in Y,, sei c®) oder, da zunächst x ein
ar «lo
ten
fest bleibender Index ist, kurz c,,. Ist r eine neue Variabele, und
'aß*
ersetzt man &,, durch ®,,+r, so geht y,, in Y.8+rc,, über. Daher ist
|y.s+r6.;| gleich der Determinante, die aus k hervorgeht, indem
man x, durch w,+r ersetzt. Diese aber ist eine Function ersten
ar
Grades von r, und folglich verschwindet auch in jener Determinante der
Coeffieient von 7”. Derselbe ist gleich der Summe der Producte jeder
Laß
226)
Determinante zweiten Grades der Matrix c,, und der complementären
Determinante (n—2)"“" Grades der Matrix y.,.. Zwischen den letzteren
aber besteht, wenn n>2 ist, keine lineare Relation mit constanten
Coeffieienten. Folglich müssen die Determinanten zweiten Grades der
Matrix c,, sämmtlich verschwinden. Für n = 2 ist dies olıne Weiteres
ersichtlich. Daher kann man 2n Grössen p,, 9. SO bestimmen, dass
Ca = PxIe ist.
Sei ec} = P.Q.,: Setzt man die Variabelen x,,, deren Indices &
und 3 verschieden sind, gleich Null, so mögen X und Y in X, und
Y,
übergehen. Die Elemente der Matrix Y, sind dann
> (x) » —H IE
Sort, ler hrfee
Ist also P die von den Grössen p,,, und Q die von den Grössen q,;
gebildete Matrix, so ist
Y; — PRYQ%
also weil |Y,| =#|X,| = ka.a, x, ist, |P||Q|=%. Demnach sind
|P| und |Q| von Null verschieden.
Die Elemente 2,, der Matrix Z= P"YQ" werden also gleich denen
von X,. falls man die Variabelen «,;.
(276)
deren Indices verschieden sind,
gleich Null setzt, also gleich x
"ac
oder 0, je nachdem 8 = x ist oder
nicht. Oder die Grössen 2,, («sP) und 2,.—&,. — v, hängen allein von
den Variabelen ,, mit verschiedenen Indices ab. Entwickelt man die
identische Gleichung |X| = |Z| nach Potenzen von a, 45°" Ks
so ergiebt sich durch Vergleichung der Coeffieienten des Productes
Ingahr X, dass vd, = U ist. Ebenso ist v,— 0. Vergleicht man dann
die mit &,%,, ‘2, multiplieirten Glieder, so findet man x,,% = 213 2a
und allgemein
Frosentus: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1013
(1.) Va Ve — Laß Aber
Vergleicht man endlich die Coefficienten von &,, &,; °'' &,,, SO er-
hält man
nn 9
0 Aa Wis 0 ia Zıs
01 0 &| = |? 0 2%
%zı &a2 0 Zzı 23, 0
und ebenso allgemein
Va, Vya Va = Up Vay Ude — Ay Ay Faß + 2,6 Lay Fe:
Nach (1.) ist auch das Product der beiden Summanden links gleich
dem der Summanden rechts. Daher ist entweder
a BE EA 7 ” Sun San
Vpy Usa Vu — äy ya Far A Yo Var Ude m eyb ray “oa
oder
nm ee ER I, BR 5
Vpyt ya Vaß “yp Tay “oa 93 VB Va Ve Ge EAN AO CN
Da die Grössen 2,, lineare Functionen der n? unabhängigen Varia-
belen x; sind, so ist nach (r.) bis auf einen constanten Factor, von
dem wir zunächst absehen wollen, entweder 2,; = %,5, 25. = %s, oder
ee = Upes pe — Vup
Bee ren 2 Danne kannenicht ma, 25 — Zr ze
(£>2) sein, weil die rechte Seite nicht durch x,, theilbar ist. Daher ist
also 2 — a, undemithnme2. —
a 2 ar 2, und folglich 2. — 2
&%,,, so erkennt man in derselben Weise, dass
Va Vga Vaı — Aı2 Ma Far r al Var
2 — %.. Ferner muss dann x,. &%s 3
sein. Ist dagegen 2, =
allgemein 2,; = %;. ist.
aD ra
Diese Gleichungen sind aber nur bis auf constante Factoren genau.
Ist 2, — E A SO 185 ern (WM) — = x. und nach der Gleichung
ku
24 Zap 20ı = Ira Ion Is, Allgemein 2,, = Tr Tas Setzt man also
k00
Be 0%0
0 0A ---
so ist Z= RXR" und Y—= PRXRT"Q = AXB. Ebenso ist in dem
1 ku £: 5 -
anderen Falle 2,; = L, Von» = PRXR:Q- AXIB.
U. Sind die Voraussetzungen des Satzes I. erfüllt, und sind auch die
charakteristischen Functionen der Matrizen X und Y einander gleich, so
ist entweder Y = AXA” oder Y= AX’A".
Sei e,; = l oder 0, je nachdem x —= ® ist oder nicht. Dann sind
IX-rE
— IY- rE| die charakteristischen Funetionen von X und Y. Setzt
1014 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
man a; = 6,5, SO MÖge Y.s — C., werden. Ersetzt man dann in der Glei-
chung |Y|=|X| jedes x,; durch &,s—re,s, so erhält man
|Y-rC| = |X-rE| = |Y-rE|.
Vergleicht man auf beiden Seiten die Coeffieienten der ersten
Potenzen von r, so findet man
wo Y,; die Unterdeterminante (n—1)"” Grades von Y ist, die dem Ele-
mente Y,; eomplementär ist. Da zwischen diesen Unterdeterminanten
keine lineare Relation besteht, so ist @,; = €,,. Nun kann man nach
Satz I die Matrizen A und B so bestimmen, dass Y = AXB oder
Y= AX’B wird. Setzt man hier X = EZ, so wird, wie eben gezeigt,
auch” 4 = undemithin st AB aRrealsor Br As
Die entwickelten Sätze bleiben gültig, wenn die Veränderlichkeit
der n’ Variabelen x,; durch die Relationen x;. = x,, beschränkt wird:
III. Sind in einer symmetrischen Matrix X die Elemente &,; (BZ «)
unabhängige Variabele, und sind die Elemente der symmetrischen Matrix Y
lineare Fumnctionen dieser Variabelen, und unterscheidet sich die Determinante
IF] von X| nur um einen constanten von Null verschiedenen Factor, so
ist Y— ANA, wo A eine bis auf das Vorzeichen völlig bestimmte constante
Matrix ist. Sind ausserdem die charakteristischen Functionen von X und
Y einander gleich, so ist A eine orthogonale Matrix.
Ist zunächst AXA’ —= BAP', so ergiebt sich, indem mn X = E
setzt, AA" = BB’. Setzt man: ATB —= AB — E, so ist X Wa
und FF = E. Setzt man die Variabelen «,,. deren Indices verschieden
sind, gleich Null, so wird &.. fs = fs Is, alSO J.. — 0, wenn z von
® verschieden ist. Aus FF =E folgt dann f.—= #1. Die allge-
meine Gleichung XF = FX ergiebt daher &,; fas = JS..%.,;. Mithin ist
F=+E,und B=+A, und folglich ist A bis auf das Vorzeichen
völlige bestimmt.
Zwischen den ersten Ableitungen von IX] nach den Variabelen
x.» (3>«&) besteht keine Relation, weil sich umgekehrt die Elemente
x,, als Functionen dieser Ableitungen darstellen lassen. Zwischen den
Unterdeterminanten m” Grades u.v»,,-:- bestehen zwar lineare Re-
lationen (Kroseoxer, Über die Subdeterminante symmetrischer Systeme,
Sitzungsberichte 1882). Ist au +be +cw+ --- — 0 eine solche, und ist
u eine Hauptunterdeterminante, so muss «= (0 sein. Denn setzt man
alle Variabelen x; = 0 ausser denen, die in © vorkommen, so wird
DEN er ae
Ist nun ce der Coeffieient von x, in Y,;. So ergiebt sich hieraus
a@& ar Ja >
in derselben Weise wie oben, dass in der symmetrischen Matrix c\) alle
Hauptunterdeterminanten zweiten und dritten Grades verschwinden.
Frosenıus: Darstellung der Gruppen durch lineare Substitutionen. 1015
Wie ich in meiner Arbeit Über das Trägheitsgesetz der quadratischen Formen,
$ 2, Satz 2 (Sitzungsberichte 1894) gezeigt habe, verschwinden folglich
alle Unterdeterminanten zweiten Grades, und mithin ist ()=p,,p;.. Nun
folgen dieselben Schlüsse wie oben. Nur kann man, weil 2}, — x}, ist,
die Grössen 4 — =El setzen. Dam ist Ar — R=%R und X = PRXRP!
— HASAL
Sind die charakteristischen Functionen von X und Y einander
gleich, so zeigt man, wie oben, dass für N = E auch Y = E wird, und
folglich ist AA’—= E, also ist A eine orthogonale Matrix.
1016
Über irreversible Strahlungsvorgänge.
Von Lupwıe BoLTtzmann.
Zweite Mittheilung.
Kl Zweifel, ob ich die Mittheilungen Hrn. Prancr’s' gut verstanden
habe, zu beseitigen, sei es mir gestattet, nochmals kurz den gegen-
wärtigen Stand der Frage zu praeeisiren. Es ist sicher möglich und wäre
jedenfalls dankenswerth, einen dem Entropiesatze analogen auch für die
Strahlungserscheinungen aus den allgemeinen Gesetzen derselben nach den
gleichen Principien wie in der Gastheorie abzuleiten. Es würde mich daher
freuen, wenn sich einmal zu diesem Zwecke die Ausführungen Hrn. PLanck’s
über die Gesetze der Zerstreuung elektrischer Planwellen an sehr kleinen
Resonatoren als nützlich erweisen würden, welche übrigens ganz einfache
Rechnungen sind, deren Richtigkeit ich niemals in Zweifel gezogen habe.
Nur wenn Hr. Pranck in der zweiten Mittheilung wieder sagt,
dass in der ganzen Natur sonst kein Vorgang bekannt ist, in welchem
irreversible Veränderungen durch lediglich conservative Kräfte erzeugt
werden, so kann ich dem nicht beipflichten. Lässt man Theorien zu,
welche wie die Prascr’sche gewisse Bedingungen voranstellen, so kom-
men irreversible Vorgänge auch bei andern mechanischen Processen vor.
Wenn ich eine »Theorie« unendlich vieler materieller Punkte aufstelle,
welche von vornherein die Bedingung voranstellt, dass deren Geschwindig-
keiten in der unmittelbaren Nähe eines oder beliebig vieler fixer Kraft-
centra oder kleiner elastischer Kugeln sehr nahe gleich und gleich ge-
richtet sind®, so kann ich hiemit die Fälle, wo sie genau auf diese Centra
zufliegen (von ihnen eingesaugt werden), mit eben so viel Recht aus-
scheiden und dadurch die Einseitigkeit der Erscheinungen verbürgen, wie
Hr. Pranck die gegen den Resonator convergirenden Wellen ausscheidet.
Dagegen ist in einem endlichen (beim mechanischen Probleme durch
eine vollkommen elastische, bei den elektromagnetischen Schwingungen
durch eine absolut spiegelnde geschlossene Hülle) abgegrenzten Raume
jedesmal der direct entgegengesetzte Vorgang ebenfalls möglich. Ob
' Vom 4. Februar und 8. Juli 1897.
* Hiefür könnte man auch eine Anfangs gleichmässig in einer Richtung strömende
reibungslose Wasser- oder Luftmasse setzen, in der sich kleine feste Hindernisse be-
finden oder Ähnliches. Die aus den allgemeinen Gleichungen für solche Fälle folgen-
den Specialgleichungen würden dann immer wie die Hrn. Praxck’s Differential-
quotienten nach der Zeit von ungerader Ordnung enthalten.
7 . . N Er lerd
Borızuann: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1017
derselbe Resonatoren enthält oder nicht. ist im letzteren Falle absolut
gleichgültig'. Darüber hilft keine Art des Grenzübergangs an den Ein-
saugungsstellen der Wellen hinweg. Dass die Lösung der Aufgabe
immer diese Eigenschaft haben muss, kann niemals unbestimmt sein.
Auch durch die physikalisch ohnehin unzulässige Annahme, dass
die Resonatoren im mathematischen Sinne unendlich klein seien, würde
hieran nichts geändert. Man müsste ja dann, um überhaupt Zer-
streuung einer endlichen Energiemenge zu erhalten, annehmen, dass
in einem, wenn auch gegen die Resonatordimensionen sehr grossen,
doch noch immer unendlich kleinen Raume unenülich starke elektrische
Schwingungen stattfinden, die noch immer die Maxwerr'schen Glei-
chungen erfüllen. Abgesehen von dieser Schwierigkeit entspricht auch
in diesem Falle noch immer jeder von einem Resonator ausgehenden
Welle eine ebenso mögliche in umgekehrter Weise auf ihn zugehende
und für die allgemeine Theorie dieser Vorgänge, welche nicht einzelne,
Fälle ausschliesst, sondern alle gleichmässig umfasst. ist wieder jeder
Vorgang reversibel.
Der Beweis, dass bei molecularen Vorgängen nach einer endlichen
Zeit derselbe Zustand eintreten muss, beruht nur auf der Annahme
einer endlichen Zahl von Molekülen. Es wäre absurd, zu erwarten,
dass ein Inbegriff einer endlichen Zahl von Molekülen ein vollständiges
Analogon der gewöhnlichen Fassung des zweiten Hauptsatzes bieten
könne. Dies kann nur von der Limite gelten, der sich die Erschei-
nungen bei wachsender Zahl der Moleküle nähern. Würde man statt
der elektromagnetischen Differentialgleichungen endliche Differenzen-
gleichungen zwischen einer endlichen Zahl von Elementen” annehmen,
so würde auch dort ein analoger Satz gelten.
Wenn daher Hr. Pranck sagt, dass sich ihm auf seinem Wege bis
jetzt die Aussicht auf die Begründung einer rationellen 'Theorie der
irreversiblen Processe noch eher zu bieten scheint, als durch die bis-
herige Auffassung, so wird man darüber ebenso wenig mit ihm streiten,
als wenn er in der ersten Mittheilung darin, nicht aber in den von der
Gastheorie angenommenen Processen, einen lediglich aus conservativen
Wirkungen bestehenden und dennoch einseitig verlaufenden Vorgang
! Wenn diese unendlich gute Leiter sind, ist in ihnen gar nichts zu ändern,
enthalten sie aber Dielektrika, so sind natürlich deren magnetische Polarisationen in
die Umkehrung einzubegreifen.
® In Vorahnung, dass ich die Stelle, wo ich dies als nicht nur möglich, sondern
durch den ersten Schritt vor dem Grenzübergange sogar gefordert bezeichnete, noch
werde eitiren müssen, suchte ich sie in den Wiener Sitzungsberichten, II. Bd. 105
S.gır dadurch auffällig zu machen, dass ich sie mit den sonderbar stilisirten Worten
einleitete »wenn Herız ehrlich ist«, die ich in Wırpemann’s Annalen, Bd.60 S.235,
um Missdeutungsen zu verhüten, mit den Worten vertauschte »wenn wir ehrlich sind«.
1018 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 18. November.
erblieken zu müssen glaubt. Nur darf man diese Sätze nicht so auf-
fassen, als ob Hr. PLancx einen Grund für seine Ansicht angeführt hätte.
Ich will noch dreierlei zu bedenken geben, ı. den schon in meiner
ersten Mittheilung' gemachten Einwand, dass man die Oberflächen un-
endlich gutleitender Resonatoren einfach als Theile der Wand betrachten
kann, dass daher durch die Anwesenheit solcher Resonatoren die Rich-
tigkeit des Satzes Hrn. Prancr’s »Man übersieht leicht ... stationären
Endzustandes ausgeschlossen« (Mitth. vom 4. Februar 1897 Ende der
S.58) unmöglich alterirt werden kann und dieser eine Satz geradezu den
Beweis enthält, dass auch dureh Resonatoren eine Irreversibilität in sei-
nem Sinne nicht erzeugt werden kann. Daher wäre auch jeder Versuch,
beweisen zu wollen, dass sich die von ihm vorangestellte Bedingung in
einem endlichen von absoluten Spiegeln begrenzten Raume, wenn sie
Anfangs besteht, in’s Unendliche erhalten müsse, aussichtslos.
2. Die rein mechanischen Modelle, für welche genau die Glei-
chungen der elektromagnetischen Liehttheorie gelten, sind zwar com-
plieirt und die Hypothese ihrer wirklichen Existenz im Aether ist
unannehmbar. Aber sie sind doch mathematisch möglich. Wenn daher
elektrische oder gar akustische Resonatoren Veranlassung zu irrever-
siblen Vorgängen geben können, so muss mindestens Hrn. PoıscArE's
Ansicht falsch sein, dass irreversible Vorgänge aus den Differential-
gleichungen der reinen Mechanik prineipiell nicht ableitbar seien.
3. Ebenso wie in der Gastheorie könnte man auch bei der Strahlung
einen wahrscheinlichsten Zustand bestimmen oder richtiger eine allge-
meine Formel, die alle die vielen Zustände umfasst, bei denen die Wellen
nicht geordnet sind, sondern in der mannigfaltigsten Weise durch ein-
ander laufen. Derselbe wird sich in einem Resonatoren von genügender
Mannigfaltigkeit enthaltenden Raume höchst wahrscheinlich aus jedem
geordneten Anfangszustande entwickeln. Dass sich ein ungeordneter Zu-
stand in einen geordneten zurückverwandelt, wird immer nur in verhält-
nissmässig wenigen Ausnahmefällen geschehen. Doch kann die Unmög-
lichkeit hievon bei der Strahlung so wenig wie in der Gastheorie be-
wiesen werden. Ja, wenn man statt der Differentialgleichungen solche
mit endlichen Differenzen setzt (den Aether aus einer grossen endlichen
Zahl von Veetorenatomen bestehend denkt, vergl. a.a. O.), so muss in
einem begrenzten Raume (singuläre Fälle ausgenommen) ein dem An-
fangszustande beliebig naher in endlicher Zeit wiederkehren, und wenn
man auch nur eine grosse, endliche Zahl von möglichen Zuständen der
Vectoratome annimmt, so muss sogar im Allgemeinen exact der Anfangs-
zustand wiederkehren.
ı Vom 17. Juni 1897, S.660.
1019
Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse
der oceanischen Salzablagerungen, insbesondere
des Stassfurter Salzlagers.
V. Das Auskrystallisiren der Lösungen von Magnesiumchlorid,
Kaliumsulfat, Magnesiumsulfat, Kaliumehlorid und deren Doppel-
salzen bei 25°.
Von J. H. vaw’r Horr und Dr. W. MEYERHOFFER.
(Vorgetragen am 4. November [s. oben S. 931].)
INraklonn durch die Arbeiten über Magnesiumchlorid' und Carnallit?
die Hauptlücken ausgefüllt sind, welche dem systematischen Angreifen
des Problems von der Bildung oceanischer Salzausscheidungen im Wege
standen, ist nunmehr auf der Arbeit von Löwennerz” über gesättigte
Lösungen von Magnesiumehlorid, Chlorkalium, Magnesium- und Kalium-
sulfat fortzubauen.
Ein drittes Salz ist jetzt hinzugetreten. Anfangs handelte es sich
um Magnesiumchlorid allein, dann, beim Carnallit, um dessen Com-
bination mit Chlorkalium; jetzt ist Magnesiumsulfat als drittes Glied
beigefügt, womit gleichzeitig die Möglichkeit des Auftretens vom oben
mit aufgezählten vierten Salze, vom Kaliumsulfat, gegeben ist.
Vor allen Dingen war es geboten, die Arbeit von LÖwENnHERZ,
in der es sich schon um ziemlich verwickelte Verhältnisse handelt und
die jetzt als Grundlage dienen muss, in möglichst vielen Richtungen
durcehzuprüfen. Diese Controle ist gerade in der Richtung geführt, in der
schliesslich die betreffenden Daten Anwendung finden müssen, und zwar
indem ermittelt wurde, inwieweit die Löwennerz’schen Bestimmungen
einen Einblick geben in die qualitativen und quantitativen Krystalli-
sationsverhältnisse.
Schon LöwEnnerz machte in dieser Richtung (S. 483 der oben eitirten
Arbeit) einige qualitative Versuche, indem er die Natur des sich zuerst
Diese Berichte 1897, 69, 137.
OHLICHE
Zeitschr. f. physik. Chemie 13, 459.
1020 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov,
aus bestimmten Lösungen obiger Salzeombinationen bildenden Salzes
feststellte und daran das Resultat seiner Bestimmungen prüfte. In
einzelnen Fällen wurde dann auch das zweite, sich bei weiterer Ein-
engung ausscheidende Salz seiner Natur nach untersucht.
Wir haben zunächst die Gesetze des Auskrystallisirens, qualitativ
und quantitativ, in vollem Umfange zu entwickeln gesucht und deren
Riehtigkeit an dem Versuch geprüft. Sogleich sei beigefügt, dass die
Bestimmungen von Löwennuerz hierbei im Wesentlichen Bestätigung
fanden und nur eine darin noch zurückgebliebene Unsicherheit! völlig
aufgeklärt wurde, wie später erwähnt wird.
l. Löslichkeitsdaten und deren Darstellung durch
Figur und Modell.
Es sei zunächst die Zusammensetzung der sämmtlichen gesättigten
Lösungen angegeben, welche bei 25° für die Salzeombination KÜl, K,SO,,
MgSO,, MgÜl, eine Rolle spielen; die Löslichkeitsangabe bezieht sich auf
die neben 1000 Wassermolekülen vorhandene Menge, ebenfalls in Mole-
külen ausgedrückt; nur für Chlorkalium sind Doppelmoleküle als Einheit
gewählt, um die Vergleichung mit den in bez. K,SO,, MgSO,, MgÜl, an-
gegebenen Mengen der anderen Salze zu vereinfachen.
K,Cl, K,SO, MgSO, MgCı,
ı. Sättigung an einem Salze.
ON en aa a rs ar iin 10 LO DIOR AS DIOR 44
2 RSOHNES one soo Han era 81000 OO 12
GEM ESOESTIEIL Ober er er rer regen 58
DEM EG JS OJETA O0 Ge 108
2. Sättigung an zwei Salzen.
13 OSLO Bananen una enahord 42 14
E22 RSSO,1SON)2E2 MEZIOEI O2 Frperer er ee nee 16 22
@.(SO))2IE MER 60,50, MER 7 ELORE Renee 14 38
E50, Mer 71320507 DIE O Ber rer 15 73
J. SO, M2..6,530,M 8 Ol, K6 HL Om nn 14 104
RK MeC1, 26150, MEiRICI, 26H OLE Er rere I 105
12 MEIGIE 2 6: ORIG] se een Serererefereiene 5+ 724
3. Sättigung an drei Salzen.
MCN8S0, ES. 1((SON) MERKT SCH ORFEE Re 25 11 21
N. CIR, (SO,),MgR;,.6H,0, SO,Mg.7H,0 ......... 9 16 55
P. CIR:!SO, Me. 7H,0, SO,MEL SEHON Er n 8 15 62
Q. CIK, SO,Mg.6H,0, KCl,Mg.6H,O............ 43 133 70
R. SO,Mg.6H,0, KCl,Mg.6H,0, MgCl,.6H,0.... 2 12 99
! Zeitschr. f. physik. Chemie 23, 95.
® Doppelsalz von Kalium- und Magnesiumsulfat, auch Schönit oder Pikromerit
genannt.
Doppelsalz von Magnesium- und Kaliumchlorid, also Carnallit.
van'r Horr nnd Meyernorrer: ÖOceanische Salzablagerungen. V. 1021
5,0 4,0
2,0 3,0
Z,
‘
Behufs weiterer An-
wendung seien diese
Daten graphisch ein-
getragen in dieFig.ı,
und zwar als Projec-
tion eines durch Be-
nutzung rechtwinke-
liger Axen zu erhal-
tenden Modells. Die
horizontale Projec-
tion, welche durch
die untere Hälfte der
Figur gegeben wird,
enthält die horizon-
talen Axen O, A, und
O,B,, wie deren
Verlängerungen O, €,
und, 0,2% Darauf
sind die in der obi-
gen Tabelle verzeich-
—.neten bez. Mengen
K,C1,,K,SO,,MgSO,
(—=—K,Cl,)undMgÜl,
(= — K,SO,) aufge-
tragen, und zwar
derart, dass die reci-
proken Salzpaare in
entgegengesetzter
Richtung auszumes-
sen sind. So wird
die horizontale Pro-
jeetion von Punkt
M,, Sättigung an
CK, K,SO, und
Schönit erhalten, in-
dem von O0, aus 25
(K,ClL,) nach rechts,
ıı(MgSO nach links,
| also im Ganzen 25 —
ı1=14 nach rechts
und 21ı(MgCL,) nach
oben aufgetragen
1022 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
werden. Vertical in M, ist dann als dritte bestimmende Grösse die
Summe der 'Salzmoleküle 25; +11+ 21= 57 abzumessen, und so
ergiebt sich die vertikale Projection von M in der oberen Hälfte der
Figur als M,. Es sei bemerkt, dass in dieser Weise vollkommen das-
selbe Gebilde erhalten wird wie von LÖwEnHErz, der die Benutzung
von vier in 0) zusammentreffenden Oktaederkanten OA,OB,O0€C und
OD zu Grunde legte und darauf die bez. Mengen von CL,K,,K,SO,,
MgSO, und MgÜl, auftrug. Das so erhaltene Punktsystem ist jetzt noch
durch Linien in geeigneter Weise zu verbinden. Die Umrandung der
Figur durch AEBFGCHJDKL entwickelt sich, indem man z.B. be-
rücksichtigt, dass in A Sättigung an Chlorkalium allein, in # Sättigung
an Chlorkalium und Kaliumsulfat besteht und also eine A mit E ver-
bindende Linie, die jedoch nicht gerade zu sein braucht, Sättigung an
Chlorkalium vorstellt unter wachsendem Kaliumsulfatgehalt. Innerhalb
dieser Umrandung sind dann die Linien zu ziehen, welchen Sättigung
an je zwei Salzen entsprechen: so ist z.B. #, wo Sättigung an Chlor-
kalium und Kaliumsulfat besteht, zu verbinden mit M, wo Sättigung
an Chlorkalium, Kaliumsulfat und Schönit vorliegt; dieser Linie EM
entspricht dann Sättigung an den beiden genannten Kaliumsalzen unter
zunehmender Magnesiumsalzmenge. Sind in dieser Weise sämmtliche
Linien gezogen, so hat man sich dieselben noch in geeigneter Weise
durch Flächen verbunden zu denken, welche der Sättigung an je einem
Salze entsprechen. So z.B. entspricht ein geschlossenes von A aus-
gchendes Liniensystem AEMNPQLA immer Sättigung an Chlorkalium,
indem daran Sättigung vorliegt in den Punkten, welche durch diese
Linien verbunden sind; dann liegt aber zwischen diesen Linien eine,
wohl gekrümmte, Fläche, welche ebenfalls Sättigung an Chlorkalium
vorstellt, und so ist schliesslich:
AEMNPQL das Feld für Sättigung an Chlorkalium.
LQRKE » Dan » » Carnallit.
KERJD De » » Magnesiumchlorid,
IRQOPH » a» » » Magnesiumsulfathexahydrat,
HEPNIGEO. De » » » » hepta »
GKEMF a » » Schönit,
FMEB » »o» » » Kaliumsulfat.
Der Einblick in die Sättigungs- und Krystallisationsverhältnisse
wird bedeutend erleichtert durch Anwendung des Modells selber, das
die in Fig. ı durch Projection vorgestellte Sättigungstläche in wirklicher
Lage enthält. Dazu sind auf einem Holzbrett, das der horizontalen Pro-
jeetionsebene entspricht und worauf also die untere Hälfte der Fig. ı
angebracht ist, in den Punkten A, bis R, verticale Metallnadeln befestigt.
van'r Horr und MEyeruorrer: ÖOceanische Salzablagerungen. V. 1023
Die Länge dieser Nadeln ist durch die in der verticalen Projection ent-
haltene Dimension, also durch die Molekülsumme bedingt. In diesem
Modell sind die Linien, welche die Felder für Sättigung an bestimmten
Salzen begrenzen, also die Linien AFP, EM u.s. w., durch gespannte
Drähte wiedergegeben, welche die Endpunkte der Nadeln verbinden.
Schliesslich ist noch Behufs nachheriger Anwendung der Punkt O0 durch
anders gefärbten Draht verbunden mit den Punkten A, 5, C, D, welche
Sättigung an den einfachen Salzen allein entsprechen, und mit y und T,
welche, wie später zu erwähnen, Sättigung an bez. Schönit und Car-
nallit allein entsprechen.
Die gestellte Aufgabe, einen erschöpfenden Einblick in die quali-
tativen und quantitativen Krystallisationsverhältnisse zu haben, lässt
sich jetzt auf drei Wegen lösen:
1. durch Rechnung auf Grund der Sättigungsdaten,
2. durch Benutzung des eben beschriebenen Modells,
dureh Übertragung der so gegebenen Andeutungen als Con-
(8)
struction in die Projection dieses Modells Fig. 1.
Es zeigt sich dabei die Rechnung als geeignetes Hülfsmittel zur
Feststellung der quantitativen Verhältnisse, nachdem durch 2 und spe-
ciell 3 der qualitative Gang festgestellt ist. Bemerkt sei, dass die
betreffende Construction in strenger Durchführung auf die Unbekannt-
heit der Flächenkrümmungen stösst und deren geradlinig gezogene Ab-
grenzung Willkürliches enthält. In vorliegendem Fall sind aber die
daraus hervorgehenden Unsicherheiten so gering, dass eine den That-
sachen ziemlich weit entsprechende Lösung durch Construction gegeben
werden kann.
II. Feststellung des qualitativen Krystallisationsverlaufs.
A. Ausscheidung des ersten Salzes.
Wie schon LöwenHerz bemerkt hat, wird die Natur des zuerst sich
aus irgend einer Kalium- und Magnesiumsulfat- und chloridhaltigen
Lösung aus der graphischen Darstellung Fig. ı entlehnt, indem O durch
eine gerade Linie mit dem Punkte @« verbunden wird, dessen Lage der
Zusammensetzung der einzuengenden Lösung entspricht. Einfachheits-
halber liegt in Fig. ı der Punkt a in einer durch CA gehenden Vertical-
ebene, und handelt es sich also um eine Lösung, die Magnesiumsulfat
und Chlorkalium (ohne etwaigen Überschuss von Magnesiumchlorid oder
Kaliumsulfat) enthält. Das Einengen ohne Salzausscheidung entspricht
dann einer Bewegung in der Fortsetzung der Linie Oa, bis irgend in Y
das der Sättigung entsprechende Flächengebilde getroffen wird, was
1024 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
Ausscheidung von demjenigen Salze bedeutet, an dem eben dort Sätti-
gung besteht.
Die Bestimmung des betreffenden Sehnittpunktes ist durch eine
Construction möglich, wobei eine durch Oa gelegte Verticalebene zum
Ziel führt. Dieselbe schneidet das auf Sättigung an MgSO,.7H,O be-
zügliche Feld in CB bei y,, was also auf MgSO,.7H,O als zuerst
auskrystallisirendes Salz hinweist.
Noch einfacher gestaltet sich die Sache, falls man sich des oben
beschriebenen Modells bedient. An diesem Modell sieht man sofort,
welches Salz sich zuerst ausscheidet, falls man in der Richtung a0 blickt
und beobachtet, in welche (sich auf Sättigung an bestimmtem Salz be-
ziehende) Fläche man hineinschaut. Eine kleine Unsicherheit wird dann
nur veranlasst durch den im Modell angenommenen geradlinigen Lauf der
Linien, welche die Sättigungsfläche begrenzen.
B. Ausscheidung des zweiten Salzes. Krystallisationswege.
Nachdem die Ausscheidung des ersten Salzes stattgefunden hat,
findet durch weiteres Einengen der Lösung bei 25° zunächst eine ver-
mehrte Ausscheidung desselben Salzes statt, bis Sättigung an einem
zweiten eintritt und dies also sich bildet. Die Berechnung zeigt ganz
scharf. welehes dies zweite Salz sein wird, aber auch vermittelst der
graphischen Darstellung und des Modells lässt sich die betreffende
Frage, und zwar in mehr durchsiehtiger Weise beantworten.
Wählen wir zunächst die Berechnung zur Grundlage und verfolgen
wir den speeiellen Fall, dass die erste Ausscheidung Mg SO, . 7H,O ist,
so handelt es sich bei der zweiten Ausscheidung um die Wahl zwischen
den das Magnesiumsulfatfeld (CGNPH in Fig.) umgebenden Feldern,
also von:
ı. Scehönit, das sich bei @N anschliesst,
2. Chlorkalium, das sich bei N P anschliesst,
3. MgSO,.6H,O, das sich bei PH anschliesst.
Zur Feststellung der zweiten Ausscheidung ist zu berücksichtigen,
dass die betreffende Lösung, welche allgemein durch 1000H,0 aMgSO,
bK,SO, eMgCl, vorstellbar ist, beim Einengen unter Ausscheidung von
Magnesiumsulfat das darin obwaltende Verhältniss K,SO,:MgCl, = b:c
nicht ändert. Dieses Verhältniss ist aber:
ı. In @ mit 1000H,0 14K,SO, 35MgSO, K,SO,.Mg0l, = ©
De N » » » 9 » 7 » 64 MsÜl, » » = 9 F 64
SE » P » » » S » 7 » 79 » » » == 8 ‘ 79
4. » H » » » [®) » I 5 » 7 3 » » » ===) (0)
van'ır Horr und MEvErHoFFER: Öceanische Salzablagerungen. V. 1025
In dem speciellen durch Fig. ı wiedergegebenen Falle, wo die Ma-
gnesiumsulfatausscheidung in y anfängt und die ursprüngliche Flüs-
sigkeit eine Zusammensetzung hatte, welche der Lage von a (in der
durch CA gehenden Verticalebene) entspricht, ist das Verhältniss
K,SO,:MgCl, = ı und liegt also zwischen den N und @ entsprechenden
Werthen. Das zweite sich ausscheidende Salz ist also in diesem Fall
Schönit.
Äusserst einfach gestaltet sich aber die Lösung des betreffen-
den Problems durch Benutzung des oben beschriebenen Modells.
Bleibt in einer Lösung das Verhältniss K,SO,:MgCl, ungeändert und
enthält die Flüssigkeit ausserdem MgSO,, so bewegt man sich in
einer durch OC gehenden Ebene, welche also durch OC und y, zu
legen ist. Man sieht also, welches Salz sich in zweiter Linie aus-
scheiden wird, falls man sich derart stellt, dass y, oder einfacher
noch a irgend in OC gesehen wird und beobachtet, auf welches an
Magnesiumsulfat grenzendes Feld CO hinausläuft. Zu bemerken ist,
dass CO eben gerade der Richtung entspricht, welche Abnahme an
Magnesiumsulfat darstellt.
Auch eine einfache Construction erlaubt einen Einblick, unter der
vereinfachenden Annahme jedoch, dass die Linien und Flächen der
Fig. ı, welche gekrümmt und gebogen sein können, als gerade und eben
zu betrachten sind. Es handelt sich dann bei weiterer Krystallisation
um Bewegung einer Linie entlang, welche als Durchschnitt zwischen
Magnesiumsulfatfelld und Ebene OCy,a entsteht, also um Bewegung in
der Richtung y,ß, mit anderen Worten beim Auskrystallisiren von Ma-
gnesiumsulfat bewegt man sich einem »Krystallisationswege« entlang,
welcher, im Feld für Sättigung an diesem Salze gelegen, sich entfernt
von dem Punkt €, welches Sättigung an diesem Salze allein entspricht.
Zum selben Schluss führt eine andere Betrachtungsweise, wobei man
sich das Umgekehrte des Auskrystallisirens von Magnesiumsulfat ver-
gegenwärtigt. Dann handelt es sich also um Zusatz von Magnesium-
sulfat und Wasser und, in welchem Punkte des Feldes CGN PH man
sich dann auch befinden mag, das Endresultat ist immer eine Lösung,
die wesentlich nur Magnesiumsulfat enthält, also Bewegung nach Punkt
C, das Entgegengesetzte des Vorigen.
Die weitere Durchführung gestaltet sich nun ebenso einfach für
die Salze K,SO,, CIK und MgÜl,.. 6H,0: Ausscheidung derselben ent-
spricht einer Bewegung in den bez. Feldern BFME, AEMNPQL,
DKRJ Linien entlang, welche sich von bez. B, A und D entfernen
und als BO, AO, DO im Modell zu sehen sind.
Bei den anderen Salzausscheidungen, also von MgSO,.6H,O, Schö-
nit und Carnallit, sind zunächst die Orte durch Construction zu er-
Sitzungsberichte 1897. 94
1026 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
mitteln, welche Sättigung an diesen Salzen allein entsprechen. Die-
selben sind in Fig. ı nicht ohne Weiteres angegeben, weil es sich um
Lösungen handelt, die instabil sind und in den bez. Fällen unter Aus-
scheidung von MgSO,.7H,0, K,SO, oder KCl sich ändern würden. Die
verlangten Orte sind also aufzusuchen:
Sättigung an MgSO,.6H,O allein ist in der Verlängerung von
Linie J,H, zu finden bis in Ö,, wo die Lösung Magnesiumsulfat allein
enthält;
Sättigung an Schönit allein ist in der Verlängerung der Linie
G,F, zu finden bis in y, wo die Lösung Magnesium- und Kalium-
sulfat im dem Schönit MeK,(SO,),6H,O entsprechenden Verhältnisse
enthält und also @,F, die den Winkel C,0,B, halbirende Linie O,Y
schneidet;
Sättigung an Carnallit allein ist in der Verlängerung von Linie ÄA,Z,
bis in 7 zu finden, wo die Lösung Magnesium- und Kaliumehlorid im
dem Carnallit M&KCl,. 61,0 entsprechenden Verhältnisse enthält und
also r von O,A, und O,D, im Verhältnisse 2 :ı entfernt ist.
Das Auskrystallisiren der drei letzterwähnten Salze MgSO, . 6H,O,
Schönit und Carnallit entspricht also einer Bewegung auf den bez. Sät-
tigungsfeldern JRQPH, NGFM und KRQL in Richtungen, die sich
von bez. ö, y und 7 entfernen, und im Modell als YO und TO ge-
sehen werden, während 6 ein Punkt der Linie CO ist, welche Aus-
scheidung von Magnesiumsulfat entspricht, unabhängig davon, ob die-
selbe als MgSO,.7H,0 oder MgSO,.6H,O erfolgt.
C. Krystallisationsgang am Rande des Sättigungsfeldes.
Die Feststellung des in zweiter Linie auskrystallisirenden Salzes
entscheidet über dasjenige, was stattfinden wird, falls die Lösung nur
zwei Salze enthält, die entweder einer gemeinschaftlichen Säure oder
einer gemeinschaftlichen Base angehören, wie z.B. Kalium- und Magne-
siumsulfat einerseits, Kaliumchlorid und -Sulfat andererseits. Man be-
findet sich dann und bleibt am Rande des Sättigungsfeldes, wo eben
nur die Möglichkeit gleichzeitiger Ausscheidung von höchstens zwei
Salzen gegeben ist. Was nach Ausscheidung des zweiten Salzes weiter
stattfinden wird, hängt in einigen Fällen davon ab, ob die ausge-
schiedenen Salze in Berührung mit der Lösung verbleiben oder davon
getrennt werden. Im ersten Fall ist die Möglichkeit gegeben, dass
das zuerst ausgeschiedene Salz unter Entwickelung des zweiten auf-
genommen wird. Solches ist z.B. in der Kaliummagnesiumsulfatlösung
der Fall bei Verhältnissen, die zwischen B und F in Fig. ı liegend
zunächst Ausscheidung von Kaliumsulfat herbeiführen; entsteht dann
van'r Horr und MEyErHorFFErR: Oceanische Salzablagerungen. V. 1027
in F Schönit, so wird dabei Kaliumsulfat aufgezehrt. Falls die natür-
liche Salzausscheidung in Form einer ziemlich eompacten Kruste am
Boden der Lösung er-
folgt, wird ein der-
artiges Aufzehren als-
bald gehemmtwerden
durch Überkrustung
mit dem zweiten Sal-
ze, und so sei die Be-
trachtung speeiell auf
den Fall gerichtet,
dass die Salze der
Lösung entnommen
werden. Die Fig. 2
gewährt dann einen
völligen Einblick,
welcher durch Pfeile
verdeutlicht wird,
deren Richtung den
obigen Betrachtun-
gen zu entnehmen
ist und der Entfer-
nung vom Punkte der
Sättigung am aus-
krystallisirenden Sal-
ze allein entspricht.
Beim Auftreten vom zweiten Salz sind dann zwei Möglichkeiten
zu unterscheiden:
1. Die zwei Pfeile laufen auf einander zu, die Lösung trocknet
dort unter Ausscheidung der zwei Salze völlig ein:
a) bei E, unter Bildung von Kaliumchlorid und -sulfat;
Di =» GG, » » » Schönit und Magnesiumsulfat;
CE rn » » MgSO,6H,O und Magnesiumchlorid;
Os Ken » » Magnesiumchlorid und Carnallit.
2. Die zwei Pfeile gehen in derselben Richtung, die Krystalli-
sationserscheinung gleitet an «em betreffenden Punkt vorüber, d.h.
auf Ausscheidung des ersten Salzes folgt die des zweiten, und es
würde, beim Verbleiben des ersten in Berührung mit der Lösung das-
selbe aufgezehrt werden:
a) bei F, wo die Bildung von Schönit derjenigen von Kaliumsulfat
nachfolgt;
94*
1028 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
b) bei H, wo die Bildung von MgSO, .6H,O derjenigen von MgSO,.7H,O
nachfolgt;
c) bei Z, wo die Bildung von Carnallit derjenigen von Kaliumcehlorid
nachfolgt.
D. Krystallisationsgang innerhalb des Sättigungsfelds.
Krystallisationsbahnen.
Da der Weg, welcher, beim Auskrystallisiren, über das Sättigungs-
feld verfolgt wird, nach Obigem bestimmt ist, handelt es sich im We-
sentlichen nur um Feststellung von demjenigen, was stattfinden wird,
falls ein zweites Salz zur Ausscheidung kommt, also eine der Linien ge-
troffen wird, welche obiges Feld begrenzen. Zwei Möglichkeiten sind
dann wieder zu unterscheiden:
1. Es erfolgt eine gleichzeitige Ausscheidung von beiden Salzen;
die Zusammensetzung der Lösung bewegt sich dann der Grenzlinie
entlang, welche daher zu einer »Krystallisationsbahn« wird. Dasselbe
findet statt, falls die Krystallisationswege beiderseits auf die Grenzlinie
zulaufen. In Fig. 2 lässt sich dies schon der Pfeilrichtung am Rande
entnehmen: das auf @ Zulaufen der beiden Pfeile z.B. weist darauf hin,
dass GN Krystallisationsbahn ist, entlang welcher Ausscheidung von
Sehönit und Kaliumsulfat erfolgen wird.
2. Anders dagegen in FM; der Krystallisationsweg wird da hin-
übergehen, indem der Ausscheidung von Kaliumsulfat diejenige von
Schönit nachfolgt; deshalb ist auch FM in Fig. 2 gebrochen gezeichnet.
Wird nun in dieser Weise systematisch weitergegangen, so erhält
man Fig. 2 als Bild des Gesammtresultats mit folgenden Krystallisations-
bahnen:
ı. EM, Ausscheidung von Chlorkalium und Kaliumsulfat;
2 IyIEIN® » » » » Scehönit;
BERGEN, » » Kaliumsulfat » »
a Na » » MgSO,.7H,0 » Chlorkalium;
5. 20). » » MgSO, . 6H,O » »
6. QR, » » » » Carmnallit;
7a Kon » » MgCl,.6H,O » »
BER: » » » » M8SO,. 6H,O.
Gebrochen gezeichnet sind die anderweitigen Grenzlinien:
ı. FM, wo der Krystallisation von Kaliumsulfat die von Sehönit
nachfolgt:;
2. HP, woderKrystallisation von MgSO, .7H,0 die vonMgSO,.6H,O
nachfolgt;
3. QL, wo der Krystallisation von Chlorkalium die von Carnallit
nachfolgt.
van'r Horr und Meyeruorrer: Öceanische Salzablagerungen. V. 1029
E. Abschluss des Krystallisationsvorgangs.
Krystallisationsendpunkt.
Der Vorgang, welcher auf den Krystallisationsbahnen stattfindet,
schliesst in sich, was zu erwarten ist, Punkte, wo mehrere derartige
Bahnen sich treffen, so in M, N, P, Q, R. Die auf den Bahnen an-
gebrachten Pfeile sagen aus, dass z.B. in M die Krystallisation ihren
Weg weiter verfolgen wird, also von A über M nach N; auch dort wird
es nicht zum Stillstand kommen, sondern an P und Q vorüber nach R.
Dort fehlt aber der Ausweg: sämmtliche Pfeile sind auf R zu gerichtet
und so erstarrt dort die Lösung schliesslich zur trockenen Mischung
von SO,Mg.6H,O, Carnallit und Magnesiumchlorid. Es handelt sich
hier also um den »Krystallisationsendpunkt«, auf den sämmtliche Lö-
sungen, welche die Chloride und Sulfate von Kalium und Magnesium
enthalten, beim Einengen bei 25° hinauslaufen. Solches geht auch
aus einer Überlegung der Zusammensetzung der betreffenden Lösungen
hervor: nur in R ist dieselbe derart, dass sie als Summe der drei dort
zusammenstossenden Salze und Wasser, also als eine »congruent ge-
sättigte Lösung« im Sinne MrYvERHOFFER’s' aufgefasst werden kann:
1000H,0 2K,Cl, 12MgSO, 99MgCl, = 4MgK(Ü],.. 6H,O
+ 95MgCl,.6H,O + 12MgSO,.6H,O + 334H,0,
was weder in Q, P, N noch M der Fall ist.
Ill. Feststellung des quantitativen Krystallisations-
vorganges.
Handelt es sich um die Frage nach der ausgeschiedenen Salzmenge
bei Kenntniss der ursprünglichen Zusammensetzung, so weist, nachdem
im Obigen bestimmt ist, welche Salze zu erwarten sind, eine Gleichung
deren bez. Mengen aus, falls man in einem der Punkte M, N, P, Q, R,
wofür die Zusammensetzung der Lösung bekannt ist, anlangt. Diese
Berechnung sei anschliessend an einige bestimmte Krystallationsver-
suche gegeben und dann in vollem Umfang durchgeführt.
A. Erster Krystallisationsversuch.
(Von OÖ, moleculare Mengen K,;,SO, und MgCl,, bis M, Ausscheidung von K,SO,,
Schönit und Chlorkalium.)
Moleculare Mengen K,SO, (174° 3) und MgC],.6H,O (203° 4) werden
genommen, entsprechend also 0, in Fig. ı; wie erwartet, scheidet sich
zuerst Kaliumsulfat aus. Man geht also Linie O,D, entlang und über-
schreitet die Schönitgrenze F,M,:; thatsächlich trat Schönit als zweites
! Sitzungsber. der Akademie der Wiss. in Wien, 104, rı, 849.
1030 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
Salz auf, und die Kaliumsulfatausscheidung kommt zum Abschluss, oder
vielmehr das schon ausgeschiedene Sulfat wird zum Theil aufgezehrt,
bis in 7, Chlorkalium auftritt. Als diese Ausscheidung eben eingetreten
war, wurden das noch übrige K,SO, und der gebildete Schönit aufge-
hoben und analysirt; es ergab sich:
25°” K,SO, und 120° K,Mg(SO,),6H,O.
Die Berechnung verlangt, da in M die Lösung der Zusammensetzung
1000H,0 25CLK, ı 1ıSO,Mg 21C1,Mg entspricht:
K,SO, + MgCl, + aH,O = ıaK,SO, + yK,Mg(SO,),6H,O
+ ®(1000H,0 25C1,K, 1 1SO,Mg 21Cl,Mg),
also:
für CL 1=46® oder © = 1las
» Mgı=y+ 320 also y= 1a;
».K, 1 — 249%. 250 alsor® — 1,6
demnach:
berechnet K,SO, 174.32 = 174-3 1/46 = 26°5 (25 gef.)
y K,Mg(S0,),6H,0 402.8, = 402.8 7/,3; = 122%6 (120 gef.).
B. Zweiter Krystallisationsversuch.
(Von M, Ausscheidung von R,SO,, Schönit und Chlorkalium, bis N, Ausscheidung
von Schönit, Chlorkalium und M&SO, .7H,0.)
Bei weiterem Einengen, immer im Thermostaten bei 25°, geht man
jetzt der Krystallisationsbahn MN entlang und entsprechend findet auch
Ausscheidung von Schönit und Kaliumchlorid statt, bis sich die An-
fo)
kunft bei N zeigt durch das Auftreten von Maenesiumsulfat. Die auf-
{ fo)
gehobenen Krystallmengen, gewogen und analysirt, ergaben sich jetzt zu:
20® K,Mg(SO,),6H,O und 58° KCl,
die Berechnung ergiebt:
K,SO, + MgCl, — 7/,6K,SO, — 7/23 K,Mg(SO,),6H,0 + 6H,0 =
xK,Cl,+ yK,Mg(SO,),6H,0 + ®(1000H,0 gK,01,16S0,Mg 5 5MgC1,),
also:
für Mg "6, = y+ 710
» SO, "ii = 24y+160,
woraus:
en undej)—
126.46
für CO, ı= x + 640,
269
126.46
woraus:
van'r Horr und Meveruorrer: Öceanische Salzablagerungen. V. 1051
demnach:
60
ber = gef.
jerechnet KCl —— u T49.2 — 061809 (58 gef.)
269
126.4
Die Übereinstimmung ist also in beiden Fällen eine befriedigende.
» K,Mg(S0,,6H,0 —_ , 402.8 = 1878 (20 gef).
C. Dritter Krystallisationsversuch.
(Ausscheidung von MgSO,.7H.0 und MgCl,.. 6H;0; Feststellung der Carnallit-
chlorkaliumgrenze.)
Nachdem der Ausscheidung von MgSO,.7H,0O diejenige von
MgSO,.6H,O nachgefolgt war, liess sich die Unsicherheit beseitigen,
welche noch in der Löwennerz’schen Arbeit in Bezug auf die Zusammen-
setzung der an MgSO,.6H,O, Carnallit und Chlorkalium gesättigten Lö-
sung vorlag. Nach seinen eigenen Angaben! waren die Resultate wesent-
lich verschieden, falls zur Darstellung der Lösung im Voraus über 24°
erhitzt wurde oder nicht. Im ersten Fall wurde eine Zusammensetzung
entsprechend:
1000H,0 2K,Cl, 12MgSO, 98MgCl,
festgestellt, im zweiten dagegen:
1000H,0 SK,Cl, 15MgSO, 66Mg(l,.
Die Wiederholung zeigte uns Abweichungen in ganz demselben
Sinne, wonach also durch vorheriges Erhitzen die Chlormagnesium-
menge in der Lösung auf Kosten des Chlorkaliumbetrags ansteigt.
-Um über diesen Punkt völlig im Klaren zu sein, wurde das Verfahren
der quantitativen Krystallisation mit der Bestimmung der Löslichkeit
verknüpft.
Es wurde also eine Lösung dargestellt, welche der Zusammensetzung
bei Punkt N (Sättigung an CIK, MgK,(SO,),6H,O und MgSO,. 7 H,O)
entspricht, also auf 1000H,0:
gCl,K, 16MgSO, 55 MgCl, = 9SO,K, 7MgSO, 64MgQl,
und die folgenden Substanzmengen in Grammmolekülen enthielt:
0.101S0,K, 0.0786MgSO, 0.719 MgCl..
Beim Einengen bei 25° wurde, entsprechend der vorigen Beobachtung,
etwas MgSO,.7H,O ausgeschieden, bis Punkt P (Sättigung an CIK,
MgSO,.7H,0 und MgSO,.6H,O) erreicht war; dann folgte, immer neben
! Zeitschr. f. physik. Chemie, 23, 95.
1032 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
Chlorkaliumausscheidung, Bildung von MgSO,.6H,O unter Aufzehrung
des MgSO,.7H,0, und die Krystallisation wurde aufgehoben beim ersten
Auftreten von Carnallit in Punkt ( (Sättigung an MgSO,.6H,0, CIK und
Carnallit). Die Analyse ergab für die Ausscheidung:
8”5 Chlorkalium und 14° MgSO,.6H,O.
Gegenüber der früher erhaltenen Übereinstimmung zwischen Krystalli-
sationsbefund und Zusammensetzung der Lösung zeigt sich hier, dass
die oben zuerst erwähnte Zusammensetzung bei Punkt @:
1000H,0 2K,Cl, 12MgSO, 98Mg(l,
unrichtig ist.
Die auszukrystallisirenden Mengen lassen sich, auf Grund dieser
Zusammensetzung, aus der folgenden Gleichung berechnen:
0.101S0,K, 0.0786MgSO, 0.719MgCl,aH,0 =
xK,Cl,+yMgSO,.6H,0 + ®(1000H,0 2K,Cl, 12MgSO, 98MgQ1,)
also:
für K, 0.101 = x + 2®
» CL, 0.719 = x-+ 1000,
woraus
nee:
49 49
für SO, 0.1796 =y-+120@,
woraus
Amen:
19°
demnach:
berechnet KÜl = 149.2 = 13.2°(3.5 gefunden)
».8O,Mg.6H,0 9° °# 258.5 = 23%8(14 gefunden);
49
das Resultat ist also unzweideutig, und so ist die Bestimmung der Zu-
sammensetzung einer bei 25° an CIK, MgSO,6H,O und KCl,Mg.6H,O
gesättigten Lösung neu aufgenommen worden.
Zuerst wurde die eben erhaltene Mutterlauge, worin also in Ther-
mostaten bei 25° sieh neben CIK und SO,Mg.6H,O ein Anfang von
Carnallitbildung zeigte, analysirt mit dem Resultate:
ı000H,0 4.59K,Cl, 13.44MgSO, 69.11MgCl..
Diese Flüssigkeit wurde dann im Apparat zur Löslichkeitsbestim-
mung bei 25° während 2 Stunden mit frischen Mengen
CIK, MgSO,.6H,0 und KCl, Mg.6H,O
van'r Horr und MEvErHoFFER: ÖOceanische Salzablagerungen. V. 1033
gerührt und zeigte jetzt die Zusammensetzung:
1000H,0 4.7 K,Cl, 13.76MgSO, 70.4MgCl,,
welche nach weiterem zweistündigen Rühren kaum geändert war:
1000H,0 4.74K,Cl, 13.69MgSO, 68.96MgCl..
Diese Bestimmungen entsprechen sehr annähernd dem Befund von
Löwennerz bei seiner zweiten Methode ohne vorheriges Erhitzen. Sie
stimmen auch, wie zu erwarten, mit dem Ergebniss der Krystalli-
sationsversuche bis auf einige Zehntelgramm überein.
Nachdem diese Unsicherheit in den Löwennerz’schen Daten be-
seitigt war, erschien es wünschenswerth, die Ursachen zu erforschen,
welche bei der Löslichkeitsbestimmung im erwähnten Fall eine so
grosse Differenz bewirkt, je nachdem im Voraus über 25° erwärmt wird
oder nicht. Es könnten ja dadurch bei anderen, im Vorigen nicht con-
trolirten Bestimmungen von Löwennerz ähnliche Abweichungen ver-
ursacht sein. Völlige Aufklärung brachten in dieser Hinsicht eine Reihe
von später zu erwähnenden mit Dr. F. G. Doxsaw durchgeführten Ten-
sionsbestimmungen, welche zeigten, dass eine ähnliche Erscheinung wie
beim Carnallit-, Chlorkalium-, Magnesiumsulfatgemisch auch bei der
Mischung von Carnallit und Chlorkalium allein auftritt. Auch dort
fällt beim vorherigen Erwärmen über 25° der Magnesium- auf Kosten
des Kaliumgehalts viel zu hoch aus. Es wurde z.B. gefunden:
1000H,0 98MgCl, 0.3K,Cl,.
Beim Rühren dieser Lösung mit Carnallit und überschüssigem
Chlorkalium tritt eine Zunahme des Chlorkaliumgehalts auf Kosten der
Magnesiumchloridmenge ein, jedoch stellt sich durchaus nicht auf ein-
mal die richtige Zusammensetzung ein, was wohl davon herrührt,
dass das Chlorkalium durch eine sich darauf bildende Kruste von
Carnallit der weiteren Berührung mit der Lösung entzogen wird. Wir
haben deshalb auch hier das combinirte Verfahren angewandt, das
bei etwas verwickelteren Fällen Vortheil gewährt, indem zunächst durch
systematisches Auskrystallisiren im Thermostaten die Lösung diejenigen
Körper ausscheidet, an denen Sättigung verlangt wird, und die Lösung
sich also in sichtbarer Berührung mit den gewünschten Bodenkörpern
befindet. Eine so viel Chlorkalium enthaltende Magnesiumchloridlösung,
dass Einengen zunächst Chlorkaliumausscheidung bewirkt, führt dabei
zum Ziel. Sobald der Chlorkaliumausscheidung das Auftreten von Car-
nallit folgt, hat die Flüssigkeit, wie die Analyse zeigte, schon die
richtige Zusammensetzung. Dieselbe wurde dann zur Löslichkeitsbe-
stimmung bei 25° mit Chlorkalium und Carnallit während 20 Stunden
gerührt und zeigte dann die Zusammensetzung:
10oo0H,O 72.66MgÜl, 5.76K,Cl..
1034 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
Nach nochmaligem zwanzigstündigem Rühren mit neuen Salzmengen
ergab sich:
i 1000H,0 72.69MgQ], 5.75K,Cl..
D. Zusammenfassender Überblick über den quantitativen
Krystallisationsgang.
Nachdem also die wesentlichen qualitativen und quantitativen Kry-
stallisationsverhältnisse an Hand der Löwesnerz’schen Arbeit durchge-
führt waren (es wurde auch der Krystallisationsendpunkt, das Eintrock-
nen der Lösung unter gleichzeitiger Ausscheidung von Magnesiumchlorid,
Carnallit und MgSO,.6H,O, beobachtet) und eine Unsicherheit daraus
entfernt werden konnte, sei in folgender Tabelle der Überblick gegeben
über die Gesammtausscheidung, welche sich erwarten lässt, falls bei
25° eine Lösung eintrocknet, welche dem Mittelpunkt der Fig. ı, O,
entspricht und also Magnesiumchlorid und Kaliumsulfat in moleeularem
Verhältniss enthält, unter Annahme immerhin, dass die Ausscheidungen
allmählich aus der Lösung entfernt werden oder vor nachträglichem
Aufzehren durch die Lösung geschützt werden.
Die Lösung enthält: Ausscheidung
0.152K,SO, 0.304 K,Mg(SO,),6H, O
0.415K,Cl, 0.047K,Mg(SO,),6H,O
0.017K,Cl, 0.024MgSO,.7H,0
0.033R,Cl, 0.025 MgSO, .6H,O
[0] ıK,SO, + ıMgCl, =
= 0.696 (K,SO,+ MgCl,) + 0.304 (MgSO, + R, Cl,)
M 0.24K,SO, 0.696MgCl, 0.304K, Cl, =
= 0.129K,SO, 0.585MgÜl, 0.415R, Cl, 0.111MgSO,
N 0.082K,SO, 0.585MgÜl, 0.064MgSO, =
= 0.065K,SO, 0.017K, Cl, 0.568MgQl, 0.081Mg SO,
P 0.065K, SO, 0.568MgÜl, 0.057MgSO, =
= 0.032K,SO, 0.033K,Cl, 0.535MgCl, 0.09Mg SO,
Q 0.032K,SO, 0.535MgCl, 0.065MgSO,
= 0.0228K, Cl, 0.0092K, SO, 0.0878MgSO, 0.5122MgCl,
R 0.0092K,SO, 0.4666MgÜl, 0.0464\gSO, =
= 0.0092R, Cl, 0.4574Mg Cl, 0.0556M g SO,
©
0.0414 MgSO, .6H,O 0.0456 MgKCl, . 6H,O
0.0556MgSO,.6H,O 0.0184MgKC], . 6H, O
0.439MgCl, . 6H, O
ZK,=ı 2Me=ı 2S0,=1 20, =17
Oo
Wir haben schliesslich Hrn. D. Baper zu danken für die werth-
volle Unterstützung bei den vielen, obiger Arbeit zu Grunde liegenden
analytischen Daten und Löslichkeitsbestimmungen.
1035
Ein neues Meteoreisen von Beaconsfield,
Golonie Victoria, Australien.
Von Prof. Dr. E. Conen
in Greifswald.
(Vorgelegt von Hrn. Kreın am 4. November [s. oben S. 931|.)
Das Meteoreisen wurde in einem Durchschnitt beim Bau der Gipps-
land-Eisenbahn etwa 3" östlich der Station Beaconsfield im Kirchspiel
Berwick, Grafschaft Mornington, Colonie Vietoria gefunden. Der Block
lag viele Jahre unbeachtet am Fundort, bis er die Aufmerksamkeit
eines Beaconsfielder Schmiedes Namens Ferrus erregte, welcher ein
Stück an den Regierungsgeologen Murray in Melbourne zur Begut-
achtung sandte, da er glaubte, es liege ein Theil einer Erzader vor.
Murray erkannte die meteorische Natur, besuchte die Fundstätte, wo
der Block noch neben dem Eisenbahneinschnitt lag, und veranlasste
Ferrus, Besitz von dem Meteoriten zu ergreifen. Von demselben er-
warb ihn 1896 Hr. Dr. Karı VogELsanGg, welcher mir Stücke des Eisens
und der Rostrinde zur Begutachtung und zur näheren Untersuchung
übersandte. Ihm verdanke ich auch die obigen Angaben, sowie die
Mittheilung, dass der brodlaibförmige, von starker Rostrinde umgebene
em
Block ursprünglich 40° lang, 30 breit und ı5 hoch war und nach
Abbröckelung eines Theils der Rostrinde etwa 75" gewogen hat.
Nachdem das Meteoreisen von Hrn. Dr. Krantz erworben und etwa
5 Wochen in einem gleichmässig erwärmten Raum aufbewahrt worden
war, hörte das Ausschwitzen von Eisenchlorür auf; während dieser
Zeit hatten sich mehrere starke Risse gebildet, welche sieh über die
ganze Oberfläche ausdehnten. Die Rostrinde wurde nun mit Meissel
und Hammer soviel als möglich entfernt, wodurch das Gewicht sich
auf 53" verringerte; der Schätzung nach schien jedoch nicht viel mehr
als die Hälfte aus frischem Meteoreisen zu bestehen.
Nach diesen Angaben des früheren und des jetzigen Besitzers, so-
wie nach den Beobachtungen, welche ich an Theilen der Rinde und
an einem grösseren, anfänglich compacten und anscheinend durchaus
frischen Stück machen konnte, gehört Beaconsfield zu denjenigen Eisen,
1036 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
welche sich durch eine ungewöhnlich starke und schnell fortschreitende
Rostbildung auszeichnen. Auf der Oberfläche solcher Rindenstücke,
welche schon vollständig oxydirt zu sein schienen, traten noch wieder-
holt grosse Tropfen von Eisenchlorürlösung hervor, und von dem com-
paeten Abschnitt des Nickeleisen bröckelten während der sechsmonat-
lichen Dauer der Beobachtung stetig Theile ab, ohne dass eine be-
ginnende Erschöpfung sich merkbar machte. Ferner liess sich wahr-
nehmen, dass die Ansammlung von Eisenchlorür in Beaconsfield ganz
vorzugsweise, wenn nicht allein, an der Grenze der Taenitlamellen
und Schreibersitkrystalle gegen den Kamazit stattfindet, in Folge dessen
auch die Verwitterung längs der Taenitlamellen fortschreitet. Daraus
lässt sich schliessen, dass zwischen letzteren und dem Kamazit schon
im frischen Meteoreisen kein so inniger Contact vorhanden ist wie
zwischen den Theilchen des Kamazit. Durch die Volumvergrösserung
bei der Oxydation des Eisenchlorür wird der Zusammenhang noch
mehr gelockert. Von den beim schliesslichen Zerfall entstehenden, von
Oktaöderflächen begrenzten Platten und eckigen Brocken lassen sich
noch anhaftende Taenitblättchen leicht abheben; zum grösseren Theil
liegen sie jedoch losgelöst im Grus, so dass man sie in bedeutender
Zahl zusammen mit einigen Schreibersitkrystallen auslesen kann.
Um eine Schätzung des sich ansammelnden Eisenchlorür zu ge-
winnen, wurden 457° der allmählich abgebröckelten Stückchen erst
mit Wasser ausgelaugt, dann mit Schwefelsäure digerirt; die beiden
Bestimmungen ergaben 0.515 und 0.274 Procent Chlor oder zusammen
1.412 Procent Eisenchlorür. Dieser Gehalt ist recht hoch, wenn man
bedenkt, dass das verwandte Material nur aus oberflächlich ange-
rosteten Stückchen bestand und sich ausserdem schwerlich so voll-
ständig extrahiren liess wie leicht zerfallende eigentliche Rostrinde.
Aber selbst unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse ist der Chlor-
gehalt jedenfalls erheblich geringer, als zum Beispiel in der Rostrinde
von Forsyth'. Wenn trotzdem das Eisenchlorür in Beaconsfield viel
verheerender wirkt als im letzteren Eisen, so dürfte dies an dem
verschiedenen Gefüge liegen; in Beaconsfield concentrirt es sich zwischen
den oktaödrischen Lamellen und treibt sie durch die Volumvergrösse-
rung bei der Oxydation aus einander, im kleinkörnigen Forsyth ver-
theilt es sich gleichförmig und liefert zwar reichlich Rost, bewirkt
aber keinen Zerfall.
Beaconsfiell gehört zu den oktaädrischen Eisen mit grobem Ge-
füge. An einigen ganzen Lamellen (Kamazit + Taenit), welche sich
! E. Conen: Das Meteoreisen von Forsyth Co., Georgia, Vereinigte Staaten.
Diese Berichte 1897. XVI. 394.
Conen: Meteoreisen von Beaconsfield. 1037
aus den beim Zerfall entstehenden Brocken auslesen liessen, wurde
die Dicke bis zu 2”" gemessen; doch schwankt sie nach den Beob-
achtungen an geätzten Schnittflächen nicht unerheblich. In den mir
von Hrn. Dr. Krantz zur Verfügung gestellten Platten (2865° mit
fast 400°” Schnittfläche) ist Kamazit in hohem Grade vorherrschend ;
Taenit tritt nur stellenweise deutlich hervor, obwohl dessen Menge
keineswegs geringfügig ist, wie sich bei der Untersuchung des ge-
rosteten Abfalls ergiebt; von Kämmen erfüllte Felder sind sehr spärlich
und klein. Der Kamazit zeigt deutliche und reichliche Feilhiebe (NEv-
mann’sche Ätzlinien), zuweilen neben denselben Ätzgrübchen'!. Die
Balken sind von recht verschiedener Länge, im Allgemeinen aber kurz;
besonders die letzteren erscheinen mannigfach ausgebuchtet bis wellig
begrenzt und an den Enden gerundet, während an den längeren häufiger
ebene Grenzflächen vorkommen. Gewöhnlich liegen mehrere Balken
parallel neben einander und scheinen sich bei dem undeutlichen Hervor-
treten des Taenit unmittelbar zu berühren (wulstiger, gescharter Kamazit
Brezına's).
