HARVARD UNIVERSITY.
% {
* 2 er a Ir
ie
je: LIBRARY
BEN OF THE
a
MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY
PR
| Y DL Men 4 I6.
4
2.
ä
%
.
®,
ir
2
3:
DECE 6 196
393%
Sitzungsberichte
der
Gesellschaft
Haturforschender Freunde
zu Berlin.
Jahrgang 1913.
ee — —
nn nen
BERLIN.
Is Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SoHn,
Inhalts-Verzeichnis.
BRAUER, A., Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia r
—, Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoologischen Museum in
Berlin . .
GERMERSHAUSEN, GuıDo, ‚ Untersuchungen See den Kehlkopf der Cha-
maeleonen
GRÜNBERG, K., Ein neuer Fall er Vorkommens der Laws der Rinder-
dasselfliege im menschlichen Auge .. ..»......
HANTZSCH, BERNHARD 7, Beobachtungen über die Säugetiere v von ı Baffins-
land. Mit einer Einleitung von P. MATSCHIE
HENNIG, Epw., Über neue Funde fossiler Fische aus Adnatoriäk: und
Südafrika und ihre paläogeographische Bedeutung
HILZHEIMER, MAX, Über neue ET nebst Bemerkungen über die
Nomenklatur dieser Tiere .
HONIGMA\N, HANS LEO, Bemerkungen zur Beet und Brstömatik
der Leporiden und Beschreibung eines neuen chinesischen Kaninchens
KLATT, BERTHOLD, Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913
KOLBE, HERMANN, Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera
Lamellicornia De ne A ee BE TE. ;
LENGERKEN, HANNS von, Die Kolbenzellen bei Anguilla und Petromyzon
LEvv, FRITZ, Über künstliche Auslösung der Eientwicklung bei Amphibieu
MATSCHIE, PAUL, Eine neue Form der Elenantilope . . TER
—, Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913
—, Ss. HANTZSCH, BERNHARD 7.
MAYER, EDMUND, Über die ee der menschlichen Wirbel-
säule | i
NIEDEN, FRr,, ade ach nd, seine Unterarten i
_, Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika . .
Poronık, R. H., Über Blatt-Epidermen einiger fossiler Damen
RAMME, WILLY, Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax FISCH.
— Zgologisches aus Krain und Istrien :
Rüsr, F. E., Drei unbeachtet gebliebene EREER J. En. SCHÖDLER’S
ScHuLzt, Paur, Studien über tierische Körper der Carotingruppe. I. Insecta.
SPATZ, P., Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere und über das
Verhältnis der Eingeborenen zu ihnen . . . .
STERNFELD, RICHARD, Die Erscheinungen der Mimikry bei den Schlangen
—, Beiträge zur ee Neuguineas und der benachbarten
VE a ee a es
STOBBE, RUDOLF, Mallophagen.: 3, Beitrag: Die ker. dos Ber-
liner Museums für Naturkunde Klara:
THIELE, JoH., Ein neuer Solenogaster von Spitzbergen Ey
Vogt, THEODOR, Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans
1*
Ill
IV
VoGT, THEODOR, Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan
VANHÖFFEN, E., Die antarktischen Cirolana-Arten . . » . 2...
—, Uber Konservierung von Hydra . : 2. ua m nee F
VERHOEFF, KARL W., Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue
Leptoiulus-Formen und Hypsoiulus n. subg. (Über Diplopoden,
61. Aufsatz.) . = . 2: 2 0 200mm! WR wo
—, Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63, Aufsatz.) „3525
WEDEKIND, R., Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Marten-
berg bei Adorf. . -» .. : . „women 2 TE A
ZWIERZYCKI, J., Zur Frage der unteren Kreide in Portugisisch-Mozam-
bique : -.:. 2 Wu. ee
Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher
Berichte über die ersten wissenschaftlichen Sitzungen 1, 83, 163, 231,
293, "305, 327, 394,
Berichte über die zweiten wissenschaftlichen Sitzungen 81, 162, 229, 281,
336, 390, 441,
304,
545.
Verzeichnis der im Jahrgang 1913 neu beschriebenen Gattungen, Arten,
Varietäten usw.
Mammalia.
Acinony& wagneri, Kordofan, hecki, Senegal, n. sp., guttatus obergi, »-Deutsch-
Südwestafrika, ngorongorensis, Ngorongoro, n. Sp., raddei n. sp., Turkestan,
HILZHEIMER, p. 285—291.
Cuniculus kreyenbergi n. sp., China, HONIGMANN, p. 295.
Oreas oryx& niediecki n. subsp., Kafue- und Maschukulumbwe-Land, MATSCHIE,
p. 249.
Procavia bamendae, kamerunensis, Kamerun, Pr. (Dendrohyrax) scheffleri, Brit.-
Ostafrika, adolfi-friederici, Pr. (Heterohyrax) schubotzi, Bugoie-Wald (Deutsch-
Ostafrika), frommi, Iringa, münzneri, Tanganjika-See, n. sp., BRAUER,
p. 125—137.
’ Reptilia.
Chamaeleon fischeri RCHWw. n. subsp. fischeri, vosseleri, werneri, multituberculatus,
Deutsch-Ostafrika, NIEDEN, p. 238—248.
Typhlops depressiceps n. sp., Neuguinea, STERNFELD, p. 384.
Ultrocalamus n. g. preussi, Seleo, bürgersi, Neuguinea, n. Sp., STERNFELD,
p. 388.
Amphibia.
Arthroleptis schebeni n. sp., Deutsch-Südwestafrika, NIEDEN, p. 451.
.Callula tornieri n. sp., Korea, VOGT, p. 219.
Microhyla boulengeri n. sp., Hainan, Vogt, p. 222.
Molluseca.
Solenogastres.
Nematomenia arctica n. sp., Spitzbergen, THIELE, p. 161.
Cephalopoda.
Goniatitidae.
7 Beloceras denckmanni n. sp., Oberdevon v. Martenberg, WEDEKIND, p. 49.
7 Crickites holzapfeli n. sp., Devon v. Bicken, WEDEKIND, p. 72.
7 Gephyroceras tuberculatum n. var., Martenberg, bickense, Bicken, sandbergeri,
Martenberg, n. sp., WEDEKIND, p. 67 u. 69.
7 Manticoceras adorfense, bullatum, galeatum, inversum, drevermanni, schellwieni
n. Sp., calculiforme n. var. crassa, Oberdevon v. Martenberg, WEDEKIND,
p. 54, 56, 60 u. 61, 65 u. 66.
Crustacea.
Isopoda.
Cirolana obtusata, albinota, oculata, intermedia n. sp., Antarktis, VANHÖFFEN,
p. 78 u. 79.
Myriopoda.
DIEERE
lachiensis n. subsp., marcomannius n. Sp. "mit traumianus n. El simplex >;
n. var. nanus, engadinus, roettgeni, frigidarius n. Sp., trilineatus- ligne Be:
n. subsp., VERHOEFF, p. 175—181, 189 u. 191. E
Hypsoiulus n. subg. v. Leptoiulus, VERHOEFF, p. 188.
Syngonopodium n.g., aceris n. sp. mit n. subsp. Bann, St. Gilgen, styricum
n. sp., Graz, VERHOEFF, p. 270—278.
Insecta.
Mallophaga.
Trichodectes vosseleri, Deutsch-Ostafrika, matschiei, Kamerun, zorillae, Tunis,
viverriculae, Nalagaskar, nungos, Zanzibar, rammei, Kamerun, acutirostris,
Pemba, mjöbergi, Borneo, n. sp., STOBBE, p. 371—379.
Coleoptera.
Anomala wkerewia n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 207.
Dicranorhina conradsi n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 211.
Euphoresia ugandana n. sp., Uganda, KOLBE, p. 203.
Fornasinius insignis BERTOL. n. var. pıumilla, infradentata, transitiva, mixta,
paradoxa, Ukerewe, KOLBE, p. 209 u. 210.
Gnathocera trivittata SWED. n.. subsp. nyansana, Ukerewe, KOLBE, p. 215.
Leucocelis adelpha n. sp. mit n. var. albopunctata, Ukerewe, KOLBE, p. 217,
Melanocamenta variolosa n. Sp., Ukerewe, KOLBE, p. 204.
Pedaria insularis n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 198.
Pentecamenta subcostata n. Sp., Ukerewe, KOLBE, p. 205.
Plaesiorhina plına WIEDEM. n. subsp. ukerewia, Ukerewe, KOLBE, p. 214.
Schizonycha paterna, ukerewia, insularis n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 205 u. 207,
Smaragdesthes conradsi n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 213.
Trochalus ukerewius, fraterculus n. sp. Ukerewe, KOLBE, p. 201 u. 202.
Faunistische Aufsätze.
Coleoptera Lamellicornia von der Insel Ukerewe im Victoria Nyanza, KOLBE,
p. 197.
Reptilien und Amphibien von Korea und Japan, Vogt, p. 219.
Reptilien und Amphibien von Hainan, Vo@T, p. 222.
Schlangen von Neuguinea und den benachbarteu Inselgruppen, STERNFELD,
p. 384.
Reptilien und Amphibien von Deutsch-Südwestafrika, NIEDEN, p. 449.
x. EG. 6. 1008
\ ah |
= Sitzu ngsberichte
Be = Se Ischaft
E —-_ Freunde
zu Berlin.
No. 1. Januar 1913.
C
INHALT: Seite
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. I. Insecta. Von PauL Schurze. 1
Die Goniatitenkelke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. Von
NE a N N
Die antarktischen Cirolana-Arten. Von E. VANHÖFFEN . . : x 22 n.20.. re 78
Über Konservierung von Hydra. Von E. Vanuwörren . . u 2.2.2... ..80
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 21. Januar 1913 . . ...... er
BERLIN.
In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN,
NW CarLSTRASsE 11.
71918,
U.
DEC 68 1916
Nr. 1. 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 14. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATscHiE.
Herr Paur Scauzze sprach über das Vorkommen von Carotinen in den Flügel-
decken von Coleopteren.
Herr V. JoLLos sprach über experimentelle Untersuchungen an Infusorien.
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. I. Insecta.
Von PAuL SCHULZE.
(Zool. Inst. Berlin.)
Mit Tafel I—-Il.
Im Jahre 1909 traten bei Berlin unter der Ührysomelide
Melasoma vigintipunctatum Scor., die normalerweise auf den Elytren
20 schwarze Punkte auf gelbem Grunde zeigt, eine Anzahl Tiere
mit ziegelroter Flügelgrundfarbe auf, die von Avku als f. mımata
beschrieben wurden. Als ich durch Zufall im Brieselang bei
Finkenkrug diese Art in großer Anzahl auf Salıx fragılis L. fand
und darunter auch die f. miniata, benutzte ich die günstige Ge-
legenheit, um die Ursache der eigentümlichen Rotfärbung zu
ermitteln.
Sehr überrascht war ich, als ich unter dem Mikroskope sah,
daß die Färbung der Tiere nicht von einem dem Chitin eingelagerten
Pigment herrührte, sondern von dicken gelben fettigen Massen, die
zwischen den beiden Lamellen der Decken lagen; bei den ziegel-
roten Tieren fanden sich außerdem auf der gelben Materie locker
verteilt rote kristallinische Gebilde, die mich in Gestalt und Farbe
auffallend an den Inhalt mancher Pflanzenzellen mit Üarotin-
konkretionen erinnerten, wie sie z. B. Courcaer Taf. 17 Fig. 3 aus
der Frucht von Lycopersicum pyriforme abbildet (mit dieser Figur
vgl. man auch die f. 30 bei Horuanne (a), die eine Blutzelle von
Agelastica alnı darstellt). Und in der Tat ergaben sie die für
1
2 PAUL SCHULZE.
diese Körpergruppe typischen Blaufärbungen mit konzentrierter
Schwefelsäure mit Salzsäure und Thymol und mit konzentrierter
Salpetersäure. In der Literatur fand ich dann die Arbeit von ZoPpr,
der 1892 den roter. Farbstoff einer anderen Melasomaart, der Mel.
popuh L. (neben dem einiger weiteren Chrysomeliden und Cocei-
nelliden), auf chemischem und spektroskopischem Wege als einen
carotinähnlichen Körper nachgewiesen hat, den er in keiner Weise
von dem von ihm bei Microccus rhodochrous Zopr aufgefundenen
zu trennen vermochte.
Mein Interesse war durch diese Angaben natürlich auf das
Lebhafteste geweckt und ich beschloß, den Ausfärbungsprozeß und
die Entwicklung des Stoffes in den Flügeldecken zu verfolgen.
Doch die Sache war leichter gedacht als getan. Konservierte man
die Decken mit irgendeiner Konservierungsflüssigkeit, so wurde
das Fett mit dem daran gebundenen Farbstoff ausgelaugt und man
bekam Zellen mit zahlreichen Vakuolen, aus denen in bezug auf
die Entstehung des Carotins nichts zu ersehen war, ebensowenig
erwiesen sich Osmiumsäuregemische als geeignet, die zwar das Fett
erhielten, aber auch gleichzeitig schwärzten und die natürlichen
Farbenuancen infolgedessen zerstörten, sich auch sonst als un-
geeignet erwiesen. Zu alledem kam aber noch eine zweite Schwierig-
keit, die Decken ließen sich bei älteren Stadien meist nicht dünn
genug schneiden, um klare Bilder zu ergeben, oder das Chitin
splitterte und riß und vernichtete die normale Anordnung der in
dem Hohlraum der Decke liegenden Zellen.
Nun hatte Tower (a), der sich ebenfalls mit den Pigmenten
der Blattkäfer beschäftigt hat, aus den oben angeführten Gründen
eine, wie es schien, vielversprechende Methode angewandt, nämlich
das Schneiden mit dem Gefriermicrotom. Da er nur die Verhältnisse
bei dem fertig entwickelten Käfer studierte, ging sie für seine
Zwecke, um im großen ganzen ein Bild von dem Aufbau der
Elytren zu gewinnen und zu ermitteln, in welchen Zellen die
Pigmente sich finden, noch an, aber selbst hier mußten ihm dabei
viele Details entgehen; so hat er denn auch die Existenz des
gleich zu besprechenden Carotingewebes nicht erkannt.
Ich bin nun zu einem anderen Verfahren übergegangen, dem
ich es verdanke, wenn ich jetzt die Entwicklung dieses eigen-
tümlichen Gebildes in den Hauptsachen darlegen kann, einem Ver-
fahren, das auch für andere Untersuchungen sehr aussichtsreich zu
sein scheint, nämlich dem Untersuchen und Photographieren der
lebenden Objekte auf den verschiedenen Entwicklungsstadien. Nach-
dem der photographische Apparat eingestellt war. wurde ein Stück
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. B
der Flügeldecke abgeschnitten, schnell direkt in Kanadabalsam
gebracht und dann die Aufnahme, nachdem ein Zettnowscher
Lichtfilter!) in den Strahlengang eingeschaltet war, gemacht.
Trübungen durch etwaiges Wasser in den Zellen traten nicht ein;
nur mußte der ganze Prozeß in wenigen Minuten beendet sein, da
sonst der Balsam das Carotinoid löste. Ich will zunächst die
cytologische und dann die chemisch-physikalische und endlich die
physiologische Seite des Problems besprechen.
Untersucht man die lebende Decke eines ganz frisch ge-
schlüpften Käfers (30. V.)?), so bemerkt man in ihr keinerlei Zellen.
Eine Stunde etwa nach Verlassen der Puppe, nachdem die blau-
weiß erscheinenden Elytren zwar noch ganz weich sind, aber ihre
natürliche Form und Lage angenommen haben, macht das Tier
angestrengt pumpende Bewegungen, um die Blutflüssigkeit in die
Decken hineinzutreiben. Jetzt erscheinen unter dem Mikroskop
auch die ersten größeren Zellen. (Die Leucocyten usw. sind wegen
ihrer Kleinheit nicht deutlich sichtbar.)
Über den Bau der Flügeldecken unserer Art habe ich an
anderer Stelle (a) berichtet. Sie bestehen wie gewöhnlich aus
einer stärkeren dorsalen und einer dünnen ventralen Chitin-
lamelle; beide werden verbunden durch senkrechte Chitinpfeiler
(columnae). Ihr Ausgangspunkt von der oberen Lamelle ist markiert
durch eine schüsselförmige Einsenkung derselben (patina, s. Phot. 2).
An der unteren hängen wie Tautropfen an einem Blatte eine große
Anzahl kleiner Chitinperlen (perlae). Die Reste der Hypodermis-
zellen der beiden Chitinplatten sind um diese Zeit noch deutlich
wahrnehmbar, in lange Fortsätze ausgezogen stoßen beide Schichten
in einer der unteren Platte genäherten Grenzlamelle zusammen.
Mit dem Erscheinen der Carotinzellen schwinden sie allmählich
ganz und geben den Platz für das sich bildende Gewebe frei.
Es sind ziemlich große Elemente, die etwas verschiedene,
meist rundliche oder oblunge Formen zeigen. In ihnen entdeckt
man eine große Anzahl winziger wasserheller Tröpfchen (Phot. 1).
Nach einigen Stunden setzt nun in den Zellen eine sehr lebhafte
Teilung ein; ein Vorgang, den man sehr deutlich wahrnehmen
kann, da sich die Kerne als helle Bläschen deutlich von dem Plasma
abheben. Die Teilungen sind fast ausschließlich amitotisch, nur
2) 160 gr Kupfernitrat, 14 gr Chromsäure, 250 ccm Wasser.
2) Ich will in Klammern die Daten eines konkreten Falles zu den
einzelnen Stadien setzen, um eine Vorstellung von der Dauer des Prozesses
zu geben.
1*
4 PAUL SCHULZE.
in einigen ganz wenigen Fällen lassen sich Mitosen erkennen, wie
auch eine auf Phot. 2 bei mı zu sehen ist. Oft hat sich das Plasma
noch nicht durchgeschnürt, wenn die Kerne schon zu neuen Tei-
lungen schreiten (z.Z.). Durch diesen Vermehrungsprozeß bilden sich
allmählich immer enger aneinanderrückende und miteinander ver-
schmelzende girlandenförmige Zellgruppen aus (2. VI.) (Phot. 2),
die sich auch um die Chitinpfeiler der Decke ringförmig herumlegen.
Gleichzeitig mit diesem Vorgange werden die lichtbrechenden
Tröpfchen in der Zelle allmählich immer gelber und gelber.
Auf dem Höhepunkt der Entwicklung ist der ganze Hohlraum
zwischen den Deckenlamellen durch ein kontinuierliches „Carotin-
gewebe“ ausgefüllt, das mit mächtigen, intensiv gelbgefärbten
Fettmassen angefüllt ist, von einzelnen Zellen ist nun nichts mehr
zu sehen (8. VI). Bei einem Teil der Individuen, die offenbar
konstitutionell besonders kräftig veranlagt sind, ist die fettige
Masse auffallend reichlich vorhanden und nimmt nach Verlauf
einiger Wochen einen mehr orangegelben Ton an (5. VII.), außer-
dem treten aber bei diesen nun in den Zellen kleine ziegelrote
Körnchen auf (18. VII), die sich allmählich zu größeren, locker
verteilten, kristallinischen, meist knorrigen Gebilden zusammen-
ballen, die dann dem Auge den roten Gesamteindruck der f. miniata
vortäuschen (Phot. 3). In meinen Zuchten und auch im Freien
war das Verhältnis zwischen der gelben und der roten Form etwa
wie 1:1, und zwar kam die f. miniata in beiden Geschlechtern
vor. Gegen Ende Juli verlassen die Käfer die Weiden, an denen
sie eifrig gefressen haben, und verkriechen sich unter Laub, um
zu übersommern und dann zu überwintern. In dieser Zeit reifen
dann auch die (seschlechtsprodukte, die beim Schlüpfen der Käfer
im Gegensatz zu anderen Insekten ganz unentwickelt sind. Mitte
April erscheinen die Tiere wieder auf der Bildfläche, saugen be-
gierig Wasser, wo sie dessen habhaft werden können, und beginnen
an den jungen Weidentrieben zu nagen. Von Tag zu Tag werden
die sonst träge dasitzenden Tiere lebhafter und besonders die dd
fliegen im Sonnenschein schwerfällig herum. Nun erst findet die Be-
gattung statt und während der folgenden Zeit sind die Käfer fast
beständig in Copula. Sehr häufig sitzen zwei OÖ auf einem ©,
von denen das eine den Partner eifrig zu verdrängen sucht.
Während des Winterschlafes haben die Elytren kaum eine Ver-
änderung durchgemacht, betrachtet man aber etwa 14 Tage nach
dem Wiedererscheinen (7. V.) die Decken, so ist mit dem Carotin-
gewebe eine merkwürdige Veränderung vor sich gegangen (Phot. 4).
Der Inhalt der Zellen ist zum größten Teil geschwunden, und
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 5
Zellgrenzen und Kern sind wieder deutlich sichtbar. Äußerlich
sieht das Gelb der Flügeldecken stark abgeblaßt aus. Bei den
Exemplaren der f. miniata fangen endlich auch die Kristalle an,
sich zu verändern; sie liegen als große, dickflüssige, rote Tropfen
in den Elytren, die um diese Zeit oft scheckig rot und gelb gefärbt
sind. Noch einige Zeit später und das ganze Carotingewebe geht
durch fettige Degeneration zugrunde, die Zellen zerfallen in eine
große Zahl größerer und kleinerer Tröpfchen, die allmählich mit dem
Blut in den Körper zurückgelangen (Phot. 5 u. 6). Kurz vor den Tode
der Tiere findet sich von dem Gewebe in den Flügeldecken keine
Spur mehr, nur einige wenige rote Carotinoidschollen und große farb-
lose Kristalldrusen unbekannter Zusammensetzung liegen in ihnen
(Phot. 7). (Am 11. VIII. das letzte Tier, ein 9, noch schwach
rötlich erscheinend, 7.) Dagegen findet sich nun der gelbe Farb-
stoff in den abgelegten Eiern, wo ihn Zopr für Mel. populi als
Carotinoid nachwies. Bei dieser Art fand ich, daß die Zellen auch
in die großen Adern der häutigen Hinterflügel einwandern, wo man
sie sehr gut studieren kann (man vgl. hierzu Phot. 8).
Es erhebt sich zunächst die Frage, was sind es für
Zellen, die mit dem Blut in die Flügel gelangen und den Grund
zu dem in Frage stehenden Zellkomplex legen. Zweierlei fällt
an ihnen sogleich in die Augen: ihre Größe und ihr zentral
liegender Kern. Das Nächstliegende wäre ja, an jene großen
Amöbocyten des Chrysomeliden- und Coceinellidenblutes zu denken,
die durch ihren Inhalt an gelben oder roten Carotinoiden der
Leibesflüssigkeit dieser Tiere ihre charakteristische Färbung
geben. Sie entstehen nach Houzanne’s Untersuchungen aus spindel-
förmigen Leucocyten und sind durch ihre sehr großen, in geringer
Anzahl in ihnen liegenden Carotineinschlüsse leicht von den Carotin-
zellen der Flügel zu unterscheiden. Einige von ihnen gelangen
zwar ebenfalls mit anderen Blutelementen in die Decken, kommen
aber für die Bildung der Carotingewebe nicht in Betracht.
Schneidet man eine Puppe, die kurz vor dem Schlüpfen des
Käfers steht, oder eben geschlüpfte Tiere, so sieht man, wie mit dem
Fettkörper und zwar fast ausschließlich mit den kleineren Lappen
desselben, die in den Segmentbuchten liegen, eine merkwürdige
Veränderung vor sich geht (s. Fig. 1 u. Phot. 9). Neben den
charakteristischen, im konservierten Zustande mit Vakuolen ver-
sehenen Zellen desselben mit ihren ziemlich kompakten, meist
oblongen, oft ein wenig gelappten Kernen finden sich andere Zellen
und zwar fast ausschließlich an der Peripherie des Fettkörpers,
die abgerundet, schärfer umgrenzt und mit einem runden zentralen,
6 PAuL SCHULZE.
ziemlich chromatinarmen Keın versehen sind. Das Chromatin liegt
besonders am Rand desselben, nur ein oder mehrere größere
Bröckchen in seiner Mitte. Das ziemlich homogene Plasma dieser
Zellen nimmt mit Säurefuchsin einen rötlichen Ton an. Bei
senauerem Hinsehen trifit man sowohl zwischen den Kernen als
auch zwischen der Plasmastruktur dieser beiden Zellarten alle
Übergänge an, die erkennen lassen, wie die eine sich aus der anderen
herausdifferenziert. Die runden Zellen vermehren sich schon an
ihrem Entstehungsort durch amitotische Teilung. Dieser scheinen
merkwürdige Kernvorgänge vorauszugehen, die ich aber noch
genauer zu studieren gedenke, weshalb ich auch hier von einem
Vergleich mit den in der Literatur
‚ etwa schon vorhandenen Daten
>» vorläufig absehe. Das Chromatin
IE a ballt sich zu einem großen chro-
ea = „=, "=. matischen Kernkörper zusammen,
ae neben dem nur ganz weniges,
a = a meist randständiges Chromatin
ER 2 Oo vorhanden ist. Er streckt sich
RE EL N. darauf in die Länge und schnürt
* u; © ,@ sich, und zwar oft heteropol
& > ul durch, was zur Bildung zweier
DB Tochtercaryosome führt (Phot. 10).
a Die Teilung des ganzen Kernes
8. 5 ng Scor. und des Zellkörpers scheint erst
sanz irischer Käler. arotinzeiien Im ar rn .: 5
Fettkörper. 340 :1. a Carotinzellen, einige Zeit darauf stattzu
b große (Carotin-?) Zellen. fFettkörper. finden.
Carnoy, Delafield-Gieson. Außer den eben besprochenen
Zellen finden sich im Fettkörper
noch andere Elemente, die etwa die dreifache Größe der ersteren
haben (Fig. 1b und Phot. 9b). Ihr Plasma ist nicht homogen,
sondern zeigt Netzstruktur; der etwa die Hälfte der Zelle aus-
machende Kern ist meistenteils in einige Fortsätze ausgezogen und
zeigt locker verteiltes Chromatin (Fig. 1b, Phot. 9b). Auch hier
ist amitotische Teilung — wenn vielleicht auch seltener —
ähnlich wie bei den kleineren Zellen zu konstatieren. Es tritt
ein Kernkörper auf, dessen Teilung wie bei diesen vor sich zu
gehen scheint. Doch ist neben dem Caryosom immer noch sehr
feines, den Kernraum gleichmäßig ausfüllendes Chromatin zugegen
(Phot. 11b). Nach einiger Zeit zeigen sich im Plasma der ersten
Zellart kleine Tröpfehen und das Chromatin ordnet sich gleich-
mäßig im Kern an. Durch die Vermehrung der Zellen ist am
-
u a RT EN
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 7
Rande des Muttergewebes Raummangel eingetreten, infolgedessen
sind sie an den Seiten meist polygonal abgeplattet (Fig. 2).
Die Carotinzellen, denn um diese handelt es sich, verlassen
jetzt ihren Entstehungsort, liegen aber noch eine Zeitlang in
diehten Haufen in der Nähe desselben, bis sie durch den Blutstrom
in die Flügeldecken getrieben werden. Ihre nunmehrige unregel-
mäßige, abgeplattete Form behalten sie zunächst noch bei, wie
Phot. 7 sehr schön zeigt, wo auch einige Zellen zu sehen sind, die
nach der Teilung noch dicht aneinander liegen (z. Z.). Ebenso
verlassen auch die großen Elemente den Fettkörper und scheinen
dann dieselbe Plasma- und Kernstruktur anzunehmen wie diese.
Über ihr weiteres Schicksal habe ich bis jetzt nichts ermitteln
können. BERLESE (S. 791) bildet
Zellen, die mit den bei Melasoma
ve B
&
N
EL.
Fig. 2
Melasoma X X-punctatum Scoe.
Frischer Käfer.
Die reifen Carotinzellen im
Begriff, den Fettkörper zu
verlassen. 340:1. Carnoy,
Delafield-Gieson.
Fig. 3
Melasoma X X-punctatum Score.
Ausgefärbter Käfer.
Einige Zellen des Carotin-
gewebes. 650:1. Carnoy,
Delafield.
im Fettkörper liegenden eine gewisse Ähnlichkeit haben, im
Corpus adiposum von Tapinoma erraticum ab. Die kleineren
nennt er Önoeyten, die größeren Uratzellen. Und in der Tat haben
die Carotinzellen mit ersteren große Ähnlichkeit. Bei der Imago
habe ich andere Gebilde, die man dafür ansprechen könnte, nicht
gefunden. Bei der Larve sah ich auf Probeschnitten nur einige
wenige Zellen, die man vielleicht dafür halten könnte; sie liegen
ebenfalls im Fettkörper, sehen den „Carotinocyten“ sehr ähnlich,
sind aber etwas größer. Das Chromatin ist unregelmäßig verteilt
und zeigt mehrere große plasmatische Kernkörper. Die großen
Zellen unterscheiden sich von den Uratzellen Bertesr’s vornehmlich
durch den viel größeren Kern: Kristalleinschlüsse habe ich bei
ihnen nie gesehen.
8 PAuL ScHUuLze.
Nach vollständiger Ausbildung des Zellkomplexes in den Decken Bi -
haben die Zellen im Zusammenhang unregelmäßig polygonale Form :
(Fig. 3). Das Plasma weist eine sehr deutliche Retikulierung auf,
so daß das ganze Gewebe eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fett-
körper hat. Es unterscheidet sich aber sofort deutlich von ihm
durch die viel feineren und gleichmäßigeren Plasmamaschen und
durch die großen, runden mit lockerem Chromatin versehenen
Kerne, in denen man oft einen oder mehrere größere plasmatische
Kernkörper (Plasmosome) findet (Fig. 3).
Auch hier noch sind direkte Kernteilungen zu beobachten,
wobei der Kern seine gleichförmige Struktur nicht ändert. Die
Teilungsfiguren erinnern etwa an zwei konjugierende Difflugien.
Bisweilen zeigt die eine Kernkomponente feinere Chromatinbröckchen
als die andere (Fig. 3). Die Durchschnürung des Plasmas unter-
bleibt oft, so daß die Zellen dann zweikernig sind (Fig. 3).
Photographie 12 zeigt das Entstehen der Carotinzellen bei der
Coccinellide Harmoniq margınepunctata SCHNEID., Wo sie zunächst
eine unregelmäßigere Form zeigen, in Plasma- und Kernstruktur
aber mit der Chrysomelide übereinstimmen; sie liegen hier ebenfalis
nur an den Seiten des Körpers aber in den dort befindlichen Fett-
körpersträngen ziemlich gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt
und scheinen die Peripherie nicht so zu bevorzugen wie die von
Melasoma. Ich verweise hier wieder auf eine Figur von BERLESE
(auf S. 801), wo in den direkt unter der Hypodermis liegenden
Fettkörpersträngen von Loeusta mit den von Harmonia sehr über-
stimmenden wiederum als Önocyten bezeichnete Elemente dargestellt
sind. Vielleicht haben sie etwas mit der Bildung des grünen Farb-
stoffes bei dieser Art, der ja von einigen Autoren als chlorophylil-
ähnlich angesprochen wird, zu tun.
Die großen Zellen unterscheiden sich hier weder durch Plasma-
noch durch Kernstruktur von den Carotinzellen, nur weist sowohl
Zellkörper als auch der Kern die doppelten Dimensionen auf. Zu
erwähnen wäre noch, dab sich in dem Fettkörper dieser Art oft ganze
Scharen eines intrazellulären Symbionten vorfinden, der beim Aus-
wandern der Carotinocyten aus demselben mitgeht, sie dicht um-
drängt, mit ihnen in die Flügeldecken gelangt und dort einen
lebhaften Tanz aufführt. Wahrscheinlich handelt es sich um ein
Bakterium. Bei Öhrysomeliden habe ich sie bis jetzt nicht ge-
funden. i
Doch will ich auf die Coccinelliden nicht näher eingehen, da
Herr cand. Krrmer augenblicklich im Zool. Inst. die den meinigen
analogen Untersuchungen für diese Familie ausführt.
“
3
.
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 9
Das Vorhandensein des Carotingewebes ist äußerlich oft nicht
zu erkennen. So besitzt z. B. Melasoma aeneum L. ebenfalls ein
gelbes Carotinoid, das aber in den infolge einer Oberflächenfarbe
erzgrün oder blau schillernden Decken nicht zur Geltung kommt.
Sehr wichtig endlich kann die Anordnung der Carotinzellen
—- wo sie in die Erscheinung treten kann — für die Systematik
werden, da sie für jede Art sehr charakteristisch zu sein scheint.
Z. B. sind sie bei den so sehr ähnlichen G@onioctena viminalıs und @.
rufipes ganz verschieden.
Nebenbei sei bemerkt, daß die Giftigkeit des Blutes von Chryso-
meliden und Coccinelliden nicht dem darin enthaltenen Caritinoid
zuzuschreiben ist, sondern einem Enzymoid (HoLLAnDE c.).
Der f. miniata entsprechende Formen kommen auch bei einigen
anderen gelben Chrysomeliden vor. So hat z. B. Tower (b) mit einigen
solchen experimentiert; ich will aber nicht darauf eingehen, sondern
später zusammenhängend die Folgerungen besprechen, die sich aus
vorliegenden Untersuchungen für Temperatur und Vererbungs-
experimente mit Chrysomeliden ergeben. Rötliche Formen treten
bisweilen bei den gelben Gonioctena olwacea Forst. und V-punctata
F. auf (Reıcnerr). Einen. besonders interessanten Fall fand ich
in Gonioctena vıminalıs. Der Käfer variiert ziemlich stark, er
kommt einfarbig rot vor, mit geringer schwarzer Punktierung, die
bei einzelnen Stücken zum Zusammenfließen der schwarzen Flecke
führen kann. Endlich gibt es eine ganz schwarze Form (f.
calcarata F.), von der man bisher annahm, sie sei das End-
produkt der Verschmelzung der schwarzen Flecken. Ich fand
nun, daß diese Spielart dadurch zustande kommt, daß das Licht
total absorbiert wird von ungewöhnlich reichlich vorhandenen röt-
lichen Carotinoidmassen in den Decken. Hält man die Decke gegen
das Licht, so erscheint sie rot. Bei der Mehrzahl meiner Exemplare
war überhaupt kein schwarzes Pigment vorhanden, sie leiteten sich
also von der ganz roten Form her, andere zeigten bei durchfallendem
Licht einige Punkte. (In der Entwicklung dieser Form tritt allerdings
ein graues Pigment auf, das sich über die Elytren ergießt und
ilınen zunächst einen grauen Ton verleiht, mit der normalen
Schwarzpigmentierung hat aber der Vorgang nichts zu tun; es
handelt sich vielmehr um einen typischen Fall von Melanismus,
über den ich in anderem Zusammenhang noch berichten werde.
Die tiefe Schwarzfärbung der Tiere beruht aber auf dem oben
geschilderten Vorgang.) Während normalerweise das Carotingewebe
dieser Form dem von Mel. XX-punctatum sehr ähnlich ist, liegt bei
der f. calcarata das Carotinoid so dicht in den Zellen, daß es sich
10 PAUL SCHULZE.
an den Zellgrenzen leistenförmig staut, während die Zelle in der
Mitte, wo der Kern liegt, vertieft erscheint.
In der Botanik ist durch TogLEer ein den Verhältnissen bei
Melasoma XX-punctatum und seiner f. miniata entsprechender Fall
bekannt geworden.
Durch die Untersuchungen von WILLSTÄTTER und ESCHER wissen
wir, daß die Rotfärbung der Tomatenfrüchte durch drei Stoffe der
Carotingruppe bedingt wird, durch Carotin, Lycopin und Xantho-
phyll, auf die später noch kurz eingegangen werden soll.
Die Frucht ist anfangs grün, wird dann kurze Zeit gelblich
und schnell rot. Bei der Spielart „Kaleidoskop“ werden die Früchte
normalerweise nicht rot, sondern reifen mit gelber Farbe.
Sie bleibt, wie G. und F. ToBLER zeigten, auf einem Stadium
stehen, das von der gewöhnlichen roten Tomate rasch durch-
laufen wird. Aber einige Spätlinge, die zum Nachreifen an einen
sonnigen Platz im Treibhaus gebracht wurden, ergrünten stärker als
die gewöhnlichen Früchte dieser Form, bildeten durch eigene Assi-
milation Stärke (die sonst bei „Kaleidoskop“ nie vorhanden ist)
und endlich auch Lycopin.
Also sowohl bei den Tomaten als auch bei der f. miniata ist
die Bildung des roten Carotinoids von der Anwesenheit reichlicher
Reservestoffe, dort Stärke, hier Fett, abhängig.
Chemische und physikalische Natur der Carotinoide.
Die hier in Rede stehende Gruppe von Körpern zeichnet sich
durch ihre gelbe, gelbrote und rote Färbung aus. Sie sind entweder
Kohlenwasserstoffe, oder enthalten etwas Sauerstoff. Unlöslich in
Wasser, lösen sie sich dagegen in absolutem Alkohol leicht, in
Benzol, Petrolätber, fetten und ätherischen Ölen, Schwefelkohlen-
stoff usw.; sie zeigen charakteristische Absorptionsbänder in der
erünen-violetten Hälfte des Spektrums (über ihr Verhalten gegen-
über ultravioletten Strahlen liegen leider noch keine Beobachtungen
vor, sie wären aber dringend erwünscht). In trockenem Zustande
seben sie mit konzentrierter Schwefelsäure, mit Salzsäure Phenol
oder Thymol, mit konzentrierter Salpetersäure und einigen anderen
Körpern charakteristische Blaufärbungen.
Sie kristallisieren in gelben oder roten Kristallen von Blättchen
oder Nadelform. Die Botaniker haben, um Carotine aus den Ge-
weben zum Auskristallisieren zu bringen und so der direkten Unter-
suchung zugänglich zu machen, einige indirekte Methoden zum
Carotinnachweis ausgearbeitet. So die Säuremethode von FRANK
und Tscrirscn, wobei die Gewebe auf einige Tage in verdünnte
De .
U ne PRESENT
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 11
wäßrige Säurelösungen (z. B. 10°, Oxalsäure) kommen bis zum
Auftreten von Carotinkristallen. Bei der Kalimethode von MorıscH
verwendet man an Stelle der Säure 80 Teile 40°/, Ale 20 Teile
Kalilauge. Die Resoreinmethode Tswrerr’s endlich verlangt die An-
wendung von konzentrierter Resoreinlösung (10—12 Teile Resorein
auf 10 Teile Wasser). Alle diese Methoden sind aber keine Prüf-
steine für bestimmte Carotine, wenn diese etwa nebeneinander vor-
kommen. Um deren Trennung durchzuführen, sei auf die Arbeiten
von WiırLsTÄTTER und TswETT hingewiesen.
Die Säuremethode findet in der Natur z. B. Anwendung, in
der von mir untersuchten Nackengabel (Osmatarium) der Raupe von
Pap. machaon L. In den großen Zellen dieses merkwürdigen Organes
findet sich ein gelbes Carotinoid offenbar gelöst in von der Futter-
pflanze stammenden ätherischen Ölen. (Bei den Raupen, die auf
Fenchel gefressen haben, duftet die Nackengabel stark nach Fenchel,
bei denen, die sich von Daucus nährten, macht sich nur bisweilen
ein Geruch wie nach frischgeschabter Mohrrübe bemerkbar.) In
der Gabel liegt ein Drüsenkomplex, „die ellipsoide Drüse“, die
eine schwache Säure abscheidet; sie bewirkt offenbar, daß man
auf der Cutieula der Zellen das Carotinoid bisweilen auskristalli-
siert vorfindet (vgl. die Fig. a auf S. 188 meiner Arbeit). Die
Carotinuntersuchungen scheinen noch einen weiteren Fingerzeig
über dies für die Papilionidenraupen so bezeichnende Organ zu
geben, und zwar in bezug auf seine Färbung bei den Arten der
verschiedenen Himmelsstriche. Die Papilioarten der gemäßigten
Zone haben gelbe Nackengabeln, die der tropischen Spezies
neben einigen wenigen gelben und grünen fast ausnahmslos rote.
Nun nimmt aber nach Kost (S. 43) das Carotin beim Erwärmen
eine mehr rote Farbe an, möglicherweise liegt aber auch ein Carotin
der roten Reihe vor. Ganz abweichend von allen anderen ist das
ÖOsmoterium des afrikanischen Pap. brasidas Fern., es ist nämlich
tief indigoblau. Sollte hier die ellipsoide Drüse eine so starke
Säure produzieren, um die beim Zusammenbringen solcher mit einem
Carotin entstehende Blaufärbung zu ergeben?
In hohem Grade charakteristisch für die Carotinoide ist ihr
schnelles Ausbleichen, das nach den Untersuchungen von GERLACH
bedingt ist durch die Zersetzung des Körpers durch Aufnahme von
Sauerstoff, und zwar wird diese beschleunigt durch die Gegenwart
des Lichtes. Infolgedessen verschwinden auch die gelben und roten
Farben vieler Käfer so schnell. (Wo sie, wie z.B. bei Pyrrochroa
coceinea L. und vielen anderen, erhalten bleiben, liegt auch kein
an Zellen gebundener carotinähnlicher Stoff vor, sondern eine rote
12 PAUL SCHULZE.
Färbung des Chitins, ebenso beruht die diffuse Rotfärbung der Hinter- ri
flügel mancher Chrysomelaarten nicht auf einem Körper dieser
(sruppe, selbst wenn ein solcher in den Elytren, wie z. B. bei Chry-
somela polita und staphylaea, vorhanden sein sollte) Die Farben
halten sich aber in Kohlensäureatmosphäre und merkwürdigerweise
nach GERLACH auch längere Zeit in einer Atmosphäre von
schwefliger Säure.
Bereits der erste Forscher, der sich mit Carotinen (im weitesten
Sinne) befaßte, Terupıcaum, erkannte schon im Jahre 1869, daß die
von ihm als „Luteine“ bezeichneten Verbindungen, die durch ihr
chemisches und spektroskopisches Verhalten ihre wahre Verwandt-
schaft bekundeten, sich nicht nur in tierischen Geweben (in Ovarien,
im Corpus adiposum, im Dotter usw.) vorfanden, sondern auch
weitverbreitet im Pflanzenreich in Blüten und Früchten usw.
KRUKENBERG nannte die Stoffe dann sehr unglücklich Lipochrome,
da sie meist an Fett gebunden vorkommen, eine Gruppe, die auch
nicht hierhergehörige Körper, z. B. grüne, mitumfaßte.
Wie oben schon bemerkt, ist Fett ein gutes Lösungsmittel für
Carotinoide und daher ihr Vorkommen im Fett ein ganz akziden-
telles und nicht wesentliches Merkmal für sie. Es ist eine ganze
Anzahl von Fällen bekannt geworden, wo Carotine in reinem Zu-
stande in tierischen und pflanzlichen Geweben vorkommen.
Durch diesen neuen Namen ging leider auch den Botanikern
und Zoologen die Erkenntnis verloren, dab wir hier mit nahe
verwandten Substanzen zu tun haben, die sowohl im Pflanzen- als
auch im Tierreich eine eminent wichtige Rolle spielen müssen, da
sie beinahe universell vorkommen, und an deren gemeinsamer Er-
forschung beiden Teilen sehr viel gelegen sein muß.
Sowohl in der Botanik als auch in der Zoologie wurden dann
in der Folgezeit einzelne dieser Substanzen je nach ihrem besonderen
Vorkommen mit besonderen — da man über ihre genauere Zu-
sammensetzung nichts Genaueres weiß, überflüssigen — Namen be-
legt, wie das Tetronerythrin Wunm’s aus der sogenannten „Rose“
um das Auge der Birk- und Auerhühner, das „Zoonerythrin“
MEREJKOWSKT'S, das Vitellolutein Mary's usw.
Zopr, der durch seine Untersuchungen die Übereinstimmung
dieser Substanzen in den wesentlichsten Punkten auch bei ver-
schiedenster pflanzlicher oder tierischer Herkunft erkannte, nannte
sie nach dem bestbekanntesten unter ihnen, dem roten Farbstofi
der Mohrrübe, Carotine. Er zeigte gleichzeitig, daß sie sich in
mehrere große Gruppen teilen lassen, eine gelbe Reihe mit einem
breiten Absorptionsband in Grün Monocarotine, z. B. die von
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 13
Mierococeus rhodochrous und Mel. populi, Dicarotine mit zwei
Absorptionsbändern, gehen im Gegensatz zu den ersten mit
Ätzalkalien und alkalischen Erden Verbindungen ein und sind
wahrscheinlich sauerstoffhaltig (Carotin der Chrysomelide Olythra
quadripunctata L.), und Tetracarotine (Lycogola epidendron).
Seine Angabe, dab das Mohrrübencarotin nur zweibändrig sei,
hat sich als irrtümlich erwiesen (Kor, ToBLER), es ist drei-
bändrig, wir hätten also ein Tricarotin vor uns. Daß die Nahrungs-
pflanze der Käfer keinen Einfluß auf die Art des Carotinoids
hat, demonstrierte Zopr auf folgende Weise. Melasoma populi L.
lebt, wie der Name schon sagt, auf Pappel, sie besitzt, wie eben
erwähnt, ein: Monocarotin, die auf Weiden lebende COlythra
quadrıpunctata L. dagegen bildet ein Dicarotin. Füttert man
nun Clythra nur mit Pappel und Mel. populi nur mit Weide,
so bildet sich doch der für sie charakteristische Körper. Wenn
neuerdings STECHE annimmt, das sich nach ihm in weiblichen
Schmetterlingsraupen findende „Chlorophyll“ und das „Xanthophyli“
der männlichen seien die durch die Darmwand ins Blut hindurch-
diffundierten analogen Stoffe der Nahrungspflanzen, so erscheint
mir das sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich sind diese Körper
auch hier tierischen Ursprungs und an Zellen gebunden. SCHUNCK
zeigte überzeugend, daß sein „L. Xanthophyll* aus Nasturtium
vollkommen identisch ist mit dem gelben Carotinoid aus dem Dotter
und dem Blutserum des Huhnes (man vergl. die aus seiner Arbeit
reproduzierten Spectra). ZoPr wies ferner nach, daß die abweichen-
den Angaben mancher Autoren in bezug des spektroskopischen Ver-
haltens der Carotine darauf zurückzuführen seien, daß sich in dem
untersuchten Alkoholextrakt des Farbstoffies mehrere Körper dieser
Gruppe befanden. So hatte z. B. BLancHharnp für die rote Substanz
von Diaptomus bacıillifer KoELBEL angegeben, daß sie ohne Ab-
sorptionsbänder sei. Nach Zopr kommen aber bei dieser Art zwei
ganz verschiedene Carotinoide nebeneinander vor, ein gelbes ein-
bändriges und ein rotes zweibändriges, deren Spektra sich bei
BrancHarp deckten, so daß eine diffuse Absorption ohne Bänder
erfolgte.
Neuerdings sind nun endlich durch WiırLtsTÄTTER und seine
Schüler genaue chemische Analysen angestellt worden über einige
Carotine. Das Carotin der Mohrrübe ist ein ungesättigter Kohlen-
wasserstoff von der Formel CyoHze, als ganz identisch mit ihm
erwies sich dasjenige aus den Blättern der Brennessel. Bei der
Untersuchung der Tomatenfrucht wurden nebeneinander drei Stoffe
dieser Gruppe gefunden, Carotin, ein in der Formel isomerer, aber
14 PAuL SCHULZE.
im Verhalten gegenüber Halogenen abweichender Körper Lycopin,
und endlich das Xanthophyll, das sich interessanterweise als
eine ebenfalls noch stark ungesättigte Oxydationsstufe des Carotins
von der Formel Co Hzg Oz herausgestellt hat. Vor kurzem hat nun
TswErTT dagegen opponiert, daß man alle Stoffe dieser Gruppe als
Carotine bezeichne, nach den Untersuchungen WILLSTÄTTER'S sei
dieser Name auf einen ganz bestimmten Körper festgelegt. Er
schlägt infolgedessen für die Gruppe den Namen Caritinoid vor,
der in der neuesten Arbeit von ToBLER akzeptiert worden ist.
Mir scheint mit diesem neuen und nicht gerade schönen Namen
wenig gewonnen zu sein. Gewib muß angestrebt werden, die
einzelnen Stoffe genau zu analysieren und auf ihre speziellen Eigen-
schaften hin zu prüfen. Diese Arbeit kann aber bei der großen
Schwierigkeit der Untersuchung nur ein ganz gewiegter Chemiker
leisten. Und bevor nicht genaue Analysen der einzelnen Carotine
von dieser Seite ausgeführt sind, ist für den Biologen Carotin ein
Begriff wie etwa „Eiweiß“. Um aber Irrtümer zu vermeiden, wende
ich den indifferenteren Namen an. Ob, um auf unseren speziellen
Fall zurückzukommen, bei Mel. vigintipunctatum zwei Garotinoide
nebeneinander vorkommen, oder ob der rote derselbe Stoff ist wie
der gelbe, nur in kondensierterer, fettfreierer, oder in den Kristalloiden
fettfreier Form, muß die chemische Untersuchung erst lehren,
ebenso, ob er etwa mit einem der bereits genau untersuchten
pflanzlichen Stoffe identisch ist.
Ein rotes, ganz fettfreies Carotinoid, das chemisch in großen
Zügen von Physaliz untersucht worden ist, liegt bei der Feuer-
wanze, Pyrrhocoris apterus L. vor. Es findet sich hier nicht in
einem besonderen Gewebe, sondern normalerweise in sehr fein
verteilten winzigen Körnchen in den Epidermiszellen (Phot. 13)
nicht nur der Elytren, sondern über den ganzen Körper verteilt
auch an den Stellen, wo seine Farbe durch die Schwarzfärbung
des Chitins nicht zur Geltung kommen kann. Es gibt mit
Ösmiumsäure keinerlei Schwärzung. Bei manchen Exemplaren
treten auberdem grobe tropfenförmige Carotinmassen in ganz
unregelmäßiger Verteilung auf (Phot. 15), die in den Elytren bei
einigen Tieren nur oberhalb der Costa (Phot. 14), bei anderen
über den ganzen Flügel zerstreut vorkommen. Besonders reich-
lich liegt das bei allen Stücken vorhandene kleinkörnige
Carotinoid längs der Adern. Der rote Körper scheint eine
wichtige Rolle bei der Häutung zu spielen, da er während der-
selben bis auf geringe Reste aus den Zellen verschwindet, um
dann wieder neu gebildet zu werden. Er verbleicht viel schwerer
un
ei, 7
L
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 15
als die Käfercarotinoide, während nach Koru gerade die in fett-
artigen Substanzen gelösten gegen die Einwirkung des Sauerstofts
widerstandsfähiger sein sollen. Ob dies auf eine wesentlich andere
Zusammensetzung oder auf einen besseren Abschluß in den Epi-
dermiszellen schließen läßt, muß vorläufig dahingestellt bleiben.
Bei einigen Exemplaren, die in schwachem Alkohol im Dunkeln
etwa °/, Jahr standen, war der rote Stoff unverändert, dagegen fanden
sich in den Decken farblose Kristallaggregate von sehr charakteri-
stischer Form, Doppelstrahlenbüschel, die in der Mitte mit breiter
Basis zusammenstießen (Phot. 15, 16) und die eine große Ähnlich-
keit mit den von Konu (Taf. I 10b) abgebildeten „Phytosterin“-
kristallen haben, in die sich bei ihm kristallisiertes Carotin ver-
wandelte. Genauere Untersuchungen an Pyrrhocoris behalte ich
mir vor.
Physiologische Bedeutung der Carotinoide.
Bei der weiten Verbreitung der Üarotinstoffe im Tier- und
Pflanzenreich ist von vornherein anzunehmen, daß ihnen eine große
Bedeutung zukommt.
Am besten und einwandfreiesten ist wohl ihre Funktion als
Reservestofie nachgewiesen; hier liegt wohl in erster Linie auch
die Bedeutung des Melasomacarotinoids, das nach der Begattung
bei den © Oo in die Eier geht und bei den SG wohl auch zu
einem Teil zur Bildung der Spermien, andererseits vor allem zum
Ersatz der durch die ganz ungewöhnliche Lebhaftigkeit während
der Paarungszeit verbrauchten Energiemengen dienen dürfte. Bei
den 9 © von Maya und Platycarcınus beobachtete Hrım die Ab-
wanderung eines roten Carotinoids aus den Hypodermiszellen durch
das Blut an die reifenden Eier. Während der übrigen Zeit war
die Haemolymphe farblos wie bei den SC während des ganzen
Lebens. Das Blut des Cirripeds Pollicipes ist normalerweise auch
durch einen Körper der Carotingruppe rot gefärbt. GRUVEL wies
nun nach, daß auch hier dieses zur Zeit der Eireife von den
Leucocyten an die Ovarien abgegeben wird. Ferner wird die
Körperflüssigkeit farblos, wenn man die Tiere hungern läßt oder
sonst in ungünstige Lebensbedingungen bringt. Setzte er dem
Blute ein schwaches Gift hinzu, so verschwand der rote Stoff
ebenfalls. Bei Melasoma konnte ich die frischgeschlüpften Tiere
fünf Tage lang ohne Futter am Leben erhalten; in der Carotin-
bildung blieben die äußerlich leicht gelblich gefärbten Exemplare
auf dem Stadium stehen, das gefütterte Käfer am Ende des ersten
Tages erreichen. Der Verbrauch des Carotinoids bei der Häutung
16 | PAUL SCHULZE.
von Pyrrhocoris wurde schon erwähnt. Inder Botanik wies Zopr nach,
daß bei Pilobolus oedıpus ein Carotin in den Mycelfäden gebildet
wird, dann aber aus diesen gänzlich verschwindet und in die Gemmen
und Sporongien wandert. Bei Trentepohlia Iolithus wird ein solches
auch in die Schwärmsporen aufgenommen; bei starkem Wasser-
verlust setzt bei dieser Spezies eine Art Trockenstarre ein,
hierbei werden im Plasma ansehnliche Mengen von Öl und Carotin
gebildet, die später bei der Neubildung vegetativer Zellen und der
Produktion von Schwärmsporen in kommenden feuchten Tagen
wieder Verwendung finden (Zopr). Gespeichert wird ein Carotinoid
ferner in den Äcidien, Uredo- und Teleutosporen der Uredineen und
vor allem auch in dem unterirdischen Stengel der Mohrrübe. In den
Pflanzen bekommen endlich aus dem Stoffwechsel ausgeschiedene
Carotine in den Blüten eine biologische Bedeutung als Anlockungs-
mittel für Insekten.
Die Carotinoide als Sauerstoffüberträger.
Veranlaßt durch die große Affinität der Carotinoide zum
Sauerstoff stellte MEREIKOowsKkı die Theorie auf, daß sie bei den
niederen Tieren eine ähnliche Rolle spielten, wie das Hämoglobin
bei den Wirbeltieren®), infolgedessen fände man sie besonders an
den Stellen, wo ein lebhafter Gasaustausch stattfinde. Ich
erwähnte oben schon die Anhäufung des Carotinoids an den
Adern von Pyrrhocoris. KRUKENBERG gibt an, dab bei der Zer-
setzung einiger Spongiencarotine Stoffe entstehen, die imstande
sind, Sauerstoff zu polymerisieren und ihn in Ozon überzuführen.
Heım stellte ähnliche Untersuchungen bei Crustern an, aber mit
negativem Erfolge; er konnte weder eine Abgabe von Sauerstoff
noch eine Ozonbildung bei der Carotinzersetzung beobachten, was
aber noch nicht ausschließt, daß sie im lebenden Organismus nicht
doch stattfindet. Auch derjenige, der die Carotine in chemischer
Beziehung am besten kennt, WILLSTÄTTER, ist geneigt, ihnen eine
Rolle als Sauerstoffübertrager zuzuschreiben. Nach seinen und Mıng’S
Untersuchungen nimmt das Carotin s. str. schon bei gewöhnlicher
Temperatur 34,2 °/,, das Xanthophyll merkwürdigerweise noch mehr,
nämlich 36,5 °/, Sauerstoff auf. Hxım meint, die Sauerstoffaufnahme
der Carotine sei für den Organismus ganz ohne Nutzen, da nach
seinen Versuchen etwa aufgenommener Sauerstoff nicht wieder ab-
gegeben werde. Er übersieht aber hier, daß, wenn die Stoffe nicht
») Man vgl. hierzu die Arbeit von Groser, Über die physiol. Bedeutung
der Blutfarbe (Z. f. allg. Physiol. 10, 1910).
en 4
D
rn
n
DV
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. £7
imstande wären, den Sauerstoff wieder abzustoßen, die Carotine bei
ihrer außerordentlichen Zuneigung zum Sauerstoff dem Organismus
Unmengen dieser so wichtigen Substanz entziehen und ihn unter
Umständen aufs schwerste schädigen könnten, und das ist bei dem so
allgemeinen Vorkommen dieser Substanzen kaum anzunehmen. Möglich
wäre nur, daß in lebenden Zellen die Carotine sich nicht mit
Sauerstoff verbinden, doch ist auch dies nicht recht wahrscheinlich.
Kour (8. 19) erinnert an die von GomBeEre (Ber. d. deutsch.
chem. Ges. 34, 1901) studierten Vorgänge bei der Oxydation des
'Triphenylmethyls eines ungesättigten Kohlenwasserstofis. Sie führt
zur Bildung eines Triphenylmethylperoxydes und gleichzeitig bildet
sich Wasserstofisuperoxyd. Die Bildung des starken Oxydations-
mittels Wasserstoffsuperoxyd muß notwendigerweise verbunden sein
mit einem Vorgange, bei dem eine Abnahme von freier chemischer
Energie erfolgt. Die Uberführung des Kohlenwasserstoffes in das
inaktivere Peroxyd ist dieser Vorgang. Er ermöglicht die Ent-
stehung von H,O, aus H,O und OÖ, ein Prozeß, der ja bekanntlich
freiwillig nicht verläuft. Bei dem ungesättigten Kohlenwasserstoff
Carotin ist dasselbe zu erwarten. Die leicht sich vollziehende
Oxydation des Carotins könnte ebenfalls die Bildung des Wasser-
stoffsuperoxydes möglich machen und die Zellen in die Lage ver-
setzen, mit Hilfe dieses kräftigen Oxydationsmittels Oxydations-
wirkungen aller Art in ihrem Innern zu erzielen.
Violette Strahlen sollen die Atmung am lebhaftesten fördern,
da nun, wie oben erwähnt, die Carotinoide gerade die grün-blau-
violetten Strahlen energisch absorbieren, können diese Farbstoffe
auch auf diese Weise in den Dienst der Respiration gestellt werden.
Sehr interessante Resultate lieferten die Untersuchungen Heım’s
über Crustercarotinoide; seine Arbeiten sind leider nirgends berück-
sichtigt worden, obwohl gerade sie eine Fülle interessanter Tat-
sachen übermitteln. Zunächst konstatierte er, daß bei den von
ihm untersuchten Arten die dorsale Fläche des Panzers oder wenig-
‚stens dessen Epidermiszellen und die Eier die gleiche Färbung
aufweisen, z. B. blau beim Hummer, rot bei Maja und Platycarcinus,
beim Flußkrebs violettbräunlich, fast farblos bei Palaemon. Diese
Stoffe nennt Hrım Luteogene, sie sind sämtlich wasserlöslich.
Er konnte nun, und zwar nur beim oO zur Zeit der Eireife, nach-
weisen, daß sie aus der Epidermis ins Blut gelangen, sich hier in
ein rotes Carotin (Hrım sagt Lutein) umwandeln, das durch den
Blutstrom den Ovarien zugeführt, wieder in ein Luteogen zurück-
verwandelt wird. Ferner machte er wahrscheinlich, daß es sich
hier um einen einfachen Entwässerungsprozeß des Luteogens handelt.
2
18 PAUL SCHULZE:
In der Hitze und im Licht, oder unter dem Einfluß starker Reduk-
tionsmittel, wie unterschwefligsaurem Natron, bilden diese Stoffe
die roten Körper, die die Carotinoidreaktion ergeben. Das grün-
liche Luteogene des Hummers absorbiert besonders die roten
Strahlen, und Hrım glückte es, durch diesen Stoff gewöhnliche
photographische Platten rotempfindlich zu machen (S. 249).
In den Eiern bildet sich das Üarotinoid in seine Mutter-
verbindung zurück, das dazu nötige Wasser muß es seiner Um-
gebung entziehen; die Folge davon wird sein, daß die im Ei ge-
speicherten Nährstoffe kondensiert werden. Aber auch im Panzer
findet die allmähliche Umbildung der Luteogene durch das Licht
in Luteine statt, gleichzeitig erfolgt das allmähliche Dickerwerden
des Panzers und die damit verbundene Ablagerung von Kalksalzen,
letztere wahrscheinlich wiederum als Folge der Wasserabscheidung
bei der Bildung des Luteins. Bei Carcinus maenas kommen zwei
Formen vor, eine gelbgrüne und eine rote, von denen die grüne
sich besonders zwischen Algen, die rote sich auf Felsen aufhalten
sollte. Hem (S. 254) zeigte, daß letztere Annahme irrtümlich ist,
daß die grünen frischgehäutete Tiere mit dünnem Panzer und un-
oder wenig zersetztem grünen Luteogen seien, während die roten
alte Stücke mit diekem Panzer und rotem Lutein in den Epidermis-
zellen seien. Ähnlich verhielte es sich mit den blauen und roten
Flußkrebsen. Nach BErRTHELoT stellt das Chitin polymerisierte
(Glukose dar, dieser Vorgang sei möglicherweise ebenfalls durch
einen Entwässerungsprozeß hervorgerufen, wenn Luteine sich in
die Luteogenezurückverwandelten. (Bemerkenswerterweise geht auch
bei Melasoma die Erhärtung der Elytren und die Bildung des
Carotinoids Hand in Hand; ob hier aber ein den „Luteogenen“
entsprechender Stoff vorhanden ist, vermag ich vorläufig nicht zu
sagen.) Um die Bedeutung, die eine einfache Deshydratation
für den Stoffwechsel haben kann, zu zeigen, weist Hrım ferner
darauf hin, daß nach Wassermann durch einfache Entwässerung
Peptone in Albuminoide übergeführt werden können (S. 260).
Die Bedeutung der Carotinoide und ihrer Mutterverbindungen liegt
also nach Hrım darin, die Energie der von ihnen absorbierten
Lichtstrahlen für Entwässerungsprozesse nutzbar zu machen. Dab
diese Strahlen für die Krebse von größter Bedeutung sind (und
gleichzeitig, daß keine Atmung durch den Panzer hindurch statt-
findet), zeigte der Autor auf folgende Weise (S. 261). Wurde der
Cephalothorax und die Oberseite des Abdomens mit einem opaken
Lack bedacht, so starben die Tiere auch unter den glänzendsten
Lebensbedingungen. War der Lack ebenso undurchlässig, aber
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 19
durchsichtig, so lebten die Versuchstiere, ohne eine Spur von Un-
behagen zu zeigen (S. 262). Newsıcıy hat, ohne die Arbeit von
Heım zu kennen, ebenfalls die verschiedenfarbenen Crusterpigmente
untersucht. Er findet bei Nephrops drei Pigmente, ein gelbes, ein
rotes und ein blaues in Panzer, Epidermis und Eiern.
Das rote, ein Carotinoid, ist sehr unbeständig und kann unter
gewissen Bedingungen das gelbe, das normalerweise in der „Leber“
vorkommt, hervorbringen, ebenso das blaue. Es bildet mit Alkalien
und alkalischen Erden ein orangerotes in Alkohol fast unlösliches
Pigment. Nun zeigen unentkalkte Tiere diese Farbe, die an Alkohol
nicht abgegeben wird, während entkalkte Tiere hellrot sind, und
diese Farbe wird schon durch kalten Alkohol leicht ausgelaugt. Wahr-
scheinlich ist also das Carotin im Panzer eine Verbindung mit Kalk
eingegangen. Tiefsee- und zarte Oberflächenformen mit dünnem,
wenig Kalk enthaltendem Panzer hätten daher fast immer eine rote
Färbung. Das blaue Pigment endlich sei die Verbindung des roten
Carotins mit einer organischen Base und das grüne ein Mischfarbstoft.
Horranpe (a S. 26 u. 27) nimmt übrigens auch an, daß der
im Blut der Chrysomeliden und Coceinelliden vorkommende
Kalk an die Carotine gebunden ist.
Carotinoide als optische Sensibilatoren.
Von den Botanikern ist nachgewiesen worden, dab gefärbte
Pflanzenteile eine höhere Temperatur als farblose, und rote eine
höhere als grüne besitzen (Koru S. 17). Wo Carotinoide vor-
kommen, werden sie also Licht und Wärme absorbieren und durch
die dadurch hervorgerufene Temperatursteigerung auf die meisten
Lebensprozesse beschleunigend einwirken können (Konz 8. 17).
Sehr bemerkenswert ist, daß die ersten Lichtsinnesorgane, die in
der Organismenwelt auftreten, die Augenflecke der Flagellaten
und Schwärmsporen verschiedener Algen, aus einer maschigen proto-
plasmatischen Grundsubstanz bestehen, in der Carotinoidtröpfchen
eingelagert sind (Kort S. 15), und von da an bis zu den Wirbel-
tieren hinauf finden wir in den Augen Stoffe dieser Gruppe, die
von Künsne Chromophane genannt worden sind.
Der rote warzige Fleck über dem Auge der Tetraoniden und
die Iris vieler Fische, Amphibien und Vögel enthalten ein Caritinoid,
das „Tetronerythrin“ von Wurm. BRowN-SEQUARD zeigte nun, dab
gerade bei diesen Tieren die Iris sich unter dem Einfluß des Lichtes
zusammenziehen kann, selbst wenn das Auge herausgeschnitten ist.
Möglicherweise bildet also die Zersetzung dieser Substanz die
‚erste Wirkung des Lichtes auf das Sinnesorgan.
Yy*
20 | x PAuL Soeeize. |
Den Sehvorgang stellt sich Hzım so vor, daß durch das Licht
in der Retina vorhandene Luteogene in Luteine verwandelt würden
(analog den Vorgängen .in der Ürustaceenepidermis), und daß
dadurch die vom Zentralorgan als-Reiz empfundene, von DEwAR
nachgewiesene Änderung des elektrischen Potentials bei Belichtung
der Netzhaut verursacht würde. Unter dem Schutze der Dunkel-
heit sollen dann die Luteogene regeneriert und die empfindliche
Schicht wiederhergestellt werden. Wenn die sich abspielenden
Vorgänge auch wohl sicher nicht so einfach sind, wie es sich der
Autor vorstellt, so zeigen seine interessanten Ausführungen doch,
welche Fülle wichtiger Erkenntnisse das Studium der Caritinoide
und ihre Bedeutung im Leben der Organismen zu vermitteln
verspricht. |
Wenn ich hiermit den ersten Teil meiner Carotinoidunter-
suchungen der Öffentlichkeit übergebe, so bin ich mir der Unvoll-
kommenheit derselben wohl bewußt, als Entschuldigung mag die
relative Neuheit und Schwierigkeit derselben, besonders auch in bezug
auf das Aufsuchen der über die verschiedenen Wissensgebiete zer-
streuten Literatur gelten. In den folgenden Mitteilungen gedenke
ich, neben der Vervollständigung der Daten über Insekten das rote
ÖUarotinoid des Goldfisches zu behandeln.
Literaturverzeichnis.
AuvEL, H., Eine Varietät von Melasoma XX-punctatum Scor. Zeitschrift für
wissenschaftliche Insektenbiologie, V, 1909.
BERLESE, A., Gli Insetti, I, 1909,
COURCHET, M., Recherches sur les Chromoleueites. Ann. des Sei. nat. Bot.,
VII Ser., 7, 1888,
GrrLAacH, M., Über die Ursache der Unbeständigkeit carotinartiger Farbstoffe.
In Zorr, W. Beitr. zur Phys. und Morph. nied. Organismen, II, 1892,
Gruver, A., Contribution ä& l’Etude des Cirrhipödes. Arch. Zool. exp. et g6ön.,
3e serie, I, 1893.
Hzın, F., Etudes sur le sang des Crustac6s Decapodes suivuies d’un essai
sur le röle des pigments. Ann. de la Soc. entom. de France, 61, 1892,
HoLLanDe, A. CH,,
a) Etude Physico-Chimique du Sang de quelques Insectes. Toxicit& de
ce sang. These de Pharmacie de Lyon, Grenoble 1906,
b) Contribution ä l’Etude du Sang des Colöopteres. Arch. Zool. exp6r.
et gen., 5e ser., II, 1909,
c) L’Autohsmorrhöe ou le rejet du sang chez les Insectes. Arch.
d’anat. micr. XII, 1912,
Kour, F. G., Unters. über das Carotin und seine phys. Bedeutung in der
Pflanze. Leipzig 1902.
nn
Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 91
KRUKENBERG, C. FR..W,,
a) Die Pigmente, ihre Eigenschaften, ihre Genese und ihre Meta-
morphose bei den wirbellosen Tieren. Vgl. phys. Studien, 2. Reihe,
3. Abt., 1882. F
b) Grundzüge einer vergl. Physiologie der Farbstoffe und der Farben.
Vgl. phys. Vortr., III, 1884.
Künne, W., Beiträge zur Optochemie. I. Die Praeexistenz der Chromophane.
Unters. aus dem phys. Inst. der Univ. Heidelberg, IV, 3, 1882.
Mary,R., Über die Dotterpigmente. Sitzungsber. math.-naturw. Klasse. Ac. Wiss,
Wien 83, 2, 1881. .
MEREJKOWSKI, D. DE, Sur la t&tronerythrine dans le regne animal et sur son
röle physiol. C. R. de l’Ac. des Sei. 93, 1881.
Newesisin, M. J., The Pigments of the Decapod Crustacea. Journ. of. Physiol.,
21, 1897.
Puısauıx, C., Recherches sur la matiere pigmentaire rouge de Pyrrhocoris
apterus L. ©. R. de l’Ac. des Sci. 118, 1894.
REICHERT, A., Die Varietäten der bei Leipzig vorkommenden Phytodecta-
arten. Entom. Jahrbuch 1912.
SCHULZE, P.,
&) Zur Variabilität von Melasoma XX- -punctatum Scor. Berl. entom.
Zeitschr. 56, 1911. -
b) Die Nackengabel der Papilionidenraupen Zool. Jahrb. An. 82, 1911.
SCHUNCK, GC. A., The Xanthophyli Group of Yellow Colouring Matters. Proc,
Roy. Soc. London 72, 1904.
STECHE, O., Beobachtungen über Geschlechtsunterschiede der Haemolymphe von
Insektenlarven. Verh. deutsch, Zool. Ges., 1912.
Teupıchun, J. L. W., Über das Lutein und die Spectren gelbgefärbter organ.
Substanzen.‘ Centralbl. für die med. Wissensch., 1869,
TogLer, G. u F., Zur Bildung des Lycopins und über Beziehungen -zwischen
Farb- und Speicherstoffen bei Daucus. Ber. d. deutsch. bot.'Ges., 1912.
Tower, W. C,,
a) The Development of the Colors and Color Patterns of Coleoptera etc.
The Decennial Publ. of the Univ. of Chicago. The Biological
Sciences First Seriens X, 1903,
b) An Investigation of Evolution in Chrys. Beetles of the genus
Leptinotarsa. Publ. Carn. Inst. of Washington 1906.
Tswert, Über den makro- und mikrochemischen Nachweis des Carotins. Ber.
d. deutsch. bot. Ges., 29, 1911.
Wirtstärter, R., und Mies, W., Über die gelben Begleiter des Chlorophylles.
Ann. der Chemie, 355, 1907.
WILLSTÄTTER, R., und EISOHRR, H., Über den Farbstoff der Tomate. Zeitschr.
f. physiol. Chemie, 64, 1910.
Wurm, Tetronerythrin, ein neuer organischer Farbstoff. Zeitschr. f. wissensch.
Zoologie, 21, 1871.
Zopr, W., Zur Kenntnis der Färbungsursachen niederer Organismen. Beitr.
zur Anat. u. Phys. nied. Organismen, I—IIl, 1892—1893.
Tafelerklärung.
Phot. 1—7. Melasoma XX-punctatum Scor. Lebendaufnahmen der Flügel-
decken, 1—3 300:1, 4—6 (um Einzelheiten besser zu zeigen) 500:1.
1. Einwandern der Carotinzellen.
22
Phot.
Phot.
Phot.
Phot.
Phot.
Phot.
PauL ScHULZE: Studien über tierische Körper der Carotingruppe.
2. Die Carotinzellen in lebhafter amitotischer Teilung, mi Mitose,
z. Z. Akernige Zelle, deren Plasma sich noch nicht durchgeschnürt
hat, pa Patina.
3. (f. miniata Auer.) Carotingewebe auf dem Höhepunkt der Aus-
bildung; neben dem an Fett gebundenen gelben tritt ein rotes
Carotin in kristallinischen Bröckchen auf. (Im Photogramm schwarz
erscheinend.)
4. Nach der Copulation. Das Carotin ist zum größten Teil an den
Zellen geschwunden; diese mit ihren Kernen wieder deutlich sichtbar.
. und 6. Fettige Degeneration des Carotingewebes.
7. (f. miniata.) Kurz vor dem Absterben des Tieres. Das Carotin-
gewebe ist geschwunden. Es finden sich noch einige rote Carotinoid-
schollen und farblose Kristalle unbekannter Zusammensetzung.
8. Melasoma populi L. Lebendaufnahme. 300:1. Die Carotinzellen
wandern in die Costa des Hinterflügels ein. Z.Z, Zellen, die nach der
Teilung noch zusammenhängen.
9. Melasoma XX-punctatum Scor. Ganz frischer Käfer. a Carotin-
zellen im Fettkörper, b große (Carotin-?) Zellen. 420:1. Carnoy, Dela-
field-Gieson.
10. Melasoma XX-punctatum Scor. Carotinzelle, Teilung des Kern-
körpers. 700:1. Carnoy, Heidenhain.
ll. Melasoma XX-punctatum Scor. Große (Carotin-?) Zellen. b Teilung
des Kernkörpers, a Carotinzelle. 400:1. Carnoy, Heidenhain.
12. Harmonia marginepunctata Schnur. Ganz frischer Käfer. Carotin-
zellen im Fettkörper. 340:1. Carnoy, Delafield-Gieson.
13—16. Pyrrrhocoris apterus L. Hemielytren. 500:1,
13. Das Carotinoid in fein verteiltem Zustande in den Epidermiszellen.
pa Patinae.
14. Oberhalb der Costa grobes, unterhalb normales Carotinoid,
15 und 16. Neben dem Carotinoid Kristalle unbekannter Zusammen-
setzung.
Or
Spectrum (nach Scuuxck) des Carotinoids:
„L. Xanthophyli* aus Nasturtium,
2. aus dem Dotter \
3. aus dem Blutserum [ des Huhnes.
R. Weverimp: Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg. 23
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg
bei Adorf.
Von R. WEDEKIND, Göttingen.
(Mit Tafel IV—VII und 14 Textfiguren.)
I. Stratigraphischer Teil.
1. Einführung: a) Umfang der Manticocerasstufe.
Die im Hangenden der Stringocephalusschichten folgenden
Kalke und Schiefer bis hinauf zur Unterkante der Cheiloceras-
schichten sind von E. Kayser!) als Intumescensstufe bezeichnet
worden. Innerhalb dieser Stufe erkannten dann Frec#?) und
A. DENncKMAnN?) als tiefste, aber selbständige Zone die Pharciceras-
schichten (= Prolecanitenschichten). Von DREVERMANnN ®) u. A.
wurden die Phareicerasschichten dem Mitteldevon zugezählt, weil an-
geblich zusammen mit Pharciceras mitteldevonische Formen wie
Maeneceras und Agoniatites vorkommen. In dem paläontologischen
Teil dieser Arbeit ist der Nachweis erbracht worden, daß Phar-
eiceras ein primordialer Goniatit ist und als solcher zur Familie
der Manticoceratinae gehört. Wird nun die Intumescensstufe so
begrenzt, daß als Unterkante derjenige Horizont genommen wird,
in welchem zuerst primordiale Goniatiten oder Angehörige der
Manticoceratinae im rheinischen Schiefergebirge hervortreten, so
ergibt sich naturgemäß von selbst die Zugehörigkeit der Phareiceras-
schichten zur Manticocerasstufe. Diese Grenze erhält einen auf-
fälligen Charakter dadurch, daß gleich oberhalb derselben die höher
differenzierten Manticoceratinae zusammen mit den einfachen Typen
zugleich erscheinen. Dadurch wird vielleicht die Vermutung ge-
rechtfertigt, daß diese Fauna zu diesem Zeitpunkt eingewandert ist.
Ebenso scharf und auffällig ist die Oberkante. Sie liegt dort,
wo die ersten Cheilocerasarten hervortreten und die noch ein wenig
tiefer dominierenden Manticoceratinae fast vollkommen — bis auf
eine Art — verschwunden sind.
1) E. Kayser: Studien aus dem Gebiete des rheinischen Devon. Zeitschr.
d. D. Geol. Ges., 1873, S. 669.
2) Fr. Freca: Geologie der Umgegend von Haiger. Abhandl. zur geol.
Spezialkarte von Preußen, Bd. 8, Heft 3.
3) A. DENncKkMmann: Über die untere Grenze des Oberdevon im Lennetal
und im Hönnetal. Zeitschr. d. D. Geol. Ges., 1903, S. 393ff.
#) Fr. DREvErMmAann: Die Fauna der oberdevonischen Tuffbreccie von
Langenaubach bei Haiger. Jahrb. d. Kgl. preuß. geol. Landesanstalt für 1900,
S. 112.
R. WEDERIND,.
b) Nomenklatur.
Die Bezeichnung Intumescensstufe, die von E. Kayser Rn
geführt ist, kann aus dem Grunde nicht beibehalten werden, weil
die namengebende Form Manticoceras intumescens BEyR. vertikal
und vermutlich auch horizontal eine zu geringe Verbreitung hat,
sobald diese Art im Sinne BryrıcH’s gefaßt wird. Vorläufig er-
scheint es mir am zweckmäßigsten, die einzelnen Abteilungen oder |
Stufen des Oberdevon nach den dominierenden Gattungen zu be- |
zeichnen. Es ergibt sich nämlich, daß bei einer schärferen Prä-
zisierung der Gattungen diese dominierenden Gattungen eine geringe
vertikale Verbreitung haben. Auf diese Weise kommt man wiederum
zu einer Einteilung, die ganz mit der DENcKMmAnNSs übereinstimmt.
In der Tabelle I Seite 25 habe ich meine bisherigen Resultate
niedergelegt. Das Oberdevon wird in einzelne Stufen (I, II, III,
IV usw.) geteilt, die wiederum in weitere mit griechischen Buch-
staben bezeichnete Zonen zerlegt werden. Nach den dominierenden
(sattungen werden die Stufen benannt als I—= Manticocerasstufe,
II —= Cheilocerasstufe, III = Prolobitesstufe, IV = Post-
prolobitesstufe usw.
Die früher von mir u. a. vertretene Anschauung, daß das
Oberdevon in. ein unteres, mittleres und oberes Oberdevon zu gliedern
sei, vermag ich nicht mehr aufrecht zu erhalten, da allein schon
die Stufen I—V einander vollkommen gleichwertig sınd. Da außer-
dem die Clymenien in Amerika in meiner Stufe I schon erscheinen,
könnte man mit vollem Recht das ganze Oberdevon als Clymenien-
schichten bezeichnen.
c) Bisherige Gliederung der Manticocerasstufe.
Die Manticocerasstufe ist bisher fast ausschließlich vom petro-
graphischen Standpunkte aus gegliedert.
°) Man vergleiche hierzu namentlich die folgenden Arbeiten:
A. Dexckmann: Zur Stratigraphie desOberdevon im Kellerwalde und einigen
benachbarten Devongebieten. Jahrbuch der Kgl. Geol. Landesanstalt. 1894.
A. Desckmann: Über das Oberdevon auf Blatt Balve. Ibidem 1900, |
A. Denckmans: Mitteldevon, Oberdevon und Culm des BauerläudeR: |
Ibidem 1902,
R. Weorekıso: Die Cephalopodenfauna des höheren Oberdevon am Enke-
berge. Neues Jahrbuch für Mineralogie. Beilageband. 1908. \
R. Wepvekinn: Beiträge zur Kenntnis des Oberdevon am Nordrande des
rheinischen Schiefergebirges. Sitzungsberichte der Gesellschaft der Winsen
schaften. Göttingen. 1912.
R. Weneriso: Die Familie der Prolobitidae im Rheinischen Gebirge. Neues
Jahrbuch für Mineralogie usw. (Zurzeit im Druck.)
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 25
I. Tabellarische Übersicht über die paläontologische Gliederung
des Oberdevon?).
Bezeich-
e - nungen |Fossilreiche
Stufen: Zunenfolge: A. Denck- |Aufsehlüsse:
manns:
vI Schichten, stellenweise sehr [| Mocktumer Balve
3 reich an Gonioclymenien. Kalk.
< | Selbständige Zone? 3
= SE yoser
- De I a a er
& | Men una olpmenta bisweata | S5|) md | Dasberg
e- en Sk = 5.2|[ Dasberger | bei Balve.
3 ER bi Sr =.25|]| Kalk.
z Zone der Clymenia laevigata |& Hövel
> MsTr. Ss. str. E bei Balve.
& IVß. Zone des Postprolobites | > Benl
8 Frechi WEDERIND u. d, Olymemia|zZ & Buches
= annulata MÜNSTER Ss. str. er: 2
S je ®8x Eure
s< Grenzbank mit Olymenia z Eh Annulata- | Enkeberg.
35 ef. striata v. MÜNSTER. = kalk. Burg.
3 * > ET TE
A IVa. Zone der Clymenia 2 s” ns lerg,
> protacta WEDERIND. E = RE En
F III8. Zone des Prolobites Del-|z . .
Ss phinus und der Olymenia invo- | 3 R = ee
2 luta WEDERIND,. Fun
on BE FOIERE BE Bag.
er 2 Il«. Zone mit Tornoceras Sand-|5 © = Enkeberg.
=2 bergeri GÜNMBEL. ER Bike: Burg.
Pe £ u TEE
IT: 18. Zone mit Cheiloceras, |2 228 Kalk. Enkeberg.
== Dimeroceras und Aganides. | EB= Burg.
m
= BEE Nehden. 7
8 IIa. Zone der Cheioceraten. |= & 5 Enkeberg.
5: =) | Burg. Beul.
Iö. Zone des Crickites Holz- | r Bicken.
y apfeli WEDERIND. £ E Martenberg.
= Zone des Manticocerass = =
© N adorfense WEDEKIND. | = Martanberg
S= |lIr. Zone des Manticoceras cor-|& & |\ Adorfer | Martenberg.
s% datum Saxoe. und carinatum |Z = Kalk. Burg.
E SANDER. = 28 Balve.
\ 2 .s 28 Beul
o Iß. Zone des Gephyroceras s © er Balve
nodulosum WEDEKIND. En esrtenbere.
Grenz- Ia. Zone des Pharciceras Froie- Balve,
Ar . ceaniten- |Martenberg.
schichten lunulicosta SANDEGR. ee Dillmohle,
°) Fußnote siehe Seite 24.
26 R. WEDERIND,
1871 teilt Kayser (Studien aus dem Gebiete des rheinischen 2
Devon, II, Zeitschr. d. D. Geol. Ges., Bd. 23, S. 289) das untere
Oberdevon von Büdesheim, von oben nach unten, in:
Goniatitenschiefer,
Cuboidesmergel.
Bei einem Besuch dieser Gegend im Jahre 1909 beobachtete
ich folgende Schichtenfolge:
Goniatitenschiefer,
Plattenkalke,
Cuboidesmergel.
Die Plattenkalke sind relativ mächtig und in zahlreichen Stein-
brüchen aufgeschlossen.
1888 scheidet Fr. Frech (Abhandl. d. Kgl. Geol. Landesanst.,
Bd. 8, Heft 3) als tiefste Zone des Oberdevon die Zone des Goniatites
lumulicosta SanDpB. aus, die auf Grund des Goniatites triphyllus
FrecH mit dem ÜCuboidesmergel von Büdesheim identifiziert wird.
Daraus resultiert dann eine paläontologische Zweiteilung der Mantico-
cerasstufe in die obere Zone des Manticoceras intumescens BEYR.
und die untere Zone des Goniatites lunulicosta SANDB.
1894. A. Deyckmann (Zur Stratigraphie des Oberdevon im
Kellerwalde, Jahrb. d. Landesanst., 1894) gliedert das untere Ober-
devon des Kellerwaldes in
Adorfer Kalk,
Büdesheimer Schiefer.
In einer Reihe weiterer Arbeiten aus den Jahren 1901 bis
1903 (Zeitschr. d. D. Geol. Ges. und Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landes-
anstalt) erbringt A. Denckmann den Nachweis, daß die Zone des
Goniatites lunulicosta (= Prolecanites-Zone A. DENCKMANN’S) im
rheinischen Schiefergebirge eine große Verbreitung hat, so daß das
untere Oberdevon folgendermaßen zu gliedern ist:
a) Adorfer Kalk,
b) Büdesheimer Schiefer,
c) Prolecanitenschichten.
1900. Berusmausen (Das Devon des nördlichen Oberharzes,
Abhandl. d. Kgl. Geol. Landesanst. N. F., Heft 30) überträgt die
Gliederung Drxckmann’s auf den nördlichen Harz und versucht
nachzuweisen, daß die Büdesheimer Schichten Denckmann’s den
(soniatitenschiefern von Büdesheim gleichaltrig sind. Als weiterer
Horizont wird von ihm der Kellwasser Kalk ausgeschieden.
1901. E. Horzarren (Einige Beobachtungen über den Flinz
und Büdesheimer Schiefer. Verh. d. naturhist. Ver. d. preuß. Rhein-
lande usw., Bd. 58, S. 181) sucht demgegenüber nachzuweisen, dab
|
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 27
die Büdesheimer Goniatitenschiefer A. Drxckmanv’s älter sind als
die Goniatitenschiefer von Büdesheim.
Der bisherige Stand der Gliederung der Manticocerasstufe
ist also der, daß außer der Zone des Goniatites lunulicosta drei
Horizonte — ich sehe hier ganz ab von dem im unteren Oberdevon
von DENcKManN ausgeschiedenen Flinz und Webeler Kalk — unter-
schieden werden, nämlich: Büdesheimer Schichten, Adorfer
und Kellwasser Kalk. Das gegenseitige Altersverhältnis dieser
Horizonte an den verschiedenen Lokalitäten ist unsicher.
Die vom Iberg bei Grund ausgehende Bezeichnung Iberger
Kalk ist übertragen worden auf ähnliche Bildungen des rheinischen
Schiefergebirges. Allgemein wird der Iberger Kalk für älter als
der Adorfer Kalk angesehen. Ich werde den Nachweis erbringen,
daß diese Anschauung für den Teil des Iberger Kalkes, welcher
oberdevonische Goniatiten führt, unzutreffend ist.
2. Die Goniatitenkalke vom Martenberg bei Adorf.
Die bekannte Klippe im Martenberger Tagebau muß deshalb
den Ausgangspunkt dieser Untersuchungen bilden, weil hier von
A. Denckmann (1902, S. 590) der Adorfer Kalk genau festgelegt
ist. Eine Orientierung an der Martenberger Klippe ist nach der
Beschreibung, welche HoLzaPprEL gegeben hat, sehr schwierig. Auch
enthalten Horzarrer's Angaben einige Irrtümer).
Wenn man von der Westseite an die Klippe herantritt, so
sind leicht drei Schichtengruppen zu unterscheiden:
1. Den Kopf der Klippe bilden Schiefer mit Kalkknollen. Sie
haben bisher kein Cephalopodenmaterial geliefert.
2. Unter diesen liegen die Goniatitenkalke des unteren Ober-
devon, die ihrerseits scharf abgegrenzt sind von
3. den mürben Eisensteinen des oberen Mitteldevon.
Die Goniatitenkalke zerfallen petrographisch in zwei Teile:
2a) Der untere Teil besteht aus deutlich gebankten, sehr festen
grauen, splittrigen Kalken, die eine ungemein reichhaltige Fauna
führen.
2b) Der obere Teil besteht aus undeutlich geschichteten, kurz-
klüftigen dolomitischen Kalken, mit vereinzelten schwarzen Kalk-
knollen.
Der untere Teil der Schichtenfolge läßt eine weitere Teilung
auf Grund der Faunen zu. Zunächst liegt an der Basis, unmittel-
6) So z.B. die Angaben über das Vorkommen von Beloceras multilobatum
Beyr.,, das nicht nur in dem höheren Teile, sondern auch in dem tieferen
Teile der Goniatitenkalke sehr häufig ist.
28 R. WEDERIND.
bar auf dem Eisenstein des. Mitteldevon, der sehr wenig ı
Pharcicerashorizont und über diesem ein etwa 10 cm mäcl
dunkelblauer eisenreicher Kalk, für den DenckmanN (1902)
Bezeichnung Webeler Kalk vorgeschlagen hat. u ‚dann olgen 2 =
die dünnplattigen, rötlichen Kalke. | 7
Übersichtlich zusammengestellt ergibt das die tlgende: eat er“
folge: Bi.
I/I. Schiefer mit Kalkknollen. ER ra -
Id. Kurzklüftiger, gelb-roter dolomitischer Kalk
mit vereinzelten Kalkknollen.
Iy. Dünnplattiger rötlicher Kalk.
la. Phareicerasschichten.
tmk.
Seit ca. vier Jahren sammelte ich systematisch an der Marten-
berger Klippe namentlich im Horizont Iy, so daß ich dieser Arbeit
ein Material zugrunde legen kann, bei dem mir von jedem einzelnen
Stück bekannt ist, von welcher Stelle des Profils es stammt.
Io. Die Pharciceraszone ist hinreichend durch die Gattung
Phareiceras charakterisiert. Den Angaben DrxckmAann’s habe
ich nichts mehr hinzuzufügen.
Die bisher bekannte Cephalopodenfauna dieser Zone ist nach
FrecH (1888), DexckmAann (1902) u. a. die folgende:
Pharciceras lunulicosta SANDB.
Becheri v. Buch.
tridens SANDB.
clavılobus SANDB.
Triarnoceras costatum ARCcH. U. VERN.
@Gephyroceras foreipiferum SAND».
Koenenites lamellosus SAND». ”).
”) = Goniatitis Hoeninghausi v. Buch.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 29
Koenenites sublamellosus SANDB.
Timanites Hoeninghausi ARCH. VERN. Sp.
& acutus Keys.
5 triphyllus FREchH.
@Gephyroceras aequabile BEYR.
„+ planorbe SANDB.
Iß. Zone des Gephyroceras nodulosum WDkD. Diese
Zone wurde bereits von A. DEncKkMmann als besondere Zone erkannt.
In ihr tritt zum ersten Male Beloceras multilobatum auf, während
Beloceras Kayseri mir vom Martenberg erst aus dem nächst höheren
Horizont bekannt geworden ist. A. Denckmann (1902) erwähnt
aus dieser Zone noch eine neue Belocerasart, die an Beloceras
Kayseri in der Weite des Nabels erinnert, sich aber durch die Dicke
der Windungen von jener Art unterscheidet. Nach meinen Auf-
sammlungen ist sie seltener in dieser Zone als Beloceras multilobatum.
Beschränkt ist auf diese Zone außerdem Gephyroceras nodulosum
n. sp. als häufigste Form und wahrscheinlich auch Manticoceras
caleuliforme n. var. crassa. Manticoceras caleuliforme Beyr.-Typus
ist bereits vorhanden. Insgesamt sammelte ich bei Martenberg in
diesen 3-Kalken folgende Fauna:
Manticoceras caleuliforme Beyr. (selten).
var. crassa WDpxn. (häufig).
Bepkwroceras ee UNE Wper. (häufig). a
Manticoceras inversum WDpen». (1 Exemp)!.).
Beloceras Denckmanni Wpx». (mäßig).
> multilobatum BEyR. (häufig).
Iy. Zone des Manticoceras cordatum und Manticoceras
carınatum SANDBERGER.
Die hangenden Goniatitenkalke der Martenberger Klippe be-
zeichnet nun Denckumann (1902) als Adorfer Kalk und charakterisiert
diesen, abgesehen von Manticoceras intumescens durch Beloceras multt-
lobatum, Beloceras Kayseri und Cardiola anguilifera. Nun sind aber die
an der Martenberger Klippe von mir unterschiedenen petrographischen
Zonen — Iyund Iö — auch faunistisch voneinander verschieden. Schon
ohne genauere paläontologische Untersuchung erkennt man beim
Sammeln, daß in dem oberen Teil — Iö — der Klippe dicke bis
kuglige Formen der Manticocerasgruppe vorherrschen, die sich in
dem unteren Teil der Klippe — Iy — nicht finden oder doch nur
selten sind und dann außerdem noch einer anderen Gattung angehören.
Für den unteren Teil der Klippe ist abgesehen von den angegebenen
Leitformen noch charakteristisch das Vorkommen von flach scheiben-
förmigen echten Gephyrocerasarten, die sich in der höheren Zone nicht
30 R. WEDERIND,
finden. Der Iy-Kalk lieferte die reichste und am besten ee .
Fauna. Hier fand ich die folgenden Goniatiten:
[@Gephyroceras forcipiferum SAnDB.®).]
5 Sandbergeri Wopen». (häufig).
R aequabile Beyr. var. (häufig).
= tuberculatum HoLZAPFEL (selten).
Manticoceras calculiforme Beyr. (häufig, in kleinen Exempl.).
intumescens BEYR. (selten).?).
retrorsum v. BucH (mäßig).
cordatum SANDB. em. WDkD. (sehr häufig).
galeatum Wpx». (häufig).
Koeneni HoLzaPrEL (mäßig).
serratum STEININGER (sehr selten).
Ur ickites exspectatum WDpxn». (sehr selten).
Beloceras multilobatum BEyR. (sehr häufig).
Kauyseri HoLzaAPFrEL (mäßig).
Tornoceras simplex v. Buch (mäßig).
auris QuEssteor (häufig).
n. SP.
[Zone des Manticoceras adorfense Worp. Das Zonenfossil
bei Martenberg nur in der. Grube beobachtet. |
16. Zone des Orickites Holzapfeli Wvekv. und Manti-
coceras erassum Wpkn». Auf die rein äußerlichen Unterschiede
habe ich bereits oben hingewiesen. Die Fauna ist durchweg schlecht
erhalten und nur stellenweise an der Klippe häufiger. Von Marten-
berg liegen mir aus den Kalken dieser Zone folgende Goniatiten vor:
Beloceras multilobatum Bryr. (häufig).
E Kayserı HoLzAPFEL.
Orickites Holzapfeı Won.
Manticoceras erassum WDKD.
Die in vielen Anfschlüssen die Cheilocerasschichten unmittelbar
unterlagernden Grenzkalke haben bisher keine Fauna geliefert.
Bei Martenberg folgen auf die Kalke unmittelbar Schiefer, in denen
ich an einzelnen Stellen verkieste Goniatiten (?) beobachtet habe.
Diese bei Martenberg gewonnenen Resultate fasse ich zu
folgendem Schema zusammen:
*) Ein Exemplar der Göttinger Sammlung. Es muß zweifelhaft bleiben,
ob es tatsächlich vom Martenberg stammt.
?) Nach Horzarrer's Material. Von mir selbst selten beobachtet.
10) Außerdem eine Form mit gezähnter Externseite der gleichen Art.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 31
DenckMmanN (1902): WEDERInD (1912):
(II/I. Cheilocerasschicht. ? Schiefer mit Kalk-
knollen)
(Kellwasser Kalk), Iö. Zone des ee und (rickites
Adorter Kalk. Lager des Mantic. adorfnse.
Iy. Zone des Mantic. cordatum und carinatum.
Webeler Kalk. Iß. Zone des Gephyroceras nodulosum.
Prolecanitenschict. Ia. Zone des Pharciceras lunulicosta.
Eisensteine des oberen Mitteldevon.
3. Die schwarzen Goniatitenkalke von Bicken.
Da die von mir an der Martenberger Klippe aus den ö-Kalken
gewonnene Fauna immerhin nicht sonderlich gut erhalten ist, ver-
suchte ich sie auch an anderen Lokalitäten in wohl möglich besserer
Erhaltung nachzuweisen. Zunächst sind die von SANDBERGER auf
Tafel 8 abgebildeten Goniatiten z. T. typische y-Formen. Sie
stammen vom Seßacker, und zwar aus einem Roteisensteinlager.
Unter dem reichen SAnnBEerGer’schen Material (Naturhist. Museum
zu Wiesbaden) sind S-Goniatiten nicht vorhanden.
Eine von dieser vollkommen verschiedene Fauna liegt mir aus
den Aufsammlungen des Herrn Geheimrats A. v. Kornen von Bicken
vor. Sie ist besonders gut erhalten und entspricht vollkommen den
ö-Kalken von Martenberg. Es liegt mir von dort in einer ganzen
Reihe von Exemplaren Orickites Holzapfeli W pxn»., außerdem ?@ephyro-
ceras bickense Wprkv. und Manticoceras Drevermanni WDED. Vor.
Alle drei Arten sind häufig.
Es finden sich also auch bei Bicken zwei vollkommen verschiedene
Faunen, von denen die eine der y-Fauna, die andere der 5-Fauna
von Martenberg entspricht. Die erste ist im Dill-Gebiet vielfach
an Eisensteine gebunden, die andere an schwarze Kalke. Lorz hat
nun (1907) aus dem Tagebau der Grube Diana nördlich Beilstein
die Eisensteine mit Adorfer Fauna und über diesen die schwarzen
Kalke nachgewiesen.
4. Ense bei Wildungen.
Die Goniatitenschichten des unteren Oberdevon der Ense bei
Wildungen gliederte DenckmAnn (1901 Seite 37) in
a) Adorfer Kalk,
b) Büdesheimer Schiefer.
32 R. WeDekind.
Das Wildunger Profil ist deshalb von Interesse, weil mehrere
Lagen schwarzen Kalkes in demselben vorhanden sind. Eine im
höheren Niveau des Kalkes auftretende Lage, die auch die reiche
Fischfauna geliefert hat, enthält Manticoceras resp. Crickites Arten,
welche denen der ö-Fauna von Martenberg und Bicken entsprechen,
da sich sowohl Crickites Holzapfelı (in großer Häufigkeit) wie
Manticoceras Drevermanni fand. Während nun in diesen schwarzen
Kalken Manticoceras cordatum und carınatum fehlen, wurde wenigstens
die erste Art im dem unteren Teile der Kalke ohne weiteres nach-
sewiesen. Besonders wichtig wird die von A. DENCKMAnN aus der
tiefsten Lage schwarzen Kalkes angeführte Fauna, die unmittelbar über
den Goniatitensckiefern auftritt. Es wird sich vielleicht durch diese
Fauna entscheiden lassen, ob der Webeler Kalke Dexckmanns (1902
Seite 590), meine Zone IB von Martenberg allein, dort durch die
(oniatitenschiefer vertreten wird, oder ob die Goniatitenschiefer dort
auch noch den unteren Teil von Iy umfassen. Mir ist es bisher nicht
gelungen, eine Fauna in diesen Kalken zu gewinnen.
5. Die Manticoceraskalke des Beul bei Balve.
Nachdem es somit gelungen war, die Manticocerasstufe bei
Adorf unter Hinzuziehung der Bickener und Wildunger Fauna zu
eliedern, lag es natürlich nahe, von dem gewonnenen Standpunkte
aus die Kalke der Gegend nördlich von Balve zu untersuchen. Sie
sind am besten aufgeschlossen durch die Steinbrüche des Beul am
Asbecker Tal. Hier sind zwei Steinbrüche vorhanden, die einander
ergänzen. Der eine Steinbruch liegt unmittelbar an der Asbecker
Straße, der andere genau im südlichen Fortstreichen am N.-Hange
des Beul in einer kleinen Fichtenschonung (vgl. DenckmAnn 1902).
Gegenüber dem Martenberger Profile fällt hier die größere
Mächtigkeit der Stufe I auf. Sie ist etwa fünfmal so mächtig.
Die Gesteine bestehen aus Kramenzelkalken, welche mit sehr wenig
mächtigen reinen Kalken wechsellagern. Etwa in der Mitte der
Schichtenfolge liegt eine mächtige Bank schwarzen Kalkes.. In
dem Steinbruch, der inmitten der Fichtenschonung liegt, bilden die
schwarzen Kalke das Hangende von Kramenzelkalken, in dem
zweiten Steinbruch das Liegende. In dem ersterwähnten Steinbruch
findet sich Manticoceras cordatum Sanpp. rel. häufig. Die Kra-
menzelkalke dieses Steinbruches entsprechen also der Stufe Iy.
Auch an der Asbecker Straße (Skizze 1) sind die Kramenzel-
kalke dieser Stufe vorhanden, wie die Wegeböschung zeigt, die
gleich westlich des Steinbruches folgt. Im Hangenden, unmittelbar
am Eingange des Steinbruches folgen dann schwarze bis dunkel-
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. :
blaue Kalke.
Kalke ist reich an Goniatiten.
33
Die untere Lage dieser z. T. linsenförmig auftretenden
Um eine hinreichende Fauna zu
gewinnen, ließ ich die schwarzen Kalke freilegen.
Da das Gestein
im unverwitterten Zustande sehr hart und splittrig ist, gelang es
mir nur spärliches Cephalopoden-
material zu gewinnen, unter dem
besonders wichtig AManticoceras
adorfense ist. Dieser Goniatit
findet sich hier also über den
typischen y-Kalken, aber nicht zu-
sammen mit ÖOrickites Holzapfeli.
In höheren Lagen der Manticoceras-
stufe habe ich in diesem Steinbruch
bisher noch keine bestimmbaren
Goniatiten gefunden. Cheiloceras-
kalke folgen erst in einem größeren
Abstande auf der östlichen Seite
des Steinbruches. Die noch rel.
mächtige Folge von Kramenzel-
kalken, die zwischen den untersten
Bänken der Cheiloceraskalke und
dem Lager des Manticoceras ador-
fense liegt, würde somit auch hier
der Zone des Crickites Holzapfeli
(15) entsprechen.
Über die tiefsten am Beul auf-
tretenden oberdevonischen Kalke
hat bereits A. Denckmann (1902,
1903) ausführliche Bemerkungen
Fig. 1.
Geologische Skizze des Stein-
bruches im Asbecker Tal nörd-
lich von Balve. 1 = Kramenzel-
kalke mit dünnen Lagen reinen Kalkes,
der die typische y-Fauna enthält.
2 —= schwarze Kalke, zwei Bänke. Die
mit Id bezeichnete führt Manticoceras
adorfense Won. 3 = Kramenzelkalke.
IIa Untere Cheilocerasschichten. Die
Fundpunkte sind in der gebräuch-
lichen Weise bezeichnet.
gemacht. Danach hat es den Anschein, daß am Beul unmittelbar
über dem Massenkalk der Horizont Iß folgt.
6. Die Gesteine der Manticocerasstufe.
Die Manticocerasstufe zeigt
heiten.
auffällige fazielle Verschieden-
Es lassen sich folgende Ausbildungsweisen unterscheiden:
a) Riff- und Brachiopodenkalke,
b) Reine dichte dünn- oder dickbankige Plattenkalke,
c) Flaser- oder Kramenzelkalke,
d) Cephalopodenschiefer,
e) Tonplatten.
a) Riffkalke.
Die Riff- oder Brachiopodenkalke finden sich
nur an der Basis des unteren Oberdevon.
Sie können mehrere
3
3 .. R. WEDEKIND,
Zonen der Manticocerasstufe vertreten. So folgen an der Burg
bei Rösenbeck auf oberdevonische Riffkalke mit Phillipsastraea
unmittelbar die y-Kalke. Besonders eigenartig ist die Unterkante
des Oberdevon bei Martenberg. In dem oben (S. 28) besprochenen
Profil des Tagebaues folgen auf mitteldevonische Diabase korallen-
und cephalopodenreiche Eisensteine des Mitteldevon. Diese werden
überlagert von der wenig mächtigen Pharciceraszone und den
übrigen Zonen der Manticocerasstufe in normaler Ausbildung.
Einige 1000 m weiter nach Westen ist von DENcKMANN (1902) der
Nachweis erbracht, daß in der Grube Martenberg selbst die Pharei-
ceraszone fehlt. Nach meinen Beobachtungen liegt in der Grube
Martenberg die Zone Iy mit Manticoceras adorfense unmittelbar auf
Eisensteinen mit Maeneceras terebratum. Nach den örtlichen Verhält-
nissen kann diese Lücke nicht durch eine Störung bedingt sein. Die
beste Erklärung dürfte die sein, daß essich um Lücken in der Schichten-
folge handelt, wie sie in der Nähe von Korallenrifien vielfach beob-
achtet sind. Auf den flachen schildförmigen Diabasbergen entstanden
Korallenriffe, die z. T. wie an der Burg bei Rösenbeck bis in das
Oberdevon hineinreichen, wie das übrigens auch AnugurG!!) in
der östlichen Lahnmulde nachgewiesen hat. In der Nähe der
eigentlichen Riffe fehlen dann im Oberdevon meist mehrere Zonen,
die sich mit der Entfernung von den Riffen wieder einstellen.
Der oberdevonische Anteil der Iberger Riffkalke entspricht,
soweit er Goniatiten führt, ziemlich genau der Zone Iy von Marten-
berg, wie das die Manticocerasarten zeigen, die im Göttinger Geo-
logischen Museum vorhanden sind:
Manticoceras intumescens BEYR. S. Str.
- cordatum SANDBERGER.
a carınatum SANDBERGER.
[; retrorsum v. Buch.
a caleuliforme BEYRICH.
6 serratum STEININGER.
Gephyroceras gerolsteinense STEININGER 12).
Kalke vom Iberger'T'ypus bezeichnen somit keinen bestimmten Horizont,
wie das bisher zuweilen angegeben ist, sondern lediglich eine Fazies.
b) Die reinen Plattenkalke sind gegenüber den Riffkalken
arm an Brachiopoden und Korallen, dagegen reich an Cephalopoden
1!) Autsur6! Die stratigraphischen Verhältnisse des Devons in der öst-
lichen Lahnmulde. Jahrb. der Kgl. preuß. Landesanstalt, 1900, Bd. XXI,
Teil I, Heft 3.
1?) Die von J. M. CLarke (1885) als Manticoceras caleuliforme bestimmten
und besebriebenen Formen gehören zu Gephyroceras gerolsteinense STEIN.
Alert -
Be x
ee Di
ser 2
A
zw
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 35
und Lamellibranchiaten. Sie treten entweder allein oder als wenig
mächtige Einlagerungen in Kramenzelkalken auf.
c) Die Flaserkalke sind infolge ihrer weiten Verbreitung
besonders wichtig. Der Charakter dieser Kalke besteht darin, daß
ein Flaserkern von ovaler Form, der aus Kalk besteht, von einem
— mächtigen tonigen Flasermantel umgeben wird. Entweder tritt
das Material des Flasermantels so sehr in den Vordergrund, dab
einzelne lagenweise angeordnete Kalkknollen einer mächtigen Folge
von Tonschiefern eingelagert zu sein scheinen, oder der Flasermantel
ist so wenig mächtig, daß der Flaserkalk fast dicht ist.
Ist eine Zone in der Fazies der Flaserkalke ausgebildet, so
ist sie immer bedeutend mächtiger, als wenn sie rein kalkie ist.
An der Martenberger Klippe ist die Manticocerasstufe als dichter
reiner Kalk ausgebildet und nur sehr wenig mächtig. An der Ense
bei Wildungen, an der Burg bei Rösenbeck und am Beul bei Balve
wechsellagern dünne Lagen reinen Kalkes mit Kramenzelkalken.
Eine jede einzelne Zone ist an diesen Lokalitäten ebenso mächtig
oder gar noch mächtiger als die ganze Stufe bei Martenberg.
Eine weitere Eigentümlichkeit der Kramenzelkalke ist die, daß
sie in der Horizontalen in reine Tonschiefer übergehen können.
So werden die Manticoceras- und Cheiloceraskalke häufig durch
Schiefer vertreten. Die Kramenzelkalke vermitteln somit zwischen
den reinen Kalken und den reinen Tonschiefern.
Da die Kramenzelkalke, was seit langem bekannt ist (A.
DEnckmann 1900 S. XVI), mit pflanzenführenden Sandsteinen
wechsellagern, ja in litorale Bildungen übergehen können wie bei
Iserlohn, ist eine Bildung im tieferen Meere, wie das A. Born
jüngst ausgesprochen hat, nicht recht vorstellbar.
Was endlich die Entstehung der Kramenzelkalke angeht, so
sind neuerdings von Born (1912) und von WEBER (1912) An-
schauungen ausgesprochen, die ich nicht teilen kann. Die Flaser-
kalke sollen posthum durch Gebirgsdruck!3) aus ungeflaserten Kalken
entstanden sein. Daß es auch Flaserkalke gibt, die durch Druck
entstanden sind, bezweifle ich keineswegs, für die große Masse
der Flaserkalke ist aber nach wie vor eine primäre Entstehung in
Anspruch zu nehmen.
Wiederholt habe ich durch Schurfgräben die Grenze von Ton-
schiefer gegen Flaserkalke aufgeschlossen (z. B. bei Nehden, Balve
usw.). In der Nähe der Kramenzelkalkgrenze stellen sich zunächst
13) Bei der Emporwölbung des Gebirges!
3#
36 R. WEDERIND.
ganz vereinzelt Kalkknollen ein, die sich gegen die Grenze immer
mehr häufen und ganz allmählich in den Flaserkalk übergehen.
Die Flaserkalke führen besonders häufig gut erhaltene Gonia-
titen, die im rheinischen Schiefergebirge — in den mir bekannten
Aufschlüssen am Nordrande — nur sehr selten Außerungen des
Druckes zeigen, also von einer Drucksutur durchsetzt werden.
Wenn der Kramenzelkalk aber dadurch seine eigentümliche Struktur
erhalten hätte, daß eine primäre tonreiche Kalkmasse durch Gebirgs-
druck „stark zerklüftet“ wurde, so müßte das doch weit häufiger
beobachtet werden.
Ganz und gar nicht können diejenigen Flaserkalke als posthum
angesehen werden, die vorwiegend aus Tonschiefern mit nur unter-
geordneten Flaserkernen bestehen und bei denen man beobachten
kann, daß sie allmählich aus Tonschiefern hervorgehen.
Es muß also unterschieden werden zwischen der primären
Kramenzelstruktur, die auch dadurch ausgezeichnet ist, dab die
Flasern parallel zu den Schichtflächen angeordnet sind, und den
Drucksuturen, die unbekümmert um die Schichtung Flasern und
Fossilien durchsetzen.
d) Gephalopodenschiefer. Es ist bereits erwähnt, daß die
Kramenzelkalke einer jeden Zone des Oberdevon in der Horizontalen
sehr schnell in Cephalopoden -führende Tonschiefer übergehen
können. Die Büdesheimer Schiefer, die Goniatitenschiefer von
Nehden sind also lediglich fazielle Ausbildungen und es sollte daher
besser vermieden werden, sie als Horizontbezeichnungen zu ver-
wenden. Bereits Denckmann (1912) hat das angedeutet, wenn er
bei der Besprechung des Martenberger Profiles sagt, daß „der
Adorfer Kalk« von Wildungen nur einen höheren Teil des unteren
Oberdevon umfaßt, während der bei Adorf selbst entwickelte dichte
oberdevonische Kalk tiefer hinabreicht“. Damit stehen ganz meine
Erfahrungen im Einklang. Wo im rechtsrheinischen Gebirge in
der Stufe I Goniatitenschiefer auftreten, sind sie an die Basis der
Manticocerasstufe gebunden und vertreten entweder die Stufe Ia
oder Io, IB und Iy oder doch eine dieser Zonen. Die Goniatiten-
schiefer von Büdesheim scheinen mir dagegen jünger zu sein. Im
(söttinger Museum sind folgende Manticocerasarten von Büdesheim
vertreten:
Manticoceras caleuliforme Bryrıca (selten).
ıntumescens Beyrıc# (häufig).
| affıne STEININGER (häufig).
R serratum SANDBERGER.
prumiense STEININGER.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 37
Manticoceras gerolsteinense STEININGER.
cordatum SANDBERGER (häufig).
Das ist eine Fauna, die nicht einem tieferen Teile der Manticoceras-
stufe entspricht, sondern einem höheren, etwa der Stufe Iy. Ver-
mutlich werden die Goniatitenschiefer von Büdesheim noch einen
Teil der Zone Iö umfassen. Leider ließ sich bisher nicht mit
Sicherheit feststellen, ob auch noch Crickites Holzapfeli in Büdes-
heim vorkommt, da die Büdesheimer Zwergformen für eine exakte
Bestimmung zu klein sind und naturgemäß nur hin und wieder
Spuren von Anwachsstreifen zeigen. Jedenfalls ergibt sich bereits
jetzt schon mit Sicherheit, daß die Goniatitenschiefer von Büdes-
heim nicht älter sind als der Adorfer Kalk, die rechtsrheinischen
dagegen zum Teil älter.
e) Tonplatten. + dünnplattige Kalke von dunkler Farbe
wechsellagern mit ebenschiefrigen Tonschiefern. Sowohl die Kalke
wie die Tonschiefer sind reich an Tentakuliten. Das Alter dieser
nur in der Nordostecke des Rheinischen Gebirges auftretenden
Kalke konnte dadurch festgestellt werden, daß ihnen eine dünne
Lage reinen Kalkes mit Adorfer Fauna eingelagert ist.
Zusammenfassung der stratigraphischen Resultate.
Die über den Phareicerasschichten folgenden Kalke des unteren
Öberdevon oder der Manticocerasstufe können als Beloceras-
schichten bezeichnet werden. Innerhalb dieser Belocerasschichten
sind in vielen Aufschlüssen zwei petrographisch verschiedene Hori-
zonte vorhanden, ein oberer, der häufig durch Einlagerung dunkler
Kalke ausgezeichnet, und ein unterer, in dem diese Kalkeinlage-
rungen fehlen oder doch zurücktreten. Der obere Teil wird durch
den schwarzen Bickener (Kellwasser-) Kalk, der untere Teil durch
den Adorfer Kalk repräsentiert. Es wurde der Nachweis von der
durchgreifenden Verschiedenheit der Adorfer und der Bickener
Faunen erbracht. Als Grenzhorizont zwischen diesen beiden Zonen
mag die Zone des Manticoceras adorfense angesehen werden.
Eine weitere vierte Zone, der Webeler Kalk DEsckmann’s, ist,
wie bereits A. Drxckmann angegeben hat, paläontologisch selbständig.
Da die Zone des Manticoceras adorfense Woxv. paläontologisch
nähere Beziehung zu der Zone des Örickites Holzapfeli zu haben
scheint, fasse ich beide zusammen als obere Belocerasschichten, die
Zone des Manticoceras cordatum als mittlere und die Zone des
Gephyroceras nodulosum als untere Belocerasschichten. Daraus er-
en sich die nachfolgende generelle Einteilung des unteren Ober-
evon:
w
je #)
R. WEDEKIND.
Obere Kalk Irene ne
AR Lager des Manticoceras adorfense \WDED.
sehichten.
Mittlere | Adorfer Iy. Zone des Manticoceras cordatum SpsGR.
Kalk. und des Mantic. carinatum SDBGR.
Untere |WebelerKalk.|I3. Zone des Gephycoceras nodulosum WDeD.
Manticocerasstufe.
Beloceras-
Il. Paläontologischer Teil.
Familie Tornoceratidae WDxD.
Subfamilie Manticoceratinae WDKD.
Familiendiagnose: Bikonvexe Anwachsstreifen. Sub-
umbonal-primordialer Lobentypus'*).
Die von den älteren Autoren aufgestellten Arten dieser
Familie sind zum Teil von zweifelhaftem Wert. Ein Zurückgehen
auf diese Arten ist oft unmöglich, da sie entweder auf Jugend-
exemplare begründet sind, die zu allen möglichen Altersformen bezogen
werden können, oder doch sonst auf so schlecht erhaltene Exemplare,
daß es unmöglich ist, einen präzisen Vergleich durchzuführen.
Dazu kommt, daß eine Reihe von Originalen nicht mehr auf-
zutreiben ist. 1837 hat Bryrıcn eine Reihe von primordialen
(soniatiten beschrieben, darunter den Goniatites intumescens. Trotz-
dem mir ein großes Material von primordialen Goniatiten vor-
gelegen hat, habe ich doch bisher nur wenige Exemplare gesehen,
die man unbedingt als Gomiatites intumescens Beyr. bezeichnen
könnte. Bei einer Durchsicht aller einschlägigen Arbeiten wird
14) Die von Nortzuiıns vorgeschlagene Bezeichnungsweise der Loben-
elemente ist von allen bekannten die exakteste, da nur homologe Loben die
gleiche Bezeichnung erhalten. Indessen sind die Lobenformeln zu kompliziert.
Hier und im folgenden wird eine vereinfachte Lobenbezeichnung ver-
wandt, indem ich von der Tatsache ausgehe, daß durch die Loben auch die
Sättel bestimmt sind. Die primären Lobenelemente werden mit den Buch-
staben L = Laterallobus, E = Außenlobus und J = Innenlobus bezeichnet.
Durch kleine Buchstaben wird die Lage des Laterallobus bezeichnet, und
zwar Ls = Laterallobus, wenn er sich in der Nähe der Naht niedersenkt
(subumbonale Lage), Lu = Laterallobus, wenn er so liegt, daß er durch
die Naht geteilt wird (umbonale Lage) und Lı = der auf der Mitte der Seiten
gelegene primäre Laterallobus.
Die durch Teilung — meist alternierend ventropartite Spaltung — des
Innensattels entstehenden Loben, Umschlagloben, erhalten die Bezeichnung
Ur, Uır, Ur usw. Mediansättel werden durch den sie teilenden Lobus
mit Mı, Mır usw. bezeichnet. Man vergleiche hierzu die Textfiguren 2 und 8
und meine Arbeit über Prolobitidae.
Bickener Id. Zone des Crickites Holzapfeli Wo.
la. Zone des Pharciceras lunulicosta SDBGR.
nn De ae >
39
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon ven Martenberg bei Adorf.
-(vung,J)
‘(Bun . ‘(vun -(vanı »-ı3gpuus 235099
an SD. re un eu oyon] ae yon ee en, ee
-soprogng|| I°PO 9A -Nn9% ejfou -sdumyd j aa -UOSIH ‘| sop ouoz ']
nt BL -oyoukyy MU Mn. 2 RR 7 EEE
-(vunyJ) Aruu ONTENJFIN -(unvJ) se} ds "U aunsoqnpou
oyley yleyuopyeld s Oyon] oyanT , 2 ‚| SP49904aliyday
-UONeId \toygoıp aogoy| EAU (Bang) 9UToJSUosI] UONEIOM| gap euoz FI
a a u RE A BEN ER ft inet ei DE A
-(vungJ) ‘(vunt,J) “(sung
ei) |
uoyley R j uoyley *(Bun®J) | :qpuss wngou
E -U9JYeId (sung) au a) -uoyeld | *(wuneJ) yon] li yreyuopodj»ın5 pun +gpues
(sung) uouunp nd 2 Sat u9j1o8e] | NTeguopeld u 1 -ofegydod fungnpaoo "agupmw
EEIRIAPB ru oyfey vu P= | -93u rw P ae A 193.194] sop 9uoZ LI
-[9zu9Wwe.ıy A9J9TY9S Y og
u FR. er Bann er Sa, 2 Ba Ge a
-(vungJ) ‘(eune] IS were in ds u
‘(zsoyfey oyley auyo) OyTeN By Ioy11S "HUTOISUOSIA H 3 ISUIFAOPD INUDW
-IOSSeM | aZIemMUosS -[9zuoureay | (guneg = ra: sop AdadvT
mM |. _ _ f@eumegouyo| 9uyo alias EIN PER En BESIEGEN Kl a, Fikare-
sop +uo] 1 aousıq) onen JOUsTq) (une J)
-eamby) Ale [aUoWwBIy I _ Be pu1oge] -(vungJ) -(eun®] "msn ds "u 270/dn
SA ka Meer: \ Batraie -[Osy9oM I| yTeyy 1031018 Jouyo aoysıq)| uoyoTg A "2707 SONANAD
i - ran uonfeN -Hrwofoqg I AENUONYELT JUOA ONE) sop 9uoZ 0]
-[JIZUDWEIY T9ZU9UIEIY -u94JeId ! 9ZIBEMUIS
TUT ats aan reis menu
(vun) hs "uoyyeruon | "uoyryeruon |'uosoLmes
J -(vungJ) *(vundJ) rt uaıedq uoı1egq -yUIeu SUOYBA9HOTIOY)
Faler A9791yYOS LFoxfeyuayeld -wupnsoqun | -wunsoqun | 4yoru 6 Ip 9uozZ all
RER [Ira aoj0rg0S ;fprw aojorgos ;| aousıgr
(3194
swroy :9ATJeg] Ioq nano :219g9y4uy | -uojıen | :neqage, sanın 'opnw | spunıg
-SOpnH nog a a pun Zıng | 'Ipıou) |Baoquoyıep | Zıoqusjaum | -ITa 19a 31991
UI9)SUIY
"u9u0z Aop Funpjrgsny pun ZunyrorqyioA Ip 1aqn FIOTS1OqN OyOSLıyTadeL °TI
40 R. WEDEKIND.
man leicht erkennen, daß ein jeder Autor Goniatites intumescens
sehr weit gefaßt und auf diese Art alle möglichen Formen bezogen
hat. 1850/56 haben dann die Gebrüder SANDBERGER diese Goniatiten-
gruppe zum ersten Male zusammenfassend behandelt. Sie haben
die bereits bekannten Arten nicht immer richtig aufgefaßt. So
enthält SANDBERGER’S Goniatites intumescens mehrere — angebliche
— Varietäten, aber nicht den echten ıntumescens Bryr. selbst.
Aber dennoch ist ihre Einteilung besonders klar, weil sie ganz
einseitig die Unterschiede der Lobenlinie betont. So legen sie
Wert darauf, ob der Laterallobus spitz oder gerundet ist und
trennen danach ohne Rücksicht auf die Gehäuseform Gontatites
intumescens (non BEyR.) mit spitzen und Gonmiatites lamed mit
rundem Laterallobus. Später wurde festgestellt, daß die kleineren
Exemplare von intumescens aut. ebenfalls runde Lateralloben haben.
Horzarreu (1882) gibt dann eine eingehende Darstellung der
Martenberger Fauna, ohne ebenfalls den echten intumescens scharf
zu umgrenzen. Er hat seine Ausführung später selbst zum Teil
berichtigt (Horzarren 1899). Von besonderer Bedeutung ist
J. M. CLarke's'?) (1898) musterhafte Darstellung der amerikanischen
Vertreter dieser weitverbreiteten Familie. Bereits 1883 hatte
Hyarr den Versuch gemacht, die bis dahin bekannt gewordenen
primordialen Goniatiten in eine Reihe von Gattungen zusammen
zu fassen, indem er, abgesehen von anderen später zu besprechenden
(Gattungen. das Genus Manticoceras und Gephyroceras unterschied.
Die Formen, die in der Jugend scheibenförmig sind und im Alter
eine flache Externseite haben, werden als @ephyroceras den Formen
gegenübergestellt, die in der Jugend dickere, nicht scheibenförmige
Windungen haben: das ist Manticoceras. Daß eine derartige Unter-
scheidung nicht durchführbar ist, hat Houzarren (1892) nach-
gewiesen. Er führte deshalb ein weiteres und schärferes Kriterium
ein: Gephyroceras hat einen Innenlobus, Manticoceras auberdem
noch einen inneren Laterallobus. Die Gattungen werden also auf
(srund verschiedener Lobenstadien getrennt.
Aber auch diese Gattungsdefinitionen sind nicht ausreichend,
da eine positive Angabe über die Skulptur fehlt. Da mir nun
primordiale Goniatiten bekannt geworden sind, die bikonvexe und
konvexe Anwachsstreifen haben, sind diese beiden Gattungen
zunächst auf diesen Charakter hin zu untersuchen. Als Typus der
Gattung Manticoceras gilt Goniatites intumescens Bryr., den auch
15) Da jedes Vergleichsmaterial fehlt, war es unmöglich, die Martenberger
Cephalopodenfauna mit der Amerikas (Naples Fauna) zu vergleichen.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 41
Horzarren als einen echten Vertreter dieser Gattung ansieht. Das
- Original zu Goniatites ıntumescens Bezyr. zeigt indessen keine
Anwachsstreifen, dagegen Goniatites retrorsus Beyr., eine ihrem
allgemeinen Habitus nach dem Gontatites intumescens sehr ähnliche
Form. Das Originalexemplar (Berliner Museum) von @Goniatites
retrorsus BEyYR. sehe ich deshalb als Typus der Gattung Manticoceras
und der Manticoceratinae überhaupt an. Es zeigt (s. auch S. 54)
ausgesprochen bikonvexe Anwachsstreifen und sub-
umbonal primordialen Lobentypus. Von den Manticoceratinae
sind daher alle diejenigen primordialen Goniatiten auszuschließen,
welche konvexe Anwachsstreifen haben.
Abstammung. Die große Gruppe der früher als Anarcestes
zusammengefaßten Arten enthält auch Formen mit subumbonal
gelegenen Laterallobus bei bikonvexem Verlauf der Anwachs-
streifen. Da der subumbonale Lobentypus ein Charakter ist, der
ganz allein und ausschließlich bei Goniatiten auf die primordialen
Goniatiten beschränkt ist, so muß das Vorhandensein gerade dieses
Charakters bei zeitlich unmittelbar vorhergehenden Formen auf enge
Verwandtschaft hinweisen. Zuerst treten jene Anarcestinae mit
subumbonalen Lobentypus im unteren Mitteldevon auf. Sie unter-
scheiden sich von den Manticoceratinae ganz ausschließlich durch
das Fehlen des Mediansattels. Daß ein Manticoceras bereits in
der Zone des Agontatites occultus vorhanden sein soll, was ich
übrigens bezweifle, ist durchaus kein Gegengrund, denn sobald
einmal ein Anarcestes mit subumbonalen Laterallobus vorhanden
ist, bedarf es nur der Herausbildung eines Mediansattels, um einen
Manticoceras resp. Gephyroceras entstehen zu lassen.
Die Entwicklung der Lobenlinie Wie zu erwarten,
wird das Anarcestesstadium mit subumbonal gelegenem Laterallobus
der Lobenlinie von allen Manticoceratinae durchlaufen. Büdesheimer
Zwergformen von Manticoceras orbiculum BEyrıca zeigen folgende
Verhältnisse: Die erste Lobenlinie geht als gerade Linie über die
Seiten. Komplikationen treten auf der Externseite dadurch auf,
daß die erste Lobenlinie häufig einen ausgesprochenen aber kleinen
Externlobus besitzt. Die zweite Lobenlinie hat immer außer dem
Außenlobus einen Laterallobus, dessen .subumbonale Lage in den
ersten Lobenlinien nicht sehr deutlich hervortritt. Wann der
Innenlobus entsteht, bleibt fraglich. Auf dem zweiten Umgang
wird der Außenlobus durch einen Mediansattel geteilt und erst
auf einem späteren Stadium auch der Innensattel durch einen
weiteren Lobus. Es würde sich somit für diese Form folgende
Lobenformeln ergeben:
42 R. WEDERIND.
1. Stadium: Gerade Linie oder Z,
2. Stadium: EL, J,
3. Stadium: M EL, J (vgl. Textfigur 2a),
4. Stadium: M EL, UrıJ (vel. Textfigur 2b).
Nun ergibt sich, daß das Stadium 3 der Gattung ER
das Stadium 4 der Gattung Mantieoceras entspricht. Als Original des
Gephyroceras gilt nach Houzarren (1892
NEN S. 19) Goniatites aequalibis BEyRıcH, der
ER ebenfalls durch bikonvexe Anwachsstreifen
en ausgezeichnet ist.
Gruppe des Goniatites lamellosus
Sanp#B. Einen natürlichen Fortschritt in der
Weiterentwicklung der Lobenlinie zeigt die
wenig umfangreiche Gruppe des Goniatites
lamellosus Sanpe. Die Formen unterscheiden
sich von Mantreoceras lediglich dadurch, daß
der Sattel, der zwischen den Loben Z, und
U; liegt, durch den Lobus Urr zerlegt ist
(Textfig. 2c), so daß die dieser Gruppe ent-
sprechende Lobenformel folgendermaßen lautet:
MEL, Un Ur).
Das zeigt auch das Lobenbild, das FrecnH
(1902, S. 55, Fig. 16) gibt und auch eine
Ei Septalfläche, welche von mir beobachtet und
a $ nn in Textfig. 3b abgebildet ist. Diese Loben-
formel, in der der kleinste Lobus so liegt, daß
Fig. 2. Loben von: das Lobenverhältnis = 2:2 ist, kann nur nach
a (ephyroceras Hyarr em: ‚ s
Horzarr.; b Manticoceras der alternierend-ventropartiten Lobenspaltung
Hyarr em. Horzarr.; ce entstanden sein (vgl. Wepzrınp 1911 8. 99).
Koenenites Wox».; d Ti- Die Gruppe des Goniatites lamellosus unter-
manites Moss. em. Hotz- scheidet sich demnach auf die gleiche Weise
we hareiceras Hyatt. nm Manticoceras wie diese Gattung von
chematisiert!) f ?
(Gephyroceras, so daß es mir erforderlich
scheint, auch diese Gruppe als besondere Gattung von Manticoceras
abzutrennen. Ich schlage den Namen Koenenites vor. Der
Typus dieser Gattung, Koenenites lamellosus Sanp»., ist abgesehen
von der Lobenlinie, ebenfalls durch bikonvexe Anwachsstreifen
charakterisiert.
Timanites (Moss) Horzarreı. Typus der Gattung ist
Timanites acutus Kevseruing. Den Gattungsbegriff hat HorLzarreu
(1899 S. 41) revidiert, der auch darauf aufmerksam macht, dab
Timanites zu den primordialen Goniatiten gehört. Dem kann ich
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 43
noch hinzufügen, daß Timanites in der Lobenlinie an Koenenites
anschließt und sich, abgesehen von der galeaten Gestalt, dadurch
unterscheidet, daß die Zahl der Loben durch einen weiteren Lobus
dadurch vermehrt ist, daß der zwischen den Loben U, und Uyr
liegende Sattel durch Fortsetzung der alternierend-ventropartiten
Lobenspaltung geteilt ist (Textfig. 2 d), so daß die Lobenformel lautet:
M EL, Un Um UıJ
Eigene Beobachtungen habe ich über die Lobenentwicklung
dieser Gattung nicht machen können:
Pharciceras Hyarr em. Kayser. Die Gattung Pharciceras
ist aufgestellt für Goniatiten vom Charakter des Goniatites trıdens
und clavelobus. FrecH hat aaO. (1902) diese Gattung mit Prole-
camites Moss. vereinigt und mit einer Reihe anderer Gattungen als
selbständige Unterfamilie seiner Gephyroceratinae betrachtet. Kayser
(1907) hat dagegen an mehreren Stellen die Selbständigkeit der
Gattung Phareciceras betont, ohne aber meines Wissens seine An-
schauung zu begründen.
Eine Klärung der Sachlage ergibt sich ohne weiteres aus dem
Bilde der Septalfläche. Zunächst ist von Wichtigkeit ein mittel-
großes Exemplar von Pharciceras sp., das ich vor einigen Jahren
in der Gegend südlich von Balve fand. Dies Exemplar zeigt ein
Lobenbild, das der Lobenlinie von Koenenites entspricht. Die
definitive Zahl der Loben, wie sie z. B. Pharciceras tridens zeigt,
ist um einen Lobus größer als bei Timanites. Diese Art zeigt
somit im ausgewachsenen Zustande eine Lobenlinie mit dem Loben-
verhältnis 3:3, was nur "bei alternierend-ventropartiter Loben-
spaltung der Fall sein kann (Textfig. 2e, 3d).
Die ontogenetische Entwicklung der Lobenlinie zeigt nämlich,
daß die unverhältnismäßig großen Sättel, welche jederseits unmittel-
bar neben dem Sipho liegen, nicht als Außensättel, sondern als
Mediansättel zu deuten sind. In Übereinstimmung hiermit stehen
auch die Lobenbilder, welche SANwDBERGER aaO. Taf. IX Fig. 2
gegeben hat. Somit fügt sich Pharciceras vollkommen in die große
Reihe der Manticoceratinae ein. Die Lobenformel lautet:
M E Ds Ur V+n J.
Nun hat Freca Prolecanites Moss. mit Pharciceras vereinigt.
Es liegt mir kein Material vor, um die Herausbildung der Prole-
caniteslobenlinie zu untersuchen. Aber die inneren Lobenlinien,
welche Frec# selbst aaO. (1902) S. 64 von Prolecanites gibt, zeigen
eine von Pharciceras vollkommen verschiedene Lobenlinie, indem
sie bei einer verhältnismäßig großen Lobenzahl nur einen einzigen
inneren Seitenlobus haben. Prolecanites fällt deshalb vollkommen
44 R. WEDERIND,
aus dem Rahmen der Manticoceratinae heraus, da Pharciceras außer
dem Innenlobus mindestens zwei innere Seitenloben hat.
Triarnoceras Hyarr schließt sich eng an Phareiceras an und
unterscheidet sich von den Formen dieser Gattung lediglich durch
die Kräftige Berippung und den galeaten Querschnitt der Wohn-
y ”
YA
Fig. 3. Septalflächen von: a Manticoceras Hyarı em. Horzarr.; b Koenenites
Wpoe».! ce Timanites acutus Keys., d Pharciceras Sp.
Die von den Loben auf der Septalfläche verursachten Einsenkungen sind
schwarz ausgezeichnet. Die Scheitel der Sattelwülste sind punktiert. Z = pri-
märer Laterallobus; Ur-ıx = Umschlagloben (cf. Anmerkung Seite 38);
E = Außenlobus, durch Mediansattel geteilt.
kammer. Kine besondere und lehrreiche Arbeit hat Drevkr-
MANN (1903) dieser Gattung gewidmet, auf die hier verwiesen
werden kann.
beloceras Hyarr. Für Formen vom Typus des Goniatites
multilobatus hat Hyarr (1883 8. 333) die Gattung Beloceras auf-
gestellt.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 45
Beloceras multilobatum bietet ein ungemein verwirrendes und
kompliziertes Lobenbild, dessen Deutung meines Wissens bisher
noch nicht versucht ist. Daß Beloceras multilobatum eine stark
involute Form ist, erschwert die Untersuchung der Entwicklung
der Lobenlinie sehr. Es ist mir in der Tat bisher auch noch nicht
gelungen, jedes einzelne Stadium der gesamten
Lobenlinie zu beobachten. Wo es gelang,
recht niedrige Lobenstadien herauszuprä-
parieren, fehlte für das Gesamtbild die innere
Lobenlinie. Nach alledem, was ich bisher
über die Lobenlinie publiziert habe, ist es
selbstverständlich, daß die Beobachtung eines
Teils der Lobenlinie auch zu verschiedenen
Stadien keine hinreichende Basis für die
genetische Erklärung des Lobenbildes bietet.
Nur das Gesamtbild reicht hierzu aus. Es
bot sich somit eine Gelegenheit, das von mir
(1910) aufgestellte Gesetz der Septal-
fläche, daß bei jugendlichen Septalflächen der
kleinste Lobus auch der zuletzt gebildete Lobus
ist, hier wieder anzuwenden. Ich füge hier
ein weiteres Gesetz hinzu:
Il. Gesetz von der konstanten Lobenlage:
Die Lage der Loben zueinander, also ihre relative
Lage, ist konstant. Fig. 4. Beloceras multi-
Ein Blick auf die Septalfläche, welche we ne
in der Textäig. 3 von Manticoceras, Koenenites, in Bi = Er ee Mı
Timanites usw. gegeben ist, zeigt, daß der Mır. Mrrr= durch fort-
primäre Laterallobus immer gegenüber dem gesetzte Mediansattelbil-
Sattel liegt, welcher eingeschlossen wird vom dung entstandene Loben.
Innenlobus J und vom ersten inneren Latera]- (Fezeichnet mo az
lobus Ur. Dieses Gesetz erlaubt somit bei er
Formen mit gleicher Lobenentwicklung, den primären Laterallobus
zu erkennen ohne Evolution der Lobenlinie.
Nach den Untersuchungen von Hyarr (1883), CLarke (1898)
und Branco (1880) ist die erste Lobenlinie der verschiedenen
Belocerasarten primordial. Das zeigen insbesondere gut die Loben-
bilder, welche J. M. CrarkeE (1898 S. 104) von Beloceras Iynx
gegeben hat. Nun gelang es mir bei mehreren Exemplaren von
Beloceras multilobatum eine Septalfläche zu präparieren. Auf dieser
fällt ein Lobus durch seine Lage besondes auf (Textfig. 4).
Er hat die gleiche Lage wie der primäre Laterallobus von Manti-
46 R. WEDERIND, .
coceras usw., er liegt also so, daß er in dem Sattelwall des Innen-
sattels eingesenkt zu sein scheint (Lobus Z in Fig. 3 u. 4). Die
auf der Septalfläche nabelwärts von diesem Lobus aus folgenden
Loben sind alternierend angeordnet, so daß ein Sattel immer einem
Lobus gegenüberliegt, während die nach der Externseite zu folgenden
Loben paarig angeordnet sind. Den Lobus (Z), der bei Beloceras
multilobatum dem Innensattel gegenüberliegt, deute ich als primären
Laterallobus, weil ein in gleicher Weise ausgezeichneter Lobus bei
allen Manticoceratinae vorhanden ist und von diesem nachgewiesen
wurde, daß er dem primären Laterallobus entspricht. Die alter-
nierenden Loben entsprechen ebenfalls den alternierenden Loben
der Septalfläche von Manticoceras, Koenenites usw.; sie sind also
durch alternierend ventropartite Teilung des Innensattels entstanden.
Wie sind nun die Loben entstanden, welche in paariger An-
ordnung nach der Außenseite hin auf den primären Laterallobus
folgen? Zunächst ist bekannt, daß ein Mediansattel den Außen-
lobus teilt. Auf den verschiedenen Wachstumsstadien von Beloceras
multilobatum konnte ich beobachten, daß durch wiederholte Median-
sattelbildung vom Außenlobus aus neue Loben gebildet werden.
(sanz ähnliche Mediansattelbildung habe ich früher von Prae-
glyphroceras beschrieben (WEDERIND 1908 Taf. 39 Fig. 10—12).
Danach entstehen die paarigen Loben der Septalfläche von Beloceras
multilobatum lediglich durch fortgesetzte Mediansattelbildung. Bei
besonders gut erhaltenen Exemplaren von Beloceras multilobatum
konnten bikonvexe Anwachsstreifen beobachtet werden.
Daraus ergibt sich, daß die Gattung Beloceras zu den
Manticoceratinae gehört, daß bei Beloceras die beiden Charaktere
— Mediansattelbildung und die alternierend ventropartite Spaltung
des Innensattels — durch pseudospontane Variation (vgl. SumPpER
1912) zu einer extrem großen Zahl von Loben geführt haben.
Übersicht über die Gattungen der Manticoceratinae.
l. Gephyroceras Hyarr em. HoLzAPFEL.
Vorherrschend flache (scheibenförmige) weitgenabelte Gehäuse
mit bikonvexen Anwachsstreifen. Lobenlinie M EL,J. Außer
dem Außen- und Innenlobus nur der primäre Laterallobus vorhanden.
2. Manticoceras Hyarr em. HoLzAPrFEL.
Vorherrschend enggenabelte, platte bis bauchige Gehäuse mit
bikonvexen Anwachsstreifen. Lobenliniie MEL,U7,J. Außer den
Lobenelementen der Gattung @ephyroceras noch ein innerer Seiten-
lobus vorhanden.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 47
3. Koenenites WDkn».
Vorherrschend scheibenförmige, mäßig weitgenabelte Gehäuse
mit bikonvexen Anwachsstreifen. Lobenliniie M EL, U Ur.
Außer den Lobenelementen der Gattung Manticoceras noch ein
weiterer äußerer Seitenlobus. Es sind also insgesamt zwei äußere
und ein innerer Seitenlobus vorhanden.
4. Timanites MoJsısovics.
Vorherrschend enggenabelte, flache, galeate Formen. Bikonvexe
Anwachsstreifen. Lobenlinie M EL, Urr Ur UrJ. Es sind außer
zwei äußeren und einem inneren Laterallobus ein Nahtlobus vor-
- handen.
5. Pharciceras Hyıarr em. KAYsEr.
Vorherrschend weitgenabelte, niedrigmündige Gehäuse Bi-
konvexe Anwachsstreifen. Lobenliniie M E L, Un Ur Ur Ur J.
Es sind mindestens zwei innere und ‘zwei äußere Lateralloben vor-
handen und außerdem ein Nahtlobus.
6. Triainoceras HyıarTr em. DREVERMANN.
In der Jugend weitgenabelte, breite und kräftig berippte
Windungen mit ungeteiltem (?) Außenlobus. Im Alter werden die
Umgänge höher als breit und involuter. Die Wohnkammer größerer
Exemplare ist unberippt und galeat.
Die Lobenlinie ıst noch nicht genau untersucht. Sie gleicht
der Pharciceraslobenlinie.
7. Beloceras Hyaı.
Weit- bis enggenabelte, immer extrem scheibenförmige Go-
niatiten mit schmaler Externseite. Die Lobenlinie besteht aus
einer großen Zahl von Seitenloben, die durch die Spaltung des
primären Innensattels, und einer größeren Zahl von Loben, die
durch fortgesetzte Teilung des Außenlobus entstanden sind. Loben-
formel
M,„ Myır Mor M;E L Ur Ur Uyr Uyıtn Uyır Uy Ur Ur J.
‚Tabellarische Übersicht über die Arten der Gattung
Beloceras, soweit sie im Rheinischen Gebirge vorkommen.
A. Scheibenförmig, galeat und enggenabelt:
Beloceras multilobatum BeEyr.
48 R. WEDEKIND.
B. Weitgenabelt.
a) Zahlreiche Umgänge. Röhre abgeplattet.
Beloceras Kayseri HOoLzAPFEL.
b) Wenige Umgänge: Seitenfläche gewölbt.
Beloceras Denckmanni WEDERIND.
1. Beloceras multilobatum BEXRICH.
Textfigur 5.
Synonyma bei Crıck und Foorp: Catalogue of the Fossil Cephalopoda. S. 274.
Die Angaben, welche SANDBERGER, HoLZAPFEL uU. a. über die
Schalenform von Beloceras multilobatum gemacht haben, sind in
einigen Punkten zu ergänzen.
Kleinere Exemplare (Textfig. 5a,) zeigen bis zu einem Durch-
messer von 25 mm auf der schmalen Außenseite eine tiefe und
Q,
d (A Az
Fig. 5. Beloceras multilobatum Beyrk. aı Querschnitt eines kleinen Exemplares
— Externfurche; a» Querschnitt eines größeren Exemplares. Beloceras Kayseri
Horzapr. b Querschnitt. Beloceras Denckmanni WoDevD. c Querschnitt. Sämt-
lich von Martenberg. Museum Göttingen.
kantig begrenzte Externfurche. Erst bei 20 mm Windungshöhe
verschwindet diese Furche und die Externseite wird galeat, aber
nicht kantig. Bei größeren Exemplaren beobachtete ich jederseits
der schmalen Externseite seichte aber deutliche Längsfurchen
(Textfig. 5a).
Die Skulptur wird nur in seltenen Fällen beobachtet, da meist
nur Runzelschicht vorhanden ist.
Vorkommen: Bei Martenberg in Iß, Iy und Iö häufig.
Weitverbreitet, aber auf die kalkige Facies dieser Zonen
beschränkt.
i
|
|
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 49
2. Beloceras Kayseri HoLzAPFEL.
Textfigur 5b.
1882. Goniatites Kayseri HoızarreL: Die Goniatitenkalke von Adorf bei
Waldeck. Palaeontographica. XXVII Taf. 45 Fig. 7—9. Taf. 46 Fig. 1.
Vorkommen: In den Zonen Iy und Iö bei Martenberg.
3. Beloceras Denckmanni WEDEKIND.
Textfigur 5c.
Auf die Selbständigkeit dieser neuen Art hat bereits A. Drenck-
MAnNn (1902 S.:579) hingewiesen. Ich möchte sie deshalb als
Beloceras Denckmanni bezeichnen. Mit Beloceras Kayserı hat
unsere neue Art die Weite des Nabels gemeinsam, während sie im
Querschnitt der Röhre einem Beloceras multilobatum entspricht.
Sie ist somit ohne weiteres von der zuletzt genannten Art durch
den weiten Nabel zu unterscheiden. Von Beloceras Kayserı ist
Beloceras Denekmanni durch die geringe Anzahl der Umgänge,
durch größere Dicke der Röhre unterschieden, die bei der neuen
Art nicht abgeplattet, sondern gewölbt, bei Beloceras
Kayseri dagegen abgeplattet ist.
Die Lobenlinie ist bisher nur zum Teil beobachtet. Sie zeigt
wie die anderen Arten der Gattung Beloceras spitze Loben und
Sättel.
Vorkommen: Beloceras Denckmanni findet sich bei Marten-
berg nur in der Zone IB und in dem gleichen Horizont des Beul
bei Balve.
Tabellarische Übersicht über die im folgenden be-
handelten Arten der Gattungen Manticoceras und
@Gephyroceras.
A. Enggenabelt.
1. Externseite und vor allem die Seitenflächen immer und
in allen Wachstumsstadien gerundet.
a) Niedrigmündig, so daß im Querschnitt die Höhe kleiner
ist als die Breite.
a) Querschnitt gerundet. Externseite breit.
Manticoceras affine STEININGER.
8) Querschnitt dreiseitig.
; Manticoceras bullatum W EDEKIND.
b) Hochmündig. Daher die Höhe im Querschnitt größer
als die Breite.
a) Querschnitt gerundet. Externseite breit.
Manticoceras intumescens BEYRICH.
4
R. WEDEKIND,.
ßB) Querschnitt dreiseitig.
Manticoceras adorfense WEDEKIND.
y) Ebenso, aber in der Jugend mit Längsfurchen
und rippenartigen Anwachsstreifen.
Manticoceras retrorsum v. Buch.
2. Die Seiten sind abgeplattet, aber nicht oder nur mäßig
gegeneinander geneigt. Nabel eng.
a) Dickscheibenförmig, neben dem Nabel bei. größeren
Exemplaren eine Depression. Mediansattel hoch.
Manticoceras intermedium SANDBERGER
b) Gehäuse extrem dünnscheibenförmig. Außensattel
sehr schmal.
Manticoceras Schellwieni WEDEKIND,
c) Mittlere Form, vermittelnd zwischen Manticoceras
Schellwieni und intermedium (ef. Textfig. 10). Median-
sattel sehr niedrig, Außensattel sehr breit.
Manticoceras carinatum (BEYRICH).
d) Die Altersform im Querschnitt wie Mantieoceras
carınatum, die inneren Windungen wie cordatum.
Außensättel schmal, Mediansattel sehr hoch.
Manticoceras Drevermanni WEDEKIND.
3. Seitenflächen stark abgeplattet und gegeneinander geneigt.
Windungen im Querschnitt bedeutend höher als breit.
a) Dünne Form.
Manticoceras cordatım SANDBERGER.
b) Dicke Form Manticoceras erassuwm WEDEKIND.
c) Windungsquerschnitt größerer Exemplare wie bei
Manticoceras cordatum, die inneren Windungen galeat.
Manticoceras inversum WEDEKIND.
d) Galeate Nebenformen.
a) Dünnscheibenförmig.
Manticoceras galeatum WEDEKIND.
[B) Diekscheibenförmig.
Manticoceras Koeneni HouzarrEı.|
BI. Weitgenabelt und dünnscheibenförmig.
l. Windungen in der Jugend sehr breit und mit Furche
auf der Externseite, die aber nie kantig begrenzt ist
und die früher oder später verschwindet.
a) Die Externseite der Schlußwindung sehr schmal.
Manticoceras ealculiforme BeyrıcH.
b) Die Externseite relativ breit.
Manticoceras caleuliforme Beyr. var. n. erassa.
Da
a Pe
E EN Re Er
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 51
2. Weder in der Jugend noch im Alter auf der Externseite
eine Furche.
a) Röhre im Querschnitt kreisförmig so breit wie hoch.
(?) Gephyroceras bickense WEDERIND.
b) Röhre im Querschnitt höher als breit.
a) Die Umgänge umfassen einander zur Hälfte oder
mehr.
Gephyroceras aequabile Bzyr. var.
ß) Die Umgänge umfassen die vorhergehenden nur
sehr wenig.
Gephyroceras Sandbergeri WEDEKIND.
3. Dünnscheibenförmig. Die Seiten sind stark abgeplattet.
a) Sehr weit genabelt. Externseite abgeplattet und kantig.
Gephyroceras planorbe SANDBERGER,
b) Enger genabelt.
a.) Externseite abgeplattet und kantig begrenzt. Neben
der Externseite seichte Längsfurchen. ,
Gephyroceras forcipiferwm SANDBERGER.
ß) Externseite gerundet.
Gephyroceras gerolsteinense STEININGER.
BII. Weitgenabelt, kräftige Skulptur.
1. Externseite der inneren Windungen platt. Schlußumgang
galeat (kantig). Innere Windungen berippt.
Gephyroceras tuberculatum HoLzAPFEL.
2. Externseite der inneren Windungen gekielt. Schlußumgang
unbekannt. Auf den inneren Windungen Rippen.
Gephyroceras tuberculatum var. noV.
3. Externseite gerundet aber nicht gekielt, Schlußumgang
schmal aber nicht kantig. Innere Windungen mit Nabel-
knoten . . Gephyroceras nodulosum WEDEKIND.
Gruppe des Manticoceras intumescens BEykıcH.
Die zu dieser Gruppe gehörigen Formen sind scharf dadurch
charakterisiert, daß einmal die Seiten- und die Externfläche im
Querschnitt gerundet, nicht abgeplattet, und daß sie im Querschnitt
höher als breit sind. Von den hierher gehörigen Formen unter-
scheiden sich Manticoceras intumescens und Manticoceras adorfense
dadurch voneinander, daß der Querschnitt des Manticoceras ador-
fense infolge einer schmalen Externseite ein dreiseitiges Aussehen
erhält, was bei Manticoceras intumescens nicht der Fall ist, da diese
Art eine breite Externseite hat. Der Manticoceras retrorsum ist
4*
52 R. WEDERIND,
nur in kleinen Exemplaren bekannt und in diesen deutlich von den
beiden anderen Formen dieser Gruppe unterschieden.
4. Manticoceras intumescens BEYR. Typus.
Tafel IV, Figur 9, Textfigur 6.
1837. Ammonites intumescens BevrıcH: Beiträge zur Kenntnis der Versteine-
rungen des rheinischen Übergangsgebirges. Berlin, S. 36, Taf. II, Fig. 3.
Ammonites orbieulus Beyrich. Ebenda. S. 96, Taf. 11. Fig. 4.
1899. Manticoceras intumescens BEyRıcH sp.: HorzarreL: Die Cephalopoden
des Domanik im südlichen Timan. Mem. du Comite geologique vol. XI,
Nr. 2, S. 22, Taf. I, Fig. 9.
Das Original des Goniatites intumescens (Geolog. Museum der
Berliner Universität) ist von
HoLzarFEı neu beschrieben und
abgebildet. Ich füge dem hier
noch einen genauen Querschnitt
des Originales Fig. 6a hinzu,
der nach einem durchgesägten
(sipsabguß gezeichnet ist. Der
wesentlicheCharakter des Mantı-
Fig. 6. Manticoceras intumescens Bryr. a Querschnitt von Beyrıcas Original-
exemplare (Berlin); b Querschnitt eines größeren Exemplares von Marten-
berg (Göttingen); e Lobenlinie desselben Exemplares; Manticoceras retrorsum
v. Buca; d Querschnitt.
coceras ıntumescens besteht darin, daß ein relativ weiter Nabel
vorhanden ist (6,5 mm bei einem Durchmesser von 38 mm des
Originals), daß die Seiten und Externfläche gerundet und die Win-
dungen bei Exemplaren von mittlerer Größe so hoch wie breit sind.
>
ee
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 53
Die Lobenlinie (Horzarreu 1899, Taf. I, Fig. 9) zeigt einen spitzen
Laterallobus, sehr breit gerundeten Außensattel und Mediansättel
von mittlerer Höhe.
Horzapren bildet am angegebenen Ort auch größere Exem-
plare als Intumescens-Typus ab, die hochmündiger sind, aber ge-
rundete Seitenflächen behalten. Es ist mir sehr zweifelhaft, ob
diese Timanexemplare wirklich dem Intumescens-Typus entsprechen,
zumal Horzarprer's Abbildungen gerade, nicht sichelförmige Anwachs-
streifen zu zeigen scheinen.
Mit Manticoceras intwmescens ist andauernd der von mir als
cordatus bezeichnete Manticoceras verwechselt worden. Ja, es hat
den Anschein nach der bestehenden Literatur, daß als intumescens
alle + enggenabelten Formen mit primordialer Lobenlinie bezeichnet
sind. HorzarreL betrachtet den cordatus als Varietät des intu-
mescens. Demgegenüber bemerke ich, daß es vielleicht, abgesehen
von der Anfangskammer und den beiden ersten Umgängen, kein
Stadium gibt, in dem die beiden Arten einander ähnlich sind.
Von den drei von SANDBERGER zu seinem Goniatites intumescens
gezogenen Varietäten ist vielleicht nur SANDBERGER'S Cconvexzus ein
intumescens. Es ist nur noch das Original zu Taf. VII, Fig. 3b
vorhanden, das folgende Größenverhältnisse zeigt:
D-35336 mm; NW=38,7 mm; r=17 mm; d—=18,8 mm!®t),
Die Schale zeigt nur auf der einen Seite Spuren einer etwas kräfti-
geren aber sehr undeutlichen Skulptur. Auf der Außenseite läuft
in der Mitte eine sehr feine Kante entlang, die auch SANDBERGER
in seiner Abbildung (Taf. VII, Fig. 3b) angegeben hat. Diese ist
an den von Schale bedeckten Stellen nicht mehr vorhanden. Ein
weiteres Exemplar der SanDBErRGErR’schen Sammlung (Wiesbaden)
zeigt sichelförmige Anwachsstreifen.
Von größeren Exemplaren, die zu Manticoceras intumescens
BryricH gerechnet werden können, ist mir nur ein Exemplar von
Martenberg (oder Webel) bekannt, das zeigt, daß auch größere
Exemplare den gleichen Windungsquerschnitt wie das Original
haben (Textfigur 6b).
Vorkommen: In dieser Fassung des Artbegrifis, die auf einer
Untersuchung des Bevrıca’schen ÖOriginalexemplares basiert, ist
Manticoceras intumescens eine relativ seltene Form (häufig nur bei
Büdesheim), die nach ihrem Vorkommen bei Martenberg auf die
Zone Iy beschränkt zu Sein scheint.
16) D — Durchmesser; NW = Nabelweite; r = Windungshöhe; d = Dicke
der Röhre.
5 R. WEDEKIND.
5. Manticoceras retrorsum v. BuchH.
Textfigur 6d.
1832. Ammonites retrorsus L. v. Bucn: Abhandl. d. Kgl. Akad. d. Wiss. Berlin.
S. 181, Taf. II, Fig. 13.
1850. Goniatites lamed var. tripartita SANDBERGER:! Versteinerungen des rheini-
schen Schichtensystems in Nassau. S. 90, Taf. VII, Fig. 7.
1884. GoniatitesretrorsusL.v. Buch: Beyrıch Zeitschr.d.D.Geol.Ges. Bd. 36, S.216.
Bryrica hat schon 1884 nachgewiesen, daß Gontatites retrorsus
v. Buc# nicht ein Tornoceras ist, wie bis dahin allgemein an-
genommen wurde, sondern ein echter primordialer Goniatit. Der
Originalabbildung liegen zwei Exemplare zugrunde, die verschiedenen
Arten angehören. Beide stammen vom Martenberge. Das eine
Exemplar, das einem Handstück aufsitzt, bildet die Grundlage der Ab-
bildung L. v. Buc#’s, dem aber die Skulptur des zweiten isolierten
Exemplares aufgezeichnet ist. Die Beschreibung selbst paßt nur
zu dem isolierten Exemplare, das fortan demnach als alleiniges
Original zu Goniatites (Manticoceras) retrorsus anzusehen ist.
Außer dem Berliner Exemplare standen mir weitere zahlreiche
Exemplare vom Martenberge zur Verfügung.
Das Originalexemplar — es hat eine Windungsdicke von
4,3 mm und eine Windungshöhe von 4,7 mm — zeigt eine deutlich
von den Seiten abgesetzte nur schwach gewölbte Externseite, die
bei einer Windungshöhe von 4,5 mm eine Breite von 1,8 mm hat.
Sie wird jederseits begrenzt von einer Längsfurche. Die Seiten
sind gebaucht, wie das der Querschnitt in unserer Textfig. 6d zeigt.
Der Nabel des Originalexemplares ist 3,6 mm weit. Ein anderes,
etwas gröberes Exemplar zeigt, daß schon auf dem nächsten Um-
gange die Furchen verschwinden. Die Windungen erhalten dann
ganz flache nach außen konvergierende Seiten und die vorher
ungewöhnlich scharf und kräftig ausgebildeten bikonvexen Anwachs-
streifen werden mit dem Verschwinden der Furchen schwächer,
bleiben aber ausgesprochen bikonvex. Altersformen sind bisher
nicht bekannt geworden. Ob das von Frron (1902, Taf. 3, Fig. 1)
als Gephyroceras retrorsum abgebildete Exemplar hierher gehört,
läßt sich nach der Abbildung allein nicht entscheiden, da FrrcH
keinen Querschnitt mit abgebildet hat.
Vorkommen: In typischen Exemplaren fand ich diese Art bei
Martenberg nur in der Zone Iy.
6. Manticoceras adorfense WDpKD.
Tafel IV, Figur 5—6, Textfigur 76}, C2.
Vor einigen Jahren fand ich auf der Halde der Grube Marten-
berg einen Block Roteisenstein, der ganz erfüllt war von Goniatiten
ger N zen. u.
AL 702
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 55
dieser Art, so daß es mir gelang, eine Reihe guter Exemplare zu
gewinnen. In der Lobenlinie unterscheidet sie nichts von Mantico-
ceras intumescens, während der Querschnitt konstante Unterschiede
zeigt. Die Seiten und die Externfläche sind gerundet, während
aber Manticoceras ıntumescens eine relativ breite Externfläche be-
sitzt, ist die von Manticoceras adorfense schmal, so daß die Form
des Querschnittes dreiseitig wird. Der Nabel ist von mäßiger
q,
6,
cz | C2
Fig. 7. Manticoceras bullatum Wpxe»., Burg bei Brilon. aı Querschnitt,
ae Lobenlinie. Manticoceras affine Stem, Bredelar. 5b, Querschnitt, b, Loben-
linie. Manticoceras adorfense Wopev., Grube Martenberg. cı Querschnitt,
ca Lobenlinie. Originale im Museum zu Göttingen.
Weite. Ein gut erhaltenes Exemplar ergab folgende Größen-
verhältnisse:
D= 38 mn; NW=8 mm; r—=22 mm; d=18 mm.
Während bei allen Formen der Windungsquerschnitt immer der
gleiche bleibt, schwankt die Dicke in mäßigen Grenzen.
Vorkommen: An der Martenberger Klippe ist diese neue Art
im Anstehenden bisher nicht nachgewiesen. Es ist daher von Wich-
tigkeit der in diesem Jahre von mir erbrachte Nachweis, daß sich
die gleiche Art auch in den schwarzen Kalken des Beul bei Balve,
hier mit erhaltenen Anwachsstreifen findet, und zwar im Hangenden
von 1y.
56 R. WEDEKIND.
Il. Gruppe des Manticoceras affine STEININGER.
Die Gruppe des Manticoceras affıne ist durch gerundete Seiten-
und Außenflächen ausgezeichnet. Die Windungen sind im Quer-
schnitt immer niedriger als hoch. Hierin beruht der Unterschied
von den Formen der Gruppe des Manticoceras intumescens.
Die beiden hierher gehörigen Arten Manticoceras affine und
bullatum unterscheiden sich voneinander leicht dadurch, daß bei
Manticoceras affine die Externseite breit, bei bullatum schmal ist.
7. Manticoceras affine STEIN.
Tafel IV, Figur 10, 11, Textfigur 7b,_..
1849. Goniatites affine Steisinser: Versteinerungen im Übergangsgebirge der
Eifel. S. 26.
1850. Goniatites lamed var. latidorsalis Gebr. SANDBERGER: Versteinerungen
des rheinischen Schichtensystems in Nassau. S. 90, Taf. VIII, Fig. 8.
1855. Goniatites affinis STEIINGER! Geognostische Beschreibung der Eifel.
S. 42, Taf. I, Fig. 4.
1882. Goniatites affinis HoLzarreL: Palaeontographica. Bd. 28, S. 243, Taf. 46,
Fig. 3.
1902. ERS affine Frecn: Über devonische Ammoneen. S. 59, Fig. 18d.
Die weitgenabelten niedrigmündigen Zwergformen von Büdes-
heim hat SrtEıınGER als affine bezeichnet. Frech bildet den
Querschnitt eines größeren Exemplares ab, das von Cabrieres stammt.
Größere Exemplare, die dem Frecn’schen gleichen, hat A. v. KoEnEN
auch auf der Grube Charlottenzug bei Bredelar gefunden. Diese
Exemplare zeigen, daß die Wachstumsverhältnisse, die die Exemplare
von Büdesheim auszeichnen, auch bei den größeren Exemplaren fort- j
bestehen. Die Lobenlinie ist in Textfig. 7b, abgebildet. Sie zeigt \
sehr schmale und tiefe Außenloben und einen spitzen, relativ weit
vom Nabel gelegenen Laterallobus.
Vorkommen: Von der Martenberger Klippe kenne ich diese
Art bisher nicht. Auch konnte ich bisher an keinem Exemplare
Anwachsstreifen nachweisen. Manticoceras affine scheint die höhere
Zone der Intumescensstufe zu charakterisieren.
|
H
|
8. Manticoceras bullatum WDk».
Tafel IV, Figur 12, 13, Textfigur 7 a,_..
Diese neue Art gleicht in der Breite und Höhe der Röhre den
gleich großen Exemplaren von M. affine, unterscheidet sich aber
durch den dreiseitigen Querschnitt. Größenverhältnisse:
D — 42,7 mm; r—=20 mm; d = 22,7 mm; NW = 9 mm.
Die Lobenlinie ist der von affine ähnlich und nur dadurch unter-
schieden, daß der Laterallobus sehr nahe an der Naht liegt. Anwachs-
streifen bisher noch nicht beobachtet.
E.
=
>.
>»
E;
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 57
Einen im Querschnitt (unsere Textfig. 9a) sehr ähnlichen
Goniatiten haben die Gebrüder SAnDBERGER (1850/6, Taf. VIII,
Fig. 4) als Goniatites lamed var. rugosa abgebildet. Er ist ver-
mutlich mit Manticoceras bullatum ident. Unter der Bezeiehnung
var. rugosa haben die Gebrüder SANDBERGER ganz heterogene
Formen zusammengefaßt, so daß der Name nicht bestehen bleiben
kann. Auf Taf. VII Fig. 7 habe ich das Original von neuem ab-
gebildet.
Vorkommen: Burg bei Messinghausen, Horizont 1°.
Ill. Gruppe des Manticoceras cordatum SDBERG.
Hochmündige Formen, bei denen die Seitenflächen abgeplattet
sind und nach außen gegeneinander Kkonvergieren. Die konstant
schmale Form wird als cordatum, die konstant dicke Form als
erassum bezeichnet. Hier schließe ich auch gleichzeitig die galeaten
Mantieoceras-Arten an. Das Bindeglied stellt Manticoceras inversum
dar, das im Alter den Windungsquerschnitt von Manticoceras cor-
datum, in der Jugend den von Manticoceras galeatum hat. Mantı-
coceras galeatum ist neu. Sie unterscheidet sich von Manticoceras
Koenenı Horzarren durch das Fehlen einer kräftigen Skulptur
und die geringere Dicke. Von den hierher gehörigen Formen sind
mir Mantieoceras cordatum, galeatum und Koeneni von Martenberg
aus Iy, Manticoceras crassum aus 1®, Manticoceras inversum aus
Iß bekannt geworden.
9. Manticoceras cordatum SANDBERGER Sp.
Tafel IV, Figur 7, 8; Tafel V, Figur ”—11; Tafel VI, Figur 2,
Textfigur 8b,_, 9b, 11a.
1850. Goniatites lamed var. complanata ex parte Gebr. SANDBERGER:! Versteine-
rungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau. Taf. VIII, Fig. 5.
Gomiatites lamed var. cordata Gebr. SANDBERGER aaO. Taf. VIII, Fig. 6c. cet. excl.
SANDBERGER’S Varietäten von Goniatites lamed umfassen ganz
heterogene Formen. Es hat sogar den Anschein, als ob hin und
wieder ein und dasselbe Exemplar für die eine Varietät als Profil-
ansicht für eine andere als Hauptansicht diente. Es ist das ver-
mutlich der Fall für Goniatites lamed var. complanata und Goniatıtes
lamed var. cordata.
Goniatites lamed var. complanata. Die beiden Exemplare,
welche SANDBERGER als Grundlage für die Fig. 5 und 5b gedient
haben, liegen mir vor. Mit complanata hat SANDBERGER einen
primordialen Goniatiten bezeichnen wollen, von flachscheibenförmiger
Gestalt, wie das seine Fig. 5b sehr deutlich zeigt. Insofern stimmt
diese Figur ganz mit dem Original überein. Dieses Exemplar ist
58 R. WEDERIND.
aber nun nicht, wie man erwarten sollte, das Original zu Fig. 5.
Das Original zu Fig. 5 hat einen Querschnitt, wie ihn SANDBERGER’S
Goniatıtes lamed var. cordata in Fig. 6c besitzt. Nun stimmt auch
Fig. 5 mit Fig. 6c in der Größe und dem gesamten Habitus so
genau überein, daß meine Vermutung berechtigt ist, daß ein und
dasselbe Exemplar als Grundlage für SAnDBERGERr’s Fig. 5 (Gontatites
lamed var. complanata) und für Fig. 6c (Goniatites lamed var. cor-
data) gedient hat. Ich beschränke den Begriff Manticoceras cor-
datum auf dasjenige der SAnDBERGER’schen Originalexemplare, das
die Grundlage für Fig. 5 und 6c bildet und komme damit zu einer
Art, welche für einen bestimmten Horizont charakteristisch ist.
b, j
Fig. 8. Manticoceras galeatum Wpek»., a, Querschnitt, as Lobenlinie. Manti-
coceras cordatum SANDBERG. Sp., bı Querschnitt, 5b, Lobenlinie. Manticoceras
crassum Wpe»., ce (Juerschnitt. Sämtliche Exemplare von Martenberg, Tagebau.
Museum Göttingen.
Das Original zeigt folgende Abmessungen:
— 218 mm; NW =4 mm; r—= 11,8 mm, d=9,3 mm.
Die Seiten sind nahezu flach und konvergieren nach außen, während
sie bei complanatum zueinander parallel sind. Die Nabel- und Extern-
kante sind gerundet. Die Lobenlinie des Originalexemplars zeigt
noch runde Lateralloben bei leicht gebauchten Seiten. Bei größeren
Exemplaren werden sie im Alter, namentlich bei den großen Marten-
berger Exemplaren platt. Die Lobenlinie gleicht der des Mantico-
ceras intumescens, unterscheidet sich aber durch die geringere Breite
des Außensattels.
Wo Anwachsstreifen beobachtet wurden, sind sie auch bei
größeren Exemplaren immer bikonvex. Bezüglich der Unterschiede
von anderen Arten verweise ich auf die Bestimmungstabelle und
auf die Zusammenstellung der Querschnitte.
Vorkommen: Diese weitverbreitete Art kenne ich von folgen-
den Fundpunkten: Martenberg Iy, Tunnel bei Behringhausen, Beul
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 59
bei Balve Iy, Sessacker Iy(?) Falls sie, was immerhin möglich sein
kann, auch in die höheren Horizonte der Intumescensstufe hinauf-
reicht, so bleibt sie doch immer dadurch charakteristisch für Iy,
daß sie in dieser Zone sehr häufig ist und nicht zusammen mit
Orickites Holzapfeli vorkommt.
10. Manticoceras crassum WEDEKIND.
Textfigur 8c.
Den oberen Teil der Martenberger Klippe charakterisiert ein
Goniatit, der an Manticoceras cordatum SANDBERGER in der von
mir gegebenen Fassung erinnert,
sich aber deutlich dadurch unter-
scheidet, daß die Form bei sonst
gleichem Habitus sehr diek ist.
a d
Fig. 9. Goniatites lamed var. rugosa SanDB. —= ? Manticoceras bullatum WEDE-
Kınd. a Querschnitt des Originals. Manticoceras cordatum SANDBERG. b Quer-
schnitt eines mittelgroßen Exemplares von Martenberg (Tagebau). Das
Original zu 7a in Wiesbaden, 7b in Göttingen.
Dieser leicht in die Augen fallende Unterschied tritt ganz besonders
deutlich in den Querschnitten hervor, die ich in den Textfig. 8b u. e
von Exemplaren gleicher Größe gegeben habe. Die Lobenlinie,
von der nur der äußere Teil beobachtet wurde, bietet keine Unter-
schiede. Anwachsstreifen bisher nicht beobachtet. Wenn Anwachs-
streifen, was meistens der Fall ist, nicht vorhanden sind, so liegt
die Möglichkeit einer Verwechslung unserer Art mit Orickites Holz-
apfeli vor. Beide Formen sind indes leicht auf folgende Weise
auseinander zu halten:
Crickites Holzapfelı. | Manticoceras crassum.
Seiten stark gerundet. Seiten platt.
Nabelkante kurz gerundet. Nabelkante breit gerundet.
Diese Unterschiede genügen, um beide Arten sofort und ohne
weiteres zu unterscheiden.
Vorkommen: Diese Art ist mir bisher nur von dem oberen
Teil der Martenberger Klippe aus den ö-Kalken bekannt geworden,
60 lt. WEDEKIND.
wo sie zusammen mit Ürickites Holzapfel vorkommt. In den
y-Kalken von Martenberg habe ich sie bisher nicht gefunden.
Manticoceras galeatum WEDEKIND.
Tafel IV, Figur 3, 4, Textfigur 8a.
Nachdem durch meine Aufsammlung von Martenberg festgestellt
war, daß innerhalb der primordialen Goniatiten Formen mit kon-
vexen und Formen mit bikonvexen Anwachsstreifen zu unterscheiden
sind, fand ich auch einen echten galeaten Manticoceras, der eine
Konvergenz zu dem von SANDBERGER als Goniatites intumescens
var. acuta beschriebenen und abgebildeten Exemplare bildet, der
ja bekanntlich gerade, konvexe Anwachsstreifen zeigt. Das Gehäuse
ist scheibenförmig mit zugeschärfter Externseite Die Windungen
sind bedeutend höher als breit. Die Seitenflächen sind etwas ge-
baucht. Sie sind bedeckt mit ausgesprochen bikonvexen Anwachs-
streifen, die sowohl eine innere wie eine äußere Lateralvorbiegung
zeigen. Die Lobenlinie ist die typische Manticoceras-Lobenlinie.
Der Laterallobus kleinerer Exemplare ist gerundet.
(Größenverhältnisse:
D Tr d NW
1. 28,3 mm 15 mm 93 mm 3,2 mm
2.315 „ It 11432 ES
Al ao 30 „ 193 „ GR,
FR BER Ba re
Exemplar 1—3 stammt vom Martenberg, 4 von Oberscheld. Be-
sonders das größte dieser Exemplare ist deshalb von Interesse, da
es zeigt, daß sich Manticoceras galeatum von Crickites acutus auch
dann unterscheiden läßt, wenn unbeschalte Exemplare ohne Anwachs-
streifen vorliegen, indem sich nämlich bei Goniatites acutus SAND-
BERGER die Externseite allmählich zuschärft, bei Manticoceras
galeatum dagegen ziemlich plötzlich, wie das auch ein Vergleich des
Querschnittes unserer Textfig. 8a, mit SanpBERGER’S Abbildung
deutlich zeigt.
Vorkommen: Diese Art fand sich in sicheren Exemplaren
bisher nur in den y-Kalken von Martenberg und in den gleich-
altrigen Kalken von Oberscheld.
ll. Manticoceras inversum WEDEKIND.
Tafel IV, Figur 1 u. 2.
Eine der eigentümlichsten Formen, die mir bisher leider nur
in einem einzigen Exemplare bekannt geworden ist, stammt vom
Martenberg, und zwar aus der Zone Iß. Das Auffällige dieser
J
e
.
;
#
R“
Be: Ve heine h
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 61
Form beruht darin, daß sie bis zu einem Durchmesser von ca.
20 mm deutlich galeat ist und dann einen Querschnitt annimmt,
der genau dem von Manticoceras cordatum entspricht. In der
Lobenlinie, die innere Lobenlinie habe ich bisher noch nicht ge-
sehen, sind keine Unterschiede von der des Manticoceras cordatum
vorhanden. Bei den übrigen mir bekannten galeaten Goniatiten
liegen die Verhältnisse so, daß die Formen erst im Alter galeat
werden. Der Nabel ist eng.
(srößenverhältnisse:
D=32,5 mm; r=17 mn; d=12 mm; NW=5 mm.
Anwachsstreifen sind nur in der Nähe des Nabels beobachtet.
Vorkommen: Martenberg Iß.
vr
Eh.
Fig. 10. Manticoceras intermedium SANDBERG. em. a= Querschnitt von SanD-
BERGERS Originalexemplare, Wiesbaden. Manticoceras carinatum SANDBERG. em.
bı Querschnitt eines Exemplares von lberg bei Grund, 5b» Lobenlinie des
gleichen Exemplares. Manticoceras Schellwieni Wo». cı Querschnitt, cs Loben-
linie des gleichen Exemplares, Burg bei Bredelar. b und c im Museum
Göttingen.
IV. Gruppe des Manticoceras carınatum,
Diese Gruppe ist durch die gerundete Externseite und durch
die abgeplatteten und parallelen, aber nie nach außen kon-
vergierenden Seiten und die sehr niedrigen Mediansättel charak-
terisiert. Manticoceras Schellwieni ist eine extrem dünnscheibige
Form, die dicke Form mit senkrechter Nabelwand ist Manticoceras
intermedium. In der Mitte zwischen beiden steht Manticoceras
carinatum mit gewölbter Nabelwand. Den Übergang zu der Gruppe
des Manticoceras cordatwm bildet Manticoceras Drevermanmı.
12. Manticoceras Drevermanni WEDEKIND.
Tafel V, Figur 5, 6, Textfigur 11bı-..
Kleinere Exemplare dieser neuen Art haben einen Querschnitt,
der durch eine ungewöhnlich schmale Externseite ausgezeichnet ist.
Die Seiten sind gerundet, so daß der Querschnitt etwa dem von
62 R. WEDERIND,
Manticoceras adorfense entspricht. Selbst die kleinen Exemplare
haben ausgesprochen bikonvexe Anwachsstreifen.
Bei fortschreitendem Wachstum ändern sich die Wachstums-
verhältnisse in der Weise, daß bei gleichbleibendem starkem Höhen-
wachstum der Querschnitt dem von Manticoceras carınatum gleich
wird. Die inneren Windungen entsprechen also im Querschnitt
einem Manticoceras cordatum oder auch adorfense, die späteren
dagegen einem Manticoceras carinatum. Ein gut erhaltenes und
unverdrücktes Exemplar zeigt folgende
Größenverhältnisse:
D-—-39 nm; r—=21l nn; d = Ta
NW = 18 mm.
Die Lobenlinie besteht aus sehr hohen
a b, Mediansätteln, die etwa halb so hoch sind
als die im Scheitel sehr schmalen, aber doch
N gerundeten Außensättel.
Fig: 12. Ve Die Anwachsstreifen sind bikonvex.
Drevermanni Woxo. bı Manticoceras Drevermannı kann mit zwei
Querschnitt, ds Loben- Arten verwechselt werden:
linie desselben Exem- a) Um die Unterschiede dieser Art von
plares. Zum Vergleich y nticoceras eordatum festzulegen, sind auf
daneben Manticoceras cor- £ i h j hr, .
datum Sanveere. a. Taf. Vin Fig. 6—11 die Abbildungen typischer
Formen nebeneinander gestellt. Diese zeigen
deutlich, daß bei Manticoceras cordatum die Seitenflächen nach
außen konvergieren, bei Manticoceras Drevermanni dagegen nicht,
und daß bei der ersten Art die Umgänge schneller an Höhe
zunehmen als bei der anderen. Die kleinen Exemplare Können
einander sehr ähnlich werden. Es genügt hier festzustellen,
daß Manticoceras Drevermanni bedeutend schmaler ist als cor-
datum.
b) Mantieoceras carinatum, dem unsere Art im Querschnitt
erößerer Exemplare am meistem gleicht, ist durch die sehr niedrigen
Mediansättel und durch die größere Breite des Außensattels unter-
schieden. Daß auch im Querschnitt durchgreifende Unterschiede -
vorhanden sind, zeigen die Querschnittszeichnungen unserer Fig. 10
u: 34,
Insgesamt stellt somit Manticoceras Drevermanni eine inter-
essante Zwischenform zwischen Manticoceras cordatum und cari-
natum dar.
Vorkommen: Manticoceras Drevermanmi ist mir bisher nur
aus den schwarzen (8-)Kalken von Bicken bekannt geworden.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 63
13. Manticoceras carinatum (BEYRICH) SANDBERGER.
Tafel V, Figur 3, 4, Textfigur 10b,_..
1837. Ammonites carinatus Beyrich: Beiträge zur Kenntnis des Rheinischen
Übergangsgebirges. S. 35, Taf. II, Fig. 2a, b, c.
1850/6. Goniatites carinatus BEYRICH, SANDBERGER: Versteinerungen des rheini-
schen Schichtensystems in Nassau. Taf. VI, Fig. 4.
1902. Gephyroceras complanatum Frec#: Über devonische Ammoneen. S. 59,
Fig. 18b.
Gehäuse scheibenförmig, von mäßiger Dicke, mit engem Nabel.
Die Seiten sind abgeplattet und nicht gegeneinander geneigt. Die
Externseite ist gerundet. Die Lobenlinie zeigt einen breitgerundeten
hohen Außensattel, stumpfeckigen bis spitzen Laterallobus und meist
niedrige Mediansättel.
Als Goniatites l/amed var. complanata haben die Gebrüder
SANDBERGER einen flachen Goniatiten bezeichnen wollen mit ab-
geplatteten Seiten. Das Original ist leider noch zu klein und zu
wenig typisch ausgebildet, um die sichere Erkennung dieses Charakters
zuzulassen. Ich habe mich daher nicht entschließen können das
SANDBERGER’ScChe Original als Grundlage einer Art anzusehen, weil
dadurch eine arge Verwirrung hervorgerufen würde So hat denn
bereits FrecH (1902, S. 59) eine ganz andere Form als Manticoceras
complanatum bezeichnet, die sich von den SANDBERGER’Schen Originalen
durch eine größere Breite unterscheidet. Diese durch größere Breite
unterschiedenen Formen hat nun bereits Bryrıck und später
SANDBERGRR Goniatites carınatus (BEYR.) genannt. Es ist das eine
scheibenförmige Form von mäßiger Dicke, die im Querschnitt dem
von FrecH abgebildeten Manticoceras complanatum durchaus ent-
spricht. Für Goniatites carınatus ist von SANDBERGER das Vor-
handensein eines sehr feinen Kieles als charakteristisch bezeichnet,
daher der Name. Bei guter Erhaltung kann man indes einen der-
artigen Kiel bei allen möglichen Manticoceras-Arten beobachten, so
z. B. auch bei Manticoceras ıintumescens BeyrıcH. Daher ist das
Vorhandensein eines Kiels, der nur im Steinkern hervortritt, nichts
charakteristisches. Ich kann aus diesem Grunde nicht daran
zweifeln, daß Manticoceras complanatum Frec# identisch ist mit
carınatum SANDBERGER, zumal mir ein großes Vergleichsmaterial
vom Iberg bei Grund vorliegt, von wo auch FrecH’s Exemplar
stammt. Durch unmittelbaren Vergleich der Iberger Formen mit
SANDBERGER’S Original habe ich mich davon überzeugen können,
daß diese Formen tatsächlich ident sind. Ein Unterschied würde
sich vielleicht darin ergeben, daß carınatum bei kleineren Exem-
plaren einen runden Laterallobus hat. Ein derartiger Unterschied
zur Abtrennung von Arten ist, wie HouzaPpreu und J. M. CLARKE
64 R. WEDERIND.
gezeigt haben, nicht ausreichend. An der Lobenlinie ist lediglich
bemerkenswert, daß kleinere und Exemplare von mittlerer Größe
einen runden, größere Exemplare einen stumpfwinkligen Laterallobus
haben, der bei einzelnen Formen der Naht stark genähert sein kann.
Vorkommen: Bei Marienberg ist diese Art in der Zone Iy
nicht selten; da sie auch am Iberg zusammen mit Manticoceras
cordatum vorkommt, ist ein Zweifel daran nicht mehr möglich, daß
diejenigen Teile des Iberger Kalkes, in denen dieser Goniatit vor-
kommt, der Zone Iy entsprechen.
l4. Manticoceras intermedium SANDB. em.
Tafel VI, Figur 1, Textfigur 10a.
Nach der erneuten Untersuchung von Bryriıcr’s Original zu
Gonivatites intumescens ist es nicht mehr möglich, die von SAnD-
BERGER aufgestellten drei Varietäten als Varietäten des intumescens‘
anzusehen. Sie werden hier als besondere Arten betrachtet.
Das Original zu SANDBERGER’S Taf. 7, Fig. 2a ist ein schlecht
erhaltenes Exemplar, das die Anwachsstreifen, welche SAanD-
BERGER diesem Exemplare aufgezeichnet hat, an keiner Stelle zeigt.
Dieses Exemplar ist zu schlecht erhalten, als daß es den Ausgangs-
punkt einer Art bilden könnte.
Taf. 7 Fig. 2 zeigt weder Lobenlinie noch Anwachsstreifen.
Das Original zu Taf. 7 Fig. 2e u. f scheinen Kombinationsfiguren
zu sein. Ein diesen Abbildungen genau entsprechendes Exemplar
befindet sich unter dem SanDBERGER'schen Material nicht mehr.
Es entspricht jedoch eins der SanpgeErger’schen Originalexemplare
in Form und Querschnitt ziemlich genau dem, was SANDBERGER
als Goniatites ıntumescens var. intermedia hat bezeichnen wollen.
Dieses Exemplar mag daher dem Artbegrifi Manticoceras inter-
medium zugrunde gelegt werden.
Das Gehäuse ist dick, scheibenförmig und hat bikonvexe
Anwachsstreifen. Größenverhältnisse: |
D=59 mm; r= 5335 mm; d=23 mm; NW = 9,5 mm.
Die Anwachsstreifen sind auf der äußeren Hälfte eines jeden
Umganges durchweg fein und dann auf der Externseite zu einem
breiten Externsinus zurückgebogen. Der innere Lateralvorsprung
zeigt gebündelte Anwachsstreifen, welche infolgedessen eine etwas
kräftigere Skulptur hervorrufen. Neben dem Nabel läuft eine sehr
flache Depression entlang, die aber an den SAanpBeErGer’schen
Exemplaren nur auf dem letzten Teil des äußeren Umgangs zu
erkennen ist.
ran 2
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 65
Die Lobenlinie gleicht der von Manticoceras intumescens und
unterscheidet sich somit von der des carınatus durch die etwas
höheren Mediansättel und die immer spitzen Lateralloben.
Vorkommen: Dillmulde. Lager nicht bekannt.
15. Manticoceras Schellwieni WEDEKIND.
Tafel V, Figur 1 u. 2, Textfigur 10c,_..
Während Manticoceras intermedium dickscheibenförmig und
auf die tieferen Intumescensschichten beschränkt ist, findet sich
in dem oberen Teile der Intumescensschichten eine extrem dünn-
scheibenförmige Art, die ich als Manticoceras Schellwieni bezeichne.
Größenverhältnisse:
D=28 mn; r=13 mm; d=75 mm; NW =6 mm.
Die Lobenlinie entspricht der typischen Manticoceraslobenlinie,
jedoch ist bei dieser der Außensattel ungewöhnlich schmal. Anwachs-
streifen nicht erhalten.
Vielleicht ist der bereits öfter erwähnte Gontatites lamed var.
complanata mit unserer Art identisch. Eine sichere Entscheidung
ist indes nicht möglich, da das SanDBERGErR'sche Exemplar noch
zu klein ist und außerdem eine abweichende Lobenlinie hat.
Durch den schmalen Außensattel und die dünnscheibenförmige
Gestalt ist Manticoceras Schellwieni von allen anderen Manticoce-
ratinae unterschieden.
Exemplare von gleichem Querschnitt mit gezähnelter Extern-
seite werden wohl meist als Manticoceras serratum STEININGER be-
zeichnet.
Vorkommen: Obere Intumescensschichten der Burg bei
Messinghausen.
Gruppe des Manticoceras calculiforme BryriıcH.
Die hierhergehörigen Formen haben das Gemeinsame, daß die
inneren Windungen — bis zu einem Durchmesser von 10—15 mm
— gänzlich andere Wachstumsverhältnisse besitzen wie die Schluß-
windungen. 5 |
Die inneren Windungen sind extrem weitgenabelt und im
Querschnitt breiter als hoch. Manticoceras calculiforme Beyr. hat
auf der Externseite eine Furche, Gephyroceras tuberculatum Houz-
APFEL hat eine abgeplattete, Gephyroceras tuberculatum HoLZAPFEL
var. nov. eine gekielte, Gephyroceras nodulosum n. sp. eine gewölbte
Externseite. Die inneren Windungen von Manticoceras caleuliforme
Beyrıca sind unberippt, die von @ephyroceras. nodulosum n. sp.
haben Nabelknoten und die von Zuberculatum Houzarrzı Rippen.
5
66 R. WEDERIND,.
Alle diese Charaktere verschwinden auf den späteren Win-
dungen ziemlich unvermittelt. Die Schlußwindungen sind fast
immer glatt und im Querschnitt bedeutend höher als breit. Bei
Mantreoceras caleuliforme BEyrıca ist die Externseite breit, bei
Gephyroceras nodulosum n. sp. schmal aber gerundet, bei Gephy-
roceras tuberculatum HoLzAPrFEL dagegen galeat, kantig.
Die berippten Formen dieser Gruppe sind bezeichnend für den
Webeler Kalk, die Zone 1Bß.
16. Manticoceras calculiforme Beyrich.
Textfigur 12a ,_..
1837. Ammonites calculiformis Beyrıca: Beiträge zur Kenntnis der Versteine-
rungen des rheinischen UÜbergangsgebirges. S. 37, Taf. 2, Fig. 5.
1843. Goniatites calculiformis F. A. Roemer: Versteinerungen des Harzgebirges.
Taf. 9, Fig. 14, S. 34.
1850/6. Goniatites lamed var. calculiformis Gebr. SANDBERGER; Versteinerungen
des rheinischen Schichtensystems in Nassau. S. 90, Taf. 8, Fig. 9a.
1867? Goniatites quadratus W. TRENKNErR: Palaeontologische Novitäten. I, S. 6,
Taf. 1, Fig. 8.
? Goniatites discoides W. TRENKNER ibidem. Taf. 1, Fig. 13.
1877. Goniatites gerolsteinus Lee: Geol. Magaz. (2) Vol. 4, S. 101, Taf. 5,
Fig. 5.
1880. Goniatites lamed var. calculiformis W. Branco: Palaeontographica. Bd. 27,
Taf. 6, Fig. 1, Taf. 10, Fig. 5.
1882. Goniatites calculiformis HouzarreL: Palaeontographica. Bd. 28, Taf. 3,
Fig. 11—15.
1902. Gephyroceras caleuliforme Fr. Frech: Über devonische Amoneen. Bei-
träge zur Palaeontologie ÖOsterreich-Ungarns. S. 57 u. 58.
Der Name Manticoceras caleuliforme ist auf diejenigen Formen
zu beschränken, die auf den inneren Windungen auf der Extern-
seite eine deutlich ausgeprägte Furche besitzen. Die Gebrüder
SANDBERGER haben, wie die Untersuchung ihrer Originale gezeigt
hat, noch andere Formen als Goniatites calculiformis bezeichnet.
Im Alter verschwindet diese Furche und gleichzeitig setzt ein
schnelleres Höhenwachstum ein. Bei den typischen Exemplaren ist
die Externseite im Alter sehr schmal, während bei
Manticoceras calculiforme var. n. crassa
die Externseite sehr breit ist, wie das die Querschnitte in unserer
Textfig. 12a, deutlich zeigen. Die Lobenlinie bietet keine Unter-
schiede. |
Vorkommen: Die typische Form ist in kleinen Exemplaren
am Martenberg in der Zone Iy sehr häufig und reicht auch in
die höheren Zonen hinauf, wo sie indes seltener zu sein scheint.
Demgegenüber ist die var. n. crassa fast immer in großen Exemplaren
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 67
in Iß häufig. Sie scheint nach meinen Beobachtungen — bisher nur
eültig für Martenberg — ganz auf diese Zonen beschränkt zu sein,
17. ?Gephyroceras tuberculatum HoLzAPFEL.
Tafel VI, Figur 8, Textfiguren 12c ı_;.
1882. Goniatites tuberculatus HoLzarreL: Die Goniatitenkalke von Adorf in
Waldeck. S. 244, Taf. XLV, Fig. 7—10.
Die inneren Windungen dieser Art haben immer kräftige
Rippen, die Externseite dagegen ist abgeplattet und glatt. Die
en
D
I
a7 d, Ce,
Fig. 12. Manticoceras calculiforme Beyrk. a, Querschnitt eines kleinen
Exemplares, as Querschnitt eines größeren Exemplares (Schlußumgang).
Manticoceras calculiforme BEyR var. crassa. az Querschnitt des Schlußumganges,
as Lobenlinie. (2?) Gephyroceras nodulosum Wp»eD. bı Querschnitt - eines
kleinen Exemplares, 5b, Querschnitt des Schlußumganges, bs Lobenlinie.
? Gephyroceras tuberculatum HoLzapr. c> Querschnitt eines kleinen Exemplares,
cs Querschnitt des Schlußumganges, cz Lobenlinie. Gephyroceras tuberculatum
Horzarr. var.n. Querschnitt eines kleinen Exemplares. Sämtlich von Marten-
. berg, aı, bı, Cı— sind vergrößert.
'Schlußumgänge sind galeat und höher als breit. Bei allen mir
bekannten Exemplaren dieser Art ist der Laterallobus gerundet.
Vorkommen: Bei Martenberg wurde kein Exemplar dieser
Art im Anstehenden gefunden. Von einigen der Horzarrer'schen
Exemplare vermute ich dem Gestein nach, daß sie aus der Zone IB
stammen.
Gephyroceras tuberculatum var. NOV.
Tafel VI, Figur 7, Textfigur 12.
Es sind nur die inneren Windungen eines einzigen Exemplares
bekannt, das die gleiche Berippung hat wie Gephyroceras tubereu-
68 R. WEDERIND.
latum HouzaPFrEL, aber durch den Besitz eines durch Längsfurchen
abgesetzten Kiels ausgezeichnet ist.
(senaues Lager und Schlußumgänge nicht bekannt. .
Gephyroceras nodulosum WEDEKIND.
Tafel VI, Figur 4, 5, Textfigur 12b ,_;.
Die inneren Windungen haben einen breitovalen Querschnitt.
Die Externseite ist nicht abgeplattet, sondern gewölbt. Da, wo
die größte Breite der Windungen liegt,
finden sich flache Knoten. Mit dem 7.
oder 8 Umgange setzt ein schnelles
Höhenwachstum ein. Der Schlußumgang
= d hat eine schmale Externseite, ohne aber
galeat zu sein. Die Lobenlinie ist pri-
mordial mit spitzem Laterallobus. Die
innere Lobenlinie bisher nicht beobachtet.
Anwachsstreifen bikonvex.
Vorkommen: @ephyroceras nodulosum
BF n. sp. fand sich sehr häufig in den B-Kalken
7 der Martenberger Klippe. Da sie bisher
nicht in den höheren Horizonten gefunden j
Fig. 13. Gephyroceras Sand- ist, kann sie als Zonenfossil gelten.
bergeri Wpo&nD. a Querschnitt.
Gephyroceras aequabile BeyR. Gruppe des Gep hyroceras gero TERN.
var., b Querschnitt. Gephy- S
roceras gerolsteinense STEın, TEININGER.
cı Querschnitt, c> Lobenlinie. Diese Gruppe umfaßt dünnscheiben-
DiebeidenerstenvonMarten- formive - weitgenabelte G@ephyroceras-
berg, die letzte Form vom nt Bj en ci Bra ma
Iberg. Etwas vergrößert. Arten. Bis auf Gephyroceras biekense sin
sie bezeichnend für die tieferen Teile der
Mantireoceras-Schichten — Iß und Iy. Gephyroceras bickense hat
einen kreisförmigen Querschnitt. Ein stärkeres Höhenwachstum
setzt ein bei Gephyroceras aequabile var. und Sandbergeri, bei denen
die Seiten aber nicht abgeplattet sind. Eine Abplattung der Seiten
zeichnet den Gephyroceras gerolsteinense aus; diese Art bewahrt
aber eine runde Externseite, welche bei planorbe und foreipiferum
abgeplattet und kantig begrenzt wird. ‚
A
Dr u ee
Cz
19. Gephyroceras gerolsteinense STEININGER.
Tafel VI, Figur 11 u. 12, Textfigur 13c ı_..
1853. Goniatites gerolsteinensis STEININGER! Geognostische Beschreibung der
Eifel. S. 43, Taf. 1, Fig. 8. |
1884. Goniatites caleuliformis CLArkeE: Die Fauna des Iberger Kalkes. S. 329,
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 69
Diese Art fand sich am Martenberg nicht, dagegen in großer
Häufigkeit am Iberg bei Grund. Sie wurde von J. M. CLarke als
calculiformis beschrieben, von dem sie sich aber durch das Fehlen
der Externfurche unterscheidet. Da STEININGER nur kleinere
Exemplare abgebildet hat, gebe ich auf Taf. VI Fig. 11,12 die Ab-
bildung eines größeren Exemplares.
Vorkommen: Iberg und Büdesheim.
21. Gephyroceras bickense WEDEKIND.
Tafel VI, Figur 6.
Diese neue Art ist in einer größeren Anzahl von Exemplaren
durch A. v. Kornen bei Bicken gesammelt. Eine Lobenlinie habe
ich bisher nicht beobachten können. Der Verlauf der Anwachs-
streifen und die auffallende Ähnlichkeit dieser Art mit Gephyroceras
gerolsteinense STEININGER läßt indessen kaum daran zweifeln, dab
es sich um einen Goniatiten dieser Gattung handelt. Die Anwachs-
streifen beginnen an der Nabelkante mit einem nach vorn konkaven
Bogen, der in der Nähe der Externseite zu einem kräftigen Lateral-
vorsprung vorgezogen ist. Der Externsinus ist relativ schwach.
Das Gehäuse ist sehr weit genabelt, so daß die Umgänge einander
kaum umfassen. Die Röhre ist im Querschnitt kreisförmig.
Ich habe diese Art bisher nicht abgebildet gefunden, indes ist
es möglich, dab die von Lrr (1877, Tafel 5, Fig. 5, 8, 9) ab-
gebildeten Formen mit unserer Art ident sind. Von Saltern Cove
liegen mir ganz ähnliche Formen vor.
Vorkommen: Bei Bicken kommt diese Art zusammen mit
Orickites Holzapfeli ziemlich häufig vor. Auch bei Büdesheim
haben sich kleinere Exemplare dieser Art gefunden, die wohl von
den meisten Autoren bisher als Manticoceras calculiforme bestimmt
sind. Sie unterscheiden sich von dieser Art indes ohne weiteres
durch das Fehlen der Externfurche.
22. Gephyroceras Sandbergeri WEDEKIND.
Tafel VI, Figur 9 u. 10, Textfigur 13a.
In den y-Kalken von Martenberg finden sich in großer Anzahl
eine Reihe flach scheibenförmiger Goniatiten, die von den bisherigen
Bearbeitern der Martenberger Klippe übersehen sind. Obwohl diese
Form sehr häufig ist, ist es mir doch nicht gelungen, größere Exemplare
zu finden. Die Durchschnittsgröße ist 15 —20 mm.
Das Gehäuse ist flach scheibenförmig, bei einer Windungshöhe
von 6 mm ist die Externseite des beschalten Exemplars deutlich
abgeplattet und von den Seitenflächen durch seichte Längsfurchen
70 R. WEDEKIND.
deutlich begrenzt. Die Seitenflächen selbst zeigen eine stärkste
Wölbung in der Nähe der Nabelkante. Der auf diese Weise ent-
stehende charakteristische Querschnitt ist in Textfigur 13a wieder-
gegeben. Die Anwachsstreifen sind schwach sichelförmig gebogen
und zeigen vermutlich bei größeren Exemplaren einen sehr kräftig
ausgeprägten Lateralvorsprung.
Das Bild der Septalfläche, das an einem Exemplar beobachtet
wurde, zeigt deutlich, daß diese Art zu der Gattung Gephyroceras
gehört. Das an einem anderen Exemplar beobachtete äußere Loben-
bild gleicht dem von Gephyroceras gerolsteinense.
Vorkommen: Bisher nur in den y-Kalken der Martenberger
Klippe.
23. Gephyroceras aequabile BEYRICH Var.
Tafel VI, Figur 13, Textfigur 13b.
Dem Gephyroceras Sandbergeri sehr ähnlich ist diese bei Marten-
berg ziemlich häufige Form. Ein gut erhaltenes und unverdrücktes
Exemplar zeigt folgende Größenverhältnisse:
D=16 mn; r=74, mn; NW=5 mm; d=5 mm.
Die Anwachsstreifen sind schwach sichelförmig geschwungen,
indes tritt der äußere Lateralvorsprung bei dieser Art weit kräftiger
hervor als bei G@ephyroceras Sandbergerı.. Die Windungen sind im
Querschnitt ein wenig höher als breit. Die leicht gebauchten Seiten-
flächen sind von der gerundeten Externseite durch eine kaum be-
merkbare Längsdepression abgesetzt. Das an einem Exemplar beob-
achtete Lobenbild gleicht dem von Gephyroceras aequabile BEyR.
Es zeigt wie alle kleineren Exemplare dieser Gattung gerundete Loben.
Da mir kleine Exemplare von Gephyroceras aequabile s. str. nicht
vorliegen, bin ich vorläufig nicht in der Lage anzugeben, ob und
wie sich diese Formen von Martenberg von dem typischen, älteren
Gephyroceras aequabile Beyrıch unterscheiden.
Vorkommen: Iy Martenberg. Häufig.
Subfamilie Crickitinae WEDEKIND.
Das interessanteste Resultat, das meine Untersuchungen der
Martenberger Fauna ergeben haben, dürfte das sein, daß zu der
Formenreihe der Manticoceratinae eine Parallelreihe existiert, die bei
vollkommen analogen Lobenbildern sich durchweg durch den Verlauf
der Anwachsstreifen unterscheidet. Während bei den Manticoceratinae
die Anwachsstreifen ausgesprochen bikonvex ganz unabhängig von
der Form des Gehäuses verlaufen, sind sie bei den COrickitinae
konvex.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 71
Die Crickitinae sind Goniatiten mit primordialer Lobenlinie,
also subumbonal gelegenem primären Laterallobus. In der äußeren
Gestalt zeigen sie durchweg Konvergenz zu den Manticoceratinae.
Bisher sind zwei Gattungen nachgewiesen, die eine Crickites ent-
spricht der Gattung Manticoceras, die andere ?.Probeloceras CLARKE
entspricht der Gattung Timanites der Manticoceratinae.
Daß die Vertreter dieser Familie nicht selten sind, zeigt schon
ein Blick auf Tafel 8 Figur 4e der Gebrüder SANDBERGER. Goniatıtes
lamed var. rugosa pars SANDBERGER hat konvexe Anwachsstreifen,
die auch am Originalexemplar gut zu beobachten sind. Tafel VII
Fig. 4 gibt eine neue Abbildung von SANDBERGER'S Original.
24. Crickites acutus SANDBERGER eM. WEDEKIND.
1850/6 Goniatites intumescens var. acuta SANDBERGER. Versteinerungen des
Rheinischen Schichtensystems in Nassau. Tafel 7, Figur 1.
Das von SANDBERGER a. a. O. abgebildete Exemplar zeigt folgende
Größenverhältnisse:
D= 1753 mm; r= 54,5 mm; NW = 11,5 mm.
Das gut erhaltene Exemplar ist ganz gekammert. Es zeigt
auf der Septalfläche außer einem Antisiphonallobus J noch einen
inneren Seitenlobus U. Die äußere Lobenlinie hat wohlausgebildete
Mediansättel und einen subumbonal gelegenen spitzen primären
Laterallobus. Nur der letzte Teil des Umganges zeigt Anwachs-
streifen, die ein ausgesprochen cheilocerasartiges Gepräge haben.
Der übrige Teil des äußeren Umganges zeigt nur die innere Schalen-
seite mit den linienartig angeordneten Runzelstreifen, die die auf
der Abbildung SAnpBERGER’S stark vorgezogenen Anwachsstreifen
vortäuschen. Von dem ebenfalls galeaten Manticoceras galeatum
läßt sich diese Art auch dann unterscheiden, wenn die Anwachs-
streifen nicht vorhanden sind (vgl. S. 60).
Vorkommen: Bei Martenberg hat sich diese Art bisher
nicht gefunden. Sie kommt zusammen mit Bolceras multulobatum
BeyriıcH in Öberscheld vor.
| 25. Crickites exspectatum WEDEKIND.
Tafel VII, Figur 1(?), 2, 3.
Diese Art ähnelt den Mantcoceras carınatum. Das am
besten erhaltene und größte Exemplar zeigt die folgenden Größen-
verhältnisse:
D=273 mm; r=13 mn; d=8,7 mm; NW =5,2 mm.
Das Gehäuse ist scheibenförmig und hat nur schwach gewölbte
leicht nach der Externseite zu konvergierende Seiten. Die Extern-
72 R. WEDEKIND.
fläche ist gerundet und nicht wie bei AManticoceras carınatum
abgeplattet. Die Seitenflächen sind bedeckt mit feinen Anwachs-
streifen, welche nahe der Externseite in einen gerundeten un-
verhältnismäßig tiefen Externsinus zurückbiegen. Die Lobenlinie
zeigt einen gerundeten subumbonal gelegenen Laterallobus, einen
hohen runden Externsattel und einen durch hohe Mediansättel ge-
teilten Externlobus. Die innere Lobenlinie ist mir bisher nicht
bekannt geworden.
Vorkommen: Martenberg, Zone Iy; Oberscheld.
26. Orickites Holzapfeli WEDEKIND.
Tafel VII, Figur 5, 6, Textfigur IA.
In den schwarzen Goniatitenkalken von Bicken findet sich in
größerer Häufigkeit ein primordialer Goniatit, der von den meisten
c
Fig. 14. Crickites Holzapfei Woxv. a, b Querschnitte verschiedener großer
Exemplare, ce Lobenlinie. Bicken. Museum Göttingen.
Autoren bisher als G@oniatites (Manticoceras, Gephyroceras) intumes-
cens Beyrıca bezeichnet ist. Bei der bisher üblichen Präparation,
beı der es sich meist nur darum handelte, die Lobenlinie heraus-
zupräparieren, litt die Skulptur derartig, daß Skulptureinzelheiten
bei den meisten Sammlungsexemplaren nicht mehr zu erkennen sind,
Einige Exemplare der Göttinger Sammlung zeigen infolge eines
guten Erhaltungszustandes die Anwachsstreifen und setzten mich
dadurch in die Lage, die von mir bereits vermutete Selbständigkeit
dieser Form genauer zu präzisieren.
Das Gehäuse ist durch ein ungemein starkes Dickenwachstum
ausgezeichnet, so daß hierher die auffallendsten Gestalten unter den
primordialen Goniatiten gehören. Sowohl die Seiten- wie die Extern-
flächen sind gerundet. Im Querschnitt sind die Windungen meist
breiter als hoch oder doch wenigstens so breit wie hoch. Die
Schale ist bedeckt mit sehr zarten Anwachsstreifen von konvexem
Verlauf, denen bei allen bisher untersuchten Exemplaren ein durch
te
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 73
die Rückbiegung der Anwachsstreifen auf der Mitte der Seiten
abgesetzter äußerer Lateralvorsprung fehlt. Die Lobenlinie ist in
Textfigur l4c wiedergegeben. Sie weicht von den typischen
Manticoceras-Lobenlinien nicht ab. Zwei Exemplare zeigen folgende
Größenverhältnisse:
D=25 mm; NW=45 mm; r=13 mm; d=14 mm.
D=69 mn; NW = 125 mm)’ r—=35 mm; d = 32 mm:
Bereits ein flüchtiger Vergleich des Querschnittes von Manti-
coceras intumescens BEyrich mit dem eines Crickites Holzapfeli
zeigt, daß der intumescens zwar gerundete und gebauchte Seiten
hat, aber immer durch ein weit geringeres Breitenwachstum
ausgezeichnet ist. Dazu kommt, dab ıntumescens bikonvexe, die
Bickener Form konvexe Anwachsstreifen hat. Zwischen Manticoceras
intumescens und Orickites Holzapfeli besteht also der gleiche Unter-
schied wie zwischen einem Tornoceras sımplex und einem Chetiloceras
subpartitum.
Vorkommen: In den Iö-Kalken von Bicken, von Wildungen,
von Martenberg.
Literatur.
BEUSHAUSEN.
1900. Das Devon des nördlichen Harzes.
Abhandlungen der Kgl. preuß. Geologischen Landesanstalt.
Neue Folge. Heft 30.
BEYRICH, E.
1837. Beiträge zur Kenntnis der Versteinerungen des rheinischen
Übergangsgebirges. Berlin.
1884. Erläuterungen zu den Goniatiten L. v. Buc#'s.
| Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft.
BORN, A.
1912. Die geologischen Verhältnisse des Oberdevons im Aecketal
(Oberharz).
Neues J ahrbuch für Auuslugie usw. Beilageband. XXXIV.
BRANCO.
1880. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der fossilen Caindo:
poden. |
| 'Palaeontographica. Bd. 27.
BUCH, L. V.
1832. Über Ammoniten, über ihre Sonderung in Familien, über
die Arten, welche in den älteren Gebirgsschichten vorkommen,
und über Goniatiten insbesondere.
| 74 R. WEDEKIND.
Physikalische Abhandlungen d. K. Akademie der Wissen-
schaften. Berlin.
CLARKE, J. M.
1885. Die Fauna des Iberger Kalkes.
Neues Jahrbuch für Mineralogieusw. Beilageband. III. Stuttgart.
1898. The Naples Fauna in Western New York. Part I.
ÜRICK und FOORD.
1897. Catalogue of the fossil Cephalopoda in the British RER
Part III. London.
DENCKMANN, A.
1900. Das Oberdevon auf Blatt Balve.
Jahrbuch der Kgl. preuß. Geol. Landesanstalt. Berlin.
1901. Der geologische Bau des Kellerwaldes.
Abhandlungen der Kg]. preuß. Geolog. Landesanstalt. Neue
Folge. Heft 34.
1902. Devon und Karbon des Sauerlandes.
Jahrbuch der Kgl. Geol. Landesanstalt. Berlin.
1903. Über die untere Grenze des Oberdevon im Lennetale und im
Hönnetal.
Zeitschrift der Deutschen Geolog. Gesellschaft. Bd.55. Berlin.
DREVERMANN, FR.
1901. Die Fauna der oberdevonischen Tuffbreccie von Langenaubach
bei Haiger.
Jahrbuch der Kgl. preuß. Geolog. Landesanstalt. Berlin.
1903. Über Triainoceras costatum A. V.
Zeitschrift der Deutschen Geolog. Gesellschaft. Bd. 55. S. 85 ff.
FRECH, FR.
1888. Geologie der Umgegend von Haiger.
Abhandlungen der Kgl. Geolog. Landesanstalt. Bd. 8.
Heft 3. Berlin.
1902. Über devonische Ammoneen. B
Beiträge zur Paläontologie und Geologie OÖsterreich-Ungarns
und des Orients. Bd. XIV. Wien.
HOLZAPFEL, E.
1882. Die Goniatitenkalke von Adorf in Waldeck.
Palaeontographica. Bd. 28.
1899. Die Oephalopoden des Domanik im südlichen Timan.
M&moires du Comite geologique. Bd. XII. Petersburg.
1901. Einige Beobachtungen über den Flinz und Büdesheimer
Schiefer.
Verhandlungen des naturhist. Vereins der preußischen Rhein-
provinzen. Bd. 58.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 75
HYATT, A.
1883. Genera of Fossil Cephalopoda.
Procedings of the Boston Society of Natural History.
Bd. XXI.
KAYSER, E.
1871. Die devonischen Bildungen der Eifel.
Zeitschrift der Deutschen Geolog. Gesellschaft. Bd. 23.
1873. Über die Fauna des Nierenkalkes vom Enkeberge und der
Schiefer von Nehden.
Ebenda. Bd. 25.
1907. Erläuterungen zur geologischen Spezialkarte von Preußen.
Blatt Oberscheld.
LEE, J. E.
1877. Notice of the Discovery of Upper Devonian Fossils in the
shales of Torbay.
Geological Magazin. New Series. Dec. II. Vol. IV.
ROEMER, F. A.
1843. Versteinerungen des Harzgebirges. Hannover.
SANDBERGER, Gebrüder.
1850/6. Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau.
Wiesbaden.
STEININGER, J.
1853. Geognostische Beschreibung der Eifel.
Trier.
WALDSCHMIDT, E.
1885. Über devonische Bildungen der Gegend von Wildungen.
Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. 37.
Ss. 56—80.
WEBER, M.
1911. Über die Bildung von Flaserkalken.
Geognostische Jahreshefte. München.
WEDEKIND, R. |
1908. Die Cephalopodenfauna des höheren Oberdevon am Enkeberge.
Neues Jahrbuch für Mineralogie usw. Beilageband.
1910. Über die Lobenentwicklung der Simbirskiten.
Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin.
Das der Arbeit zugrunde gelegte Material wurde zum größten Teil von
mir selbst an den erwähnten Fundpunkten gesammelt. Außerdem stellte mir
Herr Professor Pompecxs das Material des Göttinger Museums zur Verfügung.
Besonders wichtig war das von Herrn Geheimrat v. Kornen bei Bicken vor
einer Reihe von Jahren gesammelte Material. Soweit nichts besonderes
bemerkt ist, befindet sich das gesamte Material im Museum zu Göttingen.
ID. ° R. WEDERIND.
Die Originalexemplare SANDBERGER'S stellte mir Herr Kustos Dr. Lampe, Wies-
baden, zur Verfügung.
All den genannten Herren, insbesondere Herrn Geheimrat v. Koenen
und Herrn Professor PompeckJ5 danke ich an dieser Stelle verbindlichst für
ihre weitgehende Unterstützung.
Göttingen, Geologisches Institut, im Dezember 1912.
Tafelerklärung.
Tafel IV.
Fig. 1 u. 2. Manticoceras inversum Wok». S. 60
Fig. 1 Vorderansicht, die das galeate Jugendstadium und die spätere
nicht zugeschärfte Externseite zeigt. 1/l. Fig. 2 Seitenansicht mit
Lobenlinie. 1/1. Man vgl. die Lobenlinie von Manticoceras galeatum
Textfig. 8a».
Martenberg, Tagebau, Iß.
Fig. 3 u. 4. Manticoceras galeatum Wok». S. 60.
Fig. 3 Vorderansicht. 1/l. Fig. 4 Seitenansicht mit Anwachsstreifen.
Etwas vergrößert.
Martenberg, Tagebau, 17.
Fig. 5 u. 6. Manticoceras adorfense Won. S. 54.
Martenberg, Grube. !/ı.
Fig. 7. u. 8. Manticoceras cordatum SANDBERGPR. S. 57.
Fig. 7 Ansicht von der Seite, Fig. 8 Vorderansicht. 1/1.
Tunnel bei Behringhausen, Iy.
Fig. 9. Manticoceras intumescens Beyr. 1/l. S. 52.
Martenberg, Tagebau, 17.
Fig. 10 u. 11. Manticoceras affine Stein. S. 56.
Fig. 10 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 11 Vorderansicht mit Septal-
fläche. 1/1.
Grube Charlottenzug bei Bredelar, obere Manticocerasstufe.
ig. 12 u. 13. Manticoceras bullatum Won. S. 56.
Burg. *h:
F
Hm
Tafel V.
Fig. 1 u. 2. Manticoceras Schellwieni Worn. S. 65.
Fig. 1 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 2 Vorderansicht. 1/1.
Burg bei Messinghausen, 18. |
Fig. 3 u. 4. Manticoceras carinatum (BEyr.) Sanps. S. 68.
Fig. 5 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 4 Vorderansicht. 1/1.
Iberg bei Grund, 17.
Fig. 5 u. 6. Manticoceras Drevermanni Wok». S. 6l.
Fig. 5 Seitenansicht mit Lobenlinie (schmaler Externsattel). Fig. 6
Vorderansicht. 1/1.
Bicken, 1d.
Fig. 7 u. 8. Manticoceras cordatum Sans. S. 57.
Fig. 7 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 8 Seitenansicht mit Anwachs-
streifen. 1/1.
Martenberg, Tagebau, 17.
Fig. 9 u. 10. Manticoceras cordatum SanDB. S. 57.
Ein größeres Exemplar mit charakteristischem Windungsquerschnitt. A
Martenberg, Tagebau, 17.
Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 77
Fig. 11. Manticoceras cordatum Sans. 1/1. 8,57,
Martenberg, Tagebau, 1y.
Tafel VI.
Fig. 1. Manticoceras intermedium SAnDe. Sp. S. 64.
Originalexemplar SANDBERGER Ss. 1/l. Museum Wiesbaden.
Fig. 2. Manticoceras cordatum Sanpe. 1/l. S. 57,
Originalexemplar SAnDBERGER'S (Taf. 7, Fig. 5). Der zugehörige Win-
dungsquerschnitt ist auf SAnDBERGER’S Taf. 7 Fig. 6c gut abgebildet.
Oberscheld.
Fig. 3. Goniatites lamed var. complanata Sanpe. 1/l. S. 57.
Originalexemplar SANDBERGER’S. Die zugehörige Vorderansicht ist auf
SANDBERGER’S Taf. 7 Fig. 5b gut abgebildet.
Oberscheld.
Fig. 4 u. 5. Gephyroceras nodulosum WopeD. S. 68.
Fig. 4 Seitenansicht. Fig. 5 die inneren Windungen eines anderen
Exemplars. 1/1.
Martenberg, Iß.
Fig. 6. Gephyroceras bickense Wove». 1/1. S. 69.
Bicken, legit A. v. Koknen.
Fig. 7 u. 8. Gephyroceras tuberculatum HoLzarr£L. S. 67.
Fig. 8 Originalexemplar Horzarrer’s zu Taf. 34 Fig. 8. Fig. 7 Gephy-
roceras tuberculatum var. nov. (Rippen und Kiel.) 1/1.
Martenberg, Tagebau.
Fig. 9 u. 10. Gephyroceras Sandbergeri Wo». 1/1. S. 69.
Fig. 9 Bruchstück mit Skulptur und Septalfläche.
| Martenberg, Tagebau, 17.
t Fig. 11 u. 12. Gephyroceras gerolsteinense Stein. S. 68.
e Fig. 11 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 12 Vorderansicht (Quer-
schnitt). 1/1.
Iberg bei Grund, Iy.
Fig. 13. Gephyroceras aequabile Beyr. var. nov. S. 70.
Martenberg Iy.
Tafel VI.
L Fig. 1—3. Crickites exspectatum Wok». S. 71.
Fig. 1. Größeres Exemplar mit Skulptur und Lobenlinie.
Grube Charlottenzug bei Bredelar.
* Fig. 2 Seitenansicht mit Skulptur, Fig. 3 Vorderansicht eines kleineren
Exemplars.
Martenberg, Tagebau, Iy.
a Pig. T: 1/1, Fig. 2: 2/1, Pig.-3: 1/1.
> Fig. 4. Crickites sp. = Goniatites lamed var. rugosa Sanpe. 1/1. S. 71.
Originalexemplar zu SAnDBERGER’S Taf. 7 Fig. 4e.
Fig. 5 u. 6. Crickites Holzapfeli Won. S. 72.
Seitenansichten mit Skulptur. 1/1.
Bicken, Legit v. KoEnen.
Fig. 7. ? Manticoceras bullatum Woe». S. 57.
= Goniatites lamed var. rugosa SANDB,.
Originalexemplar zu SanpBErger’s Taf. 7 Fig. 4. 1/1.
Doz
78 E. VANHÖFFEN.
Die antarktischen Cirolana-Arten.
Von E. VANnHÖFFEN.
Bei der Gaussstation erschienen in Reusen, die am Grunde in
385 m Tiefe mit Köder ausgelegt waren, fast regelmäßig zahlreiche
Exemplare der Isopodengattung Cirolana, so daß im Laufe des
Jahres von Februar 1902 bis Februar 1903 1400—1500 Stück ge-
sammelt werden konnten. Sie gehören zu den größten Vertretern
der Gattung. Vorher waren nur zwei Exemplare aus der Antarktis
bekannt geworden, die von der Discovery im Mc. Murdo-Sund
erbeutet waren. Hopcson hat
diese Art, die durch den Mangel
der Augen auffiel und deren
Fig. 1. (< 7.) Vie: ST
fünftes Abdominalsegment auch an den Seiten frei lag, Orrolana
meridionalıs genannt.
Meine Exemplare verteilen sich auf vier Arten, die alle Augen
haben, also mit der oben erwähnten nicht identisch sein Können.
Alle gehören zur Gruppe der COrrolana hirtipes M. Epw., welche
sich durch die schmale Stirnplatte und durch bedeckte Spitzen des
fünften Abdominalsegments auszeichnet.
1. ©. obtusata n. sp. ist die häufigste Art, wird bis 37 mm
lang und ist charakterisiert durch deutliche, dunkelbraun pigmentierte
Augen, die länger als breit sind, schmal erscheinen, und durch das
vierte Abdominalsegment, das gerundete Seitenzipfel hat; diesen
verdankt die Art ihren Namen. Die Geschlechtsanhänge des
bestehen aus zwei kurzen Griffeln zwischen dem letzten Beinpaar
(Fig. 1a) und starken etwas gedrehten Anhängen des zweiten
Pleopodenpaares (Fig. 1b). Die Schwanzplatte trägt jederseits
von der Spitze, abgesehen von den Fiederborsten, sieben Zähne...
ER nn
|
F
Die antarktischen Cirolana- Arten. 79
2. C. albinota n. sp. Diese Art, die ausgestreckt bis 45 mm
Länge erreicht, erhielt ihren Namen von den hellroten Augen,
deren Farbe nach dem Konservieren verblaßt. Sie sind kleiner
als bei den übrigen Arten, lassen jedoch die Fazetten noch er-
kennen. Das vierte Abdominalsegment hat scharf ausgezogene
Spitzen. Die Griffel beim 9 sind kurz, lappenartig
verbreitert (Fig. 2a), während die Pleopodenanhänge
säbelartig gekrümmt sind und um ein Drittel ihrer |
Länge die Pleopoden überragen (Fig. 2b). Acht Zähne / |
treten zu beiden Seiten der kurzen Schwanzspitze auf. |
3. C. oculata n. sp. erreicht 37” mm an Länge 5
und schließt sich durch gerundete Augen an die vorige |
Art an. Die Augen sind aber größer, dunkel pigmentiert LEHE
und verblassen daher nicht im Alkohol. Auch die Fig.3. (7)
Seiten der Abdominalsegmente gleichen denen von
C. albınota, da das vierte ebenfalls in eine Spitze ausgezogen
ist. Die Griffel sind ganz kurz, treten nur als gerundete Höcker
hervor (Fig. 3a) und der gekrümmte Pleopodenanhang überragt
nicht das Blatt der Pleopoden (Fig. 3b). Die Schwanzplatte läuft
in eine längere Spitze als bei den anderen Arten aus und trägt
jederseits vier Zähne.
4. C. intermedia n. sp. ist die kleinste der antarktischen
Arten, da sie nur 25 mm lang gefunden wurde. Die Form der
Augen gleicht der bei C. obtusata, sie sind lang
und schmal, aber das Pigment ist schwächer ent-
wickelt. Die Seiten der Abdominalsegmente gleichen
denen von C. albinota.. Daher habe ich sie
b CO. intermedia genannt. Aber die Geschlechts-
anhänge des 9 sind so abweichend von denen
jener beiden Arten gebildet, daß es sich um keine
Zwischen- oder Bastardform handeln kann. Während
z bei den anderen drei Arten die Griffel zwischen
dem letzten Beinpaar nur als kurze Stummel
hervortreten, sind hier lange, zylindrische Organe
mit abgesetztem Ende vorhanden (Fig. ta) und der
Anhang am zweiten Pleopodenpaar ist stark gekrümmt und über-
ragt das Pleopodenblatt nicht (Fig. 4b). Am Schwanzschild finden
sich jederseits der Endspitze 6 Dornen.
Die ausführliche Beschreibung mit Hinweisen auf die ver-
wandten Arten aus anderen Gebieten wird in den Ergebnissen
der Deutschen Südpolarexpedition 1901—1903, herausgegeben von
E. v. Drysauskı, erscheinen.
Fig. 4 (<< 7)
80 E. VAnHÖrFEn: Über Konservierung von Hydra.
Über Konservierung von Hydra.
Von E. VANHÖFFEN.
Die bekannte Hydra, der Süßwasserpolyp, hat bei der Kon-
servierung Schwierigkeit gemacht, da sich die Tiere beim Ab-
sterben gewöhnlich stark zusammenziehen, so daß sie meist nur
als unkenntliche Klümpchen mit einigen Fortsätzen erhalten bleiben.
Nur durch umständliches Verfahren, wie Überraschen der in wenig
Wasser ausgestreckten Tiere mit heißem Sublimat, ferner durch
Osmiumsäure oder Chromsäure gelang es zuweilen, Hydren, die
durch Betäubungsmittel unempfindlich gemacht waren, ausgestreckt
zu konservieren. Alle diese Mittel machen aber noch längeres
Auswaschen in Wasser und Überführen in Alkohol nötig. Daher
kommt es, daß Hydren in den Sammlungen meist schlecht ver-
treten sind.
Da ich zufällig eine größere Menge dieser Tiere erhielt,
machte ich einen einfachen Versuch, der gleich zum Ziele führte
und den ich hier zeigen möchte. Man löst die Polypen von ihrer
Unterlage ab und hebt mehrere in einem Glasrohr mit wenig Wasser
heraus. In dem Glasrohr kann man das Ausstrecken der Tiere
beobachten und durch etwas Drehen das Festsetzen derselben ver-
hindern. Haben sie sich ausgestreckt, so läßt man durch Lüften
des das Glasrohr verschließenden Fingers das Wasser aus der
Röhre in konzentriertes Formol fallen und schüttelt dann dieses
etwas, um das Verkleben der Fühler zu verhindern. Aus dem
konzentrierten Formol bringt man die Polypen dann in zwei-
prozentige Lösung. In kürzester Zeit lassen sich so für Sammlungs-
zwecke gut brauchbare Präparate von Hydren und wahrscheinlich
auch von anderen, ähnlich empfindlichen Tieren herstellen.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 21. Januar 1913. 81
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 21. Januar 1913.
E. VANHÖFFEN: 1. Die antarktischen Cirolana-Arten (s. Seite 78).
2. Über Konservierung von Hydra (s. Seite 80).
F. DUYSEN: Eine Miesmuschel mit Perle.
P. MATSCHIE: Über Dendrolagus-Formen aus Neu-Guinea.
W. WETEKAMP: Über ein Myriopoden(?)-Nest und eine leuchtende
Raupe aus Brasilien (Rio de Janeiro) und Beobachtungen über
Wechsel der Blütezeiten bei Pflanzen in Südamerika.
Druck von:A. Hopfer in Burg b. M.
ATS UR
Ei
17 {
rn
Auszug aus dei Gesetzen
der
Gesellschaft Naturforschender Freunde ud
zu Berlin.
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere ‘der
Biontologie.
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außer ordent-
lichen und Ehrenmitgliedern.
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20°
betragen darf, ergänzen sich dur ch einstimmige Wahl nach
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister.
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt
ist, werden von den ordentlichen Miteliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und
Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen.
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das
Arc chiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter-
stützten Ver ötenlliehnngen zum ermäßigten Preise Der \
FIEBER U
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahmei
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, i
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. 1 20 Se
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind
an den Sekretär, Herrn Dr. K. Ara Berlin N 4
Invalidenstr. 43, zu richten.
DECO. 6 1916
3932
Sitzungsberichte
Gesellschaft
.
Maturforschender Freunde
zu Berlin.
No. 2. Februar BB.
* 6,
’ INHALT: Seite
_ Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Locust.). Von
N En a 83
Zoologisches aus Krain und Istrien. Von W. RamE . . 22.2.2 2.2.20.. 90
$: Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. Von R. StERNFELD . . . 98
Zi ur Kenntris des Gebisses von Procavia. Von A. BRAUER . . ......% 118
| EN Veitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. en Museum in Berlin.
ee a a IHN. 125
©; Beobachtungen über die Säugetiere von Ba Von Beninn Hiwrzeent 13
Mit einer Einleitung von: P. MuArsche . . „=... lernen 141
E in neuer Solenogaster von Spitzbergen. Von JoH. THIELE . . :...... 160
weite wissenschaftliche Sitzung am 18. Februar 1913 . . .. 2.2.2... 162
BERLIN.
In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & Sonn,
NW Carıstrasse 11.
]
F1913.
Y zu u
a Er
PER NE
Ka
r
1
TaAaN
Was Wie
er
{
%
Zuge
«
x
u
.
be
DEG 68 196
Nr. 2. 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 11. Februar 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATSscHIE.
Herr W. Rammz sprach über eine zoologische Sammelreise nach Krain und
Istrien sowie über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fıscn.
Herr R. STERNFELD sprach über Mimikry bei Schlangen.
Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax FISCH.
(Orth. Tettig.).
Von WıuLy RımMmE
(Kgl. Zoolog. Mus.).
Mit Tafel VIII und IX.
Gelegentlich eines Sammelausfluges auf die Gora — von Planina
(Krain) aus — fing ich in etwa 900 m Höhe einen Zwitter von
Thamnotrizon fallax FıscH., den ich im folgenden beschreiben will.
Zunächst möchte ich jedoch eine kurze Übersicht über die
bisher bekannt gewordenen Insektenzwitter geben; ich lege derselben
die MEISENHEIMER’schen „Studien zur Soma- und Geschlechtsdiffe-
renzierung“ zugrunde. Das Hauptkontingent aller Insektenzwitter
stellen die Lepidopteren; nach den Feststellungen von WENKE
dürften deren weit über 1000 bekannt geworden sein. Leider ist
aber der innere anatomische Bau nur bei verschwindend wenigen
untersucht, da die glücklichen Finder solcher interessanten Objekte
diese nur selten der wissenschaftlichen Untersuchung opfern, sondern
lieber zu Sammlungszwecken verwenden.
Aus anderen Ordnungen sind nur ganz wenige Fälle von
Hermaphroditismus bekannt geworden. Unsere artenreichste Ordnung,
die der Coleopteren, hat nur einige Zwitter geliefert, und von
keinem einzigen kennt man die innere Organisation. Von Hymeno-
pteren sind mehrere Zwitter von Apis mellifica L., drei Zwitter von
Formica sowie ein solcher von Abia sericea L. untersucht worden.
Alsletzten führt MEISENHEIMER einen Hermaphroditen von CHERMESAan.
6
84 WırLy RAmme.
Über einen Orthopterenzwitter war zunächst nirgends eine
Notiz aufzufinden, doch verdanke ich Herrn Prof. Dr. KırscH die
Kenntnis von einem Zwitter einer Feldheuschrecke, Chrysochraon
dispar GERM., den BrısouUT DE BARNEVILLE im Jahre 1848 gefangen
hat. Es handelt sich um ein Exemplar von männlichem Habitus
und männlicher Flügelbildung, das äußere weibliche Genitalien
besaß, deren Teile aber stark verkümmert und miteinander ver-
wachsen waren. Immerhin muß es nach der kurzen Beschreibung
zweifelhaft erscheinen, ob wir es wirklich mit einem Zwitter und
nicht etwa bloß mit einem verkümmerten Männchen zu tun haben,
um so mehr, als auch hier wieder die innere Organisation un-
bekannt ist.
Der vorliegende Zwitter von Thamnotrizon nun gehört nicht
den Acridoideen, sondern einer anderen großen Orthopterenfamilie, den
Tettigonoideen (Locustoideen), an und stellt somit den ersten bekannt-
gewordenen Fall einer Zwitterbildung zum mindesten bei einer Laub-
heuschrecke dar. — Da ich mit Konservierungsmitteln für feinere
histologische Untersuchungen nicht versehen war, so mußte ich
mit Alkohol von 95°/, vorlieb nehmen, in dem ich das Tier auf-
bewahrte, nachdem ein Einschnitt auf der Unterseite des Abdomens
semacht worden war. Ich habe dann später den Zwitter von ver-
schiedenen Seiten photographiert und nach Untersuchung der äußeren
Genitalien die Eingeweide in situ herauspräpariert und mikro-
tomiert; die Schnitte wurden mit GRENAcHER’s Hämatoxylin gefärbt
und nach der van Gızson’schen Methode (Pikrinsäure und Säure-
fuchsin) differenziert. Von diesen Schnitten wurden einige Mikro-
photographien angefertigt.
Betrachten wir nun zunächst einmal ein normales Paar von
Thamnotrizon fallax, so sehen wir, daß das Weibchen flügellos ist;
die winzigen Flügelrudimente werden durch das Pronotum völlig
verdeckt. An seinem Analsegmente trägt es eine lange Legescheide
(Tafel VIII, Fig. 1). Das Männchen dagegen besitzt wohlentwickelte
Flügeldecken, die zu einem Stridulationsorgan modifiziert sind; eine
Legescheide fehlt naturgemäß, doch fallen uns am Hinterleibsende
die mächtigen Cerci auf, die beim Weibchen viel schwächer ent-
wickelt sind, so daß sie im Bilde gar nicht in Erscheinung treten
(Tafel VIII, Fig. 2). Der Zwitter nun vereinigt in sich die beiden
äußeren Hauptkennzeichen der Geschlechter, die Flügeldecken des
Männchens und die Legescheide des Weibchens (Taf. VIII, Fig.3). Die
ersteren erweisen sich bei näherer Betrachtung als vollkommen
normal entwickelt (Taf. VIII, Fig. 4), auch der Schrillapparat ist in
allen Teilen wohl ausgebildet.
N PT Pe 4
NEIN REFERENZ rm
LP}
?
Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Tettig.) 85
Bei den äußeren Geschlechtsorganen indessen finden sich
mannigfache Modifikationen, auf die wir nun an der Hand einiger
schematischer Zeichnungen!) näher eingehen wollen. Sehen wir uns
zuerst wieder die Verhältnisse bei normalen Tieren an, so finden
wir, daß beim Weibchen (Textfig. 1) die Legescheide aus 4, eigentlich
6 Teilen besteht: eine äußere Legescheide setzt sich aus vier
Blättern zusammen; die beiden dorsal gelegenen Blätter (k,) nehmen
Fi
Fig. 3.
ihren Ursprung von der Rückenplatte des neunten Segments, die
beiden ventral gelegenen (k,) dagegen von der Bauchplatte des achten
Segments. Im Lumen dieser durch die 4 Blätter gebildeten Röhre liegt
eine kleinere zweiklappige Scheide (X), die wiederum vom neunten
Segment ausgeht. Diese Scheide führt zu der Öffnung, aus der die
Eier heraustreten (fo). Ventral von der Basis der äußeren Legescheide
liegt die Genitalöffnung (/g,), die eine dem achten Segment angehörige
Subgenitalplatte (sg,) verdeckt; letztere trägt in der Mitte eine Ein-
!) Die Zeichnungen sind stark schematisiert; sämtliche Hinterleibs-
anhänge sind nach außen geklappt, da sie in normaler Lage die Leibes-
_ Öffnungen verdecken würden.
6*
86 WırLy RAMmME.
kerbung. Die Cerci (c,) sind, wie schon oben erwähnt, schmächtig;
zwischen ihnen liegt — im zehnten Segment — die Afteröffnung (an).
Auch das Männchen (Textfig. 2) besitzt zum Schutze der Genital-
öffnung eine Subgenitalplatte, die aber glatt abgestutzt ist und zwei
Styli trägt. An der Basis der Sub-
genitalplatte (s92), die im Gegen-
satz zur weiblichen dem neunten
Segment angehört, sitzen die männ-
lichen Kopulationsorgane. Die
Cerci (c>) sind bedeutend kräftiger
gebaut als beim Weibchen und auf
der Innenseite mit einem Dorn be-
wehrt. Der Zwitter nun zeigt
eine eigenartige Kombination
der männlichen und weiblichen
Genitalien (Textfig. 3). Aus der
Medianebene nach links gerückt
finden wir eine Legescheide, von
deren 6 oben geschilderten Teilen
nur 3 unpaare Teile der linken
Seite vorhanden sind. Sämtliche
Teile sind nicht voll entwickelt
wie bei einem normalen Tier; der
ventrale, von der achten Bauch-
platte ausgehende Teil der Lege-
röhre (%k,) ist sogar als verkümmert
zu bezeichnen; er erreicht nur die
halbe Länge des dorsalen Teiles und
Fig.4. Hinterleibsanhänge des
Zwitters. cı männlich, cz weiblich
gebildeter Cercus; /!sı männliche, Is
weibliche Subgenitalplatte: kı und 1St SO schmal, dab er den Unterrand
k; äußere Klappen der Legeröhre, der dorsalen Klappe (%k,) nicht ein-
k. Klappe der inneren Legeröhre mal berührt. Ebenso ist die Sub-
Anm.: ke dieser Figur entspricht j Br .
x auf Textfig. 3, ky entspricht Ay); gemtalplatte (91) nur als eine
85, 80, 510 8., 9., 10. Segment. Vergr. Kleine lappenförmige Vorwölbung
6:1. Etwas schematisiert. angedeutet, die aber immerhin
die Form einer halbierten weib-
lichen Subgenitalplatte erkennen läßt. Sowohl die Öffnung zum
Austritt der Eier in die Legeröhre als auch die Genitalöffnung
fehlen. Auf der rechten Seite dagegen finden wir eine männ-
liche Genitalöffinung, flankiert von einer halben, männlich ge-
bildeten Subgenitalplatte (sg,) mit einem Stylus; die Subgenital-
platte trägt die männlichen Kopulationsorgane. Auch die Cerei sind
dementsprechend auf der linken Seite weiblich gebildet (hier aller-
rE I A yyc t hy di = r f \
ie u r b Bat Para ir
a « u “4 eat IE Euer 1
Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Tettig.). 87
dings etwas größer als bei normalen Tieren) und auf der anderen
Seite vollkommen männlich. Sämtliche Teile der äußeren Genital-
organe des Zwitters setzen sich an die Segmente an, denen sie
normalerweise angehören, beispielsweise die weibliche Subgenital-
platte an das achte, die männliche an das neunte Segment. Die
Afteröfinung zeigt keine Abweichung in der Lagerung (Textfig. 3 u. 4;
Taf. VIII, Fig. 5 u. 6). Zusammenfassend sei noch bemerkt, daß also
bei unserem Zwitter eine fast genaue Halbierung der äußeren
Genitalien vorliegt. Dies geht so weit, daß sogar ein sonst un-
paares Organ, wie die Subgenitalplatte, halbiert wird und auf der
einen Seite die dem einen Geschlecht eigene Form annimmt, auf
;
IN
A
1 {
|
} \
]
N
l
INN
BI, NA N i f z
I 7 va j G
Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7.
der gegrenüberliegenden Seite die des anderen; die beiden Halb-
teile rücken sogar auf verschiedene Segmente, entsprechend ihrer
Lagerung bei normalen Tieren.
Was nun die inneren Geschlechtsorgane betrifft, so finden
wir beim normalen Weibchen zahlreiche Ovarialschläuche (ov);
in den Uterus (uf) münden eine akzessorische Drüse (ad) von
sehlauchförmiger Gestalt und die Vesicula seminalis (vs) (Fig. 5')).
Das Männchen besitzt paarige Hoden (f); in die Vereinigung der
Vasa deferentia (vd) mündet eine reichverzweigte akzessorische
Drüse (ad). Bei dem Zwitter sind ebenfalls paarige Hoden,
Vasa deferentia und die männliche akzessorische Drüse vorhanden;
zwischen beide Hoden aber schieben sich zahlreiche mit Eiern er-
füllte Ovarialschläuche ein, und zwar entsprechend der Anheftung
der Legescheide etwas nach links verlagert. Eine Verbindung von
den Ovarialschläuchen zur Legescheide konnte ich nicht Konstatieren;
!) Auch diese Zeichnungen sind sehr stark schematisiert; besonders
sei hervorgehoben, daß die Zahl der Ovarialschläuche bedeutend größer ist;
die Vasa deferentia sind sowohl bei normalen Tieren als auch bei dem Zwitter
verhältnismäßig viel enger und mehrfach gewunden.
88 WırLy RAmmeE.
sie war auch bei dem Nichtvorhandensein einer Genitalöffnung nicht
zu erwarten. Der linke Hoden ist kleiner als der rechte, und die
Ausbildung des Ovars ging offenbar zum Teil auf seine Kosten vor sich.
Auf Tafel VIII, Fig. 1 sehen wir einen Querschnitt, der durch
die Partie geführt ist, die dicht über den letzten Ausläufern der
akzessorischen Drüse liegt. Die Größe des Schnittes verbot, ihn im
ganzen photographisch aufzunehmen, so daß ein Teil der Hoden .
und der Ovarialschläuche weggeschnitten erscheint, doch erkennt
man deutlich die geringere Entwicklung des linken Hodens (t,)
gegenüber dem rechten (t,). Beide Vasa deferentia (vd, und vd,)
sind angeschnitten; sie sind stark mit offenbar reifen Spermato-
zoiden erfüllt (Taf. IX, Fig. 2; Ausschnitt aus einem Vas deferens).
Dorsal liegt der Darm (:£), ventral die Ovarialschläuche (ov). Ob die
in letzteren befindlichen Eier reif waren, läßt sich bei der hier-
für nicht ausreichenden Konservierung nicht entscheiden.
Legen wir uns nun die Frage vor, wie der Zwitter in ge-
schlechtlicher Hinsicht fungiert haben mag, so ist diese
unschwer zu beantworten. Der äußere Habitus des Tieres ist vor-
wieegend männlich; die Flügeldecken und mit ihnen der Schrillapparat
sind absolut normal entwickelt, und das Tier wird wacker damit
striduliert haben. Kräftig funktionierende Hoden, Vasa deferentia
und männliche Geschlechtsöffnung sind vorhanden. Es ist also an
sich eine erfolgreiche aktive Begattung durchaus möglich gewesen,
während indessen zu einer passiven Begattung die inneren wie die
äußeren weiblichen Genitalien nicht hinreichend entwickelt waren.
Nur ist anzunehmen, daß rein mechanisch das Vorhandensein der
Legescheide eine aktive Begattung wohl verhindert haben würde.
Nach MEISENHEIMER hätten wir unseren Fall der Zwitter-
bildung dem Hermaphroditismus completus zuzurechnen, der
vorliegt, wenn „der gesamte Geschlechtsapparat sowie sämtliche
sekundären Geschlechtscharaktere zweigeschlechtlich in demselben
Individuum vereinigt sind“. Zwar greift nun, wie wir sahen, die
Zwittrigkeit bei dem Thamnotrizon-Zwitter nicht auf die Flügel
über, denn auf der linken, weiblichen Seite ist der Flügel voll-
kommen entwickelt; es fehlt ferner u. a. die weibliche Genital-
öffnung vollständig. Doch dürfte dieser krasseste Fall des Herma-
phroditismus, bei dem die Zwitterbildung bis ins kleinste durch-
geführt ist, in praxi kaum vorkommen, und auch MEISENHEIMER
reiht ähnliche, bei Schmetterlingen beobachtete Fälle unter den
H. completus ein, im Gegensatz zu dem von H. genitalis, der sich
nur entweder auf die äußeren oder auf. die inneren Sexualorgane
erstreckt. | | | |
Wiege
Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Tettig.). 89
MEISENHEIMER kommt bekanntlich auf Grund seiner Versuche
mit künstlichen Zwittern und der Befunde an den natürlichen
Zwittern zu der Schlußfolgerung, daß eine Abhängigkeit der
sekundären (sexuellen wie somatischen) Geschlechtscharaktere von
den primären von vornherein nicht besteht. Auch unser Zwitter
kann diese Ansicht nur stützen, denn obwohl männliche wie auch
weibliche Keimdrüsen vorhanden waren, vermochten sie wenigstens
die somatischen Charaktere nicht zu beeinflussen, was sich am
stärksten in einer Zwittrigkeit der Flügelbildung hätte äußern müssen.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß man bei den
natürlichen Zwittern im allgemeinen ein Überwiegen der weiblichen
Charaktere, primärer und sekundärer, konstatieren kann, während
der vorliegende Zwitter vorwiegend männliche Charaktere aufweist.
Auch in dieser Beziehung ist er also bemerkenswert.
Literatur über Zwitter.
1. Briısour DE BARNEVILLE, Zwitter von Acridium (= Chrysochraon) dispar.
Ann. Soe. ent. France Tome VI, ser. 2, p. LIV, 1848.
2. GoLDSCHMIDT, R., Erblichkeitsstudien an Schmetterlingen I. Z. f. in-
duktive Abstammungslehre, Bd. VII, Heft 1, 1912.
3. Kope£, St., Uber den feineren Bau einer Zwitterdrüse von Lymantria
dispar L. Zool. Anz. XXXVI, 1911.
4. Kuuczysskı, Wl., Ein Zwitter der Erigone fusca Brackw. Rozpr. i Spra-
wozd. Wydz III Akad. Umiej. w. Krakowie, Tom XIV, 1885. Mit einem
Auszug in deutscher Sprache und 1 Tafel.
5. MEISENHEIMER, J., Experimentelle Studien zur Soma- und Geschlechts-
differenzierung. Erster Beitrag. Jena, 1909. (Siehe darin weitere
Literatur!)
6. ScHÖNEMUND, E., Zur Biologie und Morphologie einiger Perla-Arten.
Zool. Jahrb., Abt. Anat. u. Ontog. d. Tiere, Bd. 34, 1912.
7. STEINACH, E., Geschlechtstrieb und echt sekundäre Geschlechtsmerkmale
als Folge der innersecretorischen Funktion der Keimdrüsen. Zentralbl.
f. Physiologie, Bd. 24, 1910/11.
Tafelerklärung.
Tafel VIH.
Fig. 1 u. 2. Normales $ und 2 von Thamnotrizon fallax Fısch. Nat. Gr.
Fig. 3. Zwitter von Thamnotrizon fallax FıscH., von der Seite gesehen. | Vergr
Fig. 4. 3 r r 3 r von oben gesehen. ri
5
» „ es a s von unten gesehen.
(Das rechte Sprungbein ist autotomiert!)
Tafel IX.
Fig. 6. Querschnitt durch die inneren Organe in situ. tr und ti =rechter und
linker Hoden, vd+- und vdı =rechtes und linkes Vas deferens, ov =
Ovarium, it=Darm. Vergr. 30:1.
Fig. 7. Querschnitt durch ein Vas deferens, mit Spermatozoiden erfüllt.
| Vergr. 250:1.
90 Wırry RAMME.
Zoologisches aus Krain und Istrien.
Von WırıLy RımmE
(Kgl. Zool. Mus.).
Im Spätsommer des Jahres 1912 unternahm ich mit Unter-
stützung des Kultusministeriums zu zoologischen Zwecken eine Reise
nach Krain und Istrien, über deren Hauptergebnisse ich in Kürze
Einiges berichten möchte; es wird sich naturgemäß dabei nicht
vermeiden lassen, hier und da auch bereits Bekanntes zu bringen.
Ich erlaube mir, an dieser Stelle dem Herrn Minister für geistliche
und Unterrichtsangelegenheiten für die gewährte Beihilfe meinen
ergebensten Dank auszusprechen.
Ich wählte zur Reise die Zeit von Mitte August bis Mitte
September. Die ersten zwei Wochen verbrachte ich in Planina
in Krain; der Rest der Zeit galt einer Tour rund um Istrien. Nach
mehrtägigem Aufenthalt in Fiume und Abbazia fuhr ich zu Schiff
über Cherso (auf der gleichnamigen Insel) nach Pola, von dort
mit der Bahn nach Rovigno zu einem Besuch der Zoologischen
Station und dann, wiederum zu Schiff, nach Triest. Der zweite
Teil der Reise litt etwas unter der Ungunst der Witterung und
einem gewissen Zeitmangel, so daß ich in der Hauptsache auf
meine in Krain gemachten Beobachtungen eingehen werde.
Planina liegt in Innerkrain, etwa eine Wegstunde nördlich
von Adelsberg. Es gliedert sich in Unter- und Ober-Planina; der
letztere Ortsteil erstreckt sich bis zu Höhen von etwa 700 m. Das
Tal, in dem Planina liegt, wird auf der westlichen Seite flankiert
von der Gora, die sich bis zu etwa 1000 m erhebt, auf der Ost-
seite vom Javornik und seinen Ausläufern. Gegen Norden Öffnet
sich das Tal zu einem weiten ebenen Wiesenplan, der von der
Unz durchströmt wird. Nach diesem Talboden hat der Ort seinen
Namen: planina ist ein slovenisches Wort und bedeutet etwa Hoch-
ebene.
Er liegt zwar schon im Gebiete des Karstes, doch finden sich
auf der Seite des Javornik noch die herrlichsten Tannenwaldungen,
die dieser Formation sonst zu fehlen pflegen. Es sind dies wahre
Urwälder, gebildet von riesenhaften, oft ganz mit Efeu überwucherten
Fichten, wie ich sie selten in den Alpen gefunden habe; die in den
Wäldern befindlichen Schläge sind mit der üppigsten, oft manns-
hohen Vegetation bedeckt.
Nur auf der Seite der Gora haben wir schon einige kahle
Bergkuppen, aber bedeckt mit blumigen Wiesen und verstreutem
Gebüsch. Verkarstet sind nur ganz wenige Stellen von geringem
Zoologisches aus Krain und. Istrien. 91
Umfang; erst viel weiter südlich, bei St. Peter in Krain, tritt die
typische Karstformation mit ihren öden Steinwüsten zutage. Dem-
_ gemäß scheinen gerade dieser Formation eigene Tiere, wie Priono-
tropis hystrie GERM., eine beispielsweise in Istrien häufige große
Feldheuschrecke, zu fehlen, während der waldliebende Carabide
Procerus gigas Creutz., ebenfalls ein Karsttier, nicht selten ist.
Ich wählte gerade Planina zum Aufenthalt aus zwei Gründen:
einmal liegen in seiner näheren und weiteren Umgebung zahlreiche
Höhlen, deren Fauna ich kennen lernen wollte. Sodann aber folgte
ich einer Einladung des Fürstlich Windisch-Graetzschen Revier-
försters Herrn A. Haucke, der sich außerordentlich für die Höhlen-
fauna interessiert und mit dem ich schon seit längerer Zeit in
brieflichem Verkehr gestanden hatte. Die Unterstützung HauckE’s
ist mir äußerst wertvoll gewesen, denn er besitzt eine große Technik
in der Begehung der oft viele Gefahren in sich bergenden Höhlen;
nur mit seiner Hilfe konnte ich aus sechs verschiedenen Höhlen
Material erhalten.
3 Zur Erbeutung desselben bedient man sich mit Vorteil folgender
_ Methoden. Man gräbt Gläser oder Konservenbüchsen bis zum
Rande in den Boden und gibt als Köder Fleischstücke, zerstoßene
Sehnecken oder auch süßes Obst hinein; die hierdurch angelockten
Insekten fallen dann in die Gefäße und können nicht wieder
herausgelangen. Will man an ganz unzugänglichen, etwa sehr tief
gelegenen Stellen sammeln, so schnürt man am besten die Köder-
stücke in einige Lappen und läßt das ganze Bündel an einer Schnur
in die Tiefe hinab; die herbeigelockten Höhlentiere verkriechen
sich in den Lappen und werden mit diesen dann nach einigen
Tagen emporgezogen.
‚Unmittelbar bei Planina liegt die Planina- oder Kleinhäusler
Höhle, eine Flußhöhle, und zwar die größte, die wir in Europa
haben. Sie stellt das unterirdische Flußbett der Poik dar. Die
Poik geht mit der sog. Poikschwinde in die Adelsberger Grotte,
um dann nach etwa 6 km langem Lauf bei Planina als Unz wieder
das Tageslicht zu erblicken. Die Identität der beiden Flußläufe
Poik und Unz ist erst in neuerer Zeit durch Färbungen mit Eosin
erkannt worden. Etwa 3 km ihres unterirdischen Laufes sind
trotz mannigfacher Bemühungen noch unerforscht; auch ein Versuch
Havcke’s, von der Planina-Höhle aus vorzudringen, scheiterte. Er
hatte beabsichtigt, in Begleitung zweier Herren in einem Faltboot
auf der Poik in das Innere der Höhle zu gelangen, doch kenterte
das Boot nach kurzer Fahrt, und nur dem Umstand, daß HavckE
sich gerade außerhalb des Bootes auf einem Felsvorsprung befand
99 ’ WırLy RAnMmeE.
und eine Magnesiumfackel entzünden konnte, ist es zu danken, dab
der Unfall noch glimpflich verlief. Hauvcke gedenkt den Versuch
mit einem massiveren Boot zu wiederholen.
Der Teil der Unz nach ihrem Austritt aus der Planina-Höhle
ist in zoologischer Beziehung von historischer Bedeutung, denn
hier wurde im Jahre 1751 der Olm entdeckt. Der Fischer SıcHEru
fing an dieser Stelle, wie SteınsacH 1761 erzählt, „fünf weiße
Fische, die aber 4 Beine besaßen“; sie waren nach einem Gewitter-
Eingang zur Planina- oder Kleinhäusler Höhle. Aufn. d. Verf.
regen durch die Wassermassen aus der Höhle befördert worden.
Erst Laurentı erkannte im Jahre 1768 die Natur dieser Tiere
und gab ihnen ihren wissenschaftlichen Namen, Proteus an-
guineus.
Leider war der Wasserstand in diesem abnorm feuchten Sommer
so hoch, daß die Höhle nur auf etwa 60 m begangen werden konnte;
ich erhielt daher nur wenig Material aus ihr, und zwar die Cara-
biden Laemostenus schreibersi Küsr. und elongatus Des. Reichlichere
Ausbeute lieferten dagegen drei andere Höhlen, die Graf Falken-
hayn-Höhle, die Vol&a jama und die Crna jama; in letzterer
gelang es Hauckz, eine bemerkenswerte neue Form des An-
ophthalmus bilimeki Sturm aufzufinden, die auch nach ihm benannt
Er RE WER EUEB NED NS
.
-
num 285», ni a A
Zoologisches aus Krain und Istrien. 93
worden ist. Von hier erhielt ich ferner den seltenen, bizarren
Höhlenskorpion Dlothrus spelaeus SCHIÖDTE.
Weiter südlich, am Fuß des gewaltigen Nanos, liegt die Höhle
von Luegg, in die das Schloß Luegg mit der Hinterfront ein-
gebaut ist; es heißt deswegen allgemein das „Höhlenschloß“. Die
Höhle zieht sich in Etagen vertikal durch den Fels; hauptsächlich
der oberste Abschnitt dient zahlreichen Fledermäusen zum Unter-
schlupf; in ganzen Klumpen hängen sie an der Decke. Ich konnte
unter ihnen vier Arten konstatieren: Ahinolophus ferrum-equinum
SCHREB. und hipposideros BrcHst., Myotis myotis Becust. und
Miniopterus schreibersi NATT.
Ausgezeichnet durch ihren Reichtum an Knochen speziell des
Höhlenbären ist die Kreuzberghöhle. Von Wien aus sind umfang-
reiche Grabungen in ihr vorgenommen worden, die eine außer-
ordentlich reiche Ausbeute ergaben, darunter mehrere vollständige
Skelette und Schädel.
Als letzte sei noch die Adelsberger Grotte genannt. Sie hat
sich nie durch besonderen Reichtum an Höhlentieren ausgezeichnet,
so fehlt z. B. in ihr der Olm, jetzt aber ist sie fast völlig aus-
geraubt. Nur die winzig kleine Höhlenschnecke Zospeum spelaeum
Rsm. sowie einen Gammarus kann man noch in Anzahl finden. Es ist
nur zu begrüßen, daß jetzt eine Höhle nach der andern geschlossen
und so den Plünderungen ein Ziel gesetzt wird.
Die Höhle also, der ich in erster Linie meine Aufmerksamkeit
widmen wollte, schon wegen ihrer Lage unmittelbar am Ort, die
Planina-Höhle, war, wie schon bemerkt, in diesem Jahre schwer
zugänglich. Es blieb mir daher reichlich Zeit, mich auch mit der
oberirdischen Fauna zu beschäftigen. Zur Erlangung von Säuge-
tieren wurden jeden Abend zahlreiche Fallen aufgestellt, die auch
mancherlei lieferten. Haucke selbst hatte sich schon einige Monate
vor meiner Ankunft auf meine Veranlassung eifrig um die Erbeutung
von Säugetieren bemüht und hat dies auch später fortgesetzt, so
daß ich jetzt in der Lage bin, einen ungefähren Überblick über
die dortige Säugetierfauna zu geben, gleichzeitig unter Benutzung
der Erfahrungen Hauvcke’s über die größeren Säuger.
Vorerst sei aber an dieser Stelle Herrn Revierförster HAuckE
herzlichst gedankt für die freundliche und tatkräftige Unterstützung
bei allen meinen Unternehmungen. Erwähnt sei auch, daß er auf
meine Bitte seine ganze reiche Ausbeute ständig unserem Museum
zukommen läßt.
Auf dem südöstlich von Planina gelegenen dicht bewaldeten
Javornik hausen noch verhältnismäßig zahlreiche Bären; man
94 Wırny Ranmme.
schätzt ihre Zahl wohl auf etwa 10-12 Stück und sucht diese jetzt
durch Schonung der Tiere zu heben. Hier und da kommen Wölfe
vor; nicht selten sind Wildkatzen, und zwar zuweilen in recht
starken Stücken. Häufig sind Dachs und Fuchs, und auch das
kleinere Raubzeug, wie Edel- und Steinmarder, Iltis, Hermelin
und Wiesel fehlen nicht.
Jagdbares Wild ist spärlich vertreten, und zwar nur Reh und
Hase; von ersterem sandte Haucke letzthin zwei Decken, die sich
durch dunkle Färbung, ganz besonders des Kückens, auszeichnen.
Unter den Nagern möchte ich als biologisch interessantesten
den Siebenschläfer (Myoxus glis L.) hervorheben. Er ist bei
Planina wie an vielen Orten Krains ganz ungemein häufig und
bewohnt vornehmlich die Buchenwälder (besonders auf der Gora;
s. Bild), da Bucheckern seine Lieblingsnahrung bilden. Er
frißt aber ebenso allerhand andere Sämereien, süßes Obst usw.;
gelegentlich überfällt er auch junge Vögel. Tritt einmal Nahrungs-.
mangel ein, so wird er durch Benagen der Rinde namentlich jüngeren
Buchen schädlich; die Fraßspur ist sehr charakteristisch, sie ver-
läuft in Spiralen um den Stamm.
Der Siebenschläfer ist ein durchaus nächtliches Tier; so
träge und ungeschickt er bei Tage erscheint, so lebhaft und ge-
wandt ist er bei Nacht. Sehr eigenartig sind seine Laut-
äußerungen, wenn er gereizt wird: sie ähneln täuschend dem
Geräusch, das die sog. Waldteufel, das bekannte Kinderspielzeug,
hervorbringen. Auch das fortwährende An- und Abschwellen des
Tones, das durch das Drehen des Waldteufels entsteht, ist dem
(sebrumm des Siebenschläfers eigen.
Er hält durchschnittlich einen siebenmonatigen Winterschlaf
und kommt meist Ende April in einem recht abgemagerten Zustande
zum Vorschein, um spätestens Ende Oktober wieder zu verschwinden.
In diesem abnorm kühlen Herbst hat er, wie mir Haucke schrieb,
schon am 10. Oktober die Winterquartiere bezogen. Vorher mästen
sich die Tiere förmlich und setzen eine erstaunlich dicke Fett-
schicht an, so daß sie zuweilen fast kugelrund werden. Als Winter-
lager bevorzugen sie hohle Buchen, in denen sie gemeinsam in
größerer Anzahl ruhen.
Ihr Fleisch und Fett wird von der Krainer Bevölkerung als
Leckerbissen sehr geschätzt, und ich kann nur sagen, daß ein
Risotto von Siebenschläfern durchaus nicht zu verachten ist. Auch
das ausgezeichnete Pelzwerk ist sehr gesucht; nach Mossısovıos!)
1) Das Tierleben der österr.-ungar. Tiefebenen. Wien 1897.
er
Zoologisches aus Krain und Istrien. 95
beträgt die Ausfuhr aus Krain in guten Jahren bis zu 800000
Stück. Schon Lınxn# (1766) sagt übrigens in seiner Original-
beschreibung von gls „carnes eduntur, pelles venduntur“; man
kann daraus wohl den Schluß ziehen, daß Linn& speziell der
Krainer Siebenschläfer vorgelegen hat, denn nirgends trifit diese
‚Bemerkung in dem Maße zu wie hier, wo glis so massenhaft
vorkommt. Der Beschreibung möchte ich hinzufügen, worauf
ich nirgends einen Hinweis fand, daß nämlich das Weibchen sich
meist durch bräunliche Farbentöne von dem silbergrauen Männchen
unterscheidet; besonders der Schwanz ist zuweilen völlig braun.
Planina; im Hintergrund die Gora, rechts das Forsthaus. Aufn. d. Verf.
Den Tieren wird aus den obengenannten Gründen eifrig nach-
gestellt, und zwar bedient man sich zum Fang ganz primitiver
hölzerner Fallen mit eisernem Schlagbügel, wie sie schon BecH#-
STEIN (1801) erwähnt. Auch im Winterlager werden sie bei milder
Witterung aufgesucht: die Leute schlagen mit Holzhämmern an
hohle Buchen, und wenn sie mit Siebenschläfern besetzt sind, so ver-
raten sich diese durch ihr oben geschildertes Gebrumm. Die Fänger
greifen dann mit bloßen Händen hinein „ins volle Siebenschläfer-
leben“ und holen die sonst außerordentlich bissigen, jetzt aber
schlaftrunkenen Tiere heraus; nur bei den letzten, die sich allmählich
96 WırLyr RAnmME,
ermuntert haben, wird die Sache unangenehm, und es setzt empfind-
liche Bisse.
Der Hauptfeind des Siebenschläfers ist der Uhu, wie mir
HauckE mitteilte und auch BEcHsTEINn schon erwähnt; besonders in
einer mächtigen, dichtbewaldeten Doline, die am Abhang des Javornik
liegt, der „großen Kolesivka“') horsten noch zahlreiche Stücke.
Auch die kleineren Eulen sowie Wildkatze und Marder stellen
ihm nach. |
In der Gefangenschaft ist der Siebenschläfer recht un-
interessant; er verschläft den ganzen Tag und beißt und knurrt,
sobald man ihn etwas unsanft anpackt. Ich habe mehrere Wochen
acht Stück mit größter Sorgfalt gepflegt, jedoch keinerlei Zähmungs-
erfolge bemerken können.
Der Baumschläfer (Myoxus aff. intermedius NEHR.) kommt
zwar vor, scheint aber recht selten zu sein; bisher gelang es nur,
ein Premier der Art zu erbeuten.
Von den Nagern ist ferner das Eichhörnchen zu erwähnen,
das —- wie an vielen Orten — in einer roten, hier übrigens recht
dunklen Form, sowie in einer schwarzen Form vorkommt. Außer-
dem tritt mit ziemlicher Konstanz in Zeichnung und Färbung eine
Form auf, die schwarzen Rücken und Schwanz, aber eine hellrote
Unterseite zu beiden Seiten des weißen Bauches zeigt.
An Mäusen haben wir sehr häufig Waldmaus und Feld-
maus gefangen; von Insektivoren kommen Maulwurf, Haus-,
Feld- und Wasserspitzmaus vor. Ob und inwieweit diese von
Stücken aus anderen Gegenden abweichen, ist noch zu untersuchen;
es bedarf dazu jedoch erst eines größeren Materials.
Was nun die Reptilien betrifft, so ist sehr bemerkenswert,
daß von unserer Kreuzotter eine völlig schwarze Form vor-
kommt, die auch keine Spur einer Bindenzeichnung mehr erkennen
läßt. Sogar die Unterseite der Schwanzspitze ist bis auf einige
winzige helle Fleckchen schwarz; bei der dunklen f. prester pflegt
wenigstens jene Partie die normalerweise orangerote Färbung zu
bewahren. Diese schwarze Otter nennen die Leute — ähnlich wie
bei uns — „Höllenviper“; sie kommt bei Planina an einer ganz
bestimmten, allbekannten Stelle vor und ist namentlich im Frühjahr
dort mit einiger Sicherheit anzutreffen. Vergebens habe ich mich
bemüht, ein normales Stück der Kreuzotter zu erhalten.
Häufig ist die oft eine ansehnliche Größe (90 cm und darüber)
erreichende Sand viper (V.ammodytes Dum. er Bıpr.), und vereinzelt
!) spr. Koleschoka!
Zoologisches aus Krain und Istrien. 97
kommt die Aesculapnatter (Coluber longissimus Laur.) vor.
Letztere scheint von Krain noch nicht bekannt gewesen zu sein.
Lacerta virıdıs GERM. ist an sonnigen Hängen häufig; die jungen
und besonders zuweilen die noch nicht völlig erwachsenen Tiere
sind auffällig stark schwarz gefleckt; ähnliche Stücke sah ich bisher
nirgends. Lacerta muralıs Laur. kommt in einer braunen Form
vor; die vom Gipfel der Gora stammenden Tiere haben ganz ver-
waschene Rückenzeichnung. In Istrien dagegen sah ich fast aus-
schließlich grüne Stücke; nur auf der kleinen unbewohnten Insel
San Giovanni bei Rovigno waren sie den auf der Gora erbeuteten
ähnlich.
Einen bemerkenswerten Fund machte während meiner An-
wesenheit einer der Heger; er brachte uns eine lebende griechische
Landschildkröte (Testudo graeca L.). Sie ist, soweit ich feststellen
konnte, an einem so nördlichen Punkte noch nicht beobachtet
worden. SCHREIBER ist allerdings der Ansicht, daß alle die Stücke,
die außerhalb ihres eigentlichen Verbreitungsgebietes, der Balkan-
halbinsel, gefunden wurden, eingeschleppt seien. Damit würde im
Einklang stehen, daß die wenigen bisher bei Planina gefangenen
Stücke nach Angabe von HauckE in der weiteren Umgebung des
fürstlichen Schlosses gefunden wurden.
| Die Hauptausbeute lieferten naturgemäß die Insekten. Aller-
dings waren die meisten Ordnungen schon stark im Rückgang be-
griffen; nur die Orthopteren standen auf dem Höhepunkt ihrer Ent-
wicklung. Da sie mich zudem seit langem sehr interessiert hatten,
widmete ich ihnen besondere Aufmerksamkeit. So konnte ich denn
in Krain und Istrien, einem Dorado der Heuschrecken, insgesamt
über 80 Arten erbeuten; eine Zusammenstellung derselben in biologisch-
faunistischer und in systematischer Hinsicht wird anderen Ortes
erscheinen.
98 RicHARD STERNFELD.
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen.
Von RICHARD STERNFELD.
Mit Tafel X— XII und 7 Figuren im Text.
Ein halbes Jahrhundert ist seit der Entdeckung der Mimiery
durch Bares vergangen, und heute sind die Ansichten über diese
merkwürdige Erscheinung vielleicht geteilter als je zuvor. Von
Herpetologen haben in neuerer Zeit vor allem GApow und WERNER
die Nachahmungstheorie energisch bekämpft, jener als Vertreter
der Idee einer zielstrebigen Entwicklung (Isotely), dieser aus prin-
zipiellen theoretischen Gründen. Die Lösung der Frage kann
jedenfalls nur von den Objekten selbst, in diesem Falle also von den
Giftschlangen und ihren wirklichen oder angeblichen Nachahmern
gegeben werden. Entweder handelt es sich in der Tat, wie GADow
will, um eine Parallelerscheinung — die ähnlich gefärbten Arten
wurden und werden ohne direkte gegenseitige Beziehung unter der
Wirkung gewisser innerer und äußerer Einflüsse dem gleichen Ziele
zugeführt (Isotely and Coralsnakes; Zool. Jahrb. Sept. 1911). Oder
aber es liegt in der Tat Nachahmung vor, und dann muß der
Nachahmer abhängig sein von seinem Vorbilde. Abhängig
im Vorkommen, in der Größe, in der allgemeinen Körperform, in
seiner Lebensweise, in der ganzen Entwicklungsgeschichte seiner
Zeichnung und Färbung, in allem, was neben der ähnlichen Färbung
zur Wirkung der Nachahmung auf irgendwelche Schlangenfeinde
unerläßlich ist. Wie weit das der Fall ist, darüber müssen uns
eben die Objekte Auskunft geben. Ich habe nun, an Hand der
Schlangensammlung des Berliner Museums für Naturkunde, so viele
Mimicryfälle als möglich von jenen Gesichtspunkten aus geprüft,
und ich glaube, zu einigen positiven Resultaten gekommen zu sein.
Die Mimierygruppe der Elapiden.
Die Zahl der Mimieryfälle ist ganz erheblich höher, als bisher
angenommen wurde; es sind weit über 100. Im Zusammenhange
damit zeigt sich, ganz wie bei den Schmetterlingen, die Bildung von
„Mimieryringen“, ganzer Gruppen gleichartig gefärbter giftiger und
ungiftiger Formen im gleichen Gebiete. Den großartigsten dieser
Ringe, eine förmliche G. m. b. H. für Mimiery, bilden die wohl-
bekannten, rot und schwarz geringelten Korallenottern Amerikas
und ihre Nachahmer. Die Korallenottern selbst gehören sämtlich
der einzigen Gattung Zlaps an und sind in etwa 35 Arten über einen
sroßen Teil beider amerikanischen Kontinente verbreitet. In ihrem
Hauptgebiete, in Südamerika, fehlen sie lediglich in Chile und in
u u 5
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 99
der Südhälfte Argentiniens, den La Plata wohl nicht überschreitend.
Über Zentralamerika und Mexiko sind alsdann einige Arten nord-
wärts vorgedrungen, und eiue von ihnen hat die mittleren und öst-
lichen Staaten der Union erreicht. Westindien ist fast frei von ihnen;
sie sind über Trinidad und die nächstbenachbarten kleinen Antillen
nicht hinausgekommen. In diesem Gebiete tragen nun noch etwa
60 Arten aus 26 verschiedenen Gattungen ein ähnliches Farbenkleid
wie die #laps-Arten. Andere Angehörige der gleichen Gattungen
finden sich weit darüber hinaus, in Kanada, Westindien, Chile und
Patagonien, für jene 60 Arten aber, jedenfalls für mimetisch
beeinflußte Individuen dieser Formen, ist das Gebiet der Gattung
Elaps maßgebend. Diese Tatsache ist nicht unbestritten. Coronella
doliata, die in den Mittelstaaten der Union als Nachahmer von
Elaps fulvius auftritt, findet sich nach Gapow bis Kansas und selbst
Nebraska, bis Indiana und Maryland, während die Giftschlange nur
einmal am Ohio gefunden und selbst dorthin wahrscheinlich ver-
schleppt sei. Auf alle Fälle aber finde sich die Coronella mindestens
400 Meilen von diesem Fundorte der Zlaps entfernt. Es handelt
sich natürlich um englische Meilen, also etwa 640 km, aber diese
Angabe ist überhaupt nicht richtige. Nach BouLenGer’s Catalogue
of Snakes reicht das Gebiet von Zlaps fulvius bis zum Missouri,
dem Ohio und Süd-Virginia. Das deckt sich aber, wie ein einziger
Blick auf die Karte zeigt, fast wörtlich mit GApow’s Angaben für
Coronella doliata, denn Kansas und Nebraska liegen südlich vom
Unterlaufe des Missouri, Indiana am Mittellaufe des Ohio, und
Maryland ist nichts anderes als eine Halbinsel von Virginien, kaum
so groß wie eine mittlere preußische Provinz. Gapow bestreitet
diese Fundorte auch nicht; er erwähnt sie nämlich gar nicht, ich
habe sie jedoch in der amerikanischen Literatur bestätigt ge-
funden. HorBRooX spricht sogar unter Nennung von Sammler
und Besitzer von einem Exemplare vom oberen Missouri. Es
bliebe also höchstens die Abweichung Maryland-Virginia zu
erklären. Die ist aber so winzig, daß sie bei der Ungenauigkeit
der amerikanischen Fundortsangaben vollkommen vernachlässigt
werden darf. Sind doch selbst in einem verhältnismäßig so gut
bekannten Gebiete wie Deutschland noch in neuester Zeit ver-
schiedene Reptilien (Coluber longissimus, Tropidonotus tesselatus.
Lacerta viridis, Emys orbicularis) an Orten entdeckt worden, wo
sie bis dahin niemand vermutet hatte. Vor allem aber darf nicht
vergessen werden, daß es in den Grenzgebieten gar nicht auf die
Verbreitung der betreffenden Schlangen, sondern auf die der
Schlangenfeinde, oder genauer gesagt der schlangenfressenden
7
100 RicHARD STERNFELD.
Individuen ankommt. ‚Jeder Raub- oder Rabenvogel, der die Zlaps
kennen gelernt hat, überträgt ja ohne weiteres die Mimierywirkung
auf die benachbarten Gebiete, denn, wenn auch der Herpetologe
aus seinem Lehrbuche vielleicht erfahren hat, daß die Giftschlange
dort nicht mehr vorkommen darf, woher soll der Raubvogel es
wissen? Der einzige weitere mir bekannte Fall, in dem ein Nach-
alhımer das Gebiet seines Vorbildes angeblich überschreitet, betrifft
Lystrophis semieinctus, von der sich im Britischen Museum zwei
Exemplare mit der Etikette Patagonien befinden. Beide stammen
anscheinend aus der gleichen Sendung, weder der Sammler noch ein
genauer Fundort ist angegeben, und da die Art sonst niemals südlich
vom La Plata gefunden worden ist, so glaube ich berechtigt zu
sein, die Herkunft aus Patagonien anzuzweifeln.
Ich bin auf diese Fälle deshalb so genau eingegangen, weil in
der Tat nichts die ganze Mimierytheorie leichter erschüttern könnte,
als ein Vorkommen mimetischer Formen weit außerhalb des Ge-
bietes ihres Vorbildes. Ich stelle daher weiter fest, daß sich weder
in Kanada noch in den nördlichen Teilen der Vereinigten Staaten,
weder in Westindien noch in Chile und Patagonien, noch irgendwo
auf der ganzen Erde auch nur eine einzige Schlange findet, die als
guter Nachahmer einer der typischen Zlaps-Arten angesehen werden
könnte, mit alleiniger Ausnahme einiger nicht amerikanischen Elapiden.
Grade diese letzte Tatsache möchte ich hervorheben gegenüber
Gapow’s Ansicht, daß ein gewisses spezifisch amerikanisches Etwas,
der „Genius loci“, die Ursache der gleichartigen Färbung bei so
zahlreichen giftigen wie ungiftigen Schlangen Amerikas sei. Dieser
Genius loci ist überhaupt ein etwas geheimnisvolles Ding. Was
ist denn eigentlich in jenem gewaltigen Gebiete, das vom Missouri
bis zu den Pampas, von den Alleghanies bis zu den Hochtälern der
Anden, vom Felsengebirge bis zur Mündung des Amazonas reicht,
das mit seinen 25 Millionen Quadratkilometern Europa um mehr
als das Doppelte an Größe übertrifft, gleichartig? Was ist ihm
denn anderes gemeinsam als die sieben Buchstaben „A-m-e-r-i-k-a“,
mit denen der Homo sapiens es auf seinen papierenen Landkarten zu
bezeichnen pflegt? Im allgemeinen steht doch das nearktische
Gebiet dem palaearktischen viel näher als dem neotropischen, und
wenn in Eurasien keine harmlose Schlange die Färbung einer Zlaps
trägt, so bleibt als einzige Erklärung eben doch nur das Fehlen dieser
Gattung übrig. Nun fragt GApow nicht ganz mit Unrecht, warum
es denn in Innerafrika keine elapsartig gefärbten Schlangen gebe,
wenn eben jene Färbung nicht etwas spezifisch amerikanisches sei.
Diese Fragestellung selbst ist jedoch falsch. Es gibt nämlich in
Die Erscheinungen der Mimicry bei den Schlangen. 101
Afrika eine Gattung mit ganz typischer Zlaps-Zeichnung, die
Elapidengattung Boulengerina. Wir haben also ursprünglich in
beiden Erdteilen nur je eine solche Gattung; hier Zlaps, dort Boulen-
gerina. Da aber die afrikanische Gruppe nur wenige, seltene Arten
enthält, so konnte sie logischerweise keine Nachahmer züchten, und
da Elaps eine vielköpfige Gattung mit mehreren sehr häufigen
Arten ist, so hat jetzt Amerika an hundert Schlangen mit schwarz-
roter Ringelung, aber lediglich in dem Gebiete, das die eine
Gattung Zlaps bewohnt.
Liegt hier wirklich Nachahmung vor, so darf sich diese Färbung
natürlich auch nur bei solchen Schlangen finden, für die eine Ähn-
lichkeit mit Zlaps einen Vorteil bedeutet. Es scheiden damit
zunächst alle Giftschlangen der Gattungen Lachesis, Ancıstrodon,
Crotalus u. s. w. vollkommen aus, da sie selbst furchtbarer sind als
die Korallenottern.- Es scheiden ferner alle jene Formen aus, die
in Größe und Körperform zu sehr von Zlaps abweichen, um bei
ganz oberflächlicher Ähnlichkeit — und davon muß die Mimiery
ja ausgehen — eine Täuschung verursachen zu können. Alles
das trifft tatsächlich zu. Wir finden die Nachahmer weder
unter den selbst giftigen Crotaliden noch unter den im Habitus
erheblich abweichenden Baumschlangen, weder unter den zu großen
Boiden noch unter den zu kleinen Typhlopiden und Glauconiden.
Es ist klar, daß eine fünf bis sechs Meter lange Boa oder Anakonda
nicht mit einer Korallenotter verwechselt werden kann, auch wenn
ilıre Grundfärbung einmal etwas rötlicher ist als gewöhnlich, oder
wenn ein paar Flecken auf ihrem Rücken zu Querbinden verschmolzen
sind. Andererseits wird ein Schlängelchen von der Größe eines
Regenwurmes schwerlich durch eine flüchtige Ähnlichkeit mit der
Giftschlange sich Achtung verschaffen können. Es ist geradezu
frappierend, mit welcher Klarheit sich die Abhängigkeit der Nach-
ahmer von der Größe des Vorbildes in den einzelnen Gattungen
selbst erkennen läßt. Die Mehrzahl der Korallenottern schwankt
in der Länge zwischen 0,5 und 1 m, wenige Arten überschreiten
dieses Maß gelegentlich, und nur Zlaps surinamensis erreicht eine
Länge von 19 m. Genau so verhalten sich die Nachahmer. Sehr
wenige von ihnen messen über 1 m, und nur Urotheca bieiwmeta
erreicht 1,95 m. Diese Art aber lebt im Gebiete von Zlaps
surinamensis. Ich gebe nun eine Übersicht sämtlicher Arten der
beiden Gattungen Oxyrhopus und Homalocranıum, um zu zeigen,
wie scharf sich die Abhängigkeit hier ausprägt. Die Maße sind
teils dem Bovtenger’schen Catalogue of Snakes entnommen, teils
von mir selbst an dem Berliner Material festgestellt.
7#
102 RICHARD STERNFELD.
Länge
Oxyrhopus celoeeia -. - ». . . .]| 2100 mm | nicht mimetisch
R machlatus RAR a
5 neinptediv: .Y . cu DR =
x FUSWALUB ie DER FR RATE Mi
R guerimm: 2°. Re A 5 |
= fitzingeri - - - - .[ 1090 , |
r toronabus:' > -..0.2%. PERIOD EEE ie
ä petolarius . . . -| 910 „ | mimetisch
Ri occipitoluteum . . . 900 „ nicht mimetisch
5 rhombifer inte 2008 mimetisch
5 bitorquatus ... 890.75 >
hr for Mosue..T ea 870.5
er clathralus ar 198% "
E Labralssı" EN 760 „ 3
5 robinsont: 282 1 SR nicht mimetisch
y Kaase 2 NEE 690 „ he
€ melanogenys . .» - - 680 ,„ | vielleicht mimetisch
r: irigeminus 2: ur 660 „ mimetisch
Boni er 655 „ | nicht mimetisch
R dolvatus RER 550 „ | mimetisch
Homalocranıum melanocephalum 500 „ nicht mimetisch
il annulatum . 484 „ mimetisch
x semicinctum . AO, a
OÖxyrhopus undulatus . . . . 465 „ nicht mimetisch
Homalocranium marcapatae . an mimetisch
A rubrumsNe 2229, 390 „ | nicht mimetisch
= altiedla nike 330 „ “
2. virgatum .» . .» alhe: J
% moestum ii... 300 „ “
Mr longifrontale . . 280 „ >
5 trilineatum . . 275 ,„ >
# mimatum » . . ra Je x
si planiceps . . . 260 „ &
E retreulatum . . 260 „ in
4 boentkEhN NFR 245 „ "
» fuscum hr 2 245 „ A
® boulengeri . . . 240 „ iD
“ ruficops 0. BB ?
£ coronatum . . 220 „ | 5
5 schistosum . . . 220 „ Fr
2 calamarıum » . 195.0, E
Die Erscheinungen der Mimicery bei den Schlangen. 103
Länge
Homalocranium gracille . - - . 195 mm | nicht mimetisch
e hoffmannn . | 11 MER #
F wilcoXi - » ».| 185 „ R
» eamalara. Br0r=;, gl
R EITBEBS 2. 1790: 7, -
® ee er 140 „ 2
$ vermiforme . . 130 „ a
Wie man sieht, verliert das geheimnisvolle amerikanische
Etwas, der „Genius loci“, der die schwarzrote Ringelung bei den
Schlangen Amerikas erzeugen sollte, unterhalb von 40 und oberhalb
von 100 cm seine Kraft. Ein merkwürdiger Genius!
Für die Beurteilung der Zeichnung und ihrer Entstehung ist
in erster Linie hervorzuheben, dab die Querringelung ein gemein-
samer Charakter der ganzen Unterfamilie der Proteroglyphen ist.
Dunkle Binden auf hellem Grunde finden wir außer bei Zlaps noch in
folgenden Gattungen: Hlapechis, Boulengerina, Homorelaps, Aspidelaps,
Naja und Sepedon in Afrika, bei Bungarus, Naja, Callophis, Doli-
ophis und Hemibungarus in Asien, bei Furina, Behynchelaps,
Acanthophis und ausnahmsweise bei Diemenia (D. textilis juv.) in
Australien, außerdem bei sämtlichen Gattungen und fast allen Arten
der pelagisch gewordenen Hydrophinen. Auch bei Arten, wo die
Ringelung nicht mehr deutlich auftritt, zeigt sie sich in der Jugend-
zeichnung (Naja bungarus), an einzelnen Stellen (Halsring bei
Naja nigricollis, Sepedon haemachates usw.), oder in gelegentlichen
Rückenschlägen (Naja haje, Naja melanoleuca). Die dunklen
Querringe bilden also offenbar einen uralten Bestandteil
der Proteroglyphenzeichnung. Bei einer Reihe von Gattungen
“haben nun die hellen, ursprünglich wohl weißen Zwischenräume
sekundär eine dunkle Tönung erhalten, wobei regelmäßig die ur-
sprüngliche Färbung als heller Saum an den schwarzen Querringen
erhalten blieb. Der ganze Vorgang wird uns von Zlapechis
quentheri, einer kleinen afrikanischen Elapide im Laufe ihres
Wachstums ganz ausgezeichnet vorgeführt. Eine typische Zlaps
corallinus etwa gleicht aber in der Zeichnung vollkommen einer
erwachsenen Zlapechis; sie trägt auf rotem Grunde schwarze, schmal
gelblich- oder grünlichweiß gesäumte Binden, und diese Zeichnung
ist die Grundlage für alle weiteren, bei Zlaps vorkommenden Diiffe-
renzierungen. Zunächst kann schwarzes Pigment in den roten Zwischen-
räumen, zuerst gewöhnlich in den Schuppenspitzen, auftreten, und
durch Ansammlung des dunklen Farbstoffes am Außenrande der lichten
Säume entstehen die für viele Zlaps-Arten charakteristischen Dreier-
104 RICHARD STERNFELD.
gruppen von schwarzen Querbinden. Ich stimme hier vollkommen
“ überein mit Werxer (Über die Zeichnung der Schlangen, Wien 1890),
während Gapow eine gänzlich andere Ansicht vertritt, auf die ich
noch zu sprechen kommen werde. Infolge dieser Entstehungsart
treten bei allen Korallenottern nur einfache oder eben dreifache
Binden, nie aber Doppelbinden auf. Die beiden äußeren Binden
sind ursprünglich stets schmaler als die Mittelbinde, auch wenn
diese so schmal ist wie etwa bei Elaps decoratus, sie können sich
aber verbreitern und schließlich den roten Zwischenraum völlig
verdrängen. Die Schlange ist dann schwarz mit schmalen, paar-
weise stehenden gelben Querringen (z. B. Zlaps annellatus). Auch
die gelben Säume können sich zu Binden verbreitern (z. B. bei Zlaps
maregravi und manchen Formen von EZ. fulvius), und endlich
gewinnt bei Zlaps fulvius manchmal auch das Rot die Oberhand,
schmälert die schwarzen Binden und bringt sie schließlich zu teil-
weiser Auflösung. Eins aber müssen wir im Auge behalten: Von
einer Entwickelung der schwarzen Querringelung ist bei Zlaps
nichts zu bemerken. Sie ist als uralte Proteroglyphenzeichnung
stets von vornherein vorhanden und vollkommen ausgebildet.
Bei den Nachahmern ist das durchaus nicht der Fall. Auch
sie sind natürlich auf rotem oder gelbrotem Grunde quergebändert,
sonst wären sie ja keine Nachahmer, aber die vollkommene, regel-
mäßige Querringelung der Elapiden findet sich nur bei wenigen
Varietäten einzelner Arten (Zrythrolamprus aesculapıi, Urotheca
elapoides, Atractus elaps, Simophis rhinostoma). In zahlreichen
Fällen aber sind wir imstande, die heutige mimetische Färbung
auf ihre Ursprungsform, irgendeine ganz oberflächliche Ähnlichkeit
mit Zlaps zurückzuführen, sei es, dab neben der nachahmenden
Form noch unbeeinflußte Varietäten vorkommen, sei es, daß die
Zeichnung selbst uns ihre Geschichte erraten läßt. So trägt Zystro-
phis dorbignyi in Chile und Argentinien auf gelblichbraunem Grunde
drei Längsreihen großer, brauner Rückenflecken. In Süd-Brasilien
findet sich neben dieser Form eine andere mit rötlicher Grundfarbe
und schwarzbraunen Querbinden, deren Zusammensetzung aus drei
Flecken noch ganz deutlich erkennbar ist. Bei Zystrophis semiernctus
und mehreren Oxyrhopus-Arten verrät ein Knick in der Mitte der
Querbinden die Entstehung aus zwei alternierenden Querflecken.
Liophis poecilogyrus demonstriert in ihren verschiedenen Varietäten
die Umbildung eines schwarzen Netzmusters in eine typische Zlaps-
Zeichnung durch allmähliches Dunkeln der hellen Netzmaschen (Taf. XI,
Fig. 19—21). Bei den nordamerikanischen Coronelliden schließlich
hat sich das Braun schwarz gesäumter Rückenflecken in Rot ver-
|
|
SP BERE
N
BE, F
Bu Pr
N eg!
+ i
N
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 105
wandelt, und ihre schwarzen Säume sind zu Querbinden geworden.
Die Gunst der Umstände hat uns hier die ganze Entwicklungs-
geschichte der Zeichnung und Färbung in verschiedenen lebenden
Coronella-Arten aufbewahrt, und der Grund dafür ist leicht zu
erkennen: Zlaps fulvius, die hier das Vorbild darstellt, konnte erst
nach Überbrückung der Panamaenge, vermutlich gegen Ende der
Tertiärzeit, den Boden Mittelamerikas und von da aus Mexiko und
die Vereinigten Staaten erreichen, wo sie vordrang, soweit die
. diluviale Vereisung ihr das gestattete. Traf sie in Nordamerika
nun auf eine Coronella, etwa von dem Aussehen der Coronella
trıangulum, so muß diese heute um so stärker mimetisch
umgefärbt sein, je länger der Einfluß der Zlaps bereits
gedauert hat. In der Tat bilden heute die vier sogenannten
Arten Coronella trıangulum, doliata, gentilis und micropholis eine
Gruppe, deren Mitglieder sich wesentlich nur durch ihre mehr oder
weniger große Ähnlichkeit mit Elaps fulvius unterscheiden, und
diese Ähnlichkeit nimmt von Mexiko aus nach dem Norden
und Osten der Union zu allmählich ab.
Im Norden der Vereinigten Staaten und im Süden von Kanada,
durchweg außerhalb des von Zlaps fulvius bewohnten Gebietes,
lebt Coronella triangulum. Sie trägt auf heller, fast weißer Grund-
farbe braune oder rotbraune, etwa sechseckige, schwarz gesäumte
Rückenflecken und eine Reihe kleinerer, unregelmäßiger, braun-
schwarzer Flecken unten an jeder Seite (Taf. X, Fig. 1 u.6). Südlich
vom 35.—40. Breitengrade etwa tritt an ihre Stelle Coronella doliata.
Das Braun der Rückenflecken ist hier zu einem stumpfen Rot ge-
worden, die schwarzen Säume haben sich verbreitert, lösen sich an den
Seiten auf, und die frei gewordenen Enden suchen Anschluß an die
schwarzen Seitenflecken. Es ist auffallend, wie schnell durch diese
verhältnismäßig geringen Veränderungen aus der fast indifferenten
Coronella triangulum eine „Korallenschlange* entsteht (Taf. X,
‚Fig. 2,7 u.8). Aber die Zlaps hat einfache und die Coronella vorläufig
noch doppelte schwarze Binden. Bei Coronella gentilis in Louisiana,
Texas und Nordmexiko beginnen jedoch die hellen Zwischen-
räume bereits zu dunkeln, und die Querbinden werden immer
mehr zu vollkommenen Ringen (Taf. X Fig. 3). Coronella micro-
pholis in Mexiko endlich hat das Ideal nahezu erreicht (Taf. X
Fig. 4). Aus den ursprünglich doppelten Säumen ist durch fast
völliges Schwarzwerden der trennenden Lücke ein einheitlicher
Querring geworden, der jetzt auch auf die Bauchseite übergreift,
und die Schuppenspitzen im Rot des Leibes sind schwarz pig-
mentiert, ganz wie bei dem Vorbilde.e Der Bekämpfer der
106 RICHARD STERNFELD,
Mimierytheorie, Gapow selbst muß von dieser Schlange sagen:
Coloured and behaving exactly like Zlaps, itis often mis-
taken for a true „Corallillo“! Ich möchte hervorheben, daß
die auf Taf. X Fig. 5 dargestellte Varietät von #. fulvius vom |
gleichen mexikanischen Fundorte vorliegt wie OCoronella miceropholis. |
Häufiger kommt sie jedoch in einer Form vor, bei der die schwarzen
Ringe breit gelb gesäumt sind. Die roten Felder sind alsdann un-
regelmäßig schwarz gefleckt, und manchmal zeigt sich mehr oder
weniger deutlich sekundäre Ringbildung (vgl. Taf. X Fig. 11). Die
Art und Weise, in der die Ooronella auch dies zweite Vorbild nach-
geahmt hat, ist außerordentlich charakteristisch für die Wirksamkeit
der Selektion überhaupt. Ein leicht gelblicher Ton in den ur-
sprünglich weißen Räumen zwischen zwei schwarzen Ringen genügte,
um die gelben Querringe der Zlaps vorzutäuschen, und diese leicht
vorkommende Variante mußte wohl oder übel durch Selektion
erhalten werden, ohne Rücksicht auf eine etwaige spätere Er-
schwerung des Züchtungsprozesses. So haben wir jetzt eine
zweite ÜOoronella micropholis mit einem gelben Ringe zwischen
zwei schwarzen (Taf. X Fig. 9 u. 10), und diese Zeichnung, die
ursprünglich eine Annäherung an das Vorbild bedeutete, hindert
jetzt die Erzielung völliger Gleichheit. Es könnte freilich durch
Schwärzung des ganzen roten Raumes ein ähnliches Bild wie bei
der Elaps erzielt werden, aber die anstoßenden Ringe müßten dann
rot bleiben, oder die ganze Schlange würde schwarz mit gelben
Ringen sein. Gapow hält tatsächlich diese Färbung der Coronella
(Taf. X Fig. 10) für die Vorstufe zu der dreifachen Ringelung bei
Elaps, eine vollkommen absurde Idee, da er damit die schwarzen
Querringe, den ältesten Bestandteil der Proteroglyphenzeichnung für
eine Neuerwerbung erklärt. Er wundert sich dann auch, dab eben
jenes Muster, ein gelber Ring zwischen zwei schwarzen, bei keiner
einzigen Elaps vorkommt. Es ist ihm auch aufgefallen, dab bei
einzelnen Arten, z. B. Elaps decoratus, die schwarze Mittelbinde
viel zu schmal ist, um als eine Verschmelzung zweier schwarzer
Ringe und eines ganzen roten Raumes angesehen zu werden.
Gapow hätte sich darüber durchaus nicht zu wundern brauchen,
wenn er nicht eben von völlig falschen Voraussetzungen ausge-
gangen wäre.
Die Komplikationen der Elapidenzeichnung, vor allem die
Dreierringe sind für die Nachahmer überhaupt verschiedentlich
Steine des Anstoßes gewesen. Wirklich gut gelungen ist die Kopie
bei Simophis rhinostoma, die mit Elaps marcgravu z. B. ganz
vorzüglich übereinstimmt (Taf. XII, Fig. 30 u. 31). Simophis hat
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 107
v
zwischen zwei schwarzen Ringen einen dritten eingeschoben,
und dieser neue Ring ist denn auch etwas schmaler als die
beiden äußeren jeder Gruppe Bei der Elaps verhält es sich
umgekehrt, doch fallen die geringen Abweichungen wenig auf.
Erythrolamprus aesculapıi und Atractus latifrons haben durch
Spaltung Doppelbinden und die erste Art sogar Vierergruppen
gebildet; immer besser als gar nichts, wenn auch die korrekte
Dreiergruppe nicht erzielt wurde. Besonders lehrreiches Material
liefern uns Arten wie Oxyrhopus trıgeminus, bei denen die ur-
sprüngliche Zeichnung aus alternierenden Querflecken bestand,
Fig. 1 u. 2. Oxyrhopus trigeminus; Stück der Rumpfzeichnung von der
Seite (l) und von oben (2).
und die eine Zlaps mit Dreierbindung als Vorbild hatten. Hier
. stand die Selektion vor zwei verschiedenen Aufgaben. Die Quer-
flecken sollten zu Querbinden und gleichzeitig sollte die Dreiergruppe
erzielt werden. War hier eine neue Binde ähnlich wie bei Simophis
schon eingeschaltet, ehe die Alternation aufgehoben war — und
das hing ja nur vom Zufall der vorkommenden Varianten ab —,
dann traf die Mittelbinde der einen Gruppe auf eine Randbinde
der gegenüberliegenden, die Verschmelzung trat ein, und das Unglück
war fertig. Die Schlange gleicht jetzt von der Seite zwar ihrem
Vorbilde, von oben gesehen aber erscheint ihre Zeichnung geradezu
unsinnig (Fig. 1 u. 2). Die Selektion hat einen Irrweg eingeschlagen,
weil dieser auch nur einen Augenblick lang tatsächlich dem Ziele
näher brachte, und sie hat sich jetzt hoffnungslos verlaufen, da
eine Korrektur des falschen Musters theoretisch unmöglich erscheint.
Selektion kann nicht den kleinsten Schritt rückwärts tun, auch
wenn ihr dadurch die Möglichkeit zu zehn Schritten vorwärts eröffnet
108 RiCHARD STEKNFELD,
würde, und die notwendige Auflösung der beiden verschmolzenen 2
Binden wäre ein solcher Schritt rückwärts.
Den einfachsten Beweis dafür, daß die ganze Nachahmung nur
für das Auge berechnet ist, liefert uns fast jede der mimetischen
Arten, wenn wir sie von unten ansehen. Ein Oxyrhopus etwa
kann auf der Oberseite bereits die dreifache Ringelung und die
Schwarzfärbung der Schuppenspitzen erreicht haben, und doch ist
seine Bauchseite noch völlig oder fast völlig ungezeichnet, frei von den
bei Elaps den Körper regelmäßig rings umziehenden Ringen. Selbst
ein so geetreuer Kopist wie Simophis rhinostoma ist unterseits noch
sehr unregelmäßig gemustert, und höchstens Zrythrolamprus aes-
culapır erreicht manchmal die normale durchgehende Ringelung
des Vorbildes.. Wenn also GApow von einer Parallelerscheinung
spricht, von Isotely, der „Erreichung des gleichen Zieles auf dem
Wege über ähnliche, aufeinander folgende Stationen“, so muß ich
dem ganz entschieden entgegentreten. Die Querringelung der
Elapiden bildet den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht.
Der Marsch aller übrigen Formen strebt diesem einen gemeinsamen
Ziele zu. Nicht parallel, sondern konvergierend sind ihre
Wege; sie sind abhängig in Vorkommen, Größe und Habitus,
in jedem Schritte, den die Entwicklung ihres Farbmusters
vorwärts geht, von ihrem Vorbilde, der Korallenotter.
Weitere Fälle von Mimicry.
Amerika besitzt neben der großen Gruppe der Elapiden und
ihrer Nachahmer noch einen kleineren „Mimiceryring“, gebildet
durch die Gattung Lachesis. Sie hat nur wenig Anhang gefunden,
bezeichnenderweise aber gerade unter den wenigen Formen, die
schon in ihrem Habitus sich dem plumperen, gedrungenen Bau der
Crotaliden nähern. So aus der Gattung Aenodon mehrere Arten.
Ferner Drymobius rhombifer und Nothopsis rugosus, die schon von
CorE für einen der ausgezeichnetsten Nachahmer erklärt wird. Alle
diese Schlangen tragen an den Seiten die besonders für Lachesis
atrox charakteristischen, etwa hufeisenförmigen dunklen Abzeichen
(Taf. XI, Fig. 22 u. 23). Stenorhina degenhardti dagegen Kopiert
in einer ihrer Varietäten die sanduhrförmigen, hellgesäumten Rücken-
flecken von Lachesis neuwied® (Taf. XI, Fig. 24 u. 25). Ob die
nordamerikanischen Heterodon-Arten durch Crotalus mimetisch be-
einflußt sind, erscheint mir zweifelhaft.
Afrika hat keine größeren Mimierygruppen aufzuweisen, wohl
aber eine ganze Reihe von Einzelfällen, die zum größten Teile auch
bereits bekannt sind. Schon Warracz erwähnt, daß Dasypeltis
|
j
‘
.
%
ur
‘4 7
2
F -
Ag
&
en:
»&
U
Die Erscheinungen der Mimicery bei den Schlangen. 109
scabra, die bekannte eierfressende Schlange, in Südafrika die Vipe-
ride Bitis atropos nachahme. Die, Nachahmerin nimmt sogar, wenn
angegriffen, völlig die Stellung einer wütenden Viper an, breitet
den Hinterkopf und beißt heftig nach dem Gegner. Daß eine Schlange
beißt, wäre ja nun sehr natürlich, aber Dasypeltis scabra hat total
verkümmerte Bezahnung! Die gleiche Schlange stimmt in Deutsch-
Südwestafrika mit Bitis caudalis überein, die dort ihre Verwandte
vertritt, und diese Übereinstimmung erstreckt sich auch auf den
Körperbau; die südwestafrikanische Dasypeltis ist viel kurz-
schwänziger als ihre Artgenossen. Die gleiche Giftschlange hat noch
Fig. 3—7. Rückenzeichnung von Echis carinatus aus Ägypten (3), Dasypeltis
scabra aus Agypten (4), Dasypeltris scabra aus Ostafrika (5). Dasypeltris scabra
aus Deutsch-Südwestafrika (6) und Bitis caudalis aus Deutsch-Südwestafrika (7).
einen weiteren Schützling in Ahamphiophis multimaculatus, der den
verschiedenen geographischen Varietäten seines Vorbildes getreulich
folgt. Die Dasypeltis ihrerseits erinnert in Togo an Echis carınatus,
und in Äpypten an eine andere Varietät der gleichen Viper. Die
Übereinstimmung ist hier ebenso: groß, wie die mit Bitis caudalis,
beide Zeichnungen aber sehr verschieden und stark abweichend
von der normalen (vgl. Fig. 3--7). Tarbophis semiannulatus hat
in Ostafrika breite braune Rückenflecken, in Südwestafrika sind
schmale schwarze Binden daraus geworden, die stark an die
Zeichnung von Aspidelaps lubricus, einer südafrikanischen Elapide
erinnern. Eine andere Tarbophis-Art, Tarbophis varıegatus ähnelt in
Togo der schon erwähnten Echis. Auch die Ähnlichkeit der Gat-
tungen Calamelaps und Macrelaps mit Atractaspis könnte als
Mimiery aufgefaßt werden und hat auch schon Herpetologen zu
Verwechslungen verleitet. Bei einfach schwarzer Färbung und
110 RICHARD STERNFELD,
ähnlicher Lebensweise mag diese Übereinstimmung -aber auch auf
Zufall beruhen.
Einem ausgezeichneten Mimicryringe begegnen wir wiederum
in Asien. Das indo-malayische Gebiet beherbergt eine Anzahl
Elapiden mit schwarzweißer oder schwarzgelber Ringelung. Dazu
gehören vor allem die häufigsten Arten der Gattung Dungarus,
ferner die furchtbare Naja bungarus, wenigstens im Jugendkleide.
Als Nachahmer kommen hier besonders mehrere Arten der Gat-
tungen ZLycodon und Dryocalamus in Betracht, die mitunter von
ihrem Vorbilde kaum zu unterscheiden sind. So sind bei Dryo-
calamus nympha die weißen Binden in der Mitte dunkel gefärbt,
ganz wie bei Dungarus candıdus (Taf. XIIL, Fig. 32 u. 33). Lycodon
carınatus von CGeylon hat auf dem Rücken verschmälerte, oft in
Flecken aufgelöste Binden, wie sie nur Bungarus ceylonicus zeigt
(Taf. XII, Fig. 26 u. 27) und Zycodon subeinctus von Java unter-
scheidet sich von Dungarus candıdus juv. lediglich durch eine
etwas geringere Zahl weißer Querbinden. Auch die auf rotbraunem
Grunde schwarz geringelte Callophis machellandi und die mittel-
asiatischen Crotaliden (Ancıstrodon) haben ihre Nachahmer gefunden.
Aus Neuholland ist mir nur ein einziger Mimicryfall bekannt
und dieser eine betrifit gar keine Schlange, sondern die Echse
Delma fraseri, eine Vertreterin der Pygopodiden, die in höchst ge-
!ungener Weise bei gleicher Grundfärbung auch die auffallende
Kopfzeichnung gewisser junger Giftnattern kopiert (Taf. XI, Fig. 17
u. 18). Nach Harı ist das Vorbild Diemenia textilis, nach WERNER,
der aber natürlich den entdeckten Mimicryfall im gleichen Atemzuge
wieder verleugnet, Diemenia coronata. Sie scheint sich also in ver-
schiedenen Gegenden der jeweilig häufigsten Giftschlange anzupassen.
Die Mimierygruppe der Hydrophinen.
Es bleibt nun nur noch die höchst eigenartige Gruppe
der zu pelagischer Lebensweise übergegangenen Proteroglyphen,
der Seeschlangen (Hydrophinae) zu besprechen übrig. Man
kann sie, die fast alle die Querringelung tragen, wohl als einen
einzigen, großen Mimieryring betrachten, dessen Gebiet fast den
ganzen Indischen Ozean sowie die australischen, polynesischen und
südostasiatischen Gewässer des Großen Ozeans umfaßt. Scharfe
Grenzen lassen sich hier kaum ziehen. Kommen doch vielfach die
gleichen Arten in indischen wie in australischen Gewässern Vor,
und Hydrus platurus findet sich ebensowohl bei Madagaskar wie
an der Westküste von Zentralamerika. Die Situation lag hier für
die Entstehung von Nachahmern wohl ebenso günstig wie in
|
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. +11
Amerika, — wenn nur Nachalımer aufzutreiben gewesen wären.
Es gibt nur äußerst wenige harmlose Seeschlangen, und die haben
sich denn auch sofort der Hydrophinengesellschaft angeschlossen.
Hipistes hydrinus ahmt Enhydrına valakadien, Chersydrus granu-
latus eine Enhydris!) vorzüglich nach (Taf. XIII, Fig. 34—37).
Aber die Seeschlangen haben noch eine ganze Reihe weiterer
Schützlinge, Angehörige einer anderen Klasse der Wirbeltiere.
Verschiedene Aale haben es verstanden, aus ihrer schlangenähn-
lichen Gestalt Kapital zu schlagen und treiben so eine Art un-
lauteren Wettbewerbes. So Ophichthys colubrinus, bei dem sich
die Entwicklung der Zeichnung bis zu einem ganz normalen |
Muränidenmuster noch vollkommen zurückverfolgen läßt (Taf. XI,
Fig. 12—16). Auch hier ist die Gleichheit des Wohngebietes von
Vorbild (Platurus colubrınus oder laticaudatus) und Nachbild be-
stritten worden. Der Fisch soll bei den Marshallinseln zu finden
sein, wo die Schlange angeblich fehlt. Sie findet sich aber, wie
Exemplare im Berliner Museum beweisen, zum mindesten bei den
benachbarten östlichen Karolinen und ebenso mehrere tausend Kilo-
meter davon entfernt, bei Sydney, bei den Tonga-Inseln und selbst im
Indischen Ozean. Es ist wirklich nicht einzusehen, warum Platurus
gerade bei den Marshailinseln fehlen sollte. So genau kennen wir
die Verbreitung gerade dieser Schlangen nicht, um auf ein paar
hundert Kilometer großes Gewicht legen zu müssen. Jeder Taifun
kann sie ja so weit verschlagen! Außer bei Ophichthys findet sich
die Querbänderung noch bei verschiedenen Muräniden der Gattungen
Muraena, Echidna und Liuranus. Und diese Färbung zeigt keine
einzige Art der gleichen Gruppen dort, wo die Hydrophinen fehlen,
vor allem also nicht im Atlantischen Ozean. Wohl aber hat
Ophichthys melanotaenia es fertig gebracht, sogar die unter den
Seeschlangen vereinzelte typische Färbung von Aydrus platurus,
halb schwarz, halb gelb zu kopieren (Taf. XIII, Fig. 35 u. 39).
Offenbar hat sich ein dunkler Seitenstreifen des Fisches nach oben
hin verbreitert, bisher aber die Rückenkante noch nicht ganz erreicht.
Einwände gegen die Annahme der Mimicry.
Es ist in neuerer Zeit ziemlich oft versucht worden, die
Mimierytheorie totzusagen oder gar totzuschlagen, und ihre Lebens-
zähigkeit wurde auf manche harte Probe gesetzt. Ich will mich
!) BouLenger (Fauna of the Malay Peninsula, 1912) nennt, wie ich so-
eben bemerke, als Vorbild eine Hydrophis. Die Mitglieder eines Mimicry-
ringes sind sich ebenso ähulich, daß man mehrere Arten als Vorbild an-
sehen kann.
1123 RICHARD STERNFELD,
hier darauf beschränken, einige Einwände zu besprechen, die von
herpetologischer Seite erhoben worden sind.
GApow hat seine Gegenbeweise, sieben an der Zahl, sorg-
fältig nummeriert, wodurch sie zwar übersichtlicher aber durchaus
nicht stärker geworden sind. Sie mögen in der gleichen Reihen-
folge wie bei ihm lückenlos aufmarschieren:
1. „Es gibt in einzelnen Ländern mehr mimetische Formen als
giftige, oder besser gesagt mehr ungiftige als sehr giftige Individuen.“
Das stimmt, ändert aber an der Wirksamkeit der Mimiery
so gut wie nichts. Der Gegner hat im Zweifelsfalle die Schlange
so lange als giftig anzusehen, bis er vom Gegenteil überzeugt ist.
Ein Irrtum bedeutet hier nicht einen ungeniebbaren Bissen, wie etwa
bei einer Heliconide, sondern unter Umständen die Todesstrafe.
Vor allem kannten die Schlangenfeinde die ganze Gruppe der
schwarzroten Schlangen bereits als giftig, ehe sich einziger Nach-
ahmer angeschlossen hatte. Im Anfang war die Zlaps, und sie
schuf ihre Nachahmer nach ihrem Bilde.
2. „Der Bereich harmloser Arten in typischer Zlaps-Färbung
geht oft weit über das Gebiet der nächsten Zlaps hinaus.“
Das „oft“ besteht aus dem einen Fall von Coronella doliata,
auf den ich nicht nochmals einzugehen brauche.
3. „Die Mehrzahl der harmlosen Arten sind „constrietors, wie
Coronella, die andere Schlangen fressen. Ihnen gegenüber kommt
die Warnfarbe nicht in Betracht.“
Ob es sich überhaupt um eine Warnfarbe handelt, scheint mir
zweifelhaft. Im übrigen ist der Einwand ganz nebensächlich.
4. „Obwohl Elaps und die Nachahmer oft im gleichen Gebiete
vorkommen, so hat man doch niemals die Individuen wirklich
Seite an Seite gefunden. Vielleicht rottet Zlaps die anderen aus,
vielleicht frißt auch Coronella die Elaps, wie manche ihrer nord-
amerikanischen Verwandten.“
Wie stellt sich Ganow die Wirkung der Nachahmung eigentlich
vor? Glaubt er, es müßten da irgendwo in Mexiko eine Zlaps und
eine Coronella friedlich nebeneinander ruhen, und dann kommt ein
Vogel geflogen, nimmt vor den beiden Platz, kratzt sich schließlich
verlegen den Kopf und erklärt: Ja, ich kann sie wahrhaftig nicht unter-
scheiden! Aber noch eine Frage möchte ich mir erlauben: Wenn die
Elaps die Coronella frißt oder auch die Ooronella die Elaps, wie sollen
sie das anfangen, wenn sie niemals „Seite an Seite“ zu finden sind?
Sollte nicht wenigstens ein „töte & tete“ dabei zustandekommen?
5. „Die genauen Kopien finden sich oft nicht im gleichen
Distrikt wie ihre Vorbilder.“
a
|
:
|
y
Ä
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 113
Um das zu beurteilen, hätte GAnpow genaue Angaben machen
müssen, was er nicht tut. So wissen wir weder, wie groß ein
„Distrikt“ ist, noch was er unter genauer Kopie versteht.
6. „Manche auffallenden Muster, die bei harmlosen Schlangen
häufig vorkommen, finden sich bei Zlaps nicht.“
Auf diesen Umstand bin ich bei Coronella micropholis bereits
eingegangen. Die Übergänge von indifferenter Färbung zu der
von Elapys kommen bei dieser natürlich nicht vor. Vorhin paßte
das Gapow nicht recht, jetzt benutzt er es gegren Mimicry.
7. „Die Variabilität ist sehr groß, sowohl bei den Individuen,
selbst Geschwistern, und sogar an verschiedenen Körperstellen des
gleichen Tieres. Die Gattung Zlaps sowohl wie andere umfaßt
einfach braune Arten, ohne Schreckfärbung.“
Warum die Variabilität gegen Mimiery sprechen soll, ist mir
nicht klar; sie ist ja grade ihre Grundlage. Über die „Schreck-
färbung“ habe ich mich schon geäußert. Es gibt allerdings ein
paar Zlaps-Arten, die nicht sehr lebhaft gefärbt sind, aber alle
Arten sind quergeringelt, während in anderen Gattungen von zehn,
zwanzig oder dreißig Arten manchmal nur eine oder zwei die Ela-
pidenzeichnung tragen und völlig aus dem Rahmen ihrer Gruppe
herausfallen.
Einen ganz prinzipiellen Einwand hat WERNER mehrfach er-
hoben. Er bestreitet den Nutzen der Nachahmung überhaupt, da
die .Schlangenfeinde die Giftschlangen und natürlich auch ihre
Nachahmer keineswegs verschonten. Gelegentlich eines Referats
über meine Arbeit „Mimicery bei afrikanischen Schlangen“ schreibt
der Wiener Herpetologe wörtlich: „Solange nicht der strikte ex-
perimentelle Beweis erbracht ist, daß die Schlangenfeinde einen
Unterschied zwischen giftigen und giftlosen Schlangen machen, in
der Weise, daß sie die ersteren verschonen, so lange müssen wir
die Sache als reine Konvergenz auffassen.“ „Die Schlangen-
feinde“ sind nun ein etwas weiter Begriff. Es gibt zahlreiche kleine
Raubtiere und Raubvögel (im weitesten Sinne), die sehr wohl
Schlangen nachstellen, und die es doch nicht wagen dürfen, eine
Giftschlange anzugreifen. Ein Tier, das den Gegner nur mit einer
Zahnspitze zu ritzen braucht, um ihm für immer das Handwerk zu
legen, muß mit einem Aufwande von Kraft und Geschicklichkeit
überwältigt werden, der nicht jedem Schlangenfresser zu Gebote
steht. Alle derartigen Feinde fallen also für die Giftschlangen
und ihre Nachahmer von vornherein fort. Aber auch den mächtigen
Räubern gegenüber besteht ein sehr wesentlicher Unterschied. Die
großen Raubvögel wagen sich allerdings an jede Giftschlange und
114 RICHARD’ STERNFELD.
überwältigen sie auch, aber sie dürfen eine solche Beute niemals
unvorsichtig behandeln und pflegen es auch nicht zu tun. Wenn
wir uns für diese Tatsache nicht einfach auf den gesunden Menschen-
verstand verlassen wollen, so können uns die Versuche von Lenz
mit Mäusebussarden und die Beobachtungen VERREAUx’S und Lr-
VAILLANT’S über Schlangenkämpfe des Kranichgeiers belehren. Der
Vogel nähert sich dem giftigen Reptil Schritt für Schritt mit
größter Vorsicht und sucht, während seine vorgehaltenen Flügel
die verwundbaren Teile decken, durch blitzschnelle Hiebe mit den
Läufen den Feind zu lähmen. All diese Manöver sind bei einer
ungiftigen Schlange überflüssig, und die Giftschlange wie ihre
Nachahmerin hat so den Vorteil einer Gnadenfrist. Jeder Augenblick,
der verstreicht, ehe der Angreifer den Trug durchschaut und sich
ohne weiteres Besinnen auf die Beute stürzt, kann für die Schlange
Rettung bedeuten, indem es ihr gelingt, ihren Schlupfwinkel zu er-
reichen, im Gebüsch oder unter der schützenden Sanddecke zu ver-
schwinden. Je schärfer aber das Falkenauge die noch vorhandenen
Unterschiede erkennt, um so größer ist der Selektionswert jeder
Steigerung dieser Ähnlichkeit.
WERNER hat nun das Unglück, andauernd selbst Mimiceryfälle
zu entdecken, aber er ist außerstande, sich von seinem Gedanken-
sange loszumachen. Er findet die Übereinstimmung von Delma
fraserı und Diemenia coronata und erledigt die merkwürdige
Ähnlichkeit von Eidechse und Giftschlange mit den Worten:
Mimiery dürfte auch hier wohl nicht vorliegen. Er bekommt eine
asiatische Schlange zur Bestimmung, die ihm völlig rätselhaft er-
scheint. Der Kopf ist platt und dreieckig, der Körper ganz vipe-
rinen- und speziell krotalinenartig, Färbung und Zeichnung erhöhen
noch die Ähnlichkeit mit einer der ostasiatischen Aneistrodon-Arten.
„Ich muß gestehen“, sagt WERNER, „dab der Anblick dieser Schlange
mich vollkommen verwirrte, und erst BouULENnGER klärte mich auf,
daß es sich um Macropisthodon rudıs handle. Man könnte ja nun
versucht sein, an Mimiery zu denken, aber — solange nicht der
Beweis erbracht ist, daß die Schlangenfresser die Nachahmer oder
auch nur die Giftschlangen verschonen, werden wir gut tun, die
Sache als reine Konvergenz zu betrachten.“ Reine Konvergenz,
zufällige Ähnlichkeit! Das also wäre der Weisheit letzter Schluß.
Diese Resignation geht doch wohl zu weit. Das ist nicht mehr
wohlberechtigter wissenschaftlicher Skeptizismus, das ist „der Geist,
der stets verneint“. Wer angesichts der vorliegenden Tatsachen
Mimiery leugnen will, der muß erst etwas Besseres an ihre Stelle
setzen.
Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen.
115
Verzeichnis der bei Schlangen vorkommenden Mimieryfälle.
Vorbild Nachbild Vorbild Nachbild
Elaps Ilysia seytale Elaps Geophis semidoliatus
fr Polyodontophis annulatus pr Lycognatus cervinus
= Helicops angulatus? a Trimorphodon biscutata
= Streptophorus atratus r Oxyrhopus petolarius
a Liophis poecilogyrus > r rhombifer
” Lystrophis dorbignyi Pr E trigeminus
5 ie semicinctus n - bitorquatus
2 M histricus | = 2 melanogenys?
® Rhadinaea sagittifera ? | 2 ; doliatus
“ Urotheca elapoides “ g formosus
= or euryzona u 2 labialis
a nn bieincta a A clathratus
u Hydrops martii? 4 Erythrolamprus aesculapii
5 5 triangularis? y Scolecophis atrocınctus
= Coronella doliata P » michoacanensis
gr 5 gentilis | & 1 aemulus
pr A mieropholis | Homalocranium
= ? zonata 2 marcapatae
n Oreophis boulengeri e Homalocranium
s Sympholis lippiens eg
£ El jeeandih . Homalocraniumannulatum
2 Fa: antonii Bungarus | Lycodon carinatus
5 Cemophora coccinea. P e- laoensis
: Simophis rhinostoma * R travancoricus
a 5 rohdii | pr 5 effrenis
. Contia isozona? A L aulicus
- „. oceipitalis? ” „ stormi
” „. semiamulata ? „ e albofuscus
> Chilomeniscus stramincus > A fascratus
» = epihippicus 5 & subeinetus
= Tropidodipsas annulifera » ” gammiei
” „ philippi F; w butleri
„ = fischeri . L striatus
» . sartorii ” Dinodon septentrionalis?
= - x fasciata Ps Dryocalamus nympha
» „... anthracops ® ie gracilis
» Atractus elaps | „ y davisonii
Pr pr latifrons it = Simotes Purpurascens?
” £ tecpanicus r Calamaria bungaroides
. br ER | sn a Simotes arnensis?
8
116
RICHARD STERNFELD,
Verzeichnis der bei Schlangen vorkommenden Mimieryfälle.
Vorbild
Aspidelaps
lubrieus
Diemenia tex-
tilis &coronata
Enhydris
hardwicki
Enhydrina
valıkadien
Platurus
eolubrinus &
laticaudatus
Nachbild
Tarbophis semiannulatus
Delma fraseri (EcHsE)
Chersydrus granulatus
Hipistes hydrinus
Ophichthys colubrinus
(Fisch)
Ophichthys bonapartei
(FıscH)
Liuranus semicinctus
(Fisch)
Muraena peteli (Fisch)
„ reticularis „
A nebulosa ,„
„ polyzona Mr
> rüppeli K.
F punctatofasiata
(Fisch)
Echidna catenata (Fisch)
Vorbild
Bitis caudalis
7
Bitis utropos
Echis
carinatus
7
”
”
Atractaspis
Ancistrodon
blomhoffi
2
Lachesis
atrox
Lachesis neu-
Nachbild
Dasypeltis scabra
Ramphiophis multimacu-
latus
Dasypeltis scabra
Zamenis ravergieri?
Lythorhunchus ridgewayi
Dasypeltis scabra
Tarbophis variegatus
Calamelaps unicolor ?
Macrelaps microlepidotus
Macropisthodon rudis
Pseudagkistrodon _cari-
natus
Nothopsis rugosus
Xenodon colubrinus
merremi
j: rhabdocephalus
Drymobius rhombifer?
2]
” sei Stenorhina degenhardti
Hydrus pla- | Ophichthys melanotaenia kkracie
turus (Fisch) Crotalus Heterodon platyrhinus?
Tafelerklärung.
(Fig. 1—16 nach Zeichnungen des Verfassers, alle übrigen nach Photographien
des Herrn Kunstmalers P. FLANDERKY.)
Tafel X.
Fig. 1—5. Entwicklungsreihe von Coronella triangulum zu Elaps fulvius (1. Form).
l. Coronella triangulum (Seitenansicht).
2. 5 doliata J
3. a gentilis “
4 Pi micropholis „
R Elaps fulvius (Seitenansicht).
Fig. 6—11. Entwicklungsreihe von Coronella triangulum zu Elaps fulvius (2. Form).
6. Coronella triangulum (Rückenansicht).
y. 2 dolata . „
8. ” ” ”
9, «' micropholis &
10.
11. Elaps fulvius (Rückenansicht).
a
Die Erscheinungen der Mimicery bei den Schlangen. 117
Tafel X1.
Fig. 12—16. Entwicklungsreihe von Ophichthys ophis zu Platurus colubrinus.
12. Ophichthys ophis (Seitenansicht).
13. » - . colubrinus F
14. » 2” 27
15. 2 P2]
16. Platurus = e
Fig. 17. Diemenia textilis juv,, Vorbild.
18. Delma fraseri, Nachbild.
19, Liophis poecilogyrus (mimetisch nicht beeinflußte Form).
E 20. 2 = (mimetisch verändert).
“ 21. (mimetisch stark verändert).
22. Xenodon colubrinus, Nachbild.
23. Lachesis atrox, Vorbild.
24. Stenorhina degenhardti, Nachbild.
25. Lachesis neuwiedi, Vorbild.
> DER ME ut u Ein). DE ER
Tafel XIl.
Fig. 26. Bungarus ceylonicus, Vorbild.
»„ 27. Lycodon carinatus, Nachbild.
„ 28. Erythrolamprus aesculapii, Nachbild.
„ 29. Elaps corallinus, Vorbild.
„ 30. Simophis rhinostoma, Nachbild.
„ 31. Elaps marcgravii, Vorbild.
Tafel XIIl.
Fig. 32. Dryocalamus nympha, Nachbild.
„ 33. Bungarus candidus, Vorbild.
„ 834. Hipistes hydrinus, Nachbild.
„ 85. Enhydrina valakadien, Vorbild.
„ 836. Chersydrus granulatus, Nachbild.
„ 37. Enhydris hardwicki, Vorbild.
„ 838. Ophichthys melanotaenia, Nachbild.