Unter den accessorischen Bestandtheilen herrschen Troilitknollen,
deren Zahl bedeutend ist. Drei Platten von 370°” Oberfläche ent-
halten z. B. 16 Knollen mit meist runden oder regelmässig ovalen
Durchschnitten; nur wenige sind von unregelmässiger Gestalt. Ihre
Grösse liegt meist zwischen ein und zwei Centimeter; kleinere sind
ebenso selten wie grössere. Alle werden von einer Graphit-Schreiber-
sitzone umsäumt, in welcher bald ersterer, bald letzterer vorherrscht,
der Graphit stets innen liegt und sich gelegentlich zu grösseren Partien
erweitert, die buchtenförmig in den Troilit eindringen. Innige Durch-
wachsung von Troilit und Graphit, wie sie sonst oft vorkommt, wurde
nieht beobachtet. Vereinzelt sind auch bis 14°” grosse Knollen vor-
handen, in denen Graphit vorherrscht oder allein vertreten ist, beide
ebenfalls von Schreibersit umsäumt. Ausserdem trifft man letzteren
theils zwischen den Balken, theils in denselben; grössere Krystalle er-
strecken sich zuweilen aus einem Balken in den benachbarten.
Während zwei kleinere Platten mit 27 und 93°” Schnittfläche
eohenitfrei sind, enthalten zwei umfangreichere 25 und 60°" grosse
mm
Partien, in welchen sich innerhalb der Balken säulenförmige, bis 4
mn
lange und ı dicke Krystalle von Cohenit mit stark lückenhaftem
Wachsthum an einander reihen und mit ihrer Längsrichtung parallel
zur Längsrichtung der Balken liegen. Solche Partien gleichen voll-
ständig den cohenitreichen Theilen von Magura, Wichita Co., Smith-
! Die Atzgrübehen scheinen zu ihrem deutlichen Hervortreten eines stärkeren
Ätzens zu bedürfen als die Feilhiebe.
1038 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
ville (Caryfort) u. s. w. Würden von Beaconsville nur Abschnitte vor-
liegen, welche je eine Ausbildungsform umfassten — und es könnten
dies schon recht grosse Platten sein —, so würde man sicherlich an-
nehmen, es handle sieh um zwei verschiedene Meteoreisen und zwar
um so mehr, als die Lamellenbreite in den cohenitführenden Partien
merklich geringer ist als in den cohenitfreien. Eine derartige un-
gleichförmige Vertheilung des Cohenit scheint übrigens die Regel zu
sein; ausser Magura kommt sie nach Brezına Duel Hill, Sarepta und
Wichita', nach Drrey Bendegö’ zu.
Die Untersuchung von Beaconsville zeigt ebenso wie diejenige
von Forsyth’, dass zur genauen Kenntniss eines Eisenmeteoriten eine
weitgehende Aufschliessung desselben nothwendig ist, und dass das
Bestreben der meisten Direetoren von Meteoritensammlungen, ein mög-
liehst grosses Gewicht zu vereinigen, für die Erforschung der Struetur-
verhältnisse sehr hinderlich wirkt.
Bei der bedeutenden Masse von ganz oder theilweise gerostetem
Material, welches zur Verfügung stand, konnten alle accessorischen Be-
standtheile in genügender Menge für eine nähere Untersuchung isolirt
werden.
Zunächst liessen sich aus der Rostrinde Troilitknollen von abge-
plattet ellipsoidischer Gestalt mit einem grössten Durchmesser von I$
cm
bis 2$"” loslösen. Ein 11° schweres Ellipsoid erwies sich nach dem
Durchschneiden als frischer, compaeter Troilit, welcher zwar von einer
bis +" dieken Graphitschale umgeben war, im Innern aber vollständig
homogen erschien. Die übrigen Knollen waren theilweise bis nahezu
gänzlich gerostet, jedoch derart, dass sich stets noch an frischen Partien
mit Sieherheit erkennen liess, dass Troilit vorgelegen hat. Soweit die
Verwitterung schon genügend fortgeschritten ist, bestehen alle Knollen
aus dünnen eoncentrischen Schalen von Eisenhydroxyd, welche leicht
abblättern: die weniger veränderten zunächst folgenden Theile zeigen
unvollkommen schalige Absonderung; die frischen Kerne erscheinen
compact. Der Troilit in Beaconsfield ist also von versteekt concen-
trisch-schaligem Gefüge, welches, wie so häufig, erst bei der Verwitte-
rung deutlich hervortritt. Neben Knollen kommen hier und da auch
kleine aderförmige Partien von Troilit vor.
Die aus der Rostrinde und aus dem erwähnten, durch Zerfallen
des Meteoriten entstandenen Grus ausgelesenen Taenitblättehen unter-
! Die Meteoritensammlung des k. k. naturhistorischen Hofmnseums am r. Mai 1895.
Ann. des k. k. naturhistorischen Hofmuseums 1896. N. 285— 236.
2 Estndo sobre o meteorito de Bendegö. Arch. do Museu Nacional do Rio de
Janeiro 1896. IX. 130—136.
° E. Conen 2.2.0.
Couen: Meteoreisen von Beaconsfield. 1039
scheiden sich ihren physikalischen Eigenschaften nach nieht unerheb-
lich von den durch Salzsäure aus frischen Stücken isolirten. Während
die Farbe der letzteren zwischen Zinnweiss und Silberweiss liegt und
die Oberfläche glatt und stark metallisch glänzend ist, erscheinen erstere
grau, matt und wie angeätzt; Eisenehlorürlösung wirkt demnach stärker
auf den Taenit ein als stark verdünnte Salzsäure.
mm |
Neben grösseren, bis zu 4 angen, gedrungenen, unregelmässig
gestalteten Krystallen von Sehreibersit mit gerundeten Kanten und stark
gerieften Flächen wurden einige plattenförmige Partien beobachtet, zum
Theil mit ebener, zum Theil mit geriefter Oberfläche; die grösste war
ı$"" diek bei einer Länge von 12, einer Breite von 6"”". In Folge
ihrer grossen Sprödigkeit zerfallen Krystalle und Platten leicht.
Bei nieht allzuweit fortgeschrittener Rostbildung findet man auf
den Ablösungsflächen der Brocken häufig einen feinen gelbgrünen bis
grünen ocherigen Anflug, welcher Nickelocher zu sein scheint: zu einer
näheren Untersuchung liess er sieh nieht gewinnen und erwies sich
auch als wenig stabil.
Die nur schwach gerosteten Brocken wurden in zwei Portionen
einige Monate mit verdünnter Salzsäure (1 HCl+ 20 ag) behandelt, um
aus dem unlöslichen Rückstand in gleicher Weise wie früher' durch
Auslesen unter einer scharfen Lupe, Schlemmen mit Alkohol, Behan-
deln mit dem Magneten, mit Kupferehloridehlorammonium, starker
Salzsäure u.s.w. die accessorischen Gemengtheile zu isoliren, welche
im vorliegenden Fall aus Troilit, Schreibersit, Rhabdit, Cohenit, Tae-
nit, etwas Graphit, reichlichen kohligen Partikeln und Silicatkörnern
bestehen, während ehromhaltige Mineralien (Chromit, Daubreelith) voll-
ständig fehlen. Dabei ergaben die beiden Partien, obwohl keinerlei
Auswahl des Materials getroffen war, ein abweichendes Resultat. Die
eine lieferte nur vereinzelte Cohenitkrystalle, sehr reichlich Schreiber-
sit und so viel Rhabdit, dass er sich in einer zur Analyse einiger-
maassen genügenden Menge rein gewinnen liess; in dem aus der zweiten
Portion erhaltenen Rückstand waren Rhabdite in sehr geringer Menge,
Schreibersitkrystalle in mässiger Zahl vertreten, dagegen enthielt er
reichlichen Cohenit. Daraus ergiebt sich, dass nicht nur letzterer,
wie schon die makroskopische Untersuchung ergab, sondern auch der
Schreibersit sehr ungleichförmig vertheilt und zwar wahrscheinlich
nesterförmig angehäuft ist, eine Beobachtung, welche man schon öfters
gemacht hat“. Man ersieht daraus, dass bei Beschränkung der Unter-
! E. Conen und E. Weinsenenk, Meteoreisen-Studien. Ann. des k. k. natur-
histor. Hofmuseums 1891. VI. 132—133; E. Conen, Meteoreisen-Studien III. Ib. 18934.
IX. 98-99.
2 Vergl. z.B. Conen, Meteoreisen-Studien II. Ann. des k. k. naturhistor. Hof-
museums 1892. VlJl. 145 und Dervy a.a.0,
1040 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
suchung auf kleine Stücke die Bestandtheile sich ihrer Menge nach
nieht richtig schätzen lassen, ja einzelne sogar vollständig übersehen
werden können.
Der unmagnetische Rückstand lieferte nach der Behandlung mit
starker Salzsäure, abgesehen von Silicatkörnern und etwas Graphit,
theils feine, glanzlose, leicht abschlemmbare kohlige Partikel, theils
gröberes Pulver und kleine Brocken einer stark glänzenden, schwer
verbrennbaren Kohle, wie sie bisher in keinem Meteoreisen beobachtet
zu sein scheint.
Auf eine quantitative Bestimmung der mineralogischen Zusammen-
setzung auf Grund der Isolirung, wie ich sie bei früheren Untersuchun-
gen vielfach ausführen konnte, musste verzichtet werden, da die be-
nutzten Abfälle zu stark gerostet waren, als dass sie ein auch nur
einigermaassen zuverlässiges Resultat hätten geben können.
Die nähere Untersuchung der isolirten Gemengtheile lieferte die fol-
genden Resultate; alle Analysen wurden von Hrn. O. Ssöströn, die Be-
stimmungen der specifischen Gewichte von Hrn. Dr. W. Leicx ausgeführt.
1. Schreibersit. Zur chemischen Untersuchung (Analyse I) wur-
den die grössten und anscheinend reinsten Krystalle ausgewählt; sie
lösten sich ohne Rückstand in Königswasser.
I
Angew. Subst. 0.4023
Fe 66.92
Ni 18.16
Co 0.62
BE 14.88
100.58
Fe:Ni(Co):P = 2.4917 : 0.6668: ı
Fe+Ni(Co):P = 3.1585: 1
Die Farbe des Schreibersit habe ich früher als zinnweiss angegeben ';
sie liegt aber zwischen Zinnweiss und Silberweiss, dem letzteren sich
mehr nähernd, wie ich jetzt an reichlichem und sehr sorgfältig be-
handeltem Material feststellen konnte. Die Spaltbarkeit erscheint hier
etwas weniger vollkommen als z.B. in Toluca und Glorieta, und auch
die Sprödigkeit ist geringer. Das specifische Gewieht von Krystallen
und grösseren Bruchstücken wurde zu 7.1697 bei 17° (angew. Subst.
ı°”4563) ermittelt, dasjenige von kleinen 4 bis 12" grossen Stückchen,
wie man sie gewöhnlich bei der Isolirung gewinnt, zu 7.1754 bei 17°
(angew. Subst. 04005).
2. Rhabdit. Derselbe tritt lediglich in Form sehr feiner Nädel-
""oı liegt mit
den Grenzwerthen von 0.001 und o”"o2 bei einer 0””S erreichenden
chen auf, deren Dieke zumeist zwischen 0.003 und oO
! Meteoritenkunde. Heft]. 129. Stuttgart 1894.
Conzn: Meteoreisen von Beaconsfield. 1041
Länge. Die Analyse (I) ist leider unvollständig, da das Eisen ganz,
Kobalt zum Theil verunglückte; doch lässt sich die Menge des letzteren
auf 0.80 Procent schätzen. ’
Angew. Subst. 0.0986
Fe (Diff) [41.54]
Ni 42.61
Co [0-80]
E 15.05
100.00
Fe:Ni(Co):P = 1.5293 :1.5240: 1
Fe+Ni(Co):P = 3.0533 :1
Trotz ihrer Unvollständigkeit liefert die Analyse eine weitere Be-
stätigung für die Annahme, dass dem Schreibersit und Rhabdit die
gleiche Formel zukomme ([Fe, Ni, Co], P)'; ferner ergiebt der Vergleich
der Analysen I und II, dass der Nickelgehalt im Rhabdit erheblich
höher ist als im Schreibersit. Dies scheint nach den bis jetzt vor-
liegenden Untersuchungen in der Regel der Fall zu sein; für 14 Schreiber-
site wurde ein Gehalt an Ni+ Co von 11.28 bis 29.18 Procent ermittelt,
für 8 Rhabdite ein solcher von 27.83 bis 43.41, und zwar ergiebt der
Durchschnitt 20.63 und 34.52 Procent. Der abweichende krystallo-
graphische Habitus wird vielleicht durch diesen Unterschied in der
chemischen Zusammensetzung bedingt.
3. Taenit. Zur Analyse (II) und Bestimmung des speeifischen
Gewichts wurden nur durch verdünnte Salzsäure isolirte Blättchen von
zinn- bis silberweisser Farbe und starkem ‚metallischen Glanz verwandt.
Die verfügbare Menge reichte nicht aus, um zur Ermittelung des Kohlen-
stoffgehaltes eine besondere Portion zu verwenden. Es musste daher
auf directe Bestimmung des Eisen verzichtet werden; denn ich habe
ausnahmslos die Erfahrung gemacht, dass dieselbe zu hoch ausfällt,
wenn Kupferchloridehlorammonium als Lösungsmittel angewandt wird.
Da der Rückstand aus Schreibersit und Rhabdit bestand, wurde
der Phosphorgehalt zu gleichen Theilen nach den Analysen I und I
verrechnet. Illa giebt die Zusammensetzung nach Abzug des gesammten
Phosphornickeleisen (3.73 Procent). Es ist der nickelreichste Taenit,
welcher bisher analysirt worden ist.
IT. IITa
Angew. Subst. 0.2783
Rückstand 3.07
Fe (Dift.) 49.38 50.92
Ni 46.39 47-98
Co 0.61 0.63
C 0.45 0.47
P 0.10
100.00 100.00
! E. Couen, Meteoritenkunde. Heft I. 131-132. Stuttgart 1394.
Sitzungsberichte 1897. 95
1042 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
Die erste Bestimmung des specifischen Gewichts, bei welcher die
Blättehen sich 4 Stunden in Wasser eingetaucht unter der Luftpumpe
befunden hatten, ergab nur 6.87. Bei einer zweiten Bestimmung wurde
der Taenit erst mit Wasser ausgekocht, dann 21 Stunden unter der Luft-
pumpe gelassen; das speeifische Gewicht erhöhte sich auf 7.1754 bei
19°3 0. (angew. Subst. 0°1741). Da auch diese Zahl auffallend niedrig
ist, wurde die Wägung noch einmal in Alkohol wiederholt: sie ergab
ein noch weniger befriedigendes Resultat (7.1297). Wenn auch der Tae-
nit aus Toluca und Glorieta Mt. höhere Zahlen geliefert hat (7.6122 und
7.7699). so sind doch auch letztere für Legirungen mit einem derartig
hohen Nickelgehalt augenscheinlich zu niedrig. Es wurde dies früher
durch den Aufbau aus feinen Lamellen und die dadurch bedingte Schwie-
rigkeit, die Luft vollständig auszutreiben, erklärt'; es scheint noch un-
vollständige Benetzung hinzuzukommen.
4. Lösungsrückstand. Bei der Behandlung des Meteoreisen
mit stark verdünnter Salzsäure hinterblieb, wie es fast ausnahmslos der
Fall ist, ein Lösungsrückstand von Nickeleisen, jedoch nieht von so un-
regelmässig zackiger Gestalt, in geringerer Menge und weniger compact
als gewöhnlich. Die meist annähernd isometrischen Stücke sind bis zu
5"" gross, feinporös bis von fast schwammigem Aussehen und laufen
schnell mit grünlich bronzegelber Farbe an.
Die Analyse ergab die unter IV oder nach Abzug von Rhabdit
(0.40 Procent) und Berechnung auf 100 die unter IVa folgenden Zahlen.
Bei der Auflösung in Königswasser hinterblieb kein Rückstand.
IV IVa
Angew. Subst. 0.6410
Fe 92.09 92.62
Ni 6.93 6.81
Co 0.56 0.57
B 0.06
99.64 100.00
Der Gehalt an Ni+Co ist grösser, als er sonst in den Lösungs-
rückständen zu sein pflegt”. Sie scheinen demnach und nach ihren
physikalischen Eigenschaften anderer Art zu sein als die früher unter
der Bezeichnung »zackige Stücke« beschriebenen, welche die Zusam-
mensetzung des Kamazit ergaben. Vielleicht sind es Theile des Füll-
eisen, also innige Gemenge von Kamazit mit feinen Taenitblättehen.
bei
5. Cohenit. Die Krystalle erreichen eine Länge von 7"””
mm
einer Dieke von 2””, bleiben aber meist erheblich hinter dieser Grösse
! E. Conen, Meteoreisen-Studien IV. Ann. des k. k. naturhistor. Hofimuseums
1895. X. 91-92.
2. Conex, Meteoritenkunde. Heft I. 98-99. Stuttgart 1894.
° Vergl.
Conuen: Meteoreisen von Beaconsfield. 1043
zurück; sie sind von unregelmässiger Gestalt, ausserordentlich stark
gerundet und voller Vertiefungen, so dass sie gleichzeitig ein hervor-
ragend getlossenes und corrodirtes Aussehen besitzen. Es erscheint
zweifelhaft, ob nur lückenhaftes Wachsthum vorliegt oder auch Ein-
wirkung einer Mutterlauge auf die fertig gebildeten Krystalle. Nach
Farbe und Glanz ist der Cohenit dem Schreibersit recht ähnlich; ersterer
zeigt aber einen stärkeren Stich in’s Gelbe und lässt sich als silber-
weiss bezeichnen; der Strich ist grauschwarz. Wie beim Sehreibersit
aus Beaconsfield ist die Sprödigkeit geringer, die Spaltbarkeit un-
deutlicher als bei den von mir untersuchten Krystallen aus anderen
Meteoreisen.
Da die physikalischen Eigenschaften sehr ähnlich sind und beide
Mineralien hier in grösseren Krystallen auftreten, lassen sich Schreiber-
sit und Cohenit nicht so gut wie sonst von einander unterscheiden;
in Folge dessen war dem zur Analyse verwandten Material augen-
scheinlich Schreibersit beigemengt, wenn auch ein Theil des Rück-
standes bez. des Phosphorgehalts auf Einschlüsse und Verwachsungen
zurückzuführen sein wird. Aus dem Pulver liessen sich keine kohligen
Partikel abschlämmen, wie es sonst öfters der Fall ist.
Zur Kohlenstoffbestimmung wurde Kupferchloridehlorammonium,
für die Ermittelung der übrigen Bestandtheile Salzsäure als Lösungs-
mittel angewandt‘. Das Resultat der beiden Analysen folgt unter V
und Va; berechnet man dieselben auf schreibersitfreie Substanz, um
vergleichbare Daten zu erhalten, so ergeben sich als Gesammtzusam-
mensetzung die unter Vb oder nach Berechnung auf 100 die unter
Ve folgenden Zahlen.
V Va Vb Ve
Angew. Subst. 0.4333 0.5259
Fe 83.66 91.62 90.94
Ni 3.81 2.24 2.22
Co 0.30 0.30 0.30
C 5.51 6.59 6.54
19 1.45
Rückstand 16.32
100.75 100.00
(Fe, Ni, Co):C = 3.064: 1
Das specifische Gewicht ganzer Krystalle ergab 7.2014 bei 15°C.
Dasselbe ist erheblich niedriger, als es früher für den Cohenit aus
Magura und Wichita Co. gefunden wurde (7.5613 und 7.3236), und
erhöht sich nur wenig, nämlich auf 7.2057, wenn man eine mittlere
Beimengung von 13.06 Procent Schreibersit in Rechnung zieht. Es
! Verel. E.Conen, Meteoreisen-Studien V. Ann.d.k.k. naturhistor. Hofmuseums
1897. XI. 59.
052
1044 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
mag dies daran liegen, dass die Krystalle nicht nur an der Oberfläche,
sondern auch im Innern weniger compact ausgebildet sind.
6. Troilit. Zur chemischen Untersuchung und zur Bestimmung
des speeifischen Gewichts verwandte ich die Hälfte des erwähnten ı 1°
schweren Rnollens. Nach dem gröblichen Zerkleinern wurden + bis 2”"
grosse Stücke einzeln unter einer scharfen Lupe ausgelesen und nach
dem weiteren Zerkleinern mit dem magnetischen Messer geprüft; nur
einige wenige Partikel liessen sich ausziehen, während das übrige
Material sich als vollständig unmagnetisch erwies. Beim leichten Auf-
stossen mit dem Pistill lösten sich ziemlich häufig schwach gewölbte
plattenförmige Stücke mit recht glatten Flächen ab, so dass man auch
am scheinbar compacten frischen Troilit auf diese Weise eine schalige
Absonderung erkennen kann. Die Farbe ist bronzegelb, um ein Geringes
lichter als beim Magnetkies von Bodenmais, der Strich grauschwarz
mit Stich in’s dunkel Bronzefarbige. Unter VI folgen die durch die
Analyse ermittelten Zahlen, VIa giebt die auf 100 berechnete Zu-
sammensetzung nach Abzug des Graphit.
VI Vla VIb
Angew. Subst. 0.3327
Graphit 0.33
Fe 57.49 58.07 63.50
Ni 4.30 4:34 0.16
Co 1.50 1.52 0.57
S 35.71 36.07 35.77
P Spur
Cl Spur
99.33 100.00 100.00
Fe+Ni+Co:S = 1:0,990I
Das Material zur Ermittelung des specifischen Gewichts ($ bis 2"
grosse Stücke) wurde ganz besonders sorgfältig ausgesucht und nach
Entfernung aller Stückehen mit anhaftendem Graphit einige Secunden
mit eoncentrirter Flussäure behandelt. um die feinen Häute von Eisen-
hydroxyd aufzulösen, welche manche Absonderungsflächen bedeckten.
Die Bestimmung ergab 4.7379 bei 22°C. (angew. Subst. 16537), was
sehr gut mit den für das künstliche Einfach -Schwefeleisen angegebenen
Zahlen (4.7-4.9) übereinstimmt, während das specifische Gewicht des
Magnetkies nur 4.58-4.64 betragen soll.
Von manchen Meteoritenforschern ist angenommen worden, dass
ein Gehalt an Nickel auf Beimengung von Nickeleisen deute, und dass
dadurch die Abweichung von der Zusammensetzung des Magnetkies be-
dingt werde. Diese Annahme dürfte hier ausgeschlossen sein. Da das
Verhältniss von Nickel und Kobalt ein ganz anderes ist als im Nickel-
eisen (vergl. unten Analyse X), so müsste neben einem dem Schwefel-
eisen zukommenden Gehalt an Kobalt und Nickel gerade so viel Nickel-
Conex: Meteoreisen von Beaconsfield. 1045
eisen beigemengt sein, um den Schwefelgehalt des Magnetkies auf den-
jenigen des Troilit zu redueiren. Abgesehen davon, dass ein solcher
Zufall kaum ernstlich in Betracht zu ziehen ist, müsste auch eine der-
artige nicht unbedeutende Beimengung von Nickeleisen sich bei der
Prüfung mit dem Magneten bemerklich machen. Alle ermittelten Eigen-
schaften (chemische Zusammensetzung, specifisches Gewicht, unmagne-
tisches Verhalten) scheinen mir vielmehr zweifellos zu beweisen, dass
die Verbindung (Fe, Ni, Co) S und nieht Magnetkies mit Beimengung
von Nickeleisen vorliegt. Soweit man nach den beiden einzigen jetzt
vorhandenen vollständigen Analysen von Troilit schliessen kann, zeichnet
sich derselbe durch einen hohen Kobaltgehalt aus, welcher nach Smıru
in Troilit aus Cosby’s Creek sogar noch grösser ist als der Nickel-
gehalt'. Dessen auf 100 redueirte Analyse wurde oben unter VIb zum
Vergleich hinzugefügt”.
7. Graphit. Derselbe wurde nur in verhältnissmässig wenigen
bis zu 3”"” grossen Stücken gewonnen, deren Menge zur Ausführung
einer Analyse nicht ausreichte. Der Graphit ist dicht, graulichschwarz
und von mattem Glanz: das speeifische Gewicht wurde mit Tuovurer'scher
Lösung zu 2.250 bis 2.292 bestimmt. Mit rauchender Salpetersäure und
chlorsaurem Kalium behandelt, liefert er Graphitsäure, beim Glühen mit
Salpetersäure bläht er sich nicht auf, verhält sich also wie der sogenannte
Graphitit Luzr's. Zum Vergleich wurde eine’ Reihe von Graphitvarie-
täten mit Salpetersäure geprüft, und es ergab sich, dass alle deutlich
blättrigen Varietäten (z. B. Ceylon, Pargas, Chamouny) sich auf’blähen,
während alle dichten (z. B. Borrowdale, Alibert- Gruben, Toluca, Magura)
unverändert bleiben. Es erscheint daher die Annahme berechtigt, dass
das Verhalten gegen Salpetersäure lediglich durch die Structur bedingt
ist und nicht dazu dienen kann, verschiedene Modificationen zu unter-
scheiden’.
8. Kohlige Substanz. Die Stücke erreichen eine Grösse von
3"”, sind aber meist sehr viel kleiner und sinken bis zu staubförmigen
Partikeln herab. Da sie sehr spröde sind, mögen die Partien im
Meteoreisen grössere Dimensionen besessen haben und in Folge der
vielfachen Operationen bei der Isolirung allmählich in kleine Bruch-
‘ Researches on the solid carbon compounds in meteorites. Am. Journ. of
Science 1876 (3). XI. 433.
2
Bezüglich der sonst noch vorliegenden Analysen, in denen theils Nickel und
Kobalt nicht getrennt sind, theils Schwefel oder Eisen aus der Differenz bestimmt
worden ist, vergl. E. Conex, Meteoritenkunde. Heft I. 197-198. Stuttgart 1894.
® Nach dem Niederschreiben obiger Zeilen erschien die Arbeit von WEINsScHENK,
in welcher er zu dem gleichen Resultat gelangt (Über den Graphitkohlenstoff und
die gegenseitigen Beziehungen zwischen Graphit, Graphitit und Graphitoid. Zeitschr.
f. Krystallographie u. Mineral. 1897. XXVII. 291-304).
1046 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
stüeke zerfallen sein. Manche Stückchen sind mit Schreibersit ver-
wachsen, bei anderen kann man aus der Einwirkung eines Magneten
schliessen, dass metallische Einschlüsse vorhanden sind; weitaus das
meiste Material verhält sich aber vollkommen unmagnetisch. Die Farbe
ist eisenschwarz, der Strich grauschwarz, der Bruch vollkommen musch-
lig, der Glanz metallartig. etwa in der Mitte zwischen demjenigen des
Anthraeit und der Glanzkohle liegend. Das Pulver enthält nach dem
Resultat der mikroskopischen Untersuchung in geringer Menge gelb-
braune durchsichtige Körnehen, welche amorph zu sein scheinen. Beim
Erhitzen im Kölbehen findet ohne Decrepitiren eine reichliche Abgabe
von Wasser statt unter Bildung eines zarten weissen Beschlags und
unter Entwickelung eines aromatischen Geruchs; derselbe Geruch zeigt
sich bei Behandlung mit kochender Kalilauge, welche schwach bräun-
lieh gefärbt wird. Beim Erhitzen an der Luft verbleibt ein geringer
Rückstand von braunen flockigen Partikeln (im Wesentlichen Eisenoxyd)
und von einigen weissen trüben Körnchen, welche zersetzten Silicat-
körnern gleichen. Das specifische Gewicht wurde mit THouLer'scher
Lösung zu 1.55—-1.65 bestimmt.
Eine Analyse sorgfältig ausgesuchter und gänzlich unmagnetischer
%
Stückehen ergab nach dem Trocknen bei 115°:
VI Vlla VII
Angew. Subst. 0.1563 0.1339
Rückstand 1.79 1.79
C 76.95 76.95
H 2.26 2.26
Wasser 13.22 13.22
Differenz (N,O) 7.25
100.00
Das Wasser wurde im Luftstrom durch Erhitzung bis auf 190° aus-
getrieben und direet gewogen; dabei setzte sich im Chlorcaleiumrohr
in geringer Menge ein weisses, in feinen Nadeln krystallisirendes, leicht
flüchtiges Sublimat ab.
Nach den physikalischen Eigenschaften und nach der chemischen
Zusammensetzung steht die vorliegende kohlige Substanz der Glanz-
kohle am nächsten; vom Anthraeit unterscheidet sie sich dadurch, dass
sie nicht deerepitirt, Kalilauge färbt (wenn auch nur sehr schwach),
einen aromatischen Geruch giebt, bräunlich durchscheinende Partikel
enthält und einen bemerkenswerth hohen Gehalt an Wasser aufweist.
9. Siliecatkörner. Die meisten sind matt weiss und gleichen
einem durch Salzsäure zersetzbaren Silieat; man darf wohl annehmen,
dass Olivinkörner vorgelegen haben. Reichlich vertreten sind ferner
wasserklare Körner, welche meist o""ı gross sind, jedoch einerseits
bis auf 0”"o3 herabsinken, andererseits vereinzelt 0"”6 Durchmesser
Conen: Meteoreisen von Beaconsfield. 1047
erreichen. Ihr Brechungsexponent liess sich zu 1.547-1.550, ihr spe-
eifisches Gewicht zu 2.64-2.65 bestimmen; sie sind in Flussäure löslich,
in der Phosphorsalzperle unlöslich und liefern sehr lebhafte Interferenz-
farben. Es liegt zweifellos Quarz vor.
In dem nach Behandlung mit Flussäure verbleibenden Rückstand
herrschen stark doppelbrechende farblose Körner von 0.03 bis 0""33
Durchmesser weitaus vor; ein Theil hat einen niedrigen Brechungs-
exponenten und ist sehr reich an opaken Einsehlüssen, andere haben
einen erheblich höheren Brechungsexponenten als Quarz und sind frei
von Interpositionen. Ziemlich reichlich vorhanden sind ferner schwach
doppelbrechende farblose Körner mit etwa dem gleichen Brechungsexpo-
nenten wie die zuletzt genannten. Hinzu kommen vereinzelt: kleine
sechsseitig begrenzte opake Kryställchen, die als Chromit zu deuten
sind, da das Pulver Chromreaetion giebt: schief auslöschende augit-
ähnliche Säulchen und gelbgrüne augitähnliche Splitter; pleochroitische
(grüne und braune Farben zeigende), säulenförmige, gestreifte hyper-
sthenähnliche Fragmente; bläuliche pleochroitische Körner und Säulen
mit fleckiger Farbenvertheilung und zum Theil reich an opaken Ein-
schlüssen; nelkenbraune, pleochroitische Splitter mit sehr starker Ab-
sorption, welche an Turmalin erinnern; ein Zirkonmikrolith.
10. Gesammtanalyse. Dieselbe lieferte die unter VIII bis VIIIe
folgenden Zahlen; VIIL/ giebt die auf 100 berechnete Zusammensetzung
nach Abzug von Phosphornickeleisen, Troilit und Eisenchlorür. Cohe-
nit lässt sich nicht berechnen, da der Kohlenstoff demselben wahr-
scheinlich nur zum Theil entstammt. Auf Chrom wurde mit nega-
tivem Erfolg geprüft.
VII VIla VIII VIlle VItd> = MIe VIIf
Angew. Subst. 0.8137 8.2210 2.7124 5.7396 13.7448
Fe 92.56 92.56 92.35
Ni 7-34 7-34 7.10
Co 0.48 0.48 0.48
Cu 0.023 0.02 0.02
G 0.05 0.05 0.05
P 0.26 0.26
Cl 0.013 0.01
S 0.041 0.04
100.76 100.00
Als mineralogische Zusammensetzung ergiebt sich demnach für das
untersuchte Stück:
Nickeleisen 98.07
Phosphornickeleisen 1.75
Troilit 0.11
Lavreneit 0.02
Kohlenstoff 0.05
1048 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
| pD) 8
Es gelang noch auf einem anderen Wege, den Gehalt an Eisen-
ehlorür im Nickeleisen wenigstens annähernd zu ermitteln. Ein etwa
600° schweres Stück war einige Monate unter Wasser aufbewahrt
worden um zu versuchen, ob sieh auf diese Weise das Eisenchlorür so-
weit extrahiren lasse, dass ein weiterer Zerfall verhindert werde. Die
Bestimmung des in Lösung gegangenen Chlor ergab 0°9202' oder für
das Meteoreisen einen Gehalt von 0.27 Procent FeÜCl,: in Wirklichkeit
wird derselbe höher sein, da schwerlich eine vollständige Extraetion
stattgefunden hat. In der sich ergebenden ungleichförmigen Vertheilung
des Eisenehlorür sehe ieh eine weitere Bestätigung meiner schon früher
ausgesprochenen Vermuthung, dass das Eisenchlorür im Meteoreisen sehr
leicht wandert und sich an geeigneten Stellen ansammelt?.
ıı. Stilpnosiderit. Unter den mir von Hrn. Dr. VosELsane über-
mittelten Stücken normaler Rostrinde befand sich ein etwa 4°" grosser
abgeplatteter Knollen, welcher alle Eigenschaften der als Stilpnosiderit
oder Eisenpecherz bezeichneten Varietäten des Eisenhydroxyd zeigte:
bräunlichsehwarze Farbe; vollkommen compactes und festes Gefüge;
ausgezeichnet muschligen, fettglänzenden Bruch; bräunlichgelben Strich;
Härte 5-6. Auch die mikroskopische Untersuchung ergab vollständige
Übereinstimmung mit den Stilpnosideriten von Baden in Ungarn und
von Hohenlinden bei Cassel. Die Substanz wird im Dünnsehliff zum
grössten Theil lebhaft rothgelb durchsichtig und erweist sich als dop-
pelbrechend:; die Polarisationserscheinungen deuten auf eine sehr fein-
faserige Struetur. Eingelagert finden sich dunkelbraune Partien und
Adern, welche zuweilen von liehteren Zonen umgeben werden und
Einschlüsse von Quarzsplittern enthalten.
Zur Ermittelung des Rückstandes und Glühverlustes wurden etwa
2° angewandt und nach der 'Theilung der Lösung in vier Portionen
die übrigen Bestandtheile bestimmt. Die Analyse ergab:
IN
Unlösl. Rückstand 1.52
Fe,0, 82.77
NiO +Co0 1.68
IA0)8 0.48
SO, 0.55
cl 0.33
Glühverlust 13.41
Der unlösliche Rückstand erwies sich bei der Prüfung mit Fluss-
säure fast ganz aus Rieselsäure bestehend. Demnach stimmt auch die
! Das ausgeschiedene Eisenhydroxyd, welches mit Flussäure gelöst wurde, er-
wies sich als chlorfrei.
Das Meteoreisen von Forsyth Co., Georgia, Vereinigte Staaten. Diese Berichte
1897. 394 — 395.
Couex: Meteoreisen von Beaconsfield. 1049
chemische Zusammensetzung mit derjenigen des Stilpnosiderit überein,
welcher sich durch einen Gehalt an Phosphorsäure und Kieselsäure
auszuzeichnen pflegt und diesen Bestandtheilen wahrscheinlich den cha-
‚ıkteristischen Glanz verdankt. Es liegt ein mit schwefelsaurem und
phosphorsaurem Eisen, sowie mit Eisenchlorür und Quarz gemengtes
Eisenhydroxyd vor, welches dem Wassergehalt nach zum Brauneisen-
erz zu rechnen ist. Da die übrigen Theile des mir vorliegenden ge-
rosteten Abfalls sich nicht von der gewöhnlichen Rostrinde der Eisen-
meteoriten unterscheiden, welehe den ocherigen Varietäten des Braun-
eisenerz gleichen, so liegst es nahe anzunehmen, dass dieser Knollen
aus Troilit entstanden ist, wofür auch die Gestalt, die eompaete Be-
schaffenheit und die leichte und vollkommene Ablösung von der um-
gebenden Rinde sprechen, gegen welche er scharf abgegrenzt war.
Der Chlorgehalt macht es wahrscheinlich, dass Eisenchlorür wie beim
Nickeleisen, so auch beim Troilit die Zersetzung einleitet und befördert.
Die Anwesenheit von Quarzsplittern ist allerdings schwer erklärlich.
Schliesslich wäre noch die Frage zu erörtern, ob Beaconsfield
als ein selbständiges Meteoreisen anzusehen ist oder dem Fall von
Cranbourne angehört, eine Frage, welche bei der geringen Entfernung
der Fundorte jedenfalls sehr nahe liegt. Hr. Prof. Berwerru war so
freundlich, mir eine Platte von Cranbourne aus dem Wiener Natur-
historischen Hofmuseum zur Verfügung zu stellen. Der Vergleich er-
gab, dass ihr Gefüge demjenigen des cohenitfreien Theils von Beacons-
field sehr ähnlich ist. Beide Eisen sind Oktaädrite mit groben Lamellen;
in beiden ist der wulstige, gescharte Kamazit unregelmässig wellig
begrenzt sowie reich an Feilhieben; in beiden tritt Taenit auf ge-
ätzten Flächen kaum hervor, und an Kämmen reicher Plessit ist nur
in sehr geringer Menge vorhanden. Auf der Platte von CGranbourne
sind allerdings die Feilhiebe feiner, die Ätzgrübehen sehr viel zahl-
reicher, die Balken etwas wulstiger und stärker ausgebuchtet; (das
sind aber geringfügige Unterschiede, welche die grosse Ähnlichkeit
im Gesammtcharakter nicht beeinträchtigen: auch ist in Betracht zu
ziehen, dass die Platten von Beaconsfield in Folge des viel schlechteren
‘rhaltungszustandes des Blockes sich weniger gut poliren und ätzen
lassen. Beiden Eisen ist ferner grosser Gehalt an Eisenchlorür und
schnell fortschreitende Rostbildung gemeinsam. Dass von Cranbourne
cohenitreiche Partien von dem Gefüge der Maguragruppe nicht bekannt
oder wenigstens nicht beschrieben sind, dürfte nicht allzusehr in’s Ge-
wicht fallen. Es könnte dies leicht daran liegen, dass Öranbourne weni-
ger aufgeschlossen ist; denn man hätte von Beaconsfield augenschein-
lich leicht eine grössere Zahl von recht umfangreichen Platten entneh-
men können, ohne auf den eohenitreichen Theil des Blockes zu stossen.
Sitzunesberichte 1897. 96
1050 Sitzung der phys.-math. Classe v. 18. Nov. — Mittheilung v. 4. Nov.
Ein anderes Resultat ergiebt sich, wenn man die von Friseur aus-
geführten Analysen der Gemengtheile von Cranbourne' zum Vergleich
heranzieht. Wenn ich die sehr wesentlichen Differenzen nicht als be-
weisend für die Verschiedenheit der beiden Eisen erachte, so geschieht
dies einerseits, weil ich nach der von Frienr für das Phosphornickel-
eisen gefundenen Zusammensetzung seine Analysen nicht als zuver-
lässig erachten kann, andererseits, weil sich aus seinen Angaben nicht
ersehen lässt, ob das verwandte Material genügend auf seine Reinheit
geprüft, bez. die Isolirung in zweekentsprechender Weise ausgeführt
war. Dass die Gesammtanalysen, wie sich aus dem Vergleich der
unten folgenden Zahlen ergiebt, nicht allzusehr von einander abweichen,
ist ohne Bedeutung, da dieselben bei einem und demselben oktaädri-
schen Eisen — besonders in Folge ungleichmässiger Vertheilung des
Taenit — erhebliche Unterschiede zeigen, andererseits bei Oktaädriten
von sehr abweichendem Gefüge gleich ausfallen können’.
Beaconsfield Cranbourne
Fe 92.37 91.74
Ni 7.10 7-74
Co 0.48 0.50
Cu Spur 0.02
C 0.05 0.00
Auffallend ist das von Frienr besonders betonte Fehlen von Kohlen-
stoff, abgesehen vom Graphit. Der in Beaconsfield verhältnissmässig
reichlich vertretene steinkohlenartige Gemengtheil konnte leicht über-
sehen werden, wenn er in den Blöcken von Cranbourne vorhanden
sein sollte, da Frisur sich darauf beschränkte, wie es scheint, accesso-
rische Bestandtheile von grösseren Dimensionen aus dem rostigen Ab-
fall auszulesen. Hinzu kommt, dass letztere sehr unregelmässig vertheilt
zu sein pflegen, und was für einen und denselben Block gilt, gilt
sicherlich in noch höherem Grade für verschiedene Blöcke eines Falles.
Soweit sieh nach den vorliegenden Untersuchungen eine Ansicht
äussern lässt, halte ich bei der Übereinstimmung des Gefüges der
eohenitfreien Partien und bei der Nähe der Fundorte die Zusammen-
gehörigkeit von Cranbourne und Beaconsfield für nieht unwahrschein-
lich: vielleicht ist eine sichere Entscheidung möglich, wenn die Blöcke
von Cranbourne in eingehenderer Weise untersucht werden, als dies
bisher geschehen ist.
! Report of an examination of the meteorite of Cranbourne, in Australia; of
Rowton, in Shropshire; and of Middlesbrough, in Yorkshire. Philos. Trans. of tlıe
Royal Society 1882. Nr.1ı71. 887 — 894.
®2 Verel. E. Conex, Meteoreisen-Studien II. Ann. d. k. k. naturhist. Hofmuseums
1892. VII. 143-145.
Ausgegeben am 25. November.
1051
SITZUNGSBERICHTE _ 189.
DER XLVnM.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
18. November. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAuten.
*1. Hr.J.Scuuipr las über KretischePluralnominativeauf-ev..
Als neben kret. depoues aus der gemeingriechischen Schriftsprache $eponev ein-
drang, bewirkte dies zunächst neben äues die Neubildung auev. Dadurch geriethen
auch die übrigen Plurale dritter Declination eine Zeit lang in ein Schwanken zwischen
-es und -ev, welches die Schriftsprache wieder zu Gunsten des -es beendigte. Zahl-
reiche Analoga anderer Sprachen stützen diese Erklärung.
2. Hr. Conze überreicht das IX. Heft der im Auftrage der Kaiser-
lichen Akademie der Wissenschaften zu Wien und mit Unterstützung
des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts herausgegebenen
Attischen Grabreliefs.
Ausgegeben am 25. November.
*erscheint nicht in den akademischen Schriften.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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1053
SITZUNGSBERICHTE 189.
DER XLVIH.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
25. November. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLen.
1. Hr. Hirscarern las über “die Haeduer und Arverner unter
römischer Herrschaft”. (Ersch. später.)
Die Politik, die Augustus bei der Einrichtung Galliens befolgte, wird an dem
Beispiel der zwei bedeutendsten Gallischen Stämme dargelegt und das Bundesverhält-
niss der Haeduer zu den Römern durch Vergleichung mit der Germanischen Bluts-
brüderschaft zu erklären versucht. Den Schluss der Abhandlung bildet eine Betrach-
tung der Schicksale beider Stämme in den ersten drei Jahrhunderten der Römischen
Kaiserzeit.
2. Hr. Erman überreichte eine Mittheilung des Hrn. Dr. Lupwıc
BorcHArpt "ein neuer Königsname der ersten Dynastie”.
In einem der sogenannten vorgeschichtlichen Königsgräber, das pe MorGcan im
vergangenen Jahre bei Neggadeh in Oberaegypten geöffnet hat, hat sich ein Elfen-
beintäfelchen gefunden, das neben dem nicht zu identificirenden officiellen Namen des
Königs noch einen zweiten Namen desselben trägt. Da dieser Name Mn lautet und
da diese Königsgräber, wie Ser#e nachgewiesen hat, der ersten Dynastie angehören,
so scheint dieser König kein anderer zu sein, als der erste Herrscher derselben, der
König Menes. Wir würden also demnach das Grab des ältesten Königs kennen, von
dem die Aegypter selbst noch eine Kunde hatten.
3. Die HH.C. A. vox Corseuus, Königl. Bayerischer Geheimer Rath
und Professor in München, und B. ErDMANNSDÖRFFER, Grossherz. Badi-
scher Geh. Hofrath und Professor in Heidelberg, sind von der Akademie
zu correspondirenden Mitgliedern ihrer philosophisch - historischen Ulasse
gewählt.
4. Das correspondirende Mitglied Hr. Fernınann Con in Breslau
beging am 13. November d. J. sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum. Die
Akademie begrüsste den Jubilar mit der unten folgenden Adresse.
5. Die Gesammtakademie hat Hrn. Prof. &. Scuweısrurrn in Berlin
zur Herausgabe einer ersten Abtheilung der von ihm in der arabischen
Wüste von Aegypten aufgenommenen Karten 3000 Mark bewilligt.
Sitzungsberichte 1897. 97
1054
Ein neuer Königsname der ersten Dynastie.
Von Dr. Lupwıe BoRCHARDT
in Kairo.
(Vorgelegt von Hrn. Erman.)
IN achaen SernuE' auf den Am£uıseAu’schen Fundstücken aus den Königs-
gräbern von Abydos zwei Namen von Königen der ersten manethoni-
schen Dynastie nachgewiesen hatte, habe ich die im Museum von Giseh
befindlichen ähnlichen Fundstücke auf das Vorkommen weiterer der-
artiger Namen hin untersucht. In der That habe ich dabei den Namen
eines anderen Herrschers derselben Dynastie gefunden und zwar auf
einem Stück, das aus dem von pE Morsan zu Neggadeh eröffneten Grabe
stammt, dessen Besitzer den Horusnamen trägt.
Die hier in einer auf das Doppelte ver- = grösserten mechani-
schen Reproduction’ und in einer Skizze’ wie- |0N, dergegebenen Frag-
mente Nr. 31773 des Journals des Kairiner Museums’ sind Bruch-
stücke eines Elfenbeintäfelchens, das einseitig mit einer vertieften Linien-
zeichnung verziert war. Die einzel-
nen Bruchstücke haben heute eine ganz
verschiedene Färbung, was darauf
deutet, dass sie nicht neben einander
im Grabe gelegen haben: das Täfel-
chen war also schon im Alterthum,
etwa bei der Beisetzung zerbrochen.
Seine Dimensionen sind 54x 46x 2"”;
es hat sich heute leicht geworfen; in
der rechten oberen Ecke hat es eine
Durehbohrung von 2” Durchmesser’.
Das Täfelchen ist in drei Streifen getheilt; den oberen nehmen In-
schriften ein, im mittleren und unteren befindet sich die Darstellung.
ı ÄZ.1897, ıff.
® Nach einer Aufnahme, die J. J. Hrss mir freundlichst überliess.
® Überzeichnung einer Photographie unter Vergleichung des Originals.
* Ausgestellt im Nebenraum von Saal 74.
Auch hierin war das Täfelchen jenem anderen aus einem Königsgrabe von
Abydos ähnlich, das SPiEGELBERG, ÄZ. 1897 S. 8, veröffentlicht hat.
BorcnArpr: Ein neuer Königsname der ersten Dynastie. 1055
Man sieht hinter den unkenntlichen Resten eines Gegenstandes, vielleicht
eines niedergeworfenen Opferstieres, einen roh gezeichneten, mit einem
einfachen Schurz bekleideten Mann stehen, der in der einen erhobenen
Hand ein Messer(?) hält. Er scheint zu opfern, denn hinter ihm und
unter ihm sind allerlei Opfer aufgespeichert. Zwei Opferthiere liegen mit
gebundenen Füssen am Boden, darunter ein grossgehörntes Rind, dem
Elfenbeintäfelehen im Museum zu Kairo. (Doppelte Grösse.)
der Kopf noch nicht abgeschnitten ist; dabei stehen zwei verschlossene
Krüge, einer von der Form der bekannten thönernen Bierkrüge des
a.R. mit dem grossen, kegelförmigen Verschluss aus Nilerde, der an-
dere wohl ein Krug in der Art der Alabastergefässe mit Schnurorna-
ment. Hinter den Krügen liegt ein rundes Brot auf einem Untersatz.
Die dahinter folgende Opfergabe ist nicht mehr zu erkennen. Über
den dargebrachten Opfern erkennt man noch drei am Boden hockende
Männer, die vielleicht zu der darüber befindlichen Inschrift gehören'.
! Etwa als Determinative eines Barbarennamens; das ergäbe mit der darüber
stehenden Gruppe: »der Horus, der gegen die ..... völker kämpft«.
972
1056 Gesammtsitzung vom 25. November.
Von den im unteren Streifen dargestellten oder aufgezählten Gaben
erkennt man unter Anderem noch einen lebenden Vogel und eine ge-
schlachtete Gans.
Von dem, was auf der rechten Seite des Täfelchens dargestellt
war, sind leider nur noch kümmerliche Reste vorhanden. Man erkennt
nur die oberen Enden einer Reihe von 9 N -Zeichen, also wohl die
oberen Fransen einer Matte, vor der der Todte, in diesem Falle also der
König', sass. Zwischen dem Könige und dem zuerst erwähnten Opfern-
den befanden sich noch andere Personen, wenigstens ist ganz dicht
oben vor der Matte noch der Kopf eines Mannes erhalten, der ergänzt,
wohl ebenso wie der ganz erhaltene Opfernde, nur die halbe Grösse des
Darstellungsstreifens haben würde”.
Leichter ist der obere Streifen zu erklären. Die linke Ecke ist zwar
etwas abgerieben, jedoch scheint hier oben ein den Schild und die
Keule haltender Sperber dargestellt gewesen zu sein. Dann folgt deut-
lieh auf einem Zeichen, das Wasser vorstellen soll, eine Barke mit
hohem Vorder- und Hintertheil. Die Kajüte besteht aus Geflecht, das
von zwei Säulen getragen wird. Über dem ganzen Schiff schwebt ein
kleineres derselben Form, das aber nur mit einer Linie angedeutet ist
und in dem ein kleiner roh gezeichneter Vogel sitzt”.
Gerade über den Resten der Matte, vor der die Figur dessen, dem
die dargestellte Opferceremonie gilt, sich befunden haben muss, stehen
zwei Königstitel. Der eine ist bekannt, es ist der auf vielen Stücken des
Königsgrabes von Neggadeh vorkommende Horusname des dort beer-
digten Königs: ein Sperber, der Schild und Keule hält. Das sogenannte
Banner selbst ist hier etwas complieirter gezeichnet als es auf so alten
Stücken der Fall zu sein pflegt; am unteren Ende, das sonst einfach
fünftheilig vorkommt, unterscheidet man bereits die auf späteren Bei-
spielen üblichen 'Thürornamente.
Der zweite Titel ist von einem oben flach spitzbogigen, unten
offenen Rahmen aus drei Linien umschlossen und enthält unter dem
bekannten Königstitel INVE » Vereiniger von Ober- und Unteraegypten «,
nichts als das eine Zeichen ++ mn. Dies hat die in alter Zeit übliche
! Vergl. LD. II 57® [Giseh, Grab ıs, Dyn. 5].
2 Die Darstellung des Dieners in halber Grösse vor Baldachinen u.s.w. hat
nichts Auffallendes, vergl. z. B. das Relief des lol [Dyn. 6 aus Saqgarah, Giseh,
n wwm
Kat.1895, Nr. 82, Saal 7] und die Stele des thebanischen Fürsten \ oO | [m. R. aus
Au
Drah-abul-Neggah, Giseh, Kat.1895, Nr.ııı, Saal 15].
® Es erinnert dies an die im a. R. übliche Form des Zeichens and für den
Gott Sokaris.
* re. B . 7
BorcnArpr: Ein neuer Königsname der ersten Dynastie. 1057
Form und ist so deutlich gerathen, wie man es bei so kleiner Schrift ver-
langen kann; nur die vier kegelförmigen Spielsteine, die in zwei Formen
(abwechselnd einer flachen und einer spitzigeren) auf dem unteren Theile
des Zeichens, dem Brettspiel, stehen, sind etwas zu gross ausgefallen
und zum Theil in einander gelaufen. Der dem Königstitel folgende Name
lautet also sicher Mn. Wenn man nun aber auf einem Denkmal, das
aller Wahrscheinlichkeit nach der Zeit der ersten Dynastie entstammt,
einen Königsnamen Mn findet, so giebt es nur eine ungesuchte Iden-
tifikation dieses Mn: es ist der König, den wir auf Grund der griechi-
schen Überlieferung Menes nennen.
Die späteren Aegypter schreiben den Namen dieses Königs so:
a. id; en N); ® s ur es ist daraus
zu sehen, dass man damals die genaue Form und Bedeutung des Namens
nicht mehr kannte. Die griechischen Quellen geben ihn in Formen
wie Mnvis, Mnvns. Mnv, Miv:; die Deutung dieses Namens bei Erato-
sthenes als aiwvios zeigt, dass man ihn wenigstens in späterer Zeit
mit dem Stamme moys-mmm »bleiben« zusammenbrachte. Aus beiden
Überlieferungen scheint sich zu ergeben, dass das Einzige, was von
dem Namen feststand, die Consonanten Mn waren, eben dieselben, die
der Name auf dem Elfenbeintäfelehen von Neggadeh enthält. Somit
steht hinsichtlich der Form des Namens der Gleiehsetzung nichts ent-
gegen und auch die Schreibung mit einem einzigen Wortzeichen ist
ganz so, wie man sie für diese älteste Zeit erwarten würde.
Das einzige, was man gegen die Gleichsetzung einwenden könnte,
wäre, dass der Name hier nicht zu dem Titel WA »König von Ober-
I
und Unteraegypten« gestellt ist, zu dem die in den späteren Königs-
listen überlieferten Namen sonst gehören und mit dem auch der Name
des Menes selbst in den aegyptischen Inschriften der späteren Zeiten
stets verbunden erscheint. Doch ist dieses Bedenken, wie mir SETHE
mittheilt, wohl hinfällig. Die Könige der ältesten Zeit (bis auf Wsrtsn 11.)
besitzen nämlich zu dem Titel N. der dem Namen ++ auf diesem
—'
Täfelehen vorangeht, keinen besonderen Namen, sondern verwenden
an seiner Stelle den Horusnamen, wie SETHE das auch für einen der
Ameuiıneau’schen Könige nachgewiesen hat. Demnach würde man in
AANAMAN
! Tafel von Abydos. Sarg des N J &__, Berlin Nr. 34.
2
® Turiner Königspapyrus; ebenda scheint er einmal mit N) oder einem ähn-
lichen Zeichen geschrieben zu sein.
® LD. 111163 (Dyn. 19).
* Louvre Stele 421 nach Brussc#-Bovrıan', Livre des rois.
5 Erman, AZ. 1892, 44.
1058 Gesammtsitzung vom 25. November.
dem Namen Mn, der hier auf den Titel M folgt, zunächst den Ho-
rusnamen des Königs suchen: doch ist diese Annahme ja ausgeschlossen,
da dieser Horusname, wie unser Täfelehen selbst zeigt, anders (IN)
lautete. Will man nun also nicht annehmen, dass dieser König ab-
weichend von allen bekannten älterer Zeit noch einen besonderen Namen
für den M-Titel besessen habe, so muss man annehmen, dass das
Mn hier ein eigentlich zu einem anderen Titel gehöriger Name ist, der
dann hier ebenso als AL- Name gebraucht ist, wie sonst der Horusnanmne.
Es steht demnach mindestens nichts im Wege, dass es der NR- Name
des Königs ist, wie es die Gleichsetzung mit dem Menes voraussetzt!.
Demnach kann man es zwar nicht als sicher, wohl aber als sehr
wahrscheinlich ansehen, dass der König unseres Denkmals und des
Grabes von Neggadeh kein Anderer ist, als der König Menes, der
älteste Herrscher, von dem das aegyptische Volk der historischen Zeit
überhaupt noch eine Erinnerung sich bewahrt hatte.
Übrigens ist das Täfelchen von Neggadeh auch noch in anderer
Hinsicht lehrreich. Die von Serue entdeckten Namen aus den Gräbern
von Abydos standen auf den Scherben von Steingefässen, und es
blieb somit die Ansicht möglich, dass sie nur mit späteren Opfer-
gaben in die Gräber gelangt und jünger als diese seien. Davon kann
bei unserem Täfelchen natürlich keine Rede sein, denn der betreffende
König war auf ihm dargestellt, wie er das Todtenopfer empfing, und
wir haben somit im Könige Mn ohne Zweifel den in dem Grabe be-
statteten Herrscher zu sehen.
Und weiter bestätigt es von Neuem die Datirung, die STEINDORFF”
für jene eigenthümlichen kleinen Reliefs gegeben hat, die als »die
grünen Steine« bekannt sind. Der Sperber auf dem Stein von Kairo
ist dem Sperber auf dem Täfelchen von Neggadeh so völlig gleich,
dass beide Stücke nothwendig der gleichen Epoche angehören müssen.
! Ist diese Annahme richtig, so gewinnen wir übrigens noch einen weiteren
König dieser Zeit. Denn der Grund, den Serrue gegen Erman’s Deutung des einen
? > o°
Amerıneau’schen Namens auf den Zeueuyrns vorgebracht hat, dass es ein ML - Name
sei, fällt nun weg. Wenn es sich jetzt herausstellt, dass die Könige in jenen
ältesten Zeiten der aegyptischen Geschichte noch nicht regelmässig zum Titel IN
den Horusnamen, sondern zuweilen auch den WA Namen führten, so könnte auch
an
jener N- Name eigentlich ein N -Name gewesen sein und also sehr wohl dem
Semempses der Königslisten entsprechen.
? Aegyptiaca. Festschrift für GEor@ Esers, S.122ff.
1059
Adresse an Hrn. FERDINAND C0HN
zum fünfzigjährigen Doetorjubiläum
am 13. November 1897.
Hochgeehrter Herr College!
Dr: Königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin kann es sich
nicht versagen, Ihnen an dem Tage, an welchem Sie vor fünfzig Jahren,
erst im zwanzigsten Lebensjahr stehend, zum Doctor phil. promovirt
wurden, ihre aufrichtige Theilnahme auszusprechen und mit Anerken-
nung Ihrer hervorragenden Leistungen zu gedenken.
Der Beginn Ihrer wissenschaftlichen Thätigkeit fiel in jene glor-
reiche Zeit, in weleher, mit Hintenansetzung der vordem herrschenden
naturphilosophischen Speeculationen, die strenge Beobachtung, unter-
stützt durch wesentlich vervollkommnete Mikroskope, auf dem Gebiet
der Morphologie und Anatomie, insbesondere der Zellenlehre, wie auch
der Entwickelungsgeschichte überraschende Erfolge erzielte.
Nachdem Sie mit der Darstellung der physiologischen Verhältnisse
des Samens, der Anatomie von Aldrovandia und dem Studium der Cuti-
eula Sich in die botanische Gelehrtenwelt eingeführt hatten, wandten
Sie Ihre Aufmerksamkeit den niedersten Organismen, den Infusorien,
den niederen Algen und Pilzen zu. Durch die Beobachtung der nie-
dersten Wesen der beiden Reihen von Organismen gelangten Sie zu
der Erkenntniss von der Identität der Sarkode und des Protoplasmas
und sehr bald gehörten Sie zu den Forschern, welche bezüglich der
Entwickelung der niederen Pflanzen wiederholt neue Thatsachen an das
Licht brachten, deren inneren Zusammenhang Sie Selbst auch wesent-
lich klar stellten. Ihnen verdankt die Wissenschaft theils die erste, theils
die erweiterte Kenntniss der Fortpflanzungsvorgänge bei den Algen-
gattungen Volvox, Sphaeroplea, Sphaerella, sowie bei den Pilzgattungen
Pilobolus und Empusa u.a.
Ausgerüstet mit umfassender Kenntniss der niederen Pflanzen sind
Sie auch der Erste gewesen, welcher erkannte, dass die Bakterien eine
selbständige Pflanzengruppe darstellen, der Erste gewesen, der eine
schärfere Umgrenzung der Gattungen und Arten, sowie auch eine wissen-
1060 Gesammtsitzung vom 11. November.
schaftliche Eintheilung der ganzen Gruppe anbahnte. In dem von Ihnen
begründeten pflanzenphysiologischen Institut der Universität Breslau
wurde diese Welt eigenartiger Organismen nach ihren morphologischen
und physiologischen Eigenschaften eingehend studirt, und lange Zeit
war dies Laboratorium die einzige Heimstätte der Bakterienforschung,
an der hervorragende Botaniker und Ärzte mit Ihnen den Grund legten
zu jenem gewaltigen wissenschaftlichen Gebäude, welches wir heute
unter dem Wort Bakteriologie begreifen, zu einer Wissenschaft, die
vielleicht ebenso wie die moderne Elektrieitätslehre einen tief eingrei-
fenden Einfluss auf die Weiterentwickelung der Culturvölker gewin-
nen wird.
Aber nicht bloss auf Ihre Forschungen können Sie mit voller
Befriedigung zurückblicken, sondern auch auf Ihre sonstige wissen-
schaftliche Wirksamkeit. In seltener Weise haben Sie es verstanden,
in vielen jungen Leuten die Neigung zur Botanik zu erwecken und da,
wo Sie eine bereits gekeimte Neigung zu dieser Wissenschaft vorfanden,
haben Sie dieselbe sorgsam gepflegt; so wurde Ihnen die Freude zu
Theil, dass viele Ihrer Schüler als Forscher und Lehrer in die Welt
hinauszogen und für die von Ihnen so geliebte Wissenschaft weiter
wirkten.
Wie Sie in Ihrer heimathlichen Provinz überall das Interesse für
Botanik zu wecken verstanden, das beweist Ihnen die allseitig von den
Besten Ihrer Heimathgenossen entgegengebrachte Verehrung: aber auch
die Akademie der Wissenschaften kann auf diese Thätigkeit ihres Mit-
gliedes mit Befriedigung zurückblicken, da Sie als Seeretar der bota-
nischen Seetion der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur
mehrere Botaniker Schlesiens zur Herausgabe der schlesischen Krypto-
gamenflora veranlasst haben, eines Werkes, das weit über die Grenzen
jenes engeren Gebietes hinaus eine wissenschaftliche Bedeutung ge-
funden hat.
Möge Ihnen ein gütiges Geschick noch recht lange die wohl-
berechtigte Freude an den Resultaten Ihres wissenschaftlichen Wirkens
vergönnen und mögen Sie noch viele Jahre Ihre vielseitige Begabung
im Interesse der Wissenschaft nutzbringend verwenden.
Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften.
Ausgegeben am 2. December.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
1061
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER XLIX.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
2. December. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLEn.
1. Hr. Dies las: Über ein Fragment des Empedokles.
Ein in dem Epikureischen Papyrus ıorz der Herkulanischen Rollen enthaltenes
Fragment des Empedokles wird auf Grund neuen Materials herzustellen versucht.
2. Derselbe legte eine Abhandlung des Oberlehrers Dr. PauL
Wenpranp (Charlottenburg) vor: Eine doxographische Quelle
Philo’s.
Es wird gezeigt, dass Philon von Alexandria mehrere doxographische Excerpte
in seiner Schrift de somnüs mittheilt, die auf die sog. Vetusta Placita zurückgeführt
werden.
Sitzungsberichte 1897. 98
1062
Über ein Fragment des Empedokles.
Von H. Diers.
Di. Stoa als Erbin des Cynismus und der Epikureismus, der sich
seines angemaassten Autochthonenthums gern rühmte, trugen in den
ersten Zeiten ihrer Entwickelung gegenüber den gelehrten Herren der
Akademie und den noch gelehrteren des Peripatos einen ausgesproche-
nen Abscheu vor jeder Art von Polyhistorie zur Schau. Aber der
Geist des alexandrinischen Zeitalters gewann bald den Sieg über die
ursprüngliche Richtung. Namentlich als Rom in immer steigendem
Maasse nach griechischer Bildung verlangte und die vier Philosophen-
schulen um die Wette die geistigen Bedürfnisse der westlichen Bar-
baren zu befriedigen suchten, hat sich der historische und polyhisto-
rische Zug innerhalb jener Secten zusehends verstärkt. Indem sie sich
beeilten, so gut es gehen wollte, auf Grund der altererbten Weis-
heit neue, die Bedürfnisse der gelehrigen Schüler berücksichtigende
Anpassungsformen zu finden, suchten sie vor Allem dem nüchternen
Thatsachensinn der Römer Genüge zu thun. Dies hat zu einer be-
merkenswerthen Umbildung der philosophischen Erziehungsmethode
den Anlass gegeben. Das historische Element tritt bei allen Schulen
in den Vordergrund. Es bildet für die Erziehung jener harten Köpfe,
die vor aller systematischen Abstraetion einen unwillkürlichen Wider-
willen haben mussten, eine dankbare Grundlage. Und so werden denn
die doxographischen Schätze des alten Peripatos ein beliebtes Mittel
zur allmählichen Entwickelung des philosophischen Denkens. Von
elementaren, concreten Anschauungen aus sucht man an der Hand der
Geschichte zu den Höhen der abstracteren, entwickelteren Systeme em-
porzuführen und mit der Kritik der fremden Systeme nach und nach
die eigene Schulmeinung und die Mittheilung des eigenen Systems zu
verbinden. Diese, in ihren Anfängen bis zu Aristoteles hinaufreichende
Propaedeutik tritt vollkommen entwickelt bereits in der akademischen
Diers: Über ein Fragment des Empedokles. 1063
Schule des Karneades auf', sie zeigt sich nieht minder in der Stoa
bei Panaitios und vor Allem bei dem die ganze Eklektik beherrschenden
Poseidonios, sie tritt aber auch, was man eigentlich nicht erwarten
konnte, um dieselbe Zeit bei den Epikureern uns entgegen. Die maass-
gebende Persönlichkeit ist hier der Athener Apollodor, der Garten-
tyrann, wie er bezeichnend genannt wird, unter dessen Schriften eine
2vvayoyn doyudrov erscheint (Laert. VII ı$r). Diese Richtung weitet
sich im ersten vorchristlichen Jahrhundert mehr und mehr aus, und
Luerez wie Cicero zeigen da, wo sie von der jüngeren epikureischen
Litteratur abhängig sind, d.h. den Leuten vom Schlage des Phaidros
und Zeno, genau dieselbe polyhistorische und doxographische Erudition,
wie sie der Typus dieser Polygraphen Philodemos mit Behagen in vielen
seiner Werke ausbreitet”.
In dem eneyklopaedischen Allerlei dieser Polyhistorie dringt seit
dem Beginn der Eklektik auch die eigentliche Philologie immer mehr
in den Vordergrund. Ich kann hier nicht näher darauf eingehen, wie
Plato’s Stil bei Peripatetikern wie Kritolaos’ und Stoikern wie Panaitios’
bis in orthographische Minutien hinein grammatische Beachtung ge-
! Vergl. die Andeutung bei Usexer, Epicurea S. LXVIT £.
® Das letzte Reis dieser epikureischen Doxographie, das freilich einen erstaunlichen
Beweis »fröhlicher Unwissenheit« von sich gibt, ist die steinerne Urkunde des Diogenes
von Oinoanda, s. Usener, Rh. M. 47, 414, und jetzt mit werthvollen Bereicherungen in
Hegerpey’s und Karınza’s Publication (Bull. corr. hell. XXI 346). Sie haben den Text
nicht bloss durch neue Funde sicherer und umfangreicher gestaltet, sondern auch durch
wohlerwogene Ergänzungen, wie 45,4 64,a (die theilweise mit eigenen Versuchen, die
ich früher Usener zur Verfügung stellte, zusammenfallen) beträchtlich verbessert. An
einigen Stellen scheint der Text durch Auslassungen entstellt zu sein. So in dem
Briefe an die Mutter, der nach Sprache und Inhalt wohl nicht von Epikur herrührt,
21,22 |S.369]. 3, 3 ff.: rider ö’abra naNNov kah' uepav Kal ayadov Tı muas m|oeiv avapr|o-
nevovs eis [olas Oymlor Epwrijeeis [eböarulovias mpoßaivew‘ ob yap neıxpa ovoe |oaN]evovra mepı-
yeivera 7) |pleovra, (roıavra) 0 oia rıjv Öraßerıv juov lvoheov more. Auch 42 [383]. b, 3 ist
wohl Ausfall, nicht Corruptel anzunehmen: EumedorAns 6'6 Arpaylavrıvos ämavd’ öu)ov; 56,
6, 10 ypado (dia). Ferner möchte ich lesen 45 [387] 1,2 doplav; 49 (393), a, 6.7 kepr]eios
tıvos, das. b,13 Erepodofovor, 58 (40I),I dvaAveıv Ex Tod Cıv |ujera [karo]v marav[os Aayxeıv
r]ov rjo]v [erelov TAnpouaros NdeAyoanev. Vergl. Epieurea, Wiener Stud. X 195,47, mit
mAnpoua Herod. 3,22. Ferner 61 [407], , 2 ff. vielleicht mao« yap ovoe |uovov ra öpa]ra
mepıdew|pnrea, ANN öuoV adv Aoyıouo. 58, 4,4 erg. ÜsENER (nicht GomPerz); S.394 unten:
nach ywönow: caAvow ÜsENER; PaoıXees 48,4, 11 scheint dialektisch ausgeschlossen. S. 354
ist avrıredijkeı 50 b, 13 und Am\arov (ingens) 65,a, ı2 mit Unrecht beanstandet. Beides
ist völlig correct. Dass der emorarns Kapos (26,6,7) mit T. Lucretius Carus identisch
sei, wird man erst dann zu glauben anfangen, wenn sich sicher herausgestellt haben
sollte, dass irgend ein Schriftstück dieser Sammlung (abgesehen von den Kipıa
oofaı) älter sei als der Dedicant Diogenes. Das Wort emorareia spricht wenigstens
nicht dafür.