„ 89. Hydrus platurus, Vorbild.
118 A. BRAUER.
Zur Kenntnis des Gebisses von Procawia.
Von A. Brauzr, Berlin.
Während das Gebiß des erwachsenen Tieres ähnlich wie das
der Nagetiere durch ein großes Diastem und das Fehlen des ©
ausgezeichnet ist und bei den meisten Arten die Formel J}3 C} P}M?,
bei einigen, so stets bei der Pr. capensis-Gruppe, durch das Fehlen des
P, J}C2 P}M; lautet, ist durch PAuuas, LATASTE, CUVIER, GIEBEL,
Branor, besonders durch FLEISCHMANN, WO0DwARD und ADLOFF
an Embryonen und jungen Tieren nachgewiesen, daß im Milchgebiß
noch weitere Zähne angelegt werden und zum Teil auch noch her-
vorbrechen, der obere dC sogar bei einigen Arten sehr lange er-
halten bleiben kann.
Am leichtesten nachweisbar ist der obere Eckzahn, weil er
sich bei den meisten Schädeln mindestens bis zum Stadium des
Durchbrechens des MI! erhält. Fueıschmann fand an Embryonen
außerdem noch im Oberkiefer 2, im Unterkiefer 1 rudimentäre
Anlage, die er als d.J? und dJJ® im Oberkiefer und dJ, im Unter-
kiefer deutet, so daß seine Formel für das Milchgebiß von Procavıa
1—3 1—4
lautet i. ES ; vom Eckzahn hat er nichts gesehen, hält es
1—3 1—4
aber für möglich, daß sein dJ® ein dC ist.
WoopwaArp fand bei Embryonen von Pr. capensis hinter dJ!
noch 3 rudimentäre Anlagen im Öberkiefer und 1 im Unterkiefer.
Er deutet sie als dJ?-3® und dC im Oberkiefer und dC im Unter-
Re 4477.40 EB
kiefer (Fig. 1). Seine Formel ist also ET
1—2 1—4
Aptvorr endlich fand bei Pr. syrıaca ar er IE er hat
dJ3® von WoopwArn nicht auffinden Können.
Die Forscher weichen mithin zum Teil in ihren Befunden von-
einander ab, indem WoopwaArp das vollständigste Milchgebiß ge-
funden hat, FLeIscHmAnNn nicht den oberen und unteren Eckzahn,
Aptorr nicht den oberen dJ®. Ich möchte aber glauben, daß in
Wirklichkeit die Forscher sehr gut in den Befunden überein-
stimmen, nur ihre Deutungen nicht sich decken. Aptorr hat die
richtigste Deutung gegeben, dagegen ist meiner Ansicht nach der
von FLEıschmAnn und WoopwaArp gedeutete dP! im Oberkiefer
und Unterkiefer in Wirklichkeit der Eckzahn, und der von WooDwARD
als dGinf. gedeutete in Wirklichkeit dJ;, und der im Oberkiefer
als dÜ gedeutete entweder kein Zahnkeim oder ein prälaktealer
Keim oder er verdient eine andere Deutung.
|
Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia. 119
Zu dieser Ansicht führt auch die Untersuchung einer größeren
Zahl von jungen und älteren Schädeln verschiedener Arten, die in
der Sammlung des Zoologischen Museums vorhanden sind, und weiter
ein Schädel von R. kamerunensis larae!), der sich in der Sammlung
Fig. 1. Pr. capensis (nach Woopwarp).
der zweiten Expedition des Herzogs AnDoLF FRIEDRICH zu Mecklen-
burg (Senckenbergisches Museum in Frankfurt a. M.) fand.
An diesem Schädel (Fig. 2) sehen wir im Oberkiefer gleich hinter
dJ! noch 2 kleine Zähnchen im Zwischenkiefer, welche nur d.J?
Fig. 2.
und dJ® sein können. Dann folgt dicht vor dem dP! ein Zahn.
der noch nicht ganz durchgebrochen ist, viel kleiner als der nächst-
folgende ist, zwar auch wie ein Prämolar aussieht, aber sicher dC
ist. Im Unterkiefer liegt gleich hinter dem wohlentwickelten dJz
noch ein kleines Zähnchen, das ich für dJ, halte. Ein Eckzahn
ist hier nicht vorhanden, der nächste gut entwickelte ist sicher
1) Die Beschreibung der Unterart folgt an anderer Stelle.
120 A. BRAUER.
dP,. Diese Deutung muß ich aus folgenden Gründen für richtig
halten. Untersucher wir eine große Zahl von Schädeln verschiedener
Altersstadien, so finden wir, dab der von LATAsTE, ADLOFF und
von mir als dC sup. gedeutete Zahn stets dem dP! dicht vor- und
Fig. 3.
angelagert, durch das Diastem von den J weit getrennt ist.
Er gehört seiner Lage nach ganz in die Reihe der Prämolaren.
Er fällt meist erst aus, wenn der erste Molar entwickelt ist, in einigen
Fällen habe ich ihn noch auf dem Stadium, wo auch der zweite
Molar vollständig heraus ist, und in zwei Fällen sogar noch bei
Pe ee
einem alten S-Schädel eines Baumschliefers der Pr. (Dendrohyrax)-
dorsalis-Gruppe aus dem französischen Kongo (Mus. in Genf (Fig.3)
und bei einem Schädel eines Proc. (Heterohyrax) mümzneri (Fig. 4)
gefunden. Im letzteren Fall möchte ich annehmen, daß sich der
dC ungewöhnlich lange erhalten hat, im ersteren Falle aber, wo er
auffallend stark entwickelt ist, keineswegs verkümmert erscheint,
Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia. 121
der C des Ersatzgebissses ist. Es wäre das, soweit ich weiß, der
erste Fall, daß ein Wechsel des oberen Eckzahns bei Procavia
festgestellt wäre.
Während die Lage des dC stets die gleiche ist, wechselt die
Gestalt und Zahl der Wurzeln sehr. In den meisten Fällen ist er
u 1
dB dB,
Fig. 6.
Pr. (Dendrohyrax) sp. aus Longji
Fig. 5. Pr. capensis sbsp. (Kamerun).
AI! dc p
Fig. 7. Pr. syriaca. Fig. 8. Pr. (Heterohyrax) brucei.
dJ' dt AI de !
ZPeN A
dpz daR dps
Fig. 9. Pr. (Dendrohyrax) nigricans. Fig. 10. Pr. (Heterohyrax) brucei.
einwurzlig (Fig. 5—8, 11) und erscheint verkümmert; zum Teil ist
die Krone mehr eckzahnartig, zum Teil (Fig. 9, 10) etwas breiter
oder auch mit Cingulum und zwei Spitzen versehen wie die eines
Prämolaren, und in einzelnen Fällen ist er auch zweiwurzlig. Diese
122 A. BRAUER.
Ähnlichkeit des dC mit einem Milchprämolaren und die Lage an
der Spitze der Reihe der Milchprämolaren ist es auch gewesen,
welche meiner Ansicht nach FLEISCHMANN und WoopDwArD veranlaßt
haben, ihn für dP! zu halten und nicht für dÜ. Der von WooDwARD
als ce bezeichnete (Fig. 1) hat eine ganz andere Lage und seine
Anlage ist viel zu rudimentär für den oberen dC.
Im Unterkiefer hat WoopwArn zwischen den beiden dJ und
dP, noch eine rudimentäre Anlage, AnLorr dagegen zwei gefunden.
Der erstere deutet die Anlage als die eines dC, der letztere seine
zwei als dJ,; und dÜ. Gegen diese Deutung läßt sich nichts sagen,
aber ob jene richtig ist, möchte ich noch als nicht sicher hinstellen,
sondern eher glauben, daß die Anlage als dJ, aufzufassen ist.
Dieselbe Deutung gebe ich dem von mir beim jungen Schädel von
Pr. kamerunensis larae (Fig. 2) gefundenen Zähnchen hinter dJ>.
Beweisen kann ich es freilich nicht, weil in beiden Fällen eine
zweite Anlage wie bei dem von Aptorr untersuchten Schädel fehlt.
Für die Richtigkeit meiner Deutung spricht aber einmal, daß dCinf.
offenbar viel seltener auftritt als dJ;z und dann, daß wenigstens in
meinem Fall das Zähnchen dJ, viel näher liegt als dP,, also eine
andere Lage als dC sup. hat. Bei dem Pr. capensis-Schädel von
WoopwarDp liegt die Anlage in der Mitte zwischen dJ, und dP,
und die Lücke zwischen ihnen ist so eng, daß die Lage hier nicht
einen Anhalt für die Deutung geben kann, der Zahnkeim auch dC
sein könnte.
Trotz des großen Materials, das ich untersucht habe — es
waren Schädel, bei denen nur dJ und dP entwickelt waren —,
habe ich nur einen einzigen gefunden, in dem dCinf. entwickelt
war. Dieser Fall ist aber wichtig (Fig. 11). Es ist ein Schädel
von Pr. abyssinica; im Oberkiefer sind sogar außer dem sehr ver-
kümmerten dC bereits dP! und dP2 im Wechsel, ferner sind dP®
und dP* und M! ganz entwickelt, M? im Hervorbrechen. Im
Unterkiefer, in dem das Gebiß von Procavia stets etwas weiter
als im Oberkiefer entwickelt ist, sind Pı_, bereits vorhanden und
M, und M,, und ferner sitzt rechts in der gleichen Reihe mit P
und M und dem P, dicht vor- und angelagert ganz wie dO im
Oberkiefer ein verhältnismäßig noch gut entwickelter dCinf. Er
ist einwurzlig, seine Krone ist aber entschieden mehr prämolar
als eckzahnartig. Links ist er auch vorhanden, aber sehr rudi-
mentär. Dieser Fall ist deshalb wichtig, weil er auch den unteren
Eckzahn des Milckgebisses durch Lage und Form in engster Be-
ziehung zu den Prämolaren zeigt und ebenso wie die Verhältnisse
des oberen zu der Auffassung drängt, die bereits SrteuLın und
a Rihe
VERDI
BENDER TERN ET,
E
AR Fach
Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia. 123
Lec#£e vertreten haben, daß nämlich der Eckzahn ursprünglich
nichts anderes als ein Prämolar gewesen ist. Auch Parras und
Cuvıer haben den oberen Eckzahn von Procavia wegen seiner
Lage als Backzahn bewertet. STEHLIN ist nach der Untersuchung
des Gebisses der Suiden, LecHe besonders nach der des Gebisses der
Erinaceiden zu dieser Ansicht gekommen. Sie haben den Eck-
zahn sowohl in bezug auf die Ausbildung der Krone wie in bezug
auf die Zahl der Wurzeln ganz prämolarenartig gefunden und ge-
zeigt, daß alle Übergänge bis zum einwurzligen Zahn mit typischer
Fig. 11.
Krone eines Eckzahns vorhanden sind. Eine Zweiwurzligkeit des
Eckzahns ist nach Lec#e auch noch bei Talpa, Choeropus, Hylo-
bates und einzelnen Lemur-Arten vorhanden. Ihnen schließt sich
Procavia ganz an. Außer der Form der Krone und der Zahl der
Wurzeln kommt hier als die Ansicht unterstützend noch die Lage
in der Reihe der Prämolaren hinzu, die man kaum als sekundär,
durch die starke Entwicklung der wurzellosen J hervorgerufen be-
urteilen kann. Letztere hat wohl die Unterdrückung der J und
des C veranlaßt, aber kaum eine Rückverschiebung des Eckzahns.
Die. Formel für das Milchgebiß von Procavia lautet mithin
ar 46:4P' u! .
ET SER Zur Bekräftigung der Ansicht, daß der Eckzahn
urspünglich ein Prämolar gewesen ist, möchte ich auch noch auf
die Entwicklung und Umbildung hinweisen, die der erste Prämolar
im Unterkiefer bei manchen Arten erleiden kann.
124 A. BrAUVER: Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia.
Bei den Arten von Dendrohyrax ist der Zahn gut entwickelt,
auch bei den Heterohyrax-Arten ist er gewöhnlich im fertigen
(@ebiß noch vorhanden, aber vereinzelt erscheint er hier doch schon
schwächer ausgebildet. Bei den eigentlichen Procavia-Arten zeigt
er eine sehr verschiedene Ausbildung, zum Teil ist er ohne An-
zeichen einer Verkümmerung, wie z. B. bei kerstingi, kamerumnensis,
bamendae, oweni, sharıca u. a., zum Teil als Ersatzzahn verkümmert
und bei erwachsenen Tieren sehr oft fehlend. So z.B. fällt er bei
Pr. syriaca in der Regel aus, wenn M® durchbricht oder schon
ziemlich hoch ist. Bei Pr. capensıs und verwandten Arten, die
dp, dR dr
dP, dB dB
Fig. 13.
Fig. 14. Fig. 15.
ich als Pr. capensis-Gruppe zusammenfasse, fehlt er — nach den
Schädeln zu urteilen, die aus dem Kapland und Deutsch-Südwest-
afrika in der Sammlung des Museums vorhanden sind -— stets im
Ersatzgebiß. Der Milchprämolar fällt in der Regel aus, wenn der
erste Molar hoch ist, nur ganz vereinzelt habe ich ihn auch noch
in älteren Schädeln angetroffen, aber niemals einen Ersatz gefunden.
Dieser Unterschied läßt, nebenbei gesagt, Schädel von Pr. syriaca
und capensis leicht unterscheiden. Die Form des Milchzabns dP; inf.
ist bei Pr. alpini, syriaca und auch in der Pr. capensis-Gruppe stets
mehrwurzlig und die Krone stets prämolarenartig.. Die Fig. 12
und 13 zeigen dP, von Pr. alpini, Fig. 5 von einer noch nicht
beschriebenen Art der Pr. capensis-Gruppe aus Churutabis, Deutsch-
Südwest-Afrika) kurz vor dem Ausfallen (im Oberkiefer ist noch dC
ee
En u ZU I ne
N u le
A. Brauer: Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum. 125
vorhanden). Die Fig. 12 zeigt den Wechsel des Zahnes bei Pr.
alpını.. Der Ersatzzahn ist vereinzelt bei Pr. alpını und syriaca
‚auch noch in der Krone prämolarenartig, z. B. Fig. 15 (Pr. alpın:),
meist aber erscheint sie verkümmert (wie in Fig. 14) und von ganz
ähnlicher Form, wie sie der Eckzahn des Oberkiefers, z. B. Fig. 5, 7,
und auch der untere Eckzahn bei Pr. abyssinica (Fig. 11) aufweist.
Ich habe die Wurzel nicht freigelegt, doch ist in den meisten Fällen
auch so sicher zu bestimmen, daß nur eine vorhanden ist. Wir
sehen also, daß der obere Eckzahn des Milchgebisses in bezug auf
Form und Wurzeln dieselbe Umbildung erleidet wie der typische
Unterkieferprämolar des Ersatzgebisses dort, wo er mehr oder
weniger weit der Rückbildung unterliegt. _ Dieses muß, wie gesagt,
meiner Ansicht nach die Auffassung STERLIN’s und LecHr's, dab
der Eckzahn der Säugetiere ein umgebildeter Prämolar ist, noch
mehr bekräftigen.
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoologischen
Museum in Berlin.
Von A. BrAUER, Berlin.
1. Procavia bamendae n. spec.
Kopf schwarz, Ohren außen schwarz, Rückenfleck schmutzig
ockerfarbig, Rücken rötlichbraun, vom Kopf bis zum Rückenfleck
ein hellerer, mehr gelbrötlicher Streifen, Bauch dunkel ockerfarbig,
Brust etwas heller, Füße von schwarzen Haaren mit ockerfarbigen
Spitzen bedeckt.
Genauer ist die Färbung folgende: Auf dem Kopf sind die
2—-2,5') langen Haare schwarz mit sehr kurzen (0,1) rotgelben
Binden, einige sind auch ganz schwarz. Unter den Augen ein
schmaler Streifen von Haaren, die ganz schwarz sind oder kurze
gelbbräunliche Binden haben. Auf den Wangen, seitlich an der
Schnauze sind die Binden fast halb so lang wie die Haare und
gelbbräunlich und die Basen braun. Die Ohren haben an der
Innenseite gelbbräunliche, an der Außenseite ganz schwarze Haare.
Rücken: Vom Hinterkopf bis zum Rückenfleck ist ein etwa
3 cm breiter Streifen, der sich durch seine hellere gelbrötliche
Färbung deutlich abhebt.
Die Länge der Haare ist 3,8—5 cm. Die kürzeren am zahl-
reichsten vorhandenen haben nur eine sehr kurze, wenig deutliche
!) Maße stets in Zentimetern.
126 A. BRAUER.
braune Basis, sind sonst ganz hellgelbbräunlich oder haben noch
eine schwarze Spitze. Die längeren sind entweder ganz schwarz
oder sie sind schwarz bis auf eine rotgelbe, 0,5—1 cm lange Binde.
Das Schwarz tritt aber wenig hervor. Die ganz schwarzen sind
am wenigsten zahlreich. Weiter nach hinten wird bei der ersten
Sorte von Haaren die gelbbraune Basis dunkler und hat nur
schwarze Spitzen oder auch schwarze und darüber gelbrote Binden
und schwarze Spitzen. Der Streifen hebt sich aber auch hier noch
ziemlich scharf von den anliegenden Teilen des Rückens ab.
Der Rückenfleck ist 7 cm lang, die vordersten Haare haben
noch eine kurze dunkelbraune Basis, die meisten sind ganz schmutzig
ockerfarbig. Sie sind bis 3,8 cm lang. Die kahle Stelle ist nur
2 cm lang und 0,4 breit, aber ist nicht ganz haarlos.
Seitlich vom Streifen sind die meisten Haare bis 0,5 cm
schwarz, dann gelbbraun mit schwarzer Spitze oder schwarz mit
0,5 em langer rotgelber Binde und 1 cm langer schwarzer Spitze.
Hinter dem Streifen und Rückenfleck sind die 3—4 cm langen
Haare bis fast zur Hälfte dunkel- bis schwarzbraun, dann dunkel-
gelbbraun und haben eine schwarze Spitze oder sie sind schwarz
mit rotgelber Binde und schwarzer Spitze oder (sehr vereinzelt)
ganz schwarz. Dieser hintere Teil des Rückens erscheint dunkler
als der vordere.
Die Füße sind von schwarzen Haaren mit rotgelben Binden
bedeckt, wobei das Schwarz auch stark sichtbar ist.
Der Bauch ist mit ockerfarbigen, gegen die Spitze dunkleren
Haaren bedeckt; zum Teil haben sie eine kurze braune Basis. Die
Brust ist ebenso, nur heller gefärbt.
Das Haar ist sehr dicht und straff.
Der schwarze Kopf, der gelbrote Streifen auf dem Rücken
und die rötlichbraune Färbung des übrigen Rückens sind besonders
für diese Art charakteristisch. Sie fehlen den Arten Pr. kerstingt
und goslingı aus Nordnigeria und Pr. kamerumensis, die im
Norden Kameruns lebt. Von letzteren ist die Art außer durch
die Färbung durch die größere Länge verschieden.
Die Länge von der Schnauze bis zum After über den Rücken
beträgt 65 em, die Länge von der Schnauze bis zur Ohrbasis 9,5,
die Ohrlänge 1,8 cm.
Der Schädel des fast erwachsenen JS (Stad. VIII) unterscheidet
sich von denen von Pr. kamerumensis, sharica durch die größere
Basallänge (9,66 gegen 8,18—8,83). Er steht am nächsten dem
von Pr. kerstingi, zeigt aber mit J dieser Art (Stad. VIII) ver-
glichen besonders folgende Unterschiede: die Bulla ist höher (0,18
3
4
-
3
14
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 127
gegen 0,14—0,15), das Diastem im Oberkiefer und Unterkiefer
länger (1,58 gegen 1,29—1,41 und 0,75 gegen 0,35), die größte und
geringste Breite der Stirn ist geringer (4 und 2,17 gegen 4,45 und
2,59), das Iugale ist vom Lacrimale getrennt, während es bei
kerstingı nicht der Fall ist, der Unterkiefer ist länger (9,02
gegen 8,73).
Mit Pr. kerstingı hat der Schädel gemeinsam die Lage des
foramen lacrimale unten gleich hinter dem Fortsatz, die Knickung
der Coronalis, der fast gerade Verlauf der Fronto-nasal-naht, die
Erstreckung der Parietalleisten bis zum Hinterrand des Schädels
und ihre Berührung auf dem Scheitel, die Breite des M!, Länge
und Breite des Schädels, die Trennung der unteren I durch eine
Lücke und ihr Divergieren, die gute Entwicklung des P,, weiter
die Länge des Nasale, Intermaxillare u. a.
Schädelmaße: Basallänge 9,66, größte Länge 10,21, Länge
des Basioceipitale (Cond. nicht mitgemessen) 1,69, Höhe der Bulla
0,18, ihre Länge 0,76, ihre Breite 0,55, Gaumenbreite (innen von
M! gemessen) 1,9, Jugularbreite 5,88, Höhe des Schädels (auf der
Grenze zwischen Basioce. und Basisph.) 3,28, dorsale Schädellänge
9,56, Länge des Nasale 2,94, des Frontale 3,43, größte Breite der
Stirn 4, geringste Breite 2,17, geringste Breite der Nase 0,98, Länge
des Intermaxillare 2,57, seine Höhe 1,23, Länge des Oce. sup. 0,47,
seine Breite zwischen der Sut. lambdoides 1,26, Länge P!* 1,87,
P--M 3,89, M! Breite 0,75, Höhe 0,36, Diastem im Oberkiefer
1,58, Diastem im Unterkiefer 0,75, Breite der I sup. 0,48, Länge von
P, 0,31, Lücke zwischen I inf. 0,18, Länge des Unterkiefers 9,02,
seine Höhe (hinter M;) 2,52.
Diese neue Art verdankt das Zoologische Museum Herrn Ober-
leutnant Anpamrrz; ihr Fundort ist Bamenda, Südwestkamerun.
2. Procavia kamerunensis n. Sp.
In den Lagdobergen etwas südöstlich von Garua in Nord-
kamerun wurde auf der Expedition des Reichskolonialamts 1908/09
durch RıssengBacH ein neuer Klippschliefer entdeckt.
Kopf hellbraun, gelbbräunlich punktiert. Vorn in der Mitte
der Basis ein kleines Büschel von weißgelben („buff“) Haaren mit
schwarzen Spitzen. Innenseite des Ohrs mit cremegelben Haaren
mit schwarzen Spitzen, Außenseite zu zwei Drittel mit ganz
schwarzen oder braunschwarzen, im hinteren Drittel mit hellgelb-
braunen Haaren mit schwarzen Spitzen besetzt. Rücken vor dem
Fleck gelbbraun, hinter ihm mausegrau. Rückenfleck hell ocker-
farbig (meist mit brauner Basis), nur schwach entwickelt. Fübe
128 A. BRAUER.
cremefarbig, etwas braungelb gesprenkelt. Bauch schmutzig creme-
gelb, Brust ebenso, aber gemischt mit braun.
Genauere Beschreibung: Kopf: Haare bis 1,6 laug, braun
oder ganz schwach rötlichbraun mit 0,1 langer weißgelber Binde
und 0,3 langer schwarzer Spitze oder schwarzbraun und etwas
länger als die ersteren, sonst gleich oder vereinzelt, ganz schwarz.
Die Haare an der Außenseite des Ohres sind meist ganz schwarz,
nur im hinteren Drittel haben sie eine 0,3 lange schwarze Basis,
eine 0,4 lange gelbbraune Binde und eine 0,65 lange schwarze
Spitze; diese überragt allein den Ohrenrand, so daß der ganze Rand
mit schwarzen Haaren besetzt erscheint.
An den Wangen wird die dunkle Basis hellbraun und kürzer,
die Binden weiß und länger.
Rücken: Länge der Haare 2,2—3 cm. Basis hellbraun, 1,2
lang, dann eine 0,8 lange hellgelbbräunliche Binde und 0,3 lange
schwarze Spitze, andere weniger zahlreiche, längere dunkel braungelb
mit 0,3 langer fast weißer Binde und schwarzer Spitze und noch
andere vereinzelte ganz schwarz. Hinter dem Fleck haben die
Haare braunschwarze Basen und weiße Binden.
Der Rückenfleck ist nur 3,8 lang, nicht stark auffallend. Seine
Haare haben zum großen Teil eine hellbraune Basis und sind sonst
hell ockerfarbig, 2,8 lang. Die kahle Stelle ist 1,6 lang und 0,7 breit.
Bauch: Alle Haare haben eine hellbraune Basis und sind sonst
bis zur Spitze cremefarbig. Die Brust erscheint etwas dunkler,
schwach hellgelbbräunlich, weil viele dunkle Spitzen und eine
längere hellbraune Basis haben, die zum Teil zur Wirkung kommt.
Füße: Haare mit kurzer brauner Basis, langer cremefarbiger
Binde und schwarzer oder gelbbrauner Spitze. Die Binde mit den
dunklen Spitzen tritt am meisten hervor.
Das Exemplar Nr. 46, ein C, hat eine Länge von 55 cm;
die Länge von der Spitze der Schnauze bis zum Ohr beträgt 9,5,
die des Ohres 1,8. Nr. 43, J', 50 cm, ist ganz wie Nr. 46 gefärbt.
Beim © Nr. 44 (51,5 em lang) sind die Binden der Haare hinten
auf dem Rücken und besonders gerade über dem After vereinzelt
ockerfarbig.
Ein junges, 29,5 cm langes d (Nr. 48), Stad. II, zeigt eine
etwas abweichende Färbung. Sie ist dunkler, mehr dunkel gelb-
braun, auch hinten auf dem Rücken sind die Binden nicht weiß,
sondern gelbbraun. An der Außenseite der Ohren sind die Haare
nur zum kleinsten Teil ganz schwarz, die meisten haben gelbbraune
Binden. Der Bauch ist ockerfarbig. Der Rückenfleck ist ocker-
farbig, unscheinbar, die kahle Stelle klein, aber schon vorhanden,
7 an
»
E
2
„’
N
»
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 129
wenn auch nicht haarfrei. An der Brust sind die Binden zum großen
Teil ockerfarbig.
Außer den beschriebenen Exemplaren sind noch zwei, ein d
(Stad. VII) und ein © (Stad. V) von 57 und 51 cm Länge, die zu
gleicher Zeit wie die andern in den Lagdobergen gesammelt sind,
in der Sammlung, welche wesentlich verschieden aussehen. Die
Färbung ist dorsal fast gleichmäßig havannabraun, der Kopf wenig
dunkler, das auffallende kleine Haarbüschel vorn an der Basis des
Ohrs ist zwar vorhanden, tritt aber wegen seiner blassen Färbung
sehr wenig aus der Umgebung hervor. Die braune Färbung kommt
besonders dadurch, daß die Binde nur wenig heller als die
Basis ist.
Bei dem jüngeren O0 bemerkt man an einzelnen Stellen des
Rückens im hinteren Teil die mausgraue Färbung, wie sie die
übrigen Exemplare zeigen, d. h. das Fell ist im Übergangskleid
und die havannabraune Färbung ist offenbar die der Tiere in der
Trockenzeit. Dieser Schluß wird auch dadurch bekräftigt, daß die
Spitzen den meisten Haaren bei diesen beiden Fellen fehlen.
Rückenfleck, Bauch, Brust, Kehle und Wangen sind wie bei
den andern gefärbt.
Die Art ist von Pr. sharica, die ihr am nächsten steht und
mit der sie auch in der Größe übereinstimmt, verschieden durch
den helleren Kopf (bei sh. schwärzlichbraun), die bis auf ein Drittel
ganz schwarze Außenseite der Ohren (bei sh. nur der Vorderrand),
durch die hinter dem Fleck mausegraue Färbung des Rückens (bei
sh. dunkel bräunlichgelb wie in der vorderen Hälfte), durch die
braune Basis der meisten Haare des Rückenflecks und des Bauches,
die Pr. sharica fehlt, und durch das Fehlen des Büschels von
weißgelben Haaren hinter den Ohren. Der Schädel von Pr. kameru-
nensıs unterscheidet sich von dem von Pr. sharica durch die etwas
größere Basallänge (8,34—8,82 gegen 8,15—8,18), die wesentlich
höhere Bulla (0,17—0,22 gegen 0,08—0,12), die größere Schädel-
höhe (2,93—3,1 gegen 2,73—2,82), durch die größere Länge des
Nasale (dorsale Schädellänge: Länge des Nasale 1:3,3—3,5 gegen
1:4), durch die größere Länge und geringere Höhe des Intermax.
(Länge: Höhe 1:1,7—1,9 gegen 1:4) und Länge des Unterkiefers
(8,01—8,1 gegen 7,45—7,67). Die männlichen Schädel sind breiter
als die weiblichen, das Verhältnis der Basallänge zur Jugularbreite
ist bei den 9 1:5, bei den > 1:7. Nur ein männlicher Schädel
(Nr. 43) bildet eine Ausnahme, indem er ebenso schmal wie die
weiblichen ist oder sogar noch etwas schmäler. Der Schädel zeigt
auch sonst besondere Unterschiede; das Fell ist aber nicht ver-
130 A. BRAUER.
schieden. Das Hinterhaupt ist stark eingeschnürt außer dem bei
Schädel Nr. 43, wo es höher, schmäler und wenig eingeschnürt ist.
Das Intermaxillare ist lang und ziemlich niedrig (Länge: Höhe wie
1:1,7—1,9, bei Nr. 43 1:2,1). Das Basioceipitale ist kurz (Basal-
länge: Basioce. wie 1:5,2—5,5). Der Fortsatz des Lacrimale ist
eine dem Vorderrande der Orbita aufsitzende Platte, die auf der
dorsalen Seite einen Sockel hat, dann sich stark verschmälert und
ventral steil abfällt, das foramen lacrimale liegt unten gleich hinter
der Platte. Das Jugale erreicht fast das Laerimale, nur bei 43
ist der Abstand etwas größer. Das Oce. sup. ist kurz (0,78—0,86),
das Interperietale frei, schmal, dreiseitig. Die Parietalleisten be-
rühren sich und reichen bis zum Hinterrande des Schädels. Die
Coronalis ist geknickt, die Nasofront.-Naht gerade oder fast gerade,
nur bei 43 stärker eingebogen. Die Bulla ist hoch (0,17—0,22).
Maße von zwei männlichen (Nr. 46, 45) und einem weiblichen
Schädel (Nr. 44) vom Stad. VIII. Basallänge 8,43; 8,34; 8,82;
größte Länge 9,13; 8,74; 9,31; Hens.-Cond. 8,3; 8,27; 8,83; Hens.-
Palat. 4,07; 4,04; 4,15; Länge des Occ. bas. 1,51; 1,52; 1,69; Höhe
der Bulla 0,22; 0,17; 0,19; Gaumenbreite auf der Innenseite von
M! 15; 1,2; 1,54; dorsale Schädellänge 8,82; 8,24;| 9,1; Länge
des Oce. sup. 0,85; 0,86; 0,78; Länge des Nasale 2,63; 2,31; 2,61; Länge
des Frontale 3,14; 3; 3,68; Breite der Stirn 4,16; 3,93; 3,83; Länge
des Intermax. 2,13; 1,98; 1,95; seine Höhe 1,11; 1,13; 1,06; Höhe
des Schädels (auf der Grenze zwischen Basiocc. und Basisph.) 3,1;
3,08; 2,93; Jugularbreite 5,42; 5,43; 5,18; Diastem im Oberkiefer
1,01; 1,12; 1,15; im Unterkiefer 0,3; —; 0,44; Breite des M!
0,67; 0,73; 0,7; Länge P!* 1,59; 1,73; 1,57; Länge P-+-M im Öber-
kief. 3,44; 3,56; 3,41; Breite von P, 0,28. Länge des Unterkiefers '
8,02—8 1.
Abweichende Maße von Nr. 43, © (Stad. VII); Basallänge
8,83; größte Länge 9,37; Jugularbreite 5,03; Stirnbreite 3,44;
Länge des Intermax. 2,21, seine Höhe 1,03; Länge des Basioce. 1,02,
Breite von M! 0,686.
3. Procavia (Dendrohyrasx) schefjleri n. Sp.
Diesen neuen Baumschliefer verdankt das Museum dem leider
vor zwei Jahren dem Klima erlegenen G. SCHEFFLER, der ihn 1908
bei Kilwezi in Britisch-Östafrika erbeutet hat.
Er fällt auf und unterscheidet sich von Pr. valıda und erawshayı
durch seine geringe Länge (43), durch seine helle Rückenfärbung,
die man am besten als kittfarbig bezeichnen kann, die mit schwach
rötlichbraun gemischt ist, durch die weißgrauen Ohren, den ganz
Te U
wer. , 3
UNTERE a
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 131
weißen Bauch und durch den weißen bis weißgelblichen Rückenfleck,
dessen Haare kurze hellbraune Basen haben.
Der Schädel zeigt ebenfalls größere Unterschiede von dem von
Pr. valıda und erawshayı.
Kopf: Die 2,2—3 langen braunen, hinten auch etwas rötlich-
braunen Haare haben eine 0,25 lange kittfarbige Binde und gelb-
rötlichbraune Spitze; einige längere Haare sind ganz rötlichbraun
bis schwarz. Lippenränder weißgrau, vor dem Ohr weiße und
hinter ihm ebensolche oder die meisten mit hellbrauner Basis und
schwarzer Spitze und 0,8 langer weißer Binde (bei 1,5 Haarlänge).
Die Ohren fallen durch diese weißgr aue Färbung sehr auf. Wangen
braun mit weißgrau meliert.
Rücken: Die Haare sind 3--4 lang, braun, nach der Spitze
zu mit etwas rötlichem Ton, mit einer 0,7 langen kittfarbigen
Binde und einer 0,2 langen rötlichbraunen Spitze. Die kahle Stelle
2,3:0,7, der Rückenfleck 6 cm lang, auffallend. Bereits 2,5 vor
dem Beginn der ersteren wird die hier hellbraune Basis kürzer
(1,3 bei 4 langem Haar), der übrige Teil weiß bis weißgelblich.
Die dunkle Basis wird bald nur 0,5, erhält sich aber bei den
meisten. Hinter dem Fleck ist die Färbung wie vor ihm, nur
geht die der Binden in eine mehr gelbbräunliche bis hell ocker-
farbige über.
Der Bauch ist ganz weiß, vereinzelt sind die Spitzen der
Haare weißeelblich.
Die Brusthaare haben meist eine hellbraune Basis, die be-
sonders vorn stärker hervortritt, und vorn auch schwarze Spitzen,
zum Teil sind sie auch ganz braun bis schwach rötlichbraun.
Die Füße sind zum Teil mit ganz kittfarbigen Haaren, zum
Teil mit solchen, deren Binde nur diese Färbung hat, bedeckt.
Der Schädel (Nr. 4 9, Stad. VIII) ist von dem von Pr. valida
verschieden besonders in folgenden Punkten: die Basallänge ist
kürzer (7,86 gegen 8,27— 8,96); die Parietalleisten konvergieren
nach hınten stark, während sie bei valida fast parallel verlaufen;
Coronalis und S. naso-frontalis sind fast gerade, das Hinterhaupt
ist stark eingeschnürt, M! nur 0,49 breit (gegen 0,51—0,57),
P-+M3 (gegen 3,3—3,48), die Bulla ist mäßig hoch (0,15 gegen
0,2—0,24), das Intermaxillare sehr kurz, das Foramen lacrimale
gleich hinter dem Fortsatz (bei valıda in der Mitte des Lacrim.),
der Fortsatz kurz, plattenförmig, ganz hinter dem vorderen Orbital-
-rand, die dorsale Schädellänge ist 7,9 gegen 8,35—9,51.
Die Naht zwischen dem Occ. sup. und dem Interpar. ist hier
fast ganz verwischt, wie ich es sonst in der valida-Gruppe (zu der
9
132 A. BRAUER.
ich valida, terricola. neumannı, crawshayi rechne) nicht gefunden
habe, aber ich möchte auf diesen Unterschied nicht eher Gewicht
legen, als bis er durclı ein größeres Material als ein dieser Art
eigentümlicher Charakter nachgewiesen ist.
Maße: Basallänge 7,86; größte Länge 8,48; Gnath.-Cond. 8,27;
Hens.-Condyl. 7,82; Hens.-Palat. 4; Basiocc. 1,47; Höhe der Bulla
0,15; Höhe des Schädels 2,76; dorsale Schädellänge 7,9; Länge des
Nasale 2,15, des Frontale 2,72; Breite der Stirn 4,04; Jugularbreite
4,84; Länge des Intermaxillare 1,8, seine Höhe 1,17; geringste Ent-
fernung zwischen den Parietalleisten 0,95, ihre Entfernung vom
Hinterrand des Schädels 0,84; Gaumenbreite bei M! 1,46; P-+ M im
Öberkiefer 3; P!* 1,55, Breite von MI! 0,49; Diastem im Öber-
kiefer 1,37, im Unterkiefer 0,78; Länge des P, 0,27; Länge des
Unterkiefers 7,28.
4. Procavia (Dendrohyrax) adolfi-friederici n. Sp.
Diese Art, welche von S. H. Herzog ApoLF FRIEDRICH ZU
MECKLENBURG im Bugoie-Wald nördlich vom Kiwu-See erbeutet
wurde, schließt sich im Schädel an Pr. stuhlmannı und in der
Färbung besonders durch die fleckige Zeichnung des Nackens an,
unterscheidet sich von ihr aber leicht dadurch, daß die Binden
nicht weißgelb, sondern „ru-ocker“ sind, wodurch die Fleckung mit
schwarz nicht so auffallend ist wie bei stuhlmanni, ferner daß die
Kehle nicht schmutzig weißgelb-hellbraun gefleckt, sondern ocker-
farbig, der Bauch nicht schmutzig weiß, sondern weißgelblich ist,
die Haare im Rückenfleck nicht ganz cremefarbig sind. sondern
gegen die Spitze ockerfarbig werden, und die Zahl der Zitzen
0—2, wahrscheinlich 1—2 ist, nicht wie bei stuhlmanni und anderen
Dendrohyrax-Arten 0—1 beträgt. Man kann deshalb und. weil
der Schädel einen nicht ganz geschlossenen knöchernen Postorbital-
bogen hat, zweifelhaft sein, ob man die Art zu Dendrohyrax oder
Heterohyrax rechnen soll. Eine scharfe Grenze ist zwischen diesen
beiden Untergattungen, wie schon Tuomas gezeigt hat, nicht vor-
handen. Ich behalte sie auch nur bei, weil sie die Übersicht über
die große Zahl von Arten der Gattung Procavia erleichtern Kann.
Da die Färbung und besonders auch der Schädel diese neue Art
als nahe verwandt von Pr. (Dendrohyrax) stuhlmannı erweist, so
rechne ich sie trotz der verschiedenen Zahl der Zitzen auch zu
Dendrohyrax. Der Punkt, daß der Postorbitalbogen nicht geschlossen
ist wie in der Regel bei Dendrohyraz, ist weniger wichtig, da in
der Sammlung des Museums sowohl bei Procavia-Arten, z. B. Pr.
kerstingı und capensis, als auch bei Heterohyrax-Arten, z. B. bei
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 133
der folgenden Pr. schubotzı, Exemplare sind, die einen ganz ge-
schlossenen Postorbitalbogen besitzen.
Rücken ru-ocker mit schwarz gefleckt, Kopf braun, weißgelb
punktiert, Ohren vorn und hinten von weißgrauen Haaren umgeben,
Lippenränder weißgrau, Rückenfleck cremefarbig mit ockerfarbigen
Spitzen ohne dunkle Basis, kurz. Bauchhaare schmutzig gelbweiß
mit dunkler Basis, Kehle ockerfarbig, Füße gelbbraun.
Kopf: Die Schnauze ist mit kurzen braunen Haaren dünn
bedeckt. Die Kopfhaare sind vorn 2—2,6 lang, braun mit creme-
farbiger Binde (0,2—0,3) und brauner Spitze; viele sind auch ganz
braun. Weiter nach hinten wird die Binde ru-ockerfarbig und die
Spitzen schwarz. Über den Augen sind kurze weißgelbe Haare
mit braunen Spitzen, fallen aber wenig auf. Dagegen tritt die
weißgraue Färbung der Lippenränder und ebenso vor und hinter
dem Ohr stark hervor. Entweder sind die Haare ganz weiß oder
braun mit großer weißer Binde und brauner Spitze. Wangen wie Kopf.
Rücken: Vom Hinterkopf an werden die Haare länger, 3,4
bis 4 Die Basis ist hellbraun, wird nach der Spitze zu braun-
schwarz, die 0,5 lange Binde ru-ockerfarbig, die 0,6 lange Spitze
schwarz, andere kürzere hellbraun mit undeutlicher breiter weißgelber
Binde und andere lange ganz schwarz. Der Rückenfleck ist nur
3,7 lang und tritt, da die Haare nicht viel länger als die umgebenden
sind, nämlich 4,3, verhältnismäßig wenig hervor. Er beginnt erst -
kurz vor der kahlen Stelle, die 2,9:1 ist. Einige haben eine kurze
dunkle Basis, die meisten aber sind ohne solche, cremefarbig und
gegen die Spitze ockerfarbig. Hinter dem Fleck ist der Rücken
wie vor ihm gefärbt.
An den Seiten und Beinen ist die Basis und Binde der Haare
heller.
Die Füße sind gelbbraun.
Die Bauchhaare haben eine kurze hellbraune Basis, sonst
schmutzig weißgelb, an der Brust und Kehle haben sie meist ocker-
farbige Spitzen.
Länge 49; Schnauze bis Ohr 9,5. Zitzen 0—2. Eine vordere
konnte ich nicht finden, doch war hier das Fell nicht intakt; sie
dürfte auch hier nicht fehlen. Das Fell hat die Nr. 15254, der
Schädel 15255.
Der Schädel (©, Stad. VIII) stimmt ganz mit den Exemplaren
von stuhlmanni, die bei Bukoba gesammelt sind, überein. Er ist
schlank, das breite und lange Occ. sup. ist mit dem Interpar. ver-
wachsen, dieses nicht mit dem Parietale, die Naht zwischen dem
Parietalia ist erhalten, die Parietalleisten sind weit voneinander
‘ g*
134 A. BRAUER.
entfernt, konvergieren nach hinten geradlinig und nähern sich am
meisten am vorderen Interparietalrand. Die Coronalis ist stark
geknickt, Sut. naso-frontalis gerade. Das Iugale stößt an das Lacri-
male, dieses springt vorn etwas in die S. max.-frontalis vor. Der
Fortsatz des Lacr. ist eine kleine Platte, die in der Mitte des
Vorderrandes sitzt, also nicht bis zum Jugale reicht, das For. lacrim.
liegt gleich hinter ihr. Die Bulla ist hoch; das Hinterhaupt ist
wenig eingeschnürt. Das Basioccip. ist ziemlich lang (Basallänge:
Basioce. = 1:5,3). Das Diastem im Oberkiefer ist lang. Das
Intermaxillare kurz und hoch.
Maße: Basallänge 8,75; größte Länge 9,32; Gnath.-Cond. 9,16;
Hens.-Cond. 8,7; Hens.-Palat. 4,4; Höhe der Bulla 0,2; Jugularbreite
4,95; geringste Entfernung zwischen den Parietalleisten 0,66; Höhe
des Schädels 2,72; Nasale ist vorn verletzt, daher seine Länge und
dorsale Schädellänge nicht genau anzugeben. Länge des Frontale
3,62, Breite der Stirn 3,94; Länge des Intermaxillare 1,75, seine
Höhe 1,28, Breite des Gaumens auf der Innenseite von MI! 1,58;
P--M im Oberkiefer 3,3; P!”* 1,7; Breite von M! 0,54; Diastem
im ÖOberkiefer 1,51, im Unterkiefer 0,88; Länge des P, 0,28; Länge
des Unterkiefers 8,11. |
5. Procavia (Heterohyrasx) schubotzi Sp. NOV.
In dem Bugoie-Wald nördlich vom Kiwu-See ist außer Pr.
(Dendrohyrax) adolfi-friedericı noch ein zweiter Schliefer auf der
Expedition S. H. des Herzogs ApoLF FRIEDRICH ZU MECKLENBURG
erbeutet worden, welchen ich zu Ehren des Zoologen der Expedition,
Herrn Dr. ScHhugorz, benenne. Der Schädel hat zwar einen ge-
schlossenen Postorbitalbogen wie Dendrohyrax, aber die Parietal-
leisten verflachen sich hinten und nähern sich sehr weit einander,
wie selten bei Dendrohyrax, die Naht zwischen den Parietalia
fehlt, und das Oce. sup. ist so schmal und kurz, wie man es bei
Dendrohyrax nicht ‚findet. Gemeinsam ist beiden Untergattungen
die Brachyodontie und die geringe Breite des M!. Die Zahl
der Zitzen 1—2, wie bei Heterohyras.
Das Fell fällt auf durch die Goldockerfarbe und durch die
zahlreichen langen schwarzen Haare, welche dem Fell einen
schwarzen sammetartigen Überzug, besonders im hinteren Teil des
Rückens geben.
Rücken goldockerfarbig, die schwarze Basis der Haare kommt
gar nicht nach außen zur Geltung, dagegen geben zahlreiche lange
schwarze Haare durch ihre Spitzen, besonders bei schief einfallen-
dem Licht einen dünnen schwarzen sammetartigen Überzug. Kopf
ie a ar a a = Sad En ul dm ee Ea
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 135
fast gleich gefärbt. Lippenränder und vor und hinter dem Ohr
weißgrau. Rückenfleck ganz eremefarbig, nur die Spitzen vereinzelt
hell ockerfarbig. Füße braunschwarz, zwischen den Zehen gelb-
weiß. Seiten und Beine etwas heller als Rücken. Bauchhaare
schmutzig weißgelb, vereinzelt mit ockerfarbigen Spitzen, alle mit
hellbraunen Basen. Brust ähnlich, aber die ockerfarbigen Spitzen
zahlreicher. Haar weich dicht. Länge 44.
Kopf: Die 2—2,4 langen Haare sind braun mit einer bis 0,4
langen, vorn mehr weißgelben, hinten goldockerfarbigen Binde und
einer 0,3—0,4 langen schwarzen Spitze, andere sind ganz schwaız.
An den Lippen werden die Binden länger, weißgrau, zum Teil sind
sie ganz weiß, ebenso vor und hinter den Ohren und auf ihrer
Innenseite. Die Außenseite hat ganz braune Haare oder solche
mit kurzen weißlichen Binden. Wangen wie der Kopf hinten.
Rücken: Die Haare sind 2,8—4 lang. Ihre Basis (2,2) ist
hellbraun, nach oben zu geht sie in braunschwarz über, dann folgt
eine 0,4 lange goldockerfarbige Binde, und eine 0,2 lange schwarze
Spitze. Die längeren Haare sind ganz schwarz. Die kahle Stelle
ist 2,2:0,5, der Fleck ist 3,8 lang, wenig auffallend, da seine Haare
nur 3,2 lang sind, und der Fleck erst mit der kahlen Stelle be-
ginnt. Einzelne Haare haben eine dunkle Basis, die meisten sind
ganz cremefarbig oder haben eine kurze ockerfarbige Spitze. Hinter
dem Fleck ist die Färbung dieselbe wie vor ihm, nur sind die ganz
schwarzen Haare zahlreicher.
Der Schädel zeigt folgende Merkmale: Das Occ. sup. ist kurz
und schmal, nicht mit dem Interparietale verschmolzen, die Parietal-
leisten nähern sich bis auf 0,3, die Coronalis und S. naso-frontalis
sind etwas geknickt, das Basiocceip. ist kurz und breit, die Bulla
flach, das Iugale vom Lacrimale weit entfernt, das Foramen lacri-
male ganz hinten unten an der Naht, der Postorbitalbogen ge-
schlossen, das Hinterhaupt ist sehr wenig eingeschnürt, das
Gebiß ist brachyodont. Das Intermaxillare und Nasale sind kurz,
das Frontale fast doppelt so lang als das Nasale. Die Stirn
ist flach.
Maße (Nr. 15257, Stad. VIII, 9): Basallänge 7,97; größte
Länge 8,56; Gnath.-Condyl. 8,48; Hens.-Condyl. 7,9; Hens.-Palat.
3,84; Basioce. 1,46; Höhe der Bulla 0,08; Jugularbreite 4,89, dorsale
Schädellänge 7,94, Länge des Nasale 1,87; Länge des Frontale 3,34,
Breite der Stirn 3,78, Länge des Oecc. sup. 0,35, seine Breite 1,26;
Höhe des Schädels 2,74; Länge des Intermaxillare 1,84, seine
Höhe 1,04; Gaumenbreite bei M! 1,53; Diastem im Oberkiefer
1,14, im Unterkiefer 0,53; P-+-M im Oberkiefer 3,11; P! 1,61,
136 A. BRAUER.
Breite von M! 0,55; Länge des P, 0,23; Länge des Unter-
kiefers 7,13.
6. Procavia (Heterohyrax) frommi n. sp.
Diese neue durch ihre Färbung sehr unter den deutsch-ost-
afrikanischen Schliefern auffallende Art wurde von Herrn Haupt-
mann a. D. Fromm 1909 im Bezirk Mahenge (südöstlich von Iringa)
entdeckt. Ich benenne sie ihm zu Ehren, dem das Museum eine
außerordentlich umfangreiche und wertvolle Bereicherung seiner
Sammlungen verdankt.
Kopf schwarzbraun mit schwachrötlichem Schimmer. Rücken
anilinschwarz (purple-black). Rückenfleck unten weißgelb, Spitzen
ockerfarbig. Bauch weiß, Unterseite des Kopfes vorn weiß gemischt
mit etwas braunschwarz. Füße wie Rücken.
Kopf: Die bis 2,2 langen Haare sind ganz schwarzbraun bis
auf eine sehr kurze, fast gar nicht zur Geltung kommende ocker-
farbige Binde, viele ganz schwarz oder rötlich braunschwarz. Über
dem Auge ein großer auffallender hellgelbbräunlicher Fleck, dessen
Haare ganz diese Färbung haben oder mit einer kurzen schwarzen
Basis und einer kurzen schwarzen Spitze versehen sind. Unter
dem Auge ein schmaler, wenig auffallender Streifen von ganz
schwarzen Haaren. Auf den Wangen wird die Binde kittfarbig
und länger, besonders gegen den Mundwinkel, und fällt daher viel
mehr auf. Vorn am Ohr ein auffallendes Büschel von weißgelben
oder etwas ockerfarbigen Haaren mit schwarzer Spitze. Ebensolche
Haare an der Innenwand und der Außenwand des Ohres, der Aubßen-
rand der vorderen Hälfte des Ohrs ist aber mit schwarzen Haaren
besetzt.
Rücken: Bereits etwas vor der Höhe der Ohren wird die Kopf-
färbung etwas heller dadurch, daß die hellgelbbräunlichen Binden
länger (0,2) werden. Die Haare werden bis 3,5 lang. Die Basis
ist braunschwarz, wird gegen die Spitze schwarz, unterbrochen
durch die hellgelbbräunliche Binde. Die schwarzen Spitzen sind
0,3 lang, bei den längeren Haaren noch länger. Andere sind auch
ganz schwarz. Diese und die langen Spitzen bewirken die anilin-
schwarze Färbung des Rückens, die besonders bei von vorn auf-
fallendem Licht hervortritt. Im Rückenfleck sind die Haare bis
3 lang, ganz vorn mit sehr kurzer dunkler Basis, sonst unten weib-
gelb mit ockerfarbiger Spitze. Die kahle Stelle ist 1,7 lang, 0,7
breit; der Fleck ist nur 3,5 lang.
An den Seiten des Rumpfes sind die Binden kittfarbig und
länger. Der Bauch hat ganz weiße, vorn schwach weißgelbliche
ee.
\
A
&
#
{
a
i
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 137
Haare. Ganz vorn an der Unterseite des Kopfes haben die Haare
noch eine hellbraune oder schwarze Basis, die zwischen den weißen
Spitzen etwas sichtbar ist.
Länge eines erwachsenen 9 (Stad. 8) (Nr. 14 A. 118. 09) 57.
Von der Schnauzenspitze bis zum Ohr 9,6, Ohrlänge (außen ge-
messen) 1,7. Zitzen 1—2.
Dem Schädel des einzigen alten Q dieser Art ist leider das
Hinterhaupt und der hintere Teil der Basis zertrümmert; ein etwas
jüngeres ist aber gut erhalten. Von P. münzneri, der ihr am
nächsten stehenden Art, ist sie durch die geringere Länge (ca. 8
gegen 8,74), das kurze Intermaxillare (Länge zur Höhe 1:1,6
gegen 1:1,75), durch die etwas höhere Bulla (0,18 gegen 0,13— 0,15)
und durch das Fehlen des langen niedrigen Sockels des Fortsatzes
des Lacrimale verschieden. Gleich ist die gute Entwicklung von
P,, die Lage des Foramen lacrimale etwas vor der Mitte des Lacri-
male von seinem Fortsatz entfernt, die geringe Knickung der
S. coronalis, die Kürze und geringe Breite des Occ. super., die
Länge des Basiocc., die Trennung des Lacrimale und Iugale, die
Breite von M!. Die S. fronto-nasalis ist bei dem alten 9 (Nr. 14)
schwach gebogen, bei einem etwas jüngeren © (Nr. 15), bei dem
M3 bis zu einem Drittel hoch ist, gerade. Bei Nr. 14 ist auf-
fallenderweise noch die Sagittalnaht zwischen den Parietalia offen
und das Interparietale noch frei. Ein dritter junger Schädel (Nr. 16),
bei dem I im Wechsel, dC noch vorhanden und M! hoch ist,
ist stark verletzt, scheint aber dieselben Verhältnisse zu bieten.
Maße von Nr. 14 und Nr. 15 (in Klammern): Basallänge (bei
Nr. 14 berechnet aus der Länge Hens.-Palat. — fast 1/,): ca. 8
(7,87), größte Länge — (8,39), Hens.-Palat. 3,93 (3,64); Hens.-
Condyl. — (7,81), Länge des Basiocc. — (1,46); Höhe der Bulla
0,18 (0,19); Jugularbreite 4,77 (ca. 4,6); Schädelhöhe — (2,77);
dorsale Schädellänge — (7,82); Länge des Nasale 1,88 (2,07), des
Frontale 3,46 (3,23); Breite der Stirn 3,6 (3,43); Länge des Intermax.
1,69 (1,74), Höhe 1,04 (1); Länge des Occ. sup. — (0,46), Ent-
fernung der Parietalleisten voneinander 0,87. Diastem im Ober-
kiefer 1,25 (1,13), im Unterkiefer 0,6 (0,55); P—-Mim Oberkiefer
3,23, P!* 1,66 (1,75); Breite von M! 0,55 (0,56); Länge von Pı
0,25 (0,26); Länge des Unterkiefers 7,24, seine Höhe hinter M, 1,95;
Gaumenbreite auf der Innenseite von M! 1,64 (1,54).
7. Procavia (Heterohyrax) müäünzneri n. Sp.
Auf derselben Expedition des Herrn Hauptmann a. D. Fromm
wurde bei Bismarckburg am Tanganjika-See eine zweite neue Art
138 A. BRAUER.
der Untergattung Heterohyrax erbeutet, die zwar auch einen weißen ®
Bauch hat wie Pr. frommi, sonst aber ganz verschieden gefärbt
ist. Ich benenne sie zu Ehren des Herrn Feldwebel a. D. Münzxer,
der sich um die erfolgreiche Durchführung der Expedition und
besonders um die vorzügliche Präparation und Konservierung der
zoologischen Sammlungen sehr große Verdienste erworben hat.
Kopf und Rücken schmutzig gelbbräunlich, mit rehfarbigem
(dark-fawn) Ton, Rückenfleck cremefarben, Spitzen schwach ocker-
farbig. Bauch weiß.
Kopf: Haare kurz (bis 1,7), braunschwarz mit 0,2 langer gelb-
bräunlicher Binde, die gut zur Geltung kommt und die dunkle
Basis deckt, und schwarzer Spitze oder vereinzelt ganz braun-
schwarz. Uber den Augen ein schmaler Streifen kittfarbiger Haare.
Vorn am Ohr ein Büschel von fast weißen bis kittfarbigen Haaren
mit langen schwarzen Spitzen, ebensolche auf der Innen- und Außen-
seite des Ohrs, nur haben sie an letzterer dunkle Basen. Wangen
heller, die Binden länger und kittfarbig.
Rücken: Haare 25—3,2 lang. Die 0,5 lange Basis ist bei
den meisten schwarz, dann folgt eine 0,7—0,5 lange rehfarbige
Partie mit schwach rötlichem Ton, nach der Spitze zu etwas dunkler,
dann folgt eine 0,5 lange braunschwarze Binde, dann eine 0,3— 0,4
lange gelbbräunliche Binde und eine schwarze Spitze. Die längsten,
weniger zahlreichen Haare sind ähnlich gefärbt oder ganz schwarz.
Die Haare im Rückenfleck sind 2,7 lang, ganz cremefarbig oder
sie werden gegen die Spitze schwach ockerfarbig. Die kahle Stelle
ist 1,7 lang und 0,7 breit. Der Fleck ist 6,5 mm lang. An den
Seiten des Rumpfes werden die Binden kittfarbig, auf den Füßen
ebenso.
Länge eines alten © (Nr. 428) 61, Ohrlänge 2, Schnauze bis
Ohr 95. Zitzen 1—2.
Maße des Schädels eines © Stad. 8, Nr. 428: Basallänge 8,74;
größte Länge 9,45, Gnath.-Condylion 9,2, Hens.-Condyl 8,74, Hens.-
Palat. 4,38, Länge des Basioce. 1,54, Höhe der Bulla 0,13; Jugular-
breite 5,22; Höhe des Schädels 2,97; dorsale Schädellänge 8,95,
Länge des Nasale 2,04, des Frontale 3,75; Breite der Stirn 3,95;
Länge des Intermaxillare 2,08, seine Höhe 1,19; Länge des Oce.
sup. 0,4; Entfernung der Parietalleisten voneinander 0,59; Gaumen-
breite bei M! 1,69; P-+-M im Oberkiefer 3,38; P!-+ 1,7; Breite
M! 0,57; Diastem im Oberkiefer 1,32, im Unterkiefer 0,75; Länge
von P, 0,2; Länge des Unterkiefers 8,14, seine Höhe hinter Ma
2,14. Der dC (oder 0?) ist noch im Oberkiefer verhältnismäßig
stark erhalten. Die Sagittalnaht zwischen den Parietalia ver-
Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 139
wachsen, Interpar. mit Pariet. verschmolzen. Der Fortsatz des
Lacrimale hat dorsal einen langen niedrigen Sockel. Uber die anderen
Unterschiede von Pr. frommi vgl. diese Art.
Ich schließe hier noch eine Neubeschreibung von EHRENBERG'S
Hyrax habyssinıcus an, welche Art meiner Ansicht nach nicht mit der
von TrHomas unter diesem Namen beschriebenen identisch ist.
Procavia abyssinica EHRENBG.
EHRENBERG hat in seinem Werk „Symb. phys. seu Icon. et desc.
corpor. natur. novor. etc.“ (1828) als A. habyssinicus einen Klipp-
schliefer aus Arkiko (Zrythraea) beschrieben, der besonders durch
den schwarzen Rückenfleck („macula media dorsali nigra“) von
dem am häufigsten in Abyssinien verbreiteten mit einem schwarz-
gelb-schwarzen Rückenfleck abweichen sollte. Letztere Art, die
EHRENBERG auch aus Arkiko mitgebracht hat, ist später von GRAY
- Pr. alpını genannt worden. Tmomas hat 1892 (Proc. Zool. Soc.
Lond.) in der Überzeugung, daß der schwarze Fleck eine Aberration
ohne Bedeutung sein möchte, EHRENBERG’s Exemplar für identisch
mit der in Abyssinien gewöhnlichen Form (= Pr. alpını GRAY)
gesetzt und deshalb letztere als Pr. abyssinica EHRENBERG be-
zeichnet. Die Untersuchung der beiden von EHRENBERG aus
Arkiko mitgebrachten, noch guterhaltenen ausgestopften Tiere und
der zugehörigen Schädel und -eines dritten aus Arkiko sowie ihr
Vergleich mit den gewöhnlichen Klippschliefern Abyssiniens hat
mir gezeigt, daß EHRENBERG’S Pr. abyssinica mit dem schwarzen
Fleck von der anderen Form getrennt werden muß, letztere also
den von Gray ihr gegebenen Namen Pr. alpin wieder erhalten
muß. Mit Pr. shoana hat Pr. abyssinica wenig zu tun, sondern
steht am nächsten Pr. alpinı. Die farbige Abbildung, die EHREN-
BERG gegeben hat, gibt die Färbung und besonders die Stärke des
schwarzen Rückenflecks gut wieder.
Rücken helibraun mit ganz schwachem rötlichen Schimmer,
die sehr kurzen hell ockerfarbigen Binden sind sehr kurz und treten
nur wenig hervor. Kopf ähnlich. Vorn und seitlich an den Ohren
schmutzig weißgelb, ebenso ein kleiner Fleck über den Augen und
hinter dem Mundwinkel. Rückenfleck an’ der Basis braunschwarz,
zum Teil mit etwas rötlichbraunem Ton, gegen die Spitze schwarz.
Der Bauch ist schmutzig gelbbräunlich, die Füße gelbbraun.
Von Pr. alpini unterscheidet sich die Färbung durch den
schwarzen Rückenfleck, durch die kurzen Binden, durch die dunklere,
gleichförmig braune Färbung, während bei alpini die hellen, fast
Fa
#-
140 A. Braver: Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum.
kittfarbigen Binden viel mehr sich geltend machen als die dunklen
Basen oder Spitzen, durch die hellen Flecke am Ohr und über dem
Auge, die Pr. alpını fehlen, und die gelbbräunliche Farbe des
Bauches, während bei alpiniı sie zum Teil schmutzig gelbweiß ist.
Im einzelnen ist die Färbung der Haare folgende:
Kopf: Die Haare sind sehr kurz, bis 1,6. Die Schnauze ist
dicht behaart. Die Haare sind braun mit einer nur 0,1 langen
gelbbräunlichen Binde und schwarzer oder brauner Spitze, einige
(die längsten) sind auch ganz dunkelbraun. Über den Augen ein
kleiner, aber auffallender Fleck von ganz weißgelben Haaren, eben-
solche am und hinter dem Mundwinkel, ferner vorn an der Basis
der Ohren ein Büschel von Haaren mit längeren weißgelben Binden.
Die Wangen sind etwas heller als der Kopf, weil die Binden
länger sind.
Rücken: Die Länge der Haare beträgt 2—3,2, sie sind braun,
haben eine nur 0,2 lange hell ockerfarbige Binde, die sehr wenig
zur Geltung kommt, und eine kurze schwarze Spitze; einige lange
sind ganz schwarz oder braun. Der Rückenfleck ist 3,4, hebt sich
deutlich ab. Die Haare sind 2,5 lang, unten braun, zum Teil rötlich-
braun, gegen die Spitze zu schwarz ohne jegliche Spur einer ocker-
farbigen Binde. Die kahle Stelle ist 2 lang, 0,4 breit. Die Seiten
des Rumpfes und die Beine sind hellbraun, die Füße gelbbräunlich,
die Bauchhaare ganz schmutzig gelbbräunlich.
Die Länge (über den Rücken gemessen) des O (1990) beträgt 51.
Der Schädel ist im ganzen wie der von Pr. alpimı gebaut. Er
zeigt nur folgende Unterschiede: M! ist schmäler, 0,65, während
bei Pr. alpini M! 0,69—0,75 (nach Tmomas sogar bis 0,79) breit
ist, vereinzelt aber auch, wie z. B. bei dem zweiten Exemplar
EHRENBERG’s, nur 0,68 breit sein kann; die S. naso-frontalis ist
stark gebogen, während sie bei den mir vorliegenden gerade oder
fast gerade verläuft; das Iugale ist vom Lacrimale entfernt, bei
Pr. alpinı nicht.
Die andern Maße des Schädels sind, soweit sich nach diesem
einen des noch nicht ganz ausgewachsenen Tieres (Stad. VII)
sagen läßt, dieselben wie bei Pr. alpini. Im Unterkiefer ist links
der P, noch vorhanden und wenig verkümmert, rechts fehlt er.
Bei einem dritten Schädel aus Arkiko, der leider stark verletzt
und jung ist (Stad. IV), und den ich auch zu dieser Art rechne,
da M! und das Jugale übereinstimmen (die S. naso-frontalis aller-
dings nur schwach gebogen ist, was sich vielleicht durch das
geringere Alter erklärt), ist P, beiderseits vorhanden und außer-
dem sogar noch © inf., worüber ich an anderer Stelle berichte.
BERNHARD HantzscH 7: Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 141
Maße des Schädels (Stad. VII) M? wird sichtbar, im Unter-
kiefer bereits fast ganz entwickelt. Basallänge 7,3; größte Länge 7,99;
Gnath-Condyl. 7,66; Hens.-Condyl. 7,29; Hens.-Palat. 3,66; Basiocec 1,43;
Höhe der Bulla 0,1; Jugularbreite 4,69; dorsale Schädellänge 7,48;
Länge der Nasale 165, des Frontale 3,05; Breite der Stirn 3,08;
Länge des Occ. sup. 0,18; Länge des Intermax. 1,75; seine Höhe 1,16;
Höhe des Schädels 3; Diastem im Oberkiefer 0,83, im Unterkiefer
(links, wo P, erhalten), 0,16; P1=# 1,62; Breite von M! 0,65; Länge
von Pı 0,18.
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland.
Von BERNHARD HanTzscH 7.
Mit einer Einleitung von P. MATscHIE.
Am 29. Juni 1909 hatte BERNHARD HanrtzscH Europa verlassen
zu einer Forschungsreise nach dem nur wenig bekannten Baffinslande.
Die Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin war mit
einem größeren Beitrage an der Beschaffung der Mittel für dieses
Unternehmen beteiligt.
Selten ist jemand besser vorbereitet an die Ausführung eines
großen Planes gegangen. Nachdem HanrtzscHh in seiner engeren
Heimat, dem Königreiche Sachsen, mit großem Fleiße wichtige
Beobachtungen über die Vogelwelt angestellt hatte, vertiefte und
erweiterte er die gewonnenen Erfahrungen auf mehreren Reisen in
Slavonien und Bulgarien. Eine Reihe von Veröffentlichungen in
mehreren wissenschaftlichen Zeitschriften legen von dem erfolg-
reichen Streben des jungen Forschers aus dieser Zeit Zeugnis ab.
Bald wendete er sich größeren Aufgaben zu und bereiste im
Jahre 1903 Island. Seine dort gemachten Beobachtungen und
Sammlungen sind in einem besonderen Werke zusammengefaßt
worden.
Im Sommer des Jahres 1906 fuhr er nach der Nordostküste
von Labrador, um dort die Sprache und Gewohnheiten der Eskimo
kennen zu lernen, mit deren Hilfe er später nördlichere Länder zu
erforschen gedachte. Auch hier benutzte er jede Gelegenheit, um
eifrig zu sammeln. Seine im Journal für Ornithologie veröffent-
lichten umfangreichen Arbeiten über die Vogelwelt dieser Gegenden
enthalten eine Fülle anregender Beobachtungen.
In den nächsten Jahren setzte er eifrig die Vorbereitungen zu
einer planmäßigen Durchforschung des südlichen Baffinslandes fort
und konnte im Sommer des Jahres 1909 seine Reise antreten.
142 BERNHARD HantzscH F. Bu
Leider war ihm das Glück nicht günstig; das Schiff scheiterte
im Cumberland-Golfe, Hantzsc# verlor den größten Teil seiner Aus-
rüstung und mußte mit sehr dürftigen Mitteln den Vorstoß ins
Innere antreten, nachdem er den Winter in der auf der Blacklead-
Insel gelegenen Missionsstation verbracht hatte. Die letzten Nach-
richten, welche er in seine Heimat senden konnte, meldeten seine
Ankunft am Netschilling-See. Von dort ging er weiter nach Westen
und erreichte die Ufer des Fuchs-Kanals, wo er im Jahre 1911
ein Opfer des Skorbuts wurde, ehe die ihm nachgeschickte neue
Ausrüstung ihn erreichen, konnte.
Ehre seinem Andenken! Ein bewährter Forscher, ein aus-
gezeichneter Beobachter ist der Wissenschaft entrissen worden.
Was von seinem Nachlasse zu retten war, beweist, daß er mit
großer Sorgfalt seine Sammlungen angelegt und in peinlich genauer
Weise jedes Stück mit allen für die wissenschaftliche Verwertung
ersprießlichen Bemerkungen versehen hat. Glücklicherweise sind
seine Tagebücher gerettet worden; sie enthalten u. a. sehr wertvolle
Mitteilungen über die Säugetierwelt von Baffinsland, die hier ohne
wesentliche Änderungen veröffentlicht wurden. Nur die von ihm
gebrauchten Abkürzungen sind ergänzt worden; die Bestimmungen
der Arten beruhen auf seinen Angaben. Kine Vergleichung der in
seinem Nachlasse gefundenen Felle und Schädel wird einige wesent-
liche Feststellungen über die Rassen des auf Baffinsland vorhandenen
Wildes ergeben.
HanrzscH hat in den hier vorliegenden Tagebuchblättern schon
selbst darauf aufmerksam gemacht, daß am Fuchs-Kanal Phoca
hispida anders aussieht als am Uumberland-Golfe. Die von ihm
gezeichneten Geweihe von Kangifer weisen deutlich auf das Vor-
handensein zweier sehr verschiedener Ren-Rassen hin. Wenn man
die Bilder Fig. 3 und 4 vergleicht, so erkennt man folgende Unter-
schiede. Bei Fig. 3 sind diejenigen Sprossen, die etwa der Augen-
und Eissprosse des Rothirsches entsprechen, nach vorn gerichtet
und so weit einwärts gebogen, daß sie, von vorn gesehen, die Stange
etwas decken; die Stange ist sanft gebogen, ohne Knick; die Spitzen-
sprossen sind nach oben und nur sehr wenig einwärts gerichtet.
Bei Fig. 4 sind die unteren Sprossen zunächst auswärts und dann
erst einwärts gerichtet und decken die Stange, ganz von vorn ge-
sehen, nicht; die Stange ist scharf geknickt; die Spitzensprossen
sind deutlich einwärts gewendet. Bei Fig. 3 ist die Entfernung
der Spitzen der Stange voneinander viel größer als diejenige der
Spitzen der oberen Hintersprossen, bei Fig. 4 aber fast gleich
groß. Beide sind an demselben Tage am Fuchs-Kanal erbeutet
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 143
worden und weideten zusammen. Das in Fig. » dargestellte Geweih
hat die linke Stange der einen Form, nämlich ähnlich wie Fig. 4,
die rechte Stange der anderen Form ähnlich wie Fig. 3; auch
dieses Geweih stammt aus der Nähe des Fuchs-Kanals, aber aus
einer anderen Gegend, vom Lager M. Unsere Fig. 2 vom Kökdjnak,
der den Netschilling-See mit dem Fuchs-Kanal verbindet, gehört
offenbar zu der in Fig. 3 dargestellten Form.
Fig. 5 halte ich nach den an deutschen Rothirschgeweihen
gesammelten Erfahrungen für einen Mischling beider Rassen, die
in den von Hantzsca besuchten Gegenden in ihrem Verbreitungs-
gebiete sich berühren müssen. Das Geweih des 9 (Fig. 6) gehört
zu derselben Form wie Fig. 4, wie die nach außen gebogenen
Untersprossen und die nach innen gebogenen Spitzen beweisen.
Sehr lehrreich sind die von HanrtzscH gemachten Beobachtungen
über die Brunft und den Wechsel der Geweihe und des Haarkleides
bei dem Ren. Am 10. Juni 1910 zwischen dem Cumberland-Golf
und dem kleinen vor dem Netschilling liegenden Amitok-See haben
die S Bastgeweihe von 25—60 cm Länge. Am 19. Juni, einige Tage
vor dem Netschilling, sind die Felle stark in der Umfärbung zum
Sommerkleide, bei einem ist Kopf und Hals schon sehr kurzhaarig.
Am 30. Juni wird am Netschilling ein © mit ganz jungem Kalbe
angetroffen. Die vorjährigen Kälber sind oft noch bei der Mutter.
Im Anfang des August ist das Sommerkleid fertig. Am 28. August
wird zuerst das Fegen des Geweihes bei einem JS beobachtet; am
5. September haben 2 S völlig vereckte Geweihe. Dagegen fegen
um die Mitte des September viele J und die O sind im Baste. Um
die Mitte des Oktober ist die Brunft am stärksten; sie hat im
Anfang des Monats eingesetzt. Ende Oktober sind die Geweihe
der Kälber noch nicht völlig vereckt.e. Am 28. März hat ein er-
legtes d das Geweih abgeworfen, am 7. April zeigt ein © ein
noch nicht völlig gefegtes Geweih, das dabei befindliche Kalb ist
noch im Bast.
Diese Beobachtungen scheinen darauf hinzuweisen, daß man
es hier mit 2 Rassen zu tun hat, die zu verschiedener Zeit fegen,
Haxtzsch hat die schon bekannte Tatsache bestätigt, daß J und
oO zu verschiedener Zeit das Geweih erneuern.
Sehr auffällig erscheint die Mitteilung, welche Hantzsch über
das Walroß macht. Walrosse sollen Seehunde im Wasser fangen,
und im Magen solcher Tiere seien große Stücke von Seehunden
gefunden worden. Diese Beobachtung ist so auffällig, daß man an
sie nicht glauben möchte, wenn nicht ein so gewissenhafter Beob-
achter dafür die Verantwortung übernommen hätte.
144 BERNHARD HANTZSscH Y.
Aus dem Tagebuch läßt BE folgender Be ermitteln:
Winter 1909/10: Blacklead-Insel im Cumberland-Goltf.
4. Juni: Köngu.
Anfang Juni: Paanonloob.
13. Juni: Amitok-See.
18. Juni: Amitok-See.
19. Juni: Angmätuk-Fluß.
24. Juni: Ischoa am Ostufer des Netschilling-Sees.
Ende Juni: Netschilling.
Juli: Tikeräkdjuk am Netschilling.
5. September: Kökdjuak-Fluß.
23. September: Kökdjuak-Mündung.
Ende Oktober: Fuchs-Kanal.
7. November: Kudjitariak.
Januar 1911: Kökdjuak.
Die letzten Aufzeichnungen rühren vom 8. April 1911 her
vom Lager S.
Es folgen nunmehr die aba et welche BERNHARD
Hantzscr hinterlassen hat.
Rangifer tarandus arctieus (Rıca.)
Esk.: Tuktu.
Dieses Jahr (Winter 1909/10) nach Aussage der Eskimos recht
häufige. Große Herden werden beobachtet und auch eine Menge
erlegt. Hier im Missionshause ist nach Aussage des Missionars
noch niemals ein solcher Vorrat von Fleisch vorhanden gewesen.
Die Tiere kommen wieder an dieselben Plätze, die sie jahrelang
nicht besuchten. Sie zeigen sich sehr scheu.
7. Juni 1910: 3 bei Kangianga
un von meinen Leuten erlegte JS ad.
5 eo -0 —E re sind dicht mit Zeckenlarven (etliche
Mm ni Fr A N M Haut jn Spiritus gesammelt) besetzt, viel-
Ai Hl HN) Haare Jeicht 4080 Stück an jedem. Die
Mn) il) Hl Tiere sitzen in der Haut, haben
richtige Beutel und nur eine Ofinung
Fig. 1 nach der Innenseite zu. Sie bilden
also dicke Höcker (Fig. 1).
10. Juni: die d haben Bastgeweihe von 25—60 cm Länge. —
Sämtliche 7 erlegte Tiere sind dick mit diesen Maden besetzt. J halten
sich in Trupps von 3 und 4 zusammen und sind nicht allzu scheu,
13. Juni: Auf unserer Reise bis zum See Amitok werden
vielfach die Fährten der Tiere beobachtet.
IM
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 145
19. Juni: Am Flusse Angmätuk zahlreiche Fährten. Losung
ziemlich klein, abgestumpfter Kegel, an der Basis gewölbte Ver-
tiefung. Die erlegten C hielten sich einzeln, zu zweien oder dreien
und waren nicht besonders scheu. Felle stark in Umfärbung, eins
am Kopf und ÖOberhals ganz kurzhaarig. Weniger Larven, nur
einzelne.
»4. Juni: Bisher nur JS, einzeln oder bis zu 4, angetroffen.
— An diesem Tage von meinen Leuten ein einzelnes Exemplar bei
Ischoa, Netschilling, bis an den Leib im Wasser stehend, angetrofien,
während am Ufer ein Wolf auf das Tier lauert. Dies nur mit dem
Glase abends gegen 9 Uhr beobachtet, zu spät und weit, auf Jagd
zu gehen. Der Ausgang des Wartens ist kaum anzuzweifeln:
sobald das frierende Tier an Land gegangen ist, wird es von dem
Wolfe niedergerissen worden sein.
Ende Juni: Nur C erlegt.
29. Juni: 1 großes © ziemlich weit vom Lande mitten auf
dem Eise; es liegt behaglich im Mittagssonnenscheine auf einer
Stelle, wo sich noch Schnee findet (das meiste ist bloßes Eis).
Leider benehmen sich meine Leute wenig vorsichtig. Hinter dem
weißen Schirme, der nur einen Mann deckt, schleichen sich 3 an
das Tier heran, das freilich rechtzeitig stutzig wird, aufsteht,
stehen bleibt und sich dann langsam nähert. Endlich wird daneben
geschossen, und nun beginnt es, schneller zu laufen. Nach kurzer
Zeit bleibt es wieder stehen, wird viermal erfolglos beschossen,
und beginnt sein weiteres Laufen dann jedesmal mit einem spaßhaft
aussehenden Emporbäumen auf die Hinterbeine, ganz wie die
Zirkuspferde dies machen. Ein weiteres S am Lande.
30. Juni: 1. Junges angetroffen, mit der erschossenen Mutter,
ganz jung. Am 2. Juli noch an derselben Stelle und erlegt. —
Nun mehrmals O beobachtet; die vorjährigen Kälber sind oft noch
bei den Müttern.
1. Juli: 3 S angetroffen, sowie ein © mit vorjährigem jungen C;
Mutter angeschossen, geht ins Wasser und ertrinkt.
Juli: Häufig bei Tikeräkdjuk, immer nur ein einzelnes Exemplar
oder wenige beisammen. Wandernd, auch Eis und Wasser ohne
Zögern begehend. Hart von Moskiten verfolgt. Ziehen sich, als
die Mückenplage am See zu groß wird, nach den Bergen zurück,
wird bei Tikeräkdjuk nicht mehr angetroffen.
4. August: Ein erlegtes zweijähriges JS zeigt das fertige
Sommerkleid, wenn auch noch etwas kurz. Ein am 31. Juli erlegtes
JS ad. ist besonders an der Unterseite noch nicht ganz fertig. —
Bis 8. August erlegte Tiere, 3 ad., S und o juv. zeigen ein zwar
146 BERNHARD HAnTzscH f.
noch kurzes, aber doch fertiges Sommerkleid. Die Tiere werden
immer nur einzeln oder zu zweien beobachtet, sind fast immer
sehr scheu. — 2. Hälfte des August: das Haarkleid bei allen fertig
und, weil noch nicht allzu lang, für die Kleidung am geeignetsten.
28. August: 1 altes J beginnt das vereckte Geweih zu fegen.
— Die Fettbildung beginnt nun, besonders bei den JS ad., deren
Fleisch nun bereits vielfach einen bockartigen, unangenehmen Bei-
geschmack hat.
Mitte September: Nun fegen viele 9, doch trifft man noch
keine Tiere mit ganz fertigem
Geweih. © und juv. noch im
Bast. — Man sieht nun auch
größere Gesellschaften (bis
en
unteren runden Teile bis
«0 mm. Doch gilt als Regel auch jetzt
noch das Gegenteil.
5. September: 2 zusammen-
gehende © im mittleren Alter
zeigen völlig vereckte Geweihe,
dienurnoch an einzelnen Spitzen
harte, festsitzende Reste des
Bastes haben. Färbung der Ge-
weihe noch hell, knochenfarbig,
Skrause Mur an einzelnen Stellen, be-
nach Nantzsch, ,
sonders im unteren Teile, bräun-
lich angeflogen. — Die Tiere
sind jetzt mehr oder weniger
fett, nicht nur zwischen den Eingeweiden, sondern besonders am
Rücken, am meisten am hinteren Teile, am Schwanze. Die Geweihe
der auch sonst beobachteten Tiere sind fast alle ziemlich steil
und wenig ausgelegt (Fig. 2—5).
Mitte Oktober: ‚Jetzt ist die Brunft am stärksten, die jedoch
seit Anfang des Monats währt. Die J' halten sich in kleinen
(Gesellschaften mit 1 oder 2 O zusammen. Kälber bleiben bei der
Mutter. Vielfach finden sich in diesen Gesellschaften auch jüngere d.
— Die Geweihe der Kälber sind bis Ende des Monats noch nicht
völlig vereckt.
Ende Oktober: Auch die J' haben jetzt kein Fett mehr.
Anfang November: Wandern noch in kleinen Trupps nach
dem offenen Wasser des Foxkanals. Scheinen jetzt sehr rasclı
weiter zu wandern.
dad.
Kökdjuak 9.1X.1910.
Fig. 2.
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland.
147
Felle von Füchsen gefressen, samt den Haaren, wobei ein tot-
geschlagenes Exemplar sehr fett geworden ist.
Von meinen Leuten die Losung in der Zeit des Hungers ge-
sammelt, aufgetaut, mit etwas flüssigem Seehundsöle angerührt und
in ganzem oder auch zerdrücktem Zustande gegessen.
c!
= 3
8! 32 breit 2
Ei o
ei a a
©; BG v5 =
cı - ©}
= +42 breit =
l .eı
S! ce
= | &
eg! Ki +- von hier an
| abwärts rund.
+ Umfang 80.
©, .
I
rechte Stange von aussen.
d Fox Kanal 28.1X.1910.
Fig. 3.
iM le _ Von da an _,i
il abwärts \
h rundlich.
IN ---
-
-
DDP N
4 Umfan$ 83
aussen im Bogen:
c:800 links rechts c: 770
Stange von aussen rechte Stange von aussen.
d fox Kanal 28.1X. 1910.
Fig. 4.
dieselben von vorn,
dieselben von vorn
10
148 BERNHARD HANTZSCH }.
Das Fett, das sich vor der Brunftzeit besonders am Rücken
der starken Hirsche findet, ist sehr wohlschmeckend, fest, talgartig
Vorteilhaft zur Füllung der Eskimolampen benutzt. Zu diesem
320
BL
eradlini
630 im Bogen
&
Piz
mr
_
Be)
linke Stange von aussen rechte Stange von aussen dieselben von vorn I
d Fox Kanal, Lager M. 27. X. 1910.
Fig. 5.
. DL ———
_— m
im Bogen £3
Fig
i3
weni länger
Sefeöt, bräunlichweiss
-
on.
Die Hlatten Stellen mit lederartiß
harter braunschwarzer Haut be= S% N
deckt. der Bast braungrau. } SS GK
EZ, ha "JE in
d vorjähris 7.1. 1911. o ad. mit Embryo
7. 1V. 1911.
Fox-Kanal-Küste.
Fig. 6, Fig. 7.
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 149
Zwecke wird es ausgekaut und nur die weiche Masse ballonartig
und fast weiß aussehend auf die Lampe gelegt. Besonders bei
den zäheren Massen zwischen den Därmen und beim Magennetze
ist dies nötig. Auch Lichte werden oft daraus hergestellt, gern
vorher guter Talg einige Zeit gewässert, um das Blut zu entfernen,
dann ausgekaut und um einen Docht mit dem Munde und den
Fingern geformt; brennen vorzüglich, wenn der Docht gut ist. —
Die vielen Tieren im Frühjahre unter der Haut des Felles sitzenden
Bremsenlarven, oft dem obersten Fleische beim Abziehen des Felles
anhaftend, werden von den Eskimos in jedem Alterszustande weich
und gefroren gern gegessen.
November, Dezember: Ausnahmsweise werden Fährten bei
unserm Winterlager angetroffen, doch sind die Tiere daselbst so
selten, daß kein einziges Exemplar erlegt wird. Auf der Reise meiner
Leute vom Winterlager nach der Kökdjnakmündung und zurück
werden nicht einmal Fährten beobachtet (erste Hälfte Dezember).
Januar 1911: Während des ganzen Monats nichts von den
Tieren bemerkt, auch keine Fährten von Ittusäkdjnak auf dessen
Wanderung vom Winterlager bis in die Nähe des Foxkanals und
zurück angetroffen.
Februar: Durchaus nichts von den Tieren beobachtet.
5. März: Nicht weit von Lager R, S auf ziemlich frische
Fährten eines aus jungen und alten Tieren zusammengesetzten
Rudels, etwa 10 Köpfe zählend, getroffen.
6. März: Denselben und seit gestern neuen Fährten gefolgt,
ein Zeichen, daß die Tiere bei dem stillen schönen Wetter wenig
gewandert sind. Heute derartiges Schneetreiben und dicke Luft,
daß Fernsicht verhüllt wird und die Verfolgung der Tiere ergebnislos
verläuft. Sollen angeblich bei stürmischem Wetter mehr als bei
stillem wandern.
8. März: 20—30 km nördlich von Lager R, S überaus zahl-
reiche Fährten, die erkennen lassen, daß viele Rudel seit langer
Zeit daselbst leben. Tiere ziemlich scheu; in kleinen Gesellschaften
von 2—10 Exemplaren.
28. März: IT JS von mittlerem oder höherem (?) Alter hat
Geweih abgeworfen; sehr scheu. — Jetzt wieder in kleinen Gesell-
schaften von 2—5 Stück beobachtet; jenes J einzeln.
April: Zahlreich werdend bei Lager S.
7. April: oO ad. noch nicht völlig gefegtes Bastgeweih (Spitze);
SO 1ljährig (deren Kalb) noch völliges Bastgeweih, Haut hart,
schwärzlich, nur an der Spitze behaart, sonst kahl. — Viele
Exemplare, auch Kälber, stark von Bremsenlarven besetzt (Fig. 6 u. 7).
10%
150 BERNHARD HAnTzscH 7.
Dicrostony& hudsonius richardsoni MerRIAMm.
Esk.: Avingak. ’
Herbst 1909 zahlreich auf Blacklead Island. Merkwürdiger-
weise wird unter mehr als 30 Exemplaren, die ich in die Hände
bekomme, nur ein einziges 2 gefunden. Im Winter nur ganz aus-
nahmsweise beobachtet. Dann und wann sieht man die Spuren
im Schnee. Eine erlegte Schneeeule hat nur Lemminge gefressen.
12. Juni 1910: Obwohl bis jetzt noch kein Exemplar beob-
achtet, muß es doch schon genügend geben. Ein erbeuteter Wander-
falke sowohl als auch ein Fuchs haben nur Lemmingsreste im
Magen.
14. Juni: Ein Exemplar wird auf dem Eise eines Sees laufend
angetroffen. Es ist auf große Entfernung hin sichtbar; läuft sehr
schnell. Es erweist sich wieder als Cd, nun in voller Sommertracht.
Wo die © stecken, ist mir nicht ganz "erklärlich.
Ende Juni: Netschilling. Die Tierchen kommen nun mehr
hervor, besonders in der Nacht. Ungestört laufen sie geschäftig
wie die Mäuse umher.
Juli: Sehr zahlreich bei Tikeräkdjuk.
Anfang August: Erst jetzt Junge beobachtet.
Dezember: Einige wenige Male Lemmingsfährten von meinen
Leuten bei ihren Jagdwanderungen in der Nähe des Winterlagers
beobachtet. |
Januar 1911: Ausnahmsweise Fährten beobachtet.
Lepus arcticus LEaAcH.
Esk.: Ukkalirk.
Einzelne während des ganzen Winters erlegt, aber nicht häufig.
Anfang Juni: Von jetzt an auf der Reise nach dem Netschilling
häufig in Paanonloob. Die Tiere führen ein nächtliches Leben
und werden immer nur am späten (völlig hellen) Abend gesehen.
Kommen mehrmals in ziemliche Nähe des Lagers, wohl weil dieses
an besonders günstiger Örtlichkeit errichtet ist, erweisen sich aber
bei Verfolgung als äußerst scheu und nur auf Kugelschußnähe an-
zukommen. Richten sich oft auf die Hinterbeine auf (machen
Männchen) und schauen sich fortwährend um.
12. Juni: Die Haarung beginnt nun sichtbar zu werden. ‘ Ein
erlegtes Exemplar zeigt die graue, kurze Sommertracht am Hinter-
rücken; übriges noch weiß.
19. Juni: 2 erlegte Q ad. zeigen Embryonen (je 4), die bald
gesetzt worden wären. Tiere in Umfärbung, aber in der Haupt-
sache weiß.
r
2
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 151
Ende Oktober: Mit Eintritt in das höhere, felsige Land am
Foxkanal wieder ziemlich häufig auftretend.. — Auch JS haben
Zitzen?
Anfang Dezember: Die Tiere sind ziemlich selten in der
Nähe des Winterlagers und überaus scheu. — Laufen weit umher,
weshalb wohl auch einzelne Exemplare zahlreiche Spuren hinter-
lassen, die leicht die Ansicht erwecken, als wären die Tiere häufig.
Die vielen Füchse mögen ihnen hart nachstellen.
‘ Januar 1911: Einig: wenige Tiere in der Nähe unseres
Winterlagers beobachtet, Spuren indes viel häufiger. — Die Hasen
scheinen besonders während der Nacht umherzulaufen und Nahrung
zu suchen; nur am Abend beobachtet, am hellen Tage anscheinend
schlafend.. — Meine Eskimos essen bis auf Fell und Knochen des
Tieres wenigstens in Zeiten des Mangels alle Körperteile, auch
Darm und den mit überaus fein zerriebenen, nicht erkennbaren
Pflanzenstoffen gefüllten Magen. Der Inhalt wird mit etwas
flüssigem Seehundsöle angerührt ‘und dann recht gern gegessen,
soll feiner und würziger als Renntiermageninhalt schmecken. Mir
ist es widerlich und allzusehr an Dung erinnernd. Das Fleisch
schmeckt, soweit sich bei der verschiedenen Zubereitungsweise
daheim und hierzulande beurteilen läßt (dort gebraten, hier ganz
frisch gekocht), unserm Hasenfleische ähnlich (auch vorigen Winter
im Missionshause bemerkt). Rücken am zartesten. Zwischen den
Schultern am Rücken zwei symmetrische kurze Streifen Fett,
das nebst dem zwischen den Eingeweiden befindlichen als
Lampenbrennstoff benutzt werden kann; angeblich besser als
Renntierfett.
16. Februar: Zwei 5 9 verfolgt und erlegt, die über große
Strecken gemeinsam gewandert sind. — Mageninhalt mit Seehundsöl
gar nicht übel schmeckend, ganz geringen Dungbeigeschmack; von
den Eskimos sehr gern gegessen und dem des Renntiers wesent-
lich vorgezogen. Magen nach Entleerung wohl 30 cm lang,
äußerst dünnwandig, darmartig. Bei Lagern R und S häufiger an-
getroffen. h
Canis occidentalis Rıca.
E.: Amarok. |
- Während des Winters 1909/10 kein Exemplar im Cumberland
Golfe erlegt. |
4. Juni 1910: Frische Fährten bei Köngu beobachtet.
10. Juni: Gegen Abend kommt ein prächtiges Exemplar in
die Nähe des Lagers und steht in angemessener Entfernung still,
152 BERNHARD HantzscH Y.
so daß ich es vortrefflich mit dem Glase beobachten kann. Es ist
in der Gesamtfärbung gelblichweiß, hat aber am Rücken reichlich
bräunlichschwarze Haare. Schwanz hängend; macht einen durch-
aus hundeartigen Eindruck, erscheint klug, elegant und für mich
als zum ersten Male einen Wolf in Freiheit sehend und noch dazu
diesen seltenen Polarwolf, den wohl kein Museum in Deutschland
besitzt, außerordentlich reizvoll. Als man das Tier verfolgt, macht
es schleunigst Kehrt, bleibt freilich noch einige Male stehen und
schaut sich um, klettert aber dann mit großen Sätzen den Berg
hinan, um jenseits zu verschwinden. Mit Leichtigkeit durcheilt es
den weichen, tiefen Schnee, vielleicht mit Absicht den schlechtesten
Weg wählend, wo ein Mensch kaum folgen kann. — Ich gehe und
sehe mir die Fährte an: sie ist wesentlich größer als die eines
gewöhnlichen Hundes und bei normalem Laufe viel mehr als bei
diesem hintereinander stehend. Die Abstände von einem Sohlen-
abdrucke zum nächsten betragen ca. 40 cm, werden aber bei
raschem Laufe wesentlich länger. Der miserabeln Mauja halber
kann ich leider der Fährte (Sturm und Nebelregen) nicht nach-
gehen. Sie sieht etwa tolgendermaßen aus (Fig. 8).
w
vr Kung
b mr m
re e GR Fi Or
m | pe
Fig. 8.
17. Juni: Am frühen Morgen raschelt es an unserm Zelt-
eingange, wo unser Fleischvorrat liegt. Ich schaue auf und sehe
einen großen weißen Hundekopf und Vorderkörper sich durch die
Felle zwängen. Ich scheuche das Tier zurück, und es verläßt
augenblicklich den Platz. Erst ein wenig später denke ich im
Halbschlafe daran, daß wir gar keinen solchen Hund besitzen, und
daß uns ein Wolf einen Besuch abgestattet haben muß. Ich sage
es Ittusakdjnak, der auch aus dem Zelte herausschaut, aber nichts
mehr sieht. Das Tier war größer als unsere Hunde und völlig
rein am Kopfe, während unsere Hunde schmutzig sind. Eine Ver-
wechslung ist kaum möglich.
18. Juni: Es zeigt sich wieder ein Wolf weit draußen auf
dem Eise des Sees Amitok. Er läßt lange Zeit seine Stimme er-
schallen, die durchaus hundeartig ist. Ich würde sie nicht von
dieser unterscheiden können: gezogenes Heulen, ab und zu kurze,
bellende Laute, das Heulen oft höher beginnend und tiefer endend,
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 153
ziemlich hoch: höö, _>...; dabei streckt das Tier den Hals und
Kopf vor und sperrt den Rachen weit auf. Die Länge und der
Klang des Heulens ist verschieden. Das Tier steht breit nach uns
zu gerichtet, den Kopf nach uns drehend, den Schwanz tief gesenkt,
fast zwischen den Beinen. Trotz der großen Entfernung macht es
sofort Kehrt, als einer meiner Leute im Schutze des weißen
Schirmes sich zur Verfolgung anschickt:. Setzt sich nach Aufgabe
dieser auf das Eis und heult, ebenfalls mit vorgestrecktem Hals
und Kopf. Es ist nach Aussage der Eskimos das ©, kleiner,
schneller und scheuer als das d. Es ist ziemlich dunkel gefärbt,
auch an der Kehle. Auf dem weißen Schnee sieht die gelbliche
Färbung allerdings düsterer aus.
24. Juni: 1 Exemplar, auf Renntier lauernd, von meinen Leuten
in der Nähe von Isclıoa, Netschilling, beobachtet.
Juli: Eine Familie in steiniger Gegend. © wiederholt bei
Tikeräkdjuk von unserem Lager aus gehört und gesehen. 5 Junge,
davon 2 erlegt und gebalgt. Sehr scheu, verstecken sich hinter
Steinen.
7. November: Die Fährten von 2 Exemplaren von einem
meiner Leute am Kudjitariak beobachtet (Winterlager).
10. Dezember: Von zweien meiner Leute in dem Hügellande
südlich unseres Winterlagers, Nähe des Foxkanals, die Fährten
eines aus ca. 10 Tieren bestehenden Rudels beobachtet.
8. April 19il: Frische Fährten zweier Exemplare bei Lager S,
Gegend jetzt renntierreich; d und Q, wohl ein Paar.
Canis familiaris borealis Desm.
Esk.: Kingmirk.
Vulpes lagopus.
Esk.: Terrienniak.
Während des Winters 1909/10 recht viele in den Eisfallen
gefangen, ca. 150—200 Stück im Golfe. Die Tiere gehen leicht
in die kunstlos beköderten Fallen. Nur 3 blaue Exemplare darunter
(1 von Hunden in Blacklead zerstört, 2 gute in Kikkerten).
Mai und Juni 1910: Die Fährten der Tiere werden allerorten
auf der Reise nach dem Netschilling sehr zahlreich beobachtet.
[11. Juni 1910: Am Morgen kommt ein Exemplar ziemlich
ungeniert in die Nähe des Lagers und endlich ganz dicht an die
Zelte heran, den jungen Hunden nachspürend, die sich in einem
kleinen Zeltbaue befinden. Vertrieben erscheint es bald wieder,
kommt in die Nähe eines hinter Felsen beschäftigten Eskimos und
154 BERNHARD HAnNTzscH T.
läßt sich auch durch unser Rufen .nicht stören. Es wittert auch
den Mann nicht und wird von diesem zu Boden geworfen, dann
erwürgt. Haarung an Kopf und Beinen beendet, am Unterrücken
ebenfalls ziemlich fertig. — Präpariert. — Im Magen Lemmings-
reste. Scheint sich nicht in Fortpflanzung zu befinden.|
28. September: Die Tiere fangen nun an, sich weißer zu
färben. ST,
13. Oktober: Ein Exemplar beim Fressen überrascht und
vertrieben. Nahrung ein anderer Fuchs, dieser ziemlich fett;
Fell weiß.
Während des ganzen Oktober werden Füchsspacen überall
wahrgenommen, gelegentlich auch Exemplare beobachtet. 27. Okt.
ein weißes Exemplar, noch etwas graulicher Schimmer. — Sobald
irgendwo Fleisch im Freien gelassen wird, sind sie schnell dabei,
besonders während der Nacht viel fressend, auch wenn dieses ge-
froren ist. Sie höhlen wie die Mäuse nur größere Löcher in die
Keulen und suchen sich gute Stücke heraus, falls sie die Auswahl
haben. Sollen angeblich auch jetzt noch besonders von Lemmingen
leben; ich glaube auch von Schneehühnern und Hasen. Sicher
können sie mit sehr wenigem auskommen und lange hungern.
Anfang November: Sehr häufig in dem felsigen Gebiete am
Foxkanal.
Dezember: Einziges Tier, dessen Spuren regelmäßig beob-
achtet werden. In 2 Arten von Fallen Exemplare gefangen.
Januar 1911: Winterlager. Die Tiere scheinen weit zu
wandern und sind nicht mehr häufig hier; auch von Ittusäkdjuak
auf der Fußtour bis fast zum Kökdjuak und zurück nur ziemlich
selten Spuren beobachtet. Die Gegend ist allzu tot, besonders
bezüglich der Lemminge und Schneehühner. — Bei nicht besonders
gut verwahrten Seehunden haben sich aber sofort Füchse eingefunden
und Eingeweide, Fleisch, Speck und Fell gehörig beraubt.
13. Februar: 1 JS ad. in der Nähe des Lagers erbeutet, sehr
mager und, weil nicht besonders scheu, wohl sehr hungrig. Zwei
Tage vorher bereits in der Nähe der Häuser angeschossen und
erheblich verwundet, kommt das Tier doch wieder in dessen Nähe.
Hat. nicht: weit von hier sein Lager in etwas felsigem Gebiete im
Schnee, sich selbst gegraben, nur gerade so groß, um darin zu
liegen, und durch die Benutzung etwas geglättet; Eingang gerade
zum Durchschlüpfen genügend, rundlich; Decke schwach. Von AR
Eskimos „Iglo“, Haus, genannt.
März: Sehr selten geworden, selbst in der Nähe aba a
entdeckter, niedergelegter Fleischvorräte keine oder nur ausnahms-
Beob.chtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 155
weise Spuren beobachtet; das seltene Auftreten von Lemmingen
und Schneehühnern mag die Tiere fernhalten.
Ursus maritimus ERXL.
Esk.: Nennok.
Meine Leute erzählen mir, wie sie vor 2 Jahren im Herbste
in der Nähe von Kikkerten beobachtet haben, wie ein großer Bär
3 Walrosse angegriffen und ein großes J getötet hat, indem er es
am Kopfe zerrissen hat. Bär vertrieben, Walrosse geholt.
23. September 1910: Frische Fährten bei der Kökdjuak-
mündung.
14. November: Fährten bei Lager P am Foxkanal.
Putorius eicognanii (Bp.). Hermelin.
Esk.: Terriak.
Während des Winters 1909/10 kein Exemplar von den Eskimos
im südlichen Cumberland Golfe gefangen und beobachtet.
November 1910: Die Spuren der Tiere werden in dem felsigen
Hügellande in der Nähe des Foxbeckens häufig beobachtet. De-
zember desgleichen, jedoch kein Tier beobachtet; anscheinend
besonders des Nachts rege.
Dezember: Nur ausnahmsweise noch Spuren der Tiere an-
getroffen.
Januar 1911: Während dieses Monats keine Spuren der
Tiere von meinen Leuten beobachtet. Der Mangel an Schnee-
hühnern und das äußerst seltene Auftreten von Hasen mag zur
Auswanderung früher hier vorhandener Exemplare geführt haben.
Allerdings ist der Schnee fast überall so fest geweht und gefroren,
daß Spuren eines so leichten Tieres selten Eindrücke hinterlassen
dürften.
Februar: Ausnahmsweise nur Spuren beobachtet.
März: Dasselbe.
Trichechus rosmarus L.
Esk.: Aivek, Aivirk.
| Meine Eskimos haben wiederholt gesehen, wie Walrosse See-
hunde im Wasser fingen, umarmten, wobei sie sich hoch auf-
richteten, und töteten. Vielfach im Magen große Stücke von
Seehunden gefunden.
.. Oystophora cristata (Erxı.). Klappmütze.
Esk.: Netsivak.
156 BERNHARD HAnTzscH f.
Phoca barbata FaBr.
Esk.: Ukjuk. Junge: Terriglo.
Während des ganzen Winters 1909/10 einzelne Stücke erlegt.
— Sah ein Ende April nicht weit von Nuvujen erbeutetes Fell
eines jungen Tieres, gleichmäßig grauschwarz, sonst weichhaarig,
wenn auch etwas kürzer als bei Ph. hispida. Kommt selten in
der Gegend vor.
19. November: 1 erlegtes © ist trächtig mit ca. 40 cm langem
Jungen. Dieses schwärzlichgrau, auf dem Rücken 3 weißliche, am
Hinterkopfe 1 größerer gleicher Fleck; noch kahl, nur am Kopfe
beginnt feine Behaarung; Bartborsten schon stark entwickelt —
Im Magen große Mengen von Krebstieren, besonders eine ziemlich
unserem Flußkrebse an Größe etwa gleichende Art (1 aufbewahrt).
An einer Stelle der Magenwand zahlreiche Fadenwürmer. — Magen-
inhalt und Leber weggeworfen, weil angeblich den Hunden gefährlich.
Ziemlich häufig bei unserm Winterlager am Foxkanal beob-
achtet.
Januar 1911: Einzelne in der Nähe des Winterlagers an- -
getroffene Atemlöcher dieser Seehunde sind natürlich erheblich
sröber als die der gewöhnlichen Riugelrobben.
Die stellenweise zentimeterstarke Haut, von den Eskimos ge-
legentlich sogar in rohem (gefrorenem) Zustande, wenigstens die
weichere Innenseite, gegessen (auswendig schwärzlich), schmeckt
nach Abschaben der Haare (diese von den Eskimos oft auch mit-
gegessen) in weichgekochtem Zustande, wodurch sie etwas an-
schwillt, durchaus angenehm. Ich lebe mehrere Tage hintereinander
nur davon. Wenn auch mein Hunger damals groß war, glaube ich
doch, dab sie mir auch in Zeiten genügender Ernährung durchaus
angenehm, ja sogar wie ein Leckerbissen schmecken würde, ähnlich
Schweinshaut, aber ich glaube würziger. Die Flossenfüße bestehen
nur aus diesem Materiale, enthalten gar kein Fleisch; von Haaren
befreit, was nicht leicht ist, und weich gekocht, sehr fein und
zart schmeckend. — Meine Leute verzehren in Zeiten des Mangels
auch altes Leder, das eigentlich zu Schuhsohlen bestimmt ist;
etwas über der Lampe trocken geröstet oder auch in Stücke ge-
schnitten und gekocht; es ist dann dünner und zäher als frisch.
Ich selbst habe nur die leimige, gelblichbraune Brühe getrunken, die
nicht übel und ähnlich der aus frischen Stücken ausgekochten
schmeckt.
Februar: Wiederholt einzelne im offenen Wasser des Fox-
kanals beobachtet; zu Ende des Monats etliche Male mehrere,
während andere Seehunde fehlen.
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 157
März: Nicht selten bei offenem Wasser, nach wie vor ge-
legentlich oft, häufiger als Ringelrobben. Die beiden Arten scheinen
sich zu meiden, da entweder die eine oder andere Art, viel seltener
beide gleichzeitig erscheinen. — Blut dieser Seehunde sinkt bei
Verwendung zum Kochen unter und bleibt fest, wenn auch wohl-
schmeckend (wie bei Renntierblut).
Phoca vitulina concolor DEKAY.
Esk.: Kassigiak.
Während des Winters 1909/10 von den Eskimos in Blacklead-
Island nur 3 oder 4 Stück erlegt.
Phoca groenlandica FABr.
Esk.: Kairelik.
Es ist mir nichts zu Ohren gekommen, daß im Winter 1909/10
ein Exemplar von den Blacklead-Leuten erlegt worden wäre.
Phoca hispida SCHREB.
Esk.: Netsek.
In Menge bei Blacklead-Island. Der eigentliche Seehund der
Eskimos des Cumberland-Golfes, der täglich erlegt wird. Die ersten
Jungen Anfang März, häufiger jedoch nicht vor Ende des Monats.
Mitte Mai 1910: Die Jungen haben nun das erste Haarkleid
abgelegt, und besitzen ein solches ganz ähnlich den Alten, ziemlich
langhaarig, Fleckung dunkel, fast schwarz. — Es gab dieses Jahr
sehr wenige Junge in der ganzen von mir besuchten Gegend. Die
Eskimos behaupten, weil zu viel Schnee gefallen sei, was ich nicht
glaube, da es gerade bis Anfang März wenig davon gab. Ob es
an der Stärke des Eises bei dem vorangegangenen sehr kalten
Winter liegt, wäre eher möglich. — Das alte Weibchen stellt
zwischen dem Eise und der Schneedecke darauf offene Plätze von
mehreren Metern im Durchmesser her, die in langen Gängen nach
dem Atemloche führen, das durch das starke Eis geht, oft senk-
recht, oft ein wenig schräg. Häufig befinden sich solche Brutplätze
im rauhen Eise; wir fanden sie aber auch inmitten weiter, völlig
ebener Flächen weit ab vom Lande. Nichts verrät sie, als der
hohle Klang, wenn man auf den Hohlräumen steht. Diese selbst
sind also nicht viel breiter oder richtiger höher als das alte Tier.
Hier wird das Junge geboren und gesäugt. Hat es das zweite Kleid
bekommen, geht es ins Wasser und kommt heraus aufs Eis; mit-
unter sieht man 2 beisammen, doch scheint immer nur ein Junges
vorhanden zu sein. Die Tierchen sind recht selbständig und
158 BERNHARD HANTZzscH 7. -
ebenso scheu wie die Alten; meist sieht man sie allein ohne die
Mutter. — In den unbewohnten und nur im Sommer von einzelnen
Eskimofamilien rasch durchzogenen Gegenden des Netschilling Fjords
waren diese Seehunde sehr häufig. Zu ein oder zwei dicht bei
ihren Löchern liegend, wenn das Wetter nicht allzu ungünstig ist,
sieht man mitunter wohl 20 Stück über die weite Fläche verstreut
(mit bloßem Auge). Manchmal .liegen auch 6, 8, 10 oder noch
mehr Stück nahe beieinander, neben mehreren Löchern oder an
Spalten. Auf einen Schuß verschwinden sie alle augenblicklich.
23. Mai: In dem langen schlauchartigen Magen eines O ad.
nur wenige Krebsüberreste der häufigen Art. Nach Behauptung
der Eskimos fressen die Tiere jetzt nur ganz wenig, fast aus-
schließlich solche kleine Wassertiere.
Foxkanal. November 1910: Häufig, einzige zahlreich auf-
tretende Seehundsart, etwas weniger scheu als im Cumberland Golfe.
15. November: Ein erlegtes O ad. hat den Magen mit Krabben
vollgestopft (etliche in Spiritus verwahrt). Nach Mitteilung meiner
Eskimos, die ja ihr ganzes Leben mit dieser Art zu tun hatten
und viele Hunderte erlegten, unterscheiden sich die hiesigen Tiere
ein wenig von denen des Cumberland-Golfes. Sie haben ungefleckte,
sehr helle Unterseite, was bei den dortigen nur ausnahmsweise
vorkommt. Flossen sind angeblich alle 4 größer. — Die Exemplare
sind häufig recht groß; 1 am 17. November erlegtes © ad. Gesamt-
länge 138 cm. |
Januar 1911: Die Tiere sind selten in der Gegend. An-
scheinend ist die Küste zu flach und das Eis- zur Anlegung von
Atemlöchern zu uneben. — 27. O0 ad. mit gut behaarten Jungen
im Leibe, dessen Fleisch. recht gut schmeckt. — Hunde nur mit
Fell gefüttert, das von Haaren gereinigt und weich gekocht auch
den Menschen recht angenehm schmeckt, nur viel dünner ist. Füße
wie bei Bartrobbe, nur zarter. — Die Leber der Tiere schmeckt
angeblich anders als bei den Tieren im Cumberland Golfe, besitzt
bei G ad. weniger üblen Beigeschmack und ist länger haltbar.
Nach der Vermutung meiner Leute rührt dies von der verschiedenen
Nahrung her, hier fast ausschließlich Krabben, dort auch viele
kleine Dorsche. Die Tiere sind auch in dieser unbewohnten
Gegend zumeist scheu. | a
Februar: In der von uns bewohnten Gegend im allgemeinen
selten, unbeständig im offenen Wasser des Foxkanals erscheinend,
wenn sich dieses bei Flut auftut. Atemlöcher nur wenige zu
Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 159
finden; in ebenem Eise, das hier so selten ist, und in Eisspalten.
— Fleisch der hier vorhandenen Tiere angeblich zarter, Q weniger
Beigeschmack, was besonders bei der Leber auffällig sein soll. —
Das Blut dieser Seehundsart mischt sich beim Kochen ziemlich
vollkommen und macht die Brühe gleichmäßig dick, sämig, wohl-
schmeckend und nahrhaft.
Phoca spec.? vom Netschilling.
21. Juni 1910: Von unserer Ankunft am See täglich bei
einigermaßem günstigem Wetter einzelne Tiere auf dem Eise beob-
achtet, etwas abseits vom Lande. Sie haben Atemlöcher ganz wie
Phoca hispida, der sie nach Aussage der Eskimos
auch völlig ähneln. Jetzt, später im Jahre ist Zen
das Eis in der Umgebung der Löcher infolge Fig. 9
der Sonnenwärme weiter aufgetaut, so dab sich
das ursprüngliche Atemloch in der Mitte einer kleinen offenen
Wasserstelle findet. Der ganze See ist noch dick zugefroren, nur
an den Küsten und dort, wo Flüsse münden, findet sich ein Streifen
offenen Wassers. Die Tiere sind bei sonnigem Wetter ziemlich
beweglich, legen sich auf die Seite und den Rücken und wackeln
mit allen 4 Beinen, diese in regelloser Folge in die Luft streckend.
In der Ruhe liegen sie auf der Unterseite, den Kopf in gleicher
Richtung mit dem Körper vorwärts gerichtet, ziemlich tief an-
gezogen, so daß der Hals nicht abgesetzt erscheint. Sie machen
in dieser Lage einen weit ungeschickteren Eindruck, als wenn sie
sich aufrichten und sichern (Fig. 9). Der Kopf wird aber immerhin
noch etwas frei gehalten, selten ganz auf das Eis niedergelegt.
Schlichen sich meine Leute auf allen Vieren an die Tiere heran
oder gingen auch, den weißen Schirm vor sich hertragend, auf sie
zu, So sichern die Tiere alle halben Minuten oder noch öfter. Dann
richten sie den Kopf in die Höhe, wodurch der Hals deutlich ab-
gesetzt erscheint. Solange dies geschieht, wartet der Jäger; legt
sich das Tier wieder in die erstbeschriebene Stellung nieder,
schleicht er weiter heran. Im allgemeinen erwiesen sich die bis
zum 26. Juni beobachteten Seehunde nicht allzu scheu. Sie werden
hier weniger verfolgt als anderswo, da es im Sommer, wo eigentlich
nur Eskimos den See besuchen, viel leichter ist, Renntiere als See-
hunde zu jagen, und das Fleisch ersterer ist weit mehr beliebt.
Nur des Speckes wegen schätzt man die Seehunde, obgleich das
Fleisch besser als das von Ph. hispida sein soll. Ich aß es roh
und gekocht mit besonderem Prüfen, fand aber kaum einen großen
Unterschied. Mir erschien es zarter und weicher und weniger
160 JoH. THIELE.
kräftig schmeckend, was wohl von dem Aufenthalte der Tiere im
Süßwasser herrührt. Nach Aussage der Eskimos fressen sie viel
Lachse und Forellen, doch ist der Magen der auf dem Eise erlegten
Tiere immer leer. -— Die Leute kennen wohl die Unterschiede der
Seehunde und machen besonders auf die Verschiedenheit des Kopfes
aufmerksam. Die Haut soll dicker als bei dem gewöhnlichen See-
hunde sein. — 1 © ad., nicht mehr fortpflanzungsfähig, deshalb
ohne Junges in diesem Jahre, erlegt am 25. Juni. Gesamtlänge
1,40 m. Iris: schön dunkelbraun mit einzelnen Flecken und Ader-
zügen; Pupille länglichrund, von oben nach
unten gehend. Auge auch innen größer als
bei Phoca hispida. Fell präpariert. Neues
Haarkleid.
3 weitere erlegte Stücke sind sämtlich
sehr alte Tiere. Nach Aussage der Eskimos
äußere Augenöfinung kleiner, inneres Auge
größer als bei Ph. hispida (Fig. 10). Schnauze
Fig. 9. kürzer. J ad.: Gesamtlänge 144 cm. Koptf-
umfang 43,5 cm. Von Kopf bis Anfang der
Vorderfüße 50 cm. Breite von Achsel zu Achsel unten 39 cm.
Brustumfang hinter den Vorderfüßen 108 cm. Bauchumfang vor
den Hinterbeinen 52 cm.
Bei dem präparierten © ist die dreifache Geschlechtsöffnung
sowie ein kleiner Knochen, ähnlich dem C Penisknochen, auffällig.
Die Eskimofrauen haben solches noch nie beobachtet.
5. Juli: Ein diesjähriges Exemplar vergeblich beschossen.
Delphinapterus leucas (Paur.).
Esk.: Kellellugak.
22. April 1910: Heute auf dem offenen Wasser eine Menge
gesehen und ohne Erfolg verfolgt.
Ein neuer Solenogaster von Spitzbergen.
Von JoH. THIELE.
Nachdem ich früher in dem von RöMER & ScHAuDInN bei
Spitzbergen gesammelten Material eine neue Proneomenia-Art ge-
funden und beschrieben hatte (Fauna Arctica, v. 1 p. 111t.5), hat
nachträglich VAnHörren darin noch ein kleines Exemplar dieser
Tiergruppe gefunden und mir zur Bearbeitung übergeben. Seine
Konservierung war nicht gut, doch konnte ich die Hauptmerkmale
SER 2 WORE EZ ae
ee iın ann u Da nn
Ein neuer Solenogaster von Spitzbergen. 161
erkennen, und diese ergaben, dab das Tier zu einer neuen Art
gehört, die ich Nematomenia arctica nenne.
Das Tier (Fig. 1) ist vermutlich noch nicht ausgewachsen, es
hatte eine Länge von 45 mm und einen Durchmesser (Höhe) von
0,6 mm. Die Umgebung der Mund-
öffnung ist etwas konkav und ’
durch eine Kante nach oben ab- FR
gesetzt; im übrigen ist die Unter- RER
seite deutlich abgeflacht, der ;
Rücken kantig, der Querschnitt
deutlich höher als breit. Die Er u
Bauchrinne enthält keine Falte, er: vr :
sondern ist flach. 9» i
Die Oberfläche wird von BE £
dichten Schuppen bekleidet. Die Ei
Hauptform (Fig. 2a) ist ziemlich
breit blattförmig, distal abge-
rundet, proximal verschmälert und gerade abgeschnitten; sie ist
etwa 80 » lang und 46 u breit. Zwischen ihnen finden sich schmal
blattförmige Schüppchen, 65—75 u lang und 18 u breit, die proximal
stielartig verschmälert, distal zugespitzt oder abgerundet sind
(Fig. 2b). Neben der Bauchrinne liegen abgerundet stumpfwinklige
Schüppchen (Fig. 2c), denen
SEN sich mehr flügelförmige an-
e N „ schließen.
b Das Atrium, in welches
Be) die Mundöffnung führt, ist
klein und enthält nur wenige
Cirren. Der Schlund ist
anfangs eng und erweitert _
sich dann, worauf durch einen
Fig. 2. Ringmuskel eine bedeutende
Verengung bewirkt wird;
schließlich wird er wieder weiter, erhält ein ziemlich hohes Epithel
und mündet nach im ganzen geradlinigem Verlauf in die Unterseite
des Mitteldarms, der nur einen kurzen vorderen Fortsatz aufweist.
Eine Radula ist nicht wahrzunehmen; die Speicheldrüsen bilden
mäßig große kompakte Massen unter dem Schlunde.
Das Perikard ist ziemlich klein, rundlich. An seinem Hinter:
ende entspringen die anfangs engen Gonodukte und bilden jeder-
seits eine über ihnen und unter dem Perikard gelegene Samenblase
und eine zweite an ihrer Mündung in die Schalendrüse; dieses Paar
Pier; 1.
162 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. Februar 1913.
ist nach vorn gewendet und liegt unter dem Darm nebeneinander
und vor der Schalendrüse. Diese ist groß, einheitlich, besonders
dorsal mit hohem Drüsenepithel; ihre Mündung ist eng. Die
Kloakenhöhle nimmt den hintersten Teil des Körperinnern ein, sie
ist ziemlich geräumig, mit ungefalteter Wandung.
Nach der Form der Kalkschüppchen und der Beschaftenken
des Schlundes hat unsere Art am meisten Ähnlichkeit mit Nemato-
menia flavens (Pruvor), so daß sie zweifellos in diese Gattung
gehört. Indessen dürften zu dieser auch 2 Arten gehören, für
welche Sımroru eigene Gattungen geschaffen hat; Myzomenia
banyulensis (Pruvor) ist hauptsächlich durch den eigentümlich ge-
knickten Schlund ausgezeichnet, aber fast genau dieselbe Form hat er
bei Proneomenia thulensis, und darin wird kaum ein Gattungsmerkmal
liegen. Echinomenia corallophiıla (KowALevsky) ist überhaupt noch
ungenügend bekannt, und vorläufig haben wir kaum einen hin-
reichenden Grund, diese Art von Nematomenia abzutrennen. Ebenso-
wenig kann ich aus den Angaben über die unlängst beschriebene
Herpomenia HEATH etwas entnehmen, was diese von Nematomenia
unterscheidet. Somit vereinige ich Myzomenia, Herpomenia und
Echinomenia mit Nematomenia; diese Gattung ist durch die bei
allen Arten ähnlichen Kalkschuppen und den Schlund ohne Ba
gekennzeichnet.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. Februar 1913.
E. SCHWARZ: Die Verarmung des Stromgebiets der Donau im
Lichte der Tiergeographie.
F. MÜLLER: Über einige neue Stachelschweine Asiens.
A. BRAUER: Über das Gebiß von Procavia. (S. Seite 118.)
P. MATSCHIE: |. Über einen in Westpreußen erlegten Wolf.
2. Ein in der Mark gefundenes Geweih des Riesen-
hirsches.
0. HEINROTH: 1. Über die neu im Berliner Zoologischen Garten
eingetroffenen Proechidna und Rhinochetus.
2. Über ein kugliges Gebilde im Gehörgang von
Uria troile.
A. SCHUBERG: Anfrage über das Vorkommen von Hirudo medi-
cinalis in der Umgebung Berlins.
Druck von A. Hopfer in Burg b. M.
a
eg R
N
a!
h R
im Tan
ES,
en
Auszug aus den Gesetzen
N Se
Gesellschaft Naturforschender Freunde
zu Berlin.
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforächen a
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche 1 FaLy
zur Beförderung der Na WISENEC REN a der
Biontologie. ® E
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerouden R
lichen und Ehrenmitgliedern. 4
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20.
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach 4
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem ‚Kreise x ,
die Vorsitzenden und Schatzmeister. u
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschräne
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf ee u:
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, -
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und
“inladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen %
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das 5
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- 43
stüitzten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise De ht
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Aus e 24
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage 2
jedes Mamas bis auf weiteres im Hörsaale VE all Am. ee
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendinepn s ind
Are
an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N
.
Invalidenstr. 43, zu riehten. ; Re a
DEC 6 1916
3932
4 Sitzungsberichte
licchalt. N)
- Naturforschender SA.
zu Berlin.
Nr. 8. März 1913.
} er
E:- INHALT: Be
- Über die Drehungsbeträge der menschlichen Wirbelsäule. Von Epmuxo Mayer 163
‘Über künstliche Auslösung der Eientwicklung bei Amphibien. Von Frınz Levy 167
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen und
Hypsoiulus n.subg. (Uber Diplopoden, 61. Aufsatz.) Von Kırı W. VERHOEFF 170
"Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. Von
Te RR Ar SA OS WE 0 RE 192
Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. Von Turovor Vocr 219
‘Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. Von Turovor Vocr 222
229
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. März 1913 ..... N EORUERE
BERLIN.
In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN,
NW CARLSTRASSE 11;
71913.
ET
A TFERES,
. at ehe = > nn
Di
f
Kuna?
Bew
aD
aai
F
|
|
}
}
|
:
j
DEC 6 195
Nr. 3. 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 11. März 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATSCHIE.
Herr H. Kunzzen sprach über einige bemerkenswerte Fälle tiergeographischer
Verbreitung bei Blattkäfern.
Herr E. Mayer sprach über die Drehungsbeträge der menschlichen Wirbelsäule.
Über die Drehungsbeträge in der menschlichen Wirbelsäule.
Von EpmunD MAYER.
Wenn ich hier einige kurze Mitteilungen über die Drehungs-
bewegungen in der menschlichen Wirbelsäule mache, so geschieht
dies, um zweierlei zu zeigen:
1. Welch große grundsätzliche Verschiedenheit noch immer in
der Betrachtung von Gelenkproblemen herrscht.
2. Welch unverhältnismäßiger Aufwand von technischen Be-
mühungen nötig ist, um auch nur den kleinsten Schritt vorwärts
zu kommen.
Die Gelenke der menschlichen Wirbelsäule unterscheiden sich
folgendermaßen: Im Halsteil stehen die Gelenkflächen schräg zur
Horizontalebene, im Brust- und Lendenteil senkrecht; und zwar
stehen sie im Brustteil frontal, im Lendenteil sagittal. Oder
genauer ausgedrückt: im Brustteil auf der Peripherie von Kreisen,
deren Zentrum in oder vor den Wirbelkörpern liegt; im Lendenteil
hingegen auf den Radien derselben Kreise.
Wenn wir uns nun die Frage nach der Mechanik der Wirbel-
säule vorlegen, so ergeben sich folgende deduktiven Vorstellungen:
Im Lendenteil wird Vor- und Rückwärtsneigung im Vordergrund
stehen, Drehung um die Längsachse sowie Seitenneigung dagegen
nicht möglich sein. In der Brustwirbelsäule dagegen werden
Drehung und Seitenbeugung im Vordergrunde stehen; Bewegungen
in der Sagittalebene sind vielleicht möglich, aber nur schwer ver-
ständlich. In der Halswirbelsäule schließlich müssen wir aus dem
Bau deduzieren, daß weder einfache Vor- oder Seitenneigung, noch
11
164 EpmunD MAYER.
einfache Drehungen möglich sind, sondern nur kombinierte Be-
wegungen. Es empfiehlt sich also, die induktive Untersuchung in
den Teilen der Wirbelsäule zu beginnen, die relativ weniger kom-
pliziert erscheinen, d. h. den Halsteil zuletzt zu nehmen.
Überdies finden sich im Thorakalteil — und nur in diesem
— die einzigen Muskeln, bei denen wir nach ihrer Anordnung
eine eindeutige Funktion erwarten dürfen, nämlich die Rotatoren.
Mit Rücksicht auf diese Muskeln habe ich auf den Rat von Herrn
Prof. Vırcnow die Untersuchung der Drehungsbeträge in der
Brustwirbelsäule als Ausgangspunkt genommen.
An bisherigen Angaben nenne ich die von Hucazs (Arch. f.
Anat. u. Physiol. 1893); er gewann unter Leitung von FiscHER
und Braune seine Zahlen, indem er die Wirbelsäulen im ganzen
drehte: das Ergebnis besteht in völlig unregelmäßigen, durchaus
sprunghaften Beträgen.
In seinem Handbuche der Gelenklehre zitiert Fıck diese Arbeit
mit dem Bemerken, dab diese völlige Regellosigkeit ihm doch recht
verdächtig wäre.
1911 erschien nun aus Strasser’s Laboratorium in Bern eine
Dissertation von NovoGRoDSKI; dieser drehte nicht die ganze Wirbel-
säule auf einmal, sondern er fixierte jedesmal einen Wirbel, drehte
den Nachbarwirbel und las mit Hilfe verschiedener Zeiger die
Beträge ab (siehe die Tabelle).
NOVOGRODSKI MAYER
Gelenk 39 62 35 53 |ca.35 37
Jahre | Jahre | Jahre | Jahre | Jahre | Jahre
1. /2.. Brustwirbeli aymk mA 1300| — 10 10 2 5,5
2.8. OR ER 12 4 7 10 6 4
3./4. ER ER AREREESR 12 4 7 7 4 5
4.]5. ET Re en 12 4 6 7 4 1,5
5./6. RE er Sr ut 12 4 6 6 5,5 5
6: /7. RA RE e 1:28 4 6 6 8,5
7./8. a FREUT FE 10 4 5 6 1,5 |4,5 0,5
8.19. 1. 6 re 11 4 5 6 3 125-405
9./10, ET DB 9 4 5 4 4 185 -0,5
10-773 a A N ra ER 7 u 5 a 1 25-05
11.138.238, 2 OA 6 ren 5 1 05205
12. Brustwirbel/1. Lendenwirbel 5 2 4 4 4 0 bis 0,5
1./2. Lendenwirbel . .... . 4 2 2 4 0 bis 0,5
2./8. a a 3 2 2 4 0 bis 0,5
3./4. RI DR 3 2 2 4
4.|5. ren SR BEE A le 2 2 4
Diese Zahlen erschienen nun wieder Herrn Prof. Vırcnow in
ihrer Regelmäßigkeit so unwahrscheinlich, daß er mich zu einer
erneuten Untersuchung anleitete.
RS
.
4
r
p
y
N
Über die Drehungsbeträge in der menschlichen Wirbelsäule. 165
Es ist ja kaum vorstellbar, wie eine Reihe von Gelenken mit
den durchaus ungleichen Bandscheiben, mit Nucleus pulposus,
Bändern, einen derartig exakten Kifekt erzielen sollte, besonders
da NovoGropskı über die Kraft, mit der er die einzelnen Drehungen
ausführte, nichts sagt und wohl auch nichts sagen kann.
Meine Untersuchung benutzte die VircHow’sche Gipsformmethode
und hatte folgenden Gang: Die frischen Wirbelsäulen wurden von
der Muskulatur befreit und die Knochen unter Schonung des
Bandapparates an bestimmten Stellen so rein geschabt, wie es zur
Gewinnung scharfer Gipsformen nötig ist. Zunächst wurde nun
von der ruhenden Wirbelsäule eine Gipsform abgenommen; dann
trieben wir einen Nagel durch einen der letzten Lendenwirbel in
den Tisch und fixierten so die Wirbelsäule unten. Hierauf wurde
die Halswirbelsäule mit den Händen gefaßt und die Wirbelsäule
im ganzen kräftig, aber nicht gewaltsam gedreht, wobei auf die
Vermeidung von Nebenbewegungen möglichst geachtet wurde. In
dieser Lage wurde das Präparat fixiert und abgegipst. Nach der
Maceration brauchte man, wie üblich, die Wirbel nur in die eine
oder in die andere Form zu legen, um die Gelenkverhältnisse der
ruhenden mit denen der gedrehten Wirbelsäule vergleichen zu können.
Die Messung der Einzelbeträge geschah nun in folgender
Weise: Während die Wirbel in der Ruhestellungsform lagen, sollten
Stifte — es dienten geradegehämmerte Stricknadeln dazu — so in
ihnen befestigt werden, daß alle schnurgerade in einer Ebene
standen. Da mit dem Drillbohrer in dem porösen Knochen nicht
genau gearbeitet werden kann, so wurden große Gruben in die
Wirbel gemacht, die Stifte ganz lose hineingestellt und mit dem
oberen Ende zwischen zwei vollkommen geraden eisernen Schienen
festgeklemmt. Dann kam eine Mischung von Gips und Leim in
die Gruben. Diese erstarrte allmählich und fixierte so die Stifte
in einer Linie, da diese unter keinem anderen Einfluß als dem der
Schienen standen.
Wenn man nun die Wirbel in die Form von der Drehung
legte, dann bildeten die Stifte Winkel miteinander, die der Be-
wegung der Wirbel gegeneinander entsprachen. Je zwei benachbarte
Wirbel wurden photographiert und auf den Kopien die Winkel der
Stifte, d. h. die Einzelbeträge der Drehung, gemessen.
Davon, daß die Größe der Winkel von der Richtung der
photographischen Aufnahme weitgehend unabhängig ist, habe ich
mich durch den Versuch überzeugt.
Um aber allen etwaigen Fehlerquellen der photographischen
Methode aus dem Wege zu gehen und auch eine Kontrolle über
z1r
166 Eomuno Mayer: Über die Drehungsbeträge in der menschlichen Wirbelsäule.
Nebenbewegungen um andere als die Längsachse zu haben, ging
ich bei einer zweiten Wirbelsäule so vor.
Statt der Stahlstifte wurden schmale, längliche Glasplättchen
genommen. Diese hatten den Vorzug, von idealer Geradheit zu
sein, sehr wenig zu federn, und vor allem als flächenhafte Gebilde
auch Bewegungen um sagittale Achsen zu verraten.
Ich will gleich bemerken, daß sich solche Nebenbewegungen,
die sich mit Drehung kombinieren könnten, kaum zeigten.
Zwischen zwei benachbarte Wirbel hielt ich nun einen Rahmen
mit gespanntem, durchsichtigem Papier, ungefähr senkrecht auf
der Längsrichtung der Wirbelsäule, ließ ein Klötzchen mit einem
Bleistift längs der Glasplättchen gleiten, so daß auf jeder Seite
des Papiers ein Strich entstand, und maß den Winkel, den die beiden
Striche miteinander bildeten. Diese Art der Aufzeichnung und
Messung wurde mehrmals wiederholt und dann das Mittel genommen.
Die Ergebnisse der zweiten Wirbelsäule sind wohl zuverlässiger
als die der ersten, da erstens die Gipsformen bei ihr sehr viel
schärfer ausfielen, zweitens die Glasplättchen den Stricknadeln
überlegen sind und drittens alle Messungen wiederholt vorgenommen
wurden, so daß Mittelwerte und ungefähre Fehlergrenzen vorliegen.
Die gefundenen Zahlen siehe auf der Tabelle.
Es haben sich also wieder völlig sprunghafte Beträge ergeben.
Das einzige, was man sagen kann, ist, daß die Beweglichkeit im
oberen Teil der Brustwirbelsäule im allgemeinen größer ist, als
im unteren. Dies läßt sich auch von NovoGropskts Zahlen ab-
lesen, aber wieder mit so großer Regelmäßigkeit, daß sie uns ver-
dächtig ist.
Wenn man ferner meine zweite Wirbelsäule, bei der auch
einige Lendenwirbel berücksichtigt werden, als die zuverlässigere
ansieht, dann scheint es so, als ob in der Lendenwirbelsäule die
Drehung so gut wie gänzlich fehlt, was ja zu der Stellung der
(selenkflächen und dem Fehlen der Rotatoren gut passen würde.
Die Bruchteile von Graden, die etwa doch zustande kommen
könnten, erklären sich ausreichend durch Zusammendrückung der
(relenkknorpel.
Soviel für heute.
Für Ratschläge zur Vereinfachung der Methodik wäre ich
sehr dankbar. |
Di Zu ME u
Frırz Levy: Über künstliche Auslösung der Bientwicklung bei Amphibien. 167
Über künstliche Auslösung der Eientwicklung bei Amphibien.
Vorgetragen am 17. Dezember 1912 von Fritz Levy, Berlin.
Nach der Methode von Barasurox”) habe ich im Jahre 1912
im anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin etwa
8000 Eier von Rana temporaria (fusca), arvalis, esculenta, Bufo
vulgaris, Triton taeniatus und eristatus mit Platindrähten von 0,02,
0,03 und 0,05 mm Durchmesser angestochen. Bei den T’riionarten war
es wegen der Festigkeit der Gallerte nicht möglich, ohne zu starke
Schädigung in das Ei einzudringen. Bei Bufo erzielte ich einige
Barockfurchungen, sehr wenige normale Furchungen. Die Frosch-
eier stellten sich fast alle °/,—1 Stunde nach dem Anstich polar
ein. Etwa 800 Furchungen wurden beobachtet, von denen viele
Barockfurchungen waren. Nur 24 Eier entwickelten sich über die
Gastrulation hinaus, 11 Embryonen verließen die Gallerthülle und
wurden frei schwimmende Kaulquappen, die mehr oder minder bald
starben. Es zeigten sich verschiedene Mißbildungen, wie Spina .
bifida, Skoliose u. a. Ein Tier starb, als es schon gut entwickelte
Hinterbeine hatte und die Stummel der wachsenden Vorderbeine
deutlich sichtbar waren. Eine Rana temporaria (fusca) lebte als
metamorphosierter Frosch einen Monat lang auf dem Lande, eine
Rana esculenta drei Tage.
Vergleichsphotographien von den gleichaltrigen Fröschen be-
stätigen die schon bei den Kaulquappen gemachten Beobachtungen,
daß die durch künstliche Entwicklungserregung erzeugten Tiere
bedeutend kleiner sind als die Kontrolltiere. Zu den Versuchen
wurden Eier benutzt, die ihre Reifung durch Reduktionsteilungen
vollendet hatten. Demnach mußten sich die Versuchstiere mit der
halben Kernmasse und der halben Chromosomenzahl zu entwickeln
beginnen. Es erhob sich nun die Frage: Entwickeln sich die durch
künstliche Entwicklungserregung erzeugten Tiere mit der halben
Chromosomenzahl (haploid) oder nach einer etwaigen Regulation
mit der normalen Chromosomenzahl (diploid)? Mitosen im Larven-
epithel schienen haploid zu sein. Eine genaue Zahlenbestimmung
erschien jedoch kaum möglich; deshalb nahm ich Kernmessungen
vor, da nach Boverı (1905) die Kerngröße im direkten Verhältnis
zur Chromosomenzahl steht. Die Kernmessungen aus den ver-
schiedensten Geweben erlauben mit Bestimmtheit den Schluß, daß
die Kerne haploid sind. Die Zellgrößen bei Kontroll- und Ver-
*) Eine genaue Beschreibung der Methode findet sich in meiner aus-
führlicheren Mitteilung: Über künstliche Entwicklungserregung bei Amphibien.
Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. 82. Teil 2. 1913.
168 Fritz Levy.
suchstieren verhalten sich infolge der von RıcHArD Herrwıs be-
schriebenen Kernpiasmarelation wie die Kerngrößen; am deutlichsten
trat dieser Befund bei den Erythrocyten zutage, da diese glatt-
randigen, leicht auffindbaren Gebilde mit Leichtigkeit Messungen
gestatten.
Bisher war es gelungen, im normalen Befruchtungsvorgange
zwei Faktoren zu erkennen: die Entwicklungserregung und die Ver-
erbung elterlicher Erbmassen. Die Versuche mit künstlicher Ent-
wicklungserregung weisen uns, glaube ich, noch auf einen dritten
Faktor hin: die Erhaltung der Fortpflanzungsfähigkeit. Irgendwie
bindende Schlüsse über künstliche Entwicklungserregung,
Parthenogenesis und normale Befruchtung können nur bei
solchen Tierarten gemacht werden, bei denen der normale
Verlauf der Reifung in den Geschlechtszellen bekannt ist.
Aus Untersuchungen über die Reifeteilungen beim Frosch, die ich
demnächst veröffentlichen werde, geht hervor, daß sich hier nach
der Synapsis je zwei Chromosomen Ende an Ende als ringförmige
Tetraden finden. Die Reduktion erfolgt nach dem pseudomitotischen
Typus. |
Mit vortrefflicher Klarheit hat jüngst SchLeıpp die Resultate der
Untersuchungen über die Reifungsvorgänge bei Tieren, die normaler-
weise Parthenogenese haben, zusammengestellt: „Obligatorisch
parthenogenetische Eier, d. h. solche, die nicht befruchtet werden
können, verhalten sich bei ihren Reifeteilungen verschieden; stets
aber unterbleibt die Reduktion der Chromosomenzahl. Fakultativ
parthenogenetische Eier, d. h. solche, die sich befruchtet oder
unbefruchtet entwickeln können, erfahren stets eine Zahlenreduktion;
sie entwickeln sich mit der halben Chromosomenzahl zu Männchen,
in deren Spermatogenese dann die Reduktion der Chromosomenzahl
ausfällt. Bei jeder derselben ist nicht nur eine Verminderung der
Chromosomenzahl schlechtweg, sondern auch der Zahl der ver-
schiedenen Chromatineinheiten verhütet, falls eine Verschiedenheit
zwischen denselben besteht.“
Aus den Arbeiten von GÜNTHER HerTwıG und ÜOPPERMANN
geht hervor, daß schwach mit Radium geschädigte Spermatozoen
noch eine Amphimixis eingehen. Da aber die Spermatozoen durch
die Bestrahlung verändert sind, handelt es sich hier um eine der
Bastardbildung ähnliche Entwicklungserregung. Sind die Sperma-
tozoen stark geschädigt, so wird ihr Chromatin wie in KupkL-
WIESER’S Versuchen der Mytilusspermakern ausgeschieden. Praktisch
handelt es sich hier auch um asperme Entwicklungserregung. Dazu
ist auch noch die Merogonie zu rechnen, In beiden Fällen verläuft
|
|
|
|
Über künstliche Auslösung der Bientwicklung bei Amphibien. 169
die Entwicklung monokaryotisch, sei es arrhenokaryotisch (Mero-
gonie), sei es thelykaryotisch (asperme Entwicklungserregung:).
Danach glaube ich, daß es nicht allzu gewagt erscheint,
folgende Hypothese aufzustellen: Eikern wie Spermakern sind
gleichwertige Gebilde, die jedes für sich bei Vorhanden-
sein einer geeigneten Plasmamenge durch verschiedene
zur Zeit ihrer Wirkung nach unbekannte Reize zur Ent-
wicklung eines Embryo mit haploiden Kernen angeregt
werden können. Tritt im normalen Verlauf der Reife-
teilungen bei der betreffenden Tierart eine Reduktion ein,
so muß das Tier, das schon in den somatischen Zellen ha-
ploide Kerne hat (was wenig wahrscheinlich ist), unter Änderung
des Reifungsmodus die Reduktion ausfallen lassen oder es
wird nicht geschlechtsreif. Bei den echten Bastarden handelt
es sich wahrscheinlich um Störungen in der Intimfusion (HÄckeEr).
. Der Kernmasse nach könnten sie sonst geschlechtsreif werden. Bei
der aspermen Entwicklungserregung und der Befruchtung mit
stammfremdem Sperma muß also entweder die Tierart ihren Reifungs-
modus „umlernen“ oder aber wir bekommen in der F,-Generation
nur Abortivformen, die nie geschlechtsreif werden können; es handelt
sich dann hier um eine degenerative Entwicklungserregung im
Gegensatze zur Parthenogenese sowohl der somatischen mit ganzer
Chromosomenzahl, wie der generativen mit halber Chromosomen-
zahl und verändertem Reifetypus. Die echte Parthenogenese ist ein
veränderter Modus der normalen Befruchtung und liefert daher
auch zeugungsfähige Nachkommen.
Bis jetzt ist es mir noch nicht gelungen, einen Frosch bis zu
dem Alter aufzuziehen, in dem er &eschlechtsreif werden müßte.
Das hier Entwickelte ist daher vorläufig nur eine Hypothese. Ich
hoffe bald nach weiteren und umfassenderen Versuchen mehr
Material zur Klärung der Verhältnisse beizubringen. Es wird aber,
dessen bin ich mir wohl bewußt, noch vieler Versuche und Unter-
suchungen bedürfen, bis es gelingen wird, alle Lücken der Beweis-
führung in dem Bauplan auszufüllen, dessen Entwurf ich im An-
schluß an meine Versuchsergebnisse versucht habe.
170 KırıL W. VERHOEFF.
Die süddeutschen, zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-
Formen und Hypsoiulus n. subg. (Uber Diplopoden,
61. Aufsatz.)
Von Kırı W. VERHOEFF, Pasing.
Dazu 9 Figuren.
In dem Aufsatze „Rheintalstrecken als zoogeographische
Schranken“ (Zoolog. Anzeiger, Februar 1912) habe ich auszuführen
gesucht, welchen einschneidenden Einfluß ein größeres Flußtal
im Zeitenlauf gewonnen hat auf solche Tiere, welche, wie die
meisten Diplopoden, Flüsse aktiv zu überschreiten nicht imstande
sind und auch passiv nur in sehr seltenen Fällen vertragen werden
können.
Die zoogeographische Bedeutung der Donau habe ich ebenfalls
schon hervorgehoben und kommt sie als eine Grenzlinie ersten
Ranges in meiner zoogeographischen süd-nördlichen Dreiteilung
Deutschlands zur Geltung).
Süddeutschland (in meinem im 38. Aufsatz umschriebenen
zoogeographischen Sinne) zerfällt in drei Gaue, welche voneinander
schärfer geschieden sind als die meisten Gaue von Mittel- und |
Norddeutschland, weil die Grenzen zwischen diesen drei süddeutschen |
Gebieten durch zwei große Flüsse gebildet werden, die in früheren |
Erdperioden noch gewaltiger. gewirkt haben und zeitweise als Eis-
oder Eiswasserströme. Ich bezeichne diese süddeutschen Gaue als
1. schweizerischen (oder helvetischen) Gau, westlich des
Rheines, südlich von Bodensee, Rhein und Burgunder Klause,
2. schwäbisch-bayrischen (oder vindelizischen) Gau,
östlich vom Rhein, Bodensee und der Rhein-Donau-Versickerungs-
linie, südlich von der Donau und westlich vom Inn,
3. österreichischen (oder norischen) Gau, östlich vom Inn,
westlich von der ungarischen Tiefebene und südlich von der Donau.
Die Südgrenzen dieses Süddeutschlands lassen sich vorläufig,
d.h. bei der jetzigen, noch unvollständigen Erforschung der reichen
Diplopoden-Fauna der Alpenländer, nicht mit Bestimmtheit und nicht
so scharf angeben wie die übrigen Grenzen, doch können vorläufig
die Südränder der nördlichen Kalkalpen als Abschluß gelten, und
zwar vom Genfer See und dem Rhonedurchbruch im Westen bis
zum Neusiedler See im Osten.
!) Die nordböhmisch-sächsische Fauna und ihre Bedeutung für die Zoo-
geographie Mitteleuropas, über Diplop. 88. Aufsatz, Abhandl. der Isis,
Dresden 1910.
LaW u
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 171
Durch die Diplopoden-Fauna sind diese drei süddeutschen
Gaue äußerst scharf charakterisiert. Eine genauere Begründung
dieser Faunengebiete wird später eine besondere Arbeit bringen,
einige hervorstechendste Züge mögen jedoch schon jetzt genannt
werden. Der vindelizische Gau istarm an Charakterformen,
während die beiden äußeren Gaue durch eine ganze Reihe
endemischer Formen charakterisiert sind.
Den Grund für diese so wichtige und merkwürdige Erscheinung
kann ich nur in den Vorgängen früherer Erdperioden erblicken, und
zwar besonders darin, daß unter den Ländern, welche den Alpen
im Norden vorgelagert sind, die mittleren am meisten unter
Eisströmen zu leiden gehabt haben und sich, nachdem der
größte Teil der früheren Bewohner verdrängt worden war, am
schwersten wieder besiedeln konnten, zumal sie den günstiger ge-
stellten Gebieten im Westen und Osten am fernsten liegen. Außer-
dem liegen die mittleren Gebiete am ausgiebigsten im „Schatten“
der Hochgebirge und sind dadurch klimatisch am ungünstigsten
gestellt. Wir würden aber trotzdem nicht so große Unterschiede
in der Fauna der drei Gaue antreffen, wenn sich nicht die großen
Flüsse und Seen und Gletscher unmittelbar den wandernden Tieren
hindernd in den Weg gestellt hätten.
So trägt der vindelizische Gau mehr als jeder andere in
Mittel- und Süddeutschland den Charakter eines Eiszeitgaues.
Er ist außerdem der süddeutsche Mischungsgau, und hierin
liegt seine besondere Bedeutung. Auf seinem Boden haben
sich weit mehr als im helvetischen und norischen Gau
östliche und westliche Gattungen und Arten durchein-
andergeschoben. Der norische Gau dagegen ist arm an
westlichen und der helvetische Gau arm an östlichen
Formen. |
Als Beispiele erwähne ich das westliche Oraspedosoma_ ale-
mannicum, welches ostwärts in den norischen Gau vordrang, und
die östliche Glomeris hexasticha, welche in den helvetischen Gau
nach Westen gelangte.
Während dem vindelizischen Gau eine eigentliche Charakter-
gattung überhaupt nicht zukommt, besitzt jeder der beiden andern
Gaue mehrere derselben.
Orthochordeumella, Macheiriophoron und Helvetiosoma sind zwar
nicht auf den helvetischen Gau beschränkt, aber sie haben doch
in ihm ihre hauptsächlichste Ausbreitung erfahren und dieser
Gau ist daher ihre hauptsächlichste Heimat. Alle drei fehlen dagegen
dem norischen Gau, während sie dem vindelizischen entweder eben-
178 | KArL W. VERHOEFF.
falls fehlen (Helwetiosoma), oder ihn nur im Westen erreichen
(Macheiriophoron) oder nur in einer Art über ihn ausgebreitet sind
(Orthochordeumella).
Überraschend reich an charakteristischen Gestalten
ist der norische Gau, daher der am schärfsten ausgeprägte
unter allen deutschen Gauen. Nach unsern bisherigen Kennt-
nissen besitzt er nicht nur Gattungen, welche innerhalb Süddeutsch-
lands in ihm allein vorkommen, wie Gervaisıa und Glomeridella,
sondern er ist auch die Heimat endemischer Gattungen, wie
Listrocheiritium, Dendromonomeron, Syngonopodium n. g. und
Halleinosoma n. £.°).
Der norische Gau ist in früheren Zeitläufen, ganz entsprechend
den jetzigen Gebirgszuständen, von Eisströmen weniger heimgesucht
worden als der helvetische und hat daher noch mehr als dieser
mit einer alteingesessenen Diplopoden-Fauna die Eiszeiten überdauern
können.
Als ein besonders wichtiges Ergebnis meiner neuesten nord-
ostalpinen Forschungen habe ich die Feststellung zu verzeichnen,
daß die Fauna des Salzkammergutes (im weiteren Sinne) zwar
eine weitgehende Verwandtschaft zeigt mit der Fauna Steier-
marks, dab sie aber auch zu dieser zugleich in einem unverkenn-
baren Gegensatze steht, der sich am besten ausdrücken läßt durch
die Gegenüberstellung von
Heterohaasea und Dendromonomeron,
Polyphematia und Syngonopodium,
Trachysoma und Halleinosoma.
Auch für Listrocheiritium. scheint in Steiermark eine Ersatz-
gruppe vorzukommen, doch ist darüber noch keine ausreichende
Aufklärung gegeben worden.
Die Eigentümlichkeiten der süddeutschen Gaue werden noch
weit mehr hervortreten, wenn. alle einzelnen Formen nach ihrer
Verbreitung und Herkunft vergleichend behandelt werden, was erst
in einem späteren Aufsatze geschehen soll; im folgenden will ich
jedoch einige Leptoiulus bekannt machen, welche bei der Auffassung
der süddeutschen Gaue eine wichtige Rolle spielen.
Für die Alpenwelt ist überhaupt keine Iuliden-Gattung
charakteristischer und darum wichtiger als Leptoiulus. Zwar ist
dieselbe keineswegs auf das Gebiet der Alpenländer beschränkt,
sondern durch die meisten Länder Europas verbreitet, dennoch ist
2) Diese beiden neuen Gattungen werden an anderer Stelle bekannt
gemacht.
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 173
sie nirgends zahlreicher vertreten als in den Alpen, und zwar von
den Tälern angefangen bis zu mehr als 2500 m Höhe.
Die -Fortschritte in der systematisch-geographischen Kenntnis
der Gattung Leptowulus sind ein vortreffliches Beispiel für die,
welche in diesen Richtungen bei den Diplopoden Europas überhaupt
gemacht worden sind. Ohne auf diese Fortschritte, welche sich
in eine Reihe von Stufen gliedern lassen, jetzt näher einzugehen,
will ich nur auf meine beiden letzten Schriften verweisen, in denen
u. a. auch Zeptoiulus behandelt worden ist, nämlich
den 30. Aufsatz, zur Kenntnis der Iuliden usw. im Archiv f.
Nat. Berlin 1907, I. Bd. 3. H. und den
39. Aufsatz, Iuliden und Ascospermophora, in Jahreshefte des
Vereins f. vaterländ. Naturk. in Württ. 1910.
(Ganz besondere Schwierigkeiten hatte die systematische Klar-
stellung der alemannicus-Gruppe zu überwinden, für welche ich
im 39. Aufsatz, Abschnitt AIV, S. 355—357 die letzte Übersicht
gegeben habe. Diese alemannicus-Gruppe hat sich nun dadurch
als sehr wichtig für die Beurteilung der südostdeutschen Gaue er-
wiesen, daß ich eine durch den Inn und teilweise auch die Donau
bezeichnete Formentrennung feststellen konnte, welche sich dahin
kennzeichnen läßt, daß östlich vom Inn und östlich von der
Harz-Regensburger-Linie, sowie nördlich von dem ostalpinen Ur-
gebirgszuge alle bisher bekannten Arten und Unterarten der
alemannicus-Gruppe fehlen und durch die weiterhin beschrie-
benen neuen Formen ersetzt werden.
Im 39. Aufsatz habe ich bereits die weite Ausbreitung des
Leptoiulus simplex glacialis nachgewiesen, welcher durch Rhein,
Iller, Lech und Isar nicht aufgehalten worden ist, vor dem Inn
dagegen plötzlich verschwindet®). Daß alemannicus und simplex
scharf unterschiedene selbständige Arten sind, wird auch durch
deren nur zum geringeren Teil zusammenfallende Verbreitung er-
wiesen. Obwohl auch alemannicus in den oberbayrischen Bergen
bis östlich der Isar nachgewiesen werden konnte, habe ich ihn im
norischen Gau ebenfalls stets vermißt.
Die Formen der alemannicus-Gruppe stimmen in Habitus
und Skulptur so weit überein, daß ich auf diese Verhältnisse nicht
weiter eingehe. Ausschlaggebende Charaktere sind in erster Linie
die männlichen Hinterblätter. Eine physiologische Erklärung
derselben habe ich zum erstenmal im 30. Aufsatz gegeben. Bei
®) Unter den Fundorten auf S. 357 ist „Donaustauf“ zu streichen und
auf marcomannius n. sp. zu beziehen.
174 Kırr W. VERHOEFF.
dem verwickelten Bau dieser Organe liegt es auf der Hand, daß
ein physiologischer Einblick auch für eine richtige systematische
Auffassung von großem Wert ist. Ubrigens möchte ich nochmals
besonders betonen, daß man von den charakteristischen Eigentümlich-
keiten der Hinterblätter der Leptorulus nur dann eine richtige Vor-
stellung erhält, wenn die beiden Gonopodenpaare in der Mediane
auseinanderpräpariert werden - und die Opisthomerite genau im
Profil zur Erscheinung gelangen. Außerdem warne ich nochmals
davor, Macerationspräparate anzulegen *), da die zum Teil zarten
@ebilde durch Maceration sehr leicht verzerrt oder eventuell ganz
unkenntlich gemacht werden. Nur gut in Alkohol konservierte,
nicht macerierte Objekte können Präparate von erforderlicher Klar-
heit liefern.
Nachgerade habe ich von der Gattung Leptorulus so zahlreiche
Präparate anzufertigen und durchzustudieren Gelegenheit gehabt,
daß ich für die geringere oder größere Beständigkeit der syste-
matisch belangvollen Charaktere eine genügende Einsicht gewonnen
habe. Außer den Merkmalen, welche schon wiederholt besprochen
worden sind, möchte ich als neue noch bosonders hervorheben den
hinteren Rinnenblattfortsatz, welcher nicht nur nach seiner
Gestalt wichtig ist, sondern auch in bezug auf seine Länge im
Verhältnis zur Grundbreite, ferner die beiden inneren Deck-
blätter des Spermaabschnittes, insofern als das vordere derselben
im Vergleich mit dem hinteren eine sehr verschiedene Breite auf-
weist. Recht charakteristisch ist für die einzelnen Formen auch
ihre Beinpaarzahl, da dieselbe im Zusammenhang mit der Körper-
länge nur mäßige Schwankungen zeigt, wenigstens im Vergleich
z. B. mit Leptophyllum, Tachypodoiulus und manchen Cylindroiulus-
Arten. Das Vorhandensein oder Fehlen eines mittleren Rinnen-
blattfortsatzes hat sich als ein so wichtiges Merkmal heraus-
gestellt, daß die ehemalige Auffassung des simplex als „Varietät“
endgültig als unrichtig abgetan ist. Zwar gibt es verschiedene
vermittelnde Erscheinungen hinsichtlich des mittleren Rinnen-
blattfortsatzes, aber die betreffenden Formen können trotzdem nicht
als Übergänge zwischen alemannicus und simplex aufgefaßt werden,
weil jede derselben außerdem durch irgend ein oder auch mehrere
andere Merkmale ausgezeichnet ist.
*) Namentlich von C. Graf Artems sind verschiedentlich übermäßig
macerierte Objekte zu Neubeschreibungen benutzt worden, so daß mit den-
selben nicht viel anzufangen ist. Es gilt das nicht nur für seine Myriapoden
Steiermarks, sondern auch für einige spätere Publikationen, z. B. den
Leptoiulus bovinus Art. im Archiv f. Nat. 1900, Bd. I, H. 3.
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 175
Sehlüssel für die mit Leptoiulus alemannicus verwandten
Formen:
A. An den Hinterblättern der hinteren Gonopoden ist der
mittlere Rinnenblattfortsatz entweder kräftig entwickelt oder es
findet sich an seiner Stelle wenigstens eine bucklige Vorwölbung
nach hinten in die Bucht herein. Der hintere Rinnenblattfortsatz
ist wenigstens 21/,mal, meistens aber 3mal länger als am Grunde
breit’). Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes erreicht
selten 2/; der Breite des vorderen, meistens ist es nur 1/o—1/, so
breit. Der hintere Rinnenblattfortsatz besitzt an seinem Hinter-
rande meistens ein vorragendes Eckchen oder Spitzchen, nicht
selten auch eine größere Nebenspitze. Kräftige, stattliche Formen,
deren 8 95—107 Beinpaare besitzt. Sinneszäpfchen der Innen-
taster meistens 66, seltener 6+5, 545, 6-7 oder 747
(niemals 4-4).
1. Der mittlere Rinnenblattfortsatz ist kräftig entwickelt,
meistens nach außen in einen Zipfel erweitert, der hintere 3 mal
länger als am Grunde breit.
a) Er ist breit und punktiert. Der hintere Rinnenblattfortsatz
besitzt hinten nur ein kleines Eckchen, seltener ein Spitzchen,
welches jedoch höchstens !/, so lang wird wie bei carynthiacus.
S und 9 stets mit tiefschwarzem Körper. Das hintere Deckblatt
des Spermaabschnittes 1/;,—!/, so breit wie das vordere.
1. alemannicus (genwinus) VERH.
a) Kleinere Tiere, deren S 95—99 Beinpaare besitzt. var.
alemanmıcus.
B) Größere Tiere, deren S 101—107 Beinpaare besitzt. var.
carnvolensis.
x) Der hintere Rinnenblattfortsatz am Ende keulig erweitert
infolge einer vorn vortretenden Ecke, auch hinten mit vortretendem
Ecekchen. Mittlerer Rinnenblattfortsatz dreieckig, weder breit noch
in einen Zipfel erweitert. JS mit 107 Beinpaaren. (Sonst ganz
wie alemannıcus (gen.). var. medius m.
(Vielleicht kann diese Form, von welcher ich nur ein einzelnes
JO besitze, welches ich im Pontebbanatal bei Pontafel auffand,
auch als besondere Rasse betrachtet werden.)
5) Die Grundbreite stellt man fest, indem man eine auf der Längs-
achse des Fortsatzes senkrecht stehende Grundlinie sich denkt (x Fig. 1),
welche hinten am Grunde da beginnt, wo der hintere Rinnenblattfortsatz in
das Schutzblatt übergeht.
176 KAırL W. VERHOEFF.,
b) Der mittlere Rinnenblattfortsatz ist nicht so breit und nicht
punktiert, er ist entweder dreickig, oder, wenn er weiter in die
Bucht hineinragt und etwas keulig wird, ist er doch viel schlanker
als bei alemannicus (gen.). Der hintere Rinnenblattfortsatz ist
hinten in eine kräftige Nebenspitze ausgezogen, welche durch-
schnittlich ungefähr !/, so lang ist wie die Entfernung zwischen
Fig. 6. Leptoiulus marcomannius (genwinus) m. Schenkelglied aus dem
9. Beinpaar des J, >< 125.
ihrem Grund und dem Ende des Fortsatzes.. J schwarz, © mehr
oder weniger braun, mit schwarzem Rückenmedianstreifen und
Drüsenfleckchen. JS mit 95—99 Beinpaaren. Das hintere Deckblatt
des Spermaabschnittes erreicht 2/;—®/; der Breite des vorderen.
2. alemannicus carynthiacus \VERH.
2. Ein mittlerer Rinnenblattfortsatz ist nicht vorhanden, aber
eine bucklige Vorwölbung gegen die Bucht zwischen den beiden
Fig. 7. L. simplex glacialis Veru. Dasselbe nach einem Individuum von der
Ebenalp (bei St. Gallen).
Solänomerit-Abschnitten findet sich an der Stelle dieses Fortsatzes.
Hinterer Rinnenblattfortsatz wie bei alemannicus (gen.), aber etwas
kürzer, 2'/;mal länger als am Grunde breit. Das hintere Deckblatt
des Spermaabschnittes erreicht 2/;, der Breite des vorderen. Am
2. Beinpaar des J sind die Drüsenfortsätze®) besonders grob
°) Die Drüsenfortsätze variieren in ihrer Lage auch bei alemannicus
(gen.), indem sie bald mehr nach vorn geschoben, bald mehr außen sichtbar
sind, doch habe ich sie bei diesem weder so groß noch so dicht an dem
Koxalfortsatz sitzend gefunden wie bei austriacus,
a SZ ia u u ad 2
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 177
und so weit nach vorn geschoben, daß sie dicht unter dem Ende
der Koxalfortsätze sitzen, zwischen diesen und dem Präfemur. Körper
in beiden Geschlechtern tiefschwarz. © mit 99 Beinpaaren. (Innen-
taster’?)