® Örivier, De Critolao (Berl.1895) S. 37.
* Fr.53 Fowrer (Bonn 1885). Mit höherer Kritik beschäftigen sich fr. 49-52, mit
Demosthenes’ Reden fr. 54:
98*
1064 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 2. December.
funden; ferner wie sie diesen Stil selbst nachgeahmt haben, dem
Attieismus, der sich zu Cicero’s Zeit, und zwar zunächst in römischen
Kreisen, voll entfaltete, bereits vorgreifend. Auch auf den Abschluss
aller dieser paedagogischen Reformen durch den Rhodier Andronikos
kann ich nur kurz hinweisen. Dieser Zeitgenosse Cicero’s hat die philo-
logische Editions- und Interpretationsmethode auf seine Auswahl Aristo-
telischer Werke übertragen und damit für die Philosophie (wie für die
Medicin) die Epoche der Scholastik inaugurirt. So vollendet sich die
Entwickelung, die Seneca (Ep.108, 23) in das Wort zusammenfasst:
quae philosophia fuit, facta philologia est.
In der Reihe dieser philologischen Commentatoren philosophischer
Texte finden wir nun auch einen Epikureer, von dessen Schrift einige
unzusammenhängende Bruchstücke in der Herkulanischen Rolle Nr. 1012
erhalten sind. Es ist misslich, bei den geringen und übel erhaltenen
Überresten ausführlichere Vermuthungen über Inhalt und Verfasser vor-
zubringen. Vorläufig liegt es nahe, an Philodem zu denken, da die
überwiegende Masse der Herkulanischen Schriften von ihm herrührt
und die Verweisung auf den $iAraros Zyvov col.21' an andere Schrif-
ten jenes Epikureers erinnert, die der Titel selbst als Bearbeitung nach
Zenon’s Vorlesungen bezeichnet, vergl. Nr.1389 PAodnuov ... ek T@v
Zuvovos oyoAw@v, 1471 PıiAodnuov T@v kart Emirounv &&eipyaouevov
Ilepi 7dov Kal Blov Er Tov Zuyvwvos ayoXw@v... 6 &orı? Ilepı mappnoias.
Auch die Schrift über den Indicienbeweis ist theilweise nach Vorlesungen
seines Lehrers Zenon, wie er selbst andeutet, gearbeitet, s. col.19, 4.
Die persönliche Anrede am Schlusse unserer Abhandlung, die mit einem
Danke an einen gewissen Eirenaios und an seine mitstrebenden Schul-
genossen schliesst, verräth ebenfalls Philodem’s Art”.
Merkwürdig ist nun, wie sich der Verfasser an manchen Stellen
dieser Abhandlung philologisch bethätigt. Er bespricht mehrere Stellen
der Epikureischen (oder vielmehr aus Epikur ausgezogenen) Kypıaı dogaı,
wie z.B. Nr. 3 Opos Tov ueyedovs T®V 10ov@v 1 avros ToV dAyovvTos
Ume&aipecıs (Üsener, Epicurea p.72, 1 f.), indem er feststellt, dass ravros
in einigen seiner Hdss. fehle und in allen guten Hdss. (kara mavra
Ta ka\os Exovra avriypada) E&atipecıs, nicht Ure&aipeoıs zu lesen sei.
Die »guten« Hdss. sind freilich nicht die besten. Denn vrre&aipecıs ist
1 6 d& Biäraros Zijvov kara uelv T]o yevols ovupleperja] r|ov]rw, kart’ eido]s &' ov
ovumebovnkev abr(o), vevel © em To rovr' Elmayalyeliv] ro äuaprnula...
® Über diese Form des Titels vergl. zu Simplie. Phys. X vı, Anm. ı und den Titel
®/Awvos äperov a, 0 eotı rs abrov rpeoßelas mpös [atov, worüber s. P. Wexpranp, Berl.
phil.Wochenschr. 1895, 711.
° Die Vermuthung von Gonrerz, Wiener Stud. II 139, die Rollen 831 und 1012
seien Theile Eines Werkes, scheint sich nicht zu bestätigen. Vergl. dagegen Scorr, Fragm.
Here. 26° und Aurr. Körre, Metrodori Fr. (Freckeisen Suppl. XVII) 571.
Diers: Über ein Fragment des Empedokles. 1065
nicht bloss die bei Laertios, sondern auch in der Inschrift des Diogenes
von Oinoanda (UsEnER, Rh.M. 47,444; BCH XXI, 408, 62) überlieferte
und offenbar richtige Lesart. Dagegen mag ravros |Diogenes von
Oinoanda aravros] einer überflüssigen Interpolation ihren Ursprung
verdanken.
In einem anderen Epikureischen Spruche (fr. 578 UsENEr) ei vocos
avnp rapns ppovrıei fand der Epikureische Philologe (col.19) die Va-
riante rpo&ns, und anstatt die harmlose Verschreibung psychologisch
sich zurecht zu legen, glänzt er mit der stockphilologischen Erklärung,
der Schreiber müsse ein Exemplar vor sich gehabt haben, in welchem
die Motten den Buchstaben A herausgefressen hätten!. Auch der stupor
librariorum erhält an einer anderen Stelle, wie sich gebührt, die Zucht-
ruthe des strengen Kritikers”. Hier knüpft nun auch eine exegetische
Bemerkung an, die mit dem oynua amo kowov operirt.
Um zu zeigen, dass er die feinste alexandrinische Bildung be-
sitzt — man erinnere sich, dass der Dichter Philodem in seinen Epi-
grammen nicht ohne Erfolg mit der Technik des Kallimachos wett-
eifert —, exemplifieirt er seine Theorie an einem Epigramm jenes
Dichters (7 Wil.):
"He Oeairnros kadapnv 60ov: ei Ö Emi Kıoaov
Tov Teov oly aurn, Bakye, keXevdos ayeı
ANAWv uev Knpvkes Emil Bpayvv olvona Kapov
pheyEovraı, keivov 6° EAAüs dei vodinv.
Mit dieser Reminiscenz im Sinne wird man nun wohl verstehen,
was unser Epikureer im Anschluss an die eben erwähnte gramma-
tische Auseinandersetzung col.ıS wollte:
copinv. OnAov’ yap ws ol uev knpvkes BHEVEovrau, 10 EX-
Nas dbHev£erau. yia Ön Övvanıs TOV Omnawvouevor.
Hier wird unter der Figur aro kowov, wofür die alten Tech-
niker amo kowov zu sagen pilegen, diejenige der beiden Arten ver-
standen, in der das Verbum im ersten Gliede steht, im zweiten zu
ergänzen ist‘. Wir wenden den Namen häufiger auf die zweite Art
an, wenn das gemeinsame Wort im zweiten Gliede steht. Doch stimmt
Taya mepımeoov dvreypaboıs Ev ols Ekrerpwyjevov TOV aAda ...
> Col.1ı7 |aA]Aov alvrıyplapwv ovrws eyovriov 7] Tv ueraypayvravro[v Umo] Ts Idtas
/ YP X 1 jr Y 1
amadevolias| rovro moınodvrov. rou|ro ö'| Nderav &s Aeyouevav [rı]lvov amo kowvov, os moA|Aakı]s
, f RR n fi \ Nora ‚
emonuawvoöuehla ... ra amo kowov [A]e|youelva Kali] kara [övjvamıv [av].
® Siehe das Facsimile der beiden Abschriften S. 1067. nAor hatte der Schreiber
versehentlich gesetzt, dann aber o« ausgestrichen und ov corrigirt.
* Vergl. das psychologisch fein durchdachte Programm Leo's Analecta Plautina.
De figuris sermonis I, Gött. 13896, wo die Litteratur verzeichnet ist.
1066 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 2. December.
unser ältester Zeuge über das do kowov, der Scholiast des Venetus A
zu Homer K 167, der aus gelehrtester alexandrinischer [280° 47 Bexx.]
Gelehrsamkeit schöpft, mit jenem. Eins der zahlreichen Homerischen
Beispiele, die das Scholion anführt, lautet (Yı. 3):
Ws Oi HEev Tapa vnvol Kkopwvio HwpnocovTo,
Towes Ö° aid Erepwdev Eni Hpwoun Treöioıo.
Die Erklärung lautet ek kowov yap dBwpnyccovro und so ähnlich
(AWySRIE
oi © aub Töonevna Öaldpova Awpnocovro,
Ibouevevs uev Evi Tponayoıs'
To yap Hwpnaoero Tpoovmarovonev ano Tov Hwpnocovro.
So erklärt auch der Epikureer bei Kallimachos: oi uev Knpukes
pheyEovrau, ın 6° Erxas Phey&era. Wenn er fortfährt wa ön Övvazıs
ToV onuawouevov', so deutet er wohl auf den hier vorliegenden Fall
hin, dass in dem zweiten Gliede das Verbum in derselben Sinn-
bedeutung wie in dem ersten zu ergänzen ist. Wenn ich nicht irre,
ist dies im Gegensatze gedacht zum Zeugma im engeren Sinne, wo
die Övvaıs ToV Omuawvonevov eine verschiedene ist und das Kowov
eigentlich nur auf das zunächst stehende Glied passt.
Es ist schr zu bedauern, dass uns hier nur Bruchstücke der antiken
Theorie des «ro kowov vorliegen. Denn die uns zu Gebote stehenden
Grammatiker- und Rhetorenzeugnisse sind meist jung und mannigfach
contaminirt. Noch mehr zu bedauern ist, dass nicht nur die eigentliche
Veranlassung zu jener Belehrung im Dunkeln liegt’, sondern auch das
weitere Beispiel, das er aus Empedokles heranzieht.
Es sind unbekannte Verse des akragantinischen Diehters, die es
vielleicht der Mühe lohnt, aus den halbverkohlten Resten des herku-
lanischen Papyrus herauszuklauben oder wenigstens, falls dies nieht
gelingt, für Andere das Material bereit zu legen.
Mir stehen zu diesem Behufe zwei Abschriften des Originalpapyrus
1012 zu Gebote.
ı. Der Neapler Kupferstich in den Voll. Hereul. coll. alt. VIL£.15;
col. 18; die Originalzeichnung befindet sich noch heute in der Offieina
dei Papiri.
2. Die Oxforder, von Hayrer herrührende Zeichnung, nach der Pho-
tographie in den BDodleian Facsimiles T. Il f.ı3 (n. 565).
5 \ 3 a
I Verel. col. 17 (S. 1065 Anm. 2) t& dmo kowov Aeyoueva kal kata Övvazıy Julav.
5 / 3 Y%ı ae!
?2 Vermuthen wenigstens lässt sich, dass das epikureische Kernwort ovk Eorrıv
News (mv avev TOD Bpoviuws kal ka\ds Kal dıkaiws (Usener 72, Io) erläutert werden sollte.
Dies: Über ein Fragment des Empedokles. 1067
Ich stelle diese beiden Abschriften einander gegenüber:
Pap. 1012 col. 18.
Neapler Copie.
=, a
Oxforder Copie.
er
_ODIHNDHN SON IPPWwCo)
HENKHPYREC PO ENZONJN
HACANa HOE NE: TARA
DIH2SY NALUC TOYCHMAINOMC
5° NOT: -TATORERAETIAPE mM
Ze—n. AEITE ISONENOTENE
= "TONA Syn E10
ST, ISO AN
codınn Ana Eon sApwco]
MENKHPTKECHBENZONn
ana
AHAYNAUICTOYCHMUÄINOME
9 NOT.--TATOAEKA napeH
„ACENTTEIONENOTEIE
R "TONAOYTAPTEAIOC
TEIr- 01 AOAMOIAı
TE....CAACYA €
SCHEnD,-
Ausser diesen Copien steht mir eine sorgfältige Collation des ziem-
lich wohlerhaltenen Originals in Neapel zu Gebote, die Hr. @. Vrreru
angefertigt und mir freundschaftlichst zur Verfügung gestellt hat. Er
hatte sich dabei der Hülfe des Zeichners an der Sala dei Papiri, Luscı
CorAzzA, zu erfreuen, dessen geübten Blick Hr. Vırerrı rühmt. Ich gebe
seine Collation als drittes und wichtigstes instrumentum recensionis in
Originalfassung wieder:
I. 5. Fra NOYeTÄ non vi sono tracce di lettere ora, e non
ve mn’ erano, quando fu fatto il disegno: ma si puö esser sieuri che
lettere originariamente vi fossero. C’ € spazio per due lettere, e
nulla vieta che fossero KA.
l.6 sg. Dalla ispezione del papiro non si ricava di piu che dal
disegno. La linea 6 finisce con OTENE, e non pare che vi sia
altro; la linea 7 comincia con € ne vi ha traceia di lettera pre-
cedente. Nello spazio sequente non ci sono residwi di lettere: lo
1068
Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 2. December.
spazio € päuttosto per TAI che per El od EN. Ripeto perö che
a me non riesce capire dove fosse il T del verbo Aeyew!.
1. 7. ovr ap re Aus] la lettera fra A e T non & ricono-
scibile interamente: ma certo non era C come pare vi abbia voluto
leggere Neap. Invece & possibile (anzi direi addirittura certo) il
Pi Or.
I. 8. La prima lettera pare non possa essere altro che T. La
lettera sequente al T € indefinibile, ma puo esser stata benissimo
un €. Il Suo reyeoı Öouoı mi sembra quindi_eccellente.
Non € possibile precisare che lettera sia quella dopo Al. Neap.
e Oxon. vi hanno letto T, e questo € possibile: vedervi un A come
Ella vorrebbe’, per me & impossibile. Ho pregato il signor Corazza
di guardare anche lui il luogo: anche a giudizio suo non sarebbe
possibile un A.
1.9. A principio della linea & piuttosto TE (Oxon.) che TE
(Neap.). Ma in cioö che segue nulla vedo di sicuro. Scorgo le
estremita superiori di lettere (NufhYNulhC), e saranno benissimo
AOYZAE (Neap.) piuttosto cha NEYAE (Oxon.). Delle lettere
precedenti non scorgo proprio nulla, neppure il CA concordemente
dato da Ox. e Neap.
I. 10. Dove Neap. legge TOIO e Ox. legge TETO a me era
parso di veder TETO, ma il Corazza mi sostiene che € TOTO,
ed io ho finito col dargli ragione. Mi pare od ogni modo di potere
eschudere TOIO, come il Suo supplemento® vorrebbe.
Auf Grund dieser Zeugen betrachte ich folgende Recension als
die glaubwürdigste, wobei die von Hrn. Vırerıı nicht mehr gelesenen
Buchstaben punktirt sind:
SENON 2 A-TDOFATER AST RASRICHM
Ne. NEIBELONENGTENE
€... TONRAOYTAPTEAIOTE
Te .-01A 0M ol N ee
TE... CAADDC
eK... 2 KC7 010
Der erste Satz nach der oben erwähnten Bemerkung wia ön Öduvanıs
Tov onuawouevov ist klar: kara Tode kal map’ EurmedorXet Yeyover.
Aber die früher auf der Hand liegende Lesung des Folgenden öre
lag,
! Ich hatte gefragt, ob Aeyeı oder Aeyeraı, was nach der Oxforder Copie nahe
möglich sei.
9
Ich hatte aiercovraı zur Discussion gestellt.
® Ich hatte Z. 1o nach Ox. und Neap. Kokvroro vermuthet.
Dies: Über ein Fragment des Empedokles. 1069
Aeyeı oder Aeyeraı scheint an der Revision Vırrrur’s zu scheitern.
Und nicht bloss daran. Denn Aeyeı oder EXeyev füllt das Spatium nicht
aus, selbst wenn man vor dem Citat ein Vacuum annehmen wollte.
Und Aeyeraı wäre doch recht sonderbar statt des Activs gesagt. Zu
dem Citate kann OTEAEJE... nicht gehört haben, da ohne An-
nahme von Corruptelen keine Worte und selbst mit Correeturen wie
or eXeerraı u. dergl. kein erträglicher Sinn erschlossen werden kann.
Ausserdem setzt der Hexameter des Empedokles mit Tov ö oUrT ap Te
Ars so unverkennbar ein, dass jedes Wort davor vom Übel wäre. Ich
muss daher diese Worte als verzweifelte, aber auch voraussichtlich un-
wesentliche übergehen.
Was nun das Empedokleseitat selbst anbetrifft, so leitet bei dem
ewigen Homernachahmer' das epische Vorbild ziemlich sicher. Das kaum
zweifelhafte reyeoı Öouoı findet in Z 248 Öwder’ Erav Teyeoı ÖönoL seine
Entsprechung. Und für den Anfang gibt die berühmte Stelle der Ilias,
wo Diomedes mit dem Wildbache verglichen wird (€ 89), das Muster:
Tov Ö oUT Ap Te Yebvpaı Eepuevan ioxavowarıv
oVT Apa Epkea loyeı AAwdwv EpıdmAewv.
Es ist dies meines Wissens die einzige Stelle im älteren Epos, wo
sich diese Partikelverbindung findet’. Aber sie hat Eindruck auf den
Imitator gemacht. Denn Empedokles wendet sie auch V.89 an, wo sie
allerdings bisher verdunkelt war. Die Hdss.” lesen nämlich den Vers 89
(STEIN):
Kal TTPOS TOLS OUT ap Tı Emiyiyvera old AamoAnyeaı.
Der Sinn ist vollkommen klar. Lucrez drückt ihn mit den Worten
aus II 296:
nam neque adaugescit quieqguam neque deperit inde.
Da Simplieius den Vers, den er eitirt (Phys. 158, 29), ganz ähnlich,
wie seineHdss. ihn geben, paraphrasirt (158, 8) TO undev emıyiveodaı und
aroAnyeı, so darf nur durch leise Änderung der unmetrischen Fassung
der Überlieferung abgeholfen werden. Ich lese:
\ \ Em) J ’ 9 ’ ’ ’
Kal TPOS TOLS OUT Ap TE Tı Yiyveran old AamoAnyeı.
Der Sinn des Emıyiyveodaı liegt in dem Zusatze rpös roıs vollständig
ausgedrückt, so dass ein alter Dichter des Compositums entrathen konnte.
! Aristoteles im Dialog /Tepi moınrov dncw örı kai Oynpıros 6 Eumedoräns (Laert.
VIII 57). Die Fragmente bestätigen diese Observation durchaus.
2 Ähnlich Q 337 ös ujr’ äp rıs ln wur’ &p Te voran
33 an P nun P 10n-
au - RER: u: Die:
° aprı Emyiyverar DE: ap emiyivera a F. @AN emyiyvera PANZERBIETER; Kal mpös
roioıv ap our Emiy. KARSTEN; ovdev yap mpos Tols emyiyvera STEIN.
1070 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 2. December.
Der Gegensatz von yiyveodaı und Anyeıv findet sich in V.71.72 StEm
wieder:
Tn x B [4 \ EA Ed Ö EHEIK
N nEev ylyvovral TE Kal ol ocbıoıv Eumeöos aiwv,
ee>
n de Tao AAAdovovra Ötaumepes oldaua Anyeı.
Bemerkenswerth ist in jenem V.89 die Entsprechung oUT' ap Te
— ovöe. Es ist nieht ohne Interesse für den Stil des Empedokles,
dass sich diese steigernde Fortführung der Correlation auch noch in
einem anderen Fragmente findet (135f. Stem):
evd’ oVT meXloıo dLelderaı wKea Yvıa'
o0dEe ev old aims Adcıov uevos oVde Haxacaa.
Es scheint daher ein willkommener Fingerzeig, wenn in dem
Epikureischen Fragmente, das wir herstellen wollen, ein oVde, das
dem oVr' ap Te des ersten Gliedes entspricht, in der Folge erhalten
ist. Während in der Homerstelle, die das Muster abgab, jedes der
parallelen Glieder mit besonderem Verbum ausgestattet ist, fehlt in
V.136 wie offenbar auch in dem neuen Fragmente das zweite Glied,
d.h. das Verbum hinter o0de, und dies «mo kowov scheint dem Epi-
kureer den Anlass zu seiner Exemplifieirung gegeben zu haben.
Haben wir hierdurch das äussere Gerippe der herzustellenden
Verse einigermaassen aufgerichtet, so lässt sich jetzt die Frage nach
dem Inhalte nicht mehr umgehen. Das erste Lemma Tov ö oUT' ap Te
Kos reyeoı Öouoı aiyıoyoıo führt uns in die überdachten Gemächer des
aegishaltenden Zeus, also in die Sphaere des Empedokleischen Aethers
oder Feuers. Aber freilich in der Physik des Dichterphilosophen, in
dem Spiel der Weltkräfte Newxos und Pia, in dem Wechsel der Ele-
mente Zevs, 'Hon, Auöwvevs und Nnoris hat unser Fragment schwer-
lich Raum, da ich wenigstens nicht wüsste, worauf sich rov de am
Anfang beziehen sollte. Die Physik des Empedokles ist in so zahl-
reichen Fragmenten erhalten, dass man darüber ungefähr ein Urtheil
abgeben kann.
Anders steht es mit dem religiösen Gedichte, den Kadapuoi, in
welchem der Prophet den Sündenfall der göttlichen Geister, ihre
allmähliche Reinigung und Erlösung, ihre Wanderungen und Wieder-
geburten schildert. Kraft seiner Sehergabe kündet er den Sterblichen
die Wandlungen der eigenen Seele, wie sie aus dem seligen Leben
der Götter ausgestossen hienieden ihre Büsserlaufbahn vollendet. Der
grösste Theil dieser Seelenwanderung ist bereits vollendet. »Ich war
Mann und Weib, Vogel, Fisch und Baum, und ich brach in Weinen
! So Simplie. de caelo 1183, 30 die Hdss. AF, während Plutarch’s deötrrera ayAaov
eiöos auf Interpolation beruht. Nur kann man fragen, ob nicht das &ereraı des Mo-
nacensis, d.h. duerar den Vorzug verdient. Vergl. Hesych deierau: dwäilerat.
Diers: Über ein Fragment des Empedokles. 1071
und Jammern aus, als ich mich an den ungewohnten Ort versetzt
sah, wo Tod und Hass und andere Unheilsdaemonen herrschen « (383 ff.).
Er rechnet sich selbst zu den verstossenen Geistern, die im Rade der
Geburten durch alle Elemente umgetrieben werden. »Der Aether ver-
folgt sie bis in’s Meer, das Meer speit sie aus auf den Erdboden, die
Erde wieder zum Lichte des unermüdlichen Helios, und dieser wirft
sie abermals in den Wirbel der Lüfte: eins nimmt sie vom anderen
auf und alle hassen sie. «
Die Erde selbst, auf welche die gefallenen Geister herabfallen,
um im Menschenleib ihre Büsserlaufbahn weiter zu verfolgen, erscheint
dem pessimistischen Dichter wie den Orphikern als Jammerthal'. Der
für den Hades sonst übliche Ausdruck” zeigt, dass er den Ort der
Verdammniss nicht unter, sondern auf der Erde suchte, und so dür-
fen wir annehmen, um zu unserem neuen Fragmente zurückzukehren,
dass als Gegensatz zum Palaste des Zeus der »Anger des Unheils«
genannt war, der für die mit Tov de bezeichnete Person als Aufent-
haltsort gedacht war. Eine frühere Vermuthung, die auf den bis-
herigen Abschriften beruhte, in der letzten erhaltenen Zeile Korv-
Tolo zu ergänzen, was mit jenem Verse 385 kAavoa TE Kal Kokvoa
iC@v aovvndea y@pov nicht übel zusammenstimmte, wenn man dabei
an die Erde dachte, hat der Autopsie Vırzerırs gegenüber sich nicht
bewahrheitet. Aber ganz trügerisch ist die Spur doch wohl nicht
gewesen. Denn die nun: sicherer festgestellten Reste des letzten Wor-
tes in Verbindung mit dem, was man zur Zeit der Abschriften noch in
schwachen Zügen erkennen konnte, scheint auf ein Compositum KAav-
oTroyovos hinzuweisen, das die Erde als Mutter des zu beweinenden
Menschengeschlechtes nicht unziemlich bezeichnen würde. Empedokles
erwähnt einmal bei der Schaffung der Menschen avöpov Te moAv-
KAAUT@V TE Yuvarkov, wobei eine ähnliche Vorstellung obwaltet, nur
dass die Frauen in den unseligen KkVRrAos yeveoews noch enger ver-
fiochten sind.
So weit leiten zur Herstellung des Empedokleischen Gedankens
noch schwach erkennbare Fussspuren. Das Ganze zu erfassen kann
nur tastender Vermuthung gelingen, die dabei über Möglichkeiten
schwerlich hinauskommen dürfte.
Vielleicht sprach der Prophet von dem Schicksale des frevelnden
Geistes, der weder im Feuer, noch in der Luft, noch auf Erden zur
seligen Ruhe käme, wenn er nicht durch Busse und Läuterung seine
Sünden abschwöre.
1 28 rn n BRIEN 2 DW
3° 9 aTtns av AELuUova KATA OKOTOS nNackovanv.
9
® Vergl. A 539 und A.; s. Norpen, Hermes XXVIII 3793. 398°.
1072 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 2. December.
Tov ö our ap re Aus Teyeoı douoı aiy|ıöyoıo]
Tejprov]|' ajv| ovcle) [aidnp’ n K«Aavjoroyolvov medov ains].
So kommt diese mit gesicherterem Material arbeitende Herstellung
nach mancherlei anderen Erwägungen doch schliesslich im Gedanken
mit dem überein, was ich, auf die Neapler Abschrift allein gestützt,
in diesen Blättern früher (Sitzungsber. 1884, 366°) angedeutet hatte.
Ein anderes Citat aus den Katharmen des Empedokles liefern
die Voll. Here. c. alt. VIII fol. 59, wo in dem überlieferten Reste
AOKAHC E$HB........ ETIONHTOC Navcxk (Mel. gr.-rom.IV 168)
den Vers 355 yaiper" eyw Ö' Uumv Oeos außporos, oVlkerı OvnTos
wieder erkannt hat. Alle diese Verse scheint Philodem oder Zenon
oder wer sonst der Urheber dieser Weisheit ist, auswendig gekannt zu
haben. Denn in dem Traetat des Pap. 1012, den wir oben behandelt
haben, finden sich noch zwei Anführungen des Dichters’:
f.22 e0l.29 gaivelral more kal EumedorAns ovvenpbaivov
Tovro dla T|ov: »o]rewwroi uev yap m|araulaı kara yvıa TE-
ravrlaı« (v. 2 STEIN),
wo Teravrar statt keyvvraı auf Verwechselung mit den Versen 288f.
beruht:
N E ’ En) ’ N ’ mn en ’
we Ö Avanveı navra kal ermvei: maoı Alhauoı
TAPK@V TVpıyyes TÜUUATOV KATA OOHA TETAVTAL.
Diese Verse sind dem Gedächtnisse des Epikureers jedenfalls gegen-
wärtig gewesen, da er sie gleich darauf f.25 col. 35° eitirt:
avanvonv airıoAoyov nv avdponwv Tov Ka" Eavrov' »@oe
Ö Avamvnovoı Kal ERrvnovaı Aldawoı CapK@v ONpıvyes TUuATOV
Kata o@ua TETavraL«. Kal TAkoAovda de ovvanreı ÖmMAov ws
avanvonv Aaußavov orte TO 0Xov, Emjelı ou]k av avrılöumpeı
ravr|n] nv [elk[r|voln]|v uepos |rns] avalrvolns ov[r'] aurnv
[Tnv Eelknvonv kar' iötav, [erei avylkarapıdueralı aurn mv
erv|onv.
Er führt die Verse an zum Erweise seiner Behauptung (col. 34),
dass avarvon im Sprachgebrauch eine doppelte Bedeutung habe. Ein-
mal bezeichne es den Athmungsprocess im Allgemeinen, sodann aber
speciell die Inspiration. Die Lesarten, die der gelehrte Verfasser hier
eitirt, sind durchweg schlechter als unsere sonstige Überlieferung, ganz
! Von N in reprov ist ein C in den Abschriften gedeuteter Rest erhalten, was
erklärlich wird, wenn man sich erinnert, dass nach Vrrerrı auch die folgenden Buch-
staben nur in ihrer oberen Hälfte erhalten sind. Daraus erklärt sich auch, wie AA
(was auf alle Fälle unmöglich ist) statt AN gelesen werden konnte.
” aißnp ist bei Empedokles in der Regel = djp.
Siehe Gomrerz, Wiener Stud. II 140.
Diers: Über ein Fragment des Empedokles. 1073
abgesehen von der ungebildeten Orthographie, die dem Schreiber zur
Last fällt.
Zum Schlusse mache ich noch auf eine merkwürdige Interpretation
aufmerksam, die aus Anlass einer unbekannten Stelle Epikurs' eine
Belehrung über die Sikinnis aus einem Lexikon abschreibt, pap.1o12
col.14 Neap. = n. 560 Ox. (II f. S photogr.). Die erst durch die Oxfor-
der Abschrift verständlich gewordene Stelle dürfte etwa so lauten:
mAeovaleıw dacıv TO "oiknoo-
uevol . 7 Yap aikıvis [öp|ynoe-
@|s Kwuurns eioos Eotw. €EK-
doylılr[ols de dia Tov orl|evjovs TO
s [ylJevlos] eupnvau HeAnoas 6
IA®-.. HC Eypawev olülros
"To0 eülpov Es noo|ıw] pvrov,
olkıvvilv”. kamera] Tis Bov-
NET TEE NDIER ENDE
EN N Eyplawlev To...”
Die Belehrung, dass die Sikinnis ein komischer Tanz sei, ist falsch.
Sie gehört vielmehr in das Satyrdrama. Es scheint daher wahrschein-
lich, dass das Zeugniss des Dichters, welches Z. 7f. eitirt wird, aus
einem Satyrstücke genommen ist. Der Epikureer zieht es deswegen
herbei, weil der Dichter EKÖOXIK@S, d.h. explicative, durch das Attribut
(okevos), nämlich das pvrov, die Art des Tanzes andeute. Der Schluss
des Citates (ein Trimeterschluss und -Anfang) kann als einigermaassen
sicher gelten. Ich bemerke noch, dass der Herleitung des Verses aus
einem Komiker das Wort mocıs statt moTov zu widersprechen scheint.
Das Missverständniss kowırns statt oarvpırns darf jedenfalls nicht für
solchen Ursprung geltend gemacht werden, da diese Confusion in den
späteren Zeiten des Alterthums nicht selten ist. Den Namen eines
bekannten Dichters kann ich nicht genau mit den Überresten Z.6 in
Übereinstimmung bringen. Aber da, wie die Neapeler Abschrift zeigt,
die Buchstaben vor ®... HC schon damals sehr undeutlich gewesen
sein müssen, so ist vielleicht die Vermuthung erlaubt, dass der be-
rühmteste Satyrdichter des Alterthums® Sophokles hier eitirt war.
! Die das Wort oiknröuevo: enthalten zu haben scheint.
* Die hauptsächlichen Varianten sind: I. ro oixneo-] TOCIKHCO Oxf.; 7o Neap.
2. OIKINNIC..IXHCE Oxf.; OIWNNIC Neap. 4. AOX.KEC Neap.; AOX.kKıC
Oxt. OS MNDR SE SHCKORE: 9 hIC”Neap. 7 MOICHTZSEIETOINTORE:=TIOIC
Neap.
Vergl. Dioskorides A. P. VII 707.
1074
Eine doxographische Quelle Philo’s.
Von Öberlehrer Dr. PauL WENDLAND
in Charlottenburg.
(Vorgelegt von Hrn. Diers.)
Inden Philo in dem zweiten seiner fünf Bücher über die Träume!',
dem ersten der beiden uns allein erhaltenen, das Gen. 28, 10 genannte
Beersaba (LXX &peap Tov ökov) allegorisch dahin erklärt, dass von
den vier Elementen der Welt und des menschlichen Wesens, die den
vier Gen. 21,25. 26,19-23 erwähnten Brunnen entsprechen sollen, das
vierte für uns unbegreiflich sei, findet er Gelegenheit zu einem in-
teressanten doxographischen Excurse, den ich zunächst mit den an-
dern uns erhaltenen doxographischen Berichten vergleiche”.
Philo De sonin. Cap.4 (I S.623 M.):
? BIS her : ‚ RO
TOVTWV ev on TAavT@v aiodavöneda* 00 ov-
Ser y N. IS:
pavos akaTtaNNTTov exe nv @vaıv, OVÖEV EAV-
ToV Tapes Yvopıoua mpos juas dmooreiNas. |
Als ihr SEEN
Aetius S.339 Il ıı $2 Eumeoorkjs ore-
Ti yüp üv elmouev; Orı memyyws eotı kpl- | penviov eivan Tov oVpavov @E depos mayevros
oTaNNos, @s N&imoav TIves; Umo mupös kpvoraaNoeidas®...
er Era , ne 7 | ; 2 PER IT r
7 Or mup To kadaperarov; 7) OTı meumrov | S.340 $4 Tlapyeviöns HparAeıros Itparov
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KukNopopıkov Toua, Aundevos TOV TETTAPDV OTOol- Zyvov mUpıvov ElIVvAL TOV oVpavoy. 3 Apıoro-
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S.341 $ı OaAns yenon uev, Eurvpa de
ra aotpa. 8.342 $6 Apyerxaos uwWopovs Ebn-
rev eivam ToVs doTtepas, Ötamvpovs de. S. 349
ri ö' ol dorepes; MoTEpov yns eloıv Oykoı MV-
pos mAnpeıs — a’ykea yap Kal varas Kal Awöpovs
dtarupovs eimov aurovs eival TIVES, avrol deo-
kornplov Kal uuAwvos, Ev ois Ta ToIavra EoTtıv
em Tıumpia Tov doeB@v, Ovres Ema&ıoı —
86 Avakayopas uvopov 7 merpov diamvpov eivaı
Dasselbe $7 von Demokritos.
S. 356 $9 Avafayöpas kat Anuokpıros orepe-
rtov nAtov.
5, & A S; = N
ua ÖLlamupov Exov Ev Eavrw Tedia Kal Opm Kat
dapayyas (Hippolyt S. 562 $ 10).
! SchÜrEr, Gesch. des jüd. Volkes II 845.
®2 Ich gebe den künftigen Text des dritten Bandes der neuen Philo-Ausgabe und
den der Doxographi.
3
4
Vergl. S. 342 $ Iı To «pvoraaAw, ZELLER 12 S.788!.
- - > o r a a
Vergl. Aetius S. 342 N 12 nerexyovras de Kal TOv aAAwv FToıxeiov.
Wespraxp: Eine doxographische Quelle Philo’s.
P r x r
7 ovveyns Kal, ®s eime Tis, MUKVI GpjLovia,
R v AIR:
mı\ynara adıa\vra aiepos; Euyrvyor de Kal
= = ß
voepoi ı) voD kal Wuyns Ayeroyoı; mpoaıperıkäs
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be 1) Karnvarykaoıevas alTo j1UOvov Kıvıaeıs
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Ti de oeAnvn; moTepov yvnoıov ı) vohov
SONG 7 £ FR: f -
emipeperat Beyyos NNıakaıs EmIiNaumojlevov AK-
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Tioıw 7) Kal’ abro ev Ida TovTwv oVderepov,
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To 0’ EE dupolw &s av EE oikelov Kal ANN0o-
1075
S. 342 87 Ava&iuavöpos mıAjuara depos
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Tpoxoeıön, mupös eumNea... 88 FMapyeviöns
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kai HparXeıros mıAjuara mupos Ta dotpa.
Arius S. 467, 3 Zuvov Tov MAıov yor
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kat Tv GeNNvnv Kal TOv ANADV ATTPWV EKATTOV
eivar voepov Kal povınov.
S, 358 $ı Avafiuavöpos Zevodavns Bijpw-
vos Idov aurıv Exeiv dos. 85 OuAıjs mp@ros
Ebn bmo Tov Nov dorileodaı... Vergl.Dırıs,
Parmenides’ Lehrgedicht S.1ro—112.
Tpiov mupös kpana; vergl. auch Cap. 22 (l
642, 33-39 M.) mit Aetius S.356 $5.
36185.
Der philonische Bericht enthält mehrere Irrthümer und Flüchtig-
keiten. Die Ansicht des Thales wird mit der des Anaxagoras in un-
gehöriger Weise verbunden, aber auch diese wieder in monströser Weise
entstellt, wenn es heisst @ykea yap kal varas kal uVopovs ÖLamvpovs
eimov alrovs eivaı. Es müsste gesagt werden, dass die Gestirne' Schluchten
und Thäler hätten, nicht seien. Aber Philo selbst scheint flüchtig excer-
pirt zu haben’. — Und wenn der Apposition mAnuaTa adıd\vra aide-
pos voraufgeht ovveyns kat mukvn Gpuovia, so scheint damit pythago-
reische oder platonische Vorstellung an unrechter Stelle eingemischt
Aber sogar diese Fehler Philo’s scheinen auf eine, mit Aetius
verglichen, ausführlichere doxographische Vorlage hinzuweisen. Als
echte Bestandtheile dieser von Aetius gekürzten gemeinsamen Quelle
darf man die stoische‘ Bezeichnung des himmlischen Feuers als kada-
pwrarov, die genauere Bestimmung des aristotelischen reurrov owua’,
zu sein”.
die Bemerkung über die Sphaere der Fixsterne, die bei Seneca eine
genaue Parallele hat“, das Problem der Beseelung der Gestirne in An-
spruch nehmen.
Noch einmal kommt Philo später auf meteorologische Probleme
zu sprechen, um zur Beschäftigung mit näher liegenden Fragen zu
mahnen, Cap. 10 (1 628 Mang.):
Ti mepi nXov Inreis, ei moÖLaLös Eorıw, ei Tns "yns uellwv amdons,
ei TOANAATAAOI0s aurns; TI Öe Tepl PwTiou@v eANvns, ei vodov Eyxeı
peyyos, ei yvnolo uovo ypnras; TI de Mepl Tns TOVv AAAwv AoTepwv
pVoews n mepıbopas 7 ovumaheias mpos TE AAANAovs Kal Tarıyeıq;
! Zu beachten ist auch, dass bei Aetius nur vom Monde die Rede ist.
2 Die Änderung abrois würde zwar zu dyrea und varas, dagegen wieder nicht
zu jwöpovs passen. Denn Philo selbst sagt de aet. mundi S.ı5,7 Cum. &eı yap ij uidpovs
Ötamvpovs amopnvaodaı(dieSterne); vergl. dazu Berxays’ Abhandlung über die SchriftS. 49.68.
° Auch hier wird man nicht durch Einschiebung von 7 vor mıAyjuara helfen dürfen.
: ZELLer Ill ı S.189.
5 ZELLER 112 S.434 ff. und oben S. 1074 Anm.4.
° Nat. quaest. Il ı,ı solidumne sit caelum ac firmae concretaeque materiae an ex
subtili tenuique nexum; vergl. Marrısı, Quaest. Posidonianae S. 357. 358.
1076 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 2. December.
Die Meinung, die Sonne sei nur einen Fuss gross, wird von Aetius
dem Heraklit zugeschrieben‘. Auf Anaximander’s Annahme über die
Grösse des Sonnenringes® wird sich wohl moAAarAdcıos beziehen.
Die Frage nach dem Mondlichte war bereits berührt worden (s. oben
S. 1075). Die Erörterungen wepi ns Tov doTepwv PVcews Kal Trept-
popas finden wir bei Aetius Iı3. 16°.
Nachdem Philo sich (Cap. 5) über die Erkennbarkeit von owua,
aio@ncıs, Aöyyos geäussert hat, geht er (Cap. 6) wieder zur Benutzung
seiner doxographischen Quelle über, um die Unbegreiflichkeit des
vierten Theiles, des vovs, zu beweisen.
dp oVv kal TO TETAaPTOV T@V Ev Nulv aUTols, 6 Myeu@v vous, KaTa-
Anrrtos Eotı; ob Önmov. TI Yap alrov oloueda kara Tnv oloiav eivat,
Trvevua 1 aina O@ua OvvoAWs — AAN 00 F@Ua, AOWuaTov be AeKkTeov —
n mepas n eibos 1 apıJuov 7 EvöeNeyeıav 7 üpnoviav N TI TOV OvTWv; Yev-
vouevov 6 eidvs 7 EEwdev eiokpivera N Ümo ToV Tepieyovros Aepos N
Evdepuos Ev iv cbvoıs ola OLlönpos Ev XaAkews TETVpwuevos Vdarı wv-
xP® TPOs TO KparawWrarov FTOouovTraı;, ÖLTı Kal Trapa ryv rvgw @vo-
uaodaı yruyn Öoreı. Ti Öe; TeAevravrov oßevvvraı kal avubdeiperau
Tols owuacıv 7 mAeioTov Erıßıor ypovov n kara To mavreXes abHaprov
eoTı; MOV Ö EumehwNevkev Ö vovs aUT®; Apa olkov KEKÄNPWTAL, OL MeV
ap Tyv arpomoAıv Ev yuv aviepwoav aur® KkebaAnv, Trepi Mv kal ai aio-
Onceıs Aoywoıv, eikos eivaı vouioavres eyyvs ola ueyaAov Bacı\ews Ede-
Öpevew Tovs Öopvoöpovs' ol 6 UmO Kkapdias aurov ayaXnarodopeiodau
Ötavondevres YvworLuayovanıv.
Hier stehen uns zum Vergleiche nicht nur die doxographischen
Berichte bei Aetius, sondern auch die durch Cicero‘, Tertullian (Soran)°
1 8.351 $4, vergl. Dıers S.221, Zerter 12 S.683°. Tert. ad nat. II4 sed Epi-
curus, qui dixerat »quae super nos, nihil ad nos«, cum et ipse caelum inspicere desideraret,
solis orbem pedalem deprehendit liegt Verbindung eines sokratischen Apophtegma (UseEnxer,
Epicurea S.229; Norven im Jahrb. f. class. Philol. Suppl. XVIII S. 270) mit der sonst
nur als heraklitisch bezeugten Ansicht vor. Aber wenn Epikur es als eine Möglich-
keit unter andern bezeichnet, dass die Sonne so gross sei, wie sie erscheint (S. 39,4 Us.,
vergl. 230, 5; Cie. Acad. II 82), und wenn es bei Arist. S.4285 3 daivera uev 6 1Aıos
moöiatos Cie. a.a.O. mihi quidem quasi pedalis (videtur) heisst, so ist es nicht ausge-
schlossen, dass auch Epikur den Ausdruck moötaos von der Sonne gebraucht habe.
Dann wäre der zweite Theil des tertullianischen Satzes nicht apokryph.
® Aetius S.351 $1, Zerzer Iı S.224. Aber vergl. auch die mathematici bei
Cie. a.a.0. (Diers S. 63°). Die Quelle Philo’s mag auch hier reichhaltiger als Aetius
gewesen sein (vergl. Aetius S.357 $ı und Laert. Diog. VII 144). R
° Für die bei Philo folgenden trivialen Bemerkungen über die aiodyces (Ahn-
liches schon Cap. 5) braucht man ebensowenig wie für die über die Elemente (Cap. 3)
oder die über oöua (Cap. 5, vergl. Aetius S.310 $1) und $ovy (vergl. Aetius S.407 $1)
eine (Quellenfrage aufzuwerfen.
* 'Tuse.19, bei Diers. S. 202.
° De anima, bei Dırıs S. 203 ff
Wenprann: Eine doxographische Quelle Philo’s. 1077
und andere erhaltenen zur Verfügung. Daraus ergeben sich für die
kurze Aufzählung über das Wesen des vovs — Philo war leichtfertig
jo)
. [4 .. . 12 a = ..
genug, die Ödo&aı über die Wuyn auf den vovs zu übertragen — fol-
gende Parallelen:
I. rvevua: Stoiker bei (Cicero), Aetius S.388 $ 3, Tert. (Dirrs
S.212), Macrobius In somn. Seipionis I 14, 19 (Diers S.213).
2. aina: Empedokles bei Cie.; vergl. Aetius S.391 $8'. Empe-
dokles und Kritias bei Tert. a.a.O. und Macrobius.
Das Problem, ob o@ua oder daowuarov, bei Aetius S.387 $ı. Tert.
3. mepas: vergl. JamsLıch bei Stob. Eecl. I 364, 2 W.
4. eidos: ?Posidonius ideam Macrobius (Diers S.213)°.
5. apıduos: Pythagoras bei Aetius S. 386 $ 3, Xenokrates bei
Cicero und bei Macrobius.
6. EvöeNeyeua: Aristoteles bei Cie., Aetius S.387 $ 6, Macrobius.
7. Gpmovia: Aristoxenos bei Cie., Dikaiarchos bei Aetius S.387
$ 7, vergl. Deinarchos bei Nemesius (Dırıs zu S. 387 $ 7), Pythagoras
und Philolaus bei Macrobius.
Es folgt bei Philo das Problem, ob die Seele durch die Zeugung
oder von aussen eindringe’. Sicher war auch diese Frage in der doxo-
graphischen Vorlage behandelt, und ein versprengtes' Stück des be-
treffenden Abschnittes ist bei Aetius S.392 $ ıı Ilvdayopas Ava&a-
vopas IMarwv Zevorparns KNeavöns Oupadev eiokpiveodaı TOv vovv
‚erhalten. Dieser Bericht geht höchst wahrscheinlich auf Posidonius zu-
rück, der ein Interesse dafür haben musste, für seine eigene Ansicht’,
‚ältere Autoritäten vorzuführen. In Philo’s Vorlage stand gewiss auch die
stoische von ihm berichtete Theorie von der Verwandlung der vegetabi-
lischen Seele in die animalische durch Berührung mit der äusseren Luft‘.
! Die »Zerspaltung des Stoffes in kleine und kleinste Capitelchen« (Dıers, Par-
menides’ Lehrgedicht S.ır2) wird schuld daran sein, dass bei Aetius S.388 eine ent-
sprechende Angabe fehlt. Auffallend ist, dass auch Nemesius S.67 Matthaei Kpırias
de aiua bewahrt hat, obgleich er auf Aetius zurückgeht.
2 Vergl. Jaugticn a. a. 0. 8.363, 19 os de rov Apıororekuk@v Tıves boonyovvrau, eidos
eotı TO mepl ToIs awuacıv.
® Der Gegensatz ist schief. Besser wäre im ersten Gliede yewara 0 eiWvs ana
TO oouarı, aber zu Ändern wird nichts sein. Das Problem wird von Philo auch De
spec. leg. III zo (II 319 Mang.) behandelt, vergl. Lact. De opif. 17,7. 19, ı mit den
von Branpr angeführten Stellen des Hieronymus, und (auch zu den andern psycho-
logischen Problemen) Arnobius I 38. Porphyrios hat dem Problem eine besondere
Schrift gewidmet (herausg. von KAusrreiısch im Anhang der Abhandl. der Akademie 1895),
deren Verhältniss zu Tert. (s. besonders De anima 25 fl.) eine Behandlung verdient.
* Siehe Diers zu der Stelle.
° CorssEen, De Posidonio S. 25. 30 ff. Diers zu Epiphanius S. 587, 19. Tertull.
De anima 25. 26. 41.
° Die Zeugnisse bei Sven, Psychologie der Stoa I S.ı14 und Karsrreiscn zu
Porphyrios S.54, 17. 62, 24; vergl. besonders Hippolyt S.571, 17 DıeLs yeveodaı ex ns
Sitzungsberichte 1897. 99
1078 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 2. December.
Ganz genau stimmt die bei Philo folgende Erörterung der drei
Möglichkeiten: der Vernichtung (des vovs) durch den Tod, des be-
schränkten und endlich des unbeschränkten Fortlebens mit Cie. Aetius
S. 392.393 $ ı-4 überein‘.
Endlich erwähnt Philo in der Frage nach dem Sitz der Seele die
Ansicht, die ihn in’s Haupt, und die, welche ihn in’s Herz verlegt.
Beide Ansichten werden von Cie. Tert. Aetius S. 391 mit Nennung der
Vertreter berichtet”.
Es ist klar, dass Philo in den soeben betrachteten Abschnitten
die Zusammenstellung einer doxographischen Quelle über Himmel,
Sterne, Mond, Wesen, Entstehung, Fortleben und Sitz der Seele benutzt
hat. Im psychologischen Abschnitt war dieselbe reicher als Aetius.
Das lässt sich hier nieht nur aus der Thatsache, dass Aetius in der
Frage nach dem Wesen der Seele nur für die philonischen Punkte
5.6.7. ı Parallelen bietet, erschliessen, sondern auch durch die ge-
nauere Übereinstimmung der anderen Berichte mit Philo in mehreren
Punkten” erweisen. Und über die Entstehung der Seele bietet Philo
eine Zusammenstellung, die durch einen an falscher Stelle eingeord-
neten Rest bei Aetius als Bestandtheil der doxographischen Quelle
erwiesen wird. Dieser dürfen wir daher auch den Überschuss des
philonischen Berichtes über den des Aetius in dem meteorologischen
Theile (S. 1075) zuschreiben, wenn auch hier andere Quellen, die eine
Kürzung der Vorlage durch Aetius bestätigen, nieht zur Verfügung stehen.
Welches der von Dıerrs behandelten doxographischen Werke von
Philo benutzt ist, ergiebt sich schon aus chronologischen Erwägungen.
Der von Diers aus Pseudo-Plutarch (um 150) und Stobaeus reconstruirte
Aetius wird von Dirrs um 100 n. Chr. angesetzt. Die zeitliche
dıö kal kakerodaı yruxijv. Dieselbe Etymologie auch
bei Tert. a. a.O. (zuerst bei Plato, Kratylos S. 399 E).
! Vergl. besonders den Philo und Aetius gemeinsamen Ausdruck ovupdeiperda,
auch Tert. a a.0.54 (Dıers S.205), Varro in den Commenta Lucani (Diers S. 199).
®2 Vergl. Pollux bei Diers S.207 und Caelius Aurelianus (Soran) Acutorum mor-
borum 18 S.24.25 Harrer. Den Vergleich des Hauptes mit der dxpomoxıs, den Philo
auch sonst gebraucht, wird er auch hier direet Plato’s Timaeus S.70A entlehnt haben.
Die Stelle ist auch von Cic. De nat. deor. II 140, Lact. De opif. 16,4, /lepi vrovs
Cap. 32, 5 benutzt.
3 Cie. kennt die Punkte 2.1.7.5.6, Macrobius (Dırıs S.213) 5.6. 7(4). 1. 2,
Pollux (Diers S.207) 1.2, Jamsricn a.a. O. 4. 3. 5. 7. — Lactantius behandelt der Reihe
nach die Fragen nach dem Sitz der Vernunft (16), nach Wesen (17; Punkt 2 und ı
werden behandelt, schon im 16. Kap. Punkt 7) und Entstehung der Seele (19, vergl. 17,7),
berührt die Unsterblichkeit (17, 1). Er betont wie Philo die Unbegreiflichkeit der Seele
(16,1. 17,1) und zieht wie dieser die Unlösbarkeit kosmologischer Probleme zum Ver-
gleiche heran (17,6). Aber bei der Verschiedenartigkeit der von Lact. benutzten Quellen
(s. Branor, Wiener Studien XIII 255 ff.) erscheinen diese Berührungen zufällig und sind
nicht für die Reconstruction der von Philo benutzten Quelle zu verwerthen.
’ nor - r
mepıyr'&ews TOV AEPOS TOV TEPLIEXOVTOS,
Wenprann: Eine doxographische Quelle Philo’s. 1079
Umgrenzung der von Aetius excerpirten Quelle, die Dirrs Vetusta
placita benennt, ergiebt sich aus den Thatsachen, dass Posidonius
und Asklepiades an letzter Stelle aufgeführt werden, und dass Varro
sie benutzt hat. Sie ist um die Mitte des ı. Jahrhunderts n. Chr.
anzusetzen. Diese Schrift kann allein als Quelle Philo’s in Betracht
kommen. Und wenn ihr Verfasser das grundlegende von ihm excer-
pirte Werk des 'Theophrast namentlich aus Posidonius, der doxogra-
phische Zusammenstellungen liebte, ergänzte und bereicherte, so stimmt
dazu vortrefflich, dass die bei Aetius gar nicht oder nur zum Theil
erhaltenen Bemerkungen über die Fixsternsphaere und über die Ent-
stehung der Seele mit Wahrscheinlichkeit sich auf Posidonius zurück-
führen liessen. Die Benutzung der Vetusta plaeita durch Philo er-
giebt sich aber auch daraus, dass die mit ihm oft übereinstimmenden
Autoren, wie Cicero, Soranus (bei Tert. und Pollux), Macrobius nach
Diers von derselben Quelle abhängig sind'.
Durch die bisherige Betrachtung wird auch Diezs’ Urtheil über
den in Philo’s Schrift De prov.I22 S.ıı eingelegten doxographischen
Bericht wept apyov bestätigt, wenn es einer Bestätigung bedarf.
Daraus, dass der Bericht ohne jeden Rest im Pseudo-Plutarch auf-
geht, schloss Diers, dass er interpolirt sein müsse. Philo konnte
weder Pseudo-Plutarch noch Aetius benutzen, nur die Annahme einer
Abhängigkeit von den Vetusta placita wäre chronologisch möglich.
Und dass der echte Philo diese in der 'That gekannt und benutzt
hat, darf nun als erwiesen gelten. Die Unterdrückung der Namen
in der Schrift über die Träume bestätigt Diezs’ Urtheil über die in-
terpolirte Episode in der Schrift De prov. (S. 3): qui vel leviter Phi-
lonei stili proprietatem gustaverit, eiusmodi nominum seriem quae a
catalogi siccitate nihil distat in ullo usquam libro inveniri negabit.
Die Art der Benutzung der Vetusta placita ist lehrreich und bezeugt
Philo’s geringes Verständniss für die Fragen, die für ihn nur propae-
deutisches Interesse haben.
! Über Cicero äussert freilich Dırrs S. 2ı1. 212 Zweifel. Die Möglichkeit, dass
er Posidonius direct benutzt hat und dieser auch in den Placita benutzt ist, ist sehr
zu erwägen. Für Philo kommt diese Möglichkeit weniger in Betracht wegen der
Dürftigkeit der Excerpte und weil man annehmen müsste, dass in beiden Abschnitten
zwei Schriften des Posidonius zu Rathe gezogen seien.
Ausgegeben am 9. December.
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1081
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER L.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
2. December. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER.
*]. Hr. Mögıus las über die Fauna von Deutsch-Ostafrika.
Die bis jetzt von dort wissenschaftlich bekannt gewordenen Land- und Süss-
wasserthiere, noch nicht 6000, machen offenbar nur einen kleinen Theil der daselbst
lebenden Thierformen aus. Deutsch-Ostafrika besteht aus drei klimatisch verschiedenen
Faunengebieten: aus dem niedrigen feuchten Küstenstrich, dem wasserarmen Steppen-
lande im Innern und dem üppigen Waldgebiet an den Ufern der Seen. In das letztere
dringen viele Arten aus dem tropischen Westafrika ein.
2. Hr. Warsgure legt eine für die Abhandlungen der Akademie
bestimmte Mittheilung des Hrn. H. Kayser (Bonn) vor: Ȇber die
Spectren der Elemente«.
Die Mittheilung enthält die mittelst des elektrischen Lichtbogens dargestellten,
an photographischen Aufnahmen ausgemessenen Spectra der Metalle der Platingruppe.
Die gemessenen Wellenlängen sind in Tabellen verzeichnet.
Ausgegeben am 9. December.
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Sitzungsberichte 1897. 100
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1083
SITZUNGSBERICHTE 17:
DER LI
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
9. December. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLEn.
l. Hr. Herrwiıs legt eine Abhandlung des Privatdocenten Dr. Ru-
poLpn Krause, Assistenten am anatomisch -biologischen Institute hier-
selbst, über Bau und Function der hinteren Speicheldrüsen
der Oetopoden vor.
Die Untersuchungen sind an der zoologischen Station in Neapel mit Hülfe eines
Reisestipendiums der Gräfin Lvıst Bose -Stiftung ausgeführt worden.
2. Hr. Auwers überreichte das Werk: A Determination of the
Solar Parallax and Mass of the Moon, from Heliometer Observations
of the minor planets Iris, Vietoria and Sappho made in the years
ı888 and 1889 at the Royal Observatory, Cape of Good Hope, in co-
operation with the observatories of Yale College (Newhaven), Leipzig,
Göttingen, Bamberg and Oxford (Radcliffe), and from Meridian Ob-
servations made at all the prineipal observatories, planned and dis-
eussed by Davıp Gisr with the co-operation of Arrnur AuwErs and
W.L. Erkm. Vol.I, London 1897. Vol. U, London 1896.
3. Hr. Prof. S. Lermans in Heidelberg übersendet den Nachtrag’
zu seinem Werke 'Franz Borr, sein Leben und seine Wissenschaft‘,
Briefwechsel zwischen Franz Borr und WırHeLm von HumsBoLpr ent-
haltend.
4. Die Akademie hat ihrem langjährigen Mitglied und Secretar,
Hrn. Mommsen, an seinem achtzigsten Geburtstage (30. Nov.) eine von
Hrn. B. Kruse ausgeführte Plaquette mit Monmsew’s Bildniss und der
Umschrift THEODORO MOMMSEN OCTOGENARIO DECORI SUO PIETATIS ERGO ACA-
DEMIA SCIENTIARUM BORUSSICA XXX NOV. mpccexcvu nebst Begleitschreiben
des Vorsitzenden zugehen lassen.
5. Die Akademie hat die correspondirenden Mitglieder ihrer phy-
sikalisch-mathematischen Classe, Hrn. ALsrecnt ScnrAaur in Wien am
Sitzungsberichte 1897. 101
1084 Gesammtsitzung vom 9. December.
29. November, Hrn. Aucust WInnEckE in Strassburg, verstorben in
Bonn am 2. December, durch den Tod verloren.
6. Die physikalisch-mathematische Classe hat zu wissenschaft-
lichen Zwecken bewilligt 700 Mark Hrn. Prof. Dr. Fr. Dautr in Kiel
behufs Sortirung und Ordnung des von ihm in Raltım gesammelten
faunistischen Materials; 500 Mark Hrn. Lehrer Prıuipp Faurn in Land-
stuhl zur Herausgabe von Zeichnungen der Planeten Jupiter und Mars;
1200 Mark Hrn. Privatdocenten Dr. Cart HoLrermann in Berlin zur
Herausgabe eines Werks über ostindische Pilze. — Die philosophisch-
historische Classe hat Hrn. Prof. Dr. TuEopor Bürrner-Wosst in Dresden
als Honorar für die Herausgabe des 3. Bandes des Ioannes Zonaras
1000 Mark bewilligt, auch der Verlagsbuchhandlung E. Weber in Bonn
das für denselben Band von ihr ausgelegte Honorar von 540 Mark
erstattet.
1085
Über Bau und Function der hinteren Speichel-
drüsen der Octopoden.
Von Dr. RupoLr Krause,
Privatdocent an der Universität.
(Vorgelegt von Hrn. Hrrrw«ıe.)
Dr: vergleichende Histologie und Physiologie der Drüsen ist ein zur
Zeit noch recht wenig bebautes Gebiet; vor Allem gilt dies von den
Drüsen der Wirbellosen, und doch dürfte gerade das Studium jener
relativ einfach gebauten Organe geeignet sein, das Wesen der Assimi-
lations- und Seeretionsprocesse unserem Verständniss näher zu bringen.
Die Mehrzahl der Arbeiten, die hier zu nennen wären, beschäftigen
sich entweder einseitig mit der Erforschung der Structurverhältnisse
oder sie beschreiben die Eigenschaften der von jenen Drüsen gelieferten
Seerete. Dass durch solch einseitig morphologisches oder physiolo-
gisches Arbeiten schwerwiegende Irrthümer gezeitigt werden, das liesse
sich an einer ganzen Reihe von Beispielen darthun. Ein wirklich ge-
winnbringendes Arbeiten auf diesem Gebiete muss suchen, das physio-
logische Experiment mit der histologischen Untersuchung zu vereinigen,
so, wie uns vor Allem HeEıpEnHnAaın und EnGELMAnN in ihren classischen
Untersuchungen bewiesen haben.
Von allen Invertebraten bieten uns die Mollusken wohl mit die
günstigsten Verhältnisse dar, da sich unter ihnen ausserordentlich
hochorganisirte Thiere finden, deren drüsige Organe dem physiologi-
schen Experiment leicht zugänglich sind. Es hat sich auch schon eine
ganze Reihe besonders französischer Forscher mit den Speicheldrüsen
der Cephalopoden beschäftigt, so Pau BERT, FREDERICQ, BOURQUELOT,
JoussEeT DE BELLESME, Lıvon, JouBın, KRUKENBERG, Rawırz und Andere,
aber ihre Untersuchungen kranken an den beiden oben erwähnten Um-
ständen. So arbeiteten Lıvox, Jousın. Rawırz rein histologisch und
zogen dann aus ihren mikroskopischen Bildern Schlüsse auf die Funetion
der Drüsen, die sich als falsch herausstellten. Andere, wie BOURQUELOT,
FREDERICQ, KRUKENBERG Operirten mit Drüsenextracten und sprachen
dem Secret jede specifische Wirkung ab.
101*
1086 Gesammtsitzung vom 9. December.
Mir schien es deshalb eine lohnende Aufgabe, die Speicheldrüsen
der Cephalopoden einer gründlichen experimentell histologischen Unter-
suchung zu unterwerfen. Während eines zweimaligen mehrmonatigen
Aufenthalts an der zoologischen Station zu Neapel, der mir durch die
Munificenz der Gräfin Lurse Bose-Stiftung ermöglicht wurde, war es
mir vergönnt, diesen Plan zur Ausführung zu bringen, und es sei mir ge-
stattet, hier in möglichster Kürze die erhaltenen Resultate mitzutheilen.
Von den Speicheldrüsen der Cephalopoden, speciell der Octopoden,
kamen für mich nur die hinteren oder abdominalen Drüsen in Betracht,
da die vorderen oder buccalen Drüsen in Folge ihrer Kleinheit und
relativ schweren Zugänglichkeit dem physiologischen Experiment nur
geringe Chancen darboten. Die hinteren Drüsen dagegen sind von ganz
respectabler Grösse, und ihre Freilegung macht keine Schwierigkeiten.
Soviele Untersucher sich auch schon mit diesen Drüsen beschäftigt
hatten, noch Keinem war es gelungen, das Secret rein aufzufangen.
Nachdem ich während meines ersten Aufenthalts in Neapel in Octopus
macropus ein Thier gefunden hatte, bei dem es ein Leichtes ist, das
Seeret aus der in den Ausführungsgang eingebundenen Canüle rein und
in ziemlich erheblicher Menge aufzufangen, war das Hauptdesiderat
erfüllt. Dann fand Hypr bei ihren im Anschluss an meine Experimente
unternommenen Untersuchungen die interessante Thatsache, dass die
Drüsen auch ausserhalb des Körpers kräftig secerniren. Ich konnte so
bei einem zweiten Aufenthalt an der zoologischen Station darangehen,
die Bedingungen, unter welchen die Secretion erfolgt, zu untersuchen
und die Veränderungen, welche die Drüsenzellen bei ihrer Thätigkeit
erleiden, zu studiren.
Untersuchungsmethodik.
Octopus macropus ist ein im Golf von Neapel ziemlich häufig vor-
kommendes Thier. Sein Gewicht dürfte 2" wohl kaum überschreiten.
cm
Die Gesammtlänge betrug in maximo 120°, und zwar kommen davon
ungefähr #/; auf die Arme und '/, auf den Körper.
Die Thiere leben vor Allem an der felsigen Küste des Posilipp
und der Insel Nisida und können nur bei ruhigem Wetter mittels
Köder gefangen werden; selten nur kommen sie mit dem Grundnetz
zu Tage.
Ich habe im Allgemeinen frisch gefangene Thiere nicht zu Ver-
suchen benutzt, sondern dieselben erst mindestens 24 Stunden in dem
Bassin zur Ruhe kommen lassen. Sie vertragen die Gefangenschaft sehr
gut und fressen auch sehr bald. Die Hauptnahrung bilden Krebse,
vor Allem Carecinus maenas.
Krause: Über Bau u. Funetion d. hinteren Speicheldrüsen d. Oetopoden. 1087
Die Fesselung zum Zwecke des Experiments geschieht folgender-
maassen. Zunächst wird dem Thier eine kräftige Schnur zwischen
Kopf und Ansatz der Arme recht fest umgelegt, und dann werden von
hier aus die Arme in kurzen Intervallen zusammengeschnürt. Die ganze
Masse der Arme kommt nun in einen an beiden Enden offenen Sack,
dessen eines Ende vor dem Kopfe fest zugeschnürt wird, das andere
wird einfach abgebunden. Das ganze Thier wird auf einer Art Wippe
befestigt, deren beide Arme einen stumpfen Winkel mit einander bilden.
Beide bestehen aus Drahtgeflechten, welche sich der Form des Körpers
anschmiegen, und sind mit Leinwand überzogen. Auf den kürzeren Arm
kommt der Körper des Thieres, auf den längeren die in den Sack ein-
gebundenen Arme, welche durch Umschnüren befestigt werden. Auf
der Axe ruht der Kopf, kurz vor ihr befindet sich auf dem kürzeren
Arm ein Loch, durch welches das Thier den Trichter durchstecken kann.
Leitet man nun mittels eines Gummischlauches, der in einem finger-
dieken Glasrohr endigt, continuirlich Seewasser in die Mantelhöhle, so
kann man stundenlang experimentiren, ohne dass man durch eine Be-
wegung des Thieres gestört wird.
Die Fixation des Materials für die histologische Untersuchung bot
Anfangs grosse Schwierigkeiten, da unsere gebräuchlichsten Fixations-
mittel, auch die speciell für diesen Zweck empfohlene Osmiumsäure,
die Structur der Drüsen nur ausserordentlich mangelhaft erhalten. Erst
als ich die vorzügliche Wirkung des Formalins auf die Gewebe der See-
thiere kennen lernte, bot sich mir in einer 3-4 procentigen Lösung
dieses Körpers in Seewasser ein vorzügliches Fixationsmittel.
Zur Darstellung der Nervenausbreitung in den Drüsen habe ich
sowohl die Methylenblaufärbung als auch die Golgimethode und die
Goldbehandlung in Anwendung gezogen, leider mit nur geringem Er-
folg. Die intravitale Injeetion von Metlıylenblau in das Gefässsystem
verbietet sich von selbst, da dieser Farbstoff in Seewasser nur wenig
löslich ist und die Thiere gegen Süsswasser oder destillirtes Wasser
ausserordentlich empfindlich sind. Ausserdem fällt der Farbstoff in dem
Octopus-Blut, das ungefähr denselben Salzgehalt wie das Meerwasser
hat, sofort aus. Man ist also auf die Färbung frischer Schnitte auf
dem Objectträger angewiesen, und dabei tingiren sich die Drüsenzellen
so intensiv, dass alles Andere verdeckt wird.
Makroskopisches Verhalten der Drüsen.
Die hinteren Speicheldrüsen von Octopus macropus stellen zwei
längliche mächtig entwickelte Drüsen dar, welche innerhalb der Leibes-
höhle und zwar in deren vorderstem Abschnitt gelegen sind. Die Form
0) \ .
1088 Gesammtsitzung vom 9. December.
der Drüsen ist die eines stark in die Länge gezogenen Ovals, dessen
grösster Querdurchmesser etwa in der Mitte oder auch etwas weiter
nach vorn liegt. Die dorsale Fläche ist stärker gewölbt als die ven-
trale. Das hintere Ende ist stark verdünnt, das vordere verdickt und
durch eine leichte Einziehung der medialen Kante etwas gegen den
übrigen Drüsenkörper abgesetzt.
Die Oberfläche erscheint im frischen Zustand glatt und lässt nur
sehr undeutlich eine Felderung erkennen. Die letztere, die an fixirten
Drüsen deutlicher hervortritt, ist nicht etwa eine durch stärkere Binde-
gewebsentwickelung bedingte Sonderung in Drüsenläppchen, eine solche
fehlt hier vollständig.
Die Farbe der Drüsen ist Weisslichgrau mit einem leichten Stich
in’s Gelbliche.
Das Gewicht der Drüsen schwankt ausserordentlich, das geringste
beobachtete war 2°'2, das höchste 16°6. Wenn man nun auch im
Allgemeinen sagen kann, dass mit der Grösse des Thieres auch das
Gewicht der Drüsen wächst, so finden sich doch viele Ausnahmen
von dieser Regel. Im ungünstigsten Falle betrug das Drüsengewicht
0.39 Procent des Körpergewichts, im günstigsten 1.76 Procent. Es er-
hellt daraus, dass die hinteren Speicheldrüsen procentualiter einen ganz
erheblichen Bestandtheil des Octopus-Körpers bilden. Zum Vergleich
sei daran erinnert, dass z. B. beim Menschen die drei grossen Speichel-
drüsen zusammengenommen allerhöchstens 0.1 Procent des Körperge-
wichts erreichen.
Der Ausführungsgang tritt an der ventralen Fläche der Drüse
aus einer tiefen Furche, Drüsenhilus, hervor, welcher sich im oberen
Drittel der Drüse findet. Die ungefähr stricknadeldicken Gänge bei-
der Drüsen —- der linke ist gewöhnlich etwas länger als der rechte —
vereinigen sich bald; der Hauptkanal verläuft auf der linken Seite der
Speiseröhre, durchsetzt mit ihr den Kopfknorpel und dringt ventral
von ihr in die Buccalmasse ein, um sich in die Mundhöhle zu öffnen.
Die die Drüse versorgenden Arterien stammen aus der Aorta ce-
phalica, und zwar entspringt jederseits ein kleines, sehr dünnes Äst-
chen entweder aus dem Stamm der Aorta selbst oder aus ihren beiden
Hauptästen. Dasselbe wendet sich, eingebettet in eine Falte der
Leibeshöhlenwand,. rückwärts, erreicht das vordere Ende der Drüse
und dringt im Hilus in die Drüsensubstanz ein. Wie schon bemerkt,
ist diese Hauptarterie sehr fein und steht in auffallendem Missver-
hältniss zu dem mächtigen Drüsenkörper. Ein noch feinerer Zweig
kommt quer von der Aorta herüber, ebenfalls in einen Fortsatz der
Leibeshöhlenwand eingebettet, doch scheint sein Vorkommen nicht
eonstant zu sein; ich habe ihn mehrfach vermisst.
Krause: Über Bau u. Function d. hinteren Speicheldrüsen d. Oetopoden. 1089
Innerhalb der Drüse spaltet sich sehr bald die Arterie vielfach,
und ihre feinsten Zweige gehen in wandungslose Räume über, die
zwischen den Drüsentubuli gelegen sind. Niemals ist es mir gelungen,
Capillaren nachzuweisen trotz zahlreicher Injeetionen von Berliner Blau
und gefärbten Leimmassen. Schon sehr bald, nachdem die Masse in
die Drüse eingedrungen ist, erscheint sie auch auf der Oberfläche.
Injieirt man die Organe in situ, so findet man nach Eröffnung der
Leibeshöhle dieselbe völlig mit der Injeetionsmasse angefüllt und in
sie eingebettet die Drüsen. Ich muss im Gegensatz zu LAnsEr das
Vorkommen von Bluteapillaren hier in Abrede stellen.
Durch die prächtigen Untersuchungen von Mine Epwarps und
VALENCIENNES haben wir erfahren, dass die Leibeshöhle der Oetopoden
einen grossen Blutsinus darstellt, in welchen das venöse Blut des
Verdauungstraetes sich ergiesst und in dem die hinteren Speichel-
drüsen gleichsam schwimmen. Wir werden später sehen, welche
fundamentale Bedeutung diese Einrichtung für die Physiologie unserer
Drüsen beansprucht.
Die Nerven der hinteren Speicheldrüsen stammen aus dem Bucco-
intestinalganglion, legen sich sehr bald dem Speichelgang innig an,
umflechten ihn und gelangen mit seinen beiden Zweigen in den Hilus
der Drüsen.
Öffnet man die Leibeshöhle des lebenden Thieres, so werden
meistens bei der nächsten heftigen Exspiration die Drüsen aus der
Leibeshöhle herausgeschleudert. Sie sind nämlich nur durch wenige
und sehr dehnbare Ligamente an Ort und Stelle befestigt. Vor Allem
kommt hier eine Duplieatur in Betracht, welche sich von der Speise-
röhre herüber zum Drüsenhilus erstreckt, ferner eine vom vorderen
Ende der Leibeshöhle zum Vorderende der Drüse sich ausspannende
Duplicatur, in der, wie erwähnt, die Drüsenarterie verläuft. Selbst-
verständlich bildet der Ausführungsgang ein drittes Befestigungsmittel.
Der feinere Bau der ruhenden Drüsen.
Am zwecekmässigsten wird die Beschreibung beginnen mit dem
Ausführungsgang. Derselbe zeigt zunächst eine Auskleidung mit hohen
eylindrischen Zellen, die keine besonders erwähnenswerthen Eigen-
thümlichkeiten darbieten. Meist buchtet sich die Schleimhaut in Fal-
ten in’s Innere vor. Auf eine wenig entwickelte Submucosa folgen
dann nach aussen mehrere mächtige Muskelschichten, deren Elemente
eine ausserordentlich deutliche Querstreifung zeigen. Nach Livos und
Jougın soll es sich hier um bindegewebige und elastische Elemente
handeln. Davon kann gar keine Rede sein. Wer einmal gesehen
1090 Gesammtsitzung vom 9. December.
hat, wie energisch sich der Gang contrahirt, wenn man ihn mit den
Elektroden berührt, der wird auch ohne histologische Untersuchung
an der Existenz von Muskelfasern hier nicht mehr zweifeln. Es lassen
sich sowohl eirculäre als auch longitudinale Muskelbündel unterschei-
den und zwar findet sich eine innere und äussere longitudinale und
eine mittlere eireuläre Schicht. Zwischen die Muskelbündel eingela-
gert trifft man die mächtigen Nervenstämme, die mit dem Kanal in
die Drüse eindringen.
Hier angekommen verliert der Gang immer mehr seine Musku-
latur, mit jeder dichotomischen Theilung werden die Muskelschichten
schwächer, bis schliesslich nur noch eine einfache Lage sehr platter und
relativ breiter Muskelfasern übrig bleibt, die die Drüsenröhrchen ring-
förmig umfassen und an denen eine Querstreifung sich nicht mehr nach-
weisen lässt. Die den Gang auskleidenden Cylinderzellen werden gleich-
zeitig immer breiter, das früher sehr diehte Protoplasma lichtet sich und
lässt deutlich eine fibrilläre Structur erkennen.
Haben die Zweige des Ganges ein mittleres Caliber erreicht, so
lässt sich an ihrem Epithel eine ganz eigenthümliche Veränderung beob-
achten. Es schieben sich nämlich zwischen die Cylinderzellen Gebilde
ein, die sich in ihrer Form mit etwas in die Breite gezogenen Geschmacks-
knospen vergleichen lassen. Auf einem Querschnitt trifft man meist
4-6 solcher Knospen. Jede besitzt einen engen, sich in das Gang-
lumen öffnenden Porus, welcher in einen kleinen eentralen Hohlraum
führt. Die ganze Knospe ist ausgefüllt von feinsten Fäserchen, welche
strahlenförmig vom Porus nach der Peripherie ziehen. Untersucht man
frisch in dünner Methylenblaulösung gefärbte Schnitte, so findet man
(lie die Knospen füllenden Fädchen lebhaft metachromatisch rothgefärbt,
während sich die Kerne und das übrige Protoplasma blau tingiren. Eben-
falls roth erscheint auch ein das Lumen des Ganges unmittelbar ausklei-
dender Cutieularsaum, in welchen die Fädchen übergehen. Jedes Fäd-
chen zeigt in seinem Verlauf eine Anzahl feiner Knötchen und endigt
nicht selten in einem solehen. Es liefern solche Methylenblaupraeparate
ausserordentlich zierliche Bilder.
Rawırz, der diese eigenthümlichen Gebilde schon beschrieben
hat, hielt den Inhalt der Knospen für Krystalle. Dagegen spricht
ihre Form und der Umstand, dass diese Gebilde ganz unlöslich sind
in den verschiedenen Reagentien. Es handelt sich hier sicherlich um
echte protoplasmatische Bildungen von allerdings ganz räthselhafter
Function.
Zwischen den Knospen liegen eylindrische, mehr oder weniger
breite Zellen, deren periphere Abschnitte zusammentliessen und so einen
protoplasmatischen Ring bilden, welcher das Epithel nach aussen ab-
Krause: Über Bau u. Function d. hinteren Speicheldrüsen d. Octopoden. 1091
schliesst. Diese periphere Protoplasmazone zeigt eine ganz exquisite
Radiärstreifung und liefert Bilder, die unwillkürlich an die Heıpennain-
schen Stäbehen der Speichelröhren bei Säugethieren erinnern. Die
äussere Umhüllung bildet eine einfache Lage von Muskelzellen. In der
Umgebung dieser Speichelröhren findet man immer Bindegewebe in
grösserer Masse.
Durch fortgesetzte diehotomische Theilung der Gänge entsteht
schliesslich ein dichtes Gewirr von Drüsenschläuchen, welche blind
endigen. Die sie auskleidenden Zellen sind bald mehr eylindrisch, bald
mehr kegelförmig, deutlich gegen einander abgegrenzt und zeigen alle die
Eigenthümlichkeit, dass sie nach dem Lumen des Tubulus zu offen sind.
Jede Zelle enthält einen rundlichen oder ovalen Kern mit deutlichem
Chromatingerüst und Nucleolen, er liegt immer in dem peripheren Ab-
schnitt der Zelle. Manchmal ist er auch sehr schmal und stark in
die Länge gezogen, auf dem Schnitte striehförmig.
Jede Zelle lässt eine periphere und eine centrale Zone erkennen.
Die erstere ist meist sehr schmal, oft nur schwer nachweisbar. Sie
besteht aus einem ziemlich dichten, fädigen Protoplasma. In Bezug
auf die ausserordentlich mächtige centrale Zone können wir vier Arten
von Zellen unterscheiden. Zunächst scheint in vielen Zellen diese Zone
bei schwächerer Vergrösserung gänzlich leer zu sein. Wendet man
Jedoch starke Immersionssysteme an und untersucht Praeparate, die mit
intensiven Protoplasmafärbstoffen, wie Rubin 5, gefärbt sind, so ge-
wahrt man ein sehr feinfädiges und weitmaschiges Protoplasmanetz-
werk. Die zweite Art von Zellen enthält in den Maschen dieses Netz-
werks sehr feine Körnchen, die sich in Biondilösung lebhaft roth färben.
In der dritten Art von Zellen gewahrt man sehr grosse, mächtige Gra-
nulationen, mit welchen die Zellen geradezu vollgepfropft sind. Von
einem Protoplasmanetzwerk ist hier nichts zu sehen, es wird durch
die mächtigen Einlagerungen verdeckt. In manchen Zellen fliessen die
einzelnen Granula zu grossen Ballen zusammen. Die Färbung, welche
diese Granulationen in der vorerwähnten Farblösung annehmen, schwankt
zwischen Roth und Orange, besonders die grossen Seeretballen färben
sich lebhaft orange. Endlich wäre noch eine vierte Art von Zellen
zu erwähnen, sie finden sich nur sehr zerstreut, sind meist recht schmal:
ihr Inhalt besteht aus einer in Biondilösung schwachgrün gefärbten
Masse. Es könnte hiernach scheinen, als ob wir es mit Schleimzellen
zu thun hätten, doch ergab die Controlfärbung mit anderen Schleim-
färbungsmitteln, wie Thionin, Methylenblau, Mueicarmin u. s.w. ne-
gative Resultate. Auch die chemische Untersuchung des Secrets macht
diese Annahme höchst unwahrscheinlich, da sich in demselben Schleim
nicht nachweisen lässt.
1092 Gesammtsitzung vom 9. December.
Reizungsversuche am lebenden Thier.
Da, wie früher erwähnt wurde, der die Drüse versorgende Nerv
mit dem Ausführungsgang innig verbunden ist, so ist eine isolirte Rei-
zung des Nerven nur dieht an seinem Ursprung aus dem Buccointesti-
nalganglion möglich. Für gewöhnlich ist es jedoch vorzuziehen, die
Elektroden direct dem Gang anzulegen. Die Operation gestaltet sich
sehr einfach. Ein 2- 3° langer Schnitt in der Mittellinie der Rücken-
tläche, dieht hinter den Augen beginnend, legt den Schlund frei, neben
dem leicht der Speichelgang aufzufinden ist. Nachdem der Gang ange-
schnitten ist, wird eine passend ausgezogene Glascanüle eingeführt und
eingebunden. Man muss sich nur hüten, die Leibeshöhlenwand anzu-
schneiden, da sonst das in ihr enthaltene Blut ausfliesst und man na-
türlich unter ganz abnormen Bedingungen arbeitet. Zur Reizung be-
nutzte ich ein Schlitteninductorium, welches durch ein gewöhnliches
Tauchelement gespeist wurde.
Nachdem die Canüle eingebunden ist, fliesst zunächst gar kein
Secret, höchstens dass sich nach längerem Warten eben die Spitze
füllt. Werden dann die Elektroden angelegt bei einem Schlittenstand
von 200-300”", so beobachtet man eine sehr energische Contraction
des Ausführungsganges, derselbe verkürzt sich ganz bedeutend und
ändert sein Caliber. Nach Verlauf einiger Secunden strömt dann das
Secret in die Canüle ein und zwar sehr rasch und heftig. Wie Hype
bei ihren Versuchen fand, wurde dabei das Quecksilber aus dem Ma-
nometer geschleudert. Reizt man nun, natürlich mit Einschaltung der
nöthigen Ruhepausen, mit derselben Stromstärke weiter, so hört bald
die Seeretion auf und beginnt erst wieder bei Steigerung der Strom-
stärke. Nach einer gewissen Zeit, ungefähr 2-3 Stunden, wird auch
die Reizverstärkung unwirksam und die Secretion erlischt vollstän-
dig. Lässt man dann der Drüse mehrere Stunden Ruhe, so kann man
wohl noch etwas Secret gewinnen, doch ist das stets nur eine sehr ge-
ringe Menge.
Ich stellte mir nun zunächst die Frage: wieviel Secret vermag man
aus den Drüsen eines Thieres zu erhalten und wie verhält sich die
Menge des Secrets zum Gewicht der Drüsen? Die grösste Secretmenge,
nämlich 4°563, lieferte ein Thier, dessen Drüsen 16%573 schwer waren,
natürlich nach der Reizung gewogen. Nehmen wir nun an, dass am
Anfang des Versuchs die ganze erhaltene Secretmenge schon in der
Drüse enthalten war, so hat sie 21.6 Procent ihres Gewichts an Se-
cret geliefert. Die geringste Menge Secret, nämlich 0°805, lieferte ein
T'hier mit einem Drüsengewicht von 2°115; das wären also unter der-
selben Annahme 27.5 Procent. Die so erhaltenen Procentzahlen zeigen
Krause: Über Bau u. Function d. hinteren Speicheldrüsen d. Oetopoden. 1093
eine gewisse Constanz, sie schwanken nur zwischen 20 und 30 Procent.
Nur in einem Falle betrug der Procentsatz über 30, nämlich 32.8 Pro-
cent, der niedrigste Gehalt war 21.0 Procent.
Berechnet man den Procentsatz so, dass man das Secretgewicht
mit dem Gewicht der Drüsen nach der Reizung vergleicht, so erhält
man ganz andere Zahlen, dann sind die Schwankungen viel grösser.
Es steht dann einem Minimum von 22.4 Procent ein Maximum von
49.5 Procent gegenüber.
Beobachtung des Secretionsvorgangs unter dem Mikroskop.
Um den Seeretionsprocess direet unter dem Mikroskop verfolgen
zu können, habe ich zwei verschiedene Wege eingeschlagen. Bei ganz
kleinen Exemplaren von Octopus Defilippi sind die Drüsen, die ganz
den gleichen Bau, wie die von Oclopus macropus, aufweisen, so dünn,
dass man sie selbst noch mit starken Systemen untersuchen kann.
Andererseits legte ich durch die Drüsen von Octopus macropus mit dem
Rasirmesser mässig dünne Schnitte genau an der Eintrittsstelle des
Ausführungsganges; der Schnitt hing dann an dem letzteren, und die
Reizung liess sich bequem ausführen. Das Praeparat wurde in einige
Tropfen Octopus-Blut eingelegt und mit dem Deckglas bedeckt.
Beide Arten der Untersuchung lieferten das gleiche Ergebniss.
Die die Drüsenschläuche auskleidenden Zellen erscheinen vollgepfropft
mit Secretkörnern, welche ganz den auch im fixirten Praeparat beob-
achteten gleichen. Ein Lumen ist an den Tubuli überall deutlich zu
erkennen.
Werden nun die Elektroden angelegt, so gewahrt man nach Ab-
lauf einiger Seeunden zunächst eine Vorwärtsbewegung der in dem
Lumen gelegenen Secretmassen. Diese Bewegung erfolgt nicht con-
tinuirlich, sondern ruckweise, alle 20-60 Secunden erfolgt ein Vor-
stoss. Man kann dabei auf das Schönste beobachten, wie die in den
Zellen enthaltenen Secretkörner von dem Secretstrom gleichsam mit-
gerissen werden.
Die Ursache dieser Vorwärtsbewegung ist in einer Contraetion der
die Drüsenschläuche umgebenden Muskelfasern zu suchen. Dieselbe
erfolgt sehr langsam und träge. Häufig sieht man eine Art peristal-
tischer Welle über einen Drüsenschlauch laufen. Wenn man gesehen
hat, mit welcher Vehemenz das Seeret aus der Canüle geschleudert
wird, dann muss einen diese träge Bewegung eigentlich recht über-
raschen. Allerdings wird ja dann, wenn sich alle oder doch die grösste
Zahl der Drüsenschläuche gleichzeitig, wenn auch langsam contrahiren,
1094 Gesammtsitzung vom 9. December.
in dem Ausführungsgang, dem Sammelrohr aller Schläuche, dessen
Lumen das jener nur wenig übertrifft, eine energische Fortbewegung
des Inhalts resultiren müssen.
Das Secret.
Das Secret, welches bei der ersten Reizung in die Canüle einströmt,
ist ziemlich trüb, sehr bald jedoch klärt es sich, es bildet sich eine tiefere
opake Schicht und eine darüberstehende wasserhelle. Fängt man es
in sterilisirten und später zugeschmolzenen Röhren auf, so zeigt sich die
gleiche Erscheinung. Nach 12-24 Stunden krystallisiren dann aus
der Flüssigkeit lange, seidenglänzende, zu Büscheln gruppirte Nadeln
aus, welche anscheinend aus Tyrosin bestehen.
Mikroskopisch enthält der Speichel massenhaft kleinere und grössere
Körner, welehe völlig jenen in den Drüsenzellen beobachteten gleichen
und mit ihnen identisch sind. Häufig sieht man die grossen Kugeln
und Ballen über und über mit kleinsten Granulis besetzt. Je grösser die
Körner sind, desto stärker lichtbrechend erscheinen sie. Der beim
Stehen des Secrets sich bildende Bodensatz besteht ausschliesslich aus
solehen körnigen Massen. Andere geformte Elemente enthält das Se-
eret nicht.
Das aus der Canüle fliessende Secret ist leicht tropfbar flüssig und
nicht im geringsten fadenziehend. Die Reaction ist in den meisten
Fällen schwach sauer. Nach längerer Reizung pilegen die letzten Tropfen
neutrale oder ganz schwache alkalische Reaction zu geben.
In verdünnter Essigsäure ist es völlig klar löslich, in concentrirter
Kalilauge bildet sich ein starker Niederschlag. Das Secret giebt alle
Reactionen der Eiweisskörper. Mit Natronlauge und Kupfersulfat erhält
man auch in der Kälte lebhafte Rothfärbung. Auf dem Wasserbad gerinnt
das Secret wie Hühnereiweiss, und beim Verkohlen im Porzellantiegel
entwickelt es den charakteristischen Geruch nach verbrannten Federn.
Der Gehalt des Secrets an organischer Substanz schwankt in 10 Ver-
suchen zwischen 19.8 Procent und 8.4 Procent. Dagegen zeigte sich
der Aschegehalt ziemlich constant zwischen 2.4 und 3.4 Procent. Es
ist also in letzterer Beziehung etwas ärmer als das Meerwasser, das in
den Aquarien der zoologischen Station einen Salzgehalt von etwa 4 Pro-
cent aufweist.
In Bezug auf die physiologisch chemische Wirkung konnte ich
meine früheren Angaben bestätigen. Das Secret erwies sich auf Stärke
unwirksam, dagegen wurden Fibrinflocken rasch gelöst.
Auch die schon früher von mir beschriebene Giftwirkung auf
Krebse und Amphibien konnte ich wieder bestätigen, doch scheint
Krause: Über Bau u. Funetion d. hinteren Speicheldrüsen d. Octopoden. 1095
es mir jetzt, als ob das Gift auf die nervösen Öentralorgane haupt-
sächlich einwirkt. Reizt man, bald nachdem die Vergiftungssymptome
sich eingestellt haben, den Nervus ischiadicus, so erhält man noch
Zuckungen. Die Erregbarkeit erlischt jedoch auffallend rasch. Ein-
gehendere Untersuchungen in dieser Beziehung wären jedenfalls sehr
wünschenswerth.
Reizungsversuche an den ausgeschnittenen Drüsen.
Derartige Versuche wurden in dreierlei Weise angestellt; einmal
wurden die Drüsen in der trockenen Schale, ein anderes Mal in einer
abgewogenen Menge Blut desselben Thieres und schliesslich in einer
abgewogenen Menge filtrirten Seewassers gereizt. In allen diesen
Fällen wurde der Ausführungsgang möglichst weit freigelegt, die Ca-
nüle eingebunden und der Gang dann peripher durchsehnitten. Wäh-
rend der Reizung wurde die gewogene Porzellanschale sorgfältig be-
deckt gehalten, um die wohl nie ganz auszuschaltende Verdunstung
auf ein möglichst geringes Maass zu beschränken.
a) Reizung in der trockenen Schale.
Wenn man die Drüsen aus der Leibeshöhle entfernt und das
anhaftende Blut möglichst hat abtropfen lassen, so erscheint die Ober-
tläche des Organs feucht, glänzend. Legt man nun die Elektroden
an den Ausführungsgang an, so wird die Drüse sehr bald völlig trocken.
Bei dieser Art der Versuchsanordnung hört die Secretion schon viel
früher auf als bei Reizung im Körper des Thieres. Sie hält im aller-
günstigsten Falle ı Stunde an. Auch die Menge des gelieferten Secrets
wird beträchtlich geringer; selten überschreitet sie 20 Procent des
Drüsengewichts, im Durchschnitt beträgt sie 15-16 Procent, als Mi-
nimum fanden sich 14.4 Procent. Während bei der Reizung im Thier
sich ein sehr wechselnder Gehalt des Secrets an organischen Bestand-
theilen eonstatiren liess, waren hier die erhaltenen Werthe ziemlich
constant, sie bewegten sich um 19.0 Procent als Mittel und differirten
in maximo nur um 0.6 Procent. Der Aschegehalt schwankte zwischen
2.7 und 3.1 Procent. Die Reaction des Secrets war in allen Fällen
sehr deutlich sauer.
b) Reizung im Blut des Thieres.
Wurden die Drüsen in der mit dem Blute desselben Thieres be-
schiekten Schale gereizt, so hielt die Secretion länger an als bei der
trockenen Reizung. Diese Art der Versuchsanordnung bietet dem Ex-
1096 Gesammtsitzung vom 9. December.
perimentator ein höchst interessantes und eigenartiges Bild. Die Schale
wurde so weit mit Blut gefüllt, dass die Drüsen völlig damit bedeckt
waren. Sobald nun die Elektroden an den Ausführungsgang angelegt
werden, saugt die Drüse den grössten Theil des Blutes in sich ein, wie
ein trockener Schwamm. Dabei wollte es mir scheinen, als ob die Drüse
selbst Veränderung ihrer Form zeigt. Ist das Blut eingesaugt, so be-
ginnt das Secret in die Canüle einzuströmen, und nun stösst die Drüse
langsam fast sämmtliches Blut wieder aus. Hat sich dieses Spiel bei
weiterer Reizung längere Zeit wiederholt, so erlahmt allmählich die Thä-
tigkeit der Drüse, bis vielleicht nach Ablauf einer Stunde kein Blut
mehr aufgesaugt wird. Das Secret strömt, wenn auch sehr stark ver-
mindert, noch kurze Zeit weiter.
Das in der Schale vorhandene Blut ist dabei erheblich weniger
geworden. Wenn nun auch ein erheblicher Procentsatz dieser Abnahme
auf Rechnung der wohl kaum ganz auszuschliessenden Verdunstung
zu setzen war, so zeigten doch genaue Wägungen, dass ein Theil der
Flüssigkeit in das Secret übergegangen war, und zwar ergaben sich
Zahlen zwischen ı5 und 25 Procent, bezogen auf das gelieferte Secret.
Es war natürlich nun von grossem Interesse, zu erfahren, welche
Bestandtheile aus dem Blut in das Secret übergegangen waren. Solche
Versuche sind schwierig anzustellen, da sie erhebliche Mengen von
Blut desselben Thieres verlangen, also sehr grosse Exemplare. In zweien
solcher Versuche ergab sich, dass der Trockenrückstand des Blutes vor
und nach der Reizung von 14 auf 18 Procent gestiegen war, es war
also wesentlich Wasser aufgenommen und ausgeschieden worden.
Die Menge des Secrets, welche bei dieser Art der Reizung geliefert
wird, schwankt sehr, ist jedoch wesentlich höher als bei der Trocken-
reizung. Das Minimum lag bei 15.2 Procent, das Maximum bei 32.3 Pro-
cent des Drüsengewichts, durchschnittlich 23.1 Procent. Der Gehalt
an organischen Bestandtheilen schwankt zwischen 17.1 und 18.9 Pro-
cent und war durchschnittlich um ı Procent höher als bei der Trocken-
reizung.
Bringt man auf die Oberfläche der Drüse einen Farbstoff in de-
stillirtem Wasser gelöst, der in Seewasser unlöslich ist, so findet man
nach der Reizung die Farbstoffpartikelehen überall im Innern der Drüse
zwischen den Tubuli. Bei Verwendung von in Seewasser gelösten Farb-
stoffen erscheint nach einiger Zeit auch das Secret gefärbt.
Der beschriebene, eigenthümliche Mechanismus der Secretion wird
bedingt durch die eigenartige Blutversorgung der Drüsen. Jede Drüse
erhält hauptsächlich nur eine ganz kleine Arterie, die in gar keinem
Verhältniss zu dem von ihr versorgten Organ steht; sie führt aus-
schliesslich Ernährungsblut. Diejenigen Stoffe aber, welche die Drüse
Krause: Über Bau d. Function d. hinteren Speicheldrüsen d. Oetopoden. 1097
zur Seeretbereitung benöthigt, die nimmt sie aus dem sie umspülenden
Leibeshöhlenblut. Bei den Gephalopoden, bei welchen ein solch grosser
Sinus fehlt und die Venen sich in einzelnen Stämmen sammeln, z.B.
bei den Dekapoden, bei denen sind auch die hinteren Speicheldrüsen
stark redueirt. Wir finden so in der Blutversorgung der hinteren Spei-
cheldrüsen der Octopoden Trennung zwischen Ernährungsblut und fune-
tionellem Blut, Verhältnisse, welche uns an die Blutversorgung der
Leber bei den höheren Thieren erinnern.
c) Reizung in Seewasser.
Die Reizung in Seewasser ergab ganz eigenartige Verhältnisse.
Auffallend ist vor Allem die geringe Menge von Secret, welche die
Drüsen liefern, nämlich nur 13.3 Procent des Drüsengewichts im Durch-
schnitt, das wären nahezu 3 Procent weniger als bei Trockenreizung.
Die Drüse saugt von Anfang an das Seewasser bei Weitem nicht so
energisch ein als das Blut. Die Secretion hält zwar ebenso lange an
als bei der Blutreizung, aber das Secret rückt bei jeder Reizung nur
um ein ganz Geringes in der Canüle vor. Der Gehalt des Secrets an
organischen Bestandtheilen betrug im Mittel 19 Procent, also ebenso
viel als bei der Trockenreizung. Das heisst mit anderen Worten: die
Drüse hat nur einen Bruchtheil des in ihr schon fertig enthaltenen
Secrets ausgestossen. Es scheint, als ob die die Drüsentubuli um-
gebenden Muskeln dureh die Umspülung mit Seewasser eine Einbusse
an ihrer Contractilität erleiden. Die Reaction des Secrets war in allen
Fällen schwach alkalisch.
Die Structur der thätigen Drüse.
Die Bilder, welche die fixirten und gefärbten Schnitte der gereizten
Drüsen liefern, weichen nicht unerheblich ab von denen, welche die
ruhenden Drüsen zeigen. Vor Allem fällt es auf, dass die Drüsen-
tubuli an den verschiedenen Stellen ein ungleiches Caliber aufweisen
und häufig stark eingeschnürt erscheinen. Das Lumen ist fast überall
weiter geworden. Es erklärt sich das aus einer Höhenabnahme der
Zellen. In den letzteren selbst hat die periphere protoplasmatische
Zone an Mächtigkeit zugenommen. Die Granulationen, welche den cen-
tralen, an das Lumen grenzenden Theil erfüllten, sind zum allergrössten
Theil verschwunden. Ihre Neubildung erfolgt von der peripheren Schicht
her. Die Kerne haben durchgängig an Volumen zugenommen und sind
mehr in den centralen Theil der Zellen eingerückt. Ja man findet sie
sogar nicht selten dicht am Lumen.
1098 Gesammtsitzung vom 9. December.
Veränderungen an dem Epithel der Speichelröhren und der Aus-
führungsgänge habe ich nicht beobachten können.
Werden die Drüsen im 'Thier oder in der Schale mit Blut gereizt,
so findet man die Zwischenräume zwischen den Tubuli ausgefüllt mit
einer fein granulirten Masse, den durch das Fixationsmittel ausgefällten
Albuminaten des Blutes. In sie eingebettet erscheinen sehr zahlreiche
Blutkörperchen, deren protoplasmatischer Leib mit lebhaft sich färben-
den, acidophilen Granulationen durchsetzt ist.
Fassen wir nun die Hauptergebnisse dieser Untersuchung noch
einmal kurz zusammen, so kommen wir zu folgenden Sätzen:
Die hinteren Speicheldrüsen der Octopoden sind Organe, denen
eine ansehnliche funetionelle Bedeutung zukommt, entgegen der von
(len meisten Untersuchern vertretenen Anschauung. Der von KRUKENBERG
vorgeschlagene und unter Anderem auch von Voser und Yune acceptirte
Namen Pharynxschleimdrüsen ist gänzlich unpassend, da die Drüsen gar
keinen Schleim, wenigstens nicht in nachweisbaren Mengen absondern.
Dagegen ist das Secret sehr reich an Albuminaten und besitzt eine
kräftige fibrinolytische Wirkung.
Das Seeret bildet für viele Thiere ein starkes, wahrscheinlich
auf die nervösen Öentralorgane wirkendes Gift, es wird diese Eigen-
schaft auch von Octopus zur Tödtung der Futterthiere benutzt.
Die Drüsen zeigen eine eigenthümliche Art des Secretionsmecha-
nismus, welche durch die Besonderheiten in ihrer Blutversorgung be-
dingt wird.
1099
Die Haeduer und Arverner unter Römischer
Herrschaft.
Von Orro HırscHreEL».
(Vorgetragen am 25. November [s. oben S. 1053|.)
er hat Gallien erobert, aber die definitive Gestaltung des Landes
zu vollziehen haben ihn die Kämpfe und die gewaltigen Aufgaben, die
seine letzten Lebensjahre ausfüllten, verhindert. So ist die endgültige
Organisation seinem Nachfolger vorbehalten geblieben, der auch hier
der Vollender des von seinem grossen Vater in die Bahn Geleiteten ge-
worden ist. Freilich hat er die Eingliederung Galliens in den römischen
Reichsverband in wesentlich anderer Weise durchgeführt, als Caesar und
im Anschluss an ihn er selbst dies in der Narbonensis gethan hatte. Für
eine Colonialverfassung nach italischem Vorbild hat Augustus das noch
ganz barbarische Gebiet zwischen Rhöne und Rhein als nieht geeignet
erachtet und seiner behutsamen Natur gemäss vorgezogen, die heimische
Gauverfassung auch zur Grundlage der römischen Verwaltung zu machen.
Römische Bürgercolonien sind daher mit Ausnahme der wohl auf Caesar
zurückgehenden Colonia Julia Equestris, ferner der kaum ein Jahr nach
Caesars Tod von Munatius Plancus gegründeten und anscheinend sofort
mit dem vollen Bürgerrecht ausgestatteten Colonia Rauricorum und der
Hauptstadt Lugudunum, in Gallien nicht vorhanden und Augustus hat
solehe nach seinem eigenen Zeugniss nur in der Narbonensis geschaffen.
Der Titel colonia, den Trier und einige andere Städte führen, ist den mei-
sten nachweislich erst später beigelegt worden und bezeichnet bei einigen
wahrscheinlich nur den Besitz des latinischen Rechts, das Augustus auch
einzelnen Stämmen Aquitaniens zu Theil werden liess'. Wie sparsam
‘ Die oben genannten drei Städte, von denen aber die beiden ersten später zu
Germania gehören, sind in den drei Gallischen Provinzen die einzigen, die in dem auf
Agrippa zurückgehenden Verzeichniss des Plinius den Titel colonia führen. Wenn Ptole-
maeus (II, 7, 13) das Pyrenäenstädtchen Lugdunum Convenarum als koAovia bezeichnet,
so ist dies ohne Zweifel nur eine Verwechslung mit der gleichnamigen Metropole, bei
der überdies der Colonialtitel bei Ptolemaeus fehlt. Trier wird im ‚Jahre 70 Colonie
genannt: Taeitus hist. IV c.62 und c.72; inschriftlich bezeugt findet sich der Titel bei
Elusa (CIL. XIII n.546, wahrscheinlich 3. Jahrhundert), bei den Vellavi (CIL. XIII n.ı577:
praefectus colon. in einer Inschrift der ersten Kaiserzeit), bei den Segusiavi (Meilenstein
aus Trajans Zeit der col. Fl(avia) F[orum Segusiavorum|, wie man wohl ergänzen muss,
Sitzungsberichte 1897. 102
1100 Gesammtsitzung vom 9. Dec. — Mittheilung vom 25. Nov.
der Kaiser mit der Verleihung des persönlichen Bürgerrechts in Gallien
gewesen ist, zeigt die Erzählung bei Sueton', er habe einem Gallier
trotz der Verwendung der Livia zwar die Befreiung von Steuern, aber
nicht das Bürgerrecht gegeben, mit der Motivirung, dass er lieber
den Fiscus verkürzen, als das römische Bürgerrecht gemein machen
wolle, und in der That scheinen in jener Zeit nur vornehme und be-
sonders um Rom verdiente Familien zu dieser bevorzugten Stellung zu-
gelassen worden zu sein”.
Den gallischen Gauen gegenüber hat Augustus freilich eine gewisse
Liberalität walten lassen, indem er das Gebiet, das sie zu Oaesars Zeit
besessen hatten, ihnen im Wesentlichen ungeschmälert beliess; aber
den beiden mächtigsten Stämmen Galliens, den Arvernern und Hae-
duern°, doch nur mit der Einschränkung, (dass er die grossen, zu Cae-
sars Zeit bestehenden Clientelverbände auflöste und ebenso die Gadurci,
Gabali, Vellavi, die nach Caesars Angabe (b. G. VII, 75) sub ünperio
Arvernorum esse consuerunt, wie die zu den Haeduern im gleichen Ver-
hältniss stehenden Segusiavi, Ambarri(?)*, Aulerei Brannovices und
Andere als unabhängige Gaue constituirte®. Geboten erschien ihm diese
vergl. CIL. XIII p.221), bei den Helvetii (seit Vespasian: Mommsen Inser. Helvet. n. 175),
bei den Lingones (CIL. XIII n. 5685. 5693. 5694 = Mowat inscriptions de la cite des Lingons.
Paris 1890. S. 33. 36. 52), bei den Sequani (CIL.V n.6887, vielleicht haben sie das Colo-
nialrecht von Galba erhalten; als @albiani bezeichnet sie neben den Haeduern Taeitus
hist. I c.5r). Die Verleihung des latinischen Rechts, ohne Zweifel durch Augustus,
an die aquitanischen Stämme der Auscii und Convenae bezeugt Strabo IV, 2,2 p.1Igr.
Galba hat wohl zuerst mit dem Prineip des Augustus in dieser Hinsicht gebrochen,
vel. Tacitus hist. I, 8 (Plutarch. Galba c. 18): Galliae super memoriam Vindieis obliga-
tae recenti dono Romanae civitatis. — Über die Organisation von Gallien in der Kaiserzeit
verweise ich auf die Darstellung Mommsens, Römische Geschichte V S.76 ff.
! Suetonius, Augustus c. 40.
®2 Von den Empörern unter Tiberius, dem Trevirer Julius Florus und dem
Haeduer Julius Sacrovir sagt Tacitus ann. III, 40: nobilitas ambobus et maiorum bona
Jacta (gegen Caesar) eogue Romana civitas olim data, cum id rarum nee nisi virtuti pre-
tium esset. Vgl. dazu Suetonius Aug. c.47: urbium quasdam ... merita erga populum
Romanum adlegantes Latinitate vel civitate donavit.
® Caesar und Cicero, zum Theil auch spätere Schriftsteller, gebrauchen die aspi-
virte Forin, bei Livius und Tacitus schwankt die Schreibung; bei Plinius und späteren
Schriftstellern, ferner in den Notae Tironianae und der Notitia Galliarum heissen sie
Aedui, welche Form auch in den Inschriften vorherrscht, aber in der wohl ältesten
Inschrift von Aventicum aus Claudius’ Zeit (Mommsen inser. Helv. n. 192) ist die Schrei-
bung Haeduorum civitas. Auf den keltischen Münzen werden sie Edui genannt; auch
die griechischen Schriftsteller gebrauchen nie die aspirirte Form. Vgl. CIL. XIII p. 400.
* Wenn bei Caesar b. G. VII, 75,2 Ambarris für das überlieferte Ambluaretis ein-
zusetzen ist; vgl. Mommsen in der Zeitschrift für das Gymnasialwesen 48, 1894 S. 211.
Von den Vellavi bezeugt dies Strabo IV, 2, 2 p.1ı9o ausdrücklich: OverAauoı
de era Tovrovs, ol mpoowpilovro more Apovepvors, viv de Tarrovraı xa0' Eavrovs; es gilt
aber in gleicher Weise von den übrigen, vergl. Mommsen R. G. V S.83; Gardthausen,
Augustus I, 2 S.665 fg. Es sollte wohl die Verleihung des (wahrscheinlich latinischen)
Colonialrechts an die Vellavi, das gerade für die erste Kaiserzeit bezeugt ist (s. oben
Hırschrern: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1101
Maassregel durch den Umfang und die Bevölkerungszahl, die von Posi-
donius für Beide auf rund je 200000 Menschen veranschlagt wird: eine
Zahl, die schwerlich zu hoch gegriffen ist, da Beide, allerdings mit
ihren Clienten, zu dem Heere des Vereingetorix je 35000 Mann bei-
zusteuern verpflichtet wurden, während von den Contingenten der
übrigen Stämme kein einziges sich über 12000 erhebt': auch die
40000 Mann, «ie aus dem Haeduerlande noch im Jahre 21 n.Chr. dem
Sacrovir zuströmten’, sprechen für die Grösse und die Bevölkerungsdich-
tigkeit dieses Stammes. Es ist dieselbe Zerstückelungspolitik compacter
nationaler Massen, die in der von Augustus vollzogenen Abtrennung
der 14 keltischen Stämme zwischen der Garonne und der Loire von Mittel-
gallien zu Tage tritt, und dass gerade die Arverner sich unter diesen be-
fanden, hat den Kaiser wohl in erster Linie zu diesem Schritt veranlasst.
Aber er hat sich nicht mit der Loslösung der Clientelstaaten be-
gnügt: auch die alten Hauptstädte, sowohl der Arverner, als der Hae-
duer hat er zwar nicht vom Erdboden vertilgt, aber der Verödung
preisgegeben, die Einwohner allem Anschein nach gezwungen, sie zu
verlassen und sich in neu von ihm gegründeten, nicht wie die kel-
tischen Burgen auf der Höhe, sondern in der Ebene gelegenen Städten
anzusiedeln, die schon durch ihre die Namen Caesar und Augustus mit
einem keltischen Worte verbindenden Namensformen anzeigen sollten,
S. 1099 Anm.ı), eine Stärkung dieses den Arvernern benachbarten Volksstammes sein;
das Gleiche wird man vielleicht für die Erhebung des den Haeduern benachbarten
Forum Segusiavorum zur Colonie in Flavischer Zeit annehmen dürfen. — Anders ver-
fuhr Caesar den Haeduern gegenüber, vgl. b.G. VI, ı2, 6: obsidibus Haeduis redditis,
veteribus chentelis restitutis, novis per Caesarem comparatis.
! Die Berechnung, die Beloch, Bevölkerung der griechisch - römischen Welt
S. 455fg. auf Grund der von Caesar b. G. VII, 75 mitgetheilten Liste der Contingente zu
dem Gallischen Bundesheer anstellt, um die Gesammtbevölkerung Galliens festzustellen,
beruht auf einem nicht fehlerfrei überlieferten und dazu übel zurechtgemachten Text;
darnach hätte z.B. der grosse Stamm der Lemovices nur 3000 Mann, weniger als die
winzigen Völkerschaften der Atrebates und Veliocasses zu stellen gehabt. Diese Zahlen
werden dann, nach Analogie der von Caesar für die Helvetier überlieferten Zahlen, "um
ein rundes Verhältniss zu bekommen’, mit 10 multiplieirt, so die annähernde Ziffer
der Gesammtbevölkerung gefunden und aus den gewonnenen Summen die Dichtigkeit
der Bevölkerung festgestellt. Die Angabe des Posidonius (denn auf ihn geht Diodor
V,25, wie allgemein anerkannt ist, zurück): n roivvv TaAaria karoıkeiraı ev bmo MoX-
Adv edvov dtadopwv Tols neyedeon‘ Ta neyıora yap avrov oyeöov eikocı nupıadas avopov Eyeı
(wo unzweifelhaft Arverner und Haeduer zu verstehen sind), ra ö' eAayıora mevre uv-
pıäöas, in der freilich nur die erste Zahl einen gewissen Werth beanspruchen darf, hat
Beloch keiner Erwähnung werth gefunden. Übrigens erklärt er selbst (Jahrbücher für
Nationalökonomie und Statistik B. 68 S. 342), dass seine Berechnung der Bevölkerung
der Provinzen durchaus unsicher sei. Auf Strabos (IV, 2, 3) übertriebene Angabe, wo-
nach die Arverner gegen die Römer im Jahre ı21 v. Chr. 200000, gegen Caesar sogar
400000 Mann ins Feld gestellt haben, ist nichts zu geben; die erstere Angabe geht viel-
leicht auf eine Verwechslung mit der Bevölkerungszifler des Posidonius zurück ; die letztere
Ziffer geht sogar wesentlich über die Gesammtstärke des Gallischen Bundesheeres hinaus.
? Taeitus ann. Ill c. 43.
102*
1102 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
dass die neue Keltenstadt dem römischen Kaiser ihre Entstehung ver-
danke. Solche Mischbildungen lassen sich nur in Gallien und vereinzelt
in Spanien nachweisen: so bei den Vettones in Lusitanien Caesarobriga
und das benachbarte Augustobriga, die Kaiserburg, ein Name, den noch
eine zweite Stadt in der Tarraconensis führt; in Gallien ber den Turones
Oaesarodunum, die Caesarfeste (Tours), bei den Bellovaci Caesaromagus,
das Caesar-Feld (Beauvais), bei den Trieasses Augustobona, vielleicht
die Kaiserstadt (Troyes), bei den Baiucasses Augustodurum, wohl die
Kaiserfestung (Bayeux), bei den Silvaneetes Augustomagus, das Kaiser-
feld (Senlis), bei den Lemovices Augustoritum, die Kaiserfurth (Li-
moges), schliesslich bei den Haedui Augustodunum, die Kaiserfeste
(Autun), und bei den Arverni Augustonemetum, das Kaiserheiligthum
(Clermont)'. Wenn auch die Überlieferung davon schweigt, so wird
man sich kaum der Überzeugung verschliessen können, dass alle diese
Städte, auch wohl die nach Caesar benannten, ihren Namen dem Kaiser
Augustus verdanken und zum Theil an Stelle der keltischen Hauptstädte
von ihm neu gegründet worden sind. So ist an Stelle der durch
Caesars missglückte Belagerung bekannten Stadt der Arverner, des
hochgelegenen Gergovia, auf dem fast eine Meile südlich von Cler-
mont” entfernten Mont de Gergovie, das in der Ebene angelegte Augusto-
nemetum getreten. Zwar ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass
hier bereits ein Heiligthum sich befunden und daher dieser Name für die
Stadt gewählt worden sei; aber wahrscheinlicher ist es, dass sie ihren
Namen dem hochberühmten, nur neun Kilometer entfernten Tempel des
Mercurius auf dem Puy de Döme verdankt’. Die alte Stadt Gergovia
! Betreffs der zum Theil nicht ganz sicheren Bedeutung der keltischen Worte
vgl. Holder, altceltischer Sprachschatz I S.286 ff. und S.678; dunum wird zwar in spä-
teren Quellen durch mons wiedergegeben, vergl. jedoch Zeuss grammatica Celtica S. 52
Anm. und Zangemeister in den Neuen Heidelberger Jahrbüchern 5 S.98.
®2 Die Stadt hat ihren Namen von dem schon im 8. Jahrhundert genannten Ca-
strum Clarimunte, auch in einigen Handschriften der Notitia Galliarum p. 603 ed. Mommsen
findet sich zu der Civitas Arvernorum der Zusatz: id est oder nunc Olarus mons oder
Claromonten.
® Vgl. über diesen. Tempel S.ırı2 fg. — Bereits Strabo IV, 2, 3 bezeichnet sie
als Hauptstadt der Arverner, nennt sie aber Neuwoods; demnach wird sie erst nach
Abfassung der Commentarien des Agrippa (vgl. S. 1104) den Augustus-Beinamen erhalten
haben. Caesar kennt nur Gergovia und zwar als Heimath des Arvernerhäuptlings
Vereingetorix (b. G. VII, 4, 2, vgl. Strabo a.a.O.)', also als Hauptstadt der Arverner,
wofür ja auch ihre hohe und gesicherte Lage spricht. Die Verlegung der Hauptstadt
nach Nemossus oder Nemetum, wo früher vielleicht eine kleine Ansiedlung bestand,
wird daher wohl erst durch Augustus erfolgt sein. — Der Name Augustonemetum
findet sich zwar sowohl in einigen Inschriften, als auch noch bei Ptolemaeus, den Notae
Tironianae (n. 29 bei Zangemeister) und in der Peutingerschen Tafel, doch ist bemer-
kenswerth, dass bereits auf Meilensteinen des Hadrian die Stadt Augusta Arvern(orum)
heisst; es scheint also hier, gerade im officiellen Gebrauch, die keltische Endung schon
{früh fallen gelassen zu sein.
Hırscarern: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1103
verschwindet seitdem aus der Geschichte, und nur geringe Überreste
lassen den Ort erkennen, an dem sie einst gelegen war; dass, wie man
angenommen hat, die Einwohner gezwungen worden sind, sie zu ver-
lassen und nach der neuen Hauptstadt überzusiedeln, ist um so wahr-
scheinlicher, als ungleich deutlicher derselbe Vorgang sich bei der Neu-
gründung der Haeduer-Hauptstadt verfolgen lässt.
Als die weitaus grösste und reichste Stadt der Haeduer bezeichnet
Uaesar (b. G. I, 23) die feste, auf dem noch jetzt ihren Namen tragen-
den Mont Beuvray gelegene Keltenstadt Bibracte, deren bedeutende
Überreste in den von Napoleon III. veranlassten und von dem verdienten
Gelehrten in Autun, Hrn. Bulliot, geleiteten Ausgrabungen seit dem
Jahre 1867 blossgelegt worden sind. Gewaltige Mauern aus der Kelten-
zeit, massenhafte Gebäudereste, brunnenartige Begräbnissstätten, Töpfer-
geschirr und Bronzesachen, zahlreiche keltische nebst einigen griechi-
schen und römischen Münzen sind hier zu Tage gefördert worden, die
von der Bedeutung der Haeduer-Stadt, in der Vereingetorix im Jahre
52 auf einem von ganz Gallien beschickten Coneil zum Bundesfeldherrn
gewählt wurde, eine Vorstellung zu geben geeignet sind!. Die Münz-
reihe schliesst, wie Hr. Bulliot bemerkt, kurz vor Christi Geburt ab;
zu den jüngsten Stücken gehören die kleinen Kupfermünzen des Augustus
mit dem Altar der Roma und des Augustus, die sicherlich bald nach
der Errichtung desselben im Jahre ı2 v. Ohr. geschlagen worden sind.
Überreste aus späterer Zeit- haben sich in den Ruinen der Stadt? nicht
gefunden, und es kann daher kaum einem Zweifel unterliegen, dass
Bibraete um jene Zeit auf Befehl des Kaisers von den Bewohnern
verlassen worden ist. Wohin diese aber verpflanzt worden sind, ist
nicht zweifelhaft, da Augustus selbst als neue Hauptstadt der Haeduer
Augustodunum 20°” östlich von Bibracte in der Ebene angelegt hat.
Denn dass hier nicht eine ältere keltische Ansiedelung gelegen hat,
sondern eine vollständige Neugründung erfolgt ist, haben Bulliot und
Andere nach ihm gewiss mit Recht aus den dort gemachten Funden
geschlossen, von denen keiner der republikanischen Zeit anzugehören
scheint und die ältesten Münzen gerade diejenigen sind, mit denen die
Münzreihe in Bibracte abschliesst‘. Keltische Münzen sind hier nur in
' Vgl. Bulliots Berichte in der Revue archeologique 1869 und 1870, in dem Dic-
tionnaire archeologique de la Gaule, epoque Celtique 1 S.450ff. und in den Memoires de
la Societe Eduenne.
2 Über die auf der Westseite des Berges, auf dem bis in die neuere Zeit grosse
Märkte regelmässig abgehalten worden sind, gefundenen Ruinen und eine sehr frag-
mentirte Weihinschrift an Mercurius Negotiator vgl. Heron de Villefosse bull. des antig.
de Fr. 1883 p.106fl.; ferner Bulliot mem. de la Soc. Eduenne 1874 S.ı57ff. und die zu
CIL. XIII n. 2803 ceitirten Abhandlungen desselben Gelehrten.
® Die Nachweise giebt Bulliot in den Anm. ı angeführten Abhandlungen.
1194 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
ganz verschwindender Zahl zum Vorschein gekommen und neben massen-
haften römischen Inschriften hat sich nur eine keltische gefunden, die
aber ohne Zweifel der Kaiserzeit angehört. Die Anlage der Stadt und
insbesondere der imposanten Stadtmauern weist unzweideutig auf eine
einheitliche Schöpfung der Zeit des Augustus hin'. Der Name Augusto-
dunum erscheint zuerst bei Pomponius Mela; in der von Strabo be-
nutzten Quelle, d.h. in den Commentaren des im Jahre ı2 v.Chr. gestor-
benen Agrippa, war zwar Bibraete, aber nicht die neue Hauptstadt
Augustodunum genannt. Hier lässt sich deutlich der Übergang von dem
keltischen Gallien, das Caesar noch unberührt gelassen hatte, zu der Ein-
fügung in den römischen Reichsverband verfolgen, wie sie Augustus
vollzogen hat: ein Process, den er, wenn auch in milder Form, doch ziel-
bewusst und mit fester Hand auf politischem wie auf religiösem Gebiet
durchzuführen bestrebt gewesen ist. Dass die Romanisirung Galliens,
die selbst in den grösseren Städten, abgesehen von Lugudunum und
etwa von Burdigala, nach Ausweis der Inschriften eine recht beschei-
dene gewesen ist, hinter den von ihm ohne Zweifel gehegten Hoff-
nungen zurückgeblieben ist, hat er allerdings zum nicht geringen Theil
durch die Erhaltung der keltischen Gauverfassung und die Unterlassung
der Ansiedelung von Italikern in Colonien, wie sie in der Narbonensis
schon vor Caesar stattgefunden hatte, selbst verschuldet, aber in weit
höherem Grade ist dieser Misserfolg der Schwäche seiner Nachfolger
und dem allgemeinen Niedergang des römischen Wesens in der Kaiser-
zeit beizumessen.
Die Arverner nennt Plinius unter den civitates liberae, doch führen
sie in den Inschriften dieses Epitheton nicht, und es ist nicht unmög-
lich, dass es ihnen zu Unrecht in unserem Pliniustext beigelegt worden
ist”. Die Haeduer dagegen sind nach Plinius foederati der Römer,
ein Ehrentitel, den ausser ihnen in Gallien (mit Ausschluss der Narbo-
! Harold de Fontenay, Autun et ses momuments (Autun 1889) S.17: "les murailles
d’ Augustodunum offrent une particularite archeologique des plus importantes: on n’y rencontre
pas, comme da Dijon, a Sens, a Bourges, da Tours, a Poitiers, & Bordeaux, a Periqueux, et
ailleurs, des debris d’anciens monuments .... tous les materiaux en sont neufs, tous les
moöllons sortis de la carriere’ und S. 22: 'ce magnifique ouvrage est donc contemporain de
la fondation d’Augustodunum. L’unite de sa construction, l’excellence des materiaux, la per-
‚Fection de la main-d’oeuvre, et, par-dessus tout, l’absence totale de debris anciens, tout le
prowe, tous du moins autorise a le penser'.
® Es sind nämlich, wie Detlefsen (Bursians Jahresberichte 1877, 3 S. 313 fg.)
bemerkt, zwischen den Arverni und Gabales bei Plinius n. h. IV,109 die Vellavi aus-
gefallen und auf dem Rande des Leydener Codex von dem Corrector als Vellavi liberi
nachgetragen. Dass diese in der T’'hat zu den civitates liberae gehört haben, beweisen
mehrere Inschriften des dritten Jahrhunderts (CIL. XIII n. 1591. 1592. 1614); es ist
aber möglich, dass bei Plinius nicht mit Detlefsen Vellawi liberi vor Gabales einzusetzen
ist, sondern gestanden hat: Arverni, | Vellawi] liberi, Gabales.
HırscHreLp: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1105
nensis und der Helvetii') nur noch die Remi und die Lingones in der
Belgica und die Carnutes in der Lugdunensis führen, während in Aqui-
tanien dieser Titel überhaupt nicht erscheint. Die Machtstellung der
Remi zu Caesars Zeit, der ihnen den Platz unmittelbar nach den
Haedui anweist”, wie auch die römerfreundliche Haltung, sowohl der
Remi, wie der Lingones, die ausser den durch persönliche Gründe
abgehaltenen Treveri die Einzigen waren, die auf dem Bundestag von
Bibraete nicht erschienen, "weil sie an der Freundschaft der Römer
festhielten’®, erklärt zur Genüge die ihnen wohl schon von Caesar
selbst verliehene Föderirtenstellung, die ihnen auch in der späteren
Kaiserzeit nach inschriftlicher Beglaubigung geblieben ist’. Unerklärlich
ist dagegen die Privilegirung der CGarnutes, da sie weder durch die
Grösse ihres Gebiets oder durch ihre Bedeutung (Caesar bezeichnet
sie als Olienten der Remi’), noch durch ihr Verhalten gegen Caesar,
mit dem sie stets in harter Fehde lagen, einer solchen Auszeichnung
werth erscheinen. Ich glaube daher, dass hier eine Verderbniss des
Pliniustextes vorliegt, um so mehr, als der Name des Volkes in meh-
reren und zwar in unseren besten Handschriften (AD bei Detlefsen)
fehlt, demnach wahrscheinlich am Rande der Urhandschrift nachge-
tragen war; war dies der Fall, so konnte leicht bei der Einsetzung in
den Text der Zusatz foederati von den unmittelbar bei Plinius voraus-
gehenden Haedui fälschlich auch auf die Carnutes übertragen werden.
Die freundschaftlichen Beziehungen der Haeduer zu den Römern
reichen bis in das zweite Jahrhundert v. Chr. zurück. Im Jahre 121
haben die Römer, wie Livius berichtet”, den Kampf gegen Allobroger
und Arverner, der zur Occupation der Narbonensischen Provinz ge-
führt hat, zum Theil deshalb begonnen, weil das Land der Haeduer
von den Arvernern heimgesucht worden war und diese sich an die
! Über ihr Foedus vgl. Mommsen im Hermes 16 S. 447ff.; Plinius giebt ihnen
die Bezeichnung foederati nicht. ;
® Caesar b.G.Vl,12,9: eo tum statu res erat, ut longe principes haberentur Haedui,
secundum locum dignitatis Remi obtinerent.
® Caesar b. G.V1I, 63,7; vgl. VIII, ı1, 2 über die in Caesars Heer Reiterdienste
thuenden Remi und Lingones; V, 54,4: praeter Haeduos et Remos, quos praecipuo semper
honore (Caesar habuit, alteros pro vetere ac perpetua erga populum Romanum fide, alteros
pro recentibus Gallici belhi offieüs.
* Für die Remi vgl. CIL. XII 1855. 1869; für die Lingones CIL. XIII 5681 =
Mowat a.a.O. S. 3ı (Zeit des Septimius Severus): [civitas Lingonum] foederata; vel.
Taeitus hist. IV, 67: proiectis foederis Romani monumentis; daraus erklärt sich auch, dass
die civitas Lingonum vetere instituto dona legionibus dextras, hospitü insigne schickte: Ta-
eitus hist. I, 54-
5Caesarb.. G. VI,4,5-
®° Livius epit. 61: quod Aeduorum agros (sociorum oder amicorum ergänzen vich-
tig, aber ohne Gewähr die jungen Codices) populi Romani vastavissent,; aus Livius
Florus I, 37.
1106 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
Römer um Hülfe gewandt hatten. Bereits damals scheint von Livius,
soweit man aus den verstümmelten Worten der Epitome schliessen
kann, ein Bündniss zwischen Römern und Haeduern als bestehend an-
genommen zu werden; sicher ist, dass sie in der kurz nach dem Jahre 119
vollendeten zweiten Ausgabe der Chronik Apollodors' als ovunayoı
Pouaiwv bezeichnet werden. Bei Caesar treten sie als alte Freunde
der Römer auf, die mehrfach in Senatsbeschlüssen mit dem Ehren-
namen ‘fratres consanguineique genannt worden seien’, und auch Cicero
bezeichnet sie bereits vor Caesars Feldzug als Brüder‘ der Römer”.
Diodor bestätigt an einer aus Posidonius stammenden Stelle (V, 25, r)
die ovyyevera kat Pla, desgleichen Strabo' und Taeitus, der in dem
Bericht über den Antrag des Kaisers Claudius auf Zulassung der Gallier
zum römischen Senat die zuerst nur für die Haeduer vom Senate be-
schlossene Zulassung mit den wohl aus dem Senatsbeschluss selbst stam-
menden Worten motivirt: datum id foederi antigquo et quia soli Gallorum
fraternitatis nomen cum populo Romano usurpant. Noch in den Zeiten
des traurigsten Verfalls der Haeduer wird das vetus Romanae fraternitatis
nomen in mannigfachen Variationen als ein auf die kaiserliche Hülfe
Anspruch gebender Ruhmestitel von Eumenius und den sonstigen Pane-
gyrikern verwandt’.
Der Titel fratres et consanguinei ist ein so durchaus singulärer in
den auswärtigen Beziehungen der Römer, dass die Verleihung desselben
an einen gallischen Stamm in hohem Grade Befremden erregen muss.
Denn consanguinei sind in strenger Definition nicht Blutsverwandte über-
haupt, sondern nur die von demselben Vater Stammenden, also Brüder
! Stephanus s. v. Abdovaıoı: adunayoı Pouawv mpos rn Kexrın Taxaria AmoANodwpos
Ev ypovırov 0. Vgl. Schwartz bei Pauly-Wissowa ll S. 2858 ff.
® Caesar b. G. 1, 33, 2: Haeduos fratres consanguineosque saepe numero a senatu
appellatos. Vgl. 1, 36,5. 1,43, 6. 1,44, 9.
® Cicero epp. ad familiares Vll,10,4; ad Atticum 1,19, 2 (aus dem Jahre 60 v.Chr.).
* Strabo IV, 3,2 p.192: oi de Aldovor (döeA®oi schiebt wohl mit Recht Miller:
Blätter für Bayrische Gymnasien 14, 1873 S.264 ein) kal ovyyeveis Poualov &voudlovro
Kal mp@toı T@v Taurn rpoonAdov mpos nv Pı\lav kal ovjnaxtav.
° Eumenius pro restaur. schol. e.4; Paneg. V c. 2ı, VIII c.2.3. Seeck (Jahrb.
für klass. Philol. 1888 S.713 ff.) glaubt, dass die sämmtlichen hier in Betracht kom-
menden Panegyriei von Eurmenius herrühren; verschiedene Verfasser nimmt Brandt,
Eumenius von Augustodunum (Freiburg 1882) an. Für den 6.—9. Panegyrikus (nach
der Numerirung bei Baehrens, der ich folge) ist die Identität nicht sicher zu erweisen;
für 6 und 9 giebt dies Seeck selbst zu; für 7 und 8 hält er die Identität für zweifel-
los, mit der Begründung, dass der Redner Lehrer der Beredtsamkeit ist und dass
Augustodunum "für dasselbe Fach noch einen zweiten Lehrer gehabt hätte, ist ebenso
unwahrscheinlich wie unbeglaubigt'. Aber ist es denn beglaubigt, dass Eumenius sich
damals (310— 311) noch am Leben befand? — Vgl. auch das im Anfang des 4. Jahr-
hunderts verfasste christliche Gedicht Laudes Domini v.9: qua fraterna Remo progigni-
tur Aedua pubes.
Hırschrern: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1107
und Schwestern', und wenn auch das Wort im gewöhnlichen und
besonders im dichterischen Sprachgebrauch eine allgemeinere Bedeutung
angenommen hat’, so wird diese Bezeichnung im internationalen Ver-
kehr allein «den Iliensern auf Grund der zum staatlichen Dogma er-
hobenen Tradition der Abstammung der Römer von Troja zugestanden’.
Man hat zwar auch für Segeste und Saguntum diesen Titel in Anspruch
genommen, aber für beide ohne jede zureichende Beglaubigung’. Da-
gegen giebt es gerade in Gallien noch einen zweiten Stamm, der sich
ebenfalls als fratres et consanguinei der Römer bezeichnet haben soll,
nämlich die Arverni. Es wäre ja nun sehr interessant, wenn in der
That den beiden mächtigsten Stämmen Galliens die gleiche Auszeich-
nung zu Theil geworden wäre, aber man wird zugeben müssen, dass die
Verleihung dieses Titels von Seiten der Römer an die ihnen stets feind-
lichen Arverner, aus denen der grösste Gegner Caesars, Vereingetorix,
hervorgegangen ist, eine äusserst auffallende Thatsache sein würde,
und es liesse sich schwerlich ein Zeitpunkt vor oder gar nach Caesar
finden, für den eine solche Verleihung als denkbar bezeichnet werden
! In der anscheinend weiteren Fassung des Cassius bei Ulpianus in Digg.
XXXVIN, 16, 10: consanguineos Cassius definit eos, qui sanguine inter se conexi sunt,
glaubt Mommsen, dass 'fratres et sorores ex eodem patre, quia’ oder Ähnliches ausge-
fallen sei.
® Vgl. z.B. die Klage der römischen Soldaten in dem spanischen Heere des
Pompeius bei Caesar b. ec. I, 74: quod arma cum hominibus necessarüs et consanquineis
contulerint. Livius V, 16, 9, wo die Vejenter von den übrigen Etruskern als consanguinei
bezeichnet werden und andere Stellen.
° Suetonius, Claudius e. 25: Iliensibus, quasi Romanae gentis auctoribus, tributa
in perpetwum remisit, recilata vetere epistula Graeca senatus populique R. Seleuco regi ami-
citiam et societatem ita demum pollicentis, si consanguineos suos Ilienses ab omni onere im-
munes praestitisset, vgl. Callistratus in Digg. XXVIJ, 1, 17 $ı.
* Dass die sicher iberische Stadt Saguntum (vgl. jetzt Huebner in CIL. II Suppl.
S. 96 und Monumenta Iberica S. 44 fg.; Meltzer Gesch. der Karthager II S. 601 A. 59)
zweimal von Silius Italicus (Il 608 und 655) consanguinea genannt wird, kann als Zeug-
niss nicht verwerthet werden. — Polybius (l, 10) nennt die Mamertini öuoßvAo: der
Römer (vgl. Paneg. VIIl e.3: imputavere se origine fabulosa in Sicilia Mamertini, in Asia
Ilienses), was natürlich nicht zur Annalıme einer officiellen Anerkennung von Verwand-
schaft durch den Senat ausreicht. Roth, Die Trojasage der Franken, in Germania I, 1856
S. 34 ff., der diese Zeugnisse mit Recht ablehnt, hält dagegen die officielle Anerkennung
der Consanguinität der Segestaner für erwiesen, einerseits durch Cicero Verr. IV e. 33 872:
Segeste sei nach der Localtradition von Aeneas auf der Reise nach Italien gegründet:
ütaque Segestani non solum perpetua societate atque amicitia, verum etiam cognatione se cum
populo R. coniunctos esse arbitrantur. andererseits durch Taeitus ann. 4, 43: Segestani
aedem Veneris montem apud Erycem vetustate dilapsam restaurari postulavere, nota memo-
rantes de origine eius et laeta Tiberio: suscepit curam libens ut consanguineus. Aber hier
wird nur die engere Beziehung des Julischen Geschlechtes, in das Tiberius durch
Adoption eingetreten war, zu dem angeblich (Vergilius Aeneis V, 759) von Aeneas
erbauten Tempel hervorgehoben und auch aus den Worten des Cicero darf man sicher-
lich nicht schliessen, dass die Segestaner vom römischen Senat als consanguinei officiell
bezeichnet worden sind.
1108 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
könnte. Es müssten daher in der That einspruchsfreie Zeugnisse sein,
um ein solches Nalıverhältniss zwischen diesen Völkern glaubwürdig
zu machen. Wie sind nun aber diese beschaffen?