3. alemannicus austriacus VERH.
B. Der mittlere Rinnenblattfortsatz fehlt meistens voll-
ständig, wenn er aber als kleiner dreieckiger Zipfel ausgebildet
ist, dann besitzen die S der be-
treffenden Tiere nur 75—89 Bein-
paare, sind höchstens 20 mm lang
Fig. 1. Leptoiulus marcomannius n. sp. 1a Hinterblatt von innen gesehen,
>< 125. a vorderer, ce hinterer Rinnenblattfortsatz, sch Schutzblatt, ve Velum,
! Führungslamelle, i Führungsstachel, z Zapfen am Grunde des Sperma-
abschnittes. 1b der Spermaabschnitt nebst Velum, >< 240. 1c Velum eines
anderen Individuums, >< 240.
und haben an den Innentastern nur 4-4 (seltener 4-5) Sinnes-
N N en m :
C. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist durch seine Breite aus-
gezeichnet, nämlich 12/;—21/,, seltener 21/, mal länger als am Grunde
breit. Der mittlere Rinnenblattfortsatz fehlt immer vollständig und
auch grundwärts vom vorderen ist keine Spur einer buckligen
Vorwölbung zu sehen. Innentaster des Gnathochilarium mit 4—+ 4
(seltener 4-5) Sinneszäpfchen. d 24-30 mm lang und mit
89—97 Beinpaaren. Am 8. und 9. Beinpaar des C sind Postfemur
und Tibia mit kräftigem Polster versehen, auch am Femur ist das
Polster noch sehr deutlich, wenn auch niedriger. Dieses Glied ist
innen entweder ganz gerade begrenzt (Fig. 6), oder es ragt doch
nicht so auffallend vor wie bei implex ...:. 2.2... F,
178 Kırı W. VERHOEFF,
D. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist durch seine schlank e
Gestalt ausgezeichnet, nämlich 3—3'/, mal länger als am Grunde
breit. Innentaster mit 4 + 4 bis 5-+ 5 oder selten bis 6 + 6 Sinnes-
=
zäpfehen. & mit 75—95 Beinpaaren. Am 8. und 9. Beinpaar des 9
besitzen Postfemur und Tibia ein deutliches Polster, das Femur ein
viel schwächeres nur in der Endhälfte, zugleich ist dieses Glied
innen bucklig oder unter stumpfem Winkel vorgezogen (Fig. 7)
’ ,
E. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes ist ebenso
breit oder mindestens °/, so breit wie das vordere (Fig. 2 und 3).
Die Flagellum - Führungslamelle
endigt dicht an der Solänomerit-
;
y
#
“
C
Fig. 2. Leptoiulus noricus n. sp. 2a Hinterblatt von innen gesehen, >< 125
(Salzburg). 2b hinterer Rinnenblattfortsatz eines Tieres von St. Gilgen, >< 125.
2c Velum desselben Stückes, >< 125. 2d der Spermaabschnitt von innen her
dargestellt, >< 240.
bucht. Fortsätze an den Hüften des 2. Beinpaares des J wie bei
marcomanmıus. Der hintere Rinnenblattfortsatz hinten wenigstens
eckig vortretend.
1. Der hintere Rinnenblattfortsatz hinten in einen durch
Buchtung abgesetzten Lappen oder Zipfel deutlich ausgezogen
(Fig. 2a und 2b), der vordere Rinnenblattfortsatz lang und spitz,
den Schutzblattrand entschieden überragend, gegen die Bucht nicht
geneigt. 9 33—38 mm lang, mit 103—105, 9 24'1,—26'/, mm,
mit 97 Beinpaaren. Körper in beiden Geschlechtern dunkel.
.
4. noricus n. sp. (genwinus).
2. Der hintere Rinnenblattfortsatz hinten nieht durch tiefere E
Bucht abgesetzt, nur etwas eckig vorragend (Fig. 3a), der vordere >
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 179
kurz (Fig. 3b), das Schutzblatt nicht überragend, zugleich etwas
gegen die Bucht geneigt. © 30'/, mm lang, mit 101 Beinpaaren,
9 24'/, mm, mit 91 Beinpaaren. Körper des JS schwarz, des
Q viel heller und graubräunlich.
5. noricus saalachiensis n. subsp.
F. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes ist höchstens
knapp '/, so breit wie das vordere (Fig. la und 1b). Die Flagellum-
Führungslamelle bleibt mit ihrem
Ende von der Solänomeritbucht
ein gut Stück abgerückt.
1. Der hintere Rinnenblattfort-
satz, welcher 1°,, —2'/, mal länger
a b
Fig. 3. L. noricus saalachiensis n. subsp. 3a der Spermaabschnitt nebst
Velum und Führungslamelle (2) von innen gesehen, y Ende der letzteren
an der großen Bucht. cdr Kanal der Coxaldrüse. ® vorderes, A hinteres
Deckblatt des Spermaabschnittes, >< 240. 3b der hintere Rinnenblatt-
fortsatz, > 125.
ist als am Grunde breit, fällt hinten meistens gerade ab, bisweilen
besitzt er dort ein kleines, etwas vorragendes Eckchen, niemals
aber einen deutlich vorragenden Fortsatz. Das hintere Deckblatt
des Spermaabschnittes erreicht '/,—'/, der Breite des vorderen.
Die Hüftfortsätze am 2. Beinpaar des JS (Fig. 4) zeigen den normalen
Typus der alemannicus-Gruppe, d.h. sie sind nach außen dreieckig
erweitert und reichen bis zu der großen Borste auf der Endwölbung
des Präfemur, Kollum des © braun, © auffallend hell gefärbt,
nämlich der ganze Rumpf mehr oder weniger braun, zuweilen
sogar hellbraun. © 35 mm lang, mit 99 Beinpaaren, 0 25", bis
28 mm lang, mit 89 —93 Beinpaaren.
12
180 KırıL W. VERHOFFF.
6. marcomannius n. Sp. (genwinus). &
2. Der hintere Rinnenblattfortsatz, welcher 2'/, mal so lang
ist als am Grunde breit, besitzt hinten einen kleinen vorragenden
Zapfen (ungefähr der Fig. 2a entsprechend). Das hintere Deckblatt
des Spermaabschnittes ist fast'/, so breit wie das vordere. Die Hüft-
fortsätze am 2. Beinpaar des J (Fig. 5) weichen von denen aller
übrigen Formen dieser Gruppe dadurch ab, daß sie außen stark
abgerundet sind und ein gut Stück von der großen Präfemurborste
entfernt bleiben. Körper bei beiden Geschlechtern schwarz.
5 29°), mm lang, mit 95 Beinpaaren.
7. marcomannius traunianus n. subsp.
G. Ein kleiner mittlerer Rinnenblattfortsatz ist vorhanden,
dreieckig oder spitzig, zuweilen findet sich auch nur eine buckel-
Fig. 4. L. marcomannius (genuinus) m. L.marcomannius traunianus n.subsp.
Hüfte, Hüftfortsatz und Vorschenkel des Endhälfte der Hüfte, Hüftfortsatz
2. Beinpaares des 5 von hinten her und Vorschenkel (prf) von hinten
dargestellt, >< 125. gesehen, >< 125.
artige Vorwölbung. Fortsätze am 2. Beinpaar des 3 wie bei glacialıs.
Vorderblätter mit recht kleinem Innenläppchen, welches jedoch ent-
schieden nach hinten herausragt. Innentaster des Gnathochilarium
mit 4—- 4 Sinneszäpfchen. (Vgl. Fig. 11 auf Taf. V im XVII. Auf-
satz, Archiv f. Nat. 1901.)
8. simplex langkofelanus VERH.
1. © 16—19'/, mm lang, mit 81—89 Beinpaaren.
var. langkofelanus VERA.
2. 9 15'/, mm lang, mit 75 Beinpaaren. var. nanus m.’)
(Vajoletthütte).
?) Ob dieses kleine Tier aus dem Hochgebiet des Rosengartens mit dem ty-
pischen langkofelanus sonst vollständig übereinstimmt, muß erneutgeprüft werden.
4
a un
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 181
H. Der mittlere Rinnenblattfortsatz fehlt vollständig. Vorder-
blätter ohne Innenläppchen. Es kommt zwar ein sehr kleines
Ecekchen vor, aber dieses ragt nicht nach hinten heraus.
1. C 151/,—17'/,, mm lang, mit 77, 79 oder 83 Beinpaaren.
Am 2. Beinpaar sind die Hüftfortsätze mehr nach vorn gewendet
und bleiben mit ihrem Ende (von vorn oder hinten betrachtet) ein
gut Stück entfernt von der großen Borste auf der Präfemurend-
wölbung. Innentaster mit +4, 4-3 oder 4—+-5 Sinneszäpfchen.
9, simplex dolomiticus VERH.
2. 0 21'/,—27'/, mm lang, mit 87—95 Beinpaaren, selten nur
mit 83. Am 2. Beinpaar des C sind die Hüftfortsätze in typischer
Weise ausgebildet, d. h. sie reichen mit ihren dreieckigen Endzipfeln
so nach außen, dab sich das Ende ungefähr bei der großen Präfe-
murborste befindet. Vorderblätter höchstens mit kleiner Innenecke.
Wenigstens das 6. und 7. Beinpaar des © (meist auch noch das 4. und
5.) mit dicht gestreiften Polstern an Postfemur und Tibia.
10. simplex glacialis VERH.
a) Innentaster des Gnathochilarium mit 444 4-5 oder
5-5 Sinneszäpfchen. Der Spermaabschnitt ragt nicht höher empor
als gewöhnlich, ist also nicht viel länger als am Grunde breit.
S von 21°/,—27'!/,, mm Länge, mit 87—95 Beinpaaren. var.
glacialis und rhenanus VERH.
b) Innentaster mit 5+6 oder 6-6 Sinneszäpfchen. Der
Spermaabschnitt ist schlanker als bei jenen, viel länger als am
Grunde breit, auch die große Bucht enger als sonst. JS von 22 mm
Länge, mit 91 Beinpaaren. var. engadinus n. var.
c) Die Sinneszäpfchen der Innentaster sind so winzig klein,
daß sie als undeutlich zu bezeichnen sind. Spermaabschnitt wie
bei dem typischen glacialis. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist
gegen den Grund stärker verbreitert als bei den übrigen
Varietäten, erscheint daher im Profil mehr dreieckig, das innere
Ende des Schutzblattes ist nur schwach nach vorn umgebogen.
SO von 19!/, mm Länge, mit 83 Beinpaaren. var. roettgeni n. var.
Bemerkungen zu den Formen der alemannicus-Gruppe.
Leptoiulus alemanmicus (genwinus), und zwar var. carniolensis
habe ich im Albulagebiet gesammelt, und zwar sowohl in der Albula-
schlucht bei Bergün (1300 m) als auch noch oberhalb Preda (bei
12*
182 Kar W. VERHOFFF.
1800 m) im Kalkgeröll des Nadelwaldes. Es sind stattliche Tiere,
3 33—35 mm lang, mit 101 Beinpaaren, Q 44—47!/), mm, mit
109 Beinpaaren.
Die var. alemannicus fand ich im September 1912 bei Neu-
schwanstein und am Alpsee bei Hohenschwangau, 820 m. | 30
bis 30'/, mm lang, mit 99 Beinpaaren.
L. noricus n. sp. habe ich bei St. Gilgen am Wolfgangsee in
den Felsklüften entdeckt, und zwar 22. Oktober unter Faguslaub,
außerdem auf dem Kapuzinerberge Salzburgs in derselben Weise.
Die JS CS beider Plätze stimmen vollkommen überein. Wahrscheinlich
gehören hierhin auch einige bei Golling gesammelte © oO.
L. noricus saalachiensıs n. subsp. kenne ich bisher nur von
Reichenhall, wo ich am 25. Mai 1912 ein Pärchen im Wappbach-
tale unter Laub auffand.
L. marcomannvus n. sp. hat mir in zahlreichen Individuen
beider Geschlechter vorgelegen, und zwar sowohl vom Nordufer des
Donauthales bei Deggendorf und Donaustauf, als auch aus dem
bayrisch-böhmischen Wald und in diesem bei Eisenstein und in
Böhmen bei der Ruine Beiereck. Die JG aller drei Gebiete
stimmen in den im Schlüssel genannten Merkmalen untereinander
vollkommen überein. Die Art habe ich sowohl im Laub- als auch
Nadelwalde erbeutet, an zwei Plätzen auch im Siebicht von Betula-
laub. Das Kollum des JS ist meistens braun, wenn es aber
schwärzlich ist, zeigt es doch noch einen braunen Schimmer. Das
oO ist mehr oder weniger gebräunt, namentlich die Prozonite am
Rücken und in den Öberflanken, Metazonite größtenteils braun-
schwarz, Unterflanken ganz hell. Manche 9 9 sind mehr oder
weniger rötlichbraun aufgehelit.
Ende April fand ich ein die letzte Entwicklungsstufe
darstellendes junges J von 22°, mm, mit 87 Beinpaaren und
4 beinlosen Endringen. Die Penes sind schon mit kurzen Spitzen
versehen. An den Anlagen der Gonopoden lassen sich hinter den
Vorderblättern außer den Anlagen der Mesomerite schon recht große
Solänomerite erkennen, welche fast doppelt so weit nach hinten
reichen wie die Promerite. Man unterscheidet an den Hinterblättern
außer einem kleinen Führungsstachel das teilweise gebräunte Solä-
nomerit mit Grube und einem kurzen Fortsatz und einen weit
darüber hinausragenden Fortsatz als Anlage des Phylacum.
L. marcomannivus traunianus n. subsp. habe ich bisher nur
in einem Pärchen am 1. Mai 1910 bei Traunkirchen am Gmundener
See gefunden, und zwar in der Nähe von Kalkfelsen unter
Faguslaub.
[}
a
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 183
L. simplex langkofelanus verdanke ich von der Plauenerhütte,
2350 m Höhe und aus dem Rosengarten bei Bozen abermals Ge-
richtsrat RoETTGEn, desgleichen den
L. simplex dolomiticus von der Zsigmondyhütte und Sandebühel-
joch, 2500 m. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese beiden Rassen
Charaktertiere der Zillertaler- und Dolomitenhochgebiete sind. Der
langkofelanus kann trotz des Besitzes kleiner mittlerer Rinnen-
blattfortsätze nur an sımplex angeschlossen werden, weil er diesem
nicht nur nach Größe, Ring- und Beinpaarzahl näher steht, sondern
auch hinsichtlich der Gestalt des hinteren Rinnenblattfortsatzes und
der Zahl der Innentaster-Sinneszäpfchen.
Diese habe ich jetzt zum erstenmal systematisch verwendet
und im allgemeinen kann man sagen, daß sie sich insofern den
Beinpaarzahlen ähnlich verhalten, als die kleineren Formen weniger
Sinneszäpfchen besitzen als die größeren. Desto bemerkenswerter
ist die var. engadınus, welche sich von dieser Regel abweichend
verhält und auch zeigt, daß die geringere Zahl der Sinneszäpfchen
keine notwendige Folge eines hochalpinen Vorkommens ist. L. ale-
münnicus (genwinus), welcher meistens 6-46 (nur selten 5-5)
Sinneszäpfchen besitzt, ist durch dieses Merkmal nicht nur gegen-
über langkofelanus und dolomiticus, sondern auch gegenüber marco-
mannius und noricus ausgezeichnet, während sımplex glacıalıs eine
Vermittlung bildet, obwohl ich auch bei diesem unter 20 5G,
von var. engadinus abgesehen, niemals 6 +6 Zäpfchen beob-
achtet habe. |
Der simplex glacialis var. roettgenw ist mir bisher nur in
einem 9 bekannt, welches Gerichtsrat Rorrtsen bei der Plauener-
hütte im Zillergrundgebiet auffand, also in einer Höhe von etwa
2350 m. Dieses dem Sammler in Dankbarkeit gewidmete Stück
ist besonders interessant, weil es eine Verbindung herstellt zwischen
dem typischen glacialis und dem dolomiticus. Die kleinsten und
zum Teil in ähnlicher Höhe gefundenen SC des glacıalis sind
21?/,—22 mm lang bei 89—91 Beinpaaren. Von ihnen unter-
scheidet sich var. roetigeni also durch noch geringere Beinpaarzahl
und geringere Größe. Von dolomiticus unterscheidet sie sich durch
die typischen, also nicht verkürzten Hüftfortsätze des 2. Bein-
paares, von beiden Formen durch den dreieckigen, grundwärts
breiten hinteren Rinnenblattfortsatz und die undeutlichen Sinnes-
zäpfchen der Innentaster. Ob letztere Charaktere beständig auf-
treten, muß sich weiter finden. Die var. roettgeni ist mir nebst
andern IJuliden von Gerichtsrat Rorttern freundschaftlichst zur
Verfügung gestellt worden.
184 KArL W. VERHOEFF.
Die geographische Verbreitung der alemannicus-Gruppe.
Unter den jetzt lebenden Iuliden-Gattungen ist Zeptoiulus
diejenige, welche in den Alpenländern am ausgiebigsten vertreten
ist und namentlich auch in den Hochgebieten mehr als jede andere
durch Charakterformen ihre uralte Bürgerschaft beweist.
Man sollte annehmen, daß Tiere, welche wie alemannicus,
glacialis, langkofelanus und dolomiticus in den kalten und sturm-
durchbrausten Alpenhochländern entweder ganz ausschließlich hei-
maten oder durch ihre Häufigkeit ihr besonders gutes Fortkommen
beweisen, besonders geeignet wären, auch in den nordischen Ge-
bieten fortzukommen. Dies ist jedoch entschieden nicht der Fall.
Vielmehr kommt von jenen 4 Leptoiulus überhaupt nur einer
außerhalb der Alpenländer vor, nämlich simplex glacialis, und dieser
zeigt an den nördlichsten Punkten seines Vorkommens (Eifel)
durchaus den Charakter eines Eiszeitrelikten; weiter nordwärts ist
aber überhaupt niemals ein Angehöriger der alemannicus-Gruppe
gefunden worden. L. simplex glacialıs und alemannicus (genurnus)
sind diejenigen beiden Mitglieder dieser Gruppe, welche eine weitere
Verbreitung zeigen, und zwar alemannicus (genwinus) ausschließlich
im Bereich der Alpenländer. Die meisten Formen der ale-
mannıcus-Gruppe sind Charaktertiere bestimmter Gaue,
und zwar
norvcus, saalachiensis und traunianus für den norischen Gau,
marcomannıus für den markomannischen Gau oder das
Gebiet des bayrisch-böhmischen Urgebirges nördlich der Donau,
austriacus und carynthiacus für das krainisch -kärntnerische
Revier,
dolomiticus und langkofelanus für die Hochdolomiten und Ziller-
taler Hochgebiete.
Das Vorkommen des marcomannvus ist besonders interessant,
weil diese Form die einzige der ganzen Gattung ist, welche in
einem bestimmten Gau außerhalb der Alpen als endemische
Charakterform auftritt. Östlich und nordöstlich vom Böhmerwald
verschwindet die alemannicus-Gruppe überhaupt und es tritt an
ihre Stelle die Zrilobatus- (— ciliatus-) Gruppe der Karpathen,
welche durch die im Vergleich mit jener riesenhafte Entwicklung
des Spermaabschnittes der Solänomerite aufs Schärfste von ihr
unterschieden ist. Daß aber auch schon einige weiter westlich
gänzlich unbekannte, östliche Diplopoden in das bayrisch-böhmische
Waldgebiet vorgedrungen sind, möge hier erwähnt werden; so ist
der bis dahin aus dem Deutschen Reich ganz unbekannte
Fe u es ne Zu ak 0 a
Sy 24 un De We Zn
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 185
Cylindroiulus boleti C. Koch von mir sowohl bei Passau unter-
halb der Burg nachgewiesen worden, als auch in einer Bächlein-
schlucht mit Erlen bei Deggendorf, in beiden Fällen also nördlich
der Donau.
Als Seltenheit tritt im oberen bayrisch-böhmischen Wald
Haploporatia auf, doch ist ein JS bisher noch nicht beobachtet
worden, es handelt sich wahrscheinlich um eremita VERH.
Hypsoiulus m. eine neue Untergattung von Leptoiulus.
Eine neue Untersuchung meiner in der östlichen Schweiz und
dem südlichen Bayern aufgefundenen ZLeptoiulus alpivagus VERH.
brachte die überraschende Entdeckung, daß dieser Iulide überhaupt
keine Flagella besitzt. Daß eine so wichtige Tatsache anfangs
unbeachtet geblieben ist, erscheint nicht wunderbar, wenn man die
in vieler Hinsicht so weitgehende Übereinstimmung dieser Form
mit den schwarzen Leptoiulus-Arten berücksichtigt, welche eine
Übereinstimmung hinsichtlich so wichtiger Organe, wie es die
Flagella sind, fast selbstverständlich erscheinen läßt. Es kommt
ferner in Betracht, daß ich bei Beschreibung des alpıvagus nur
wenige Stücke besaß und die an so vielen Zeptorulus schon hin-
reichend beobachteten Flagella nicht weiter beachtete, vielleicht
auch annahm, daß sie (was häufig vorkommt) zufällig abgebrochen
seien. Nachdem ich jetzt aber eine ganze Serie von Präparaten
durchstudiert habe, ist jeder Zweifel behoben worden, daß
den Leptoiulus alpivagus wirklich die Flagella abgehen.
Meine Untersuchungen über die physiologische Bedeutung
der Opisthomerite haben sich auch nach dieser Richtung insofern
als recht fruchtbar erwiesen, als sie einen Schlüssel abgaben zum
Verständnis der alpwagus-Opisthomerite. Wiederholt habe ich
hervorgehoben, daß es zum richtigen Verständnis und zur an-
gemessenen Bewertung der Flagella sowohl in physiologischer als
auch systematischer Hinsicht nicht nur auf die Flagella an sich
ankommt, sondern vor allem auf die Anpassungen der Flagella an
ihre Nachbarschaft. Diese Anpassungen, welche gerade bei
Leptoiulus besonders interessant sind, führen uns aber notwendig
zu der Frage, wo bei dem alpivagus die Anpassungen ge-
blieben sind, wenn die Flagella nicht mehr vorhanden sein sollen.
In der Tat ist die ganze Beschaffenheit der alpiwvagus-Opisthomerite
ein indirekter Beweis für das Abhandenkommen der
Flagella.
Es fehlen nämlich die charakteristischen Anpassungen an die
Flagella vollkommen, so der Führungsstachel (wie er z. B. anbei
186 Kaırı, W. VERHOEFF.
in Fig. 1 bei ? zu sehen ist), die Führungslamelle (7) und der
hintere Rinnenblattfortsatz (c), welcher auch noch eine Rinne (f)
enthält, bestimmt für das Hin- und Hergleiten des Flagellums.
Ebenso fehlt der hintere Innenlappen (sch) des Schutzblattes, welcher
das Flagellum von hinten her vordrängt, wenn es einmal aus seiner
Bahn herausweichen sollte.
1897 in Nr. 527 und 528 .des Zoolog. Anzeigers erschienen
meine „Beiträge z. vergl. Morphol. Gattungs- u. Artsystematik der
Diplop. mit besonderer Berücks. derj. Siebenbürgens“, worin Fig. VIII
und IX auf alpiwagus zu beziehen sind. Fig. VIII ist die erste
Darstellung der Opisthomerite und läßt zwar die Artmerkmale ge-
nügend hervortreten, nicht aber den für vorliegende Erörterung
besonders wichtigen Spermaabschnitt. Indessen sei erwähnt, daß
das gestreifte Feld und die punktierte Bogenlinie bei b der Aus-
druck dieses Spermaabschnittes sind. Bei alpiwvagus besteht der-
selbe nämlich, ganz entsprechend den Verhältnissen bei typischen
Leptorulus-Arten, aus drei gegeneinander abgesetzten Wandstücken,
einem Außenblatt und zwei inneren Deckblättchen von
zarter, durchsichtiger Beschaffenheit und streifiger Struktur. Um
die von ihm gebildete Spermatasche genügend abzuschließen, legen
sich die feinen Ränder der beiden inneren Deckblättchen über-
einander. Am Grunde der Spermatasche mündet ganz wie bei
Leptowulus die Koxaldrüse und das Ende wird zum Schutze von
einem kurzen Fortsatz überragt, welcher dem vorderen Rinnenblatt-
fortsatz entspricht und Fig. VIII aaO. links neben 5b als ein kleines
Spitzchen angegeben worden ist, übrigens in natura etwas kräftiger
als ich ihn damals zeichnete.
In der Beschaffenheit des Spermaabschnittes und auch hin-
sichtlich der Pro- und Mesomerite stehen also die alpivagus-Gono-
poden mit denen von Leptoiulus in Einklang. Als namhafte auf-
fallende Unterschiede sind dagegen zu verzeichnen nicht nur die
Kleinheit des nach endwärts überhaupt nicht herausragenden Schutz-
blattes, sondern auch vor allem das Fehlen eines Flagellum-
abschnittes und die ungewöhnliche Vergrößerungdes gegen
das Mesomerit herausragenden Velums.
Dieses in seiner Mitte sehr fein gestreifte Velum ist in zwei °
Lappen ausgezogen, von welchen einer nach außen, der andere nach
vorn gerichtet ist. Man darf wohl voraussetzen, dab die weiblichen
Vulven bei alpiwvagus statt von den großen Schutzblättern von den
breiten Vela umfaßt werden. |
Es dürfte hier der Einwand erhoben werden, daß durch das
Fehlen der Flagella und der Anpassungen an dieselben bei Zepto-
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 187
wulus alpwagus das neue Deuteroiulinensystem, welches ich in
den Nova Acta 1910 S. 180—183 ausgeführt habe, vollkommen
erschüttert sei, indem dasselbe als oberstes Einteilungsprinzip den
Gegensatz bringt:
a) vordere Gonopoden "mit Flagella, hintere mit Führungs-
anpassung,
b) vordere Gonopoden ohne Flagella, hintere ohne Führungs-
anpassung.
Der Einwand ist auch nicht nur berechtigt, sondern sogar
notwendig, mein System dagegen wird durchaus nicht erschüttert,
zumal die beiden Gegenüberstellungen sich nicht auf je eines,
sondern auf je drei Tribus beziehen, deren jedes eine Anzahl
weiterer wichtiger Charakteristika besitzt.
Es ist ferner zu berücksichtigen, daß der Leptorulus alpwagus
nach seiner ganzen Gestalt, der Struktur der Rumpfringe und dem
Bau des Kopfes sich als ein Iulide erweist, welcher nur der Gattung
Leptowulus und somit der Tribus Julini angehören kann. Ins-
besondere die Fortsätze an den Hüften des zweiten männlichen
Beinpaares finden wir in solcher Ausbildung in keinem der anderen
Iuliden- Tribus wieder. Ferner ist der Spermaabschnitt der
Opisthomerite von so charakteristischer Bildung, daß die Auffassung
erlaubt ist, daß der alpivagus ein flagellumloser, aber von
flagellumführenden Vorfahren abstammender Leptoiulus
ist, d. h. also, daß der Verlust der Flagella hier jedenfalls eine
sekundäre Erscheinung ist, die sich mit der Beschaffenheit der
hinteren Gonopoden bei den Tribus Pachyiulini, Schizophyllini
und Apfelbeckiellinv nicht in Einklang bringen läßt, zumal diese
Gruppen, und zwar jede für sich ganz originelle Gonopodenein-
richtungen besitzen, von denen ich nur die Pseudoflagelloide
bei den mesomeritlosen und die Foveae bei den mesomeritführenden
Formen nennen will. Alle diese Umstände zusammen bezeugen
also, daß Leptorulus alpivagus, trotz des Mangels der Flagella und
der Anpassungen an dieselben, wirklich nur zu dieser Gattung
gehören kann und daß ein und dieselbe Tatsache, im Zusammen-
hang mit verschiedenen Umständen, etwas Verschiedenes bedeutet.
Die Einteilung der Deuteroiulinen in zwei Reihen, wie ich
sie 1910 gab, bleibt also vollkommen berechtigt, es ist nur
folgende Ergänzung zu geben:
a) Vordere Gonopoden mit Flagella, hintere mit Führungs-
anpassungen. Sind jedoch ausnahmsweise (Hypsoriulus) beide nicht
vorhanden, dann sind die Mesomerite deutlich abgespalten und die
Opisthomerite besitzen weder eine Fovea noch einen Paracoxit-
188 KARL W. VERHOEFF.
fortsatz, sondern einen in der Endhälfte der Hinterblätter gelegenen
Spermaabschnitt mit zwei inneren Deckblättchen. |
b) Wie bisher.
Die Gattung Leptorulus teile ich nunmehr in die beiden
folgenden Untergattungen:
A. Leptoiulus s. str.: Flagella der vorderen Gonopoden sind
vorhanden, die hinteren Gonopoden besitzen mehrere (eben be-
sprochene) Flagellumanpassungen. Das Velum ist klein. In der
Hinterhälfte der Stämme des männlichen Gnathochilarium ist eine
Gruppe dicht zusammengedrängter Tastborsten zu finden.
(Hierhin alle übrigen Arten.) Die Unterlappen des 7. Pleurotergit
des JS innen weit ausgehöhlt, aber vorne ohne Buckel.
B. Hypsoiulus n. subg.: Flagella der vorderen Gonopoden
fehlen vollständig, den hinteren Gonopoden fehlen ebenfalls die
Flagellumanpassungen. Das Velum ist außerordentlich vergrößert.
In der Hinterhälfte der Stämme des männlichen Gnathochilarium
findet sich eine Gruppe von Tastborsten, welche zerstreut stehen.
Die Unterlappen am 7. Pleurotergit des 9 innen mit tiefer, gruben-
artiger Aushöhlung, hinter derselben im Bogen wulstig umrandet,
vor derselben ein dicker aufgetriebener, hinten abgerundeter
Buckel, welcher gegen die Aushöhlung vorragt. (Hierhin alpiwagus
VERH. und alpıwvagus Swevicus VERA.)
Innerhalb der Alpenländer konnte ich alpivagus nachweisen
von den hohen Tauern (Moserboden) im Osten bis nach Davos
im Westen. 21. Juli 1910 sammelte ich ihn bei 1900 m an der
Davoser Schatzalp unter Holz im obersten Gebiet des Nadelwaldes,
3 5 von 16 mm mit 75 Beinpaaren; in derselben Weise bei Preda
an der Albulastraße, 1800 m. Hier fanden sich am 24. Juli auch
einige frisch gehäutete O0 9 vor, d C von 16 mm mit 79 Beinpaaren.
Aus dem Allgäu wies ich den alpivagus ebenfalls nach, und
zwar ein S mit 83 Beinpaaren von 18'/, mm in einem morschen
Ahornstamm 21. September 1912 bei Neuschwanstein. Im Lechtal
oberhalb Füßen, am Immenstadter Horn und am Alpsee bei Hohen-
schwangau SC von 17'/),—18', mm mit 79 und 81 Beinpaaren.
Am 21. September fand ich im Faulenbachtal bei Füßen ein frisch
entwickeltes und noch gummiartig weiches d unter einem Haufen
modernder Zweiglein. |
Der von Urach stammende alp. swevicus ist anderweitig noch
nicht gefunden worden ®).
®) Nach einer brieflichen Mitteilung des Herrn W. Bısrzr (Basel) kommt
suevicus auch im südlichen Schwarzwald vor.
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 189
Leptoiulus frigidarius n. sp. und seine verwandtschaftliche
Stellung.
Im Anschluß an die obige Auseinandersetzung über die ale-
mannicus-Gruppe will ich eine neue Form bekannt machen, welche
derselben zwar in dem obigen Sinne nicht angehört, ihr aber
dennoch recht nahesteht. Im 30. Diplopoden-Aufsatz, Archiv f. Nat.
1908 findet man die alemannicus-Gruppe auf S. 444—446. Die
Formen der vagabundus-Gruppe (Nr. 38 u. 39) sind unter anderm
dadurch ausgezeichnet, daß der mittlere Rinnenblattfortsatz als ein
„abstehender Zapfen“ ausgebildet ist. Derselbe nimmt eben nicht
die Stelle ein, welche diesem Fortsatz innerhalb der alemannicus-
Gruppe zukommt, sondern er ist weiter nach vorn innen an den
Grund des vorderen und durch besondere Breite ausgezeichneten
Rinnenblattfortsatzes gerückt. Es möge hier auch noch ZL. saltu-
vagus erwähnt werden als eine Art, welche den vagabundus-
Formen teilweise nahe stebt. Schon bei letzteren ist infolge der
Biegung des breiten vorderen Rinnenblattfortsatzes nach hinten
der Spermaabschnitt (im Vergleich mit der alemannicus-Gruppe)
etwas schräg nach vorn gedreht worden. Bei ZL. saltuvagus
(dessen Hinterblatt ich anbei in Fig. 9 genau im Profil von innen
gesehen dargestellt habe) ist diese Drehung noch weiter Sy
so daß die Öffnung des Spermaabschnittes nicht (wie z. B.
Fig. 1 u. 2) nach außen, sondern fast vollständig nach vorn FE
richtet ist und dementsprechend ebenfalls die zarten Endränder
der Deckblätter (v und h Fig. 9). Auch bei saltuvagus steht
diese Wendung der Spermaabschnitte nach vorn im Zusammenhang
mit der besonderen Breite des vorderen Rinnenblattfortsatzes,
welcher vor sich sogar noch einen durch Bucht abgesetzten Höcker
(a,) ausgebildet hat.
L. frigidarius n. sp. besitzt Opisthomerite, welche eine ver-
mittelnde Stellung einnehmen zwischen denen der alemannicus-
Gruppe einerseits und saltuvagus sowie vagabundus andererseits.
Der vordere Rinnenblattfortsatz ist dreieckig (Fig. 8) und sitzt
mit seiner ganzen Grundbreite dem Spermaabschnitt auf,
hierdurch von der alemannicus-Gruppe sehr abstechend und
sich saltuvagus und vagabundus nähernd. Indem die Öffnung
des Spermaabschnittes jedoch nach außen gerichtet ist, findet
eine Übereinstimmung statt mit der «alemannicus- Gruppe. Der
mittlere Rinnenblattfortsatz erinnert durch seine Lage im Grunde
der Bucht wieder an den des saltuwvagus, ist jedoch kleiner
und nicht so zugespitzt. Der hintere Rinnenblattfortsatz gleicht
durch seine Breite dem des noricus, unterscheidet sich jedoch von
190 KArL W. VERHOEFF.
allen Formen der alemannicus-Gruppe durch den hinteren Neben-
fortsatz (Fig. 8e,), welcher länger und breiter ist als er dort bei
irgendeiner Form vorkommt. 3
Im übrigen nenne ich noch folgende Merkmale des frigidarius:
S 161/;—163%/4 mm lang mit 83 und 85 Beinpaaren, junges Q von
15 mm mit 81 Beinpaaren. Äußerlich sind diese schwarzen Hoch-
gebirgstiere dem langkofelanus und dolomiticus höchst ähnlich,
lassen sich jedoch von ihnen schon dadurch mit der Lupe unter-
scheiden, daß die Längsfurchen der Metazonite entschieden stärker
vertieft sind. Die Koxalfortsätze am 2. Beinpaar des JS sind
C mäßig kräftig, ähnlich denen der
N alemannıcus-Gruppe, doch außen
\
PEN: Me vd
C Bu)
abgerundet, so daß sie ein gut
Stück von der großen Präfemur-
Un:
\ Fig. 9. L. saltuvagus VERH.
Ebenso, >< 125. b mittlerer Rinnen-
Fig. 8. L. frigidarius n. sp. blattfortsatz, a, vorderer Vorsprung
Opisthomerit von innen gesehen, ><240. vor dem vorderen Rinnenblattfort-
(Bezeichnung wie in Fig. 1 und 3.) satz (a).
borste entfernt bleiben. Am 2.—7. Beinpaar des S fehlen die
Polster vollständig und sind auch Spuren derselben nicht zu er-
kennen. Am 8. und 9. Beinpaar besitzen Tibia und Postfemur
recht schmale gekerbt-gestrichelte Polster, auch die Endhälfte des
nach innen leicht stumpfwinkelig vorragenden Femur.
Vorder- und Mittelblätter der Gonopoden vom Typus der
alemannicus-Gruppe, die Vorderblätter in der Mitte innen mit
leichter Absetzung, aber ohne eigentliche Innenlappen. Die Schutz-
blätter sind gut entwickelt (Fig. 8), innen deutlich umgeschlagen
und außen mit einer kräftigen Zahnecke versehen. Der Zahn selbst
ist nicht spitzig, aber höchst fein gezähnelt. Hinsichtlich des
breiten hinteren Rinnenblattfortsatzes sei noch erwähnt, daß er in
\
4
,
Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 191
ee
der Vorderhälfte verdickt ist und daher von einem gelblichen
Straug durchzogen, in der Hinterhälfte dünn und glashell. Ein
bemerkenswerter Unterschied gegenüber saltuvagus liegt darin,
daß bei diesem der mittlere Rinnenblatifortsatz (b Fig. 9) unmittel-
bar in das Ende der Führungslamelle (l) übergeht, während bei
frigidarius beide Gebilde durch den hinteren Teil der großen
“ Bucht voneinander getrennt werden.
Vorkommen: 2 J und 2 junge © des frigidarius verdanke
ich meinem Freunde Gerichtsrat RoETTGEn, welcher dieselben bei
etwa 2500 m Höhe am Sandebühljoch in den Sextener Dolomiten
auffand.
Vorläufig nimmt diese Art (im Gegensatz zu langkofelanus
und dolomiticus) eine etwas isolierte Stellung ein. Ich möchte
daraus jedoch den Schluß ziehen, dab sich in den Südostalpen
oder den Südalpen überhaupt noch unbekannte Verwandte dieses
Tieres werden auffinden lassen.
Der Leptoiulus trilineatus ist bereits in vier Rassen bekannt
geworden, welche ich im 30. Aufsatz zusammengestellt habe. Eine
5. Rasse, welche ich im Kanton Tessin auffand, möge hier zum
Schlusse mitgeteilt werden:
L. trilineatus luganensis n. subsp.
Unterscheidet sich von den übrigen Rassen durch
1. geringere Segment- und Beinpaarzahl, nämlich 83—85 Bein-
paare des C bei 171/,—21?/, mm Länge (trilineatus und plasensis
3 5 besitzen 89-—-99 Beinpaare),
2. die Gestalt des Phylacum, welches innen mit einem drei-
eckigen spitzen Zipfel nach endwärts und vorn vorragt (während
jene einen abgerundeten inneren Zipfel besitzen, der viel weniger
vorragt),
3. die aus nur 3—4 Tastborsten bestehenden Büschel an den
Stämmen des männlichen Gnathochilarium. (Bei trilineatus und
plasensıs fand ich diese Büschel aus 14—17 Borsten bestehend,
bei velodentatus aus 6—9 jederseits; letzterer besitzt aber sogar
103 oder 105 Beinpaare und braunschwarzen Körper.)
Der Körper des luganensis ist bräunlich, besitzt einen schwarzen
Rücken-Medianstreifen und jederseits eine dunkle Längsbinde in
der Höhe der Foramina.
Vorkommen: 6. April 1911 sammelte ich 2 9 und 1 junges ©
(letzteres frisch gehäutet) in Castagnola bei Lugano an warmen
(damals allerdings stark verschneiten) Kalksteinhängen zwischen
Corylus, Rubus und Ruscus.
192 HERMANN Kotße.
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera
Lamellicornia.
Von HERMANN KoLße.
Durch den Pater A. Conkans von der Gesellschaft der Weißen
Väter wird seit Jahren die Fauna der Insel Ukerewe erforscht,
und das gesammelte Material dem Berliner Königl. Zoologischen
Museum übersandt. Pater A. ConkAps hat seinen insularen Wohn-
sitz auf der Missionsstation Neuwied. Das Erforschen einer Fauna
von einem ständigen Wohnsitze aus ist naturgemäß ergiebiger als
das Sammeln gelegentlich einer oder mehrerer Reisen. Um so
mehr ist die faunistische Tätigkeit des Paters ConkAps vom wissen-
schaftlichen Standpunkte aus mit Freuden zu begrüßen. Vor
Conkaps war die Coleopterenfauna der Insel noch unbekannt.
Die Insel liegt ungefähr unter dem 2° südl. Breite und 33°
östl. Länge v. Gr. Die meisten Coleopterenarten kommen selbst-
verständlich auch außerhalb der Insel in der Umgebung des
Vietoria-Nyansa vor. Aber trotz der Nähe des Festlandes im
Süden und besonders im Osten der Insel scheint es doch, daß die
Insel einen, aber nur wenig merklichen insularen Charakter hat.
Wir stützen uns bei dieser Beurteilung nicht auf die scheinbar
endemischen neuen Spezies; denn die festländische Fauna in der
näheren und weiteren Umgebung des Vietoria-Nyansa ist noch zu
ungenau bekannt, um eine begründete Ansicht über die Arten des
Faunenbezirks und die Verbreitung der insularen Arten zuzulassen.
Alle die jetzt als endemisch zu bezeichnenden neuen Arten der
Insel mögen auch außerhalb der Insel vorkommen; denn weder für
die endemische Natur noch für die weitere Verbreitung haben wir
positive Beweise. Die Zukunft kann erst darüber belehren. Aber
wir kennen eine Anzalıl charakteristischer Formen der Insel,
zumal unter den Cetoniiden, welche kontinentalen Arten nahe-
stehen, aber von ihnen verschieden sind, aus diesem Grunde also
als selbständige insulare Rassen oder Subspezies erscheinen. Diese
habe ich bei einigen Arten der Insel festgestellt, meist bemerkens-
werten größeren Formen, welche dem Sammler bald auffallen und
die auch in den umgebenden Landschaften, welche den See be-
grenzen, wohl gefunden wären, wenn sie dort lebten.
Unter den als endemisch aufgestellten Formen der Insel unter-
scheiden wir demnach:
1. Selbständige Arten, welche bis jetzt nur von der Insel
Ukerewe bekannt sind,
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 193
2. Unterarten oder Rassen, welche zu bekannten, außerhalb
der Insel vorkommenden Arten gehören.
Folgende Arten und Rassen sind bis jetzt nur von der Insel
Ukerewe bekannt:
I. Coprinen.
Pedaria insularıs m.
Catharsius Kolbei FELSCHE.
II. Melolonthinen.
Trochalus ukerewius m.
& fraterculus m.
Melanocamenta variolosa m.
Pentecamenta subcostata m.
Schizonycha paterna m.
= ukerewia m.
5 insularıs m.
IH. Rutelinen.
Anomala ukerewia m.
IV. Cetoniinen.
Smaragdesthes Conradsı m.
Plaesiorhina plana ukerewia m.
Gnathocera trivittata nyansana m.
Leucocelis adelpha m.
Wie die Landschaften am Vietoria-Nyansa eine Mischfauna,
d. h. eine aus ost-, zentral- und westafrikanischen Elementen be-
stehende Fauna besitzen, so auch die Fauna der Insel Ukerewe,
deren Charakter demjenigen der umliegenden Landschaften gleicht.
Indes scheint diese Insel nach dem bis jetzt bekannt gewordenen
Material eine ärmere Fauna zu haben, als ihr nach ihrer klimatischen
Lage zukommt. Das wäre die natürliche Folge ihrer Isolierung.
Infolge der fluktuierenden Ausbreitung auf einem größeren Raume,
wie es ein Kontinent ist, wird die Fauna eines kleinen Areals
dieses Kontinents immer reichhaltiger sein als das gleich große
Areal einer Insel. Dabei ist aber nicht ausgeschlossen, daß die
Insel bei der großen Nähe des Festlandes immer noch Zuzug von
Adventivarten bekommen kann.
Mit den westafrikanischen Elementen in Zentral- und Ostafrika
habe ich mich schon früher beschäftigt').. Das Auftreten west-
| !) In SrunLmann’s „Deusch-Ostafrika. Die Coleopteren von H. KoLse
E- in Bd. IV. Berlin, Dietrich Reimer, 1898. S. 10—13.
194 HERMANN KoLße.
afrikanischer Genera und Spezies im Seengebiet (Vietoria-Nyansa,
Albert-Edward-See und Albert-Nyansa) erschien anfangs recht auf-
fallend; sie gehören zum allergrößten Teile der Urwaldfauna an:
von den Lamellicorniern z. B. die Arten Xenoderus janus F.,
Dieranorhina micans Drury, Meeynorhina polyphemus WeEsTw.,
Eudicella Grallı Mechowi Queor., Plaesiorhina subaenea HRrL».
und cineta Ou., Leucocelis plebeja m., Pachnoda rubrocincta Hope
und postica GorY; — von Passaliden Erionomus planiceps EscHz.,
Eumelosomus duplicatus Hrın., Pentaulobus Palını PercH. und
barbatus F., Didimus punctipectus Kaup; — von sylvicolen Tene-
brioniden Odontopezus obsoletus Toms. und regalis Hru».,
Priosceis Fabrien Hopz und serrata F., Chiroscelis digitata F.,
Pristophilus passaloıdes WEstw., Eupezus brevicollis Hrıo., Ta-
raxıdes crenatostriatus Ims. und sinuatus F. usw.; — natürlich
auch eine Anzahl Cerambyciden von echt westafrikanischer Art-
zugehörigkeit, z. B. Arten von Plocederus, Callichroma, Monohammus,
Acridocephala, Prosopocera, Phrystola, Phryneta, Petrognatha, Ster-
notomis, Ceroplesis, Moecha u. a.; dann manche Chrysomeliden
und Erotyliden.
Aber auch auf die Waldregionen Ostafrikas (z. B. Usambaras)
greifen westafrikanische Arten über, aber sie sind hier in der
Minderzahl, und manche echt ostafrikanische Arten treten an ihre
Stelle. Erwähnenswert ist z. B. die große Cetoniide Megalorhina
Harrisı Westw., welche in Usambara in einer den Kameruner und
Kongo-Formen sehr ähnlichen Rasse (peregrina m.) wohnt.
Obgleich diese faunistischen Verhältnisse an sich schon inter-
essant sind, da sie auf eine alte Zeitperiode hinweisen, in der die
Waldfaunen und also die Urwälder Ostafrikas größer und aus-
gedehnter gewesen sein und große zusammenhängende Komplexe
gebildet haben müssen, so bieten dennoch anderweitige Zoogeo-
graphische Betrachtungen noch andersartige Ausblicke.
Afrika südlich der Sahara ist bekanntlich in gewissen Land-
schaften reich an endemischen, in keinem anderen Teile der Erde
sonst noch vorkommenden Gattungen, nicht nur der Coleopteren,
sondern auch anderer Tiergruppen. Der Zoogeograph hält des-
wegen Afrika für ein besonderes Entstehungszentrum dieser Tier-
gruppen. |
Es ist wohl sicher, daß zahlreiche Coleopterengattungen Afrikas
aus weit zurückliegenden Zeitperioden dieses Kontinents stammen.
Denn geologisch ist Afrika südlich der Sahara, wie wir von den
Geologen älterer und neuester Zeit wissen, ein sehr alter Kontinent
und seit der Karbonperiode und sogar seit der archäischen Zeit
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 195
größtenteils vom Meere nicht mehr bedeckt gewesen. Die Fauna
hat sich in solchen Gebieten bereits im mesozoischen Zeitalter,
als die Coleopteren sich in zahlreiche Familien und Gattungen
entfalteten, meist ungestört entwickeln können. Zudem war der
Kontinent im Süden lange Zeitperioden hindurch augenscheinlich
meist isoliert. Auch der Austausch von Gattungen mit Südasien
kann nicht sehr umfangreich gewesen sein. Dafür zeugt die Tat-
sache, daß ganze afrikanische Gruppen von Gattungen in
der Indischen Region fehlen, von Cetoniiden z. B. die echten
Goliathinen, die Ischnostominen, Anoplochilinen, Compsocephalinen,
Gnathocerinen usw. (Gemeinsam sind hingegen beiden Regionen
die Ceratorhininen, Heterorhininen, echten Uetoniinen, Diplognathinen,
Clinterien, Glyeyphaninen, ÜUremastochilinen usw. — Die zuerst
erwähnten endemischen Cetoniidengruppen dürfen also als typische
Bestandteile der alten mesozoischen Urfauna Afrikas angesprochen
werden. Die Gattungen der afro-indischen Gruppen sind später
(wohl während älterer Perioden der Tertiärzeit) von Afrika nach
Indien und teilweise wohl umgekehrt von Indien nach Afrika ge-
wandert (über Südasien. Jene afrikanischen Elemente gehören
also auch der afrikanischen Urfauna an; sie haben nur Ausläufer
nach Südasien entsandt. Diese Annahme nehme ich z. B. für die
Diplognathinen in Anspruch, die über Afrika in einer Anzahl von
Gattungen verbreitet sind, während Asien nur sporadische Ver-
treter aufweist.
Es fällt ferner dem zoogeographischen Beobachter auf, dab
verschiedene Gruppen der afro-indischen Fauna sich in ihrer Ver-
breitung verschieden verhalten. Bald sind die afro-indischen
Gattungen Afrikas mehr westafrikanisch, bald auch ostafrikanisch.
Es müßten eigentlich in Ostafrika mehr als in Westafrika afro-
indische Formen vorherrschen, z. B. von Cetoniiden; sie sind hier
aber teils nur sehr sporadisch, teils wohnen die meisten in West-
afrika. Dieses verschiedenartige Verhalten ist sehr sonderbar.
Ich erkläre mir diese Differenz jedoch in folgender Weise:
In Ostafrika beherrschte während eines Teiles der Tertiärzeit, jeden-
falls am Schlusse derselben, und während der Quartärzeit eine viel
größere Feuchtigkeit als jetzt das dortige Klima (Pluvialepoche),
wovon noch jetzt die zahlreichen, meist trocknen Flußbetten, die
in Nordafrika Wadis heißen, zeugen. Auch die Gletscherforschungen
Hans Meyer’s am Kilimandjaro und die geologischen Untersuchungen
Passarge's im Innern Südafrikas lassen darauf schließen, dab
Aquatorialafrika in geologisch junger Zeit ein viel feuchteres,
- niederschlagreicheres, die Gebirgsgletscher vergrößerndes Klima
13
196 HERMANN KoLße.
gehabt hat. Diese feuchte Atmosphäre läßt das Vorhandensein
von weit ausgedehnten Wäldern in Ostafrika erwarten. Die an
Wälder gebundenen Tiere hatten hier auch ihre Wohuplätze. Diese
pluvialzeitliche sylvikole Fauna Ostafrikas, welche wahrscheinlich
viele indische Gattungen umfaßte, mußte jedoch beim Eintritt der
dürren Periode (Postpluvialepoche), welche noch jetzt herrscht,
aussterben. Doch gibt es in den zurückgebliebenen Urwald-
komplexen der ostafrikanischen Berglandschaften noch manche
Gattungen, welche an indische und indonesische Genera erinnern,
z. B. unter den Cetoniiden Discopeltis, Olinteria, Ptychodesthes,
Niphetophora.
Durch meine vorstehend versuchte Erklärung der vorzeitlichen
klimatischen Verhältnisse Afrikas während de: jungtertiären und
. der Pluvialepoche wird das merkwürdige und bisher nicht gedeutete
Verhalten mancher Gattungen und Arten der westafrikanischen
Fauna erklärt. Es gibt in Afrika Arten indischer Gattungen oder
diesen sehr nahe verwandte Formen, die wohl in Westafrika leben,
in Ostafrika aber fehlen, z. B. eine Datocera-Art (sehr großer Bock-
käfer), deren Verwandte Südasien und Indonesien bewohnen. Ferner
l-bt in den Urwaldgegenden Westafrikas ein großer Dynastide,
Augosoma centaurus, der seine nächsten Verwandten ebenfalls in
Indien, Ostasien und Indonesien hat (Aylotrupes, mehrere Arten).
Dagegen müßten gewisse Käfergattungen, die an freie weite Steppen
und Buschsteppen, nicht aber an Wald gebunden sind, in Ostafrika
ebensogut leben, wie in Westafrika und in der Indischen Region.
Das ist auch tatsächlich der Fall, wie die großen Mistkäfer der
Gattungen Aehocopris und Catharsius und viele andere Copriden
beweisen, welche von Westafrika bis Indien und den Sundainseln
in einer Anzahl nahe verwandter Arten leben.
Aus den vorstehenden Betrachtungen lassen sich die Be-
ziehungen zu der Insel Ukerewe unschwer herausschälen. Die
Fauna der Insel erscheint teilweise wie ein Rest der sylvikolen
Fauna West- und Zentralafrikas; aber die meisten Gattungen und
Arten zeigen ostafrikanische (teils sylvikole, teils steppikole) Ver-
wandtschaft an. Gewisse Arten haben aber ein ganz westafrikanisches
Gepräge, z. B. Stephanorhina adelpha aus der Verwandtschaft der
St. tıbialis (Guinea).
Östafrikanische Elemente der Insel sind unter den
Coprinen Copris lunurioides WTRH., Gymnopleurus sericeifrons
Fıırm. und splendens Cast., sowie Trox squalidus Or.; — unter
den Melolonthinen Schizonycha sansibarica m. und Sphaerotro-
ehalus Boehmi QuEDF.; — unter den Rutelinen Anomala Kersteni
Be nn 0 24. Zn Zu
'
}
3
&
2
}
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Fe 197
GERST. und Popillia ovata m.; — unter den Cetoniinen For-
nasinius insignis BERTOL. und Uymophorus intrusus BLANcH.
Westafrikanische Elemente der Insel sind unter deu
Coprinen Bolboceras togonicum m., unter den Cetoniinen Plae-
siorhina subaenea Hrın. und Gametis sanguinolenta Burm.
Als zentralafrikanische Elemente der Insel, die aber echt
westafrikanischen Arten nahe stehen, sind unter den Cetoniinen
Eudicella tetraspilota nyansana m., Stephanorhina adelpha m. und
Leucocelis plebeja m. anzusehen.
Südafrikanische (meist zugleich südost- und ostafrikanische
—- Natal, Mosambik, Deutsch-Ostafrika) Elemente von Ukerewe
sind unter den Coprinen ZHeliocopris hamadryas (bis Nieder-
Guinea), Catharsıus opacus WTRH. (vom Ngamisee bis Deutsch-
Ostafrika und Britisch-Östafrika); — unter den Rutelinen
Popillia bipunctata F. (von Natal und Kapland bis Gallaland und
südlichem Kongogebiet); — unter den Dynastinen ZRahizoplatys tri-
tuberculatus Burm.. Heteronychus atratus Ku. (Mosambik, Deutsch-
Ostafrika) und Heteronychus arator F. (Kapland, Tanganjikasee);
— unter den Cetoniinen Plaesiorhina plana ukerewia, Amaurodes
Passerinii Westw. (Natal, Mosambik, Tanganjikasee, Deutsch-Ost-
afrika), Mausoleopsis amabilıs (Natal bis Deutsch-Ostafrika), @ametis
balteata (Kapland, Natal, Nieder-Guinea, Deutsch-Ostafrika, Seen-
gebiet), Niphetophora Hildebrandti (Delagoabai, Mosambik, Deutsch-
Ostafrika), Pachnoda flaviventris (Kapland, Natal, Mosambik bis
zum Albert-Edward-See und Britisch-Ostafrika), Diplognatha silicea
(Natal, Mosambik bis Deutsch-Ostafrika, (allaland, Seengebiet und
Kongogebiet), Poectlophila hebraea (Kapland, Angola, Deutsch-
Ostafrika bis Abyssinien), Spilophorus plagosus (Natal, Kaffrarien,
Limpopo, Deutsch-Südwestafrika) und Zissogenius conspersus BURM.
(Kaffrarien, Tanganjikasee, Niederung am Kilimandjaro und Meru).
Aus der Übersicht der Lamellieornier der Insel Ukerewe
geht nun evident hervor, daß in der dortigen Fauna die Arten
Ostafrikas und Südostafrikas überwiegen und daß der west-
afrikanische Charakter demgegenüber zurücktritt. In Bukoba, am
gegenüberliegenden Westufer des Victoria-Nyansa zeigt die Lamelli-
cornierfauna merklich mehr westafrikanische Elemente. Dort finden
sich z. B. die echt westafrikanischen, durch ihre Größe hervor-
ragenden Arten Heliocopris colossus Bar., Dieranorhina micans
Drury und Eudicella Gralli Mechowi QuErpr. Von den beiden
zoogeographisch interessanten Diplognatha-Arten silicea M'Leay
und gagates F. wohnt nur die südliche und südöstliche silicea auf
der Insel, obgleich die westliche gagates noch bei Bukoba auftritt
13*
198 HERMANN KoLBE,
und auch die Nord- und Ostufer des Victoria-Nyansa und die
Gegenden bis zum Albert-Nyansa bewohnt.
Im folgenden sind die von Pater Conkaps gesammelten Arten
der Lamellicornier aus den Unterfamilien der Coprinen, Melo-
lonthinen, Rutelinen, Dynastinen und Cetoniinen aufgezählt, und
die neuen Formen beschrieben.
I. Unterfamilie Coprinae.
Gattung Bolboceras Kırpy.
1. B. togonicum KoLge, OÖstukerewe, November. (Nr. 412.)
Kongogebiet; Togo in Oberguinea.
Gattung Hybosorus Mac Lrary.
2. H. llligeri ReıcHz, Ostukerewe, April. (Nr. 335.)
Über Afrika weit verbreitet, auch in Nordafrika, Arabien,
Südeuropa und Nordamerika.
Gattung Trox F.
3. T. squalidus Ouıv., November. (Nr. 310.)
Über Ost- und Südafrika verbreitet, auch in Abyssinien und
Senegambien.
Gattung Pedaria Cast.
4. P. insularis n. sp. 9 © Ostukerewe, Januar. (Nr. 137.)
Diese Art ist der südafrikanischen Pedaria picea FÄHR. (elon-
gata Kr. i. 1.) sehr ähnlich, weicht von ihr aber durch den etwas
stärker gebauten Körper und ganz schwarze. Färbung ab. Auch
der Prothorax ist anders beschaffen. Dieser ist vorn auf der Mitte
mit einem Buckel und hinter demselben mit einem Quereindruck
versehen. Der Quereindruck und der Buckel sind beim Männchen
stärker ausgebildet als beim Weibchen. Bei P. picea fehlen der
Buckel und der Quereindruck. Ferner sind auf den Interstitien
der Elytren die Punkte der Längsreihen alle deutlich voneinander
getrennt, bei P. picea zusammenhängend.
Charakteristik der neuen Art: Elongata, nigra, opaca; episto-
mate confertim punctato, punctis anticis crassioribus; marginibus
capitis lateralibus inter epistoma et genas incisura leviter inter-
ruptis; prothorace transverso, supra sat crasse confertim punctato,
in medio anteriore punctis subtilioribus, dorso anteriore medio paulo
gibboso necnon pone gibber transversim impresso; elytris striatis,
interstitiis striarum plus minusve biseriatim punctatis, punctis
'
j
TE PETERS
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 199
inter se perspicue separatis seriebusque duabus hie et illie punctis
aliquot intermissis, interstitio suturali largius et fere triseriatim-
punctato; metasterno late impresso, postice confertius punctato.
Mas prothorace antice leviter distinete dilatato dorsoque an-
teriore medio distinctius quam in femina gibboso insignitus.
Long. corp. 8 mm.
Gattung Onthophagus LAT.
5. O. Gazella F. (Nr. 105.)
Über das ganze tropische Afrika, Südafrika, Arabien, Indien,
Ceylon usw. verbreitet.
Gattung Phalops Er.
6. Ph. sp. (Nr. 313) ist mir unbekannt, kann aber mit
einer der ostafrikanischen Arten, die sehr ähnlich gefärbt und
ähnlich beschaffen sind, identisch sein.
Gattung Onitis F.
7. O. Sphins F. (ohne Nummer).
Eine über ganz Afrika und bis Südeuropa und Syrien ver-
breitete Art.
Gattung Copris GEOFFR.
8. C. lunarioides WTRH., Ostukerewe, September und
Oktober. (Nr. 28, 154, 257.)
Über das zentralafrikanische Seengebiet und bis Abyssinien
verbreitet.
Gattung Catharsius Hopr.
9. C. opacus WTrH., Ostukerewe, April. (Nr. 171.)
Über Deutsch-Ostafrika fd über das Gebiet des Nyassasees
bis zum Nyamisee verbreitet.
10. C. Kolbei FruscHe, Ostukerewe, Mai. (Nr. 258.)
FEuscHhE beschrieb diese Art in der Deutschen Entomologischen
‚Zeitschrift 1907, p. 283 nach Exemplaren aus Ibembe und Ukerewe.
Diese Art schien daher (nach dieser Angabe) nicht auf die Insel
Ukerewe beschränkt zu sein. Ich aber beschrieb einen verwandten
Catharsius (Stuhlmanniı m.) aus Ipembe, südlich vom Albert-
Nyansa, welcher Ort am linken Ufer des Issango liegt (vgl. KoLsE
im IV. Bande von SrtunLmann’s „Ost-Afrika“, Abt. Coleopteren,
S. 143). Wenn Ibembe und Ipembe dasselbe bedeutet, dann würde
200 HERMANN KOLBE.
das mit „Ibembe* bezeichnete FerscHe’sche Exemplar wohl zu
Stuhlmanni und nicht zu Kolbei gehören.
Der Catharsius Kolbei unterscheidet sich von ©. Stuhlmanni
besonders im männlichen Geschlecht durch die drei auf einer Quer-
linie stehenden kräftigen kurzen Hörner auf dem Prothorax. Auf
dem Kopfe des Männchens befindet sich eine sehr hohe Querleiste
mit zwei zahnförmig aufgerichteten Hörnchen. Bei ©. Stuhlmanni
ist die Querleiste des Kopfes beim Männchen fast ebenso schwach
wie beim Weibchen; und auf dem Prothorax stehen zwei einander
mehr genäherte Hornhöcker. Auch FELscHE weist darauf hin. Im
Interesse der Sache füge ich aber noch eine ausführliche Diagnose
des ©. Kolber hier nach den mir vorliegenden Exemplaren bei.
Nigerrimus, nitidus; capite late semicirculari, antice medio
fere integro, vix conspicue subbilobo, confertim granulato, granulis
epistomatis transversis (1 JO), interdum confluentibus (1 O), granulis
autem genarum rotundatis; prothorace confertim granulato, disco
utrinque laevigato, angulis anticis obtuse rotundatis; elytris nitidis
leviter striatis, striis fere obsolete leviter punctatis, necnon inter-
stitiis parum convexis, subtilissime parce punctulatis, fere impunctatis.
Mas insignitus carina frontali transversa, acute biapicata
(angulo utrinque dentiformi erecto), pronoto insuete modice tricor-
nuto, cornubus in linea transversa positis, inter se fere aequalibus,
laevibus, nitidis, subacuminatis, cornu intermedio compresso, antice
carinato, carina cum margine antico juncta; dorso intercornuali
leviter foveato, fere usque ad marginem anticum impunctato, niti-
dissimo. |
Femina differt capite medio leviter tumido, in fronte ruguloso;
fronte vix carinata, in linea transversali elevata, minute quadıi-
tuberculata, tuberculis duobus intermedianis parum inter se approxi-
matis; pronoti area anteriore media leviter obtuse tumida, hac area
autem elevata cum margine antico carinula tenui conjuncta.
Long. corp. 23—26 mm.
Die Tendenz zu der Bildung einer mittleren hornförmigen
Protuberanz und der medianen vorderen Kielung des Pronotums ist
auch im weiblichen Geschlecht vorhanden; denn das mittlere Horn
des Männchens ist beim Weibchen durch eine sehr schwache
höckerartige Erhebung angedeutet, welche mit dem Vorderrande
des Prothorax durch einen schwachen Längskiel verbunden ist.
Das Weibchen von ©. Kolbei ist dem Weibchen von (©. Stuhl-
manny äußerst ähnlich. Aber bei dem ©. Kolbei besteht die Quer- |
leiste der Stirn aus vier kleinen Tuberkeln; und die schwache
mittlere Gibbosität auf der vorderen Hälfte des Prothorax ist deut-
Zur Kenntnis der Fuuna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 201
licher prononziert als bei Stuhlmannı ©. Die Stirnleiste dieser
Art zeigt nur drei Tuberkelchen, von denen das mittlere anscheinend
aus einer vollkommenen Verwachsung zweier kornförmiger Tuberkeln
entstanden ist. Jedenfalls sind beide Arten einander nahe ver-
wandt; die insulare Art scheint im Hinblick auf die Ausbildung
eines dritten prothorakalen Hornhöckers und der mehr entwickelten
Querleiste des Kopfes jünger zu sein.
Gattung Heliocopris Hop.
ll. H. hamadryas F., Ostukerewe, März. (Nr. 250.)
Über Ost-, Zentral- und Südafrika bis Niederguinea verbreitet.
Gattung Gymnopleurus ILL.
12. @. sericeifrons Faırm., Ostukerewe, April. (Nr. 106.)
Deutsch-Ostafrika, Küstenregion; Gebiet der großen Seen:
Vietoria-Nyansa bis Albert-Edward-See; Somali.
13. @. splendens Cast., Oktober. (Nr. 138.)
Nubien bis Mosambik und Gebiet der großen Seen.
Gattung Scarabaeus L. (Ateuchus WER.).
14. 8. isidis Casr., Ostukerewe, April. (Nr. 140.)
Nubien, Sennaar, Zentralafrika, Guinea, Senegambien.
II. Unterfamilie Melolonthinae.
Gattung Trochalus Cast.
15. I. ukerewius n. sp. CS © von Ukerewe-Ost. (Nr. 440.)
Die große Ähnlichkeit mit dem Trochalus spectabilis Queor.,
der im Königl. Museum in typischen Stücken vorliegt, läßt in der
neuen Art wieder eine Verwandtschaft der Seenfauna mit West-
afrika erkennen. Die Unterschiede der beiden Arten sind folgende.
Bei T. ukerewius ist der Prothorax an den Seiten schwächer ge-
rundet; die Höhe der Rundung liegt hinter der Mitte (bei spectabilis
in der Mitte). Das Notum des Prothorax ist reichlich punktiert,
aber weniger dicht als bei spectabilis. Die Femora und die Tibien
des dritten Beinpaares sind weniger breit. Die Tibien des ersten
Beinpaares zeigen keine Spur von einem dritten Zahne an der
Außenseite. Schließlich ist das Flabellum (der Fühlerfächer) des
Männchens länger als bei der Angolaart.
Charakteristik: Brunneus, ovatus, sat nitidus, laevis, in elytris
singulatim pruinosus, plerumque simplex; palpis antennisque ferru-
202 HERMANN KoLße,
gineis, flabello testaceo; clypeo coarctato, antice distincte bisinuato,
subtridentato, supra sat confertim modice punctulato, longitudinaliter
medio carinulato, antice laeviore, fronte laxius punctulata; protho-
race pone medium lateraliter modice arcuato; in dorso large nec
confertissime punctulato, medio autem longitudinaliter modice cari-
nulato, carinula antice evanescente; elytris subtiliter lineato-
punctatis, lineis leviter impressis, interstitiis irregulariter punctu-
latis; metasterno nitido parce punctulato, medio longitudinaliter
sulcato; pedum primi paris tibiis extus bidentatis, vestigio dentis
tertii nullo; pygidio disperse mediocriter punctato, disco posteriore
depresso. — Long. corp. 9—10 mm.
16. T. fraterculus n. sp. 8 9 von Ukerewe. (Nr. 442.)
Von der vorigen Art ist die vorliegende durch geringere Größe
und matte Färbung unterschieden. Auch ist der Clypeus stärker
eingeschnürt, aber am Vorderrande weniger tief zweibuchtig, so
daß die drei kurzen Loben nur schwach hervortreten. Bei den
meisten Exemplaren zeigt das Pygidium in beiden Geschlechtern
einen medianen Eindruck. |
Charakteristik: Brunneus vel fuscus, opacus, palpis antennisque
ferrugineis, flabello testaceo; clypeo valde coarctato, antice parum
bisinuato, supra rugoso-punctato, in fronte sat confertim punctulato;
prothorace large punctato, punctis autem antice fere densioribus
et subtilioribus, illo lateraliter mox pone medium leviter arcuato,
dorso medio longitudinaliter impresso; elytris leviter striatis, striis
haud impressis, interstitiis punctulatis; metasterno nitido sat large‘
nec dense punctulato; tibiis pedum primi paris extus bidentatis,
vestigio autem dentis tertii nullo; pygidio convexo, medio modice,
impresso, itaque subbigibboso. — Long. corp. 7—8 mm.
Einige Exemplare von braunschwarzer Färbung von Ukerewe,
die sich unter derselben Nummer befinden, weichen von der Haupt-
form etwas ab: var. integer, differt clypeo antice integro, margine
anteriore arcuato, simplice; pygidio toto convexo, medio haud im-
presso.
Gattung Sphaerotrochalus Barsk.
17. 85. Boehmi Quveor., Ostukerewe, September. (Nr. 81.)
Früher östlich vom Tanganjikasee gefunden.
Diese Spezies schien mir anfangs von den zuerst von Herrn
P. Conraps eingesandten Exemplaren verschieden zu sein. Die
Färbung dieser Stücke ist etwas anders; auch waren sie kleiner;
dazu schienen die Vorderecken des Clypeus deutlicher zahnartig
vorgezogen zu Sein. Der etwas kürzere Prothorax ist stärker
A Po
FEN
ER ERE IERERTERNER RN +
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia.. 203
punktiert und daher weniger glänzend. Das neunte submarginale
Interstitium der Elytren ist mehr prononziert als bei dem Boehmi-
Exemplar. Nachdem ich aber noch mehrere Exemplare von Uke-
rewe empfangen, erkannte ich ihre Identität mit der genannten
Spezies. Einige Stücke sind ganz ebenso beschaffen wie das
Boehmi-Exemplar vom Tanganjikasee. Andere weichen etwas ab.
Das Pygidium ist bald schwarz, bald rotbraun; auch die Beine sind
bald braun, bald schwarz mit Metallschimmer. Ebenso sind die
Körpergröße und die Skulptur etwas variabel.
Gattung Lepiserica Bask.
18. L. fucatella Bzsx., Ostukerewe, November. (Nr. 441.)
Zuerst von den Ukamibergen in Deutsch-Ostafrika bekannt
geworden.
Aus Uganda liegt eine verwandte Sericine vor, welche die
Nr. 580 der Conkaps’schen Ausbeute trägt, und die mir eine neue
Art zu sein scheint: Euphoresia ugandana n. Sp.
Das Königliche Museum besitzt eine größere Anzahl dieser
eigentümlichen, auf der Oberseite gitterförmig gezeichneten und
über das tropische Afrika verbreiteten Arten, die hauptsächlich
von BRENSKE in seiner umfangreichen Monographie der Sericinen
der Erde beschrieben worden sind und hier in dem typischen
Material vorliegen. Die neue Spezies von Unganda erinnert
an gewisse westafrikanische Arten. Diese kleine braune, schwärz-
lich und weißlich gewürfelte Spezies gehört zu derjenigen Gruppe,
deren Arten auf dem Pygidium einen großen medianen Fleck
oder Streifen zeigen. Die neue Art ist der E. multipunctata Brsk.
von Niederguinea am ähnlichsten, die ich nicht kenne, die aber
nach BRENSKE nur einen schmalen medianen schwarzen glatten
Streifen auf dem Pygidium besitzt. Doch sind beide Arten ander-
weitig unterschieden; denn der hintere Rand der Femora des
dritten Beinpaares tritt bei multipunctata nicht, wie bei jener Art,
spitz zahnförmig vor. Ferner scheinen die Interstitien der Elytren
bei multipunctata nicht als schwarze Rippen aufzutreten.
Charakteristik: Fusca, brunnea, opaca, nigromaculata pilisque
quasi maculis exigue congregatis albidis passim subsignata; antennis
rufis, flabello testaceo, pedibus fuseis nitidis; fronte glabra im-
punctata anterius et medio parum punctata, epistomate- scabroso
antice leviter sinuato; prothorace lateraliter recto, anteriore cur-
vato, dorso glabro subpunctato, parce squamato, squamis lateraliter
densatis vittam exhibentibus, angulis postieis subrectis; elytris
2)4 HERMANN KOLBE.
brunneis striatis, interstitiis convexis, alternis (1. 3. 5, 7, 9.)
interrupte nigris, partim maculatis; pygidio fusco, inaequaliter nec
dense punctato. albido squamoso, vitta glabra media longitudinali
nigra, postice attenuata; pectore abdomineque subnitidis, large
et fere confertim mediocriter punctatis, subtiliter albido-squamatis.
-— Long. corp. 7—7,5 mm.
Gattung Melanocamenta BRsk.
19. M.variolosan.sp. 8 Q Ostukerewe, Mai. (Nr.504, 539)
Diese Spezies hat alle Hauptmerkmale der Gattung, wie sie
der Autor BrEnskE angegeben hat. Besonders bemeıkenswert ist
das sechsgliedrige Flabellum der Antennen des Männchens, dem
das viergliedrige Flabellum des Weibchens gegenübersteht. Auch
bei anderen Arten der Gattung ist das Flabellum des Weibchens
viergliedrig, aber bei der Spezies bomuana Brsk. vom Kongo fünf-
gliedrig.
Diagnose der neuen Spezies: Ovata, minus brevis nec crassa,
brunnea vel nigra, nitida, antennis flavo-testaceis, pectore pedibusque
nigris, tibiis primi paris, tarsis omnium pedum abdomineque rufo-
brunneis; elypeo antice sinuato, parce punctulato, epistomate
fronteque largius et densius nec confertim perspicue punctatis;
prothorace similiter ac fronte perspicue nec confertim punctato,
lateraliter in margine anteriore subsinuato, pone medium rotundate
ampliato, margine .posticco ad scutellum versus lobato; elytris
subrugose punetatis, geminate striatopunctatis, interstitiis sub-
seriatim punctatis, punctis subtilioribus intermissis; scutello tri-
gono parce subtiliter punctato, nitido; pedibus simplicibus,
unguiculis basi lobate dilatatis; pygidio nitido glabro, leviter
convexo, sat large nec confertim punctato, postice attenuato;
serementis abdominis ventralibus plus minusve large punctatis,
antice pilosis.
Mas insignitus flabello antennarum 6-articulato, elongato,
femina flabello 4-articulato, brevi.
Long. corp. 5,5—6,5 mm.
Die vorliegenden Exemplare variieren in der Färbung; sie
sind bald braun, bald schwarz, stets glänzend. Das hat mit dem
Geschlechte nichts zu tun, da vom Männchen beide Färbungen
vorliegen. Vielleicht sind die braunen Exemplare nur unreif. Bei
allen braunen und schwarzen Exemplaren sind die Tibien des ersten
Beinpaares braun, was die übrige Färbung ‚nicht berührt. Auch
sind die Tarsen aller Beine braun.
ern
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 205
Gattung Pentecamenta Barsk.
20. P. subcostata n. sp. 8 9 Ostukerewe, November.
(Nr. 428).
Wegen der Zahl der Flabellenglieder (JS fünf-, Q viergliedriges
Flabellum) muß diese Art zu Pentecamenta gehören (s. BrENsKE,
Berlin. Ent. Zeitschr. 1896 p. 341). Sie ist aber von der P. salaama
Brsk. deutlich verschieden. Nicht nur ist der Körper länger, auch
die Skulptur des Kopfes, des Pronotums und der Elytren ist eine
andere.
Diagnose der neuen Spezies: Oblonga, brunnea, leviter nitida,
rufo-pilosa, in capite et pronoto longius, in elytris autem postice
brevius pilosa; capite fusco, antennis 10-articulatis rufo-brunneis,
articulo primo clavato, secundo brevi, globulari, tertio quartoque
minoribus brevibus; clypeo nitido glabro, parce subpunctato;
epistomate et fronte fere aequaliter confertim densissime et pro-
funde et rude rugosopunctatis; prothorace lateraliter rotundate
ampliato, angulis posticis nullis, supra large nec densissime modice
punctato, punctis discoidalibus ‚et anterioribus singulis postice
apertis, ante marginem posticum densius et subtilius punctato:
scutello angusto, parce subtiliter punctato; elytris postice leviter
ampliatis, large nec dense subcrasse aequaliter punctatis, in disco
leviter subcostatis; pygidio parum convexo, elytris paulo densius
et subtilius punctato; pectore fere villoso, abdomine infra breviter
piloso.
Mas insignitus flabello antennarum elongate 5-artieulato, articulis
6.—10. longe lamellatis, articulo quinto breviter lobato.
Femina differt flabello antennarum brevi, 4-articulato, artieulis
7.—10. brevius quam in femina lamellatis, articulo quinto paulo
aliter ac in mare formato, leviter ampliato, articulo sexto brevissime
lamellato.
Long. eorp. 11—13 mm.
Gattung Schizonycha BuancH.
21. Sch. paterna n. sp. OÖstukerewe, November. (Nr. 429a.)
Obgleich diese neue Art der Sch. erıbrata m. von Sansibar
nahe verwandt zu sein scheint, so ist sie von dieser doch bald zu
unterscheiden. Sie ist etwas kleiner und dunkler als diese östliche
Art. Das Epistom ist kürzer und breiter abgestutzt, vorn schwach
gebuchtet. Der Prothorax ist gröber und dichter skulptiert, be-
sonders nach den Seiten zu. Das Scutellum ist weniger breit. Die
sehr ähnlich aussehenden Elytren sind etwas dichter punktiert.
HERMANN KOLBE.
Das Metasternum ist auf der Mitte mit einer tieferen und breiteren
Längsfurche versehen. Ferner ist das erste Tarsenglied des dritten
Beinpaares länger. Die Zähnchen der Fußkrallen sind von gleicher
Länge (bei Sch. eribrata von ungleicher Länge). z
Charakteristik: Fusco-brunnea, nitida, in pronoto et elytrislarge
necnon fere crasse punctata, punictis seta brevissima albida insertis;
antennarum articulo tertio vix elongato, breviore quam quarto
quintoque junctis; metasterno flavo-griseo villoso, large punctato
medioque longitudinaliter sat profunde et glabre fossulato; tibiis
antieis tridentatis; tarsorum secundi paris articulo primo sequenti
longitudine aequali, illo tertii paris breviore quam articulo secundo;
unguiculorum apiceibus aequilongis; abdomine nitido, linea segmen-
torum transversa parce subtiliter setosa; pygidio large rude punc-
tato. — Long. corp. 13,5—15 mm.
22. Schizonycha sp., Ostukerewe. (Nr. 429 b.)
Von den fünf Exemplaren der Nr. 429 gehören vier zu Sch.
paterna n. sp. Das fünfte Exemplar gehört einer besonderen Art
an, die der vzcarıa m. aus Ukami (Deutsch-Ostafrika) sehr ähnlich
ist. Sie ist etwas größer als diese Art. Das Pronotum und das
Pygidium sind feiner punktiert. Mehr Exemplare sind zur Fest-
stellung der Art nötig.
et a 2
23. Sch. ukerewia n. sp., Ostukerewe, April. (Nr. 482.)
Diese mittelgroße Art ist der Sch. usambarae Brsk. am ähn-
lichsten, aber etwas größer und glänzender. Die Oberseite ist nur
mit zerstreuten sehr kurzen weißen Härchen besetzt. Der Pro-
thorax ist ähnlich wie bei der genannten Art, grob, aber
weniger dicht punktiert. Das Skutellum ist deutlich punktiert.
Die Hinterbrust ist dichter behaart, auf der Mitte punktiert
und weniger behaart, vor dem mittleren Längseindrucke des
Mesosternums mit einem Höckerchen versehen. Die Elytren sind
etwas weniger grob und weniger dicht punktiert, zwischen den
Punkten höchstens nur schwach gerunzelt. Die Vordertarsen sind
einfach. An den Tibien des dritten Paares sind beide Sporen end-
ständig. Das Pygidium ist sehr ähnlich beschaffen, aber etwas
dichter punktiert.
Charakteristik: Ferrugineo-brunnea, nitida, punctis seta bre-
vissima expletis, postpectore longe et dense flavo-piloso, villoso;
capite fere dense rude punctato, carina anteriore curvata; pro-
thorace elytrisque aperte nec dense punetatis; pedum primi
paris tibiis distinetius tridentatis; articulo primo tarsorum tertü
paris breviore quam secundo; unguiculis fissis, apicibus duobus
|
E
53
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 207
aequilongis; abdomine parce breviter setoso pilisque longis raris
vestito. — Long. corp. 18—19 mm.
24. Sch. insularis n. sp., Ostukerewe, April. (Nr. 430.)
Diese kleine rostfarbige Art ist der Sch. lindiana Brs«. augen-
scheinlich.nahe verwandt, aber durch die fast fehlende Spur des
dritten Zähnchens an den Tibien des ersten Beinpaares, durch etwas
andere Punktierung der Oberseite, weniger kurzen Prothorax und
anders punktiertes Pygidium unterschieden. Sie ist auch der Sch.
usaramae Brsk. ähnlich, aber feiner beschuppt als diese und die
erstgenannte Art, besonders auf der Unterseite.
Charakteristik: Ex minoribus, Sch. lindianae et usaramae Bkrsk.
similis, ferruginea, subnitida, glabrata; pectore abdomineque nitidis,
haud pilosis, parce punctatis, punctis seta singula, brevissima, subtili,
insertis; prothorace nitido laxe punctato; scutello lateraliter
punctato; elytris subdense punctatis, punctis seta singula minu-
tissima insertis; pygidio laxe punctato; pedum primis paris tibiis
bidentatis, vestigio dentis tertii fere obsoleto; articulo primo tar-
sorum tertii paris quam secundo dimidio breviore; unguiculis fere
aequaliter fissis. — Long. corp. 10—11 mm.
25. Sch. sansibarica m. von der Insel Ukerewe? Zu-
sammen mit Anomala Kersteni Gerst. (Nr. 97) an Mangoblüten.
III. Unterfamilie Rutelinae.
Gattung Anomala Sam.
26. A. Kersteni Gexrst. von der Insel Ukerewe? Zu-
sammen mit Schizonycha sansıbarica m. an Mangoblüten. (Nr. 97.)
— Über Deutsch-Ostafrika und bis Somali verbreitet.
27. A. plebeja OL., Ukerewe, Oktober. (Nr. 132.) Die
beiden vorliegenden Exemplare sind fast ganz dunkelbraun. Die
Art ist über Ost- und Westafrika bis Abyssinien und Senegambien
verbreitet.
28. A. ukerewia n. sp., Ukerewe, Oktober. (Nr. 113.)
Obgleich diese Art der A. tendinosa Gerst. Deutsch-Ostafrikas
sehr ähnlich ist, so kann sie von ihr doch leicht unterschieden
werden. Sie ist kleiner. Der Kopf ist weniger fein runzlig-punktiert.
Der Prothorax ist an den Seiten etwas stärker gerundet. Das
Interstitium zwischen den Doppelstreifen erscheint breiter und ist
nach der Basis zu reichlicher punktiert. Der sekundäre unregel-
mäßige Punktstreifen dieses Interstitiums ist fast bis zur Spitze der
Flügeldecke doppelt, bei tendinosa größtenteils einfach. Der erste
208 HERMANN KOLBE.
mittlere Streifen ist weniger gleichmäßig ausgebildet als bei tendi-
nosa, bei der die Doppelstreifen nicht so gut zu unterscheiden sind
wie bei der neuen Art. Die insulare A. ukerewia macht also einen
primitiveren Eindruck als die ostafrikanische tendinosa.
Charakteristik der neuen Art: Lutea, nitida, capite rufo-
brunneo opaco; prothorace infuscato, lateribus autem, puncto fusco
mediano excepto, late luteo; elytris fusco- vel nigro-striatis, macula
humerali et basi vittisque (sc. vitta suturali communi, postice
angustiore, necnon vitta posteriore mediana, cum macula illa
humerali juncta, plagaque laterali postmediana) nigro-fuscis; pectore,
ventre pedibusque testaceis, his laetioribus; apice tibiarum infus-
catis, tarsis brunneis; capite rugoso-punctato; prothorace supra
laxius simplieiter punctato, dorso medio longitudinaliter subsulcato;
scutello subtiliter punctato, medio laevi; elytris nigro-striatis,
striis punctatis, striis octo quadrigeminatis; interstitio primo lato,
quam interstitiis striarum geminatarum (secundae ordinis) triplo
latiore, seriebus subregulariter ordinatis, basin versus latis punctis-
que irregulariter dispersis; interstitio secundo (primae ordinis)
duplo tantum latiore quam illis interstitiis secundae ordinis, serieque
punctorum obsito sat regulari, hac serie antice et postice plus minusve
duplicata, postice in puncta aliquot soluta; interstitii humeralis serie
punctorum plus minusve duplicata, subrugulosa; pygidio punctis
sat rude sculptato, transversim rugato; unguiculo exteriore
paulo inciso.
Long. corp. 12—13 mm.
Gattung Popillia SERVv.
29. P. ovata m., April. (Nr. 221.) — Über das Seengebiet
und Ostafrika verbreitet.
30. P. bipunectata F., April. (222). — Über Zentral-,
Ost- und Südafrika verbreitet, auch im Kongobecken.
IV. Unterfamilie Dynastinae.
Gattung Oryctes ILL.
31. O. boas F., Ostukerewe, April. (Nr. 329). — Über
West-, Süd-, Ost- und Zentralafrika verbreitet.
(Gattung Heteronychus Burn.
32. H. atratus Kı., Ostukerewe, April. (Nr. 473.) —
Deutsch-Östafrika und Mosambik.
j
„*
|
|
Zur Kenntnis der Fuuna der Insel Ükerewe: Coleoptera Lamellicornia. 209
33. H. arator F., Ostukerewe, Oktober. (Nr. 344.) —
Tanganjikasee, Kapland.
Gattung Rhizoplatys Westw. (Trionychus Burnm.).
34. Rh. trituberculatus Burm., OÖstukerewe, Mai, August,
Oktober. (Nr. 342.)
V., Unterfamilie Cetontinae.
Gattung Fornasinius BERTOL.
35. F. insignis BERToL., Ukerewe. (Nr. 164 u. 319.)
Außer den von P. Conkaps von der Insel Ukerewe gesandten
Stücken dieser Art befinden sich im Königl. Museum noch Exemplare
aus anderen Gegenden Ost- und Zentralafrikas. Diese Exemplare
variieren teilweise stark, sowohl in der Größe des Körpers als
auch in der Ausbildung der Höcker und Hörner am Kopfe der
Männchen. Die Variation in der Ausbildung der Höcker und Hörner
schwankt aber nicht nur in der Größe der letzteren, sondeın es -
finden sich bei den verschiedenen Individuen ganz verschiedene
Bildungen vor. Bald ist das mediane frontale Kopfhorn kurz und
eerade und unterhalb mit einem unpaaren Zahne versehen oder
dieser Zahn fehlt vollkommen, oder das Horn ist größer, länger
und gebogen und unterseits ebenfalls gezahnt oder (bei den größten
Exemplaren) unterseits nicht bewehrt. Ferner befindet sich bei
manchen kleinen Stücken jederseits neben der Basis des Frontal-
hornes ein laterales Frontalzähnchen oder nicht. Bei anderen
größeren) Exemplaren ist das große mediane Frontalhorn in der
Basalhälfte jederseits mit einem lateralen Zahne versehen oder
diese lateralen Zähne sind verschwunden (bei den größten Exemplaren).
Exemplare dieser verschiedenartigen Bildungen sind teilweise
schon beschrieben und als besondere Arten aufgefaßt, besonders
von KraaAtz, HEATH, Preiıss. An der Reihe von Exemplaren, die
mir aus den Beständen des Museums vorliegen, weise ich nach,
daß diese Varietäten und auch die von den genannten Beschreibern
aufgestellten „Arten“ alle zu einer einzigen Spezies gehören.
Einige abweichende Formen habe ich außerdem noch benannt und
der in der Sammlung des Königlichen Museums aufgestellten schönen
Reihe einfügen können. Die Formationsreihe hat hinsichtlich der
Vergleichung mit anderen Arten noch morphologischen Wert.
Im folgenden sind diese Varietäten unterschieden:
Var. pauzılla n. (forma minor), zwei Exemplare von Ukerewe.
(Nr. 319). — Kleine Form des Männchens mit kurzem geraden
210 HERMANN KoLße.
Frontalhorn, ohne unpaares Zähnchen an der Unterseite des-
selben, ohne oder mit undeutlichem lateralen Zähnchen jederseits
neben der Basis des medianen Frontalhorns. Stirn beiderseits bis
zu dem lateralen Zähnchen ungekielt oder undeutlich gekielt.
Länge 33—35 mm (gemessen von den Vorderecken des Clypeus
bis zur Spitze des Pygidiums, auch bei den übrigen Varietäten).
Var. infradentata n. (forma minor), zwei Exemplare von
Ukerewe. (Nr. 319.) — Kleine Form des Männchens mit kurzem
geraden Frontalhorn, mit je einem deutlichen lateralen Zähnchen
jederseits neben der Basis des medianen Frontalhornes, auch mit
einem unpaaren inferioren Zahne an der Unterseite des Frontalhornes.
Stirn beiderseits gekielt, den Kiel des lateralen Zähnchens mit der
supraokularen Tuberkel verbindend. Länge des Körpers 34—36 mm.
Var. transıtiva n. Ein Exemplar von Ukerewe. (Nr. 319).
Übergangsform. Frontalhorn etwas verlängert und sehr
schwach gebogen, mit lateralem Zähnchen jederseits an der
Basis des Hornes und mit einem unpaaren inferioren Zähnchen
an der Unterseite desselben. Kiel beiderseits der Stirn fehlend.
Körperlänge 38 mm.
Var. mixta n. Mittelgroße Form von Bukoba mit verlängertem,
aber nicht sehr kräftigen, jedoch ziemlich stark knieförmig
gebogenen Frontalhorn und je einem lateralen Zähnchen in
der Basalhälfte dieses Hornes, sowie einem unpaaren inferioren
Zähnchen an der Unterseite desselben. Länge des Körpers 42 mm.
Ein Exemplar von Gudowius.
Var. Hauseri Krrz. Britisch-Ostafrika (Kibwezi), Kilimandjaro.
Frontalhorn ziemlich lang, schwach gebogen; laterales
Zähnchen beiderseits der Basis dieses Hornes ziemlich Klein oder
größer; ohne unpaaren Zahn an der Unterseite desselben. Körper-
länge 42—-45 mm.
Var. paradoxa n. Große Form aus Usambara. Frontallorn
stark knieförmig gebogen, mit je einem kräftigen lateralen
Zahne im Basalteille desselben und ohne unpaaren inferioren
Zahn. Körperlänge 49 mm.
Var. Hirthi Preıss aus Ukerewe (Nr. 164), Bukoba, Nord-
tanganjJika und Usambara. Frontalhorn lang, stark ge-
bogen, ohne lateralen Zahn jederseits an der Basis dieses Hornes
und ohne unpaaren inferioren Zahn an der Unterseite desselben.
Länge des Körpers 46—50 mm.
@. Wiserı Hrarn ist mit @. Hirthi Preıss vielleicht identisch.
Ob @. Dareisi Krrz. zu insignis BerroL. gehört, läßt sich
aus der Beschreibung nicht sicher erkennen.
e #490 ru [iR
ER a de Ba Br
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornie. 211
Gattung Eudicella WHITE.
Die hierhergehörigen hübschen, mittelgroßen Üetoniiden sind
wirkliche Gabelnasen; denn die Männchen tragen auf dem Vorder-
kopfe ein langes schlankes, in zwei lange zugespitzte Zinken aus-
laufendes Horn. Alle hierhergehörigen Käfer aus den verschiedenen
Teilen des tropischen und südlichen Afrika sind einander sehr
‚ähnlich und größerenteils wohl nur als Unterarten aufzufassen.
36. E. tetraspilota Hrıo. Subsp. nyansana n., Ost-
ukerewe, Januar und Februar. (Nr. 373.)
Alle von Ukerewe, vom gegenüberliegenden Festlande und
von Bukoba vorliegenden Exemplare unterscheiden sich von der
wahren tetraspilota Hruo., welche im Innern von Angola und im
südlichen Kongogebiet wohnt, durch den Mangel des hinteren
schwarzen Fleckes der Elytren.
Der in Uganda lebenden Rasse immaculata HEATH fehlt außer-
dem auch der schwarze Humeralfieck der Elytren.
Zwischen den mir vorliegenden Exemplaren der Nyansana-
Rasse von der Ukerewe-Insel und dem gegenüberliegenden Festlande
(Nr. 165 u. 165a) ist ein eigentlicher Unterschied nicht zu bemerken.
In Bukoba (Juli) am Westufer des Vietoria-Nyansa wird
Eudicella Gralli subsp. Mechowi QuEDF. gefunden (Nr. 513), die
bisher nur aus dem mittleren Kongogebiet bekannt war.
Gattung Neptunides J. THons.
Während die länger bekannte typische Art dieser Gattung
(polychorus J. Toms.) weit und breit in Deutsch-Ostafrika zu
finden ist, soweit die Gegenden bewaldet sind, kommt in Zentral-
airıka in der Umgebung des Vietoria-Nyansa die zweite Art
Stanleyi vor.
37. N. Stanleyi Jaxs., Westukerewe, April; Bukoba, Juli.
(Nr. 332.)
Die typischen Stücke sollen am oberen Kongo gefunden sein.
Gattung Dieranorhina Burn.
Diese in wenigen Arten über West-, Zentral- und Ostafrika
verbreitete Gattung ist auch auf der Insel Ukerewe vertreten,
aber nur in einer eigenartig gefärbten Subspezies, die im folgenden
beschrieben ist.
38. D. Conradsi m., Ostukerewe. (Nr. 282 u. 282a.)
Man kann diese Form als eigene Spezies oder als Subspezies
der D. derbyana Westw. auffassen, welche in einigen anderen Sub-
14
912 HERMANN KOLBE.
spezies (derbyana typica, divertialis m., lateralis m., Oberthüri Deyr.,
carnifec Hru».) von Natal, Nordtransvaal, Südrhodesien, Deutsch-
Südwestafrika, Mosambik, Nyassaland durch Deutsch-Ostafrika bis
Britisch-Ostafrika verbreitet ist. Diese Unterarten sind meistens
schön grün gefärbt und weiß gebändert. Nur carnifex ist ober-
seits blaugrün mit weißen Längsbinden, während die Beine rot
oder kastanienfarbig sind.
Die Oberseite von D. Conradsi ist in beiden Geschlechtern
gesättigt dunkelviolett, zum Teil fast schwarzviolett, seltener dunkel-
braunviolett und mit schwarz untermischt. Nur das Pronotum
besitzt eine weiße laterale Längsbinde. Neben Exemplaren mit
dieser einfachen Grundfärbung der Elytren, die ich als Stammform
aufstelle, gibt es Exemplare mit je zwei weißen (weißgelben bis
rotgelben) Längsbinden auf den Elytren (var. vittata m.), die ich
als derivate Varietät betrachte. Ferner unterscheidet sich diese
hübsche Unterart von der zunächst verwandten Subspezies Oberthäri
Deutsch-Ostafrikas durch abweichende Bildung des Epistoms, des
Mesosternalfortsatzes und der männlichen Vorderbeine. Das Epistom
ist in beiden Geschlechtern schmaler als bei Oberthürı.. Auch
springen die vorderen Zähne desselben noch mehr vor, während
die seitlichen kleinen Zähne mehr nach hinten gerückt sind. Der
Mesosternalfortsatz ist breiter und vorn kürzer zugespitzt als bei
Oberthärt. Im männlichen Geschlechte sind schließlich die Tibien
des ersten Beinpaares bei gleicher Körpergröße weniger lang und
weniger schmal als bei der genannten Subspezies, auch an der
Spitze schräg nach innen abgestutzt (nicht gerade, wie bei Oberthürt).
Die Körperlänge beträgt 41—-47 mm im männlichen, 33—38 mm
im weiblichen Geschlecht.
Usıkı führt diese Art von Schirati am Ostufer des Victoria-
Nyansa auf.
Bei Bukoba lebt bereits die westafrikanische Por
micans DruryY. (Nr. 60.)
Stephanorhina Burn.
Die nächsten Verwandten der hier aufgeführten Art wohnen
in. Westafrika.
39. St. adelpha Koupe, Ostukerewe, April. er 368.)
Zuerst vom Victoria-Nyansa bekannt geworden.
Diese Art ist der #f. guttata Ou. Guineas am Shniicheent
aber die Ober- und Unterseite ist fast ganz rot. Die weiße Flecken-
zeichnung der Flügeldecken ist ebenso. Die Tibien aller Beine
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 213
sind etwas kräftiger als bei guttata. Das Pygidium ist kürzer
zugespitzt. Das Epistom ist breiter.
Die St. Neumannı m., welche der St. tıbialis WTRH. (Guinea)
sehr ähnlich ist, liegt von Bukoba vor.
Amaurodes WEsTw.
40. A. Passerinii Westw., Ukerewe? Januar. (Nr. 177.)
Von Natal über Mosambik bis Deutsch-Ostafrika verbreitet.
Es variiert die Zeichnung des Pronotums, indem zwei meist
fehlende, aber oft vorhandene Flecke auf dem grauen Grunde
entweder isoliert stehen oder unter sich oder mit der schwarzen
mittleren Längsbinde verbunden sind oder derart überhand nehmen,
daß die ganze Fläche schwarz ist. Auch die Färbung der Hinter-
beine variiert zwischen gelb und schwarz. Die von Pater ConRaps
eingesandten Exeınplare haben die gewöhnliche Färbung des Hals-
schildes, nämlich weiße Tomenttärbung mit mittlerer schwarzer
Längsbinde. Der Fundort ist nicht genau angegeben.
Gattung Smaragdesthes Krrz.
4l. 8. Conradsi n. sp., Ukerewe. (Nr. 157.)
Diese neue Form wurde von verschiedenen Nichtkennern,
deren Ansicht mir mitgeteilt wurde, bald als Smaragdesthes Oertzeni,
bald als sutwralis determiniert. Sie ist aber von beiden verschieden.
Am ähnlichsten ist sie allerdings der S. Oertzeni m. aus Deutsch-
Ostafrika (Usambara, Bagamoyo, Mhonda usw.). Sie ist etwas
kleiner als diese Form, zwar teilweise ähnlich blau gefärbt; aber
die Elytren sind heller, sehen unreif oder unausgefärbt aus; sie
sind nämlich hellbraungelb mit sehr leichtem blauem Schimmer,
aber die Sutur, ein Schulterfleck und die Apikalgegend sind ge-
sättigt blau; der äußere Rand ist schwarz. Außer den Färbungs-
unterschieden gibt es aber noch andere Verschiedenheiten. Das
Epistom ist weitläufig punktiert (nicht quer gerunzelt). Die quer-
stehende Schwiele des Epistoms ist breiter und weniger hoch als
bei $. Oertzeni, an den Seiten allmählich abfallend (bei S. Oertzeni
an den Seiten abschüssig). Die Skulptur der Elytren besteht aus
Längsreihen von Punkten, welche alle in ziemlich regelmäßigen
Reihen stehen. Statt der zahlreichen unregelmäßigen Punkte der
suturalen Region (bei Oertzeni), sind bei der neuen Form hier nur
wenige unregelmäßig stehende Punkte vorhanden; im apikalen
Teile nach innen zu fehlen die Punkte. Die Runzelung vor dem
apikalen Rande ist hier viel weniger ausgebildet als bei der
Oertzeni. Auch das Pygidium zeigt nur wenige Runzeln.
14*
214 HERMANN KOLBE.
Übrigens kann man diese beiden Formen und noch dazu-
gehörige andere, z. B. subsuturalis Krrz. von der Delagoa-Bai,
miteinander als Subspezies zu einem Formenkreise (mutica Har.)
vereinigen.
Charakteristik: Cyanea, elytris luteis cyaneo plus minusve
suffusis, exceptis autem sutura, macula humerali apiceque elytrorum
cyaneis, margine exteriore nigro; epistomate parce distincte
punctato, ejus medio longitudinaliter plane subcarinato, carina laevi
antice tuberculo transverso exstructo; elytris subtiliter punctato-
striatis, striis ad apicem interiorem versus obsoletis, stria secunda
in puneta nonnulla dissoluta.
Long. corp. 17—18 mm.
Gattung Plaesiorhina BurnM.
42. P. plana Wırvem. Subsp. ukerewia n., Ukerewe,
Oktober. (Nr. 3.)
Diese Form ist kleiner und verhältnismäßig kürzer als die
südafrikanische plana. Sie erscheint als eine völlig selbständige
Form. Die Grundfarbe ist oberseits braun mit grünem Schimmer.
Der Seitenrand des Pronotums ist gelb. Die gelbe Querbinde
hinter der Mitte des Elytren erscheint zackig und ist seitlich,
aber nicht nach vorn verbreitert. Die Skulptur des Prothorax ist
reichlicher, dichter gestellt als bei plana und in größerem Umfange
querrunzlig. Die Punktierung der Elytren ist etwas gröber und
teilweise viel dichter, besonders längs der Mitte auf der vorderen
Hälfte. Die Tibien des dritten Beinpaares sind etwas gekrümmt.
Die Färbung derselben sowie die des zweiten Beinpaares an der
Innenseite braun und gelb. — Länge des Körpers 20,5—21,5 mm.
Diese insulare Form ist von der festländischen Form, welche
in einer Unterart ugandensis Hrarm in Bukoba und in Uganda
lebt, und ebenso von der bei Bukoba vorkommenden Pl. cincta OL.
(Nr. 59) gut zu unterscheiden.
43. P. subaenea Hrı»., Ostukerewe, Juni. (Nr. 299.)
— Angola, Südkongo, Bukoba am Westufer des Vietoria-Nyansa.
Gattung Gnathocera Kırpy.
Bei ihrer weiten Verbreitung über Afrika südlich von der
Sahara und der großen Variationsbreite der meisten ihrer Arten
ist es nicht unerwartet, daß diese Gattung auch auf der Insel
Ukerewe in einer besonderen Form auftritt:
“
3
EEE WO SEE PL TV Yan) 2 7Ey m
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 215
44, @. trivittata SweED. subsp. nyansana n. — Ost-
ukerewe, Mai. (Nr. 230.)
Diese Unterart ist der zwischen dem RR und
dem Tanganjikasee wohnenden Unterart ruandana Krrz. am
ähnlichsten. Sie unterscheidet sich von dieser durch einige Merk-
male der Skulptur, Behaarung und Färbung. Besonders sind die
beiden dorsalen Rippen der Elytren höher, glatt und gut markiert.
Die Punktstreifen und Punkte in den Interstitien zwischen den
Rippen sind viel undeutlicher, die Punkte meist quer gezogen und
hinten wirr durcheinander stehend (bei ruandana deutlich unter-
schieden). Die Behaarung des Prothorax ist etwas kürzer.
Charakteristik: Nigro-brunnea, in capite pronotoque largius et
longius, in elytris parcius pilosa; pronoto in utroque sexu flavo- vel
albotrivittato, scutello ejusdem coloris univittato; elytris luridis,
utroque lateraliter brunneo maculisque majoribus flavo-albidis
ornato, sutura brunnea; pectore abdomineque in utroque sexu ad
magnam partem flavo-cretaceis; pedibus brunneis, femoribus ad
magnam partem flavido-cretaceis; pygidio ejusdem coloris biplagiato;
— prothorace postice parum dilatato; elytrorum interstitiis triplice
serie indistinete punctatis, punctis transversim impressis, inter se
plus minusve confluentibus, costis glaberrimis pareissime punctulatis.
— Long. corp. 15—17 mm.
Diese insulare Form ist durchschnittlich etwas größer als
ruandana.
Die Subspezies «heha m. im südlichen Deutsch-Östafrika ist
noch etwas kräftiger gebaut als nyansana,; auch sind die gelben
Flecken und Binden dunkler gelb. Sonst ist diese Unterart der
neuen Form sehr ähnlich, aber die Flügeldecken sind viel reich-
licher behaart. Die Naht und die Seiten der Flügeldecken sind
schwarz, die gelben Flecken auf den Seiten der letzteren ähnlich
groß. Der Prothorax ist hinten breiter. Die Beine sind schwarz,
die Schenkel wie der größte Teil der Unterseite in beiden Ge-
schlechtern dicht gelb tomentiert.
Viele der teilweise geographischen Gnathocera-Formen, die als
besondere Arten aufgestellt sind (auch Atzeli Swarrz), unter denen
sich namentlich die verschiedenen weiblichen Formen, nämlich
weißtomentiertbäuchige und glänzendschwarzbäuchige, hervortun,
gehören zusammen und zwar zu der Hauptart trivittata Swen.
Auch durch die Färbung der Beine, die fehlende oder vorhandene
weiße Zeichnung auf der Oberseite, die fehlende oder vorhandene
Behaarung derselben und durch die Skulptur unterscheiden sich
die vielen Formen.
I
216 HERMANN KOLBE.
Gattung Gametis BurM.
45. @. balteata DE GEER, Ostukerewe, April und Oktober.
(Nr. 198.) — Niederguinea (Loangoküste), Albert-Nyansa, Sansibar,
Delagoabaı, Natal und Kapland.
46. @. sangwinolenta Burm., Westukerewe, Dezember.
(Nr. 456.) — Senegal, Guinea. |
Gattung Niphetophora Krrz.
47. N. Hildebrandti Har. (Oxyrhaphia Hildebrandti
Har.), Ostukerewe, Mai und September. (Nr. 231). — Ost- und
Südostafrika, Niederguinea.
Gattung Rhabdotis Burn.
48. Ich. sobrina (GoRrY PERcH, Ukerewe? (Nr. 58). —
Ist über Zentral- und Deutsch-Ostafrika, Mosambik, Kordofan,
Togo und Neuguinea verbreitet.
Gattung Pachnoda Burn.
49. P. flaviventris GorY PERcH, Ostukerewe, März.
(Nr. 187.) — Über das Seengebiet (Vietoria-Nyansa, Albert-Nyansa,
Albert-Edward-See) und Deutsch-Ostafrika bis Mosambik, Natal
und Kapland verbreitet.
Gattung Mausoleopsis Lanse.
50. M. amabilis SCHAUM, Ukerewe? (Nr. 278.) — Ugogo in
Deutsch-Ostafrika, Mosambik (Senna), Delagoabai, Natal, Südwest-
afrika (Herero).
(Gattung Leucocelis BurnM.
Hierher gehören zahlreiche Kleine Cetoniiden von meistens
ähnlicher Größe und Färbung, die über das ganze Afrika südlich
von der Sahara verbreitet sind. Sehr viele dieser Arten sind grün
mit rotem Pronotum. Die grünen Flügeldecken sind vielfach
gefärbt oder weißfleckig. Manche Arten sind durch schwächeren
oder stärkeren metallischen Anflug ihrer Grundfärbung aus-
gezeichnet. Während Artunterschiede in der Form und Färbung
der Prothorax erkennbar sind, zeigen sich auch in der Streifung
der Flügeldecken Unterschiede. Abgesehen von noch sonstigen
Speziescharakteren, unterscheiden sich viele der hierhergehörigen
Arten nur wenig. Es ist wahrscheinlich, daß manche Arten zu
Artengruppen zusammengehören, so daß dann die Subspeziesfrage
hier in ihre Rechte treten würde. |
Von Ukerewe liegen die beiden folgenden Arten vor.
Pi
”
E
R
Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornie. 217
5l. L. adelpha n. sp., SQ Ukerewe, Mai. (Nr. 206.)
Diese kleine, wenig ausgezeichnete und recht gewöhnlich aus-
sehende Spezies ist hinsichtlich der Bildung des Pyeidiums und
der letzten Ventralsegmente des Abdomens der Z. bucobensis Preıss
zunächst verwandt. Sie ist von dieser Form verschieden durch
die schwarze Mittelbinde des Pronotums und die schmale Ein-
sattelung vor der Spitze des Pygidiums (2). Zu der anteapikalen
Einsattelung des Pygidiums stehen die beiden Schwielen, je eine
an den Seiten dieser Einsattelung, in Beziehung. Diese beiden
Schwielen des Pygidiums sind ebenso wie die beiden Schwielen
der letzten Ventralplatte schwächer ausgebildet als bei Z. bucobensis.
Dagegen ist das Pygidium mit Ringpunkten reichlicher besetzt.
Charakteristik: Nigra, prothorace rubro medio nigro-univittato,
vitta integra postice ampliata, margine posticali toto anguste
nigrescente; elytris gramineo-viridibus, cyaneo-suffusis, gutta nigra
nivea apicali parva; pygidio laminisque duabus abdominis ultimis
rubris, illo interdum utrinque albo-guttato; — prothorace postice
ampliato, ante angulos posticos conspicue sinuato, his distinctis,
obtusis; margine postico ante scutellum interdum leviter sinuato,
dorso sparsim distincte punctulato, punctis anterioribus magis
congregatis; elytris trifariam per paria serlato-punctatis, seriebus
sex totis apicem usque integris, stris prima et secunda (interdum
quoque partim tertia) postice lineiformibus; parte limbali exteriore
subtiliter quadriseriatim et irregulariter punctulata; pygidio basin
versus largius, prope apicem parcius minute annulato-punctato,
medio fere planato.
Mas: abdominis laminis ventralibus septem liberis et manifeste
conspicuis, lamina sexta postice breviter angulata; tibiis pedum
. tertii paris apice interiore sat longe uneinatis; tarsis ejusdem paris
gracilioribus.
Femina: abdominis laminis ventralibus sex liberis; lamina
sexta utrinque postice distinete callosa: tibiis pedum tertii paris
quam in mare brevioribus apiceque integris; pygidio utrinque vix
calloso. ch
Long. corp. 11 mm.
Var. albopunctata n. elytris guttis compluribus albidis
signatis, ventre utrinque albo quadriguttato.
52. L. plebeja m., Ukerewe, Oktober. (Nr. 235.) —
Vietoria-Nyansa (Westufer: Bukoba, auch am Nord- und Ostufer),
Westseite des Albert-Nyansa, Kongogebiet (Balubaland).
Mit dieser Art ist ZL. Ertli Preıss identisch.
918 Hermann Kouse: Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe usw.
Gattung Poecilophila KoLpe.
53. P. hebraea O1., Ostukerewe, November und Dezember.
(Nr. 267.) — Abyssinien, Ostafrika, Südafrika, Angola.
Gattung Diplognatha GorY et PERcH.
54. D. silicea M’Leay, Ukerewe. — Kongogebiet, Land-
schaften am Tanganjikasee und Victoria-Nyansa, Galla, Massai,
Deutsch-Ostafrika, Mosambik, Natal.
Gattung Polystalactica Krrz.
55. P. affinis m., Ukerewe, März. (Nr. 210.) — Bisher in
Balubaland im südlichen Kongogebiet gefunden.
Gattung Spilophorus Lacor».
56. Sp. plagosus Bon., Ostukerewe, Juli. (Nr. 263.) —
Die beiden Makeln des Pygidiums sind bei den Exemplaren der
Insel Ukerewe zu einer einzigen großen Makel verschmolzen. Bei
allen vorliegenden Stücken aus Südafrika sind diese Makeln stets
getrennt. Diese Spezies bewohnt sonst Südafrika (Limpopo,
Kaifrarien, Natal, Deutsch-Südwestafrika).
(Gattung Lissogenius SCHAUM.
57. L. conspersus Burm., Östukerewe, Oktober. (Nr. 389).
— Tanganjikasee, Kaffrarien.
Gattung Oymophorus Kırzy.
58. C. intrusus BLanchH., Ostukerewe, November. (Nr. 265
und 458). — Kaffrarien, Natal.
cn na Zeä En m 1 22
ses
THEoDoR Voct: Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. 219
Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans.
Von TaEopoRr Vogt.
A. Amphibien aus Korea.
Die von Herrn GLauz gesammelte Kollektion erwies sich als recht
interessant durch eine neue Art der Gattung Callula. Das ist
meines Wissens die erste von Korea nachgewiesene Eingystomatiden-
Art. Die Sammlung enthielt:
kanidae.
1. Rana esculenta var. japonica MaAAckK.
7 Volltiere.
4 schon recht weit entwickelte Larven. Der schon gut aus-
gebildete große schaufelförmige Metatarsalhöcker erleichterte die
Bestimmung. In der Mundbildung unterscheiden sie sich nur durch
die längere äußere gezähnte Hornleiste auf der Unterlippe von den
Larven von Rana esculenta.
Engystomatidae.
2. Callula tornieri n. Sp.
1 Exemplar.
Der Kopf ist breiter als lang, die Schnauze stumpf und der
Canthus rostralis abgerundet. Die Lorealgegend fällt schräg ab.
Die Nasenlöcher liegen in der Mitte zwischen Augen und Sehnauzen-
spitze. Die schmalen Palatinleisten sind bezahnt. Die Zunge ist
langoval und hinten nicht eingeschnitten. An den Seiten und
hinten ist sie frei. Die Pupillen sind queroval, fast kreisrund. Der
Interorbitalraum ist breiter als ein oberes Augenlid.. Ein Trommel-
fell ist nicht sichtbar.
Die Finger sind stumpf und am Ende nicht verbreitert. Die
zweiten und vierten Finger sind gleichlang. Von den ebenfalls
stumpfen Zehen ist die fünfte sehr klein, die Schwimmhäute sind
kurz. Zwei Metatarsalhöcker sind vorhanden, von denen der äußere
rund und sehr klein, der innere dagegen schaufelförmig und stumpf
ist. Das Tibiotarsalgelenk erreicht den Mundwinkel nicht ganz.
Der Schultergürtel zeichnet sich durch starke Coracoidea aus,
die Praecoracoidea fehlen. Das Sternum wird durch eine länglich-
runde Knorpelplatte dargestellt. Ein Episternum ist angedeutet.
Von den zum Urostyl verschmolzenen Wirbeln ist der erste
hinter dem Sacrum deutlich ausgebildet. Die Querfortsätze sind
ziemlich lang und schräg nach hinten gerichtet.
220 THEODOR Vor.
Die Haut ist oben glatt ohne jede Faltenbildung, an der Bauch-
seite zeigt sie feine Runzeln.
Die Farbe (im Alkohol) ist oben braun, auf dem Rücken und
an den Seiten dunkler. Weiter dem Bauche zu sind kleine weiße
Flecke vorhanden. Die Unterseite ist bräunlichweiß, die Kehle
dunkelbraun.
Totallänge 38 mm.
Kopfbreite 13 mm.
Kopflänge - 10 mm.
Vorderglieder 23 mm.
Hinterglieder 45 mm.
Länge des inneren Metatarsalhöckers 5 mm.
Ich habe mir erlaubt, die Art Herrn Prof. Torxıer zu Ehren
zu benennen.
Bufonidae.
3. Bufo raddei STRAUCH.
3 Exemplare.
4. Bufo vulgarıs var. astatıcus STEIND.
7 Exemplare.
5. Bufo vulgaris var. Japonicus SCHLEG.
2 Exemplare.
Discoglossidae.
6. Bombinator orientalis BLNGR.
3 Exemplare.
B. Reptilien und Amphibien aus Japan.
Von Herrn Gorpox SmitH ist dem Museum eine Kollektion
Reptilien und Amphibien zugegangen. Als Fundort ist Kobe in
der Provinz Hyoto auf der Insel Hondo angegeben.
Die Sammlung enthielt drei Arten Schildkröten, drei Schlangen-
arten, sechs Arten Frösche und eine Molchspezies.
Chelonia.
7. Emys reevesi (GRAY.
Mehrere Exemplare, darunter zwei mit abnormen Buckeln.
8. Clemmys japonica Tem. et SCHLEG.
2 Exemplare.
9. Trionyx japonica Tem. et SCHLEG.
1 Exemplar.
A a un a Ann
FE
a A EEE En ns ni nn nn nu 2 Nu. 24 2 Z 222
Zur Beptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. 221
Ophidia.
10. Tropidonotus tigrinus Bo1E.
1 Exemplar.
11. Coluber quadrivirgatus BoIE.
1 Exemplar.
12. Ancistrodon blomhoffi Boı1E.
1 Exemplar.
Amphibia.
A. Salientia.
13. Rana esculenta var. japonica MaaAck.
Zahlreiche Exemplare und sechs Larven.
14. Rana gracilis WIEGM.
8 Exemplare.
15. Rana temporarıa L.
1 Exemplar.
16. Rana japonica GTHR.
4 Exemplare.
17. Rana rugosa SCHLEG.
3 Exemplare.
18. Ayla arborea var. japonica.
5 Exemplare.
B. @radientia.
19. Molge pyrrhogaster Bor.
Mehrere Exemplare und einige Larven.
Erwähnen möchte ich hier noch
20. Vipera ruessellii Daun.
Ventralia 151.
Sucaudalia 45 Paar.
Schuppenreihen 27.
Zwischen Augen- und Oberlippenschuppen sind nur zwei Schuppen-
reihen. In der Färbung weicht die Schlange ebenfalls ab. Vor
den beiden braunen Flecken des Kopfes ist noch ein dritter, drei-
eckiger Fleck vorhanden. Die mediane Fleckenzeichnung wird
jederseits von einer Reihe kleinerer Flecke begleitet, die ziekzack-
förmig angeordnet sind.
Sammler: HABERER.
Fundort: Einige Tagereisen weit aus dem Gebirge bei Pinam.
222 TukopDor VogGT.
Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan.
Von THEODOR Vogt. |
Den Anlaß zu dieser Arbeit gab eine Kollektion Reptilien
und Amphibien, die von Herrn Schorps auf Hainan gesammelt und
in dankenswerter Weise dem hiesigen Museum überwiesen wurde.
Herrn Prof. Tornıer bin ich für die Überlassung des Materials zu
Dank verpflichtet.
Die Sammlung enthielt außer einer neuen Spezies noch zwei
Arten, die meines Wissens von Hainan noch nicht bekannt waren,
es sind:
Miecrohyla ornata D. B.
Microhyla pulchra Hauı.
Als neue Art ist anzusehen:
1. Microhyla boulengerı n. Sp.
Die Spezies steht M. rubra Jern. sehr nahe, unterscheidet
sich aber leicht durch die bedeutendere Länge der hinteren Glied-
maßen und der Zehen. Während das Tibiotarsalgelenk bei M. rubra
nur die Schulter, höchstens das Auge erreicht, reicht die Ferse bei
der neuen Art über das Auge hinaus, fast bis zur Schnauzenspitze.
Die Zehen sind ebenfalls länger. Bei gleicher Länge der Schwimm-
haut ist bei der zweiten Zehe das letzte und bei der dritten das
letzte und vorletzte Glied frei, während bei M. rubra die Schwimm-
haut bei der zweiten bis zur Spitze und bei der dritten bis zum
letzten Gliede reicht. Ein weiterer Unterschied besteht in der
Färbung, die scharf abgesetzten lateralen Streifen sind nicht vor-
handen, sondern nur drei längliche braune Flecke.
Beschreibung: Der Körper ist schlank, der Kopf klein, die
Schnauze vorn abgestumpft. Die Nasenlöcher sind der Schnauzen-
spitze bedeutend genähert. Die kleinen Choanen liegen weit aus-
einander. Der Interorbitalraum hat die doppelte Breite eines oberen
Augenlides.
Finger und Zehen sind am Ende ein wenig verbreitert. Die
Schwimmhaut zwischen den Zehen ist kurz, sie läßt bei der zweiten
Zehe das letzte und bei der dritten die beiden letzten Glieder frei.
Ein länglicher innerer und ein äußerer runder Metatarsalhöcker
sind vorhanden, beide sind klein. Die Ferse reicht über das Auge
hinaus fast zur Schnauzenspitze.
Die Haut ist an der Ober- und Unter söfte re Eine mediane
feine Längsfalte, die in ihrem hinteren Teil mehrfach unterbrochen
ist, führt von der Schnauzenspitze bis zum After. Schultergegend
und Seiten sind mit kleinen Warzen besetzt. |
Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. 223
Die Farbe der Oberseite ist hellgraubraun, die Zeichnung ist
dunkelbraun. Beide Augenlider sind durch die Basis eines Dreiecks
verbunden, dessen Spitze nach dem Rücken weist; dann folgt eine
zweimalige ><förmige Zeichnung. Diese Figuren sind von weißen
Konturen umgeben. Dorsolateral sind zahlreiche kleine, (1/, bis
3/, mm Durchmesser) karminrote Fleckchen vorhanden. Die seit-
liche Zeichnung besteht in drei länglichen braunen Flecken. Die
Unterseite ist hell mit Ausnahme der grauschwarzen Kehle. Ober-
und Unterlippe sind braun mit feinen senkrechten weißen Strichen.
Maße:
Kopfrumpflänge 22 mm.
Kopflänge 5 mm.
Kopfbreite 6 mm.
Vorderglieder 18 mm.
Hinterglieder 338 mm.
Oberschenkel 9 mm.
Unterschenkel 12 mm.
Fuß 18 mm.
Die Art ist dem bekannten Londoner Herpetologen G. A.
BOULENGER zu Ehren benannt.
Mit Einschluß der eben beschriebenen Art sind zehn Spezies der
Gattung Microhyla, und zwar vorwiegend in den letzten Jahren
aufgestellt worden, die nicht in dem Katalog von BoULENGER ent-
halten sind. Zur Orientierung führe ich diese Arten mit Literatur
und einer Bestimmungstabelle an.
BoULENGER hat in seinem Katalog folgende Arten aufgenommen:
Microhyla rubra JERD.
ie ornata D. B.
r pulchra HaLLow.
n achatına Bo1E.
5 berdmori BLYTH.
In den folgenden Jahren sind dann beschrieben worden:
Microhyla fissipes BLnGr.
Ann. Mag. Nat. Hist. 1884, p. 397.
Microhyla inornata Bun.
Proc. Zool. Soc. 1890, p. 34.
Microhyla leuwcostigma BunGk.
Ann. Mag. Nat. Hist. 1899 (7), p. 275.
Microhyla butleri Buncr.
Ann. Mag. Nat. Hist. 1900 (7), p. 188.
2924 THEODOR VoG1T.
Mierohyla annecteus BuNGR.
Ann. Mag. Nat. Hist. 1900 (7), p.. 188.
Microhyla okınavensis STEIN.—=M. undulata Brown.
Proc. Biol. Soc. Wash. 1901, p. 189.
Microhyla haınanensis BARB.
Bull. Mus. Compar. Zool. Harv. Coll. Cambridge 1908, p. 323.
Microhyla stejnegeri BunGk.
Ann. Mag. Nat. Hist. 1909, Bd. 4.
Microhyla heymonsi VocT.
Sitzungsber. d. Ges. naturf. Freunde Berlin 1911, p. 181.
Microhyla boulengeri n. Sp.
Bestimmungstabelle.
A. Interorbitalraum so breit wie ein oberes Augenlid.
Haut BAM EN; M. pulchra HıLLow.
Hinterseite des a und Außenseite der Schenkel 3
Tuberkel . . 2 ..2.2.2.2... M. hainanensis Bars.
B. Interorbitalraum doppelt so breit wie ein oberes Augenlid. |
I. Zehen frei .. ... .......... MM. fissipes Bung». |
II. Zehen mit SERIE Schwimmbhäuten.
a) Mit heller Vertebrallinie.
1. Zehen nicht verbreitert. M. okinavensis STEIN.
2. Zehen verbreitert, Mitte des Rückens ein schwarzer
Punkt ..-...2.... MM heymeonst Voos
b) Ohne Vertebrallinie.
l. Zehen ohne Haftscheibe, Ferse bis Tympanum.
M. stejnegeri BunGR.
2. a) Zehen mit kleinen Haftscheiben, Ferse zwischen
Schulter und Auge, zwei Metatarsaltuberkel.
M. ornata D. B.
b) Schräger weißer Strich vom Auge bis zu den
Vordergliedern . . . . M. butleri Bunckr.
c) Ein Metatarsaltuberkel M. inornata Bunck.
3. a) Zehen mit gut entwickelten Haftscheiben, Ferse
bis Schnauzenspitze, zwei Metatarsaltuberkel.
M. achatina Bo1E.
|
b) Ein Metatarsaltuberkel.
M. leucostigma BunGk.
Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. 325
III. Zehen höchstens bis zur Hälfte von Schwimmhäuten
eingeschlossen.
a) Ferse bis zur Schulter, nie bis zum Auge.
M. rubra JERD.
b) Ferse fast bis zur Schnauzenspitze.
| M. boulengeri n. sp.
a Ferse reicht über die Schnauzenspitze hinaus.
M. annecteus Buxsr.
IV. Zehen vollständig von Schwimmhäuten eingeschlossen.
Haftscheiben groß . . . . . M. berdmori Bıytn.
Außerdem waren in der Sammlung enthalten:
Trionys steindachneri SIEBENR.
Hemidactylus frenatus D. B.
Calotes versicolor Daun.
Tropidonotus stolatus L.
R subminiatus SCHLEG.
Fr aequifasciıatus BarB.
‚ Rana gracilis WIEGM.
„. guentheriı Buer.
„ macrodactyla GTHR.
10. Staurois haınanensis BLNGR.
Eine Anzahl Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien.
Ein Exemplar ist fast bis zum Volltier ausgebildet, es besitzt nur
noch den Larvenschwanz. Die Larven sind durch einen Saugnapf
dicht unter Mundöfinung ausgezeichnet, wie schon BoULENGER (Proc.
Zool. 1889) mitteilte. Herr ScHorpE hat diese Larven in einem
Gebirgsbach, der zum Stromgebiet des Luig-tui gehört, am Süd-
abhang der Fünffinger-Berge mit Fischen zusammen gesammelt.
Die Larven von kana jerboa, R. latopalmata, R. cavitympanum,
R. natatrıx und R. witheheadi haben ge einen solchen Saug-
napf unter der Mundöfinung.
ll. Rhacophorus oxycephalus Buxncr.
12. Bufo melanostictus ScHn.
Die Reptilien- und Amphibienfauna setzt sich nach der mir
bekannten Literatur aus folgenden Arten zusammen:
von
Chelonia.
13. Ocadıa sinensis Gray.
14. Clemmys schmuckeri Brrer.
15. Trionyx steindachneri SIEBENR.
lv. Trionyx sinensis WIEGM.
226
17,
La.
1D.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
3;
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
THEODOR VoctTt.
Sauria:
Geckonidae
Hemidactylus frenatus D. B.
Goniurosaurus harnanensis BARB.
Agamidae.
Draco witheheadi BLnGRr.
Acanthosaura hainanensis BLNGR.
Calotes verstcolor Daun.
Liolepis belliv Gray. :
Seinerdae.
Mabura siamensis GTHR.
Br multifasciata KunL.
Eumeces ehinensis GRAY.
Ophidia.
Typhlopidae.
Typhlops braminus Daun.
Boidae.
Python molurus L.
Colubridae.
I. Aglyphae.
Tropidonotus pıscator SCHN.
® tıgrınus BorLk.
stolatus L.
balteatuws ÜoPr.
submintiatus SCHLEG.
(Natrix) aequifasıatus BARe.
Dinodon rufozonatws ÜANTOR.
Zamenis korros SCHLEG.
P mucosus L.
x spinalıs Pas.
Coluber rufodorsatus ÜCANT.
. dione Pau.
Stimotes formosanus GTHR.
e vrolaceus CrnTorR (Holarchus dolleyanus).
Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan.
42.
43.
41.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
. Lachesis gramıneus SHAW.
Stmotes chimensis GTHR.
(Holarchus) nestiotis Bare.
2
2. Opistoglyphae.
Hypsyrhina plumbea Bo1E.
bennetti GRAY.
chinensis GRAY.
2
2
5. Proteroglyphae.
Distira brugmansı Bo1E.
227
Bungarus candidus var. multicinctus BLYTH.
Naja tripudians MERR.
Amblycephalidae.
Amblycephalus moellendorffi Brrer.
Viperidae.
Ancistrodon blomhoffi Boıe.
Amphibia — Salientia.
Ranidae.
. Oxyglossus lima TscH.
. kana tigrina Daun.
gracılıs WIEGM.
guentheri BLNGR.
macrodactyla GTHR.
andersonit BLNGR.
gramınea BLNGR.
s Blau koss harinamensis BLNGR.
. Rhacophorus leucomystax (GRAVH.
x oxycephalus BLNGR.
Engystomatidue.
. Microhyla boulengeri n. Sp.
fiıssipes D. B.
ornata BLNGR.
hainamensis BARB.
pulchra Haruow.
2
15
998 Tnurovor Vor: Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan.
Bufonidae.
68. Bufo melanostietus ScHn.
Hylıdae.
69. Hyla arborea L.
70. „ chinensis GTHR.
Die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan weist
eine große Übereinstimmung mit der Fauna Südchinas und Tonkins
auf, wie schon BoETTGErR erwähnt. Immerhin ist die Zahl der
endemischen Arten eine recht große. Es ist auch zu erwarten, dab
sich in späterer Zeit die Zahl noch vergrößern wird, da wohl nicht
anzunehmen ist, daß wir schon vollständig von der Kriechtierfauna
der Insel unterrichtet sind.
Als endemische Arten für Hainan gelten:
Chelonva.
71. Trionyz steindachneri SIEBENR.
Sauria.
Geckonidae,
72. Goniwurosaurus harnamensis BARB.
Agamidae.
73. Draco witheheadi BLNGR.
74. Acanthosaura haınanensis BLNGR.
Scincidae. Ä |
75. Mabuwia multifasciata KuHL.
Ophidia.
Colubridae.
16. Tropidonotus balteatus Üope.
17: aequifasciatus BAR».
78. Side (Holarchus) nesiotis Bar.
Amphibia.
Ranidae.
79. Rana gramımea BLNGR. | |
80. Staurois hainanensis BLNGR. {
81. Rhacophorus oxycephaluws BunGr.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. März 1913. 229
Engystomatidae.
82. Microhyla boulengeri n. Sp.
83. R hainanensis BAR.
Literatur,
SWINHOE, ROBERT, List of Reptiles and Batrachians collected in the Island of
Hainan (China), with Notes. Proc. Zool. Soc. London 1870, p. 239—241.
BoETTGER, Materialien zur herpetologischen Fauna von China. Ber. Senckenbg.
nat. Ges. 1894, p. 129—152.
Cope, E., On a Collection of Batrachia and Reptilia from the Island of Hainan.
Proc. Ac. Philad. 1894, p. 423.
BoULENGER, G. A., On the Reptiles, Batrachians and Fishes collected by the
late Mr. John Withehead in the Interior of Hainan. Proc. Zool. Soc.
London 1899, p. 956—961.
WERNER, Franz, Über Reptilien und Batrachier aus Guatemala und China.
Abhandl. d. K. Bayer. Akad. d. Wissensch. I. Kl, XXI. Bd., I. Abt.
1903, p. 343— 384.
Waıt, A., Prodromus of the Snakes hitherto recorded from China, Japan,
and the Loo Choo Islands; with some Notes. Proc. Zool. Soc. London
1903, Bd. I, p. 84—102.
SIEBENROCK, Zur Kenntnis der Schildkrötenfauna der Insel Hainan. Zool.
Anz. 1906, p. 578—586.
BARBOUR, THuomas, Some New Reptiles and Amphibians. Bull. Mus. Comp.
Zool. Harv. Coll. Cambridge 1908, p. 315—325.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. März 1913.
P. CLAUSSEN: 1. Über die MarcHar’schen Moosversuche.
2. Uber die Geschlechtsverhältnisse der Pflanzen.
P. MATSCHIE: Eine durch äußere Einflüsse veränderte Rehkrone
Druck von A. Hopfer in Bug b. M.
u‘ - j
ee |
Br?
ne U
a n
an - 13 Dal
A
Auszug aus den Gesetzen
der
Gesellschaft Naturforschender Freunde ”
zu Berlin.
\ Ba '
N z a
1 lan Seen
re 0 Se 5
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der
Biontologie. A
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außer ordan
lichen und Ehrenmitgliedern.
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister.
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und
Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter-
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage |
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im u
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, jr:
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. |
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind 3
an den Sekretär, Herrn Dr. K. ch. Berlin N 4:
Invalidenstr. 43, zu richten. ”
DEC 6 1916
2922
Sitzungsberichte
der
Gesellschaft
Mlaturforschender Freunde
zu Berlin.
c,
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. Von FR. NIEDEN . ........ 231
Eine neue Form der Elenantiiope.‘ Von PauL MATScHIE . - 2. 2 2 2 2 200 249
- Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. Von F. E. Rünz 259
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz.) Von Kırı W. VERHOEFF 269
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. April 19313 . ... 2.22.2220. 281
BERLIN.
In Kommission BEI R. FRIEDLANDER & SOHN,
NW CARLSTRASSE 11.
A 1913.
ART a Dt ER REN
RUN
>
o0JOOK ADD EU
een sarnelnoe
we
DECE 6 1
Nr. 4. 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 8. April 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATSCcHIE.
Herr J. D. Anısırıs sprach über eine sonderbare Gattung südamerikanischer
Fische.
Herr A. Brauer berichtete über die Nomenklatur-Verhandlungen auf dem
internationalen Zoologen-Kongreß in Monaco.
Chamaeleon fischeri Rcaw. und seine Unterarten.
Von Dr. phil. Fr. Nepen (Berlin).
Mit 29 Textfiguren und Tafel XIV—XVI.
Unter dem Namen Chamaeleon fischeriı wurde von REICHENow
(im Zool. Anz. v. 10, 1887, p. 371) ein aus den Ngurubergen in
Deutsch-Ostafrika stammendes Chamaeleon beschrieben, dessen CS
durch zwei flache, beschuppte, knöcherne Hörner auf der Schnauze
gekennzeichnet ist. Weitere Exemplare dieser Art wurden im
folgenden Jahrzehnt von MarscHıe (in Sitzungsber. Ges. naturf.
Freunde Berlin, 1892, p. 102) und Werner (in Verh. zool.-bot. Ges.
Wien, 1895, p. 192) aus Usambara in Deutsch-Ostafrika aufgeführt,
darunter auch weibliche Tiere, die keine Hörner auf der Schnauze
besaßen.
Unter den von Marschte ]. c. erwähnten Stücken von Derema
in Usambara befand sich nun auch ein großes JS, welches sich von
dem Typexemplar der Art dadurch unterschied, daß sein Rücken
viel höher und außerdem in seinem oberen Teile stark von der
Seite zu einer Art Hautflosse zusammengedrückt war. WERNER
glaubte in diesem Tier eine besondere Art vor sich zu haben und
nannte diese (l. c.) Ohamaeleon matschiei. TOoRNIER, der 1897 bei
der Aufstellung seines ersten Verzeichnisses der Kriechtiere von
Deutsch-Ostafrika Cham. fischeri ebenfalls eingehend untersucht hat,
glaubte dieses von WERNER zu einer besonderen Art erhobene
Exemplar wegen der von ihm an Cham. fischeri beobachteten starken
15
9392 Fr. NIEDEN.
Variabilität nur für eine individuelle Variation ansehen zu können,
ebenso wie die von ihm (ToRNIER) unter dem Material des Berliner
Museums gefundenen O, die sich außer durch bedeutendere Körper-
größe durch große Hörner auf der Schnauze von den typischen,
ungehörnten Weibchen dieser Art unterschieden.
Vor einigen Jalıren erhielt aber das Berliner zool. Museum
durch Herrn Prof. VossELEr, den damaligen Leiter des Biologisch-
Landwirtschaftlichen Instituts zu Amani in Usambara, eine größere
Anzahl Exemplare von Cham. fischeri, unter denen sich Vertreter
beider Formen — des gewöhnlichen kleineren Cham. fischeri im
engeren Sinne und der Riesenform des Cham. matschiei mit ihren
sehörnten © — befanden, die darauf schließen ließen, daß es sich
doch um zwei sicher voneinander unterscheidbare, aber neben-
einander vorkommende Formen handele. Bestätigt wurde diese
Ansicht neuerdings durch die von Herrn Dr. med. P. Krerrr während
seines Aufenthaltes in Amani gemachten Beobachtungen, nach denen
beide Formen im Leben auch verschiedene Färbung und Zeichnung
besitzen. Bei der Besprechung der von Herrn Dr. KREFFT ge-
sammelten Kriechtiere (ds. Z. 1910, p. 443) hatte ich schon kurz
auf diese Beobachtung hingewiesen, und zugleich ausführlichere
Mitteilungen über das im Berliner zool. Museum befindliche Material
von Cham. fischeri für später in Aussicht gestellt. Erst in aller-
letzter Zeit kam ich aber dazu, dasselbe eingehender zu unter-
suchen.
Veranlaßt wurde ich dazu durch ein vor kurzem im Berliner
Museum eingetroffenes Pärchen von Cham. fischeri, das von Herrn
Stabsarzt a. D. Dr. Prıuıpes bei Philippshof in West-Usambara in
Kopulation gefangen und durch Herrn Dr. A. BERGER dem Berliner
z00l. Museum übermittelt wurde. Abgesehen davon, daß die beiden
Tiere in Copula gefangen wurden, worauf ich weiter unten noch
zurückkomme, sind sie noch wegen ihres Aussehens von Interesse.
Wie aus der Fig. 29 auf p. 246 sowie aus Fig. 7 Taf. XV und
Fig. 11 Taf. XVI hervorgeht, sind beide Tiere deutlich gehörnt,
man würde also nach der oben erwähnten, bisher üblichen Ein-
teilung von Cham. fischeri diese beiden Exemplare mit der subsp.
matschieı Wer. in Beziehung bringen müssen. Tatsächlich sieht
das Weibchen von Philippshof einem jungen O dieser Unterart sehr
ähnlich, dagegen ist dies bei dem JS von Philippshof durchaus nicht
der Fall. Erstens besitzt es nicht die nach Krerrr für Cham.
fischeri subsp. matschiei charakteristische schlichtgrüne Färbung,
ist vielmehr bunt gefeldert, wie das (sog.) typische Cham. fischert
subsp. /ischeri. Zweitens fehlt ihm der der ersteren Unterart eigen-
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 233
tümliche hohe, flossenartige Rückenkamm vollständig, an dessen
Stelle vielmehr ein sehr stark entwickelter Kamm von Tuberkel-
schuppen ausgebildet ist, wie ich ihn in gleich starker Entwicklung
bei keinem anderen Tier unter den mir vorliegenden Exemplaren von
Cham. fischerı gefunden habe. Daß der Tuberkelkamm auf dem
Rücken dieser Art bei verschiedenen Tieren nicht immer in gleicher
Weise ausgebildet ist, wird schon von TorxtEr (Kriecht. Deutsch-
Ostafrika 1897, p. 59) und von WERNER (in Zool. Jahrb. Syst. v.
XV, 1902, p. 416) hervorgehoben; an letzterer Stelle heißt es: „Die
Rückenfirste ist bald, wie bei manchen © ©, ohne Kamm, oder es
sind nur im vordersten Teil des Rückens einige stärkere, dicht
hintereinander stehende, nach hinten allmählich kleiner werdende
kegelförmige Dornen vorhanden, oder die Dornen stehen in isolierten
Gruppen zu dreien hintereinander auf dem Rücken, wobei der
mittlere Dorn wesentlich größer ist als der vor und hinter ihm
stehende; solche größere Dornen zählt man 5—15, wenn man auch
die kleinsten eben noch vorragenden mitrechnet, dasselbe kann auch
auf der Schwanzfirste auftreten.“ In Werner’s erst in den letzten
Jahren erschienener Bearbeitung der Chamaeleon-Arten im „Tier-
reich“ (27. Lieferung) wird obige Beschreibung dahin ergänzt, daß
bei der subsp. fischerı Rcuw. stets, wenigstens auf der basalen
Schwanzhälfte ein Tuberkelkamm ausgebildet ist, während bei Cham.
fischeri subsp. matschiei ein Tuberkelkamm nur im Nacken vor-
handen ist, und die dieser Unterart eigentümliche Rückenflosse sich,
häufig etwas gewellt, auf den Schwanz fortsetzt.
Bei der Untersuchung des mir vorliegenden Materials von
Cham. fischeri habe ich nun die Ausbildung des Rückenkammes
besonders beachtet und dabei gefunden, daß jede der verschiedenen
Formen des Rückenkammes sich nur bei Tieren aus -einem be-
stimmten Gebiete vorfindet;- diese Befunde scheinen mir dafür zu
sprechen, daß Cham. fischeri, ähnlich wie dies bei Cham. bitaemiatus
J. G. Fıscher der Fall ist, in mehrere Unterarten zerfällt, die sich
vermutlich ebenfalls unter verschiedenen Lebensbedingungen aus
einer gemeinsamen Stammform entwickelt haben. Eine dieser von
mir unterschiedenen Unterarten entspricht der von WERNER als
subsp. matschiei abgetrennten Form, ferner lassen sich unter dem
mir vorliegenden Material noch drei andere Gruppen unterscheiden,
die mindestens ebenso viele Unterarten darstellen, falls nicht einige
aus dem mittleren Teile des Küstengebietes von Deutsch-Ostafrika
stammende Tiere noch einer besonderen Subspezies angehören.
Ein sicheres Urteil über die verschiedenen Formen von Cham.
fischeri wird sich erst abgeben lassen, wenn ein größeres Material,
15*
234 FR. NIEDEN.
namentlich Stücke von noch anderen Fundorten, vorliegt. Ins-
besondere kann die Frage, ob Verschiedenheiten in der Kopfform
Anhaltspunkte für die Unterscheidung von Unterarten bieten können,
oder ob solche stets nur individuelle Variationen darstellen, nach
dem mir zurzeit zur Verfügung stehenden Material noch nicht sicher
entschieden werden. In dieser Arbeit ist nur der erste Versuch ge-
macht worden, die im Berliner Museum vorhandenen Exemplare
von Cham. fischeri nach den an ihnen beobachteten Verschiedenheiten
in Gruppen mit besonderen Merkmalen einzuordnen; weiteren Unter-
suchungen auf diesem Gebiete muß die Entscheidung darüber vor-
behalten bleiben, ob die hier ausgesprochenen Ansichten zutreffend
sind oder einer Berichtigung bedürfen.
1. Ich wende mich nun der Besprechung der einzelnen Unter-
arten zu und beginne mit der Gruppe, zu der Cham. fischeri subsp.
matschiei gehört. (Siehe auch die Übersicht am Schlusse der Arbeit
p. 247.)
Wie schon oben erwähnt, ist diese Form von WERNER im
Gegensatz zu dem, in erster Linie durch das Typexemplar der Art
vertretenen, Cham. fischerı im engeren Sinne aufgestellt worden;
und zwar sollte die subsp. matschiei durch den hohen flossenartigen
Rückenfirst und die Beschränkung des Tuberkelkammes auf den
Nacken gekennzeichnet sein, während der typischen Unterart ein
mehr oder weniger vollständig über den ganzen Rücken ausgedehnter
Tuberkelkamm eigen sein sollte. Wie aus der Abbildung des Typ-
exemplares (Fig. 1 Taf. XIV) hervorgeht, ist der Tuberkelkamm
auf dem Rücken dieses Tieres nur relativ schwach entwickelt und
besteht aus etwa sieben größeren, auf den Vorderrücken beschränkten
Tuberkeln, die die Gestalt niedriger, gedrungener Kegel besitzen
und durch mehrere Reihen sehr kleiner Schüppchen getrennt werden,
die zwischen den hinteren Tuberkeln teilweise ebenfalls schon als
sehr kleine spitze Kegel hervortreten. Die gleiche Ausbildung zeigt
der Tuberkelkamm bei der subsp. matschiei, von der ein typisches 9
aus Amani in Fig. 4 Taf. XIV dargestellt ist, nur wird er ent-
sprechend der bedeutenderen Größe dieser Form von entsprechend
mehr, 15—20, und von größeren Tuberkelschuppen gebildet. In
beiden Fällen ist der Tuberkelkamm aber auf den Vorderrücken
beschränkt; die größere hintere Rückenpartie ist völlig glatt und
mit den gewöhnlichen flachen Körnerschuppen bedeckt. ' Zweifellos
besitzt das Typexemplar von Cham. fischeri sehr viel Ähnlichkeit
mit dem in Fig. 4 Taf. XIV dargestellten Stück der subsp. matschiei
Wern.; abgesehen von der geringeren Größe des ersteren liegt der
einzige Unterschied darin, daß bei dem T'ypexemplar der Art der
WE ET
ee see a
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 235
Rücken nicht so stark seitlich zusammengedrückt ist, wie bei dem
in letztgenannter Figur dargestellten Tier. Das hängt meiner Ansicht
nach damit zusammen, daß das Typexemplar von Cham. fischeri
noch ein jüngeres Tier ist, bei dem der flossenartige Rückenkamm
noch nicht entwickelt ist. Nach meinen Beobachtungen an dem
mir vorliegenden Material ist nämlich solch ein zusammengedrückter
Rückenfirst keine Eigentümlichkeit der von WERNER als subsp.
matschiei abgetrennten Form, sondern er stellt augenscheinlich eine
Bildung dar, die sich bei allen älteren Exemplaren von Cham.
fischer vorfindet, eine Ansicht, die schon TorNnIER 1. c. 1897 p. 58
ausgesprochen hat. Ein flossenartiger Rückenkamm, ähnlich dem
eines typischen Cham. matschiei, nur nicht so hoch, ist nämlich
auch bei allen größeren Exemplaren der weiter unten noch zu be-
sprechenden Unterarten ausgebildet, die sich deutlich durch stärkere
Entwicklung des Tuberkelkammes auf ihrem Rücken und auch durch
andere Merkmale von Cham. fischeri subsp. matschier unterscheiden ;
andererseits fehlt eine solche Rückenflosse noch vollständig bei
jüngeren Tieren, die wegen ihrer sonstigen Übereinstimmung mit
Cham. fischeri subsp. matschiei zweifellos zu dieser Unterart ge-
hören. / Ferner sprechen die zwei in Fig. 2 und 3 auf Taf. XIV
dargestellten Stücke meines Erachtens ebenfalls für meine Ansicht,
daß ein hoher Rückenfirst bei Cham. fischerı nur eine Alters-
erscheinung darstelle. Diese beiden Tiere, die aus den nördlich
von den Ngurubergen liegenden Unguubergen stammen, stehen in
der Größe, wie Fig. 1—4 Taf. XIV zeigen, zwischen dem Typ-
exemplar aus den Ngurubergen (Fig. 1) und dem typischen Cham.
matschier (Fig. 4) aus Amani. Während nun das in Fig. 2 ab-
gebildete Tier mit dem nur wenig kleineren Typexemplar darin
übereinstimmt, daß ihr Rücken noch keine Spur von einem flossen-
artigen Rückenkamm zeigt, ist ein solcher bei dem größeren
Exemplar aus den Unguubergen schon deutlich zu erkennen, wenn
auch noch nicht so stark entwickelt wie bei Fig. 4.
Wie schon erwähnt, stammen die in Fig. 1—3 Taf. XIV ab-
gebildeten Tiere aus den einander unmittelbar benachbarten Nguru-
und Unguubergen; das in Fig. 4 dargestellte Exemplar wurde da-
gegen in Amani in Usambara gefangen. Mit dem letzteren Tier
stimmen noch etwa ein Dutzend andere Stücke überein, die ebenfalls
bei Amani oder an nicht weit von dort entfernten Fundorten, bei
Derema, Nguelo, Magrotto und Tanga gesammelt wurden. Letztere
Fundortsangabe erscheint mir allerdings für einige zweifellos zur
Gruppe des Cham. matschiei gehörende Exemplare etwas fraglich,
da diese Unterart nach ihrem ganzen sonstigen Vorkommen augen-
236 Fr. N1EDENn.
scheinlich eine Gebirgsform darstellt, deren Vorkommen bei Tanga
sehr ungewöhnlich wäre; ich vermute daher, daß die angeblich von
Tanga stammenden Stücke weiter im Innern von Usambara ge-
sammelt wurden. Da nun der seitlich stark zusammengedrückte
Rückenfirst augenscheinlich nur eine Alterserscheinung ist, der
ejgentliche Tuberkelschuppenkamm dagegen auf dem Rücken bei
den Tieren aus den Nguru- und Unguubergen einerseits und bei denen
aus Usambara andererseits gleich stark entwickelt ist, läge es nahe,
die Tiere aus diesen beiden Gebieten als eine einzige Unterart
l 2 3
Fig. 1—3. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. fischeri Rcuw.
Fig.1l: 5 aus den Ngurubergen (110 mm); Fig. 2: $ aus den Unguubergen
(117 mm); Fig. 3: 3 aus den Unguubergen (128 mm). (Die eingeklammerten
Zahlen geben die Kopfrumpflänge des betr. Tieres an.)
aufzufassen. Es würde dann also Cham. fischeri subsp. matschiei
Wern. unter Einschluß der Stücke aus den Nguru- und Unguu-
bergen hier und in Ostusambara verbreitet sein. Eine solche Ver-
breitung einer Unterart in zwei völlig voneinander getrennten
Bezirken wäre allerdings um so auffallender, als in dem unmittelbar an
den letztgenannten Bezirk angrenzenden Teilen von Usambara allein
noch drei andere, untereinander verschiedene Unterarten von Cham.
fischeri vorkommen. Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dab die
in den Nguru- und Unguubergen lebenden Exemplare dieser Art noch
eine besondere Unterart’darstellen. Für eine sichere Entscheidung
dieser Frage reicht das mir vorliegende Material noch nicht aus,
da mir aus dem letztgenannten Gebiet nur die drei schon oben
erwähnten Exemplare zur Verfügung stehen, doch habe ich schon
ein Merkmal feststellen können, das für eine Unterscheidung der
Tiere aus den Nguru- und Unguubergen von denen aus Usambara
Anhaltspunkte bieten könnte. Die Tiere aus letzterem Gebiet haben
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 237
nämlich augenscheinlich eine etwas andere Form des Hinter-
kopfes, als die Exemplare aus der südlicheren Gegend. Zu be-
achten ist dabei aber, daß sich die Kopfform, wenigstens bei den
. 4
Ze
&
Br
5
%- y
f
Pix 8 9 10
OU
=>
I
Fig. 4-10. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. matschiei WERN.
Fig. 4: $ von Tanga (?) (87 mm); Fig. 5: $ von Tanga (?) (90 mm); Fig. 6:
ö von Amani (110 mm); Fig. 7: 5 von Tanga (?) (120 mm); Fig. 8: 3 von
Magrotto (135 mm); Fig. 9: $ von Amani (155 mm); Fig. 10: 9 von Amani
(113 mm). (Die eingeklammerten Zahlen geben die Kopfrumpflänge des betr.
Tieres an.)
meisten Unterarten von Cham. fischeri, mit zunehmender Größe
der Tiere ändert, wie das aus den dieser Arbeit beigegebenen Text-
zeichnungen deutlich zu ersehen ist, die besser als lange Be-
schreibungen die Kopfformen verschiedener Altersstufen innerhalb
der einzelnen Unterarten veranschaulichen. Textfig. I—3 zeigt die
238 Fr. NIEDen.
Kopfumrisse der in Taf. XIV Fig. 1—3 abgebildeten Tiere in der
gleichen Reihenfolge, in der die Tiere auf der Tafel aufeinander
folgen; in Textfig. 4—10 sind die Köpfe verschiedener Altersstufen
des echten Cham. fischeri subsp. matschier dargestellt; bei jeder
Figur ist die Kopfrumpflänge des betreifenden Tieres in Millimetern
angegeben. Bei einem Vergleich der beiden Reihen sieht man
sofort, daß bei den jüngeren Tieren aus Usambara die Oceipital-
kanten des Helmes hinten einen viel spitzeren Winkel miteinander
bilden als bei gleich großen Stücken des südlicheren Gebietes, bei
denen der Helm hinten einen breitgerundeten Bogen bildet. Bei
den größeren Exemplaren aus Usambara ist der Helm hinten aller-
dings ebenfalls breit gerundet, hier verlaufen aber die Occipital-
kanten des Helmes vom Augenbinterrande aus in deutlich nach
außen vorspringendem Bogen zur Helmspitze, wodurch der ganze
Hinterkopf ein breitgerundetes Aussehen erhält, wie es sehr deutlich
der in Fig. 9 dargestellte Kopf eines großen d von Amani zeigt.
Wie Fig. 10 erkennen läßt, ist die breitgerundete Kopfform auch
dem O dieser Unterart eigen. Dagegen besitzen die Tiere aus den
Nguru- und Unguubergen einen Hinterkopf von der Form eines
halben Ovals, denn die größte Kopfbreite liegt bei ihnen unmittelbar
am hinteren Orbitalrand, wo die Occipitalkanten beginnen; diese
ziehen zuerst in sehr schwach, dann in stärker gekrümmtem Bogen
zur Helmspitze, wo sie in breitgerundetem Bogen aufeinander treffen
(Textfig. 1—3). Besonders stark tritt der Unterschied der Kopfformen
bei Fig. 1 u. 6 hervor, die die Köpfe von zwei genau gleichgroßen
Tieren aus den beiden getrennten (Gebieten darstellen; gerade durch
diese beiden Exemplare wurde ich zuerst darauf gebracht, die Kopf-
form besonders zu beachten. Sollte es sich nun bestätigen, daß
die in den Nguru- und Unguubergen lebenden Exemplare von Cham.
fischeri in der Kopfform stets von Cham. fischeri subsp. matschiei
abweichen, so würden die ersteren als eine besondere Unterart
anzusehen sein. Für diese würde sich die Bezeichnung Cham.
fischeri subsp. fischeri empfehlen, da sie den Typus der ganzen Art
enthält; der Name Cham. fischeri subsp. matschiei wäre dagegen
für die in Usambara lebenden Exemplare von Cham. fischeri beizu-
behalten, die ebenso wie die typische Unterart nur einen schwachen
Tuberkelkamm auf dem Vorderrücken besitzen, aber in der Kopf-
form von ihr abweichen.
2. An Chamaeleon fischeri subsp. matschiei schließt sich am
nächsten eine im Küstengebiete des nördlichen Deutsch-Ostafrika
lebende Form an, für die ich die Bezeichnung Cham. fischeri subsp.
vosselerı vorschlagen möchte, zu Ehren des schon oben genannten
DE | © ,.5 7 u 0 S2 032 -
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 239
Herrn Prof. VossELer, der zuerst den sicheren Nachweis für das
Bestehen mehrerer Unterarten von Cham. fischeri erbracht hat.
Diese Unterart besitzt außer einem nicht wesentlich stärker als
wie bei Oham. fischeri subsp. matschier ausgebildeten und ebenfalls
auf den Vorderrücken beschränkten Tuberkelkamm noch kleine
Tuberkel auf der basalen Hälfte des Schwanzfirstes; dieselben sind
in der Regel in Gruppen von 2—6 Dornen angeordnet, wobei der
oder die mittleren Dornen gewöhnlich die vor und hinter ihnen
stehenden Tuberkel an Größe übertreffen; oder es nehmen die Dornen
einer Gruppe von vorne nach hinten allmählich an Größe zu. Bei
dem in Fig. 5 Taf. XV abgebildeten Tier, einem JS aus Usaramo, sind
die Tuberkel auf dem Schwanzfirst schon deutlich zu erkennen, wenn
sie auch bei diesem Exemplar noch nicht so stark entwickelt sind,
wie bei anderen mir vorliegenden Stücken. Bei den Weibchen dieser
Unterart fehlen sowohl Tuberkelkamm auf Rücken und Schwanz
als auch Schnauzenfortsätze fast vollkommen, wie Taf. XVI Fig. 9
zeigt. Eine Anlage zu Höfnern ist nur in Gestalt von sehr kleinen
buckelartigen Erhebungen auf der Schnauzenkante vorhanden, die
höchstens 2 mm hoch werden. Ebenso sind auf dem Rücken und
der Schwanzwurzel höchstens einige ganz kleine Tuberkel vor-
handen, die aber niemals einen, wenn auch nur schwachen Kamm
bilden.
Insgesamt liegen mir von dieser Unterart 20 Exemplare vor,
die sich auf folgende Fundorte verteilen:
3 © von Tanga, Reımer coll.; Kopfrumpflänge 98—103 mm,
Hörner 18—20 mm lang;
2 © von Tanga, Dr. Kürrner coll.; Kopfrumpflänge 72, bzw.
105 mm, das kleine Tier mit 10, das große mit 21 mm langen
Hörnern;
1 o von Tanga, Kürtner coll, 52 mm Kopfrumpflänge;
3 ganz junge d von 25—27 mm Kopfrumpflänge von Buloa
b. Tanga, Eısmann coll.;
2 8 von Magrotto, MArTIENSsENn coll.; Kopfrumpflänge 100,
bzw. 105 mm, Hörner 20 mm lang;
2 oQ von Magrotto, MARTIENSSEN coll.; 80 bzw. 90 mm Kopf-
rumpflänge;
1 junges Q' mit 48 mm Kopfrumpflänge, Hörner 5 mm lang,
1 altes C mit 105 mm Kopfrumpflänge, Hörner 20 mm lang und
1 altes © mit 80 mm Kopfrumpflänge wurden bei Amani von
Herrn Prof. VossELER gefangen;
1 5 von Nguelo, Dr. Kummer coll.; Kopfrumpflänge 85 mm,
Hörner 15 mm lang;
240 FR. NIEDEN.
1 ganz junges d von 40 mm Kopfrumpflänge, das erst 1 mm
hohe Schnauzenbuckel als erste Anlage der Hörner besitzt, in diesem
Altersstadium also den erwachsenen Q dieser Unterart ähnelt, sowie
1 größeres C mit 85 mm Kopfrumpflänge und 15 mm langen
Hörnern sind von Herrn WERTH in Usambara gesammelt worden,
sind aber ohne nähere Fundortsangabe, nach der Größe ihres Rücken-
e —
>
Nee —
er
15 16 17
Fig. 11—18. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. vosseleri NIEDEN.
Fig. 11: $ von Amani (48 mm); Fig. 12: $ von Tanga (72 mm); Fig. 13:
ö von Nguelo (85 mm); Fig. 14: $ von Usaramo (93 mm); Fig. 15: $ von
Tanga (98 mm); Fig. 16: 5 von Tanga (105 mm); Fig. 17: 5 von Tanga
(105 mm); Fig. 18: @ von Magrotto (90 mm). (Die eingeklammerten Zahlen
geben die Kopfrumpflänge des betr. Tieres an.)
kammes zu urteilen, gehören sie aber zu der in Rede stehende
Unterart. |
Schließlich liegt mir auch noch 1 S von 93 mm Kopfrumpflänge
mit 17 mm langen Hörnern vor, das von STUHLMANN in Usaramo,
dem Hinterland von Daressalam, gesammelt wurde. Dieses Gebiet
schließt sich östlich an die Nguruberge an, in denen, wie wir oben
gesehen haben, eine Form von COhamaeleon fischeri lebt, die der in
ÖOstusambara heimischen Unterart Cham. fischeri subsp. matschiei
-
5
|
4
{
EEE er a ad ia. a
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 241
sehr nahesteht, aber wegen ihrer etwas abweichenden Kopfform
wahrscheinlich als besondere Unterart anzusehen ist.
Wie verhält sich nun das von STUHLMANN in Usaramo ge-
sammelte Exemplar? Gehört es ebenfalls zu einer von den ihm zweifel-
los sehr nahestehenden Tieren der subsp. vosseleri, die in Usambara
gefangen wurden, in der Kopfform oder in anderen Merkmalen ab-
weichenden Unterart oder stimmt es völlig mit ihnen überein? Eine
sichere Antwort darauf läßt sich in diesem Falle, wo nur ein einziges
Exemplar aus dem einen Gebiete vorliegt, noch weniger leicht geben als
bei der vorigen Unterart, zumal das Chamaeleon von Usaramo fast
gar nicht von den Stücken aus Usambara abweicht. In der Kopf-
form ähnelt es in hohem Maße der in den Nguru- und Unguu-
bergen lebenden subsp. fischeri, es hat denselben ovalen Hinterkopf
wie diese Unterart (vgl. Textfig. 1—3 mit Textfig. 14), die den
Kopf des Chamaeleons von Usaramo darstellt. Dieser paßt aber
zugleich ohne Schwierigkeiten in die Kopfreihe der Usambara-
exemplare hinein (Textfig. 1I—13 u. 15— 18), die in der Jugend, wie
alle Unterarten von Cham. fischeri, einen hinten deutlich spitz-
winkligen Helm besitzen, der später eine rundere Form annimmt.