Ein Diehter der Neronischen Zeit, Lucanus, ist der einzige antike
Schriftsteller, der bezeugt, dass auch die Arverner diesen Titel geführt
oder ihn wenigstens für sich in Anspruch genommen haben. Im ersten
Buch seiner Pharsalia (v. 427 ff.) heisst es: Arvernique ausi Latio se
Jingere fratres | sanguine ab Iliaco populi. Nicht ein zweites Zeugniss,
sondern nur ein Citat dieser Stelle, bieten die Worte des gallischen
Dichters Apollinaris Sidonius (epp. VII, 7, 2): Arvernorum —- pro do-
lor — servitus, qui, si prisca replicarenlur, audebant se quondam fratres
Latio dicere et sanguine ab lliaco populos computare. Aber während die
neueren Schriftsteller dies Zeugniss unbeanstandet gelten lassen, hat
bereits der Scholiast des Lucanus ohne Zweifel das Richtige gesehen,
wenn er zu dem oben angeführten Verse bemerkt: 'errasse hie poeta
videtur, nam Edui sunt ab lliaco sanguine, qui Romanorum fratres dieti
sunt. Stutzig machen könnte nun freilich die Bemerkung eines an-
deren Scholiasten zu derselben Stelle: Alverni a quodam Troiano no-
minantur ... de his Cicero in Scauriana: "inventi sunt, qui etiam fratres
populi R. vocarentur. Die Stelle gehört, wie richtig erkannt worden
ist, in das 22. ÜÖapitel der nur fragmentarisch erhaltenen Rede pro
M. Scauro, wo Cicero nachweist, dass ausser Sardinien alle Länder,
die mit den Römern einst in hartem Kampfe gelegen haben, wenigstens
eine amica populo Romano ac libera civitas besässen. Nach Africa und
Spanien, die als Beleg dafür genannt werden, konnte unmöglich
Gallien fehlen, das damals gerade (die Rede ist im Jahre 54 v. Chr.
gehalten) von Caesar bekriegt wurde und trotzdem einen Stamm in
sich schloss, der den Ehrentitel fratres et consanguinei trug. Dass
Üicero aber dabei an die Haedui gedacht hat, die er an zwei anderen
Stellen, wie schon bemerkt, als fratres bezeichnet, ist ganz unzweifelhaft;
genannt hat er allem Anschein nach, wie aus der Fassung inventi sunt,
qui hervorgeht, überhaupt keinen Namen,' und gewiss hatte er das bei
seinen Zuhörern auch nicht nöthig; dass aber der Scholiast des Dichters,
bei dem statt der Haedui die Arverni irrthümlich als fratres populi Ro-
mani genannt waren, auch die Angabe Ciceros fälschlich auf diese bezo-
gen hat, ist nieht nur begreiflich, sondern eigentlich selbstverständlich.
Also die Haedui allein, wie es ausdrücklich” Taeitus (ann. XI, 25)
mit den Worten: soli Gallorum fraternitalis nomen cum populo Romano
! Die Worte bilden wohl die Steigerung zu den Foederirten in Gallien, wobei
in erster Linie an Massilia zu denken sein wird.
® Es bestätigt dies auch (Posidonius-) Diodor.V, 25, ı: öv Ev &orı mpos Poualovs
Eyov Fvyyeverav maxaav Kal dıXlav nv nexpı Tov ka nuas xpovov dtauevovoav.
Hırscurern: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1109
usurpant und der zwar späte, aber als Angehöriger dieses Stammes
darüber sicher gut unterrichtete Verfasser des 8. Panegyrikus e. 2: (Aedui)
soli etiam' consanguinitatis nomine gloriati sunt und e. 3: soli Aedui
fratres populi Romani crediti sunt appellarigue meruerunt bestätigen, und
kein anderer gallischer Stamm hat den Ehrentitel fratres et consanguinei
geführt.
Wie ist nun der Titel und seine Verleihung an die Haedui zu
erklären? Lucan hat, wie aus der Umschreibung sanguwine ab lliaco
hervorgeht, ihn auf die gemeinsame Abstammung von Troja bezogen,
und vielleicht ist diese Anschauung, besonders seitdem die Julier auf
dem Throne sassen und die Tradition der Abstammung von Troja damit
eine wesentlich höhere Bedeutung gewonnen hatte, die herrschende
gewesen. Aber weder wird man annehmen dürfen, dass ihm hierfür
eine Überlieferung vorgelegen habe, noch als bewiesen erachten können,
dass bereits zu Augustus’ Zeit, wie neuerdings Hr. Birt mit einem
grossen Apparat von Gelehrsamkeit darzuthun versucht hat, der Glaube
an die Abstammung der Gallier von '[roja allgemein verbreitet ge-
wesen sei und dadurch die erst bei Fredegar auftretende Zurück-
führung der Franken auf die Trojaner ihre Erklärung finde’. Das
einzige positive Zeugniss bietet die aus Timagenes von Ammianus
(XV,9, 5) entlehnte Nachricht: aiunt quidam paucos post excidium Troiae
fugitantes Graecos ubique dispersos loca haec occupasse tune vacua, also eine
offenbar von Wenigen (quidam) vertretene Variante der unzähligen tro-
Janischen Wandersagen, die wahrscheinlich vor Timagenes unbekannt
war (Timagenes haec quae diu sunt ignorata collegit ev multiplieibus libris‘).
Was aber die von den meisten® Herausgebern beanstandeten Worte
des Properz (Il, 13, 48) angeht: Gallieus Iliacis miles in aggeribus, zu deren
Schutz Birt seine Untersuchung verfasst hat, so gestehe ich, dass, selbst
wenn die Römer damals insgesammt an die trojanische Abstammung
der Gallier geglaubt hätten, was nachweislich nicht der Fall gewesen
ist, die Schlussfolgerung, dass der Dichter einen trojanischen Soldaten
in Ilion deshalb als Gallicus miles hätte bezeichnen können, mir unver-
ständlich bleiben würde.
Aber man muss, wie ich meine, überhaupt in Abrede stellen, dass
die Haeduer wegen ihrer angeblichen Abstammung von Troja fratres
et consanguinei der Römer genannt worden seien. Wie wäre es denn
! So der Cod. Upsal. und Vatic. 1775, soli et die übrigen; Baehrens hat trotz-
dem soli etiam durch olim iam zu ersetzen gewagt.
® Birt im Rhein. Mus. 51, 1896 S. 506 fl.: de Francorum Gallorumque origine Tro-
iana;, die gleiche Ansicht hatte zuerst Roth in der S.ı107 A.4 citirten Abhandlung
zu erweisen gesucht.
3 Die Überlieferung vertheidigt Hr. Vahlen (Monatsber. der Berl. Akademie 1881
S. 351 fg.), der Gallieus für eine verächtliche Bezeichnung des Phrygers d.h. Troers hält.
1110 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
sonst erklärlich, dass an den zahlreichen Stellen, wo dieses Titels Er-
wähnung geschieht, vor Allem bei den Rednern aus dem Haeduer-Lande
in der Zeit des Öonstantius und Constantinus, die diesen Ahnentitel
geltend zu machen sicher nicht versäumt haben würden, sich nirgends
auch nur die leiseste Anspielung auf diese Abstammung findet, ja sogar
den lliern, in wenig schmeichelhafter Zusammenstellung mit den Mamer-
tinern und gerade im Gegensatz zu den Haedui, vorgehalten wird, dass
sie nur aus Anlass ihres fabelhaften Ursprungs’ die Freunde der Römer
geworden seien'. Hätte damals der Glaube an die Abstammung der
Haedui von Troja in Gallien bestanden, unmöglich hätte der Redner
so sprechen können.
Wir werden daher für diesen im römischen Staatsrecht ganz allein-
stehenden Titel — denn selbst die Ilier sind zwar als consanguinei, aber
begreiflicher Weise nicht als fratres bezeichnet worden — eine an-
dere Erklärung suchen müssen. Diese Lösung bieten aber meines Er-
achtens nicht römische, sondern gallische Analogien. Caesar erwähnt
nämlich an zwei Stellen” ganz ähnliche, zwischen zwei benachbarten
Stämmen bestehende Verhältnisse, einerseits zwischen den Haedui selbst
und den angrenzenden Ambarri, die als necessarii et consanguinei Haeduo-
rum bezeichnet werden, andererseits in der Belgica zwischen den Remi
und den Suessiones: tantum esse eorum omnium furorem lässt Caesar
(6. S.II, 3, 5) die Remi über den Aufstand der Belgiea berichten, uf
ne Suessiones quidem, fratres consanguineosque suos, qui eodem iure
et isdem legibus utantur, unum imperium unumque magistratum cum ipsis
habeant, deterrere potuerint, quin cum his consentirent. Also die engste
Form der Verbindung zwischen zwei benachbarten gallischen Völker-
schaften, eine Institution, von der es in Gallien wohl noch andere
Beispiele, als diese von Caesar aus besonderem Anlass erwähnten
gegeben haben wird. An eine Blutsverwandtschaft im eigentlichen
Sinne ist hier keineswegs zu denken, wohl aber an ein der Bluts-
verwandtschaft in den Wirkungen gleichgesetztes Bundesverhältniss, d.h.
es ist nichts Anderes als die in Germanien wohlbekannte, dort freilich
nur für Individuen, nicht für ganze Stämme bezeugte Blutsbrüderschaft,
die, wie Hr. Brunner es kurz formulirt”, "zwischen zwei oder mehreren
! Paneg. VIII c. 3: imputavere se origine fabulosa in Sicilia Mamertini, in Asia
Ilienses: soli Aedui non metu territi, non adulatione compulsi, sed ingenua et simpliei cari-
tate fratres populi Romani crediti sunt appellarique meruerunt; quo nomine praeter cetera
necessitudinum vocabula et communitas amoris apparet et dignitatis aequalitas.
®2 Caesar b.G. 1,11,4 und II, 3,5. Die Stellen citirt auch Roth a. a. 0. S. 51,
aber nur, um ihre Anwendbarkeit auf das Verhältniss der Haeduer zu den Römern
ohne jede Motivirung zu leugnen.
® Brunner D. R. G. 1 S. 94; vgl. M. Pappenheim, die altdänischen Schutzgilden
S. 22 ft.
Hırschrern: Die Haedner und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1111
nicht verwandten Personen männlichen Geschlechts begründet werden
kann: die Eingehung erfolgt durch einen Formalact, bei welchem die
Vermischung des beiderseitig geweckten Blutes und der Eid, dass sie
Einer des Anderen Tod wie Brüder rächen wollen, die Hauptrolle spielen.
Zwischen den Blutsbrüdern besteht Racheptlicht und Unterstützungs-
pflicht. Die Analogie dieser Blutsbrüderschaft mit den gallischen
Verbänden springt in die Augen, sei es nun, was mir am wahrschein-
liehsten dünkt, dass hier eine kelto-germanische Sitte vorliegt, sei es,
dass die Sitte der Blutsbrüderschaft von Germanien nach Gallien über-
tragen und hier zu einer staatsrechtlichen Institution geworden ist,
bei deren Eingehung ohne Zweifel ein ähnliches Ceremoniell, als bei
Eingehung der Blutsbrüderschaft zwischen einzelnen Individuen beob-
achtet sein wird'. So erklärt es sich, dass, als die Römer durch Ein-
verleibung des Allobrogen -Gebietes zu Nachbarn der Haeduer geworden
waren, das Bündniss, das sie mit diesen abschlossen, in dieser für
die Gallier engsten und feierlichsten Form eingegangen und dass der
Titel fratres et consanguinei den Haeduern und zwar ihnen allein ver-
liehen worden ist, nicht der Fietion einer gemeinsamen Abstammung
von Troja zu Liebe, sondern als lateinische Wiedergabe der keltischen
Bezeichnung für Blutsbrüder”. Für die Römer war es in jener Zeit
gewiss von hoher Wichtigkeit. zu dem mächtigsten Stamm in Gallien,
der zugleich der erbitterte Feind der Arverner war, in ein solches
Nahverhältniss zu treten, und sicherlich haben sie damals kein Bedenken
getragen, der keltischen Nationalsitte diese unschädliche Uoncession
zu machen.
Die Geschichte der Arverner ist mit dem Untergang ihres Helden
Vereingetorix thatsächlich zu Ende: seit jener Zeit sind sie treue oder
doch wenigstens gehorsame Unterthanen der Römer gewesen, und es ist
bezeichnend, dass den letzten Kämpfer für Galliens Freiheit, den Cadurker
! Über die Blutsbrüderschaft bei anderen Völkern handelt Kohler, Studien über
die künstliche Verwandtschaft in Ztschr. für vergl. Rechtswissenschaft 5,1884 S. 434 ff.;
11,1895 S. 424 und über die Verbrüderung zwischen Gemeinden derselbe Gelehrte in
Grünhuts Ztschr. für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart 19, 1892 S. 565:
‘die Sitte der Verbrüderung durch Mischung des Blutes ist heimisch bei malaischen
Stämmen, bei den Howas in Madagascar, bei Stämmen in Ost- Afrika, aber auch in
Europa’, vgl. Anm. 2: "auch bei amerikanischen Stämmen findet sich die Verbrüderung
von Stämmen dadurch, dass sie sich mit dem Blute einer und derselben Person
bestreichen, so in Mexiko: Bankroft, works I S. 636-637; bezüglich der malaischen
Stämme vgl. Riedel, de slwik .... en Papua S. 342. Über die Skythen vgl. Lucian,
Toxaris c. 37: ap" ob yap av EVTEJLOVTES ana Tols daktiNovs Evoranakouev TO aiıa eis KUALKa
kaı ra Ein apa Payravres aua auporepoı Emoyouevor Timwuev, ok Errıv 6 TI TO NeTa Toro
jnas ÖtaNvoeıev av: Ebeirau de TO nEeyıoTov aypı Tpıov es rüs avvÖnkas elıevan.
° In ähnlichem Sinne gebraucht auch Caesar b. G. VII, 77, 7 das Wort in der Rede
des Arverners Critognatus: guid horminum milbus LXNX uno loco interfectis propingquis
consanguineisque nostris.
He] Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
Lueterius, der Arverner Epasnactus als treuer Freund des römischen
Volkes, wie Hirtius betont, ohne irgend ein Bedenken in Fesseln an
Caesar abliefert'. So haben sie auch bei keinem der Aufstände, die
Gallien in der Kaiserzeit erschüttert haben, eine Rolle gespielt; nur
bei der Erhebung des Vindex, die ja weniger gegen Rom, als gegen
Nero gerichtet war, werden sie neben den Haeduern als von der ger-
manischen Reiterei Besiegte genannt’. Auch die in ihrem Gebiet zu
Tage getretenen Inschriften, theils Dedicationen an die Götter, theils
Grabschriften, geben keinerlei historische Auskunft, nicht einmal über
ihre Beamten und ihre Priester; doch findet sich bei den aus ihnen
hervorgegangenen Priestern am Altar der Roma und des Augustus
der allgemein auf diesen dort den Priestern gesetzten Statuen übliche
Zusatz, dass sie alle Ehrenstellen bei den ihrigen vor Übernahme des
Kaiserpriesterthums der drei Gallien bekleidet haben. Materiell wird
das Land sicherlich eine glückliche Existenz geführt haben: ist doch
die Basse- Auvergne eine der gesegnetsten Gegenden Frankreichs und
die Heilquellen am Mont-d’Or und in Vichy haben, wie in unseren
Tagen, so auch bereits, nach Ausweis der Inschriften, in der Römerzeit
ihre Anziehungskraft geübt: eine grössere wohl noch das auf hoher
Warte, mit weitem Rundblieck über das Auvergner Land gelegene Hei-
ligthum des Mercurius Dumias auf dem Puy de Döme, der den alten kel-
tischen Namen deutlich bewahrt hat. Für diesen Tempel hatte in Neros
Zeit der berühmte Erzkünstler Zenodorus in zehnjähriger Arbeit die
Kolossalstatue des Gottes um einen Arbeitslohn von 400000 Sesterzen
vollendet’: ein Zeugniss für den Glanz des Tempels, wie für die Wohl-
habenheit der Arverner in jener Zeit‘. Auf dieses Heiligthum wird
gewiss mit Recht die Angabe Gregors von Tours bezogen, dass der
Alamannenkönig Chrocus, zur Zeit des Valerianus und Gallienus, veniens
Arvernos (wo nach dem Sprachgebrauch jener Zeit nicht das Land,
sondern die Stadt Augustonemetum zu verstehen ist) delubrum illud,
quod Gallica lingua Vasso Galate vocant, incendit, dirwit atque subver-
! Hirtius b. G. VIIl, 44, 3.
® Tacitus hist. IV, 17: ne Vindieis aciem cogitarent: Batavo equite protritos Aeduos
Arvernosque.
® Ohne Zweifel ist bei Plinius n. h.34 $45 CCCC mit Urlichs, der aber fälsch-
lich guadringenties erklärt, statt des überlieferten CCCC zu lesen.
‘ Für die Annahme Reniers (Rev. des soc. sav. 1875 S. 22, vgl. Desjardins geo-
graphie de la Gaulel S.107), dass ganz Gallien zu den Kosten der Erbauung und
Ausschmückung des Tempels beigetragen haben werde, weil der Mercurius Arvernus
(Arvernoriw d.h. der Arvernerkönig wird Mercurius in einer Inschrift von Miltenberg:
Brambach I. Rh. n. 1741 genannt) in ganz Gallien und über seine Grenzen hinaus ver-
ehrt worden sei, fehlt es an äÄusserer Beglaubigung und es ist sehr fraglich, ob in
der Kaiserzeit der Bau eines solchen gallischen Nationaltempels gestattet worden
wäre,
Hırschrern: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1113
fit‘. Gregor schildert die Pracht und Festigkeit des T’empels; seine Mauer
war 30 Fuss dick; innen waren die Wände mit Marmor und Mosaik
ausgelegt”, der Fussboden mit Marmor gepflastert, das Dach von Blei.
Ausgrabungen, die in den Jahren 1873 und 1874 behufs Anlage eines
Observatoriums auf der Spitze des Berges gemacht worden sind, haben
die gewaltigen Substructionen des Tempels zu Tage gefördert, ferner
massenhafte Marmorfragmente, einige Dedieationsinschriften an Mer-
eurius Arvernus oder Dumias und andere zahlreiche Einzelfunde, die
freilich von der Pracht des Gebäudes nur eine unvollkommene Vor-
stellung zu geben geeignet sind’. Von der Kolossalstatue des Zenodorus
ist leider kein Überrest auf uns gekommen'; ohne Zweifel ist sie ein
Raub des Alamannen-Königs geworden.
Etwas besser als über die Arverner sind wir über die Schicksale
der Haeduer in der Kaiserzeit unterrichtet. Wenn Caesar, wie es nicht
unwahrscheinlich ist, daran gedacht hat, Bibraete zur Colonie’, vielleicht
sogar zur Hauptstadt des gallischen Landes zu erheben, so entsprach dies
! Gregorius Turonensis hist. France. I e. 32. Die Stelle ist vielfach aus Anlass
der Worte Vasso Galate (Gallate, Galatae in einigen Handschriften) behandelt; die Er-
klärung derselben bietet, wie längst erkannt ist, die deo Mercu|rio] Vassocaleti geweihte
Inschrift aus Bitburg (Brambach J. Rh. n. 335), deren Lesung nach Hrn. Zangemeisters
Mittheilung sicher ist, möglich sei allerdings, dass nach Vasso ein Punct gestanden
habe. Demnach wird entweder Gregorins Vassocalete geschrieben haben oder der Name
zu seiner Zeit in Vassogalate. übergegangen sein. Birt (a.a. ©. S. 522) giebt fälschlich
an, dass in der Bitburger Inschrift Vasso Celeti stehe und knüpft daran Betrachtungen
über die Bedeutung des Wortes Celeti, das mit Celö und dann mit Galate bei Gregorinus
von ihm geglichen wird.
2 Zu den einfachen Worten Gregors: intrinsecus vero marmore ac museo varialum
erat macht Birt a.a.O. S. 524 folgende Bemerkung: "in delubro autem Mercurii Vassi Galatae
pichwras musivicas comspicuas fuisse vidisti; homimum depictas esse figuras facile suspiceris ;
quid igitur? nonne Vassi historia descripta esse debwit? quod tamen fieri non potwit sine Graecae
artis imitatione. Itaque etiam hac in re Graecae sive Troicae (!) fabulae aliquid subodoramur'.
> Über diese Ausgrabungen sind in Clermont-Ferrand im Jahre 1876 Schriften
von P.P.Mathien und A. Tillion unter dem Titel: le pıuyy de Döme erschienen.
* Mowat (notice epigraphique. Paris 1887 S.ı fl.) hat in der Darstellung des
sitzenden Mercurius mit Caduceus, Börse, Schildkröte und Hahn auf einem dem
Mereurius Arvernus gewidineten Stein (Brambach J. Rh. add. n. 2029) eine Nachbildung
der Statue des Zenodorus erkennen wollen; doch ist ein wirklicher Beweis dafür
nicht zu erbringen. Vgl. Allmer rev. Epigr. 3 p. 487 fg.
5 Darauf ist, wie mir scheint, die allerdings alleinstehende Angabe am Schluss
des 8. Panegyriceus zu beziehen: antiguum Bibracte, quod hucusque dichım est Tulia Pollia
(überliefert ist Polia) Florentia. Unmöglich wird man die Worte mit Brandes, über
das frühchristliche Gedicht Laudes Domini (Braunschweig 1887) S. 24 Anm. als Inter-
polation beseitigen dürfen, sondern vielmehr daran erinnern müssen, dass allem An-
seliein nach auch Vienna den Namen col. Jul. Aug. Florentia geführt hat (vgl. Mommsens
Bemerkung zu CIL. XII n. 2327), wenn auch dieser Beiname in anderen Inschriften
nicht erscheint. Aber diese Beinamen auf Augustodunnum zu beziehen, ist, abgesehen
davon, dass der Redner gewiss nicht ohne Absicht antiguum Bibracte nennt, insofern
bedenklich, als Augustus einer von ihm erst nach dem Jahre 27 v.Chr. gegründeten Stadt
1114 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
allerdings, wie wir gesehen haben, keineswegs der Politik des Augustus;
aber nachweislich hat er den Haeduern eine privilegirte Stellung, in-
soweit diese in den Rahmen der römischen Herrschaft sich einfügen
liess, eingeräumt: davon zeugt ihre Stellung als eiwitas foederata, ferner
die Verleihung der ersten Priesterstelle bei dem Augustus-Altar an einen
Haeduer', der prachtvolle Ausbau der neuen, als Kaiserfeste bezeichne-
ten Hauptstadt Augustodunum und ihrer Mauern, die noch Ammianus
als Schmuck der lugdunensischen Provinz bezeichnet” und deren Thore,
die portes d’Arroux und St.-Andre, noch heutigen Tages zu den schönsten
Monumenten diesseits der Alpen gehören: eine Festung, die wohl be-
stimmt sein sollte, die Zwingburg für ganz Mittelgallien zu werden.
Auch die öffentlichen Gebäude, die theils von den späteren Schriftstellern
gepriesen werden, theils noch in Ruinen erhalten sind: das Theater,
das Amphitheater und der Circus, das Forum mit seinen Basiliken,
das der Göttertrias geweihte Capitol und der Apollotempel’, mögen
zum Theil bereits der ersten Stadtanlage angehören. Es sollte aber
zugleich die neue Haeduerstadt ein geistiger Mittelpunkt werden, die
hohe Schule für die vornehme Jugend Galliens, die ohne Zweifel bereits
dem ersten Kaiser ihre Entstehung verdankt‘, begründet in ähnlicher
Absieht, als sie Sertorius bei Einrichtung der Akademie in Osca
geleitet hatte, die kommende Generation durch die römisch-grie-
chische Bildung dem Keltenthum mit seinem politisch bedenklichen
Druidenunterricht zu entfremden und für das Römerthum eine Bil-
dungs- und Werbeanstalt zu werden. Trotz dieser Begünstigungen
sind es gerade die Haeduer gewesen, die in der Lugdunensis, wie
die Treverer in dem belgischen Gallien, den Mittelpunkt der Empörung
nicht den Beinamen Iulia ertheilen konnte und auch die Namen Pollia (wenn hier nicht
vielmehr eine Verwechslung mit der Tribus vorliegt; vgl. Bormann in Archäol.-epigr.
Mittheil.1o S.228: "so erschien in der Zeit der Republik für die Bürger, die die ge-
fährdeten Grenzfestungen halten sollten, als gegebene Bürgerabtheilung die Pollia, d.h.
die kraftvolle’) und Florentia weisen auf eine frühere Zeit hin. Demnach wird man
annehmen müssen, dass die Verleihung der Namen auf Caesar zurückgeht und er in
der That, entsprechend seinem sonstigen Verhalten gegen die Haeduer, die Absicht
gehabt hat, Bibracte zur Colonie zu machen, die freilich kaum zur Ausführung ge-
langt sein wird. Das von dem Redner gebrauchte Aueusgue, das auf eine seit mehr
als drei Jahrhunderten verlassene Stadt allerdings nicht passt, lässt vermuthen, dass
diese Beinamen auf das an die Stelle von Bibracte getretene Augustodunum überge-
gangen sind.
' Livins epit. 139: sacerdote creato €. Iulio Vercondaridubno Aeduo.
® Ammianus XV, ı1, ıt: Lugdunensem primam Lugdunus ornat ... et moenium
Augustoduni magnitudo vetusta.
® Die Nachweise giebt die oben (S. 1104 A.ı) genannte Schrift von Harold de
Fontenay über Autun; vgl. CIL. XIII p. 403.
* Vgl. Taeitus ann. III, 43 z.J. 21: Augustodumum ... Sacrovir occupaverat, |ut]
nobilissimam Galliarum subolem, liberalibus studüs ibi operatam, et eo pignore parentes pro-
pinquosque eorum adiungeret.
Hırscurero: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1115
bilden, welche wenige Jahre nach Augustus’ Tod vorübergehend den
Bestand der römischen Herrschaft bedrohte. Aus einem vornehmen,
wohl schon von Caesar mit dem römischen Bürgerrecht beschenkten
Geschlechte des Haeduerstammes ist der eigentliche Leiter des Auf-
standes, Julius Sacrovir, hervorgegangen, dem ein Schriftsteller jener
Zeit den Ehrennamen eines princeps Galliarum giebt'!. Die Besetzung des
festen, aber, wie Gallien überhaupt mit Ausnahme der Hauptstadt, von
römischem Militär gänzlich entblössten Augustodunum war sein erster,
freilich auch einziger Erfolg; die höchst ungenügend, zum grossen
Theil nur mit Messern und Jagdspiessen bewaffneten, des Krieges gänz-
lich unkundigen und aller Strapazen entwöhnten 40000 Haeduer, ver-
stärkt durch die ohne Zweifel einer dort befindlichen Gladiatorenschule
entnommenen Gladiatoren, die nach ihrer gallischen Eisenpanzerung
sogenannten cruppellarü?’, sind in einer einzigen Schlacht, etwas über
zwei deutsche Meilen von Autun, durch den. Statthalter Obergerma-
niens vernichtet worden; ihr Führer hat, nachdem keine Hoffnung
mehr geblieben war, sich mit eigener Hand den Tod gegeben’. Dass
die Haeduer für ihren Treubruch eine Strafe getroffen habe, wird nicht
berichtet, und wenn der Senat noch im Jahre 48 ihnen allein die von
Claudius für sämmtliche prünores Galliae beantragte Zulassung zum rö-
mischen Senat und zur Bekleidung der hohen Staatsämter mit Rücksicht
auf ihr damals noch in Kraft befindliches Foedus und 'brüderliches’ Ver-
hältniss zu den Römern einräumte‘, so spricht dies jedenfalls gegen eine
dauernde Schmälerung der ihnen von Augustus verliehenen Ehrenstellung.
Noch einmal haben die Haeduer sich gegen Rom erhoben, als Julius
Vindex ganz Gallien unter die Fahnen rief, und sind, diesmal im Verein
mit den Arvernern, von der Reiterei des germanischen Heeres nieder-
geritten worden’. Gewiss haben sie daher in erster Linie Theil an den
Wohlthaten gehabt, mit denen Galba seine gallischen Anhänger über-
schüttete, und wohl mag ihnen, wie vermuthet worden ist", ein Theil
des Lingonengebiets damals als Lohn zugefallen sein. Seit jener Zeit
haben sie, soweit wir wissen, mit den Römern nicht mehr die Waffen
gekreuzt; sie haben sogar unter Vitellius einen Aufstand der bei ihnen
! Velleius II e. 129.
2
Taeitus ann. III, 43: adduntur e servitüs gladiaturae destinati, quibus more gen-
tico continuum ferri tegimen: cruppellarios vocant, inferendis ictibus inhabiles, accipiendis
impenetrabile. Sie sind in zwei Bronzestatuetten des Museums in Antun dargestellt,
vgl. die Abbildung bei Fontenay zu S.XXXVII. Übrigens sind sie meiner Ansicht nach
(anders Meier, de gladiatura Romana p.37 fl.) von den murmillones, von denen einer nat(ione)
Aedu(u)s in einer Inschrift von Nimes (CIL. XII n.3325) erscheint, nicht verschieden.
® Taecitus ann. Ill, 46.
* Tacitus ann. XI, 25.
Taeitus hist. IV, 17.
° Anatole de Charmasse bei Fontenay, Autun S. XLII.
5
Sitzungsberichte 1897. 103
1116 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
von Caesar angesiedelten Bojer mit ihrer eigenen Landwehr im Verein
mit den römischen Cohorten unterdrückt', und einer der ihrigen, Julius
Calenus, wahrscheinlich ein Enkel des bei Caesar als Heerführer der
Haeduer genannten Eporedorix’, der Militärtribun im Heere des Vi-
tellius gewesen war, hat von Antonius Primus den Auftrag erhalten,
die Nachrieht von der Einnahme von Uremona seinen Landsleuten zu
überbringen.
Ob aber den Haeduern das Foedus auch in der späteren Kaiser-
zeit geblieben, ist zweifelhaft; in den Inschriften führen sie niemals
den Titel joederati. Leider lehren diese Documente wenig über ihre
Verfassung, die ja bei föderirten Stämmen etwas von nationalem Ge-
präge zu bewahren pflegt. Wir wissen durch Caesar, dass bei den
Haeduern der höchste Beamte ein Jahr für Jahr vom Volke ernannter
vergobretus (Rechtswirker) mit Recht über Leben und Tod war, der sei-
nen Sitz in Bibraete hatte und über dessen Bestallung und Funetionen
Caesar eingehende Auskunft giebt‘. In der That lässt sich dieser kel-
tische Beamte noch in der ersten Kaiserzeit in der eivitas libera der San-
toni inschriftlich nachweisen’, während bei den Haeduern in den uns
erhaltenen Quellen an seine Stelle bereits das gewöhnliche Duovirat ge-
treten ist, neben dem, wie es scheint“, die Quästur sich findet, wäh-
! Taeitus hist. II, 61.
2 In einer Inschrift von Bourbon-Laney im Haeduer- Gebiet (Crenly, Rev. arch.
2.8: 4, 1861 8.116 = CIL. XIII n. 2805) vollzieht ein €. Iulius Eporedirigis f. Magnus
eine Dedication pro L. Iulio Caleno filio,; sein Bruder Proculus heisst in einer Inschrift
von Autun (Creuly a.a.O. S.ııı = CIL. XII n. 2728): C. Tal. C. Magni f., C. Epore-
|@irigils]| n(epos) Proculus. Danach scheint bereits der Grossvater, da auch ihm das
Praenomen ((aius) hier gegeben wird, von Caesar das Bürgerrecht erhalten zu haben,
Bei Caesar lautet der Name Eporedorix, vgl. die Stellen bei Holder, altcelt. Sprach-
schatz I S.1452 s. v., der wohl mit Recht an den jüngeren, bei Caesar mehrfach ge-
nannten Eporedorix (vgl. z.B. b. G. VII, 39, ı: Eporedorix Haeduus, summo loco natus
adulescens et summae domi potentiae) denkt.
$ Taeitus hist. III, 35.
"2 Gaesan b.\G.ul, 10,555 VI 32.533:
5 Mowat, Bull. des antiquaires de France 1879 S.238 = CIL. XII n. 1048: [C. Iulio]
C. Iuli Ricoveriugi f. Vol(tinia) Marino | flamini? Augus]tali primo, c(uratori) e(ivium) R(o-
manorum) , quaestori, verg|obreto|, wie Mowat richtig ergänzt. Der Titel findet sich auch
auf der bekannten Münze der Lexovii (Muret-Chabouillet, Catalogue des monnaies Gauloises
n. 7159f. = de La Tour, Atlas Taf.28): Oisiambos Cattos vercobreto und in den Notae
Tironianae (ed. Schmitz Taf. XXXVI, 37): virgobretus.
° Die Abkürzung II vir g. in der S. 1117 Anm. r eitirten Inschrift lässt freilich auch,
wie manche Beispiele zeigen, die Auflösung II vir q(uinquennalis) zu; doch ist ein Bei-
spiel der Quinquennalität in Gallien (mit Ausschluss der Narbonensis) meines Wissens
nicht bezeugt, nicht einmal in Lugudunum, was ohne Zweifel daraus zu erklären ist,
dass in Gallien den Oberbeamten nicht, wie in den nach italischem Muster organi-
sirten Colonien und Munieipien, die Erhebung des Census zustand. Die Haedui könnten
freilich als eivitas foederata in dieser Hinsicht günstiger gestellt gewesen sein; aber
bei den in gleicher Stellung befindlichen Remi vollzieht den Census ein Mann aus dem
Hırscurenp: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1117
rend die Aedilität, die in Italien und in den nach italischem Muster
organisirten Städten fast nie fehlt, hier, wie in den meisten gallischen
Gemeinden, nicht nachweisbar ist. Dagegen ist ein keltisches Priester-
thum bei den Haeduern in einer Inschrift von Mäcon erhalten: ein
gutuater des Mars, der gleichzeitig Priester des Kaisers und eines sonst
unbekannten keltischen Gottes Moltinus gewesen ist!: ein anschau-
liches Beispiel für die Mischung von keltischem und römischem Wesen
in der ersten Kaiserzeit, während später mehr und mehr die natio-
nalen Götter gegen den Kaisergott in den Schatten treten und Priester
keltischer Gottheiten in Gallien äusserst selten sind, vielleicht über-
haupt nur in freien und föderirten Gemeinden gestattet waren. Der-
selbe Priestertitel kehrt aber nochmals wieder in einer Inschrift der
frühen Kaiserzeit bei den Vellavi’, und allem Anschein nach ist auch
bei den Carnutes der gutuater zu Caesars Zeit der höchste Priester ge-
wesen, wenn auch Hirtius fälschlich den Titel für den Namen eines
Mannes gehalten zu haben scheint’.
Erst zweihundert Jahre nach der rasch niedergeschlagenen Er-
hebung Galliens unter Vindex treten die Haeduer noch einmal aus
dem Dunkel hervor. In jener für Gallien so schweren Prüfungszeit,
Ritterstand (zwischen Legionstribunat und Procuratur) mit dem Titel censor civitatıs
Remor(um) foeder(atae): CIL. XII n. 1855; in Lugudunnm versieht sogar nach einer In-
schrift aus Severischer Zeit (CIL. II n. 4121) ein Mann consularischen Standes das Amt
eines censitor provinciae Lugdunensis, item Lugdunensium; doch mag das eine Ausnahme-
maassregel gewesen sein.
! Die merkwürdige Inschrift (Allmer rev. epigr. III n. 949 = CIL. XIII n. 2586)
ist leider seit etwa 50 Jahren verloren; sie ist von Millin und später von zwei An-
deren abgeschrieben worden und an ihrer Echtheit ist nicht zu zweifeln. Gesetzt ist
sie zu Ehren (©. Sulplieii) M. fil. Galli omnibus honoribus apud suos funct{i), II vir(i),
q(uaestoris) (vgl. S.1116 Anm. 6), flaminis Aug(usti), P/OGEN (so Monnier, HO GE
Millin, vielleicht ein keltischer Priesternamen) dei Moltini, gutuatr|i] Mart(is) VI, wo
man Vile(toris)] vermuthet hat, aber eher vielleicht an Uf/oris)] zu denken ist.
® Allmer rev. epigr. II n. 781 = CIL. XIll n.1577 (der Name ist verloren, sein
Sohn, der /lamen und zweimal /Ivir war, heisst Nonnius Ferox): ferrariarum (viel-
leicht adsessor vorher zu ergänzen), guiuater, praefectus colon(iae).
® So nach Desjardins’ geographie de la Gaule II S.5ır Anm. 3 ansprechender
Vermuthung. Nach Hirtius b. G. VIII, 38, 3 lässt nämlich Caesar im Lande der auf-
ständigen Carnuter prineipem sceleris illius et concitatorem belli Gutuatrum hinrichten; die
Überlieferung schwankt zwischen gutruatrum (cod. Bongars.), gutuatrum (die übrigen
Vertreter der Klasse a bei Meusel), guttruatrum oder guttruatum (die Klasse B); in 5
desselben Capitels werden die Worte a Gutruato (guttruato Vat.3324) von Oudendorp und
den meisten Herausgebern wohl mit Recht als Interpolation angesehen. Ein Name wird
an jener Stelle erfordert, aber Cotuatum (vgl. b.G. VII, 3, 1: (arnutes Cotuato et Concon-
netodummo ducibus) für Gutuatrum einzusetzen, wie versucht worden ist, geht unmöglich
an; höchstens könnte man zweifeln, ob Hirtius Cofwatum gutuatrum geschrieben hat und
das erste Wort seiner Ähnlichkeit ınit dem folgenden halber von den Schreibern fort-
gelassen sei. Sonst bleibt nichts übrig, als mit Desjardins ein Missverständniss des
Hirtius anzunehmen.
1118 Gesammtsitzung vom 9. Dee. — Mittheilung vom 25. Nov.
als Postumus und seine Nachfolger ein Gallisches Reich für kurze
Zeit ins Leben riefen, ist Augustodunum, das den vom Senat aner-
kannten Kaisern die Treue bewahrte, furchtbar heimgesucht! und nach
siebenmonatiger Belagerung von den zu Tode erschöpften und ver-
geblich auf Entsatz harrenden Vertheidigern den germanischen Horden
ausgeliefert worden’. Damals sind die Mauern der Stadt schwer be-
schädigt, die öffentlichen Gebäude und Monumente’ zum Theil ver-
nichtet und die Hauptstadt wie das Land der Haeduer verödet.
Wie schwer die Gegenwart auf der einst so blühenden Stadt lastete,
tritt bereits in der Rede deutlich zu Tage, die der zur Leitung des
Unterrichts in seiner Vaterstadt berufene Rhetor Eumenius über die
Wiederherstellung des einst prächtigen Schulgebäudes, der sogenannten
Maeniana, im Jahre 297 gehalten hat’, weit ergreifender noch in den
Dankreden an Constantinus, in denen der Ausdruck des Schmerzes
um das Elend der Heimat durch die phrasenhaften und widerlichen
Lobpreisungen, die der Redner dem Kaiser für seine Wohlthaten
zollen zu müssen glaubt, keineswegs verwischt wird’. Das glän-
zende Zukunftsbild, das er im Vertrauen auf des Kaisers Wohl-
wollen für seine Vaterstadt entwirft“, ist nicht zur Verwirklichung
gelangt: noch zu Julians Zeiten waren die Mauern verfallen’ und die
in Trümmer liegenden Göttertempel werden in Augustodunum, wo
das Christenthum bereits, als jene Reden gehalten wurden, eine zahl-
reiche Gemeinde besessen hat‘, kaum ein besseres Schicksal gehabt
! Zu den angesehenen Haeduern, die damals aus ihrem Lande flüchten mussten,
gehörte auch Arborius, der Grossvater mütterlicherseits des Ausonius, vgl. Paren-
tal. VI, 8.
?2 Panegyr. VIII c.4; dieselbe Belagerung ist ohne Zweifel bei Eumenius pro rest.
schol. c.4 zu verstehen, wo man nicht mit Recht Bagaudicae für das überlieferte Bata-
vicae eingesetzt hat.
3 Auch von den öffentlichen Inschriften sind in Autun nur wenige und zer-
stückelte Trümmer auf uns gekommen.
* Vgl. c.4 die Worte: ut tanto esset illustrior gloria restitutorum , quanto ipsa moles
restitutionis immanior ; itaque maximas pecunias et totum, si res poscat, aerarium non templis
modo ac locis publicis reficiundis, sed etiam privatis domibus indulgent zeigen zur Genüge,
dass die Stadt damals in Ruinen lag, ebenso wie die folgenden Sätze über die neuen
Ansiedler die Verödung des Landes beweisen. Vgl. auch Paneg.V c.9 über die An-
siedelung der Chamavi und Frisii als Ackerbauer im Haeduerland und VIII e.4: me-
toecis undique transferendis.
5 Vgl. besonders Paneg. VIII ce. 5 ff.
6 Paneg. VII c.22.
? Ammianus XVI, 2,1: (Iulianus) comperit Augustoduni civitatis antiquae muros spa-
tiosi quidem ambitus sed carie vetustatis invalidos barbarorum impetu repentino obsessos.
® Angeblich soll bereits im Jahre 178 Marcellus in Cavillonum (= Chalon s. S.),
im Jahre 179 oder 180 Symphorianus in Augustodunum den Märtyrertod erlitten haben
(vgl. die allerdings recht späten Acta der beiden Heiligen in den Acta SS. z. 5. Sept.
und 2r. August). Sicher vorconstantinisch ist die berühmte ix6vs-Inschrift von Autun
Hırschrern: Die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1119
haben, wenn auch noch lange, besonders ausserhalb der Städte, die
heidnischen Götter in alter Weise ihre Verehrung gefunden haben!.
In dem Verfall von Augustodunum spiegelt sich der Niedergang
des gesammten gallischen Landes am Ende des dritten Jahrhunderts
wieder. Die in jener Zeit, mit Verwendung der heiligen und profanen,
der öffentlichen und privaten Denkmäler und Denksteine der älteren
Zeit, unter dem tiefen Eindruck der furchtbaren Heimsuchung durch
die Barbaren von den grösseren Städten in ganz Gallien hastig erbauten
Mauern” sprechen eine noch beredtere Sprache, als die Zeugnisse der
Redner und der Geschichtsschreiber. Wenn ein so kraftvoller Kaiser
wie Aurelianus es als Nothwendigkeit erachtete, «das seit langen Jahr-
hunderten thatsächlich entfestigte Rom wieder mit einer Mauer zu um-
ziehen und das starke, von Trajan geschaffene Bollwerk jenseits der
Donau endgültig preiszugeben, so war dies die Bankerotterklärung des
Römischen Reichs gegenüber den Barbaren. Zwar ist Gallien noch eine
geraume Frist verhältnissmässiger Blüthe beschieden gewesen, aber dass
es in nicht zu ferner Zeit das Schicksal Daciens theilen würde, war
bereits damals unzweifelhaft. und ohne den Alamannensieg Julians bei
Strassburg wäre es wohl bereits ein Jahrhundert früher eine Beute der
immer ungestümer an die Pforten des Weltreichs pochenden Germanen
geworden.
(Lebegue bei Kaibel, inscriptiones Graecae n. 2525), ebenso wahrscheinlich die gleichfalls
in Autun gefundene, allem Anschein nach christliche Grabschrift einer Eufronia (Leblant
inser. chret. de la Gaule I n.5 = CIL. XII n. 2718). Der Bischof von Augustodunum
Retieius hat bereits an dem Coneil in Rom im Jahre 313 und in Arles im Jahre 314
theilgenommen; wenige Jahre später ist in Augustodunum das S. 1106 7 5 erwähnte
christliche Gedicht Laudes Domini verfasst worden (vgl. Brandes a. a. S. 25).
! Über die Ausübung des seit alter Zeit im Haeduer- Lande Cultes
der Berecynthia 'pro salvatione agrorum ac vinearum’ noch zur Zeit des Bischofs Simplieius
(Anfang des 5. Jahrhunderts) vgl. Gregorius in glor. confess. c. 76. Über die Thätigkeit
des heiligen Martinus im Haeduer- und Senonen-Lande (etwa im Jahre 377) vgl. Bulliot
und Thiollier. in Memoires de la Soc. Eduenne n. s. B. 16-19 (1888 —18g1).
® Vgl. die vortrefflichen Ausführungen über diese Mauerbauten in Gallien bei
Camille Jullian, insceriptions Romaines de Bordeaux II S. 295 ff.
Ausgegeben am 16. December.
Berlin. gedruckt in der Reichsdruckerei
Sitzungsberichte 1897. 104
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1121
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER LO.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
16. December. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER.
1. Hr. Prasox las: Über irreversible Strahlungsvorgänge.
Dritte Mittheilung.
Die vom Verfasser entwickelte Theorie der durch Resonanz bedingten Strahlungs-
erscheinungen wird auf den speciellen Fall angewendet, dass ein linearer elektrischer
Resonator sich im Mittelpunkt einer spiegelnden Hohlkugel befindet. Die Differential-
gleichungen des Vorgangs lassen sich dann einfach integriren, und zeigen, wie zu er-
warten war, dass die in der Hohlkugel hin- und herlaufenden elektromagnetischen
Wellen alle wesentlichen Eigenschaften irreversibler Vorgänge besitzen.
2. Hr. vav'r Horr las eine mit Hrn. Dr. F. A. Donnan bearbeitete
sechste Mittheilung aus seinen Untersuchungen über die Bildungs-
verhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, insbeson-
dere des Stassfurter Salzlagers.
Die Arbeit betrifft »die Maximaltensionen der gesättigten Lösungen von Magnesium-
chlorid, Kaliumsulfat, Magnesiumsulfat, Kaliumehlorid und deren Doppelsalzen bei 25°.
Die Ergebnisse schliessen sich den in Gemeinschaft mit Dr. MEYERHOFFER über den Kry-
stallisationsgang dieser Lösungen gemachten Erfahrungen an.
3. Hr. Frogents legte vor eine Mittheilung des Hrn. "Tu. MoLıen
in Dorpat (Jurjew): Uber die Invarianten der linearen -Sub-
stitutionsgruppen.
Der Verfasser berechnet die Anzahl der Darstellungen der Variabeln einer irre-
duetibeln Substitutionsgruppe durch ganze homogene Functionen der Variabeln einer
andern Gruppe. mit der erstere isomorph ist.
4. Hr. Koutrausch legte vor ein Manuseript der HH. Dr. Rıcnarz
und Dr. Krıear-Menzer: Bestimmung der Gravitationsconstante,
(Abh.)
Die Abhandlung enthält die vollständige Darstellung dieser Bestimmung, über
welche auszugsweise bereits in den Sitzungsberichten (1884 S.1202, 1893 S.163 nd
1896 S.1305) gehandelt wurde.
Sitzungsberichte 1897. 105
Über irreversible Strahlungsvorgänge.
Von Max PLAnck.
Dritte Mittheilung.
Einleitung und Resultate.
Da physikalische Problem, zu dessen Lösung die vorliegenden Unter-
suchungen einen Beitrag liefern sollen, besteht in Folgendem. Ein Quell-
punkt elektromagnetischer Strahlung von bestimmter Schwingungsdauer.
der aber keine unerschöpfliche, sondern eine endliche Menge Energie
enthalten und daher beim freien Ausstrahlen eine endliche, wenn auch
nur kleine Dämpfung seiner Schwingungen erleiden soll, befinde sich
in einem rings von spiegelnden Wänden umschlossenen Vacuum, dessen
Dimensionen gross sind gegen die Wellenlänge seiner Eigenschwingung.
Dieser Fall kann annähernd realisirt gedacht werden ebensowohl durch
ein Molekül, das Wärmestrahlen emittirt, innerhalb eines spiegelnden
Hohlraums, dessen Dimensionen nach Millimetern bemessen werden,
als wie durch einen in oseillirender Entladung begriffenen elektrischen
Condensator in einem durch metallische Wände begrenzten Vacuum von
kosmischen Dimensionen, falls man nur voraussetzt, dass die Dämpfung
der Schwingungen lediglich durch Strahlung erfolgt.
Wenn nun in einem bestimmten Zeitpunkt die Amplitude und die
Phase der Schwingung des Quellpunkts, sowie die Anordnung der elek-
trischen und magnetischen Kräfte im ganzen umgebenden Felde gegeben
ist, so wird sich in diesem System nach der von mir aufgestellten
Theorie ein ganz bestimmter Vorgang abspielen. Der Quellpunkt wird
einerseits durch Emission seine Energie verausgaben und dadurch eine
Dämpfung seiner Schwingungen erleiden, andererseits aber durch selective
Absorption von Energie aus den von allen Seiten aus der Umgebung
herankommenden, über ihn hinwegstreichenden Wellen, die auf ihn als
Resonator wirken, eine Verstärkung seiner Energie erfahren können;
dabei bleibt die Gesammtenergie des ganzen Systems constant, weil
weder an den vollkommen retleetirenden Wänden noch im Resonator
Energie consumirt wird.
Pranck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1123
Es fragt sich nun, welchen Verlauf dieser Vorgang im Ganzen
nehmen wird. In meiner ersten Mittheilung über diesen Gegenstand
habe ich die Vermuthung ausgesprochen und durch Überlegungen all-
gemeinerer Art begründet, dass der Vorgang irreversibel ist und daher
schliesslich in gewissem Sinne einen stationären Charakter annehmen
wird. Wenn diese Vermuthung richtig ist, so müssen sich an dem Vor-
gang nothwendig gewisse Eigenschaften zeigen, deren wichtigste etwa
die folgenden sind.
Erstens muss eine direete Umkehrung des Vorgangs ausgeschlossen
sein; d.h. wenn man sich in irgend einem Zeitpunkt im ganzen System
die magnetischen Kräfte mit entgegengesetzten Vorzeichen versehen, die
elektrischen Kräfte dagegen unverändert gelassen denkt, so darf der
Vorgang nicht rückwärts verlaufen, nämlich in der Art, dass von nun
an für spätere Zeiten überall wieder die nämlichen elektrischen Kräfte
auftreten, die bei dem bisherigen Vorgang für die entsprechenden früheren
Zeiten vorhanden waren.
Zweitens muss auch bei dem wirklichen Vorgange eine Rückkehr
des ganzen Systems in einen früher einmal eingenommenen Zustand, sei
es genau oder in sehr grosser Annäherung, absolut ausgeschlossen sein.
Drittens müssen für hinreichend grosse Zeiten gewisse Bedingun-
gen Geltung erlangen, eben die Bedingungen des stationären Charakters,
welche für den anfänglichen Vorgang nicht zu gelten brauchen, und
welche auch niemals verloren gehen, wenn die Zeit auch noch so sehr
weiter wächst.
Was nun die Verwirklichung dieser drei Forderungen bei dem hier
angenommenen Strahlungsvorgang betrifft, so ist eine genaue Unter-
suchung des allgemeinen Falles mit erheblichen, wenn auch wohl nicht
unüberwindlichen mathematischen Schwierigkeiten verbunden. Daher
habe ich mich, um wenigstens unter beschränkten Bedingungen einen
sicheren Aufschluss über diese Fragen zu erhalten, im Folgenden zu-
nächst mit der Betrachtung eines extremen Falles beschäftigt, der den
Vortheil bietet, dass die Gleichungen des Vorganges sich allgemein
und einfach integriren lassen. Es ist der Fall, dass die Wellen im
Vacuum für alle Zeiten reine Kugelwellen sind, wodurch zugleich mit
bedingt wird, dass das Vacuum die Form einer Hohlkugel besitzt, in
deren Mittelpunkt sich der Resonator befindet.
Es sollen nun gleich hier die für den genannten speciellen Fall
gewonnenen Resultate mitgetheilt werden. Vorausgeschickt sei zu-
nächst eine Bemerkung von allgemeinerer Bedeutung. Die den ange-
stellten Rechnungen zu Grunde liegenden Differentialgleichungen be-
stimmen den Verlauf des Vorgangs bei jedem gegebenen Anfangszustand
für alle Orte und Zeiten vollkommen eindeutig, aber nicht vollkommen
105*
1124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
genau. Denn sie sind unter der Voraussetzung abgeleitet worden, dass
folgende drei Grössen: das Dämpfungsdecrement des Resonators, das
Verhältniss seiner Lineardimensionen zur Wellenlänge seiner Eigen-
schwingung, und das Verhältniss dieser Wellenlänge zum Radius der
Hohlkugel, kleine Zahlen sind; die Gleichungen gelten daher nur als An-
näherung, insoweit nämlich Glieder mit höheren Potenzen jener Grössen
gegen Glieder mit der ersten Potenz vernachlässigt werden dürfen. In
den Integralausdrücken wird daher die Annäherung nicht für alle Zeiten
von derselben Grössenordnung sein, sondern sie wird im Allgemeinen
für grössere Zeiten abnehmen, da sich dann die kleinen Vernachlässi-
gungen durch ihre grosse Anzahl erheblich verstärken können. Nun
hat man es zwar immer in der Hand, für jede noch so gross gewählte
Zeit durch hinreichende Erfüllung der angeführten Voraussetzungen den
durch die Vernachlässigungen begangenen Fehler so klein zu machen,
als man nur will — und insofern besitzen auch die Integralausdrücke
für alle beliebigen Zeiten Bedeutung —; aber, wenn einmal die obigen
Constanten des Systems gegeben sind, darf die Zeit nicht mehr ganz un-
beschränkt gross angenommen werden, ohne dass dann die annähernde
Gültigkeit der Integralwerthe in Frage gestellt wird. Im Gegentheil:
es wird unter allen Umständen einmal eine Zeit kommen, wo die Ein-
flüsse der in den Differentialgleichungen vernachlässigten höheren Po-
tenzen sich in den Integralen bemerklich machen werden, und dann
wird man es nicht vermeiden können, auf die specielle Natur des Sy-
stems, namentlich des Resonators, näher einzugehen, als es hier zu ge-
schehen braucht, falls man nicht in der Lage ist, einen neuen, etwa durch
Messungen festgestellten, Anfangszustand zu benutzen, von dem aus dann
die Berechnung wieder mit grosser Annäherung weitergehen kann.
Damit also die im Folgenden mitzutheilenden Sätze strenge Gültig-
keit besitzen. ist es nöthig, sie ausdrücklich auf diejenigen Zeiten zu
beschränken, für welche die benutzten Differentialgleichungen noch hin-
reichend angenähert richtige Integrale liefern, mit dem Zusatz, dass
durch genügende Erfüllung der Voraussetzungen über die Kleinheit der
obigen drei Constanten diese Zeiten beliebig weit hinausgerückt werden
können. Dann entsprechen die Eigenschaften der hier untersuchten
Kugelwellen den oben für irreversible Vorgänge aufgestellten drei For-
derungen in folgender Weise:
Die erste Forderung ist immer erfüllt, d.h. der Vorgang kann
unter keinen Umständen gerade umgekehrt verlaufen ($ 12).
Die zweite Forderung ist nicht immer erfüllt in dem speciellen
Falle, dass die im Vacuum hin- und herlaufenden Wellen von vorn
herein auf das aus der Hohlkugel und dem Resonator bestehende Sy-
stem »abgestimmt« sind ($ 15). In allen anderen Fällen ist die Forde-
Praxex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1125
rung erfüllt, d. h. eine genaue oder angenäherte Rückkehr in einen
früheren Zustand ist ausgeschlossen.
Die dritte Forderung ist für alle Vorgänge, welche nicht zu den
auf das System »abgestimmten« gehören, insofern erfüllt, als örtliche
und zeitliche Schwankungen der Intensität der Energiestrahlung in dem-
jenigen Spectralgebiet, welches den Resonator zu erregen vermag, sich
im Laufe der Zeit ausgleichen müssen. Auf die Strahlungen in den
übrigen Speetralgebieten ist der Resonator, wie von vorn herein ein-
leuchtet, ganz ohne Einfluss ($ 16).
Nach diesen Ergebnissen glaube ich den Satz aufstellen zu dürfen,
dass die hier betrachteten Strahlungsvorgänge thatsächlich alle wesent-
lichen Eigenschaften irreversibler Processe besitzen, vorausgesetzt, dass
man gewisse specielle Fälle ausschliesst. Es dürfte nicht schwer wer-
den, zu zeigen, dass diejenigen idealen Voraussetzungen über den An-
fangszustand, welche zu diesen speciellen Fällen führen, bei den in der
Natur vorkommenden irreversibeln Strahlungsprocessen (Absorption und
Emission von Wärmestrahlen) niemals erfüllt sind. Hiedurch ist ferner
in höherem Grade als früher wahrscheinlich gemacht, dass entsprechende
Sätze auch für den Fall eines beliebig geformten Hohlraumes gelten
werden und dass an ihnen auch qualitativ nichts geändert wird, wenn
nicht einer, sondern viele Resonatoren sich in dem Hohlraum befinden.
Hierüber, denke ich bei einer anderen Gelegenheit zu berichten.
Die Arbeit zerfällt in drei Abschnitte. Im ersten werden die all-
gemeinen Gleichungen für elektromagnetische Kugelwellen entwickelt
($$ 1-2), im zweiten wird zunächst der einfachere Fall einer ganz leeren
Hohlkugel behandelt ($$ 3-7), und im dritten wird der Resonator als
im Mittelpunkt der Kugel befindlich angenommen ($$ 8-16).
Erster Abschnitt.
Allgemeine Gleichungen für elektromagnetische
Kugelwellen.
SIT,
Versteht man unter F eine Funetion der Zeit { und der Ent-
fernung r eines Raumpunktes von einem festen Öentrum, welche der
Differentialgleichung genügt:
92 F s ER oF
EN @
Jdf? 7- or or
wobei c die Lichtgeschwindigkeit im Vacuum bedeutet, so werden
bekanntlich die Componenten X, Y, Z der elektrischen Kraft und die
Componenten L, M, N der magnetischen Kraft für elektromagnetische
1126 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
Kugelwellen von bestimmter Polarisationsrichtung im Vacuum immer
und überall dargestellt durch die Ausdrücke:
FF ı »F
Nr Eros
r 0?F' 1 ®F
ae rer
9? 2
RE
oder mit Einführung von Polarcoordinaten r, I, w:
z—=rcoswsinSs y=rsinosins 21. C0OS'S
a ı%®2F 39F ;
X=|— — — — |C0osw@sınS cos
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Te: „)sin o sin cos
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Ve _- et cos wsın S
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823
Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (1) ist:
m ale (3)
r
d. h. der Vorgang im Hohlraum besteht in der Übereinanderlagerung
einer nach aussen und einer nach innen fortschreitenden Welle, und
jede Componente der elektrischen und der magnetischen Kraft bildet
sich durch algebraische Addition der entsprechenden auf die beiden
Einzelwellen bezüglichen Componenten. Die Funetionen g und X nebst
ihren Differentialquotienten nehmen wir als endlich und stetig an.
Wir wollen nun die nach aussen fortschreitende Welle, welche
dureh die Function & bestimmt wird, näher betrachten und dabei
gleich eine Voraussetzung einführen, die wir überall im Folgenden
festhalten werden: dass die Längen sämmtlicher in dem betrachteten
Wellenzug enthaltenen einfachen Wellen klein sind gegen den Radius R
der Hohlkugel, oder, deutlicher gesprochen, dass für alle Zeiten
do(l)
c 5
MN o(f) klein gegen ni o/(t), (4)
Pranex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1127
dann vereinfachen sich die Gleichungen des elektromagnetischen Feldes
für alle Punkte, deren Abstand r vom Kugelmittelpunkt von derselben
Grössenordnung ist wie der Radius N, und wir erhalten dann für die
Kräftecomponenten der nach aussen (a) fortschreitenden Welle aus (2)
und (3):
- 1 B
Pe — 7 (2) cos w sin 5 cos5
10%; sh
Y. = — gp’|t- —)sinwsinSs coss
er e
1 „
Mn =_— (e- 2] sin’ >
er
IR, AN We &
L. = -—o”|t-—]|sinosins
er e
TasEr; r Re
M, = — go” |t- — | coswsinS
ET EL
N, == (j],
Daraus ergibt sich auch die Energiestrahlung nach aussen, d.h. die-
jenige Energie, welche durch ein Element ds der Kugelfläche mit dem
Radius r in der Zeit dt nach aussen strömt:
4 dtde ((YN.—Z,M,) sins cosw+ (Z.L.— X, N.) sin 5 sin + (X,M.—Y.L.) cos St
Ran teeh, 1-2)
z
— sin?
An c*r? 2 ne
und durch Integration über alle Elemente ds der Kugelfläche:
„_ 2dt | r\}?
we ale ie
3& ie | c ) (5)
Wir wenden uns nun zunächst zur Betrachtung des einfachen
Falles, dass der Hohlraum ganz leer ist.
Zweiter Abschnitt.
Hohlkugel ohne Resonator.
38
Zu den im vorigen Abschnitt aufgestellten Gleichungen treten
noch die für den Mittelpunkt und für die Oberfläche der Kugel gültigen
speciellen Bedingungen.
Da zunächst im Mittelpunkt der Kugel die Kräfte nicht unendlich
werden können, weil dieser Punkt im vorliegenden Fall mit zum elektro-
magnetischen Felde gehört, so folgt für r—=0 aus (3) für alle Zeiten:
o()+ WU) 0
1128 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
und daher allgemein:
5 li) mi ( Y =) (6)
7:
d.h. die Kugelwelle geht im Mittelpunkt der Kugel gewissermassen
durch sich selber hindurch, der Mittelpunkt bildet einen »Brennpunkt«
der Welle. Für die nächste Umgebung des Mittelpunkts, d. h. für
kleine Werthe von r, erhält man:
ebenso:
und daraus:
Es bleibt also in der That die Funetion f und mit ihr auch alle Kraft-
componenten im Kugelmittelpunkt endlich und stetig, und zwar sind
nach (2) die Werthe der letzteren für r — 0:
EN De =0
0 = 0| a
) EN
3c®
34:
Gehen wir nun über zu den an der Oberfläche der Kugel gül-
tigen Grenzbedingungen. Damit die Oberfläche vollkommen spiegelt,
wollen wir annehmen, dass sie aus absolut leitender Substanz gebildet
ist. Dann verschwindet an der Kugeltläche vom Radius R für alle
Zeiten t die tangentielle Componente der elektrischen Kraft, oder es
ist für r = R immer:
Xcos>5cosw+tYeosssnw-Zsns = 0
oder aus (2) nach gehöriger Vereinfachung:
2 ala
br = N | 1. v- (8)
Berücksichtigt man nun die unter (4) eingeführte Voraussetzung,
so lautet die Grenzbedingung einfacher:
0?F
| gt? I= R (9)
oder, zweimal nach ? integrirt, mit Weglassung der unwesentlichen
Integrationsconstanten:
Fr = 0 (10)
Prawek: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1129
ol) -0fe+ =) =)
oder, wenn man ?+—- für £ einsetzt:
a
d. h. nach (6):
2R
ole+ =z ) == old)
d. h. p(f) ist periodisch, und die Dauer einer Periode beträgt:
aR
[4
— 9 (11)
Das ist die Zeit, welche zwischen je zwei auf einander folgenden gleich-
J 5 5
gerichteten Durchgängen der Welle durch einen bestimmten Ort ver-
streicht.
Der allgemeine Ausdruck der Funetion y(f) ist demnach:
S er
Int
ol) =N,D,cos | = =>.) (12)
u
wobei die ganze positive Zahl n die Ordnungszahl, und die Constanten
D, (positiv) und S, Amplitude und Phasenconstante der n“" Partial-
schwingung darstellen.
Nach der unter (4) gemachten Voraussetzung existiren im Wellen-
zug nur Partialschwingungen von hoher Ordnungszahl, d.h. die Ampli-
tuden D, sind nur für grosse Werthe von rn von Null verschieden.
Weiter berechnet sich hieraus nach (6) mit Berücksichtigung von
(11) die Function F zu:
== 2 S D,sin 72 ul’ = >.)
Te N
u)
w ı
n
und daraus endlich nach (2) die Componenten der elektrischen und der
magnetischen Kräfte für alle Orte und Zeiten. Sind dieselben für f— 0
gegeben, so folgen daraus eindeutig die Werthe der Constanten D, cos $
und D, sin S,.
n
ER
N
ag
Für solche Orte, deren Abstand r vom Kugelmittelpunkt von der-
selben Grössenordnung ist wie N, ist nach (5) und (12) die in der
Zeit dt durch die ganze Kugeltläche vom Radius r nach Aussen hin-
durchgestrahlte Energie:
n
oder, wenn man zur Abkürzung setzt:
d
—S
1130 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
( ( =)». 6,
3c u
I, =.(@h (cos RN a (
[4 » n gg c In \ .
Die Ausführung der Quadrirung ergibt erstens die Summe der Quadrate
der einzelnen Glieder der Reihe:
n
oder, anders geschrieben:
EN rn dm Ei
2 > (65 1 Zr cos Sr (e-2) = 25 n (1 3)
und zweitens die Summe der doppelten Producte je zweier verschie-
dener Glieder der Reihe. Wir wollen diese Summe so ordnen, dass
immer die Combinationen je zweier aequidistanter Glieder zu einer be-
sonderen Summe zusammengefasst werden. Setzen wir also die Differenz
zweier verschiedener Ordnungszahlen, positiv genommen, gleich a, so
stellt sich die Summe der doppelten Producte je zweier im Abstand a
befindlicher Glieder mit den Ordnungszahlen 2» und n+a folgender-
maassen dar:
: we | 2z(n+a) r Imn 7
20 3 C.,.Ccos( 2" (e- 2) u COS = az — on
%
ns
oder, anders geschrieben:
u
[ Ira ja 2r(2n + a r
rl 'n on (* 2 ic \- 81042 + cos | - ( S = (- mn . (14)
Dieser Ausdruck ist noch über a, von a=|1 an, zu summiren.
Der Werth von #£ ist deshalb von Wichtigkeit, weil die physi-
kalischen Messungen der elektromagnetischen Wellen in den meisten
Fällen darauf hinauskommen, die Energiestrahlung der Wellen zu be-
stimmen, und zwar misst man nicht den Werth von # selber, sondern
vielmehr den Mittelwerth der Strahlung für einen Zeitraum, der gross
ist gegen die Periode einer einzelnen Partialschwingung. Wir wollen da-
her den obigen Ausdruck für & noch über die Zeit integriren von £ bis E',
wobei f—-1 gross gegen die Dauer einer Partialschwingung, also gross
nr
%
gegen = dagegen klein gegen % sein soll. Diese Festsetzung ist hier
deshalb möglich, weil nach einer im $4 gemachten Bemerkung nur
Glieder mit hohen Ordnungszahlen r in der ganzen Welle vorkommen.
Die Integration des Ausdrucks (13) über t von £ bis ? ergibt,
& r oc : = 1
mit Weglassung der Glieder, welche den kleinen Factor enthalten:
n
Pranck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1181
En,
2% (15)
n
und die Integration von (14) über ? von t bis ? ergibt, mit Weg-
5 1
lassung der Glieder, welche den Factor Er enthalten:
3 s ra r Da r
Ira > One C, sın T [r-: .)- Inta En =) —sın 237 (r- .)- Onta ade: en
T 2a! +t r
— N: nor eg re -
== LOAREL 07 sin :; ee t) eo 5 | 5 2) Sn
oder, da ?-t klein gegen U genommen ist:
5 , 3 2za r
—(t 2). D,Cn44C1 cos (af) +8. S (16)
n
Dieser Ausdruck ist noch über a, von a=| an, zu summiren. So-
mit ergibt sich für die ganze durch die Kugelfläche vom Radius r
in der Zeit von ? bis £ nach aussen gestrahlte Energie durch Addition
von (15) und (16):
> BG > \ RA 2na|, r
E — Pu >G Ir (!- 2, Dar Q, cos 55 ( >= .)- Snra rs) en
n a n
und durch Division mit !-t der zeitliche Mittelwerth der Energie-
strahlung, den wir, da er unabhängig von {’ ist, als »Strahlungs-
intensität J zur Zeit f« bezeichnen können:
2 ev v 2ra r
T= 32,0 +2, >, Om Cncos ( a _ Int >)
oder
\ . 2za 228 TEN
I DO DAsın = (e-2 "+ Beoos® (r-
2 — a5 = [4
n a
wobei
A, >» >, mr „sın (Snta On)
n
Er (17)
B: — I OnrCı COS (re = In). /
n
Hiedurch ist die Grösse der Strahlungsintensität J für alle Orte
und Zeiten in Form einer Fourrer’schen Reihe De welche mit
Gliedern von niedriger Ordnungszahl a—= 1,2,3, -- beginnt, also
im Allgemeinen einen, im Vergleich mit den Perioden der Partial-
schwingungen langsam veränderlichen Werth besitzt. Nur wenn die
Reihe schon für mässige a zu einem bestimmten Werth convergirt.