Fast bei allen Exemplaren der subsp. vosseleri liegt aber die größte
Kopfbreite unmittelbar hinter den Augen, nur bei dem größten, in
Fig. 17 abgebildeten Tier macht sich eine schwache Vorwölbung
der Oceipitalkanten nach außen bemerkbar. Jedenfalls war es mir
nicht möglich, das Chamaeleon fischeri aus Usaramo nach der Kopf-
form von den Exemplaren der subsp. vosselerı zu unterscheiden,
auch sonst konnte ich keine Unterschiede zwischen den Tieren aus
beiden Gebieten feststellen. Ich fasse daher alle zur Gruppe des
Cham. fischeri subsp. vosselerı gehörenden Exemplare zu einer Unter-
art dieses Namens zusammen, als deren Verbreitungsbezirk also
das Küstengebiet Deutsch-Ostafrikas von Usaramo bis Usambara
anzunehmen sein würde.
Wahrscheinlich gehört auch das von WERNER |. c. 1902, p. +15
und 451 erwähnte, in seiner Sammlung befindliche 2 aus Ukami
hierher, das also aus dem zwischen Usaramo und Usambara ge-
legenen Gebiete, stammt. Dieses Exemplar besitzt keinen Schnauzen-
anhang, stimmt also hierin und auch in der Größe mit den mir
vorliegenden O der subsp. vosseleri überein, so daß ich keine Be-
denken trage, es zu dieser Unterart zu stellen, zumal es in deren
Verbreitungsgebiet seiner Herkunft nach ausgezeichnet hineinpaßt.
3. Als subsp. wernerı möchte ich, zu Ehren des bekannten
Wiener Herpetologen, eine an Cham. fischeri subsp. vosseleri sich
anschließende Unterart bezeichnen, der in der Hauptsache bisher
242 Fr. NIEDEN.
in wissenschaftlichen Arbeiten noch nicht besprochene Exemplare
zugrunde liegen. Ein typisches Pärchen dieser Unterart ist in
Fig. 6 Taf. XV (J') und in Fig. 10 Taf. XVI (92) dargestellt. Wie
die Figur deutlich erkennen läßt, ist das S durch einen noch stärker
als bei der vorigen Unterart entwickelten Tuberkelkamm gekenn-
zeichnet, der sich, allerdings nicht überall gleich gut ausgebildet,
über den ganzen Rücken und einen Teil des Schwanzes hinzieht.
Am deutlichsten ist er wieder auf dem Vorderrücken, wo auch
schon bei den vorher besprochenen Unterarten ein Tuberkelkamm
vorhanden war. Beim J der subsp. werneri besteht er in seinem
vorderen Teile aus zahlreichen großen, schlanken Tuberkelschuppen,
die stellenweise mit kleineren Dornen abwechseln. Nach hinten
hin nehmen die Tuberkelschuppen an Größe ab, bis sie nur noch
kleine, aber immer noch deutlich erkennbare Kegel bilden. Diese
lassen sich über den ganzen hinteren Teil des Rückens und auch
eine große Strecke des Schwanzfirstes entlang verfolgen; es bleibt
also nicht, wie bei den beiden vorigen Unterarten, der hintere
Teil des Rückenfirstes frei von Tuberkelschuppen. Am deutlichsten
treten diese kleinen Kegelschuppen der hinteren Rückenpartie natür-
lich bei der Betrachtung der Tiere von der Seite hervor, aber auch
bei der Aufsicht von oben auf den Rücken erkennt man die Tuberkel-
schuppen sofort als kleine knopfartige Gebilde, die dicht aufein-
ander folgend in einer Reihe auf dem Rückenfirste angeordnet
sind. Ein bald mit einer, bald mit zwei Reihen von Körnerschuppen
bedeckter Rückenfirst, wie ihn die zuerst erwähnten Unterarten in
ihrer hinteren Rückenhälfte besitzen, sieht dagegen ganz anders aus.
Bemerkenswert erscheint mir ferner noch, daß bei Cham. fischeri
subsp. werneri die Beschuppung im allgemeinen gröber und un-
gleichmäßiger ist, als bei den vorigen Unterarten. Namentlich tritt
dies auf den Gliedmaßen hervor, wo etwas größere Schuppen sich
deutlich von den sie umgebenden kleineren Schuppen abheben.
Dasselbe gilt übrigens für die Q dieser Unterart, die ebenfalls
durch gröbere Beschuppung ausgezeichnet sind. Ferner besitzen
die mir vorliegenden 3 O0, deren Kopfrumpflänge von 75—88 mm
schwankt, kurze bis 3 mm über das Nasenloch sich erhebende
Schnauzenfortsätze. Alle 3 © sind bei Mlalo in Nordusambara von
Herrn Pfarrer Röntu gesammelt worden, durch den das Museum
vom gleichen Fundorte noch 8 JS erhielt. Eines von diesen ist noch
ein ganz junges Tier von 42 mm Kopfrumpflänge, dessen Hörner
erst 2 mm lang sind und denen der oben erwähnten © ähneln. Von
den sieben anderen C hat je eins 78, 100, 108, 120 mm Kopf-
rumpflänge, bei dreien beträgt dieses Maß 125 mm; die Länge der
DETEBPRTEN
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 243
Hörner steigt bei derselben Reihenfolge der Tiere von 14 bis auf
20 mm.
Was die Kopfform dieser Unterart anbetriiit, so besitzen auch
hier, wie Fig. 19—24 zeigen, die jüngeren Exemplare einen hinten
deutlich spitzwinkligen Helm, der dagegen bei den meisten älteren
Stücken, auch bei den 3 ©, hinten abgerundet ist. Einzelnen
Tieren kommt aber auch im höheren Alter noch ein hinten deutlich
zugespitzter Helm zu, wie Fig. 22 u. 26 zeigen, was auf innerhalb
dieser Unterart vorkommende Variabilität schließen läßt, zugleich
aber auch zur Vorsicht mahnt, wenn man Abweichungen in der
Kopfform zur Unterscheidung verschiedener Unterarten verwenden
19 20 21 22 23 24
Fig. 19—24. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. werneri NıEDEn.
Fig. 19: $ von Mlalo (42 mm); Fig. 20: 3 von Mlalo (78 mm); Fig. 21: 5 von
Mlalo (100 mm); Fig. 22: $ von Mlalo (125 mm); Fig. 23: $ von Mlalo
(125 mm); Fig. 24: @© von Mlalo (75 mm). (Die eingeklammerten Zahlen
geben die Kopfrumpflänge des betr. Tieres an.)
will. Fig. 25 u. 26 zeigen übrigens die Köpfe zweier, oben noch
nicht erwähnter (JS) Exemplare dieser Unterart, die bei Ambangulu
im südlichen Teile Westusambaras von Herrn MARTIENsSsEN ge-
sammelt wurden. Das eine Tier ist von der Schnauzenspitze bis
zum After 115, das andere 125 mm lang, das letztere ist deshalb
noch interessant, weil sein Rücken schon deutlich, wenn auch noch
nicht stark, seitlich zusammengepreßt ist, also wieder eine Art
Rüc kenflosse bildet, wie sie nach bisheriger Annahme nur bei Cham.
fischeri subsp. matschiei vorkommen sollte, die ich aber nur für
eine allen größeren Exemplaren von Cham. fischeri zukommende
Alterserscheinung halte.
4. Von den bei Mlalo und Ambangulu in Westusambara ge-
fangenen Tieren unterscheiden sich wieder etwas zwei in der Mitte
dieses Gebietes gefundene Exemplare, nämlich das oben schon er-
244 Fr. NIEDEN.
wähnte Pärchen, das in Philippshof bei Wilhelmstal von Herrn
Stabsarzt a. D. Dr. Prutıpps gesammelt wurde. Bei diesen beiden
Tieren, von denen das C in Fig.7 Taf. XV u. Textfig.2:,das o in Fig. 11
Taf. XVIu. Textfig. 28 dargestellt ist, ist der Tuberkelkamm auf dem
Rücken noch stärker entwickelt als bei der vorigen Unterart, besonders
bei dem 9. Hier wird er auf dem Vorderrücken von großen, bis
4 mm langen, unmittelbar aufeinander folgenden oder durch einzelne
kleine Tuberkelschuppen getrennten Dornen gebildet; von der Rücken-
mitte an treten Gruppen von 3—5 Tuberkelschuppen auf, die inner-
Fig. 27 und 28. Kopfumrisse von
Fig. 25 und 26. Kopfumrisse von Cham. Cham. fischeri subsp. multituber-
fischeri subsp. werneri NIEDEN. culatus NIEDEN.
Fig. 25: S von Ambangulu (115 mm); Fig.27: & von Philippshof (120 mm); |
Fig. 25: 3 von Ambangulu (125 mm). Fig. 28: 2 von Philippshof (80 mm). 3
(Die eingeklammerten Zahlen geben (Die eingeklammerten Zahlen geben
die Kopfrumpflänge des betreffenden die Kopfrumpflänge des betreffenden
Tieres an.) Tieres an.) |
halb einer jeden Gruppe von vorne nach hinten an Größe zunehmen.
Auch bei dieser Unterart ist der Tuberkelkamm in der. Sacral-
gegend am schwächsten entwickelt, insofern, als hier die einzelnen
Tuberkelschuppen kleiner und feiner sind und sich nicht so dicht
aneinander anschließen. Auf dem Schwanze treten zuerst wieder
größere Dornen auf, die nach hinten hin allmählich an Größe ab-
nehmen und schließlich vollständig verschwinden. Bei dem © ist
der Tuberkelkamm viel schwächer entwickelt; größere Tuberkel-
schuppen stehen nur auf dem Nacken in geringer Anzahl, doch
schließt sich an sie ein deutlicher, wenn auch nur von niedrigen
Kegelschuppen gebildeter Kamm an, der sich bis zur Schwanz-
wurzel verfolgen läßt. Die Beschuppung im allgemeinen ist auch
bei diesen beiden Tieren gröber -als wie bei der subsp. matschiei
und vosselert.
1% Par
„.
‚f
.
i
»
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. »45
Ferner besitzt das © deutliche 5 mm lange Hörner auf der
Schnauze bei einer Kopfrumpflänge von 80 mm. Es ist also kleiner
als die beiden größeren © der subsp. wernerı von Mlalo, die dabei
nur ganz kurze Schnauzenfortsätze von 3mm Länge besaßen. Anderer-
seits sind die © der subsp. vosselerı von Amani, die gar keine
Schnauzenfortsätze besitzen, teils ebenso groß, teils noch größer als
das © von Philippshof.
Diese Befunde sprechen meiner Ansicht nach ganz entschieden
dagegen, daß es sich bei diesen © mit verschieden langen Schnauzen-
fortsätzen etwa um verschiedene Altersstufen einer einzigen Form
handeln könnte. Diese Annahme würde durchaus begründet er-
scheinen, wenn mit der größeren Länge der Schnauzenfortsätze
auch immer eine bedeutendere Körpergröße parallel ginge, was aber
ganz und gar nicht der Fall ist. Im Gegenteil! Einerseits haben wir
Tiere mit relativ großen Hörnern bei individuell wechselnder Körper-
länge, nämlich die © der subsp. werneri von Mlalo, bei denen mir
die gleich starke Entwicklung der Schnauzenfortsätze bei Tieren
von 75—88 mm Kopfrumpflänge dafür zu sprechen scheint, daß
schon bei dem kleinsten dieser Exemplare die Hörner die dieser
Unterart zukommende Maximallänge erreicht haben. Anderer-
seits beobachten wir einmal, daß ein verhältnismäßig kleines Tier
wie das © von Philippshof mehr als 1!/, mal so große Hörner be-
sitzt, als wie größere, seine Körperlänge bis um 10% übertrefifende
Exemplare (nämlich die © von Mlalo), ein andermal finden wir
ebenso große oder noch größere I ohne Schnauzenfortsätze, wie
die © der subsp. vosseleri von Amani. Solche Unterschiede in der
relativen Größe der Schnauzenfortsätze lassen sich, glaube ich, am
leichtesten verstehen, wenn man die Stücke mit verschieden großen
Hörnern als Vertreter verschiedener Formen auffaßt. Andernfalls
müßten wir annehmen, daß die oO von Cham. fischeri sehr stark,
aber zugleich auch sehr unregelmäßig in der Größe ihrer Schnauzen-
fortsätze variierten, eine Annahme, die mir nicht sehr glaubhaft
erscheint. Ich halte es daher für das richtigste, die beiden Exemplare
von Philippshof zu einer besonderen Unterart zu stellen, für die
ich die Bezeichnung subsp. multituberceulatus vorschlagen möchte.
Wie schon oben erwähnt, wurde dieses Chamaeleon-Pärchen
von Herrn Stabsarzt a. D. Dr. Prıuıpps in Kopulation beobachtet,
worüber ich noch einiges mitteilen möchte, zumal über die Kopu-
lation von Chamaeleon-Arten meines Wissens erst sehr wenig be-
kannt ist. |
Von der Stellung, die die beiden Tiere bei der, auf der Erde
stattfindenden Begattung einnahmen, hatte Herr Dr. PhkıLıpps
246 Fr. NIEDEN.
eine kleine Bleistiftskizze angefertigt, nach der sowie nach deu
Tieren selber untenstehende Zeichnung von Herrn Kunstmaler
P. FLAnDErKy ausgeführt worden ist. Die Kopulation erfolgte
nach Angabe von Herrn Dr. Prıvıprs in folgender Weise: Das
männliche Chamaeleon schob sein rechtes Hinterbein, indem es
sich links hinter und neben das Weibchen stellte, von vorn unter
das rechte Hinterbein des Weibchens und hob den Hinterkörper
des Weibchens nach links, so daß dessen Bauch nach rechts stand.
Nun schob es seinen etwa 1!/, cm langen und 3 mm dicken, dunkel-
u %
#
Fig. 29. Chamaeleon fischeri subsp. multituberculatus in Kopulation.
Unter Benutzung einer Originalskizze des Herrn Stabsarztes a. D. Dr. PrıLıprs,
von Herrn Kunstmaler P. FLAnDErkyY gezeichnet. |
roten Penis aus einer Querspalte in eine mit wulstigen Rändern
hervortretende Querspalte des Weibchens“.
Wie aus der Fig. 29 hervorgeht, sind die beiden Tiere an Größe
auffallend verschieden, beim S beträgt die Länge von der Schnauzen-
spitze bis zum After (ohne die Hörner) 120 mm, beim Q das gleiche
Maß 80 mm, also gerade 2/; der Länge des d. Dieses Größen ,
verhältnis scheint bei Cham. fischeri die Regel zu sein, denn es
kehrte fast bei allen 4 Unterarten wieder, was mir dafür zu sprechen
scheint, daß die größten mir vorliegenden Weibchen schon ziemlich
ausgewachsen waren; jedenfalls waren sie alle fortpflanzungsfähig,
da sie sämtlich schon große Eier enthielten. Bei Cham. fischer
würden demnach die Q im Vergleich zu den JS auffallend klein
sein; wenn auch bei vielen Chamaeleon-Arten die Weibchen in der
.
j
‚
ar
“.
3
ü
[m
-
r
'r
Er
u
es
ne
Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 947
Regel kleiner sind als die S, so ist doch der Unterschied meist
viel geringer als wie im vorliegenden Falle. Bei manchen Arten
sind allerdings die © nur wenig kleiner als die S oder übertreffen
sie sogar an Größe, z. B. bei dem auch in Südspanien vorkommenden
Cham. chamaeleon L. oder bei der häufigsten ostafrikanischen Art,
Cham. dilepis LeacH. und bei einigen anderen Formen.
Der besseren Übersicht halber lasse ich nun noch einmal eine
kurze Charakteristik der von mir unterschiedenen Unterarten von
Cham. fischerı Rcuw. folgen.
1. Cham. fischeri subsp. fischeri Rchw.
Taf. XIV Fig. 1—3; Textfig. 1—3; p. 238.
Tuberkelkamm nur auf dem Vorderrücken vorhanden, von
relativ wenigen, niedrigen Kegelschuppen gebildet. Kopf hinten
breit gerundet, an den Seiten flach. Beschuppung feinkörnig. Maße
des größten d': Kopfrumpflänge 128 mm, Schwanz 175 mm, Hörner
23 mm; © noch unbekannt.
Fundorte: Nguru- und Unguuberge (Hinterland von Bajamoyo).
2. Cham. fischeri subsp. matschiei WERN.
Taf. XIV Fig. 4 (CS), Taf. XVI Fig. 8 (0); Textfig. 4—10; p. 234.
— Tuberkelkamm wie bei der vorigen Unterart entwickelt; ältere
Exemplare mit stark seitlich zusammengedrücktem, flossenartigem
Rückenfirst (der in schwächerer Ausbildung auch bei alten Exemplaren
der anderen Unterarten vorkommt). Helm bei jungen Tieren hinten
spitzwinklig, bei alten Stücken breit abgerundet mit seitlich vor-
gewölbten Oceipitalkanten. Beschuppung feinkörnig. Färbung
schlicht grün, stets mit drei hellen Querbinden jederseits auf der
hinteren Körperhälfte. Maße des größten 9: Kopfrumpflänge 155 mm,
Schwanz 225 mm, Hörner 25 mm; des größten O0: Kopfrumpflänge
113 mm, Schwanz 190 mm, Hörner 12 mm.
Fundorte: Derema, Amani, Nguelo, Magrotto, alle in Ost-
usambara.
Das von Werner als Cham. tornieri 1. ec. 1902, p. 417 be-
schriebene, später von WERNER selbst mit Cham. fischeri subsp.
matschiei vereinigte Q gehört auch nach meiner Ansicht zu dieser
Unterart.
3. Cham. fischeri subsp. vosseleri NIEDEN.
Taf. XV Fig. 5 (Q'), Taf. XVI Fig. 9 (O ); Textfig. 11— 18; p. 238.
S außer einem niedrigen Tuberkelkamm auf dem Vorderrücken
noch mit in Gruppen von 2—6 Dornen angeordneten Kegelschuppen
16
248 Fr. Nıepen: Chamaeleon fischeri und seine Unterarten.
auf der basaien Schwanzhälfte; 0 ohne deutlichen Tuberkelkamm
und ohne Hörner, nur mit 2 mm hohen buckelartigen Erhebungen
über dem Nasenloch. Helm bei jungen Tieren hinten spitzwinklig,
bei alten Stücken abgerundet, seitlich nicht merklich vorgewölbt.
Beschuppung feinkörnig. Färbung des S auffallend bunt, scheckig.
Maße des größten S: Kopfrumpflänge 105 mm, Schwanz 172 mm,
Hörner 21 mm; des größten ©: Kopfrumpflänge 90 mm, Schwanz
132 mm.
Fundorte: Tanga, Buloa b. Tanga, Magrotto, Amani, Nguelo,
Ukami und Usaramo.
4. Cham. fischeri subsp. werneri NIEDEN.
Taf. XV Fig. 6 (J°), Taf. XVI Fig. 10( 9 ); Textfig. 19—26; p. 241.
3 mit über den ganzen Rücken und die basale Schwanzhälfte
ausgedehntem, in der Sacralgegend sehr niedrigen Tuberkelkamm,
dessen Kegelschuppen auf dem Vorderrücken am größten sind.
o mit einzelnen Tuberkeln auf Vorderrücken und Schwanzwurzel;
ferner mit kurzen 3 mm langen Schnauzenfortsätzen. Helm bei
jungen Tieren hinten stets spitzwinklig, bei älteren Stücken spitz-
winklig oder abgerundet. Beschuppung grobkörmig. Färbung ähn-
lich wie bei der vorigen Unterart. Maße des größten J: Kopf-
rumpflänge 125 mm, Schwanz 170 mm, Hörner 20 mm; des größten ©:
Kopfrumpflänge 88 mm; Schwanz 112 mm, Schnauzenfortsätze 3 mm.
Fundorte: Mlalo und Ambangulu in Westusambara.
5. Cham. fischeri subsp. multituberculatus NIEDEN.
Taf. XV Fig. 7, Taf. XVI Fig. 11; Textfig. 27—29; p. 244.
d mit sehr stark entwickeltem, vom Nacken bis zur Schwanz-
mitte reichendem Tuberkelkamm, dessen größte Kegelschuppen im
Nacken 4 mm Länge erreichen; O mit niedrigem, vom Nacken bis zur
Savralgegend reichendem Tuberkelkamm. Helm erst spitzwinklig,
dann abgerundet. Beschuppung grobkörnig. Färbung des © bunt
gefeldert, des © einfarbig grün. Maße des JS: Kopfrumpflänge
120 mm, Schwanz 128 mm, Hörner 17 mm; des ©: Kopfrumpflänge
80 mm, Schwanz 108 mm, Hörner 5 mm.
Fundort: Philippshof bei Wilhelmstal in Westusambara.
Tafelerklärung.
Tafel XIV.
Fig. 1. Chamaeleon fischeri subsp. fischeri Rcaw.: & aus den Ngurubergen
(Typus der Art), °ı n. Gr.
Fıg. 2. Chamaeleon fischeri subsp. fischeri Rcaw.: ä aus den Unguubergen,
%, n. Gr. |
PAuL MartscHiEe: Eine neue Form der Elenantilope. 249
Fig. 3. Chamaeleon fischeri subsp. fischeri Rcuw.: $ aus den Unguubergen,
"a n. Gr.
Fig. 4. Chamaeleon fischeri subsp. matschiei Wern.: 5 aus Amani, !s n. Gr.
Tafel XV.
Fig. 5. Chamaeleon fischeri subsp. vosseleri NIeDEn: & aus Usaramo, %s n. Gr.
Fig. 6. a" n 2 wernert NIEDEN: 5 aus Mlalo, ?/; n. Gr.
Fig. 7. . $ „ multituberculatus NIEDENn: 5 von Philippshof,
4.0. -Gf,
Tafel XVl.
Fig. 8. Chamaeleon fischeri subsp. matschiei WeErRN.: 9 aus Amani, !/s n. Gr.
Fig. 9. R 2 „ vosseleri NIEDEN: 9 aus Amani, *%s n. Gr.
Fig. 10. v . „ werneri Nıepen: 9 aus Mlalo, *s n. Gr.
Fig. 11. & ® » . multituberculatus NIEDEn: Q von Philippshof,
2. Gr:
Sämtliche Tafel- bzw. Textfiguren nach Aufnahmen bzw. Zeichnungen
von Herrn Kunstmaler P. FLAnDERKY.
Eine neue Form der Elenantilope.
Oreas oryx niediecki nov. subsp.
Von PaıuL MATSCHIE.
Herr PıuL NIEDIEcK hat dem Berliner Zoologischen Museum
auch von seiner letzten Reise nach dem oberen Zambese eine Reihe
sehr erwünschter Säugetiere zum Geschenke gemacht. Darunter
befindet sich ein Bulle und eine Kuh der Elenantilope, welche von
den bisher beschriebenen Formen dieser Gattung wesentlich ab-
weichen und einer genaueren Beschreibung bedürfen.
Um entscheiden zu können. ob hier tatsächlich eine neue
Form vorliegt, müssen wir zunächst die früher beschriebenen ver-
gleichen:
Antilope oryx Pauuas, Miscellanea Zoologica, 1766, 9. Oryx
ut videtur Antiquorum, saltem Oppiani de venat. lib. II, 445, 551.
„Alce capensis Kolb. afr. ed. belg. I. p. 173, icon. p. 174. Le
Condous Burrox hist. nat. XII, p. 357, t. 46 b. (cornua). Belgis
ad Promontorium B. Spei sub nomine Alcis capensis (Kaapsche
Elandt) nota, equo fere major; Hujus servatur integrum sceleton
in Museo Serenissimi Principis Auriaci, e quo constat equum
mediocrem magnitudine superasse specimen. Cornua optime delineavit
Buffonius. Ex autoptis didiei colorem animalis esse dilutissime
gryseum, linea per dorsum nigra et extremis pedum nigricantibus.“
16*
250 PAauL MATSCHIE.
Die von Burron abgebildeten Hörner gehören offenbar zwei
ganz verschiedenen Formen der Elenantilopen an; die in Fig. 3 und +
dargestellten haben krumme Spitzen, das in Fig. 1 und 2 wieder-
gegebene Horn hat aber eine gerade Spitze. Durch Vergleichung
einer größeren Menge von Elenantilopen-Hörnern aus derselben
Gegend kann man leicht feststellen, daß die Spitzenbiegung ein
wichtiges und Abänderungen nur wenig unterworfenes Merkmal der
verschiedenen Formen dieser Antilopen ist.
Kouze’s Beschreibung ist sehr ungenügend und gibt keinerlei
weitere Anhaltspunkte für eine sichere Festlegung dieser Form,
als daß oryx Pauuas aus den Bergen in der Nähe von Capstadt
stammt.
Antilope oreas Pıauuas, Spicilegia Zoologiea, 1777, XII, 17 ist
synonym zu A. oryx; Parvas wollte den von ihm irrtümlich ver-
wendeten Namen oryx auf den Spießbock anwenden, welchen die
alten Schriftsteller Oryx genannt hatten und schuf den neuen
Namen oreas für die Elenantilope Dieser muß nach den jetzt
gültigen Nomenclaturregeln aber gegenüber dem früher ver-
öffentlichten fallen.
Antilope (Oreas) canna DrsmArzEst, Mammalogie 1822, 471
und Lesson, Manuel de Mammalogie, 1827, 384, von Pr. L. SCLATER
und Oror. Tmomas in The Book of Antelopes IV, 196 erwähnt,
sollte nicht unter den wissenschaftlichen Speziesnamen genannt
werden. DrsmArzst schreibt unter VI ®, Sous-gence, Oreas:
„123 ° Esp. Antilope Canna, antilope oreas.“ Das heißt aber:
Die Canna-Antilope, A. oreas. Er hat also das Wort canna nicht.
als wissenschaftliche Speziesbezeichnung gebraucht und ebenso-
wenig hat Lesson es getan.
Der erste, welcher den Speziesnamen Canna gebraucht, war
SmitH in Griffith, The Animal Kingdom, IV, 1827, der auf einer
Tafel zwischen den Seiten 198 uud 199 ein Gehörn unter dem
Namen Damalıs Canna abbildete und auf den Seiten 357— 359
auch Mitteilungen über die Färbung und das Aussehen dieser Art gibt.
Es handelt sich ohne Zweifel nicht um eine Elenantilope,
sondern um einen BDoocercus.
J. E. Gray hat in Knowsley Menagerie, 1850, 27, die von
Pırvas beschriebene Antilope oreas zuerst mit dem Namen Oreas
canna bezeichnet; diese O0. canna ist also synonym zu O. oreas.
Boselaphus derbianus Gray, Ann. Mag. Nat. Hist., XX, 1847,
286, ist vom Gambia beschrieben worden nach einem Gehörn und
einem Fell ohne Kopf und Füße: Pale reddish brown; neck, front
part of the underside, the dorsal line, a spot on the front and
Eine neue Form der Elenantilope. | 251
hinder part of the upper part of the foreleg („and fetlock“) black;
broad half-collar on lower part of the neck, and fourteen or fifteen
narrow perpendicular lines on each side of the body white; belly
and front and hinder side of thighs whitish; crown reddish brown;
withers variegated with black hairs.
Im Jahre 1863 brachte W. Wımwoop ReADE von Bambunda,
nordöstlich von Sedhu am Casamance das Fell und den Schädel
einer solchen Elenantilope nach London. Die Stirn und die obere
Hälfte des Nasendaches ist gelbbraun, seine untere Hälfte bis
herunter zu den weißen Lippen schwarz. Die Gesichtsseiten sind
gelblichgrau. Vom vorderen Augenwinkel bis fast auf die Mitte
des Nasenrückens verläuft eine schmale weiße Binde jederseits bis
in die schwarze Färbung hinein, so weit, daß nur ein schmales
schwarzes Feld beide Binden trennt.
Oreas liwingstonis Selat., Proc. Zool. Soc. 1864, 105 ist von
P. L. ScLATER „nach seinem Eintdecker“ benannt worden; die von
ihm gegebene Beschreibung beruht aber auf Mitteilungen, welche
Capt. J. H. Speke von Elenantilopen aus Inenge in Usagara,
Deutsch-Ostafrika, gegeben hat. ScLATER weist aber auch auf das
Reisewerk Livinestoxnes hin, in welchem (Missionary Travels,
1857, 210) eine neue gestreifte Form der Elenantilopen beschrieben
| und abgebildet worden ist.
y Es scheint also zweckmäßig zu sein, den Namen ©. livingstomiw
x auf diese Form der Elenantilope zu beschränken. Livınsstoxe hat
sie bei Sescheke am Zambese westlich von den Viktoria-Fällen
zuerst angetroffen.
Er beschreibt sie mit folgenden Worten: „It was a new
undescribed variety of this eplendid antelope It was marked
with narrow white bands across the body, exactly like those of
the koodoo, and had a black patch of more than a hand-breadth
on the outer side of the fore-arm.“ Aus der beigefügten Tafel
ist zu ersehen, daß neun weiße Binden auf den Rücken und die
Oberschenkel verteilt sind, eine breite schwarze Binde fast den
ganzen Unterarm umschließt und nur auf seiner Hinterseite
unterbrochen zu sein scheint, daß die Haarbürste von der Stirn
aus sich bis fast zur Höhe des Mundwinkels nach vorn fortsetzt,
die Wangen gleichmäßig dunkel gefärbt und an keiner Stelle
dunkler als der Hals sind, der etwas dunkler als die Grundfärbung
des Rumpfes erscheint. Die Spitzen des Gehörns sind deutlich nach
außen gebogen.
Boselaphus gigas Hrucuın, Nov. Acta Leopold. XXX, 1863,
19, Taf. I, Fig. 2 ist nach einem Gehörn beschrieben worden, das
x
%
y u
Du
Br
252 PAUL MATSCHIE.
er ungefähr unter 7° n. Br. westlich vom oberen weißen Nil
erhalten hat. Hrusuın schreibt:
Cornubus validissimus vix tripedalibus rectis, apice paulo
procurvis, ab basi vixrectangulariter divergentibus, carinato-contortis,
ex parte transverse sulcatis, nigris; rufo brunneus, capite colloque
obscurioribus.
Länge der Hörner 35”. Abstand der Spitzen 32“. Das Gehörn
dreifach gewunden, zwei Windungen sind wenig erhaben, die dritte
tritt als fingerdicker Kiel weit über die anderen Windungen hervor.
Einen Balg hat HrucLın nie zu untersuchen Gelegenheit gehabt.
Die Hörner sind, wie die Abbildung zeigt, mit den Spitzen
sehr wenig einwärts und vorwärts gebogen, immerhin so, daß die
Seelenachse des Hornes wesentlich andere Richtung hat als die
Hornspitze, die übrigens nur etwa ein Drittel der Gesamtlänge des
Hornes einnimmt.
Oreas colini ROCHEBRUNE, Bull. Soc. Phil, Paris (7) VII,
1883, 8; Faune de la Sönegambie. Mammiferes 1883, 121-—-122,
Tafel VII, Fig. 1 (Kopf) ist nach einem Bilde beschrieben worden,
welches Dr. Couıw nach einem von ihm in den Wäldern von Kitu
am oberen Senegal gesammelten Kopfe gemalt hat.
Die Beschreibung lautet: „Animal magnitudine tauri; colore
pallide cinereo; caput crassum, abbreviatum; scanalatura frontale
elevato-gibbosum, 2 fascieulis pilorum crispatorum, antico nigrescente,
postico fulvescente; auriculis latis extus nigris, intus et margine
albidis; cornubus crassis, elongatis, piceis, antrorsum curvatis a basi
ad medium carina spirali elevata contortis.
Animal de forte taille, egalant celle de nos plus forts Boeufs
de France. Teinte generale gris päle; tete ovoide gris de souris,
& chanfrein tres largement busqu6& et portant une touffe de poils
frises brun noirätre; une seconde touffe de poils roux, &galement
frises sur le sommet du front en avant des cornes; celles-ci tres
fortes, longues, un peu courb6es en avant, ä carene 6paisse, saillante,
regnant seulement dans la premiere moitie de leur longueur; oreilles
larges noirätres sur les bords, blanchätres interieurement: yeux bruns.“
Antilope triangularıs GÜNTHER, Proc. Zool. Soc. 1889, 13,
beruht auf dem Gehörn einer weiblichen Elenantilope, welches aus
dem Zambese-Gebiete ohne nähere Fundortsangaben nach Natal
gebracht und von Morton Grern dem British Museum in London
übergeben worden war.
Aus der Beschreibung möge hier folgendes erwähnt werden:
The horns are gently curved backwards showing the slightest
indication of a twist near to the top; they measure thirty-one
Eine neue Form der Elenantilope. 253
inches along the curve, and thirty in a straight line from the base
to the tip. The distance of their ends is twenty-two inches.
A transverse section taken three inches from their base would
represent a triangle, the posterior side of which is slightly longer
than the outer one; at this portion the horn is broader from side
to side than from the front backwards. In about the middle of
the length of the horn the transverse section becomes an isosceles
triangle, passing into a circular shape in the last fourth of the
length.
The trihedral shape of the basal half of the horn is produced
by a prominent, but obtuse ridge in front of the horn; this ridge
is in the median line at the base of the horn, runs then a little
inside of the median line for a short distance, and is finally directed
towards the outside of the horn, disappearing altogether in the
distal conical portion. The posterior side of the horn is remarkably
flat and broad.
The annulations are distinet only in the basal portion and
very obscure further on, the distal half being smooth...
Aus der Abbildung ist zu ersehen, daß die Hörner leicht nach
hinten gekrümmt und mit den äußersten Spitzen etwas nach innen
gebogen sind.
LyDErkEr hat in The Field LXXVIII, 1891, 130 für dieses
Gehörn den Gattungsnamen Doratoceras vorgeschlagen, ist aber
neuerdings der Ansicht ScLarer’s beigetreten, daß es sich nur um
Hörner einer weiblichen Elenantilope handele.
- Taurotragus oryx pattersonianus LYDEKKER, The Field CVIL,
1906, 579 ist begründet auf einen Kopf, den Colonel J. H. PATTERSoN,
wie l. c. 609 gesagt wird, in Laikipia, nordwestlich vom Kenia
erbeutet hat. |
„Ihere is an incomplete white chevron similar to, althouglı
rather smaller than, the one found in the giant eland, while only
a narrow stripe in the middle line of the face, above and between
the eyes, is dark brown, the sides of the forehead being rufous.
On the lower part of the face there is a larger dark brown area
than in the ordinary eland, although there is a rufous fawn-colourt d
patch on each side above the nostril.“
In both the latter respects Colonel PATTERson’s specimen recalls
the giant eland, although it apparently lacks the dark white bordered
band on the side of the neck charakteristic of the latter.
Auf Seite 609 wird dann noch hinzugefügt:
The striping of the body in very slight, the chief markings
being three unsymmetrical pairs of stripes on the withers.
254 PAUL MATSCHIE.
Taurotragus oryx seloust LYDEKKER, Records of Big Game von
Rowland Ward. Sixth Edition, 1910, 328 wird vorgeschlagen als
Bezeichnung der von F. C. SeLous in A. Hunrter’s Wanderings,
1381, Taf. I, Fig. 1 und 3 abgebildeten Elenantilope aus dem
Maschona-Lande, vom oberen Umfuli.
„In Mashonaland eland show an incomplete white chevron on
tlıe face, with a large brown tuft on the forehead.“
Hierher scheint der in P. L. ScLATER und OLpr. THomas, The Book
of Antilopes, IV, 1900, Tafel XCIX abgebildete Elenbulle zu gehören,
den Serous bei Sadza’s Kraal erlegt hat, westlich von Marandalla’s an
der Bahn zwischen Salisbury und Umtali in der Nähe der Wasser-
scheide zwischen den Zuflüssen des Sabi und den zum Zambese
fließenden des Umfuli und Hanyani, aber im Gebiete des Umfuli.
Die dunkle Färbung des Nasenrückens reicht in einer schmalen
Binde bis an das Auge heran, der Hals ist ebenso gefärbt wie der
Rumpf, eine schwarze Unterarmbinde fehlt, 9 weiße Binden sind
vorhanden, von denen die drei letzten sehr kurz sind. Die Hörner
sind fast gerade, ihre Spitzen in der ganzen Länge wenig gekrümmt.
Oreas oreas kaufmanni Marscaıe, Deutsche Jäger-Zeitung,
58. Bd., 1912, 119 auch im Sonderdruck: Die achtzehnte deutsche
Geweihausstellung zu Berlin, 1912, 77, Fig. 83 ist auf einen Kopf
begründet, den Herr Oberleutnant Kaıurmann im Caprivizipfel
von Deutsch-Südwestafrika zwischen dem Tschobe und Zambese
erbeutet hat.
„Sie zeichnet sich durch ein sehr auffälliges Merkmal, eine
weiße winkelförmige Binde vor jedem Auge, aus. Ahnliche Kenn-
zeichen kommen nur bei Elenantilopen im Mashonalande (Oreas
selousı) und im Britischen Ostafrika (0. pattersomianus) vor. Von
der letzteren unterscheidet sich die Elenantilope des Caprivizipfels
durch die dunkel-schokoladenfarbige, breite Stirnbürste, welche bei
jener Rasse sehr klein und kastanienbraun ist; die Mashonarasse
besitzt nur eine einfache weiße Binde auf jeder Gesichtsseite.
Der Hals der hier zum ersten Male vorgeführten Form ist
schön silbergrau, nach oben hellbraungrau, die Gegend zwischen
dem Nasenloche und der weißen Winkelbinde ist tief schwarzbraun,
eine schwärzliche Binde schließt das Kinn dicht an dem Lippen-
winkel ab; die Wangen sind hellbräunlichgrau, das Kinn und die
Unterlippe grauweiß. Die schwarze Zeichnung wird gegen die
Stirn hin schmäler und verbreitert sich hinter der weißen Binde
zu einer dunkel-schokoladenbraunen Bürste, die dunkelgraubraun
gerandet und von einer drei Finger breiten, braungrauen Binde
über den Augen eingefabt ist.“
|
|
|
|
Fine neue Form der Elenantilope. 255
Diese bis jetzt bekannten Formen der Elenantilope verteilen
sich über Afrika in folgender Weise:
OÖ. ory&c: Cap der guten Hoffnung.
O0. kaufmannı: Caprivizipfel zwischen dem Tschobe und
Zambese.
O. liwingstonii: Sekhosi bei Sescheke westlich von den Viktoria-
Fällen am Zambese.
O. selousi: Mashonaland, Sadza’s Kraal westlich von Marandalla’s.
Quellgebiet des Umfuli und Hanyani, Zuflüsse des mittleren Zambese.
O. triangularıs: Zambese, ohne genauere Bezeichnung.
O. pattersonianus: Laikipia am oberen Guasso Nyiro nord-
westlich des Kenia.
O. gigas: Weißer Nil, Westseite, ungefähr 7° n. Br.
O. colini: Oberer Senegal bei Kitu.
O. derbianus: Casamance südlich des Gambia.
Es sind also aus dem Zambese-Becken oder aus seiner nächsten
Nähe bis jetzt nicht weniger als vier Formen beschrieben worden.
Die von Herrn Pavsn NIEDIEcK gesammelten Elenantilopen
lassen sich mit keiner von ihnen, auch mit keiner der übrigen
Formen vereinigen.
Sie haben weiße Rumpfbinden und eine schwarze breite Binde
auf dem Unterarme; dadurch unterscheiden sie sich von 0. oryx;
ihr Gehörn ist gerade und nicht nach hinten gekrümmt, auch nicht
nur an der äußersten Spitze, sondern in seinem ganzen glatten
oberen Teil flach einwärts gebogen; also kann triangularıs nicht
in Frage kommen.
Auch gigas unterscheidet sich im Gehörn wesentlich. Die
Hörner stehen ungefähr im rechten Winkel zu einander und der
untere Teil des Spiralkieles verläuft auf der Vorderseite des Gehörns
ungefähr in derselben Richtung, wie der obere, auch ist die glatte
Spitze verhältnismäßig kurz. Bei den von Herrn NIEDIECK ge-
sammelten Elenantilopen stehen die Hörner zueinander in sehr
spitzem Winkel, der untere Teil des Spiralkieles verläuft auf der
Vorderseite des Horns fast rechtwinklig zur Hornachse und nicht
in der Richtung des oberen Teiles, und die glatte Spitze des Horns,
bis zum oberen Ende des Kieles, ist verhältnismäßig lang.
O. derbianus unterscheidet sich durch den schwarzen, vor der
Schulter durch eine weiße Binde eingefaßten Hals, ©. colinı durch
zwei gesonderte Haarbürsten auf dem Kopfe und nach vorn ge-
krümmte Hörner, O. pattersonianus durch die schmale schwarzbraune
Längsbinde auf der Stirn, den gelbbraunen Fleck über dem Nasen-
loch und nur drei Paare von weißen Binden; ©. kaufmannı durch
256 PAuL MATSCHIE.
die winkelförmige weiße Binde vor jedem Auge und die dunkel-
schokoladenfarbige Stirnbinde; ©. Kvingstonii durch die handbreite
schwarze Binde, welche fast den ganzen Unterarm umschließt und
durch die bis fast zur Höhe des Mundwinkels nach vorn fort-
gesetzte Haarbürste; O. selousi durch die in schmaler Binde bis
an das Auge reichende dunkle Färbung, durch das Fehlen der
Unterarmbinde, das Vorhandensein von weißen Binden in der Kreuz-
beingegend und das Fehlen der dunklen Hufbinde.
Es sind 2 Elenantilopen von Herrn P. Nıepvıeck dem Berliner
Zoologischen Museum zum Geschenk gemacht worden:
SO ad. A. 372, 11, 49: Bei Banga am Kafue zwischen 26° und
7°ö. L. im Maschukulumbwe-Lande am 6. September 1911 erlegt.
o ad. A. 372, 11, 41: Ebendort am 30. August 1911 erlegt.
Die Felle sind in der Schausammlung aufgestellt, die Schädel
werden besonders aufbewahrt. Der Bulle ist ausgewachsen aber
noch ziemlich jung. Die Sutura basilaris ist an den Seiten zwar
verwachsen, aber in ihrem Verlaufe noch zu erkennen, die Nähte
zwischen dem Oceipitale und Temporalie sind z. T. noch offen; die
letzten Molaren haben noch einen scharfen, hochragenden Außenrand
und der dritte Praemolar hat noch zwei scharfrandige Kimmen auf
der Kaufläche. Die Kuh ist etwas, aber nicht viel älter, ihre Sutura
basilaris ist nicht mehr zu erkennen und die letzten Molaren sind
erheblich mehr abgekaut.
Länge von der Schwanzwurzel bis zum Hinterrande der Hörner:
So 261, © 243 cm; bis zum Lippenrande: 9 318, © 298 cm;
Höhe am Widerrist: GC 171, © 157 cm; Höhe in der Kreuzgegend:
CO 163, © 157 em; Länge der Schwanzrübe: JS ? (verletzt), @ 56 cm;
Ohr von der Ineisura an gemessen: 9 20,5, © 20 cm.
Bei dem Bullen ist die Stirn tief fahlbraun (Taf. 308, 3 des
Repertoire de Couleurs von R. OBERTHÜR und H. DavrHenay), alle
Haare haben schwarzbraune Spitzen; über den Augen hebt sich
eine etwa 10 cm breite, lebhaft bräunlich weißgelbe Binde ab, die
bis auf 10 cm Entfernung vom vorderen Augenwinkel deutlich ab-
gesetzt erscheint, dann aber plötzlich sehr stark verschmälert wird
und als ganz schmale Binde gegen den Nasenrücken hin sich so
weit fortsetzt, daß sie von der entsprechenden der anderen Gesichts-
hälfte nur 6 cm entfernt ist. Der Nasenrücken ist tiefschwarz, gegen
die Muffel hin braunschwarz; auch die Wangen sind bis 7 cm Ent-
fernung von den Augen stark schwarz überflogen bis fast zur Höhe
der Mundspalte herab. Dieser dunkle Ton setzt sich als 3,5 cm
breite Querbinde, die nach hinten sehr undeutlich begrenzt ist, auf
das Kinn fort.
ERÖTERRERESN
—
ID
%
[2
33
#;
F1
/
Eine neue Form der Elenantilope. 257
Die schwarze Färbung des Nasenrückens reicht spitzwinklig
nach hinten und trennt die nur über den Augen bürstenförmig
aufwärts gerichteten braunen Haarfelder.
Das Kinn, die Unterlippe, die vordere Hälfte der Oberlippe
sind grauweiß, der über dem Hinterrande des aufsteigenden Astes
des Unterkiefers befindliche Teil der Ohrgegend ist sehr hell.
Die Vorderseite des Halses, die Schläfen, der größte Teil
der Ohren und der Rücken sind sehr hell maisgelb mit blaugrauem
Schein (Taf. 36, 1 des Repertoire), das Fußgelenk und die Hüften
sind tiefer maisgelb (Taf. 36, 3). Die Oberseite und die Seiten des
Halses sind hell schokoladenbraun (Taf. 343, 1), der Wammenbart
dunkel maisgelb mit eingemischten schwarzen Haaren.
Auf dem Unterarm dicht über dem Gelenke befindet sich eine
10 em hohe und 16,5 cm breite schwarze Binde, welche von der
Hinterseite etwa 4 cm weit auf die Außenseite und 6 cm auf die
Innenseite des Unterarmes übergreift. Die Mitte der Brust und des
Bauches sowie eine schmale Rückenbinde vom Hinterkopfe bis auf
die Schwanzwurzel sind schwarz. Dicht über den Hufen zeigt sich
eine 15 cm braunschwarze Ringbinde; die Hinterseite des Fußes
zwischen den Hufen und den Afterklauen ist hell beinschwarz
(Taf. 344, 1). Von der Schulter bis in die Kreuzgegend sind weiße
schmale Querbinden auf dem Rumpfe vorhanden. Man kann mit
einiger Mühe zwölf feststellen, von denen aber nur die drei dem
Hinterrande des Schulterblattes benachbarten deutlich sind und
sich bis auf die halbe Höhe des Rumpfes verfolgen lassen, fünf
andere treten weniger deutlich hervor, die übrigen sind nur bei
hellem auffallendem Lichte zu erkennen.
Das Gehörn ist mit den 40 cm langen Spitzen wenig einwärts
und noch weniger aufwärts gebogen. Die Spiralwülste stehen auf
der Vorderseite des Hornes 27 cm auseinander; das Horn ist 71 cm
lang, 10 em vor der Spitze 2,8 cm und am unteren Waulst 6,9 cm
dick. Der Spiralwulst umzieht den unteren Teil des Hornes in
einer viel weniger steilen Windung als den oberen Teil.
Die Kuh ist lebhafter gefärbt als der Bulle und an den Hals-
seiten fahl maisgelb, sonst lebhaft maisgelb (Taf. 36, 2—3), auf
den Hüften sogar dunkler als Taf. 36,4. Die Stirn ist hell fahl-
braun, die Halsseiten sind hell schokoladenbraun.
Die Ohren haben dicht unter der weißen Spitze an der Außen-
seite eine 7 cm lange und an der breitesten Stelle 2 cm breite, nach
innen abgerundete Längsbinde. Das Haarbüschel an der Wamme ist
schwarzbraun; die Rückenbinde, die Unterarm- und Hufbinden und
die weißen Rumpfstreifen verhalten sich wie bei dem Bullen. Die
958 Pau MarscHie: Eine neue Form der Elenantilope.
Gesichtsseiten sind nicht so dunkel wie bei jenem; immerhin ist
ein dunkler Ton, der sich um den Unterkiefer herumzieht, deutlich
zu erkennen. Hinter der Muffel ist ein schwarzer Fleck in der
Form eines gleichseitigen, mit der Spitze nach hinten gerichteten
Dreiecks. |
Das Gehörn ist 59 cm lang.
Maße der Schädel: Größte Länge: 9 565 mm, 9 ?, weil die
Intermaxillaren fehlen; Basallänge 9 482, 0 ?; Länge vom Basion
bis zum Vorderrande der Maxillaren: © 440, © 392; Basion bis
Spina nasalis posterior: J 230, © 193; größte Breite am Hinter-
haupt: JS 223, Q 161; am Auge: d 202, O0 189; an der Wange: J
153, 2 139; an der Sutura naso-maxillaris anterior: S 87, o 70;
größte Breite des Palatum an m®: 9 142, © 132; Breite des
Palatum zwischen pm! und pm?: 9 91, © 82; Alveolarlänge der
oberen Molarenreihe: S 157, Q 143; Breite der Choanon an dem
freien Ende der Sutura palato-pterygoidea: 9 41, © 35; größte
Breite von m?: S 29, 0 29; Entfernung des Augenrandes an der
Sutura lacrymo-zygomatica vom Hinterrande des Oondylus oceipitalis:
O 248, 0 223; desselben Punktes von der Stelle, wo die Sutura
naso-maxillaris anterior und posterior mit der Sutura naso-inter-
maxillaris zusammenstoßen: 9 196, © 185; bis zum Gmnathion: O-
33, © ?; Länge der Sutura nasalis: d 223, © ?; Länge eines Nasale
diagonal: d 231, 9 ?; größte Breite der Nasalen: Q 51, © ?; ge-
geringste Frontalbreite: d 17, © 16 cm.
Nach dem Abschluß dieser Arbeit finde ich eine Mitteilung
von J. W. GıpuLey. An extinet American Eland in Smithsonian
Miscellaneous Collections (60) No. 27 vom 22. III. 1913. Er hat
nach einer oberen Molarenreihe aus pleistocaenen Ablagerungen in
einer Höhle bei Cumberland, Maryland, Nordamerika einen Tauro-
tragus americanus beschrieben. An keinem der 80 Schädel von
Elenantilopen des Berliner Zoologischen Museums habe ich eine
Zahnreihe gefunden, welche der Fig. 2 in Gıpuey’s Arbeit entspricht
oder ihr wenigstens ähnlich ist; alle stimmen mit seiner Fig. 1
überein. Ich glaube nicht, daß man diese Zahnreihe als diejenige
einer Elenantilope auffassen darf.
F. E. Rüne: Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 959
Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers.
Von F.E. Rünr, Berlin.
(Mit 4 Textfiguren.)
Die wertvolle und für die Cladocerensystematik vielfach grund-
_ legende Sammlung des verdienstvollen ältesten märkischen Clado-
cerenforschers Professor J. Ep. SCHÖDLER, der in den Jahren 1858
bis 1877 außer der Cladocerenfauna der Umgebung Berlins auch
die des Frischen Hafis studierte und beschrieb, kam nach dem Tode
des Forschers (Berlin, 19. XI. 1886) dank den Bemühungen und der
Vermittlung von Herrn Professor W. WELTNER in den Besitz des König].
Zoologischen Museums zu Berlin. Dadurch wurde eine große Anzahl
von Cladocerenformen, die SCHÖDLER zum ersten Male beschrieben
hatte, in den typischen Exemplaren der Wissenschaft gerettet. Den
Wert dieser Sammlung lernte ich in den Jahren 1908—1911. wo
ich mich mit Untersuchungen über das Genus Dosmina befaßte,
kennen und schätzen, -denn bei der Unzulänglichkeit der meisten
älteren Bosminendiagnosen für heutige Bedürfnisse ist zur Entwirrung
der zerfahrenen Nomenklatur ein Zurückgehen auf die typischen
Formen fast stets nötig. Ich sah damals die ScHönrLer’sche Samm-
lung des Museums auf Bosminen ‚hin durch und traf dabei die wert-
vollen Typen von Bosmina rotunda ScHönpLer 1865 und DB. gibbera
ScHöpLer 18631) an. Ich fand hier außerdem ein reiches Plankton-
1) Zur Datierung der Publikation dieser Formen sei bemerkt, daß
SCHÖDLER seine Arbeit „Die Cladoceren des frischen Haffs“, Archiv f. Natur-
gesch., Bd. XXXIL, schon in der Sitzung der Gesellsch. Naturf. Freunde Berlin
vom 21. Nov. 1865 im Sonderabdruck vorlegte. BD. rotunda ist also in das
Jahr 1865 (nicht, wie bisher 1866) zu datieren. B. gibbera wurde aber, was
bisher auch unbekannt war, schon im Jahre 1863 aufgestellt und beschrieben,
nämlich in den Sitzber. der Ges, Naturf. Freunde Berlin vom 17. November
1863. Hier findet sich folgende Stelle: „Herr ScHöpLer machte Mitteilungen
über die im Juli d. J. in dem frischen Haff, und zwar an dem Strande von
Kahlberg von ihm beobachteten Cladoceren, welche er, in verdünntem Spiritus
aufbewahrt, vorzeigte. Derselbe erläuterte die bemerkenswerten Arten der-
selben an vorgelegten Figuren und knüpfte daran eingehendere Bemerkungen
über verwandte Arten aus der Berliner Lokalfauna. — Die in dem frischen
Haff vorgefundenen Cladoceren sind: Sida cerystallina, Simocephalus vetulus
und serrulatus, Hyalodaphnia Kahlbergiensis n. gen. et sp., Bosmina gibbera
n. sp. Sie gehören sämtlich den Süßwasserformen an. Die neue Daphnide
Bosmina gibbera (2 = 0,55 mm lang und 0,6 mm hoch), welche sich in ihrem
Habitus der B. Lilljeborgii am meisten nähert, von dieser aber schon durch
die deutlich polygonale Schalenskulptur unterscheidet, gab ScHönpLEer Ver-
anlassung zu näheren Mitteilungen über die bisher noch unbekannten und
von ihm in der Spree aufgefundenen und beobachteten Männchen von Bosmina
longirostris Mürr. und B. cornuta Jur.
960 F. E. Rüne.
material aus schwedischen Seen vor, das in den Jahren 1858 bis
1866 vom Freiherrn G. C. ÜEDERSTRÖM gesammelt und im Juni 1865
und Juli 1866 in zwei Kollektionen ScHönLer zur Untersuchung
gesandt war. Mir war damals nicht bekannt, daß ScHöpLer über
seine Untersuchungen dieses ÜEDERSTRÖM’Schen Materials irgend
etwas publiziert hatte. Ich untersuchte auch die Bosminen dieses
CEDERSTRÖM’Schen Materials und fand darin mehrere interessante
Formen, u. a. auch eine, die von Schöpzer’s Hand mit dem Namen
B. Cederströmni bezeichnet war. Da zur näheren Charakterisierung
dieser — wie auch mancher anderen — Formen der CEDERSTRÖM’ schen
Sammlung eine eingehende vergleichende Untersuchung der schwe-
dischen Bosminen nötig gewesen wäre, sah ich davon ab, dieselbe
zu beschreiben und hütete mich vor allem auch, den Namen D. Öeder-
strömiv wiederzugeben, um die verwirrte Nomenklatur und Synonymie
des Genus Dosmina nicht noch durch einen neuen Namen zu be-
reichern. Denn der Name DB. Üederströmii war mir aus der Bos-
minenliteratur völlig unbekannt, und ich fand auch in den Schriften
SCHÖDLER’S keine Andeutung darüber.
Vor kurzem machte mich nun mein Freund Dr. L. KEILHACK
auf drei von Schöner in den Sitzber. der Gesellsch. Naturf. Freunde
zu Berlin in den Jahren 1865 und 1866 beschriebene Bosmina-
Arten aus Schweden aufmerksam, die dem Material CEDERSTRÖM
entstammten. Die Arten heißen: Bosmina trigonalis, B. affımıs
und B. Cederströmii. Diese Arten sind in der großen Bosminen-
literatur völlig unbekannt geblieben, nirgends findet sich auch nur
eine Erwähnung der Namen. Ich selbst habe in meiner kürzlich
erschienenen Arbeit „Bosmina coregoni im baltischen Seengebiete“
(I. Teil einer Monographie des Genus Bosmina „Zoologica“ Heft 63,
1912), die ScHönLer’schen Arten übersehen. Da die alten Nummern
der Sitzber. der Ges. Naturf. Freunde in Berlin für die meisten
Gladocerenforscher schwer zugänglich sind, gebe ich hier zuerst
einmal die betreffenden Stellen der Sitzungsberichte wieder.
Aus Sitzber. Ges. Naturf. Freunde Berlin. 21. Dezember 1865:
„Herr Schöner machte unter Bezugnahme auf seine in voriger
Sitzung vorgelegten „Cladoceren des frischen Hafis“ Mitteilungen
über einige teils neue, teils genauer beobachtete Daphniden der
schwedischen Fauna, von denen er mehrere in habitueller Be-
ziehung besonders interessante Formen in Präparaten vorzeigte.
l. Hyalodaphnia ÜCederströmii ... (folgt Beschreibung).
2. Bosmina trigonalis nov. Sp., aus dem Skarby-See in
Nerike, welche im Habitus der D. gibbera des frischen Hafis am
meisten gleicht, von dieser aber schon durch die skulpturlosen
Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 361
Schalenklappen leicht zu unterscheiden ist. Sie hat eine Länge
von 0,36 mm und eine Schalenhöhe von 0,52 mm; ihre Tastantennen
aber, die fast gerade sind, erreichen eine durchschnittliche Länge
von 0,62 mm, wovon kaum '/, auf den Pedunculus derselben zu
zählen ist.
3. Bosmina affinis nov. sp., eine der B. obtusirostris nahe-
stehende Art mit deutlich gestreifter Schalenskulptur, aus einem
See in Jönköpingsland, die bei einer Länge von 0,66 mm und einer
Schalenhöhe von 0,52 mm eine Tastantennenlänge von 0,70 mm
aufzuweisen hat, wovon nur 0,10 mm auf den Pedunculus kommen.
Der untere Schalenrand derselben verläuft nach hinten in einen
schräg abwärts gerichteten Mucro von 0,20 mm Länge, welcher
aber keine Spur einer sekundären Zähnelung, wie bei DB. obtusirostris,
aufzuweisen hat.
4. Die bisher nur aus der Spree bekannte Dosmina rotunda,
welche ziemlich zahlreich in dem Elja-See in Wennland wieder-
gefunden worden ist. Dieselbe erreicht eine Länge von 0,68 mm,
' eine Schalenhöhe von 0,72 mm und eine Tastantennenlänge von
0,80 mm.“
Aus Sitzber. Ges. Naturf. Freunde Berlin. 17. Juli 1866:
„Herr Scuönzer teilte mit, daß ihm vor einigen Tagen eine
zweite Collection kleiner Süßwasser-Crustaceen von dem Freiherrn
Ö. G. CEDERSTRÖM aus Stockholm zugegangen sei, welche derselbe
im Sommer v. J. in den südlichen Landschaften Schwedens ein-
gesammelt habe. Nähere Auskunft über dieselbe einer späteren
Mitteilung vorbehaltend, zeigte er aus derselben vor: 1. die erst in
neuerer Zeit, aber nur selten wiederaufgefundene Cladocere Latona
setifera OÖ. F. Mürr. aus dem Bunn-See in Jönköpingslän und
2. Bosmina Cederströmiinov.Sp., aus einem Binnensee Ost-Göta-
lands, welche ihrer deutlich „gestreiften“ Schalenskulptur wegen,
sowie dem ganzen Habitus nach sich an die BD. longispina, BD. ob-
tusirostris und B. lacustris zunächst anreiht, von ihnen aber durch
abweichende Bildung der Tastantennen und der Schalendornen
(Mucrones) leicht zu unterscheiden ist. Die mikrometrische Messung
des Tierchens ergab: eine Körperlänge von 0,66 mm; als Maximum
der Schalenhöhe 0,55 mm und für den stumpfen, schräg abwärts
gerichteten Mucro des unteren Schalenrandes eine Länge von nur
0,04 mm. Die Tastantennen sind unverhältnismäßig lang, 25—27 mal
ringelartig gegliedert, aber nur schwach gekrümmt und betragen
in gestreckter Lage 0,70 mm, wovon etwa '/, auf den Stamm (Pe-
dunculus) derselben zu zählen ist.“
262 F. E. Röne.
‘Von diesen ScHönter’'schen Arten war DB. Üederströmii auf
Grund der ScHöpter’schen Etikettierung der Museumsexemplare
leicht zu identifizieren. Aber auch die beiden anderen ScHönLer’schen
Arten gelang es mir zum Teil schon nach Zeichnungen, die ich mir 1909
von den Museumsexemplaren angefertigt hatte, wiederzuerkennen.
Eine wesentliche Bestätigung meiner Identifikationen gaben mir
dann noch die Manuskripte ScHönter’s über seine Untersuchungen
der CEDERSTRÖM'Schen Sammlungen, die mehrfache eingehende Be-
schreibungen und viele Maßangaben für die betreffenden Formen
enthielten. Auch Konzeptzeichnungen ÜEDERSTRÖM’S, die dieser im
Juni 1864 — also vor Absendung der ersten Cladocerenkollektion
— an ScHÖDLER geschickt hatte, und auf denen einige der Bosminen
von ScHönLer’Ss Hand benannt waren, bestätigten mir meine Identi-
fikation. Diese Manuskripte und Zeichnungen befinden sich im Be-
sitze von Herrn Professor W. WELTNER, dem ich für die liebens-
würdige Bereitwilligkeit, mit der er mir den Einblick in dieselben
gestattete, meinen herzlichsten Dank aussprechen möchte.
Um nun zuerst einmal die drei SchöpLer’schen Formen, von |
denen man sich nach den knapp gehaltenen obigen Bemerkungen |
ScHÖDLER’S in den Sitzungsberichten nicht ohne weiteres ein klares
Bild machen kann, festzulegen, gebe ich im folgenden nach den im
Zool. Museum Berlin befindlichen Typen Scnöpter’s und nach
ScHÖpLer’s handschriftlichen Notizen an der Hand von Abbildungen
kurze Beschreibungen -und außerdem Maßangaben (nach G. BurRcK-
HARDT’S Maßmethode) dieser Formen.
Bosmina trigonalis SCHÖDLER 1865
— Bosmina coregoni gibbera f. trigonalis (Fig. 1) steht, wie
SCHÖDLER Selbst richtig angibt, der D, c. gibbera SCHÖDLER Sehr
nahe und unterscheidet sich von ihr nur durch höhere Werte |
für die relative Schalenhöhe und die relative Tastantennenlänge
und durch das Fehlen einer Schalenretikulation. Die Buckelspitze
(H = 1350—1530) liegt bei f. trıgonalis etwas hinter der Mitte
der Längsachse, daher fällt der hintere Dorsalkontur steil bis zur
ventrokaudalen Schalenecke ab, wobei die dorsokaudale Schalen-
ecke oft kaum hervortritt. Der vordere Dorsalkontur steigt da-
gegen schräg nach oben von der flachen Stirnfläche zur Buckel-
spitze empor und verläuft dabei geradlinig oder häufiger in
konkavem Bogen. Die Buckelspitze ist verhältnismäßig scharf
ausgebildet und zeigt mitunter etwas nach vorn. Die ventro-
kaudale Schalenecke ist abgerundet. Die langen Tastantennen
(© — D = 1200—1800, C ca. 240), die nur sehr schwach ge-
bogen sind, hängen fast senkrecht nach unten und tragen 17 bis
a 2 N 4 SpZBEn
RENTE NERT
vs ri
Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 263
19 Ineisuren. Das Auge ist klein (O = 80—90). Das Rostrum
(A B = 190— 210) lang und spitz. Schalenskulptur ist nicht
zu bemerken. Abs. L. = 300-400 ».
Fundort: Skarby-See in Nerike (Blatt Nr. 64, Askersund, der
Generalstabens karta öfver Sverige, Södra Delen. 1885). Dieser
See erstrekt sich 3,4 km in nordsüdlicher und etwa l km in west-
östlicher Richtung.
Fangdatum: Juli 1859,
Nr. 47 der ersten CEDERSTRÖM’Schen
Sammlung.
L
Fig. 1. B. c. gibbera f. trigonalis. Fig. 2. B. ce. gibbera vom Kyrksjön.
| Maßangaben für B. c. gibbera f. trigonalis.
|r|#|e]| > [c+»
Pr | ) |a+ 3
a 347 2 | 1480 | 242 _ 1588 — 84 196
an 400 u. | 1530 | 260 — 1815 — 88 210
a; 300 u | 1350 | 220 = 1215 — 80 189
ScHÖDLER'S Werte . | 360, | 1446 | 246 — [1724| — — —
Im Anschluß an diese Beschreibung sei erwähnt, daß ich eine
zur Subspezies D. c. gibbera gehörige Form im CEDERSTRÖöM’schen
Material auch für den Kyrksjön in Smäland (Fang I, 20. Oktober
1858) feststellen konnte. Diese Form (Fig. 2) zeichnet sich da-
durch aus, daß ihr Buckel nicht so spitz wie bei typischen @ibbera-
Formen ist, sondern im Gegenteil als abgestutzt bezeichnet werden
kann. An der Bildung des Buckels dieser Form beteiligt sich nicht
nur, wie gewöhnlich, die Rumpfschale, sondern auch die Kopfschale.
In diesen beiden Eigentümlichkeiten der Buckelbildung gleicht diese
17
264 F. E. Rüne.
schwedische Form der 2. c. thersites f. acrocephala mihi vom Tuchomer
See, von der sie sich dadurch unterscheidet, daß der Scheitel ihres
Buckels nicht hinter, sondern vor der Mitte der Längsachse liegt.
Schwache Schalenretikulation ist vorhanden. Der Jahreszeit ent-
sprechend tragen die Weibchen zum Teil Ephippien.
Bosmina affinis SCHÖDLER 1865
— Bosmina coregomi longicornis £. affınıs (Fig. 3) steht der
von mir zum ersten Mal (1912) beschriebenen Hochsommerform
von D. c. longicornis SCHÖDLER Sehr nahe. Sie hat wie diese einen
schräg ventralwärts, mitunter sogar senkrecht ventralwärts ge-
richteten Mucro?) von beträchtlicher Länge (Mu ca. 300), der
entsprechend seiner Länge der Schale mit breiter Basis aufsitzt
und von dieser aus gleichmäßig zur Spitze ausläuft. Der Mucro
trägt in der Regel keine Incisuren.
Die ersten Antennen (mit 20—24 Ineisuren) sind wie bei
B. c. longicornis stets sehr lang (© —+ D = 900—1000, C ca. 180)
und variieren wie dort weitgehend ihrer Form®) nach; sie können
gleichmäßig gebogen, schwach hakenförmig oder schwach S-förmig
sekrümmt sein. Der Antennenstiel ist schräg nach hinten gerichtet
und die Antennenprojektion recht beträchtlich (Pr = 760—880).
Der Wert für die relative Schalenhöhe (H = 700-830) stimmt
auch gut mit dem von D. c. longicornis überein und der Dorsal-
kontur ist ähnlich wie bei dieser Form im allgemeinen recht gleich-
mäßig gewölbt, zeigt aber im Gegensatz zu DB. c. longicormis ge-
legentlich eine schwach buckelartige Auftreibung über der Mitte
der Längsachse. Die Stirn ist wie bei BD. c. longtcornis gleichmäßig
schwach gewölbt, der vordere Kontur des Rostrums aber weicht
insofern von dem der DB. c. longicornis ab, als er in fast gerad-
liniger Fortsetzung des vorderen Antennenstielkonturs verläuft,
mithin wenig gewölbt ist. Das Rostrum (A--B ca. 130) ist kürzer
wie bei D. c. longicornis und seine ventrale Begrenzung liegt infolge-
dessen im Gegensatz zu dieser Form stets höher als der ventrale
Schalenrand®). Das Auge ist im Gegensatz zu D. c. longicornis
2) In Schöpter’s Manuskripten findet sich folgende treffende Charakte-
risierung des Mucros: „Mucro lang, an der Basis stark, in der Regel etwa
mit dem hinteren Teile des Dorsalrandes gleichgerichtet, zuweilen aber in
fast gleicher Richtung mit dem Hinterrande“. An einigen Exemplaren beob-
achtete ich entgegen der Scuöpter’schen Diagnose 1—2 Dörncherincisuren
am Mucro.
3) ScHöpLer schreibt im Manuskript: Tastantennen sehr lang, in der
Regel gleichmäßig gebogen, mit dem Ende fast gegen den Mucro gerichtet“.
4) ScHöpLEr s Manuskript: „Rüssel kurz, stumpf, Spitze nicht bis zum
Niveau des Unterrandes reichend“.
N BR
u y IE
rn
Drei unbeachtet gebliebene Bosmina- Arten J. Ed. Schödlers. 265
klein (O ca. 55). Am schärfsten unterscheiden sich beide Formen
dadurch, daß bei f. affınıs Schalenretikulation stets vorhanden und
stets deutlich bemerkbar ist (an Kopf
und Rücken als Striatur ausgebildet),
während sie bei märkischen Longt-
cornis-Formen bisher nie beobachtet
wurde’). Junge Tiere und Embryonen
zeigen bedeutend stärkere Retikulation
als ausgewachsene Die absolute
Länge beträgt 650—810 u, ist also
größer wie bei B. c. longicornis.
Fundort: Väseldasjön im Kirch-
spiel Flisby nö. von Jönköping. Dieser
See liest 214,6 m ü. M. und erstreckt
sich 2,3 km in nordsüdlicher und 0,4
bis 0,8 km in westöstlicher Richtung.
(Generalstabens karta öfver Sverige,
Blatt 35, Jönköping;) ®).
Fangdatum: 3. August 1861 (Mat. CEDErsTRöm 1, 45 und I, 131).
Fig. 3.
B. c. longicornis f. affinis.
Maßangaben für B. c. longicornis f. affinis.
| T | H | C | D |o+0]| ) | au la+B| Pr
ne, & 700u| 785 180 790 ITL 55 291 150 832
mar...’ 72.7810 | 832 187 840 | 1008 70 306 146 878
na 708 168 714 900 — 246 — 768
SCHÖDLER . . | 660 u | 780 150 900 | 1050 — 300 — —
Der B. c. longicornis f. affinıs steht die Bosmina vom Kaja-See
in Oster-Götland (Mat. Ceperström Nr. 50) 15. August 1861, die ich
in meiner oben erwähnten Arbeit (1912, p. 38, Fig. 41a) beschrieben
und abgebildet habe, sehr nahe. Sie hat nur etwas kürzere Mucrones.
5) Das in meiner Arbeit (1912) p. 33 Anm. 2 erwähnte „alte, vermutlich
von SCHÖDLER gesammelte Longicornis-Material unbekannten Fundortes im
Zoolog. Museum Berlin, das sehr deutliche Schalenskulptur zeigte“ — waren
die von ScHÖDLER aus dem ÜCEDERSTRÖM’schen Material ausgesuchten Typen
von B. affinis.
6) SCHÖDLER gibt den Namen dieses Sees nicht an; vermutlich weil er
ihn auf der Ceverström’schen Etikettierung nicht entziffern konnte — was
mir zuerst auch nicht gelang. Dr. Sven Ekman (Jönköping) brachte mich
auf den Gedanken, daß es sich um den obengenannten kleinen See, der bei
einem Hof namens Johannesberg liegt, handelt. Nach diesem Hof hat
CEDERSTRÖM jedenfalls den kleinen See: Johannesbergsjön genannt. Die
Buchstabenzusammenstellung der CEDErstrRöm’schen Etikettierung läßt sich
nur als Johannesbergsjön sinngemäß lesen.
II:
966 F. E. RÜHe.
Die beiden beschriebenen Schöpuer’schen Formen stehen, wie
aus den gegebenen Beschreibungen hervorgeht, älteren Formen, die
nach heutiger Auffassung nur den Rang von Subspezies beanspruchen
können, so nahe, daß ich vorschlage, sie als formae diesen Sub-
spezies unterzuordnen?). Diese Auffassung, die ich oben schon
zum Ausdruck gebracht habe, soll kurz begründet werden, denn
man könnte eventuell auch vorschlagen, die betreffenden Formen
als selbständige Subspezies neben die älteren Subspezies zu stellen.
Dazu ist eine kurze Betrachtung über die Bedeutung des Sub-
speziesbegriffs in der Bosminensystematik nötig.
In fast allen selbständigen, biologisch isolierten Seen tritt
Bosmina coregoni in selbständigen Lokalformen auf, die sich im
baltischen Seengebiet allerdings meist nur an vollausgewachsenen
Hochsommertieren unterscheiden lassen. Man könnte also fast in
jedem dieser Seen — nötigenfalls mit Hilfe von experimentellen
Untersuchungen über die erblichen Eigenschaften der betreffenden
Seenformen — eine selbständige Subspezies als Bezeichnung der
Lokalform aufstellen. Es ist klar, daß mit einem solchen Unter-
nehmen, mit einer solchen ins Unabsehbare gehenden Schaffung
neuer Namen weder der Systematik noch der Tiergeographie noch
der Erblichkeitsforschung gedient ist. Die Forderung nach Über-
sichtlichkeit und nach Bewältigung des ganzen Formenstoffes er-
heischt vielmehr, daß ganze Gruppen derartiger Lokalrassen unter
gemeinsamer Bezeichnung zusammengefaßt werden, damit eine Ver-
ständigung über diese Formen möglich ist. Derartige Gruppen, die
natürlich erst nach Kenntnis einer größeren Anzahl von Lokal-
rassen und deren vollständiger Cycelomorphose aufgestellt werden
können, sollten nach meiner Auffassung die Subspezies innerhalb
der Art Dosmina coregonı sein, denn erst sie ermöglichen eine
systematische Übersicht über die Formenmannigfaltigkeit und tier-
geographische Vergleiche. Dabei ist es selbstverständlich, daß die
jeweils älteste der Formen, die zu einer derartigen Subspezies zu-
sammengezogen werden, der Subspezies den Namen zu geben hat.
Das ist von Bedeutung für die Betrachtung der im Jahre 1866
°) Es muß auffallen, daß ich zu ganz anderen Angaben über die Ver-
wandtschaft und die systematische Stellung der Scaöpter’schen Formen
(B. affinis und B. cederströmii) komme als SchöptLer. Das erklärt sich daraus,
daß Schöner die Stellung seiner schwedischen Formen nach skandinavischen
Formen (B. obtusirostris, B. longispina, B. lacustris) festzulegen bemüht war.
Da er letztere nur nach Beschreibungen kannte, mußte er zu falschen An-
gaben kommen. Sonst sind seine Diagnosen musterhaft klar und seine Maß-
angaben vollkommen exakt.
Far
-
De Sr
Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 267
von SCHÖDLER aufgestellten D. cederströmii. Diese Form gehört
zu der Formengruppe, die von mir (1912) als Subspezies B. c. kessleri
bezeichnet ist und vorher meist im Anschluß an LiuLseBore B. ce.
var. humilis (1887) oder B. mixta var. humilis (1901) genannt
wurde. Als älteste Form der Subspezies hat B. c. cederströmii
derselben den Namen zu geben. 5. c. kessleri ist also synonym zu
setzen mit BD. c. cederströmni. Also: ‚
B. c. cederströmii ScHönLer (1866).
. longicornis KEssLER (1868).
kessleri ULsAnın (1874).
. brevispina ULJANIN (1874).
c. var. humilis LiLLIJEBORG (1887).
. kesslerı Norpquist (1887).
. longispina var. ladogenis (?) Nornavıst (1887).
c. var. kesslerı Lınko (1899).
. mixta var. humilıs LILLJEBORG (1901).
Durch diese nomenklatorische Änderung wird an der Diagnose
der Subspezies nichts geändert; nur einige
der von mir (1912) angegebenen Zahlen-
werte der Subspeziesdiagnose sind zu er-
weitern. Für den Wert der relativen
Augengröße ist zu setzen: OÖ —= 35—90, als
Wert der relativen Antennenlänge: CD
—550—1125. Ich gebe im folgenden die
Beschreibung der ScHönLer’schen B. c.
cederströmn, die jetzt also als typische
Form der Subspezies B. c. cederströmii anzu-
sehen ist.
Die Hochsommerform von B. c. ceder-
strömm f. typica (Fig. 4) hat den für Formen
der Mixta-Gruppe charakteristischen kurzen,
rudimentären Mucro (Mu ca. 60), der keine
Ineisuren trägt, und vor dem sich eine nur
kleine Seta Kurzi befinde. Der kurze
Mucro ist nach hinten oder schräg nach
hinten — unten gerichtet. Die relative Schalenhöhe der f. typica be-
trägt H —= 800—936, im Mittel 880.
Die höchste Stelle des Dorsalkonturs, vor der sich eine
deutliche Dorsalkonkavität befindet, liegt hinter der Mitte der
Längsachse. Der hintere Dorsalkontur fällt gewölbt zur dorso-
kaudalen Schalenecke, die nur wenig hervortritt, herab. Das Auge
bb ui
Fig. 4. DB. c. cederströmii.
968 F. E. Rüne:! Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers.
der £. typica ist sehr klein (O0 = 35—52, im Mittel 45). Die Stirn 8)
ist gleichmäßig und ziemlich stark gewölbt (jedoch nie vorgebuchtet).
- Das Rostrum lang und spitz (A+B = 130—185), reicht aber
nicht bis zum unteren Schalenrand herab. Die 1. Antenne ist sehr
lang (CD = 960—1125, C ca. 170) mit 21—27 Incisuren und
gleichmäßig schwach gebogen; der Antennenstiel ist gerade nach
unten gerichtet. Infolgedessen ist die relative Antennenprojektion
gering (Pr = 320—570)°). Schalenskulptur deutlich.
L. 660 bis 780 ». 2
Fundort: Ostra Lägern-See in Oster-Götland, von der Land-
zunge Forsnäs aus gefangen. 665 m ü. M. Generalstabens karta
öfver Sverige 1885. Södra Delen. Blatt 36. Wimmerby. Der
Östra Lägern-See erstreckt sich 6—7 km in west-östlicher, 4-5 km
in nord-südlicher Richtung.
Fangdatum: 8. August 1865 (Mat. Cederström II, 2).
Maßangaben für B. c. cederströmiit.
| See
c+D]| o | Mu la+B]| Pr
Mes ene 7151 872 169 883 1052 45 68 154 487
Max. . . . .|780#| 936 J 182°] — Tıl2s | 53 4 2 Ds
Min... . „. 21 WORT 788 154 _- 962 35 — 129 324
SCHÖDLER . . [660 | 825 150 = 1050 | — 60 = _
Die Subspezies D. c. cederströmii ist, wie bekannt, durch Kon-
tinuierlichen Übergang verbunden mit B. ce. lilljeborgii. Eine solche
Übergangsform fand ich im SchöpLEr-ÖEDErsTRöm’Schen Material im
Flisjön aus Norbotten. VII. 1864 (Mat. Cederström I, 2).
Im Anschluß an die Beschreibung der drei bisher unbeachtet
gebliebenen SchöpLer’schen Bosminenformen sei darauf hingewiesen,
daß ScHönLer im Jahre 1864 ebenfalls in den Sitzungsberichten der
Ges. Naturf. Freunde Berlin zwei weitere bisher übersehene Bos-
mina-Arten aufgestellt hat: Bosmina Sarsır und Bosmina rotundata.
In den Sitzber. vom 16. Februar 1864 findet sich folgender
Passus: „Herr ScHönLEr ... zeigte zwei neue Bosminiden vor, welche
er als Bosmina Sarsii und B. rotundata näher charakterisierte
und an vorgelegten Zeichnungen mit den zunächst verwandten
Arten eingehender verglich.“
°) SchöpLer Manuskript: „Kopf in der Stirnkante gleichmäßig konvex
gebogen, am stärksten vor dem Auge.“ „Tastantenne sehr lang, gleichmäßig
flach gebogen.“
°), Ich fand im ScHöDLer-CrDerström’schen Material ein aberrantes Indi-
viduum, das stark hakenförmig gekrümmte Tastantennen besaß, deren Spitze
bis unter den Mucro reichte.
Kart W. VERHOEFF: Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 269
Da diese neuen Arten in den Sitzungsberichten ohne Diagnose
oder nähere Beschreibung auftreten, können sie als nomina nuda
keinen Anspruch darauf erheben, bei der Namengebung berück-
sichtigt zu werden. Da es aber interessieren dürfte, was für Formen
SCHÖDLER mit diesen Namen bezeichnen sollte, so sei bemerkt, daß
SCHÖDLER, wie aus seinen Manuskripten hervorgeht, mit 3. rotundata
die später unter dem Namen D. rotunda ScHönLer 1865 beschriebene
Form und mit dem Namen 2. Sarsıi die BD. longicornis ScHhönLer 1865
gemeint hat. Der Name 5. Sarsii findet sich noch einmal in den
Sitzber. Ges. Naturf. Freunde Berlin vom 21. Juni 1864. SCHÖDLER
teilt hier mit, daß ihm die Ürperströmssche Sammlung zur Be-
arbeitung angeboten ist und, daß er gleichzeitig schon die oben
erwähnten Conzeptzeichnungen von CEDERSTRöM erhalten habe. Nach
diesen Zeichnungen von der Hand ÜEDERsTRöNn’S Sind, wie SCHÖDLER
bemerkt, „mehrere der D. gibbera und B. Sarsiıw verwandte Bos-
miniden“ im ÜEDERSTRÖM schen Material enthalten.
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz).
Karı W. VERHOEFF, Pasing bei München.
Dazu 9 Figuren.
Im Zoologischen Anzeiger Dezember 1912 gab ich, veranlaßt
durch Dendromonomeron m., auf S. 73 eine neue Übersicht für die
drei Tribus der Craspedosomiden-Unterfamilie Attemsirnae VERH.
Im folgenden mache ich eine neue Gattung der Tribus. Polyphe-
matiinv bekannt !), durch welche meine Behauptung a.a.O., daß diese
„eine der wichtigsten Charaktergruppen der Ostalpen“ darstellen,
eine bedeutsame neue Stütze erhält.
Es werden bald 20 Jahre, seit ich in Steiermark bei Semriach
(nördlich von Graz) leider nur in einem einzigen weiblichen Stück,
einen mir rätselhaften Diplopoden gefunden habe, der mir noch
nirgends wieder vorgekommen ist. Meine Hoffnung, daß einer der
Zoologen Osterreich-Ungarns über dieses Tier Aufklärung bringen
würde, hat sich in allen den Jahren nicht erfüllt. Erst im Herbst
1912 gelang es mir selbst, in dem salzburgischen Gebirge einen
Craspedosomiden ausfindig zu machen, welcher mit jenem Steier-
märker unzweifelhaft nahe verwandt ist, worüber das Folgende den
Ausweis bringen soll.
!) Die Definition der Polyphematiini ist mit Rücksicht auf die neue Gattung
etwas zu erweitern.
270 KArL W. VERHOFFF.
Syngonopodium n. 2.
Körper vom Habitus der Craspedosomen, also ohne Sigel?
liche Seitenflügel, in den Seiten der Metazonite mit abgerundeten,
buckelartigen Auftreibungen. Rumpf mit 30 Ringen, vorn und
hinten nur mäßig verschmälert. Im Vergleich mit Craspedosoma
ist der Körper jedoch entschieden schlanker und erinnert sowohl
hierin als auch in der vorwiegend bräunlichen Farbe etwas an
Orthochordeuma. Die buckelartigen Auftreibungen ragen stärker
heraus als bei den Craspedosomen, erinnern also mehr an die
Fig. 1. Syngonopodium n. g. aceris n. Sp. Ö.
Fig. 1a: Hygrometerborste und 4 einfache Tastborsten aus dem 7. Antennen-
glied, >< 220. Fig. 1b: Sternit und Hüfte des 7. männlichen Beinpaares von
vorn gesehen. 2 Vorderrandleiste, lo Seitenlappen des Sternit, «a Außen-,
pr Endfortsatz der Hüfte, der mit dem ersteren verbundene Hinterfortsatz ist
punktiert angedeutet, >< 125. Fig. 1c: Hinterfortsatz (i) durch tiefe Bucht
vom Außenfortsatz (a) getrennt, beide von hinten her dargestellt, >< 125.
der Pyrgocyphosomen. Die Pleurotergite der Männchen sind
bekanntlich bei Uraspedosoma und Pyrgocyphosoma in der Rücken-
mitte paramedian durch zwei große Bogen ausgezeichnet, in welche
die Duplikatur des Hinterrandes nach vorn vorragt. Diese bogigen
Vorragungen fehlen bei Syngonopodium vollständig, d. h. beide
Geschlechter zeigen in dieser Hinsicht keine Verschiedenheit. Hin-
sichtlich der vorwiegend kurzen Macrochäten und ihrer sehr kleinen
Knötchen herrscht Übereinstimmung mit Craspedosoma.
Hinsichtlich der Länge ihrer Glieder nehmen die Antennen
eine Mittelstellung ein zwischen Attemsia und Dendromonomeron,
r
.
.
s
= j
Dr
%
vi
1;
he
i»
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 971
d. h. sie sind länger als bei der letzteren und kürzer als bei der
ersteren Gattung. Die Längen der Glieder 1—5 verhalten sich =
1:3:6:3:6. Das 6. Glied etwa 1?°/, mal länger als breit, 7. Glied
1?/; bis doppelt so lang wie breit, 5. Glied gegen das Ende all-
mählich verdickt, aber doch etwas keulig, wenn auch nicht so auf-
fallend wie bei Dendromonomeron.
3.—6. Beinpaar des S an Coxa und Präfemur ohne Spitz-
höckerchen. 3.—7. Beinpaar am Tarsus reichlich und bis an die
Fig. 2. Syngonopodium n. g. aceris n. sp. d.
Fig. 2a: Vordere Gonopoden nebst Sternit von vorn gesehen. c#£ seitliche
Lappen des Syncoxit, te Telopodite, welche durch die Querbrücke (sy) ver-
wachsen sind, k Endknoten, z Zahn vor demselben, bl mantelartiges Blatt,
welches die Syncoxitlappen umfaßt, » Wülste in der inneren Aushöhlung
der Telopodite, me mittleres Verbindungsstück, lo Seitenlappen des Sternit,
>x< 125. Fig.2b: Eingekrümmter Endarm eines Telopodit der vorderen Gono-
poden, k Endknoten, z Zahn vor demselben, >< 220. Fig. 2c: Hervorgepreßter
Coxalsack aus dem 8. Beinpaar des $ mit Sperma, >< 220.
Kralle mit Haftbläschen besetzt. 8.—10. Beinpaar viel schlanker,
was sich namentlich im letzten Drittel zeigt, welches keine Bläschen
besitzt und auffallend dünner ist als der übrige Tarsus, welcher
fast bis an den Grund Bläschen trägt. |
Die Hüften am 7. Beinpaar des JS sind sehr originell
gestaltet, wie sie sonst von keiner Diplopoden-Gattung bekannt
sind. Während sie außen nur in einen Fortsatz ausgezogen sind,
finden sich innen deren zwei (Fig. 1b), welche durch eine sehr tiefe,
quere Einsenkung vollkommen voneinander geschieden sind. Das
Sternit ist in einen langen Fortsatz ausgezogen, welcher annähernd
so weit wie die inneren vorderen Hüftfortsätze herausragt. Prä-
272 KARL W, VERHOEFF,
femura des 7. Beinpaares nur wenig verdickt und nach innen nicht
erweitert, gegen die Coxa scharf abgesetzt; der Trochanter ist ver-
° kümmert.
Das 7. Pleurotergit des J ist unten (ähnlich Dendromonomeron)
in einen großen hornartigen Fortsatz ausgezogen.
Auch die hinteren Gonopoden erinnern sehr an diejenigen von
Dendromonomeron. Sie bilden einfache längliche, in zwei Abschnitte
abgesetzte Glieder, welche von ihrem Sternit deutlich getrennt
sind, in der Grundfläche sich in der Mediane berühren, in der End-
hälfte ein Borstenbüschel tragen (Fig. 3 und 4).
Zu den wichtigsten Eigentümlichkeiten von Syngonopodium
gehören die vorderen Gonopoden, deren Beschaffenheit den
Gattungsnamen verursachte. Ihr Sternit ist niedrig, aber ganz un-
sewöhnlich breit, während die Gonopoden selbst eine außerordent-
liche Verwachsung aufweisen (Fig. 2a). Die abgerundeten und
hakig nach innen gebogenen Telopodite (Ze) erinnern noch etwas
an diejenigen von Attemsia, aber es sind keine frei beweglichen
Cheirite, vielmehr sind diese Organe in der Mitte durch eine ziemlich
breite Brücke (sy) miteinander verwachsen. Im Zusammen-
hang damit ist das Syncoxit verhältlich schwach entwickelt und
besitzt nur jederseits ein zartes aufragendes Blatt, es fehlt also,
im Gegensatz zu Dendromonomeron, vollständig der unpaare in
einen Fortsatz ausgezogene Syncoxitaufsatz, welcher für letztere
(Gruppe charakteristisch ist.
Syngonopodium aceris n. Sp.
SO 122), mm. 9 14 mm lang. Körper größtenteils hell schoko-
ladenbraun, die Seitenbuckel und die Gegend der Innenmacrochäten
durch graue Fleckchen aufgehellt. Kopf bei 8 und © gewölbt,
dicht und ziemlich lang beborstet. Ocellen in großem Dreieck an-
geordnet, tief schwarz, etwa 29. Rücken glatt und glänzend. Die
drei Macrochäten bilden ein sehr stumpfwinkliges Dreieck, so dab
sie fast in einer Querlinie liegen, die mittleren annähernd in der
Mitte zwischen den zwei andern, die Mittelmacrochäten befinden
sich innen oben und vorn, die Hintermacrochäten außen, unten und
hinten an den Buckeln. Die Macrochäten sind fein und meist recht
kurz, nur an den vordersten und hintersten Ringen länger.
Bei mikroskopischer Betrachtung zeigen die Prozonite Zell-
struktur und zerstreute deutliche Drüsenporen, die Metazonite sind
in der Rückenmitte glatt, gegen die Unterlappen zu vermehrt sich
die Zellstruktur allmählich und ist an diesen selbst, also unter dem
Ende der gekerbten Naht überall recht deutlich. Hinten erheben
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 273
sich viele Zellfeldchen in ein kleines Knötchen und durch diese
wird am Hinter- und Unterrand eine feine Säge oder Kerbe ge-
bildet. Also verhalten sich wenigstens die vordersten Pleuro-
tergite hinter dem Collum.
Am 1. und 2. Beinpaar des © sind Coxa und Femur innen mit
Wärzchen reichlich besetzt, innen an der Uoxa des 2. Beinpaares
sind sie ziemlich spitz. Auch am 3. Beinpaar finden sich deutliche
Wärzchen innen an Coxa, Präfemur und Femur, am 4.—6. Bein-
tea?
TE nun Z
ca? var
Fig. 5. Syngonopodium aceris n. Sp. 2.
Fig. 5a: Cyphopoden von unten und hinten her dargestellt (die Beborstung
wurde fortgelassen), mp Mittelplatte, A Höcker derselben, teaı vorderer,
tea hinterer Teil des Telopoditaufsatzes, vb? vorderer, vba hinterer Verschluß-
bügel, vae Eingang in die Vagina, cli, vorderer, clis hinterer Coxitwulst, beide
getrennt durch die Coxitgrube c/o, «& mediane Verwachsungsrinne, rlı vorderer,
rl» hinterer Bandlappen, z/v vorderer Zahnlappen, ><125. Fig. 5b: Die beiden
neben der Coxitgrube sitzenden Zahnlappen, > 220.
Pr . ae
2
paar dagegen nur noch Spuren derselben, außen am Präfemur
des 4. fehlen sie.
Die Cyphopoden des Oo (Fig.5a) sind durch eine mediane
Verwachsung der Cyphocoxite ausgezeichnet. Dieselbe kommt
vor allem dadurch zum Ausdruck, daß sich vorn eine Mittelplatte
_ vorfindet (mp), welche in der Mitte vorn abgestutzt und jederseits
abgeschrägt ist, eine feine Medianlinie und jederseits einen nach
hinten herausgewölbten Höcker (h) trägt. Gegen die übrigen
Cyphocoxite ist diese Mittelplatte deutlich abgesetzt, die Telopodite
aber hat sie auffallend nach außen herausgedrängt, so daß diese
statt der gewohnten vorderen eine mehr äußere Lage einnehmen.
Schließhöckerchen und Grübchen zwischen Coxit und Telopodit habe
ich nicht beobachtet. Die annähernd sichelartig gekrümmten Telo-
274 KArL W. VERHOEFF.
podite besitzen einen in der Mitte (vb Fig. 6) fast rechtwinklig
geknickten Verschlußbügel und einen sehr niedrigen Aufsatz. Durch
die Knickungsstelle werden beide in einen vorderen und hinteren
Abschnitt abgesetzt. Beide Teile des Aufsatzes tragen Tastborsten
verschiedener Länge (tea, und 5). Die Cyphocoxite enthalten
eine quergestellte Coxitgrube (c/o Fig. 5a), durch welche sie in
einen vorderen und hinteren Wulst abgesetzt werden. Der Vorder-
wulst schließt sich nach hinten an die Mittelplatte an. Er besteht
aus einem inneren beborsteten Feld, welches nach hinten in einen
die Coxitgrube überragenden, zweispitzigen Zahnlappen (ziv) aus-
77 ’ Fig. 7.
Fig. 6. Syngonopodium aceris n. Sp. 9.
Syngonopodium aceris D. SP. 9. Mittelplatte (mp) mit Höckern (h) und
Rechtes Cyphopodentelopodit von Gruben(g) nebst anstoßenden vorderen
hinten gesehen, >< 125. va Vagina, Coxitwülsten von unten her gesehen,
Bezeichnung sonst wie bei 5a. v Vorder-, A Hinterende, >< 125.
gezogen ist und einer äußeren Verdickung (vx), welche nach hinten
und außen von einem zarten, unregelmäßig gerunzelten Bandlappen
überragt wird (rl, Fig. 5a und 7).
Der Hinterwulst (cli,), welcher sich hinter der Coxitgrube
befindet und in einen nach vorn gerichteten kleineren Zahnlappen
(zih Fig. 5b) ausgezogen ist, besitzt nur in dessen Nachbarschaft
einige lange Borsten. Außen wo er im Bogen quer hinter der
Coxitgrube sich gegen die Hinterhälfte des Telopodit erstreckt, be-
sitzt er am Rande ebenfalls einen zarten Bandlappen (rl,). Es
scheint, daß nach außen in der Coxitgrube auch eine Drüse mündet,
doch habe ich dieselbe nicht deutlich beobachten können. Unter
dem Vorderrand des Vorderwulst bemerkt man hinter den Höckern
der Mittelplatte eine dick umwallte, nach vorn geöffnete Grube
jederseits (g Fig. 7).
TER
Bewegung derselben gegen das Sternit offen-
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 275
Das Sternit am 7. Beinpaarsegment des 9 (Fig. 1b) besitzt
vorn eine zarte Querleiste (l), welche jederseits in einen kleinen
Seitenlappen (lo) übergeht. Der große ziemlich spitz auslaufende
Fortsatz des Sternit ist erheblich länger als die Seitenlinie des-
selben. Er reicht nach außen ungefähr so weit wie die starken
vorderen Innenfortsätze (pr) der Hüften, welche durch eine Bucht
außen vom Gelenk des Telopodit abgesetzt sind. Der Außenfortsatz
(a) ist viel kürzer, umfaßt aber von außen das Telopoditgelenk.
Durch eine tiefe und weite Bucht (Fig. 1ec) wird er vom hinteren
Hüftinnenfortsatz getrennt, welcher ein
wenig sich nach außen neigt und an Länge
hinter dem vorderen zurückbleibt.
Der beborstete, fast kugelige End-
abschnitt der hinteren Gonopoden (Fig. 3)
ist durch eine leichte Einschnürung (=)
gegen den Grundabschnitt abgesetzt, davor
findet sich an der Hinterfläche ein feiner
Querstrich. Vorn ist der Grundabschnitt
grubenartig ausgehöhlt (fo). Im Innern der |
| 3
’ | ee |
) R I |
hinteren Gonopoden bemerkt man, soweit 1 ® Js
sie in der Mediane aneinanderstoßen, einen rm Te
röhrigen Längsstrang. Einige Muskelfasern 7
ziehen an den Grund der hinteren Gono- | To) Si:
poden (m), doch sind sie so blaß, daß die. )
7
bar ganz unbedeutend ist. Fig. 3.
Die Seitenlappen (lo Fig. 2a), in welche Kagel n. g. aceris
n. Sp. d.
das Sternit der vorderen Gonopoden seitlich
ausgezogen ist, ragen ungewöhnlich weit
vor und sind in der Mitte durch eine nur
schmale, niedrige Querstrecke verbunden
(me). Die dicken Telopodite sind außen und
am Ende abgerundet und verschmälern sich
schließlich, indem sie ganz nach innen ab-
biegen, in einen dünnen Endarm, welcher mit
Hintere Gonopoden nebst
Sternit (v) von vorn her
gezeichnet, m schwache
Hüftmuskeln, {rt Tracheen-
taschen, no Anschwellung
mit Borstenbüschel, x Ab-
setzungsstellen, fo Aus-
höhlung, >< 180.
einer kleinen Knopfartigen Anschwellung endigt (k). Am Grunde
des Armes bemerkt man einen kurzen nach außen zurückgewendeten
Zahn (z). An der Vorderfläche der Telopodite zieht sich eine vor-
ragende Kante hin, welche am Zahn beginnt und der Biegung des
Telopodit entsprechend sich ebenfalls umkrümmt und bis zur Basis
gelangt. Innen sind die Telopodite tief ausgehöhlt. In diese
Höhlung ragt ein längliches, abgerundetes Kissen hinein (w) und
276 KARL W. VERHOEFF.
hinten wird sie umrahmt und abgeschlossen durch ein mantel-
artiges Blatt (bl), welches in Fig. 2a größtenteils verdeckt ist.
Die Grundabschnitte der Telopodite und mit ihnen die inneren
Kissen werden zu einem Ganzen miteinander verbunden durch eine
ziemlich breite Querbrücke, durch welche zugleich eine Be-
wegung der Telopodite gegeneinander unmöglich gemacht wird.
Das Syncoxit ist scheinbar nur von schwacher Ausbildung,
indem es nur aus zwei gablig auseinandergebogenen, blattartigen
und länglichen Lappen zu bestehen scheint (ci), welche einen
etwas unregelmäßigen und mit einigen winzigen Spitzchen be-
setzten Endrand von zarter Beschaffenheit aufweisen. Auf Grund
eines Vergleichs mit den vorderen @onopoden von Dendromonomeron
(über welche ich Näheres im 56. Aufsatz, S. 78 des Zoolog. An-
zeigers gegeben habe), komme ich jedoch zu dem Schluß, daß wir es
in den vorderen «onopoden von Syngonopodium mit sehr abgeleiteten
Verhältnissen zu tun haben. Bei Dendromonomeron (vgl. a.a.0.
Fig. 6) besteht das Syncoxit aus vorderen Kissen, hinteren Kissen und
Aufsatz mit Endgabel. Die Kissen sind bei Syngonopodium
in die Querbrücke umgebildet worden, so daß also auch
ursprünglich diese als ein Stück des Syncoxit zu be-
trachten ist. Während aber der Aufsatz bei Dendromonomeron
im wesentlichen unpaar geworden ist, blieb er bei Syngonopodium
bis zur Querbrücke herunter in zwei Hälften getrennt. Diese Syn-
coxithälften nehmen übrigens eine sehr geschützte Stellung ein, da
sie ringsum von den Teilen der Telopodite umgeben werden, nach
endwärts von den Armen, vorn von den Kissen und hinten von’den
mantelartigen Blättern. Trotz der anscheinend sehr großen Ver-
schiedenheit der vorderen (onopoden von Dendromonomeron und
Syngonopodium läßt sich also doch eine nähere Verwandtschaft
nachweisen. Coxaldrüsen sind auch bei Syngonopodium als ge-
drungene und gewundene Massen oberhalb des Syncoxit vorhanden
und scheinen im Bereich der Querbrücke zu münden.
Die Unterzipfel vom 7. Pleurotergit des J sind in starke, all-
mählich verschmälerte Fortsätze ausgezogen, welche dem Hinter-
rand genähert sind, nach innen gerichtet und mit Zellstruktur ver-
ziert. Die Hüften am 8. und 9. Beinpaar des J entbehren der
Fortsätze, aber die großen Öoxalsäcke enthalten zahlreiche runde,
auffallend große Spermazellen (Fig. 2c).
Vorkommen: Auch diese Gattung entdeckte ich am 22. X. 1912
westlich von St. Gilgen am Wolfgangsee in den Steinklüften, ge-
meinsam mit der im 58. Aufsatz beschriebenen Gattung Listro-
cherritium (Zool. Anzeiger, Febr. 1913). Diese Craspedosomiden
j
.
{
}
ee sie
|
FB
W
ei
K | BEN Pe ee
ee 7"
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 277
scheinen jedoch nicht häufig zu sein, da ich trotz stundenlanger
Tätigkeit nur drei Stück auffinden konnte, und zwar 1 JO und 2 0
zwischen Kalksteinblöcken unter tiefem und feuchtem Laub von
Acer und Fagus. April 1913 habe ich abermals (etwa 5 Stunden)
die Steinklüfte durchsucht, und zwar teilweise dieselben Stellen
wie im Herbst zuvor. Während ich jedoch von Zistrocheiritium
eine Anzahl Individuen wiederfand, war von Öngonopodium nichts
mehr zu sehen, und zwar weder aceris noch pallidum. Es ist
wahrscheinlich, daß diese Gattung zu den Herbsttieren gehört.
Anmerkung: Daß Syngonopodium auch von Polyphematia
ATTEMmS generisch verschieden ist, kann trotz der etwas spärlichen
Angaben, welche bisher über letztere Gattung _
vorliegen, nicht zweifelhaft sein. Ich erwähne \
hl u,
lir I: #
ws
nur, daß der Bau der Hüften des 7. männlichen
Beinpaares ein recht abweichender ist, insbe- NR
sondere fehlt bei Polyphematia der Hüftaußen- | = Wer N
fortsatz, während der vordere innere gegen den |, \\ 14 777
Grund verschmälert, der hintere verbreitert ist, IE; \\/f Ma
so daß das Verhältnis der Ausdehnung der beiden | |
inneren Fortsätze dem von Syngonopodium gerade ss |ı ei“
entgegengesetzt ist. Während über die vorderen
Gonopoden von Polyphematia keine genügende Idee |
Klarheit herrscht, bestehen die hinteren „aus LAN
drei Gliedern“. Larzer spricht übrigens in der -
Beschreibung seines „aus einem Hochgebirgs-
tale Steiermarks“ stammenden moniliforme von Euronen
aceris, pallidum
„schlittenförmig gestalteten“ vorderen Gonopoden n. subsp. &.
und schildert „die inneren Paare“ als „an der Hintere Gonopoden
Basis verwachsene Schenkel“. Letztere könnte von vorn her ge-
man auf die Telopodite der vorbeschriebenen Sehen, < 180. (Be-
£ ; £ zeichnung wie vor-
Gattung beziehen. Wenn er jedoch „auswärts“ her.)
von denselben noch „ein mehrspitziges gewundenes
Blatt“ beschreibt, so haben wir für dasselbe bei Syngonopodium
nichts Entsprechendes, ausgenommen wenn wir annehmen, dab sich
LaATzen geirrt hat und das gewundene Blatt nicht auswärts, sondern
einwärts gelegen ist.
>
NN
Fig. 4.
Syngonopodium aceris pallidum n. subp.
d 121/, mm lang mit 28—29 Ocellen. Stimmt mit acerıs
sonst in jeder Hinsicht überein, unterscheidet sich aber äußerlich
durch den hellgraubräunlichen, übrigens in derselben Weise hell
gefleckten Rücken. Während auch hinsichtlich der vorderen Gono-
278 KARL W. VERHOEFF.
poden und des 7. Beinpaares des S vollkommene Übereinstimmung
herrscht, weichen die hinteren Gonopoden durch folgendes ab: Die
Endabschnitte (Fig. 4) sind länglicher, nicht kugelig und gehen
schon ungefähr in der Mitte auseinander. Auch die Absetzung
von Grund- und Endabschnitt (x) befindet sich gleich hinter der
Mitte. Innen am Endabschnitt liegt ein deutliches Grübchen (y),
in welchem der röhrige, die Gonopoden innen durchziehende Strang
mündet. Ob es sich hier um den Kanal einer Hüftdrüse handelt,
was wahrscheinlich ist, kann ich vorläufig nicht entscheiden. (Bei
aceris habe ich diese deutlichen Grübchen nicht beobachtet.)
Vorkommen: Ein J dieser offenbar mehr subterranen Form
fand ich ebenfalls in den Felsklüften bei St. Gilgen, und ‚zwar
unter einem Haufen modernder Zweige am Fuß einer Felswand,
übrigens an einer Stelle, welche keinem oder nur sehr kurzem
Sonnenschein ausgesetzt ist, während aceris an einer genügend
belichteten, etwa halbschattigen Stelle vorkam.
Syngonopodium styricum n. sp. 9 [n. subgen.?]
o von 13', mm Länge und 30 Rumpfringen. Im allgemeinen
dem S. aceris höchst ähnlich, aber etwas heller braun und die
hellen Fleckchen kleiner und weniger auffallend. Der Körper er-
scheint dadurch, daß die seitlichen Buckel der Rumpfringe
entschieden schwächer sind, noch etwas schlanker. Am 3. Bein-
paar des 9 die Coxa innen ohne, Präfemur und Femur mit Wärzchen,
am 4. Beinpaar Präfemur innen und außen mit spitzigen Wärzchen,
wenige auch am 5. und 6. Beinpaar.
Die Innentaster mit 1—- 3 Sinneszäpfchen, wie bei aceris. Die
Verrucae fissae sind ebenfalls dreispitzig, aber die Spitzen gehen
nicht gleichmäßig auseinander (wie bei aceris), sondern die beiden
inneren Spitzen sind einander genähert.
Es ist bemerkenswert, daß styricum, trotz der im übrigen weit-
gehenden Übereinstimmung mit aceris, einen recht abweichenden
Bau der Oyphopoden aufweist. Es zeigt sich das vor allem darin,
daß die Telopodite nicht nach den Seiten gedrängt sind, sondern
die typische Vorderlage beibehalten haben (Fig. 8 te), daher in der
Mediane (md) aneinanderstoßen. Ferner vermissen wir die für
acerıs beschriebene Mittelplatte, eine Tatsache, welche der eben
genannten vollkommen entspricht. Die Telopodite von styricum
sind noch schmaler als bei der vorigen Art, annähernd sichelartig
gestaltet und besitzen eine einzige, quere, wimperartige Reihe von
Tastborsten. Eine wichtige Übereinstimmung mit den aceris-Cypho-
poden zeigt sich immerhin in der starken Verwachsung der
MARI 1%
r RI Ve nie
Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 279
Cyphocoxite. Dieselbe wird jedoch statt der vorderen Mittel-
platte durch einen mittleren Sattel hervorgerufen, durch welchen
außerdem Vorder- und Hinterwulst getrennt werden (sa Fig. 8
und 9). Von diesem Sattel ist bei aceris nichts vorhanden, man
kann höchstens eine kleine Schrägkante (4 Fig. 5a) als Andeutung
desselben betrachten. Der Sattel unterscheidet sich von der Mittel-
platte bei aceris, abgesehen von der Lage, ferner dadurch bedeutend,
daß er in der Mitte nicht abgestutzt, sondern eingebuchtet ist, daß
md) nn ihm Höcker und Gruben voll-
N kommen fehlen, dagegen jederseits
4 lange Tastborsten auf einer Er-
hebung stehen. Die Vorderwülste
(eli Fig. 8) werden in der Mediane
ae Pop durch eine Längsrinne gegen-
Fig. 8.
Syngonopodium styricum n. Sp. 2.
Cyphopoden von unten und vorn her
dargestellt, md mediane Verbindung
der Telopodite (te). Zwischen Telopodit
und Coxit, also in den Vaginaeingang
(vae) ist ein Spermatophor (sph) ein- Fig. 9.
geklemmt. cliı Vorderwülste, sa Sattel Syngonopodium styricum n. Sp. 9.
zwischen und hinter denselben, rlı Cyphocoxite von hinten gesehen,
vorderer, rls hinterer Bandlappen, ><125. Bezeichnung ebenso, >< 125.
einander abgesetzt, welche nach hinten in die Sattelbuchtung aus-
läuft. Zahnlappen fehlen an beiden Wülsten vollständig. Der
Vorderwulst, welcher außen wieder eine Verdickung und daneben
eine Rinne besitzt, ragt dagegen nach hinten außen abgerundet-
eckig vor und diese ganze Vorragung wird von einem zarten, fein
gerunzelten Bandlappen begleitet, übrigens ist der Vorderwulst un-
beborstet. Im Vergleich mit aceris sind die Hinterwülste bei
styrıcum weit mehr nach hinten herübergeschoben, so daß man die
Cyphopoden ganz von hinten betrachten muß (Fig. 9), um jene
übersichtlich zu erkennen. Sie verschmälern sich hinter dem Sattel
gegen die Mediane und sind vorn tief ausgebuchtet. Nur innen
neben der Bucht sitzen einige lange Borsten. Außen ragt der
280 Karı W. VERHOEFF: Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz).
Hinterwulst mit einem Vorsprung über diese Bucht hinaus und ist
wieder mit einem Bandlappen gesäumt (r2?). Starke Muskeln strahlen
in beiden Wülsten gegen die Coxitgrube aus, welche etwas versteckt
liegt zwischen den übereinander nach hinten gedrängten Wülsten.
Sie wird jederseits schützend umgeben (c/o) von den Bandlappen
beider Wülstee An dem einzigen Q, welches mir zur Verfügung
steht, war jederseits in die Vaginalspalte ein gelbbräunliches
Spermatophor eingeklemmt (Fig. 8 sph).
Vorkommen: Wie schon oben erwähnt, fand ich das einzige
styrıeum 9 1894 nördlich von Graz im Kalkgebirge von Semriach
an einem Waldrand nicht weit von der damals vielbesprochenen
Luelochhöhle oder Lurgrotte.
Anmerkung: Es kann natürlich erst durch Auffindung des C
der endgültige Beweis geliefert werden, ob styricum wirklich zu
Syngonopodium gehört oder etwa zu Polyphematia, über dessen ©
nichts bekannt ist. Es liegt ferner die Möglichkeit vor, dab
styrıceum Vertreter einer neuen Untergattung ist, welche zu einer
dieser beiden Gattungen gehört.
Höchst wahrscheinlich ist auch Allorhiscosoma VERH. (vgl. den
26. Diplopodenaufsatz 1907 in den Mitteil. a. d. zool. Mus. in Berlin,
S. 329 und 330) ein naher Verwandter von Syngonopodium und
Polyphematia. Auch von dieser Gruppe ist bisher leider das S
nicht bekannt geworden. Allorhiscosoma sphinxz erinnert äußerlich
sehr an Syngonopodium aceris, ist aber eine kräftiger gebaute
Form, deren Seitenbuckel noch stärker herausragen, daher mit
styricum unmöglich zu verwechseln. Es fehlen ferner bei sphinz
die Fleckenzeichnungen, die Hintermacrochäten ragen stärker nach
hinten heraus, während sich an den Mittelmacrochäten ein kleines
Grübchen und Fältchen vorfindet, welches bei aceris fehlt. Außer-
dem sind die Cyphopoden von sphinz durch in der Mediane sich
berührende Telopodite ausgezeichnet (Fig. 64 a.a.0.), so daß sie also
ebenfalls keine Mittelplatte besitzen. Syngonopodium aceris und’
styrıcum sowie Allorhiscosoma sphinz sind also Arten, welche sich
schon im weiblichen Geschlecht unschwer unterscheiden lassen.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. April 1913. 281
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. April 1913.
F. NIEDEN: Ohamaeleon fischeri und seine Unterarten (s. S. 231).
A. BRAUER: Demonstration einiger anatomischer Präparate von
Wirbeltieren.
L. HONIGMANN: Über Orientierungssinn bei Amphibien (Referat).
P. CLAUSSEN: Über einen neuen interessanten Versuch mit der
Mucorinee Phycomyces nitens.
W. WETEKAMP: 1. Vorlegung eines brasilianischen Bockkäfers
mit büschligen Fühlern.
2. Bemerkungen über südamerikanische Spinnen
und Heuschrecken.
A. BRAUER: Referat über KonLsruccr’s Schrift: Goethe als Natur-
forscher. |
Druck von A. Hopfer in Burg b. N.
+
N ER Be Ar
„ns. 257, - > Fr
# %r ö
ie d FR
Auszug aus den Gesetzen
der
Gesellschaft Naturforschender Freunde. 3
zu Berlin.
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der
Biontologie.
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- 2
lichen und Ehrenmitgliedern. }
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach °
den durch Königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister.
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und
Einladungen zu den Sitzungen zahlen die auberordentlichen °
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- °
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen. °
u a ee te. En
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit’ Ausnahme
der Monate August und September am 2. und 3. De ;
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, E
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind“
an den Sekretär, Herrn Dr. K. VASEE Berlin N fa
Invalidenstr. 43, zu richten. Ss
DEC 6 196
3932
a ‚Sitzungsberichte
3 > Gesellschaft.
= Pb 70 6 (ri
Natu Horschender Bande
2 2 0 zu Berlin.
2 u Mai Jun! 1913,
: i INHALT: | BZ
| No. 5.
\ Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere.
© Von Dr. De ge en De ee, 283
Bemerkungen zur Synonyimie und Systematik der Leporiden und Beschreibung
eines neuen chinesischen Kaninchens. Von Hans Leo HonigGmanN » . » . 293
Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege im mensch-
Plelien? Aus6;° Von. GERÜNBEBe 2... 8 re an ee nn» 298
\ Zweite wissenschaftliche Sitzung am 17, Juni 1913... . . . are gr IRQ
BERLIN.
In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN,
NW CaArustrasse 11.
4 1913,
67
OOIBOK EOS EU
Eelltsdolhehia > |
DEE 6 ik
1,2 a Fe 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 20. Mai 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATscHiE.
Herr M. HırzHEımer sprach über Gepparden und ihre Nomenklatur.
Fräulein M. Zu£Lzer sprach über Encystierung.
Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur
dieser Tiere.
Von Dr. Max HiLzHEImEr.
Gelegentlich eines Aufenthalts in Berlin fielen mir im zoolo-
gischen Garten zwei Gepparden auf, die mir noch nicht beschrieben
zu sein schienen. Bei dem Versuch, sie zu bestimmen, merkte ich,
wie wenig die Nomenklatur dieser Tiere gesichert war. HoLLisrerR
hat zwar 1911 eine Feststellung der Namen der Gepparde versucht.
Er scheint aber darin keine ganz glückliche Hand gehabt zu haben.
Nach der Feststellung, dab Acinonyx Brookzs der älteste Genus-
name für die Gepparden ist, die übrigens schon PALMER gemacht
hat, wendete sich HoLLıster den Speziesnamen zu. Der älteste
sei Felis jubata SCHREBER, dessen Vaterland das Kap der Guten
Hofinung sei. Felis guttata HERMANN Sei gegründet auf Alpini
Aegypt. tab. XV, fig. 1, p. 238. Die dort gegebene Beschreibung
und Zeichnung sei aber nicht identifizierbar, dasselbe gelte von A.
chalybeata Hermann. Somit sei Acinonyx jubatus SCHREBER der
älteste Name für den afrikanischen Geppard. Ihm seien synonym
Felis guttata ScHrEB., F. jubata var. africana Hartmann (= guttata
soemmeringi), fearonis Fırz., lanea Scuater. Möglicherweise sei
F. soemmeringi Fırz. eine selbständige Art. Dem indischen Geppard
dagegen käme der Name Acınonyx venaticus SMITH zu, zu dem A.
venator BROOKES synonym sei.
Diese Zusammenstellung ist zunächst einmal lückenhaft, indem
Aeinonyx& guepard Brooxss fehlt. Das ist um so merkwürdiger,
als ihn Brooxes als Typus seines Genus Acinonyx anführt. Ich
18
284 Max HıiLZHEIMER.
zitiere hier nach PALMER, denn die ÖOriginalarbeit von BRooKES
war mir nicht zugänglich. Sie scheint überhaupt in Deutschland
nicht vorhanden zu sein. So konnte ich auch nicht feststellen, was
Acinonyx gwepard BROooKES ist. Doch wäre diese Feststellung für
Nomenklatur der Gepparde von auberordentlicher Wichtigkeit.
Was nun die beiden ältesten Speziesnamen von Acinonyx an-
belangt, so wurde HouLister bei Felis jubata SCHREBER offenbar
dadurch irregeführt, daß bei SCHREBER (Die Säugetiere etc. 3. Theil,
1778, S. 392/93%)) im Absatz nach der Beschreibung steht: „Das
Vaterland dieses Thieres ist das südliche Afrika; man bekommt die
Felle vom Vorgebirge der guten Hoffnung. Nach Herrn PEnnAnT
ist es auch in Indien heimisch.“
Das ist aber eine irrige Vaterlandsangabe, wenn es überhaupt
eine sein soll, wahrscheinlich soll es aber gar keine sein, sondern
es war SCHREBER nur darum zu tun, das Vorkommen der Gepparde
festzustellen. Die graubraune Grundfarbe des Tieres, deren Farb-
ton in Beschreibung und Abbildung (l. ec. Tafel 105) gut überein-
stimmt, der stark gefleckte Bauch, die Form des schwarzen
Streifens zwischen Auge und Mundwinkel, die schwarze Schwanz-
spitze finden sich bei keinem afrikanischen Geppard. Die
SCHREBER’Sche Beschreibung wird später von WAGNER in demselben
Werke (Supplementband 2 S. 501) verbessert und ergänzt. Das
sind Eigentümlichkeiten des indischen Gepparden, wie ich auch
durch den Vergleich mit einem ausgestopften indischen Geppard
des kgl. Museums für Naturkunde feststellen konnte. Felis jubata
SCHREBER ist also ein indischer Geppard und kein afrikanischer.
Diesen Nachweis hatte übrigens schon Duverxoy in seiner Arbeit
geführt. Es liegt somit einer der vielen Fälle vor, wo ein Tier nicht
nur kenntlich, sondern sehr gut beschrieben und abgebildet ist. In
solchem Fall pflegt es nicht üblich zu sein, wegen irrtümlicher
Vaterlandsangabe den Namen einzuziehen, sondern der Name muß
beibehalten werden und die irrtümliche Vaterlandsangabe ist richtig-
zustellen. Somit ist Acinonyx jubatus SCHREBER der Name des
indischen Gepparden. Wie sich A. venaticus A. SmirH und venator
Brooxkzs dazu verhalten, die ebenfalls aus Indien stammen sollen,
lasse ich für diesmal außer acht, da mir außer dem einen erwähnten
Exemplar aus dem kgl. Museum kein weiteres indisches Material
vorliegt.
Nun kommen wir zu dem zweitältesten Namen Felis guttata
Hermann. Die Behandlung, die dieser durch Horuıster erfahren
!) Der betreffende Abschnitt ist schon 1776 erschienen.
Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 285
hat, zeigt, daß sich der amerikanische Autor um die betreffende
ältere Literatur, wie das Werk von Dvverxoy, nicht gekümmert hat.
Daß Hrrmann’s Angabe in der Observationes Zoologicae p. 38 voll-
ständig ungenügend ist, ist ohne weiteres zuzugeben. Und die Be-
schreibung, die der Herausgeber Hammer hinzugefügt hat, bezieht
sich, wie schon ReIssEısen bei F. Cuvier, dieser selbst und dann
vor allen Dingen Dvverxnoy nachgewiesen haben, auf einen Serval.
Dagegen hat HERMANN eine ausgezeichnete Zeichnung anfertigen
lassen, welche bei ScHREBER, Tafel 105b, veröffentlicht ist. Diese
Figur mit der bräunlichen Grundfarbe, dem weißen ungefleckten
Bauch, den relativ kleinen Flecken und der weißen Schwanzspitze
stellt unzweifelhaft einen afrikanischen Gepparden dar. Es liegt
also somit zu Felis yuttata Hermann zwar keine Beschreibung,
aber eine Zeichnung vor, die das Tier jederzeit zu erkennen er-
laubt. Damit ist aber allen Anforderungen entsprochen, die an die
Namengebung eines Tieres zu knüpfen sind. Es ist also Acinonyx
guttatus Hermann der älteste Name des afrikanischen Gepparden.
Über den typischen Fundort von A. guttatus Hermann ist zunächst
nichts zu sagen. Duverxor stellte fest, daß die Zeichnung nach
einem lebenden Tier in einer Menagerie gemacht ist, und zwar im
März 1792. Jedenfalls wird sich aber die Heimat durch Vergleich
mit genügend Material feststellen lassen. Ich glaube heute schon
sagen zu können, daß sie nicht Westafrika, Deutsch-Südwestafrika
und Ostafrika ist, wahrscheinlich ist es die Cap-Form.
Der COynarlurus guttatus WAGNER (SCHREBERS Säugetiere,
Supplementband II, 1841, S. 503) ist übrigens mit Acinonyz guttatus
HERMANN nicht identisch. Er unterscheidet sich von der Abbildung
in SCHREBER’S Säugetiere, Bd. III, Tafel 105b, außer anderem da-
durch, daß die schwarzen Flecken von einem fahlen Hofe umgeben
sind und daß die Grundfarbe heller ist.. Außerdem stehen einige
Flecke auf dem Vorderhals, während dieser auf Hrrmann’s Figur
ungefleckt ist. Das von WaAGneErR beschriebene Exemplar wurde
von Rürppen gesammelt und stammt nach Fırzınser aus Kordofan.
Diese von WAGNER gut beschriebene Art könnte als Acinonyx
wagneri bezeichnet werden, falls sie wirklich von A. soemmeringi
Fırz. verschieden ist.
Felis chalybeata HERMANN (bei SCHREBER) Scheidet aus der
Diskussion überhaupt aus, nicht weil er undefinierbar ist, wie
Horuister schreibt, sondern weil er, wie schon F. Cuvier und
wieder besonders Duvernoy nachwiesen, ein junger Leopard ist.
Ausscheiden aus der Diskussion muß auch Felis jubata var. africana
HARTMANN, weil dieser damit keinen besonderen Geppard, sondern
18”
86 Max HıLZHEIMER.
alle afrikanischen Gepparde bezeichnet wissen wollte, ebenso F‘.
megabalia HARTMANN, wovon ich mir ebensowenig ein Bild machen
konnte wie HOLLISTER. |
Felis fearonis ist von A. Smıta beschrieben und soll nach
Fırzınser (LIX. Bd., Sitzber. Akad. Wissensch. Wien, I. Abth., 1869,
S. 36 u. 39) vom Kap stammen. Leider konnte ich keine Be-
schreibung der Art finden. Auch ist weder bei Fırzınser noch bei
TROUESSART angegeben, wo A. SmıtH eine F\. fearonıs beschrieben
hat. SCLATER führt in der Fauna of Soutlı Africa 1900, I S. 46
bei der Beschreibung des Gepparden zwei Arbeiten von A. SMITH an,
die ich mir aber nicht verschaffen konnte.
Über Felis soemmeringi Fırzıger, die Horuıster von allen
bisher beschriebenen als die einzige möglicherweise selbständige
Art bezeichnet, findet sich bei Fırzınser (Sitzber. Math. nat. cl.
k. k. Akad. d. Wissensch. Wien, 14. Bd. (nicht 16., wie HoLLISTER
schreibt) 1855, S. 245) folgende Angabe: Sie soll in den Steppen
Kababisch im Süden der Bajuda-Wüste leben. Die einzige Be-
schreibung lautet: „Höhere Beine, dunklere Färbung, ein an der
Spitze etwas buschiger Schwanz und die schwächere Rückenmähne
sind die Unterschiede, welche diese Art deutlich von der vorigen
abtrennt.*“ Diese vorige Art ist Cynarlurus guttatus WAGNER aus
dem nördlichen Kordofan. Da aber diese von FiTzingEr nicht be-
schrieben wird, lasse ich es zunächst dahingestellt, ob diese Ver-
gleichung mit dem CÖynailurus guttatus WAGNER hinreichend ist,
um den Namen gelten zu lassen.
Als letzter Name ist Felös lanea SCLATER zu erwähnen. Das Tier
ist abgebildet und beschrieben in Proc. of Zoolog. Soc. of London
1877 S. 532. Nach Beschreibung und Abbildung muß es die am
schärfsten charakterisierte Art sein. Die Flecken sind nicht schwarz
sondern braunrot, die sonst für Gepparden so charakteristische
schwarze Linie zwischen Auge und Mundwinkel fehlt völlig. Das
typische Exemplar stammt von Beaufort-West in Südafrika. Trotz-
dem nun SCLATER noch. später eine Anzahl gleicher Felle aus der-
selben Gegend erhielt, hat man im Felis lanea nur ein abnorm
gefärbtes Exemplar sehen und es als synonym zu Acinonyz
guttatus einziehen wollen. Diese Ansicht scheint mir um so unver-
ständlicher, als schon drei gleichgefärbte Felle aus derselben Gegend
vorliegen und beweisen dürften, daß es sich nicht um ein einzelnes
abnormales Exemplar handelt, sondern um eine scharf geschiedene
Art. Somit haben wir bis heute folgende Gepparden zu unterscheiden:
Acınonyz jubatus SCHREBER, Indien.
Acınony&? venaticus A. Smit#, Indien.
1
|
|
Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 287
Acınony&? venator Brooks, Indien.
Acınonyx guttatus HERMANN, Afrika.
Acinonyx? fearonis A. Smit#, Kap der Guten Hoffnung (viel-
leicht synonym zu 4A. guttatus HERMANN).
Acinonyx soemmeringi Fırz., Süden der Bajuda-Wüste (Steppe
der Kababisch) und vielleicht Acınonyx wagneri.
Acinonyx& laneus SCLATER, Beaufort-West.
Dazu kommt Acınonyx guepard BRooKEs, über den ich außer
dem Namen nichts finden konnte, da mir die Originalarbeit un-
zugänglich war.
Fig. 1. Acinony& hecki Hırza.
Wenn ich also auch nicht über alle Geppardnamen Klarheit
bringen konnte — das dürfte überhaupt wohl nur in England
möglich sein —, so glaube ich doch immerhin in die verwickelte
Nomenklatur etwas Licht gebracht zu haben. Den bisher be-
kannten Formen glaube ich einige neue hinzufügen zu können.
Zwei davon leben zurzeit im Berliner zoologischen Garten.
Am auffallendsten verschieden ist das kleine, zierliche Exemplar
vun Senegal (Fig. 1). Die Grundfarbe des Rückens und der Seiten
ist leuchtend blaßrötlichockergelb, nach dem Bauche zu heller
werdend. Die Unterseite ist weiß, ungefleckt, nur einige schatten-
haft bräunliche Flecken finden sich auf dem Unterhals. Die Flecken
288 Max HiLzHEIMER.
der Oberseite des Körpers sind meist schwarz, nur die Flecken an den
Wangen unter den Augen, die klein und undeutlich sind, sind bräunlich,
bräunlich sind auch die Flecken der Hinterfüße, die ebenfalls sehr
undeutlich sind, und einzelne Flecken auf der Vorderseite der
Vorderextremität. Der Schwanz hat eine weiße Spitze und vier ge-
treunte Vollringe, von denen der vorletzte der breiteste ist. Der
Senegalgeppard ist ziemlich gut von FREDERIK UvviEer beschrieben
und auch abgebildet in Geoffroy-St. Hilaire et Frederie Cuvier.
Histoire Naturelle des Mammiferes, II. Bd., 1824. Leider hat aber
die Abbildung den Fehler, daß die Schwanzspitze schwarz gefärbt
ist, trotzdem sie in der Beschreibung richtig als weiß angegeben
wird. Ich widme diesen bisher noch nicht benannten Geppard dem
verdienstvollen Direktor des Berliner Zoologischen Gartens, Herrn
Professor Heck zu seinem 25 jährigen Direktorjubiläum, und nenne
ihn Acinonyx hecki n. sp. (Fig. 1).
Von ihm unterscheidet sich der deutsch-südwestafrikanische
(seppard des Berliner Zoologischen Gartens aus Ketmannshoop
durch bedeutendere Größe und kräftigere Formen, sowie andere
Farbe. Die Grundfarbe kann als dunkelisabellbraun bezeichnet
werden, sie wird nach den Seiten zu heller und geht allmählich
in die des Bauches über. Die Lippen unter der Nase, Unterlippe,
Kinn und Kehle, Halsunterseite und Brust sind gelblich, ebenso der
Bauch, aber vorn mit etwas graulicher Tönung. Hierdurch unter-
scheidet er sich von A. gutiatus Hermann, bei dem die Farbe der
Unterseite rein weiß ist und scharf gegen die der Seiten abgesetzt.
Sonst ähnelt er ihm sehr in der Grundfarbe des Rückens, die bei
A. guttatus freilich mehr braun ist. Die Flecke sind am ganzen
Körper tief schwarz, auch unter dem Auge auf den Backen schwarz
und sehr deutlich. Auch ist die ganze Unterseite gefleckt vom
Unterhals an, nur ein schmaler Streifen längs der Bauchmitte ist
frei von Flecken, auch das ist ein Unterschied von A. guttatus, der
auf der Unterseite nicht gefleckt ist. Bei A. wagneri sind alle
schwarzen Flecken von einem hellen Hof umgeben, wovon unser
Exemplar nichts zeigt. Die Fleckung reicht bis auf die Zehen an den
Hinterfüßen, allerdings nur auf der Vorderseite. Die Zehen selbst
sind ungefleckt. Die Haare der Fußsohle sind schwarzgrau. Der
Schwanz hat eine weiße Spitze und davor 3—4 schwarze Ringe.
Die Ringe sind dorsal und ventral miteinander verbunden. Man
könnte auch sagen, daß das Stück vor dem weißen Ende schwarz
ist mit zwei hellen Flecken auf jeder Seite. Der Berliner Zoolo-
gische Garten verdankt dieses schöne Exemplar der Güte des Herrn
Oberleutnant OBers und so soll die darauf gegründete Art nach
Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 289
ihm Acinonyx guttatus obergi sbsp. (Fig. 2) heißen, da ich
in ihr eine Unterart von Acinonyx guttatus sehe, wie ich gleich
zeigen werde.
Ihr sehr ähnlich in Körperform und Farbe ist ein Geppard,
den ich im zoologischen Garten in Leipzig sah. Er ist von Herrn
Larısz geschenkt und stammt, wie ich durch gütige Vermittlung
von Herrn Direktor GEBBInG erfahre, aus Ngorongoro. Die Unter-
schiede zu A. g. obergı werden aus.der folgenden Beschreibung leicht
ersichtlich werden. Die Grundfarbe ist isabellgelbbraun, die Unter-
Fig. 2. Acinonyx guttatus obergi Hırza.
seite sehr hell isabell, ganz ohne Weiß. Die Fleckung des Unter-
halses ist sehr kräftig, weit deutlicher als bei dem vorigen. Die
Wangen haben grauliche Töne, sind stark und gleichmäßig gefleckt.
Die Rückseite des Ohres ist gelb, mit einem schmalen schwarzen
Streifen an der Basis. Die Haare der Fußsohle sind tiefschwarz,
ebenso die an der Zehenspitze um die Krallenwurzel. Die Beine
sind außen stark gefleckt, die Fleckung erstreckt sich an den
hinteren bis auf die Zehenglieder. Am Schwanz finden wir nur
3 schwarze Vollringe, von denen der vorletzte der stärkste, der
letzte sehr schwach ist. Die Spitze ist gelblichweiß, Bauch und
Brust sind ungefleckt. Kinn und Lippen sowie unter der Nase sind
290 MAx HiLzHEIMER.
weiß. Auch dies ist eine Subspezies von Acinonyz guttatus, die
ich A. g. ngorongorensis n. sbsp. (Fig. 3 und 4) nenne.
Zu der Ansicht, daß es sich bei den letzten Formen um
Subspezies handelt, bin ich wegen der großen Ähnlichkeit ge-
kommen, die sie alle sowohl untereinander als auch mit Acinonyx
guttatus haben. Es scheint nämlich, als ob sich aus den bis jetzt
bekannten Formen von afrikanischen Geppards drei Arten klar
herausschälen lassen. Diese sind: |
1. Acinonyx guttatus HERMANN, selır große, starke Tiere
mit lichter isabellbrauner Grundfarbe, großer Fleckenzahl und dunkler
Fig 3. Acinonya guttatus ngorongorensis HırzH.
Behaarung der Fußsohlen und Zehenspitzen. Sie sind verbreitet
über Ost-, Süd- und Südwestafrika von Abessinien bis Deutsch-
Südwestafrika. Auf diesem Areal zerfällt die Art natürlich in eine
Anzahl Unterarten, die wohl zum größten Teil noch zu beschreiben
sind. Möglich ist es allerdings, daß auf diesem Gebiet auch noch
andere Arten leben. Wenigstens teilte mir Herr Prof. Hrck mit,
dab er aus Deutsch-Ostafrika einmal einen Gepparden von ganz
anderem Aussehen, wie der beschriebene, im Zoolog. Garten ge-
pflegt habe.
2. Acinonyx& laneus SCLATER. |
3. Acinonys& hecki Hırza., kleine hell gefärbte Tiere mit
geringer Fleckenzalıl und hellbehaarter Fußsohle. Die Art ist ver-
Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 29]
breitet am Senegal und geht, wie ich mich an Hand der mir
von Herrn Prof. MartscHıE kürzlich gezeigten Felle des Berliner
Museums überzeugen konnte, bis in das Hinterland von Algier.
Auch diese Art besitzt eine Anzahl noch nicht beschriebener Unter-
arten.
Weniger klar übersehen wir zurzeit die asiatischen Formen.
Und wenn ich im folgenden auf eine bisher noch nicht beschriebene
kurz hinweise und sie dabei binär benenne, so tue ich das nur
deshalb, weil wir noch nicht
wissen, ob und welche Arten
bzw. Unterarten in Asien zu
unterscheiden sind. Die neue
Form ist abgebildet in „Die
Sammlungen des Kaukasischen
Museums“. Tiflis, Bd. VI, Teil ?,
Taf. 16. Sie zeichnet sich aus
durch außerordentlich dichtes
langes Haar. Mit ihrer licht-
braungrauen Grundfarbe und den
sehr großen Flecken, die bis
zu den Zehen hinabreichen,
gleicht sie auffallend einem Iıbis.
Der langbehaarte außerordent-
lich buschige Schwanz trägt am
Ende 5 Halbringe. Allerdings
ist möglicherweise einer davon
ein Vollring, auf der Abbildung
ist das nicht mit Sicherheit zu
erkennen. Sonst ist aber die
. re i Fig. 4.
Figur so vorzüglich, daß die Acinonyx guttatus ngorongorensis Hızza:
Art danach leicht zu identi-
fizieren ist. Das dort abgebildete schöne Exemplar wurde von
RappE gesammelt und mag somit als Acinonyx raddei in die
Wissenschaft eingeführt werden. Wir ersehen darüber aus „Die
Sammlungen des Kaukasischen Museums. Bd. 1. Tiflis 1893“
bei der Liste S. 4, daß es ein Männchen ist, das in Merw im
Januar 1834 gekauft wurde. also wohl sein Winterkleid trägt.
Merkwürdigerweise wird das Tier im deutschen Teil nicht wieder
erwähnt. Im russischen steht S. 57: „Nr. 42, 43, 45 Felis caudata
Gray, F. caracal Günn. und Cynaelurus jubatus SCHREB. sind nur
in Transkaspien, und zwar in den Niederungen gefunden. Im
Kaukasus sind sie niemals gefunden.“ Ich glaubte die deutsche
9399 Max Hırzusımer: Über neue Gepparden nebst Bemerkungen usw.
Übersetzung hierher setzen zu sollen, weil die Stelle für die Nord-
grenze der genannten Arten wichtig ist.
Literatur.
Duvernoy, Notice critique sur les especes des grands chats nomm&es par
Hermanns Felis chalybeata et guttata. Me&moires de la Societ@ du Museum
d’Histoire Naturelle de Strassbourg. Paris 1835, S. 1—12.
ERXLEBEN, Systema regni Animalis. Lipsiae 1777, p. 510/511.
FITzZinger, Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehörigen
Formen. Sitzber. Akad. wissensch. Wien, mathem.-naturw. Cl. 58., 59. und
60. Bd.
Firzınger, Sitzber. Akad. wissensch. Wien, 17. Bd., S. 245.
Hermann, Observationes Zoologicae quibus novae complures aliaque Animalium
species describuntur et illustrantur 1804, S. 38.
Hevsrin, Zeitschrift für Erdkunde 1868. III. S. 56.
Hrucuıs, Reise in Nordostafrika 1877. 1. $
HorLister, The Nomenclatur of the Cheetahs. In: Proc. Biol. Soc. Washington
1911, Vol. 24, S. 225—230.
PALMER, T. S., Index generum mammalium. In: North american Fauna Nr. 23.
Washington 1904.
—, Sammlungen, Die, des Kaukasischen Museums. Tiflis 1899, Bd. 1, S. 4
und 57.: Bd. Vi; Teil.2, Tat: 16.
St.-HILAIRE, GEOFFROY, et FEEDERIK Cuvier, Histoire naturelle des Mammiferes.
Il. Bd. 1824. Vgl. auch Text zu Panthere femelle S. 3/4.
SCLATER, The Mammals of South Africa. Vol.I, S. 46. 1900.
ScLATER, Proceedings Zoolog. Soc. London. 1877, S. 532; 1878, S. 655; 1884,
S. 476.
SCHREBER, Säugetiere. Ill. 1778, S. 392.
WAGNER in SCHREBERS Säugetiere, Supplementband II, 1841, S. 503.
Anhang: Die Gepparde waren sehr schwer zu photographieren, da die
Tiere meistens die Neigung hatten, sich flach auf die Erde zu legen. Ich
denke aber, daß die beigefügten Bilder doch die wichtigsten Charaktere er-
kennen lassen. Fig. 1 zeigt den leichten, zierlichen Körper von A. hecki,
die schwache Fleckung im Gesicht und an den Hinterfüßen sehr gut. Fig. 3
und 4 lassen die für A. guitatus charakteristische dunkle Färbung der Sohle
und Zehenspitzen gut erkennen und die für A. g. ngorongorensis charak-
teristisch stark gefleckte Brust, wodurch diese Unterart sofort von A. g. obergi,
Fig. 2, unterschieden ist. Ich verdanke die Photographien der beiden Berliner
Exemplare der Freundlichkeit des Herrn Korn, die des Leipziger Exemplars
der Liebenswürdigkeit des Herrn Präparator Buck. Beiden Herren danke
ich bestens für Überlassung der Bilder.
Nr. 6. 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 10. Juni 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATscHıE.
Herr OPpEermann sprach über den Einfiuß von radiumbestrahltem Sperma auf
die Embryonalentwicklung bei Forellen.
Herr L. Honısmans sprach über die Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen.
Bemerkungen zur Synonymie und Systematik der Leporiden
und Beschreibung eines neuen chinesischen Kaninchens.
Von Hans Leo Honıcmann, Halle a. S.
Ehe ich an die Beschreibung des neuen Kaninchens gehe, möchte
ich zuerst einmal den Gattungsnamen für die Leporidengruppe der
Kaninchen feststellen. Liws& (], p. 58)1) rechnete die Kaninchen
zum Genus Lepus. Darauf tauchte bei Brısson (2, p. 95) die Be-
zeichnung Ouniculus nostras für das wilde Kaninchen auf. Da sich
aber Brısson absolut nicht an die binäre Nomenklatur gehalten hat,
so ist sein Name Cuniculus als Gattungsname nicht zu gebrauchen
und als im Sinne der Nomenclaturregeln nicht vorhanden anzusehen.
Der erste, der dann das Kaninchen wirklich als Gattung abtrennt,
ist MEyER (3, p. 52—5*, zitiert nach 8, p. 326). Unter seiner
Gattung Cuniculus vereinigt er: Cuniculus L. = campestris MEYER
nom. nov., domesticus, angorensis, argenteus, dauricus und brasiliensis.
Dieser Gattungsname wurde weiter angewendet von ÜGLOGER
(4, p. 104, zitiert nach 8, p. 326) [hier cuniculus L. = dasypus
GLOGER noM. nov.] und Gray (5, p. 224) [hier cunteulus L. = fodiens
GRAY, nom. nov.] für die Kaninchen, von WAGLER (6, p. 21) für
den Lemming [Genus 23, Cuniculus, Lemming]. Diese letztere Be-
zeichnung hat natürlich nach den Prioritätsgesetzen keine Geltung,
!) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf das am Schlusse be-
findliche Literaturverzeichnis.
Pe:
294 Haus LEo HonIGMAnNnN.
ebensowenig wie der von LILLJEBORG (7, p. 417) für das Kaninchen
neu aufgestellte Gattungsname ÖOryctolagus, der aber von da an
ausschließlich von den Systematikern angewandt worden ist (z. B. 8,
p. 331; 9, p. 214 usw.). Der Einwand Lyons (8, p. 326), Ouniculus
MEYER Sei synonym mit Lepus Lınn&, weil er unter dieser Gattungs-
bezeichnung auch einen echten Hasen (Lepus tolai ERXLEBEN =
dauricus) und einen Sylvilagus (brasiliensis) mit einbegriffen habe,
ist nicht stichhaltig, daher hat das Kaninchen die Gattungsbezeichnung
Cuniculus MEYER zu tragen.
Ferner möchte ich hier hinweisen auf ein meiner Erfahrung
nach untrügliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden
Gattungen Lepus und Cuniculus, nämlich auf das Vorhandensein des
Interparietale bei der Gattung Ounzeulus. Unter sämtlichen von mir
gesehenen Schädeln von erwachsenen Hasen befand sich keiner
im Besitz dieses Knochens, während er keinem Kaninchen fehlte.
DasInterparietale ist (neben einem noch gleich zu erwähnenden
zweiten Schädelmerkmal) das sicherste Unterscheidungs-
zeichen zwischen denbeidenhierinFragekommenden
Leporidengattungen, was auch für das unserm Kaninchen
nahestehende amerikanische Genus Sylvilagus, dessen Angehörige
ebenfalls echte Kaninchen sind, gilt. Leider ist darauf nicht immer in
der genügenden Weise geachtet worden, obgleich mehrfach in den
Diagnosen auf das Interparietale als Alleinbesitz des Kaninchens
hingewiesen worden ist. So bildet z. B. de Wınron (10, p. 961)
zwei Leporidenschädel ab, von denen bei dem einen, seinem Lepus
atlanticus (Fig. 4, nicht Fig. 5, was durch eine Verwechselung der
Unterschriften hervorgerufen worden ist) ein ganz deutliches Inter-
parietale gezeichnet worden ist, während bei dem anderen, Lepus
schlumbergeri St. Loup (11, p. 169) [Fig. 5] sich dieses, vielleicht
nur durch eine Ungenauigkeit des Zeichners, nur, wenn auch ziemlich
leicht, erraten läßt; für die Kaninchennatur dieses letzteren spricht
aber noch der ausdrückliche Zusatz des Sammlers E. Dopsorx:
„Lives in burrows“ (10, p. 692), da ja Hasen niemals Höhlen graben.
Beide sog. „Hasen“ sind also jedenfalls Kaninchen, und es werden
sich wohl bei näherer Nachprüfung noch ähnliche derartige Fälle
auffinden lassen. Ganz besonders eigentümlich berührt aber die
Fig. 10, p. 65 bei GerHarpr (12), die ein Bild des Kaninchen-
schädels von hinten und oben gesehen darstellt, um, wie in der
Unterschrift besonders hervorgehoben wird, das Interparietale zu
zeigen. Ob nun GERHARDT das Supraoccipitale für das Interparietale
gehalten hat, was wohl kaum anzunehmen ist, oder ob der Zeichner
in grober Nachlässigkeit das Interparietale ganz fortgelassen hat,
Bemerkungen zur Synonymie und Systematik der Leporiden usw. 295
ohne vom Autor korrigiert worden zu sein, jedenfalls ist vom Inter-
parietale keine Spur zu entdecken. Wenn so etwas in einer für
weitere Kreise, besonders auch Studierende und Lehrer berechneten,
rein anatomischen Monographie vorkommt, die gerade in bezug auf
solche wesentlichen Einzelheiten ganz genau durchgearbeitet sein
sollte, so ist es nicht zu verwundern, wenn bei rein systematischen
Arbeiten dieses Merkmal einmal übersehen oder nicht beachtet werden
kann. Das zweite, wichtige systematische Merkmal des Schädels,
der bei systematischen Arbeiten außer dem Fell meistens nur vor-
liegt, ist die Stellung der Schneidezähne des Unterkiefers, auf die
Krumsach (13) besonders aufmerksam gemacht hat; diese laufen
nämlich beim Kaninchen fast parallel in bezug auf ihre Innenränder
(Fig. 2), während sie bei den Hasen unter einem Winkel von
Fig. 1. Interparietale von Cuniculus Fig. 2. Schneidezähne des Unter-
kreyenbergi Hem. Nat. Größe. kiefers von Cuniculus kreyenbergi
S = Supraoceipitale, J = Inter- Hem. Nat. Größe.
parietale, P= Parietale.
— 17° konvergieren. Beide Merkmale sind am Schädel des mir
vorliegenden Leporiden sehr deutlich ausgeprägt, so daß es allein
hieraus unbedenklich als Kaninchen bezeichnet werden kann.
Die Heimat des neuen und zwar neben Cuniculus cuniculus ”
(L.) ersten aus Asien bekannt gewordenen Kaninchens ist China, und
zwar sehr wahrscheinlich Jen-tschu-fu. Es ist gesammelt von
Dr. M. KrEvenBerG und gehört dem Museum für Natur- und Heimat-
kunde zu Magdeburg. DasInterparietale des vorliegenden Exemplares
ist aus zwei Stücken zusammengesetzt (Fig. 1), ein sonst nur von
ganz jugendlichen Tieren bekanntes Verhalten. Daß hier aber
keine Jugendform vorliegt, dagegen spricht erstens die Größe des
Tieres und zweitens der Umstand, daß es bei Erlegung, laut Notiz
des Samnlers, Junge im Leib hatte. Es handelt sich also um ein
vollständig erwachsenes, weibliches Tier. Genaue Abbildungen und
Beschreibung des Schädels werde ich in einer ausführlicheren Arbeit
bringen, hier möchte ich nur die Maßzahlen unseres Stückes, ver-
glichen mit denen eines deutschen Kaninchens, anführen?). In
Klammern stehen hinter den absoluten Zahlen die relativen, bezogen
auf die größte Schädelbreite — 1000.
2) Jüterbogk, Förster Könn, 27. Februar 1902. Königl. Zool. Museum, Berlin.
296 Hans Leo HonIıGMmann.
China | Jüterbogk
Occipitonasallänge . 84,6 (3000) | 81,0 (2862)
Condylobasallänge . 64,3 (2280) | 67,2 (2374)
Praeorbitaleinschnürung 19,7 (699) |13,8 (487)
Interorbitaleinschnürung 24,8 (879) |19,7 (696)
Postorbitaleinschnürung . 11,9 (422) [11,4 (403)
Breite der Schädelkapsel . . +1 28,2 (1000) [28,3 (1000)
vorn | 39,3 (1394) | 35,2 (1243
breiie METER binten 39,3 er 37,6 a
Länge der Pars squamosa ossis | hinten | 7,6 (269) | 8,9 (311)
occipitis : \uban 14,3 (507) | 9,0 (318)
Länge des Tnterpärtekale eg 1,4 (49) 2,9 (103)
Länge der Naht zwischen den Parietalia 16,9 (539) |18,8 (664)
Länge der Naht zwischen den Frontalia | 35,4 (1255) |33,8 (1194)
Länge der Naht zwischen den Nasalia . | 27,6 (979) |28,5 (1007)
Diagonallänge der Nasalia
Größte Breite der Nasalia
Diastema .
Länge der Marilisizehansie:
Länge des Unterkiefers . DE
Länge der Mandibularzahnreihe .
36,5 (1294)
19,2 (681)
21,1 (748)
15,5 (549)
58,4 (2071)
17,7 (628)
36,6 (1293)
16,4 (579)
24,2 (855)
14,8 (523)
57,8 (2042)
15,5 (547)
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß der Schädel des chinesischen
Kaninchens, das ich nach dem Sammler Cuniculus kreyenbergi nenne,
eine relativ wie absolut größere Gesamtlänge hat als ein deutsches
Kaninchen mit fast gleicher Schädelbreite, daß der Gesichtsschädel
des C©, kreyenbergi breiter ist als der des deutschen, bedingt durch
die größere Breite der Nasalia, der Prae- und Interorbitaleinschnürung
- und der Zygomatica, die vorn ebenso breit sind als hinten. Auf-
fallend ist die geringe Länge des Diastema bei ©. kreyenbergt, Wo-
durch auch verursacht wird, daß beim Aufstellen des Schädels die
Ineisiven des Unterkiefers die Incisivi minores des Oberkiefers
direkt berühren, was aber auch sonst bei deutschen Kaninchen-
formen vorkommt, wo das Diastema sogar noch relativ viel kürzer
sein kann. Der Unterkiefer ist schlanker gebaut als der des zum
Vergleich herangezogenen deutschen Tieres.
Die Farbe des Felles ist auf der Oberseite ein helles Gelbbraun,
das mit Schwarzbraun gemischt ist. Die Augen zeigen einen fast
weißen Ring, am oberen Augenrand stehen viele, am unteren weniger
dunkelbraune Tasthaare. Die Kopfoberseite ist dunkler braun, mit
schwärzlich gemischt, die Seiten des Kopfes sind hellgelbbraun, die
Bemerkungen zur Synonymie und Systematik der Leporiden usw. 9297
Kehle weiß. Die Tasthaare der Oberlippe sind zum Teil weiß,
zum Teil braun, zum Teil braun und weiß gebändert. Die Ohren
sind auf der Außenseite hellsandgelb mit ziemlich breiter brauner
Spitze, auf der Innenseite ebenso mit dunklerem Braun gemischt
und schmalem braunem Saum an der Spitze. Der deutlich ausgeprägte,
schmale, langausgezogene Nackenfleck ist hellbraun. Auf die einzelnen
Haarformen werde ich später eingehen. Das dunklere Rückenfell
ist gegen die weiße Unterseite durch einen hellzimtbraunen Zwischen-
streifen abgesetzt. Nach dem Bauche zu setzt sich dieser Zwischen-
streifen in je einen Inguinalfleck fort. Die Blume ist, soweit sich
das bei dem schlechten Erhaltungszustand der hinteren Partien
erkennen läßt, auf der Oberseite bräunlich aschgrau. Die Außen-
seite der Unterarme und Schenkel und der Pfoten ist hellzimtbraun,
die Innenseite weiß. Die Unterseite der Pfoten ist braungrau. Die
Länge der Hinterpfoten beträgt ungefähr I!, die der Ohren 9 cm.
Verzeichnis der zitierten Literatur.
1. CaroLı Linnaeı, Systema Naturae... Tomus I, Editio Decima, Reformata.
Holmiae 1758.
2. Brissos, A. D., Regnum animale in classes IX distributun, sive synopsis
methodica...Editio altera auctior, Lugduni Batavorum, MDCCLX1.
. MEyer, Magazin für Thiergeschichte, I, Band 1, 1790.
GLoGer, Hand- und Hilfsbuch der Naturgeschiclite, Band ], 1841.
. Graz, J. E., Notes on the Skulls of Hares (Leporidae) and Picas (Lagomyidae)
in the British Museum. Ann. Mag. Nat. Hist., III. Ser., Vol. XX., 1867,
p. 219—225.
6. WAGLeER, JoH., Natürliches System der Amphibien, mit vorangehender
Classification der Säugetiere und Vögel. Ein Beitrag zur vergleichenden
Zoologie. Stuttgart und Tübingen 1830.
7. LıLLJegore, W., Sveriges och Norges Ryggradsdjur, I, Däggdjuren, jemte
inledning till Ryggradsdjuren. Upsala (1874).
8. Lyon jr, M. W., Classification of the Hares and their Allies. Smithsonian
Miscell. Collect, Vol. XLV, 1903, p. 321— 447.
9. 'TROUESSART, E.-L., Faune des Mammiferes d’Europe, Berlin 1910.
10. de Wınton, W.E., On a Collection of Mammals from Morocco. Proc. Zool.
Soc., London, 1897, p. 953—962.
ll. Saıst-Lour, R., Sur une espece marocaine du Genre Lepus (Lepus -
Schlumbergeri, nova species). Bull. Soc. Zool.France. 19,1894, p. 117—120.
12. GERHARDT, U., Das Kaninchen, zugleich eine Einführung in die Organisation
der Säugetiere, Leipzig 1909.
13. KrumsacH, T#., Die unteren Schneidezähne der Nagetiere, nach Gestalt und
Funktion betrachtet. Zool. Anzeig. XXVII, 1904, p. 273—29%0.
Kol EZB 45
298 K. GRÜNBERG.
Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdassel-
fliege im menschlichen Auge.
Von K. GRÜNBERG.
In der medizinischen Literatur ist bisher über drei Fälle
berichtet worden, daß Fliegenlarven, die sich stets mit großer
Wahrscheinlichkeit als erstes Stadium der Rinderdasselfliege an-
sprechen ließen, im Innern des menschlichen Auges zur Beobach-
tung gelangten. Diese bisher beschriebenen Fälle zeigten einen
im wesentlichen analogen Befund, immer lag die Larve in der
vorderen Augenkammer, konnte auf operativem Wege entfernt und
so das Auge erhalten werden. Die Patienten waren in sämtlichen
Fällen Kinder im Alter von 5—9 Jahren.
Der kürzlich beobachtete Fall, über den bereits in einer medi-
zinischen Fachzeitschrift berichtet wurde'), erinnert an die schon
bekannten nur insofern, als es sich auch hier um einen jugend-
lichen Patienten, einen Knaben von 4 Jahren handelte. Der
pathologische Befund war jedoch ein durchaus anderer. Die Larve
befand sich im linken Auge, aber nicht im vorderen Teil, sondern
hinter der Netzhaut und verursachte eine schwer eitrige Chorio-
retinitis. Die Netzhaut war vollkommen losgelöst, gefaltet und
stark verdickt, der Glaskörper hochgradig getrübt und entartet.
Hinter der abgelösten Netzhaut lag in größtenteils geronnener Flüssig-
keit die Larve. Der vordere Augenabschnitt zeigte nur verhältnis-
mäßig geringe Veränderungen. Die mikroskopische Untersuchung
ergab stark eitrige Entzündung der Netz- und Aderhaut. Hier
führte also die Anwesenheit der Larve zum Verlust des Auges.
Die Larve wurde mir durch Vermittlung des Herrn Prof. Dr.
LeHmann in Würzburg von Herrn Geh. Hofrat Prof. Dr. von Hess,
dem Direktor der Münchener Universitäts-Augenklinik, zur Unter-
suchung übergeben. Ich möchte die Gelegenheit nicht versäumen,
beiden Herren meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
Die beste und ausführlichste Beschreibung einer aus der vorderen
Augenkammer entfernten Larve hat Kenner geliefert, gelegentlich
eines im Frühjahr 1904 in der Universitäts-Augenklinik zu Dorpat
behandelten Falles”). Die Larve konnte damals noch lebend unter-
sucht, ihre äußere und innere Organisation also unter günstigen
1) ©. Hess, Über eine bisher nicht bekannte Ursache schwerer eitriger
Chorio-Retinitis mit Netzhautablösung. Archiv f. Augenheilkunde, Bd. 74,
Heft 3/4, 1913, p. 227—229, ]. Fig.
2) Tau. Everzey und J. von Kenseu, Eine Fliegenlarve in der vorderen Augen-
kammer. Zeitschr. f. Augenheilkunde, vol. 12, H. 2, 1904, p. 8337—351, Taf. 3.
Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege usw. 299
Bedingungen studiert und abgebildet werden. Schon eine erste
Untersuchung der hier in Frage stehenden Larve unter der Präparier-
lupe zeigte, daß sie mit der von Kennen beschriebenen genau über-
einstimmt. Noch klarer wurde die Übereinstimmung, als nach Über-
führung des durch die Formalinkonservierung trübe und undurch-
sichtig gewordenen Objektes in Glyzerin neben den feineren Einzel-
heiten des Integuments die unter der Körperhaut verlaufenden
Muskelzüge und das Tracheensystem wieder deutlich hervortreten.
Der Darmkanal blieb indessen auch jetzt undeutlich und von MALPıcHT-
schen Gefäßen oder Nervensträngen war nichts mehr zu sehen.
Bei der Ausführlichkeit der Krxxer’schen Beschreibung genügt in-
dessen hier eine kurze Charakterisierung der äußeren Merkmale,
um die völlige Übereinstimmung der beiden Larven erkennen zu
lassen.
Die Larve ist 11,5 mm lang und 2 mm dick, leicht gekrümmt,
von fester elastischer Konsistenz, 10 gliedrig, walzig, drehrund. Die
Segmentierung ist ziemlich undeutlich, auch nicht an den recht
flachen Einschnitten durch eine besondere Beschaffenheit der Körper-
oberfläche stärker hervorgehoben. Das kuppelförmig gerundete
Endsegment trägt an dem leicht eingesenkten Ende die auffällig
kleinen Stigmenöftnungen, welche nicht wie Stigmenplatten, sondern
wie kleine schwarze Chitinspitzen erscheinen und sich nur dadurch
sicher als die Stigmen zu erkennen geben, daß von ihnen die beiden
Haupttracheenstämme ausgehen. Die Stigmen sind’ umgeben von
einer größeren Anzahl unregelmäßig verteilter kleiner schwarzer
Chitinspitzen, die einzigen wirklichen Dornen, welche die Larve
besitzt. Die ganze übrige Körperoberfläche ist mit kleinen höckerigen
oder schuppenartigen Unebenheiten, kleinen Chitinverdickungen
bedeckt, welche keinerlei regelmäßige Anordnung etwa in Quer-
reihen erkennen lassen und offenbar den’ von Kennen beschriebenen
sehr kleinen Verstärkungsfleckchen entsprechen, nur daß sie bei
der vorliegenden Larve unregelmäßig verteilt und nicht ringartig
an den Segmentgrenzen angeordnet sind. Mundhaken und ein
deutliches Schlundgerüst sind ebensowenig wie bei der von KEnxEL
untersuchten Larve vorhanden, auch von Vorderstigmen fehlt
jede Spur.
Es fragt sich nun, zu welcher Art oder wenigstens zu welcher
Gattung die nun schon wiederholt im menschlichen Auge beob-
achteten Larven gehören, und es erscheint nicht überflüssig, diese
Frage etwas eingehender zu erörtern, da Kennen es absichtlich ver-
mied, sich über die systematische Stellung seiner Larve bestimmt
zu äußern und sich, in ganz berechtigter Vorsicht, gegen die An-
19
300 | K. GRÜNBERG.
nahme KrAurner’s?) und STALBERG’S*), welche in den beiden von
ihnen behandeten Fällen die Larve als Hypoderma bovis ansprachen,
ziemlich skeptisch verhielt.
Aus allem, was die bisher zur Beobachtung gelangten Fälle
gezeigt haben, aus dem auber im letzten etwas anders gearteten
Fall gleichen pathologischen Befund, wie aus der Übereinstimmung
der Larven darf man zunächst schließen, daß es sich wahrschein-
lich immer um Larven derselben Art, mindestens aber um ganz
nahe verwandte, in der Lebensweise übereinstimmende Arten einer
und derselben Gattung handelt. Es kann auch nur eine Larve in
Betracht kommen, deren Lebensweise es ihr ermöglicht, in den
Augapfel einzudringen, ohne eine äußere Verletzung zu verursachen.
Parasitische Larven also, die nur durch ein gewaltsames Durch-
brechen der Sclera in das Auge gelangen könnten, müssen aus
diesem Grunde ausscheiden. Bei der in Rußland nicht seltenen
Augenmyiasis z. B., die von Sarcophaginenlarven verursacht wird,
zerstören die Larven die Gewebe der Konjunktiva und der Augen-
höhle, und wenn sie gelegentlich auch in den Augapfel eindringen,
so kann dies nicht ohne erhebliche Verletzungen geschehen. Außer-
dem treten diese Schmarotzer nicht einzeln auf, und wenn die von
ihnen verursachten Gewebszerstörungen mitunter eine solche Aus-
dehnung erreichen, daß sie sogar zum Tode führen können, so ist
dies immer das Werk einer größeren Menge von Larven. Aus
demselben Grunde kann es sich auch nicht um eine parasitische
Calliphorinenlarve handeln oder etwa um die normalerweise in der
Stirnhöhle der Pferde lebende Larve von khinoestrus purpureus BR.,
der seine Eier auch in die Augen von Menschen spritzt’). Bei
vollständigem Fehlen einer äußeren Verletzung, die besonders im
letzten Fall, wo das Auge herausgenommen werden mußte, einwand-
frei festgestellt ist, bleibt also nur die Annahme, daß die Larve
aus dem Körperinnern durch Vermittlung der Blutbahnen in das
Auge gelangt sein muß.