1132 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 16. December.
kann man von einer Strahlungsintensität in bestimmtem Sinne reden;
denn wenn die Schnelligkeit der Schwankungen dieser Intensität von
gleicher Grössenordnung wird wie die Schwingungszahlen der Partial-
schwingungen, so würde die Menge der in einem bestimmten Zeitraum
ausgestrahlten Energie offenbar von den augenblicklichen Phasen der
Partialschwingungen abhängig sein.
Das constante Anfangsglied der Reihe entspricht einfach der
Summe der Strahlungsintensitäten aller Partialschwingungen, welche
sich zu der Gesammtstrahlung über einander lagern. Die Veränderlichkeit
der Strahlungsintensität mit Zeit und Ort hängt von den Werthen der
Coeffieienten A, und DB, ab: nur wenn jeder derselben einen gegen das
Anfangsglied der Reihe verschwindend kleinen Werth besitzt, ist die
Strahlungsintensität constant. Da aber die Amplituden €, alle positiv
sind, so kommt es dabei wesentlich auf die Vorzeichen der sin und
cos der Differenzen S,,,—- 2, an, also auf die Werthe der Phasencon-
n
stanten der Partialschwingungen.
S 6.
Wir wollen nun alle möglichen Vorgänge in zwei Classen ein-
theilen. Die erste Classe möge sowohl diejenigen Vorgänge umfassen,
bei welchen eine oder mehrere Partialschwingungen vorkommen, deren
Strahlungsintensität „ C} von derselben Grössenordnung ist wie die der
gesammten Strahlung J, als auch diejenigen Vorgänge, bei denen die
fortlaufende Reihe der Partialschwingungen irgend welche gesetzmässig
wiederkehrende Lücken besitzt. Diese Strahlungsvorgänge wollen wir
als »auf das System abgestimmt« bezeichnen. Wenn daher die aus
dem Anfangszustand abzuleitende Fourıer'sche Reihe (12) der Partial-
schwingungen nach einer beschränkten Zahl von Gliedern abbricht, so
ist der Strahlungsvorgang immer ein abgestimmter.
Die zweite Classe dagegen möge diejenigen Vorgänge umfassen,
bei denen die Reihe der Partialschwingungen entweder gar keine oder
nur unregelmässige Lücken aufweist und ausserdem die Strahlungs-
intensität jeder einzelnen Partialschwingung verschwindend klein ist
gegen die Intensität der Gesammtstrahlung — »nicht auf das System
abgestimmte Strahlungsvorgänge«. Bei diesen ist nothwendig die Zahl
der vorhandenen Partialschwingungen eine sehr grosse. Wenn der An-
fangszustand unabhängig von den Dimensionen der Hohlkugel gegeben
ist, so ist offenbar der Fall der nieht abgestimmten Wellen der allge-
meinere: mit ihm wollen wir uns daher noch etwas weiter beschäftigen.
Die Werthe der Coefficienten A, und D,, welche die Schwankungen der
Strahlungsintensität angeben, werden dann wesentlich davon abhängen,
2 ” ” * .. Eye
Pranck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1133
ob die Glieder der Summen (17) sich verstärken oder nicht, ob also die
Vorzeichen von sin (S,,,— 2,) und cos (S,,.— S,) für viele auf einander
folgenden Werthe von n gleich bleiben oder wechseln. Im ersten Falle
findet eine Verstärkung der einzelnen, an sich sehr kleinen, Glieder statt:
die Partialschwingungen interferiren merklich mit einander, und die
Strahlungsintensität J ändert sich messbar mit der Zeit. Im zweiten
Fall kommt es zu keiner merklichen Verstärkung der einzelnen Summen-
glieder: die ganze Summe wird von der Grössenordnung eines einzelnen
Gliedes, und kommt daher gegen die Grösse des positiven Anfangs-
gliedes der Reihe nicht in Betracht. Wenn dies für alle Summen A
und D, gilt, so redueirt sich die ganze Strahlungsintensität J auf den
a
Werth DI und bleibt eonstant: die Strahlung ist stationär. Dann
gibt es, trotzdem die Kräftecomponenten der Partialschwingungen sich,
wie immer, algebrisch addiren, doch keine merkliche Interferenz.
Da mithin zur merklichen Interferenz eine gewisse Gesetzmässig-
keit in den Werthen der auf einander folgenden Phasenconstanten >, er-
forderlich ist, so kann man den entsprechenden Vorgang als einen »ge-
ordneten«, den entgegengesetzten der stationären Strahlung, in welchem
es zu keiner messbaren Verstärkung der einzelnen Partialschwingungen
kommt, als einen »ungeordneten« Vorgang bezeichnen.
307:
In jedem Falle ist der ganze hier betrachtete Vorgang rein pe-
riodisch: nach Ablauf der Zeit %, welche die Welle gebraucht, um
die Strecke RN zweimal zurückzulegen, ist der Zustand vollständig
wiederhergestellt. Von irreversibeln Eigenschaften findet sich daher
bei diesem Vorgang keine Spur, und dementsprechend ist auch von
den drei in der Einleitung für einen irreversibeln Vorgang aufgestell-
ten Forderungen hier keine einzige erfüllt. Denn erstens kann der
Vorgang ebensogut gerade umgekehrt verlaufen; nach Umkehrung des
Vorzeichens der Zeit werden ja alle Bedingungsgleichungen ebensogut
erfüllt wie vorher. Zweitens kehrt jeder Zustand nach Ablauf der
Zeit U genau wieder, und drittens behält der Strahlungsvorgang
seinen Charakter unverändert bei: je nachdem er Anfangs auf das
System abgestimmt oder nicht abgestimmt, geordnet oder ungeordnet
ist, bleibt er es für alle Zeiten.
Jedoch müssen alle diese Schlüsse, um streng gültig zu sein,
noch etwas eingeschränkt werden. Sie gründen sich nämlich auf die
aus der Gleichung (9) gefolgerte Periodieität der Funktion y, und jene
Gleichung gilt nicht streng, sondern sie ist als Annäherung abgeleitet
8?
1134 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 16. December.
worden aus der vorhergehenden allgemeinen Grenzbedingung (8) unter
der Voraussetzung, dass das Verhältniss der Wellenlänge jeder Partial-
schwingung zu dem Kugelradius klein ist. Da nun aber dieses Ver-
hältniss immerhin einen endlichen Werth besitzen wird, so ist die
Differentialgleichung (9) mit einem endlichen, wenn auch verhältniss-
mässig kleinen Fehler behaftet, und man darf nicht behaupten, dass
der entsprechende Fehler auch in der Integralgleichung (10) für alle
Zeiten klein bleiben wird. Im Gegentheil zeigt eine nähere Unter-
suchung, auf die aber hier nicht näher eingegangen werden soll, dass
der Fehler dann, aber auch nicht früher. merklich werden wird, wenn
die Anzahl der Reflexionen der Welle an der Wand der Hohlkugel
von derselben Grössenordnung geworden ist, wie das Verhältniss des
Kugelradius zu der Wellenlänge einer Partialschwingung. Wie gross
man also auch dies Verhältniss wählen mag, es wird immer einmal
eine Zeit kommen, für welche die oben aufgestellten Gleichungen auch
nieht annähernde Gültigkeit mehr besitzen. Daher beziehen sich die
soeben ausgesprochenen Sätze nicht auf absolut unbeschränkte Zeiten,
weder hier. noch im folgenden Abschnitt, für den ganz dieselben
Überlegungen gelten (vergl. die Einleitung und unten $ 15).
Dritter Abschnitt.
Hohlkugel mit Resonator im Mittelpunkt.
88.
Nun möge sich im Mittelpunkt der Hohlkugel ein elektrischer
Resonator befinden, dessen Lineardimensionen klein sind gegen die
Länge A, der seiner Eigenschwingung entsprechenden Welle, und des-
sen Dämpfung, lediglich durch Strahlung verursacht, ein kleines De-
erement co besitzt. Da nach der Voraussetzung (4), an der wir hier
festhalten, der Kugelradius N gross ist gegen A,. so folgt a fortiori,
dass die Dimensionen des Resonators klein sind gegen den Kugelra-
dius. Da ferner das logarithmische Dämpfungsdeerement c klein ist,
so ist das Verhältniss der Grössenordnungen der beiden Längen A,
und c®R zunächst noch unbestimmt. Wir wollen A, gegen oW als
klein voraussetzen, oder, physikalisch gesprochen, wir wollen anneh-
men, dass in derjenigen Zeit, welche die Welle gebraucht, um die
Strecke vom Mittelpunkt bis zur Peripherie der Kugel zurückzulegen,
die Schwingungsamplitude des Resonators beim einfachen Abklingen
bis auf einen sehr geringen Bruchtheil abgenommen hat.
Setzen wir endlich fest, dass der Resonator in jedem Augenblick
einen elektrischen Dipol darstellt, dessen Axe mit der Z-Axe zusam-
Pranck: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 15
menfällt, so stellen die Gleichungen (1) und (2) des $ ı für alle Punkte
des Hohlraums, deren Abstand r vom Centrum gross ist gegen die
Dimensionen des Resonators, einen elektromagnetischen Strahlungsvor-
gang dar, und es handelt sich nur darum, den Ausdruck der Func-
tion F für den vorliegenden Fall zu bestimmen.
un
9.
Die Grenzbedingungen lauten hier wesentlich anders als im vorigen
Abschnitt. Da die Funetion F auch hier nur von r und von f ab-
hängt, so besteht der ganze Vorgang wieder aus der Übereinander-
lagerung zweier Kugelwellen, deren eine sich nach innen und deren
andere sich nach aussen mit der Geschwindigkeit e fortpilanzt. Aber
die letztere Welle ergibt sich hier nicht, wie oben $ 3, aus der ersteren
dadurch, dass die nach innen fortschreitende Welle im Mittelpunkt
der Kugel einfach durch sich selber hindurchgeht, sondern sie hängt
auch noch ab von den Vorgängen im Resonator, welcher vermöge
seiner Schwingung fortwährend besondere Wellen emittirt. Wir haben
hier einen Specialfall der von mir früher analysirten Resonanzvorgänge
und wollen ihn daher direct nach der dort entwickelten allgemeineren
Theorie, auch unter möglichster Beibehaltung der Bezeichnungen, be-
handeln'.
Demnach haben wir in der Umgebung des Resonators eine »pri-
märe«, erregende, und eine »secundäre«, emittirte, Welle zu unter-
scheiden, die sich einfach über einander lagern, also:
HR) RW. (18)
Die primäre Welle F') verhält sich allenthalben endlich und stetig,
auch am Orte des Resonators: sie streicht über ihn hinweg, als ob
er gar nicht vorhanden wäre. In dem hier vorliegenden Falle ist sie
eine Kugelwelle, was sie im Allgemeinen nicht zu sein braucht. Da
wir nun im vorigen Abschnitt den Fall einer Kugelwelle behandelt
haben, die über den Mittelpunkt der Kugel hinwegstreicht, ohne dort-
selbst unendlich oder unstetig zu werden, können wir das dort ge-
wonnene Resultat hier direct verwerthen und, ganz wie in Gleichung (6),
schreiben:
Ba (19)
Die seeundäre Welle dagegen ist immer eine Kugelwelle mit dem
Resonator als Mittelpunkt; ihr Ausdruck ist immer von der Form:
! Diese Berichte, Sitzung vom 20. Februar 1896. S.155. — Wie». Ann. 60,
S.582, 1897.
1136
Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 16. December.
wobei f(f) das elektrische Moment des vom Resonator gebildeten Dipols
zur Zeit £ bedeutet. Also nach (18):
ne als ji Ba (20)
gültig für alle Werthe von r, die gross sind gegen die Dimensionen
des Resonators.
Hiebei hängt die Schwingung des Resonators von der erregen-
den Welle durch folgende Bedingung ab.
Es ist allgemein':
rn 7 2 y 7)
Kf) + Li" 5")
Zr gr)
wenn Z() die elektrische Kraft der primären, erregenden Welle am
Orte r—= (0 bedeutet. Dieselbe ist nach (19) und (7):
ze 4
zn=,
3 2).
Also:
(21)
vr u 2 Il 4 m
Kr) + LI") — ee (). (22)
Die Constanten A und Z sind definirt durch die Energie des Resonators:
KP+,1f”
? 5 . ne £ Ao
und bestimmen sich folgendermaassen aus der Eigenperiode 7, =
und dem Dämpfungsdeerement c:
- 167%
— —, 23)
3ccr, (23
$ıo.
Die Grenzbedingung für die Oberfläche der Kugel ergibt sich unter
denselben Voraussetzungen wie im vorigen Abschnitt nach der Glei-
chung (Io) zu:
FR — 0
oder nach (20):
Y
oder, wenn man t+ statt Z schreibt und wieder
(
IN
>
——. 9;
—ds
C
1
Diese Berichte a.a. OÖ. S.163. — Wien. Ann. a.a. 0. S. 591.
gr.
Tr . . .. RT
Pranex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1137
setzt:
+ Y=RlW+fl). (24)
Diese Gleichung folgt auch unmittelbar aus der Überlegung, dass die
zur Zeit t vom Centrum nach aussen fortschreitende, durch Überein-
anderlagerung der primären und der secundären gebildete Welle nach
Ablauf der Zeit T zur erregenden Welle wird.
Die Gleichungen (22) und (24) enthalten die Lösung der vorliegen-
den Aufgabe. Der Vorgang ist eindeutig bestimmt, wenn die Function
y(f) für das Interwall von {=0 bis = T, und ausserdem der Anfangs-
zustand des Resonators, also f(0) und f’(0) gegeben ist. Der Werth
von f (0) ergibt sich dann auch unmittelbar, weil, wie ich a.a.O. nach-
gewiesen habe, die Differentialgleichung (22) dritter Ordnung sich all-
gemein auf eine solche zweiter Ordnung zurückführen lässt.
Wenn wir nun, ebenso wie im vorigen Abschnitt, die Funetion
p mit ihren Differentialguotienten als stetig voraussetzen (Unstetigkei-
ten würden den Vorgang nur in unwesentlichen Zügen verändern) so
ist der Anfangszustand des Resonators nicht mehr beliebig, sondern
es gelten nach (24) die beiden Bedingungen:
0) = P(Q)- P(0)
F(0) = PR) - (0).
Es ist dann leicht zu sehen, wie sich zunächst aus der Differential-
gleichung (22) der Werth von f(f) für 0<t<% ergibt, dann aus der
Functionalgleichung (24) der Werth von p(f) für T</<2T, dann wie-
der aus der Differentialgleichung (22) der Werth von ft!) für T<1<2T,
und so alternirend weiter.
SIT.
Um zunächst eine partieuläre Lösung der Aufgabe zu finden,
setzen wir: Irkt.
od)=e*
Irrkt ee]
ft) — ae ?
wobei die reelle Constante % und die complexe Constante a noch zu
bestimmen sind. Dann werden die Gleichungen (22) und (24) be-
friedigt, falls man setzt:
. Am? k? DH Dnk\:. 4 (2rk\®.
Ka-L——- a+ —|——-|) da = —-—|(<-)t:
IE BXaa\ EI Scart
und
er — Ira.
Hieraus folgt zunächst:
a —= —-2sin’rk +isin?rk
Sitzungsberichte 1897. 106
1138 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
und dann durch Substitution dieses Werthes in die erste Gleichung
und Trennung des Reellen vom Imaginären:
ze 2a an el, 2 l2zle\
— 2K sin’rk + LI) 2sin’rk - — |——) sin2rk = 0
Er 3cHh\ %
sowie:
2 Drk\?. Dar 4 (2rnk\®
K sinzek 2 ( = sin rk — | = WOSIn Tr ) £
‘ 203 “ BEI !
r O6 Be oC x
Beide Bedingungen werden zugleich erfüllt, wenn man setzt:
s [e& \8 (An2k2 n
etg rk =, (=) ( L-K)
oder mit Rücksicht auf (23):
etgrk — =( (8-1) (25)
a
Jede Constante k, welche diese Gleichung befriedigt, entspricht
einer partieulären Lösung der Gleichungen (22) und (24). Aus den
oben angenommenen Werthen von g und f ergeben sich nämlich durch
Voransetzung eines willkürlichen eomplexen constanten Coeffieienten
und Addition zur conjugirt imaginären Grösse als eine reelle Lösung
der Aufgabe die Ausdrücke:
Irrkt
op(t) = Deos =)
x
(26)
5)
ft) = -2Dsin(rk)-sin Es + ak->)
Dabei sind die Constanten D (positiv) und S$ ganz willkührlich. Man
T
nn
Die Funetion gY() liefert nach (21) die den Resonator erregende elek-
trische Kraft:
erhält also eine einfach periodische Schwingung mit der Periode
j 4 4 (2Onk\® . (2rmkt
ze — sa ® Wi 58 ( = ) Dsin ( x ‘-3) (27)
während f(f) das elektrische Moment des vom Resonator gebildeten
Dipols zur Zeit ? bedeutet.
un
12.
Wir wollen nun zunächst die Frage behandeln, ob der betrachtete
Vorgang auch in umgekehrter Richtung verlaufen kann, d.h. ob die
aufgestellten Gleichungen auch einen Vorgang zulassen, bei dem von
einem bestimmten Zeitpunkt ab für spätere Zeiten die elektrischen
Kräfte im ganzen System die nämlichen, und die magnetischen Kräfte
in Folge dessen die gerade entgegengesetzten Werthe besitzen wie bei
dem wirklichen Vorgang für die entsprechenden früheren Zeiten.
Praxex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1139
Nehmen wir z. B. an, vom Zeitpunkt {= 0 ab verlaufe der bis
dahin durch die Gleichungen (26) dargestellte Vorgang in gerade um-
gekehrter Richtung. Dann müsste für jeden positiven Werth von / die
elektrische Kraft in allen Punkten des Systems genau ebenso gross
sein, wie sie bei dem wirklichen Vorgang zur Zeit t war. Insbesondere
müsste also das elektrische Moment des Resonators für die positive
Zeit t nach (26) sein:
— 2Dsin (rk) sin (- = + ak — >) — Hr )
oder:
Full) = 2Dsin (rk)-sin (= — rk + >)
9
und die den Resonator erregende elektrische Kraft müsste zu der näm-
lichen positiven Zeit Z nach (27) sein:
N. Driictnen A
| c3 ) Dsin (- =) a 9% {)
oder:
wenn f,(l) das Moment des Resonators und y,(f) die erregende Welle
für den umgekehrten Vorgang bedeutet.
Ein Vergleich mit der Gleichung (24) zeigt nun aber, dass die-
selbe durch die Ausdrücke von f, und g, keineswegs befriedigt wird,
falls überhaupt eine Schwingung des Resonators stattfindet, und daraus
folgt unmittelbar, dass eine Umkehrung des hier behandelten Strahlungs-
vorgangs absolut ausgeschlossen ist.
$ 13.
Untersuchen wir nun die Wurzeln k der Gleichung (25). Da jeder
negativen Wurzel eine gerade entgegengesetzte positive entspricht, so
ist es keine wesentliche Beschränkung der Allgemeinheit, wenn wir k
positiv annehmen. Da ferner o klein ist, so wird, wenn man % alle
Werthe von 0 bis + durchlaufen lässt, der Ausdruck auf der rechten
Gleiehungsseite im Allgemeinen grosse Werthe annehmen. Dann be-
sagt die Gleichung, dass k nahezu eine ganze Zahl ist. Eine Ausnahme
n kro
macht nur der Fall, dass = nahezu = |, und der andere Fall, dass
i =z 5 : : Tune Be-
k gross ist gegen —.. Letzterer ist aber auszuschliessen, weil für ihn
368 Er
u)
in der Gleichung (22) das dritte Glied, welches die Dämpfung angibt,
gross werden würde gegen die beiden ersten Glieder, was den bei der
Ableitung dieser Gleichung gemachten Voraussetzungen widerspricht.
106*
1140 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 16. December.
. kr j
Für den Fall, dass . nahezu — 1 (also k gross), kann man die
U
Gleichung (25) in folgender vereinfachten Form schreiben:
< k N
eig rk — =(2 -1) (28)
und kann diese Form auch für den allgemeinen Fall beibehalten, da
für diesen sich & auch hieraus wieder als nahezu gleich einer ganzen
Zahl ergibt.
Die Lage der Wurzeln übersieht man am besten durch Betrach-
tung der Schnittpunkte der beiden ebenen Öurven:
wenn / als Abseisse, / als Ordinate eines variablen Punktes angesehen
wird. Die erste Curve, die bekannte Cotangenteneurve, ist periodisch
mit der Periode = I, die Ordinate durchläuft, wenn %k von einer
ganzen Zahl n bis zur nächstfolgenden n+ 1 ansteigt, alle Werthe von
+00 bis herab zu -—x. Die zweite Öurve ist eine Gerade, welche die
T
Abseissenaxe in dem Punkte = —- schneidet und aufwärts steigend
0
mit ihr einen spitzen Winkel bildet, dessen Tangente den nach $ 8
3 : DT ß > - : re
kleinen Werth = besitzt. Daraus folgt, dass je zwei auf einander
=
folgende ganze Zahlen n und n+1 eine einzige Wurzel % zwischen
sich enthalten. Bezeiehnen wir diese Wurzel mit %, und setzen:
KMz=nts, (29)
so folgt, dass e, positiv und <I1; ferner, dass e, von | her gegen 0
hin abnimmt, wenn n von 1 bis © wächst: endlich, dass diese Ab-
NTo
$
2
nahme wesentlich nur in dasjenige Gebiet der n fällt, für welches
n
nahe —1 (also n gross), während für alle kleineren Werthe von n g,
nahe —=1, und für alle grösseren Werthe von n e, nahe = ist.
Wir wollen noch die Differenz:
ne, (30)
also
knzaKn = a-A
setzen, wobei a, wie im vorigen Abschnitt $ 5, eine positive ganze
Zahl bedeuten soll, und bemerken, dass A stets positiv und klein
gegen a ist.
Prasex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1141
$ 14.
Die weitere Behandlung des Problems schliesst sich ganz an die
fo)
analoge, im vorigen Abschnitt von $ 5 an durchgeführte an. Die all-
gemeine Lösung der Aufgabe ist durch Verallgemeinerung von (26):
pl
= -2 > D,sin (k,) sin Be Zi ak);
—
m
N
ir}
io)
[77
Fe
AS}
213.
|
{dl
Sn
wobei die Constanten D, (positiv) und S,, Amplitude und Phasencon-
stante der n'“” Partialschwingung, von Glied zu Glied beliebig wechseln
können. Nach der Voraussetzung (4) sind die Amplituden D, nur für
grosse Werthe von n von Null verschieden.
Da die Amplituden der Resonatorschwingung den Factor sin (r%,)
enthalten, so findet ein merkliches Mitschwingen des Resonators nur
bei denjenigen Partialschwingungen der erregenden Welle statt, für
welche %, nieht nahezu eine ganze Zahl ist, folglich nach (29) e, weder
der 1 noch der O0 nahe liegt, und dies ist eben das Gebiet, wo
T, nr ; n } :
= oder „ nahe — 1, d.h. wo die Partialschwingungen nahe dieselbe
Periode besitzen wie die Eigenschwingung des Resonators.
Aus der Gleichung (20) berechnet sich dann die Function F
folgendermaassen:
BR r . (2rmck,t
ne - > D: sin sche, (5 . ı) -sın | SIT Ir zhu-3) (3 1)
u
n
und daraus nach (2) die Componenten der elektrischen und die der
magnetischen Kraft für alle Orte und Zeiten. Sind dieselben für
t= 0 gegeben, so folgen daraus die Werthe der Constanten D, sin I
n
und D,cos S5,. Dass diese Bestimmung immer eine eindeutige ist,
wird hier nicht bewiesen, kann aber wohl kaum einem Zweifel unter-
liegen.
SOTSe
Fragen wir nun, ob und unter welcher Bedingung es geschehen
kann, dass der zur Zeit { im System herrschende elektromagnetische
Zustand nach Ablauf einer gewissen Zeit T wiederum genau oder wenig-
stens mit sehr grosser Annäherung eintritt. Nach (31) müsste dann
für jede einzelne Partialschwingung, die eine merkliche Amplitude D,
besitzt, die Bedingung gelten:
2rmk,(t+T Zucht 2
2 Kan +aK,-5, = = - + ak &n+ 2r(N + v)
52 ns
1142 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
wobei N eine positive ganze Zahl, und v eine gegen 1 sehr kleine
positive oder negative Zahl bedeutet. Daraus folgt:
kind r
er N +v. (32)
Bildet man diese Gleichung für alle Partialschwingungen des Vorgangs
mit den ÖOrdnungszahlen n,n’,n”, -:- so ergibt sich daraus die Pro-
portion:
knzkartkarı = (N +v):(N’+vY):(N”’+vY):.-.
oder nach (29):
(n +): (m +): (n”’ + Em): = (N +yv):(N’+V):(N”’+v’):.--
die so viel Glieder enthält, als Partialschwingungen im Ganzen vor-
handen sind. Die Erfüllbarkeit dieser Proportion hängt lediglich von
den als bekannt anzunehmenden Wurzeln der transcendenten Gleichung
(28) für k ab, im Übrigen aber weder von dem Anfangszustand des
Systems noch von dem Zustand zur Zeit f.
Nur in zwei besonderen Fällen ist es möglich, die Proportion durch
passende Werthe der Zahlen N und v zu befriedigen. Der erste Fall
ist der, dass die Grössen e alle schr nahe = 0 oder nahe = | sind,
d.h. dass die Perioden der Partialschwingungen sämmtlich beträcht-
lich von der Eigenperiode r, des Resonators abweichen. Dann schwingt,
wie wir im vorigen Paragraphen gesehen haben, der Resonator über-
haupt nicht mit, der ganze Strahlungsvorgang verhält sich ebenso, als
ob der Resonator gar nicht vorhanden wäre, und ist also periodisch
mit der Schwingungsdauer ”. Dieser schon im vorigen Abschnitt er-
ledigte Fall bietet hier kein besonderes Interesse, wir gehen daher
über ihn hinweg.
Der zweite Fall ist der, dass zwar Partialschwingungen mit einer
der Grösse r, nahe gleichen Periode vorkommen, dass aber die An-
zahl dieser Partialschwingungen eine beschränkte ist, oder dass nach
der im $ 6 gewählten Bezeichnung der Strahlungsvorgang auf das
System »abgestimmt« ist. Je grösser aber die Zahl der Partial-
schwingungen wird, für die e von 0 und zugleich auch von 1 merk-
lich verschieden ist, um so grösser werden die Werthe der ganzen
Zahlen N ausfallen, welche die Proportion befriedigen, und eine um
so grössere Zeit 7 berechnet sich aus (32) für die angenäherte Wieder-
kehr des Zustandes. Es wächst offenbar 7 mit jeder neuen Partial-
schwingung, d. h. mit jedem neuen Glied der Proportion im Allge-
meinen um einen sehr grossen Factor, so dass die Zeit T der Wieder-
kehr schon bei einer mässigen Anzahl Partialschwingungen einen sehr
hohen Werth erreichen kann. Gleichwohl wird nicht bewiesen werden
_ Praxex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1143
können, dass bei einer unbegrenzten Anzahl Partialschwingungen die
Zeit T ins Unendliche rückt.
Wenn dagegen die Strahlung nicht »auf das System abgestimmt «
($ 6) ist, d.h. wenn die Partialschwingungen entweder lückenlos oder
mit unregelmässigen Lücken auf einander folgen, so wird schon bei einer
endlichen, nieht gar zu kleinen, Anzahl derselben eine angenäherte
Wiederkehr des früheren Zustandes ausgeschlossen sein für alle Zeiten,
auf die überhaupt die vorliegenden Gleichungen einen Schluss gestatten.
Wir haben nämlich schon im vorigen Abschnitt, $ 7, bemerkt, dass
die Zeit, für welche alle unsere Rechnungen gelten, eine beschränkte
2
ist, dass sie nämlich nothwendig unterhalb — bleiben muss; darüber
2 =
hinaus lässt sich ohne die Kenntniss eines neuen Anfangszustandes
gar nichts über die Integrale aussagen, weder in dem einen noch in
dem anderen Sinne. Sobald sich also ergibt, dass die aus (32) be-
le 2]
rechnete Zeit T der Wiederkehr des Zustandes den Werth = überschrei-
{1}
tet, so ist dies Resultat gleichbedeutend mit dem, dass der zur Zeit
t herrschende Zustand innerhalb des Gültigkeitsbereichs der aufgestell-
ten Integralgleichungen niemals wieder erreicht wird. Da nun 7 nach
den obigen Darlegungen im Allgemeinen verhältnissmässig sehr schnell
mit der Zahl der Partialschwingungen wächst, so gilt der Satz von
der Unmöglichkeit der Wiederkehr eines früheren Zustandes auch schon
bei einer mässigen Zahl von Partialschwingungen für alle Zeiten, die
überhaupt noch der angestellten Analyse zugänglich sind.
16.
un
Die Energiestrahlung für solche Orte, deren Abstand r vom Kugel-
mittelpunkt von derselben Grössenordnung ist wie N, ergibt sich aus
der allgemeinen Formel (5), wenn man darin für »(e-2). die ge-
2
sammte nach aussen fortschreitende Welle, nach der Gleichung (20)
den hiefür in unserem Fall gültigen Werth:
2)de)
re Gr
oder nach (24):
( p\ 2rck, ;
olt+ ae ) —»,D, cos I (14 2- 2)-»)
c T c
n
einsetzt.
Danach ist die in der Zeit dt durch die ganze Kugelfläche vom
Radius r nach aussen gestrahlte Energie:
1144 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 16. December.
B— ge '>( Ai \». COS = (e+2 _ .) —on \
T ce
x
und:
Die Ausführung der Quadrirung und weitere Behandlung dieses
Ausdrucks auf genau demselben Wege wie in $ 5 ergibt schliesslich
als »Strahlungsintensität« für die Kugeltläche vom Radius r zur Zeit t:
)r .
NE N, $ 2z(a—-A) 9
JERSCHS Sa vo ( en.
2 u. \
e
n a n
wobei A durch die Gleichung (30) definirt ist, oder:
N \ ma a) ll ir
J—= SC +\ A, sin a ("- 4 )+ B, cos u (+- )
= —- 3} C kJ
B C
n a
wobei:
\ 2rA/, r )
, e N y De Em a Hi. D-
A, = Cora nsın ( ) ! Nu+a Nu
N ZA (33)
B, =D, nr. COS & (’- 2) Ana N \
Nur wenn der Ausdruck von J schon für mässige Werthe von a zu
einem bestimmten Werth convergirt, kann man von einer Strahlungs-
intensität in bestimmtem Sinne reden, da sonst die Schwankungen der
Strahlungsintensität von gleicher Grössenordnung werden wie die Perio-
den der Partialschwingungen.
Das Anfangsglied der Reihe für J entspricht wieder der Summe
der Strahlungsintensitäten aller einzelnen Partialschwingungen, die Coef-
fieienten A, und BD, aber, welche die Abhängigkeit der Strahlungsinten-
sität von Ort und Zeit bedingen, sind hier nicht, wie in Gleichung (17),
constant, sondern sie ändern sich an einem bestimmten Orte mit der
Zeit, und zwar langsam, da A immer klein gegen a ist. Die Strahlungs-
intensität ist also im Allgemeinen nicht periodisch, wie im Falle der
leeren Hohlkugel. Doch erstreckt sich die Abweichung von der Perio-
dieität nur auf diejenigen Partialschwingungen, welche der Eigen-
schwingung des Resonators nahe liegen; denn für alle übrigen ist nach
der Gleichung (30) A nahe = 0, und somit das Vorhandensein des Reso-
nators ganz irrelevant. Ebensowenig wie der Resonator auf solche Wellen
Praxex: Über irreversible Strahlungsvorgänge. 1145
=' {>} b:
reagirt, vermag er einen Einfluss auf sie auszuüben. Wir wollen uns da-
her im Folgenden auf die Betrachtung des Gebiets merklicher Resonanz
(-. nahe = ı) beschränken.
NTo
Im Falle, dass die Wellen nicht auf das System abgestimmt sind
($ 6), dass also die Strahlung aus einer unbegrenzten Anzahl Partial-
schwingungen besteht, deren jede einzelne nur einen kleinen Beitrag zur
Intensität J der Gesammtstrahlung liefert, werden die Werthe der Coef-
fieienten A, und B,. welche die Art der Intensitätsschwankungen an-
geben, wieder wesentlich davon abhängen, ob die vielen kleinen Glieder
der Summen (33) sich verstärken oder schwächen, ob also die Vor-
zeichen der sin bez. eos für die auf einander folgenden Werthe von n gleich
bleiben oder wechseln. Im ersteren Fall findet eine Verstärkung der
kleinen Glieder zu einem merklichen Betrage statt, im zweiten bleibt
die Grösse der Summen von der Grössenordnung eines einzelnen Gliedes
und macht sich in dem Werthe von J nicht bemerkbar. Zu einer mess-
baren Schwankung der Gesammtstrahlung bei nicht abgestimmten Wellen
ist also eine merkliche Interferenz vieler benachbarter Partialsch win-
gungen und mithin eine bestimmte Gesetzmässigkeit in den Werthen
der Phasen nothwendig: der Vorgang muss in gewisser Weise »geord-
net« sein. Sobald diese Ordnung aufhört, hört auch der Einfluss der
Interferenz auf, und die Strahlung wird stationär. Da nun die Con-
stante A in den verschiedenen Gliedern der Summen (33) verschiedene
Werthe besitzt, so werden die Differenzen der Winkel in diesen Summen
mit der Zeit sich verändern, und daraus folgt, dass, wenn zu irgend
einer Zeit der Vorgang geordnet war, er für spätere Zeiten ungeordnet
werden muss. Messbare Schwankungen der Strahlungsintensität J
müssen sich also im Laufe der Zeit ausgleichen.
Andererseits: wenn die Werthe der Phasenconstanten », durchaus
keiner bestimmten Gesetzmässigkeit unterliegen, so kann eine Gesetz-
mässigkeit auch im Laufe der Zeit niemals eintreten; der Vorgang bleibt
immer ungeordnet und die Strahlungsintensität constant.
Es sind aber wohl auch Fälle möglich, wo die Phasenconstanten 7,
derartige Werthe besitzen, dass der Strahlungsvorgang Anfangs unge-
ordnet ist, für spätere Zeiten aber geordnet erscheint. Dann ist die
Strahlungsintensität Anfangs constant und erleidet später merkliche
Schwankungen. Ob ein solcher Vorgang in der Natur eintritt oder,
nicht, hängt von den Bedingungen des Anfangszustandes ab (vergl.
hierüber die Bemerkungen am Schlusse der Einleitung).
1146
Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse
der oceanischen Salzablagerungen, insbesondere
des Stassfurter Salzlagers.
VI. Die Maximaltensionen der gesättigten Lösungen von
Magnesiumchlorid, Kaliumsulfat, Magnesiumsulfat, Kaliumchlorid
und deren Doppelsalzen bei 25°.
Von J.H. vav’r Horr und Dr. F. G. Donnan.
N eender durch eine frühere Untersuchung' der Krystallisationsgang
bei «den im obigen Titel bezeichneten Lösungen festgestellt wurde, sind
im Nachfolgenden die Tensionen der dabei eine Rolle spielenden Mutter-
laugen bestimmt. Offenbar muss diese Tension mit dem Krystallisations-
gang eng zusammenhängen, da letzterer immer so vor sich gehen wird,
dass die Maximaltension abnimmt oder, im Grenzfall, eonstant bleibt.
Andererseits aber bedingt diese Tension, wie sich später zeigen wird,
die Niehtbildung oder Neubildung von Salzen, wie Kieserit (MgSO,.H,O),
Kainit (MgSO,.KCl. 3H,O), Kaliastrakanit oder Leonit? (MgSO,.K,SO,.
4H,O) und Langbeinit (K,SO,. 2MgSO,), welche bei 25° noch nicht
auftreten, wiewohl die für deren Bildung nothwendigen Bestandtheile
vorhanden sind. Dass schliesslich die betreffenden Tensionen, speciell,
wenn auch das Mitvorhandensein des Chlornatriums später berücksichtigt
wird, in Zusammenhang mit dem bei der Bildung der Salzlager ob-
waltenden atmosphaerischen Feuchtigkeitszustand stehen kann, sei als
vorläufige Bemerkung hinzugefügt.
Der benutzte Apparat und die angewandte Messmethode.
Die Tensionen wurden gemessen in einem Apparat, der im Wesent-
3
lichen einem BrEmEr-Frowein'schen Differenzialtensimeter” entspricht,
dahin abgeändert, dass mehrere Tensionen gleichzeitig bestimmt und
Diese Berichte 1397, 1019.
Tense, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1896, 632.
® Zeitschr. f. physik. Chemie, 1, 10, 424. van'r Horr, Spaltung und Bildung
von Doppelsalzen. Engelmann 1897, 45.
van'r Horr und Donnan: Oceanische Salzablagerungen. VI. 1147
verglichen werden konnten. Die kleinen Gefässe a der Fig. ı, etwa
24°" im Durchmesser, enthalten die gesättigten Lösungen, dargestellt
durch Anfeuchten von etwa 3° der betreffenden Salze oder Salzmischung
Fig. 1.
PN ee a Br Ze aa er
]
mit 0°%°4, der schon im Voraus dargestellten nahezu gesättigten Lö-
sung, entsprechend den Ergebnissen der früheren Abhandlung'. Die
grösseren Kugeln b dienen zur Aufnahme der Messflüssigkeit (gereinigten
Rüböls), wenn der Apparat in horizontaler Lage evacuirt wird. Dies Rüb-
öl wird nach Erhitzen auf etwa 110° warm und trocken durch c hinein-
gebracht, zu etwa ein Drittel der Höhe bis 5; dann wird bei ce abge-
! Diese Berichte 1897, Io1g.
1148 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
schmolzen. Die Kugel a, wird mit Schwefelsäure beschickt, die (vier)
gesättigten Lösungen kommen in die übrigen Kugeln a, bis a,, wobei es
vortheilhaft ist, die Reihenfolge so zu wählen, dass voraussichtlich die
Tension von links nach rechts aufsteigt. Beim Evacuiren wird dann der
Apparat zunächst in horizontaler Lage festgehalten, wobei Kugel a,,
aus welcher sich der Wasserdampf mit der grössten Maximaltension
entwickelt, zuerst luftleer wird. Dann wird der Apparat, durch die
freigelassene (durch Schliff vermittelte) Drehung um eine Axe senkrecht
zur Zeichenebene der Fig. ı. in einen Stand gebracht, in welchem das
aus b abfliessende Rühöl a, von a, trennt; nach nunmehriger Evaecuirung
von a, erfolgt weiteres Drehen, damit a, von a, getrennt wird u. S. w.
Schliesslich wurde von der Luftpumpe abgeschmolzen. Der Apparat
wird in einem grösseren Wasserbad (mit Rührer und Regulator') in
genau verticaler Stellung auf 25° erwärmt bis zur constanten Einstellung
des Ölniveaus (nach etwa einer Stunde), während eine hinter demselben
angebrachte, in Millimeter getheilte Milchglasscala die Ablesung erlaubt.
Vor oder nach Messung ist dann noch die Bestimmung der sogenannten
Lufteorreetur nothwendig, wozu sämmtliche Kugeln a in Aether und
Kohlensäure abgekühlt werden bis zur völligen Condensation des Wasser-
dampfs, während dann der zurückgebliebene Druck als Luftdruck von
der bei 25° bestimmten Tension in Abzug kommt.
Versuchsergebnisse.
Die untersuchten gesättigten Lösungen waren die Hauptlösungen,
deren Zusammensetzung durch die frühere Untersuchung gegeben war
und die also in horizontaler Projeetion den Punkten A, bis R, der Fig.2
entsprechen, worin die auf 1000 Molekülen vorhandene Molekülzahl
K,Cl,, K,SO,, MgSO, und Mg(l, nach bez. A,, B,, C, und D, aufgetragen
ist, und die Felder Sättigung an je einem Salz vorstellen:
A,E,M,N,P,@,L, Sättigung an Chlorkalium,
MQOM.K: » » Carnallit (MgCl,K.6H,O),
KeJEM): » » Chlormagnesium,
JR. OR HR: » » Magnesiumsulfathexahydrat,
HRRANAGEG: » » » hepta »
G,N,M,F, » » Schönit (MgK,(SO,),6H,O),
VDE » » Kaliumsulfat.
In der nachstehenden Tabelle ist der Druck zunächst in Millimeter
Rüböl bei 25°, dann (aus dem speeifischen Gewicht d’’ = 0.9092 be-
' vanr Horr, Spaltung und Bildung von Doppelsalzen S. 47.
1149
VI.
Horr und Doxnan: Oceanische Salzablagerungen.
B
VAN T
Fe
“
a
1150 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 16. December.
rechnet) in Millimeter Quecksilber bei 0° (d? = 13.5936) gegeben (Car-
nallit ist als Carn., Schönit als Sch. bezeichnet):
j Salzmoleküle Ba 1000 H,O Druck in Millimetern
eh öl
K,C, IK, SO, |MgSO,| MgCh, | app.I | App. Hg
I. Sättigung an einem Salze.
OOMESOKTELON
DS MECH 6HEO.
2. Sättigung an zwei Salzen.
ECIRRENS OF ER Eee:
SRENS OS Ch ee Eee ee ee: 321.8 | 324 21.6
GISch ME SOMSTIEL OR ee 304-5 | 304.9 | 20.4
H. SO,Mg. 7H,0,80,Mg.6H;0 ..... (12)
J. SO,Mg.6H,0, Mg0l,.6H,0 .......
KEaMEGEMOEE ON Darm
1:2 Carn; OlRR nase Seas teren aa
3. Sättigung an drei Salzen.
DEREIRE)SONBSEIS Ch re
IV OIRS Sch. IM ESO, 27ER ORE ee
P. CIK, MgSO,.7H,0, MgSO, .6H,0
Q.CIRMESO,.6H,0, Cara ....2.
R. MgS0,.6H,0, Carn., MgCl,.. 6H,O
Beziehung zwischen Tensionen und Krystallisationsgang.
Die Beziehung zwischen Tensionen und Krystallisationsgang stellt
sich übersichtlich dar durch die verticale Projection, welche die obere
Hälfte der Fig. 2 bildet. Die horizontale Projecetion, welche von A,
bis A, die Hauptlösungen angiebt, ist dabei derart benutzt, dass z.B.
die Maximaltension (19”"2 Hg) der A, entsprechenden, also der an
Kaliumehlorid gesättigten Lösung, vertical oberhalb XY aufgetragen
mm )
ist, indem A,a der Tension (19”"2) proportional ist, nur ist zur
Raumersparniss der Tensionswerth immer um 5”"” verkleinert, was
den Werth der Abbildung für unseren Zweck nicht beeinträchtigt.
Der Krystallisationsgang am Rande der Figur (bei Anwesenheit zweier
Salze mit gemeinsamem Ion) ist nun dadurch bedingt, dass als End-
punkt der tiefstgelegene Ort erreicht wird, also:
auf A,D, (Kalium und Magnesiumchlorid) Ä,, Sättigung an
Chlormagnesium und Carnallit;
auf D,C, (Magnesiumehlorid und -sulfat) J,, Sättigung an Chlor-
magnesium und Magnesiumsulfathexahydrat;
auf ©, B, (Magnesium und Kaliumsulfat) @,, Sättigung an Mag-
nesiumsulfat und Schönit;
a
u
van'r Horr und Donnan: Oceanische Salzablagerungen. VI. 1151
auf B,A, (Kaliumsulfat und -chlorid) Z,, Sättigung an Kalium-
sulfat und -chlorid.
Von diesen vier tiefstgelegenen Orten X,, J,, @G, und E, gehen
dann immer abwärts die vier sogenannten Krystallisationsbahnen , wel-
che gleichzeitiger Ausscheidung zweier Salze entsprechen, und alle
fallen zusammen im tiefstgelegenen Krystallisationsendpunkt R,, wo
die Tension die kleinstmöglichste ist und zu gleichzeitiger Ausscheidung
der drei Salze, Chlormagnesium, Carnallit und Magnesiumsulfathexa-
hydrat bis zum gänzlichen Eintrocknen führt.
Schliesslich sei der auch theoretisch beweisbare Satz betont, der
im Obigen manche Anwendung findet, dass die Tension durch hin-
zutretende Sättigung an einem neuen Salze sinkt oder, im Grenzfall,
gleich bleibt. Von ersterem sind zahllose Fälle durch die Untersuchung
geprüft, wie z.B. die von CIK und K,SO, gesättigte Lösung eine klei-
nere Tension aufweist (19"" Hg), als diejenige, welehe an CIK (19””2)
und K,SO, (22""2) allein gesättigt ist. Aber auch der Grenzfall ist
in den obigen Daten vertreten und zwar hat die an MgSO,.7H,0
und MgSO,.6H,O gesättigte Lösung (HM) eine Tension (12"”” Hg), die
nicht kleiner wird und werden kann', falls die Lösung auch noch an
Chlorkalium gesättigt ist (P). Sogar auch ohne Lösung bedingt die
gleichzeitige Anwesenheit von beiden Hydraten des Magnesiumsulfats
eine für jede Temperatur bestimmte Tension, die von Frowrm” als
Krystallwassertension (11"”5 bei 25°) in ziemlicher Übereinstimmung
mit unserem Ergebniss gefunden wurde.
Wir haben schliesslich Hrn. van per Hoor zu danken für die
Anfertigung des zur Constanthaltung der Temperatur nothwendigen
Rührwerks.
! Siehe auch Bancrortr, Phase-rule. Journ. of Physic. Chem. Ithaca. New - York
1897. S. 247.
® Zeitschr. f. physik. Chemie. 1, 5.
1152
Über die Invarianten der linearen Substitutions-
gruppen.
Von Tueopor MoLıEn
in Dorpat (Jurjew).
(Vorgelegt von Hrn. Froernxıvs.)
R zwei Noten, die ich in den Sitzungsberichten der Dorpater Natur-
forschergesellschaft publieirt habe, habe ich aus der allgemeinen Theorie
der Zahlensysteme mit nichteommutabeln Einheiten gewisse Schlüsse
auf die Eigenschaften der Substitutionsgruppen gezogen.
Meine Bemerkungen erweisen sich als inhaltlich nahe verwandt
mit den Ausführungen des Hrn. Frosextus, Über Gruppencharaktere
und Über die Primfactoren der Gruppendeterminante, in den Sitzungs-
berichten vom Jahre 1896 und seiner letzten Mittheilung Über die Dar-
stellung der endlichen Gruppen durch lineare Substitutionen. Indessen
habe ich das Hauptgewicht in meiner ersten Note auf die Umkehr-
barbeit der Sätze gelegt. Die Untersuchungen des Hrn. Frogenıus sind
erst soeben durch freundliche Vermittelung des Herrn Verfassers zu
meiner Kenntniss gelangt.
Ich beabsiehtige hier auf einen weiteren Punkt der 'Theorie der
Substitutionsgruppen einzugehen, nämlich auf die Anzahl der Darstel-
lungen der Variabeln einer irreduetibeln Substitutionsgruppe durch
ganze homogene Funktionen der Variabeln einer anderen Gruppe. mit
der erstere isomorph ist.
Dies Problem lässt sich in relativ einfacher Weise mit Hülfe der
charakteristischen Gleichungen der Substitutionsgruppen lösen.
Ich nenne die Gleichungen:
=) dal: Unı)&r (@,k=1--m) (1)
z
kurz die Gleichungen einer linearen Substitutionsgruppe G@, wenn die
n Systeme:
Moriex: Über die Invarianten der linearen Substitutionsgruppen. 1153
bir
> —
DA: x! = > 377 (Wo ... Un_1) Cr, (2)
F OU
die von u, ---w,_, unabhängig sein sollen, die Substitutionsgruppe bilden.
Die characteristischen Gleichungen der Substitutionen S, schreibe ich:
ab
C.(®) er) en (un - DL 1) = (I. (3)
Die Grösse:
— > b;(u) (4)
ist das, was Hr. Frogexıus den Gruppencharakter nennt; ich nehme
diese Bezeichnung hier auf. Diese Grösse ist auch der Coeffieient der
ersten Potenz von w in:
> Co). (5)
h
Als rationale Function des Gruppencharakters bezeichne ich noch
folgende Bildung: ist
B() =bw+bhwmt + lu-ı,
so ist (6)
R(B(u)) = R( b)w + R(bı)wu + + R(b,-ı)Un
Die Gruppe (I) mag im Allgemeinen reductibel sein; dann kann
sie in ihre irreductibeln Bestandtheile zerlegt werden. Von den oz mög-
lichen irreductibeln Gruppen, die die Zusammensetzung von (2) oder
eine isomorphe aufweisen, kann dabei jede mehrfach vertreten sein.
Sind die Gruppencharaktere der irreduetibeln Gruppen:
Aw. kW),
so ist der Gruppencharakter von (2) aus ihnen additiv zusammengesetzt:
Blu) = Aufl) +: + r,f;(u), (7)
wo A,:--A, positive ganze Zahlen, einschliesslich der Null, sind.
Für die Gruppencharaktere irreductibler Gruppen bestehen gewisse
Relationen. Ist //(w) der zu f;(u) inverse Gruppencharakter, so ist:
net ie a _,
o( — (8)
n = dur day E
Wendet man diese Relation auf (7) an, so folgt unmittelbar:
Ol,B) X (9)
Die Operation © vermittelt also die Zerlegung der Gruppe (1) in
ihre irreduetibeln Bestandtheile; ich möchte sie deshalb den Analysator
der Gruppe nennen.
Auf eine Deutung von ($) und (9) komme ich am Schluss zurück.
Sitzungsberichte 1897. 107
1154 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
2
id.
Nimmt man für die gegebene Gruppe p unter einander unabhän-
gige Variabelnsysteme «', y', 2’, --- und , y,2,:-- und bildet aus jedem
der Systeme (2) die sämmtlichen Produete xy, 21--;, so werden letz-
tere lineare Formen der sämmtlichen Producte &,y,2%,---, man erhält
also auf diesem Wege eine lineare Substitutionsgruppe @,, deren Va-
riabelnzahl »n? ist. Diese Gruppe ist, von gewissen speciellen Fällen
abgesehen, stets reduetibel.
Zunächst ist der Gruppencharakter B’(u) dieser Gruppe festzustellen.
Er folgt sofort aus der Bemerkung, dass die Wurzeln einer charakte-
ristischen Gleichung von @, die Produete der Wurzeln der entsprechen-
den charakteristischen Gleichung von @ sind, genommen zu je p mit
Wiederholungen und Vertauschungen. Daraus folgt mit Bezugnahme
auf (5) und die Definition (6):
Der Charakter der Gruppe G, ist die p'* Potenz des Cha-
'akters der Gruppe @.
Der specielle Fall e=y=2= ... kann aus dem allgemeinen ab-
geleitet werden, indem diejenigen Glieder, die durch Vertauschung von
&%,y,2,.-- aus einander hervorgehen, zusammengezogen werden. Die
Wurzeln einer charakteristischen Gleichung werden die Producete der
Wurzeln für @, mit Wiederholungen, aber ohne Vertauschungen. Man
= n r 2 1 R }
erhält die Wurzelsumme, indem man Go) nach steigenden Potenzen
ZA)
von » entwickelt, und den Coeffieienten von »” nimmt. Man über-
zeugt sich leicht davon durch Entwickelung der Zerlegung:
1
(1-@,@)--- (1 — 0,0)”
Man hat in gleicher Schlussfolgerung wie vorhin:
Der Gruppencharakter einer aus sämmtlichen indepen-
denten rationalen ganzen Functionen p'“" Grades der Varia-
beln einer linearen Gruppe gebildeten Gruppe ist der Coef-
ficient von w’ in der Entwickelung von
— Un
Fr ( N (®)
=
nach steigenden Potenzen von uw.
Ich gehe zur Analyse der aus den rationalen Funetionen der
Variabeln gebildeten Gruppe über; es ist der Analysator:
N ix 1 ar
of, )= —> —, (11)
nı C,(w) 9u,
h
Moriex: Über die Invarianten der linearen Substitutionsgruppen. 1155
und der Coeffieient der Potenz w’ in der Entwiekelung von © giebt direet
an, wie oft die Gruppe mit dem Charakter f,(w) durch rationale Funetionen
p“" Grades der Variabeln der gegebenen Gruppe darstellbar ist.
Insbesondere befindet sich unter den mit der gegebenen Gruppe
isomorphen Gruppen stets die Identität, deren Öharakter
> Ur
h
ist. Die Existenz einer solchen Gruppe unter den irreductibeln Bestand-
theilen aber ist gleichbedeutend mit der Existenz einer Invariante.
Demnach ist
1 1
n > C,(o) (12)
der Ausdruck, welcher die Invariantenzahl für jeden Grad liefert.
Es ist nur noch zu zeigen, dass der Analysator (11) nicht iden-
tisch verschwindet; es ist aber. wenn S, die identische Substitution
der Gruppe (2) ist,
C,(@) = (1 —O) ie:
und keine weitere charakteristische Gleichung enthält 1-w in gleicher
of
Potenz; ferner ist — gleich dem Grade der Gruppe mit dem Charak-
OUg ’
ter f,(w). Die Summe (11) enthält also einen Summanden, der beim
Addiren durch etwaiges Zusammenziehen nicht eliminirt werden kann,
und folglich ist der Werth des Analysators nicht identisch Null.
4.
Als besonders einfaches Beispiel wähle ich die Ikosaedergruppe
in drei Variabeln. Die charakteristischen Gleichungen sind:
für die identische Substitution (1-w)’ — 0,
für 15 Substitutionen vom Grade 2 (1-»)(1+») =,
für 20 Substitutionen vom Grade 3 (1-w°) = (0,
für je ı2 und ı2 Substitutionen vom Grade 5
(1-o) fi En E31A7 + o) — 20%
%
Der Analysator für die Invariantenzahl ist
140%
= — = m
(1-02) (1-w°)(1—!°)
der Analysator für die Darstellung der gegebenen Gruppe:
a w"
(1-@*)(1—-w*) (1-05) "
O=
107*
1156 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 16. December.
für die conjugirte Gruppe:
w?°
2-0 (-a)
der Gruppe in 4 Variabeln
>
9 Ta)li=es)j(1-e)
und der Gruppe in 5 Variabeln
Oi
@?
(-o (1-03)
Alle diese Ausdrücke sind nach Potenzen von w zu entwickeln,
wenn die Anzahlen der Darstellungen explieite gesucht werden. Es ist
nur zu bemerken, dass hier sämmtliche Darstellungen einer verlangten
Art gefunden sind, nicht aber die linear unabhängigen Darstellungen,
wenngleich die erste Formel auf die Existenz von 4 Invarianten mit
quadratischer Relation hinzudeuten scheint.
Ich will noch auf die Classe von Gruppen eingehen, deren Variabeln
aus den Variabeln der gegebenen Gruppe als Determinanten (&, 2):
dargestellt werden.
Die charakteristischen Gleichungen haben zu Wurzeln nur Pro-
duete verschiedener Wurzeln der entsprechenden charakteristischen Glei-
chungen der gegebenen Gruppe. Die Anzahl der verschiedenen der-
artigen Gruppen ist nur eine endliche; die Gruppencharaktere sind
offenbar die Coeffieienten der Potenzen von w in:
> u,C,(®). (5)
Diese Gruppen sind insofern häufig von Interesse, als mehrfach lineare
Invarianten irreduetibler Gruppen in Frage kommen; so besitzt bei-
spielsweise die »homogene« Ikosaedergruppe in 4 Variabeln und die
in 6 Variabeln eine bilineare Invariante der in Rede stehenden Form.
In ähnlicher Weise kann auch von Simultaninvarianten zweier
Gruppen gesprochen werden; die Gleichungen (8) und (9) können in
diesem Sinne als Simultaninvarianz-Analysatoren bezeichnet werden.
Ausgegeben am 27. Januar 1898.
1157
SITZUNGSBERICHTE 1897.
DER LIH.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLen.
*Hr. Scnmorter las im Anschluss an seinen Vortrag vom 21.Januar
über die Entwickelung des deutschen Münzwesens von der
Einheitsmünze des Denars zu einem vielgliederigen System
kleiner, mittlerer und grosser Münzen 1300-1600.
Schilderung der ersten grösseren Münzen in Italien, Tirol und Frankreich 150
bis 1300, der Prägung des deutschen Groschens von 1300 ab, des Guldengroschens von
1500 ab, des Goldguldens von 1340 ab, daneben der Hellermünze. Erörterung des tech-
nischen, wirthschaftlichen und rechtlichen Problems eines Systems einer Reihe verschieden
grosser, sich vertretender Münzen. Die grossen Schwierigkeiten des Gelingens und
die tastenden Versuche über sie Herr zu werden: die Ansätze zu einer besonderen
Scheidemünze, die Versuche quantitiver Fixirung der zu prägenden Gross- und Klein-
münze, die durch Sitte und Recht herbeigeführten Bestimmungen, wo in Grossmünze
zu zahlen sei. Der Kampf zwischen der Forderung eines fiskalischen Münzgewinns
und dem Verlangen trotz höherer Kosten der Prägung auch die kleine Münze voll-
wichtig zu prägen. Die deutschen Münz-Ördnungen von 1524, 1551, 1559. Beginn
der Erkenntniss in Italien, die Durchführung besserer Principien in Nordeuropa von
1500 ab.
Ausgegeben am 27. Januar 1898.
* erscheint nicht in den akademischen Schriften.
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1159
VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(Die Schriften, bei denen kein Format angegeben ist, sind in Oetav. — Die mit * bezeichneten
Schriften sind mit Unterstützung der Akademie erschienen, die mit f bezeichneten durch Ankauf
erworben.)
Nova Acta Academiae Caesareae Leopoldino - Carolinae Germanicae naturae curiosorum.
Tom. 65— 67. Halle 1896. 4.
Leopoldina. Amtliches Organ der Kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deutschen Akademie
der Naturforscher. Heft 33. N. 1—11. Halle a.S. 1897. 4.
Sitzungsberichte der K. B. Akademie der Wissenschaften zu München. Mathematisch- physi-
kalische Classe. 1896. Heft 3.4. 1897. Heft 1.2. Philosophisch-philologische und histo-
rische Classe. 1896. Heft 3.4. 1897. Heft I—3. München 1896. 97.
Almanach der Koeniglich Bayerischen Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1897.
München.
Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Mathematisch-
physikalische Klasse. Neue Folge, Bd. 1. N.1. Philologisch- historische Klasse. Neue
Folge. Bd. 1. N.4—8. Bd. 2. N.1—3. Berlin 1897. 4.
Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Geschäftliche
Mittheilungen. 1597. Heft 1. Mathematisch-physikalische Klasse. 1896. Heft 4. 1597.
Heft 1.2. Philologisch-historische Klasse. 1896. Heft 4. 1897. Heft 1.2. Göttingen
1896. 97.
Abhandlungen der mathematisch-physischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften. Bd.23. N.6. Bd. 24. N.1. Leipzig 1897.
Abhandlungen der philologisch- historischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften. Bd.17. N.6. Bd.18. N.1. Leipzig 1897.
Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften
zu Leipzig. Mathematisch-physische Olasse. 1896. IV—VI. 1897. I—Ill. Philologisch-
historische Classe. 1896. U. III. Leipzig 1896. 97.
Preussische Statistik. Hrsg. vom Königlichen statistischen Bureau in Berlin. Bd. 129.2.
143—145 147. Berlin 1897. 4.
Zeitschrift des Königlich Preussischen statistischen Bureaus. Jahrg. 36. Heft 4. Jahrg. 37.
Heft 1.2. Berlin 1896. 97. 4.
Die Fortschritte der Physik. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin.
Jahrg. 46. 1890. Abth.2. Jahrg. 47. 1891. Abth. 1—3. Jahrg. 51. 1895. Abth. 2.
Jahrg. 52. 1896. Abth. 1.3. Braunschweig 1896. 97. Namenregister nebst einem
Sach - Ergänzungsregister zu Bd. 21—43. Bearb. von B. Schwarze. Hälfte 1. Berlin
1897.
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. 25. Jahrg. 1593. 94. Heft 3. Bd. 26.
Jahrg. 1895. Heft 1.2. Berlin 1897.
tJournal für die reine und angewandte Mathematik, gegründet von A. L. Crelle 1826. Bd.
117.118. Berlin 1897. 4.
Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft. Jahrg. 29. N. 17—19. Jahrg. 30. N. 1—4.
6—17. Berlin 1896. 97.
1160 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Landwirtschaftliche Jahrbücher. Bd. 25 (1896). Ergänzungsbd. 3.4. Bd. 26 (1897). Heft 1
— 5. Ergänzungsbd. 1.2. Berlin 1897.
Verzeichnis der in der Formerei der Königlichen Museen käuflichen Abgüsse (Berlin 1893).
2. Nachtrag. Hrsg. 1897.
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen - Wesen im Preussischen Staate. Bd. 44. Heft 5
mit Atlas (Tafel 34—36). Statistische Lief. 1—3. Bd. 45. Heft I—3 mit Atlas
(Tafel 1—14). Statistische Lief. 1. Berlin 1896. 97. 4. und Fol.
Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. 48. Heft 3.4. Bd.49. Heft 1.2.
Berlin 1896. 97.
Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1899. Berlin 1897.
Abhandlungen der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt. Heft 21—23. Berlin
1896. 97.
Jahrbuch der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin
für das Jahr 1895. Bd. 16. Berlin 1896.
Jahresbericht des Direktors des Königlichen Geodätischen Instituts für die Zeit von Aprü
1896 bis April 1897. Potsdam 1897. 12 Ex.
Veröffentlichungen des Königl. Preussischen geodätischen Institutes. Die Neumessung der
Grundlinien bei Strehlen, Berlin und Bonn. Berlin 1397. 4._
Verhandlungen der vom 15. bis 21. October 1896 in Lausanne abgehaltenen Conferenz der
‚permanenten Commission der internationalen Erdmessung. Berlin 1897. 4.
Bericht über die Thätigkeit des Königlich Preussischen Meteorologischen Instituts im Jahre 1896.
Berlin 1897.
Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1891. Beobachtungssystem der Deutschen Seewarte. —
Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen an 10 Stationen II. Ordnung und
an 45 Signalstellen, sowie stündliche Aufzeichnungen an 2 Normal-Beobachtungs-
Stationen. Jahrg. 18. Hrsg. von der Direktion der Seewarte. Hamburg 1896. 4.
Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1895. Beobachtungssystem von Elsass-Lothringen.
Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1895. Strassburg i. E.
1597. 4.
Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1896. Beobachtungssystem der Meteorologischen
Station I. Ordnung Aachen. Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen im
Jahre 1896. Jahrg. 2. Karlsruhe 1897. 4.
Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1896. Freie Hansestadt Bremen. Ergebnisse der
Meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1896. Jahrg. 7. Bremen 1897. 4.
Veröffentlichungen des Königlich Preussischen Meteorologischen Instituts. 1394. Heft 2. 1895.
Heft 2. Ergebnisse der Magnetischen Beobachtungen in Potsdam in den Jahren
1594 und 1895. Berlin 1897. — 1896. Heft 2. Ergebnisse der Beobachtungen an
den Stationen II. und III. Ordnung im Jahre 1896. Berlin 1897. — Ergebnisse der
Meteorologischen Beobachtungen in Potsdam im Jahre 1895. Berlin 1897. — Er-
gebnisse der Gewitter-Beobachtungen in den Jahren 1892. 1893, 1894. Berlin
1597. — Ergebnisse der Beobachtungen an den Stationen Il. und III. Ordnung
im Jahre 1893. Berlin 1597. 4.
Beobachtungs - Ergebnisse der Königlichen Sternwarte zu Berlin. Heft N.7. AnorLr Marcvse:
photographische Bestimmungen der Polhöhe. Berlin 1897. 4.
Nuntiaturberichte aus Deutschland. Abth. 4. 17. Jahrhundert. Nuntiatur des Pallotto 1628
— 1630. Bd. 2. Bearb. von Hans Kıewniıng. Berlin 1897.
Quellen und Forschungen aus Italienischen Archiven und Bibliotheken. Hrsg. vom Königl.
Preussischen historischen Institut in Rom. Bd. 1. Heft 1. Rom 1897.
Repertorium germanicum. Regesten aus den päpstlichen Archiven zur Geschichte des Deutschen
Reichs und seiner Territorien im 14. und 15. Jahrhundert. Ilrsg. durch das Königl.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 1161
Preussische historische Institut in Rom. Pontificat Eugen’s IV. (1431— 1447). Bd. 1.
Bearb. von Roserr Arxorp. Berlin 1897.
#Commentaria in Aristotelem graeca. Vol. 14. Pars 2. Ioannis Philoponi in Aristotelis
libros de generatione et corruptione commentaria ed. Hırronymus Vrreiee —
Vol. 15. Ioannis Philoponi in Aristotelis de anima libros commentaria ed. MıcnAeL
Hayovex. Berolini 1897.
#Corpus inseriptionum Atticarum consilio et auetoritate Academiae litterarum Borussicae
editum. Appendix. Defixionum tabellae Atticae. Ed. Rıcarpvs Wurnxscn. Berolini
1897. Fol.
#Corpus scriptorum historiae Byszantinae. loannis Zonarae epitomae historiarum libri XVII.
Tom. 3. Libri NIIT— XVII. Ed. Tueoporvs Bürrner-Wossr. Bonnae 1897.
Monumenta Germaniae historica. Seriptores. Toın. 30. Pars1. Hannoverae 1896. 2. — Leges.
Sectio 2. Capitularia regum Francorum. Tomi 2 pars 3. Hannoverae 1897. 4. — Libelli
de lite imperatorum et pontificum. Tom. 3. Hannoverae 1897. 4. — Scriptorum rerum
Merovingicarum 'T’om. 3. Hannoverae 1896. 4.
® Politische Correspondenz FRIEDRICH’S des Grossen. Bd. 23. Berlin 1596. 2 Ex.
®Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte. Hrsg. von der
Kirchenväter-Commission der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften.
Hippolytus. Bd. 1. Leipzig 1897.
Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archaeologischen Instituts. Bd. 11. Heft 3.4. Bd. 12.
Heft 1.2. Berlin 1896. 97.
Mittheilungen des Kaiserlich Deutschen Archaeologischen Instituts. Athenische Abtheilung. Bd.21.
Heft 3.4. Bd. 22. Heft1.2. Athen 1896. 97.
Mittheilungen des Kaiserlich Deutschen Archaeologischen Instituts. Roemische Abtheilung.
Bqd.11. Fase.3.4. Bd.12. Fasc.1.2. Rom 1896. 97.
®GERHARD, Epvard. Ziruskische Spiegel. Bd.5. Bearb. von A. Krücmann und G. Körte.
Heft 15. 16. (Schluss.) Berlin 1597. 4.
Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel. Bd. 12. Heft 4. Berlin 1597.
Mittheilungen aus der Physikalisch- Technischen Reichsanstalt. 1397. 8 Sep.-Abdr.
Übersicht über die Geschäftsthätigkeit der Aichungsbehörden während der Jahre 1895 und
1896. Hrsg. von der Kaiserlichen Normal-Aichungs- Commission. Berlin 1896. 97. 4.
Chronik der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin. 1. Oktober 1895 bis 1. Oktober
1596. Berlin 1896.
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. Jahrg. 19: 1596. Hamburg 1896. 4.
Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen im System der Deutschen Seewarte für das
Lustrum 1891—1895. Hrsg. von der Direktion der Deutschen Seewarte. Ham-
burg 1896. 4.
Jahres-Bericht über die Thätigkeit der Deutschen Seewarte. 19. Für das Jahr 1896. Ham-
burg 1897.
Tabellarischer Wetterbericht hrsg. von der Deutschen Seewarte. Jahrg. 21. 1896. N. 275— 366.
Jahrg. 22. 1897. N. 1—273. Hamburg 1896. 97. Fol.
Anzeiger des germanischen Nationalmuseums.. Jahrg. 1396. Nürnberg 1896. 4.
Mitteilungen aus dem germanischen Nationalmuseum. Jahrg. 1896. Nürnberg 1596. 4.
Catalog der Astronomischen Gesellschaft. Abth.1. Stück 9. Leipzig 1597. 4.
Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 50. Heft 4. Bd. 51. Heft 1—3.
Leipzig 1896. 97.
Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Hrsg. von der Deutschen Morgenländischen
Gesellschaft. Bd. 10. N. 2. 4. Leipzig 1897.
Schriften der Physikalisch-Ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg i. Pr. Jahrg. 37. Königs-
ber& 1896. 4.
1162 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Jahresbericht des Coppernicus-Vereins für Wissenschaft und Kunst zu Thorn. 43. 1896 bis
1897. Thorn 1897.
Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge. Bd.9. Heft 2. Dan-
zig 1897.
Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein für Neu-Vorpommern und Rügen in
Greifswald. Jahrg. 28. 1896. Berlin 1897.
Jahres- Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. 74. 1896 nebst Er-
gänzungsheft. Breslau 1897.
Bericht der wissenschaftlichen Gesellschaft Philomathie in Neisse. 25 —28. 1888 — 96. Neisse
1890 — 97.
Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. Jahrg. 11. Heft 3.4. Jahrg. 12.
Heft 1. Posen 1896. 97.
Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg. Jahrg. 38. Berlin 1896.
Helios. Abhandlungen und Mittheilungen aus dem Gesammigebiete der Naturwissenschaften.
Organ des Naturwissenschaftlichen Vereins des Regierungsbezirkes Frankfurt.
Bd. 14. Berlin 1897.
Societatum Litterae. Verzeichniss der in den Publikationen der Academieen und Vereine
aller Länder erscheinenden Einzelarbeiten auf dem Gebiete der Naturwissenschaften.
Jahrg. 10. 1896. N. 7—12. Jahrg. 11. 1897. N. 1—6. Berlin 1896. 97.
Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 72. Heft 1.2. Bd. 73. Heft 1. Görlitz 1896. 97.
Jecur, Rıcnarn. Codex diplomaticus Lusatiae superioris II. Heft 2. Görlitz 1897.
Verzeichniss der auf der Königlichen vereinigten Friedrichs - Universität Halle- Wittenberg zu
haltenden Vorlesungen. Winterhalbjahr 1896/97. Sommerhalbjahr 1897. Winterhalb-
Jahr 1597/98. Halle a.S. 1896. 97.
Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Neue Folge.
Heft 23. Erfurt 1897. 2 Ex.
Astronomische Nachrichten. Begründet von H.C.Scuumacner. Bd. 142—144. Kiel 1897. 4.
Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein. Bd.11. Heft1. Kiel 1897.
Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. Hrsg. von der Kommission zur wissenschaftlichen
Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und der Biologischen Anstalt auf Helgo-
land. Neue Folge. Bd. 2. Heft 1. Abth. 2. Heft2. Kiel und Leipzig 1897. 4.
Mittheilungen des Deutschen Seefischereivereins. Bd.12. N. 10—12. Bd. 13. Nr. 1—11.
Berlin 1896. 97.
Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bd. 22. Heft 2.3. Bd. 23.
Heft 1. Hannover und Leipzig 1897.
Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig. 10. Für die Vereinsjahre
1895/96 und 1896/97. Braunschweig 1897.
Braunschweig im Jahre 1897. Festschrift den Theilnehmern an der 69. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte gewidmet von der Stadt Braunschweig. Hrsg.
von Ruporr Brasıus. Braunschweig 1897.
Abhandlungen , hrsg. von der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft. Bd.20. Heft1.
Bd. 23. Heft 1—4. Frankfurt a. M. 1896. 97. 4.
Bericht der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main. Vom
Juni 1896 bis Juni 1897. Frankfurt a. M. 1897.
Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1895
— 1896. Frankfurt am Main 1897.
Verwaltungs-Bericht der Königlichen Landesbibliothek zu Wiesbaden über das Etatsjahr 1896/97.
Wiesbaden 1897.
Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande, Westfalens und
des Reg.-Bezirks Osnabrück. Jahrg. 55. Hälfte 2. Jahrg. 54. Hälfte 1. Bonn 1896. 97,
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 1163
Veröffentlichungen der Königlichen Sternwarte zu Bonn. N.2. F. Küsıser: Untersuchungen
über die Eigenbewegungen von 335 Sternen. Bonn 1897. 4.
Sitzungsberichte der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Bonn.
1896. Hälfte 2. 1897. Hälfte 1. Bonn 1896. 97.
Bonner Jahrbücher. Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande.
Heft 100. 101. Bonn 1896. 97.
Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 31. Giessen 1896.
Abhandlungen des Königl. sächs. meteorologischen Institutes. Heft 2. Leipzig 1897. 4.
Das Klima des Königreiches Sachsen. Amtliche Publication des König]. sächsischen me-
teorologischen Institutes. Heft 4. Chemnitz 1897. 4.
Vorläufige Mittheilung der Beobachtungs - Ergebnisse von 12 Stationen II. Ordn. in Sachsen.
August 1896 bis März 1897. Chemnitz. 4.
tHedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd.35. Heft 6. Bd. 36. Heft 1—5. Dresden
1896. 97.
Zeitschrift für Naturwissenschaften. Organ des naturwissenschaftlichen Vereins für Sachsen
und Thüringen. Bd. 67. Heft I—5. Bd. 69. Heft 5.6. Bd.70. Heft 1.2. Leipzig
1894. 97.
Zeitschrift für physikalische Chemie, Stöchiometrie und Verwandtschaftslehre. Hrsg. von Wırn.
Osrwarp und J. H.van’r Horre Bd.21. Heft3.4. Bd. 22. Heft1.3.4. Bd. 23.
Bd. 24. Heft 1.2. Leipzig 1896. 97.
Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. Beiheft2 zu Jahrg. 14 = Mit-
teilungen aus dem Naturhistorischen Museum in Hamburg. Jahrg. 14. Hamburg 1897.
Mitteilungen der Mathematischen Gesellschaft in Hamburg. Bd.3. Heft 7. Leipzig 1897.
Abhandlungen hrsg. vom Naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen. Bd.14. Heft2. Bremen
1897.
Sitzungsberichte der physik.- med. Gesellschaft zu Würzburg. Jahrg. 1896. N. 1—11. Titel
und Inhalt. Würzburg 1897.
Verhandlungen der physik.-med. Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge. Bd. 30. 1896.
Würzburg 1897.
Sitzungsberichte der Physikalisch-medicinischen Societät in Erlangen. Heft 28. 1896. Er-
langen 1897.
Hochschul- Nachrichten. Jahrg. 8. N. 85.86. München 1897. 4.
Verhandlungen des historischen Vereines der Oberpfalz und von Regensburg. Bd. 49. Regens-
burg 1897.
Allgemeine Zeitung. Beilage. Ausgabe in Wochenheften. Jahrg. 1897. Heft 1—39. Mün-
chen. 1897. 4.
Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Jahrg. 53. Stuttgart
1897.
Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Neue Folge. Jahrg. 5. 6. 1896. 97.
Stuttgart 18597. Dazu Beilage: Württembergisch Franken. Neue Folge. 6. Schw.
Hall 1897.
Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 208— 211. Tübingen 1896.
Neue Heidelberger Jahrbücher. Hrsg. vom historisch - philosophischen Vereine zu Heidel-
berg. Jahrg. 7. Heft 1. Heidelberg 1897.
Mittheilungen der naturhistorischen Gesellschaft in Colmar. Neue Folge. Bd. 3. Jahre 1895
und 1896. Colmar 1896.
Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, des Ackerbaues und der Künste im Unter-
Elsass. Monatsbericht. Bd. 30. Heft 9. 10. Bd. 31. Heft 1—6. Strassburg 1897.
Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz. 19. Für das Vereinsjahr 1896— 97. Metz
1897.
1164 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
FALTMANN, WirHnerLm. Die Urkunden Kaiser Sigmunds (1410 —1437). Bd.1. Lief. 2.
Bd. 2. Lief.1. Innsbruck 1897. 4.
®BErHE, Arsreecnr. Das Nervensystem von Carcinus Maenas. Th. 1. Mittheilung 1.2.
Bonn 1897. Sep.-Abdr.
— . Vergleichende Untersuchungen über die Functionen des Oentralnerven-
systems der Arthropoden. Bonn 1897. Sep.-Abdr.
Dessoır, Max. Geschichte der neueren deutschen Psychologie. 2. Aufl. Halbbd.1. Berlin 1897.
®Deussen, Paur. Sechzig Upanishad’s des Veda aus dem Sanskrit übersetzt und mit Ein-
leitungen und Anmerkungen versehen. Leipzig 1897. 2 Ex.
®G. LEIEUNE Diriıcater’s Werke. Hrsg. von L. Kroxecker. Fortgesetzt von L. Fucas.
Bd. 2. Berlin 1897. 4. 2 Ex.
#DoveE, Kart. Deutsch-Südwest-Afrika. Ergebnisse einer wissenschaftlichen Reise im
südlichen Damaralande. Gotha 1896.
® Ergebnisse der Plankton- Expedition der Humboldt- Stiftung. Bd.1l. F.f. Heinrich Sım-
roru: Die Brachiopoden. Bd. I. K.b. Carr Cnvx: Die Siphonophoren. Kiel und
Leipzig 1897. 4. 2 Ex.
"Philonis Alexandrini opera quae supersunt ed. Leorornnus (on et Paurus WENDLAND.
Vol. 2. Berolini 1897.
"Prosopographia imperü Romani saec. 1. II. III. Pars }. 2. Consilio et auetoritate Academiae
scientiarum Regiae Borussicae ed. Erımarvus Kress et Hermannus Dessav. Bero-
lini 1897.
#Saromon, Wiruers. Über Alter, Lagerungsform und Entstehungsart der periadriatischen
granitischkörnigen Massen. Habilitationsschrift. Wien 1897.
®Scumipr, Rıcnarnd. Das Kamasutram des Vatsyayana, die indische ars amatoria nebst
dem vollständigen Commentare (Jayamangalä) des Yacodhara aus dem Sanskrit
übers. und hrsg. Leipzig 1897. 2 Ex.
VOLKENS, GEORG. Der Kilimandscharo. Berlin 1897.
"Biographische Blätter. Vierteljahrschrift für lebensgeschichtliche Kunst und Forschung.
Hrsg. von A. Berrerneım. Bd. 1.2. Berlin 1895. 96.
TBiographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog. Hrsg. von Avon BETTELHEm. Bd. 1.
Berlin 1897.
Jahrbuch der Elektrochemie. Berichte über die Fortschritte des Jahres 1894. 95. 96. Jahrg. 1
— 3. Halle a.S. 1895 — 97.
Kantstudien. Philosophische Zeitschrift hrsg. von Hans VaımınGer. Bd 1. Heft 3.4. Bd. 2.
Heft 1—3. Hamburg und Leipzig 1897.
"Minerva. Jahrbuch der gelehrten Welt. Hrsg. von K. Trüsser. Jahrg. 7. 1897 — 98.
Strassburg 1898.
Zeitschrift für Elektrotechnik und Elektrochemie. Seit Jahrg. 2 unter dem Titel: Zeitschrift
‚für Elektrochemie. Organ der Deutschen Elektrochemischen Gesellschaft. Jahrg. 1—3.
Halle a. S. 1894 — 97. 4.
Bastian - Feier am 26. Juni 1896. Berlin 1896. Sep.-Abdr.
Barka,. Rıcmarn. Altnordische Stoffe und Studien in Deutschland. Mit Unterstützung der
»Gresellschaft für deutsche Wissenschaft ete. in Böhmen«. Abschnitt 1. Bayreuth
1596.
Beirsreis, F. Handbuch der organischen Chemie. 3. Aufl. Lief. 0— 82. Hamburg und
Leipzig 1896. 97.
Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde- Angelegenheiten der Stadt Oberhausen
für die Zeit vom 1. April 1895 bis 31. März 1896. Oberhausen. 4.
BerrnoLp, GernarD. David Fahricius und Johann Kepler, vom neuen Stern. Facsimile-
druck mit einem Nachworte. Norden und Norderney 1897.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 1165
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Preuss. Geologischen Landesanstalt. Berlin 1897. 2.
Borcnarpr, Lupwıc. Die aegyptische Pflanzensäule. Ein Kapitel zur Geschichte des
Pflanzenornaments. Berlin 1897. 4.
Busve, H. Wissenschaftliche Forschung und chemische Technik. Festrede beim Rektorats-
Wechsel an der Grossh. Badischen Technischen Hochschule zu Karlsruhe am 31. Ok-
tober 1896. Karlsruhe 1896.
Caspar, F. R. Die Seele des Menschen, ihr Wesen und ihre Bedeutung. Dresden [1897].
Currıvs, E., und Kauperr,2J. A. Karten von Attika. Heft 9. Lief. 1. Berlin 1897. 4.
CurrzE, Maxımırıan. (Quadrat- und Kubikwurzeln bei den Griechen nach Heron’s neu auf-
gefundenen Merpıra. Leipzig 1897. Sep.-Abdr.
u, Petri Philomeni de Dacia in algorismum vulgarem Johannis de Sacro-
bosco commentarius. Una cum algorismo ipso ed. et praefatus est. Hauniae 1897.
Dosserr, Epvarn. Der Kunstunterricht in alter Zeit. Rede am 27. Januar 1397 ge-
halten. Berlin 1897. 4.
von EnGernarpr, B. Nachträge zum dritten Bande meiner Astronomischen Beobachtungen.
Kiel 1896. 4. Sep.- Abdr.
Ergebnisse der Untersuchung der Hochwasserverhältnisse im Deutschen Rheingebiet. Hwsg.
von dem Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie im Grossherzogthum
Baden. Heft 3.4. Berlin 1897. 4.
Gasser, Avon. Das Weltprinzip und die transcendentale Logik. Leipzig 1897.
GERBER. W. J. Die hebräischen Verba denominativa. Mit Unterstützung der »Gesellschaft
zur Förderung deutscher Wissenschaft ete. in Böhmen«. Leipzig 1896.
von GosstLEr, Gustav. Wilhelm der Grosse in seinen Beziehungen zur Kunst. Rede bei
der Jahrhundertfeier der Königlichen Akademie der Künste am 20. März 1597.
Berlin 1897. 4.
TGRIMM, JACOB, und Grımm. Wırnerm. Deutsches Wörterbuch. Bd.4. Abth.1. Th.2. Lief.
12. Bd.9. Lief. 9—11. Leipzig 1897. 4.
Hamann, Orro. Europäische Höhlenfauna. Jena 1896.
Hanssen, €. J. T. Reform chemischer und physikalischer Berechnungen. München 1897. 4.
Hernerr, F. R. Der Einfluss der Blasticität der Pendel bei absoluten Schwerebestimmungen.
Kiel 1897. 4. Sep.-Abdr.
Hexskıng. Die Deutsche Seefischerei. Berlin 1896. Sep. - Abdr.
Hesse, Lupwiıs Orro. Gesammelte Werke. Hrsg. von der math.-physikalischen Classe
der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. München 1897. 4.
van'r Horr, J. H. Vorlesungen über Bildung und Spaltung von Doppelsalsen. Deutsch
bearb. von Tr. Pıvr. Leipzig 1897.
Keunmann, Gusrav. Die Berliner Blektrizitätswerke bis Ende 1896. Berlin und München
1897. 4.
Kevurrer, Max. Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek zu Trier.
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Kxoprauen, Emır. Ökologische Anatomie der Holzpflanzen der südafrikanischen immer-
grünen Buschregion. Habilitationsschrift. Tübingen 1896.
Kräner, Aususrın. Über den Bau der Korallenriffe und die Planktonvertheilung an den
Samoanischen Küsten. Kiel und Leipzig 1897.
Kypxe, HeısRıch [pseud.: Hesrıcvs vom Bereel. Zum Ehren- Gedächtnis des Dom-
Dekans, nachmaligen Hofgerichts- Präsidenten Ewald Jürgen von Kleist, des Erfinders
der Kleist’schen Flasche. Berlin 1897.
LauprecHtr, (Gumo. Wetterperioden. Wissensch. Beilage zum Jahresbericht des Gym-
nasiums zu Bautzen. Bautzen 1597. 4.
1166 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Lermann, S. Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft. Nachtrag. Berlin 1897.
Lrororn, G. DÜterus und Kind von der ersten Woche der Schwangerschaft bis zum Be-
ginn der Geburt, und der Aufbau der Placenta. Text und Atlas. Leipzig 1897.
8 und Quer-Fol.
Leprsıvs, Rıcmarn. Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien. Ergänzungsbd. Hrsg.von EpuArv
Navirze. Bearb. von Kurr Serne. Lief. 1 und Text Bd. 1. Leipzig 1897. Fol. und 4.
Marcuse, Anporr. Bemerkungen zu dem Bericht der Herren Schnauder und Hecker über
die am photographischen Zenithteleskop erhaltenen Resultate. Berlin 1896. 4.
————, Über die photographische Bestimmungsweise der Polhöhe. Berlin 1896.
4. Sep. - Abdr.
MARHOFFER, ALBERT. Bücherverzeichniss der Stadtbibliothek Coblenz. Coblenz 1896.
Marscnıe, Paur. 4 Separatabdrücke zur Kenntniss afrikanischer Säugethierformen.
Mırkau, Frerz. Verzeichniss der Bonner Universitätsschriften 181S—1885. Bonn 1897.
Mörrer, M. Die Naturwissenschaften und die Religion. Braunschweig 1897.
Morrxe's Militärische Werke. 1. Militärische Korrespondenz. Th. 3. 1870/71. Abth. 3.
Waffenstillstand und Friede. Hrsg. vom Grossen Generalstabe, Abth. für Kriegs-
geschichte. Berlin 1897.
Die Nordsee- Expedition 1895 des Deutschen Seefischerei- Vereins. V.Henxsen und (€. Arsıein:
Über die Eimenge der im Winter laichenden Fische. Kiel und Leipzig 1897. 4.
Programm der Grossherzoglich Badischen Technischen Hochschule zu Karlsruhe für das
Studienjahr 1897/98. Karlsruhe 1897.
Rerrzenstein, Rıcmarn. Geschichte der griechischen Etymologika. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der Philologie in Alexandria und Byzanz. Leipzig 1897.
RırrseneL, Hermann. (edächtnissrede zur Feier des 100. Geburtstages Seiner Majestät
des hochseligen Kaisers Wilhelm des Grossen, gehalten in der Königlichen Technischen
Hochschule zu Berlin. Berlin 1897.
SchucHarpr, Huco. Zur Geographie und Statistik der kharthwelischen (südkaukasischen)
Sprachen. Gotha 1897. 4. Sep. - Abdr.
Scnur, W. Determination of the diameter and the compression of the planet Mars from
observations with the Repsold heliometer of the Royal Observatory, Göttingen. London
1596. Sep.-Abdr.
ScHwickeErt, Jom. Jos. Ein Triptychon klassischer kritisch - exegetischer Philologie. Leipzig
und Würzburg 1896.
SrERN, Wirnern. Kritische Grundlegung der Ethik als positiver Wissenschaft. Berlin 1897.
Urkunden-Buch der Stadt Lübeck. Hrsg. von dem Vereine für Lübeckische Geschichte
und Alterthumskunde. Th. 10. Lief. 1—4. Lübeck 1897. 4.
Militärische Schriften weiland Kaiser Wırnzım’s des Grossen Majestät. Hrsg. vom König-
lich Preussischen Kriegsministerium. Bd. 1.2. Berlin 1897. 4.
Wisticenus, Hans. Über »activirte« Metalle (Metallpaare). Habilitationsschrift der Tech-
nischen Hochschule zu Karlsruhe. Leipzig 1896.
Programme des Königstädtischen Gymnasiums (2 Ex.),. des Lessing- Gymnasiums (6 Ex.),
der 1. (5 Ex.), 2. (6 Ex.), 6. (4 Ex.), 7. (4 Ex.), 8. (4 Ex.), 9. (3 Ex.) und 10. (2 Ex.)
Städtischen Realschule, sämtlich in Berlin, über das Schuljahr 1596 — 97.
47 akademische Schriften der Universität Giessen aus den Jahren 1896. 97.
89 akademische Schriften der Universität Kiel aus den Jahren 1896. 97.
62 akademische Schriften der Universität Strassburg aus den Jahren 1896. 97.
Anzeiger der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe. Jahrg. 1896. N. 26.27. 1897. N. 1— 25. Philosophisch - historische
Classe. Jahrg. 1896. N. 25— 27. 1897. N.1—24. Wien 1896. 97.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 1167
Denksschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch -naturwissen-
schaftliche Classe. Bd. 63. Philosophisch- historische Classe. Bd. 44. Wien 1896. 4.
Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien. Mathematisch-natur-
wissenschaftliche Classe. Bd. 105. Abth. 1. 2a. 2b. 3. 1896. Philosophisch - historische
Classe. Bd.134. 135. 1895. 96.
Fontes rerum austriacarum. Österreichische Geschichts- Quellen. Hrsg. von der historischen
Commission der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Abth.2. Bd. 49.
Hälfte 1. Wien 1896.
Die attischen Grabreliefs. Hrsg. im Auftrage der Kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften zu Wien. Lief. 9. Berlin 1897. 4.
Mittheilungen der prähistorischen Commission der Kais. Akademie der Wissenschaften. Bd.1.
N. 4. Wien 1897. 4.
Tabulae codicum manu scriptorum praeter graecos et orientales in bibliotheca: palatina Vindo-
bonensi asservatorum ed. Academia Caesarea Vindobonensis. Vol. 9. Vindobonae
1897.
Huser. Anrons. Geschichte der Gründung und der Wirksamkeit der Kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften während der ersten fünfzig Jahre ihres Bestandes. Wien 1897.
Jahrbuch der kaiserlich- königlichen geologischen Reichsanstalt. Bd. 46. Heft 2—4. Bd. 47.
Heft 1. Wien 1896. 97.
Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1897. N.1—10. Wien 1897. 4.
Jahrbücher der k. k. Oentral- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Th.1. Jahrg.
15894 — 96. Neue Folge. Bd. 31— 33. Wien 1896. 97. 4.
Mittheilungen der k. k. Central- Commission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und
historischen Denkmale. Bd. 23. Heft 1—4. Wien und Leipzig 1897. 4.
Verhandlungen der k. k. zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wien. Bd. 46. Heft 13 —15.
Bd. 47. Heft 1—8. Wien 1896. 97.
Archiv für Österreichische Geschichte. Bd. 83. Hälfte 2. Wien 1897.
Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd.26. Heft 6. Bd.27. Heft 1—5.
Wien 1896. 97. 4.
Mittheilungen der kais. könıgl. geographischen Gesellschaft in Wien. Bd.39. (Neue Folge 29.)
Wien 1896.
Mittheilungen der Section für Naturkunde des Österreichischen Touristen - Club. Jahrg. 8.
Jahrg. 9. N.1—11. Wien 1896. 97. 4.
Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. Bd. 3
Wien 1897.
Verhandlungen der österreichischen Gradmessungs-Commission. Protokolle über die am
19. Juni 1896 und am 21. April 1897 abgehaltenen Sitzungen. Wien 1896. 97.
Publicationen für die Internationale Erdmessung. — Astronomische Arbeiten des k. k. Grad-
Se
|
messungs-Bureau. Bd.S. Prag, Wien, Leipzig 1896. 4.
Jahrbuch der Wiener k. k. Kranken - Anstalten. Jahrg. 4. 1895. Wien und Leipzig 1897.
Bericht über die volksthümlichen Universitätsvorträge im Studienjahr 1896/97. Wien 1897.
Die feierliche Inauguration des Rectors der Wiener Universität für das Studienjahr 1897/98
am 28. October 1897. Wien 1897.
Öffentliche Vorlesungen an der k. k. Universität zu Wien im Sommer -Semester 1897 und
im Winter - Semester 1897/98. Wien 1897.
Übersicht der akademischen Behörden, Professoren etc. an der k. k. Universität zu Wien für
das Studienjahr 1897/98. Wien 1897.
Annalen der k. k. Universitäts-Sternwarte in Wien. Bd. 10—12. Wien 1896. 4. Dazu
Sternkarten N.5—7 in 2 Ex.
Jahres- Bericht des Museums Francisco- Carolinum. 55. Linz 1897.
» r ” . * .
1168 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Bancararı, Guscav. Bibliotheks - Katalog des Museum Francisco-Carolinum in Linz a. D.
Linz 1897.
Jahresbericht der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften für das ‚Jahr 1896.
Prag 1897.
Sitzungsberichte der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Mathematisch-
naturwissenschaftliche Classe. 1896. I. 11. Classe für Philosophie, Geschichte und Phi-
lologie. 1896. Prag.
Mittheilungen der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in
Böhmen. N.T. Prag 1897.
Rechenschafts - Bericht über die Thätigkeit der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissen-
schaft, Kunst und Literatur in Böhmen im Jahre 1896. Prag 1897.
Übersicht über die Leistungen der Deutschen Böhmens auf dem Gebiete der Wissenschaft,
Kunst und Literatur im Jahre 1894. Hrsg. von der Gesellschaft zur Förderung
deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen. Prag 1897.
Beiträge zur deutsch-böhmischen Volkskunde. Hrsg. von der Gesellschaft zur Förderung
deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen. Bd.1. Heft 1.2. Prag
1896.
Bibliothek Deutscher Schriftsteller aus Böhmen. Hrsg. im Auftrage der Gesellschaft zur
Förderung deutscher Wissenschaft. Kunst und Literatur in Böhmen. Bd. 5—7.
Wien, Prag, Leipzig 1896. 97.
Forschungen zur Kunstgeschichte Böhmens. Veröffentlicht von der Gesellschaft zur För-
derung deutscher Wissenschaft. Kunst und Litteratur in Böhmen. I. I. Text und
Tafeln. Prag 1896.97. Fol.
Astronomische Beobachtungen an der k. k. Sternwarte zu Prag in den Jahren 1888, 1889,
1890 und 1591. Appendix. Prag 1897. 4.
Magnetische und meteorologische Beobachtungen an der k. k. Sternwarte zu Prag im Jahre 1896.
Jahrg. 57. Prag 1897. 4.
Die feierliche Installation des Rectors der k. k. Deutschen Carl- Ferdinands- Universität in
Prag für das Studienjahr 1896/97 am 16. Nov. 1896. Prag 1896.
Ordnung der Vorlesungen an der k. k. deutschen Carl- Ferdinands-Universität zu Prag im
Sommersemester 1897 und im Wintersemester 1897/98. Prag.
Personalstand der kais. kön. deutschen Carl- Ferdinands-Universität in Prag zu Anfang des
Studien- Jahres 1897/98. Prag.
Spisüv poctönych jubilejni cenou Kral. Ceske Spolecnosti Näuk v Praze. Cislo 7.8. V Praze
1896. 97.
Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn. Bd. 34. Brünn 1896.
Müttheilungen des Historischen Vereines für Steiermark. Heft 44. Graz 1896.
Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark. Jahrg. 1895. 1896 =
Heft 32. 33. Graz 1896. 97.
Verzeichnis der Vorlesungen an der k. k. Karl- Franzens-Universität in Graz für das Sommer-
Semester 18975; Winter - Semester 1897/98. Graz. 4.
Jahresbericht des steiermärkischen Landesmuseums Joanneum. 85. 1896. Graz 1897.
Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie. Hrsg. von dem Geschichtsvereine
für Kärnten. Jahrg. 18. Klagenfurt 1897.
Carinthia I. Mittheilungen des Geschichisvereines für Kärnten. Jahrg. 57. Klagenfurt 1897.
Jahres- Bericht des Geschichtsvereines für Kärnten in Klagenfurt für 1896. Klagenfurt 1897.
Jahrbuch des naturhistorischen Landes- Museums von Kärnten. Heft 24. Klagenfurt 1897.
Naturhistorisches Landesmuseum von Kärnten. Diagramme der magnetischen und meteoro-
logischen Beobachtungen zu Klagenfurt. Von Fer». Seerann. Witterungsjahr 1896.
Klagenfurt. 4.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 1169
Mittheilungen des Musealvereines für Krain. Jahrg. 9. Laibach 1896.
Izvestja muzejskega drustva za Kranjsko. Letnik 6. V Ljubljani 1896.
Berichte des naturwissenschaftlich - medizinischen Vereines in Innsbruck. Jahrg.22. 1893—-96.
Innsbruck 1896.
Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 3. Folge. Heft 41. Innsbruck
1597.
Register zu den Zeitschriften: Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol, Archiv für
Geschichte und Alterthumskunde Tirols, Zeitschrift des Ferdinandeums (bis incl. Bd. 40
der III. Folge). Innsbruck 1897.
Archivio Trentino pubblicato per cura della direzione della biblioteeca e del museo co-
munali di Trento. Anno 13. Fasc. 2. Trento 1897.
Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. Bd. 27. Heft2.3. Her-
mannstadt 1897.
‚Jahresbericht des Vereins für siebenbürgische Landeskunde für das Vereinsjahr 1896/97.
Hermannstadt 1897.
Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu
Hermannstadt. Bd. 46. Jahrg. 1896. Hermannstadt 1897.
Veröffentlichungen des hydrographischen Amtes der Kaiserlichen und Königlichen Kriegs-
Marine in Pola. N.2. Pola 1897. 4.
Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der Hercegovina. Hrsg. vom bosnisch-
hereegovinischen Landesmuseum in Sarajevo. Bd.4.5. Wien 1896. 97.
Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen an den Landesstationen in Bosnien und der
Hercegovina im Jahr 1895. Hrsg. von der Bosnisch-Hercegovinischen Landes-
regierung. Wien 1896. 4.
Asır-LEeonnarp, Huco. Die Natur als Organismus. Wien 1897.
Biermann, G. Geschichte des Protestantismus in Österreichisch-Schlesien. Prag 1897.
Bırrser, MaxmıLıan. Die topographischen Capitel des indischen Seespiegels Mohit übersetzt.
Mit einer Einleitung von Wırnerm Tomascner. Festschrift zur Erinnerung an die
Eröffnung des Seeweges nach Östindien durch Vasco da Gama (1497), hrsg. von
der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. Wien 1897. 4.
Ener, Jon. Ev. Dr. Franz Valentin Zillner. Beiträge zur Schilderung seines Lebensganges.
Salzburg 1897.
GaABLENZ, Ruporr. Die Sonne und ihr Licht. Lemberg 1897.
Hıscn, J. E. Geologische Karte des böhmischen Mittelgebirges. Blatt 3 (Bensen). Wien 1897.
Jacıe,V. Vsih prorokov stumacenje hrvatsko. Veteris testamenti prophetarum interpretatio
istro- croatica saeculi XVI. ed. Vindobonae. Berolini 1897.
Kernıter, Franz. Die elektrodynamischen Grundgesetze und das eigentliche Elementargesetz.
Budapest 1896.
MaRrcnzsertı, Carto. Flora di Trieste e de’ suoi dintorni. Publicazione del Museo eivico
di storia naturale per il einquantesimo anniversario della sua fondazione. Trieste
1896 — 97.
Quellen zur Geschichte der Stadt Kronstadt in Siebenbürgen. Bd.3. Kronstadt 1896. 4.
SCHULLER, Rıcnarn. Geschichte des Schässburger Gymnasiums. (Fortsetzung und Schluss.)
Schässburg 1897.
SPERL, Hans. Vereinbarung der Zuständigkeit und Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach
dem neuesten österreichischen Civilprocessrecht. Festschrift der Universität Graz. Graz
1597.
Srossien, MicnerE. Elminti trovati in un Orthagoriscus mola. Tvieste 1896. Sep.-Abdr.
———————. Il genere Ascaris Linne. ‚Trieste 1896. Sep.-Abdr.
— . Ricerche elmintologiche. Trieste 1396. Sep.-Abdr.
Sitzungsberichte 1897. 108
1170 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Programm des evangel. Gymnasiums A. B. und der damit verbundenen Realschule. sowie der
evangel. Elementarschule A. B. zu Hermannstadt für das Schuljahr 1895/96. Hermann-
stadt 1896. 4.
Programm des evang. Gymnasiums A.B. in Schässburg am Schlusse des Schuljahres 1896/97.
Schässburg 1897. 4.
Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1896. N.9.10. 1897. N.1—8.
Krakau 1896. 97.
Rozprawy Akademii umiejetnosci. Wydziat filologieeny. Serya 2. Tom 10. Wydziat histo-
ryczno-filozofiezny. Serya 2. Tom 8.9. Wydziat matematyczno-przyrodniezy. Serya 2.
Tom 10—12. W Krakowie 1896. 97. 4.
Sprawozdania komisyi do badania Historyi Sztuki w Polsce. Tom 5. Zeszyt 4. Tom 6b.
Zeszyt 1. W Krakowie 1896. 97. 4. (Wydawnietwo Akademii umiejetnosei w Kra-
kowie.)
Akudemia umiejetnosci w Krakowie. Sprawozdanie komisyi fizyografieznej. Tom 31. W
Krakowie 1896.
Archivum do dziejow literatury i oswiaty w Polsce. Tom 9. W Krakowie 1897. (Wy-
dawnietwo Akademii umiejetnosei w Krakowie.)
Materialıy antropologiezno-archeologiezne etnografiezne wydawane staraniem komisyi antro-
pologieznej Akad. Umiejetnosci w Krakowie. Tom 1. W Krakowie 1896.
Editionum collegü historici Academiae litterarum Cracoviensis. N. 55. Monumenta medii aevi
historica res gestas Poloniae illustrantia. Tom. 15. Cracoviae 1896. 4.
Atlas geologieeny Galicyi. Zeszyt 6 nebst Tekst. Opracowal Wrapystaw SZAINOcHA.
Zeszyt 7 nebst Tekst. Opracowal A. M. Eomsıert. Kraköw 1895. 96. Fol. und 8.
Biblioteka pisarzow polskich. N.31.33. Kraköw 1896. 97. (Wydawnietwa Akademü
umiejetnosci w Krakowie.)
Burarrını, Trro Livio. Misura universale. \Wydal powtörnie wydzial mat.-przyr.
Akademii umiejetnosci w Krakowie. W Krakowie 1897.
Fınker, Lupwir. Bibliografia historyi polskiej. Uzese 2. Zeszyt1.2. W Krakowie 1895. 96. 4.
‚Mittheilungen der Seweenko - Gesellschaft der Wissenschaften in Lemberg. Jahrg.5. Bd. 11—14.
Jahrg. 6. Bd. 15. 19. Lemberg 1896. 97.
Casopis pravnica. Rozvidki pravnici sekeii istorieno -filozofienoi naukovogo tovaristva
imeni Sevcenka. Rotnik 6. Lvovi 1896.
Monumenta linguae necnon litterarum Ukraino- Russicarum (Ruthenicarum) a collegio archaeo-
graphico Societatis Scientiarum Sevcenkianae edita. Vol.1. U Ljwowi 1596.
Etnograficnij zbirnik vidae naukove tovaristvo imeni Sevcenka. T.2. Lvovi 1896. 2 Ex.
Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. Bd. 13. Hälfte 2. Berlin,
Budapest 1897.
Jahresbericht der Kgl. Ung. geologischen Anstalt für 1894. Budapest 1897.
Mittheilungen aus dem Jahrbuche der Kgl. Ungarischen geologischen Anstalt. Bd. 11. Heft
1—5 nebst Atlas zu Heft 4. Budapest 1897. 8 und 4.
Monumenta Hungariae historica. Magyar törtenelmi Emlekek. Osztäly 1. Okmänytarak.
(Diplomataria.) Kötet28. Osztäly2. Irök. (Seriptores.) Rötet 35. Osztäly 3. Orszä
O-
te}
gyülesi emlekek. Monumenta comitialia regni Transylvaniae (Erdelyi Orszäggyülesi
emlekek.) Kötet 19. Budapest 1896. 97.
Rapport sur les travaux de l’Academie hongroise des sciences en 1896. Budapest 1897.
Magyar tud. Akademiai almanach polgari es cesillagaszati naptärral 1897-re. Budapest 1897.
Archaeologiai Ertesitö. Uj folyam. Kötet 16. Szam.3—5. Rötet 17. Szam. 1—3. Budapest
1896. 97.
Mathematikai es termeszettudomanyi Ertesitö. Kötet 14. Füzet 3—5. Kötet 15. Füzet 1—3.
Budapest 1596. 97.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. IL
Ertekezesek a nyelv-es szeptudomanyok köreböl. Kiadja a Magyar tud. Akademia. Kötet
16. Szam. 8.9. Budapest 1596.
Ertekezesck a tarsadalmi tudomanyok köreböl. Kiadja a Magyar tud. Akademia. Kötet 11.
Szam. 12. Kötet 12. Szam. 1.2. Budapest 1896. 97.
Ertekezesek a törteneti tudomanyok köreböl. Kiadja a Magyar tud. Akademia. Kötet 16.
Szam. S—12. Kötet 17. Szam. 1. Budapest 1896. 97.
Nyelotudomanyi Közlemenyek. Kötet 26. Füzete 3. 4. Kötet 27. Füzete 1. 2. Budapest
1896. 97.
Földtani Közlöny. (Geologische Mittheilungen.) Zeitschrift der ungarischen geologischen
Gesellschaft. Kötet 26. Füzet 11.12. Kötet 27. Füzet 1—7. Budapest 1896. 97.
Sprachwissenschaftliche Abhandlungen. Hrsg. von Luxas vox Parruräny. Bd. 1. Heft 1.
Budapest 1897.
Codex diplomaticus comitum Karolyi de Nagy-Kaäroly. A Nagy-Kärolyi Gröf Karolyi
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The Transactions of the Linnean Society of London. 2.Series. Botany. Vol.5. Part 5.6.
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Catalogue of the Library of the Linnean Society of London. New edition. London 1896.
Transactions of the Zoological Society of London. Vol. 14. Part 3.4. London 1897. 4.
Proceedings of the general meetings for scientific business of the Zoological Society of London.
1896. Part 4. 1897. Part 1—3. London 1897.
A list of the Fellows of the Zoological Society of London. London 1897.
A guide to the Fossil Invertebrates and Plants in the department of Geology and Palaeontology
in the British Museum. London 1897.
A guide to the Fossil Mammals and Birds in the department of Geology and Palaeontoloyy
in the British Museum. London 1896.
A quide to the Fossil Reptiles and Fishes in the department of Geology and Palaeontology
in the British Museum. London 1896.
Foorp. Arınur H., and Ürıck, GEORGE ÜHArLes. Catalogue of the Fossil Cephalopoda in
the British Museum. Part 3. London 1897.
Harrıs. Gerorsz F. Catalogue of Tertiary Mollusca in the department of Geology, British
Museum. Part 1. London 1897.
Hıern. Wırzran Pnurı. Catalogue of the African Plants collected by Dr. Friedrich Welwitsch
in 1853—61. Dicotyledons, part 1. London 1896.
Catalogue of the Library of the India Office. Vol.2. Part.1. Sanskrit books. London 1897.
The London Library. Additions. April 1. 1896 — March 31, 1897. London 1897.
!The Annals and Magazine of Natural History. 6. series. V 01.19. 20. London 1897.
The Geographical Journal. Vol. 9. 10. London 1897.
The Journal of Philology. Edited by W. A. Wricur, J. Brwarer and H. Jackson. Vol. 25.
N. 50. London 1897.
The Kew Observatory, Old Deer Park, Richmond, Surrey. 1896. Report of the Kew Ob-
servatory Committee of the Royal Society for the year ending December 31, 1896.
London 1897. Sep.-Abdr.
The Sanskrit Critical Journal of the Oriental Nobility Institute, Woking, England. Vol. 25.
N. 10—12. Vol. 26. N. 1—10. 1896. 97.
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Part3. N.1 and special number. Vol. 66. 1897. Part1. N.1. Part2. N.1. Cal-
eutta 1897.
Proceedings of the Asiatic Society of Bengal. 1896. N.6-— 10. 1897. N. 1—4. Caleutta
1896. 97
Report of the Director of the Botanical Survey of India for the year 1896-97. Caleutta
1897. 4.
Archwological Survey of India. New Imperial Series, Vol. 22. The Bower Manuscript.
Edited by A. F. Ruporr Horrxte. Parts 3— 7. Caleutta 1897. 4.
Progress report of the Archeological Survey of Western India, for the months September
1895 to April 1896. Bombay. 4.
Annual progress report of the Archeological Survey Circle, North- Western Provinces and
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1174 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
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University of Toronto Studies. History; 2. series. Vol. 1. pp. 1—74. Toronto 1897.
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A Determination of the Solar Parallax and Mass of the Moon {vom Heliometer observa-
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Independent Day-numbers for the year 1897, as used at the Royal Observatory, Cape of
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Transactions of the South African Philosophical Society. V01.7. Part2. 1896. Vol.9. Part 1.
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Royal Society of New South Wales. Abstract of proceedings, May— October 1897. Sydney.
Records of the Australian Museum. Vol.3. N.1.2. Sydney 1897.
Australian Museum. Report of Trustees for the year 1896. Sydney 1897. 4.
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Ellice group. Part 1—4. Sydney 1896. 97.
Legislative Assembly. New South Wales. Report of the Royal Commission appointed to
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liarly liable. Sydney 1897. 4.
Report of the Trustees of the Public Library, Museums, and National Gallery of Victoria,
for 1896. Melbourne 1897.
Proceedings of the Royal Society of Victoria. New Series. Vol. 8.9. 10. Part 1. Mel-
bourne 1596. 97.
Annual report of the Secretary for Mines and Water supply to the Minister of Mines and
Water supply for Vietoria. 1896. Melbourne 1897. 4.
Transactions of the Royal Society of South Australia. Vol. 20. Part 1.2. Vol. 21. Part 1.
Adelaide 1596. 97.
Meteorological Observations made at the Adelaide Observatory, and other places in South
Australia and the Northern Territory, during the year 1894. Adelaide 1897. 4.
Comptes rendus hebdomadaires des seances de U’ Academie des Sciences. Tome 123: Tables.
Tome 124. N. 1— 26. Tome 125. N. 1—23. Paris 1896. 97. 4.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 1175
Academie des inscriptions et belles-lettres. Comptes rendus des scances de U annde 1896." Ser. 4.
Tome 24. Sept. — Dee. 1897. Ser. 4. Tome 25. Janv.—Aoüt. Paris 1896. 97.
*Annales de Chimie et de Physique. Ser. 7. Tome 10 — 12. Paris 1897.
Annales des Ponts et Chaussces. Ser. 7. Annee 6. Partie 2, administrative. Cahier 11. 12.
Annee7. Partie 1, technique. Trim. 1—3. Partie 2, administrative. Cahier I—10, Per-
sonnel. Paris 1896. 97.
Annales des Mines. Ser.9. Tome 10. Livr.9—12. Tome 11. Live. 1—5. Tome 12. Livr. 8.
9. Paris 1896. 97.
Memoires de la Socidtd zoologique de France pour lannde 1896. "Tome 9. Paris 1896.
Bulletin de la Societd zooloyique de France pour lannde 1896. Tome 21. Paris 1896.
Bulletin de la Socidte geologique de France, Ser. 3. Tome 24. N. 10. 11. Tome 25. N. 1—b.
Paris 1896. 97.
Compte rendu des scances de la Socidte geologique de France. Ser. 3. Tome 24. Paris
1896.
Bulletin de la Societe de geographie. Ser. 7. Tome 17. 'Trim. 3. Tome 18. Trim.1.2. Paris
1896. 97.
Socidte de geographie. Comptes rendus des scances. 1896. N. 17— 19. 1897. N. 1— 15.
Paris 1896. 97.
Bulletin de la Societe philomathique de Paris. Ser.8. Tome 8. N.2—4. Tome 9. N. 1.
Paris 1896. 97.
Compte-rendu sommaire de scance de la Societe philomathique de Paris. 1896/97. N. 5.6.
Paris 1897.
La feuille des jeunes naturalistes. Ser. 3. Annee 27. N. 318— 324. Annee 28. N.325. 326.
Paris 1897.
Dornrus, Anrırn. Feuille des jeunes naturalistes. Catalogue de la bibliotheque. Wase. 18
— 22. Paris 1896. 97.
Bulletin de U’ Academie de Medecine. Ser. 2. Tome 36. N.51. Tome 37.38. N. 1—15. 17
— 49. Paris 1896.97.
Bulletin de la Societd mathematique de France. Tome 24. N.S. Tome 25. N. 1—7. Paris
1896. 97.
TRevue archeologique. Ser.3. Tome 29. Nov. - Dee. 1896. Tome 30, Janvier—Juin 1897.
Tome 31. Juillet— Octobre 1897. Paris 1896. 97.
Revue scientifique. Ser. 4. Tome 7. Tome 8. N. 1—24. Paris 1897. 4.
Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Partie litteraire. Ser.2. Tome 45. Livr. 2—b.
Tome 46. Livr. I—5. Partie technique. Ser. 2. Tome 23. Livr. 2—11. Paris 1897.
Reunion dh Comite international permanent pour Üexeeution de la carte photographique du
ciel en mai 1896. Paris 1896. 4.
L’ Intermediaire des Biologistes. Organe international de Zoologie, Botanique, Physiologie
et Psychologie. Anneel. N. 1—3. Paris 1897.
Revue de Vaeronautiqgue theorique et appliquee. Annee 7. 1894. 8. Livr. 1. 1895. Paris
1894. 95. 4.
Revue Diplomatique et Coloniale. Directeur: Hexrı Pexsa. Annce l. N.1. Paris 1897.
Union geographique du Nord de la France. Bulletin. 1896. Trim. 3.4. 1897. Trim.1—3.
Douai 1896. 97.
Annales de la Faculte des sciences de Marseille. Tome 6. Fase. 4—6. Tome 8. Fase. 1—4.
Paris 1897. 4.
Annales de la Facult€ des sciences de Toulouse, pour les sciences mathematiques et les sciences
physiques. Tome 11. Fasc. 1—3. Paris 1897. 4.
SocidtE de Geographie commerciale de Bordeaux. Bulletin. Ser. 2. Annee 20. N.3—21.
Bordeaux 1897.
1176 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Annales de !’ observatoire meteorologique du Mont Blanc. Publices sous la direction de
J. Varror. Tome 2. Paris 1896. 4.
Becn, M. tude experimentale sur Üelectro-magnetisme. Paris 1897.
Berrnor, P. Applications de la formule empirique des forces mutuelles a la mecanique des
solides et aux proprietes generales des corps. Paris 1885. 4. Sep.-Abdr.
— nn. Des forces mutuelles et de leurs applications aux phenomenes mecaniques,
physiques et chimiques. Paris 1886. Sep.-Abdr.
_—- . Note sur une loi empirique reliant le rayon moyen orbitaire, la masse et la
pesanteur a Üequateur des planetes. Paris 1897. Sep.-Abdr.
— nn, DNomelles recherches sur les forces mutuelles et leurs applications. Paris 1397.
Sep. -Abdr.
—. Sur les effets des forces mutuelles. ve Saıwr-Venanr. Remarques relatives
ü la note de M. Berthot, sur les actions mutuelles entre les molecules des corps. Paris
1584. 4. Sep.- Abdr.
BoussinesQ, J. Theorie de l’ecoulement tourbillonnant et tumultueux des liquides dans les
lits rectilignes @ grande section. Second Memoire. Paris 1897. 4.
Briorrer. Erreurs. Physigue— Astronomie. Montreuil-sous-Bois 1895.
Unarrasse, P. Migration vers le peritoine des protosoaires du tube digestif. Montpellier 1897.
Denırve, Henrievs, et Cnareram, Acmınıus. Ohartularium universitatis Parisiensis. Tom. 4.
Parisiis 1897. 4.
Denırte, Henri. La desolation des eglises, monasteres, höpitaux en France vers le milieu
du X Ve siecle. ‘Tome 1. Macon 1897.
Dunem. P. Traite elementaire de mecanique chimique fondee sur la thermodynamique.
Tome 1.2. Paris 1897. 98.
Feran, Gaston. Observations meteorologiques sur les pluies generales et les tempetes.
Nouvelle edition. Albi 1597.
Garois, Evarısıe. (Euvres mathematiques publiees par Exıne Pıcarn. Paris 1897.
GUEBHARD, ADRIEN. Esquisse geologique de la commune de Mons (Var). Draguignan 1897.
Sep.-Abdr.
— . Teetonique d’un coin difficile des Alpes-maritimes. Paris 1894.
Sep.- Abdr.
Janer, Cuartes. Eitudes sur les fourmis, les guöpes et les abeilles. 12" note. Limoges 1895,
—— . Les fourmis. Conference faite a l’occasion de la reunion generale
annuelle de la societe zoologique de France. Paris 1896.
FF — . Sur les rapports des Lepismides mymecophiles avec les fourmis. Paris
1896. 4. Sep.- Abdr. Ruh
—— . Sur les rapports du Discopoma comata Berlese, avec le Lasius mixtus
Nylander. Paris 1897. 4. Sep.- Abdr.
Lenoise, E. Melanges sur la geometrie.du triangle. Paris 1895. Sep.-Abdr.
Note sur une construction approchee du developpement de la circonference et
remarques diverses. Paris 1895. Sep.-Abdr.
— (Questions relatives a la geometrie du triangle, a la geometrografie et a la
transformation continue. Paris 1896. Sep. - Abdr.
Nerveu, Gusrave. Eiude sur les lesions infectieuses de la peste. Paris 1897. 4. Sep.-Abdr.
Novon, ALserr. La photographie du spectre infra-rouge et etudes des rayons Rentgen.
Paris 1597.
DE SEyNnES, J. Recherches pour servir a Ühistoire naturelle et a la flore des champignons
du Congo frangais. 1. Paris 1897. 4.
Comre pe TennurLre. Lettre adressee a S. E. Monsieur le ministre des affaires etrangeres
de France le 29. juillet 1896. Paris 1896.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 17
Vıar, Lovıs Cuarıes Emiwe. D’amour dans Punivers. L’inversion dans la cersation.
Addition. Paris 1896.
Vivien DE Samır-Martın. Nouveau dietionnaire de geographie universelle. Supplement.
Fasc. 7—9. Paris 1897. 4.
Atti della Reale Accademia dei Lincei. Seried. Roma. 4und Ss. Classe di scienze morali,
storiche e filologiche. Anno 291. 1894. Vol. 2. Parte 1. Memorie. Anno 292. 1895.
Vol. 3. Parte 1. Memorie. Anno 293. 1896. Vol. 4. Parte 2. Notizie degli Scavi.
Nov. Dee. Indice topografico per I’ anno 1896. Rendiconti. Vol.5. Fase. 11. 12.
Anno 294. 1897. Vol.5. Parte 2. Notizie degli Scavi. Gennaio— Ottobre. Rendiconti.
Vol. 6. Fase. 1—10. Classe di scienze fisiche, matematiche e naturali. Anno 293. 1896.
Rendiconti. Vol. 5. Semestre 2. Fase. 11. 12. Anno 294. 1897. Rendiconti. Vol. b.
Sem. 1. Fase. 1—12. Sem. 2. Fasc. I—10. Rendiconto dell’ adunanza solenne del
5 giugno 1897.
Annuario della R. Accademia dei Lincei 1897. Roma 1897.
Atti dell’ Accademia pontifieia de’ nuovi Lincei. Anno 50. Sess. I—6. Roma 1897. 4.
Memorie della pontificia Accademia dei nuovi Lincei. Vol. 10—12. Roma 1894— 96. 4.
Bollettino del R. Comitato geologico d’ Italia. Anno 1896. N. 4. Roma 1897.
Annali dell’ Ufficio centrale meteorologico e geodinamico italiano. Serie 2. Vol. 14. Parte 2.
1892. Vol. 16. Parte 1. 1894. Roma 1896. 4.
Archivio della R. Societa Romana di storia patria. Vol. 19. Fase. 3.4. Vol. 20. Fase. 1.2.
Roma 1896. 97.
La Cultura di Ruggero Bonghi. Nuova serie. Anno 16. N. 4.6.7. 11. Roma 1897.
L Elettrieista. Rivista mensile di elettroteenica. Anno 6. N.4. Roma 1897. 4.
L’ Oriente. Rivista trimestrale pubblicata a eura dei pröfessori del R. Istituto orientale
in Napoli. Anno 2. (1895 — 96.) N.3.4. Roma-Napoli 1897.
Atti della R. Accademia delle scienze di Torino. Vol. 32. Disp. I—15. Torino 1896. 97.
R. Osservatorio astronomico di Torino. Osservazioni meteorologiche fatte nell anno 1896.
Torino 1897. .
Reale Istituto Lombardo di scienze e lettere. Rendiconti. Serie 2. Vol. 29. Milano 1896.
Memorie del R. Istituto Lombardo di scienze e lettere. Classe di lettere, scienze storiche e
morali. Vol. 20 = Ser. 3. Vol. 11. Fase. 4.5. Classe di scienze matematiche e naturali.
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Atti e memorie della R. Accademia di scienze, lettere ed arti in Padova. Anno 297. 1805
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Annali del museo civico di storia naturale di Genova. Serie2. Vol. 17. Genova 1896 — 97.
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Atti della Societa Toscana di scienze naturali residente in Pisa. Memorie. Vol. 15. Processi
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Societa Reale di Napoli. Reale Accademia delle scienze fisiche e matematiche. Atti. Serie 2.
Vol. 8. Napoli 1897. 4. — Rendiconto. Serie 3. Vol. 2. Fase. 12. Vol. 3. Fase. I—
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Societa Reale di Napoli. Reale Accademia di scienze morali e politiche. Atti. Vol. 28. Na-
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Bulletin de U Academie imperiale des sciences de St.-Petersbourg. Ser.5. Tome 3. N.2—5.
Tome 4. N. 1—5. Tome 5. N. 1.2. Tome 6. N. 1—3. a 1895 — 97.
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Tome 1. 1896. Tome 2. 1897. N. 1—3. St.- Petersbourg 1896. 97.
Zapiski istoriko-filolog. fakulteta Imp. S.- Peterb. Universiteta. 41. S.-Peterburg 1896.
Godienij Akt. Otcet o sostojanü i dejateliosti Imperatorskago S.-Peterburgskago Universiteta
za 1896 god. S.-Peterburg 1897.
Obosrönie prepodavanija nauk v Imperatorskom S.-Peterburgskom Universitetö osennee i
vesennee polugodija 1896 — 97. 1897”—98 goda. S.-Peterburg 1896. 97.
Bulletins du Comite geologique. Tome 15. N.5—9 et Supplement. Tome 16. N. 1.2.
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Memoires du Comite geologique. Vol. 14. N.2.4.5. St.- Petersbourg 1896. 4
Travaux de la section gealogigue, e cabinet de Sa Majeste. (Ministere de la maison de
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Verhandlungen der een mineralogischen Gesellschaft zu St. Petersburg. Serie 2.
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Materialien zur Geologie Russlands. Hrsg. von der Kaiserlichen Mineralogischen Gesell-
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Annales de l’Observatoire physique central. Annee 1895. Partie 1. 2. St.-Petersbourg
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Archives des sciences biologiques publices par Institut imperial de medecine experimentale
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zuestija russkago astronomiceskago obscestva. Vypusk 5. N.7—9. Vypusk 6. N. 1—3.
S.- Peterburg 1596. 97.
Bulavrıva Xpovira. Tonos 3. Tevxos 2—4. St. Petersburg 1896.
Bulletin de la SocietE imperiale des naturalistes de Moscow. Annee 1896. N. 3.4. Annee
1897. N. 1. Moscou 1897.
Izvestija Imperatorskago obscestva ljubitele) estestvoznanija , antropologü i etnografül,, sostojascago
pri Imperatorskom Moskovskom universitet. T.86. Trudi Zoologiteskago Otdelenija
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Travaux de la societe de medecine scientifique et d’hygiöne, annexde a Üuniversite de Kharkow.
1895. 1596. Charkow 1896. 97.
Universitetskija izvestijja. Jahrg. 36. 1896. N. 11.12. Jahre. 37. 1897. N.1—10. Kiew
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1180 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
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1896. 97. x
Bulletin de la Societe Ouralienne d’amateurs des sciences naturelles. Tome 18. Livr. 1.
Jekaterinburg 1896.
Beobachtungen des Tiflisser physikalischen Observatoriums im Jahre 1895. Titlis 1897. 4.
Izvestija vostodno-sibirskago otdela imp. Russkago geograficeskago obscrstea. T.28. N. 1.
Irkutsk 1897.
Jahresbericht über die Thätigkeit der Troiskossawsk-Kjachtoer Section der Amurländischen Ab-
teilung der Kaiserlich Russischen geographischen Gesellschaft für 1894; 1895; 1896.
Irkutsk 1895. 96. 97.
Protokol obiknovennago obscago sobranija Troickosavsko-Kjachtinskago Otdelenija Priamurskago
Otdela Imperatorskago Russkago Geograficeskago Obscestva. 1895. N. 7. 8. 1896.
N. 1—5. Irkutsk 1896. 97. /
Korrespondenzblatt des Naturforscher-Vereins zu Riga. 39. Riga 189.
Sitzungsberichte der Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität Jurjeff (vormals Dorpat).
Bd. 11. Heft 2. 1896. Jurjeff (vormals Dorpat) 1896.
Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands. Hrsg. von der Naturforscher-
Gesellschaft bei der Universität Jurjew. Serie 2. Biologische Naturkunde. Bd. 11.
Lief. 2. Jurjew 1897.
Meteorologische Beobachtungen angestellt in Dorpat-Jurjew im Jahre 1893. Jahrg. 28. Bd. 6.
Heft 3. Jurjew 1895.
Bericht über die Ergebnisse der Beobachtungen an den Regenstationen der kaiserlichen, liv-
ländischen gemeinnützigen und ökonomischen Sozietät für das Jahr 1895 nebst Mittel-
werthen für die Lustren 1886—1890 und 1891—1895. Jurjew (Dorpat) 1896. 4.
Acta et commentationes imp. universitatis ‚Jurievensis (olim Dorpatensis). Jahrg. 4. N. 4.
Jahrg. 5. N. 1—3. Jurjew 1896. 97.
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Öfversigt af Kongl. Vetenskaps - Akademiens förhandlingar. Ärg. 53. N. 9.10. Äre. 54.
N. 1—7. Stockholm 1896. 97.
Bihang till Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bandet 22. Afdelning 1—4.
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Meteorologiska Jakttagelser i Sverige utgifna af Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademien.
Bandet 34. 1892. Stockholm 1897. 4.
Kongl. Vitterhets Historie och Antiquitets Akademiens mänadsblad. Argängen 21.22.1892.
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Antiquarisk Tidskrift för Sverige utgifven af Kongl. Vitterhets Historie och Antiquitets Aka-
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Astronomiska Jakttagelser och Undersökningar anstälda pd Stockholms Observatorium.
Bandet 5. Häftet 5. Stockholm 1896. 4.
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1182 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Eranos. Acta philologica Suecana edenda eur. Vırermus Lunpsrrön. Vol.1. Fase. 2—4.
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Göteborgs Kongl. Vetenskaps- och Vitterhets- Samhälles Handlingar. Ny tidsföljd. Häftet 32.
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Barın, Jusrus. Norronaskaller. Crania antigua in parte orientali Norvegiae meridionalis
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Inhalt. Deel 5. N. 4—10. Titel und Inhalt. Amsterdam 1896. 97.
Verslagen van de gewone vergaderingen der wis- en natwurkundige afdeeling der Koninklijke
Akademie van Wetenschappen te Amsterdam. Deel5. Amsterdam 1897.
Verslagen en mededeelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen. Afdeeling Letter-
kunde. Reeks 3. Deel 12. Register op Deel 1—12. Amsterdam 1896. 97.
Jaarboek van de Koninklijke Akademie van Wetenschappen gevestigd te Amsterdam. 1896.
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Reditus Augusti, carmen praemio aureo ornatum in certamine poetico Hoeufftiano. Accedunt
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Archives Neerlandaises des sciences exactes et naturelles publiees par la Societe hollandaise
des sciences a Harlem. Tome 30. Livr. 4. 5. Harlem 1596. 97. Serie 2. Tome 1. Livr.
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Koninklijk Nederlandsch Meteorologisch Instituut. Onweders, optische verschünselen, enz. in
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Onderzoekingen, gedaan in het physiologisch laboratorium der Ütrechtsche hoogeschool. Reeks 4.
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Heft 55—60 und 2 Supplementhefte. Tokio 1897. 4
1193
NAM
ÄUWERS, über einen von ihm aufgestellten Fundamental-Catalog für den südlichen
Himmel. 413.
BEKKER, Ernst Immanuel, Professor an der Universität Heidelberg, zum correspon-
direnden Mitglied der philosophisch -historischen Classe gewählt. 927.
Beyvrıcn, Gedächtnissrede auf ihn, von Dames. 712.
von BEzor», zur Theorie des Erdmagnetismus. 413. 414—449.
Bor'rzmann, über irreversible Strahlungsvorgänge. 659. 660— 662. — Zweite Mit-
theilung. 993. 1016— 1018.
Bonner, Robert, Professor an der Universität Greifswald, erhält 800 Mark zur Bear-
beitung eines Werks über das elastische Gewebe der Blutgefässe. 624.
Borcnarpr, Ludwig, Regierungs-Baumeister in Berlin, über das Alter des Sphinx
bei Giseh. 751. 752 —760.
,‚ ein neuer Königsname der ersten Dynastie. 1053. 1054—-1058.
Branpes, G., Privatdocent an der Universität Halle, die Spermatozoen der Deka-
poden. 277. 355 — 362.
. erhält 300 Mark zu Studien über Nemertinen in Messina. 624.
Brenner, Leo, in Lussin piceolo, Beobachtungen des Planeten Mars in der Oppo-
sition 1896-97. 884. (Abh.)
Brunnser, Bericht über die Savieny-Stiftung. 50—51.
— —— —, Bericht über die Herstellung eines wissenschaftlichen Wörterbuches der
deutschen Rechtssprache. 83. 34 —97.
——, zur Geschichte des germanischen Ständewesens. 929.
Bürscnrı, Otto, Professor an der Universität Heidelberg, zum correspondirenden
Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe gewählt. 227.
Bürrnser-Wossr, Theodor, Professor in Dresden, erhält 1000 Mark als Honorar
für die Herausgabe des 3. Bandes des loannes Zonaras. 1084.
Couen, E., Professor in Greifswald, über ein neues Meteoreisen von Locust Grove,
Henry Co., Nord Carolina, Vereinigte Staaten. 55. 76—81.
— —, das Meteoreisen von Forsyth Co., Georgia, Vereinigte Staaten. 157. 336 — 396.
-, erhält 1500 Mark zu Untersuchungen von Meteoreisen. 625.
,„ ein neues Meteoreisen von Beaconsfield, Colonie Vietoria, Australien. 931.
1035 — 1050.
Coun, Adresse an ihn zum fünfzigjährigen Doctorjubilaeum. 1053. 1059 —1060.
Conze, über den Ursprung der bildenden Kunst. 98—109.
——, Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich Deutschen archaeologischen
Instituts. 519. 651—658.
——, erhält 12000 Mark zu einer topographischen Aufnahme der Umgegend von
Pergamon. 854.
von ÜorneELıus, Carl Adolf, Professor an der Universität München, zum corre-
spondirenden Mitglied der philosophisch - historischen Classe gewählt. 1053.
Currıus. Gedächtnissrede auf ihn. von Könter. 712. (Abh.)
1194 Namenregister.
Daur, Fr., Professor in Kiel, erhält 700 Mark behufs Sortirung und Ordnung des
von ihm in Ralum gesammelten faunistischen Materials. 1084.
Daumes, Gedächtnissrede auf H.E. Beyrıcn. 712.
———., über Brustbein, Schulter- und Beckengürtel der Archaeopteryx. 817. 818
— 834.
Darsoux, Gaston, Mitglied des Institut de France in Paris. zum correspondirenden
Mitglied der physikalisch - mathematischen Classe gewählt. 89.
DES ÜLOIZEAUX, gestorben am 8. Mai in Paris. 625.
Dessau. Professor in Charlottenburg, erhält 832.50 Mark für die Bearbeitung des
2. Bandes der Prosopographie der römischen Kaiserzeit. 453.
Dıers, Bericht über die Aristoteles- Commentare. 44—45.
— ——, Bericht über das Corpus nummorum. 45.
——., Bericht über den Thesaurus linguae latinae. 45 —46.
‚ zur Pentemychos des Pherekydes. 143. 144— 156.
——., erhält 7200 Mark zur Fortführung der Herausgabe der Commentaria in Ari-
stotelem graeca. 624.
, über ein Fragment des Empedokles. 1061. 1062 —1073.
Dırrney. Bericht über die RKant- Ausgabe. 48 — 49.
—————., über die Hermeneutik von BAuUNGARTEN und SENLER. 83.
-, erhält 25000 Mark zur Durchführung der Herausgabe der Werke Kants. 623.
Doxnan, F.G.,. Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salz-
ablagerungen, s. van'r Horr.
Drecenser, Professor in Bern, erhält 500 Mark zur Fortführung seiner Untersuchungen
organischer Jodverbindungen bei Thieren. 453.
pu Boıs-Reymoxp, gestorben am 26. December 1896. 1.
Dünnter, über den furor Teutonieus. 111. 112 —126.
Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica.
453. 455 — 460.
Eurers, Ernst, Professor der Zoologie an der Universität Göttingen, zum correspon-
direnden Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe gewählt. 89.
ErrıinGer, Oberlehrer in Berlin, erhält 500 Mark zu bibliothekarischen Untersuchun-
gen über neulateinische Litteratur in Süddeutschland und Oberitalien. 453.
Erster, J.. Professor in Wolfenbüttel, über die Abhängigkeit des photoelektrischen
Stroms vom Einfallswinkel und der Schwingungsrichtung des erregenden Lichts
und seine Beziehung zur Absorption des Lichts an der Kathode. Mit H. Gerrer.
485 — 456.
EnGter, erhält 2000 Mark zur Herausgabe von Monographien africanischer Pilanzen-
familien. 624.
—————, über die systematische Anordnung der dikotyledoneen Angiospermen. 853.
Erpuann, Benno, Professor an der Universität Halle. erhält 600 Mark zu psycho-
physischen Experimentaluntersuchungen. 1.
ERDMANNSDÖRFFER, Bernhard, Professor an der Universität Heidelberg, zum cor-
respondirenden Mitglied der philosophisch -historischen Classe gewählt. 1053.
Ernmas, Bruchstücke der koptischen Volkslitteratur. 19. (Abh.)
EscnEexnuaGeEn, M., Professor in Potsdam, über schnelle periodische Veränderungen
des Erdmagnetismus von sehr kleiner Amplitude. 677. 673 — 686.
Faussörr, Professor in Kopenhagen, erhält 1000 Mark zur Herausgabe des 7. (Register-)
Bandes seines Jätaka-Buchs. 624.
Fauru, Philipp, Lehrer in Landstuhl, Zeichnungen der Planeten Jupiter und Mars. 884.
———., erhält 500 Mark zur Herausgabe derselben. 1084.
Der erste Jahresband endet wit Seite 686. 1195
Fınke, H., Professor in Münster i. W., erhält S00 Mark zur Vollendung seiner Aus-
gabe der Acta coneilii Constantiensis. 624.
Fıscner, über die Constitution des Caffeins, Nanthins, Hypoxanthins und verwandter
Basen. 1. 2—11.
——, über Hydurinphosphorsäure. 931. 932— 935.