Neben diesen rein biologischen Erwägungen sind aber vor allem
die morphologischen Merkmale der im Auge gefundenen Larven
ausschlaggebend, und diese lassen allerdings keinen Zweifel darüber,
daß es sich tatsächlich um das erste Larvenstadium einer Hypoderma-
3) KrAuTner, Eine Dipterenlarve in der vorderen Augenkammer. Zeitschr.
f. Augenheilkunde, vol. 4, 1900.
#) STALBERG, Fluglarv in ögats främve Kammare. Hygiea 1901, Nr. 9.
5) J. A. Porrscumsky, L’Oestre du cheval, Rhinoestrus purpureus Br. St.
Petersburg 1906 u. 1908, 1. u. 2. Aufl.
Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege usw. 301
Art handelt. Bei Sarcophaginen- und Calliphorinenlarven sind, ab-
gesehen von der Unmöglichkeit, daß eine solche parasitische Larve,
ohne eine äußere Verletzung zu verursachen, in das Auge eindringen
könnte, die äußeren morphologischen Verhältnisse wesentlich andere.
Außer einer abweichenden Körperform haben diese Larven vor allem
gut ausgebildete Vorderstigmen und kräftige Mundhaken. Wenn
auch auf die zufällig in das Auge geratene Larve die dort vor-
gefundenen abnormen und ungünstigen Lebensbedingungen, wie
bereits Kenxen vermutete, nicht ohne Einfluß geblieben sind, so
ist doch kein Grund zur Annahme, dab wichtige und charakteristische
Organe gänzlich verschwunden sein sollten. Es kann sich also nur
um die Larve einer Oestride handeln, wenn man die als syste-
matischen Begriff aufgegebene Gruppe der Oestriden einmal im
biologischen Sinn gelten lassen will. Von allen Oestridenlarven
aber, die in Betracht kommen können, zeigt nur die junge Aypo-
derma-Larve die äußeren morphologischen Merkmale, welche wir
von den im Auge gefundenen Larven kennen: die walzige dreh-
runde Form, die schwach entwickelten Mundteile und vor allem
die kleinen schwarzen Dörnchen an dem abgerundeten Endsegment.
Besonders ein Vergleich mit der ausführlichen Beschreibung, welche
Jost®) von dem ersten Larvenstadium der Rinderdasselfliege geliefert
hat, schließt jeden Zweifel an der Identität wenigstens der Gattung
aus. Die Larven von Zhinoestrus, Oestrus und Gastrophilus, an
die man allenfalls noch denken könnte, zeichnen sich schon im
ersten Stadium, ihrer Lebensweise entsprechend, durch den Besitz
von außerordentlich starken Dornenkränzen und sehr kräftigen
Mundhaken aus. Die junge Aypoderma-Larve, welche alsbald nach
ihrer Aufnahme durch den Mund in die Schlundwand eindringt
und nach einiger Zeit von hier aus ihren weiteren Weg durch das
Körperinnere nach dem Unterhautgewebe antritt, hat nur schwach
entwickelte Mundteile und eine zwar recht ausgedehnte, aber sehr
schwache Körperbedornung.
Weniger einfach ist die Frage zu beantworten, um welche
Art es sich handelt. Wir haben in Europa zwei Rinderdassel-
fliegen, Hypoderma bovis GEER und lineatum Vırn., die beide in
den in Frage kommenden Ländern vertreten sind und in vielen
Gegenden nebeneinander vorkommen. In Nordamerika dagegen ist
die einzige dort vorkommende Art Hypoderma lineatum. Von beiden
6) Jost, Hermann, Beiträge zur Kenntnis des Entwicklungsganges der Larve
von Hwypoderma bovis DE GEER. Zeitschr. f. wissensch. Zool., vol. 86, 1907,
p. 644—715, 3 Fig., Taf. 32.
19*
302 K. GRÜNBERG.
Arten ist das jugendliche Larvenstadium zwar beschrieben, aber die
Unterschiede, die vielleicht recht minimal sein mögen, sind noch nicht
ganz einwandfrei festgelegt. Die junge, noch im Ei eingeschlossene
Larve von Hypoderma lineatum ist nach Rızey”) und nach GrÄser®),
der Rıuey’s Beschreibung anführt, am ganzen Körper mit feinen Dornen
bedeckt. Dagegen sind die jungen Larven aus der Schleimhaut
des Schlundes und aus dem Wirbelkanal, sowie die jüngsten Haut-
larven ganz glatt, mit Ausnahme der feinen Bedornung des Hinter-
endes. Diese Veränderung soll die Folge einer Häutung sein, was
wenig wahrscheinlich ist. Außerdem soll die junge Larve von
Hypoderma lineatum Vorderstigmen haben. Auch die bei Rehen
und Hirschen vorkommende Aypoderma diana Br. soll während
des ersten Larvenstadiums Vorderstigmen haben und ebenso soll
während dieses Stadiums die Bedornung schwinden.
Die von Jost (l. e.) beschriebene junge Larve, die nach den
Beobachtungen des Autors mit Sicherheit als die von Aypoderma
bovıs anzusprechen ist, ist auf der ganzen Körperoberfläche mit
kleinen Dornen besetzt, und zwar mit 8—9 Reihen auf jedem Segment.
Die Dornen verschwinden nicht im Verlauf des ersten Stadiums,
sind jedoch bei den jüngsten Larven deutlicher zu erkennen als
bei älteren, weil sie nicht mitwachsen, daher bei älteren Larven
scheinbar kleiner sind als bei ganz jungen. Nicht nur um die
Stigmenplatten, sondern auch in der nächsten Umgebung des Mund-
apparates stehen zahlreiche schwarzbraune Dörnchen. Vorderstigmen
waren auch auf Serienschnitten nicht nachzuweisen.
Die offenbar sehr genauen und zuverlässigen Angaben Josr’s
über Hypoderma bovis lassen eine erneute Untersuchung des Jugend-
stadiums von Aypoderma lineatum, besonders hinsichtlich des Per-
sistierens oder Schwindens der Bedornung und des Vorhandenseins
oder Fehlens der Vorderstigmen sehr wünschenswert erscheinen.
Aber selbst wenn die nach den bisher vorliegenden Beschreibungen
vorhandenen Unterschiede tatsächlich bestehen sollten, so wäre es
doch nicht möglich zu entscheiden, zu welcher von beiden Arten
die im Auge gefundenen Larven gehören, vorausgesetzt, daß in
allen vier Fällen dieselbe Art vorlag. Denn es unterliegt kaum
einem Zweifel, daß Kennen richtig vermutete, wenn er annahm,
daß die zufällig ins Auge geratene Larve durch die ungünstigen
Lebensbedingungen in der wäßrigen Augenflüssigkeit in ihrer Ent-
?) Rızey, The ox bot in the United States. Insect Life, vol. 4, 1892.
8) H. Gräser, Über Dasselfliegen. Mitteilungen des Ausschusses zur Be-
kämpfung der Dasselplage, Nr. 2, Berlin 1912,
Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege usw. 303
wicklung gehemmt und deformiert sei. In der auffallend geringen
Ausbildung der Hinterstigmen und Mundteile kommt dies deutlich
zum Ausdruck und ebensogut kann aus demselben Grunde die
normale Körperbedornung vor der Zeit zurückgebildet sein. Das
einzige, was sich mit ziemlicher Sicherheit sagen läßt, ist, daß es
sich um Larven einer Rinderdasselfliege handelt, um so mehr, als
auch schon einige Fälle subkutanen Vorkommens solcher Larven
beim Menschen beobachtet wurden. Denn daß eine Larve der beim
Wild vorkommenden Aypoderma-Arten sich zum Menschen verirren
sollte, ist sehr unwahrscheinlich. —
Die Erkrankung des Auges nahm in den sämtlichen bisher
beobachteten Fällen einen chronischen Verlauf, was mit der langen
Dauer des ersten Larvenstadiums zusammenhängt. Bei dem in
Dorpat behandelten Fall dauerte sie vom Spätsommer (September)
bis Februar, in dem von Kraurser beschriebenen Fall vom Sommer
bis Januar. In dem Srtaugere’schen Fall hatte die Krankheit
vor der Behandlung schon fünf Monate gedauert und in dem zuletzt
beobachteten Fall ebenfalls fünf Monate vor der Operation. Man
darf also annehmen, daß der Parasit sich schon eine verhältnis-
mäßig lange Zeit im Auge befindet, ehe die Erkrankung ein solches
Stadium erreicht, daß ein ärztliches Eingreifen notwendig wird, die
Larve wird daher wahrscheinlich auf einem Stadium noch geringer
Größe, etwa als junge Schlundlarve, aus dem Körper her in das
Auge gelangen. Die auf den ersten Blick vielleicht auffällige zeit-
liche Übereinstimmung der Erkrankungen, die regelmäßig vom Spät-
sommer oder Herbst bis zum Ausgang des Winters dauern, ist eine
ganz natürliche Folge des normalen Entwicklungsganges der Larven.
Beim Rind findet man vom Sommer bis Ende des Winters nur junge
Larven des ersten Stadiums unter der Schleimhaut des Schlundes.
und während dieser Zeit werden nie junge Larven unter der Haut
beobachtet. Dann findet man etwas größere Larven im Wirbel-
kanal, und schließlich bei Beginn des Frühjahrs zeigen sich die
ersten Larven unter der Haut.
Ein recht auffallender und merkwürdiger Umstand ist es, daß
in allen vier Fällen die Patienten in jugendlichem Alter, zwischen
fünf und neun Jahren standen und es ist schwer, hierbei an ein
rein zufälliges Zusammentreffen zu denken. Wenn aber auch diese
auffällige Tatsache einen besonderen Grund haben sollte, so dürfte
seine Aufklärung doch nicht ganz leicht werden, da es vorläufig
ganz an Anhalts- und Vergleichspunkten fehlt. Denn beim Rind,
dem eigentlichen Wirt der Larven, scheinen analoge Beobachtungen
bisher noch nicht gemacht worden zu sein, obwohl man annehmen
304 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 17, Juni 1913.
sollte, daß bei Rindern, welche die Larven oft in Menge beherbergen,
ein Eindringen einzelner Parasiten in die Augen gar nicht so selten
sein kann, wenn es schon bei Menschen mehrfach beobachtet
wurde. So erscheint die Vermutung nicht unbegründet, daß darauf
gerichtete Nachforschungen, die sich in Schlachthöfen leicht vor-
nehmen ließen, wohl nicht resultatlos verlaufen würden.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 17. Juni 1913.
K. GRÜNBERG: Über das Vorkommen von Hypoderma-Larven im
menschlichen Auge.
A. BRAUER: Über die Arbeit von Goupschmivr: Die Merogonie
der Oenotherabastarde und die doppeltreziproken Bastarde
von DE VRIES.
P. SCHULTZE: Neuere Arbeiten über tierische Körper der Chloro-
phyll-Xanthophyll-Carotingruppe. E
G. TORNIER: Über den Bau des Schultergürtels.
Druck von A. Hopfer in Burg b. M.
ü ae | 70
a Mn NT RR.
aM N un REN N u
ft BER NEE |
Auszug aus den Gesetzen
der E
Gesellschaft Naturforschender Freunde 4
zu Berlin.
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung .
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der
Biontologie.
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- .
lichen und Ehrenmitgliedern.
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20
betragen darf, ergänzen’ sich durch einstimmige Wahl nach
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der (Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister.
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Be
Finladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlicken
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das’
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter-
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, |
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind Be
an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N 4,
Invalidenstr. 43, zu richten. | |
en ed
sur un
< vr.
“
Per.
DEE 6 1986
‚Sitzungsberichte
der
Gesellschaf
E N
4 Naturforschender Hank
W;
“
0
a . zu Berlin.
ENT. 2. Juli 1913,
INHALT: Seite
'S Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika und ihre
| palaeogeographische Bedeutung. Von Dr. Epw. Henne...» 2.2.2... 805
1 Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique. Von J. Zwirrzyckı 319
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. Juli 1913 . . .. 2... 222.200. 326
BERLIN,
In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN,
NW Carustrasse 11.
Hs,
7
DEE 6 1986
NP 7. 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 8. Juli 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATSCHIE.
Herr R. Merz: Der Chinese und der Schmetterling.
Herr P. MarscHıe: Einige Ergebnisse eines Ausflugs in die taurische Steppe.
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Süd-
afrika und ihre palaeogeographische Bedeutung.
Von Dr. Epw. Henniıc.
Die meisten umfassenderen Theorien über Fragen der Palaeo-
geographie oder tiergeographische Probleme der Vergangenheit,
soweit sie Afrika in den Kreis der Betrachtungen ziehen, sind
immer noch Gleichungen mit einer großen Unbekannten. Wenn
Afrika in der Vergangenheit der Erde eine sehr eigene und ab-
weichende Entwicklung gehabt zu haben scheint, so liegt das wohl
zum großen Teile daran, daß unsere Erkenntnis von seinem geo-
logischen Aufbau von der alle anderen Kontinente betrefienden
noch sehr weit absteht. Die Europanähe des für den Geologen
noch immer verhältnismäßig dunklen Erdteils bringt es aber mit
sich, daß, nachdem nun die Erschließung sehr rasch vollendet wurde,
das Tempo der Fortschritte auch für unsere Wissenschaft ein un-
gewöhnlich schnelles zu werden sich anschickt.
Die erste Erforschung erdgeschichtlicher Art gilt naturgemäß
schon aus praktischen Rücksichten der Geologie, und wenn schon
jetzt ein reiches Material auch für paläontologische Zwecke zu
fließen beginnt, so ist das in Ländern, die größtenteils so überarm
sind an künstlichen Aufschlüssen, ein äußerst vielversprechendes
Zeichen.
Wir sind im allgemeinen gewöhnt, in Afrika den „uralten
Kontinent“ zu sehen, der nur randlich ganz wenig von Meeren
überflutet wurde und durch lange Zeiten sogar östlich und westlich
sich weithin ausgedehnt hat als „Gondwana-Festland“ und als
20
306 Epw. Hennıc.
afrikano-brasilischer Kontinent. Für diese Zusammenhänge sind
ja auch genügend gute Gründe ins Feld geführt worden und sie
sollen unangetastet bleiben. Aber allzu weitgehende Verall-
gemeinerungen räumlich wie zeitlich sind doch wohl kaum am
Platze, wenigsteus nicht, solange uns noch so manche dafür voraus-
zusetzende Kenntnis fehlt. Sodann ist auch nicht zu vergessen,
daß unser heutiges „Afrika“ wie alle Kontinente keine geologische
Einheit ist, sondern gewissermaßen zufällig aus sehr heterogenen
Elementen zusammengesetzt erscheint. Die Atlasländer, Sudan,
Südafrika sind Teile, die durchaus verschiedene Geschichte durch-
semacht haben. Jene Annahme kann also höchstens für einen Teil
Afrikas und offenbar auch nur für begrenzte Zeiten gelten. Eben
diesen Teil und diese Zeiträume gilt es nun in ihrer Beschränktheit
zu erkennen, und es ist zu sagen, dab bisher die Grenzen schon
weit enger gesteckt werden mußten, als vor Beginn der eigentlichen
geologischen Erforschung vielfach angenommen wurde. Das Vor-
dringen mesozoischer Meere längs der heutigen Ostküste im Kanal
von Mozambique, der in Einzelheiten freilich noch ungekannt bleibt,
ging schon frühzeitig aus den äußerst fossilreichen Schichten hervor,
die sie dort hinterlassen haben. Schwarz will die Meeresinvasion
bis in die Trias zurückverfolgen. Die Abtrennung nach Westen
aber gegen Brasilien scheint noch immer Schritt für Schritt in
der Zeit zurückgedrängt zu werden. (Lenz gab freilich schon
1877 in kurzen Mitteilungen kretazische Ammoniten bekannt.) Der
Entdeckung eines tertiären Küstenstreifens an zahlreichen Punkten
des Westrandes folgten neuere Funde von Kreideablagerungen,
anfangs jüngerer (Mungo), dann anscheinend auch älterer (Mamfe).
In allen Fällen machte Kamerun den Anfang, das gerade wegen
seiner nahezu zentralen Lage auch berufen ist, in jenen palaeo-
geographischen Fragen entscheidend mitzusprechen. Es sind jetzt
neue Funde, wiederum in Kamerun, gemacht worden, die mög-
licherweise noch einen Schritt weiter, vielleicht bis in den Jura
hinab bedeuten und mit anderen gleichfalls neuen und etwa gleich-
altrigen Funden von den Kapverdischen Inseln zusammen den
Beginn der marinen mesozoischen Ablagerungen auch im Westen
schon in eine unerwartet frühe Zeit zurückzuverlegen scheinen.
Gleichzeitig wächst im Süden Afrikas der Eindruck, daß die
sog. Karroo-Formation recht beträchtliche Zeiträume umfaßt; seit
einigen Jahren will man ihre jüngsten Glieder aus der oberen
Trias in den unteren Jura hinauf versetzen und im Kongo bahnt
sich die gleiche Erkenntnis an. Endlich aber mehren sich aus
dem innersten Afrika die Befunde, die dafür sprechen, daß die
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 307
dortigen Ablagerungen keineswegs restlos kontinentaler Natur sind.
Vor kurzem wurde ein vielleicht paläozoischer Oolith vom Itimbiri,
einem rechten Nebenfluß des Kongo'), beschrieben, der an sich ohne
genauere Kenntnis der Lage und wenn möglich seiner Fauna keine
weitgehenden Schlüsse zuläßt, aber zunächst mit größerer Wahr-
scheinlichkeit als marin anzusehen ist. Wenn auch Lacom’s Gründe
für die Zurechnung kalkiger Gesteine des Ubangi zum Devon
keineswegs überzeugend sind, so sind doch für weite Gebiete Nord-
afrikas ebenso wie für ganz Südafrika ausgedehnte und auch vertikal
sehr umfassende paläozoische Meeresablagerungen festgestellt, über
deren Grenze gegen Zentralafrika noch wenig bekannt ist. Sichern
auch glaziale Ablagerungen und Landfloren für die Karbon- bis
Permzeit die Festlandsnatur der betreffenden Gegenden, so scheint
also doch vorher das Meer stellenweise noch Zugang gefunden zu
haben und augenscheinlich hat es selbst noch nachträglich weite
Strecken, auch Teile Zentralafrikas bedeckt.
In Deutsch-Südwestafrika werden nämlich jene Glazialschichten
nach Range von marinen Sedimenten überlagert. Im Gebiete des
oberen Kongo (Lualaba) aber wurden bei Eisenbahnbauten Fischreste
gefunden, die für das Vorhandensein eines Meeres mindestens in un-
mittelbarer Nachbarschaft gegen Ausgang der Triasperiode sprechen.
Es ist recht auffällig, daß noch in anderen Fällen die hier
angedeuteten Funde ganz oder nahezu ausschließlich -aus Fischresten
bestehen. Unter den obigen Gesichtspunkten ist das zu beklagen,
denn über die marine oder fluviatile Natur so manches Vertreters
dieser Klasse sind wir keineswegs endgültig unterrichtet, An-
passungen an diese oder jene Lebensweise können ja auch nur aus
den sonstigen faunistischen und faziellen Verhältnissen eines Gesteins,
nicht aber aus dem Bau eines Fisches oder gar aus der Analogie heute
etwa noch lebender Verwandter erschlossen werden. Als erste
Wegweiser aber sind diese Funde von großem Interesse und es
seien daher hier einmal die wichtigsten Fischfunde Aequatorial- und
Südafrikas überhaupt im Zusammenhang genannt (s. Tabelle und
Literaturverzeichnis).
Was zunächst die Fischfunde des oberen Kongo betrifit, denen
hervorragende prinzipielle Bedeutung zukommt, so sind nach
LERICHE zu verzeichnen:
bei Kilindi: Peltopleuwrus Maeseni und ein Semionotide oder
Eugnathide;
1) H. Fıscaer: Ein mariner (?) Oolith aus Zentralafrika (Zentralbl. f. Min.
usw. 1913, S. 112—114). Vgl. Preumoxt, Quart. journ. 1905, S. 641—664.
20*
308 Eow. HennIG.
bei Kindu: Pholidophorus Corneti und eine Schuppe von
Lepidotus.
LericHz stellt Corner’s „Lualaba-Schichten“, aus denen diese
wenigen, aber recht bezeichnenden Vertreter stammen, daraufhin
den südafrikanischen Beaufort-Schichten und dem europäischen
Keuper gleich. Das erstere geschieht aber mehr in Anlehnung an
Corxer als in Übereinstimmung mit der üblichen Altersstellung der
Beaufort-beds. Denn erst die sie überlagernden Stormberg-beds
werden sonst nach ihrem faunistischen Gehalt der oberen Trias
(von Schwarz?) und anderen Autoren zum Teil sogar dem Lias),
die im Liegenden befindlichen Ecca-Schiefer aber gar dem Öber-
karbon oder höchstens Unterperm gleichgestellt. Auch könnte
man versucht sein, die beiden Fundstellen als verschiedenaltrig
anzusehen; denn wenn auch Semionotus und Peltopleurus unzwei-
deutig auf Keuper hinweisen, so ist andererseits Leptidotus (wenn
die Schuppe als solcher sicher bestimmbar ist, was sich ohne
Kenntnis der Abbildung und Beschreibung leider der Nachprüfung
entzieht) in der Trias noch kaum bekannt (Prolepidotus, Hetero-
lepidotus) und auch Pholidophorus ist im Jura jedenfalls häufiger.
Indessen allein genügen die Funde nicht für Behauptungen von
solcher Tragweite, in der Tabelle seien sie daher wenigstens in
das Rhät (Molteno series bei Schwarz) als die Grenzschicht gegen
den ‚Jura (Red beds und Üave Sandstone bei Schwarz) versetzt 3).
Das Bemerkenswerte ist aber auf alle Fälle der durch die Mehrzahl
der Fossilien in diesem Fall wohl als gesichert anzunehmende
Nachweis der Meeresnähe um jene genauer noch nicht feststell-
bare, aber sicher postpermische Zeit im innersten Afrika.
Eine ganze Reihe von z. T. trefflich erhaltenen Formen fossiler
Fische kennen wir durch Woopwarp’s Beschreibungen schon seit
längerer Zeit aus den Beaufort- und Stormberg-Schichten der Kap-
kolonie und des Oranje-Staates,. Am häufigsten und wichtigsten
ist darunter Semionotus, der nach SCHELLWIEN mit Sicherheit nur
aus dem Keuper bekannt ist und somit seinerseits einigermaßen
zur Lösung der Altersfrage beitragen kann. Seine Lebensweise
?) Schwarz: South African Geology 1912.
») Vgl. die einigermaßen ähnliche Fischfauna, die GorsAnovIic- KRAMBERGER
aus der Obertrias von Hallein in Salzburg beschrieb (Paläont.-Geol. Osterr.-
Ung. Bd. XVII, 1905). Zu einem faziell, wie stratigraphisch sehr ähnlichen
Ergebnisse, wie ich, gelangt übrigens, wie ich während der Drucklegung er-
sehe, Lerıcne auf Grund der gleichfalls in den Lualaba-Schichten gefundenen
Phyllopoden und ÖOstracoden (Revue zoologique africaine 1913). Gleichfalls
vorhandene Pflanzenreste sind unbestimmbar. er
RETTEN EEE ER EEEN
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 309
kann, wie auch diejenige des Lungenfisches Ceratodus zu jener
Zeit solange nicht als endgültig geklärt gelten, bis wir über den
germanischen Keuper einigermaßen gesicherte Vorstellungen be-
sitzen. Für die südafrikanischen Karroo-Schichten ist aber all-
gemein eine Ablagerung kontinentaler Art mehr als wahrscheinlich.
Bezüglich der Beaufort-beds hat das soeben Warson (Geol. Mag.
1913, S. 388—392) wieder in einleuchtender Weise dargetan. Es
handelt sich da wohl um ähnliche Fragen, wie beim devorischen
Oldred, dessen Fischfauna in FrecH’s Lethaea eine vorzügliche Be-
handlung erfahren hat. Interessant ist Semionotus auch in diesem
Zusammenhange wegen seiner nahen verwandtschaftlichen Be-
ziehungen zur Gattung Lepidotus.
Jene Schuppe von Kindu war bisher der einzige auf diese sonst
weltweit verbreitete Gattung zu beziehende fossile Rest aus ganz
Afrika. Jetzt hat je eine deutsche Kolonie in Ost und West weiteres
besseres und bemerkenswertes Material geliefert. In Deutsch-
Ostafrika fand sich als Zeitgenosse der jüngsten Dinosaurierfauna
in den Wealdenmergeln des Tendaguru Lepidotus minor Ac. oder
doch eine Form, die auf Grund der paläontologisch erhaltungs-
fähigen Reste von dieser in Europa bekannt gewordenen Spezies
des Portland und Wealden nicht abzutrennen ist. Denn gleiche Arten
bei Fischen so weit getrennter Fundpunkte anzunehmen, verbietet
sich fast im Hinblick auf die heute herrschenden Verhältnisse.
Ganz gleich aber, wie man sich bezüglich der Namengebung zu
diesem Problem stellen will, ist doch die vollständige Überein-
stimmung der Hartbestandteile des Schädels und Schuppenkleides
einer der Beweise für ungehinderte Verbindung des den Dinosauriern
zum Grab gewordenen Gewässers mit der Außenwelt: jede längere
Zeit währende Abschnürung gegen die offene See hätte sich, sollte
man erwarten, in einer deutlich sichtbaren Spezialisierung des
Innen- oder Außenskelettes bemerkbar machen müssen. Nach einzelnen
Schuppen in den Saurierschichten zu urteilen, kam Lepidotus dort
auch in größeren Formen vor.
Eine neue Spezies der gleichen Gattung liegt in einer hoch-
wichtigen Suite vor, die Herr Dr. Mann, Regierungsgeologe in
Kamerun, aus Adamaua heimgebracht hat. Dies Vorkommen ist
interessant einmal, weil es dem Beginn der westafrikanischen
mesozoischen Sedimentation mindestens ebenfalls bis an die Grenze
von Jura und Kreide zurückzuverlegen scheint, sodann aber, weil
es der nur randlichen Überflutung entrückt ist und im Zusammen-
hang mit seiner tektonischen Lagerung eine ehemals weiter
verbreitete Decke mesozoischer sedimentärer Bildungen
310 Epw. Hennıc.
gegen dasInnere zuankündigt. Damit reiht es sich in ebenso
bedeutsamer Weise den postpermischen Schichten des Kongo, wie
der jüngeren Kreide des benachbarten Nigeria und überhaupt Nord-
westafrikas an. ZLepidotus Manni, wie ich die Art nach dem
glücklichen Entdecker genannt habe, hat unter den etwa 100 be-
kannten fossilen Arten nur eine in der Skulptur der Schädel-
knochen einigermaßen nahestehende, den Lepidotus (Plesiodus)
pustulosus Wacn. aus den lithographischen Schiefern Bayerns
(Portland). Sind nun auch Fischreste, zumal in so geringer Zahl,
nicht als Leitfossilien verwendbar, und ist es besonders un-
angebracht, auch aus nur verwandten Formen auf Gleichaltrigkeit
der Schichten schließen zu wollen, so könnte an sich die größere
europäische Form eher als die jüngere gelten, und auf jeden
Fall wird man aus einem ZLepidotus-Funde zunächst auf Jura oder
Unterkreide schließen müssen, da die Gattung, wie gesagt, in der Trias
noch kaum vertreten ist und auch in die obere Kreide nur mit höchst
spärlichen Vertretern hinaufreicht. Ein Anschluß an die im Gestein
ähnlichen Mamfeschiefer Kameruns, die nach JAEREL dem Neokom
angehören sollen und wohl brackischen Ursprungs sind, ist nicht
statthaft, da die dortigen Fischtypen ganz anders geartet sind
(Teleostier) und auch aus der tektonisch-stratigraphischen Lagerung
ein jüngeres Alter für die. letzteren hervorgehen soll. Endlich
kommen in den Adamauaschiefern nach Herrn Dr. Mann auch
Brachiopoden vor, die für dieses Vorkommen auch den letzten
Zweifel an dem marinen Ursprung schwinden lassen müssen. Bei
den Leprdotus-Resten findet sich in Adamaua ferner ein Saurier-
zahn, der einem Sauropterygier angehören könnte. Auch einige
wenige kaum erkennbare Knochenreste können nicht als Fischreste
angesehen werden. Das Gestein zeigt schließlich undeutliche Ab-
drücke pflanzlicher Reste. Die Altersfrage ist jedenfalls noch
nicht mit der Schärfe zu lösen, wie das in der provisorischen
tabellarischen Übersicht nötig ist. Schon Dusen brachte aus
Kamerun Fischreste mit, die nach Dames dem Neokom angehören
sollten. Leider ist Genaueres über sie nicht auszumachen.
(Günstiger liegen die Verhältnisse bei einem vereinzelten Fisch-
funde aus Südwestafrika (Ganikobis), den wir Dr. Lorz verdanken.
Herr Dr. Koerr stellte mir das interessante Stück aus der Kolonial-
sammlung der Kg]. preußischen geologischen Landesanstalt freund-
lichst zur Verfügung. Es ist eine Gesteinsknolle von schwärzlicher
Farbe, in deren Innerem beim Aufschlagen der Kopf und ein Teil
des Rumpfes von einem Fisch sichtbar wurde. Schrorper be-
stimmte ihn bereits als Palaeonisciden. In der Tat ist durch sehr
uEe In
RETTEN
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 311
charakteristische Züge der engere um Palaeoniscus sich gruppierende
Formenkreis, den wir aus Traquaır’s*) schönen Untersuchungen
kennen, deutlichst gekennzeichnet. Die breit vorspringende
Nasen- oder Ethmoidalpartie, die sogar einen kleinen
Vorsprung an der Konkretion verursacht hat, nimmt
dem Munde seine endständige Natur; der Rachen ist tief-
geschlitzt; kleinere und größere Zähnchen alternieren
darin, der Unterkiefer ist sehr schmal; das Auge groß und
.weit vorn gelegen; die Kiemendeckelreihe („Suspensorium“)
schräg nach hinten gestellt, so daß sie mit dem Unter-
kiefer einenspitzen Winkel bildet. Das alles sind Merkmale, die
eng an die karbonisch-permische Gattung Palaeoniscus anschließen.
Zur genaueren generischen Definition reicht aber der Erhaltungs-
zustand des einen Exemplars nicht aus. Indessen läßt die Art des
Vorkommens, die Geodenbildung, erhoffen, daß noch reiches Material
von der gleichen Lokalität uns zufließe. Denn wo wir derartige
Bildungen kennen (Lebach, Ilmenau, Grönländische Küste), handelt
es sich fast stets um reiche Fundstellen. (Über ihre Erklärung
hat sich soeben Wımann im ersten Hefte der neuen Zeitschrift der
Palaeontologischen Gesellschaft ausgelassen. In Lebach handelt es
sich aber nach Reıs nicht um eine marine Ablagerung.) Das Alter ist
in diesem Falle bereits nahezu gesichert dadurch, daß in den gleichen
Schichten Zurydesma- und Conularıa-Funde gemacht wurden und
daß sie nach Range?) vom glazialen Dwykakonglomerate unterlagert
werden. Die Verhältnisse erinnern also ganz auffällig an ent-
sprechende Ablagerungen in Indien, wo der Zurydesma-Horizont
als Rotliegendes erkannt worden ist. Zugleich ist damit auch
der marine Charakter der betreffenden Ablagerung gesichert ®).
Weniger klar liegen die Verhältnisse im englischen Nyassa-
land, obwohl die dortigen, sehr wichtigen Funde schon seit dem
Jahre 1888 datieren. Es sind dort an verschiedenen Stellen Kohlen,
Fischreste und Mollusken gefunden worden, über deren gegenseitige
Lage wenig Bestimmtes zu erfahren ist. Man hat sich anfangs
mit der Horizontbezeichnung „Karroo“ begnügt. Seit aber klar
ist, daß mindestens das ganze Perm und die ganze Trias, wahr-
scheinlich aber auch das Oberkarbon und möglicherweise gar noch
4) H. Traquaır: „Ganoid Fishes of Carboniferous formation“ Pl. 1.
Paleont. Soc. 1877. 1911.
5) Range: Geologie des deutschen Namalandes. Beitr. z. geol. Erforschung
d. deutschen Schutzgeb. Kgl. preuß. geol. Landesanstalt.
6) Vgl. E. Koxen: „Über Eurydesma und den Eurydesmenhorizont.“
Zentralbl. f. Min. usw. 1902.
312 Epw. HEnnıc.
-
Teile des Jura darin enthalten sind, hat dieser Name als strati-
graphische Bezeichnung eigentlich nur noch geringen Wert. Daß
die Kohlen, wenn auch stellenweise anscheinend allochthon, so doch
terrestrischen Ablagerungen angehören, darf vorausgesetzt werden.
Auch die Mollusken weisen unzweideutig auf Süßwasser hin. Sie
wurden von ihrem Entdecker Drummoxp als Telliniden angesehen.
STROMER zweifelte diese Bestimmung an, da die Telliniden erst
vom oberen Jura an bekannt sind; Jones sah dann in ihnen das Genus
Iridina (?), das von AmALITzey zu einer neuen Gattung Palaeomutela
aus der Gruppe der Anthracosidae oder Palaeoumionidae gezogen
und mit europäischen Süßwassermuscheln des Perm vereinigt werden
konnte. Es wäre sehr bemerkenswert, wenn die mancherlei Fisch-
reste, die verschiedenen Arten zugeschrieben wurden und auch den
Genus-Namen schon in recht bedeutsamer Weise wechseln mußten,
wirklich der gleichen Schicht entstammten. Denn sie sind uns bisher
keineswegs als Süßwasserbewohner bekannt. Sie scheinen außerdem
jüngeren Alters zu sein als jene Mollusken. Jones sprach bereits die
Funde mit großer Sicherheit als mesozoisch an. Doch ist eine Fest-
stellung auch jetzt noch nicht möglich. Traquaız beschrieb die Formen
anfangs als Acrolepis, konnte aber auf Grund reicheren Materials
nachweisen, daß mindestens ein Teil (Acer. africana) vielmehr zu
Colobodus gehört. Damit würde die Altersbestimmung eine kleine
Verschiebung erleiden. Denn Aecrolepis ist uns aus Karbon und
Perm bekannt, @yrolepıs”), mit dem gleich von Anfang an gerade
die Spezies Acer. africana verglichen wurde, und Colobodus, als welcher
sie nunmehr gelten muß, ganz besonders die europäischen Formen,
die den ersten Anstoß zur Identifizierung gaben, sind triassisch.
Wir werden also die Funde etwa an die Grenze von Palaeozoikum
und Mesozoikum stellen dürfen. Vor der Hand ist mit einem Leben
im Süßwasser in diesen Fällen noch zu rechnen. Sehr überein-
stimmende Verhältnisse würden sich, wenn Fische, Mollusken und
Kohlen der gleichen Schicht entstammen sollten, in dem permischen
Kohlenbecken von Wankies am Zambezi in Rhodesia finden, denn
dorther ist ebenfalls eine Palaeomutela Keyserlingi und ein als
Acrolepis bestimmter Fisch bekannt geworden. Colobodus dagegen
wird mit der marinen Gattung Modiola zusammen aus dem Keuper
(„Lettenkohle“) von Lugh im Somali-Lande gemeldet.
Höchstwahrscheinlich palaeozoisch, aber weder bestimmbar,
noch völlig sicherer Herkunft sind Reste eines kleinen Schwarms
7) Traquaır hat an andrer Stelle die Gattung @yrolepis ganz eingezogen
(Ganoid fish. Brit. carboniferous form, S. 12). i
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 313
von Fischen, die in einer Reihe von Gesteinsstücken vor Jahren
dem geologisch-paläontologischen Institut der Universität von Herrn
Wızsze aus Mozambique geschickt wurden. Der eifrige Sammler
ist seither verstorben, doch konnte sich Herr Professor MATscHIE des
Fundorts noch mit Sicherheit entsinnen. Er ist auf portugiesischem
Gebiete gelegen, und zwar bei Lussimboa am Ufer des Loang' wa (rechter
Nebenfluß des Zambezi), also dem englischen Nyassalande nicht all-
zu fern und Rhodesia unmittelbar benachbart. Man sieht nur in
zahlreichen Bruchstücken, oft in mehreren Lagen übereinander
kleinere Teile des Schuppenpanzers, auch wohl der Flossen. Und
zwar ist das organische Material nicht erhalten geblieben, vielmehr
liegen nur die Abdrücke vor. Sie lassen kleine glatte, unyerzierte
und ungezahnte Schuppen erkennen, die keinerlei generischen Hin-
weis gestatten, aber doch den Ganoiden kennzeichnen. Was man
an dem Stück von Ganikobis in Deutsch-Südwestafrika an Schuppen
sieht, ist genau das gleiche Bilde Das nicht allzu ferne Tete-
Becken ist als kohlenführend bekannt, und daß seine Flora sich
der sie allseitig umgebenden Glossopteris-Flora durchaus anschließt,
hat GorHan kürzlich im Gegensatze zur Annahme europäischer
Fazies erst vermutet, dann schnell bestätigt gefunden°). Wir haben
also im Bereiche des Zambezi offenbar karbonische bis permische
Ablagerungen, aus denen auch die Fischreste sehr wohl stammen
können. Da kämen denn andre Familien als die Palaeonisciden
und Platysomiden kaum in Betracht. Denn diese vermitteln als
altertümliche Typen den Übergang zur triassischen und damit
mesozoischen Fischfauna. Die Stylodonten, die auch schon im
Perm auftauchen, zeigen einen bereits moderneren Charakter.
Doch prägen sich diese Unterschiede mehr im Schädelbau aus, so
daß hier keine Stellungnahme dazu erfolgen kann. Ebenso kann
es auch in diesem Falle noch fraglich sein, ob auf so spär-
liche Fischreste hin marines Sediment vorausgesetzt werden darf,
ob wir es nicht wie oben vielmehr mit Süßwasserformen zu tun
haben.
Bezüglich zweier Schuppen von Natal, die ceycloide Form be-
sitzen und möglicherweise gewissen mit solchen Schuppen aus-
gerüsteten Palaeonisciden angehören könnten, gibt Woopwarn als
Fundort die „coal measures of Somkele“ an. Das dortige Kohlen-
feld wird auf Grund seiner Glossopterisflora den Beaufort-Schichten
eingereiht und dürfte dem von Wankies entsprechen.
®) Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 1912 und Palaeobotanische Zeitschrift
1912, Heft 1, S. 36,
314
Epw. Hennıe.
Südafrika
Kapkolonie
Oranje-Kolonie
Semionotus capensis
Cleithrolepis Extoni
Dietyopyge(?)Draperi,
Ceratodus capensis
Cer. kannemeyeri
u.a. m
Karbon
Devon .
Palaeoniscus (?)
Bainii, sculptus
u.a. m
Carcharodon mega-
lodon, rondeletti,
auriculatus.
sertar),. .;. Oxyrhina sillimani,
hustalis,
Carcharias collata,
Hemipristis serra
Ober —
Kreide... 3% N EB
Mitt. _
Unt. =
Malm —
Jura er Dogger —
Lias =
Rhät _
rad Ra Keuper — r :
2
FREIE scutula ;
Untere 2 a mie
Tun “ Seeleyi >’,
Ober ee
(Zechstein)
PAD 7, —
Unter
(Rotlieg.)
Natal Mozambique
Odontaspis cuspic
Oxyrhina sp., 8
na a i
serra, Carcharod d
megulodon, Gale
cerdo, © along
charias, Cimoli
Cybium
Cestracion SP.,
Scapan. aff. rhaphi-
odon, Scapan. subu-
latus, Scapan. SP.
(Odontaspis ?),
Oxyrhina Mantelli,
Corax falcatus,
Lamna basalis,
Enchodus
Oxyrhina Mantel
Scupan. (2) subulc
Pseudocorax affı
Synechodus Sp.
Zwei Schuppen
(Somkele
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 315
afrika Zentralafrika Westafrika Sädafsikanische
Horizontierung
Deutsch-Ost Nyassaland Kongo Deutsch-Südwest Kamerun
7 g
Carcharodon mega- 5 ee Torpedo Hilgen- x
lodon = dorfi, Myliobatide | AleXandra-beds
Corax heterodon,
Scapanorhynchus
rhaphiodon, Fr =. = ==
Lamna sp. Umtamvuna-
series
Pyenodont;
Selachierflossenst. Be rege a-
ee Ri Er ew runv epis| 17: x
rin Bier (Bra won er. Uitenhage form.
(Wealden) Mamfe-Sch.)
2er BF E: Sr Lepidotus Manni
(Adamaua)
“wg f |
Pholidophorus,
> — Lepidotus un PER
i Storm-
(Kindu) arsse:
J
Peltopleurus Mae- |
— — seni, Semionotide == —
(Eugnathide?) |
Colobodus africa- f — gKarroo
| te nus u. a. Palae- = a
onisciden (Süß-
mar) oo 00. Beaufort
u eh Palaeoniscide Er
er (Eurydesma-Hor.)
KT ne Eeea
Witteberg-ser.
316 Eopw. Hennic.
Nur eine winzige isolierte Zahnkrone im höheren Neokom des
Tendaguru-Gebietes verrät andeutungsweise einen Pycenodonten.
Diese Gruppe ist auch im Tertiär Nord- und Westafrikas vertreten,
es wäre sogar möglich, daß Üleithrolepis aus dem höheren Karroo
(Obertrias?) des Oranjestaats trotz der gegenteiligen Bemerkungen
A. SmitH-Woopwarp’s ebenfalls dazu zu stellen wäre. In den
jüngeren randlichen Ablagerungen Afrikas sind es-im übrigen fast
durchweg Selachier, die uns als Vertreter der Fische entgegentreten.
Schon im Oxford Madagaskars wird von Prırm ein Strophodus-
Zahn zitiert.
Deutsch-Ostafrika, das vorher noch keinerlei Fischreste geliefert
hatte, weist nach den Ergebnissen der Tendaguru-Expedition sogar
stratigraphisch recht vielseitige Funde dieser Art auf. Zur obersten
Saurierschicht (Wealden) gehören außer Lepidotus einige wenige
Zähne von Orthacodus, einem Hai, der sich dort augenscheinlich den
seltenen Luxus einer Dinosauriermahlzeit leisten konnte. Auch ein
unbestimmbares Bruchstück aus der mittleren Saurierschicht
(Kimmeridge) dürfte als Teil eines Flossenstachels bei den
Selachiern seinen Platz finden, desgleichen ein Exemplar aus dem
höheren Neokom über den Dinosaurierhorizonten.
Reichere Beute finden wir in Zähnen nahe der Küste. Es
findet sich dort Corax heterodon, Scapanorhynchus rhaphiodon und
Lamna sp. in je mehreren Exemplaren in einem an Schnecken
reichen Gestein, das zur obersten Kreide gerechnet werden muß, und
somit der südafrikanischen Umtamvuna-Formation entspricht.
Dieser Horizont scheint in einem schmalen Streifen an sehr zahl-
reichen Stellen der afrikanischen Ostküste aufzutreten und meistens
auch die gleichen Selachier-Zähne zu führen, wie aus der Tabelle
hervorgeht. (Insbesondere hat schon Rruss die verschiedenen
„Arten“ von Corax wegen der zahlreichen Übergänge zwischen all
den unterschiedenen Typen als C©. heterodon zusammengefaßt, so daß
die aufgeführten wechselnden Namen keine spezifischen Unter-
schiede beurkunden.)
Ebenso scheint sich das Tertiär°®) zu verhalten, das vor
allem in Mozambique und auf dem gegenüberliegenden Madagaskar
in mehreren Horizonten übereinander bekannte Typen aufweist.
Bei Lindi fand sich ein Zahn des bekannten Carcharodon mega-
lodon. Interessant ist noch die Selachier-Fauna der südafrika-
nischen „Alexandra-Formation“, E.H.L. Schwarz stellte diese
°») Für die afrikanische Westküste liegen gute Zusammenstellungen
vor bei Srromer (1912) und Lerıche (1913, Karte!)
Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 317
anfangs ebenfalls in die Oberkreide, doch äußerte schon STROMER
nach dem Vorkommen von Carcharodon sehr begründete Zweifel
an dieser Altersbestimmung. Die Bearbeitung der Invertebraten
durch Newron hat ihm völlig recht gegeben. Auch ScHwArz!P)
zweifelt jetzt nicht mehr an dem „mio-pliozänen“ Alter der be-
treffenden nur lokal auftretenden Schichten.
So kommt denn den Fischen außer in palaeogeographischen doch
auch in allen stratigraphischen Fragen eine wenn auclı beschränkte
Bedeutung zu. Von besonderer Wichtigkeit sind sie natürlich da,
wo sie einstweilen noch die einzigen organischen Reste geblieben
sind, die uns über Natur und Alter der Schichten Aufschluß geben
können. Bei zu erwartender Vermehrung des bereits vorliegenden
Materials muß aber auch der rein palaeontologische Wert noch
erheblich zu steigern sein und unserer Kenntnis vom Formen-
schatze der fossilen Fische dürfte noch mancher willkommene Zu-
wachs aus Afrika erstehen.
Literatur über fossile Fische Afrikas.
1856. P. Eserrton: „Note on the fish-remains from Styl-Krantz, South Africa“
(Trans. geol. soc., Bd. II, S. 226/27, Taf. XXVIII, 26—42).
1877. Lenz: „Petrefacten von der Loango-Küste“* (Verh. k. k. geol. Reichsanst.
Wien, S. 278—279).
1878. Lenz: „Geologische Mitteilungen aus Westafrika“ (ebenda S. 151—152).
1888. Drummonp: „Tropical Africa“, S. 195—195 (Traquaır’s erste Notiz über
Fische aus Englisch-Nyassaland).
1888. A. Smita-WoopwaArp: „On two new lepidotoid ganoids from the early
mesozoic deposits of Orange Free State, South Africa“ (Quart. journ.
geol. soc., S. 138—143, Taf. VI).
1889. A. SmitH-Woopwarp: „On Atherstonia, a new genus of Palaeoniscid
fishes from the Karroo formation of South Africa; and a tooth of
Ceratodus from the Stormberg beds of the Orange Free State“ (Ann.
and mag. Nat. Hist., S. 239—243, Taf. XIV).
1890. Jones: „On some fossils from Central Africa“ (Geol. mag., S. 556).
1891. A. Smirta-Woopwarp: „Acrolepis (?) digitata“ (Cat. foss. fish. Brit. Mus.
Pt. II, S. 508, Taf. XV, 4).
1893. A. Smrta-WoopwaArp: „Further notes on fossil fishes from the Karroo for-
mation of South Africa“ (Ann. and mag. Nat. Hist., S. 393—398, Taf. XVII).
1894. Dust: „Om nordvästra Kamerun omrädets geologi* (Geol. fören. i
Stockholm Förh., Bd. XVI, Heft 1, S. 35; Daumes’ Bestimmung unter-
kretazischer Fische von Kamerun).
1896. E. STROMER v, REICHENBACH: „Die Geologie der deutschen Schutzgebiete
in Afrika“.
1900. W. BornHARpT: „Zur Oberflächengestaltung und Geologie Deutsch-
Ostafrikas“, S. 462.
10) „Post-jurassie earth-movements in South-Africa“ Geol. magazine 1912,
S. 540/41.
318
1900.
1903.
1904.
1905.
1907.
1907.
1907.
1908.
1909.
1910.
1910.
1910.
1911.
1912.
1912.
1913.
1913.
1913.
1914.
Eopw. Hennig: Über neuere Funde fossiler Fische usw.
Angelis d’Ossat e Millosevich: „Studio geol. sul materiale racc. da
M. Sacchi“ (Public. Soc. geogr. Ital. Roma).
CHorrAT: „Contrib. connaiss. g&ol. colon. portug. d’Afrique I; Conducia-
Bay“ (Commiss. serv. geol. Portug.).
O. JarkEL: „Über einen Torpediniden und andere Fischreste aus dem
Tertiär von Kamerun“ (Ersch.: Beitr. z. Geol. Kameruns, S. 289/291).
E. Pnıtıppı: „Reiseskizzen aus Südafrika“ (Geograph. Zeitschr. Bd. 11,
S. 572).
A. SmitH-WoopwArp: „Fossil fish remains of Natal: I Notes on cretaceous
fish teeth from the mouth of the Umpenyati river, Natal. II Note on
some fossil fish scales from the coal measures of Somkele, Zululand“
(Coelacanthide?, Palaeoniscide?) (IlI rep. geol. soc. Natal a Zululand,
S. 99—101, Taf. X, 1-9).
F. Prıem: „Note sur les poissons fossiles de Madagaskar“ (Bull. soc.
geol. France, IV. ser., t. VII, S. 462—465).
F. Prıem: Poissons tertiaires des possess. afriec. du For (Comm.
serv. geol. Portug., T. VII, S. 74ff.).
J. CorneT: „Les couches du Lualaba“ (Ann. soc. g&ol. Belg., t. XXXV,
Bull. S. 99 7.100).
OÖ. JaEKEL: „Fischreste aus den Mamfe-Schiefern“ (in Guillemain: Beitr.
z. Geol. v. Kamerun, Abh. kgl. preuß. geol. L.-Anst. N. F. Heft 62,
S. 392—398).
M. LericHe: „Sur les premiers poissons fossiles rencontres au Congo
belge dans le systeme du Lualaba“ (Compt. rend. Acad. Sc. Paris,
Bd. 151, S. 840-841).
E. STROMER v. REICHENBACH: „Reptilien- u. Fischreste aus dem marinen
Alttertiär von Südtogo (Westafrika)“ (Zeitschr. Deutsch. geol. Ges.,
Bd. 62, S. 478—507. Literatur!)
R. H. Traquaır: „Notes on fossil fish-remains from Nyasaland collected
by Andrew and Bailey“ (Quart. journ. geol. soc., Bd. 66, S. 249 —252,
Taf. XIX, 1—-10).
M. Lericne: „Les poissons des couches du Lualaba, Congo Belge*
(Rev. geol. Afric. T.I. Brüssel).
J. Corner: Sur l’äge des couches du Lualaba (Ann. soc. g£ol. Belg,.,
S.3—4).
E. STRomEr v. ReicHensacH: „Funde fossiler Fische in dem tropischen
Westafrika“ (Zentralbl. f. Min. usw., S. 87—88. Literatur!).
M. LericHe: „Les poissons pal&ocenes de Landana (Congo)“ (Ann. d. Mus.
d. Congo Belge Brüssel, G&ol-Pal&ont, ser. 3, S. 69—80, Taf. VIII—X).
M. Lericuhe: „Les gisements de poissons paleocenes et &ocenes de la
cöte oceidentale d’Afrique* (ebenda S. 81—91, Fig. 3. Literatur!).
E. Hesnıc: „Neue mesozoische Wirbeltierfunde aus Kamerun (Adamaua)“
(Beitr. z. geol. Erf. d. deutsch. Schutzgeb. Kgl. preuß. geol. Landesanst.).
E. HennıG: „Die Fischreste unter den Funden der Tendaguru-Expedition“
(Expeditionsergebnisse. Ill. Teil. Archiv f. Biontolog.).
Nach Abschluß der Drucklegung erschienen:
1913.
1913.
Dezcke: „Über Fische“ (Neues Jahrb. Min. usw., S. 69—92).
Broom: „On some fishes from the Lower and Middle Karroo Beds“
(Ann. South- African Museum, Bd. XI]).
1913. Easıman: „Tertiary fish remains from Spanish Guinea in West Africa“
(Ann. Carnegie Mus., S. 370—378).
J. ZwiErzyYck1: Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique. 319
Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique.
Von Dr. J. ZwIERZYCKI.
Über das Vorkommen der Unteren Kreide in Portugiesisch-
Mozambique ist in der geologischen Literatur viel gestritten worden,
ohne daß man zu einem befriedigenden Resultat gelangt wäre. Dies
war in der Tat um so schwieriger, als die ganze Frage bis vor
kurzem — sozusagen — mit den Schicksalen eines einzigen
Ammoniten eng verknüpft war. Im vorigen Jahre hat eine englische
Expedition, über die noch auszuführen sein wird, weitere Anhalts-
punkte zur Lösung der Frage gefunden. Da die Bearbeitung und
Veröffentlichung ihres Materials noch geraume Zeit in Anspruch
nehmen dürfte, erscheint es nicht unangebracht, die Angelegenheit
noch einmal vom Standpunkte des genannten Ammoniten zu be-
leuchten, nachdem dessen Kritische Neubearbeitung von mir aus-
geführt worden ist.
Dieser Ammonit gehört zur Gattung der Phylloceraten, und
zwar zu der engeren Gruppe der sogenannten Fimbriati.
Er ist im Jahre 1843 von einem deutschen Kaufmann PFTERS
in Mozambique an der Mündung des Conduciaflusses zusammen mit
einigen recht schlecht erhaltenen Muscheln gefunden und dem
Berliner Geol.-Paläontol. Institut überwiesen worden. Er galt als
Neokomfossil und wurde von dem damaligen Direktor des Instituts
Prof. Bryrich wegen der schönen perlmutterartigen Schale hin
und wieder zu Vorlesungszwecken benutzt.
Als NeumAyr sein Werk über „Klimatische Zonen während der
- Jura- und Kreidezeit“ schrieb, erschien ihm dieses Fossil als eine
erwünschte Stütze seiner Behauptungen. Er hat es aus dem Berliner
Institut entliehen und es zum ersten Male im Jahre 1883 palä-
ontologisch bestimmt, beschrieben und abgebildet. Unser Ammonit
erhielt damals den Namen Phylloceras semistriatum D'ORB.
Nun ist der Prototyp des Phyll. semistriatum D’ORB. nur eine
etwas flachere Varietät des Phyll. Thetys D’OrB. wie schon D’ÜRBIGNY
selber erkannt hatte. Die Bezeichnung Phyll. semistriatum D’ORB.
ist daher von p’ÖrBIcnyY zugunsten der des Phyll. Tetys D’ORB.
aufgegeben worden. NeumAayr glaubte sie wohl aus dem Grunde
beibehalten zu müssen, weil die p’Orgıscny'sche Abbildung des so-
genannten Phyll. semistriatum v’OrRB. (später —= T'hetys) besser
seiner Abbildung entsprach als diejenige des Phyll. Thetys-
Typus.
Der Phyll. Thetys stellt eine im unteren Neokom Frankreichs
und der Mediterranländer weit verbreitete Form dar, und NEUMAYR
320 ‘J. ZWIERZYCKI.
schloß infolgedessen daraus in Mozambique gleichfalls auf Unter:
kreide oder gar Oberjura.
Die Abbildung, die NEUMAYR von unserem Fossil gibt, ist Mn.
nicht gerade exakt zu bezeichnen. Wie ein Vergleich mit unserer
photographischen Wiedergabe zeigt, handelt es sich bei ihm um
ein rein konstruktives Spiegelbild der
Flanke (Fig. b). Die Abbildung ist
an und für sich um so bewunderns-
werter, als das Exemplar seinerzeit,
als es Neumayr in der Hand hatte,
noch zu ?/, vom Nebengestein ver-
hüllt war.
Die weiteren Angaben, die sich
von nun an in der Literatur vor-
finden, beziehen sich ausnahmslos auf
die erwähnte Beschreibung und Ab-
bildung NrumaAyr’s, da das Exemplar,
wie ich mich aus den Akten des
Berliner Instituts vergewissert habe,
seit der Zeit überhaupt nicht ver-
liehen worden ist.
Im Jahre 1903 hat Sayn in
seiner Abhandlung: „Les Ammonites
pyriteuses des Marnes valengiennes
ee du Sud-Est de la France“ eine
FRE ER Fe PR revidierte Beschreibung von Valen-
kai einammoniten herausgegeben und hat
dort für einige wohlcharakterisierte
Varietäten neue DBenennungen ge-
schaffen. Eine dieser neuaufgestellten Formen, die ein Zwischen-
glied zwischen dem Phylloceras serum Opr. aus dem Tithon und
dem Phylloceras Thetys »’Ors. aus dem Unterneokom bilden
soll, erhielt die langatmige Bezeichnung Phylloceras serum OPr.
var. perlobata Says. Sie ist für das südfranzösische Valengin
charakteristisch. Indem Say von rein paläontologischen Gesichts-
punkten ausging, glaubte er zwischen dem von NkumAayr be-
schriebenen Phyll. semistriatum p’Or». und seinem neu aufgestellten
Typus beinahe die Identität nachweisen zu können. Nur die starke
Aufblähung und das im Verhältnis zu seinen Exemplaren etwas zu
geringe Höhenwachstum der afrikanischen Form traten einer voll-
kommenen Vereinigung beider Formen hinderlich in den Weg.
Wie unsere Figur zeigt, fällt der erste Grund vollständig und der
Fig. a.
Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique. 391
322 J. ZWIERZYCKI.
zweite zum großen Teil fort. Unser Phylloceras würde somit nach
Sayn dem Unterneokom angehören.
Die Auffassung ist in der Literatur nicht weiter beachtet
worden, ich glaube mieh aber aus noch auszuführenden Gründen
ihr trotzdem anschließen zu müssen.
Unser Phylloceras semistriatum d’OrB. war indessen bis dahin
das einzige Fossil, das man aus Portugiesisch-Mozambique kannte.
- Es läßt sich nun mit Genugtuung hervorheben, daß der portu-
giesische Geologe CHorraT gerade von diesem Ammoniten die erste
Anregung empfing, weitere Sammlungen von Fossilien im Conducia-
gebiet zu veranlassen. Das Ergebnis dieser Sammlungen, die vom
(Gouverneur ausgeführt wurden, war eine stattliche Anzahl von
Cephalopoden, welche die Grundlage zu ChHorrAr’s Arbeit „Le
Oretacique de Conducia“ bilden. Merkwürdigerweise stellte es sich
nunmehr heraus, daß sämtliche Exemplare einer Turon-Senonfauna
angehörten, die derjenigen der Airyaloor- und Utaturgroup sehr
ähnlich war. Es befand sich aber keine einzige Form darunter,
die auf Neokom schließen ließe. Da der Phyll. serum D’OrB.-NEUM.
aber aus der Umgebung der Conduciabay stammte, wo vom Gou-
verneur nur Senonfossilien gefunden worden sind, und da das Neben-
gestein das gleiche sein sollte, so schloß CHorrArt daraus, daß der
Phylloceras „sans doute“ mit ins Senon gehöre.
Später ist durch Kızıan auch eine Aptienfauna aus Mozam-
bique bekannt geworden, aber auch in diese Fauna paßte unser
Phyll. nicht hinein.
PErvınquızreE erkennt in seiner „Paleontologie tunisienne“ den
Phyll. serum v»’Or».-Neum. unter der richtigen Bezeichnung Phyll.
Thetys p’Ore. an und identifiziert mit ihm seine Exemplare aus
dem Valengin von Tunis. 2
Von späteren Autoren, die sich mit der Unteren Kreide von
Afrika und deren Verbreitung befaßt haben, ist der Phyll. aus
Mozambique von Krresm stillschweigend übergangen worden,
während Krenkeu sich dem Urteil Cmorrar’s anschließt und die
ganze Frage überhaupt als erledigt betrachtet.
Nun ist mir bei der Bearbeitung der Cephalopoden der Tenda-
guruschichten, zu deren Bestimmung ich nach Möglichkeit Originale
heranzog, eine große Ähnlichkeit zwischen diesem berühmten
Phylloceras semistriatum »’OrB. und einigen von meinen Phyllo-
ceraten aus dem Unterneokom aufgefallen. Ich beschloß, das portu-
giesische Exemplar noch einmal einer genauen Analyse zu unter-
werfen, um einerseits die etwas veraltete paläontologische Be-
stimmung kritisch zu beleuchten und andrerseits eventuell eine
EEE WEEEEEDBL CHE EBERLE ZU
Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique. 3923
Beziehung zu den ostafrikanischen Formen aufzusuchen. Nachdem
mir liebenswürdigerweise die Erlaubnis zur Präparation des
Exemplars von der Institutsverwaltung erteilt worden ist, habe .
ich das Exemplar mit aller Vorsicht vom umhüllenden Nebengestein
befreit. Es stellte sich nun heraus, daß der portugiesische Phyllo-
ceras nach aller Wahrscheinlichkeit, die bei paläontologischen Ver-
gleichen überhaupt möglich ist, den ostafrikanischen Phylloceraten
gleichzustellen ist. Den ostafrikanischen Phylloceraten kommt aber
aus andern Gründen unbedingt ein neokomes Alter zu.
Daher gewann ich die Überzeugung, daß der vielgenannte
Phyll. semistriatum »’OrB.-NEeum. nunmehr — Phyll. serum Opr.
var. perlobata Sayn gleichfalls dem Neokom angehört.
Trotzdem wollte ich anfangs von einer besonderen Veröffent-
lichung absehen, da das. Fossil immerhin als Einzelfund vorlag
und die Frage der Unteren Kreide in Mozambique zu klären nicht
geeignet war.
Da wurde ich auf den Vorbericht der Herren A. HoLmes und
D. A. Wray im Septemberheft des „Geological Magazine 1912“ auf-
merksam. Die Herren hatten das Küstengebiet von Mozambique
im Auftrage der „Memba Minerals Comp. limit.“ einer erneuten Unter-
suchung unterzogen und diesmal nicht nur obere und mittlere,
sondern auch untere Kreide festgestellt. Das von ihnen an Ort
und Stelle aufgestellte Profil lautet folgendermaßen:
III. Conducia beds = Vraconien-Senon — Airyaloor-U' sturgroup.
ll. Mount Meza beds = Aptien-Albien.
I. Fernäo Vellozo beds = Neokom-Uitenhage.
Die untersten von den drei Schichtengruppen, die Fernäo
Vellozo beds, enthalten nach Angabe der Engländer eine Fauna,
„which show distinet Uitenhagian characters and conclusively
determine the beds in question to be of neocomian age“.
Es ist nunmehr anzunehmen, daß der vorliegende Phylloceras
in die letztgenannte Schicht hineingehört, was paläontologisch am
besten gerechtfertigt ist. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß
sich in dem von Hormzes und Wray gesammelten Material eine
ähnliche Form vorfindet.
Um nun auf die Beschreibung des Exemplars genauer einzu-
gehen, so ist es durchaus nicht so „vorzüglich“ erhalten, wie
NEUMAYR hervorhob.
Die perlmutterartige Schalensubstanz ist allerdings so vor-
trefllich erhalten, daß man auf den ersten Blick erstaunt ist, ein
Kreidefossil vor sich zu haben.
21*
324 | J. ZWIERZYCKI,
Die Schale selber ist indessen erheblich deformiert. Auf der
einen Seite ist sie ganz eingedrückt, außerdem an zwei Stellen
gebrochen und die Stücke etwas gegeneinander verschoben. Wie
aus der Beschaffenheit des Nebengesteins hervorgeht, sind alle diese
Gestaltsveränderungen nicht auf Gebirgsdruck zurückzuführen,
sondern bereits erfolgt, ehe das Exemplar zur Ablagerung gelangte.
Auch wird das Exemplar ursprünglich größer gewesen sein, da die
Wohnkammer fehlt, und da sich im Nebengestein noch Bruchstücke
von Kammerscheidewänden vorfinden.
Der Querschnitt der Umgänge, der sich nur an einer einzigen
Stelle genau beobachten läßt, ist längsoval und entspricht genau
demjenigen der französischen Exemplare des Phyll. serum Op.
var. perlobata Sayn. Genaue Zahlenangaben sind indessen nicht
möglich, da sich kein Durchmesser finden ließ, in dem sämtliche
Querschnitte unverletzt wären.
Der Nabel ist auf beiden Flanken in der Mitte zerstört, und
zwar bereits zu einer Zeit, ehe er: zur Ablagerung gelangte, was
sich bei der äußerst sorgfältigen Präparation zeigte. Ob er also
ganz geschlossen war wie bei den französischen Exemplaren oder
etwas geöffnet wie bei den Formen aus Deutsch-Ostafrika, läßt
sich vor der Hand nicht entscheiden.
Die Streifung der Schale ist nicht so gleichförmig, wie sie auf
der Abbildung bei NrumaAyr hervortritt. Die Abstände der einzelnen
Streifen sowie ihre Stärke nehmen bei älteren Umgängen zu.
NEuMmAYR konnte das noch nicht sehen, denn damals waren die
jüngeren Umgänge noch ganz vom Gestein umhüllt.
Die Lobenlinie gleicht in allen Einzelheiten der von Phyll.
serum Opp. var. perlobata Sayn bei Sayn. Die Abbildung von
NEUMAYR ist insofern nicht ganz exakt, als der Externhöcker viel
zu tief gezeichnet ist und seitlich einen Haken hat, der am Original
nirgends festzustellen is. Auch der erste Laterallobus ist in
Wirklichkeit viel gerader und zeigt vor allem nicht die Verdünnung
unterhalb des dritten Astes, wie das auf der Neumayr'schen Ab-
bildung dargestellt ist. Der zweite Laterallobus ist oben nicht so
breit wie auf der Neumayr’schen Abbildung.
Von dem südfranzösischen Typus unterscheidet sich unsere
Form nur durch etwas geringeres Höhenwachstum der Umgänge.
Mit den Tendaguru-Exemplaren stimmt sie auch in dieser
Beziehung überein. Nur scheint die ostafrikanische Form etwas
flacher zu sein.
Phyll. Thetys v’Ore. unterscheidet sich von unserer Spezies
durch seinen weiteren Nabel und dadurch, daß bei ihm der Extern-
an u
Se
Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique. 3925
sattel und der erste Lateralsattel deutlich mit zwei gerundeten
Blättern endigen. Außerdem kommt bei ihm die Dreiästigkeit des
ersten Laterallobus wenig zur Geltung, da die Endäste den Seiten-
ästen an Größe fast gleichkommen.
Nach alledem halte ich den Ammoniten durchaus für eine
Neokomform. Als er seinerzeit als Einzelfund vorlag, brauchte er
nicht unbedingt für Neokom zu sprechen. Im Zusammenhange mit
den Fundender Tendaguru-Expedition sowie mit den englischen Funden
wird das mehr als wahrscheinlich. Wenn die von den Engländern
gesammelte neokome Fauna tatsächlich einen ausgeprägten Uiten-
hagecharakter zeigen sollte, so wäre vielleicht durch unseren
Phylloceras serum Opp. var. perlobata Sayn ein besserer Zusammen-
hang zwischen den Neokomablagerungen in Deutsch-Ostafrika und
der Uitenhageformation geschaffen, als er aus den bisherigen
Arbeiten sowie aus der Bearbeitung der Fauna der Tendaguru-
schichten gefolgert werden kann.
Literaturverzeichnis.
1. A. n’Orsıcny, Paleontologie francaise. Terrains Cretaces. Vol. I. Ce-
phalopodes. Paris 1840 -—42.
. M. Neumayr, Über klimatische Zonen während der Jura- und Kreidezeit.
(Sonderabdruck aus dem 47. Bande der Denkschr. der math.-naturw.
Klasse der Kaiserl. Akad. der Wissensch.) Wien 1883.
3. G. Sayn, Les Ammonites pyriteuses des Marnes valengiennes du Sud-Est
de la France. (M&m. de la Soc. Geol. de France.) Paris 1901.
4. P. CHorrat, Contributions & la connaissance g£ol. des colonies portugaises
de l’Afrique: Le Cretacique de Conducia. (Comm. Serv. G£ol. Portug.)
Lisboa 1903.
5. L. Pervinguiiee, Etudes de Pal&ontologie tunisienne I. Cephalopodes des
. terrains secondaires. Paris 1907.
6. W. Kırıan, Sur l’Aptien de Mozambique. (Bull. de la Soc. Geol. de France,
Ser. IV, part. II, p. 358.) Paris 1902.
7. W. Kınıan, Über Aptien in Südafrika. (Zentralblatt für Mineralogie,
Geol. u. Pal., p. 465.) Stuttgart 1912.
8. E. Krenger, Die Untere Kreide von Deutsch-Ostafrika. (Beiträge zur
Pal. u. Geol. Österreich-Ungarns und des Orients, Bd. XXIII.) Wien 1910.
9. A. Hormes and D. A. Wray, Outlines of the Geology of Mozambique.
(Geol. Magazine Dec. V, Vol. IX, Nr. 9, Sept.) London 1912.
10. J. Zwıerzyck1, Die Cephalopodenfauna der Tendaguru-Schichten in Deutsch-
Ostafrika. (Wissenschaftliche Ergebnisse der Tendaguru-Expedition.)
Im Erscheinen begriffen.
N
396 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. Juli 1913.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. Juli 1913.
Herr E. HENNIG: Über neuere Funde fossiler Fische in Aequatorial-
und Südafrika.
Herr J. ZWIERZYCKI: Über das Vorkommen der Unteren Kreide
in Portugiesisch-Mozambique.
Herr R. WEISSENBERG: Über Bau und Entwicklung der Microsporidie
Glugea anomala.
Herr @. GERMERSHAUSEN: Über den Bau des Kehlkopfs bei
Chamaeleoniden.
Druck von A. Hopfer in Burg b. M.
ET
I’
LE
ENT
Erw,
Ay ET
in ne
br Ce"
en at
Para,
Pd
Auszug aus den Gesetzen
der
Gesellschaft Naturforschender Freunde
zu Berlin.
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der
Biontologie.
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent-
lichen und Ehrenmitgliedern.
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister.
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und
Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter-
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule,
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind
an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N4,
Invalidenstr. 43, zu richten.
KL a er en BI
Pr > je « Hr R- -- E
P ER an TED. EI AZ u Ber d he
Fre u an Y: & L ?
> SE . 07 Br -
. 2 Er 2% Z
Br > z f; r.- 2 2 DEG 6 1916
a SEE ar -
m - Er x x
> i
8932
BRTENR
Eee: Gesellschaft‘
i Haturforschender Erelinde
zu Berlin.
E Br. 8. Oktober 1913.
SEE INHALT: N a
er Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. Von BerruoL» KLarr 327
RN _ Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere und über das Verhältnis der
® Eingeborenen zu ihnen. -Von P. Spatz . „2... en... 5 27881
ö en 3. Beitrag: Die Trichodectiden des Berliner Museums für Natur-
kunde. ; Von Rubore SIToBER : u nn. en ul ae 365
Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen.
E- Von RiCHARD STERNFELD . .. . a Eu ET TE 884
Zweite wissenschaftlich Sitzung am 21. Oktober 1913 . .. . . ET FRE 390
>
>
an
PR -
BERLIN.
-Is sahen BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN,
rer,‘ | NW Carrstrasse 11.
an, 913,
| ET i ‘ ,
|
Mazaulı
Br
Tor
Nr.;9, 1913
Sitzungsbericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 14. Oktober 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATScHIE.
Herr A. ScHhugErG Sprach über ein neues Verfahren zur Herstellung durch-
sichtiger zoologischer Modelle.
Herr B. Krart sprach über eine Sammelreise nach Eritrea.
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913.
Von BERTHOLD KLATT.
(Aus dem Zoologischen Institut der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule
Berlin.)
Die Reise, über welche ich im folgenden berichten will, war
lediglich eine Sammelreise, und zwar eine solche recht einseitiger
Art. Denn das Material, welches ich mir in Eritrea beschaffen
wollte, waren Gehirne von Schakalen und primitiven Haushunden,
die ich benötigte, um meine Studien über die Veränderung des
Gehirns in der Domestikation') mit Aussicht auf Erfolg weiter-
führen zu können. Daneben kam es für mich darauf an, die
erbeuteten Schakale und primitiven Haushunde auch anatomisch
genau zu untersuchen und gewichtsmäßige Feststellungen über die
einzelnen Teile und Organe ihres Körpers zu erheben. Auch dies
geschah, um im einzelnen den Einfluß der Domestikation auf den
Typus „Hund“ genauer verfolgen zu können. Es blieb mir also
für Studien allgemein zoologischer Art nur recht wenig Zeit, und
da ich über die Ergebnisse meiner Hauptstudien jetzt noch nichts
zu veröffentlichen gedenke, wird auch der folgende Bericht nicht
viel des Neuen bieten. Mein Hauptinteresse galt eben überall auf
der Reise den Schakalen, und sie werden auch im folgenden den
wesentlichsten Raum beanspruchen.
1) KLArt, Über die Veränderung der Schädelkapazitätin der Domestikation.
Sitz.-Ber. d. Ges. naturf. Freunde zu Berlin. 1912,
22
328 BERTHOLD KLarr.
Die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin hatte mir
%
die namhafte Summe von 1500 M. zur Verfügung gestellt, wodurch
es mir überhaupt erst ermöglicht wurde, die Reise anzutreten. Ich
möchte dafür der Gesellschaft auch an dieser Stelle meinen
herzlichsten Dank aussprechen. Nicht minder dankbar gedenke ich
meiner Gefährten. Es waren dies Herr Dr. med. vet. A. BERGER,
Herr cand. phil. Hans v. BoETTICHER und unser Institutsdiener
ÜRRISTOPH PAckscaizss. Besonders meinem Freunde BERGER bin
ich zu großem Danke verpflichtet. Ohne seine reiche jagdliche
Erfahrung hätten meine Studien nicht so rasche und zufrieden-
stellende Erledigung finden können. Auch hat er während seines
weiteren Aufenthaltes in Eritrea (er blieb noch einige Wochen nach
mir im Lande zurück) eine ganze Anzahl von Gehirnen für mich
gesammelt.
Am 27. Februar 1913 landeten wir in Massaua, der Porta del
Inferno, wie es die Italiener nennen?). Jener Teil Afrikas, in dem
Massaua liegt, gehört ja mit zu den heißesten Gebieten der Erde,
in denen auch das Maß der jährlichen Wärmeschwankung ein
außerordentlich geringes ist. Zur Zeit unserer Ankunft war die
Temperatur allerdings ganz erträglich, nicht heißer als an einem
recht sonnigen Augusttage bei uns. Wenn uns in dieser Beziehung
Massaua also nicht gerade höllisch anmutete, so ließ es uns doch
in anderer Hinsicht über diese seine wahre Natur nicht im Zweifel,
indem ein kleines Erdbeben, das gerade während unseres Abend-
brotes einsetzte und sich auch in der folgenden Nacht sowie
während unserer späteren Anwesenheit im Lande noch mehrfach
wiederholte, uns an die Arbeiten unterirdischer Gluten erinnerte.
Am nächsten Morgen begaben wir uns noch vor Tagesanbruch zur
Eisenbahnstation, um in das Hochland hinaufzufahren. Der schlüpfrige
Lehmboden und leichte Regenschauer erinnerten uns daran, daß wir
uns hier im Tieflande noch in der Zeit der Winterregen befanden
(November bis Februar), während die Regenperiode des Hochlandes
in die Monate Juli bis September fällt. So prangte denn auch die
Landschaft, durch welche wir nach Durchquerung der schmalen
Wüstenzone, die die Küste umgibt, hindurchfuhren, in frischem
saftirem Grün. Nach einer halbstündigen Fahrt etwa beginnen
die Vorberge, die mit niedrigen licht stehenden Bäumen und
Sträuchern bedeckt sind. Nur an den Flußufern, z. B. dem des
Desset, den die Bahn mehrfach kreuzt, hat sich ein schmaler Streifen
dichten kaum durchdringlichen Urwaldes angesiedelt, in welchem.
?) Vgl. EscHerıca, Fine Ferienreise nach Erythrea. In: Aus der Natur 1908.
“
-
=
=,
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 329
Tausende von Vögeln ihre nächtliche Unterkunft finden. Kleine
Gazellenrudel flüchten von der Balınlinie fort, einige Trappen stehen
in der Nähe des Schienenstranges, und ein kleiner Hase mit außer-
ordentlich langen Löffeln sucht schleunigst das Weite. Der Zug
beginnt rasch berganzusteigen, der Pflanzenwuchs wird immer üppiger,
und in der Höhe von Ghinda (955 m) bedeckt stellenweise dichter
Urwald die Bergwand. Die Nester verschiedener Webervögelarten
geben einen charakteristischen Baumschmuck. Hie und da sitzt
dicht neben der Bahnlinie eine Meerkatze in einer Baumkrone,
entfernter auf einzelnen Felsen, die aus dem Grün aufragen, steht
eine Klippspringerantilope. — Die besonders reichliche Vegetation
um Ghinda wird dadurch bedingt, daß dieses Gebiet die Grenze
der beiden verschiedenen Regengebiete darstellt und sowohl von
dem Winterregen des Tieflandes wie dem Sommerregen des Hoch-
landes Nutzen zieht. Bald hinter Ghinda wird die Steigung der
Bahnlinie sehr beträchtlich und rasch klimmt der Zug in den
kühnsten Serpentinen durch mehr als 20 Tunnel in der Bergwand
in die Höhe. Die Regenschauer haben aufgehört, die Sonne bricht
durch, wir sind aus dem Gebiet der Winterregen heraus und in
die Trockenperiode des Hochlandes gekommen. Die Vegetation ist
denn auch viel dürftiger. Lichte Wälder der eigentümlichen
Kandelabereuphorbien beherrschen das Bild. Schließlich hören auch
sie auf; das Hochplateau ist erreicht. In kaum sechsstündiger Fahrt
sind wir von 9 auf 2300 m gestiegen und zugleich in Luftlinie
wenig mehr als 50 km von Massaua entfernt. Ich glaube, es gibt
keine Bahn sonst auf der Erde, die sich, was rasche Überwältigung
starker Steigung anlangt, mit der Eritreabahn messen kann.
In Asmara, der Hauptstadt der Kolonie, die in ihrem Europäer-
viertel an ein gemütliches deutsches Landstädtchen wohl erinnern
könnte, fanden die notwendigen Vorbereitungen für unsere Weiter-
reise rasche Erledigung. Da ich mich durch unser Auswärtiges
Amt den italienischen Kolonialbehörden vor der Reise hatte
empfehlen lassen (ein deutsches Konsulat existiert nirgends in
Eritrea), so war unsere Ankunft bereits erwartet, und der Vertreter
des Gouverneurs, Cav. Auturı, verschaffte mir sofort die nötigen
Papiere, Jagderlaubnis usw. und gab mir Empfehlungsbriefe an die
Kommissare der einzelnen Provinzen, an den Erzbischof von Eritrea
u. dgl. mehr. Überhaupt haben wir während der ganzen Reise
überall das weitgehendste Entgegenkommen der italienischen Be-
hörden genossen. Es ist mir ein Bedürfnis, der italienischen
Regierung, wie deren einzelnen Beamten, mit denen wir in Be-
rührung kamen, besonders dem ebengenannten Vertreter des
22%
330 BERTHOLD KLATT.
Gouverneurs, Cav. ALLuRI, und den Kommissaren der Provinzen
Achele Kusai und Samhar, Cav. Tornarı und Cav. TALAMOoNTI,
unsern herzlichsten Dank für ihre stetige rasche Hilfe auszusprechen.
— Nach nur zweitägigem Aufenthalt in Asmara konnten wir am
3. März die Weiterreise nach dem Süden der Kolonie antreten.
Die 125 km lange Strecke Asmara—Adi Caieh wurde dank der
ausgezeichnet eingerichteten italienischen Militärpost in einem
Tage zurückgelegt, eine vorzügliche Leistung, wenn man bedenkt,
daß es sich um eine Reise im Hochgebirge handelt bei einer
Temperatur, die zwar merklich kühler als im Tieflande, unserer
Julitemperatur doch keineswegs nachsteht. Allerdings sind die
Chausseen fast überall vorzüglich instand gehalten. — Die Gegend,
durch die man kommt, ist zunächst einfarbiger rotbrauner Ackerboden,
um diese Jahreszeit natürlich ohne Pflanzenwuchs. Allmählich ändert
sich das Bild. Das Plateau wird hügelig, große und kleine Fels-
blöcke, zwischen und auf denen spärlich niedere Pflanzen und
Büsche sich angesiedelt haben, liegen umher. Ein richtiger, wenn
auch sehr lichter Wald von Kandelabereuphorbien wird durchquert
(Fig. 1). Links am Rande des Hochplateaus münden die zum Roten
Meer hin abwässernden Seitentäler. Wie der glitzernde Spiegel
eines großen Sees leuchtet die sonnenbeschienene Oberfläche der
dichten Nebelmassen, die in ihnen lagern, zu uns herauf. Vor
Saganaiti steigt der Weg sehr stark bergan. Auf das weithin
schallende Trompetensignal unseres schwarzen Kutschers werden
in der nächsten Etappenstation noch einige Maultiere als Vorspann
von der Weide herbeigeholt; und als unser Wagen im Trabe
heranfährt, stehen sie angeschirrt schon am Wege. Nach kaum
zwei Minuten Aufenthalt geht es weiter. — Saganaiti liegt auf der
Wasserscheide zwischen Rotem Meer und Nil. Nach Überschreiten
derselben erreichen wir denn auch einen riesigen flachen Talkessel,
dessen Wasser in der Regenzeit zum Mareb hinabfließen. Es bietet
sich uns hier ein prächtiger Fernblick, dem erst weit hinten
durch die blauschimmernden Bergketten Abbessiniens eine Grenze
gesetzt wird.
So zieht ein reizvolles Bild nach dem andern an uns vorbei,
der Tag geht zur Rüste, rasch bricht das Dunkel herein. Noch
zwei Etappen, an denen unsere ermüdeten Tiere durch neue ab-
gelöst werden, dann nahen wir dem Endziele der Fahrt, dem
Haupthandelszentrum im Süden Eritreas, Adi Caieh. Schon blinkt
eine Petroleum-Glühlichtlampe auf, dahinter erscheint das erste Haus
der Stadt. Die Tür öffnet sich, und der Kommissar der Provinz
Achele Kusai, Cav. Tornarı, lädt uns ein, bei ihm zu verweilen,
Be ie. dat
”
Doz 24
L
”
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 331
bis seine Beamten ein Haus für uns zurechtgemacht hätten. Um
Mitternacht ist alles in Ordnung gebracht und in vorzüglichen
Betten verbringen wir die erste Nacht der eigentlichen Expedition.
Wohl keiner von uns hatte zu Hause gedacht, dab er solche Be-
quemlichkeit hier in Afrika vorfinden würde, ein Haus mit drei
Zimmern, richtigen Bettstellen und sogar einem Nachttischchen.
Auch sonst wurde in jeder nur möglichen Weise von dem Kommissar
Fig. 1. „Wald“ von Kandelabereuphorbien im Hochland von ca. 2000 m.
(Nach Photographie von H. v. Boetticher.)
für unser Wohlergehen gesorgt, so daß wir unsere Zeit völlig den
geplanten Studien hingeben konnten.
Die Fauna des Hochlandes ist um diese Zeit nicht gerade
eine sehr reichliche. Am meisten vorhanden sind Vögel, diese
allerdings in einer überraschenden Zahl von Arten und Individuen,
besonders in den auch jetzt in der Trockenperiode mit üppiger
Vegetation bedeckten engen Schluchten der beiden Haddasbäche.
Von dem düstern Schattenvogel bis zu den prächtig schillernden
Honigsaugern, von dem riesigen Hornraben zum winzigen Pracht-
finken, von dem fremdartigen Helmvogel zu unserm deutschen
332 BERTHOLD KLATT.
Wiedehopf, gab es alle möglichen Übergänge hinsichtlich Gefieder,
Größe, Bekanntheit. Für manche schien gerade jetzt die Zeit der
Brut zu sein, z. B. für die Prachtfinken. Ebenso fand ich unter
den Reptilien, die besonders durch Agamen und Eidechsen ver-
treten wurden, einige von den letzteren mit legereifen Eiern im
Leibe. Von Amphibien tummelten sich in einem kleinen Wasserloch
Tausende von Kaulquappen einer Krötenart zu einem riesigen dichten
Knäuel vereint, so daß ein Netzschlag Hunderte brachte, während
in dem dichten Pflanzenlabyrinthe eines kleinen Wiesentümpels
einige wenige XKenopuslarven angetroffen wurden, die außerordentlich
vorsichtig sind und bei dem geringsten Schatten, der auf das
Wasser fällt, blitzschnell verschwinden. Das Insektenleben war
sehr spärlich. So erinnere ich mich nicht, Schmetterlinge gesehen
zu haben. Dagegen fanden wir häufiger unter Steinen versponnene
Raupen.
Von Säugetieren war mit das häufigste jener langohrige Hase,
der neben Francolinen und Tauben, die in großen Scharen vor-
handen sind, unser gewöhnliches Mittagsmahl bildete. Der jüngste,
den wir schossen, war vielleicht ein halbes Jahr alt. Bei den
Klippschliefern, die in Mengen die Talschluchten bewohnten, fanden
wir so ziemlich alle Altersstadien vor, von den kleinsten Embryonen
bis zu wurfreifen, von Tieren mit nur etwa 800 & Körpergewicht
bis zu solchen über 3 kg. Gleich im Anfang unseres Aufenthaltes
wurde uns ein junger Serval gebracht, der erst wenige Wochen alt
sein mochte. Etwas später scheint die Wurfzeit der Hyänen zu
liegen, von denen wir in der Osterwoche ein soeben geworfenes
Junges in einer Höhle auffanden. Sonst erbeuteten wir von Raub-
tieren zunächst nur einen Herpestes, während das Ziel meiner
Sehnsucht, der Schakal, obwohl wir sein Geheul allnächtlich
zusammen mit dem der Hyäne unter unserm Fenster hörten, nicht
zu bekommen war. Ich hatte mir den Fang dieses gewöhnlichsten
afrikanischen Raubzeuges so einfach vorgestellt und wurde nun,
als Morgen für Morgen unsere Eisen leer blieben, als Streifen in
der Dämmerung, Ansitze vor Tagesanbruch durch den gerade ein-
getretenen Neumond illusorisch gemacht wurden, nachgerade nervös.
Endlich bekam ich wenigstens einen zu Gesicht. Wir kamen des
Abends von einem kleinen Jagdausfluge zurück, meine Begleiter
waren weit voraus, und ich sehlenderte allein ein wenig umher. Da
fiel hinter einem Hügel, wo mein Freund Brreer anscheinend noch
jagte, ein Schuß. Im nächsten Moment hörte ich etwa 30 m neben
mir einen eigentümlichen Laut wie ein etwas langgezogenes „gluck“
in so fragendem Ton, daß es nicht anders als ein Laut der Über-
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 333
raschung gedeutet werden mußte. Ich ging langsam näher, noch-
mals erklang derselbe Laut, und in dem Gebüsch, aus dem er kam,
verschwand ein graugelbes Fleckchen. Bevor ich noch schießen
konnte, war es verschwunden, und als ich eilig hinzusprang, sah
ich den Schakal wohl schon 100 m weiter in langen Sätzen fort-
eilen.
Ein mehrtägiger Ausflug nach Senafe (Fig. 2), dem südlichsten
Ort dicht an der abessinischen Grenze, der früheren Hauptstadt der
Fig. 2. Der Amba Matara dicht bei Senaf& (2700 m H.).
Provinz Achele Kusai, brachte ebensowenig den gewünschten Erfolg.
Auch hier wurde uns von Cav. Tornarı ein ganzes Haus, das
frühere Regierungsgebäude, zur Verfügung gestellt, und wir genossen
sogar den Luxus leinener Tischtücher und Servietten. Hier in
Senaf& gibt es keinen Weißen mehr, der Ort hat überhaupt nur
wenig Einwohner, die meisten sind Askaris, von denen hier eine
ganze Abteilung unter einem eingeborenen Führer als Grenzwache
stationiert ist. Unsere Ausbeute war recht schwach. Außer Klipp-
schliefern, Hasen und einem Herpestes gelang es uns nur noch,
drei Hyänen zu erlegen. Von Schakalen nur die Spuren, die oft
334 BERTHOLD KLATT.
bis dicht an die Fallen herangingen. Die Schakale scheinen wohl
eine feinere Nase zu haben als die Hyänen. So sagte mir auch
der eine Kommissariatsbeamte, der seit 17 Jahren Eritrea nicht
bloß als Jäger, sondern auch als sorgsamer Naturbeobachter durch-
streift, daß die Hyäne seiner Ansicht nach vorsichtiger, aber mit
stumpferen Sinnen begabt sei, während der Schakal statt dessen
die feinere Nase, aber die geringere Intelligenz besäße.
Erst nach unserer Rückkehr nach Adi Caieh wurden meine
Wünsche erfüllt. Der zunehmende Mond gestattete erfolgreichen
Ansitz und auch die Fallen taten endlich ihre Schuldigkeit. Von
den erlegten Schakalen hatten die Weibchen gleichfalls junge
Embryonen im Uterus. Die Wurfzeit fällt hier im Hochlande in
den April, leider zu spät, als daß mein innigster Wunsch, Junge
lebend mit nach Deutschland zu bringen, in Erfüllung gehen konnte.
Die letzten Tage unserer Anwesenheit in Adi Caieh benutzte
ich zu anatomischen Studien über die abessinischen Haushunde.
Hunde gibt es dort überall in so großer Zahl, dab von Zeit zu
Zeit von seiten der Regierungsbehörden eine Massenvergiftung
inszeniert wird. Aber die meisten sind eingewanderte europäische
Tiere oder Kreuzungen dieser mit dem eingeborenen Hund, in
manchen Fällen auch, wie "behauptet wird, mit dem Schakal.
Noch nirgendwo hatte ich eine derartige Massenvorführung von
ganz unmöglichen Hundetypen gesehen wie in Eritrea. Reinrassige
europäische Tiere gibt es nur sehr wenige, und zwar nur im Hoch-
lande über 1500 m. In den tieferen Gegenden gehen unsere
europäischen Rassen in kürzester Zeit zugrunde Nur die ein-
geborenen Hunde reiner Rasse vertragen das Klima. Sie weisen
alle ein und denselben Typus auf. An Größe etwa unserm deutschen
Schäferhunde gleich, sind sie grobknochiger und weit muskulöser
wie dieser, haben kurzes Haar, meist braunroter Färbung, Stehohren,
stets coupiert, etwas buschige Rute. Die Augen zeigen die für
primitive Hunde charakteristische Stärke der Schiefstellung, die
dem Blick das eigentümlich Wildhundartige gibt. Die Hunde
erschienen mir kurzschnäuziger und kurzbeiniger als der bekanntere
große ägyptische Pariahund.. Im Benehmen sind beträchtliche
Unterschiede. Die Dorfhunde europäischen Blutes bleiben ruhig
liegen, wenn man vorbeigeht, die echten abessinischen schleichen
schon beiseite, wenn man noch weit von ihnen entfernt ist. Es
kam mir so vor, als ob sie speziell vor den Weißen eine besondere
Scheu hätten; während sie den Schwarzen in die Waden gingen,
wurden wir bei unseren nächtlichen Wanderungen nicht von ihnen
belästigt. Ihre Sinne scheinen schärfer zu sein. Als wir einmal
er
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 335
unsere Fallen sehr nahe bei der Stadt gestellt hatten, kamen die
Dorfhunde bald heran und mußten wieder und wieder verscheucht
werden. Ein echter abessinischer, dem ich gar nicht böse ge-
wesen wäre, wenn er sich gefangen hätte, kam heran, erzeigte
aber der gut versteckten Falle nur dieselbe Ehrfurcht wie unsere
Hunde den Laternenpfählen; und der sich einige Minuten später
fing, war natürlich so ein europäischer Bastard. Gegen Gift
scheinen die abessinischen Hunde ziemlich resistent zu sein. Einer,
Fig. 3. Fettschwanzschaf; Lokalrasse des nördlichsten Abessiniens.
dem ich nach und nach etwa 2 g Strichnin beibrachte, lief noch
etwa eine Stunde herum, bevor er einging. — Von den übrigen
Haustieren interessierten mich besonders die Ziegen, die hier in
Adi Caieh das weitaus häufigste Haustier waren. Die Variabilität
der Hornformen in dieser primitiven, noch nie mit fremdem Blut
verkreuzten Rasse war eine außerordentlich große. Schafe werden
weniger gehalten. Es sind kleine, grobwollige Tiere mit mittel-
stark entwickeltem Fettschwanz. Fig. 3 zeigt eine im angrenzenden
nördlichsten Teile des eigentlichen Abessiniens gehaltene nahe ver-
wandte Rasse.
336 BERTHOLD KLATT.
Recht interessant waren die Esel (Fig. 4), die noch die echte
Wildzeichnung des Somali-Esels in allerdings verschieden deutlichem
Maße aufweisen. Auch die Maultiere haben meist Reste davon,
wenigstens den Schulterstrich.
Reinrassige abessinische Rinder gibt es wohl kaum mehr viel in
Eritrea, da hier schon sehr viele Einkreuzungen mit europäischen
Fig. 4. Zahmer Esel in Asmara.
Rassen vorgenommen sind. Fig. 5 zeigt ein wohl sicher reinrassiges
Tier alten Blutes.
Zum Rückweg nach Asmara wählten wir diesmal die alte
abessinische Landstraße, die jetzt kaum noch benutzt wird, über
Dera und Halai, auf der man nur per Maultier reisen kann. Kurz
vor Dera begegneten wir einer vielhundertköpfigen Paviansherde,
die aber lange, bevor wir in Schußweite kamen, flüchteten. Hinter
Halai, wo wir von der erwähnten Straße abbogen, um das abseits
liegende Akrur zu erreichen, wurde der Weg recht schlecht, so dab
unsere Schwarzen sich weigerten, weiterzugehen, was ihnen aber
natürlich wenig nutzte. Mehr als einmal blieben die Packtiere
zwischen den Felsen eingeklemmt hängen, und es mußte ihnen die
re
nr u ar a
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 337
Last abgenommen werden. So überraschte uns denn die Dunkelheit
etwa eine Wegstunde vor unserm Ziel Akrur, und wir waren ge-
nötigt, in dem kleinen Dorfe Hebo zu nächtigen. Hier erlebte ich
ein amüsantes Abenteuer; ein Mann aus Hebo, der ausgezeichnet
italienisch sprach, auch etwas Französisch konnte und sogar unsern
berühmten Landsmann SCHWEINFURTH von seinen Reisen in dieser
Gegend her kannte, fragte mich plötzlich, ob ich nicht einige
„giovani sciacalli“ brauchen könnte. Ich war ganz erstaunt, daß
Fig. 5. Reinrassiges amharisches Rind.
(Nach einer Photographie von Dr. A. Berger.)
er meinen Herzenswunsch mir anscheinend vom Gesicht abgelesen
hatte, und fragte, ob er mir denn wirklich welche besorgen könnte. Ich
sollte nur sagen wieviele, ob sechs oder zehn oder mehr. Ich sagte,
mit zweien wäre ich schon ganz zufrieden. Als wir dann am
nächsten Tag in der italienischen Missionsstation von Akrur saßen,
trat er denn auch wirklich an und sagte, er hätte mir zwei besorgt,
sie wären draußen im Dorfe. Ich eilte, sie in Empfang zu nehmen,
er führte mir zwei junge Schwarze vor von etwa 17 Jahren. Von
. Jungen Schakalen war weit und breit nichts zu entdecken. Nach
längerer Unterredung entließ ich ihn schließlich ziemlich unwillig;
338 BERTHOLD KLATT.
er hatte anscheinend nur einige junge Freunde bei uns als Diener
unterbringen wollen. Die volle Aufklärung dieser etwas unverständ-
lichen Angelegenheit wurde mir erst einige Tage später, als ich
sie dem Vorsteher der Missionsstation, Padre VITTorINo, gelegentlich
erzählte. Er fing herzlich an zu lachen und sagte mir dann, daß
in dieser Gegend die jungen Eingeborenen, die sich als Diener oder
Arbeiter vermieten, den Spitznamen „sciacalli“ trügen. — In Akrur
(Fig. 6), wo wir nur zwei Tage blieben, stand die Missionsstation voll
Fig. 6. Ein Teil des Dorfes Akrur (1800 m H.).
(Nach einer Photographie von H. v. Boetticher.)
zu unserer Verfügung. Die italienischen Brüder waren zwar nicht
anwesend, aber der eingeborene Frater und die eingeborene Nonne,
die die Station verwalteten, bewirteten uns ganz ausgezeichnet.
Zudem bescherte uns das Jagdglück zwei Schakale, die ich im
Studierzimmer des Padre präparierte. Von Akrur stiegen wir nach
Saganaiti auf und fuhren von dort per Wagen nach Asmara zurück.
Ich hatte ja nur noch acht Tage zur Verfügung und wollte un-
bedingt noch im Tieflande meine Studien fortsetzen.
Der Kommissar der Provinz Samhar, Cav. TaLamonrtı, in
Massaua war ebenso liebenswürdig wie sein Kollege TornArı und
|
|
.
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 339
verschaffte mir Erlaubnis, in der Eisenbahnstation Mai Atal (Fig. 7),
dicht bei dem berühmten Saati, mein Lager aufzuschlagen. Am 1. April
trafen wir, d. h. mein Diener und ich, dort ein, mein Freund
BERGER mit unserem schwarzen Diener kam tags darauf nach.
Welch ein Gegensatz zu dem schönen Klima, an das wir
vom Hochlande her gewöhnt waren! Das Thermometer fiel nachts
kaum unter 28° C. Bei Tage stiee die Hitze über 40°. Dazu
kam der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Die Regenzeit war
hier noch nicht lange zu Ende, der Desset führte wenigstens stellen-
r iR Am SI Ze
Fig. 7. Die Bahnstation Mai Atal im Tieflande von ca. 200 m H.
weise noch etwas Wasser. Nachts schliefen wir in Kleidern unter
den Netzen, um uns gegen die Moskitostiche zu schützen. Im
gleichen Sinne sorgten für uns die Mitbewohner unseres Zimmers,
nämlich Scharen von Fledermäusen, die bei Tage eine neben der
andern an der Zimmerdecke hingen und nachts emsig durch das
Zimmer hin und herflogen. Bei einigen derselben, die sich tags-
über dicht unter dem Dache jenes niedrigen Häuschens aufzuhalten
pflegten, welches für diese einsame, meist nur von Schwarzen be-
nutzte Bahnstation einen wohl sicherlich recht überflüssigen Luxus-
gegenstand europäischer Kultur darstellte, konnte ich mehrfach
eine interessante Beobachtung machen. Die Tierchen hatten alle
die Mäuler so weit aufgerissen wie nur möglich. Es sah richtig
aus, als ob sie mir einen Schrecken einjagen wollten. Offenbar
war es wohl ein Mittel, um die eigene Körpertemperatur durch
Verdunstung herabzusetzen, wie es unsere Hunde zu tun pflegen,
wenn sie erhitzt sind. Die Temperatur um die Mittagszeit betrug
340 BERTHOLD KLATT,
in der Sonne nicht unter 45°; der Aufenthalt dicht unter dem der
Sonnenbestrahlung den ganzen Tag schutzlos ausgesetzten Dache
mußte also für diese Nachttiere ein nicht gerade angenehmer sein.
Besonders reich war hier
im Tieflande die Insektenwelt
vertreten. Zumal brutpflege-
treibende Hymenopteren waren
in verschiedenen Arten schon.
in dem Stationsgebäude selbst
vorhanden. In dem bewußten
Häuschen hatten sich einige
Kolonien einer großen Belono-
gasterart angesiedelt, deren
kleine, nur aus einer Wabe be-
stehenden Nester, nach Art
unserer Polistesnester von keiner
Schutzbülle umgeben, frei an
langen Stielen hingen. In dem
an vielen Stellen vom Rost durch-
löcherten Boden der Stations-
laterne bauten Blattschneider-
bienen. Die interessantesten Be-
wohner aber wies unser Zimmer
selbst auf: eine ganze Anzahl
von Lehmnestern (Fig. 8) einer
Eumenesart ?).. Jedes Nest
besteht aus einer Anzahl von
dicht übereinander angeord-
neten, etwa pflaumengroßen,
längsovalen Einzelzellen, die
Fig. 8. Halbfertig gebautes Eumenes- ohne eine besondere Zwischen-
nest, von der der Wand aufliegenden ; +
Seite gesehen. Rechts unten sind zwei Schicht an senkrechte Wände
weitere Zellen abgebrochen. (Ein wenig angebaut werden. Fertig ge-
VREBRTERLEFEN baute Nester enthalten etwa
zwölf Zellen, die in zwei Reihen nebeneinander angeordnet sind. Von
außen betrachtet, sieht das ganze wie ein flach gewölbter Erdfladen
von ovalem Umriß aus, der an die Wand angeklatscht ist, und man
kann an dieser äußeren Gestalt keine Andeutung von dem inneren
zelligen Bau erkennen. Das kommt daher, weil nach Vollendung
») Herr Prof. Heymons bestimmte sie mir liebenswürdigerweise als
Eumenes dimidiatipennis Sauss.
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 541
sämtlicher Brutzellen die Vertiefungen zwischen deren gewölbten
Flächen noch mit Lehmdecken überwölbt werden, bis eine einheit-
lich gewölbte Oberfläche entsteht. Diese äußere Schutzhülle von
Zellen — als solche kann man sie ja vielleicht auffassen — wird
natürlich nicht mit Eiern beschickt. Der Bau selbst geht recht
rasch vonstatten. Ich beobachtete ein und dasselbe Weibchen sechs
Tage lang beim Bau seines Nestes. In dieser Zeit hatte es zwölf
Zellen vollendet. Der Bau einer Zelle dauerte etwa 1—2 Stunden.
Rund alle zwei Minuten kam das Tier mit einem erbsengroßen
Lehmklümpchen zwischen Mandibeln und Vorderbeinen und kittete
an der Zellwandung weiter. Manchmal blieb es sekundenlang sitzen,
gleich als ob es das Werk betrachtete, um dann an einer anderen
Stelle der Wandung, die ihm wohl zunächst der Weiterführung zu
bedürfen schien, weiterzuarbeiten. Die Fühler waren stets in
emsiger Tastarbeit begriffen. War die Zelle bis auf eine kleine
Öffnung vollendet, dann wurde durch diese der Hinterleib eingeführt
und bedächtig das Ei gelegt. Nun erfolgte das Eintragen der
Raupen, von denen anscheinend in der Nähe nur wenige zu finden
waren, denn ehe die nötige Anzahl (4—6) eingetragen war, verging
zuweilen der Rest des Tages. Blieb nach endgültigem Verschluß der
Zelle noeh Zeit übrig, so wurde unverzüglich die nächste zu bauen
angefangen, bis der Eintritt der Nacht der Tätigkeit ein Ende
machte. Aber jeden Morgen pünktlich um 1,7 Uhr flog das Tier
zum Fenster herein und baute an der angefangenen Stelle weiter.
Stets kam es auf dem von Anfang an gewählten Wege, der
eigentlich einen Umweg zum Nest darstellte, nämlich durch das
gegenüberliegende Fenster herein. Stets verließ es das Zimmer
durch das andere Fenster, in dessen Nischenwand sich das Nest
befand. Einmal stellte ich eines unserer Gewehre so vor das
Nest, daß nur ein schmaler Zuflugsraum zwischen Wand und Gewehr
blieb. Das Tier, das gerade mit einem Lehmklößchen geflogen
kam, flog an dieser neuartigen Spalte auf und nieder, schien zu
taxieren, an welcher Stelle der Zugang wohl breit genug war zum
Durchfliegen, und flog dann an dieser, unterhalb des Nestes, hindurch.
Bei seiner nächsten Ankunft suchte es sofort diese Stelle auf und
behielt diese Flugrichtung auch noch eine Zeitlang bei, nachdem
das Hindernis entfernt war. Beim Wiedererkennen des eigenen
Nestes — es waren ja noch eine ganze Anzahl anderer angefangener
Nester im Zimmer — scheint der Gesichtssinn wenigstens mit in
Betracht zu kommen. Als ich den einen sonst verschlossen ge-
haltenen Fensterladen öffnete, wodurch eine andersartige Verteilung
von Licht und Schatten entstand, zeigte sich das Tier zunächst
342 BERTHOLD KLATT.
desorientiert, paßte sich allerdings rasch wieder an. — Die Ent-
wicklung der Larven geht in diesem tropischen Klima außerordentlich
rasch vor sich. CARRIERE?) gibt für die Entwicklung der Mauerbiene
an, für die Entwicklung im Ei „kaum mehr als 14 Tage“, für den
Larvenzustand bis zum Einspinnen „ungefähr 4 Wochen“, in Summa
also 6 Wochen. Ebenso ergibt sich aus v. SreBoLp’s®) Angaben
über die Entwicklung von Polistes eine etwa vierwöchige Dauer
des Larvenzustandes. Bei dem Zumenes-Bau, den ich in Eritrea.
vom Beginn seiner Entstehung an kontrolliert hatte, waren nach
sechs Tagen, wo ich ihn entfernte, in den ältesten Zellen die schon
spinnreifen Larven und kein Nahrungstier mehr vorhanden. Die
Larven aus den einzelnen nacheinander gebauten Zellen nebeneinander
gelegt (Fig. 9), ergeben eine völlige Stufenleiter, deren Anfangs-
05
Fig. 9. Eumeneslarven aus dem von mir genauer kontrollierten Nest in
natürlicher Größe. Die größte ca. 5 Tage alt; links ein höchstens 2 Tage
altes Ei, die Larve daneben wenig älter.
stadien leider fehlen, denn in den beiden jüngsten Zellen fand ich
nur Raupen, konnte das Ei der Wespe aber nicht entdecken; erst
in der drittjüngsten Zelle fand ich ein ziemlich großes, kümmelkorn-
artiges Gebilde, das Ei mit der schon ziemlich fertig darin ent-
wickelten Larve.
Soviel ist also sicher, daß die Entwicklung im abgelegten Ei hier
wenig mehr als zwei Tage dauern kann, die Entwicklung bis zur
Spinnreife höchstens weitere vier bis fünf Tage, so daß also die
Entwicklung dieses großen Insektes etwa fünf- bis sechsmal so
schnell verläuft wie bei unseren ähnlich lebenden viel kleineren
Formen. Ein schönes Zeugnis dafür, wie die Wärme beschleunigend
auf die Entwicklung einzuwirken vermag ®).
*) CARRIERE, Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene. Nova Acta
ac. Caes. Leop. Carol. B. 69.
°) v. SIEBOLD, Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig 1871.
°) Es ist eine interessante Parallele, wenn die Larvenentwicklung unserer
Honigbiene etwa 8—10 Tage in Anspruch nimmt (nach Zanper 3 Tage Ent-
wicklung im Ei, 6 Tage bis zum Einspinnen). Darf doch die Temperatur im
Bau dieser sozialen Form zur Brutzeit nie unter 30° C sinken, um nicht
Störungen im Betriebe hervorzurufen. (ZAnper, Der Bau der Biene, Stuttgart
1911.)
£
j
1
2
4
4
4
ER TT ER R
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 343
Bei diesen Eumenes-Arten schmarotzt eine große grüne Chry-
sidide, Stilbum cyanurum FoRSTER. Von diesen trieb sich immer
eine Anzahl im Zimmer herum und suchte die Nester der Zumenes
auf, um ihre Eier hineinzulegen. Das Nest, welches ich beobachtete,
wurde leider nicht angegangen, und so Konnte ich nicht feststellen,
wie sich die beiden Wespen bei einem etwaigen Zusammentreffen
benehmen. Wenn der Bau der Kumenes fix und fertig ist, scheint
die Chrysidide gleichfalls ihn zu verschmähen; vielleicht ist die
sekundäre Zellschicht ein Schutzmittel gegen diesen Feind, dessen
. Legestachel nur auf die leeren Außenzellen und selten auf die
eigentlichen Brutzellen stoßen würde. Dagegen konnte ich die
Tätigkeit von Stilbum gut beobachten an einem unfertig gebliebenen
Bau, dessen Baumeisterin anscheinend vorzeitig vom Tode ereilt
war. Nachdem die Goldwespe eine geeignete Stelle zur Eiablage
gefunden hat, fängt sie mit hörbarem Beißen an, mit den Mandibeln
ein Loch zu nagen. Dann wird der Stachel in dasselbe eingesetzt
und hin und her bewegt. Nun erfolgt wieder ein neues Arbeiten
mit den Mandibeln und so fort im Wechsel, bis der Stachel zur
Höhlung hindurchdringt und das Ei abgelegt werden kann.
Von Säugetieren trafen wir hier zum ersten Male auf Gazellen.
Gazella isabella Gray und Madogua saltıana BLAmVILLE wurden
in mehreren Exemplaren erlegt. Bei beiden Arten fanden wir
Weibchen mit sehr weit ausgebildeten Jungen. Die Wurfzeit der
Caniden war anscheinend schon einige Zeit vorbei. Gleich am
zweiten Tage gruben wir einen der kleinen Wüstenfüchse aus
(Cynalopex pallidus CrerzscHhm.), ein Weibchen mit nur noch ge-
ringen Anzeichen der eben verstrichenen Säugezeit. Die Jungen,
die sich im Bau aufhielten, mochten schon einige Wochen alt sein;
sie bissen dem grabenden Schwarzen herzhaft in den Finger. Es
ist wohl anzunehmen, daß die Schakale hier im Tieflande zur gleichen
Zeit wie diese verwandte Gattung werfen, wenn auch bei den Schakal-
weibchen, die wir hier erlangten, keine Spuren von eben abgelaufener
Trächtigkeit mehr zu entdecken waren. Obwohl die Regenzeiten
im Hoch- und Tieflande um vier Monate auseinanderliegen, scheinen
die Wurfzeiten in beiden Gebieten also nur um einige Wochen,
aber wohl kaum mehr, zu differieren, denn bald nach meiner Ab-
reise aus Eritrea gab es junge Schakale in der Gegend von Asmara
(2300 m hoch), während um dieselbe Zeit die kleinen Wüstenfüchse
hier unten im Tiefland erst einige Wochen alt sein konnten. — Alle
Schakale, die wir erlegt hatten, waren Grauschakale Den Scha-
brackenschakal, der ja hier den nördlichsten Punkt seiner Ver-
breitung erreicht, konnte ich leider nicht erlangen.
23
344 BERTHOLD KLATT,
Die Woche, die mir noch im Tieflande zur Verfügung
stand, ging zu Ende. Die Kisten standen gepackt, vormittags
noch mußte der Zug von Asmara eintreffen, der uns nach Massaua
an Bord des Dampfers bringen sollte. Zum letzten Male ging ich
gleich nach Sonnenaufgang zu dem Luderplatz, den ich angelegt
hatte, nur aus Gewohnheit, ohne Hoffnung, etwas zu finden. Das
Gewehr nahm ich gar nicht erst mit. Als ich zu dem Platze ge-
langte, war mein vergifteter Köder, ein großer Haushundkadaver,
fort. Eine Strecke weit Konnte ich die Schleifspur verfolgen, dann
war nichts weiter zu entdecken. Als ich so suchend bis zum
Ufer des hier völlig ausgetrockneten Dessetflusses gelangte, ertönte
aus dem Dickicht am jenseitigen Ufer das heisere Kläffen eines
kleinen Dorfköters. Gespannt blickte ich hinüber. Im selben
Moment tauchten zwei Hunde auf, die sich verfolgend unter Kläffen
durch das trockene Bett des Desset gerade auf mich zueilten. Im
nächsten Moment erkannte ich, es waren Schabrackenschakale.
Einen kopfgroßen Stein, der am Wege lag, nahm ich und warf ihn
nach dem ersten der Tiere. Vergebens.. Eine Handbreit zu hoch
sauste er ihm über den Rücken fort. Aus dem Gebüsch am jen-
seitigen Ufer scholl immer noch weiteres Gezanke. Da lief ich
schnell nach Hause, um das Gewehr zu holen. Als ich aber mit
BERGER im Laufschritt zurückkehrte, war alles totenstill und weit
und breit nichts mehr zu entdecken. — Das war das Ende meiner
Schakaljagd in Eritrea.
Zwei Tage später saßen wir wieder auf dem Dampfer, der uns
zur Heimat zurückbringen sollte. Aber leider entsprach das Ende
der Reise nicht ihrem bisherigen glücklichen Verlauf. Bald hinter
Port Said wurden wir krank. Wie einst BREHMm bei seiner Rück-
kehr aus demselben Lande Habesch, betrat auch ich als Fieber-
kranker den europäischen Boden. Mein braver Gefährte und
eifriger Helfer PackscHiess aber erlag noch auf dem Dampfer
der Malaria, vor der uns alle Vorsichtsmaßregeln nicht hatten
behüten können. Bei meinem Freunde BERGER, der noch einige
Wochen in Eritrea verblieb, brach das Fieber noch während seines
Aufenthalts daselbst aus, ohne ihn jedoch glücklicherweise ernsthaft
zu schädigen.
Im folgenden soll nun kurz berichtet werden über gewisse
Untersuchungen, die ich neben meinen Hauptstudien, die ja, wie
oben gesagt, nicht hier veröffentlicht werden sollen, während meines
Aufenthaltes in Eritrea vornahm. Es handelt sich um Wägungen
und Messungen an Säugetieren und Vögeln. Nur die Zeit, die nach
gr
ZA
ri
ee
iR
v
Du
rd
a N tn uno #7 Ba
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 345
Erledigung meiner Hauptstudien blieb, habe ich hierfür verwendet,
und es ist daher nur ein Teil unserer Jagdbeute, wenn auch der
größere, von mir so bearbeitet worden.
Gewichte von ganzen Tieren und von Organen derselben sind
bisher nur wenige veröffentlicht. Selbst unsere einheimische Fauna ist
in dieser Hinsicht bisher in geradezu sträflicher Weise vernachlässigt
worden; und doch muß diese Untersuchungsweise für eine ökolo-
gisch-physiologische Betrachtungsweise der Tiergeographie ‘) von
größtem Werte sein. Die Anregung zu diesen Untersuchungen
verdanke ich Herrn Professor Hesse, der vor der Reise dieses
Thema mehrfach mit mir erörtert und mir wertvolle Winke ge-
geben hat. Er hat auch, was unsere heimische Fauna anlangt,
bereits eine große Zahl von Gewichtswerten gesammelt, die er
demnächst zu veröffentlichen gedenkt. Diese Daten hat er mir für
meine im folgenden vorgenommenen Vergleiche in weitgehendster
Weise zur Verfügung gestellt®). Ich habe die seiner Sammlung
entnommenen Angaben durch Zusatz seines Namens gekennzeichnet.
Eine Sammlung von Vogelgewichten hat ferner PARRoT?) gegeben.
Einige wenige Gewichte sind aus der Beramann’schen 10) Arbeit
zu ersehen. Ferner hat mir einer unserer Praktikanten, Herr
Tımmann, liebenswürdigerweise einige Gewichtsangaben über Enten
überlassen.
Es ist klar, daß die wenigen Angaben dieser Art, die ich über
nordabessinische Tiere hier beizubringen vermag, vorläufig nichts
weiter bedeuten können als Rohmaterial, das später, wenn mehr
Vergleichsdaten aus dieser wie aus anderen Gegenden vorliegen,
dazu helfen mag, dauerhafte Bausteine für theoretische Anschauungen
zu liefern. Ich will daher die meisten der von mir gesammelten
Daten über Darmlänge, Hirn-, Rückenmarks-, Skelett- und Muskel-
gewichte nur tabellarisch zusammenstellen, ohne spekulative Er-
örterungen an sie zu knüpfen. Nur was die Herzgewichte anlangt,
so will ich kurz auf sie eingehen, weil mir eines schon jetzt mit ziem-
licher Sicherheit hervorzugehen scheint, nämlich, daß sie bei meinen
abessinischen Formen fast stets kleiner sind als bei gleichgroßen
?) Vgl. Hesse, Die ökologischen Grundlagen der Tierverbreitung. Geogr.
Zeitschr. 1913.
8) Ich möchte nicht verfehlen, auch an dieser Stelle Herrn Professor
Hesse meinen herzlichsten Dank für seine in jeder Weise gegebene gütige
Unterstützung auszusprechen.
9) Parrot, Größe des Herzens der Vögel. Zool. Jahrb. Syst. Bd. VII.
10) Jos. BEramann, Die Größe des Herzens bei Menschen und Tieren.
München 1884. Diss.
23*
346 | BERTHOLD KLATT,
Tabelle A.
4
0. Art Gen. Fundort k.c. In. c. IH“
1 Buteo augur Rüre. 6) Asmara, 2300 m H. | 997 6,7
72 Ente sp.
73 Saati, 200 m H. 855 8,4
orten
6 Aquwila rapax Tem. ö 1|Adi Caieh, 2300 m H.| 1810 | 14 7,7
3 P „ „ 2 » » » » [2085 | 12,1 | 5,8
5 Corvus affinis Rüpe. 5 | Adi Caieh, 2300 m H.| 875 6,2 7
Francolinus erkeli Rüpp. 9 TAdi Caieh, 2300 m H.| 785 | 2,2
96 ” d 5 (6) Senafe, 2500 m 1100 | 7,5
x E o & 1 Adi Caieh, 2300 m H.| 1165 | 6,9
„ | „ » » „[ 1212| 83
Columba albitorgues Rüpe. 9 Adi Caieh, 2300 m H.| 277 | 4,5(?)| 16
55 } \ R k) ; „2 5 } BRor
4 Columba guwinea L. 16) > » nn „| 320 |.4,35 7 18,6
A. 6) = N 13 5
Karel Q = a et 11,9 °
ra o B - 7.21 a6 A |
7 Turacus leucotis Rürp &? [Adi Caieh, 2300 m H.| 230 | 2,0 Ä
27 ” ” » Ss? » ” ” » 259 1,8 i
46 Scopus umbretta Gm. 5 1 Adi Caieh, 2300 m H.| 385 | 3,8 }
47 R R ’ ) ; Be 2 |
Bucorvus abyssinicus Bon».
17 (Auge 15 g, Mageninhalt:
Heuschrecken, Helieiden, 1
Cetonia, 1 Agame, Knochen)
Bucorvus abyssinicus BoDD. 4500
40 | (Mageninhalt: Körner, Heu- 6) Senafe, 2500 m (Hand-] 45,8
schrecken, 1 Buprestide) wage!)
2 I Adi Caieh, 2300 m H.| 3450 | 33
-
s
u u
.
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 347
Tabelle A.
Unter- H. G,
Eher Art Gen. Fundort K. G.|H. G.| 0/00
HesseE Buteo vulg. 6) Deutschland 915 [6,875
» » “ 2 E 925 17,33
5 x 2 o f 1033 |7,95
4 „ lagopus 6) Norddeutschland | 979 | 8,555
» » » ? 2 988,5 | 9,18
Tımmann Anas crecca Q Sylt 2832 193 10,4
A r 5 Q 5 245 | 2,86 | 11,7
» » » ) E 255 | 2,93 | 11,5
» » “ 6) 5 220 | 3,7 11,6
HessrE x N ® Deutschland 329 | 3,62 | 11.0
5 A = \ 5 451 | 4,921| 10,8
Hesse Aquila chrysaetos ? Deutschland 3315 | 28,02] 8,4
f a ; Q 2 3440 | 28,25 | 8,2
Hesse Corvus corone 6) Deutschland 514 | 5,35 | 9.8
E R 2 S 557 | 5,078| 9.1
R cornix 2 586 | 5,78 | 9,8
Hesse Perdix cinerea ie) Deutschland 366 | 2,776
# Tetrao tetrix 16) = 1160 | 12,48
£ E E S : 1168 | 15,26
PARRoT Columba oenas 6) 247 | 3,42 | 13,8
Hesse > a 6) Deutschland 269,5] 3,438 | 12,8
PARRoT R palumbus (6) 516 | 5,37 | 10,4
Hesse s u ? Deutschland 443 | 6,14 | 13,9
348 BERTHOLD KLATT.
verwandten europäischen Arten. Es ist wohl in erster Linie die
dauernd höhere Temperatur der Tropen, die hierfür verantwortlich
zu machen ist; sie bewirkt, daß im Stoffwechseletat des warm-
blütigen Organismus geringere Ausgaben für die Aufrechterhaltung
der Eigentemperatur, also besonders für den Ersatz der durch Aus-
strahlung ständig verloren gehenden Wärmemengen erforderlich
sind als im kalten Klima. Die Intensität des Stoffwechsels ist
also eine geringere, weil die höhere Außentemperatur dem Organis-
mus einen Teil seiner Arbeit abnimmt. Damit werden auch die
Anforderungen, die an das Herz gestellt werden, geringere, was
sich nun in dem niedrigeren Gewicht desselben zu erkennen gibt.
Das Gesetzmäßige in diesem Verhalten des Herzens ist be-
sonders deutlich zu erkennen beim Bussard '') (Tabelle A), wo ich
die tropische Form (allerdings aus dem kühleren Hochland) mit
unserm deutschen und einem nordischen Bussard zusammengestellt
habe, und wo letzterer das größte, der abessinische das kleinste
Herzgewicht hat, während der deutsche die Mitte hält. Deutlich
ist es auch beim Adler, wo unser Steinadler, obwohl doppelt so
groß, doch ein relativ höheres Herzgewicht hat als der Aguila
rapaz, denn sonst hat ja ganz allgemein das kleinere Tier infolge
seines intensiveren Stoffwechsels das relativ schwerere Herz.
Aus dem gleichen Grunde ist andererseits der Vergleich zwischen
Corvus affınıs und unseren kleineren Krähen weniger beweiskräftig
und es wäre besser gewesen, ersteren mit Corvus corax zu Ver-
gleichen, der mindestens ebenso schwer, wahrscheinlich sogar noch
schwerer ist. Leider aber konnte ich nirgends eine gewichtsmäßige
Angabe über unseren Kolkraben finden. Der Beweiswert des Ver-
gleichs meiner abessinischen Enten (der einzigen aus dem heißen
Tieflande untersuchten Vögel) mit unserer Anas crecca wird da-
durch etwas herabgedrückt, daß die Art der ersteren nicht genau
bekannt ist; die Bälge gingen leider verloren, bevor sie bestimmt
werden konnten. Ein recht hinkender Vergleich ist ferner der
zwischen Frankolin einerseits, Rebhuhn und Birkhuhn andererseits.
Die Verwandtschaft ist doch schon eine ziemlich entfernte und die
Unterschiede in der Lebensführung sind vielleicht so große, daß die
Unterschiede im Herzgewicht auf andere Ursachen zurückgeführt
werden können und nicht notwendig im Klimaunterschiede direkt
begründet sein müssen; denn das ist ja klar, daß auch unabhängig
1!) Die Vögel meiner abessinischen Ausbeute wurden mir von Herrn
Prof. Reıchexow, die Säuger von Herrn Prof. MArscHıe gütigst bestimmt, wo-
für ich beiden meinen herzlichsten Dank ausspreche.
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 349
vom Klima durch besondere Eigentümlichkeiten, die eine Veränderung
der Stoffwechselintensität bedingen, Änderungen des Herzgewichtes
hervorgerufen werden können, z. B. durch Unterschiede in der Art
und Stärke der Bewegungen. "Ähnliche Besonderheiten in einzelnen
Lebensgewohnheiten mögen es vielleicht sein, die bewirken, daß
meine abessinischen Tauben ein fast ebenso hohes Herzgewicht
haben als unsere heimischen Arten. Diese Tatsache braucht also
nicht notwendig gegen meine oben vertretene Auffassung zu sprechen,
sondern sagt weiter nichts aus, als daß das Klima eben nur einer
der Faktoren ist, welche das Herzgewicht bestimmen, und zeigt
damit zugleich den heuristischen Wert, der in solchen vergleichen-
den metrischen Untersuchungen besteht: Durch die physiologische
Betrachtung ist uns eine gewisse Richtschnur gegeben; finden sich
Abweichungen von derselben, so fordern diese einen zureichenden
Grund zur Erklärung, der gesucht werden muß und neue Frage-
stellungen in sich schließt.
Auch bei den Säugetieren (Tabelle B) finden wir ein analoges
Verhalten des Herzens. Das zeigt z. B. der Vergleich zwischen den
beiden Mäusen @erbillus murinus und Mus agrarıus, und selbst die viel
weniger bewegliche und etwas kleinere Agricola agrestis aus Deutsch-
land hat noch ein größeres Herz als die abessinische Rennmaus.
Einen gleichsinnigen Unterschied im Herzgewicht treffen wir auch
bei den beiden Wühlratten Arvicanthis abyssinica und Arvicola
terrestris aus der Schweiz. Weniger einwandfrei ist es, wenn die
Gazelle mit dem Reh verglichen wird; indessen haben wir ja
außer der noch dazu anders lebenden und gewichtsmäßig nicht
untersuchten Gemse keine wildlebende Antilope in Mitteleuropa.
Wertvolle Belege aber geben wieder die Hasen und die Schakale,
welche letztere man gut mit unserem nahe verwandten und auch
biologisch nicht allzusehr abweichenden Fuchse vergleichen darf.
Alles in allem glaube ich, damit den Beweis geliefert zu haben,
daß die von mir untersuchten abessinischen Warmblüter durch-
gängig ein niedrigeres Herzgewicht aufweisen als nahe verwandte
und ähnlich lebende Arten unserer Region. Die oben gegebene
Begründung für diese Tatsache ist zwar damit nicht bewiesen,
aber doch eine sehr naheliegende und vielleicht die wahrschein-
lichste.
Noch eine weitere Frage von allgemeinerer Bedeutung könnte
durch solche gewichtsmäßigen Untersuchungen entschieden werden,
nämlich die, ob zwischen Klima und Tiergröße gewisse Beziehungen
bestehen. Ich kann zahlenmäßige Belege in nennenswerter Zahl nur
angeben für mein Hauptuntersuchungsobjekt, den Schakal. Die
350 BERTHOLD KLATT.
Tabelle B.
. h | HG
rt Gen. Fundort K. GIER GE
| in °/oo
Gerbillus murinus SunDEvALL]| & Saati, 200 m H. 34 | 0,13
Arvicanthis abyssinica Rüpp.
18 (mit sehr kleinen Em- 9 I Adi Caieh, 2300 m H.| 108,7 | 0,25
bryonen)
DE N ® Saati, 200 mH. [11,7 [ 0,12] 10
ÜRETZSCHM. : } ; ;
64 Lepus Q Saati, 200 m H. 1900 | 12,5 | 6,6
24 2 & Adi Caieh, 2300 m H.| 1900 | 14,7 | 7,7
64 3 RE x 5, 2900. 1a
13 % RE s >.» [215 1 ea 5
53 & E 5 5 SE TREE TE
54 > & 3 »» » | 2265| 14,2 | 6,3
Gazella isabella GRAY 6) Saati, 200 m H. 9750| 67,5 | 6,9
u * Mi je] ;R INT 13000 | 91 7,0
5 o N
66 Grauschakal ®) Saati, 200 m H 5000 | 39,5 | 7,9 |
68 h ° ade eat 52350 | 375 | 71 ©
69 E O BT RN 5500 | 35 | 64
50 £ & | Adi Caieh, 2300 m H.| 6600 | 505 | 7,7
52 j E 5 „04 2.1.6750 1 a a
49 R O Y 22» 1.8800 | as 7
48 j ° R „ty „18000 Mad
6l A (6) Akrur, 1800 m H. 8250 | 53,5 | 6,5
62 ’ R) x »_ 18300 | 58,0 | 6,3
23 . 6) Adi Caieh, 2300 m H.| 8750 | 59,0 | 6,7
51 K & Ri >» 5» 10750| 64,0 | 6,0
Tabelle © zeigt, daß bei neun nach Beschaffenheit der Zähne er-
wachsenen, zum Teil sogar recht alten Schakalen aus dem Tief-
lande von etwa 200 m Seehöhe das Körpergewicht um etwa 5 kg
als Mittelwert variiert, während für acht Tiere aus dem durch-
schnittlich zehnmal so hohen Hochlande (1800—2300 m) 8 kg den
Mittelwert darstellt und nur die zwei leichtesten bis an die obere
Variationsgrenze der Tieflandtiere herabreichen. Was die anderen
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 351
Tabelle B.
Unter- H. G.
Eier Art Gen. Fundort K. G.|H. G. |; O/oo
KLArrt Mus agrarius ) Berlin 33,3 | 0,20
Agricola agrestis (Darm
E sehr gefüllt; z. B. ) Eutin 34 0,16
Coecum 8 g)
KLartr Arvicola terrestris Q Olten, Schweiz 89,5 | 0,34
» » » ? „ » 91 0,37
Hesse Vesp. murinus ? Deutschland 16,6 | 0,176| 10,6
2 PARRoT „. myotus ? — ? ? 14,91
E Hesse Lepus europaeus 6) | Deutschland 3847 | 34,64 | 9
’ ’ z 3 6) = 4512 | 39,65 | 8,8
% 5 z Ss 2 3982 | 36,9 | 9,27
: z Q £ 4204 | 38,46 | 9,15
®
$ Cervus capreolus 6) 15000| 170 | 11,3
BERGMANN
| » - ? 17000| 200 | 11,7
—————————————————————————eeeE en u un mn 7 TITT—
Deutschland 5048 | 52,65 | 10,4
5110 | 58,25| 11,4
5739 | 58,8 | 10,2
6550 | 70,0 | 10,7
6550 | 69,95 | 10,7
Hesse Canis vulpes
”» »
”
3 38 a $
O4 Qu 40 40
> a |
»
Säuger und Vögel anlangt, so war die Zeit, die mir für die Reise
zu Gebote stand, zu kurz bemessen, um die nötigen Vergleichsdaten
zu beschaffen. Immerhin ist es vielleicht mehr als ein Zufall, wenn
der einzige erwachsene Tieflandhase, der gewogen wurde, nur ge-
rade soviel wiegt wie die leichtesten der ausgewachsenen Hochland-
individuen, oder wenn das schwerere von den beiden einzigen er-
beuteten recht alten Herpestes-Männchen aus dem höher gelegenen
352 BERTHOLD KLATT.
Tabelle C.
Grauschakale Eritreas nach Krarr (K.) und BERGER (B.).
Heimat Be ie | a Geschl.| Alter n. d. Zähnen
Mai Atal B. 4500 12,9 Q2 stark abgekaut
Ailet B. 4750 13,4 6) wenig 5
Mai Atal K. 5000 12,9 ) S N
r re FR 5250 13,2 6) sehr wenig abgekaut
Z 3,6: 200 m 5500 13,5 ®) wenig abgekaut
B; Pe =? 5500 13,1 6) E h:
Ailet B. 6100 13,4 6) 3 8
= TER 6150 13,5 ) sehr stark abgekaut
Mai Atal B. 6000-6500] 13,9 | 6) wenig abgekaut
Adi Uoghera K. 6600 13,5 6) ziemlich abgekaut
RR a K. 6750 14,2 6) sehr stark
2 AN K. 6800 14,2 e) kaum abgekaut
= 5 K. ca. 8000 13,9 e) stark
„ Caieh K. 2000 m 8750 14,8 6) sehr wenig abgekaut
Akrur K. 8250 14,9 6) ziemlich abgekaut
’ : 8300 13,6 O wenig abgekaut
Adi Uoghera K. 10 750 15,0 6) ö R
Senafe stammt. SCHOELLER !?), der dieselben Gegenden vor 20 Jahren
als Jäger und Nichtzoologe bereist hat, führt gleichfalls einige
solcher Beobachtungen an. So sagt er p. 103, daß von den vier
von Ihm angetroffenen Francolinarten „das größte nur in der Gegend
von Kohaito angetroffen ward“. Kohaito ist ein Hochplateau in
2600 m Höhe dicht bei Adi Caieh und der höchste Punkt, den
SCHOELLER auf seiner Reise erreichte. P. 157 berichtet er aus Akrur:
„Den größten Leoparden, den wir auf der ganzen Expedition er-
beuteten, fingen wir hier. Infolge des kühleren Klımas und des
Aufenhalts im Gebirge war er besonders dunkel und langhaarig,
auch von einer exzeptionellen Größe.“ Auch bezüglich des Schakals
ist ihm diese Besonderheit aufgefallen. P. 164 sagt er vom Schakal
bei Adi Caieh: „Unter den Vierfüßlern variiert bei dieser Höhe der
Schakal etwas von den vorher angetroffenen Exemplaren; er ist
größer und fahler gefärbt.“ Freilich sind es nur wenige Beob-
achtungen, die ich hier speziell für Eritrea anführen kann, und es
wäre von Nutzen, auch die Tiere anderer Gegenden daraufhin ver-
gleichend zu untersuchen. Gewichtsangaben können, da sie bisher
nicht vorliegen !?), nicht benutzt werden. Aber man kann wenigstens
12) M. SCHOELLER, Mitteilungen über meine Reise in der Colonia Eritrea.
Im Selbstverlag. Berlin 1895.
13) Wie mir Herr Prof. MArscHız mitteilte, finden sich Angaben über das
Ganzgewicht einiger abessinischer Tiere in Powell-Cotton, A sporting trip
through Abyssinia. London 1902. Was den Schakal anlangt, ‚so hat er
5
€
N
n
Dh
BR
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913, 353
auf Grund der Angaben über die Schädellänge einige Schlüsse be-
züglich der Größe ziehen. Aus meiner Tabelle C geht hervor, daß
Körpergewicht und Basilarlänge in einer gewissen Korrelation stehen.
Zwar variiert die Basilarlänge bei gleichschweren, ausgewach-
senen Tieren wenigstens um einige Millimeter, aber im großen und
ganzen kann man sagen, daß beim Grauschakal einer Basilarlänge
zwischen 12,9 und 13,9 cm ein Körpergewicht von 4500—6500 g,
einer Basilarlänge zwischen 13,5 und 15,0 cm ein solches von
6500—10000 g entspricht. Vergleichen wir nun hiermit die An-
gaben über Basilarlängen der verschiedenen Grauschakale in Hırz-
HEIMER’S'#) großer Arbeit, so sehen wir, daß eigentlich nur drei
sicher bekannte Fundgebiete in Betracht kommen für Schakale,
deren Schädel im ausgewachsenen Zustande eine Basilarlänge unter
13,5 cm haben, das ist der Canis variegatus ÜRETZSCHM. aus Ailet,
d. h. derselben Tieflandsgegend, in der auch ich gesammelt habe,
ferner der Canis mengesi aus Somaliland und Canis (Allopedon)
thooides Hırza. aus Sennar. Die übrigen Schädel mit so geringer
Basilarlänge scheiden entweder wegen zu großer Jugend oder nicht
genau bekannter Herkunft für uns aus. Die Schädel aller übrigen
der Herkunft nach bekannten Arten haben, soweit sie HILZHEIMER
als ausgewachsen bezeichnet, eine Basilarlänge über 140 mm. Sie
stammen aus Algier, Tunis, Marokko, Ägypten sowie Südabessinien;
aber diese letzteren bezeichnenderweise aus dem Hochlandsgebiet
desselben. |
Das äquatoriale Tieflandsgebiet Afrikas, speziell des östlichen
Afrika, aber ist, wie ein Blick auf den Atlas lehrt, dasjenige Gebiet
der Erde, welches bei höchster durchschnittlicher Jahrestemperatur
die geringste Wärmeschwankung aufweist, d. h. also das heibeste
Gebiet der Erde. Um einige Zahlen anzugeben, seien hier aus
Hann’s Handbuch der Klimatologie'?) die einschlägigen Tempera-
turen mitgeteilt. Massaua, als einer der heißesten Plätze der Erde,
hat danach eine mittlere Jahrestemperatur von 30,2°, eine mittlere
Schwankung von 9,30. Die mittleren absoluten Jahresextreme be-
tragen im Minimum 19,5°, im Maximum 43,2°. Bezüglich des
Somalilandes sind nur wenige zahlenmäßige Angaben bekannt, Hann
2 Individuen von Lupulus variegatus gewogen. Eines wiegt (in deutsches
Gewichtssystem umgerechnet) 5°/, kg, der andere 6°, kg. Der erste ist in
1100 m H., der andere in 1400 m H. erlegt. Sie entstammen einer anderen
» Gegend Abessiniens.
14) M. Hırzueımer, Beitrag zur Kenntnis der nordafrikanischen Schakale.
Zoologica Bd. XX Heft 53. 1906.
15) Hann, Handbuch der Klimatologie. III. Aufl. 1910.
354 BERTHOLD KLATT.
gibt sie bezüglich des Küstengebiets von Berbera, das eine Winter-
temperatur von 25,1,° hat, also nur Bruchteile eines Grades weniger
als Massaua (Januar 25,9°). In der Gegend von Sennar liegen für
das schon beträchtlich weiter westlich nach der Sahara zu gelegene
Dueim (383 m H.) zahlenmäßige Angaben vor: Jahresmittel 27,7,
mittlere Schwankung 9,3, Minimum 7,3, Maximum 45,8. Dagegen
verzeichnet Hann für einige Hauptorte Algeriens, Tunis, Marokkos,
Ägyptens wie des abessinischen Hochlandes folgende Daten:
Tabelle D.
% Mittlere
Ort er en Eunsnir Minimum !Maximum
p.
u ng“ 60 17.5 13,8 "29 341
Baia HE RL ET 1050 14,1 22,2 6,5 38,9
Varkla 2a, 20.240 156 22,3 23,7 1,8 49,3
Gabes... au een 8 19,5 16,9 0,4 49,0
Tanper 3 "re mer: 75 17,9 11,8 2,9 37,0
Marrakesch... 2 wW% ar 470 19,6 18,7 2,7 41,4
Cairo... 2.0 Pas 30 21.2 15,8 1,9 49,7
AsS6uan u Ce 128 »5.0 19.2 38 46,5
Adi Ua. Naar 2022 19,3 4,2 7,2 32,3
Auf diesen Zusammenhang zwischen Temperatur und Artgröße
ist vor nunmehr schon über 60 Jahren bereits von BERGMANN '®)
hingewiesen worden, der eine ganze Reihe einschlägiger Beob-
achtungen anführt. Vor kurzem hat dann einer meiner Reise-
begleiter (v. BorTTIcHER!?) auf Anregung Professor Hxssr’s für
eine ganze Anzahl Vogelarten die Richtigkeit dieses BERGMANnN’Schen
Gesetzes gezeigt. Der einzige Vorzug, den mein kleiner Beitrag
zu dieser Frage aufweist, ist der, daß er wenigstens für eine Art
eine Anzahl gewichtsmäßiger Daten beibringt, während die bis-
herigen sich mit Schätzungen nach dem Augenmaß zufriedengeben
mußten.
Was ist nun der physiologische Grund für diese eigenartige
Tatsache? Auf diese Frage hat schon BERGMANN Selbst eine be-
friedigende Antwort gegeben. Er geht davon aus, daß kleinere
Körper eine relativ größere Oberfläche besitzen als größere gleicher
Art. Im lebenden warmblütigen Organismus wird diesem zunächst
rein mathematischen Zusammenhang auch eine physiologische Be-
16) 0, Ber6mann, Über die Verhältnisse der Wärmeökonomie der Tiere °
zu ihrer Größe. In: Göttinger Studien 1847.
17) H. v. Boerrıcner, Über den Zusammenhang zwischen Klima und
Körpergröße der warmblütigen Tiere. In: Zool. Anzg. Bd. 41. 1918,
U ie 2 0 x
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 355
deutung zukommen müssen. Die Abgabe überschüssiger Wärme
wird ceteris paribus dem kleineren Organismus infolge seiner
größeren Oberfläche leichter fallen als dem gleichartigen größeren,
der andererseits seine Wärme besser zusammenhalten kann. Daher
wird letzterer von vornhein besser an ein kälteres Klima angepaßt
sein, während im wärmeren seine relativ geringe Oberfläche vielleicht
nicht ausreichen würde, um eine genügend große und rasche Ab-
gabe der bei Ausübung der verschiedensten Lebenstätigkeiten ent-
stehenden Stoffwechselwärme zu ermöglichen. Da wird das kleine
Tier mit seiner großen Oberfläche besser daran sein, während es
umgekehrt im kalten Klima womöglich nicht genug Wärme pro-
duzieren könnte, um den starken Verbrauch durch die ständige
relativ gewaltige Ausstrahlung zu ersetzen 18).
Natürlich ist diese Regulierung durch Vergrößerung oder Ver-
kleinerung des ganzen Körpers nur ein Weg, den die Natur be-
schreiten kann. Ähnliches wird z. B. erreicht werden können durch
Vergrößerung oder Verkleinerung einzelner flächenhaft ausgebreiteter
Organe des Körpers. Besonders die Ohren der Säuger sind trefflich
geeignet, solche Regulationsvorrichtungen abzugeben, wie die alten
physiologischen Untersuchungen von Donpers am Kaninchen zeigen,
und da ist es interessant, daß gerade in meinem speziellen Unter-
suchungsgebiet, Abessinien, der dort lebende Hase neben seiner be-
deutend geringeren Körpergröße noch besonders stark vergrößerte
Ohren besitzt. Bei den größten Exemplaren maßen sie im Durch-
schnitt 13,5 und 6 cm, an der längsten resp. breitesten Stelle ge-
messen. Bei einigen ausgewachsenen deutschen Hasen dagegen,
die ja viel größer sind, betrugen die entsprechenden Maße 11 und
5 cm. Auch bezüglich meines speziellen Untersuchungsobjektes, des
Schakals, weist schon Noack !?) darauf hin, daß gerade jene kleinen
Formen (Canis variegatus und Canis mengesi) besonders große
Ohren besitzen.
18) Anders ist es z.B. bei den wechselwarmen Reptilien, die ja ihre
Wärme von außen her beziehen. Bei ihnen werden die kleinsten Formen
in kalten Gegenden günstiger gestellt sein als große, weil sie bei ihrer
verhältnismäßig größeren Oberfläche noch genügend Wärme aufzunehmen ver-
mögen, die großen dagegen nicht. Daher sind die nördlichen Reptilien viel-
fach kleiner als die südlichen Formen. Einige zahlenmäßige Angaben gibt
Dörıgen, Deutschlands Amphibien und Reptilien, Magdeburg 1897. Nach ihm
wird Lacerta viridis in Südosteuropa noch einmal so lang als in Deutsch-
land, Lacerta muralis eineinhalbmal so groß in Südeuropa als bei uns. —
Bei den Amphibien mit ihrer drüsenreichen Haut wird durch die so statt-
habende Verdunstung die Frage wieder komplizierter gestaltet.
19) Noack, Ostafrikanische Schakale. In: Zool. Anzg. Bd. XX. 1897
356 BERTHOLD KLArTr.
Ein anderer Weg, auf dem im warmen Klima die Wärme-
regulierung ermöglicht werden kann, besteht in der Fähigkeit,
durch Verdunstung eine Abkühlung der Körperoberfläche zu be-
wirken. Vergleichende Untersuchungen über die Mengenverhält-
nisse der Schweißdrüsen bei den verschiedenen Tierarten könnten
da recht interessante Ergebnisse zeitigen. Dasselbe Ziel, Abkühlung-
durch Verdunstung, kann erreicht werden durch zweckentsprechende
Maßnahmen der Tiere, die uns als besondere Sitten und Gewohn-
heiten derselben auffallen. Ich erinnere z. B. an meine oben mit-
geteilten Beobachtungen über das Maulaufreißen der Fledermäuse
in Mai Atal. BERGMANN weist darauf hin, daß der Elefant, der ja.
leicht als nächstliegender Einwand gegen die Theorie benutzt
werden kann, sich täglich mit Wasser bespritzt, um seine Tempe-
ratur herabzusetzen. Trotzdem bleibt es ja immer noch auffallend
genug, dab dieses größte unserer Landsäugetiere gerade in den
Tropen lebt. Weniger sonderbar wird dies aber erscheinen, wenn
man die ausgestorbenen Verwandten des Elefanten mit zum Ver-
gleich heranzieht. Zlephas antiquus und Mammut waren viel
größer und — Bewohner kalter Gegenden. Überhaupt würden
vergleichende Untersuchungen über die eiszeitlichen Bewohner
Europas mit den heute noch lebenden Verwandten interessante Be-
lege geben können. Man denke nur an die Riesenformen des.
Höhlenlöwen, Höhlenbären, der Höhlenhyäne usw.
Ebensowenig wie die Anpassung durch Änderung der Gesamt-
größe die einzige Anpassungsmöglichkeit der Warmblüter an
verschiedene Klimate ist, ebensowenig darf man natürlich auch
glauben, daß die Größe der Art einzig durch diese Beziehungen zur
umgebenden Temperatur bedingt werde. Andere Faktoren, wie
Raumbeschränkung auf kleinen Inseln, dichte, nur für kleine Tiere
durchdringbare Dickichte mögen gleichfalls häufig Veranlassung zur
Änderung der Gesamtgröße sein können. Es ist eben nur eine
der vielen Beziehungen des Organismus zur Umwelt, die hier im
Anschluß an meinen Reisebericht ganz kurz gestreift wurde; keines-
wegs in der Überzeugung, auch nur die Mehrzahl der auf dieses
eine Problem Bezug habenden Einzelfragen, sei es selbst bloß
erwähnt zu haben, sondern nur, um zu zeigen, wie durch gewichts-
mäßige Untersuchungen wertvolles Material beschafft werden kann
zu einer unser Kausalbedürfnis einigermaßen befriedigenden Er-
kenntnis der Tierwelt, ihres Baues, ihrer Biologie, ihrer geo-
graphischen Verbreitung. |
2
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 357
Anhang.
In der Hoffnung, durch vorstehende Arbeit wenigstens den einen
oder andern zoologischen Forscher oder Sammler zu veranlassen,
neben der biologischen Beobachtung auch metrische Untersuchungen
der Tiere nicht außer acht zu lassen, will ich im folgenden kurz
auf die Technik der gewichtsmäßigen Untersuchungen, wie ich sie
als die beste erprobt habe, eingehen. Für den, der zu Hause im
bequemen Laboratorium solche Untersuchungen vornehmen will —
und Untersuchungen an unseren heimischen bisher nur wenig
metrisch untersuchten Tieren sind nicht minder erwünscht —,
werden genauere Angaben über die Wägetechnik nicht nötig sein.
Auf Reisen dagegen, wo das Mitnehmen größerer Gepäckstücke
möglichst beschränkt werden muß, macht schon die Frage der zu
benutzenden Wagen eine gewisse Schwierigkeit. Zum Nehmen
kleinster Gewichtswerte wählt man am besten eine sog. Apotheker-
wage mit geschnürten Hornschalen, auf der man jedoch nicht
schwerere Objekte als höchstens 1 Pfund wird abwiegen können.
Sie kann bis zu einem gewissen Grade ersetzt werden durch eine
Briefwage, besonders wenn man nur Ganzgewichte kleiner Tiere
zu nehmen beabsichtigt, bei denen es ja wegen der doch wechselnden
Menge der Darmfüllung auf sehr genaue Wägung auf Bruchteile
eines Grammes nicht notwendig anzukommen braucht. Vor jedes-
maligem Wägen muß die Briefwage jedoch auf ebener Unterlage
tariert werden. Als Gewichtssatz für die Apothekerwage benutzte
ich einen von 10 mg bis 200 g; auch Schrotpatronen von ein und
derselben Schrotnummer ergeben, wenn man vorher das Gewicht
von einer derselben festgestellt hat, brauchbare Gewichte Das
Ganzgewicht größerer Tiere zu nehmen, benutzt man zweckmäßig
eine kleine Federzugwage mit einem Haken, an den das Objekt
angehängt wird. Sie sollte sich stets durch eine Stellschraube
regulieren lassen. Man muß jedoch bei derartigen Wagen unbedingt
vor jedesmaligem Wiegen mit irgendeinem schweren, dem Gewicht
nach genau bekannten Gegenstande tarieren. Das ungeladene Gewehr,
dessen Gewicht man vor der Reise genau feststellen kann, bildet
einen guten Prüfstein. Diese Vorsichtsmaßregel des jedesmaligen
Tarierens ist nötig, da sich die Stellschraube sehr leicht lockert
und das Gewicht ungenau wird. Am besten ist es auch, wenn
man nach der Wägung nochmals eine Kontrolle vornimmt. Mit
solcher Federzugwage wird man jedoch Gewichte unter 3 Kilo
nicht nehmen können, da sie natürlich stets etwas ungenau wiegt
(ca. um 100—200 g), was bei höheren Gewichten ja weniger in Betracht
kommt, bei niedrigen doch aber schon bedeutungsvoll werden kann.
No.
22
33 Herpestes leucurus
25
14
30
24
64
13
53
54
56
358 BERTHOLD KLATT.
Tabelle E.
-/% l22 =
Art =[=38E[=385| 23
EEE Fi
Procavia 5155 | 870
u 9 61 | 1130
ER 6) 1800
x O| 66 | 2000
® o| 79 | 2200
# o| 81 | 2250 | 222
fi 9 2300 | 229
" o| 77 | 2302 |ca. 200
2320 | 220
83 | 2425 | 215
80 | 2500 | 196
225
Herpestes leucurus
HEMmPR. EHRBG. 94 | 2500 | 343
a Qa 0 900 40
O0
[eV
| \®)
1
a
oO
HEeMmPR. EHRBßG. 36 1.3250 | 372
Lepus 9] 57 | 1190 | 106
4 O2 1495 | 129,2
E S] 64 | 190
P 51 67 | 1900 | 184
2 91 64 | 1900 | 130
z 31 69 | 2145 | 188
R 31 74 | 2245 | 230
2 S| 72 | 2265 | 220
Madoqua saltiana &
“ BLAINVILLE s) Br
Madoqua saltiana
2 BLAINVILLE ? ER
Hystris (6) 15000
6)
34 Crocotta Leontiewi
SATUMIN
(Gewicht aller
Eingeweide
nebst Blut
440
- R
= >
2 Is0©
= =
>, [32
= 125
= ==
ja
Gewicht
eines Auges
Hirn,
Frischgew.
abzügl.Einge-
Rückenmark
und Augen
weide,
ca. 1200 ?)
ca. 1075
ca. 1250
985
2,45 (2) ca. 1300
24 1,35
25,5 1,5
9,6 1,75 (2)
10,8 2,7
13
11,5 3,0
12,9 3,8
13,5
37,5l21 %)l0,8
145,5
8,0
ca. 1500
ca. 1550
ca. 1575
frisch
Humerus
Humerus n.
5
5,4
6,3
6,9
d. Macerat.
4,1
4,9
!) Da die Handwage (s. p. 357) ungenau wiegt, mit einer Schwankungs-
breite von ca. 150 g, was bei kleinen Tieren bis zu 3000 g Gewicht doch
bedeutungsvoll sein kann, ist es stets besonders in den Fällen vermerkt,
wo sie zur Feststellung des Gesamtgewichts verwendet wurde.
gewichte sind natürlich stets mit feiner Wage genommen.
Die Einzel-
' I
Skelettgew. |
Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 359
Tabelle E.
araeeel| :|.5:8125 8° E%
Bere je lssjseissj-selel „. (Sl. ee
= nol= ‚ste |ISsS|ISs2|S S|; = n S atum emerkungen
EHFEFSEI IB SSEERIER = ;
Ben Ssıe = 3Elo D si 8 ws ge N
2 A5BEHlE SS
Adi Caieh|2300| 7. II. jung
a ae #
3,6 Senafe |2506l15. I. Handwage !)
3,5 2 a; ne L, r Hautkrank
7,0 14. 38: %
73 200-+903)| 110 [Adi Caieh|2300] 8. 111.12 kleine Embryonen
140 2)| 435 ?)| 6,0 x Sch SCHERE „ (208g)
= »„ (808)
6,2 pi „-nT II Fell schlecht abge-
_ zogen
66 220455] 110 > 1 2 ziemlich alte
: jr 3 Embryonen
6,5 % 2 #67, DI
5.5 220 + 80 110 53 > 6. 11.
5,2 Senafe 2500115. Ill Handwage
— 163 1360 | 7,5 200+80] 90 JAdi Caieh[2300]| 6. II.
. 8,3 : „ | 8. IIL|l sehr kleiner Embryo
6, Senafe 12500115. IIL.|Handwage
2 erwachsene
17,2 & „ 418. 11. Embryonen
200 1550: 16,5 6,3114,3| 143 | 25 Adi Caieh|2300| 5. Ill.|sehr alt
224 1775 {18,1| 2,5| 6,7 j13,8| 180 | 34 | Senafe ]2500|13. 1Il.]| „ „ Handwage
Coecum =30 cm
8,5 180 | 110 [Adi Caieh[2300]| 8. 11L.| Auge n. 24 Std. ge-
wogen
10,5 240 | 130 e da.
13,8 Senal& 12500111. 111. Handwage
Coecum =50 cm
14,7 235 1160 lAdi Caieb]2300| 8. IIl.| Auge n. 24 Std. ge-
wogen
12,5 »60 |ı20| Saati |200| 2. ıv. ee
16,2 300 | 110 [Adi Caieh[2300| 7. IU.
13,5 y BE AR,
14,2 r „eele; PH:
E 0 , Hanrdwage
22,0 IE Saati [200] 2. IV. Fa 2 in et
2 l erwachs. Embryo
aß » 6. IV. Handwage
62,5 820 1250 Adi Caiehb]2300]22. III] Coecum = 30 cm
Ganzgewicht un-
130 Senaf& 12500|13. Ill.|genau, da stück weise
gewogen
2) Dies Gewicht läßt sich auf das Gramm natürlich nie angeben.
3) Die erste Zahl gibt die Länge vom Pylorus bis zum Coecum, die
zweite die Strecke vom Coecum bis zu den blindsackförmigen Anhängen an.
*%) Rückenmark ohne Dura mater gewogen. Beim Auge der Augapfel,
sorgältig von Muskeln und Konjunktivaresten befreit.
24
360 BerrHaoLo Krart: Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913.
Für die Gewichte zwischen 500 und 3000 g muß man schon noch
ein drittes, genauer wiegendes Instrument mitnehmen. Ich benutzte
eine frei aufhängbare Präzisionswage mit starken Messingschalen
und Messingketten, d. h. also eine größere festere Ausgabe der
Apothekerwage.
Will man mehr als nur das bloße Gesamtgewicht des Tieres
nehmen, so empfehle ich für eine rasche Untersuchung folgendes
Schema.
1. Ganzgewicht.
2. Abziehen des Felles.
3. Gewicht des Kadavers nach Abziehen des Felles.
4. Öffnung des Leibes und Herausnahme aller Brust- und Bauch-
eingeweide Blut auslaufen lassen.
5..Gewicht des Kadavers danach.
Zur Kontrolle empfiehlt es sich,
6. das abgezogene Fell und
7. die herausgenommenen Eingeweide in einem dem Gewicht
nach bekannten Gefäße (ev. wasserdichten Beutel, Schweinsblase
oder En nochmals zu wägen.
8. Messung der Darmlänge mit Angabe der Einzelstrecken.
9. Herzgewicht. Als Methode ist die beste die von MÜLLER ?®)
zuerst angewandte und auch von Professor Hzsse bei seinen Wägungen
stets durchgeführte. Nach Fortnahme des Herzbeutels sind die
großen (sefäße dicht an ihrem Ursprunge aus dem Herzen abzu-
schneiden, so dab nur das, was wirklich Herzmuskel ist, verbleibt,
also die Kammern und die beiden Vorkammern. Ausdrücken des
Herzblutes in Wasser, ev. Aufschneiden der Kammern, um sie ganz
zu entleeren, Abtrocknen mit Fließpapier.
10. Hirngewicht. Ohne dura mater genommen.
11. Gewicht eines sauber abgeschabten Knochens (z. B. Oberarm).
12. Gewichtsangaben über ev. Ballast (Mageninhalt, Embryonen).
Das Hirngewicht kann man fortlassen, da es durch Ausmessung
der Schädelhöhle am macerierten Schädel noch mit einiger Sicher-
heit festzustellen ist. Es ist mit aufgenommen unter der Voraus-
setzung, dab das Gehirn konserviert (am besten in Formol 1:9
Wasser) und aufgehoben wird, denn gute Sammlungen von Wild-
tiergehirnen existieren bisher ja kaum.
Die Wägung des einzelnen abgeschabten Knochens sollte vor-
genommen werden, um später das Gewicht des ganzen Skelettes,
20) MÜLLER, Die Massenverhältnisse des menschlichen Herzens. Hamburg
und Berlin 1882,
P. Spatz: Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere usw. 361
wenigstens annähernd, berechnen zu können. Auf folgende Weise:
Das gesamte Skelett wird nach der zu Hause vorgenommenen
Macerativn, nachdem es getrocknet ist, gewogen, ebenso der mit
ihm zusammen macerierte einzelne Knochen noch einmal besonders.
Aus dem Vergleich des letztgenannten Gewichtes mit dem Frisch-
gewicht des Knochens kann man beurteilen, um wieviel das Knochen-
sewebe des betreffenden Tieres bei der Maceration abnimmt. Mit
Hilfe des so gewonnenen Koeffizienten kann man das Frischgewicht
des Ganzskeletts berechnen. Zieht man die so gewonnene Zahl
von Gewicht Nr. 5 ab, nachdem von diesem auch das Hirngewicht
(ev. noch Rückenmarks- und Augengewicht) abgezogen ist, so hat
man eine wenigstens ungefähre Angabe über das Gewicht der ge-
samten Muskelmasse des Tieres.
Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere und über
das Verhältnis der Eingeborenen zu ihnen.
Von P. Spıtz.
Seit fast einem Menschenalter sammle und jage ich alljährlich
in Algerien und Tunesien; ich habe dabei Menschen und Tiere
dieser Länder eingehend kennen gelernt. In der Annahme, daß
diese oder jene von meinen Beobachtungen von allgemeinerem
Interesse ist, gebe ich sie im folgenden wieder.
Das vornehmste Haustier des Beduinen im Norden und in der
Steppe ist das Pferd, und zwar das kleine aber höchst ausdauernde
und widerstandsfähige Berberpferd. Ehe die Franzosen die genannten
Länder besetzten, herrschten bedeutend rauhere Sitten als heute;
fast immer lebten die einander benachbarten Stämme in grimmer
Fehde, überfielen den Gegner, wo sie ihn unvorbereitet wähnten
und suchten, ihm möglichst viele seiner Dromedare, Ziegen oder
Schafe wegzuführen. Dazu gehörten natürlich gute ausdauernde
Pferde, sei es, um schnell über den Feind herfallen zu können,
oder ihm die Herden möglichst schnell entführen zu Können, sei
es, um den Räubern der eigenen Herden eiligst folgen und ihm
seine Beute wieder abjagen zu können. Als die leistungsfähigsten
und ausdauerndsten galten die Stuten und unter ihnen wieder die
Grauschimmel; fast in allen alten Heldenliedern ist die graue Stute
als die schnellste besungen. Ein alter Kaid erzählte mir einst,
daß er dazumals seine guten Stuten fast nur mit Dromedarmilch
getränkt habe. Doch diese „ritterlichen“ Zeiten sind vorbei;
jetzt herrscht Ruhe überall im Lande, Raubzüge und Überfälle
24
362 P. Sparz.
ins Gebiet der benachbarten Stämme kennt die heutige Generation
nicht mehr. Dadurch hat die Zucht des edlen Pferdes aber sehr
verloren. Hin und wieder sieht man vielleicht bei einer „Fantasia“
— den bei allen freudigen Ereignissen unvermeidlichen Reiter-
spielen — noch mal ein gutes Pferd, aber eben als Ausnahme.
Das Maultier — Bastard aus starkem Eselhengst und leichter
Pferdestute — ist als Luxus-, Zug- und Keittier sehr beliebt;
aber auch als Lastzugtier wird es lieber verwandt, als das Pferd.
Sowohl der Bey von Tunis, als auch alle hohen arabischen Würden-
träger fahren nur mit Mauitiergespannen, deren Wert selbst den
der besten Pferde bedeutend übersteigt. Dem zum Reittier be-
stimmten Mulo wird von Jugend auf der Paßschritt angewöhnt,
indem ihm die beiden Beine derselben Seite durch eine kurze Fessel
verbunden werden; so muß das Tier stets im Paßschritt sich be-
wegen, da ihm selbst nachts diese Fessel nicht abgenommen wird.
In kurzer Zeit hat es sich diesen Schritt angewöhnt, in dem es
dann bei schnellerer Gangart bis 8 km in der Stunde leisten kann
und zwar ohne sichtbare Ermüdung viele Stunden hintereinander.
Ich selbst habe öfters 80 und mehr Kilometer in einem Tage auf
einem guten Maultiere zurückgelegt. Dabei stellt es an Pflege
und Nahrung die denkbar bescheidensten Ansprüche. Auch vor dem
Lastwagen leistet es infolge seines schnelleren Schrittes und seiner
Anspruchslosigkeit mehr, als das Berberferd. Dagegen ist es —
eine üble Erbschaft vom störrischen Eselvater — mindestens
ebenso störrisch wie der Esel; da nun der Araber im allgemeinen
eine verständige Behandlung irgendeines Tieres nicht kennt, so
kann es nicht Wunder nehmen, daß sich diese schlechte Eigenschaft
mit den Jahren immer mehr zeigt. Durch vernünftige Behandlung
habe ich aber schon manchem Maultier seine ursprüngliche Störrig-
keit größtenteils abgewöhnt.