——, über den Einfluss der Salzbildung auf die Metamorphosen der Purin-
körper. 931.
Frarau, Edward, in Berlin. das Gesetz der excentrischen Lagerung der langen
Bahnen im Rückenmark. 278. 374— 385.
FrÄnker, M., Professor in Berlin, Epigraphisches aus Aegina. 227. (AbA.)
Frech, Fr., Professor in Breslau, erhält 1500 Mark zur Vollendung seiner geologischen
Untersuchung der Radstädter Tauern. 624.
FrREsSEnıvs, gestorben am 11. Juni in Wiesbaden. 677.
FrosEnıus, über die Darstellung der endlichen Gruppen durch lineare Substitutionen.
993. 994—1015.
Fucns. zur Theorie der Aser’schen Functionen. 607. 608—621.
Gerrer, H., Professor in Wolfenbüttel, über die Abhängigkeit des photoelektrischen
Stromes vom Einfallswinkel und der Schwingungsrichtung des erregenden Lichtes
und seine Beziehung zur Absorption des Lichts an der Kathode, s. Ersver.
Ginzer, F.K., in Berlin, erhält 900 Mark zur Herausgabe eines speciellen Canons
der Finsternisse für das Gebiet der celassischen Alterthumsforschung. 928.
GorpsrEın, E.. Professor in Berlin. über die Structur des Kathodenlichts und die
Natur der Lenard’schen Strahlen. 854. 905 — 914.
GrAEvEn, Hans, in Rom, erhält 750 Mark zu einer Gesammtausgabe der antiken
Elfenbeindiptychen. 624.
Hasen, B., Hofrath in Frankfurt a. M., erhält 3000 Mark zur Herausgabe eines anthro-
pologischen Atlas. 854.
Hansen, Jos., Professor, Archivar der Stadt Köln, erhält 1000 Mark zu Vorarbeiten
für eine Geschichte der Inquisition in Deutschland. 624.
Hıarnack, erhält 2400 Mark und weiter 3000 Mark für die Vorarbeiten zu einer aus
Anlass des 200 jährigen Jubilaeums abzufassenden Geschichte der Akademie. 1. 928.
——————, zur ältesten Geschichte der K. Preussischen Akademie der Wissenschaften.
275. (Abh. unter dem Titel: Berichte des Secretars der Brandenburgischen Societät
der Wissenschaften J. Tu. JagLosskı an den Praesidenten G.W. Leiısnız. 1700— 1715.)
,‚ über die »Ordinationes« im Papstbuch. 663. 761— 778.
— ,‚ über die jüngst entdeckten Sprüche Jesu. 781.
Heıpenmarn, gestorben am 13. October in Breslau. 928.
HER'T wıG, über einige am befruchteten Froschei durch Centrifugalkraft hervorgerufene
Mechanomorphosen. 13. 14—18.
, Demonstration einer grösseren Anzahl von Corrosionspraeparaten der
Nierengefässe. 13.
Herz, Dr. Norbert, in Heidelberg, erhält 1000 Mark zur weiteren Reduction der von
ihm auf der v. Kuffner’schen Sternwarte in Wien beobachteten Zonen. 454.
Hesse, Richard, Privatdocent an der Universität Tübingen, erhält 500 Mark zu Unter-
suchungen über die Augen niederer Seethiere auf der zoologischen Station in
Neapel. 625.
Heyuwons, Richard, Assistent am Zoologischen Institut in Berlin. über die Organisation
und Entwickelung von Baecillus rossü Fasr. 277— 278. 363— 373.
-, Mittheilungen über die Segmentirung und den Körperbau der Myriopoden.
884. 915—923.
1196 Namenregister.
Hırscurern, Bericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften. Mit Hrn.
Monmsen. 43 —44.
———— —, die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. 1053. 1099 —1119.
van’r Horr, Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzab-
lagerungen, insbesondere des Stassfurter Salzlagers. I—III, V mit W.Mever-
HOFFER, IV mit F.B. Kenrıck, VImit F.G.Donnan. 1.55. 69—75. 1. 127.
137—141. I11. 157. 487— 507. IV. 485. 508—515. V. 931. 1019—1034. VI. 1121.
1146 — 1151.
Hor»orn,.L., in Charlottenburg, die Magnetisirung von Stahl und Eisen in schwachen
Feldern. 89. 95 — 97.
Horrermann, Carl, Privatdocent in Berlin. erhält 1200 Mark zur Herausgabe eines
Werks über ostindische Pilze. 1084.
Hürrute, K., Professor in Breslau, erhält 850 Mark zur Beschaffung von Instru-
menten für Momentaufnahmen von contrahirten Muskeln. 624.
Kayser, H., Professor in Bonn, über die Speetren der Elemente der Platingruppe.
1081. (4AbA.)
Kenrıox, F.B., Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salz-
ablagerungen, insbesondere des Stassfurter Salzlagers, s. vav’r Horr.
Kırcenuuorr, Bericht über die Sammlung der griechischen Inschriften. 42—43.
— —, erhält 3000 Mark zur Fortführung dieser Sammlung. 624.
Kress, Privatdocent in Berlin, erhält 915 Mark für die Bearbeitung des 1. Bandes
der Prosopographie der Römischen Kaiserzeit. 227.
Kreın, über Leucit und Analeim und ihre gegenseitigen Beziehungen. 277. 290 — 354.
, über Ganggesteine und ihre Stellung im System der Eruptivgesteine. 713.
Krosrermans, E., in Kiel, die Schriften des Origenes in Hieronymus’ Brief an
Paula. 853. 8555 — 870.
Könter, über Probleme der griechischen Vorzeit. 227. 255 — 274.
— , Gedächtnissrede auf Ernsr Currıus. 712. (AdA.)
Könıs, Arthur, Professor in Berlin, die Abhängigkeit der Sehschärfe von der Be-
leuchtungsintensität. 519. 559— 575.
-, über »Blaublindheit«. 714. 718—731.
,‚ die Abhängigkeit der Farben- und Helligkeitsgleichungen von der absoluten
Intensität. 854. 871— 882.
KoENIGSBERGER, über verborgene Bewegung und unvollständige Probleme. 157.
158—178.
— . über die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik. 883
— 884. 835 — 900.
Konurrausen, Statistik der Löslichkeit einer Gruppe von Salzen in Wasser bei
mittlerer Temperatur. 89. 90 — 94.
Korscn, Friedrich, Assistent am I]. anatomischen Institut in Berlin, das Rückenmark
von Elephas indieus. 55—56. (Abh.)
————., über eine Doppel-Gastrula bei Lacerta agilis. 623. 646 — 650.
Koser, Antrittsrede. 701-704.
————., Bericht über die Politische Correspondenz Frıeprıcn’s des Grossen. Mit
Hrn. ScumorL er. 39 —40.
———— , Bericht über die Acta Borussieca Mit Hrn. SchumorLzer. 40 —42.
— ‚ über die von der Archivverwaltung angekaufte Sammlung der Briefe Frır-
prıcn's des Grossen an Mavurerruis. 483.
— ———., erhält mit Hrn. Schumorrer 6000 Mark zur Fortführung der Herausgabe
der Politischen Correspondenz König Frieorıcn’s U. 624.
Der erste Jahresband endet mit Seite 686. 1197
Krause, Rudolf, Privatdocent an der Universität Berlin, über Bau und Function
der hinteren Speicheldrüsen der Octopoden. 1083. 1085 —1098.
KrıGar-MENZEL, Otto, in Berlin, Bestimmung der Gravitationsconstante. Mit
F. Rıcuarz. 1121. (Adh. 1898.)
Krüser, Dr. Martin, in Berlin, erhält 700 Mark zu Untersuchungen über die in thieri-
schen und pflanzlichen Organen vorkommenden Xanthinstoffe. 677.
Lanwpor'. über das Verhalten einiger dampfförmiger Substanzen im elektrischen Licht-
bogen. 485.
Leıss, (.. in Steglitz, über ein neues. aus Kalkspath und Glas zusammengesetztes Nıcor-
sches Prisma. 884. 901— 904.
Lenz, Max, ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Berlin, zum
ordentlichen Mitglied der philosophisch-historischen Classe gewählt. 1.
——, Antrittsrede. 704—708.
— —, Festrede, gehalten in der öffentlichen Sitzung zur Feier des hundertjährigen
Geburtstages Kaiser Wırnerm's Il. 397— 412.
——, iiber den Ausbruch des ersten Revolutionskrieges 1792. 517. (AbA.)
Lınpau, G., Privatdocent an der Universität Berlin, erhält 900 Mark zu licheno-
logischen Studien. 624.
Lounse. O., Observator am Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam, Unter-
suchung des violetten Theils einiger linienreicher Metallspeetra. 127. 179—197.
Lüne, Max, Privatdocent an der Universität Königsberg, erhält 2000 Mark zur Unter-
suchung der Fauna der Salzseen in Französisch Nordafrika. 624.
1 @ Mlk)
von Mansorpr, H.. Professor in Aachen, Beweis der Gleichung $ 22
835 — 852. en
Masrero, Gaston, Mitglied des Instituts und Professor am College de France in
—=/07 360%
Paris, zum correspondirenden Mitglied der philosophisch -historischen Classe ge-
wählt. 854.
MEYER, gestorben am 8. August in Heidelberg. 927.
MEYERHOFFER, Dr.W., Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen
Salzablagerungen, insbesondere des Stassfurter Salzlagers. s. vaw”r Horr.
Mösıus, die Fauna von Deutsch - Ostafrika. 1081.
Morıen, Theodor, in Dorpat, über die Invarianten der linearen Substitutionsgruppen.
1121. 1152 —1156.
Momumsen, Bericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften. Mit Hrn. Hırscn-
FELD. 43—44.
Bericht über die Prosopographie der römischen Kaiserzeit. 44.
— —, Plaquette mit seinem Bildniss und einer Umschrift zum 80. Geburtstag.
1083.
Munk, weitere Untersuchungen über die Schilddrüse. 481.
Oscar IlI., König von Schweden und Norwegen, zum Ehrenmitglied der Akademie
gewählt. 927.
Paıczkowskı, Dr. Joseph, in Göttingen, erhält 1500 Mark zur Fortsetzung seiner
agrar-historischen Untersuchungen. 624.
Pıscnen,. F., Professor in Hannover, erhält 1100 Mark zu Versuchen über die Ener-
gie in den Specetren schwarzer Körper. 453.
PErRNnıcE, Fahrlässigkeit und Erfolehaftung im ältern römischen Strafrechte. 927.
Prancx, über irreversible Strahlungsvorgänge. Erste Mittheilung. 55. 57 — 68. —
Zweite Mittheilung. 714. 715— 717. — Dritte Mittheilung. 1121. 1122— 1145.
Prawm, Dr. Konrad, in Berlin, erhält 1000 Mark zu einer Ausgrabung der Königspfalz
in Kirchheim im Elsass. 779.
1198 Namenregister.
Reımer, Georg, Verlagsbuchhaudlung in Berlin, erhält 540 Mark zur Drucklegung
von GERHARD, Etruskische Spiegel, Bd.5, Heft 14— 16. 1. 779.
Rıcnarz. Franz, Professor in Greifswald. Bestimmung der Gravitationsconstante.
Mit OÖ. Krıcar-Menzer. 1121. (Adh. 1898.)
Röxvsen. weitere Beobachtungen über die Eigenschaften der X-Strahlen. 483.
576 —592.
Saecmau, geographische Studien zu den Assyrischen Königsinschriften. 461.
——., erhält 15000 Mark zur Herausgabe der Geschichte des Islam von Ibn Saad. 854.
— —., über eine Arabische Chronik aus Zanzibar. 925.
Sıınr-Marrın, Vivien de, Ss. VıvıEn.
ScHERING, gestorben am 2. November in Göttingen. 947.
Sc#tiemann, Professor in Berlin, erhält 1000 Mark zu Vorarbeiten für eine Geschichte
Kaiser Nıcoravs’ I. von Russland. 624.
Scuamipr, Erich, die Quellen der »Comischen Einfälle, und Züge« Lessıng’s. 451.
462 — 479. — Nachtrag. 623. 644 — 645.
—— , Uhlands »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 947. 955 — 991.
Scamrp'r, Johannes, kretische Pluralnominative auf -ev. 1051.
Scumıpr, Dr. Richard, in Eisleben, erhält 500 Mark zur Herausgabe einer Übersetzung
des Kämasııtram. 624.
Schmotrer, Bericht über die Politische Correspondenz Frıeprıca's des Grossen.
Mit Hrn. Koser. 39 —40.
————, Bericht über die Acta Borussica. Mit Hrn. Koser. 40—42.
ZZ — , über das deutsche Münzwesen des Mittelalters und der beginnenden
neueren Zeit. 21.
——————, erhält mit Hrn. Koser 6000 Mark zur Fortführung der Herausgabe der
Politischen Correspondenz König Frıeprıcn's U. 624.
——., über die Entwickelung des deutschen Münzwesens von der Einheits-
münze des Denars zu einem vielgliederigen System kleiner, mittlerer und grosser
Münzen 1306 — 1600. 1157.
SCHRADER, über eine altbabylonische Thontafelinschrift. 663.
Scuraur, gestorben am 29. November in Wien. 1083.
ScHÜrER, die Juden im bosporanischen Reiche und die Genossenschaften der oeßo-
nevor Beöv Uyrorov ebendaselbst. 199. 200 —2
Sc#turze, Revision des Systemes der Asconematiden und Rosselliden. 519. 520 —558.
———., erhält 35000 Mark zur Bearbeitung und Herausgabe eines Werks »Das
Thierreich«. 624.
Schwarz, über ein bestimmtes Problem der Variationsrechnung, zu dessen vollstän-
diger Lösung elementare Hülfsmittel ausreichen. 453.
954.
ScHwEINFURTH, G., Professor in Berlin, erhält 3000 Mark zur Herausgabe einer
— , zur Lehre von den unentwickelten Funetionen. 947. 948
ersten Abtheilung der von ihm in der arabischen Wüste von Aegypten aufgenom-
menen Karten. 1053.
SCHWENDENER, die Gelenkpolster von Mimosa pudica. 227. 228 — 257.
STEENSTRUP, gestorben am 20. Juni in Kopenhagen. 779.
StTEINHAUSEN, Dr. G.. in Jena, erhält 400 Mark für die von ihm unternommene
Publication deutscher Privatbriefe des 14. und 15. Jahrhunderts. 928.
Sruner, zur Theorie der Consonanz. 143.
SYLvESTER, gestorben am 15. März in London. 454.
Tosrer, über die Legende des heiligen Julian in der schönen Litteratur. 779.
VAaurEn, hermeneutische Bemerkungen zu Aristoteles’ Poetik. 623. 626 — 643.
Der erste Jahresband endet mit Seite 686. 1199
Vauren, Festrede über Leissız als Schriftsteller, gehalten in der öffentlichen Sitzung
zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. 687 — 701.
,‚ Antwort auf die Antrittsreden der HH. Koser und Lexz. 708— 712.
Vıremow, Bericht über die Graf Loubat-Stiftung. 51.
—— —, die Bevölkerung der Philippinen. 277. 279 —289.
Vrrervı, Girolamo, Professor am Regio Istituto di Studj superiori in Florenz, zum
correspondirenden Mitglied der philosophisch -historischen Classe gewählt. 854.
Vıvıen DE Saıntr-Marrrın, gestorben am 26. December 1896 in Paris. 21.
Voser, über die Spectra der der ersten Spectralelasse angehörenden helleren Sterne. 883
WALDEYER, Festrede. gehalten in der öffentlichen Sitzung zur Feier des Geburts-
festes Sr. M. des Kaisers und Königs und des Jahrestages König Friedrieh’s II.
23—39.
—————, Berieht über die Humboldt-Stiftung. 49 —50.
————— _, das Trigonum vesicae. 659. 732—749.
WARBURG, über die Verzögerung bei der Funkenentladung. 127. 1285—136.
Warrengacn, Bericht über das Historische Institut in Rom. 46—48.
2 , über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee. 781. 782 —815.
—— ———,, gestorben am 20. September. 927.
WEBER, Albrecht, vedische Beiträge. VI. 593. 594—605.
WEBER, E.. Verlagsbuchhandlung in Bonn, erhält 540 Mark für den 3. Band des
loannes Zonaras ausgelegtes Honorar erstattet. 1084.
Weser, Heinrich, über die Differentialgleichungen der elektrolytischen Verschiebungen.
883. 936 — 946.
WEIERSTRASS, gestorben am 19. Februar. 143.
WEınmorD, über die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 199. (Abh.)
Weısmann. August, Professor an der Universität Freiburg i. B., zum correspondi-
renden Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe gewählt. 227.
Wenpranp, Paul. Oberlehrer in Charlottenburg, eine doxographische Quelle Philo’s.
1061. 1074— 1079.
Wıen, W., Professor in Aachen, über die Temperatur der Planeten. 453.
Wınk&ter, Heinrich. Oberlehrer in Breslau, erhält 850 Mark zur Fortsetzung seiner
altaischen Sprachstudien. 1.
WıINNnEcKE, gestorben am 2. December in Bonn. 1084.
Wwvrrr, Dr. Ludwig, in Schwerin i. M., erhält 1500 Mark zur Fortsetzung seiner
Versuche zur Herstellung künstlicher Krystalle. 625.
ZIEBARTH, Dr. Erich. in Göttingen, neue attische Hypothekeninschriften. 663. 664—
675.
ZIEGLER. H.E.. Professor an der Universität Freiburg i. Br., erhält 600 Mark zu
entwickelungsmechanischen Studien an Ecehinodermen- und Ütenophoreneiern. 1.
1200
SACHREGISTER.
Abel’sche Functionen, zur Theorie derselben, von Fucns. 607. 608—621.
Acta Borussica: Bericht. 40 —42.
Adressen: an Conn zum fünfzigjährigen Doctorjubilaeum. 1053. 1059 —1060.
Aegina, Epigraphisches aus —, von M. Fränker. 227. (Abh.)
Akademie der Wissenschaften, zur ältesten Geschichte der K. Preussischen —,
von Harnacr. 275. (Adh. unter dem Titel: Berichte des Secretars der Bran-
denburgischen Societät der Wissenschaften J. Tn. Jasronskı an den Praesidenten
G. W. Leisnız. 1700—1715.)
Altbabylonische Thontafelinschrift, über eine solche, von ScHhrApEr. 663.
354.
Anatomie und Physiologie: E.Frarau, das Gesetz der excentrischen Lagerung
977
Analeim und Leueit und ihre gegenseitigen Beziehungen, von Kreım. 277. 290
der langen Bahnen im Rückenmark. 278. 374— 385. — Herıwıs, über einige
am befruchteten Froschei durch Centrifugalkraft hervorgerufene Mechanomorphosen.
13. 14— 18. — F. Korscn, das Rückenmark von EZlephas indicus. 55 — 56. (Abh.) —
Derselbe, über eine Doppel-Gastrula bei Lacerta agilis. 623. 646 — 650. —
R. Krause, über Bau und Functionen der hinteren Speicheldrüsen der Octopoden.
1083. 1085 — 1098. — Munk, weitere Untersuchungen über die Schilddrüse. 481. —
WArpeyeEr, das Trigonum vesicae. 659. 732 — 749.
Angiospermen, über die systematische Anordnung der dikotyledoneen —, von
EnGLer. 853.
Anthropologie: Vırenow, die Bevölkerung der Philippinen. 277. 279 — 289.
Antrittsreden von ordentlichen Mitgliedern: Koser. 701—704; Lenz. 704— 708;
Antwort darauf von Vanten. 708— 712.
Arabische Chronik aus Zanzibar, über eine solche, von Sacnav. 925.
Archaeoloeie: L. Borcnarpr. über das Alter des Sphinx bei Giseh. 751. 752 — 760.
Archaeologisches Institut: Jahresbericht. 53. 519. 651—658.
Archaeopteryx, über deren Brustbein, Schulter- und Beckengürtel. von Dans.
817. 818—834.
Aristoteles. hermeneutische Bemerkungen zu dessen Poetik, von VAnuren. 623.
626 — 643.
Aristoteles-Commentare: Bericht. 44—45. — Neue Publication. 517. — Geld-
bewilligung. 624.
Arverner unter Römischer Herrschaft, von Hırscarern. 1053. 1099 — 1119.
Asconematiden und Rosselliden. Revision des Systemes derselben, von SCHULZE.
519.520 598.
Assyrische Königsinschriften, geographische Studien zu denselben, von SacHAU.
161.
Astronomie: AuweErs. über einen von ihm aufgestellten Fundamental- Catalog für
fe} fe
den südlichen Himmel. 413. — L. Brenner, Beobachtungen des Planeten Mars
in der Opposition 1896 - 97. 8854. (Abh. 1898.) — Pu. Favrn, Zeichnungen der Pla-
neten Jupiter und Mars. 884. — Voser, über die Spectra der der ersten Spectral-
classe angehörenden helleren Sterne. 883.
Der erste Jahresband endet mit Seite 686. 1201
Attische Hypothekeninschriften, neue, von E. Zıesarrn. 663. 664— 675.
Babylonische Thontafelinschrift, über eine alt- —, von SchrAaDer. 663.
Baeillus rossii Fabr.. über dessen Organisation und Entwickelung. von R. Hrynons.
277— 278. 363 — 373.
Baumgarten. über seine Hermeneutik. von Divrnev. 83.
Berichte des Secretars der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften J. Tu. .Ja-
BLONSKı an den Praesidenten G.W. Leınız. 1700—1715. Hrsg. von Harnack.
275. (Abr.)
Bildende Kunst. über ihren Ursprung. von Coxze. 98—109.
Blaublindheit, über dieselbe. von A. Könıs. 714. 718—731.
Bopp-Stiftung: Bericht. 51.
Bosporanisches Reich, die Juden und die Genossenschaften der oeßonevo Heov
vyrıorov daselbst, von SchÜrer. 199. 200 — 225.
Botanik: Engter,. über die systematische Anordnung der dikotyledoneen Angiospermen,
853. — SCHWENDENER,. die Gelenkpolster von Mimosa pudica. 227. 228— 257.
Briefe Friedrich’s des Grossen an Maupertuis, über die von der Archivverwal-
tung angekaufte Sammlung derselben, von Koser. 483.
Caffein. über die Constitution desselben. von FıscHer. 1. 2—11.
Chemie: Fiıscuer. über die Constitution des Caffeins, Xanthins, Hypoxanthins und
verwandter Basen. 1. 2—11. — Derselbe, über Hydurinphosphorsäure. 931. 932
— 935. — Derselbe, über den Einfluss der Salzbildung auf die Metamorphosen
der Purinkörper. 931. — vax'r Horr und W. MEyERHOFFER, bez. F.B. Krnrıck
und F.G. Doxxas. Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischer
Salzablagerungen,, insbesondere des Stassfurter Salzlagers. I. 55. 69 —75. I. 127.
137—141. IN. 157. 487—507. IV. 485. 508— 515. V. 931. 1019—1034. V]. 1121.
1146 — 1151. — Konrravsen, Statistik der Löslichkeit einer Gruppe von Salzen
in Wasser bei mittlerer Temperatur. 89. 90—94. — Lanvorr. über das Verhalten
einiger .dampfförmiger Substanzen im elektrischen Lichtbogen. 485.
Consonanz. zu deren Theorie. von Srumrr. 143.
Corpus inscriptionum graecarum: Bericht. 42—43. — Geldbewilligung. 624.
Corpus inseriptionum latinarum: Bericht. 43 — 44.
Corpus nummorum: Bericht. 45.
Dampfförmige Substanzen, über das Verhalten einiger — im elektrischen Licht-
bogen. von Laxporr. 485.
Dekapoden. ihre Spermatozoen. von G. Branpes. 277. 355 — 362.
Deutsch-Ostafrika. seine Fauna, von Mörıvs. 1081.
Eduard Gerhard-Stiftung. s. Gerhard -Stiftung.
Elektrolytische Verschiebungen, über deren Differentialgleichungen, von H.Weper,
383. 936— 946.
Elephas indieus, über dessen Rückenmark. von F. Korscn. 55—56b. (4AdA.)
Empedokles. über ein Fragment desselben, von Diers. 1061. 1062— 1073.
Endliche Gruppen. über deren Darstellung durch lineare Substitutionen. von
Frosenıvs. 993. 99£—1015.
Erdmagnetismus. zur Theorie desselben. von vox Bezornd. 413. 414— 449. —
über schnelle, periodische Veränderungen desselben von sehr kleiner Amplitude,
656.
von M. EscHEnHAGen. 677. 678
Erfolshaftung im ältern römischen Strafrechte. von PerntcEe. 927.
Fahrlässigkeit und Erfolghaftung im ältern römischen Strafrechte, von PErnıce. 927.
Farben- und Helliskeitsgleichungen, über deren Abhängigkeit von der abso-
luten Intensität. von A. Könıs. 854. S71— 882.
Sitzungsberichte 1897. 110
1202 Sachregister.
Fauna von Deutsch-Ostafrika, von Mösıvs. 1081.
Festreden: zur Feier des hundertjährigen Geburtstages Kaiser Wırnerm’s I., von Lenz.
397— 412. — zur Feier des Leibnizischen Jahrestages, von VAuten, über Leıssız
als Schriftsteller. 687— 701. — zur Feier des Geburtsfestes S. M. des Kaisers und
39.
Friedrich der Grosse, über die von der Archivverwaltung angekaufte Sammlung
Königs und des Jahrestages König Frıeprıcn’s II.. von Warpeyer. 23
seiner Briefe an Mavrerruss, von Koser. 483.
Froschei, über einige am befruchteten — durch Centrifugalkraft hervorgerufene
Mechanomorphosen, von Herrwıc. 13. 14—18.
Fundamental-Catalog für den südlichen Himmel, über die Bearbeitung eines sol-
chen, von Auwers. 413.
Funkenentladung, über die Verzögerung bei derselben, von Wargurs. 127. 125 —136.
Furor Teutonieus, über denselben, von Dünnter. 111. 112—126.
Ganggesteine,. über dieselben und ihre Stellung im System der Eruptivgesteine, von
Krem.. 713.
Gastrula, eine Doppel-. bei Lacerta agtlis, von F. Korsen. 623. 646 — 650.
Gedächtnissreden: auf Beyrıcn, von Dames. 712. — auf Currıws, von Könrer.
712. (Abdh.)
Geldbewilligungen zur Fortführung der wissenschaftlichen Unternehmungen der
Akademie: Aristoteles - Commentatoren. 624. — Corpus inseriptionum graecarum.
624. — Kant- Ausgabe. 623. — Politische Correspondenz Friedrich’s II. 624. —
Prosopographie der römischen Kaiserzeit. 227. 453.
für besondere wissenschaftliche Untersuchungen und Veröffent-
liehungen: R.Bonxer, Bearbeitung eines Werks über das elastische Gewebe der
Blutgefässe. 624. — G. Branpes, Studien über Nemertinen in Messina. 624. —
Tu. Bürrser-Wossr, Honorar für die Herausgabe des 3. Bandes des loannes Zo-
naras. 1084. — E. Conen, Untersuchungen von Meteoreisen. 625. — Üonze,
topographische Aufnahme der Umgegend von Pergamon. 854. — F. Daur, Sor-
tirung und Ordnung des von ihm in Ralum gesammelten faunistischen Materials.
1084. — Dessau, Honorar für die Bearbeitung des 2. Bandes der Prosopographie
der römischen Kaiserzeit. 453. — Drec#seL, Untersuchungen organischer Jod-
verbindungen bei Thieren. 453. — Erringer, bibliothekarische Untersuchungen
über neulateinische Litteratur in Süddeutschland und OÖberitalien. 453. — ENGLeEr,
Herausgabe von Monographieen afriecanischer Pflanzenfamilien. 624. — B. Erp-
MANN, psychophysische Experimentaluntersuchungen. 1. — Fausgörr, Herausgabe
des 7. (Register-)Bandes seines Jätaka-Buchs. 624. — Pr. Faurn, Herausgabe
von Zeichnungen der Planeten Jupiter und Mars. 1084. — H. Fınke, Vollendung
seiner Ausgabe der Acta concilii Constantiensis. 624. — F. Freen, Vollendung seiner
geologischen Untersuchung der Radstädter Tauern. 624. — F. K. Ginzer, Heraus-
gabe eines speciellen Canons der Finsternisse für das Gebiet der classischen Alter-
thumsforschung. 928. — H. Grarven, Gesammtausgabe der antiken Elfenbein-
diptychen. 624. — B. Hıcex, Herausgabe eines anthropologischen Atlas. 854.
J. Hansen. Vorarbeiten für eine Geschichte der Inquisition in Deutschland.
624. — Harnack. Vorarbeiten zu einer Geschichte der Akademie. 1. 928. —
N. Herz. Reduction der von ihm auf der v. Kuffner’schen Sternwarte in Wien
beobachteten Zonen. 454. — R. Hesse. Untersuchungen über die Augen niederer
Seethiere. 625. — €. Horrermans, Herausgabe eines Werks über ostindische
Pilze. 1084. — K. Hürrnre, Beschaffung von Instrumenten für Momentaufnahmen
von contrahirten Muskeln. 624. — Kress, Honorar für die Bearbeitung des
l. Bandes der Prosopographie der Römischen Kaiserzeit. 227. — M. Krüger,
Der erste Jahresband endet mit Seite 686. 1203
Untersuchungen über die in thierischen und pflanzlichen Organen vorkommenden
Xanthinstoffe. 677. — G. Lınpauv, lichenologische Studien. 624. — Lüsr, Unter-
suchung der Fauna der Salzseen in Französisch Nordafrica. 624. — J. Pacz-
kowskı. Fortsetzung seiner agrarhistorischen Untersuchungen. 624. — F. Pascuen,
Versuche über die Energie in den Speetren schwarzer Körper. 453. — K. Prarn,
Ausgrabung der Königspfalz in Kirchheim im Elsass. 779. — G. Reımer’sche Buch-
handlung. Drucklegung von Gerhard, Etruskische Spiegel. Bd. 5, Heft 14—16.
1. 779. — Sacnav, Herausgabe der Geschichte des Islam von Ibn Saad. 854. —
ScHiEMANN, Vorarbeiten für eine Geschichte Kaiser Nicolaus’ I. von Russland. 624.
— R.Senumr, Herausgabe einer Übersetzung des Kämasütram. 624. — Scnurze, Be-
arbeitung und Herausgabe eines Werkes »Das Thierreich«. 624. — G. ScHWwEINFURTH,
Herausgabe einer ersten Abtheilung der von ihm in der arabischen Wüste von
Aegypten aufgenommenen Karten. 1053. — G. Sreınuausen, Publication deutscher
Privatbriefe des 14. und 15. Jahrhunderts. 928. — E. Weser’sche Buchhandlung,
Honorar für den 3. Band des Ioannes Zonaras. 1084. — H. Wiınkrer, Fort-
setzung seiner altaischen Sprachstudien. 1. — L. Wvrrr. Fortsetzung seiner Ver-
suche zur Herstellung künstlicher Krystalle. 625. — H.E. Zırsrer, entwicke-
lungsmechanische Studien an Echinodermen- und Ctenophoreneiern. 1.
Gelenkpolster. die — von Mimosa pudica, von SCHWENDENER, 227. 228 — 257.
Gerhard-Stiftung: Bericht. 51—52. 712.
Germanisches Ständewesen, zu dessen Geschichte. von BRunnxeEr. 929.
Geschichte: Acta Borussica. 40—42. — L. BorcHarpr. ein neuer Königsname der
ersten Dynastie. 1053. 1054—1058. — Corpus nummorum. 45. — Dünnter,
über den furor Teutonieus. 111. 112—126. — Hırscurern, die Haeduer und
Arverner unter Römischer Herrschaft. 1053. 1099 —1119. — Köster, über Pro-
bleme der griechischen Vorzeit. 227. 2285 —274. — Koser. über die von der
Archivverwaltung angekaufte Sammlumg der Briefe Friedrich’s des Grossen an
Maupertuis. 483. — Lenz, über den Ausbruch des ersten Revolutionskrieges 1792.
517. (AbAh.) — Monumenta Germaniae historica. 53. 453. 455 — 460. — Politische
Correspondenz Friedrich’s des Grossen. 39 —40. 111. 624. — Prosopographie der
römischen Kaiserzeit. 44. 143. 227. 453. — ScHMoLLEr, über das deutsche Münz-
wesen des Mittelalters und der beginnenden neueren Zeit. 21. — Derselbe,
über die Entwiekelung des deutschen Münzwesens von der Einheitsmünze des
Denars zu einem vielgliederigen System kleiner, mittlerer und grosser Münzen
1306 —1600. 1157. — Warrengach, über die Quirinalien des Metellus von Tegern-
see. 781. 782—815.
Geschichte der Akademie: Geldbewilligung zur Abfassung derselben. 1. 928. —
Harnack, zur ältesten Geschichte der K. Preussischen Akademie der Wissenschaften.
275. (Abh.)
re = uk) : none:
Gleichung Di o. Beweis derselben. von H. vox Mancorpr. 607. 835 — 852.
e z
Gravitationsconstante, Bestimmung derselben. von F. Rıcnarz und O. Krısar-
Menzer. 1121. (AdAh. 1898.)
Griechische Kirchenväter, s. Kirchenväter.
>55
I
Griechische Vorzeit. über Probleme derselben, von Könter. 227. 2585 — 274.
1099 —
Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft. von HırscHreLn.
1119.
Hermann und Elise geb. Heeckmann Wentzel-Stiftung. s. Wentzel -Stiftung.
Hermeneutik. über die von BAunGArtTEN und SEMLER. von Dirruev. 83.
Historisches Institut in Rom: Bericht. 46—48.
110*
1204 Sachregister.
Humboldt-Stiftung: Bericht. 49 — 50.
Hydurinphosphorsäure, über dieselbe, von Fıscuer. 931. 932 — 935.
Hypothekeninschrift en, neue attische, von E. Zresarın. 663. 664—675.
Hypoxanthin, über die Constitution desselben, von Fıscuer. 1. 2—11.
Jablonski, J. Th.. Seeretar der Brandenburgischen Soeietät der Wissenschaften, seine
Berichte an den Praesidenten G.W. Leısxız. 1700 —1715. Hrsg. von Harnack.
275. (4Adh.)
Inschriften: Corpus inseriptionum graecarum. 42—43. 624. — Corpus inscriptio-
num latinarum. 43—44. — M. Fränker, Epigraphisches aus Aegina. 227. (AbA.).
Sacnav, geographische Studien zu den Assyrischen Königsinschriften. 461. —
ScHRADER, über eine altbabylonische Thontafelinschrift. 663. — E. Zıesarru. neue
attische Hypothekeninschriften. 663. 664—675.
Invarianten der linearen Substitutionsgruppen, über dieselben, von Tu. Morıen. 1121.
1152— 1156.
Irreversible Strahlungsvorgänge, über dieselben. von Borrzuann. 659. 660
— 662. Zweite Mittheilung. 993. 1016 —1018. — von Praxer. Erste Mittheilung.
55. 57—68. Zweite Mittheilung. 714. 715— 717. Dritte Mittheilung. 1121. 1122
— 1145.
Juden, dieselben im bosporanischen Reiche und die Genossenschaften der weßonevor
Beöv inrıorov ebendaselbst. von Schnürer. 199. 200— 225.
Julian, über die Legende des heiligen — in der schönen Litteratur,"von Toter. 779.
Jupiter, Zeichnungen dieses Planeten, von Pr. Faurn. 554.
Kant-Ausgabe: Bericht. 485 — 49. — Geldbewilligung. 623.
Kathodenlicht. über dessen Structur und die Natur der Lexarv'schen Strahlen, von
E. Gorvsrein. 884. 905 — 914.
Kirchengeschichte: Ausgabe der griechischen Rirchenväter: Bericht. 52 —53. —
Publieation. 461. — Harxack, über die »Ordinationes« im Papstbuch. 663. 761—
778. — Derselbe, über die jüngst entdeekten Sprüche Jesu. 781. — E. Kro-
STERMANN, die Schriften des Origenes in Hieronymus’ Brief an Paula. 853. 855
— 870. — Scnürer, die Juden im bosporanischen Reiche und die Genossenschaften
der oeßouevor Beöv üyıorov ebendaselbst. 199. 200 — 225
Kirchenväter, griechische, Ausgabe derselben: Bericht. 52—53.— Publication 461.
Königsname der ersten Dynastie, ein neuer, von L. Borcnarpr. 1053. 1054—1058.
Koptische Volkslitteratur, Bruchstücke derselben, von Erman. 19. (Abh.)
Kosmische Physik: vox Bezorp, zur Theorie des Erdmagnetismus. 413. 414—449.
— M. EscnexHaGen, über schnelle, periodische Veränderungen des Erdmagnetis-
mus von sehr kleiner Amplitude. 677. 673—686. — F. Rıcmarz und O. Krısar-
Mexzer, Bestimmung der Gravitationsconstante. 1121. (4AdA. 1898.) — W.Wiıen,
über die Temperatur der Planeten. 453.
Kraft in der analytischen Mechanik. über die Darstellung derselben. von KoENIGSBERGER.
553 — 884. SS5— 900.
Kretische Pluralnominative auf -e von J. Scuair. 1051.
Kunstwissenschaft: Coxze, über den Ursprung der bildenden Kunst. 95—109.
— Srunrr, zur Theorie der Consonanz. 143.
Lacerta agilis. über eine Doppel-Gastrula bei derselben. von F. Korsen. 623.
646 — 650.
l.eibniz als Schriftsteller, Festrede zur Feier des Leibnizischen Jahrestages, von
Vanten. 687— 701. — Berichte des Seeretars der Brandenburgischen Soecietät
der Wissenschaften J. Tu. Japroxskı an ihn. 1700— 1715. Hrsg. von Harnack.
275. (AbA.)
Der erste Jahresband endet mit Seite 686. 1205
Lenard’sche Strahlen. über deren Natur, von E. Gorpsreı. 884. 905 — 914.
Lessing, die Quellen der »Comischen Einfälle und Züge« desselben. von E. Scuaipr.
451. 4652 — 479. Nachtrag. 623. 644 — 645.
Leueit und Analeim und ihre gegenseitigen Beziehungen, von Krem. 277. 290 — 354.
Lineare Substitutionsgruppen, über deren Invarianten. von Tu. Morızx. 1121.
1152 — 1156.
Löslichkeit. Statistik der — einer Gruppe von Salzen in Wasser bei mittlerer
Temperatur. von Konrravsen. 89. 90 — 94.
Loubat-Stiftung: Bericht. 51.
Magnetisirung von Stahl und Eisen in schwachen Feldern, von L. Horzorn. 89.
95 — 97.
Mars, Beobachtungen dieses Planeten in der Opposition 1896-97, von L. BrENseEr.
854. (Abh.) — Zeichnungen desselben von Pr. Favrn. 884.
Mathematik: Frosesivs, über die Darstellung der endlichen Gruppen durch lineare
Substitutionen. 993. 994— 1015. — Fucas, zur Theorie der Ager'schen Functionen.
607. 608— 621. — KoENIGSBERGER, über verborgene Bewegung und unvollständige
Probleme. 157. 158—178. — Derselbe, über die Darstellung der Kraft in der
analytischen Mechanik. 833 —884. 855 — 900. — H. vow Maxsorpr, Beweis der
£ = 1(k) 2 £ i E
chung > ne 007. 835 — 852. — Tu. Morıex. über die Invarianten
der linearen Substitutionsgruppen. 1121. 1152 —1156. Schwarz, über ein be-
stimmtes Problem der Variationsrechnung, zu dessen vollständiger Lösung elemen-
tare Hülfsmittel ausreichen. 453. — Derselbe, zur Lehre von den unentwickelten
Funetionen. 947. 948 — 954. — H. WEBER. über die Differentialgleichungen der
elektrolytischen Verschiebungen. 883. 936 — 946.
Maupertuis, über die von der Archivverwaltung angekaufte Sammlung der Briefe
Friedrich’s des Grossen an ihn. von Koser. 483.
Metallspeetra. Untersuchung des violetten Theils einiger linienreicher —. von
©. Louse. 127. 179—197.
Metellus von Tegernsee, über dessen Quirinalien. von Warrensach. 781. 782
— 819:
Meteoreisen,. über ein neues — von Locust Grove, Henry Co., Nord Carolina, Ver-
einigte Staaten. von E. Conen. 55. 76— 81. — das — von Forsyth Co., Georgia,
Vereinigte Staaten, von E. Conex. 157. 356 — 396. — ein neues — von Beacons-
1050.
Mimosa pudica. deren Gelenkpolster, von SCHWENDENER. 227. 228 — 257.
field. Colonie Vietoria. Australien. von E. Conen. 931. 1035
Mineralogie: E. Cosex, über ein neues Meteoreisen von Locust Grove, Henry (Co.,
Nord Carolina. Vereinigte Staaten. 55. 76—81. — Derselbe,. das Meteoreisen
von Forsyth Co.. Georgia, Vereinigte Staaten. 157. 356 — 396. — Derselbe, ein
9-
neues Meteoreisen von Beaconsfield, Colonie Vietoria, Australien. 931. 1035—1050.
— Krem. über Leueit und Analeim und ihre gegenseitigen Beziehungen. 277.
290— 354. — Derselbe, über Ganggesteine und ihre Stellung im System der
Eruptivgesteine. 713.
Monumenta Germaniae historiea: Jahresbericht. 53. 453. 455 —460.
des Mittelalters und der beginnenden neueren Zeit,
Münzwesen. über das deutsche
von SCHMOLLER. 21, — über die Entwickelung des deutschen — von der Einheits-
münze des Denars zu einem vielgliederigen System kleiner, mittlerer und grosser
Münzen 1306 — 1600, von SchamoLter. 1157.
Myriopoden, Mittheilungen über deren Segmentirung und Körperbau, von R. Hey-
moxns. 884. 915 — 923.
1206 Sachregister.
Neunzahl bei den Deutschen, über die mystische —. von WeınnorLn. 199. (AbA.)
Nieol’sches Prisma. über ein neues, aus Kalkspath und Glas zusammengesetztes,
von C.Leıss. 884. 901— 904.
Oceanische Salzablagerungen, Untersuchungen über deren Bildungsverhältnisse,
insbesondere des Stassfurter Salzlagers, von van'r Horr und W. MEYERHOFFER,
bez. F.B. Kenkıck und F. G. Donnan. 1. 55. 69—75. I. 127. 137—141. IN. 157.
487—507. IV. 485. 508—515. V. 931. 1019 —1034. VI. 1121. 1146 —1151.
Octopoden. über Bau und Function der hinteren Speicheldrüsen derselben, von
R. Krause. 1083. 1085 — 1098.
Ordinationes im Papstbuch, über dieselben, von Harnack. 663. 761— 778.
Origenes, über dessen Schriften in Hieronymus’ Brief an Paula, von E. Krosreruann.
853. 855 — 870.
Palaeontologie: Dames, über Brustbein. Schulter- und Beckengürtel der Archaeo-
pteryw. 817. 818 — 834.
Pflanzengeographie, s. Botanik.
Pherekydes, zu dessen Pentemychos. von Diers. 143. 144 —156.
Philippinen, über deren Bevölkerung, von Vırcnow. 277. 279— 289.
Philo. eine doxographische Quelle desselben, von P. WexpLaxn. 1061. 1074—1079.
Philologie, deutsche: E. Scnuipr, die Quellen der »Comischen Einfälle und Züge«
Lessiıne’s. 451. 462—479. Nachtrag 623. 644—645. — Derselbe, Uhland’s
»Märchenbuch des Königs von Frankreich«. 947. 955 — 991. — WeEınHoLp, über
die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 199. (4AbA.)
— -, griechische: Aristoteles-Commentare. 44—45. 517. 624. — Diıerrs,
zur Pentemychos des Pherekydes. 143. 144— 156. — Derselbe, über ein Frag-
ment des Empedokles. 1061. 1062 — 1073. — J. Schu, kretische Pluralnomi-
native auf -ev. 1051. — Vanrten, hermeneutische Bemerkungen zu Aristoteles’
Poetik. 623. 626 —643. — P. Wenprann, eine doxographische Quelle Philo’s.
1061. 1074—1079. — Vergl. Inschriften.
— ., orientalische: Erman, Bruchstücke der koptischen Volkslitteratur.
19. (Abh.) — SacHauv, über eine arabische Chronik aus Zanzibar. 925. —
A. WEBER, vedische Beiträge. VI. 593. 594— 605. — Vergl. Inschriften.
46.
— -, romanische: Tosrer, über die Legende des heiligen Julian in der
— . , römische: Thesaurus linguae latinae. 45
schönen Litteratur. 779.
Philosophie: Dirrney, über die Hermeneutik von BaunGArrEen und SEMLER. 83.
— Kant- Ausgabe. 48 — 49. 623.
Photoelektrischer Strom, über dessen Abhängigkeit vom Einfallswinkel und der
Schwingungsrichtung des erregenden Lichtes und seine Beziehung zur Absorption
des Lichts an der Kathode, von J. Erster und H. Gerrer. 485 — 486.
Physik: Borızmann. über irreversible Strahlungsvorgänge. 659. 660 — 662. Zweite
Mittheilung. 993. 1016 — 1018. — J. Erster und H. Gerrer, über die Abhängig-
keit des photoelektrischen Stromes vom Einfallswinkel und der Schwingungs-
richtung des erregenden Lichtes und seine Beziehung zur Absorption des Lichts
an der Kathode. 485 — 486. — E. Gorpsreiw, über die Structur des Kathoden-
lichts und die Natur der Lenarp’schen Strahlen. 884. 905 — 914. — L. HorLsorn,
die Magnetisirung von Stahl und Eisen in schwachen Feldern. 89. 95 — 97. —
H. Kayser, über die Spectren der Elemente der Platingruppe. 1081. (AbA.) —
X. Könxıg, die Abhängigkeit der Sehschärfe von der Beleuchtungsintensität. 519.
559 — 575. — Derselbe, über »Blaublindheit«. 714. 718— 731. — Derselbe,
die Abhängigkeit der Farben- und Helligkeitsgleichungen von der absoluten In-
Der erste Jahresband endet mit Seite 686. 1207
tensität. S54. S71— 882. — O0. Louse, Untersuchung des violetten Theils einiger
linienreicher Metallspeetra. 127. 179—197. — Praxck, über irreversible Strahlungs-
vorgänge. Erste Mittheilung. 55. 57—68. Zweite Mittheilung. 714. 715 —717.
Dritte Mittheilung. 1121. 1122—1145. — Röntgen, weitere Beobachtungen über
die Eigenschaften der X-Strahlen. 483. 576—592. — WarBurG, über die Ver-
zögerung bei der Funkenentladung. 127. 128 — 136.
Physiologie. s. Anatomie.
Platingruppe. über die Speetren der Elemente derselben, von H. Kayser. 1081.
(Abh.)
Politische Correspondenz Frıeprıcn's des Grossen: Bericht. 39—40. — Neue
Publication. 111. — Geldbewilligung. 624.
Probleme, über unvollständige. von KoENIGsBERGER. 157. 158— 178.
Prosopographie der römischen Kaiserzeit: Bericht. 44. — Publication. 143. — Geld-
bewilligung. 227. 453.
Purinkörper. Einfluss der Salzbildung auf deren Metamorphosen, von Fiscner. 931.
Rechtswissenschaft: Brunner, Bericht über die Herstellung eines wissenschaftlichen
Wörterbuches der deutschen Rechtssprache. 83. 8$—87. Vergl. S.52. — Der-
selbe. zur Geschichte des germanischen Ständewesens. 929. — PErnıcE, Fahr-
lässigkeit und Erfolghaftung im ältern römischen Strafrechte. 927.
Revolutionskriege, über den Ausbruch des ersten — 1792, von Lexz. 517. (Abh.)
Röntgen-Strahlen, weitere Beobachtungen über ihre Eigenschaften, von Röntgen.
483. 576 — 592.
Rosselliden, Revision des Systemes derselben, von Scuuzze. 519. 520 —558.
Rückenmark. von Elephas indicus, von F. Korsen. 55—56. (Abh.) — über das
Gesetz der excentrischen Lagerung der langen Bahnen in demselben, von E. Frarau.
278. 374— 385.
Salzbildung. Einfluss derselben auf die Metamorphosen der Purinkörper, von Fıscner,
931.
Savigny-Stiftung: Jahresbericht. 50—51.
Schilddrüse, weitere Untersuchungen über dieselbe, von Muxk. 481.
Zeßonevo Heöv vyrorov. die Genossenschaften derselben im bosporanischen Reiche, von
Schnürer. 199. 200 — 225.
Sehschärfe,. über deren Abhängigkeit von der Beleuchtungsintensität, von A. Könıc.
519. 559 —575.
Semler,. über seine Hermeneutik, von Dirruey. 83.
Spectren der der ersten Spectralelasse angehörenden helleren Sterne. von VoGer. 883.
der Elemente der Platingruppe, von H. Kayser. 1081. (AdA.)
Speicheldrüsen der Oetopoden, über Bau und Function der hinteren —., von R.
Krause. 1083. 1085 — 1098.
Spermatozoen der Dekapoden, von G. Brannes. 277. 355 — 362.
Sphinx bei Giseh, über dessen Alter, von L. Borcnarpr. 751. 752— 760.
Sprüche Jesu, über die jüngst entdeckten, von Harnacr. 781.
Ständewesen. zur Geschichte des germanischen —. von BrunseEr. 929.
Stassfurter Salzlager, s. Oceanische Salzablagerungen.
Substitutionsgruppen, über die Invarianten der linearen —. von Ta. Morızx.
1121. 1152 — 1156.
Temperatur der Planeten, über dieselbe, von Wırn. 453.
Thesaurus linguae latinae: Bericht. 45 — 46.
Todesanzeisen: pEs ÜLoızEavx. 625. — Du Boıs- Reymonxp. 1. — FRresextus. 677. —
HEıpEenaam. 928. — Meyer. 927. — Scaerins. 947. — ScHhraur. 1083. —
1208 Sachregister.
SreEnstruUp. 779. — Syivester. 454. — Vivien DE Samir-Marrın. 21. —
WarrengBacH. 927. — WeEIERSTRASSs. 143. — WiınnEckE. 1084.
Trigonum vesicae, über dasselbe, von Warvever. 659. 732—749.
Uhland. dessen »Märchenbuch des Königs von Frankreich«. von E. Scumipr. 947.
955 — 991.
Unentwiekelte Funetionen, zur Lehre von denselben, von Scuwarz. 947. 948
— 954.
Variationsreehnung, über ein bestimmtes Problem derselben, zu dessen vollstän-
diger Lösung elementare Hülfsmittel ausreichen, von Schuwarz. 459.
Vedische Beiträge, von A. Weser. VI. 593. 594—605.
Verborgene Bewegung, über dieselbe und unvollständige Probleme, von Koesıss-
BERGER. .157. 158 —178.
Wahl von ordentlichen Mitgliedern: Lexz. 1.
— —— von Ehrenmitgliedern: Oscar II.. König von Schweden und Norwegen. 927.
von ecorrespondirenden Mitgliedern: Berker. 927. — Bürsenui. 227. —
von Cornerivs. 1053. — Darsoux. 89. — Euters. 89. — ERDMANNSDÖRFFER. 1053.
— Masrero. 854. — Vırerrı. 854. — Weısmann. 227.
Wentzel-Stiftung: Bericht. 52—53.
Wörterbuch der deutschen Rechtssprache. Bericht über die Herstellung eines solchen,
von Brunner. 83. 84—87. Vergl. S.52.
X-Strahlen, s. Röntgenstrahlen.
Xanthin,. über die Constitution desselben, von FıscHer. 1. 2—11.
Zoologie: G. Branpes, die Spermatozoen der Dekapoden. 277. 355 — 362. — R.
Heymoss, über die Organisation und Entwickelung von Bacillus rossiüi Fazr. 277
— 278. 363— 373. — Derselbe, Mittheilungen über die Segmentirung und den
Körperbau der Myriopoden. 884. 915— 923. — Mösıvs, die Fauna von Deutsch-
Ostafrika. 1081. — Scnuurze. Revision des Systemes der Asconematiden und
Rosselliden. 519. 520—558.
Beriehtisungen zum Jahrgang 1897.
(= {e} [p) je}
S.54 Z.4 v. u. st. 12. November 1. 29. October
S.41S sind die Zeilen 16 bis 22 durch die nachstehenden zu er-
setzen: {
5o Grad nördlicher Breite viel grösser ist, als in niedrigeren
Breiten, unter denen es doch nur sehr wenige ständige Obser-
vatorien giebt. Er beträgt nämlich sowohl für 40°N als für 45°N
rund 8 Procent, während er nach den von Hrn. A. ScammprT
a.a.0. mitgetheilten Werthen für /, unter 20° N ganz zu ver-
schwinden scheint, und auch unter dem Aequator selbst 6 Pro-
cent nur wenig übersteigt.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
ZU BERLIN.
XXX.
1. Juri 1897.
BERLIN 1397.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«.
81.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
$2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
85.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Far erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
$6.
l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sird und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
ST.
1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
4 %
‘
gabe des betreffenden Stückes Be sei es auch
nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden.
2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung diese anderweit fir her zu ver-
öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- b
den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
willigung der Bar en oder ie
[4 ri 14
h $8. $%
5. Auswärts werden nur PR
Verlangen verschickt.
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen | nach acl ht n.
r # ? c { - 2. } Fr h
ö s1l. 4 2 ER
1. Der Verfasser einer unter den „Wissenschaitlielen
Mittheilungen« abgedruekten Arbeit erhält, une Itlich
fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf elchem
der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahres Stück-
alazye + y
’ d
nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, d darunter der
"Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen.
2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert _
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redi igirenden S ecre-
tar Anzeige gemacht hat.
3 P}
u“
8.28.
1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, ‚sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre-
spondirender Mitglieder divcet bei der Akademie oder bei
einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende
Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet
scheinenden Mitgliede zu überweisen.
[Aus Stat. $41,2. — Für die Aufnahme bedarf es
einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann,
sobald das Manusceript druckfertig vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
829.
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
i
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« oder die »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
MMittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
” » ”
Mai bis Juli in der ersten Hälfte des
October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach ra des Registers.
Monats August,
Die Verfasser verzichten damit |
A
SITZUNGSBERICHTE |
KÖN ern, | PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
Zu BERLIN
XXXIV. XXXV.
8. Juni 1897.
MIT TAFEL VII, VIH uso IX.
F ‘ ur a r .
3837.19
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;
BERLIN 1897.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
EetelerelereteTelereterzter=IerzIereferetereIerefcreforelereteretereleretere[reterIoreterteretereferelerzieret:
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Sl.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der plıysi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophiseh - historischen Classe ungerade
Nummern.
52.
l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersieht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftliehen Angelegenheiten.
. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsieht über die Redae-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
S6.
l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 ıieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welclie
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Notliwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von
beizurebenden Tafeln die volle erforderliche
eingeliefert ist.
besonders
Auflage
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l. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
sehaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
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gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher "Sprache veröffentlieht sein oder werden
2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver-
öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den "gelten.
den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu. der Ein-
willigung der Gesammtakademie oder der : heteailenndgu
Classe. }
x s8.
5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verziehten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
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) sıl.
1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen
Mittheilungen« abgedruekten Arbeit erhält unentgeltlich
fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umsehlag, auf welehem
der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück-
nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der
Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen.
2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem’ Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon Techizeiie dem redigirenden Seere-
tar Anzeige gemacht hat.
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R2B08
11. Jede zur Aufnahme in die Sikeingsbeichee be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen ‚Sitzung
vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermitelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Wenn Khrtiliehe Einsendungen auswärtiger oder eorre-
spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei
einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende
Seeretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet
scheinenden Mitgliede zu überweisen.
[Aus Stat. $41,2. — Für die Aufnahme bedarf es
einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann,
sobald das Manuseript druckfertig vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
829.
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichtes oder die »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen,
anderes vereinbart wird, jährlich Be Mal, nämlich:
mit denen sie im Schriftverkehr steht,
wofern nicht im besonderen Falle
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August,
October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers.
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SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
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BERLIN 1897.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.
$1.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philesophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
$.2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
$5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seceretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
$ 6.
1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung Jarf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzsehnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
87.
l. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher "Sprache veröffentlicht sein oder werden.
2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver-
öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten-
den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er ‚dazu der Ein-
willigung der Gesammtakademie oder der betreffenden i
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$8.
5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
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1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen
Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlieli
fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welehem
der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück-
nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der
Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen.
. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre-
tar Anzeige gemacht hat.
528.
1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre-
spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei
einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende
Seeretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet
scheinenden Mitgliede zu überweisen.
[Aus Stat. $41,2. — Für die Aufnahme bedarf es
einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann,
sobald das Manuscript druckfertig vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
$29.
l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
Die Akademie versendet ihre » Sitzungsberichte« oder die „Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht,
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
wofern nicht im besonderen Falle
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August,
October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers.
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Auszug aus dem Reglement für die Redaction der » Sitzungsberichte«.
S1.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Oectav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
‚jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
82.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
$5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
$6.
1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von erheeen welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
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1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
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gabe des vekrefenden Stückes anderweitig, sei es auch
nur auszugsweise oder auch ‚in weiterer Ausführung, in
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden.
2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver-
öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den. gelten-
den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
willigung der Gesammtakademie oder der betreffenden.
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5. Auswärts werden Correeturen. nur BR BEEN
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen.
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1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaftlichen.
Mittheilungen« abgedruekten Arbeit erhält unentgeltlich
fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem
der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück-
nummer, Tag und Katesorie der Sitzung, darunter der
Titel der Mittheilung und der Name des Ve stehen.
2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
beriehte und einem angemessenen Titel nieht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secere-
tar Anzeige gemacht hat. a
$28.
1. Jede zur Aufnahme in die SiennpeBerichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre-
spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei
einer der Ce eingehen, so hat sie der vorsitzende
Seeretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet
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einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
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sobald das Manuseript druckfertig vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
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geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichtes oder die »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen «
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
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Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August,
October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers.
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IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
$1.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
82.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
85.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
86.
1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der Ser Oulchen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verena) welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
"Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sird und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
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schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
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vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung. eines ihrem
Fache enbehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger ‚oder corre-
spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei
einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende
Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst ; geeignet
scheinenden Mitgliede zu überweisen.
[Aus Stat. $41,2. — Für die Aufnahme bedarf es
einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann,
sobald das Manuscript druckfertig vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
$29.
1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantw ortlich.
Mittheilungen« an diejenigen. Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
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Die Akademie versendet ihre » Sitzungsberichte« oder die » Mathematischen und Naturwissenschaftlichen |
die Stücke von Januar bis Apr il in der ersten Hälfte des Monats Mai,
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Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August,
October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers. |
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IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der » Sitzungsberichte «.
$1.
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
$2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftliehen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
$5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redaec-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
$ 6.
1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimnfadneni
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
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1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
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gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch
nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, a
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden.
2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
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den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
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Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen.
2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitis dem vedigirenden Seere-
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$ 28.
1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre-
spondirender Mitglieder divegt bei der Akademie oder bei
einer der er, eingehen, so hat sie der vorsitzende
Seeretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet
scheinenden Mitgliede zu überweisen.
[Aus Stat. 841,2. — Für die Aufnahme bedarf es
einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
einer der Classen. Ein darauf. Serichieten Antrag kann,
sobald das Manusecript ae vorlieg gt
gestellt und sogleich zur Abstimmung gehzackk werden.]
$.29.
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« oder die » Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht,
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
wofern nicht im besonderen Falle
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October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers.
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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
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Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
‚Jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
tortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten |
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade |
Nummern.
$2.
l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
ılie in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten. ]
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
$5. ’
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Dinck.der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschnftlichen Arbeiten.
$ 6.
l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 ılieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen. |
2. Der Umfung der Mittheilung darf 32 Seiten in
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Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgeselien von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
87.
l. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichtes oder die »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht,
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
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1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be-
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung
vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes =o benutzen.
Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre-
spondirender Mitglieder diveet bei der Akademie oder bei
einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende
Seeretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum
Vortrage zu bringen. Mitteilungen, deren Verfasser der
Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet
scheinenden Mitgliede zu überweisen.
[Aus Stat. $41,2. — Für die Aufnahme bedarf es
einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder
einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann,
sobald das Manuseript drußkterkee vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung sebracht werden.]
29.
1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
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wofern nicht im besonderen Falle
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VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
ZU BERLIN.
Auszug aus dem Reglement für die
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2 Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender-
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
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kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
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l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über | ;
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentliehung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
wiesenen wissenschanftlichen Arbeiten, und zwar in der
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
(ruckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren |
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- |
rigen Stücken nicht ersclieinen konnten. |
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Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. |
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
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1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- |
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- |
‚leren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- |
demie oder der betreffenden Classe statthaft. |
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus |
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
87.
1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus-
Die Akademie versendet ihre "Sitzungsberichte« oder die » Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht,
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
» Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August,
October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers.
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3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten. weitere
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sobald das Manuseript druckfertig vorliegt,
gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
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geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
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DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
XLVI.
25. NovEusBEr 1897.
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BERLIN 1897.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
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deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nieht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
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3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
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IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.
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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross-
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jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über
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82.
1. Jeden Sitzungsberieht eröffnet eine Übersicht über
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geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
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Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
$5.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
$ 6.
1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka-
demie oder der betreffenden Classe statthaft.
3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal-
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus
Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit-
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche
Auflage eingeliefert ist.
87.
1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen-
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fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem
der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück-
nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der
Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen.
2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre-
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1. Jede zur N in die EN be-
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vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle
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spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei
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[Aus Stat. $41,2. — Für die Aufnahme bedarf es
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einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann,
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gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.]
$29.
l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich.
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder
Richtung nur die Verfasser verantwortlich.
Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« oder die » Mathematischen und Naturwissenschaftlichen
Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle
anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich:
die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai,
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Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August,
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Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.
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Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
8.2.
1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten
geschäftlichen Angelegenheiten.
2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über-
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Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört,
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö-
rigen Stücken nicht erscheinen konnten.
85.
Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
Seceretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae-
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei-
nenden wissenschaftlichen Arbeiten.
86.
l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit-
theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41,2 der
Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson-
deren Bestimmungen.
2. ‘Der. Urmine der Mittheilung darf 32 Seiten in
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
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2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs-
berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei
Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort.
3. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen,
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere-
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Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs-
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade
Nummern.
82,
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die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit-
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geschäftlichen Angelegenheiten.
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rigen Stücken nielıt erscheinen konnten.
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Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der
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Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac-
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deren Bestimmungen.
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in
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nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche
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Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« oder die »Mathematischen und. Natur wissenschaftlichen
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VERZBICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN«
zu St! XXXII,
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Er _ Daraus: Physikalische Abhandlungen. . . Re Bee Tat a u 240)
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_ Abhandlungen USE GRIESANTET RAD A BE a ai AT
d Daraus: Physikalische Abhandlungen. . . LESER AB Ar 0 Ai 9:00
EBlpeoHBiseltz „historische Abhandlungen RN LS rn Pr
Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1895, 1896, 1897.
_ Dans : Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation . : » 2 2 2 m 2 2 nn nn NM. 6.
_ Virenow: Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus . » 22 2 22222220 = 6,50
"SıcHAu: Skizze des Fellichi-Dialekts von Mosul . . 2.2. u. zn un nn
Scaurze: Hexactinelliden des Indischen Oceans. II. Die er ER re 9.H0
Weinsorn: Zur Geschichte des heidnischen Ritus . . . Ä n„ 2.
EnGLer: Über die geographische Verbreitung der Rataccen im Verhältnis. zu sy Bun aealen
Ah Gliederung . . : AL RE N PO RE ET —
: SCHMOLLER: CAtgchügehrede aut ie VON Sn En and VON er I) N er Az
Erman: Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Seele . . . . es nd
Ensrer: Über die geographische Verbreitung der De ophyllaceen im Verkälinies zu ihrer nn
. ‚tischen Gliederung. . . i Re a LT RT N A
Srunrr: Die pseudo-ar Boiiltfahen Pr Ne über "Musik Se an = ER N Hi ae vr 310)
Weıiswor: Die my stische Neunzahl bei den Deutschen . . . 2 2.2. 2 22 2 nn nn 250
Exnan: Bruchstücke koptischer Volkslitteratur . 0. 2.0. 2 nel 8,50
Heymoss: Die Segmentirung des Inseetenkörpers . . + ud 2.
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SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
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MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN.
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1897..
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SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
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Daraus besonders zusammengestellt:
MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. IL Halbjahr 1897.
Fıscner: über die Constitution des Caflfeins, Nanthins, Hypoxantlıins und verwandter Basen. .
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zu St. XXXVI und XXXVI.
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ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE.
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1897.
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Pranck: über irreversihle Strahlungsvorgänge . . 2 nn me mn nn nn. 07050
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Könzer: ‚Gedächtnissrede auf Ersst Ourruus . . » 0.80
Hannack: Berichte des Seeretars der Beeren Societät der Wissenschaften 3. Tin ir:
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_ Hevsioss: Die Segmentirung des Insectenkörpers . . EU LM. 2
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Daraus besonders zusammengestellt:
MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN.
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1897.
Fischer: über die Constitution des Caffeins, Xanthins, Hypoxanthins und verwandter Basen. .
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van’r Horr und Mervernorrer: Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzlager. % er ee
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Weser: vedische Beiträge. VI. B
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I. Halbjahr 1897.
Kösıs: über »Blaublindheit«
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Wartensach: über die Quirinalien des Metellus von Tegerusee .
Danes: über Brustbein, Schulter- und Beckengürtel der Archaeoptery.
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Krostermann: die Schriften des Origenes in Hieronymus’ Brief an Paula
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VERZEICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN«
zu St. XL und XLI.
Seite
_ KonnıGsBErger: Über die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik . 2 2 2 .2.2.....885
Lrıss: Über ein neues, aus Kalkspath und Glas zusammengesetztes Nicor’sches Prisma . . . . . 901
Gorvstein: Über die Struetur des Kathodenlichts und die Natur der Lenarv’schen Strahlen . . . 905
Heymons: Mittheilungen über die Segmentirung und den Körperbau der Myriopoden . . » 2... 915
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SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
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Daraus besonders zusammengestellt:
MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN.
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. 1. Halbjahr 1897.
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II. Halbjahr 1897.
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SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
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zu St. XLV.
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ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE.
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zu St. XLVI und XLVH,
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Faosemws: Über die Darstellung der endlichen Gruppen durch lineare Substitutionen . 2 2: . 994
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| SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
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Daraus besonders zusammengestellt:
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SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
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MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN.
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1897.
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MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN.
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Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1895, 1896, 1897.
Dames: Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation
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SITZUNGSBERICHTE DER AKADEMIE.
Preis der einzelnen Jahrgänge, 1882—1897 .
Daraus besonders zusammengestellt:
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1085
1099
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MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN.
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Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1897.
König: über »Blaublindheit« 2
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Harnack: über die »Ordinationes« im Papstbuch . ER
Wartessach: über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee .
Danes: über Brustbein, Schulter- und Beekengürtel der Archaeopteryx
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Krostermann: die Schriften des Origenes in Hieronymus’ Brief an Paula
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KoEniIGSBERGER: über die Darstellung der Kraft in der analytischen Mechanik . . . . 5
Gorvstein: über die Structur des Kathodenlichts und die Natur der Lexarv’schen Strahlen . .
Heyxoss: Mittheilungen über die Segmentirung und den Körperbau der Myriopoden.
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Hırschrerp: die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft
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Könıs: die Abhängigkeit der Farben- und Helligkeitsgleichungen von der absoluten Intensität
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Borc#Arpr: ein neuer Königsname der ersten Dynastie
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Wenptann: eine doxographische Quelle Philo’s
Krause: über Bau und Function der hinteren Speicheldrüsen De RT,
Hırschrerp: die Haeduer und Arverner unter Römischer Herrschaft
Pranck: über irreversible Strahlungsvorgänge. Dritte Mittheilung . Pr
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