Vom Esel findet man zwei verschiedene Rassen in Nordafrika;
die eine, verhältnismäßig groß und stark, trifft man fast nur in
den Städten, hauptsächlich als Reittiere. Bei einigermaßen Pflege
und Nahrung stehen ihre Leistungen hinter denen der Maultiere
‘ kaum zurück. Ein starker, gut Paß gehender Esel wird gern mit
vier- bis fünfhundert Franks bezahlt. Als „Wertgegenstand“ erfreut
er sich dann auch leidlich guter Behandlung. Dagegen geht es
seinem kleineren Vetter, dem Beduinenesel im allgemeinen recht
schlecht. Er muß zwar so viel, wie nur irgend möglich arbeiten,
aber Pflege und Kraftfutter kennt er überhaupt nicht. Sommer und
Winter ist er draußen im Freien, ganz gleich, ob die glühende
Sonne alles verdorrt, oder eisiger Nordwind mit Regen die Temperatur
_
u IL in a ia id
u Ta Ed u a te
hr ar TERATTEETTPIIOL rät Zn az
Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere usw. - 363
an den Gefrierpunkt bringt. Wenn es im Winter ausreichend regnet,
so daß der Frühling einen üppigen Pflanzenwuchs hervorbringen
kann, hat der Beduinenesel gute Zeit; dann mästet er sich an dem
reichlichen Futter schnell und sein Schmerbäuchlein, daß dem
struppigen kurzbeinigen Gesellen gar komisch steht, dient ihm
dann im Sommer und Herbst, wenn alles verdorrt ist, wohl als
willkommenes Reservoir. Ist aber infolge von Dürre wenig oder
fast nichts gewachsen, so muß er sich mit unglaublich geringer
Nahrung begnügen; und wenn er sich dann auf der Nahrungssuche
zu weit vom „Douar“ (Zeltiager) entfernt hat, so daß er bei ein-
tretender Dunkelheit noch nicht zurückkehren kann, so ist sein
Schicksal besiegelt. Irgendeine herumstreifende Hyäne betrachtet
ihn als willkommene Abwechselung im mageren Speisezettel.
Unglaubliche Lasten werden solch kleinem Eselchen manchmal
aufgebürdet, so daß es mit dem tief durchgebogenen Kreuz und
ebensolchen Fesseln einen traurigen Anblick gewährt; kann es dann
nicht schnell genug vorwärtskommen, so wird es vom Treiber in der
unbarmherzigsten Weise mit dem dicken Knüppel bearbeitet, oder
mit einem Dorn oder spitzen Stocke tüchtig „gepickt“. Versucht
man, dem Treiber das Rohe und Unnütze dieser Behandlung klar zu
machen, so bekommt man stets die Antwort, daß ein Esel ja doch
nichts fühle. Wenn ich den Leuten darauf aber auseinandersetzte,
daß in diesem Falle die ganze Prügelei doch erst recht unnütz und
überflüssig sei, also einen ganz verfehlten Kraftaufwand bedeute,
so lachten sie und prügelten erst recht weiter.
Ein weiteres Haustier, das Dromedar, ist für den Beduinen
des Nordens, also in den fruchtbaren Gegenden, ein geschätztes
Lasttier, das auf leidliichem Wege durchschnittlich 200 kg tragen
kann, dem auf kürzere Strecken aber auch bis 300 aufgeladen
werden. Dagegen ist es für den Wüstenbeduinen einfach „das“
Haustier, ohne das er überhaupt nicht existieren könnte. Die Ge-
nügsamkeit und Leistungsfähigkeit dieses Tieres kann nur der richtig
einschätzen, der es in der Wüste selbst kennen gelernt hat.
Allerdings darf man ihm auf langen Märschen durch die hohen Sand-
dünen oder auf den steinigen Hochplateaus nicht allzu hohe Lasten
aufbürden — ich habe auf meinen Wüstenwanderungen nie mehr
als 120 bis 130 kg im Durchschnitt aufladen lassen —, aber bei
vernünftiger Belastung klettert es tagelang von früh bis abend
Düne auf, Düne ab, manchmal bis an den Leib im losen Sande
einsinkend; und wenn es oben am Kamme der Düne gar nicht
hinaufkommen kann, weil ihm der Sand unter den Hinterfüben
immer wieder wegrinnt, so legt es sich vorn auf die Knie und
364 P. Srarz: Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere usw.
rutscht und schiebt sich weiter, bis es endlich doch oben anlangt.
Noch gefährlicher aber sieht es aus, wenn das beladene Dromedar
dann den steil abfallenden Hang solch hoher Düne hinunter muß.
Wie manches Mal habe ich wirklich bei solchem Abstieg für die
Tiere und die Lasten das Schlimmste gefürchtet, denn jeden
Augenblick erwartete ich, daß die gesamte Gesellschaft kopfüber
hinuntersausen würde. Allerdings kommt es auch mal vor, daß ein
jüngeres noch unerfahrenes Tier allzusehr von seiner Last geschoben
wird und dann im sausenden Galopp unten anlangt, wobei dann
die Lasten kopfüber oder auf einer Seite herabfallen, aber zum
Glück ist der Sand ja weich und mit etwas „Bruch“ muß man
sowieso immer rechnen, wenn man sich monatelang Dromedaren
anvertrauen muß. Eine unangenehme Eigenschaft des Dromedars
ist seine Schreckhaftigkeit. Ein ganz geringfügiger Anlaß genügt,
um es in größte Furcht zu versetzen und dann stürmt es kopflos
dahin, wobei das eventuelle Klappern und Schleudern der ver-
rutschenden Last es immer toller antreibt. Schon das Scheuen
eines einzigen Tieres der Karawane genügt, um sämtliche Dromedare
im Galopp mitzureißen; bei einer meiner Karawanen hatte ein
Treiber einem Tiere, unglücklicherweise einer Stute, die noch viel
„nervöser“ sind als die Hengste, seinen Burnus oben auf die Last
geworfen. Während die Karawane eine kleine Düne hinabmarschierte,
fiel der Burnus teilweise hinunter und rutschte dem Tiere über
den Hinterteil. Sofort ging es im sausenden Galopp los, heftig
ausschlagend nach dem es kitzelnden Burnus, wobei sich dieser
natürlich immer mehr um die Hinterbeine des geängsteten Tieres
schlang. Sofort gingen sämtliche anderen Dromedare ebenfalls im
(salopp mit. Zum Unglück waren die Treiber etwas hinten geblieben
und suchten nun, heftig schreiend und laufend, die Tiere zu halten.
(Beim Beduinen muß ja alles immer mit viel Gebrüll und Gestikulation
vor sich gehen, selbst da, wo es ganz verkehrt ist!) Dadurch wurde
das (segenteil erreicht; ich warf mein ausgezeichnetes und sonst
sehr ruhiges Reitdromedar der durchgehenden Schar entgegen, aber
ich wurde einfach mitgerissen und ebenso mein zetermordio
schreiender Präparator, dem die Situation da oben auf seinem
entsetzlich schlingernden Wüstenschiffe recht ungemütlich wurde.
Erst als so ziemlich sämtliche Lasten malerisch in den Dünen ver-
teilt lagen, gelang es, die Tiere nach und nach wieder einzufangen.
Daß bei solchem Vorkommen allerdings manche Kiste aus den Fugen
geht und auch sonst noch manch bedauerlicher „Bruch“ zu konstatieren
ist, muß man mit dem Gleichmute des Beduinen hinzunehmen wissen.
Dafür hat man es eben mit Dromedaren zu tun.
RupoLr StogBE: Mallophagen. 365
Mallophagen.
3. Beitrag: Die Trichodectiden des Berliner Museums für
Naturkunde.
Von RupoLr STogBk, Berlin.
Ehe ich an die Aufzählung der mir vorliegenden alten und
neuen Arten gehe, schicke ich einige Bemerkungen voraus.
Der älteste Teil unserer Sammlung — besonders wohl von
GuRLr stammend — enthält manches Interessante, z. B. den dia-
canthus EHRENBERG. Leider ist der Erhaltungszustand nicht immer
der beste. Weiteres Material hat sich im Laufe der Zeit an-
gesammelt, besonders aus dem Zoologischen Garten und aus unseren
afrikanischen Kolonien. Sehr erfolgreich war ein Streifzug durch
die Säugetierabteilung des Museums. An den dort in Alkohol auf-
bewahrten Säugern habe ich eine große Anzahl interessanter, viel-
fach neuer Arten gefunden, und ich möchte hier auf dieses ver-
hältnismäßig einfache und sehr ergebnisreiche Sammelfeld nach-
drücklich hinweisen.
Ich bin Herrn Direktor Professor A. Brauer und Herım
Professor Hrymons für die Überlassung des gesamten Museums-
materials zur Bearbeitung zu großem Dank verpflichtet, desgleichen
den Herren Professoren KrÄrELın und v. Brunn, die mir das Ham-
burger Material — besonders die Typen MsöBErRE’s — zur Ver-
fügung stellten. Ganz besonders aber möchte ich Herrn Professor
MartscHhıE und Herrn Dr. Rımme danken, die mir durch ihr Ent-
gegenkommen das Arbeiten in der Säugetierabteilung außerordentlich
erleichtert haben und mir in systematischen und geographischen,
die Wirtstiere betreffenden Fragen stets die bereitwilligste Aus-
kunft erteilten.
In meiner Arbeit über Zutrichophilus habe ich leider — durch
andere Autoren verleitet — das kleine erste Abdominalsegment
nicht mitgezählt, so daß immer nur von 8 Segmenten die Rede ist.
In dieser neuen Arbeit rechne ich dagegen stets mit 9 Segmenten.
' Ich habe alle alten Artnamen wieder eingeführt, die NrrzscH
1818 willkürlich veränderte (cf. canis, melis, mustelae).
Die bisher beschriebenen Trichodectiden verteilen sich auf 4 Gat-
tungen: Damalinia MsögeEre (1); Eutrichophilus MIöBEre (8); Zury-
trichodectes SToBBE (1); der Rest von 56 Arten wird noch zu der
alten Gattung Trichodectes gestellt. Obwohl mir von diesen 56 Arten
28 vorliegen, mußte ich doch noch auf eine Teilung der Gattung
verzichten. Eine Teilung oder Gruppierung wird unbedingt not-
wendig werden, aber es wird noch sehr viel Material gesammelt
366 RUDOLF STOBBE. Br.
werden müssen, ehe sie mit dauerndem Erfolg vorgenommen werden
kann. Wie lückenhaft unsere Kenntnis noch ist, geht schon daraus
hervor, daß ich in dieser Arbeit erst diezweite Art der Indischen Region
beschreibe. Daß die Europäer ziemlich vollständig sind, kann man
vielleicht hoffen, wo aber sind die außereuropäischen Paläarkten?
. Aus Afrika kennen wir kaum 20, aus Amerika nicht 30 Arten;
mit diesen Zahlen vergleiche man den Artenreichtum der ent-
sprechenden Säugetierfaunen. Daß die Trichodecten nicht auf Raub-
und Huftiere beschränkt sind, zeigen die Funde an Affen, Halb-
affen, Nagern, Hyraciden.
Aufzählung der beschriebenen Arten (die Zahlen sind die
Nummern der im Text behandelten Arten; die übrigen Arten lagen
mir nicht vor.)
Trichodectes NırzscHh 1818.
(Typus: canıs GEER.)
acuticeps NEUMANN 1902, Viverra genetta, Afrika.
acutirostris!® n. sp. 1913, Herpestes galera, Afrika.
appendiculatus PıAGET 1880, Antilope subgutturosa, Mediterran.
armatus NEUMANN 1913, Eriodes arachnoides, Amerika.
barbarae NEUMANN 1913, Galictis barbara, Amerika.
bovis?' Linwk 1758, bos taurus, Palaearkt.,
; Amerika.
breviceps Rupow 1866, Auchenia llama, Amerika.
californicus CHAPMANN 1897, Perognathus sp., Amerika.
canis! GEER 1783, Canis familiarıs, Canis Palaearkt.,
lupus, Amerika.
caprae GURLT — chmax NIrTzscH.
castoris OSBORN 1896, Castor castoris, Amerika.
? cervi Linx# 1758 ?=tıbualis PıaGer.
climaz?° Nırzsch 1818, Capra hireus, Palaearkt.,
Afrika,
Amerika.
colobi Kernoce 1910, Colobus Sp., Afrika.
cornutus?5 Gervaıs 1844, Antilope dorcas, Anti- Afrika.
lope arabıca,
crassipes Rupow 1866, Hircus angorensis, Ma- ?
eropus penicillatus,
crassus Nırzsch 1818 = melis Far.
dubius Nırzsch 1818 = mustelae SCHRANK.
equi?2 Link 1758, Equus caballus, Equus Palaearkt.,
asınus, . Amerdkin
. vs
VETERAN"
ee
“
mephitidis?® OsBorn 1896,
mjöbergi1” n. sp. 1913,
Mallophagen.
equi OsBorRn 1896 = equi Linz et pilosus Pıacer.
exılis® NırzscH 1818, Lutra vulgarıs,
forfieula Pıacer 1880, Cervus porcinus,
geomydis* OsBorn 1891, Geomys bursarıus,
Thomomys bottae,
inaequalemaculatus PıaGET Auchenia guanaco,
1885,
inaequalis PıaGET 1880, Herpestes ichneumon,
latus Nırzsch 1818 = canis GEER.
leporis Poxton 1871, Lepus cannabinus,
?limbatus GERvAIs 1844, Capra hircus,
(? = climax NITzscH.)
longiceps Rupow 1866 = cornutus GERVAIS.
longicornis?* Nırzsch 1818, Cervus elaphus, Cervus
dama,
longicornus Denny 1842 = hıbialis PIAGErT.
madagascariensis MJÖBERG Eupleres goudotr,
1910,
? mambricus Rupow 1866, KHircus mambricus
? —= climaz N.
Lutra matschiei,
Meles taxus, ? Procyon
lotor,
Galietis quiqui, Spilo-
gale interrupta,
Mephitis mephitica,
Bassaris astuta, He-
lictis emeretti,
meyeri TASCHENBERG 1882, ?
micropus GIEBEL 1874 —= vulpis Denny.
minutus Parse 1912, Putorius noveboracen-
sis,
Nycticebus borneamus,
Herpestes badius, Her-
pestes ? gracilıs,
Mustela vulgarıs, Mu-
stela foına, Mustela
martes, Mustela er-
minea,
nasuatıs??” OsBorn 1902, Nasua narıca,
octomaculatus?” Paıme 1912, Procyon psora, Procyon
lotor,
matschiei!" n. sp. 1913,
melis® Fagrıcıus 1805,
mungos!® n. sp. 1913,
mustelae® Schrank 1803, .
367
Palaearkt.
Indisch.
Amerika.
Amerika.
Afrika.
p)
Palaearkt.,
Amerika.
Palaearkt.
Afrika.
Afrika.
Palaearkt.,
Amerika.
Amerika.
Amerika.
Dissen
Afrika.
Palaearkt.,
Amerika.
Amerika.
Amerika.
RuDoLF STOBBE.
368
Ovis18 Lınn& 1758, Ovis aries, OÖ. ornalta,
O. melanocephala,
pallidus2? PıaGET 1880, Nasua fusca,
parallelus OsBorn 1896, Coriacus virginianus,
parumpilosus PIAGET 1880 — equi Linne.
penicillatus PıagET 1880 — crassipes RuDow.
peregrinus1? TASCHENBERG (Mycteria crument-
1882, fera), Ovis aries,
pilosus GIEBEL 1874 = equi Linnt.
pilosus PıAGET 1880, Eguus caballus, Equus
asınus,
pinguis BURMEISTER 1839, Ursus arctos, Ursus
thıbetanus,
procyonis NEUMANN 1913 = octomaculatus PAINE.
punctum PıiGErT 1885 (Lamprotornia Sp.),
quadraticeps CHAPMANnN 1897, Urocyon virginianus,
rammei!* n. sp. 1913, Herpestes galera,
retusus NıTzscH 1818 = mustelae SCHRANK.
rweti NEUMANN 1913, Canis magellanıcus,
scalarıs Nırzsch 1818 = bovis Linnt£.
semiarmatus NEUMANN 1913, Miycetes fuscus,
setosus. ÖLFERS 1817 = canis GEER.
similis Denny 1842 = longicornis NITZScH.
solidus Rupow 1866 = climax NırzschH.
sphaerocephalus Nırzsch 1818 = ovis Linne.
subrostratus'? Nırzsch 1818, Felis domestica, ? Her-
pestes pluto,
tarandı MsößerG 1910,
thoracıcus?® OsBoRrNn 1902,
tibialis?® Pıager 1880,
Cervus tarandaus,
Bassarıs astuta,
Oervus dama, ©. capre-
olus, ©. pygargus,
Odocoileus hemionus,
tıgrıs Poxton 1870, Felis tigris,
univirgatus ') NEUMANN 1913, Hyraz sp., Dendrohy-
rax neumanni,
. Vwerrieula rasse,
Potamochoerus ? demu-
mis,
vwerrieulae‘” n. sp. 1913,
vosseleri? n. sp. 1913,
!) Vgl. Entomolog. Rundschau 1913, S. 112.
Palaearkt.,
Afrika,
Amerika.
Amerika.
Amerika.
Palaearkt.,
Afrika.
Palaearkt.
Palaearkt.
?
Amerika.
Afrika.
Amerika.
Amerika.
Palaearkt.,
Amerika,
? Afrika.
Palaearkt.
Amerika.
Palaearkt.,
Amerika.
2
Afrika. |
Afrika.
Afrika.
Mallophagen. 369
vulpis® Dexnsy 1842, Canıs vulpes, Palaearkt.
vulpis TASCHENBERG 1882 — octomaculatus PAınE.
zorillae!!' n. sp. 1913, Zorilla Iybica, Zorilla Mediterran.
vanllantı,
Eurytrichodectes SToBBE 1913.
(Typus paradoxus STOBBE.)
paradoxus”) StogßgE 1913, Dendrohyrax Sp., Afrika.
Eutrichophilus MsögBers 1910.
(Typus cercolabes MJÖBERG.)
cercolabes?) MsöBers 1910, Cercolabes prehensilis, Amerika.
Sphingurus villosus,
coendu?) StosBE 1913, Coendu mexicanus, ©. Amerika.
novaehispaniae.
cordiceps”) Msögerc 1910, Cercolabes prehensilis, Amerika.
Sphingurus villosus,
diacanthus?”® EHRENBERG Hyrax syrıacus, Mediterran.
1828,
Iipeuroides?2? M£cnın 1884 Üervus mezxicanus, Amerika.
mazama?) STOBBE 1913 — lipeuroides M&onm.
mexıcanus MsöBERG 1910 = lipeuroides M&enin.
mezxicanus?) Rupow 1866, Cercolabes mezicanus, Amerika.
minor?) MsöBersG 1910, Cercolabes prehensilis, Amerika.
setosus”) GIEBEL 1861, Erethizon dorsatum, E. Amerika.
ermineus, Urson Sp.
Damalinia MsöBers 1910.
(Typus crenelata PIAGET.)
crenelata?) PıaGET 1880, Damalis albifrons, Afrika.
Trichodectes.
1. canıs GererR 1783 /[Rieinus]; Jousston & Harrıson 1912.
Syn.: latus Nırzsch 1818, Dexsy 1842, GIEBEL 1874, PIAGET
1880, TascHEnBERG 1882, KrrLoce 1908, MsöBErG 1910,
SCHOEMMER 1913,
setosus Ourers 1817 /Pediculus].
2) Über Eurytrichodectes vgl. Entomologische Rundschau 1913, p. 111;
über Eutrichophilus: Deutsche Entomol. Zeitschr. 1913, p. 562; Damalinia
crenelata liegt mir aus Hamburg vor.
370 RuboLr SToRBk.
EEE ee
Im Zool. Mus. Berlin vorhanden von Canis familiaris, Deutsch-
land, Canis lupus, "Rußland, Nyetereutes procyonoides, Zool. Garten.
2. melis Fıgr. 1805 /Pediculus].
Syn.: crassus NırzscH 1818, Denny 1842, PıaGer 1880, TAscHEN-
BERG 1882, Kertose 1908, MsöBere 1910.
Zool. Mus. Berlin: Von Meles taxus, Europa, Altai.
Kerroce führt als weiteren Wirt Procyon lotor, U. S. Amerika,
an. Sollte hier nicht ein Irrtum vorliegen? Falls dieser Angabe
nur die Notiz Ossorn’s (Bull. U. S. Dept. Agric., Ent. No. 5 New
Ser. 1896, p. 237) zugrunde liegt, dürfte es sich bestimmt um eine
Verwechselung mit octomaculatus Paıne handeln.
3. mephitidis OsBorn 1896. /Mephitis
mephitica, Spilogale interrupta, ? Bassaris
astuta]; Kernoce 1908; Paıne 1912 /Meph.
mephitica & machura]; Neumann 1913, [Helictis
emeretti, Galictis quiqui].
Im Zool. Mus. Berlin aus Paraguay (Fiebrig)
ohne Angabe des Wirtstieres und von Galichis sp.
Piracicaba, Brasilien, C. NEHRING.
4. geomydis Osporn 1891 und 1896
(Fig. 1.) [@Geomys bursarvus, Thomomys bottae,
Californien, Jowa (U. S.)] Paıme 1912. [Tho-
momys bottae, bulvwarus Californien.]
Im Berliner Museum von Macrogeomys
heterodus Prrs. (? und Echinosceiurus rigidus
Fig. 1. Trichodectes Pos), Costarica, Irazu 2800 m, ©. GARLEPP.
geomydis OSBORN?). : ra ? er
3, dorsal. Osgorn’s Abbildung (von 1896) scheint mir
ebenso ungenau, wie die von Tr. mephitidis in
der gleichen Arbeit. Einzelne Merkmale sind aber für diese Art
so bezeichnend, daß ich an der Zugehörigkeit meines Materials zu
ihr nicht zweiflee Am auffallendsten sind die langen Fühler, der
tiefe Kopfeinschnitt und die Borsten am Abdomen. Die beigegebene
Umrißzeichnung diene zur Berichtigung von Ossorn’s Figur. Das
Hinterhaupt weicht viel stärker zurück, der Prothorax ist ver-
hältnismäßig länger, der Metathorax breiter, als bei OsBoRn;
ferner zeichnet er das Abdomen zu lang im Verhältnis zu seiner
Breite wie im Verhältnis zu den vorderen Abschnitten. Die langen
Borsten am Abdomen finden sich beim d am 6.—8. beim 9 am
7. und 8. Segment.
®) Alle Figuren sind in gleicher Vergrößerung gezeichnet (ca. 300: 1).
Mallophagen. 371
5. Vosseleri n. sp.
Der größte bisher bekannte Trichodectes (Fig. 2a— c.)
s Q
Länge 2,65 Breite Länge 2,80 Breite
Kopf 080. E13 080 1,20
Thorax 0,40 0,92 0,43 0,97
Abdomen 1,45 1,50 1,57 1,70
d. Vorderkopf gleichmäßig gerundet mit breitem Ausschnitt.
Fühlerbucht tief und breit. Schläfen senkrecht, Hinterecken kaudal-
wärts etwas vorspringend. Hinter-
hauptsbasis konvex, etwas zurück-
tretend; Hinterrand des Kopfes
im ganzen dreimal geschwungen.
Fig. 2b. Tr. vosseleri n. Sp.
Q, Kopf. ventral.
Fig. 2a. Tr. vosseleri n. sp. Fig. 2c. Tr. vosseleri n. Sp.
ö, Kopf, dorsal. 9, Abd.-Ende, ventral.
Schiene breit, nur an den Schläfen verschmälert und hier auch am
wenigsten chitinisiert. Dorsal jederseits ein Dorn an der Schiene
des Vorderkopfes, ventral jederseits einer vor den Mandibeln, ein
weiterer medianwärts neben der Fühlerbucht. Vorderecken der
Fühlerbucht stumpf. Fühler: 1. Glied stark verdickt, etwas länger
als jedes der folgenden; diese unter sich etwa gleichlang, etwas ge-
krümmt, das 3. mit zwei kurzen starken Dörnchen am Ende.
Prothorax kurz und breit, etwas hinter der Mitte am breitesten,
Seiten gerundet. Metathorax breiter, nahe dem Vorderrande am
breitesten, nach hinten ziemlich stark verengt. Beine kräftig mit
langer Klaue.
Abdomen fast kreisförmig, am 4. Segment am breitesten, nach
hinten nur wenig verschmälert, breit abgestutzt. Ungefleckt. Auf
jedem Segment eine Reihe Borsten, die in drei Partien geordnet
312 RUDOLF STOBBE.
sind, eine mittlere und zwei seitliche von etwa gleicher Ausdehnung.
Am letzten Segment einige längere Borsten. |
Kopf ähnlich dem des JS, jedoch die Vorderecken der
Fühlerbucht kegelförmig vorspringend und die Schläfenecken nicht
nach hinten verlängert. Das 1. Fühlerglied nur wenig stärker als
die anderen.
Thorax wie beim CS. Abdomen vorn verhältnismäßig breit,
nach hinten mehr verschmälert, daher weniger kreisähnlich als
beim d. Letztes Segment zweilappig, die Lappen beborstet. Die
starken Raife gekrümmt, an der konkaven Seite, mit Stacheln und
Borsten. Flecken fehlen. Borsten auf den Segmenten wie beim Cd.
Im Berliner Museum aus Amani, Deutsch-Ostafrika; Prof.
VossELER 1908. |
Das Originaletikett ist leider verloren gegangen, doch teilte
mir Herr Professor VossELer mit, daß die Tiere mit ziemlicher
Sicherheit an einem jungen Buschschwein gesammelt seien. Die
Haare, die sich noch in dem Gläschen befinden, stimmen mit denen
von Potamochoerus demunis überein, und da auch ein Potamochoerus
(nach Herrn Professor MArscHiE demunis oder nächst verwandt)
von Herrn Professor VosSSELER aus Amani hier im Museum vorliegt,
ist der Wirt dieser Art sicher ein Potamochoerus, und zwar wahr-
scheinlich demunıs.
6. vulpis Denny 1842; Pıager 1885; Keunoce 1908; NEU-
MANN 1913; Stobbe 1913,1.
Syn.: mieropus GIEBEL 1874.
Im Berl. Mus. 1 9 von Canis vulpes.
7. octomaculatus Paıme 1912 /Procyon psora).
Syn.: vulpıs TASCHENBERG 1882.
procyonis NEUMANN 1913 /[Procyon lotor]; STOoBBE 1913,1.
Im Berl. Mus. von Procyon lotor.
8. mustelae ScHRAncK 1803 /Mustela vulgaris].
Syn.: dubius Nırzsch 1818; Denny 1842.
retusus NırzscH 1818; Omen; 1874; Pıager 1880; TAscHEN-
BERG 1882; Kerıobe 1908; MsöBtnG 1910,
Im Berl. Mus. von Mustela vulgaris und erminea.
9. exilis Niırzsch 1818; Green 1874; Pıacer 1880; TAscHEN-
BERG 1882.
Fehlt im Berliner Museum.
10. matschiei n. Sp.
o 1 mm; mit exilis Nırzscn nahe verwandt aber durch ge-
flecktes Abdomen sofort zu unterscheiden.
Mallophagen. 373
Kopf etwas breiter als lang (300:250 uw); Vorderkopf flach
halbkreisförmig; Hinterkopf rechteckig: die Seiten sind einander
parallel und stehen auf der hinteren Kante senkrecht, doch sind
die eingeschlossenen Winkel stark abgerundet. Die konvexe Hinter-
hauptsbasis springt etwas nach hinten vor. Fühler kurz (ca. 140 u):
1. und 3. Glied gleich lang, 2. kürzer. Borsten nur am hinteren
Teil der Schläfen.
Chitinschiene bildet kurz vor den Fühlern jederseits eine starke
Verdickung, je eine kleinere hinter den Fühlern und an den Seiten
der Hinterhauptsbasis; ferner ist sie in der Mitte des Vorderkopfes
stark verbreitert.
Prothorax schmaler, Metathorax so breit wie der Kopf; zu-
sammen kürzer als derselbe. Prothorax hinten fast doppelt so
breit als vorn mit stark gerundeten Seiten, vorn konkav, hinten
konvex, ohne Borsten. Metathorax vorn am breitesten, Vorder-
kante konkav, Vorderecken rund, Seiten nach hinten sehr stark
konvergierend, die Vorderkante viel länger, die Hinterkante ebenso
lang wie die Hinterkante des Prothorax; an den Seitenkanten je
zwei Borsten. Beine plump mit kleiner Klaue.
Abdomen eiförmig; drittes Segment das breiteste, die folgenden
allmählich verschmälert; die Seiten viel weniger gerundet als nach
Pıagrrs Abbildung bei exilis; doch sagt PıAGer bei der Beschreibung
des letzteren: l’abd... atteint sa plus grande largeur des le 2% segment,
was mit seiner Figur durchaus nicht übereinstimmt. Letztes Segment
rundlich, zweilappig, mit kleinen Raifen. Beborstung sehr spärlich;
ventral: auf dem 1. Segment 8 regelmäßig verteilte Borsten auf der
mittleren Hälfte des Segments, am 2. und 3. Segment jederseits 2 bis
3 Borsten ungefähr mitten zwischen Außenkante und Mittellinie
des Körpers; dorsal: auf dem 1. bis 3. Segment je 2 Borsten nahe
der Mitte, auf dem 2. und 3. außerdem jederseits 1 weitere Borste
außerhalb der beiden ersten; einzelne weniger auffallende Borsten
am äußersten ventralen Rand des 2. und auf dem 8. Segment.
Die Farbe des Abdomen ist gelb, an den Seiten weißlich; vom
4. bis 9. Segment mit dunkelgelben Querflecken, der am 4. am
kürzesten und schmalsten, strichförmig, die folgenden an Länge
und Breite gleichmäßig zunehmend, der letzte wieder etwas kürzer
und in der Mitte unterbrochen. Das Abdomen ist seitlich von
einer breiten, sehr hellen, an den Segmentgrenzen nur undeutlich
unterbrochenen Schiene eingefaßt.
Einem jungen Exemplar (?5) fehlen die Rückenflecke am
Abdomen, das Abdomen ist verhältnismäßig kürzer, hinten mehr
zugespitzt.
374 RUDoLF STOBBE.
2 © (und 1 juv.) von Zutra matschiei, Bipindi, Kamerun,
ZenkEer 1910, im Zool. Mus. Berlin. |
11. zorillae n. sp (Fig. 5).
° Q
Länge 1,14 Breite Länge 1,42 Breite
Kopf 032 0; 0,34 0,45
Thor. 0,18 0,38 0,18 0,44
Abd. 0,66 0,59 0,90 0,70
Kopf bedeutend breiter als lang, vorn schmal, aber ziemlich
tief ausgerandet, die Ausrandnng jederseits von einem kräftigen,
nach vorn spitzigen Chitinbalken begrenzt. Vorderecken der
|
Fig. 3. Tr. zorillae n. sp. Fig. 4. Tr. vwerriculae n. Sp.
9, dorsal. &, dorsal.
Fühlerbucht weit und spitz vorspringend. Schläfen rechtwinklig
gerundet. Hinterhauptsbasis mit den Hinterkanten der Schläfen
in einer Linie. Auge etwas vorspringend. Fühler: 1. Glied beim S
deutlich, beim © kaum verdickt; 2. Glied das Kürzeste, weniger
dick als das 1. und dicker als das 3.; 3. Glied beim © länger,
beim JS so lang als das 1.
Prothorax vorn schmal, Seiten gerundet, nahe dem Hinter-
rande am breitesten. Metathorax näher dem Vorderrande am
breitesten, Seiten von dieser Stelle an nach hinten konkav, nach
vorn konvex geschwungen.
Abdomen eiförmig, beim 9 fast elliptisch. Rückenflecke fehlen.
9. Segment beim d stumpf kegelförmig, vom 8. deutlich abgesetzt;
beim © zweilappig. Raife zart, stark gekrümmt. Jedes Segment
dorsal wie ventral mit einer Reihe ziemlich langer Borsten; einige
besonders lange Borsten an den Ecken der 3 letzten Segmente.
7 vn Od I 4 EV
us a 3 ar ORT
‘
Mallophagen. 375
Im Berliner Museum von Zorilla Iybica Hrr. & Enur., Tunis,
und von Zorilla vaillantı, Tunis.
12. viverriculae n. sp. (Fig. 4).
Dürfte dem Tr. inaequalis Pıacer, den ich nicht kenne,
nahe stehen; er unterscheidet sich durch schlankere Gestalt,
besonders des Kopfes und der Fühler. ©: Länge 1,5 mm (Kopf 0,4;
Thorax 0,2; Abdomen 0,9): Breite: Kopf an den Vorderecken der
Fühlerbucht 0,44, an den Schläfenecken 0,41; Prothorax 0,3, Meta-
thorax 0,4; Abdomen am 4 Segment 0,69. J Länge: 1,4 (0,39
0,19--0,82). Breite: Kopf 0,43 resp. 0,38; Prothorax 0,27, Meta-
thorax 0,36; Abdomen am 3. und 4. Segment 0,53.
S Kopf so breit wie lang. Fühler schlank (0,27:mm); 1. Glied
etwa doppelt so dick wie die folgenden; 2. und 3. zusammen etwas
länger als das 1. (im Verhältnis wie 5:4). Kopfschiene vorn breit
unterbrochen, die mittlere blasse Partie nur sehr schwach ein-
gekerbt. Vorderecken der Fühlerbucht stark seitlich vorspringend.
Hinterhauptbasis ein wenig gegen die Schläfen vortretend. Schläfen
fast rechtwinklig, gerundet.
Prothorax rechteckig mit gerundeten Ecken. Metathorax in
der Mitte am breitesten, die Hinterkante kaum länger als die
Vorderkante.
Abdomen schlank kegelförmig. 3. Segment am breitesten, von
dort bis zum Ende stark und fast gleichmäßig verschmälert. Stigmen
am 2. bis 5. Segment deutlich. Rückenflecke vom 3. Segment an
vorhanden. Abdomen fast ganz kahl; nur an den Seiten einzelne
Borsten, die Mitte der Segmente mit Ausnahme der beiden letzten
durchaus unbeborstet. Letztes Segment stumpf kegelig, am Rande
mit etwas längeren Borsten.
© Kopf und Thorax wie beim 9; 1. Fühlerglied nur wenig
dicker als die beiden anderen. Abdomen schlank eiförmig; 4. Seg-
ment am breitesten. Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden,
auf den mittleren Segmenten am größten. Die Raife lang und
dünn. Stigmen und Beborstung wie beim 9.
Im Berliner Museum von Viverricula rasse, Tamatave Ost-
Madagaskar.
13. mungos n. spec. (Fig. 5).
Auch diese Art steht dem inaequalis Prager nahe, doch sind
die @ durch die Gestalt des Abdomens und die stärkere Entwicklung
der Fühler von den inaegqualis = GC leicht zu trennen. Von
viverrieulae n. spec. durch die Form des Kopfes, bei dem G außerdem
durch die Gestalt des Abdomens und die Fühler zu unterscheiden.
25
376 RUDOLF STOBBE.
®) %) Breite Q m
Länge 1,15 0,92 Kopf 0,42 0,38
Kopf 0,3 0,29 Metathorax 0,38 0,33
Thorax 0,2 0,16 3. Abd.-Segm. 0,55 6,47
Abdomen 0,65 0,47 7. Abd.-Segm. 0,45 0,4
S Kopf so lang als an den Schläfen breit, an den Vorderecken
der Fühlerbuch bedeutend breiter. Die Kopfschiene vorn breit
unterbrochen; die mittlere helle Partie ziemlich tief eingebuchtet,
die die Bucht begrenzenden Chitinecken spitzig. Die Vorderecken
der Fühlerbucht stark vortretend.. Schläfenecken rechtwinklig
gerundet. Hinterhauptsbasis mit
den Hinterrändern der Schläfen
eine gerade Linie bildend. Fühler:
erstes “lied stark verdickt, so
Fig. 5. Tr. mungos n. Sp. Fig. 6. Tr. rammei n. Sp.
9, dorsal. d, dorsal.
lang wie die beiden anderen zusammen; zweites etwas dicker
und kürzer als das dritte. Fühler im ganzen etwas gekrümmt,
zangenartig.
Prothorax etwa dreimal so breit als lang, rechteckig, die Ecken
verhältnismäßig wenig abgerundet. Metathorax kurz hinter den
Vorderecken am breitesten, Seiten stark gerundet, nach hinten
konvergierend.
Abdomen, plump eiförmig, am 3. Segment am breitesten, von
dort an nur sehr allmählich verschmälert. Das letzte Segment
vollkommen abgerundet von den vorhergehenden nicht abgesetzt.
Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden. Beborstung sehr
spärlich, nur über das letzte Segment zieht eine Reihe kurzer Borsten.
9 gleicht dem J, ist aber etwas größer. Erstes Fühlerglied
kaum verdickt, etwa so lang wie das dritte, zweites kürzer.
Abdomen vom 3. Segment an verhältnismäßig stark und gleich-
mäßig verschmälert. |
Mallophagen. 377
Die Raife so lang wie die Hinterleibsspitze, im letzten Drittel
stark gekrümmt. Alles übrige wie beim J, auch die Flecke und
die Beborstung am Abdomen. -
Im Berliner Museum von Herpestes affın. gracilis, Deutsch-
Ostafrika und von Herpestes badius SmirH, Zanzibar,
14. rammei n. sp. (Fig. 6).
6)
Länge 1,52 Breite
0,52 (Vorderecken der Fühlerbucht),
Bopt rn 0,42 (Schläfenecken),
Thorax 0,20 033
Abdomen 0,90 0,62 (am 3. Segment),
E 0,51 (an der Grenze des 5. und 6. Segments),
> 0,40 (an der Grenze des 7. und 8. Segments).
S Kopf so lang als an den Schläfenecken breit; an den Vorder-
ecken der Fühlerbucht bedeutend breiter. Vorderkopf verlängert,
die Seiten konkav; Schiene in der Mitte unterbrochen, die helle
Mittelpartie eingekerbt. Fühlerbucht tief, besonders die Vorder-
ecken stark vorragend. Schläfenecken rechtwinklig, nur sehr
wenig gerundet.
Fühler: 1. Glied stark verdickt, so lang wie die beiden anderen
zusammen. 2. Glied etwas kürzer und dicker als das 3. Der
Fühler insgesamt vom Grunde bis zur Spitze ziemlich gleichmäßig
dünner werdend. Hinterhauptsbasis gerade, nur wenig gegen die
Schläfen zurücktretend. _
Prothorax kurz und breit, vorn am schmalsten. hinten am
breitesten, Seiten gerundet. Metathorax breiter als der Pro-
thorax, kurz vor der Mitte am breitesten, vorn und hinten etwa
gleich breit.
Abdomen lang, kegelförmig. 3. und 4. Segment am breitesten,
von da an fast gleichmäßig bis zum Ende verschmälert, die Seiten
fast gerade. Letztes Segment stumpf kegelförmig, abgerundet.
Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden, am 5. und 6. Segment
doppelt.
Stigmen am 3. bis 5. Segment deutlich. Beborstung sehr
spärlich; einige kurze Börstchen am Seitenrande der Segmente,
die sich nur auf den beiden letzten Segmenten bis nahe zur Mittel-
linie ausdehnen.
o Ein reifes 9 liegt mir leider nicht vor. Es dürfte dem C
sehr ähnlich sein bis auf die nicht verdiekten Fühler und die
Gestalt des Abdomens. Letzteres ist länglich eiförmig, mit etwas
25*
378 RUDOLF STOBBE.
serundeten Seiten; auch beim Q ist das Abdomen im Vergleich zu
anderen Arten kaudalwärts stark verschmälert.
Im Berliner Museum befinden sich von dieser ausgezeichneten
Art nur 4 Exemplare, die ich an einem Herpestes galera, Amani,
Deutsch-Ostafrika sammelte.
15. subrostratus Nırzsch 1818; BurnmEister 1839; Denny
1842; Giesen 1874; Pıaser 1880; TAscHENBERG 1882; KEnLtoce 1908;
SCHOEMMER 1913.
Syn.: ? canis Oth. Fasrıcıus /Pediculus] Faun. Grönl., p. 215.
Prager gibt ausdrücklich an, daß das 3. Fühlerglied länger
sie als das 2. Ich finde, daß beim o das 2. und 3. Glied gleich
lang sind, während beim 9 das 3. kürzer ist.
Im Berliner Museum vorhanden von Felis catus domesticus.
Ferner 5 © von Herpestes pluto I
Bipindihof, Kamerun, G.ZEnker,
Fig. 7: Tr. acutirostris n. sp. Fig. 8. Tr. mjöbergi n. Sp.
a 8, b 9, Kopf; dorsal. a 5, dorsal, b 2, Abd.-Ende, ventral.
9. 1. 06. Ich habe Unterschiede von subrostratus-Weibern nicht
finden können. Da ich an dem Vorkommen unseres Katzentricho-
dectes an Kameruner Herpestes zweifle, nehme ich an, daß eine
Übertragung von eingeführten Hauskatzen vorliegt, falls es sich
nicht doch um eine neue Art handelt. Letzteres wird erst mit
Hilfe weiteren Materials, besonders nach Auffindung des J' zu ent-
scheiden sein.
16. acustirostris n. sp. (Fig. 7 a—b).
Steht dem subrostratus N. nahe, ist aber verhältnismäßig
breiter. © Kopf kaum so lang als an den Schläfen breit, vorn
stark zugespitzt, Schiene in der Mitte unterbrochen, die helle
Partie eingekerbt. Seitenkanten des Vorderkopfes konkav (bei
subrostratus gerade!). Schläfen rechtwinklig, verhältnismäßig wenig
Mallophagen. 379
gerundet. 1. Fühlerglied kürzer und dicker als die beiden unter
sich gleichen folgenden.
Prothorax kurz, vorn am schmalsten, hinten am breitesten,
Seiten gerundet. Metathorax so lang wie der Prothorax und
breiter als derselbe, vor der Mitte am breitesten.
Abdomen eiförmig; Rückenflecke vorhanden, lanz und schmal.
Stigmen am 3. bis 5. Segment deutlich. Nur an den Seiten-
rändern spärliche sehr kurze Börstchen, einige längere am 9. Seg-
ment. Raife zart, wenig gekrümmt.
S Kleiner und etwas schlanker. Kopf vorn stärker zugespitzt.
Das letzte Abdominalsegment schlank kegelförmig, scharf vom 8.
abgesetzt. Rückenflecke etwas weniger deutlich. Alles übrige
wie beim ©.
O 6)
Länge 1,15 Breite Länge 0,97 Breite
Kopf 0,33 0,38 0,29 0,31
Thorax 0,14 0,39 0,15 0,29
Abdomen 0,68 0,61 0,53 0,47
Im Berliner Museum von Herpestes galera, Pemba.
17. mjöbergi n. sp. (Fig. 8a—b).
s) Q
Länge 1,20 Breite Länge 1,28 Breite
Kopf 033 0,53 034 055
Thorax 0,22 0,46 0,23 0,50
Abdomen 0,65 0,70 0,71 0,70
S Kopf viel breiter als lang; vorn ein wenig abgestutzt und
eingebuchtet, die Schiene hier unterbrochen; Vorderecken der
Fühlerbucht ziemlich weit vorragend, aber stumpf. Fühlerbucht
tief, Augen stark vortretend, Schläfen rund. Hinterhauptbasis
breit, konvex, fast in einer Ebene mit den Schläfen. Fühler:
1. Glied stark verdiekt, ungefähr so lang wie das 2. und 3. zu-
sammen. 3. Glied am Ende mit sehr auffallenden Sinnesborsten
und 2 Dörnchen, etwas näher der Basis eine Kleine schräg ab-
gesetzte Fläche.
Prothorax fast so lang als breit mit ziemlich geraden Seiten,
die Ecken abgerundet. Metathorax viel breiter als lang mit weit
vorstehenden gerundeten Vorderecken. |
Abdomen breit eiförmig, Seitenschiene des 4. Segments dorsal
wie ventral mit je einem nach hinten gerichteten KFortsatze.
Rückenflecke vom 2. Segment an vorhanden. Nur einige Borsten
380 RUDoLF STOBBE.
an den letzten Segmenten, sonst fast nackt. Letztes Segment
stumpf kegelförmig.
oO Vorderecken der Fühlerbucht in einen nach rückwärts sich
krümmenden Dorn auslaufend. 1. Fühlerglied wenig verdickt,
etwa doppelt so dick als das 2.; zwischen dem 2. und 3. ein sehr
zarter stumpf kegelförmiger Auswuchs; die Dörnchen am Ende des
3. Gliedes fehlen, alles übrige wie beim J', desgleichen der Thorax.
Abdomen verhältnismäßig etwas länger, Rückenflecke, Be-
borstung und Schienenanhänge des 4. Segments wie beim d. Die
Raife stark, lang und krumm; angelegt umgreifen sie fast ganz
das 9. Segment.
Im Berliner Museum von Nyeticebus borneanus, Nord-Borneo.
Meines Wissens die erste Art von einem Halbaffen; nächst forficula
Pıager die einzige Art des Indischen Faunengebietes.
Die Art zeigt mancherlei Anklänge an meine Gattung Zury-
trichodectes (Ent. Rundschau 1913, p. 111): Ausbildung des Dornes
der Fühlerbucht beim ©, Gestalt der Fühler und des Thorax und
Vorhandensein der Fortsätze am 4. Abdominalsegment. Wenn ich
sie gleichwohl zu Trichodectes stelle, so geschieht das besonders
der Genitalapparate wegen; derselbe ist beim J weniger kompli-
ziert, vor allem fehlen ihm die vier Spitzen des Eurytrichodectes
paradoxus; die Gestalt der Raife bei den Q beider Arten ist sehr
verschieden.
18. ovis Linn [Pediceulus] 1758; Schranck 1781; FaBrıcıus
1805.
Syn.: sphaerocephalus NırzscHh 1818; BurMEISTER 1839, Denny
1842; GıEBEL 1874; KrLLoGe 1908; SCHOEMMER 1913;
[Ovis aries, ornata, melanocephala; Europa, U. S. Amerika.]
Im Berliner Museum 1 S von Ovis aries. In Hamburg:
„Kamerun, afrikan. Schaf, Dr. A. H. Krausse“.
19. peregrinus TASCHENBERG 1882; Krunocc 1908. | Myeteria
erumenifera].
Im Berl. Mus. 1 Glas (zahlreiche Q) mit Etikett: „7. sphaero-
cephalus* und 1 Glas (39) mit Etikett: „D.-S.-W.-Afr. Klein Nanas,
am Kopf eines Fettschwanzschafes, Dr. SCHEBEN“. TASCHENBERG’S
Beschreibung paßt vollständig. Tr. peregrinus lebt also in der
Tat auf einem Huftier und dürfte nur zufällig zuerst auf dem
Kropfstorch gefunden sein. Leider ist bei dem einen Glas das
Wirtstier nicht genannt, doch vermute ich, daß es ein europäisches
Schaf ist, und daß diese Art mit sphaerocephalus N. zusammen
sowohl an europäischen wie an afrikanischen Schafen lebt. Leider
fehlen wieder die C.
Mallophagen. 381
20. climax Nırzsch 1818; Giessen 1874; PıäGer 1580;
TASCHENBERG 1882; KELLoGG 1908; MsöBers 1910: KeELLoce &
Paıne 1911; SCHoEMMER 1913; |Capra hircus, Europa, Amerika,
Afrika.
Syn.: caprae GURLT; KELLoGG 1908.
?limbatus Gervaıs 1844; Kennoce 1908.
? mambricus Rupow 1866; Kennoce 1908.
solidus Rupow 1866; KrunLoce 1908.
Im Berliner Museum ein Präparat von einer Ziege.
21. bovis Linn# 1758 [ Pediceulus]; Fagrıcıus 1775, 1781, 1805.
Syn.: scalarıs Nırzsch 1818; Burueıster 1839; Denny 1842;
GIEBEL 1874; Pıager 1880; TascHENBERG 1882; KE1LoGG
1908; Msögere 1910; SCHOEMMER 1913; [Bos taurus,
Europa, U. S. Amerika].
Im Berliner Museum vorhanden von Dos taurus.
22. egui Lisn& 1758; Fasrıcıus 1775, 1781, 1805; Denny
1842; OsBorn 1896 p.p.
Syn: parumpilosus Pıager 1880; TASCHENBERG 1882; OSBORN
1896; Kernoce 1908; MsöBErRG 1910.
pilosus GiEBEL 1874; SCHOEMMER 1913; nec Pıager 1880,
nec TASCHENBERG 1882, nec OSBoRN 1896, nec KELLOGG
1908, nee Msögere 1910.
Im Berliner Museum vorhanden von Zguus caballus, Europa
und Paraguay, und von Zquus asınus, Europa.
Den zweiten, augenscheinlich seltenen Egwiden — Trichodectes:
— Tr. pilosus Pıascrr 1880, TuAscHENBERG 1882, OsBorn 1896,
Kernose 1908, Msösere 1910, nec Giesen 1874, nec SCHOEMMER 1913.
Syn.: egwi OsBoRn p. p. — kenne ich nicht. Beide Arten sind
also auf Z. caballus und auch auf E. asınus zu finden.
23. tibialis Pıacer 1880; TascHENBERG 1882; KELLOGG
1908; Msögere 1910.
Syn.: longicornis Denny 1842; [nec Nrrzsch].
Ob Linnts Pediculus cervi hierher gehört, wage ich nicht zu
entscheiden.
Im Berliner Museum vielfach von Cervus capreolus, Europa;
ferner von Odocoileus hemionus Ross. (westl. Nordamerika) aus
dem Zoologischen Garten.
24. longicornis Nırzsch 1818; Giesen 1874; Pıacer 1880;
TASCHENBERG 1882; Krrnoce 1908; Msögers 1910 [nec Denny].
Syn.: similis Denny 1842.
Im Berliner Museum nur ein Präparat ohne Wirtsangabe; ich
konnte aber das Hamburger Material vergleichen (cf. MsöBEre).
382 | RuDoLrF STOBBE.
25. cornutus Gervaıs 1844; TAscHENBERG 1882; KELLOGG
1908; NEUMANN 1913.
Syn.: longiceps Rupow 1866; Krrnoce 1908.
Im Berliner Museum von Antilope dorcas. Vielleicht wird man
diese Art besser zu Eutrichophilus stellen, meine Exemplare sind
zu schlecht erhalten, um näher studiert zu werden.
26. thoracicus OsBoRNn 1902; KrnLrLoce 1908.
Im Berliner Museum von Dassariscus astuta (Zool. Garten).
27. pallidus Pıaser 1880; Kruvoce 1908. /Nasua fusca.]
Im Berliner Museum vorhanden aus Paraguay ohne Wirt und
aus Costarica von Nasua narıca bullata. Ich glaube nicht, daß
nasuatis OSBORN eine andere Art ist.
Eutrichophilus.
28. diacanthus EHRENBERG (Symb. Phys. Mammalia, Hyraz)
1828; TASCENBERG 1882; Keutose 1908. [Trichodectes.] (Fig. Ja —b.)
1 0,2 0 im Berliner Museum,
vermutlich TASCHENBERG’Ss, also
auch EHRENBERG’S Kxemplare,
leider sehr schlecht erhalten, von
Hyrax syriacus.
Diese interessante Art dürfte
zu Eutrichophilus MJIÖBERG zu
a b
Fig. 9. Eutr. diacanthus Eurengere. a &, b 9, Kopf; dorsal.
stellen sein, wofür die Form des Kopfes, die Form des letzten
Abdominalsegments beim JS und die Ausbildung der Fühler des
letzteren sprechen.
Die Figuren mögen zur Ergänzung von TAscHENBERG’s Be-
schreibung dienen.
EHrENBERG’s Originaldiagnose lautet: Trichodectes diacanthus.
Antennarum articulis basalibus spinosis. Huius marem et feminam
offendi. Ille cognoseitur ano integro, appendicibus abdominalibus F
Mallophagen 383
nullis et antennarum articulo secundo valde incrassato; haec ano
bifido appendicibus abdominis duabus curvis et antennis basi
gracilioribus.
29. lipeuroides Mkenın 1884; Ducks 1287 [Cervus mexicanus].
Syn. mazama StosBE 1913,..
mexicanus MIÖBERG 1910.
Leider hatte ich die Arbeiten von M&cnxın und Ducks zunächst
übersehen. Die Identität von lipewroides M&cnın und mezxicanus
MsÖöBErRG ist nach den Abbildungen und Beschreibungen unzweifel-
haft und dadurch wird auch mein Name mazama überflüssig.
Literatur.
Burmeister 1839: Handbuch der Entomologie II.
Densy 1842: Anoplur. Brit. — London.
Dusczs 1887: La Naturaleza, Mexiko VII, p. 331.
Fazrıcıus 1775: Systema ent.
K 2782. spec. Ins. II,
E 1805: Syst. Antl.
GeER 1783: Abh. zur Gesch. d. Ins.; übers. von Goxze. Nüremberg.
Gervaıs 1844: Hist. nat. Ins. Apt. III. Paris.
Giesen 1874: Ins. Epizoa. Leipzig.
Guzır ?: Mag. ges. Tierheilk. IX, 1.
JOHNSTON & Harrıson 1912: Proc. Linn. Soc. N.S.-Wales. XXXVI.
Kerross 1908: Genera Insect. Mallophaga.
2 1910: Sjöstedts Kilimandjaro-Meru-Exped. 15,4.
KerLose & Pame 1911: Bull. Ent. Research II. London.
Lmst£ 1758: Syst. Nat. ed. X. Neudruck 1894.
M£enım 1884: Le Naturaliste VI, p. 494.
MsöBErRG 1910: Ark. Zool. VI, 13.
NEUMANN 1913: Arch. Parasitol. XV.
Nırzsch 1818: Germar Mag. II.
Orrers 1817: De vegetativis et animatis corporibus in corporibus ade
reperiundis. Berolini.
Ossorn 1891: U. S. Dept. Agr. Ent. Bull. 7.
s 1896: ibid. New Ser. Bull. 5.
ic 1902: The Ohio Naturalist vol. 2.
Pıame 1912: Entomol. News. XXII. -
PıAGEr 1880, 1885: Les Pediculines.
Rupow 1866: Zs. Naturw. XXVII.
SCHOEMMER 1913: Über d. Malloph....; Diss. Med. Fak. Gießen.
SCHRANCK 1781: Enum. Insect. Austr. indig.
Fr 1803: Fauna Boica III, 1.
StogBE 1913: 1. Entomolog. Rundschau. 2. Deutsche Ent. Zs.
"TAscHEnBERG 1882: Nov. Acta Acad. Leop. Carol. XLIV, 1.
354 RICHARD STERNFELD,
Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten
Inselgruppen.
Von RICHARD STERNFELD.
Bei der Bearbeitung einer Reihe von Sammlungen aus Neu-
euinea und den benachbarten Inseln fanden sich mehrere neue oder
noch wenig bekannte Arten, die ich im einzelnen genauer besprechen
werde Für die übrigen will ich mich im allgemeinen auf eine
Aufführung der Fundorte und der Sammler beschränken.
Typhlops multilineatus SCHLEG.
1 Exemplar, Kei-Inseln; RouLur.
Typhlops depressiceps noV. Spec. :
Kopf niedergedrückt; Schnauze stark vorspringend, über-
hängend, mit schmaler, scharfer Horizontalkante Nasenlöcher
abwärts gerichtet. Rostrale groß, etwa °/,mal so breit wie der
Kopf, nach hinten nicht bis zur Augenhöhe reichend; Nasale völlig
geteilt, der Spalt vom 2. Labiale ausgehend; Praeoculare vorhanden,
so breit wie das Nasale, viel breiter als das Oculare, in Kontakt
mit dem 2. und 3. Labiale.. Augen sehr deutlich sichtbar; 4 Supra-
labialen; Praefrontale wenig vergrößert; Schuppen in 24 Reihen.
Durchmesser des Körpers etwa 70 mal in der Länge enthalten;
Schwanz etwa 2'/, mal so lang wie breit. Gleichmäßig bräunlich-
gelb; Kopf und Unterseite ein wenig heller. Gesamtlänge 328 mm.
1 Exemplar, Neuguinea. ? Sammler.
Am nächsten verwandt mit 7. cumingii, aber schlanker, Schwanz
kürzer, Schnauze stärker überhängend.
Typhlops flaviventer Pras.
1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea, Sattelberg; Dr. NEUHAUSS.
Typhlops subocularis \ AISE.
1 Exemplar, Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DemPwourr.
Nardoa boa SCHLEG.
5 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE.
Das größte Stück mißt 1540 mm und ist damit das stärkste
überhaupt bekannte Exemplar.
1 Exemplar (Kopf), Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DEmpwoLrr.
1 Exemplar, Neu-Mecklenburg; HorrMmann.
Fast ganz schwarz; nur am Nacken ein heller Fleck.
l Exemplar, Bismarckarchipel; THURNwALD.
Il Exemplar, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.
| Exemplar, Deutsch-Neuguinea; FRIDERICI.
Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen. 385
Python amethystinus SCHN.
1 Exemplar, Simpsonhafen; SCHoEDE.
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea, Moszkowsk1.
1 Exemplar, Matschui (Bougainville); SCHoEDE.
Chondropython viridis SCHLEG.
5 Exemplare, Sattelberg; NEuHAuss.
Das kleinste Exemplar (ca. 25 cm lang) hat auf dem Rücken
alternierende, leuchtend gelb gefärbte, schwarz umrandete und durch
- eine schwarze Längslinie verbundene Abzeichen. An den Seiten
stehen zahlreiche, gelbe,.schwarzgesäumte Punktflecke. Die Grund-
färbung ist dunkel violettbraun.
Die beiden nächstkleinsten Exemplare sind rötlichbraun, die
Abzeichen wenig heller gefärbt, braunviolett umrandet.
Die beiden größten (annähernd 0,5 m lang) sind hellgelb, die
Abzeichen sehr klein, undeutlich, rötlichbraun umrandet.
Im Magen des größten eine Lygosoma.
Enygrus carinatus SCHN.
2 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE.
Exemplare (Köpfe), Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPWOLFE.
Exemplar, Insel Valise; SCHOEDE.
Exemplar, Insel Pack (Admiralitätsgruppe); SCHOEDE.
Exemplar (Haut), Bismarckarchipel; THURNwALD.
Exemplar, Neu-Lauenburg; SCHOEDE.
Exemplare, Matschui (Bougainville); SCHOEDE.
Exemplar, Tiop (Bougainville); SCHOEDE.
—]
u So u u u
Enygrus asper GTHR.
Exemplar, Simpsonhafen; SCHoEDE.
Exemplare, Berlinhafen; ScHoEDE.
Exemplare, Friedrich Wilhelmshafen; Horrmann.
Exemplare, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
Exemplar, Parau (Holländisch-Neuguinea); MoszkowsKk1ı.
Exemplar, Insel Valise.
Exemplare, Jesus Maria (Admiralitätsgruppe); SCHOEDE.
Exemplar, Neu-Mecklenburg; HorrMaAnn.
"oOmmukb w
Tropidonotus picturatus SCHLEG.
5 Exemplare, Insel Valise; ScHoEDE.
Se —=91-—97, also eine ungewöhnlich hohe Zahl; vielleicht als
Subspezies aufzufassen.
2 Exemplare, Holländisch-Neuguinea; MoszkowskT.
386 RICHARD STERNFELD.
Sc—=92 bei dem einen Exemplar; bei dem anderen ist der
Schwanz beschädigt. |
1 Exemplar, Tana, Holländisch-Neuguinea; MoszKkowskı.
De —bB:
3 Exemplare, Kaiserin-Augusta-Fluß; Dr. Bürgers.
Tropidonotus hypomelas GTHR.
1 Exemplar (Kopf), Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DempwoLrr.
1 Exemplar, Toma; Dr. DEMPWOLFF.
Sq.= 1:5; Ve 2 Bett
1 Exemplar, Kaiserin-Augusta-Fluß; Dr. BÜRGERS.
2 Exemplare, Bismarckarchipel; TRURNwAnD.
Tropidonotus (?) hypomelas GTHR
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
9 Supralabialia; 2-3 Temporalia; Kopfschuppen überhaupt
ganz wie bei hypomelas. Aber Schuppen in nur 15 Reihen; V —= 166;
Sc—=91. Das 4, 5. und 6. Labiale stoßen ans Auge (das 4. nur
in einem Punkte). Oberseite rötlichgrau, auf dem Rücken etwas
dunkler; Labialen gelb, breit schwarzgerandet; Unterseite gelb, am
Halse dunkel gefleckt, weiter hinten nur spärliche dunkle Flecken
an den Enden der Ventralen. Gesamtlänge 1100 mm; davon Schwanz
300 mm. Bei der Unsicherheit in der Systematik der verwandten
Tropidonotus-Arten sehe ich von der Aufstellung einer neuen Form
vorläufig ab.
Stegonotus modestus SCHLEG.
3 Exemplare, Insel Valise; ScHoOEDE.
13 Exemplare, Insel Pack (Admiralitätsgruppe); SCHoEDE.
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
2 Exemplare (Köpfe), Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPwoOLFF.
10)
Exemplare, Neu-Mecklenburg; HorrMmann.
Dendrophis calligaster GTHR.
Exemplare, Insel Valise; SCHOEDE.
Exemplar, Herbertshöhe; Dr. DEMmPwoLrE.
Exemplare, Berlinhafen; SCHoEDE.
Exemplare, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.
Exemplar, Kei-Inseln; Rolle.
DW
Dendrophis lineolatus HomBR. & Ja.
Exemplare, Holländisch-Neuguinea; MoszkowskT.
Exemplare, Tana, Holländisch-Neuguinea; MoszKkowskı.
Exemplare, Kaiserin-Augusta-Fluß; Dr. Bürsers.
Exemplare, Neu-Mecklenburg; HoFrmAnn.
DD wo -Sı
Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen. 387
Dipsadomorphus irregularis MERR.
2 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE.
Das größere 1920 mm lang.
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowskt.
2 Exemplare, Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPWOLFF.
3 Exemplare, Neu-Mecklenburg; HorrMmann.
1 Exemplar, Lamasang (Neu-Mecklenburg); Dr. KrÄMER.
1 Exemplar, Matupi; Dr. DEMPWOLFE.
17 Exemplare, Insel Pack (Admiralitätsgruppe); SCHOEDE.
2 Exemplare, Matschui (Bougainville); SCHoEDE.
1 Exemplar, Neuguinea; RoHDE.
1 Exemplar, Kei-Inseln; RouLr.
Hydrus platurus L.
1 Exemplar, Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPWOLFF.
1 Exemplar, ? Simpsonhafen; SCHOEDE.
Enhydris hardwicki Gray.
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; MoszKkowskt.
Sq=31; V= 153.
Platurus colubrinus ScHN.
2 Exemplare, Neu-Hannover; S. M. S. Planet.
1 Exemplar, Bismarckarchipel; THuRNwALD.
1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.
Apistocalamus loennbergi BLER.
1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.
Sq=15; V=199 (!); 1 Praeoculare; Sc = 32.
Gleichmäßig braun; ein gelbes Halsband, auf dem Nacken
undeutlich; Bauchschilder hinten dunkel gewölkt.
Mir scheint, die Art ist von 4A. pratti nicht zu trennen.
Pseudapistocalamus nymani LönNBs6.
Exemplare, u, ER NEUHAUDSS.
Exemplar, V=190; Ss=43 + 1.
Exemplare, V = 197: iR Er 1343-44-41.
Exemplare, V —= 188; Sc=4
Exemplare, V= 193; Ss—=4 + 1.
27
BB oN on
6 Exemplare, V = 202; Ssc=32-1.
Bei einem Exemplar fanden sich im Magen mehrere maden-
artige Tiere von ca. 4 cm Länge (? Fliegenmaden).
388 RICHARD STERNFELD.
Ultrocalamus nov. gen.
Maxillare nach vorn so weit wie das Palatinum reichend. Etwa
5 kleine, ungefurchte Zähne hinter den Giftzähnen. Auge sehr klein,
mit runder Pupille; Kopf nicht vom Halse abgesetzt; Nasenloch in
einem ungeteilten Nasale; keine Internasalia; Praefrontale ans
Auge und an Labialen stoßend; kein Praeoculare; kein Tempo-
rale; Parietale in Kontakt mit Labialen. Körper sehr schlank,
* zylindrisch; Schuppen glatt, ohne Poren, in 13 oder 15 Reihen;
Ventralia abgerundet; Schwanz kurz; Subcaudalia zweireihig.
Verwandt mit Apistocalamus, Pseudapistocalamus und ins-
besondere Toxicocalamus, aber schon durch die Verschmelzung von
Praefrontalen und Internasalen genügend gekennzeichnet.
Ultrocalamus preussi nov. spec. (Fig. 1 und 2).
Schnauze breit abgerundet; Rostrale ziemlich groß, breiter als
tief, von oben gut sichtbar; Praefrontalia groß, fast die ganze
Schnauze bedeckend; Frontale
klein, 1'/,mal so lang wie breit,
Be
Fig. 1 (etwas vergr.). Fig. 2 (etwas vergr.).
nicht so lang- wie die Praefrontalia, viel kürzer als die Parietalia;
1 Postoculare; 5 Supralabialia, das 2. und 3. in Berührung mit dem
Auge, das 2. ans Praefrontale, das 4. und 5. ans Parietale stoßend;
3 Sublabialia in Berührung mit den vorderen Rinnenschildern, die größer
sind als die hinteren. SqQ=13; V=314; A=1; Ss=34-+1];
Schwanzende stumpf. Oberseite dunkelbraun, die Schuppen dunkler
serandet; Kopf oben schwarzbraun, Oberlippe gelb; Unterseite
gelblich, die Ventralen dunkel gerandet. (Gesamtlänge 600 mm;
Schwanz 35 mm.
1 Exemplar, Insel Seleo (bei Berlinhafen); Prruss.
Die zweite Art der Gattung ist nicht gut erhalten; U. preussi
mag daher als „Typ“ des Genus angesehen werden.
Ultrocalamus biürgersi nov. spec.
Der Kopf des einzigen vorhandenen Exemplars ist leider stark
eingetrocknet, so daß die Kopfschilder zum großen Teil nicht mit
Sicherheit erkannt werden können, doch ist die Verschmelzung von
Internasalen und Praefrontalen vollkommen einwandfrei festzustellen.
Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen. 389
Frontale über doppelt so lang wie breit, länger als sein Abstand
vom Schnauzenende, so lang wie die Naht der Parietalia. Sq= 15;
V=29; A=]1; Sc=4#%-+-1. Oberseite schwarzbraun, die
Schuppen der äußeren Reihen hell gesäumt, wodurch eine schwache,
am Schwanze etwas deutlicher ausgeprägte Längsstreifung entsteht;
Oberlippe und Schwanzende gelb. Gesamtlänge 365 mm; Schwanz
35 mm.
1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea; Dr. BÜRGERS.
Ob die Art wirklich zur gleichen Gattung wie U. preussi
gehört, ist unter den vorliegenden Umständen natürlich nicht ganz
sicher festzustellen, ich halte es jedoch für höchst wahrscheinlich.
Pseudelaps muelleri SCHLEG.
2 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE.
5 Exemplare, Insel Valise; SCHoEDE.
2 Exemplare, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
1 Exemplar, Tana, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
1 Exemplar, Insel Selio; Preuss.
1 Exemplar, Sattelberg; Dr. NeuHAuss.
1 Exemplar, Lamasang (Neu-Mecklenburg); Dr. KrÄMmERr.
1 Exemplar, Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DEmPwoLrr.
Micropechis ikaheka Less.
1 Exemplar, Insel Valise; SCHoEDE.
Deutliche Spuren von Querringelung.
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
Sehr starkes Stück (1580 mm); ein großer Teil des Vorder-
körpers ganz gelb.
1 Exemplar, Neuguinea; RoHDE.
Acantophis antarcticus SHAW.
1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowskı.
2 Exemplare, Tana, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.
3 Exemplare, Neuguinea; RoHDE.
>
©
390 Zweite wissenschaftliche a
D
NO “
a - - +
- . - > E
ur =, 5 4
Er
T
. h
Herr P. CLAUSSEN: Demonstration eines 5 der \
versuche. 5
Herr 0. HEINROTH: Vorzeigen lebender Typhlop
Amphisbaena.
Herr P. SPATZ: Bemerkungen über nordafrikanis He
Herr P. MATSCHIE: Über ein neues Baumkänguruh a
Bg : 3
Auszug aus den Giexetzen 5
der Sa
Gesellschaft Naturforschender Freunde 2 |
zu Berlin.
> De
Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforsehenat u
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der
Biontologie. |
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent-
lichen und Ehrenmitgliedern. | | |
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister. |
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt {
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und \
“inladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter-
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme. a
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, 4-7
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. re
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sonduniana na
an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N 4x
Invalidenstr. 43, zu richten. ur BZ
Sitz ngsberichte
er
| Fe slischakt
Naturforschender Freunde
zu Berlin.
EN. = ..° 0). November 1913,
INHALT: . Seite
Die Kolbenzellen ‚von Anguilla und Petromyzon. Von Hanns von LENGERKEN . 391
en > Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. November 1913... ........ 4
(4
2“ R
ar N
En 2 “
ie, a DR x F te F
sau 7. 2%. BERLIN.
> Hp
Be EERERR ? 7 Kommission BEI-R. FRIEDLÄNDER & SoHn,
a ee NW CARLSTRASSE 11.
N, ee Fass,
FIX; | C.
A PAR! 4
BR e ur
N Nas : .
E
N ; r
ut er s i
uf. . Pi ar N
R es > $
} i e, i
4 » i
ee n D
Fr D — "x
Kr ' . Fr =
r. Dia I Kw* RT,
44 Eid ah
ER SRH
er I Fe Pr 2 ei
FOR ee are =
ed 4 w x ._
KUN IR 7
ar Be ee Ne. En
# 4 ri x } +
ns er
Kar
an
DEE 6 196
NY. 9. 1913
Sitzungsbericht
der
(Gesellschaft naturforschender Frernde
zu Berlin
vom 11. November 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATscHIE,
Herr O. HEINRoTa: Über das neue Berliner Aquarium.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon.
(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Berlin.)
Von Hanns v. LENGERKENnN, Berlin.
Mit Tafel XVII—XX.
Die folgende, auf Veranlassung von Herrn Geheimrat F. E.
SCHULZE unternommene Arbeit, wurde mit der Absicht begonnen,
die Frage zu klären, ob die Kolbenzellen in der Haut des Aales
und der Petromyzonten sekretorische oder nervöse Funktion haben.
Ich benutze an dieser Stelle die Gelegenheit, Herrn Geh.
Regierungsrat Prof. Dr. F. E. Schuze für die Anregung zur Be-
arbeitung des Themas, sowie für das meiner Arbeit stets entgegen-
gebrachte Interesse meinen ergebensten Dank auszusprechen.
Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. P. DEEGENER für stets bereit-
willigst erteilten Rat und Herrn Dr. P. Schuzze besonders für die
Einführung in die mikrophotographische Technik sehr zu Dank ver-
pflichtet.
Inhalt.
I. Material und Technik.
II. Die Kolbenzellen des Aales (Anguilla vulgaris L..
a) Die Larve (Leptocephalus).
b) Der Steigaal.
c) Becher- und Epidermiszellen des Steigaales.
d) Der „Satz“- und Flußaal.
«) Der Längsstrang der Kolbenzellen.
3) Die Epidermis- und Becherzellen.
26
392 Hanns v. LENGERKEN.
III. Die Kolbenzellen von Petromyzon fluviatilis L.
a) Der Längsstrang in den Kolben.
IV. Die Kolbenzellen von Petromyzon planeri Bı.
V. Vergleicitı der Kolben bei bisher untersuchten Fischarten.
I. Material und Technik,
Erwachsene Aale verschiedener Größe waren jederzeit leicht
in den Fischhandlungen erhältlich. Schwieriger war die Beschaffung
jüngerer Stadien. Durch das Zoologische Institut erhielt ich für
meine Zwecke Aale von 15—35 cm Länge und ebenso eine große
Zahl Steigaale aus Hamburg. In liebenswürdigster Weise stellte
mir Herr Prof. Dr. Scuiemenz Aale -verschiedener Größe zur Ver-
fügung, die in den Becken des Instituts für Binnenfischerei in
Friedrichshagen gehalten wurden. Herr Dr. Wunsch setzte mich
in die Lage, lebendes Material an Steigaalen von der englischen
Küste zu untersuchen. Beiden Herren danke ich auch an dieser
Stelle für ihr Entgegenkommen.
Zu Vergleichszwecken benutzte ich das reiche Material an
Schnitten durch die Epidermis verschiedener Teleostier des Herrn
(eh. Rat F. E. Schuzze, das mir große Dienste leistete.
In Flemming fixierte Teile von Petromyzon Planeri B. fanden
sich in der Materialsammlung des Zoologischen Instituts. Aus der-
selben Quelle stammt auch ZLeptocephalus, der in Alkohol konserviert,
und dessen Epidermis ziemlich gut erhalten war.
In Alkohol konserviertes Material erwies sich sonst in den
meisten Fällen für die histologische Untersuchung als wenig ge-
eignet. Die Kolbenzellen waren stets geschrumpft und zeigten sich
einer intensiven Färbung abgeneigt. Außerdem hatten sie sich
meist aus dem Zellverbande gelöst. Aus diesem Grunde konnte ich
leider Petromyzon marinus L., das sich in Spirituspräparaten in
der Materialsammlung des Instituts befand, nicht mit zur Unter-
suchungheranziehen. Zur Fixierung wurde hauptsächlich Freuning’sche
Flüssigkeit benutzt, und zwar das sogenannte „schwache Gemisch“,
bestehend aus 50 Teilen 1% iger Chromsäure, 20 Teilen 1%iger
Essigsäure, 20 Teilen 1%iger Osmiumsäure und 110 Teilen Aqua
dest. Es erwies sich im Laufe der Untersuchung zur Fixierung am
geeignetsten. Jedoch mußte darauf geachtet werden, daß die Haut-
stücke nicht zu lange in der Flüssigkeit blieben, da durch eine zu lange
Einwirkung durch die Osmiumsäure eine totale Schwärzung der Kolben
eintrat. Eine zwölfstündige Einwirkung genügte vollkommen.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 393
Ebenfalls gute Resultate erzielte die Zimmer ’sche Lösung nach
DEEGENER, zusammengesetzt aus 10 Teilen wässeriger Lösung von
Pikrinsäure, 9 Teilen abs. Alkohols und einem Teil Essigsäure.
Es mußten jedoch die Hautstücke gründlich in Alkohol ausgewaschen
werden, um die fast stets im Überschuß auftretende Pikrinsäure
zu entfernen. Sämtliche Zellen der Epidermis bewahrten in dieser
Lösung ihre normale Gestalt. Die Becherzellen wurden durch sie
. vorzüglich fixiert.
Die Carnoy’sche Flüssigkeit (6 Teile abs. Alkohols, 3 Teile
Chloroform und 1 Teil Eisessig) lieferte oft Schrumpfungserschei-
nungen.
Brauchbare Bilder bekam ich nach Einwirkung vom Rarr’scher
Flüssigkeit (Pikrinsäure, Sublimat, Osmiumsäure, Eisessig). Ferner
kam das von Oxxer besonders empfohlene Gemisch des Arktuy aus
konzentrierter Sublimatlösung, !/; % iger NaCl-Lösung und 1% iger
Osmiumsäure zu gleichen Teilen zur Verwendung. Ich hatte jedoch,
vielleicht zufällig, hiermit keinen guten Erfolg. Eine Mischung
von Pikrinsäure, Sublimat, Eisessig und destillierttem Wasser erwies
sich als recht brauchbar. Auch versuchte ich, nach Oxxer’s An-
gabe, ein Gemisch von 4 Teilen 2%iger Kalilösung und 1 Teil
1%iger Osmiumsäure, dieselbe Flüssigkeit, die zur Gorerschen
Reaktion Verwendung findet. Auf Schnitten stellte sich aber her-
aus, dab die Kolben sowohl, wie auch die übrigen Zellen des
Epiderms zu intensiv geschwärzt waren.
Um das eventuelle Herantreten von Nerven an die Kolben und
die fragliche Bedeutung des zentralen Achsenstranges in ihnen
festzustellen, kam die Gozersche Methode in Anwendung, und zwar
benutzte ich das rasche Verfahren mit der Mischung 2%iger
wässeriger Lösung von Kaliumbichromat zu 4 Teilen und 1% iger
Ösmiumsäure zu 1 Teil. Dann wurde der in den Handbüchern für
mikroskopische Technik angegebene übliche Weg eingeschlagen.
Die Einbettung erfolgte in Zelloidin.
Die Schnitte wurden meist mit GrENAacHErR'S Hämatoxylin ge-
färbt. Die Becherzellen wiesen die typische blaue Muzinreaktion
auf, während der Inhalt der Kolben sich äußerst schwach oder
überhaupt nicht färbte.
In zweiter Linie kam das HrmenHnam’sche Verfahren in be-
tracht, welches klare Kernbilder lieferte und die Körnchen im Sekret
deutlich zutage treten ließ. ParrpexHeınsches Triacit erzeugte un-
klare Bilder. Totalpräparate von Hautstückchen wurden im Borax-
karmin gefärbt. Safranin tingierte die Becherzellen blaß rötlich.
Cajal in umgekehrter Reihenfolge (Prikroindigkarmin und Magenta-
26*
394 Hanns v. LENGERKEN.
rot) ergab eine gute Doppelfärbung bei Petromyzon fluviatilis L.
Versuchsweise wurde die Methode von Gizson angewandt. Zur
Nachfärbung nach Derarıenv’schen Hämatoxylin benutzte ich Pikrin-
säure — Säurefuchsin, alkoholisches Safranin und Eosin. Alko-
holisches Kresofuchsin (Kresofuchsin — 95 %igen Alkohol + Salz-
säure) verlieh den Kolbenzellen eine lila Farbe. Im allgemeinen
nehmen die in Osmiumgemischen fixierten Präparate nicht leicht
die oben genannten Farben an.
II. Die Kolbenzellen des Aales (Anguilla vulgaris L.).
a) Die Larve (Leptocephalus).
Soweit mir bekannt, ist die Epidermis der Larve (Leptocephalus)
von Anguilla vulgarıs bisher nicht untersucht worden. Nach
Oxxer, der einen Leptocephalus, dessen Artzugehörigkeit unbekannt
war, zum Gegenstande seines Studiums machte, kommen die Kolben
- in der ganzen Oberhaut vor. Da die Epidermis nur aus wenigen
Schichten besteht, so sind dementsprechend die Kolben auch nur
in wenigen Lagen vorhanden. An der Ansatzstelle der Rücken-
flossen kommen die Kolben in ein bis drei Schichten vor. Die Höhe
dieser Kolben beträgt nach Oxner 0,011—0,025 mm und 0,011 bis
0,018 mm Dicke. In der Körperseitenhaut sind die Kolben spindel-
förmig, plattgedrückt. Da die Kolben immer aus den Zellen der
tieferen Epidermisschichten entstehen, so ist es klar, daß sie in
diesem Falle äußerlich in der Form mit den Epidermiszellen, welche
in diesem Falle ebenfalls spindelförmig sind, übereinstimmen müssen,
In ihrem Bau, Farbenreaktion und Entstehung des Sekretes sollen
sie vollkommen den Kolben beim erwachsenen Conger gleichen.
Nach Oxner entsteht nämlich das Sekret bei dem erwachsenen
Conger vulgarıs Cuv. und bei Leptocephalus „intranukleär“. OxNER
äußert sich über die Art der intranukleären Entstehung des Sekrets
in den Kolbenzellen bei Oonger folgendermaßen: „Die Kolben rücken
ein wenig empor, und in der unmittelbaren Nähe des Chromatin-
knotens erscheinen 1—3 winzig Kleine Kügelchen, welche durch
ihre Gestalt und die hellglänzende Färbung mit sauren Anilin-
farbstoffen von den dunkelgefärbten Chromatinfäden scharf abstechen.
Der Kern und der Plasmaleib nimmt an Umfang zu, und die
Kügelchen, die inzwischen auch allmählich größer geworden sind,
rücken gegen die Kernmembran vor; sie stülpen dabei ein wenig
die Kernmembran nach außen aus und werden inzwischen von ihr
rings umwachsen. ‚Jetzt platzt die dünne Kernmembran an einer
Stelle, und die Kügelchen treten nach außen in das Plasma der
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 395
Zelle heraus. Wenn im Kern zu gleicher Zeit mehrere Kügelchen
entstehen, so scheint es, daß sie noch vor ihrem Austritt zu einer
größeren Kugel zusammenfließen können, oder es geschieht dies erst
im Moment des Austretens Das Kügelchen ist im Plasma der
Zelle von einem hellen sich nicht färbenden Hof umgeben.“ OxxeEr
führt das Auftreten des hellen Hofes darauf zurück, „daß mit den
Kügelchen aus dem Kern zugleich ein wenig Kernsaft ausgestoßen
wird“. Ferner sagt der Autor: „Hinter dem aus dem Kern aus-
gestoßenen Kügelchen schließt sich die Membran wieder, und das
Kügelchen bleibt ganz dicht an der äußeren Peripherie der Kern-
membran sitzen.“ Es soll nun das Kügelchen stark an Umfang
zunehmen, wobei der ovale Kern kleiner und kugelig wird. „Je
mehr das Kügelchen an Umfang zunimmt, desto kleiner wird der
Kern und desto größer wird die Kontaktfläche zwischen Kügelchen
und Kern.“ Unterdessen nimmt der Plasmaleib der Zelle an Um-
fang ab. „Offenbar also vergrößert sich das Sekretkügelchen auf
Kosten des Zelleibes, und der Kern spielt dabei eine wesentliche
Rolle, schließlich geht der Kern ganz zugrunde.“ Die Figuren
Öxner’s illustrieren sehr deutlich diese Angaben. Da der Ver-
fasser, wie schon gesagt, angibt, daß der Vorgang der Entstehung
des Sekrets bei Leptocephalus in derselben Weise vor sich gehe wie
bei Conger vulgaris, war es erforderlich, den obigen Hergang der
Sekretion vorauszuschicken.
Ich komme zu meinen eigenen Untersuchungen an der Aallarve.
Das Tier stammt aus Messina und ist der Materialsammlung des
Zoologischen Instituts als Aallarve übersandt worden. Es war in
Alkohol konserviert. Außerdem stand mir ein 5 mm langer Lepto-
cephalus, ebenfalls aus Messina, zur Verfügung, dessen aus zwei
bis drei Schichten bestehendes Epiderm aber so schlecht erhalten
war, daß sich nichts über die modifizierten Bestandteile der Haut
entscheiden lieb.
Die Entwicklung der Kolbenzellen konnte ich am Material
sehr gut studieren. Auch bei Zeptocephalus entstehen die Kolben
aus umgewandelten Epidermzellen, wie das schon für verschiedene
andere Fische von Oxxer nachgewiesen wurde. Ob jede einzelne
Epidermiszelle in der Lage ist, sich in einen Kolben zu verwandeln,
oder ob bestimmte Zellen präformiert sind, läßt sich nicht ent-
scheiden. Der Anstoß zur Entwicklung des Kolbens scheint vom
Kern auszugehen.
Das jüngste Stadium besteht aus einer flachen, nahezu halb-
kugeligen Zelle mit gestreckt ovalem Kern (Taf. XVII, Fig. 1, Kb,).
Das Plasma dieser Zelle färbt sich mit Grenacher’s Hämatoxylin sehr
396 Hanns v. LENGERKEN.
schwach bläulich, wie die gewöhnlichen Epidermiszellen, der Kern ist
jedoch größer als bei den Epidermiszellen. Nach und nach streckt sich
die Zelle und nimmt während ihres Wachstums die Gestalt einer er-
wachsenen Epidermiszelle an. Schon auf diesem Stadium der Ent-
wicklung bemerkt man um den Kern herum, der meist ein bis zwei
verschieden große Nukleolen, eine Anzahl Chromatinbröckchen und
eine deutliche Kernmembran aufweist (Taf. XVII, Fig. 1, Kb, u. Fig. 3),
auf Schnitten einen nicht ganz gleichmäßig konzentrischen Ring einer
hellen, stark lichtbrechenden Flüssigkeit. Dieser Ring, der also das
Schnittbild einer konzentrischen Hohlkugel, deren Zentrum vom Kern
gebildet wird, darstellt, ist nicht basophil und färbt sich daher mit
Hämatoxylin überhaupt nicht. Allmählich erreicht die Zelle die Ge-
stalt eines Kolbens mit meist wenig abgesetztem verdicktem Teil
(Taf. XVII, Fig. 5, Kb; Fig. 8, Kb,). Der stärker lichtbrechende Hof
ist ständig größer geworden. Oft wird nun eine sich mit Hämatoxylin
blau färbende „Fibrille* in der Lächsachse des Kolbens sichtbar,
die aber durchaus nicht auf allen Schnitten zu sehen ist (Taf. XVII,
Fig. 1, Fig. 5, Pl.Str.) Diesen feinen Strang deute ich als modi-
fiziertes Plasma, das basisch reagiert. Er hängt bei Leptocephalus
ebenso wie bei den später zu besprechenden, ganz ähnlichen Ge-
bilden beim erwachsenen Aal und bei Petromyzon fluviatilis sehr
eng mit der Sekretion zusammen. Man ist nämlich in der Lage
zu beobachten, wie in den kolbenförmigen Zellen das ur-
sprünglich konzentrisch um den Kern gelagerte Sekret
allmählich diese durch den Plasmastrang gewissermaßen
vorgezeichnete Bahn nach der Basis der Kolbenzelle
wandert, und mit diesem Vorgang ist zugleich ein Ver-
schwinden des ursprünglichen, plasmatischen Stranges
verbunden (Taf. XVII, Fig. 2).
Eine zweite mögliche Deutung bestände darin, den homogenen
Strang selbst schon als unreifes Sekret, das auf dieser Stufe noch
basophil ist, anzusprechen. Ich nehme an, daß sich das Sekret auch
bei Leptocephalus zunächst granuliert, wie es bei Anguilla und
Petromyzon der Fall ist. Wahrscheinlich sind die Granulae hier aber
zu fein, um sichtbar zu werden. Ein Linomfaden kann wohl kaum
vorliegen. Dieser würde sich mit Hämatoxylin lebhafter tingieren
müssen und könnte wohl auch kaum verloren gehen.
(Deutlicher lassen sich diese Vorgänge bei Petromyzon fluvia-
tılıs L. und Anguilla vulgarıs L. demonstrieren.)
Der Kern hat sich während der besprochenen Vorgänge merklich
verkleinert. Die Nukleolen sind verloren gegangen, die Membran wird
undeutlich, man sieht nur noch unregelmäßige Chromatinbröckchen.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 397
Nun beginnt die Zelle sich von der Basalmembran abzulösen und
in die Höhe zu rücken (Taf. XVII, Fig. 8, Kb;). Der Fuß rundet sich
ab, und schon in der zweitjüngsten Schicht der Epidermis trifft man
ellipsoide oder fast kugelige Zellen an, in denen das Sekret sich eben-
falls vollkommen abgerundet hat (Taf. XVII, Fig. 1, Kb,, Fig.7, Kb).
Während des Emporwanderns des Kolbens zur Epidermis-
oberfiäche unterliegt der Kern weitgehenden Veränderungen. Auf
Schnitten sieht man, wie er langsam verlagert wird und zugleich
ständig an Umfang abnimmt, während der helle lichtbrechende Hof
immer mehr anwächst (Taf. XVII, Fig. 1, Kb,—Kb;).
Wir hatten gesehen, wie in den jüngsten Kolbenzellen der
Nukleus zunächst an Größe zunimmt. Es treten zwei Nukleoli auf,
die sich lebhaft mit Hämatoxylin, und zwar sehr intensiv, färben.
Hat der Kern ungefähr die dreifache Größe der Kerne in den
Epidermiszellen erlangt, so beginnt sich um ihn herum der helle
Hof zu bilden, wobei die Kernmembran deutlich sichtbar bleibt.
Mit dem Wachstum des Hofes wird der Kern langsam kleiner. Die
Nukleolen verschwinden, und es finden sich nur noch unregelmäßige
Chromatinbröckchen vor. Die Kernreste tingieren sich sehr stark
mit Hämatoxylin, nachdem wahrscheinlich der schwer färbbare Kern-
saft aus dem Kern verschwunden ist. Schließlich verliert der Kern
die regelmäßige Form und wird lappig. Mit der Reduktion des
Kernes ist, wie oben bemerkt, zugleich eine Verlagerung desselben
nach der Peripherie des hellen Hofes verbunden. Meistens beginnt
das Herausrücken des Nukleus aus der Mitte der hellen Kugel zu
gleicher Zeit mit dem Loslösen des Kolbenfußes von der Basal-
- membran (Taf. XVII, Fig.8, Kb,). Im Verlaufe seiner Zerstörung weist
der Kern eine halbmondförmige Gestalt auf (Taf. XVIL, Fig. 1, Kb,),
löst sich in einige Chromatinstückchen auf, um schließlich in den ganz
reifen, abgerundeten Zellen, die dicht unter der Epidermisoberfläche
liegen, gänzlich zu verschwinden (Taf. XVIl, Fig. 1, Kb,, Kb,).
Das Zellplasma in den Kolben unterliegt schon auf sehr früh-
zeitiger Entwicklungsstufe einer totalen gleichmäßigen Modifikation,
was sich färberisch dadurch dokumentiert, daß es sich, mit Häma-
toxylin behandelt, sehr schwach rötlich blau tingiert und dadurch
die Zelle von den übrigen Epidermiszellen deutlich abhebt. In den
reifen, abgelösten, dicht unter der Oberfläche der Epidermis liegenden
Kolben umgibt das Plasma die Sekretkugel mit einem mehr oder
weniger unregelmäßig breiten Ring (Taf. XVII, Fig. 1,Kb,—Kb,). Ich
habe hier bei Leptocephalus nicht beobachten können, wie OxxEr
bei Conger und Anguilla angibt, daß das Plasma an der der Ober-
fläche zugewandten Stelle dicker wäre als an den anderen Stellen,
398 Hanns v. LENGERKEN.
obgleich ich diese Beobachtung für Anguilla im allgemeinen durch-
aus bestätigen kann.
Nach meinen Befunden kann ich mich der Oxxer’schen Ansicht
von der intranukleären Entstehung des Sekrets bei ZLeptocephalus
nicht anschließen. Sekrettröpfchen, die sich im Kerne bilden und
färberisch vom Kernsaft zu unterscheiden sind, habe ich nicht auf-
finden können. Ebenso habe ich das Heraustreten der Sekret-
tröpfchen durch die Kernmembran nach außen nie beobachtet.
Wie oben gesagt, fand ich das Sekret auf dem jüngsten
Stadium stets nahezu konzentrisch um den Kern gelagert. Ich
muß also der Ansicht sein, daß das Sekret selbst zuerst im Plasma
und nicht im Zellkern auftritt. Allerdings spielt der Kern dabei
eine aktive Rolle, indem er irgendeine Modifikation seiner Sub-
stanz oder vielleicht die Substanz selbst (man kann an den Kern-
saft denken) verausgabt, da die Reduktion und die schließliche
Zerstörung des Kernes für eine Materialabgabe unbedingt sprechen.
Es geht durch die vom Kern abgegebene Substanz aber offenbar
nur ein Anreiz aus, der die Entstehung des Sekrets im Plasma
veranlaßt. Auf welche Art und Weise der weitere Verlauf der
Sekretion vor sich geht, ist aus der vorausgehenden Schilderung
ersichtlich geworden.
Die reifen Kolbenzellen bleiben unter den äußersten Epidermis-
zellen liegen. Ein Heraustreten derselben aus dem Zellverbande
oder eine Materialabgabe habe ich nicht beobachtet. Eine Öffnung
ist nie vorhanden. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die
reifen Kolben an Inhalt den Kolbenzellen, die sich auf dem Stadium
der Loslösung von der Basalmembran befinden, nicht sehr viel
nachstehen. Ich möchte daher die Frage, ob eine Abgabe von
Sekret während des Emporwanderns stattgefunden hat, zweifelhaft
lassen.
Es bliebe noch übrig, über die Verteilung der Kolben, in der
Haut der Aallarve etwas zu sagen. Da ich Querschnittserien
durch das ganze Tier anlegte, konnte ich ihr Vorkommen genau
verfolgen.
In den Lippen sind keine Kolben zu finden. Auf der dorsalen
Seite des Kopfes stehen sie ziemlich dicht ‘und sind über den
ganzen Rücken bis zum Schwanzende in beinahe derselben Dichte
verteilt. Die Seitenflächen sind ebenfalls mit Kolben dicht besetzt.
Nach dem Bauche zu nehmen sie etwas an Häufigkeit ab, um in
einer genau ventral gelegenen Linie nur sehr spärlich aufzutreten.
Die Zungenepidermis ist mit Kolben durchsetzt, die von mehr rund-
licher Gestalt sind. Sie treten aber bei Leptocephalus hier nicht
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 399
annähernd in solcher Dichte auf, wie z. B. bei Aalen von 30 bis
45 cm Länge. Im Flossenraum sind keine Kolben anzutreffen.
Nur in den Winkeln, welche der Flossensaum in der Körperober-
fläche bildet, steigen vereinzelte Kolben auch noch ein Stück in die
Epidermis des Flossensaumes hinauf.
Die äußere Form der Kolben ist nicht in allen Körperregionen
dieselbe. Oxxer gibt an: „Sehr interessant ist die Form der Kolben
in der Seitenhaut, welche nur aus vier Zellschichten besteht. Wie
die Epidermiszellen sind auch hier die Kolben auf Querschnitten
der Haut spindelförmig, plattgedrückt, nur sind sie bedeutend
größer als die ersteren.“ Diese Beobachtung kann ich nur be-
stätigen. Derartige spindelförmige Zellen fand ich auch in der
Epidermis der Flossensaumansatzstellen.
Noch erwähnen möchte ich, daß von einer Verhornung der
Epidermis nicht die Rede sein kann. Eine Basalmembran ist
deutlich ausgebildet.
Wir haben gesehen, wie die Kolben, die in der untersten
Schicht der Epidermis entstehen, allmählich nach der Oberfläche
der Haut wandern. Wahrscheinlich werden sie hier als
ganze Zelle ausgestoßen und zerrieben. Die Fibrille steht
in keinem Zusammenhang mit nervösen Gebilden, ebenso-
wenig wie bei Anguilla und Petromyzon, was sich aus
den später zu schildernden Untersuchungen ergeben wird. Sie
steht vielmehr im engsten Zusammenhange mit der Se-
kretion.
Offenbar haben die Kolben bei Leptocephalus nur sekretorische
Funktion und dienen zur Glättung der Haut.
b) Der Steigaal.
Öxxer untersuchte zuerst die glashellen, kleinen Aale, welche
in Scharen die Flüsse hinaufsteigen und bei der Gelegenheit in
Menge erbeutet werden.
Der Autor äußert sich folgendermaßen: „Bei der jungen, wenige
Zentimeter langen Anguilla vulgaris sind die Kolben in der ganzen
Oberhaut sehr zahlreich vorhanden in ein bis vier übereinander
gelagerten Schichten; in den Flossen sind sie ziemlich spärlich; sie
fehlen nicht in der ganzen Mundschleimhaut, und im Pharynxepithel
treten sie neben den Becherzellen sehr zahlreich auf. Die Gröbe
der Kolben beträgt.0,0011—0,018 mm Höhe, 0,007 —0,011 mm Dicke
im Pharynxepithel und 0,018—0,029 Höhe, 0,011—0,014 mm Dicke
in der Oberhaut.“
400 Hanns v. LENGERKEN.
Mir stand ein großes Material von lebenden Steigaalen zur
Verfügung. Ein Teil der Tiere wurde in Freumnmine’scher Flüssigkeit
fixiert, die sich auch hier neben der Zmmer’schen Lösung am
brauchbarsten erwies. Versuchsweise wandte ich auch Carnoy und
eine Mischung von Pikrinsäure, Sublimat und Eisessig an.
Auf zahlreichen Quer- und Längsschnitten, die durch alle
Körperregionen des Tieres gemacht wurden, konnte ich mir von
der Verteilung der Kolben ein deutliches Bild machen.
Oxxer’s Angaben, daß die Kolben in der ganzen Haut vor-
kommen, kann ich nur bestätigen. Im Pharynxepithel sind die Kolben
viel kleiner (siehe Oxner’s Messungen) als in der übrigen Epidermis.
Im Zungenepithel finden sich Kolben, die in ihrer Größe und Form
denjenigen im Pharynxepithel gleichen. In den Seitenflächen der
Flossen treten nur ganz vereinzelte Kolben von mehr rundlicher
(Gestalt auf, um am äußersten Flossensaum sowohl in der Brust-
flosse als auch im großen Flossensaum gänzlich zu fehlen. An der
Bauchkante sind die Kolben etwas weniger dicht verteilt, als in
der dorsalen Kopfhaut und in der Rückenepidermis. An dem feinen
Hautsaum des Operculums fehlen sıe, wie auch bei der erwachsenen
Angualla vollständig. In den Lippen kommen nur Schleimzellen
vor, Kolben fehlen gänzlich.
Im Vergleich zum ausgewachsenen Aal sind die Kolben beim
Steigaal gedrungener, besitzen einen weniger abgesetzten Hals und
einen relativ breiteren Fuß. Kolben, die fast die ganze Epidermis
durchsetzen und trotzdem noch auf der Basalmembran festsitzen,
habe ich beim Steigaal nicht beobachten Können.
In bezug auf die Entstehung der Kolben gibt Oxner an, daß
der Vorgang beim Steigaal ganz demjenigen beim jungen Conger
gleiche.
Ich habe als jüngstes Stadium kleine Kolben in der untersten
Epidermisschicht gefunden (Photogramm 1, Kb,). Die Kerne in
diesen Zellen sind ein wenig größer als die der gewöhnlichen Epi-
dermiszellen. Das Plasma ist auf diesem Stadium bereits modi-
fiziert, was sich färberisch dokumentiert, da diese Zellen sich mehr
rötlichblau färben als die Epidermiszellen.
Über das Verhalten des Kernes macht Oxxer folgende An-
gaben: „Es färben sich die Kerne der jüngsten Kolbenzellen ziemlich
schwach mit Kernfarbstoffen.“ Diese Tatsache kann ich durchaus
bestätigen.
Der Kolben beginnt nun zu wachsen, und es tritt die keulen-
förmige obere Erweiterung der Zelle auf. Während die Kolben
noch auf der Basalmembran festsitzen, macht sich in einigen von
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 401
ihnen um den Kern herum ein stark lichtbrechender Hof, ganz
ähnlich, wie ich ihn oben bei Zeptocephalus beschrieben habe, be-
merkbar (Textfigur 1, ı).
Der Kern tingiert sich, wie auch schon Oxxer festgestellt hat,
jetzt stärker. Der Hof wird in einigen Fällen im Laufe des
Kb,
Photogramm 1. Steigaal, Transversalschnitt durch die Körpermitte. — Zimmer.
Gren. Haem. Vergr. 1:580.
Wachstums immer größer. Ich möchte diesen hellen Hof auch hier
wie ich es in gleicher Weise bei Leptocephalus getan habe, als
das erste Auftreten des Sekrets ansprechen. Um eine Schrumpfungs-
erscheinung des Kernes, welche
eventuell das Hervortreten eines S.
hellen Hofes um den Kern herum
verursachen könnte, handelt es sich
jedenfalls nicht. Gegen diese An-
nahme spricht vor allem die ständige
Vergrößerung des hellen Hofes im
Verlaufe des Wachstums. Der In- u 3
halt der hellen Hohlkugel färbt sich _
nicht mit Hämatoxylin, überhaupt Se Er gern HE
nicht mit Kern- und Plasmafarb- larve. (Schematisch.)
stoffen. Er ist offenbar seröser Natur.
Häufig treten auf Schnittbildern folgende Bildungen auf: nach-
dem der helle Hof um den Kern herum angelegt ist, tritt basal-
402 Hanns v. LENGERKEN.
wärts eine bauchige Aussackung des ursprünglich in Ringform um
den Kern liegenden Sekrets zutage (Textfigur 1,2). In diesem
Falle erscheint der Kern dann auf der einen Seite von dem hellen
Hof umgeben, während an den anderen Teilen seiner Peripherie
sich die große Sekretionsvakuole ansetzt. Ring und Vakuole unter-
scheiden sich färberisch durchaus nicht voneinander und weisen
auch dieselbe Konsistenz auf.
Oxxer glaubt annehmen zu können, die Sekretionsvakuole be-
stehe aus dem wenig färbbaren Kernsaft. Als Begründung führt
er die Tatsache an, daß der Kern auf demjenigen Stadium der
Kolbenzelle, wo sich Hof und Sekretionsvakuole gebildet haben,
sich stärker färbe. Er nimmt nun an, dem Kern sei der wenig
färbbare Kernsaft entzogen, so daß das zurückbleibende Chromatin
sich stark tingieren könne und der ganze Kern nachher stärker
gefärbt erscheine. _
Es kann das Sekret in den Kolben An auf eine dritte Art
angelegt werden, nämlich ein Stück vom Kern entfernt (Textfigur 1, 5),
ein Vorgang, der bei erwachsenen Aalen öfters beobachtet
wird. Es taucht in diesem Falle beim Steigaal um den Kern
herum kein heller Hof auf. Aus diesem Umstande ist zu ersehen,
wie sich das Sekret auch in einiger Entfernung vom Kern an-
legen kann, was für eine gewisse Fernwirkung des Kernes Zeugnis
ablegt.
Der Inhalt der Sekretionsvakuole ist fein granuliert. Nach Oxxer
findet man die feinsten Körnchen immer in den kleinen Vakuolen
der jüngsten Kolben, die gröberen Körner in den großen Vakuolen
der älteren Zellen. Nach Oxxer’s Angabe erscheinen die Körnchen
nach manchen Fixierungsgemischen in allen Kolben sehr feinkörnig.
„Dabei sind sie oft in den älteren Kolben so dicht zusammengefügt,
daß sie ein homogenes Aussehen annehmen.“ Es läßt sich also
nicht ganz sicher entscheiden, ob die Granulierung eine durch die
Konservierungsflüssigkeit hervorgerufene Struktur ist, oder ob es
sich um eine natürliche Anlage handelt. Letzteres ist jedoch wahr-
scheinlicher. Nach Fixierung in Freunise’scher Flüssigkeit jeden-
falis erscheint in den meisten Fällen das Sekret sehr feinkörnig,
sehr oft fast homogen.
Die Lage des Kernes zur Sekretvakuole ist, wie auch bei der
erwachsenen Anguilla sehr verschieden. Aus Taf. XVII, Fig. 6 ist er-
sichtlich, wie der Kern, vom Chorion aus gerechnet, an der Basis,
an den Seiten und an dem von der Basis abgewandten Teil des
Sekretes liegen kann, kurz, man sieht ihn an verschiedenen Punkten
der Vakuolenoberfläche. In einzelnen Fällen befindet er sich ein
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 403
Stück von der Sekretvakuole entfernt, wie oben schon erwähnt
wurde.
Auch beim Steigaal lösen sich die Kolben von der Basal-
membran los und wandern zur Epidermisoberfläche, wo sie nur von
ein bis zwei Schichten der Haut bedeckt liegen blieben.
Der Kern erfährt eine Reduktion, wie bei Leptocephalus. Er
nimmt nach und nach immer mehr an Volumen ab, während die
Vakuole stets anwächst. Seine Gestalt wird unregelmäßig, die
scharfen Umgrenzungen gehen verloren. Schließlich ist der ganze
Kern atrophiert. Wie bei Leptocephalus, so habe ich auch beim
Steigaal nie das Heraustreten des Kolbens aus der Epidermis oder
eine direkte Sekretentleerung nach außen beobachten können. Eine
Öffnung, durch die das Sekret hindurchpassieren könnte, war nie
festzustellen. Die mehr oder weniger abgerundeten Zellen bleiben
unter der Oberfläche liegen, es sind nur noch große Sekretbehälter,
welche einen Ring von modifiziertem Plasma um die Vakuole herum
aufweisen (Taf. XVII, Fig. 6).
Es ist anzunehmen, daß die Kolben auch hier abgerieben werden,
wenn die über ihnen liegenden Epidermiszellen fortfallen.
Die Form der reifen Kolben ist oft unregelmäßig und von den
angrenzenden Epidermiszellen beeinflußt (Taf. XVII, Fig. vb). Manch-
mal alternieren auf ganze Strecken hin immer je eine Kolbenzelle
und eine Becherzelle (Taf. XVII, Fig. 6).
Einen in der Längsachse des Kolbens gelegenen Plasmastrang,
der zu den Sekretionsvorgängen in irgendwelcher nahen Beziehung
steht, habe ich beim Steigaal nicht auffinden können. Es ist aber
möglich, daß ein derartiger Strang sich nur infolge seiner Feinheit
der Sichtbarkeit entzieht und immerhin vorhanden ist.
Der Nachschub an jungen Kolben von der Basis her geht im
allgemeinen so vor sich, daß sich der junge Kolben ganz in der Nähe
der Ursprungsstelle des alten anlegt und während seines Wachstums
unter den inzwischen von der Basalmembran emporgerückten und
seines Fußes verlustig gegangenen alten Kolben rückt.
Im großen und ganzen verhalten sich, wie aus dem oben Ge-
sagten hervorgeht, die Kolben beim Steigaal ebenso wie bei
Leptocephalus, sie sind jedoch in Form und Gröbe voneinander
verschieden. Bei Leptocephalus entsteht das Sekret immer zuerst
als heller Hof um den Kern herum, beim Steigaal tritt schon das
Sekret als Vakuole, die sich dem Kern anlegt, oder bereits eine
Strecke von Kern entfernt liegt, auf. Beim erwachsenen Aal legt
sich das Sekret stets dem Kerne an, ohne Bildung eines hellen
Hofes.
404 Hanns v. LENGERKEN,
c) Becher- und Epidermzellen des Steigaales.
Die Becherzellen sind beim Steigaal über den ganzen Körper 7
verbreitet. Sie weisen verschiedene Gestalt auf. In der Lippen-
haut, im Zungenepithel und in den Flossenteilen kommen kleine,
stets rundliche Becher vor. Zwischen den Kolben stehen oft
Becherzellen, welche die dreifache Größe einer Kolbenzelle be-
sitzen. Sie sind meist zylindrisch, schlauchförmig gestreckt, ohne
eine Anschwellung an dem der Basalmembran zugekehrten Pol und
zeigen einen fast konisch abgesetzten Hals (Tafel XVII, Fig. 6, B).
Ihr Inhalt besitzt eine mehr oder weniger feinmaschige Struktur;
wahrscheinlich sind die stärker mit Hämatoxylin färbbaren Grenz-
linien Stauungserscheinungen des schleimigen Inhalts.
Der Kern ist oft noch am Grunde der Zellen, von einem kleinen
Plasmarest umgeben, zu erkennen.
Auch hier Öffnen sich die Becherzellen, wie beim erwachsenen
Aal, durch einen Porus nach außen, was für Becherzellen bei Fischen
überhaupt verschiedentlich einwandfrei festgestellt wurde In
den untersten Schichten der Epidermis kommen Becherzellen nicht
vor; in den mittleren Lagen treten sie hin und wieder als rundliche
Gebilde auf. Erst in den obersten Zellschichten sind die Becher
zahlreich und treten uns dann meist in oben beschriebener Form
entgegen. Bereits F. E. ScHULzE stellte eine derartige Verteilung
der Becherzellen in den verschiedenen Schichthöhen der Epidermis
als Regel für die Fische im allgemeinen auf.
Die gewöhnlichen Epidermiszellen sind in der jüngsten Schicht
ziemlich gleichmäßig zylindrisch gebaut, in den älteren, mittleren
Lagen nehmen sie mehr unregelmäßige Form an, um sich schließlich
abzurunden, und in den ältesten äußersten Schichten erscheinen
sie ganz flach. Der Kern ist in diesen Flachzellen sehr oft fast
unkenntlich geworden, diese schon etwas deformierten Zellen färben
sich auch mit Hämatoxylin intensiver.
Eine Basalmembran ist deutlich ausgebildet. Die Cutis ist
relativ dünn, weist sonst aber nichts Bemerkenswertes auf.
d) Der „Satz-“ und Flußaal.
Die Haut des Aales ist schon mehrmals Gegenstand wissen-
schaftlicher Untersuchungen gewesen.
Leyvıs beschreibt die Haut des Aales im Zusammenhang mit
einer Anzahl anderer Teleostier, ohne sich auf eine Spezialisierung
in bezug auf Anguilla einzulassen.
F. E. Schuzze schilderte die Epidermis des Aales und die in
ihr vorkommenden modifizierten Zellen zum ersten Male eingehender.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 405
Über die Kolben macht F. E. Schurze wichtige Angaben, die ich
im folgenden kurz darlegen will. Der Autor bemerkte bereits die
hellen Hohlräume im breiteren oberen Teil der Kolben. Er schreibt
wörtlich: „Beim Aale haben diese Lücken der stark lichtbrechenden
Masse stets eine annähernd kugelige oder Maulbeerform, insofern
die Innenwand bald glatt und gleichmäßig gewölbt, bald mit kleineren
und regelmäßig rundlichen Ausbuchtungen versehen ist. Von un-
bedeutender (sröße können sie bis zu einem solchen Umfange wachsen,
daß fast der ganze obere kopfförmige Teil des Kolbens davon aus-
gefüllt wird. Stets liegen sie dem Kerne dicht an oder doch in
der Nähe desselben.“
Weiter heißt es: „Einmal fand ich bei einem im übrigen nichts
Außergewöhnliches zeigenden jungen Aale fast in jedem Kolben-
hohlraum einen oder mehrere kugelige Tropfen einer sehr stark
lichtbrechenden Substanz, wahrscheinlich Fett. Zuweilen füllten
diese Fettropfen fast den ganzen Hohlraum aus, gewöhnlich waren
sie nur etwa !/s so groß als dieser. Zahlreiche Tröpfchen fanden
sich in einzelnen durch gleichmäßig rundliche Form, Mangel des
Halses und besonders starkes Lichtbrechungsvermögen auffallenden
Kolben vor.“
Fettropfen sind mir im Laufe meiner Untersuchung nicht zu
Gesicht gekommen, so daß ich der Ansicht F. E. ScHuLze’s, es
handele sich beim Auftreten des Öls um eine pathologische Erscheinung,
beistimmen möchte.
Das Loslösen der Kolben von der Basalmembran und der Ver-
lust des Halses hängt nicht mit dem pathologischen Auftreten der
Olkugeln zusammen, sondern repräsentiert den allgemein üblichen
Vorgang, wie die spätere Darlegung zeigen wird.
MAURER läßt sich über die Kolben des Aales folgendermaßen
aus: „Die Kolbenzellen sah ich bei keinem anderen Fisch in dieser
Ausbildung bestehen. Erstens sind sie sehr zahlreich, bilden wohl
die Hauptmasse der Epidermis. Ferner sind sie nur zum Teil
Kolbenzellen, derart, daß sie mit schlankem Stiel der Basis der
Epidermis aufsitzen und ein nur leicht verdicktes kolbiges Ende
besitzen. Ebenso viele solcher Zellen sind kugelig und liegen in
dieser Form oft schon in den tieferen Epidermislagen, zahlreicher
allerdings sind sie oberflächlicher angeordnet.“
Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, hat MAURER das
Loslösen der Kolben bereits richtig beobachtet. Derselbe Verfasser
hat gesehen, daß vielfach die abgerundeten Kolben an der freien
Oberfläche abgestoßen werden.
406 Hanns v. LENGERKEN.
Die allerjüngsten Stadien hat der Verfasser nicht gefunden.
Die kleinsten von ihm gesehenen Kolben erstrecken sich schon
durch zwei Zellenhöhen der indifferenten Epidermiszellen hindurch.
MAURER sagt: „In solchen Zellen liegt der kugelige Kern
zentral und der Zellkörper zeigt eine glänzende homogene Be-
schaffenheit und blaßgelbe Farbe. Dicht dem Kern angelagert, und
zwar in der einen Zelle über, in einer anderen Zelle unter dem
Kern, in einer dritten neben demselben, liegt ein glasheller Tropfen,
der mehrere, kleine stark glänzende Körnchen enthält. Mit dem
weiteren Wachstum der Zelle nimmt der glänzende homogene
Zellenkörper am meisten zu und bildet die Hauptmasse einer lang-
gestreckten Kolbenzelle, während er bei den kugeligen Formen
dieser Zellen nur eine äußere, nicht allzu dicke Zone bildet.“
Dieser glänzende homogene Zellenkörper ist das modifizierte
Plasma, und die dicke Zone in den abgerundeten Zellen repräsentiert
den Rest dieses Plasmas.
Weiter heißt es: „Der dem Kern dicht angeschlossene helle
Tropfen mit den feinen, stark glänzenden Körnchen nimmt ebenfalls
bedeutend an Größe zu, und unter seiner Ausbildung erleidet wieder
der kugelige Kern eine Volumenabnahme und Abplattung.“
Auch MaAvrer sah den Kern in verschiedenen Lagen im Ver-
hältnis zu dem hellen Tropfen, der mit Sekret von fein granulierter
Struktur angefüllt ist.
Seine Resultate faßt der Autor dahin zusammen: „Es werden
demnach zweierlei Arten von Exkret in einer solchen Zelle ge-
bildet: 1. eine homogene, stark lichtbrechende Substanz als direktes
Differenzierungsprodukt des Plasmakörpers der Zelle und 2. ein
heller mit glänzenden Körnchen erfüllter Tropfen, bei dessen
Bildung der Kern eine wesentliche Rolle spielt, ähnlich wie dies
beim Schleim in den Schleimzellen der Fall ist.“
Ein Entleerungsbild, wie es Maurer aus Tafel III, Fig. 1 ab-
bildet, halte ich auch für eine zufällige Erscheinung. Ich habe der-
artiges nie beobachten können.
Die feinen Stränge in der Längsachse des Kolbens hat MAURER
nicht gesehen, er erwähnt sie jedenfalls nicht.
Daß der Verfasser dem Kolben spezifisch exkretorische Funktion
zuschreibt, werde ich noch an anderer Stelle und in anderem
Zusammenhange zu erwähnen haben.
Oxser äußert sich in bezug auf die Kolbenzellen folgender-
maßen: „Bei der erwachsenen Anguilla vulgaris var. latwrostris
sind die Kolben 0,018—0,029 mm hoch und 0,018—0,025 mm dick.
Sie sind in der ganzen Oberhaut und im Epithel der Zunge zahlreich
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 407
in 1—3 übereinander gelagerten Schichten vorhanden. Was die
Form anbetrifft, so sind sie etwas länger und dicker als die Kolben
von dem jungen Conger.“
Oxner hielt einen Aal zuerst in Süßwasser und dann 14 Tage
in Meerwasser, aber der Wechsel des Mediums übte auf die
sekretorische Funktion der Kolbenzellen absolut keinen Einfluß aus.
OxNer weist im Laufe seiner Untersuchungen auf die interessante
Tatsache hin, daß seine Beobachtungen am jungen Conger vulgaris cuv.
auch für die Kolben des Aales zutreffend seien. Es ist daher
erforderlich, auf die Darstellung des Verhaltens der Kolben beim
jungen Conger zurückzugreifen. Oxxer faßt seine Resultate in
folgende Worte: „Die typische Form der Kolbenzellen bei jungen
Individuen von Conger ist die eines Kolbens. Diese typische Form
erhält sich aber nur kurze Zeit während der Entwicklung der Zelle
und wird bald durch das stark im Innern der Zelle angehäufte
Sekret beträchtlich verändert. In jeder Kolbenzelle ist ein großer
Kern von feinkörniger Struktur und ein einziger Nucleolus vor-
handen. Das Plasma der Zelle erscheint homogen, glänzend und
färbt sich mit Plasmafarbstoff im allgemeinen intensiv, obwohl viel
heller und reiner als das der Epidermiszellen. Der Kern färbt
sich etwas schwächer mit Kernfarbstoffen als der Kern der ge-
wöhnlichen Epidermiszellen; nur der Nucleolus tingiert sich sehr
stark. Das Sekret im Innern der Kolben zeigt keine Schleim-
reaktion und färbt sich nie mit Kernfarbstoffen, wie z. B. die mucin-
absondernden Becherzellen; es zeigt dagegen eine starke Affinität
zu den Erythrosinen; mit Pikrinsäure, lichtgrün S. F. und anderen
Plasmafarbstoffen färbt es sich sehr schwach.“
In der zusammenfassenden Darstellung über die Kolben der
Congeriden insgesamt teilt Oxwer die sehr wichtige Feststellung
mit, daß sich die Kolbenzelle meist von der Basalmembran ablöst
und ein wenig emporrückt. „Sie nimmt dabei an Umfang zu und
ist leicht durch ihre spezifische Farbenreaktion von den sie um-
zebenden Epidermiszellen zu unterscheiden.“
Mit der Verallgemeinerung Oxxer’s, bei den Oongeriden bilde
sich um den Kern herum ein schmaler, heller Hof, kann ich nicht
‘ übereinstimmen. Wie aus meinen vorhergehenden Darlegungen
hervorgeht, ist solch ein heller Hof zwar bei Leptocephalus und
beim Steigaal vorhanden, bei der ausgewachsenen Anguilla von
15—50 cm Länge aber habe ich einen derartigen Hof nie auf-
gefunden.
Oxxer beschreibt dann das erste Auftreten der Vakuole, die
sich außerordentlich schwach färbt. Die Vakuole wird größer „und
27
408 Hanns v. LENGERKEN.
es sammeln sich in ihrem Innern sehr feine, stark glänzende, mit
Erythrosin und anderen Plasmafarbstoffen tingierbare Körnchen
an“. Die Zelle erreicht ihre endgültige Größe und von nun an
vergrößert sich nur die Sekretvakuole weiter, welche immer mehr
und mehr von den Körnchen ausgefüllt wird. Die Körnchen werden
allmählich gröber und die Sekretvakuole schwillt so riesig an, dab
sie mehr und mehr Raum im Innern der Zelle einnimmt.
Sehr richtig und mit Nuspgaum und Kurczycekı, deren Arbeit
fast gleichzeitig mit Oxxer’s Publikation, aber voneinander durch-
aus unabhängig, erschienen ist, sowie mit meinen später darzulegenden
Resultaten übereinstimmend sind die Bemerkungen über das Ver-
halten des Kernes. Es heißt bei Oxnrr: „... der Kern wird platt-
gedrückt, die Zelle rundet sich ab, rückt aus den mittleren Epidermis-
schichten dicht unter die Oberfläche empor, der Kern nimmt eine halb-
mondförmige Gestalt an und geht schließlich ganz zugrunde.“
Ebenfalls die weiteren Klarlegungen Oxxer’s stimmen mit
meinen Beobachtungen überein. Im Anschluß an den vorher zitierten
Satz fährt der Autor fort: „Auf diesem Stadium besteht die Kolben-
zelle, die nach außen hin meist nur durch eine einzige Epidermis-
schicht getrennt ist, aus einer riesigen Vakuole, die mit grobkörnigem
Sekret ausgefüllt und von einer dünnen Plasmahülle umgeben wird.
Der untere Teil dieser Hülle ist immer sehr dünn, der obere ist
viel dicker, nimmt manchmal die Form eines spitzen Käppchens
an und färbt sich dabei mit Plasmafarbstoffen, z. B. mit lichtgrün
S. F., viel dunkler als der untere.“ Im allgemeinen ist diese einseitige
Verdickung des Plasmaringes zu beobachten (Photogramm 6), jedoch ist
auch bei einigen dieser dicht unter der Epidermisoberfläche liegenden
Zellen der Plasmaring rings um die Sekretvakuole herum ganz
gleichartig breit. Mit GrenacHer’s Hämatoxylin färbt sich der
Ring ganz gleichmäßig, und es ist keine Differenzierung in der
Tingierung des oberen, der Oberfläche zugewandten Teiles des
Plasmarings und dem der Basalmembran zugekehrten Teil zu beob-
achten.
Auch Oxxer konnte in keinem Falle weder das Heraustreten
einer ganzen Kolbenzelle nach außen, noch die Entleerung des
Sekretes durch Platzen des Plasmaringes beobachten.
Der Verfasser legte sich die Frage vor, wie denn eigentlich
die reifen Kolben zugrunde gehen. Er wies dabei auf die von ihm
beobachtete Tatsache hin, „daß auch hier die Kolbenzellen bei
ihrem Aufrücken gegen die freie Hautoberfläche allmählich an
Umfang verlieren“. Auf welche Weise dieses vor sich gehe, ist
nach Oxner’s Ansicht schwer positiv zu sagen. Zur weiteren.
|
|
|
|
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 409
Erläuterung fährt der Autor fort: „Allein, wenn wir annehmen,
daß das stark lichtbrechende Sekret Zerfall- oder Umbildungs-
produkte des Zellplasmas darstellt, dann würde auch die Abnahme
des Plasmaleibes in den Kolben von Üonger ziemlich einfach zu
erklären sein.“
ÖConger habe ich nicht untersucht, und wir sind daher auf die
Resultate Oxxer’s angewiesen.
Was Anguilla vulgarıs L. anbetrifft, bin ich anderer Ansicht
als Oxner. Nach meinem Dafürhalten haben die Kolben in diesem
Falie nicht an Volumen verloren. Im Gegenteil scheint es mir, als
seien die dicht unter der Epidermisoberfläche liegenden, nur noch
aus einer großen Sekretvakuole und einem modifizierten Plasmaring
ng e
Kb.,
Br.
Photogramm 2. Transversalschnitt durch die laterale Schwanzepidermis von
Anguilla vulgaris L. Flemming, Gren. Haemat. Die in den oberen Lagen
befindlichen Kolben sind voluminöser als die in mittleren Lagen sichtbaren.
Vergr. 1: 580.
bestehenden Kolbenzellen öfter an Volumen eher noch größer als
die in den mittleren Schichten auffindbaren Kolben (Photogramm 2,
Kb, und Kb,). Ich verweise auch noch auf das Photogramm 6,
welches dieser Behauptung ebenfalls als Stütze dienen mag. In
den meisten Fällen sind aber diese ältesten Kolben an Volumen
mindestens ebenso groß wie die Kolben in den Mittellagen der
Epidermis. Dieser Umstand spricht nicht für die Abgabe von
Material während der Wanderung der Zelle zur Oberfläche. Aller-
dings waren bei einigen Aalen auch die Verhältnisse so, daß die
unter der Oberfläche liegenden Kolben kleiner waren als die in
jüngeren Lagen befindlichen Kolben. Jedoch ist damit nicht gesagt,
daß das Volumen der reifen Zelle im Vergleich zu ihrem Inhalt
auf dem Stadium des Festsitzens auf der Basalmembran reduziert
27%
410 Hanns v. LENGERKEN.
ist, da es ja Kolben von sehr verschiedenem Volumen in derselben
Epidermisschicht gibt und aus diesem Grunde die reife Kolbenzelle
ursprünglich kleiner gewesen sein kann, als die unter ihr befind-
liche jüngere.
J. Nuspaum und W. Kvuezıckı machen über die Kolbenzellen
des Aales sehr wertvolle, mitunter von der der früheren und auch
von meiner Ansicht sehr abweichende Mitteilungen.
Nach den beiden oben genannten Verfassern sind einige der
Zellen typisch kolbenförmig und sitzen mit schlankem Stiel der
Basis der Epidermis auf und weisen ein kolbig verdicktes oberes
Ende auf, „— andere sind von einer mehr ovalen Gestalt“.
Photogramm 3. Transversalschnitt durch die dorsale Epidermis des Aales.
Flemming, Gren. Haemat. Kb ein Kolben mit dem durch Schrumpfung hervor-
gerufenen Hohlraum HZ. Vergr. 1: 580.
Etwas Neues ist in folgenden Sätzen enthalten: „Sie (die
Kolben, d. V.) sind vermittels feiner Zellenbrückchen mit den um-
gebenden Epithelzellen verbunden, welche hier gleichfalls infolge
des auf sie seitens der Drüsenzellen ausgeübten Druckes stark ab-
geplattet sind und auf Querschnitten spindelförmig zu sein scheinen,
ihre Selbständigkeit aber (im Gegensatze zum Syncytium in der
mittleren Lage der Tincaepidermis) bewahren und von angrenzenden
Zellen durch Lücken getrennt sind, in welchen die feinen, plasma-
tischen Verbindungsbrückchen verlaufen.“
Ich habe auf allen meinen Schnitten derartige Lücken, welche
den Kolben von den angrenzenden Zellen trennt, normalerweise
nicht beobachten können. Nur in sehr wenigen Fällen waren solche
Lücken um den Kolben herum vorhanden (Photogramm 3). Diese
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 411
Räume führe ich auf Schrumpfung der Kolben infolge der Konser-
vierungsflüssigkeit zurück, da sie nur ganz vereinzelt bei meinen
Präparaten auftreten. Sehr oft kann man dagegen bei Petromyzon
flwviatilis ähnliche Schrumpfungserscheinungen beobachten. Aller-
dings haben derartige Verzerrungen den Vorteil, daß die feinen
plasmatischen Brücken zwischen dem Kolben und den umgebenden
Epidermiszellen zutage treten. Ich konnte diese feinen Fäserchen
in solchen Fällen ebenfalls beobachten.
Eine Entleerung des Kolbeninhalts nach außen konnten die
Verfasser nicht feststellen.
Sehr treffend sind folgende Außerungen der Verfasser: „Der
Deutung MaAuvrer’s, daß der homogene Inhalt der Zelle ein schleimig-
gallertiges Sekret darstellt, müssen wir entgegentreten. Die
homogene Substanz der Zelle ist hier, ebensowenig wie bei Tinca,
kein eigentliches Sekret der Zelle, sondern lediglich eine besondere
Umbildung des indifferenten Plasmas der Zelle; das Sekret ist nur
der helle, zähe Tropfen mit lichtbrechenden Körnchen, der neben
dem Kerne im Plasma liegt, wobei, was MAURER richtig beobachtete,
der Kern bald oberhalb, bald unterhalb, bald seitwärts von diesem
Sekret liegt. Der körnige Inhalt des Tropfens tingiert sich stark
mit Eisenhämatoxylin und mit Eosin, niemals aber mit den für
Schleim charakteristischen Färbungsmitteln; er ist also von einer
serösen Natur. In dem Maße, als in dem hellen Tropfen das stark
lichtbrechende Sekret sich ansammelt, wird der Kern immer dünner
und länglicher und nimmt endlich eine halbmondförmige Gestalt
an, indem er dem Tropfeninhalt direkt anliegt. Bei weiterer Ent-
wicklung des Sekrets geht gewöhnlich der Kern gänzlich zugrunde.“
Öxxer hat den feinen Strang in der Längsachse des Kolbens
nicht beobachtet, erwähnt jedenfalls in seiner Arbeit nirgends ein
derartiges Gebilde. Nussaum und Kurczıckı haben dieser Bildung
jedoch ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Die Befunde der beiden
Autoren in dieser Beziehung werde ich an anderer Stelle be-
sprechen.
Der Äußerung: „Das Sekret erscheint in dem flüssigen Tropfen
in Form von stark lichtbrechenden Kügelchen, die teils frei, teils
in Ballen zusammengedrängt liegen, teilweise zusammenhängende,
sehr zähe, homogene, kugelförmig-lappige Masse bilden, welche, wie
erwähnt, sich stark mit Eisenhämatoxylin und mit Eosin, niemals aber
mit den für Schleim charakteristischen Färbemitteln tingiert; das
Sekret ist also seröser Natur“, habe ich entgegenzuhalten, daß ich
den ganzen flüssigen Tropfen für Sekret halten muß und die von
den Verfassern beschriebenen, in Ballen zusammengedrängten
412 Hanns v. LENGERKEN.
Kügelchen für eine infolge der Konservierung hervorgerufene
Modifikation des sonst feingranulierten Sekrets anspreche.
Von einer Emporwanderung oder einer Loslösung der Kolben
von der Basalmembran wird nicht gesprochen. Es ist also an-
zunehmen, daß nach Ansicht der Verfasser die Kolben auf dem
Chorion sitzen blieben.
Über die Entleerung des Zellinhalts machen sich die Verfasser |
folgendes Bild: „Auf welche Weise das zähe Sekret nach außen |
entleert wird, das konnten wir durch direkte Beobachtung ermitteln;
und zwar unterliegen die immer dünner werdende Kappe der kolben-
förmigen Erweiterung der Zelle, wie auch die dünne oberflächliche
Epithelschicht einer Durchreißung, und somit wird der Tropfen nach
außen ausgeschieden.“
Ich habe, wie aus meinen späteren Darlegungen hervorgehen
wird, nie irgendwelche Durchreißung beim Aalkolben sowohl, als
auch bei den entsprechenden Gebilden der Petromyzonten beob-
achten können. Ich befinde mich in dieser Hinsicht ganz im Ein-
verständnis mit M. OxxeEr.
Ich komme zu meinen eigenen Untersuchungen an den Kolben
von Anguilla.
Mir standen Aale jeder Größe von 15—50 cm zur Verfügung.
Es wurden den Tieren von verschiedenen Körperstellen Hautstücke
entfernt und unter dem Mikroskop auf Schnitten untersucht.
Das verschiedene Altersstadium der Untersuchungsobjekte
lieferte keine Unterschiede in bezug auf die Form der Kolben und
ihre Entstehung. Daß bei kleinen Exemplaren die Kolben, der
Dicke der Epidermis entsprechend, relativ kleiner waren, bedarf
wohl kaum einer Erwähnung.
Die Kolben sind am zahlreichsten auf der dorsalen Kopfhaut
und über den ganzen Rücken verbreitet. Auf dem Kopfe stehen
sie in solcher Dichte, daß kaum eine Epidermiszelle zu sehen ist.
An den Körperseiten finden sie sich ebenfalls in großer Zahl, sie
stehen immerhin aber hier nicht ganz so dicht wie auf dem Kopfe.
Nach dem Bauche zu nehmen sie an Häufigkeit etwas ab, um auf
einem genau ventral liegenden vom After nach der Mitte der
Brustflossen ziehenden schmalen Streifen nur sehr verstreut vor-
zukommen. In der ventralen Kopfhaut sind Kolben vorhanden,
die sehr weit auseinanderstehen und oft einen sehr dünnen Hals
aufweisen. Im Verhältnis zu den kugeligen Becherzellen sind sie
klein (Taf. XVIII, Fig. 4). Die Epidermis ist an dieser Stelle ziemlich
dick, und man kann im allgemeinen beobachten, daß in den viel-
schichtigen Epidermisteilen die Kolben stets langgezogen sind. In
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 413
der ventralen Körpermitte nehmen die Kolben wieder die normale
Gestalt an (Taf. XX, Fig. 1). Man kann auf Schnitten, die durch
die Epidermis dieser Körperstelle gelegt sind, sehr gut das Aufwärts-
wandern der Kolben beobachten. Taf. XX, Fig. 1 zeigt Kolben ver-
schiedener Entwicklungsstadien in übereinander gelegenen Schichten
des Epiderms.
In der Afterpapille sind nur ganz vereinzelte sehr kleine,
rundliche Kolbenzellen festzustellen. Die Becherzellen sind dagegen
in großer Zahl und Dichte vorhanden.
In den Lippen fehlen die Kolben vollständig (Photogramm 4).
Es finden sich in diesen Teilen nur kleine Becherzellen in ziemlicher
Dichte. Im Pharynxepithel sind die Kolben nur bei jungen Aalen
Photogramm 4. Transversalschnitt durch die Unterlippe eines 30 cm langen
Aales. Flemming, Gren. Haemat. Vergr. 1: 580.
bis zu 20 cm Länge anzutreffen; späteren Stadien fehlen sie an
dieser Stelle. Sehr interessant ist die Häufigkeit und außer-
ordentliche Dichte der Kolbenzellen im Zungenepithel
(Taf. XVII, Fig. 4). Hier sind sie in 5—6 Lagen übereinander
zu finden. Besonders in der Zunge konnte ich die Entwicklung
der Zellen und das allmähliche Emporwandern zur Epidermisober-
fläche gut studieren. Taf. XVII, Fig. 4 stellt einen senkrechten Quer-
schnitt durch die Epidermis der Zunge dar und gibt sehr gut die
verschiedene Lage der Kerne in den Kolben sowie die reifen, dicht
unter der letzten Epidermisschicht liegenden Kolbenzellen wieder.
Um die Augen herum stehen die Kolben ziemlich dicht und
weisen die normale Gestalt auf. |
Ein Schnitt durch das Velum, den feinen Hautsaum am Oper-
culum, der zum Verschluß der Kiemenöffnung dient, ist in Taf. XVIII,
Fig. 1 dargestellt. Die die Außenseite bekleidende Epidermis
414 Hanns v. LENGERKEN.
(Taf. XVIIL, Fig. 1a) weist Kleine Kolben in geringer Zahlauf. Becher-
zellen von rundlicher Gestalt sind hier im Verhältnis zu den Kolben
viel häufiger. An der Stelle, wo das Außenepiderm nach der
Innenseite des Velums umbiegt, also in dem in der Taf. XVIII, Fig. 1
mit c bezeichneten Teile, treten keine Kolbenzellen und nur sehr
vereinzelte Becher von kugelrunder Gestalt auf. Das die Innenwand
des Velums bekleidende Epithel (Taf. XVII, Fig. 1b) ist gänzlich
frei von Kolben. Es treten hier nur runde Becherzellen auf.
Der kaudale Rand der Kiemenöfinungsspalte weist ganz andere
Verhältnisse auf. Auf Transversalschnitten (Taf. XVIII, Fig. 3) sieht
man ziemlich langgestreckte Kolben mit dünnem Hals und deutlich
abgesetztem kolbigen Teil, die dicht nebeneinander stehen und in
größerer Zahl vorhanden sind als die Schleimzellen.
Taf. XX, Fig. 2 und Taf. XIX, Fig. 3 zeigen die Verteilung der
Kolbenzellen auf den Seitenflächen. Taf. XX, Fig. 2 ist ein Trans-
versalschnitt durch das laterale Epiderm der Körpermitte. Es sind
besonders gut die verschiedenen aufeinander folgenden Entwicklungs-
stadien der Kolben zu sehen (Kb,). Taf. XIX, Fig. 3, ebenfalls
transversal geschnitten, und zwar durch die laterale Epidermis des
Schwanzteiles, bringt die Verhältnisse der Verteilung in dieser
Körperregion zur Darstellung. In der untersten Schicht sind die
mit Kb, bezeichneten jüngsten Kolben abgebildet. In Taf. XIX,
Fig. 4 ist ein senkrechter Querschnitt durch den vor den Augen
gelegenen Teil der Epidermis gezeichnet. In einer Zelle sieht man
den mit Pl.Str. kenntlich gemachten Plasmastrang. Zwischen den
Augen stehen die Kolbenzellen sehr dicht, was Taf. XIX, Fig. 2 ver-
anschaulicht. Auf dem in Taf. XIX, Fig. 1 dargestellten Transversal-
schnitt durch die Rückenhaut der Körpermitte ist nichts Besonderes
festzustellen. In dem Winkel, welchen die Rückenflosse mit dem
dorsalen Epiderm bildet, kommen Kolben vor, die oft einen sehr
verbogenen Hals besitzen. Auf den Seitenflächen der Rücken-
fiosse nehmen die Kolben an Häufigkeit ab, sie werden immer
kleiner, rundlicher und seltener. In den scharfen Kanten der
.Rückenflosse fehlen die Kolben gänzlich, und es finden sich nur
vereinzelte, kleine, rundliche Becher vor. In den Brustflossen liegen
die Verhältnisse ähnlich. Nur sind hier in dem Hautwinkel, den
die Brustflosse mit dem lateralen Epiderm bildet, die Kolben noch
vereinzelter zu finden, als in entsprechenden Stellen der Rücken-
flosse. Die Zellen des Epiderms zeigen an diesem Ort sehr un-
regelmäßige Form, und die Kolben haben sich diesen Veränderungen
angepaßt. Auf den Seitenflächen sind fast nur noch Becherzellen an-
zutreffen. Der Rand besitzt, wie auch derjenige des großen Flossen-
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 415
saums, keine Kolben. Der ventrale Teil des Flossensaums ist, was
die Kolben anbetrifit, von dem dorsalen nicht verschieden.
Die Form der Kolben ist im allgemeinen in der ganzen Körper-
haut, bis auf die mehr abgerundeten Kolben in der Epidermis des
Afters und den Seiten der Flossen, dieselbe Im Verhältnis zu
Petromyzon flwviatilis L. und Petromyzon Planeriı Bu. sowie über-
haupt zu gleichwertigen Gebilden der meisten Physostomen, sind
die Kolben bei Anguilla sehr klein.
Die Kolben entstehen in der untersten, also jüngsten Schicht
der Epidermis. Das jüngste Stadium, welches ich habe finden
können, zeigt Photogramm 5. Es sind dies Zellen, die noch die-
selbe Größe besitzen, wie die angrenzenden gewöhnlichen Epiderm-
zellen. Sie unterscheiden sich aber von diesen schon äußerlich durch
Photogramm 5. Transversalschnitt durch die laterale Körperhaut des Schwanz-
endes von Anguilla vulgaris L. Flemming, Gren. Haemat. Vergr. 1:650.
die kolbige Gestalt, während die Epidermiszellen auf Querschnitten
fast dreieckig sind und nach oben zu spitz auslaufen.
Aber der färberische Unterschied ist noch auffallender. Es
tingieren sich nämlich die jungen Kolben nie mit Plasmafarbstoffen.
Hämatoxylin verleiht ihnen keinerlei Färbung, während sich die
angrenzenden Epidermiszellen in der bekannten Weise tingieren.
Dieser Umstand weist darauf hin, daß das Plasma auf diesem
Stadium schon in irgendwelcher Art modifiziert sein muß. Pikrin-
säure und Säurefuchsin ruft keinerlei Gelbfärbung des Kolbeninhalts
hervor, wie ja auch das Plasma der reifen Zellen nur verschwindend
wenig sauer reagiert, was Nuspaum und Kurczıckı bereits hervor-
heben.
Eine Sekretanlage ist noch nicht vorhanden.
416 Hanns v. LENGERKEN,
Es färben sich einige Kerne in den Zellen dieses Stadiums
manchmal schwächer als die Kerne der gewöhnlichen Epidermis-
zellen. Im allgemeinen färbt sich der Kern, der an Größe die
übrigen Kerne um etwa den dritten Teil übertrifft, etwas stärker.
Wodurch der erste Anstoß zur Umwandlung einer Epidermiszelle
in einen Kolben gegeben wird, oder ob bestimmte Zellen von vorn-
herein präformiert sind, läßt sich nicht entscheiden. Wahrschein-
Photogramm 6. Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut eines Aales.
Flemming, Gren. Haemat. Vergr. 1:580.
lich geht die Anregung vom Kern aus, der an Volumen, wie wir
gesehen haben, zunimmt. Gleichzeitig wird das Plasma total modi-
fiziert. Und zwar muß das Plasma auf dieser Entwicklungsstufe
anderer Natur sein, wie in den älteren Stadien, da es in den größeren
Kolben sich stets mit Hämatoxylin, wenn auch nur sehr schwach,
färbt, was auf oben beschriebenem Stadium nie der Fall ist.
Nun wird der Kolben größer, der angeschwollene Teil wächst
ı über die untersten Epidermiszellen hinaus (Photogramm 6, Kb,).
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 417
Auch jetzt verhält sich das Plasma noch genau so wie vorher
(Textfigur 2a). Der Kern hat sein größtes Volumen erreicht, fast
überall ist ein Nucleus deutlich zu erkennen; der Hals hat sich
bereits verschmälert (Photogramm 6, Kb,). Auf einem etwas älteren
Stadium tritt die Vakuole, die sich an irgendeiner Stelle des Kernes
anlegt, auf. Das Plasma beginnt sich mit angesäuertem GRENACHER-
schem Hämatoxylin sehr schwach zu färben. In den meisten Fällen
liegt die Sekretanlage über dem Kern. Die Bildung eines hellen
Hofes um den Kern herum habe ich nicht feststellen können (Text-
figur 2, b). Allmählich wächst die Sekretkugel und erreicht die
Größe des Kernes, um ihn auf dem nächsten Stadium bereits zu
übertreffen (Textfigur 2,.). Das Plasma tingiert sich stärker mit
Hämatoxylin, der Kern beginnt sich zu reduzieren (Textfigur 2, 4,
5.
dr:
BEN
ee N Re
— u —— -_ -——— _.—_ — -_—_— =. 0-0. 1... —-—- -- oo . a — -— Jo. -.-.{-0--.7
fj N
Pa a TR u BE Te ar Fu 007 78.
Fig. 2. Schematische Darstellung der Entwicklung der Kolben beim Aal.
en obere Grenze des Epiderms. —- Basalmembran. (Erklärung im Text.)
Photogramm 6, Kb,). Der Hals ist immer schmäler geworden. Von
nun an nimmt die Sekretkugel permanent langsam an Umfang zu,
der Kern wird immer kleiner und unregelmäßiger und färbt sich mit
Hämatoxylin tiefblau. Es tritt nun in einzelnen Zellen ein schwach
bläulicher, vom Kern auslaufender, sich in der Längsachse des
Kolbens hinziehender Strang auf (Textfigur 2, unter :,e,). Auf
diese Gebilde komme ich später zurück. Sie lassen sich durchaus
nicht in allen Kolben beobachten und liegen manchmal gerade auf
der Grenze der Sichtbarkeit. Der Kern erscheint auf einer weiteren
Stufe halbmondförmig, der Fuß ist ganz schmal geworden (Text-
figur 2,7). Schließlich löst sich der Kolben von der Basalmembran
los und begibt sich auf die Wanderung nach der Epidermisober-
fläche (Textfigur 2,:s). Der Kern ist sehr zusammengeschrumpft
und besteht fast nur noch aus einigen Brocken. Derartige Zellen
418 Hanns v. LENGERKEN.
sind in den Mittelschichten der Epidermis sehr zahlreich anzu-
treffen (Photogramm 7). Im Laufe der weiteren Entwicklung nimmt
die Zelle eine ovoide bis kugelige Gestalt an, der Kern ist zuletzt
ganz verschwunden. Der Kolben bleibt, noch von einer Epidermis-
zellenlage bedeckt, liegen und besteht nur noch aus einer großen
Sekretvakuole, die von einem Plasmaring umgeben ist, der in den
meisten Fällen in seinem, der Oberfläche zugekehrten Teil dicker
ist (Photogramm 6, Kb,).
Sehr oft sind die reifen Kolben durch den Einfluß der an-
grenzenden Becherzellen und der nachfolgenden Kolben von unregel-
mäßiger Gestalt (Photogramm 6, Kb,).
Photogramm 7. Transversaler Schnitt durch die dorsale Epidermis der
Körpermitte des Aales. Flemming, Gren. Haem. Vergr. 1:580.
Der Nachschub an jungen Kolben geschieht folgenderweise.
Der in der jüngsten Zellschicht stehende Kolben entwickelt sich
dicht neben der Ursprungsstelle des in die Höhe gerückten und
kommt in den meisten Fällen unter den älteren zu stehen. Photo-
gramm 6, Kb, und Kb, zeigt mehrere Kolben verschiedenen Alters
untereinander. In manchen Fällen berührt der nachrückende Kolben
den älteren sogar (Photogramm 6, Kb, und Kb,).
Das Sekret in der Vakuole ist von körniger Beschaffenheit.
Jedoch scheint die Stärke der Granulierung mit der Konservierungs-
flüssigkeit im Zusammenhang zu stehen. Nach Behandlung mit
Zimmer ’scher Lösung und Fremmig’scher Flüssigkeit ist das Sekret
sehr fein granuliert. Es ist nicht ausgesprochen acidophil, da es
sich mit Säurefuchsin und Pikrinsäure nicht tingiert.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 419
Über die Stellung des Kernes gibt schon MAvrER die rich-
tigen Beobachtungen wieder. Die folgende Textfigur 3 illustriert
die Lage des Kernes zur Sekretvakuole. Textfigur 3,2 zeigt den
Kern eine Strecke weit vom Sekret abgelegen. Dieser Fall ist
hin und wieder festzustellen. Im allgemeinen liegt der Kern an
dem der Basalmembran zugekehrten Teile des Sekretes. Es wurde
u mem ua mu mo mo zo mo m — mm no mm 0 nn u m mm
Pr -
Fig. 3. Schematische Darstellung der Stellung des Kernes zum Sekret in
den Kolben des Aales. —- Basalmembran. ----- obere Grenze des Epiderms.
schon im Laufe der Darstellung von der allmählichen Reduktion
des Kernes verschiedentlich gesprochen. Die Textfigur 4 zeigt den
Kern in verschiedenen Größenstadien.
- a) Der Längsstrang der Kolbenzellen.
In einigen Kolbenzellen, durchaus nicht bei allen, findet sich
in der Längsachse des Zellkörpers ein sehr feiner Strang, der
von Nussbaum und Kurczıckı in Form sehr feiner Fäserchen bei
Anguilla festgestellt wurde. Bei Petromyzon waren derartige
m
LES
ES -
2 ee:
‘
: . we
Da N “ == = =
-
--|_ es N =.
eat >. 5 4 rc
- Er nn \ ER Fa
a Te
ur
Fig. 4. Schematische Darstellung der Reduktion des Kernes in den Aalkolben.
Bildungen schon bekannt und des öfteren als Nervenfasern gedeutet
worden.
Die Verfasser äußern sich über den Längsstrang wie folgt: „Im
homogenen Plasma der Drüsenzelle erscheinen sehr feine Fäserchen,
die sich z.B. mit Eisenhämatoxylin gut färben lassen; dieselben
bestehen gewöhnlich auf einem zentral verlaufenden geschlängelten
Faden, der kleine Varikositäten zeigt und feine, laterale Astchen
entsendet, und aus basalen Endverästelungen dieses Fadens, die
420 Hanns v. LENGERKEN.
fast niemals die Basis der Zelle erreichen, oft aber bis zur feinen
Zellmembran seitwärts gelangen. In der Nähe des Kernes erscheinen |
in dem hier dicker werdenden Faden sehr feine Körnchen und ein
enges, mit heller Flüssigkeit gefülltes Lumen, welches in der direkten
Nachbarschaft des Kernes in eine vakuolenartige Erweiterung tber-
geht, wo sich die erwähnte Sekretflüssigkeit ansammelt. Manchmal
verlängern sich ähnliche fadenförmige Bildungen auch distalwärts,
oberhalb der Sekrethöhle und enden auch hier mit feinen Ver-
ästelungen.“
An anderer Stelle heißt es: „Das oben beschriebene System
von Fäden und Kanälchen im Plasma der Drüsenzelle halten wir
für Bildungen, die mit der Sekretion der Drüse innig zusammen-
Photogramm 8. Die auf einem Transversalschnitt durch die laterale Epidermis
des Schwanzteiles von Anguilla vulgaris L. in den Kolbenzellen sichtbaren
Plasmastränge. Vergr. 1:580.
hängen, was aus dem Verhalten derselben gegenüber der Sekret-
höhle der Zelle klar hervorgeht.“
Nach meinen Befunden tritt zunächst in der Längsachse des
Kolbens vom Kern ausgehend ein feiner, oft kaum sichtbarer Strang
auf, der sich mit GrenacHzr’schem Hämatoxylin bläulich färbt (Photo-
gramm 8). Er reicht oft bis zur Basalfläche des Kolbens und
zeigt an der dem Kern anliegenden Strecke eine kleine, sich all-
mählich nach der Basalmembran zu verjüngende Anschwellung (Text-
firur 5,1). Ich habe diesen Faden nur in solchen Kolben
feststellen können, in denen der Kern unterhalb des
Sekretes lag. Ich möchte den feinen Strang für in irgend--
welcher Weise von dem übrigen modifizierten Plasma
differenziertes Plasma halten, das mit der weiteren Sekre-
tion in der Zelle in engem Zusammenhange steht (Text-
figur 5, ı Pl. Str... Man könnte andererseits diesen homogenen Faden
|
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 4921
schon für präformiertes, basophiles Sekret halten. Oft reichen die
Fäden nur bis ungefähr zur Mitte der Zelle, manchmal sind sie
als kleine Ansätze am Kern zu beobachten (Photogramm 8).
An Stelle dieses feinen Plasmastranges treten später feine Körn-
chen, die nur bei sehr starker Vergrößerung zu sehen sind, auf
(Textfigur 5,2). Auch diese Granulae tingieren sich mit Häma-
toxylin blaßblau und mit Eisenhämatoxylin schwärzlich. Ich halte
diese Körnchen für Sekret, das auf diesem Stadium noch basophil
ist. Ein weiteres Bild (Textfigur 5, ;) zeigt, daß diese Granulae
allmählich verflüssigt werden, und zwar beginnt dieser Vorgang
vom Kern aus und schreitet dann 7. 2. 3.
weiter fort. Das verflüssigte Sekret E er 5
reagiert acidophil.
Löst sich der Kolben nun von
der Basalmembran los, so rundet
sich der Fuß ab und mit ihm der
Sekretraum, bis dann, nachdem der
Kern vollständig atrophiert ist, nur
noch in der abgerundeten Zelle eine
große Vakuole übrigbleibt.
Bemerkt sei noch, daß in den
meisten Zellen sich das Sekret
einfach an irgendeiner Stelle des Fig. 5. ERTEIR Br
Kernes als kugeliges Gebilde des Plasmastranges und des später
anlegt, und daß die mit dem anseiner Stelle befindlichen Sekretes
Auftreten eines Plasmafadens ver- |? den Kolben des Aales. —— Basal-
membran. ---- obere Grenze des
bundenen Erscheinungen seltener Epiderms.
sind. Ob diesem Vorgange noch
eine besondere Deutung unterzulegen ist, kann ich nicht ermessen.
Wie die Darstellung zeigt, kann es sich in den feinen Fäden in
keiner Weise um irgendwelche Nervenfibrillen handeln. Um jedoch
ganz sicher zu gehen, wandte ich die Gorer’sche Methode ver-
schiedentlich an. Es ließ sich nie irgendwelche Schwärzung inner-
halb der Kolben feststellen. Ebenso gelang es mir nicht, das Heran-
treten von Nerven zu den Kolben in irgendwelcher Weise festzu-
stellen. Nur die Schleimzellen färbten sich dunkelbraun, die Kolben
selbst tingierten sich überhaupt nicht. Ich befinde mich hier durch-
aus in Übereinstimmung mit F. E. Schürze, welcher sagt: „Bemerkens-
wert erscheint der Umstand, daß außer diesen Nervenfasern (freie
Nervenenden in der Epidermis, d. V.) in den betreffenden Epidermis-
partien nur die an der Oberfläche sich öffnenden Becherzellen
geschwärzt erscheinen. Auch zu den Kolben, welche durchaus keine
422 Hanns v. LENGERKEN.
Schwärzung erfahren, lassen sich keine derartigen Nervenfasern
verfolgen.“ .
Ähnlich äußern sich Nuspaum und Korczickı, indem sie schreiben:
„Diese Verhältnisse beweisen deutlich, daß die betreffenden Fäserchen
nichts mit den Nervenfibrillen zu tun haben, wie es bei Petromyzon
manche Forscher vermutet haben.“
Die ähnlichen Gebilde in den Kolben der Epidermis von Lepto-
cephalus habe ich schon im vorhergehenden besprochen. Nur war
es mir nicht möglich, das Zwischenstadium, nämlich das granulierte
Sekret, aufzufinden. Ich bin aber überzeugt, daß es auch dort
auftritt. Wie es sich bei Leptocephalus nur um einen Plasmastrang
handelt, an dessen Stelle sich später das verflüssigte acidophile
Sekret befindet (Taf. XVII, Fig. 2), so kann auch hier von einer
Fibrille nervöser Natur in keiner Weise die Rede sein. Die vor-
liegenden Verhältnisse beweisen sehr deutlich die sekre-
torische Funktion der Aalkolben. Ihr Sekret dient höchst-
wahrscheinlich ebenfalls wie das der Schleimzellen zur Glättung
der Haut. Hinsichtlich des Geschlechtes scheint in bezug auf die
Kolben kein Unterschied vorzuliegen. Die Kolbenzellen zeigten
bei einem Weibchen, das ich untersuchte, keinerlei Differenz von
dem Verhalten derselben Gebilde bei den anderen Tieren.
ß) Die Epidermis- und Becherzellen.
Die gewöhnlichen Epidermiszellen stehen in der untersten
Schicht sehr regelmäßig nebeneinander. Sie sind mehr oder weniger
rechteckig und stehen mit einer schmalen Seite auf der Basalmembran.
In den älteren Lagen sind sie mehr unregelmäßig gestreckt, oft
spindelförmig, um sich nahe der Oberfläche abzurunden. Die Zellen
der oberflächlichen Lage bestehen aus ziemlich großen, in keiner
Weise verhornten Zellen, deren Kern stets, wenn auch manchmal
bereits in etwas degenerierter Form, vorhanden ist. Bekanntlich
kommen nur ganz reduzierte Schuppen in der Aalepidermis vor,
so daß ihre Oberfläche ganz regelmäßig erscheint.
Auf der ventralen Körperpartie, besonders in der ventralen
Kopfhaut (Tafel XVIII, Fig. 4, E,) sind mehrere der oberen Zellagen
auffallend vergrößert, und in ihnen liegt der Kern im basalen Teile.
Die Entwicklung der Becherzellen ist zur Genüge bekannt.
Sie entstehen offenbar nicht nur in den tiefsten Lagen, sondern
auch in mittleren Epidermisteilen. F. E. SchurLzz vermutet sogar,
es könnten sich noch die ältesten Epidermzellen in Becherzellen
gelegentlich umbilden. Jedenfalls hat der Autor Zellbildungen
gefunden, die für diese Annahme sprechen. Die Größe und Form
“
Y
.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 493
der Becher variiert ganz beträchtlich in verschiedenen Hautpartien
ein und desselben Tieres. In den Lippen kommen meist nur rund-
liche, auffallend kleine Becher vor, die fast nie eine gestreckte
Gestalt annehmen. In der Zunge und auf den Kieferrändern sind
die Becher ebenfalls klein und rundlich. In allen anderen Haut-
partien kommen rundliche und normal becherförmige Zellen neben-
und übereinander vor. Oft sind sie schon in den Mittellagen der
Haut typisch becherförmig mit erweiterter Theka und verschmälertem
Hals zu finden. Auch in den sich bereits nach außen öffnenden
Bechern ist der Kern, der einen hellen Hof um sich gebildet hat,
und in einem halbmondförmigen Plasmarest an der Basis der Zelle
liegt, noch vollkommen intakt.
Der mit GrenacHer’s Hämatoxylin sich lebhaft färbende Inhalt
der Theka zeigt eine maschige Struktur, Stauungserscheinungen
des tropfenweise entstehenden Sekretes.
Die Pigmentzellen sind in der ganzen Epidermis in reich ver-
ästelter Form verstreut. Manchmal sind sie über der jüngsten
Epidermiszellenschicht stellenweise in ziemlich regelmäßigen Reihen
angeordnet aufzufinden.
Eine Basalmembran ist überall deutlich ausgebildet.
III. Die Kolben von Petromyzon fluviatilis L.
Die Kolben bei Petromyzon flwviatilis L. sind schon sehr oft
untersucht. Die Epidermiszellen selbst sind zur Genüge bekannt,
so daß eine detaillierte Schilderung überflüssig erscheint.
KörLiker beschreibt „Schleimzellen“ in der Haut des Ammo-
coetes, die sicherlich mit den Kolben der späteren Autoren identisch
sind. Daß er die Kolben falsch orientierte, und zwar mit dem
Halsteil zur Oberfläche führend, ist schon oft in den einschlägigen
Arbeiten erwähnt worden. — Im Innern der Zellen sah er einen
Kanal, der sich im angeschwollenen Teil zu einem Hohlraum er-
weiterte, der die beiden Kerne enthielt. Er stellte auch die feine
Streifung des Zellinhalts fest.
Mıx ScHuLTtzeE untersuchte die Kolben und ihr Verhalten im
polarisierten Licht, in welchem sie doppelt brechend erscheinen.
Sie bestehen nach ihm aus einem stark lichtbrechenden Stoff, in
dem man die beiden Kerne von feinkörnigem Plasma umgeben, und
einen in der Längsachse des Kolbens sich hinziehenden, manchmal
unterbrochenen Kanal finde. Dieser Kanal soll ebenfalls mit Plasma
ausgefüllt sein. Auch M. Schuntze stellt die Streifung des Plasmas
fest. Da die Erscheinungen bei Anwendung des polarisierten
Lichtes an die der quergestreiften Muskelfasern erinnern, so hielt
28
424 Hanns v. LENGERKEN.
M. Schuutze die Kolben für den Muskelfasern ähnliche Gebilde. a
Der Autor verfolgte Büschel von senkrecht die Cutis durchsetzenden
Bindegewebssträngen, die an den Fuß der Kolben herantreten und
in ihrem Innern manchmal einen dünnen Faden zeigen, der dem
Achsenzylinder einer Nervenfaser sehr ähnlich sieht. In einigen
Fällen sollen sogar an einen Kolben zwei Fasern herantreten, die
sich dann mit zwei kegelförmigen Fortsätzen des Kolbens vereinen.
Infolge seiner Befunde rechnete M. Schutze die Kolben zu den
peripheren Nervenendigungen.
F. E. Schutze unterwarf die bisherigen Forschungsergebnisse
einer Revision und stellte fest, daß die mit feinkörniger Masse er-
füllten Hohlräume im Innern der Kolben von beträchtlicher Größe
seien. Aus den Abbildungen, die der Verfasser seiner umfassenden
Arbeit beigibt, sind diese Verhältnisse ersichtlich. Ein Los-
lösen der Kolben von der Basalmembran konnte F. E. Schuzze nicht
beobachten. Er kam daher zu der Annahme, die Kolben entleerten
ihren Inhalt von Zeit zu Zeit innerhalb der Epidermis. Über die
Deutung der physiologischen Funktion äußert F. E. ScHuLze, die
Kolben verhielten sich ähnlich wie die Zellen unserer Hauttalg-
drüsen.
FoETTINGER stimmt im allgemeinen mit den Ansichten F. E.
Schuuze’s überein. Über die Konsistenz des Kolbeninhalts gibt er
an: „Ce contenu parait &tre form& d’une serie de lamelles enboitees.
les unes dans les autres...“ Im den Zellen treten zwei Kerne von
feinkörnigem Plasma umgeben auf. ForrTıngErR stellte fest, dab:
sich die Kolben von der Basalmembran loslösen. Als jüngste
Stadien traf er eiförmige Zellen an, die mit dem breiten Teil auf
der Cutis aufsitzen. Die erwachsenen Zellen sind kolbenförmig,
und ihr Inneres ist konzentrisch gestreift. Im Halse verläuft die
Streifung mit der Seitenfläche parallel.
Nach Ansicht des Verfassers findet ein Ausfluß des Kolben-
inhalts nicht statt, wie etwa bei den Becherzellen, die nach außen
ihr Sekret durch eine Öffnung ausgeben. Es findet vielmehr eine
Zerquetschung der Kolben zwischen den Epidermiszellen statt. Das
Sekret steigt in die Höhe und breitet sich auf der Oberfläche der
Haut aus. Die Kerne verschwinden dabei. An Stelle der aus-
getretenen Kolben bleiben Vakuolen zurück, von denen es heißt:
„On voit qu'il existe un certain nombre de vacuoles remplies d’un
liquide clair, mais dont les contours sont legerement granouleux.
Il n’y a pas de noyau a l’interieur.“
Zu sehr merkwürdigen Ergebnissen über die Natur der Kolben-
zellen gelangt PoGoJErF.
u De Se
al
ae = SE 32". STE rn
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 4525
Der Verfasser legt mit Max Scauutze den Kolbenzellen
nervösen Charakter bei. Eine Trennung der Kolben von der Basal-
membran hat der Verfasser nicht beobachtet. Er sagt: „Mit ihren
unteren Enden lagern sämtliche Kolben dem Corium an. .
Ebenso wie Max ScHuLtzE stellte er an in salpetersaurem
Silber behandelten Kolben eine Querstreifung des Halses und eine
konzentrische Streifung im erweiterten Teil des Kolbens fest. Im
Innern des Kolbens sah er einen Zylinder. Nach Behandlung mit
Gold treten im oberen Teil des Kolbens scharf markierte kon-
zentrische Streifen, „an denen man stellenweise kleine Punkte
wahrnehmen kann, welche sich wie kleine Zellen ausmachen“.
„Dieses Bild erinnert sehr an das Aussehen der äußeren Hülle von
Pıcmr’schen, HErBET’schen, Graxper'schen Körpern, mit anderen
Worten, wir können mit Recht sagen: die Kolben sind ausgerüstet
mit einer äußeren, endothelialen Hülle, welche mit kleinen Zellen
besetzt ist.“
Das Plasmaklümpchen um den Kern herum ist nach PoGoJErFF
„ein wohl organisierter Körper in Form eines Kolbens, welcher an den
Seiten mit kaum wahrnehmbaren Schüppchen oder richtiger Pünktchen
besetzt ist und in seinem oberen Teil in der Tat zwei Kerne, oder wie
es uns scheint, zwei Zellen, eine jede von ihnen mit einem Kern aus-
gerüstet,trägt“. Unddannheißtesweiter: „Vondieseminneren Zylinder
aus zieht gegen den unteren Teil des Kolbens, dem Halse desselben ent-
lang ein Faden, welcher, stellenweise unterbrochen, die äußerste
Grenze des Kolbens erreicht, ja sogar, wenn auch in selten
beobachteten Fällen, dieselbe verläßt.“ Nach der Behandlung
mit Gold nimmt nach PoGoJErrF dieses Gebilde eine intensiv violette
Farbe an. Der übrige Teil des Kolbens bleibt dagegen gänzlich
ungefärbt. „Der Faden im Inneren des Kolbens hat bisweilen
Ähnlichkeit mit einem Achsenzylinder, welchem in seinem Verlaufe
außerordentlich kleine Zellen in Form von Varikositäten anhaften.“
Diese Eigentümlichkeiten hat der Verfasser fast nie in einem
Kolben vereinigt gefunden. Der innere Zylinder besteht der nach An-
‚sicht des Autors aus einer körnigen Substanz „und dient gleichsam
als Kissen für den in ihn eintretenden Nerv, welcher nach mehr-
fachen Windungen „in den kleinen Zellen endet“. „Es sind diese
kleinen Zellen die eigentlichen Endapparate der sensiblen Nerven.“
Direkt an die Kolben ansetzende Nerven hat Pocoserr nicht
beobachten können, obgleich er im Corion -oft zum Epithel ver-
laufende Nervenfäden, die sich in feine Ästehen auflösten, gesehen
hat. Trotzdem ist der Autor von der nervösen Natur der Kolben
durchaus überzeugt.
28*
496 Hanns v. LENGERKEN.
Offenbar hat PoGoJEFF auch von der Basalmembran losgelöste
Kolben gesehen, er glaubt aber dann Schrägschnitte vor sich gehabt
zu haben.
Daß PocoJEerr die im Kolben auftretenden Erscheinungen
durchaus falsch gedeutet hat, wird aus der späteren Darlegung
hervorgehen.
Rrrzıus untersuchte besonders die Nervenendigungen in der
Haut der Petromyzonten und kommt zu folgendem Resultate: „Die
Kolbenzellen, welche seit ihrer Entwicklung hin und wieder als
etwaige Nervendapparate betrachtet worden sind, haben offenbar
keine derartige Bedeutung. Man sieht sie zwar die Nervenfasern
erreichen, diese Fasern biegen sich aber um ihre Wölbung herum
und setzen ihren Weg weiter nach außen hin fort, um in der
gewöhnlichen Weise interzellulär und mit freien Endästen zu
endigen.“
Kareukın schließt sich im großen und ganzen der Auffassung
PosoJErF's an. Er sagt wörtlich: „Mit viel größerer Sicherheit
kann man von der Existenz im Innern des Kolbens eines dünnen
nervösen Achsenzylinders reden, da sogar bei jeder Bearbeitung
man ein dünnes Fäserchen sehen kann, welches nach unten vom
Klümpchen des feinkörnigen Plasmas geht und in seinem Verlauf
schwache Belgungen bildet.“ Auf Schnitten, parallel zur Körper-
oberfläche, sah der Autor den homogenen Stoff Konzentrisch um das
Fäserchen herumgelagert. Nach Behandlung mit Golgi nahm das
Fäserchen eine sehr dunkle Farbe an und zeigte deutlich variköse
Verdickungen. Er sieht sich daher veranlaßt, die feine Faser für
einen nervösen Achsenzylinder zu halten.
Nach Fusarı treten die Kolbenzellen nicht in Verbindung mit
Nerven, und MaArencHı, der ebenfalls nach der Gorer’schen Methode
arbeitete, konnte dieselben Resultate zeitigen. Auf den Bildern,
die MarencHı seiner Arbeit beigefügt hat. sieht man die Nerven
entweder frei endigen oder nur in Verbindung mit spezifischen
Sinneszellen.
In seinem Lehrbuch der Vergleichenden Histologie geht K. C.
SCHNEIDER, nachdem er das Epiderm von Ammocoetes besprochen
hat, auch auf die Kolbenzellen ein. Es wird zunächst ihre äußere
Form beschrieben. Dann heißt es: „In der Achsenlinie der Zelle
findet sich ein durchlaufender zarter Streifen, der meist in locker
geordnete Körnerbrocken aufgelöst erscheint. An günstigen Prä-
paraten läßt sich nachweisen, daß er aus einer oder aus einem
Paar, bei Eisenhämatoxylinfärbung, Fibrillen in engspiraliger
Aufwindung besteht, die im distalen Zelldrittel undeutlich werden.
|
|
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. ...497
Der Form nach sind die Fibrillen zweifellos Neurofibrillen, so
daß also die Kolbenzellen als Sinneszellen aufzufassen
wären. Ob eine Verbindung der Zellen mit Nervenfasern vorliegt,
bleibt unbekannt.“
Die konzentrischen Schichtlinien im Plasma sollen nach K. C.
SCHNEIDER von Fibrillen vorgetäuscht werden. „Die Fibrillen be-
ginnen an der basalen Fläche und steigen, in starker Windung den
axialen Bereich umziehend, in der Zelle empor, wobei verschiedene
Gruppen von Fibrillen in verschiedener Richtung gewunden verlaufen.“
In seiner Figur bildet K. C. Scaseiper einen Kolben mit zwei
Kernen und einer Neuro- sowie einer Stützfibrille ab.
Wie man sieht, stehen sich zwei Ansichten gegenüber. Der
eine Teil der Forscher schreibt den Kolben sekretorische resp. ex-
kretorische Funktion zu, der andere sieht in ihnen mehr oder
weniger hochkomplizierte Nervenendigungen. Auf der einen Seite
befinden sich KöLLıker, F. E. SCHULZE, FOETTINGER, Retzıus, MAURER,
FUsarı, MARENGHtT, OXNER, NuUSBAUM und Kurczıckı”), auf der anderen
Max SCHULTZE, POGOJEFF, KarErkın und K. C. SCHNEIDER.
a) Der Längsstrang in den Kolben.
Mein Hauptaugenmerk richtete ich auf die Untersuchung des
Achsenfadens und sein Verhalten während der Entwicklung der
Kolbenzelle.
Zunächst suchte ich festzustellen, ob die Kolben sich von der
Basalmembran loslösen, oder ob sie, wie es von einigen Unter-
suchern behauptet - wurde, zeitlebens auf der Membran festsitzen
bleiben. Es stellte sich heraus, daß die Kolbenzellen tatsächlich
sich ablösen und zur Oberfläche wandern (Taf. XX, Fig. 3). Als
jüngstes Stadium in der Entwicklungsreihe der Kolben sah ich
stets kleine Elemente mit beinahe parallelen Seiten, die die untersten
Epidermiszellen nur wenig überragten, aber immer schon zwei
Kerne aufwiesen (Taf. XX, Fig. 3, Kb,). Eine Kernteilung habe
ich nicht beobachten können. Auch gelang es mir nicht, noch
Jüngere Stadien der Kolben, die doch offenbar vorhanden sein
müssen, festzustellen.
Die von in Pikrinsäure, Sublimat, Eisessig konservierten Tieren
stammenden Schnitte wurden nach Casan im umgekehrter Reihen-
folge behandelt. Die Kolben zeigten eine grünlich-gelbliche Tinktion,
*) E. Pawrowsky untersuchte die Haut von Schizothorax intermedius und
Capoeta heratensis und spricht den bei diesen Spezies vorkommenden Kolben-
zellen ebenfalls sekretorische Funktion zu. Norpguisr vertritt für Tinca
vulgaris dieselbe Ansicht.
498 Hanns v. LENGERKEN.
die „Fibrillen“ und Kerne waren rötlich gefärbt. Nach Nachfärbung
in Hämatoxylin erschien der Kolbeninhalt gelb und die Kerne so-
wie der Plasmastrang blau.
Die Kolben sind im Verhältnis zu den Epidermiszellen und im
Vergleich zu den Kolben des Aales sehr groß. Die Kerne nehmen,
wie schon oft beobachtet wurde, eine sehr verschiedene Lage im
Plasma der Zelle ein. Meist liegen sie jedoch dicht nebeneinander.
Das Plasma ist schon auf der jüngsten beobachteten Entwicklungsstufe
total modifiziert, was aus seinem färberischen Verhalten hervorgeht.
Die Zelle wächst in ähnlicher Weise wie bei Anguilla, erreicht
schließlich eine ganz bedeutende Größe und durchsetzt zehn bis
zwölf Epidermisschichten, ohne daß der Fuß sich von der Basal-
membran, die auch bei Petromyzon deutlich ausgebildet ist, loslöst.
Es verschmälert sich der ursprünglich sehr breite Fuß im Laufe
der Entwicklung, bis er sich loslöst und etwas abrundet (Taf. XX,
Fig. 3). Dicht unter der Epidermisoberfläche trifft man Kolben, die
offenbar eine starke Reduktion erfahren haben (Taf. XX, Fig. 3, Kb,;
Textfigur 6, 5), denn sie sind auffallend klein im Verhältnis zu den
in mittleren Lagen liegenden Kolben. Ein Heraustreten des Kolbens
aus der Epidermis habe ich nicht feststellen können. Die Kolben
lagen immer noch von mindestens einer Zellschicht überlagert in
dem Epiderm. Die Mehrkernigkeit (F. E. Schuzze stellte oft drei
Kerne fest) ist schon oben erwähnt worden. Das Plasma zeigt ein
wesentlich anderes Verhalten als bei Anguilla. Zunächst ist es
ausgesprochen acidophil und färbt sich mit Säuren durchaus gelb,
während sich das modifizierte Plasma bei Anguilla nur schwach
mit sauren Farbstoffen tingierte. Es liegt also auf der Hand, daß
bei Petromyzon fluviatilis das Plasma noch in etwas anderer Art
umgewandelt sein muß als bei Anguilla. Auch unterscheidet es
sich in bezug auf seine auffallende, in der Tat bestehende, Schichtung
vom Plasma der Anguilla, das stets homogen bleibt. Auch ich
konnte eine im oberen Teil des Kolbens konzentrische Schichtung
feststellen (Taf. XX, Fig. 3, SL)*). Diese nur äußerst schwach sicht-
baren Schichtlinien sind vielleicht der sukzessiven, aller Voraussicht
nach vom Kern ausgehenden Umbildung des Plasmas zuzuschreiben.
Allem Anschein nach tritt, bevor sich das Sekret bildet, diese
Modifizierung ein. Nervenfibrillen, die sogar kleine Knötchen auf-
wiesen, wie PoGoJEFF will, sind in dieser Erscheinung sicherlich
nicht zu suchen. Daß die Schichtung nur unter dem Einfluß der
Konservierungsflüssigkeit hervortritt, also demnach ein Kunstprodukt
*) Auf der Tafel nicht deutlich gekommen.
een wur:
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 429
wäre, ist auch nicht sehr wahrscheinlich. Ähnliche Erscheinungen
sind in einer neuerdings erschienenen Arbeit über die Histologie der
Hypophysis cerebri von W. STEnpDEL beobachtet worden. Der Ver-
fasser hat im Zwischenlappen der Hypophysis eines indischen
Elefanten Drüsenzellen gefunden, die nach Ansicht des Autors
bereits der Histolyse verfallen waren. Die Kolloidballen, also das
Sekret, zeigten im Innern Zentren mit konzentrischer Schichtung,
die STENDEL für Anzeichen der Degeneration hält.
Wir wenden uns nun zu den Vorgängen in der Fibrille In
einigen Kolbenzellen sieht man, wie schon gesagt, einen in der
größten Achse des Kolbens von den Kernen ausgehenden, in Häma-
toxylin sich blau färbenden, deutlich hervortretenden Strang. Auch
bei stärkster Vergrößerung bleibt dieser Strang homogen. Oft
liegen die Kerne in solchen mit einem feinen homogenen Achsen-
faden versehenen Zellen sehr weit in den der Basalmembran ent-
gegengesetzten Teil vorgerückt. Sie sind von einem sehr fein-
körnigen Plasma umgeben, und dieses Plasma entsendet einen all-
mählich sich nach der Basis der Zelle zu verjüngenden Faden.
Wir hätten also in der sogenannten „Fibrille“* einen
Plasmastrang vor uns, ganz ähnlich wie wir ihn bei Lepto-
cephalus und Anguilla bereits festgestellt haben. Der
Faden ist manchmal noch in älteren Zellen zu finden (Taf. XX,
Fig. 3, Pl. Str.), während er in manchen Fällen schon auf sehr früh-
zeitiger Entwicklungsstufe den später zu besprechenden Verände-
rungen unterliegt (Taf. XX, Fig. 4, 5). Die Textfigur 7 zeigt unter ı
einen solchen Faden, der sich an das Plasma um die Kerne herum
ansetzt.
Eine spiralige Aufrollung des Fadens habe ich ebenfalls ge-
sehen. Es ist dies aber stets eine Schrumpfungserscheinung, denn
ein solcher Faden tritt stets ausschließlich in solchen Kolben auf,
die ebenfalls infolge der Konservierungsflüssigkeit deformiert sind
und sich ganz von den angrenzenden Epidermiszellen gelöst haben,
so daß zwischen Kolben und Epidermiszellen ein Hohlraum ent-
steht. Der Fuß solcher Zellen zeigt deutliche Verwerfungen und
Verziehungen. Die Feststellung K. C. Scuxeiper’s, es handle sich
um zwei Fibrillen, führe ich auf den Umstand zurück, daß der
Faden manchmal Varikositäten aufweist, die leicht eine derartige
Deutung, wie sie K. C. Scaweıper bringt, hervorrufen können.
An Stelle des feinen Fadens, den ich, wie schon gesagt, für
Plasma halte, tritt in einer späteren Entwicklungsstufe das oft
sehr grobgranulierte Sekret auf, welches basophil reagiert. Es ist
das körnige Plasma der früheren Autoren (Textfig. 7,2). Dieser
430 Hanns v. LENGERKEN.
granulierte Strang ist nicht gleichmäßig. Er zeigt vielmehr an
verschiedenen Stellen Verdickungen in Form von Knoten, manchmal
ist er nach der Basis der Zelle zu verdickt (Taf. xx, Fig. 4).
Öfters treten seitliche Äste auf, die vom Hauptstrang der körnigen
Masse ausgehen und sich in das
Plasma hinein fortsetzen (Taf. XX,
Fig. 4, 5).
Dieses körnige Sekret wird
nun verflüssigt, und zwar beginnt
der Vorgang um den Kern herum,
so daß wir die Sekretvakuole zu-
nächst um den Kern herum vor-
finden. Die Verflüssigung schreitet
dann weiter fort in der Richtung
3 des früheren Plasmastranges. Man |
BE sieht öfter auf Schnitten Kolben,
Entstehung des granulierten Sekretes Dei denen schon die Hälfte des
und der mit acidophilen Sekret an- granulierten Sekrets verflüssigt
gefüllten Vakuole in den Kolben von ist, während der Rest noch als
Er er N ihrer en gr granulierter Strang vorhanden
Epiderms. (Schematisch.) ist. Im Laufe der Reifevorgänge
wird aber alles Sekret bis zur
Basis des Kolbens verflüssigt. Das nun vorliegende reife Sekret
reagiert acidophil. Es entstehen Bilder, wie eines in Textfigur 7
unter s abgebildet ist. Mit der Loslösung und partiellen Abrundung
.-——— nn nu eo. 2.2 2 u... -.-. .-. en
® K.
A pi =
:, A eR 7
EEE
S . .
4 a eh 3 2
Fig. 6. Schematische Darstellung des Loslösens des Kolbens von der Basal-
membran, der Reduktion der Kerne und der Lage der Sekretvakuole in den
Kolben von Petromyzon flwviatilis L.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 431
des Kolbens ist auch ein entsprechender Vorgang bei der Sekret-
vakuole festzustellen (Textfigur 6 unter >, sund.«). Die Form der
Vakuole ist sehr unregelmäßig und zeigt verschiedentlich Aus-
buchtungen.
Der Kern unterliegt einer Reduktion (Textfigur 6 unter 3
und ,). In einigen Zellen sind in der Sekretvakuole nur noch
einige Bröckchen, Reste der Kerne, bemerkbar. Die Kerne liegen
meist in der Mitte des Sekretes, öfter aber auch an den Wänden
der Sekretvakuole. Eine völlige Reduktion scheint erst relativ
spät einzutreten, jedenfalls viel später als beim Aal. Man sieht
oft noch in sichtlich degenerierten Kolben, die dicht unter der
Oberfläche liegen, mindestens einen Kern erhalten, jedoch atrophiert
auch dieser schließlich vollständig (Textfigur 6 unter >).
In einem Punkte unterscheiden sich die Kolbenzellen von
Petromyzon fluwviatilis in ihrem Verhalten wesentlich von den ähn-
lichen Gebilden bei Anguilla. Es erweckt nämlich den Anschein,
als ob das Sekret in den Kolben von Petromyzon in irgendwelcher
Weise während des Emporrückens nach dex Oberfläche verausgabt
würde, was bei Anguilla nie der Fall ist, und zwar kann dieses
nur in den obersten Schichten der Epidermis geschehen, da in den
mittleren die Kolben noch alle Sekret führen und die natürliche
Größe und Gestalt aufweisen. In einem Kolben, der dicht unter
der Oberfläche liegt, fehlen nicht nur die Kerne gänzlich, man kann
auch keine Spur des Sekretes mehr auffinden. Ich nehme daher
an, daß die sehr geschrumpfte Zelle nur noch aus dem modifizierten
Plasma besteht.
Es wäre immerhin möglich, daß noch Reste des Sekrets vor-
handen sind, die sich nun infolge ihrer übereinstimmenden Färbung
mit dem Plasma der Zelle nicht feststellen lassen. Aber eine
Materialabgabe hat entschieden stattgefunden. Dafür spricht die
sehr stark vorgeschrittene Verkleinerung der Zelle, welche oft nur
noch ein Drittel so groß ist, wie die in mittleren Lagen befind-
lichen Kolben. Es kann nun eigentlich nur das Sekret verausgabt
worden sein, und die Beobachtung, daß in den dicht unter der
Oberfläche liegenden Kolben kein Sekret mehr zu erkennen ist,
würde durch die vorangehende Überlegung auch theoretisch ge-
stützt. Auf welche Weise die Entleerung des Sekrets vor sich
geht, kann ich nicht sagen. Eine Öffnung habe ich nicht beob-
achtet. Wahrscheinlich wird die Ausscheidung durch Diffusion
erfolgen.
Über die definitive, am Schluß der Entwicklung erlangte Gestalt
ist zu sagen, daß eine vollständig kugelige Form, wie bei Anguilla,
432 Hanns v. LENGERKEN.
an dem Kolben des Petromyzon nie festzustellen ist. Er weist
immer noch einen zur Basalmembran gerichteten Fuß auf (Taf. XX,
Fig. 3, Kb,). (Textfigur 6 unter ;.)
Ich komme zu folgendem Resultat: Die Kolbenzellen sind
bei Petromyzon flwviatilis L. ebensowenig nervöse Ele-
mente wie bei Anguilla und Leptocephalus. Sie sind ein-
zellige Drüsen, denen sekretorische Funktion zukommt. Von einem
Exkret kann nicht die Rede sein, da die Kolben offensichtlich ihr
Sekret in den oberen Zellschichten der Epidermis entleeren. Wahr-
scheinlich wird der plasmatische Restbestand allmählich mit den
oberen Epidermzellen abgerieben. Ob in den dicht unter der Ober-
fläche liegenden, stark reduzierten Zellen nicht doch noch Sekret-
reste vorhanden sind, will ich nicht entscheiden, da es, wie ich
bereits bemerkte, nicht unmöglich ist, daß das Sekret fast dieselbe
Färbung besitzt, wie das modifizierte Kolbenplasma. Höchstwahr-
scheinlich jedoch hat man in den ältesten Kolben sekretlose Zellen
zu sehen.
IV. Die Kolben von Petromyzon planeri BL.
MıAx ScHuLtze äußert sich über die Kolben von Petromyzon
planeri Bu. folgendermaßen: „Eigentümlich fand ich die Gestalt
der Kolben bei einem Exemplare von Petromyzon planeri Bu.,
insofern dieselben hier nicht mehr oval oder in Form einer ab-
gestumpften Glasglocke erschienen. Das Protoplasma setzte sich
bei diesen von der Mitte in einen bis an das untere Ende reichenden
Kanal fort, welcher so weit war, daß oft einer von den beiden
runden Kernen, die stets im Protoplasma gefunden werden, in
diesem Kanal ganz nahe am unteren Ende lag.“
Sehr eingehend sind die Kolben von Petromyzon planeri Bu.
von H. Mürter behandelt. Er beobachtete, wie sich die Zellen
von der Basalmembran loslösten, sich abrundeten und keinerlei
Fortsatz mehr zur Cutis aufwiesen. Er schreibt: „Wieder andere,
wohl ausgebildete Exemplare des kleinen Petromyzon zeigten die
in mittlerer Menge vorhandenen Kolben durch junge, indifferente
Zellen von der Cutis verdrängt, und zu eigentümlichen Formen
umgebildet.... Unter manchen Kolben stand eine junge Zelle, deren
oben abgerundetes Ende in einer tiefen Höhle des Kolbens
steckte... Diese Formen lassen kaum eine andere Deutung zu, als
daß die Kolben von jungen Zellen verdrängt werden.“
Der Verfasser stellt in seinen der Arbeit beigegebenen Figuren
eine ganze Entwicklungsreihe von Kolbenzellen auf, die mit kleinen
halbkugeligen Elementen beginnt, über die mit breitem Fuß ver-
‚ zu +
eIETWETBEN, \
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 433
sehenen Kolben geht, schließlich nur noch einen sehr schmalen
Fortsatz aufweist, und zuletzt sich ablöst.
Von einem Auftreten des Fadens im Innern der Kolbenzelle
spricht er nicht. Da er aber beim ebenfalls von ihm untersuchten
Petromyzon fluviatilis L. die feine, in der Längsachse verlaufende
Fibrille sah, hält er die von M. SchuLtze geäußerte Ansicht über
die physiologische Funktion der Kolben für wahrscheinlich, aber
nicht für bewiesen.
F. E. Schutze bestätigt die Beobachtungen H. MüLter’s und
gibt an: „In der obersten Epidermisschicht endlich trifft man nur
noch unregelmäßig rundliche oder selbst platt kuchenförmige Kolben
an, welche sich, .... durch Kleinheit, Fehlen des körnigen Protoplasmas
und eines deutlichen Kernes, sowie durch besonders starkes Licht-
brechungsvermögen auszeichnen. Solche veränderte Kolben habe ich
vielfach dicht unter der äußersten Zellenlage gefunden, so daß wohl
kein Zweifel darüber bestehen kann, daß sie beim Ausfallen einer dar-
über liegenden Zelle selbst auf die Oberfläche dieses Fisches gelangen.“
Die auf Tafel VII, Fig. 1 von 'F. E. ScHuLzE reproduzierte
Zeichnung erläutert diese Verhältnisse.
LAnGErRHANs hat merkwürdigerweise keine Schleimzellen der
Epidermis des Petromyzon planeri gefunden. In betrefi des Baues
der Kolbenzellen erklärt er sich mit F. E. ScHULZE für einverstanden,
doch glaubt er nicht an eine sekretorische Funktion der Kolben,
da er nie in den oberen Schichten des Epiderms Kolben gesehen hat.
ForTTinser hat ebenfalls die Kolben von Petr. planerı Bu.
untersucht und kommt zu dem Resultat: Or, par des coupes
transversales, jai pu m’assurer que parmi ces massues il yen a
qui s’ecartent du derme et que d’autres sortent m&me de l’epiderme
pour s’etaler a sa surface.“
Ich untersuchte die Kolbenzellen an einem in Fremmme’scher
Lösung konservierten Exemplar und fand nur solche, die auf der
Basalmembran festsaßen, und zwar in verschiedener Größe in sehr
regelmäßiger Verteilung über sämtliche Teile der Epidermis. Da
nun verschiedene Autoren dieselbe Erscheinung beobachtet haben,
z. B. F. E. Schuzze für Petromyzon flwviatilis L., so nehme ich an,
daß die Reife und Loslösung der Kolben von der Basalmembran,
durch die Jahreszeit bedingt wird, obgleich Oxner angegeben hat,
daß die Jahreszeiten keinen direkten Einfluß auf das Vorkommen
und die Verteilung der Kolben ausübt. Einen ähnlichen Fall konnte
Maurer bei einem Barbus flwviatilis feststellen, bei dem alle Kolben-
zellen gleichmäßig ausgebildet waren und keine sich von der
Basalmembran losgelöst hatte.
Hanns v. LENGERKEN.
434
Ich kann leider nicht angeben, wann das von mir untersuchte =
Tier erbeutet wurde. B
Das Plasma in den Zellen ebenfalls wie bei ei |
S.
K:
Photogramm 9. Flächenschnitt durch die Epidermis von Petromyzon planeri
Br., welcher die Schichtlinien im Plasma deutlich zeigt. Flemming, Pikrius,
Säurefuchsin, Gren. Haemat. Vergr. 1:800.
einem Flächenschnitt hergestellt wurde, deutlich sichtbar ist. Die bei-
. gefügte Textfigur 8 illustriert diese Angabe ebenfalls.
Ursprünglich, in sehr jungen Zellen, ist die Schichtung kon-
zentrisch um die Kerne herum gelagert (Textfigur 8, ı). Später
4 Br 3. #
Fig. 8. Anlage des Sekretes in den Kolben von Petromyzon planeri Bu. und
Schichtung des Plasmas. (Schematisch.)
wird sie an den Stellen, wo sich das Sekret bildet, durchbrochen,
und mit dem Wachstum der Zelle nehmen die Schichtlinien eine
immer gestrecktere Form an, bis sie zuletzt fast senkrecht zur
"
, De TE Eee
a ch ar, u ”
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 435
Basalmembran stehen. Ich habe in den Kolben keinen in der
Längsachse liegenden Strang sehen können.
Die Kolben sind ebenfalls, wie bei Petromyzon fluviatilis L.
sekretführend. Es befindet sich oft schon in sehr jungen Kolben,
die noch kleine Hügelchen darstellen, um die Kerne herum ein
vom modifizierten Plasma, welches typisch acidophil ist, sich gut
abhebender Tropfen (Textfigur 8 unter ı), welcher ebenfalls sauer
reagiert, sich aber bedeutend heller tingiert. In etwas größeren
Kolben hat sich dieses Sekret nach dem oberen Teil der Zelle
hinaufgezogen und kommt in mehr gestreckter Form vor. Oft kann
man auch eine unregelmäßige Gestalt des Sekrettropfens bemerken,
wie sie in Textfigur 8 unter « dargestellt ist. Es hat den Anschein,
als wenn dieses Sekret auf einem bestimmten Stadium körnig wäre,
entsprechend den ähnlichen Erscheinungen bei Petromyzon fluviatilisL.
Ich fand im oberen Teile einiger Kolben sich in Hämatoxylin
schwach färbende, sehr feine Granulae, welche mir Reste dieses
basophilen Sekretes zu sein schienen. Vorgänge, wie bei Petromyzon
flwviatilis L., konnte ich bei planerı nicht feststellen.
Eine Öffnung in der Oberfläche des Kolbens, aus welcher das
Sekret heraustreten könnte, habe ich nicht gefunden. Eine solche
ist auch nicht anzunehmen, da wir ja nach den Untersuchungen
von H. Mürter und F. E. Schutze wissen, daß auch bei Petr. planeri
Br. die Kolben sich von der Basalmembran loslösen. Ob eine
Sekretausgabe, wie ich sie bei Petromyzon fluviatilis L. beobachtet
habe, in den obersten Schichten der Epidermis stattfindet, kann
ich nicht sagen, weil bei dem von mir untersuchten Exemplare
die Kolben alle auf der Basalmembran festsaben.
Wie besonders aus den Ausführungen von H. MÜLLER und
F. E. Schuzze hervorgeht, kaun es sich bei den Kolben von
Petromyzon planeri Br. auch nur um einzellige drüsige Gebilde
sekretorischer Funktion handeln. Nervöse Elemente liegen hier
ebensowenig vor, wie bei Leptocephalus, Anguilla und Petromyzon
fluviatilis L.
V. Vergleich der Kolben bei bisher untersuchten
Fischarten.
Oxner stellt in seiner Arbeit 39 Arten von Fischen zusammen,
bei denen er die Kolbenzellen untersucht hat. In dieser Aufzählung
sind auch die von früheren Autoren behandelter Spezies aufgeführt.
Aus der Liste ist ersichtlich, daß Kolben bei Knochenfischen nur
bei Physostomen vorkommen, mit Ausnahme der Familien der
436 Hanns v. LENGERKEN.
Salmoniden*). Nach der Ansicht Oxxer’s ist es noch nicht sicher,
ob die kolbenförmigen Gebilde der Gadiden und eine Anzahl von
marinen Acanthopteren als wirkliche Kolbenzellen zu betrachten
sind. Bei sehr nahe verwandten Familien können die Kolben fehlen
oder vorhanden sein. | |
Gestalt und Lage der Kolben ist bei allen Gattungen sehr
variabel und hängt von dem jeweiligen Entwicklungsstadium ab.
Die jüngsten Kolben sitzen auf der Basalmembran und haben, wie
Oxner schreibt, Form und Größe der zylindrischen Zellen des
Stratum germimatwum. Die Kolben rücken unter Wachstums-
erscheinungen in die mittleren Lagen der Epidermis hinauf und
lösen sich von der Basalmembran gänzlich los. Hier wird die
typische Kolbengestalt erreicht. Die Kolben nehmen von nun an
während des Emporrückens immer mehr an Volumen ab, werden
rundlich, manchmal abgeplattet und rücken ganz dicht unter die
freie Oberfläche. Schließlich werden sie wahrscheinlich nach der
Ansicht Oxxer’s nach außen abgestoßen. Während ihres Hinauf-
wanderns erleiden sie durch die Druckwirkung der angrenzenden
Zellen oft Deformationen. Die Gestalt der Kolben hängt außerdem
von der Dicke der Epidermis ab.
Die Vorgänge im Kern sind bei allen Kolben ziemlich über-
einstimmend, insofern nämlich, als mit einer anfänglichen Vergrößerung
des Kernes unter Nucleolenbildung während des Wachstums der
Zelle, eine spätere Reduktion verbunden ist, die zur völligen Auf-
lösung des Kernes in den reifen Kolbenzellen führt.
Nach meinen Befunden entsteht das Sekret bei ZLeptocephalus
nicht intranukleär, wie Oxnxer angibt, sondern tritt ebenso wie
bei Anguilla und den Petromyzonten zuerst im mehr oder weniger
modifizierten Plasma auf. In den Kolben der meisten Fische wird
kein vom Plasma differenziertes Sekret gebildet, vielmehr unterliegt
das Plasma selbst einer totalen Umwandlung. Bereits F. E. SCHULZE
stellte diesen Hauptunterschied der Kolben untereinander fest.
F. E. Schuzze schreibt: „Ein sehr in die Augen fallender Unter-
schied ergibt sich zunächst zwischen den Kolben von Leueiscus,
Tinca, Cobitis und Silurus einerseits und denjenigen von Petromyzon
und Anguilla andererseits dadurch, daß bei jenen vier Physostomen
im Innern der gleichmäßig und ziemlich stark lichtbrechenden
Substanz, welche die Hauptmasse des ganzen Kolbens bildet, sich
stets nur ein bläschenförmiger Kern mit oft verschwindend wenig
*) Von Pawrowsky wurde Schizothorax und Capreta, von NoRpquIsT
Tinca vulgaris untersucht.
EEE FE
us
ww Fan A nm au
BIT are
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 437
feinkörnigem Protoplasma befindet, während bei den meisten Kolben
der Aalhaut und fast allen größeren der Neunaugenepidermis sich
neben diesem Protoplasma mit einem oder zwei Kernen noch ein
eigentümlicher mehr oder minder scharf begrenzter rundlicher Hohl-
raum angetroffen wird, welcher mit einer dünnflüssigen, hellen,
weniger stark lichtbrechenden Substanz gefüllt erscheint.“
Hier ist also schon die Einteilung der Kolben in solche ohne
vom übrigen Plasma diiferenziertes Sekret und solche, in denen es
zur Ausbildung einer abgesetzten Sekretvakuole kommt, gegeben.
Wir haben im Laufe der Untersuchungen gesehen, wie in den
Kolben von Petromyzon flwiatılis L. und Petr. planerı Bu. sowie
auch bei Leptocephalus und Anguilla in den Zellen Sekret gebildet
wird.
MAURER studierte unter anderem auch die Haut von Barbus
fluviatilis Ac., und aus seinen Ausführungen sowohl als nach seiner
Abbildung möchte ich schließen, daß bei der Barbe ebenfalls Kolben
vorliegen, die in ähnlicher Weise ein Sekret ausbilden, wie Petromyzon
fluviatilis L. und Anguilla vulgaris L.
Nach Oxxer’s Meinung stellen die Kolben von Oyprinus
carpio L. eine Übergangsform zwischen gewöhnlichen Kolbenzellen
und denjenigen, bei welchen es zur Ausbildung eines besonderen
Sekretes kommt, dar. Maurzx schreibt den Kolbenzellen exkretorische
Funktion zu. Auch dieser Autor hat durchweg beobachtet, wie
die Kolben als ganze Gebilde, nach Erreichung der Oberfläche,
abgestoßen werden. Er, wie auch später Oxxer, wollen außerdem
die Kolben als Stützelemente der Epidermis auffassen. Oxxer schließt
sich der Ansicht Maurer’s in betreft des exkretorischen Charakters
der Kolbenzellen an, indem er anführt, es käme zur Ausbildung
spezifischer Produkte in ihnen, die nach außen befördert würden.
Ich muß die Deutung, die naheliegendste und zugleich wahr-
scheinlichste vorziehen, nämlich in den Kolben durchweg
sekretorische einzellige Gebilde zu sehen, die den Zweck
haben, die Oberfläche zu glätten. Nebenbei mögen sie noch andere
Funktionen haben, die sich bisher nicht haben ermitteln lassen.
Ihr Sekret könnte z. B. irgendwelche Substanzen zum Schutz der
Epidermis gegen Parasiten enthalten. Für die Annahme der rein
sekretorischen Tätigkeit spricht vor allem das Austreten des Sekretes
bei Petromyzon flwviatilis in den oberen Epidermisschichten.
Als nervöse Gebilde sind die Kolben in keiner Weise
anzusprechen.
Ich möchte die von Stupnicka beschriebenen „sackförmigen
serösen Drüsenzellen“ in der Haut von Lepadogaster nicht unerwähnt
438 Hanns v. LENGERKEN.
lassen. Es sind dieses Zellen, mit einem Ausführungsgang, durch
welchen der Inhalt der Drüse auf die Oberfläche gelangt. Hase
hat bei Oyelopterus lumpus ähnliche Gebilde gefunden und ist ge-
neigt, diese Elemente den Kolbenzellen anzureihen. Er schlägt vor,
sie „offene Kolben“ zu nennen. Sie verhalten sich nach Hasr’s
Angabe färberisch ebenso wie die Kolben anderer Fische. Solange
sie noch geschlossen bleiben, sollen sie ebenfalls wie die geschlossenen
Kolben an Größe abnehmen und ihr Sekret durch Diffusion abgeben,
nach Ausbildung des Kanals erfolgte der Austritt eben durch diesen
Weg. „Bei aiten Tieren werden sie über die Schuppenanlage aus-
gequetscht.“
Ähnliche seröse Drüsenzellen mit halsförmiger Verengung und
körnigen Sekreten fanden Nussaum und Kurezyckı bei einer
jugendlichen Form von Fierasfer dentatus Em.
Literatur.
Ein sehr ausführliches Literaturverzeichnis über die für die Fisch-
epidermis in betracht kommenden Arbeiten befindet sich in Hase’s Arbeit
„Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L.“, so daß ich nur die
für die vorliegenden Untersuchungen wichtigen Arbeiten anführe.
1851. Leyois, Fr., Über die Haut einiger Süßwasserfische. Ztschr. f. wissensch.
Zool. Bd. Il.
1860. KöLuıker, A., Über den Inhalt der Schleimsäcke der Myxinoiden und
die Epidermis der Neunaugen. Würzburger Naturw. Zeitschr. Bd. 1.
1861. Scauuzze, M., Die kolbenförmigen Gebilde in der Haut von Petromyzon
und ihr Verhalten im polarisierten Licht. Arch. f. anat., physik. und
wissensch. Medizin 1864.
1864. Mürter, H., Bemerkungen über die Epidermis von Petromyzon. Würz-
burger naturw. Zeitschr., Bd. V.
1867. ScHuLze, F.E., Epithel und Drüsenzellen. Arch. f. mikrosk. Anatomie.
Bd. M.
1873. LAnGERHAnNs, P., Untersuchungen über Petromyzon Planeri. Sonderabdr.
aus dem Bericht über die Verhandlg. d. naturf. Gesellsch. zu Freiburg
i.B. Bd. VI, Heft 3.
1876. FOETTINGER, A., Recherches sur la structure de l’epiderme des Cyclo-
stomes. Bulletin de l’Acad&emie Royale de Belgique. Serie 2, T. LXI.
1879. Leyvıs, F., Hautdecke und Hautsinnesorgane der Fische. Festschrift
der naturf. Gesellsch. in Halle a. S. 1889.
1889. PoGoJErr, Über die Haut des Neunauges. Arch. f. mikrosk. Anatomie,
Bd. XXXIV.
1892. ScauLze, F. E., Freie Nervenendigungen in der Epidermis der Knochen-
fische. Sitzungsber. der Kgl. Preuß. Akad. der Wissenschaften.
1892. Rerzıus, G., Die sensiblen Nervenorgane in der Haut des Petromyzons.
Biol. Unters., Bd. II.
1835. Maurer, F., Die Epidermis und ihre Abkömmlinge. Leipzig, Engelmann.
1895. Leyoıs, F., Integument und Hautsinnesorgane der Knochenfische. Zool.
Jahrb., Bd. 8.
1897.
1901.
1902.
1903.
1905.
1906.
1906.
1908.
2311,
1911.
1912.
1913.
Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 439
KarpeLkıs, Der histologische Bau der Haut von Petromyzon. Bullet.
Soc. Nat. Moscou, T.X.
Fusarı, Presentation de preparations microskopiques demonstrant les
terminaisons nerveuses dans les muscles stries, dans l’epidermide et
dans l’Epithelium de la cavit& buccule de l’Ammoceetes branch. Comptes
rend. de l’Assoc. des Anat. & Lyon.
SCHNEIDER, K. G., Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere.
MARENGHI, G., Alcune particularitä di struttura e di innervazione della
eute dell’Ammocoetes branch. Zeitschr. f. wissensch. Zool., Bd. LXXV,
Heft 3.
OxsEr, M., Über die Kolbenzellen in der Epidermis der Fische, ihre
Form, Verteilung, Entstehung und Bedeutung. Jenaische Zeitschr. f.
Naturw., Bd. 40.
NusBaum, J., und Kurczıckı, W., Materialien zur vergleichenden Histo-
logie der Hautdecke der Wirbeltiere. Anat. Anzeiger, Bd. 28.
STUDNICKA, F. K., Drüsenzellen und Cuticulargebilde der Epidermis von
Lepadigaster. Anat. Anzeiger, Bd. 29.
Norpguist, H., Zur Kenntnis der Kolbenzellen der Schleie (Tinca vulgaris
Cuv.). Zoolog. Anz. 1908.
Pawrowsky, E., Über den Bau von Haut und Lippen bei Schizothorax
intermedius und Capoeta heratensis. Zool. Jahrb. 1911. Anat. u. Ontog.
Hase, Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. (Beiträge
zur Kenntnis der Entwicklung der Haut und des Hautskelettes von
Knochenfischen.) Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. 47. Neue Folge
Bd. 40.
Hsırıse, K., Zur Kenntnis der Seitenorgane von Fischen und Amphibien.
Arch. f. Anat. und Physiol. Anat. Abtlg.
STENDELL, W. Zur vergleichenden Anatomie und Histologie der Hypo-
physis cerebri. Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 82, Abt. 1.
Erklärung der Abkürzungen an den Figuren.
B, bis B,.. . - = Becherzellen. CT — Körnerzelle.
Be rs = Basalmembran. TEE. —= Kernmembran.
a = (orion. ne — Muskulatur.
EEE — Epidermiszelle. N SEE ar — Nucleolus.
EN FE E Rt, = Hohlraum. Pl.Str.. . . . . = Plasmastrang.
N ee —= Kern. a SE = Sekret.
Kb, bis Kbs . . = Kolbenzelle. SI. .... 0. .= Schichtungslinie.
Erklärung der Figuren.
Tafel XVII.
Fig. 1. Kolbenzellen von Leptocephalus in verschiedenen Entwicklungsstadien.
Kb, junger Kolben; Kb». bis Kbs verschiedene Entwicklungsstadien;
Bm Basalmembran. Nach Transversalschnitten gezeichnet. In Alkohol
konserviert. Grenachers Hämatoxylin. Vergr. 1: 750.
Fig. 2. Ein Kolben von Leptocephalus, in welchem das an Stelle des ur-
sprünglichen Plasmastranges getretene Sekret sichtbar ist. Vergr.
1: 1000.
29
440 Hanns v. LENGERKEN! Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon.
Fig. 3.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Oo
Kern mit Kernmembran und Nucleolus von Sekret umgeben. Trans-
versalschnitt. In Alkohol konserviert. Gren. Häm. Vergr. 1:3300. _
(Leptocephalus.) |
Transversalschnitt durch die Epidermis der Zunge eines 30 cm
langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.
Kolbenzellen von Leptocephalus auf der Basalmembran festsitzend.
In der einen ist der Plasmastrang (Pl. Str.) aufgetreten, um den
Kern (Ka) hat sich der helle Hof gebildet. In Alkohol konserviert.
Grenachers Hämatoxylin. Vergr. 1: 1000,
Transversalschnitt durch die Epidermis der Körpermitte des Steig-
aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 1860.
Ein Kolben von Leptocephalus, von der Basalmembran losgelöst.
Gren. Häm. Vergr. 1: 550.
Kolben von Leptocephalus verschiedenen Alters. Kb festsitzender
Kolben; KXbz ein Kolben in Aufwärtswanderung begriffen; Kb, los-
gelöster Kolben. Transversalschnitt. In Alkohol konserviert. Gren.
Haem. Vergr. 1:550.
Tafel XVIIL
Frontalschnitt durch den Opercularsaum (Velum) des Operculums
eines 40 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:330.
Transversalschnitt durch die Epidermis in dem Winkel, den die
Rückenflosse mit der dorsalen Haut bildet. Flemming, Gren. Häm.
Vergr. 1: 700.
Transversalschnitt durch den von der Körperepidermis gebildeten
Saum der Kiemenöffnung eines 40 cm langen Aales. Flemming,
Gren. Häm. Vergr. 1:700.
Transversalschnitt durch die ventrale Kopfhaut eines 40 cm langen
Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.
Transversalschnitt durch die dorsale Epidermis des Körperendes
eines 35 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 700.
Tafel XIX.
Transversalschnitt durch die dorsale Epidermis der Körpermitte eines
30 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.
Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut zwischen den Augen
eines 45 cm langen Aales. NaCl, Subl. Osmium Heidenhain. Vergr.
1: 700.
Transversalschnitt durch die laterale Epidermis des Schwanzteiles
eines 45 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 650.
Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut vor den Augen eines
40 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.
Tafel XX.
Transversalschnitt durch die ventrale Epidermis der Körpermitte
eines 30 cm langen Aales. Flemming, Gren. Haem. Vergr. 1: 700.
Transversalschnitt durch die Epidermis der lateralen Körpermitte
eines 45 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 650.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. November 1913. 441
£
2
$
Fig. 3. Transversalschnitt durch die Epidermis der Körpermitte von Petro-
myzon flwviatilis L. Kbı junger Kolben; Kb Kolben auf der Basal-
membran festsitzend mit Plasmastrang (P!. Str.); Kbs ein dicht unter
der Epidermis liegender Kolben. Pikrin, Sublimat, Eisessig. Cajal
umgekehrt. Vergr. 1:3300.
Fig. 4. Kolben auf einem Transversalschnitt durch die laterale Haut der
Körpermitte von Petromyzon flwiatilis L. $ Sekret, K die beiden
Kerne. Pikrinsäure, Sublimat, Eisessig. Cajal umgekehrt. Vergr.
1: 3000.
Fig. 5. Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut von Petromyzon flu-
viatilis L. Kbı junger Kolben mit Sekretstrang; Kb größerer
Kolben ebenfalls mit Sekret (S). Pikrinsäure, Sublimat-Eisessig.
Cajal umgekehrt. Vergr. 1: 3000.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. November 1913.
H. v. LENGERKEN: Über die Kolbenzellen bei Anguilla und
Petromyzon.
R. STOBBE: Über Mallophagen.
ED. JAHN: Über Enteridium maeandrinum EHREne.
P. MATSCHIE: Über die Gnus.
Druck von A. Hopfer in Burg b. M.
4
Auszug aus den Gesetzen
der
Gesellschaft NaturforschenderFreu 0
zu Berlin.
Die; im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Natur
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung iR
zur Beförderung der Natur wissenschaft, insbesondere der
Biontologie.
Die Gesellschaft besteht aus or Fendlchel, auberorgepBa ”
lichen und Ehrenmitgliedern. En
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister. ur
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränken
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und
Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen >
Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das
„Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- Ba
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.
2% 2
Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme ”
der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, %
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.
m
Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind
an den Sekretär, Herrn Dr. K . Grünberg, RER N u Y
Invalidenstr. 43, zu richten. 4
DEC 6 196
3938
Bi Sitzungsberichte
#& Gesellschaft:
Naturforschender Freunde
zu Berlin.
- Nr. 10. Dezember 1913.
INHALT: Sy
‚Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913 . .. 2... .... 443
- Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika. Von Dr. Frrmz Nıeven . . 449
Über Blatt-Epidermen einiger fossilen Pteridospermen. Von R. H. Poronıt. . 453
Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. Von GuIDo GERMERSHAUSEN 462
. Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher . . . 536
. Zweite wissenschaftliche Sitzung am 16. Dezember 1913 . .. 2... .... 545
BERLIN.
In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN,
NW Carustrasse 11.
1914.
G
= en Lug -
Sr
KL
„
e
Lust
SEEN EDOIR LI
r J F
J LART me, T
- jy -
DEE 6 195
Nr. 10. 1913
Sitzungsbericht
der
(Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
vom 9. Dezember 1913.
Vorsitzender: Herr P. MATSCHIE.
Der Vorsitzende erstattete den Bericht über das ablaufende Geschäftsjahr.
Herr O. Heınrkora sprach über Archaeopteryx im Vergleich mit Sporenkuckuck
(Centropus phasianus) und Elster (Pica pica).
Herr G. Torsıer sprach über Entwicklung und Gebrauchswert des Wirbel-
tierschädels.
Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913.
Unseren Satzungen gemäß soll der Vorsitzende in einer vor
dem Beginne des neuen (Geschäftsjahres stattfindenden Jahres-
versammlung einen Bericht über das vergangene Geschäftsjahr vor-
lesen und das Ergebnis der Neuwahl des Vorstandes für das nächste
Geschäftsjahr veröffentlichen. Auch können aus der Reihe der
außerordentlichen Mitglieder in dieser Versammlung Anträge ge-
stellt und zur Erörterung gebracht werden.
Der Bericht über die Ereignisse, welche im Jahre 1913 unsere
Gesellschaft berührt haben, wird im wesentlichen freundliche Ein-
drückehinterlassen. Allerdingssind unsauch trübe Tage nicht erspart
geblieben. Mit Wehmut gedenken wir des Ablebens zweier unserer
tätigsten ordentlichen Mitglieder. Professor Dr. PAUL ASCHERSON
und der Geheime Bergrat, Professor Dr. Lexky PorTonık sind aus
unserer Mitte abberufen worden, und auch mehrere außerordentliche
Mitglieder haben wir durch den Tod verloren, den Begründer des
Museo civico in Genua, Marchese Gracomo Dora, den Geh. Re-
gierungsrat Dr. Husert Lupwıc, Professor der Zoologie an der
Universität Bonn, und den a. o. Professor der Physik an der Uni-
versität Greifswald, Dr. WırseLm Hortz. Aus dem vorigen Jahre
sind noch zwei Todesfälle nachträglich zu erwähnen, des Geh. Re-
gierungsrates Dr. EDUARD STRASBURGER, Professor der Botanik an
der Universität Bonn, und Dr. Erssr Koken’s, Professor der Mine-
ralogie, Geologie und Palaeontologie an der Universität Tübingen.
30
7° P\ PuR= YO
ur
Er
ü Pe nie ‘
444 PAUL MATSCHIE.
—
Sie ehren das Andenken der Dahingeschiedenen durch Erheben
von den Sitzen. Nehmen Sie Dank dafür!
Zu ordentlichen Mitgliedern wurden aus der Zahl der außer-
ordentlichen Mitglieder gewählt die Herren Regierungsrat Professor
Dr. Prier ÜLavssen, Mitglied der Biologischen Anstalt für Land-
und Forsiwissevschaft, und Dr. O. Hrınrorn, Kustos des Aquariums
in Berlin, die in unseren Sitzungen oft über ihre wissenschaftlichen
Untersuchungen berichtet haben.
Zu außerordentlichen Mitgliedern sind gewählt worden die
Herren: Dr. Frırz E. Rünr, Kandidat des höheren Lehramtes in
Berlin; Dr. LupwısG KeıtHack, Oberlehrer am Landerziehungsheim
in Haubinda; GÜNTHER Tessmann, Forschungsreisender z. Z. in
Kamerun; Dr. PAuL ScHUuLze, Assistent am Zoologischen Institut
zu Berlin; Dr. Hans BiscHorr, Hilfsarbeiter am Zoologischen
Museum; Dr. Kar Hınmers, Oberlehrer an der Realschule in Steg-
litz; Dr. PauuL KRÜGER, Assistent am Zoologischen Institut der
Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin; R. Merz, Lehrer an
der Deutsch-Chinesischen Schule in Canton; Hans HEDIcKE, cand.
phil. in Steglitz. Somit beträgt die Zahl der Ehrenmitglieder un-
verändert 6, diejenige der ordentlichen Mitglieder 18 und die der
außerordentlichen Mitglieder 249, von denen 154 in Groß-Berlin
wohnen.
Drei Namen stehen noch auf der Liste der als außerordentliche
Mitglieder zu wählenden; über sie soll in der nächsten Geschäfts-
sitzung am 16. Dezember abgestimmt werden’).
Für das Jahr 1913 sind 19 wissenschaftliche und 8 Geschäfts-
sitzungen zu verzeichnen; die erste Mai-Sitzung mußte wegen des
Pfingstfestes ausfallen. Es sind 18 Vorträge mit Lichtbildern und
39 kleinere Vorträge gehalten worden, zu denen noch die in der
zweiten Dezember-Sitzung erfolgenden ?) gerechnet werden müssen.
Dieses Ergebnis ist sehr erfreulich und beweist auch den wissen-
schaftlichen Nutzen der im kleineren Kreise abgehaltenen zweiten
Monatssitzungen.
Der Besuch unserer Versammlungen war sehr rege, die Teil-
nahme an den zweiten Sitzungen ist gegen das Vorjahr sogar
!) Am 16. Dezember sind zu außerordentlichen Mitgliedern gewählt
worden: Dr. WırLer, Assistent am Institut für Binnenfischerei in Friedrichs-
hagen: Dr. WoLrGAnG SoERGEL, Privatdozent der Palaeontologie an der Uni-
versität Freiburg; Fräulein Dr. EmıtLıe SnETHLAGE, Assistent am Museum
in Para.
®) Es sind am 16. Dezember 4 Vorträge gehalten worden. Die ip
erhöht sich also auf 43.
Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913. 445
merkbar lebhafter geworden, und wir haben uns oft lehrreicher
- Erörterungen über die gehörten Vorträge erfreuen dürfen.
Um eine Übersicht über den Besuch unserer Versammlungen
zu erhalten, wird eine Liste bei jeder Sitzung in Umlauf gebracht.
Bei den Lichtbildervorträgen ist es unmöglich, sie in erwünschter
Weise zu vervollständigen. Es ergeht hierdurch an die Besucher der
ersten Sitzungen die dringende Bitte, ihre Namen, ehe sie den Saal ver-
. lassen, in die auf dem Vortragstische ausliegende Liste einzutragen.
Und noch eine andere Bitte muß hier ausgesprochen werden.
Unser Mitglieder-Verzeichnis bedarf fortgesetzter Berichtigungen
und Verbesserungen. Es ist sehr schwer, namentlich über die aus-
wärts wohnenden Mitglieder zuverlässige Angaben zu erhalten, und
auch die in Groß-Berlin wohnenden versäumen häufig, Veränderungen
in ihren Verhältnissen anzuzeigen. Am Anfange des nächsten Jahres
soll ein neues Verzeichnis veröftentlicht werden; deswegen ist es
dringend nötig, dafür zu sorgen, dab es möglichst fehlerfrei wird.
Unser Sekretär, Herr Dr. GrÜNBERG, Berlin N 4, Invalidenstr. 43,
wird für jede Angabe dankbar sein.
Der Schriftenaustausch ist in diesem Jahre erheblich gefördert
worden. Es ist gelungen, neue Verbindungen mit folgenden 12 Ge-
sellschaften und Museen anzuknüpfen:
Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaften
in Marburg,
Naturwissenschaftlicher Verein in Karlsruhe,
Societe Imperiale des Amis d’Histoire Naturelle, d’Anthropologie
et d’Ethnographie in Moskau,
Real Academia de Ciencias y Artes in Barcelona,
Societ& Linneenne de Lyon,
Soeiet& di Naturalisti in Neapel,
Kiv. Magy. Termeszettudomanyi Tarsulat (Kgl. ee ische
Naturwissenschaftliche Gesellschaft) in Budapest,
Academie d’Amiens,
Musee du Congo Belge in Tervueren,
S’Landsplantentuin in Buitenzorg,
Zoologisches Laboratorium der Rijks Universitet in Groningen,
Deutsche Gesellschaft für Natur- und Volkskunde Ostasiens
in Tokyo.
Die Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin steht
jetzt im Tauschverkehr mit 170 Gesellschaften, Museen und Instituten,
das Archiv erhalten 64 Gesellschaften, Museen und Institute.
Von den Sitzungsberichten sind die ersten 8 Hefte des Jahres
1913 erschienen und das 2. Heft des III. Bandes des Archivs für
30%
446 PauL MATSCHIE.
Biontologie, welches eine Arbeit von Dr. M. Gruner: „Die Boden-
kultur Islands“ enthält, der Druck von 3 weiteren Heften des
Archivs ist so weit gefördert, daß ihr Erscheinen im nächsten Jahre
zu erwarten steht. Die bedeutenden dazu nötigen Mittel sind be-
reitgestellt worden. Für andere wissenschaftliche Unternehmungen
konnten 4700 M. aufgewendet werden. Von den im Jahre 1911
für die Herausgabe des Nomenclator animalium generum et sub-
generum bewilligten 10000 M. wurde der letzte Teilbetrag von
2500 M. ausgezahlt.
Herr Dr. B. Krarr erhielt eine Beihilfe von 1500 M. für eine
Forschungsreise in die Erythraea zum genaueren Studium der dortigen
Haushunde und Wildhundarten, insbesondere zur Anschaffung eines
möglichst reichlichen Materiales von Gehirnen derselben.
Ein vorläufiger Bericht über die Ergebnisse dieser Reise, der
in der ersten Oktober-Sitzung gegeben war, ist im Heft 8 unserer
Sitzungsberichte erschienen.
Herrn Dr. H. Kuntzen wurde eine Unterstützung von 500 M.
zu einer namentlich entomologischen Zwecken gewidmeten Reise
in die östlichen Karpathen gegeben. Der Bericht über die wissen-
schaftlichen Erfolge dieser Reise ist bereits angemeldet.
Von den für die Tendaguru-Forschung bewilligten Mitteln sind
300 M. im vorigen Jahre nicht abgehoben worden, es wurde nun-
mehr genehmigt, 200 M. nachträglich für die Anfertigung der
Analysen von Torfmoor-Proben auszuzahlen.
Von Herrn Dr. Hans Reck liegt eine Reihe von Berichten
vor über den Verlauf und die Ergebnisse seiner mit Unterstützung
der Gesellschaft Naturforschender Freunde und der Kgl. Preußischen
Akademie der Wissenschaften unternommenen geologischen und
paläontologischen Forschungen in Deutsch-Ostafrika:
„Am 19. Januar 1913 waren die mit Mitteln des Kgl. Preuß.
Kultusministeriums für das Berliner Naturkunde-Museum fortge-
führten Ausgrabungen an den Dinosaurier-Fundstellen des Tendaguru,
also das vierte Grabungsjahr der Tendaguru-Expedition zum Ab-
schluß gekommen. Die Absicht, in der Regenzeit Madagaskar auf-
zusuchen, erwies sich wegen dort ausgebrochener Pest als undurch-
führbar. Nach einem Aufenthalte in Zanzibar, der infolge eines
Fieberanfalls abgebrochen werden mußte, und nach der Erholung
im Hospital zu Daressalam bereiste Reck die ganze Strecke der
Zentralbahn bis zum Tanganyika-See, um nach Möglichkeit ein
geologisches Querprofil durch die ganze Kolonie zu erhalten. Bis
Tabora und von dort bis zum Malagarassi konnte die Bahnstrecke
dank ungewöhnlichen Entgegenkommens seitens der Eisenbahn-
|
|
|
|
|
-
Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913. 447
direktion, bzw. der Firma Horzmann benutzt werden, die letzten
200 km bis Kigoma wurden zu Fuß zurückgelegt. Herrn Dr. Reck
wurde ein Wohnwagen zu beliebiger Benutzung überlassen, die Er-
laubnis zur Kostenlosen Beförderung von 25 Leuten und aller Frachten,
sowie zur freien Benutzung von Telephon und Telegraph erteilt,
endlich die Hebeldraisinen der einzelnen Stationen zur Verfügung
gestellt! Eine gleiche außerordentlich dankenswerte Unterstützung
erfuhr Dr. Reck später auch seitens der Nordbahn-Direktion, wo-
durch sich natürlich die Kosten des Unternehmens ganz wesentlich
geringer gestalten ließen. Gegenstand der Untersuchungen und
Beobachtungen waren die mesozoischen Sedimente der Pugu-Berge
und der Strecke Ruyu-Ngerengere, das westlich sich anschließende
(rneisgebiet und seine Granitintrusionen hinsichtlich der tektonischen
und Altersfragen, die Mkattasteppe, die Graben-Erscheinungen und
vulkanischen Spuren im Gebiete der Bahnstrecke, die Inselberg-
landschaft von Ugogo, das Granitmassiv von Unyamwezi, auf dem
eine dünne Sedimentdecke (mit einem vereinzelten Knochenfunde)
beobachtet wurde, endlich die aus Sedimenten bisher unbekannten
Alters bestehende Plateaulandschaft östlich des Tanganyika-Sees,
in der es Reck gelang, einen interessanten Fossilfundort zu ent-
decken. Die reichen Aufsammlungen dieser Reise sind in zwei
eroßen Kisten bereits im Berliner Museum für Naturkunde ein-
getroffen.
Ehe Reck sich den weiteren Aufgaben zuwenden konnte (die
Entscheidung über die Geldbewilligung seitens der Akademie der
Wissenschaften war noch nicht in seine Hände gelangt), begab er sich
Anfang Mai unerwarteterweise nochmals zum Tendaguru zurück.
Die Veranlassung dazu ging vom Kaiserl. Gouvernement aus, das
für die Ausstellung in Daressalam im Jalıre 1914 einige größere
Ausgrabungsobjekte zu gewinnen wünschte Es trug auch die
Kosten dieser neuen, etwa 6 Wochen dauernden Grabungskampagne,
die zu guter Letzt auch wiederum von gutem Erfolge belohnt wurde.
Es sei bemerkt, daß im Jahre 1913 noch nahezu 400 Kisten mit
Knochenmaterial von den Ausgrabungen am Tendaguru in Berlin
eingetroffen sind, die zum Teil noch Ausbeute der Jahre 1909—1912
enthalten.
Von Tanga aus nahm Reck etwa Anfang Juli das zweite
Querprofil in Angriff, das bis zum Victoria-See führen soll und an
das sich als drittes die Untersuchungen längs der Uganda-Bahn
in umgekehrter Richtung im Januar 1914 schließen soll, so daß
die Rückkehr im Februar zu erwarten wäre. Soweit bisher Nach-
richten vorliegen, hat er im Tanga-Gebiet reiche Fossilaufsamn-
448 Pauu MarscHiE: Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913.
lungen auch auf seitlichen Parallelbegehungen zu der dort nur
kurzen, durch Jurasedimente führenden Bahnstrecke, z. B. auch
im Pangani-Hinterland, machen können. Im anschließenden, petro-
graphisch wenig wechselvollen Gneislande richtete Reck sein Augen-
merk besonders wieder auf das Inselbergproblem. Von Moschi
aus begann der Marsch durch vulkanisches Gebiet, der infolge
Zeitbedrängnis und heißer Jahreszeit unter mancherlei Übelständen
stark zu leiden hatte. Von Ngorongoro aus wurde der Marsch in
die Sserengeti-Steppe angetreten. Wassermangel verhinderte an-
fangs die Untersuchung in hohen Maße, bis es gelungen war, etwas
schlechtes Wasser zu ergraben und mit dem Lager dorthin vorzu-
rücken.
Reck befand sich hier am Lagerplatze Oldoway bei Absendung
des letzten Berichts (vom 10. Oktober 1913) an der durch Karr-
WINKEL entdeckten Fundstelle fossiler Säugetiere. Die Knochen
befinden sich — anscheinend in zwei Lagen übereinander — in
vulkanischem Tuff. Genauere Nachrichten stehen noch aus, doch
sind schon eine Reihe verschiedenartigster Knochen der Skelette,
auch bereits mehrere Schädel oder Schädelstücke (die ja bei Säugern
im Gegensatze zu den Sauriern besonders erhaltungsfähig zu sein
pflegen) gefunden worden. Reck hoffte sich unter den schwierigen
Verhältnissen vier bis sechs Wochen halten und währenddessen
gegen 70 Lasten aus dem wenig günstigen und sehr mächtigen Ge-
steine gewinnen zu können. Die Kosten der dortigen Grabungen
sind nach Reck relativ bedeutend größer als am Tendaguru.“
Endlich ist auf den Antrag des Vorsitzenden beschlossen
worden, für die wissenschaftliche Verwertung von Sammlungen
einer durch den Reisenden P. Sparz in das Land der Ahaggar zu
unternehmenden Forschungsreise 2000 M. unter der Bedingung
bereitzustellen, daß die Ausbeute Berliner Museen überwiesen wird.
Möge ein guter Stern walten über diesem Unternehmen, das fast
ganz unbekannte Gegenden erschließen soll!
Aus Anlaß des 50 jährigen Doktor-Jubiläums sind den Herren
ordentlichen Mitgliedern Geh. Regierungsräten Professor Dr.
LeoroLp Kny und Professor Dr. F. E. Schuzze die Glückwünsche
unserer Gesellschaft dargebracht worden. |
Die Facult& des Sciences in Genf hat uns darauf aufmerksam
gemacht, daß eine Büste des berühmten Physikers Pırkk£ PREVoST
feierlich enthüllt werden sollte. Ein Glückwunsch anläßlich dieser
Ehrung des auch unserer Gesellschaft als Mitglied verbundenen
(selehrten ist abgesandt worden.
|
|
4
KETTE =
8 En) _
> BERN En 7 5... RupiuB lo) RTERNIEE
Fritz Nıspen: Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika.. 449
Am Schlusse dieses Berichts sei allen denen herzlicher Dank
gesagt, die ihre Kraft unseren Bestrebungen gewidmet haben.
Die Wahl des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1914 hat ein-
stimmig folgendes Ergebnis gehabt: Zum Vorsitzenden wurde ge-
wählt Herr Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Davıp von HansE-
MANN, zu seinen Stellvertretern die Herren Prof. P. MarscHıie und
Prof. Dr. G. TornIER, zum Schatzmeister wieder Herr Geh. Re-
gierungsrat Prof. Dr. ReıcheEnow und zu seinem Stellvertreter
wieder Herr Prof. Dr. VANHÖFFEN. PıuL MATScHIE.
Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika.
Von Dr. Fritz Nıepen (Berlin).
Im Laufe dieses Jahres erhielt das Königl. Zool. Museum in
Berlin verschiedene kleine Sammlungen von Kriechtieren aus Deutsch-
Südwestafrika, durch die unsere Kenntnisse von der herpetologischen
Fauna dieses Gebiets eine erfreuliche Erweiterung und Ergänzung
erfahren. Stammen doch von insgesamt 26 vorliegenden Arten
allein 14 von Fundorten, von denen sie bisher nicht bekannt waren,
während 5 weitere Arten zum erstenmal in Deutsch-Südwestafrika
gefunden wurden, darunter ein bisher noch völlig unbekannter
Frosch. Das in Rede stehende Material verdankt das Berliner
Museum den Herren Regierungstierarzt Dr. Schmp in Grootfontein,
Geologe Dr. P. Rınee in Kuibis und Dr. ScHEBEn in Rehoboth.
Mit Ausnahme der von letzterem Herrn gesammelten Tiere sind
alle Stücke von Herrn Dr. STERNFELD bestimmt worden, der auch
die Kriechtiere von Deutsch-Südwestafrika für die „Fauna der
Deutschen Kolonien“ bearbeitet hat.
Es liegen folgende Arten vor, von denen die für die Kolonie
neuen Formen durch einen * gekennzeichnet sind:
T. Reptilia.
1. Ophidia.
* Typhlops bibronii Smit#; 1 Ex. von Grootfontein, SCHMID coll.
— Bisher aus Deutsch-Südwestafrika noch nicht verzeichnet, nur an
verschiedenen Orten in der Capkolonie gefunden.
: @lauconia seutifrons Prırs.; 2 Ex. von Kuibis, Range coll. —
Wird von STERNFELD ].c. nur von Omaruru und Otjimbingue, von
WERNER (in Schuntze, Zool. anthrop. Ergebn. Forschungsr. Süd-
afrika, Rept. Amph. 1910 p. 354) aus der Kalahari aufgeführt.
450 Fritz NIEDEN.
Boodon lineatus D. u. B. 1 Kopf von Kuibis, Range coll. —
Schon von verschiedenen Fundorten aus Deutsch-Südwestafrika be
kannt.
Rhamphiophis multimaculatus (Smit#); 1 Ex. von Kuibis, Range
coll. — Anzahlreichen Stellenin Deutsch-Südwestafrika schon gefunden.
* Xenocalamus mechovii Prrs.; 1 Ex. von Grootfontein, SCHMID
coll. — Diese sehr seltene Schlange wird weder von STERNFELD
noch von WERNER aus Deutsch-Südwestafrika verzeichnet, war
bisher nur in wenigen Stücken aus Angola und vom unteren Kongo
bekannt.
Bitis peringueyı (Buer.); 1 Ex. von Kuibis, Range coll. —
Bisher nur an weiter nördlich gelegenen Orten gefunden.
Bitis caudalıs (Smita); 1 Ex. von Windhuk, SCHEBEN coll. —
Schon von dort verzeichnet.
Atractaspis bibroniv Smita; 1 Ex. von Grootfontein, ScHMID
coll. — Schon bekannt von dort.
2. Sauria.
Ptenopus garrulus (SmitHh); je 1 Ex. von Rehoboth, SCHEBEN
coll... und von Kuibis, Rance coll. — Von letzterem Fundort bisher
nicht bekannt.
Pachydactylus bibroni (SmitH); 1 Ex. von Kuibis, RanGe coll.
— Eine der häufigsten Echsen in Deutsch-Südwestafrika, aber von
diesem Fundort bisher noch nicht verzeichnet.
Pachydactylus rugosus Smit#; je 1 Ex. von Rehoboth, SCHEBEN
coll. und von Kuibis, Range coll. — Diese Art wurde erst neuer-
dings von WERNER (l. c. p. 312) zum ersten Male aus Deutsch-
Südwestafrika, und zwar von Kubub und Kamaggas, nachgewiesen.
Agama hıspida L. 3 große Exemplare und 1 junges Tier von
Rehoboth, SCHEBEN coll. — Von diesem Fundort noch nicht genannt,
obwohl sonst schon an zahlreichen Stellen gefunden.
Amphisbaena quadrıfrons Prrrs.; 2 Ex. von Grootfontein, SCHMID
coll. — Ebenfalls für diesen Fundort neu, obwohl sonst in der
Kolonie durchaus nicht selten.
Monopeltis capensis Smit#u; 1 Ex. zwischen Aub und Klein
Nauas, SCHEBEN coll. — Auch neu für diesen Fundort.
*Monopeltis colobura Buer.; 2 Ex. ohne genauen Fundort, von
Herrn Dr. Schmp aus Grootfontein eingesandt, dem sie von einem
Farmer zugeschickt wurden. — Diese Art wurde von BoULENGER
(in Ann. South. Afr. Mus. v. 5, IX p. 495) von SesuekeE im Barotse-
land, also aus dem nordöstlich an Deutsch-Südwestafrika sich an-
schließenden britischen Gebiet, beschrieben. Da anzunehmen ist,
BER TUWe I 000
Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika. 451
daß die an Herrn Dr. Schrmip gesandten und durch ihn dem Berliner
Museum überwiesenen Tiere innerhalb der Grenzen von Deutsch-
Südwestafrika gefangen wurden, würde diese Art in das Verzeichnis
der Kriechtiere dieser Kolonie mit aufzunehmen sein. Bis auf ge-
ringe Abweichungen in der Zahl der Ringel und der Hautfelder
in denselben stimmen die beiden mir vorliegenden Exemplare mit
BouLEenGer’s Beschreibung überein.
Eremias namaquensis D. u. B. 2 Ex. von Rehoboth, ScHEBEN
coll. — Bisher nur von WERNER (l. c. p. 330) von Otjimbingne,
Ketmanshop und aus dem nördlichen Hereroland aufgeführt.
Mabwia varıa Prrs. 1 stark defektes Exemplar von Rehoboth,
SCHEBEN coll. — Von dort bisher noch nicht verzeichnet.
Mabwia striata Prrs. 1 Ex. ohne Schwanz von Rehoboth.
SCHEBEN coll. — Schon bekannt von dort. r |
Mabwia suleata Prrs. 1 Ex. von Kuibis, Raner coll. — Neu
für diesen Fundort.
Chamaeleon dilepis Leacn, subsp. roperi Brer. 1 Ex. zwischen
Aub und Klein Nauas, ScHEBEN coll. — Von dieser Gegend noch
nicht bekannt.
II. Amphibia.
Pyzicephalus adspersus Bıer. — Etwa 100 Exemplare wurden
von Herrn Dr. ScHEBEN eingesandt, mit Ausnahme eines, zwischen
Aub und Klein Nauas erbeuteten, Stückes alle bei Rehoboth ge-
fangen. Fast alle Tiere sind noch junge Frösche von höchstens
45 mm Länge, nur ein Exemplar besitzt die beträchtliche Länge
von 155 mm, bleibt damit aber immer noch um fast die Hälfte
seiner Länge hinter dem größten, im Berliner Museum befindlichen
Stücke dieser Art zurück, das mit 22 cm Kopfrumpflänge fast dem
riesigsten aller bekannten Frösche, der in Kamerun lebenden Rana
goliath Buer. gleichkommt, deren größtes mir bekannt gewordenes
Exemplar 27 cm Kopfrumpflänge besitzt. Unter den afrikanischen
Fröschen dürfte Pyxicephalus adspersus demnach wohl an zweiter
Stelle kommen.
Pysicephalus delalandıii Bıer.; je 1 erwachsenes Exemplar von
Windhuk und Rehoboth, ScHEBen coll, ferner ein ganz junges
Stück von Kuibis, Range coll. — Die beiden letztgenannten Fund-
orte sind für diese Art neu.
*Arthroleptis schebeni n. sp.
Der erste Vertreter dieser Gattung aus Deutsch-Südwestafrika;
4 Stücke sammelte Herr Dr. ScHEBgEn bei Klein Nauas (in der
452 Ferırz Nıeven: Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika.
Kalahari), „auf feuchter Erde“, 11 weitere Exemplare erhielt das
Berliner Museum durch denselben Sammler von Rehoboth. |
Zunge ohne kegelförmige Papille. Kopf etwas breiter als lang.
Schnauze stumpf, abgerundet, so lang wie der Augendurchmesser.
Canthus rostralis undeutlich. Interorbitalraum breiter als das obere
Augenlid. Trommelfell völlig unsichtbar. Spitzen der Finger und
Zehen nicht verdickt. 1. Finger erheblich kürzer als der 2.; Zehen
völlig frei von Schwimmhaut. Subarticularhöcker klein, aber deutlich
vorspringend. Außer einem stumpf kegelförmigen inneren Metatarsal-
höcker noch ein kleiner, aber sehr deutlicher, spitzer Höcker an.
der Wurzel der 4. Zehe vorhanden, kein Tarsalhöcker an der Innen-
seite des Tarsus. Bei nach vorne an den Körper angelegtem
Hinterbein reicht das Tarsometatarsalgelenk bis zum Augenhinterrand.
Haut bei einigen Tieren glatt, meist aber mit kleinen, unregelmäßig
angeordneten Warzen besetzt. Färbung auf der Oberseite einfarbig
bräunlich, oder graugrün mit kleinen, länglichen, schwarzen Flecken,
die auf dem Kopfe zuweilen zu einer schmalen, einen nach vorne
offenen Winkel bildenden Querbinde zusammenfließen. Oberlippe
weißlich. Unterseite weiß, mit rundlichen schwarzen Flecken.
Gliedmaßen mit dunklen Querbinden. Länge der größten Exemplare
von der Schnauzenspitze bis zum After 23 mm.
*Oassina senegalensis (D. u. B.) — Neu für Deutsch-Südwest-
afrika. 2 große S CS mit schwarzer Kehle und deutlichen Schall-
blasen sammelte Herr Dr. Schegen bei Windhuk, 2 jüngere Stücke
derselben Art bei Klein Nauas.
Bufo regularis Revuss; 3 stattliche Exemplare dieses häufigsten
aller afrikanischen Froschlurche sammelte Herr Dr. SCHEBEN bei
Windhuk.
Xenopus laevis Daup; 3 grobe Stücke von Rehoboth, SCHEBEN
coll. — „Im Juni 1911. Kalte Zeit, Rehoboth ausgenommen, da
dort heiße Quellen, an denen Entwicklung möglich, sonst sind dort
nirgends zu dieser Zeit Amphibien zu finden, da nirgendwo nennens-
wert offenes Wasser.“
EEE
Rosert Poronıt: Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 453
Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“.
Von RoBERT PoTonI1ek.
(Aus der paläobotanischen Abteilung der Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt zu
Berlin.)
Vor einiger Zeit ist eine Mitteilung über die Epidermis von
Mariopteris muricata veröftentlicht worden ').
Wie schon wiederholt hervorgehoben wurde, ist das Wertvolle
an dieser Arbeit, daß es zum ersten Male gelungen ist, die Blätter
einer verkohlt erhaltenen Karbonpflanze durch Mazeration so zu
präparieren, daß die mikroskopische Untersuchung der Epidermis in
relativ ausgezeichneter Weise mög-
lich geworden ist. Die Epidermen von
Pflanzen jüngerer Perioden konnten
bekanntlich schon seit längerer Zeit ”—
auf ähnliche Weise untersucht werden.
Es ist, wie gesagt, die Epidermis
von Mariopteris muricata, die man
mit Hilfe der Macerations-Methode
genauer studiert hat. Der Autor
nennt die Resultate seiner Unter-
suchung, so namentlich seine Aus-
führungen über die „Atemporen“ en
der Mariopteris- Epidermis, „rein ee.
theoretische, vorläufige Betrachtungen
oder gar... Hypothesen“, und zwar Fig. 1. W. Hunfs schematische
BT , 2 . Darstell des hypothetischen
deshalb, weil sich die Arbeit auf ein Ben rakeh u Spaltöft-
nur sehr geringes Tatsachenmaterial
stützt.
Trotz dieser ausdrücklichen Be-
merkung verlockt es, Kritik zu üben,
denn die Rekonstruktion der „Atem-
nungen“ von Mariopteris muricata
in etwa 300facher Vergrößerung.
a Flächenansicht, b Querschnitt.
Die langgestrichelte schräge Linie
in der Flächenansicht a gibt etwa
die Richtung des in b dargestellten
bypothetischen Schnittes an.
poren“ muß jeden Botaniker sehr
überraschen. Derartiges kommt bei den rezenten Farnpflanzen und
Gymnospermen, mit denen doch die Mariopteris verglichen werden
muß, auch nicht im entferntesten vor. H. Poroxız veranlaßte deshalb
die folgende Nachprüfung. Fig. 1 gibt eine schematische Zeichnung
der Rekonstruktion.
ı) Hurs, W., Zur Kenntnis der Epidermis von Mariopteris muricata.
Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., 1913, p. 143. — Vgl. auch die erste Mit-
teilung über diesen Gegenstand: Hurs, Über die Epidermis von Mariopteris
muricata. Paläobotanische Zeitschrift, 1912, p. 7.
454
Ehe man näheres über die hypothetischen Atemporen
ist es von Vorteil, sich das Tatsachenmaterial klarzulegen.
RoBERT PoTonik.
äußert,
Fig. 2
Fig.2. Eine der fraglichen Zellgruppen der Epidermis von Mariopteris muricata.
(Phot. W. Hura.)
zeigt ein Mikrophotogramm der besterhaltenen jener Zellgruppen,
die in der durch Fig. 1 veranschaulichten Weise gedeutet worden
-
_
u
-
_
ea,
nm au
l
| b
A u
Fig. 3. a genaue Pause des Mikro-
photogramms. b schematische Dar-
stellung des vermutlichen (Quer-
schnitts.
:
sind. Fig. 3a ist eine möglichst
genaue Pause der Mikrophoto-
gsraphie Fig. 2. Der äußere
Zellkreis ist auch hier zu er-
kennen, wenn er auch längst
nicht so formvollendet ist, wie
derjenige der allerdings schema-
tischen Zeichnung (Fig. 1). Der
innere Zellkreis wurde als
schraffierte Zone wiedergegeben,
da er sich in einem recht
schlechten Erhaltungszustande be-
findet. Es ist übersehen worden,
dab dieser innere Zellkreis sich
deutlich bemerkbar über das Niveau
der übrigen Epidermiszeilen erhebt.
(Dies ist durch Bewegung der Mikrometerschraube leicht zu eruieren.)
Kehrt man das Präparat um, so zeigt der Innenkreis etwa dieselbe
zT Pan
a. en
Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 455
Zellanordnung wie auf der Oberseite der Epidermis. Er ragt aber
nach innen nicht über das Niveau der einschichtigen Epidermis hinaus.
In der zitierten Arbeit findet sich angegeben, die Zellen des Innen-
kreises hätten dickere Wände als die übrigen. Dies braucht aber
nicht unbedingt der Fall zu sein. Sie erscheinen vielleicht nur
deshalb kräftiger, weil ihre Vertikalwände höher sind und daher
im mikroskopischen Bild dunkler erscheinen. Das Mikrophotogramm
Fig. 2 könnte bei Einstellung auf die Zellwände des inneren Zell-
kreises aufgenommen worden sein, weshalb auf dem Bild die übrigen
Zellwände dünner aussehen. Dieser Befund ergibt gegenüber dem
vermuteten Querschnitt Fig. Ib ein ganz anderes Bild, Fig. 3b.
Sollte auch diese, absichtlich völlig schematische, neue Rekonstruktion
nicht ganz richtig sein, so ist sie es doch im Prinzip.
Will man sich nun die fraglichen Zellkomplexe irgendwie aus-
legen, so muß man sich immer wieder das folgende vergegenwärtigen:
Es ist bei Rekonstruktionen selbstverständlich, in zweifelhaften Fällen
die Ergänzungen so zu wählen, wie sie von den nächsten fossilen
oder rezenten Verwandten der zu rekonstruierenden Art nahe-
gelegt werden. Man entspricht diesem Brauch keineswegs, wenn
man die konzentrischen Zellkreise der Mariopteris-Epidermis mit der
Umgebung der Marchantiaceen-Atemporen vergleicht. Mariopteris
muricata ist doch eine Pflanze, die den höheren Pflanzen viel näher
steht, als gerade den Marchantiaceen. Neuerdings neigt man sogar
dazu, sie in systematischer Hinsicht noch über die Farnpflanzen zu
stellen, trotzdem sie rein äußerlich betrachtet ganz und gar zu
diesen zu gehören scheint. Was jedoch ihre Fortpflanzungsorgane
betrifft, die ja für das System immer den letzten Ausschlag geben,
so muß sich erst noch definitiv ergeben, ob sie in diesem Punkte
nicht den Gymnospermen gleicht. ‚Jedenfalls hat man bei ihr noch
niemals Sporangien gefunden.
Genau wie sämtliche rezenten Farne und höheren Gewächse, so
werden nun auch die Atemöfinungen aller bisher in dieser Hinsicht
untersuchten fossilen Pflanzen, die mit Mariopteris mehr oder minder
verwandt sind, von den bekannten zwei Schließzellen umgeben.
Die Rekonstruktion Fig. 1 steht also ganz vereinzelt da. A
priori würde man vermuten, daß ein Gewächs, das in fast allen
Stücken einem „Farn“ so ähnlich sieht, auch den bei sämtlichen
Farnen und Gymnospermen vorkommenden Typus der Epidermis-
Stomata besitzt. Wäre dies nicht der Fall, so stände man vor
einem Kuriosum. Auch in der zitierten Arbeit wird dies an einer
Stelle zugegeben; es heißt dort, daß es wohl kaum zu vermuten
sei, Mariopteris habe dieselben „Atemporen“ wie die heutigen
456 RoBERT PoTon1#.
Marchantiaceen gehabt (vgl.p.154). Es erscheint aber auch schon sehr
gewagt, nur die Annahme zu machen, dab die Atemöffnungen von
Mariopteris wenigstens im Prinzip dieselben gewesen seien, wie die
der Marchantiacen. — Ganz und gar muß es aber befremden,
wenn vermutet wird, der die Pore zunächst umgebende Zell-
kreis (vgl. Fig. 1—3) habe ähnlich gewirkt, wie die Iris eines
Auges, so daß also die Pore ihr Lumen verengern und erweitern
konnte. Derartiges ist aus der rezenten Botanik überhaupt nicht
bekannt. Deshalb hat solche Vermutung keine Berechtigung.
Schon darum nicht, weil man sich leicht irgendeine andere Hypo-
these ausdenken könnte, die ebensowenig widerlegbar zu sein
brauchte und sich ebensowenig auf Tatsachen stützen würde. —
Dasselbe muß bemerkt werden, wenn der Querschnitt der Mario-
pteris-Atemporen mit demjenigen höherer rezenter Schwimmpflanzen
verglichen wird. Die Schwimmpflanzen stehen nun wieder den
Lebermoosen zu fern (vgl. Fig. 1b). Möglich ist natürlich alles.
Hier aber handelt es sich darum, dem Tatsächlichen nahe zu kommen.
Ein Vergleich der fraglichen Zellgruppen mit den Atem-
öffnungen präsumptiver näherer Verwandten der Mariopteris ist
also das einzig Angebrachte. Wenn nun im folgenden das Ver-
gleichsmaterial nicht ausschließlich den Farn oder Gymnospermen
entlehnt wurde, so ist hierzu zu bemerken, daß alle höheren Pflanzen
der Mariopteris ganz bedeutend näher stehen als die Marchantiaceen.
Zunächst seien fossile Pflanzen berücksichtigt.
Die Atemöffnungen der fossilen Gymnosperme F’renelopsis ramo-
sissima hat BERRY ?), diejenigen von Frenelopsis bohemica VELENOWSKY?)
und endlich die von Frenelopsis Hoheneggeri ZEILLER*) beschrieben.
Alle drei Autoren stellen die Vermutung auf, die Atemöfinungen
der drei genannten fossilen Gymnospermen seien vom Marchantiaceen-
Typus. Da nun Frenelopsis bis vor kurzem die einzige Gattung war, bei
der man derartig vereinzelt dastehende Bildungen vermutete, hielt
es Tmompson’) für geboten, den Sachverhalt noch einmal genau
nachzuprüfen. Trompson stellte denn auch für Frenelopsis ocei-
dentalis aus Portugal fest, daß die sternförmige Öffnung, die für
?) Berry, E. W., The epidermal characters of Frenelopsis ramosissima.
Bot. Gaz. L., 1907, p. 805.
3) VELENOWwsKy, Über einige neue Pflanzenformen der böhmischen Kreide-
formation. Sitz. k. böhm. Ges. Wiss. Prag. 1888.
*) ZEILLER, R., Observations sur quelques cuticules fossiles. Ann. d. Sc.
nat., 6. ser. Bot., t. XIII, 1882, p. 234.
5) Tuompson, W. P., The structure of the stomata of certain cretaceous
conifers. Bot. Gaz. LIV, 1912, Nr. 1.
Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 457
die Atemöffnung gehalten worden war, lediglich der Eingang zu
einer äußeren Atemhöhle ist, so daß also die bekannten zwei
Schließzellen erst unterhalb dieser zu finden sind. Tmomrson hat
in seiner Arbeit Mikrophotogramme von Querschnitten publiziert,
aus denen hervorgeht, daß der anatomische Bau der Stomata von
Frenelopsis im Prinzip derselbe gewesen sein muß, wie z. B. der
der Liliacee Dasylirion filifohum. Es sei hier gerade dieses durch
Fig. 4 wiedergegebene Beispiel herangezogen, um zu zeigen, wie tief
die oft recht kleinen zwei Schließzellen unter Umständen sitzen können.
In der zitierten Arbeit ZEILLER’S findet sich u. a. auch eine
Querschnittsabbildung der Epidermis einesBlattes von Callitris quadrı-
valvis. ZEILLER hat Callitris dort ebenfalls zum Vergleich mit einem
Querschnitte durch die Spaltöffnungen der Blätter von Dasylirion filifolium
(Fig. 4 nach HaBerLanpr), Callitris quadrivalvis (Fig. 5 nach ZEILLER), Juniperus
‘ macrocarpa (Fig. 6 nach Haperranpr) und Amherstia nobilis (Fig. 7 nach
HABERLANDT).
Fossil herangezogen. Der Querschnitt durch die Spaltöfinung dieser
Pflanze wird durch Fig. 5 wiedergegeben. Auch er zeigt dasselbe
Prinzip wie derjenige von Frenelopsis. Vergleicht man ihn mit
unserer Rekonstruktion der fraglichen Bildungen der Epidermis
von Mariopteris (Fig. 3b), so ist man versucht, in der durch Callitris
oder Dasylirion vorgezeichneten Weise Ergänzungen vorzunehmen.
Wir würden dann eine Spaltöffnung von ausgesprochenem Koniferen-
typus erhalten. Man vergleiche die Spaltöffnung von Juniperus
macrocarpa (Fig. 6), die diesen Typus besonders ausgeprägt zeigt.
Endlich sei auch noch die Spaltöffnung der Leguminose Amherstia
nobilis wiedergegeben (Fig. 7).
Findet man auf einer fossilen Epidermis zwei mehr oder minder
konzentrische Zellkreise, so berechtigt dies allein noch ganz und
458 RoBERT PoToni£,
gar nicht zu der Annahme von Atemporen und ähnlichem. Be-
sonders schön zeigt dies z. B. die Spaltöffnung eines Blattes von
Piper jaborandı (Fig. 8). Fände män einmal ein fossiles Jaborandi-
blatt, so wäre es sehr wohl möglich, daß dann die innerhalb des
deutlichen Zellkreises gelegenen Zellen verschwunden sind. Solcher
Fig. 8. Flächenansicht der Spalt- Fig.9. Flächenansicht einer unvoll-
öffnung eines Jaborandi-Blattes (nach kommen erhaltenen Spaltöffnung von
TscHrech). Frenelopsis Hoheneggeri (nach ZEILLER).
Erhaltungszustand kommt doch fossil tatsächlich vor. Fig. 9 zeigt
ihn bei Frenelopsis. Bei dieser Gattung sind überhaupt alle mög-
lichen Stadien von Erhaltungszuständen bekannt. Fig. 9 beweist
also deutlich, dab nicht nur die oft zarten Schließzellen, sondern
auch die kräftigeren Zellwände ihrer Um-
sebung verloren gehen können.
Dr. W. GoTHan, der sich für die vor-
liegende Arbeit in der liebenswürdigsten
Weise interessiert hat, war so freundlich,
zum weiteren Vergleich auf einige Prä-
parate hinzuweisen, die er aus verkohlten
Pflanzenblättchen hergestellt hat. Die
Blättchen sind ihm von H. Tomas
(Cambridge), auf eine Postkarte geklebt,
SR 10. Flächenansicht einer „uoesandt worden. Die Zeichnung Fig. 10
paltöffnung von „Thinn- Ä . 5
feldia“ von RoseberryTopping. Wurde nach einem dieser Präparate, so
gut dies bei dem Erhaltungszustande ging,
mit dem Zeichenprisma hergestellt. Die folgende Beschreibung ist die
erste Publikation über diesen Gegenstand. Es handelt sich um die
Spaltöffnung eines farnähnlichen Gewächses aus dem Mesozoikum
„Thinnfeldia“ von Roseberry Topping*) aus England. Diese Pflanze
möchten manche Autoren wie die Mariopteris zu den Gymno-
6) Tuomas, H. H., The jurassic plant beds of Roseberry Topping. The
Naturalist, 1913, p. 198.
1 ann ai
-
De ERTTEIE
Über Blatt- Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 459
spermen stellen. Die die schlitzförmige Öffnung des eingesenkten
Spaltöfinungsapparates begrenzenden vermutlichen Ränder erscheinen
im Präparat als äußerst feine Linien. Die umgebenden, darüber-
liegenden Zellen bilden auch hier eine Art äußerer Atemhöhle.
Man könnte die freien Enden dieser Zellen mit Papillen vergleichen.
Sie sind etwas zugespitzt und ragen ein wenig empor, ähnlich wie
dies bei denjenigen Zellen der Fall ist, die die sternförmige Öffnung
bei Frrenelopsis umgeben. Äußere Atemhöhlen, das heißt über den
Schließzellen gelegene, mit Wasserdampf erfüllte, windstille Räume,
scheinen als Vorkehrungsmittel gegen eine zu starke Verdunstung
bei den vorweltlichen Pflanzen eine sehr häufige Erscheinung ge-
wesen zu sein‘). Auch dies würde für die angedeutete Rekon-
struktion der Mariopteris-Spaltöffnung sprechen. Noch wichtiger
ist es aber für uns, festzustellen, daß auch die „Thinnfeldia“, wie
alle ihre.in dieser Hinsicht untersuchten fossilen und rezenten Ver-
wandten, die zwei gewöhnlichen Schließzellen besessen haben dürfte.
SCHENK°) beschreibt die Epidermis von Pedozamites distans.
Sie besitzt Spaltöffnungen, die von kleinen Wallzellen umgeben
sind. Dies würde im Prinzip dasselbe sein, wie wir auch für die
Mariopteris annehmen könnten. Dieser Autor gibt noch eine beträcht-
liche Anzahl weiterer Hinweise, die die Auffassung zu unterstützen
vermögen, es gebe bei Mariopteris gleichfalls solche Wallzellen.
Wie bei den rezenten Farnen, so pflegt natürlich auch bei den
fossilen die untere Epidermis die zartere zu sein. Hieran liegt es,
weshalb die unteren Epidermen fossiler Blätter für die anatomische
Untersuchung so schlecht geeignet sind. Vermutlich haben sich
aber auf den unteren Epidermen fossiler Farnblätter — ganz wie
bei den rezenten — die meisten Spaltöffnungen befunden.
Leider ist es nach alledem auch bei genauester Untersuchung
der vorhandenen Präparate der Mariopteris-Epidermis unmöglich,
sich definitiv dafür zu entscheiden, die fraglichen Zellkreise seien
die Umgebungen von Schließzellen. Es ist daher angebracht, auch
die Haaransätze der Epidermen verschiedener Pflanzen zum Ver-
gleich heranzuziehen®?.. Dr. W. Hirsch, der eine ausführliche
Arbeit über die Entwicklungsgeschichte und das Wachstum der
?) Poronıs, ROBERT, Über die xerophilen Merkmale der Pflanzen feuchter
Standorte. Naturw. Wochenschr. 1913, Nr. 47.
8) SCHENK, A., Die fossile Flora d. Grenzschicht. des Keupers u. Lias
Frankens. 1867, p. 161.
9) Herrn Geheimrat Ursan möchte ich auch an dieser Stelle für die
große Liebenswürdigkeit danken, mit der er mir für diese Arbeit das Material
des Botanischen Gartens in Dahlem zur Verfügung gestellt hat.
31
460 RoBErRT PoToxi£.
Pflanzenhaare verfaßt hat, war so liebenswürdig, sich über die
fraglichen Bildungen der Mariopteris-Epidermis zu äußern. In
seinem Schreiben heißt es: „Ich erinnere mich, ähnliche Ansatz-
stellen gesehen zu haben; ohne jeden Zweifel kann das Loch nur
7 der Grund des Haares sein.“
Yı (Y Die Blattoberseiten von Lonchitis giesbregthii
5 Oi L. (Trop.”Amerika) sind mit ziemlich kräftigen
NG Inch Haaren besetzt. Um bei dieser Pflanze den
Zul bei der Mariopteris vermuteten Erhaltungs-
zustand nachzuahmen, wurde das Blättermaterial
Fig.11. Ansatzstelle vor der mikroskopischen Untersuchung gehärtet.
a erg: Dies geschah, indem es längere Zeit in starkem
Spiritus liegen blieb. Sodann wurde vorsichtig:
mit dem Finger ein Teil der zerbrechlich gewordenen Haare ent-
fernt. Die Ansatzstellen dieser Haare zeigen sich dann meist, wie
dies in Fig. 11 wiedergegeben ist. Nach längerem Suchen finden
sich aber auch Haaransätze, die im Prinzip dieselbe Zellanordnung
haben, wie sie uns in Fig. 3a entgegentritt. Bei Fig. 3a braucht
man doch den sogenannten äußeren
Zellkreis nicht unbedingt als be-
sondere Bildung zu betrachten. Er
Fig. 12. Ansatzstelle eines Blatt- Fig. 13. Ein Blatthaar von Alsophila«
haares von Lonchitis. glabra.
besteht aus Epidermiszellen, wie die übrigen Zellen der Epidermis
auch sind. Diese Zellen können deshalb mit den gewelltwandigen
Zellen der Fig. 12 in Parallele gebracht werden. Dem inneren
Zellkreis der Fig. 3a würden dann die vier etwas abgerundeten
Zellen der Fig. 12 entsprechen. Diese ragen ganz wie die Zellen des
inneren Zellkreises der Fig. 3a etwas über das Niveau der übrigen
Epidermiszellen hinaus und umgeben kreisförmig die Haaransatzstelle.
Über Blatt- Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 461
Beiläufig sei bemerkt, daß sich bei den sämtlichen für diese
Arbeit untersuchten farnähnlichen Fossilien Epidermiszellen gefunden
haben, die mehr oder minder denen der Fig. 2 u. 3a glichen. Bei
sämtlichen hier berücksichtigten rezenten Farnpflanzen dagegen
fanden sich Epidermiszellen mit stark gewellten Vertikalwänden.
Es hat eine ziemliche Zeit in Anspruch genommen, ehe sich
der beschriebene Lonchitis-Haaransatz als passsendes Vergleichs-
objekt fand. Die Haare der meisten untersuchten Blätter rezenter
Farne entsprangen als Abzweigungen dem aus langgestreckten Zellen
bestehenden Gewebe, das die Blattadern begleitet. Andere Haare
wieder saßen an, wie z. B. die der Alsophila glabra (Fig. 13). Bei
diesen zeigte die Umgebung der Haare also keine
besondere Struktur.
Sollte man nun die Zonchitis nicht zum Ver-
gleich heranziehen wollen, da ihre Epidermiszellen
eine von denen der Mariopteris abweichende Form
haben, so kann darauf aufmerksam gemacht
werden, daß sich fast überall im Pflanzenreich
Epidermen finden, die oft die formvollendetsten Fig. 14.
Zellkreise aufweisen. Fig. 14 zeigt eine Zell- Ansatzstelle einer
anordnung, wie sie sehr häufig nicht nur als Drüse des Blattes
Umgebung von Haaren, sondern auch als Ansatz- ys Behr A
stelle von Drüsen in allen möglichen Pflanzen-
familien vorkommt. So sei nur erinnert an die Ansatzstellen der
Haare auf der Außenwand des Blütenbodens von Ficus carica, an die
Ansatzstellen der Baumwollhaare, an diejenigen der Drüsen von
Thymus und schließlich vielleicht auch noch an die Umgebungen der
verschiedensten Hydathoden. Alles dies läßt die Vermutung zu, dab
man bei eingehendem Suchen vielleicht auch bei den rezenten Farnen
Zellgruppen finden könnte, die den beschriebenen Bildungen der
Mariopteris-Epidermis ganz und gar gleichen. Es ist doch z. B.
sehr leicht möglich, daß jene fossilen Pflanzen Drüsen gehabt haben.
Zusammenfassung.
Die Stomata der fossilen Farne und höher organisierten Pflanzen
haben wahrscheinlich alle die zwei bekannten Schließzellen gehabt.
Rekonstruktionen, wie z. B. die der „Atemporen“ der Mariopteris
muricata und Frenelopsis Hoheneggeri usw. stützen sich auf unvoll-
kommen erhaltene Fossilien. Die als „Atemporen“ ausgelegten Zell-
bildungen der Mariopteris repräsentieren entweder die Umgebung
normaler Spaltöffnungen, oder aber es sind die Ansatzstellen von
Drüsen, Haaren oder dergleichen.
31*
462 (GUIDO GERMERSHAUSEN.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der
Chamaeleonen.
_ Von GVIDO GERMERSHADSEN.
Einleitung.
Im Frühjahr !911 mit der anatomischen Untersuchung der
Luftwege und Atmungsorgane bei Amphibien und Reptilien be-
schäftigt, wurde ich bei meiner Anwesenheit in Berlin von Herrn
Prof. Dr. G. Torxıer auf die eigentümlichen Verhältnisse auf-
merksam gemacht, die sich am Kehlkopfe gewisser Chamaeleonen
vorfinden. Herr Prof. TornIER, der schon im Jahre 1904 seine
Untersuchungen bei einer Spezies, dem Chamaeleon gracilis HALLow
in einer eingehenden Arbeit veröffentlicht hatte, trug sich mit der
Absicht, seine Untersuchungen über den Kehlkopf und insbesondere
über den an ihm vorgefundenen Kehlsack auf alle anderen im
Berliner Museum vorhandenen Chamaeleonen-Arten auszudehnen.
Von anderen Arbeiten jedoch derzeit stark in Anspruch genommen,
übertrug er mir gütigst die Fortführung dieser Untersuchungen.
Bei der außerordentlichen Seltenheit mancher Arten dieser
Reptilien gestattet es natürlicherweise nur eine sehr umfangreiche
Sammlung, wie sie das Zoologische Museum in Berlin besitzt, eine
solche Arbeit zu beginnen und durchzuführen, was mir dadurch
ermöglicht wurde, daß mir diese Sammlung in liberalster Weise
zur Entnehmung von Tiermaterial zur Verfügung gestellt wurde.
Da mir das Material von 49 Arten vorlag, war ich in der
Lage, nicht nur eine morphologische und anatomische Untersuchung
vorzunehmen, sondern auch vergleichend anatomische Betrachtungen
anzustellen. Zahlreiche Spezies konnte ich in mehreren J’und O9,
alten und jungen Tieren erhalten, was von großem Vorteil war
insofern, als einerseits von individuellen Bildungen, wie sie an den
Knorpelringen der Luftröhre oft genug vorkommen, abstrahiert
werden konnte, andererseits der allmählich fortschreitenden Ent-
wicklung des Larynx in seiner Gesamtheit, sowie einzelner Teile
Beobachtung geschenkt werden konnte. Die Gestaltung des Kehl-
kopfes weist bei den einzelnen Arten oft erhebliche Verschiedenheiten
auf, die sich äußern in seiner Form im allgemeinen und in dem
Vorhandensein oder Fehlen sekundärer Bildungen. Nach der ver-
schieden hohen Ausbildung des vorderen Luftweges läßt sich
hinsichtlich dieser Untersuchung eine Gruppierung der Arten in
Abteilungen vornehmen und alle untersuchten Arten je nach dem
Grade ihrer laryngologischen Entwicklung in bestimmter Reihen-
folge vorführen.
3
=
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 463
Historischer Rückblick.
Das merkwürdige Anhangsgebilde eines Kehlsackes bei den
Chamaeleonen hat schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts das
Interesse einiger Anatomen erregt und zu beachtenswerten Be-
schreibungen und Abbildungen veranlaßt. So erwähnt Cuvıer 1810
‚in den „Vorlesungen über vergleichende Anatomie“ bei den Atmungs-
organen diese Bildung. Er spricht dort über den Kehlsack, der
sich zwischen der unteren Platte des Kehlkopfes und dem ersten
Luftröhrenringe öffnet. Weder die Leguane. noch die Drachen
seien mit einem ähnlichen Sacke versehen. Sodann finden sich in
verschiedenen Schriften von J. F. Mrcxken kurze Beschreibungen
über die respiratorischen Organe bei Chamaeleonen. Er scheint
Chamaeleon ehamaeleon (L.) und Oh. pumilus Dav». untersucht zu
haben. Im deutschen Archiv für Physiologie bemerkt er über
Ch. pumilus, von dem er im Jahre zuvor die Lungen als primitive
Organe gekennzeichnet hat. daß es einen Kehlsack besitze. In
seinem „System der vergleichenden Anatomie“ kommt er auf die
Trachea von Ch. chamaeleon und Ch. pumilus zu sprechen, indem
er anführt, daß bei beiden Arten die Knorpelringe auf der ganzen
Länge gespalten seien. Bei der letzten Art soll die Spaltung in
der mittleren Partie der Luftröhre am weitesten sein. Er spricht
also hier von der bei den meisten Chamaeleonen wie den meisten
Reptilien überhaupt vorkommenden Erscheinung der dorsal offenen
Trachealringe. Im Jahre 1832 gibt Houston eine Abhandlung
über Zunge, Zungenbein und Kehlkopf des Chamaeleons. Er führt
auch den Kehlsack an, beschreibt aber seine Lage falsch, indem
er ihn an den „Gipfel“ des Kehlkopfes verlegt und auch eine
entsprechend unrichtige Abbildung dazu gibt. Ihn berichtigt dann
1835 A. F. J. C. Mayer in seinem Werk „Analekten für ver-
gleichende Anatomie“, wo er den Larynx von Ch. carinatus
schildert und betont, daß der Kehlsack von der Unterseite des
Kehlkopfes ausgehe. Dann beschreibt er die Stimmbänder, die vorn
an „einem knorpligen Vorsprung der inneren Wand des Schild-
knorpels sich ansetzen“. Es ist hier natürlich der Ringknorpel
gemeint. Auf die biologische Seite eingehend, glaubt er, daß der
Kehlsack imstande sei, durch „Exspiration aus der Lunge“ den
Zungenbeinapparat nach vorn zu schieben. Die Möglichkeit dieser
Vorwärtsbewegung des Hyoids mit seiner massigen und schweren
Zunge durch den aufgeblasenen Kehlsack ist entschieden zu be-
streiten. Sie ist auch durchaus nicht erforderlich, denn ein
Chamaeleon ist imstande, dank der starken und differenzierten
Zungenbeinmuskulatur das Hyoid schnell und leicht ohne Hilfe
464 GUIDO GERMERSHAUSEN.
anderer Einrichtungen in Bewegung zu setzen. Bei G. R. TREVIRANUS
finden sich in zwei seiner Hauptschriften „Erscheinungen und Ge-
setze des organischen Lebens“ aus dem Jahre 1831 und „Beob-
achtungen aus der Zootomie“ 1839 Aufsätze über den Chamaeleonen-
Kehlkopf. Er führt nicht nur den Kehlsack an, sondern beschreibt
auch jene zipfelföürmigen Knorpelanhänge, die an der Öffnung
zwischen Ringknorpel und Trachea in den Kehlsack hineinragen.
Diese Knorpelansätze seien an ihren zugekehrten Flächen rinnen-
förmig ausgehöhlt, der obere trägt auf der oberen Fläche eine
Firste. Weiter spricht er von zwei Septen, einem größeren, das
von dem vorderen Knorpelzipfel und einem kleineren, das von dem
hinteren Zipfel herabhängt, durch welche der Kehlsack in zwei
Hälften, eine rechte und linke, zerlegt wird. Dazu gibt er eine
Abbildung und außerdem stark schematisierte Abbildungen des
gesamten Larynx. Ich habe diese Trennung des Kehlsackes in
zwei seitliche Abteilungen bei keiner der von mir untersuchten
Arten vorgefunden. Es wird sich also bei TREVIRAnus um eine
Form handeln, die entweder eine individuelle Bildung aufweist,
‘oder es lag ihm eine von mir nicht bearbeitete Art vor. Wohl
habe ich bei Ch. semieristatus BoetTe. eine Trennung des Kehlsackes
in einen dorsalen und ventralen Abschnitt durch ein horizontales
Septum feststellen Können.
Einen Wendepunkt in der Geschichte der tierischen Laryngologie
bildet die Abhandlung von J. Hrnur „Vergleichend-anatomische Be-
schreibung des Kehlkopfes mit besonderer Berücksichtigung des Kehl-
kopfes der Reptilien“ aus dem Jahre 1839, über die Ö. K. HorrmAnN
in „Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreiches“ eingehend
referiert. Es seien folgende Punkte seiner Beschreibung hervor-
gehoben. Der Kehlkopf der Chamaeleonen hat sich in vollkommenerer
Weise entwickelt als bei den meisten Reptilien, indem jede Spur
von häutigen Zwischenräumen in der vorderen Wand verschwunden
ist. Es deutet also nichts mehr auf eine Entstehung des Kehl-
kopfes aus einzelnen Querfortsätzen. Die Trachea öffnet sich in
einen Kehlsack, der von ihr aus (also von der Lunge aus) mit Luft
gefüllt werden kann. Er meint, daß diese Einrichtung allen Arten
von Chamaeleonen zuzukommen scheine. Sodann bezieht er sich
auf die Angabe Meckkv's, auch bei Ch. pumilus Daun. einen
Kehlsack gefunden zu haben. Wahrscheinlich hat HENnLE seine
Beobachtungen nur an Ch. chamaeleon (L.) anstellen können, denn
sonst hätte er bei anderen laryngologisch weniger ausgebildeten
Formen häutige Zwischenräume in den Knorpelwandungen in Gestalt
von Bindegewebsfontanellen vorfinden müssen und wäre auf Formen
|
|
|
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 465
gestoßen, bei denen keine Spur von Kehlsack und anderen Anhangs-
gebilden vorhanden ist. Auch Horrmann!) schließt sich der
irrtümlichen Annahme HExLE's an, daß bei jeder Spezies ein Kehlsack
vorhanden sei.
STAnxIus erwähnt in seinem „Handbuch der Zootomie“ ?) den
Kehlsack als einen dünnhäutigen Sack, der am Ende des Ring-
knorpels durch eine quere Ofinung mit der Luftröhre in Verbindung
steht. Diese Art der Ofinung in Form eines Schlitzes, an dem
Anhangsgebilde in Gestalt von Knorpelzipfeln nicht auftreten, habe
ich ebenfalls an Ch. verrucosus Cuv. vorgefunden.
Im Anschluß an die Arbeiten von HrntEe und Srtanxıus muß
die umfangreiche Arbeit von E. GoEPprErRT „Der Kehlkopf der
Amphibien und Reptilien“ II) Erwähnung finden, insofern als er
in die Arbeiten seiner beiden Vorgänger berichtigend eingreift. Er
wendet sich gegen den von ihnen begangenen Irrtum, einen von
der ventralen Wand des Ringknorpels median auslaufenden zungen-
förmigen Fortsatz als Vorläufer der Epiglottis aufzufassen. GOEPPERT
hat diesen Fortsatz bei verschiedenen Reptilien mit Ausnahme der
Chamaeleonen, die er in seiner Arbeit überhaupt nicht berührt, gefunden
und ihn processus anterior inferior benannt im Gegensatz zu einem
ähnlichen, von der dorsalen Ringknorpelwand abgehenden Fortsatz,
den er processus anterior superior nennt. Bei den meisten Cha-
maeleonen ist der untere Fortsatz vorhanden und gewöhnlich sehr
lang, während der obere Fortsatz nur bei sehr wenigen Formen
von mir gefunden wurde.
In neuerer Zeit haben R. WIEDERSHEIM, G. TORNIER und F. WERNER
in längeren Abhandlungen die laryngologischen Verhältnisse der
Chamaeleonen gewürdigt. Auch GEGENBAUR*) gibt eine kurze Be-
schreibung dieses Gegenstandes.
WIEDERSHEIM verbreitet sich eingehend über den Kehlkopf
von Oh. monachus und Ch. chamaeleon (L.) (vulgaris). Seine Arbeit,
die den Titel führt „Das Respirations-System der Chamaeleoniden“ °),
handelt über Lage und Gestalt des Kehlkopfes und seine einzelnen
Knorpelarten. Er erwähnt den Kehlsack und sagt, daß sein Epithel
aus Zylinderzellen besteht, deren freies Ende da und dort den Ein-
druck von Flimmerhaaren erwecke. In den Kehlkopf ragen ein
vorderer und ein hinterer Knorpelzipfel, die sich beim Senken des
' ») Bronn’s Kl. u. Ordn. 1890 v. VI 3. II p. 1028.
2) Stannıus, Handb. Zoot. v. 2, 1856, Amph. p. 206.
3) Morph. Jahrb. v. 28 fasc. 1 p. 1—27, 1899.
*) Vgl. Anat. d. Wirbelt. v. 2, 1901, p. 276.
5) Ber. Ges. Freiburg v. 1 (1886), p. 1—15.
466 GUIDO GERMERSHAUSEN,
Kehlkopfes schließen und dadurch die Verbindung des Sackes mit
der Luftröhre aufheben. Auf die Gestaltung des Ringknorpels
eingehend, bemerkt er, daß die eingeschlagenen Seitenteile des
Ringknorpels in der Mittellinie zusammenstoßen und in eine
Knorpelleiste auslaufen. „Diese Knorpelleiste teilt das Kehlkopf-
innere in zwei Buchten, die an die ventriculi morgagni des Säuge-
tierkehlkopfes erinnern.“ Bezüglich dieser letzten Bemerkung
WIEDERSHEIM’S Sei hervorgehoben, daß diese Abschnitte im Ring-
knorpelinnern des Ohameleonen-Kehlkopfes den ventriculi morgagni
nicht homolog sind, was WIEDERSHEIM allerdings auch nicht be-
hauptet hat, wenn er von „erinnern“ spricht; aber auch eine morpho-
logische Ähnlichkeit dieser Gebilde habe ich nicht finden können.
Ich werde gelegentlich der Beschreibung des Ringknorpelinneren
im allgemeinen Teile dieser Arbeit auf diese Verhältnisse zurück-
kommen.
Eine ausführliche Beschreibung des Kehlkopfes von Ch. gracilis
Hartow unter Berücksichtigung der anatomischen, physiologischen
und biologischen Verhältnisse ist von ToRNIER gegeben®). Im ana-
tomischen Teile spricht er zuerst über die Lage des Kehlkopfes.
Dieser öffnet sich in die Mundhöhle durch einen Schlitz, der seitlich
eingefaßbt wird von zwei kegelförmigen Erhebungen, den Lippen-
kegeln. Der wichtigste Bestandteil ist der Ringknorpel, der dorsal-
wärts aufgetrieben ist. Die seitlichen Abschnitte des Ringknorpels
schlagen sich vorn nach innen ein und bilden so die Vorderwand
dieses Knorpels. Von dieser Vorderwand gehen in das Innere des
Ringknorpels die Stimmbänder, die infolge ihrer freien Lage beim
Vorbeistreichen der Luft schwingen können. Eine Beziehung zu
irgendwelchen Muskeln fehlt ihnen. Zwei Paar Muskeln an der
Außenseite des Kehlkopfes, der Öffnermuskel und der Schließer-
muskel, dienen dazu, den Eingang zum Kehlkopf zu öffnen nnd
zu schließen. Nach Beschreibung der dorsalen Ringknorpelwandung
wird eine Knorpelzunge erwähnt, die an beiden Seiten des Ring-
knorpelhinterrandes entspringt, in einem nach außen konvexen Bogen
nach oben führt und dabei die Luftröhre umfaßt. TornıEer be-
zeichnet sie als ersten Luftröhrenknorpel, der früher selbständig
gewesen ist, d. h. ohne Verbindung mit dem Kehlkopf bestanden
hat. Auch WIEDERSHEIM Spricht von ihr als einer „elegant ge-
schwungenen Knorpelzunge“. Der Ringknorpel läuft ventral in
einen zweiten Knorpelstreifen aus, der zweizipfelig endet und die
Vorderhälfte eines Apparates bildet, der einen Eingang des Kehl-
°) Zool. Jahrb. Anat. 1904/05, p. 7—25.
“Ara
Be) 6;
wer,
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 467
kopfes in den Kehlsack darstellt. Die Hinterhälfte des Einganges
bildet ebenfalls eine schmälere Knorpelspange, die sich zwischen
die beiden vorderen Zipfel einschieben kann. ToRrNnIErR bezeichnet
diese Einrichtung als Luftröhrenkrahn. Die hintere Knorpelspange
bildet die untere Fortsetzung des ersten selbständigen Tarcheal-
ringes.
Was die Physiologie des Luftröhrenkrahnes anbelangt, so voll-
zieht sich das Öffnen und Schließen desselben ohne Muskelarbeit
auf rein mechanischem Wege. Soll der Krahn geöffnet werden, so
muß der Kehlkopf um seine Verbindungsstelle mit der Luftröhre
nach oben rotieren, sodaß die vordere zweizipfelige Hälfte des
Krahnes nach vorn rotiert, also von dem hinteren Zipfel wegrückt.
Diese Rotation des Kellkopfes wird nur dadurch möglich gemacht,
daß das Tier seinen Kopf nach oben biegt. Geschlossen wird der
Kehlkopf durch den umgekehrten Prozeß. Die beiden Zipfel der
vorderen Krahnplatte rücken dann wieder nach hinten, sodaß der
‚hintere Zipfel sich zwischen sie hineinschieben kann geradeso, wie
sich die Finger beim Händefalten ineinanderschieben. An einer
Figur und einem Modell werden diese Vorgänge zur Veranschau-
lichung gebracht. In demselben Kapitel sind ferner Ausführungen
über Schließen und Zusammenfalten des Kehlsackes gegeben. Nach
der Ansicht Torxıer’s entleert sich der Luftsack automatisch und
faltet sich auf dieselbe Weise zusammen, im Gegensatz zur Meinung
WIEDERSHEIM’s, der dies auf Grund der Tätigkeit der Zungenbein-
muskulatur für möglich hält. Wohl sei, so führt TorxtEr aus, ein
Entleeren durch die Kontraktion des musculus omo-hyoideus und
des musculus sterno-hyoideus wöglich, die das Hyoid aufwärts und
rückwärts ziehen, jedoch wird der Sack durch die betreffenden
Körperteile so stark eingeklemmt, daß sein Zusammenfalten un-
möglich wird.
Die Fig. 1C in meiner Arbeit zeigt bei Ch. johnstoni Bu6r.
Lage und Richtung des Kontraktionszuges dieser Muskeln sowie
der gesamten äußeren Muskelpartien des Zungenbeines, dessen
Skelett von Ch. chamaeleon in Fig. 1B zur Darstellung gebracht
ist. — Als biologische Aufgabe des Luftröhrensackes führt TorxıEr
die Erzeugung von Lautäußerungen an, wie sie bei gedeckten
Lippenpfeifen hervorgebracht werden. Er vergleicht eine gedeckte
Lippenpfeife, wie er sie zur Abbildung bringt, in ihren Hauptteilen
mit dem gesamten Kehlkopfapparat und führt in seinem Vergleiche
folgendes aus: Den Stimmapparat des Ch. gracilis HaLLow und des
Oh. chamaeleon (L.) kann man sich vorstellen als eine gedeckte
Lippenpfeife mit weichen Wänden. Den Windkasten der Pfeife
468 GUIDO GERMERSHAUSEN.
bilden die Lungen, der Fuß der Pfeife entspricht der Luftröhre,
der Steg der Pfeife der Hinterwand des Luftröhrenkrahnes, die
septenartig in den Luftröhrensack eindringt; das Mundstück ist
durch Kehlkopf und Kehlkopfspalte vertreten. — Es folgen dann
längere Ausführungen über die Art der Tonerzeugung; ferner werden
durch Versuche die Entstehung eines Knurr- und Zischtones erklärt.
Als letzte und jüngste für die Literatur des COhamueleonen-
kehlkopfes in Betracht kommende Arbeit ist die von F. WERNER
anzuführen, die betitelt ist „Beiträge zur Anatomie einiger seltener
Reptilien mit besonderer Berücksichtigung der Atmungsorgane“ °).
Diese Arbeit unterscheidet sich von den bisher besprochenen da-
durch, daß hier eine größere Anzahl Spezies von Chamaeleonen
abgehandelt wird, und Unterschiede in den laryngologischen Ver-
hältnissen Berücksichtigung finden. Insbesondere beschreibt er die
(Gestaltung der Lungen einiger Arten, wie Brookesia stumpffii,
Chamaeleon fallax, Ch. lateralis, brevicornis, pardalıs, guentheri,
oshaughnessyi, montium, oweni, cristatus, laevigatus, gracilis, parvi-
lobus und dilepis. Er geht bei Untersuchung dieser Formen auf
das Vorhandensein oder Fehlen des trachealen Kehlsackes und der
Lungendivertikel ein, wobei er eine Übereinstimmung innerhalb
gewisser Artgruppen festgestellt hat, was in einer Tabelle zum
Ausdruck gebracht wird. Er kommt hierbei zu folgenden Ergeb-
nissen: 1. Die primitiveren Chamaeleonen, wozu KBchampholeon,
Brokesia und die Chamaeleonen der nasatus-Gruppe gehören,
besitzen weder einen Kehlsack noch Lungendivertikel. 2. Die
pumilus-Gruppe hat einen Kehlsack, jedoch keine Lungendivertikel.
3. Die chamaeleon- (vulgaris) Gruppe besitzt durchweg große Kehl-
säcke und stets zahlreiche Lungenzipfel. 4. Die Madagaskararten,
mit Ausnahme der unter 1 angeführten, haben sehr kleine oder
gar keine Kehlsäcke und mehr oder weniger zahlreiche Lungen-
zipfel. Bei den Angaben über Ch. pumilus, taeniobronchus, verru-
cosus, monachus und calcarıfer, die Werner selbst nicht untersucht
hat, wird auf die Ergebnisse der Untersuchungen anderer Ana-
tomen Bezug genommen.
Material und Untersuchungsmethode.
Das in Alkohol konservierte Material erhielt ich aus der her-
petologischen Sammlung des Königlich Zoologischen Museums zu
Berlin. Es setzt sich aus folgenden Arten zusammen: Chamaeleon
FRE ER subsp. roperi, calcarıfer, gracılıs, basiliscus, chamae-
”) Arb. Inst. Wien v. 19, 1911, p. 373—424.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 469
leon, senegalensis, laevigatus, semicristatus, melleri, namaquensis,
verrucosus, oustaleti, goetzei, damaranus, pumilus, lateralis, oweni,
quadricornis, bitaeniatus subsp. elliotti, minor, bitaeniatus subsp.
graueri, cephalolepis, pardalis, guentheri, gastrotaenia, oshaughnessyi,
taventensis, deremensis, fuelleborni, affınis, bitaeniatus subsp. hoeneli,
werneri, bitaeniatus subsp. bitaeniatus, wenorhinus, eristatus, wieders-
heimi, fischeri, fischeri subsp. matschiei, bifidus, brevicornis, fallaz,
Fig. 1. V=!$. Mundschleimhaut-
falten und Eingang zum Kehlkopf
von Ch. dilepis.
parsoni, jacksoni subsp. vaueres-
cecae, montium, tenuis, willsi,gallus u 3
und johnstoni. Fig. 1A. V=32. Ch. dilepis. Die die
£ en . Zunge ventral umfassende Muskulatur
Da es nicht möglich war, die sowie die des Hyoids (ventrale An-
Tiere als Alkoholpräparate für sicht). Benachbarte Muskulatur.
eine histologische Bearbeitung zu ee ee en
fixieren, so konnten die Unter-
suchungen nur einen makroskopischen Charakter tragen. Erfreu-
licherweise jedoch war ich in der Lage, mir im Sommer vorigen
Jahres einige lebende Stücke von Ch. chamaeleon aus Tunis zu
erwerben, was mir eine histologische Untersuchung der Kehlsack-
wandung ermöglichte. Die makroskopische Untersuchung vollzog
sich in folgender Weise. Es wurde ein seitlicher Längsschnitt in
die Haut geführt, der dicht vor der Ansatzstelle der vorderen Ex-
tremität begann und unter der einen Mandibel weg zum Kinn ver-
lie. Ein zweiter Hautschnitt, der an der Anfangsstelle des ersten
begann, verlief rechtwinklig zu ihm quer über die Kehlgegend
weg bis zur Ansatzstelle der gegenüberliegenden vorderen Extre-
mität. Der so entstandene rechtwinklige Hautausschnitt wurde von
dem darunterliegenden Bindegewebe losgelöst und zurückgeklappt.
Nach Entfernung der Bindegewebsschicht waren die Muskeln des
470 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Hyoids sowie der die Zunge ventral umhüllende musculus inter-
maxillaris bloßgelegt, wie dies die Fig. 1A und 1C anzeigen. Um
nun den Larynx von der ventralen Seite her in Augenschein zu
nehmen, mußte die Zunge gelockert werden und das Hyoid, das
mit der Zunge in engster Verbindung steht, indem der sehr lange
und derbe processus entoglossus sich bis in die vorderste Partie
der Zunge erstreckt (Fig. 1B),
abgelöst werden. Zu diesem
Zwecke wurden die musculi inter-
maxillaris (Fig. 1A und 1C; a)
a
Fig. 1B. V=3. (C%. Chamaeleon. Skelett des Hyoids.
a copula, b processus entoglossus, ce Hörner des Zungenbeins, d Hyoid von vorn.
Fig. 10. V=3. Oh. johnstoni. Muskulatur des Hyoids sowie benachbarte
Muskulatur. Richtung des Kontraktionszuges dieser Muskulatur.
a m. intermaxillaris, 5b m. mylo-hyoideus-posterior, c m. pterygo-maxillaris,
d m. oceipito-quadrato-mandibularis (digastricus), e m. sterno-mastoideus,
f m. sterno-hyoideus, g m. genio-hyoideus, A m. genio-ceratoideus, ? m. sterno-
ceratoideus, k m. omo-hyoideus.
und mylo-hyoideus-posterior (b) in der Medianebene durchschnitten
und beide Partien zurückgeklappt, sodaß der Vorderteil der Zunge
freilag und herausgezogen werden konnte. Das hatte jedoch erst
dann Zweck, wenn das Zungenbein losgelöst war, was dadurch er-
möglicht wurde, daß die Muskeln, die sowohl am Hyoid als am
Sternum inserieren, und diejenigen, welche gewissen Zungenbein-
muskeln unterlaufen oder sich zwischen mehreren Muskeln durch-
schlängeln, durchschnitten wurden. Als solche kommen in Betracht
der m. occipito-quadrato-mandibularis (digastricus) (d), der an seiner
oberen Ansatzstelle, am Squamosum, abgeschnitten wird, m. sterno-
.
u
1 geh
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 47]
hyoideus (f), durchschnitten an seiner sternalen Insertion, m. genio-
hyoideus (9), am hinteren Ende der sternalen Insertion durch-
schnitten, m. sterno-ceratoideus (i) und m. omo-hoyideus (k), beide
ebendaselbst durchschnitten. Sodann wird die Zunge mitsamt dem
Hyoid herausgezogen und zur Seite geklappt, wodurch der Einblick
in den vorderen Teil des Pharynx und den ventralen Teil des
Larynx mit dem Kehlsack (falls ein solcher überhaupt vorhanden)
frei wird. Diese topographischen Verhältnisse sind in Fig. 1D
wiedergegeben. Durch einen von unten her geführten, um den Kehl-
kopf laufenden Kreisschnitt in die Mundschleimhaut wird der Larynx
abgetrennt. Dann wird die Luftröhre ungefähr 5 mm hinter ihrem
Fig. 1D. V=3. Ch. dilepis. Lage des Kehlkopfes nach entferntem Zungen-
bein und entfernter Zunge (ventrale Ansicht). (Lage der Zunge und der
‘ Zungenbeinhörner durch die unterbrochene Linie gekennzeichnet.)
a Mundschleimhaut, b Larynx, ce Kehlsack, d Gaumen.
Anfange abgeschnitten und der gesamte Kehlkopfapparat nach Ab-
lösung der glandula thyreoidea herausgenommen. Er verbleibt dann
wenigstens drei Tage in lauwarmem Wasser und zehn Tage in
20°,,igem Alkohol, damit das dem Kehlkopfgerüste und der Musku-
latur dicht aufliegende Bindegewebe überhaupt zu entfernen ist.
Falls nach dieser Zeit der Kehlkopf präparationsfähig war, wurde,
nachdem Gestalt, Größenverhältnis und Winkelstellung des Larynx
zur Trachea, Größe, Stärke, Ansatzstellen und Verlauf der Muskulatur
in Augenschein genommen waren, letztere abpräpariert und dann
3 erst die Maße des Kehlkopfes festgestellt. Es geschah dies erst
nach der Entfernung der Muskulatur, weil diese im Alkohol stark
zusammengeschrumpft war und somit kein objektives Bild von der
472 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Gestalt und Ausdehnung, wie sie beim lebenden oder lebendfrischen
Stücke vorhanden ist, abgeben konnte. Alle Größenmaße der ein-
zelnen Keliılköpfe beziehen sich daher auf die von ihrer Muskulatur
befreiten Knorpelelemente. Nach Besichtigung der Aryknorpel, die
mehr oder weniger von der Muskulatur umkleidet sind, wurden
diese losgelöst, so dab jetzt die von ihnen bedeckten Partien des
Ringknorpels sowie seine Ofinung frei zutage treten. Falls ein
Kehlsack vorhanden war, wurde dieser der Länge nach aufgeschnitten,
sein Innenraum, insbesondere seine Kommunikation mit dem Larynx
und der Trachea festgestellt und die Lage der Anheftungsstellen
seiner Wandung am Kehlkopf berücksichtigt. Zuletzt wurde der
Zugang zum Ringknorpelinnern durch einen Schnitt in die dorsale
Wandung ermöglicht. Oft war dieser ganze Innenraum mit Schleim-
hautresten, die durch den Alkohol zusammengeschrumpft waren, an-
gefüllt. Sie wurden mit einem feinen Haarpinsel vorsichtig ab-
gebürstet, so daß eine Verletzung der äußerst zarten Stimmbänder
vermieden wurde.
Allgemeine Anatomie des Larynx.
Lage des Kehlkopfes.
Bei Betrachtung der geöffneten Mundhöhle eines Chamaeleons
bildet der dicke fleischige Vorderteil der Zunge die auffallendste
Erscheinung. Er läßt sich scharf in zwei Abschnitte sondern, einen
oberen und einen unteren. Der obere Abschnitt liegt wie eine
Kappe auf dem unteren, ist sehr faltenreich und hat die Aufgabe,
beim Fangen der Beute vermöge seines auf seiner Oberfläche ab-
geschiedenen Sekrets die Insekten an sich zu heften (Fig. 2). Er
läuft nach hinten in einen Zipfel aus, hinter dem sich die Mund-
schleimhaut breit wie eine Decke über die hintere Zungenpartie
herüberlegt. Gleich hinter diesem Zipfel ist die Eingangsstelle des
Kehlkopfes zu suchen, an der die Mundschleimhautfalten sich zu
zwei Wülsten erheben, die dadurch entstanden sind, daß die auf
den Stellknorpeln aufsitzenden Lippenkegel hier die Schleimhaut
emporgehoben haben, und diese sich enge um die Knorpel gelegt
hat (Fig. 1).
Der Kehlkopf ist von der Mundschleimhaut überdeckt und
liegt ungefähr zwischen den beiden Zungenbeinhörnern (h) und
hoch über der Zunge, die sich in ihrem hinteren Teile stark ver-
jüngt, so daß hier ein Hohlraum gebildet wird, der oben durch den
Kehlkopf (2), seitlich durch die Zungenbeinhörner und unten durch
die Zunge begrenzt wird, und der von einer derben, bindegewebig-
|
4
|
|
|
r Dan 1 22 25 a
RETTEN
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 473
membranösen Hülle, die sich auch ganz um die Zunge herunlegt,
umgeben ist (Fig. 1D, 2).
Äußere Gestalt des Kehlkopfes.
Der Kehlkopf stellt sich als eine bei den verschiedenen Arten
mehr oder weniger ausgeprägte blasenförmige Kapsel dar. Dorsal
besitzt er eine Aufwölbung, während er ventral abgeplattet er-
scheint. Durch diese Aufwölbung und durch seine Lage zur Trachea
erscheint er schon allein äußerlich von dieser scharf abgegrenzt.
Während nämlich bei den meisten übrigen Eidechsenarten die Achse
des Kehlkopfes, bei dem auch die blasenförmige Auftreibung viel
Fig. 2.2 V=%f$. Lagebild des Kehlkopfes von Ch. dilepis.
! Larynx, m Boden des Pharynx mit den Falten der Mundschleimhaut (am
+ abgeschnitten), k Kehlsack (zusammengeschrumpft), A Zungenbeinhörner
mit ansitzender Muskulatur, ms die am Sternum ansetzende Muskulatur (am
+ abgeschnitten), z Zunge.
weniger scharf hervortritt, in ihrer Verlängerung die Achse der
Luftröhre bildet, erscheint die Achse des Chamaeleonenkehlkopfes
oft zur Luftröhrenachse unter einem nach oben mehr oder weniger
weit geöffneten Winkel geneigt, der bei einigen Arten ein rechter
ist. Denkt man sich also die Achse der Luftröhre als Horizontale,
so verläuft die Kehlkopfachse schräg nach oben.
Bestandteile des Kehlkopfes.
Der Kehlkopf des Chamaeleons setzt sich wie bei allen Rep-
tilien aus zwei Arten von Knorpeln zusammen, dem Ringknorpel
oder der cartilago cricoidea und einem Paar Aryknorpeln oder
cartilagines arytaenoidae. Der hauptsächlichste Bestandteil und
formgebende Faktor des Kehlkopfes ist die cartilago cricoidea.
Dieselbe ist eine hyalin-knorplige Kapsel, die vorn blasenförmig
aufgetrieben ist, nach hinten zu schmäler wird und ventral nach
vorn in eine spitze Knorpelzunge ausläuft, den processus anterior
inferior (GoEppErRT) (Fig. 3). Ihre Seitenränder schlagen sich nach
vorn in das Innere, um sich dabei meist konvex vorwölbend, und
.——
474 GUIDO GERMERSHAUSEN,
bilden so zugleich die vordere Wand des Ringknorpels. Diese nach
innen eingeschlagenen Ränder stoßen nicht in der Medianlinie zu-
sammen, wie WIEDERSHEIM angibt, sondern lassen eine Öffnung, die
sich ventralwärts verbreitert und den Eingang zum Inneren des
Rineknorpels bildet (Fig. 4). Ich möchte diese Öffnung introitus
cricoideus benennen. Die Vorwölbung der Ringknorpelvorderwand
trägt wesentlich dazu bei, dab der ganze Knorpel eine herzförmige
Gestalt erhält, was besonders zum Ausdruck kommt, wenn man ihn
von der ventralen Seite betrachtet.
Die cartilagines arytaenoideae haben die Form eines aus einem
Kegelmantel ausgeschnittenen Dreiecks (Fig. 5). Sie sitzen ge-
wöhnlich mit ihrer inneren Kon-
kaven Fläche der vorgewölbten
Vorderwand des Ringknorpels
dos! auf, mit diesem auf diese Weise
eine Art von Gelenk ausmachend,
das beim Offnen und Schließen
x &“ eerzal
dors. \
Ma To
A
ventzal vent. venltat
Fie.3 V=-%. Fig4 V-14 Fig5 V=-4. Fig6 V-
Fig. 3. Ch. dilepis. Ringknorpel (Ansicht von unten). e processus anterior
inferior, s Kehlsack (die Pfeile deuten auf die nach innen eingeschlagenen
Seitenränder).
Fig. 4. Ringknorpel (ovale Ansicht). iintroitus ericoideus, ce crista cricoidea.
Fig. 5. Stellknorpel (seitliche Ansicht der Außenfläche). a Stellknorpel,
li Lippenkegel, f fossa musculi constrictoris.
Fig. 6. Stellknorpel (seitliche Ansicht der Innenfläche). w Knorpelwulst,
m feine durchsichtige Membran (nach GesEnsaur Stimmband).
der Kehlkopfspalte in Aktion tritt. An der Innenseite des Stell-
knorpels tritt ein starker Knorpelwulst in die Erscheinung, der ventral
beginnt und bis zum dorsalen Ende der Basis hinabzieht (Fig. 6).
Beim Schließen des Kehlkopfes,_ wenn die Stellknorpel einander
näherrücken, werden diese Knorpelwülste mit ihren Breitseiten
stark gegeneinander gepreßt und bilden so einen guten Verschluß
für den Eingang in das Innere des Ringknorpels und somit auch
des Kehlkopfes selbst gegen die von der Stimmritze eindringende
Luft. Im übrigen läuft der Stellknorpel basalwärts in eine dünne,
durchscheinende Knorpelscheibe (m) aus. Auf der äußeren Seite
des Stellknorpels tritt in der Mitte eine senkrecht laufende schwache
L
3
8
iz
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 475
Einbuchtung auf (f). Auf der Spitze des Knorpels befinden sich
die Lippenkegel (li), zwei Bindegewebsmassen ohne Knorpelsubstanz;
sie sind somit strenge vom eigentlichen Stellknorpel (a) zu sondern.
Diese Lippenkegel sind es, die die Mundschleimhaut an der Ein-
gangsstelle des Kehlkopfes zu zwei Wülsten erheben.
Die Muskulatur des Kehlkopfes (Fig. 7—9).
Am Kehlkopf befindet sich nur eine äußere Muskulatur, während
eine Muskulatur im Kehlkopfinneren nicht vorhanden ist. Sie be-
E.
Fig. 7. V=4. Fig. 8. V=4. Fig. 9. V=4.,
Fig. 7. Ch. dilepis. Kehlkopf (laterale Ansicht). a Kehlkopfspalte, b Stell-
knorpel mit aufsitzenden Lippenkegeln, c Ringknorpel, d m. dilatator, e m.
constrietor, s Kehlsack.
Fig. 8. Kehlkopf (dorsale Ansicht). /fontanella dorsalis, g Trachea, i dorsale
Ansatzstelle des m. constrictor.
Fig. 9. Kehlkopf (ventrale Ansicht). f ventrale Ansatzstelle des m. constrictor.
steht aus zwei Paar Muskelzügen, die ein Öffnen oder Schließen
der Kehlkopfspalte bewirken. Das eine Paar setzt sich aus je
einem m. dilatator (Fig. 7, d) zusammen, der die Aufgabe hat,
durch seine Kontraktion die Stimmritze zu öffnen. Er umfaßt voll-
kommen die Seitenfläche des Kehlkopfes und hat folgenden Ver-
lauf: Er inseriert vorn seitlich am Anfang des Aryknorpels, und
zwar an der Stelle, wo demselben der Lippenkegel aufsitzt, mit
dem er durch Bindegewebe, das auch über seiner ganzen Ausbreitung
als dünne Schicht lagert, verbunden ist. Er zieht dann seitlich
32
476 GUIDO GERMERSHAUSEN.
abwärts am Ringknorpel entlang, indem er sofort hinter seiner
Ansatzstelle über den ihn rechtwinklig kreuzenden m. constrietor e
hinwegzieht, und findet unten am Ringknorpel seine zweite Ansatz-
stelle. Sein Gegenüber an der anderen Seite nimmt den spiegel-
bildlichen Verlauf. Bei ihrer Kontraktion üben die beiden Muskeln
einen Zug nach außen auf die Stellknorpel aus, wodurch diese
samt den ihnen aufsitzenden Lippenkegeln voneinander weg seitlich
a
u
|v
N)
A
4
RER
Ale Jh ERS
ss / ! h
42 V | N N
| (< |) IH:
N ur
i "1 N (N AU lau N
* | N) de ; I)
\ Be \
Fig. 10. V=%. Fig. 104. V= 18.
Fig. 10. Ch. dilepis. Luftröhrenkrahn (laterale Ansicht bei aufgetrenntem
Kehlsack). a Stellknorpel, b Ringknorpel, c erster unselbständiger Tracheal-
ring („elegant geschwungene Knorpelzunge“), cı erster selbständiger Tracheal-
ring, nach unten in die lacinia trachealis auslaufend (lt), d Bindegewebszug,
e Ausführungsgang des Luftröhrenkrahnes, la lamina cricoidea, !c laciniae
cricoideae, / fontanella ventralis, k Kehlsack, Innenwand.
Fig. 10A. Luftröhrenkrahn (Ansicht von vorn bei aufgetrenntem Kehlsack)
nach außen rücken. Dadurch wird der Kehlkopf geöffnet. Zum
Schließen desselben dient ein zweites Muskelpaar, die m. constric-
tores. Die erste Ansatzstelle jedes dieser Muskeln liegt dorso-
median dort, wo die beiden Aryknorpel aneinander stoßen. Dann
ziehen sie um diese herum, wobei sie abwärts unter den m. dilata-
tores durchlaufen und treffen sich in der ventralen Mittellinie. So-
wohl dorsal als auch ventral sind beide Muskelstränge durch feines
Bindegewebe innig verbunden. Bei ihrer Kontraktion werden die
Stellknorpel, die sich bei geöffnetem Kehlkopf voneinander getrennt
hatten, zusammengedrückt und so wieder fest aneinander gepreßt,
B
£
s
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 477
denn beide Muskeln umschließen ja die beiden Knorpel in Form
eines Ringes, der sich bei ihrer Kontraktion verkleinert. An dieser
Stelle ist nun auch die Frage zu erörtern: welchen Zweck hat die
in der Mitte des Stellknorpels längs laufende schwache Einbuchtung?
Eine Ansatzstelle eines Muskels kann sie nicht sein. Sie steht
offenbar mit dem m. constrietor im Zusammenhange, denn sie nimmt
denselben Verlauf wie dieser. Nun wäre es naheliegend, von vorn-
herein anzunehmen, daß sie als Einbettungsort für ihn dient. Dies
ist jedoch unter gewöhnlichen Verhältnissen, d.h. in einem Zustande, bei
dem weder der m. dilatator noch der m. constrietor in Tätigkeit tritt,
d. i. bei der normalen Atmung, bei der die Stimmritze wenig ge-
öffnet ist, nicht zu ersehen, denn der m. constrietor ist zu voluminös,
und vor allem liegt er dem Stellknorpel zu breit auf, als daß er
von der Ausbuchtung ganz aufgenommen werden könnte. Bei seiner
Kontraktion, wo er sich auf Kosten seiner Länge verdickt, ist das
schon erst recht nicht möglich. Es bliebe nur der Fall übrig, wo
er beim weiten Öffnen des Kehlkopfes durch die auseinander-
rückenden Stellknorpel mechanisch ausgedehnt wird und sich so
im Querschnitt verkleinert. Man darf in diesem Falle wohl an-
nehmen, daß er von der Einbuchtung aufgenommen wird, wodurch
ja auch das Auseinandertreten der Stellknorpel eine Erleichterung
erfährt. Ich möchte daher diese Einbuchtung als fossa musculi
constrietoris bezeichnen.
Der Luftröhrenkrahn und Kehlsack.
Vom ventralen Teile des Ringknorpels geht ein Gebilde aus,
das bei einem etwa vorhandenen Kehlsack in diesen hineinragt und
_ einem Trichter nicht unähnlich ist, indem es nach unten zu immer
schmäler wird und sich in den Kehlsack hinein öffnet (Fig. 10, 10A).
Es führt den Namen Luftröhrenkrahn (TorxIEr), weil es einen
Verbindungsweg zwischen Kehlkopf und Luftröhre darstellt und in
seiner Verschlußvorrichtung wie ein Krahn funktioniert. Seine
Vorderwand bildet die Fortsetzung der basalen Partie des Ring-
knorpels nach unten. Ich nenne diese Vorderwand, die die Form
einer Platte trägt, lamina cricoidea.. Von der Seite treten dann
zwei „elegant geschwungene“ Knorpelzungen (WIEDERSHEIM) hinzu,
die in ihrem oberen Teile morphologisch noch als Knorpelringe der
Trachea anzusprechen sind und hier von der Vorderwand des
Krahnes jederseits durch ein Fontanellenpaar, das durch eine durch-
scheinende Membran geschlossen ist, getrennt sind. Unter diesen
Fontanellen, die ich fontanellae veikrakde nenne, biegen sie sanft
nach vorn um und verschinelzen mit der Vorderwand des Krahnes.
32*
478 GUIDO (GERMERSHAUSEN.
Dieses so gebildete Verschmelzungselement läuft nach unten in
zwei Zipfel aus (lc), die bei den einzelnen Arten mehr oder weniger
ausgebildet sind, auch fehlen können. Diese beiden Zipfel möchte
ich laciniae cericoideae benennen. Sämtliche Trachealringe haben
meistens in der dorsalen Medianlinie eine Durchbrechung erfahren,
die bei dem ersten Trachealringe besonders breit ist und ihn oft
nicht mehr als ein einheitliches Ganze erscheinen lassen. Die
hintere Hälfte des Luftröhrenkrahnes besteht aus einer Platte von
der Gestalt eines schlanken Knorpelstreifens (lt), die sich beim
Schließen des Krahnes zwischen die beiden Vorderplatten einlegt,
„wie sich etwa die Finger der menschlichen Hand beim Hände-
falten ineinanderlegen“ (TornIEerR). Auf diese Weise wird ein
luftdichter Verschluß hergestellt.
Wie die beiden Vorderplatten des
Luftröhrenkrahnes als Modifika-
Fig. 11. V= 14, Fig. 11A.
Fig. 11. Ch. dilepis. Erster selbständiger Trachealring mit abgehender lacinia
trachealis. a Trachealring, ce Knorpelfaden, e Bindegewebsmembran.
Fig. 11A gezeichnet bei V=?3° ohne Zeichenapparat (schematisch). Ch.
chamaeleon. Innere Kehlsackwandung (quer) (lebendfrisches Gewebe). a Zylinder-
zellen mit Cilienbesatz, b elastisches Bindegewebe.
tion des I. unselbständigen Trachealringes (c) zu betrachten sind,
so stellt sich die Hinterplatte als der untere modifizierte Teil
des ersten selbständigen Trachealringes dar (c,). Dieser schließt
sich in seiner ventralen Partie nicht direkt, d. h. die derben
seitlichen Spangen des Ringes stoßen nicht unmittelbar in der
ventralen Mittellinie zusammen oder vereinigen sich hier, sondern
verändern nun ihre Richtung, indem sie sich unter Abschwenkung
nach unten in jederseits einen sehr zarten Knorpelfaden (c) fort-
setzen. Diese beiden Knorpelfäden sind durch eine durchscheinende
Bindegewebsmembran (Fig. 1l1e) in Verbindung gebracht, kon-
vergieren in ihrem unteren Verlauf, bis sie sich zum Schluß ver-
einigen und zusammen den Knorpelstreifen bilden, der sich als
Hinterplatte des Luftröhrenkrahnes darstellt, und den ich als lacinia
De "5 7
x
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 479
trachealis bezeichne (Fig. 11). Endlich ist zu bemerken, daß jede
Platte sowohl des vorderen wie des hinteren Teiles des Luft-
röhrenkrahnes durch einen Bindegewebszug (d), der die hintere
Fortsetzung der Platten bildet und fest an der Wand des Kehl-
sackes angewachsen ist, mit diesem in Verbindung steht. Dies
ist, wie ToRNIER bemerkt, beim Füllen des Kehlsackes mit Luft
von Bedeutung, indem die Wände.desselben sich nach außen aus-
dehnen, und die Krahnplatten dabei ebenfalls in der Richtung
nach außen mitgezogen werden, wodurch die Krahnöffnung er-
weitert wird. |
Einige Chamaeleonen besitzen einen Kehlsack, ein Gebilde aus
einem faltenreichen, bindegewebigen Sack bestehend, der unter dem
Kehlkopf liegt (Fig. 7, 8, 9; s), mit diesem durch den Luftröhren-
krahn und mit der Trachea durch eine Einmündung dieser in Ver-
bindung stehend, die als ein breiter Schlitz erkennbar ist. Er
setzt sich rings um die ventrale Seite des Kehlkopfes an, und zwar
an der Stelle, wo der Luftröhrenkrahn beginnt, und umgreift dann
noch weiter den vorderen ventralen Teil der Trachea bis etwa
zum Beginn des III. Trachealringes (Fig. 7). Seine Tiefe beträgt
bei Arten, wo er in bedeutender Größe auftritt, 1—1,75 cm. Nach
unten zu wird er allmählich schmäler, sich sanft zuspitzend. Die
Wand seiner unteren Partie ist gewöhnlich etwas derber und un-
durchscheinend, während die Sackwandung im oberen Teile oft so
dünn und fein ist, daß sie als durchscheinend bezeichnet werden
kann.
Anschließend hieran sei noch kurz auf die Histologie der Kehl-
sackwandung eingegangen. Zum Zwecke der mikroskopischen
Untersuchung wurde die Wandung bei einem lebenden durch Kopf-
schlag betäubten Ch. chamaeleon herausoperiert und ein Querschnitt
in einem Medium von 0,5% Kochsalzlösung unter das Mikroskop
gebracht. Die Innenfläche der Wandung zeigte eine Lage von hohem
flimmerndem Cylinderepithel (Fig. 11A). Jede der Zellen trug
ungefähr 4—6 Cilien. Somit konnte die Vermutung WIEDERSHEIMS
durch die Tatsachen bestätigt werden. Unter dieser Zellschicht
folgt dann eine dicke Schicht Bindegewebsfasern, wie sie TORNIER
ebenfalls beobachtet hat.
Das Innere des Ringknorpels.
- Der Innenraum des Ringknorpels wird durch eine am Boden
verlaufende derbe Knorpelleiste (Fig. 12), die nach vorn in der
schon erwähnten schmalen Knorpelzunge (p) ihre Verlängerung
480 GUIDO GERMERSHAUSEN.
findet, in zwei Kammern (d) abgeteilt (Fig. 12). Diese Kammern,
die ich als diverticula cricoidea kennzeichnen möchte, sind im
vorderen Teile 'blasig aufgetrieben, da sie ja aus den nach vorn
umgeschlagenen konvexen Seitenwandungen des Ringknorpels gebildet
sind. Aus der Vorderwand treten rechts und links von der Median-
linie die Stimmbänder (Fig. 13 lv) heraus in das Innere des Ring-
knorpels vor. Es sind dreieckige, sehr spitz zulaufende Knorpel-
wülste, die beim Durchzug der Luft durch die Stimmritze ungehindert
N
| |
1)
||
\ir
j
IM 2
| \\\ ||
| N | \
Fig. 12. V=1%,
Fig. 12. Ringknorpel von Ch. dilepis. Inneres, ventrale Partie. a Stelle, wo
sich die seitlichen Abschnitte des Ringknorpels am Vorderrand eingeschlagen
haben, c crista cricoidea, d diverticula cricoidea, !v Stimmbänder, p processus
anterior inferior, t Trachea.
Fig.13. Ringknorpel. Inneres, ventrale Partie (schräg von der Seite betrachtet).
schwingen können, aber ohne Beziehung zu irgendwelchen Muskeln
stehen, wie überhaupt das Ringknorpelinnere jeglicher Muskulatur
ermangelt.e. Nach hinten zu, wo der Ringknorpel schmäler wird,
verengen sich auch demgemäß die beiden Kammern, während zu-
gleich die Wandungen eine bedeutende Verdickung erfahren, die
an der Ansatzstelle der Trachealwandung wieder aufhört.
Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle auf die Ausführungen
WIEDERSHEIM’s, in denen er die ventriculi morgagni des Säugetier-
kehlkopfes mit den diverticula cricoidea vergleicht, zurückzukommen,
zugleich kurz einzugehen auf die Kehlsackbildungen, wie sie bei
anthropoiden Affen und auch sogar pathologisch beim Menschen
auftreten, und ferner eine Beziehung zwischen den „wahren Stimm-
bändern“ der Säugetiere und denen der Chamaeleonen zu kenn-
zeichnen. |
Die ventriculi morgagni des Säugetierkehlkopfes, auch ventrieuli
laryngis genannt, sind durch die beiden großen Buchten gegeben
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 481
(Fig 13B; vm) die zwischen dem Ringknorpel (cc) und dem Schild-
knorpel (ct) gelegen sind und ihre Ausdehnung der großen inneren
Hohlbucht des letzteren verdanken. Ihre Begrenzung nach außen
finden sie demnach durch die Innenwandungen des Schildknorpels (ct),
während sie innen durch die Außenwand des Ringknorpels (ce) und
nach oben durch die an der Innenwand dieses Knorpels sitzenden
und über ihn hinausragenden Stimmbänder (Fig. 13 A iv) ihren Ab-
schluß finden. Die Lage dieser außerhalb des Ringknorpels sich
befindlichen Ventrikel ist also grundverschieden von den innerhalb
gelegenen Buchten des Chamaeleon-Kehlkopfes.. Ebenso ist ihre
Aoısal ventzal
Fig. 13A. V=4. Fig. 13B. V=4.
Fig. 13A. Macacus. Kehlkopfinneres. Rechte Hälfte. c? Schildknorpel,
vm Öffnung, die zur oberen Partie des rechten ventriculus morgagni führt,
!v wahres Stimmband, cc Ringknorpel, + Stelle, an die sich von außen her
der Stellknorpel ansetzt, t Trachea.
Fig. 13B. Kehlkopfinneres, linke Hälfte (nach Entfernung der Stimmbänder
und der Bindegewebsmasse). ca Stellknorpel, vm linker ventriculus morgagni
(ventriculus laryngis).
Gestalt eine völlig andere. Sie laufen caudalwärts spitz zu und
erweitern sich rostral, wo beide Buchten durch die sich hier fest
aufeinanderlegenden Wandungen des Schild- und Ringknorpels ge-
trennt sind.
Wie so eine Homologie oder auch nur eine Ähnlichkeit dieser
beiden Arten von Ausbuchtungen am Säugetier- und Chamaeleon-
Larynx nicht besteht, wird man auch eine Homologie der Kehlsäcke,
wie sie als ventrale Ausläufer der ventrieuli morgagni beim
Schimpansen und Gorilla beobachtet wurden, mit den hier ab-
eehandelten Kehlsäcken in Abrede stellen müssen. E. Euwers, der
ingehende Untersuchungen über diese bei Affen auftretenden Kehl-
482 GUIDO GERMERSHAUSEN.
säcke gemacht hat®) sagt, dab sie als Fortsetzung der ventriculi
morgageni über den oberen Seitenrand der carthilago thyreoidea
heraustreten. Auch Rünıger?) beschreibt die Luftsäcke bei
anthropoiden Affen und bespricht im Anschluß daran solche Säcke,
die beim Menschen pathologisch als Ausbuchtungen und sackartige
Ausläufer der ventriculi morgagni vorkommen und gibt eine gute
Abbildung davon. Bei Affen sind 2 gleich große Ausbuchtungen
die Norm, während eine einseitige Ausbuchtung zu den Seltenheiten
gehört. Beim Menschen kommt nur eine einseitige Ausbuchtung vor.
Auch G. ScLavunos!0) kommt bei seinen Untersuchungen zu dem-
selben Resultat. Wie selten solche Bildungen pathologisch beim
Menschen auftreten, beweist die Tatsache, daß er unter 500 Leichen
nur 3 mit Aussackungen versehene ventriculi vorgefunden hat.
Endlich schildert G. LEDDERHosE!!) einen solchen Fall von Kehl-
sackbildung nebst den physiologischen Wirkungen bei einem
Patienten. |
Bei Betrachtung der Stimmbänder im Kehlkopf vom Chamaeleon
haben wir festgestellt, daß sie der Ringknorpelwand ansitzen, sich
also im Ringknorpelinnern vorfinden. Betrachten wir das Innere
eines Säugetierkehlkopfes, wie es uns z. B. bei Macaccus entgegen-
tritt (Fig. 13A), so sehen wir die Stimmbänder (iv) ebenfalls in
der rostralen Partie des Ringknorpels (cc) seiner oberen Wandung
ansitzend. Es besteht hier nur der unwesentliche Unterschied, dab
sie nicht wie beim Chamaeleon in die Nähe der Medianlinie gerückt
sind, sondern mehr lateral liegen, da hier die rostralen Seitenränder
nicht nach innen eingeschlagen sind. Wir haben es also hier mit
homologen Bildungen zu tun. Nun definiert P. Hrymann!?) als
„wahres Stimmband“ dasjenige Ligament, das beim Menschen und
somit auch bei den Säugern vom Innenrande des Ringknorpels aus-
geht. Es ist folglich, wenn wir den so präzisierten Begriff des
wahren Stimmbandes von Hrymann annehmen, das Stimmband der
Chamaeleonen ein Homologon des wahren Stimmbandes der
8) E. Euters, Beiträge zur Kenntnis des Gorilla und Schimpansen. Abh.
Ges. Göttingen v. 28 1881 p. 3—77.
9) Über ungewöhnlich weite Morgagnische Ventrikel Monatssch. Ohren-
heilk. X 1876 nr. 9 p. 126.
10) Über die Ventrikularsäcke des Kehlkopfes bei erwachsenen und neu-
geborenen Menschen sowie bei einigen Affen. Anat. Anz. 1904 XXIV p. 511—523
und 625 12 fig.
11) Uber einen Fall von rechtsseitiger Kehlsackbildung. D. Z. Chirurgie
v. 22 1885 p. 206. |
12) Was nennen wir wahres Stimmband? D. med. Wochenschr. 1890
nr. 4 p. 68.
er er NEE RT» ne u Des
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 483
Säuger. Es sind demnach die ligamenta, wie sie GEGENBAUR als
Stimmbänder bei den Ascalaboten beschreibt, wo sie an der Basis der
Aryknorpel sitzen, nicht solche im Sinne der „wahren Stimmbänder“.
Ähnlich sagt GEGENBAUR, wären die Verhältnisse beiden Chamaeleonen.
Jedenfalls meint er hier die dünne durchscheinende basale Knorpel-
scheibe (Fig. 6, m), wie sie uns bei Betrachtung des Aryknorpels ent-
gegentritt. Daß dieselbe in physiologischem Sinne mit Recht als Stimm-
band gelten darf, soll nicht bestritten werden, jedenfalls ist sie topo-
graphisch als Stimmband im Sinne Hrymann’s nicht zu verstehen.
Spezielle Anatomie des Larynx.
Bei Abhandlung über die allgemeine Anatomie des Larynx
waren die Verhältnisse bei Ch. dilepis Lracan als Ausgangspunkt
und Grundlage gewählt. Wir wenden uns nunmehr zur Einzel-
betrachtung des Kehlkopfes bei den übrigen Arten.
Chamaeleon dilepis subsp. roperi Buer.
Diese Art ist bedeutend kleiner als die gewöhnliche Form.
Das O bleibt sogar fast um die Hälfte der Körpergröße gegen das
SO zurück. Das Verbreitungsgebiet ist auf Britisch- und Deutsch-
Ostafrika und Togo beschränkt.
Bei ihm nimmt der Kehlkopf dieselbe Stellung zur Trachea
ein wie bei Ch. dilepis. Die Wandung des Ringknorpels ist weniger
stark und dick ausgebildet. Ferner haben die laciniae cricoideae
nicht die Länge wie bei der vorigen Art, während die lacinia tra-
chealis außerordentlich lang und gut ausgebildet ist. Der Kehl-
sack ist bei beiden Geschlechtern groß, beim S sehr dünnhäutig
und durchscheinend, beim © ist die Wandung fester und nicht durch-
scheinend, auch sind bei ihm die elastischen Bindegewebsfasern
derber als beim Kehlsack des JS; der 1. unselbständige Tracheal-
ring nebst der davorliegenden Fontanelle sind hier nieht so aus-
geprägt wie bei Ch. dilepis, indem der Trachealring sich nicht oder
nur sehr wenig von der Wand des Ringknorpels abhebt, sodaß er
auch für das bewaffnete Auge schwer zu erkennen ist und ferner,
indem die Fontanelle kleiner und weniger dünnhäutig ist, sodaß
auch hier eine weniger scharfe Differenzierung besteht, die durch
den festeren Zusammenhang dieses Trachealringes mit der lamina
cricoidea hervorgerufen ist. — Im übrigen liegen dieselben Verhält-
nisse vor wie bei Ch. dilepis.
Chamaeleon calcarifer PETERS.
Diese Art hat in ihrem äußeren Bau große Ähnlichkeit mit
Ch. dilepis. Sie wird bedeutend größer, denn das JS kann bis 450 mm
484 GUIDO GERMERSHAUSEN,
lang werden. Der Helm ist höher und die Oceipitallappen sind
noch stärker als bei Ch. dilepis entwickelt.
Der Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel, der die
Größe eines rechten Winkels etwas übertrifft. Die Muskulatur am
Kehlkopfe ist nur sehr gering entwickelt. Insbesondere ist der m.
constrietor außerordentlich schwach und dünn, daher ist auch von
einer fossa musculi constrietoris fast nichts wahrzunehmen. Auch
die Aryknorpel (Fig. 14; a) sind ?
klein, während der Ringknorpel
PS
X
,
gr
20
D
VB
FA)
vi
SSSSe
KA
\\
N \\ G
YA
ı) Kur
PH
1
/
er AU ARN
UNE Yr
\ BSNURRN
\\\ PA) ü x
. ' \
\\ WITH D INN
her Ir
N PIE N
" 109 \\
PR W
£ \
\ N) )
[5
N
>
>
ern
ur
=.
=
>22
ES
Ze
Sy
GE >
eG 3
N ELIRE
STETS TEE STE
\S
a Ya
er.
eu
=
IN”
SIs
re.
TuS
SS
SS
5
Na
SIT
BEENENNaN
SISS
XS
SS
m
. V \k—d
Fig. 4. V=. Fig. 15. V=!%°,
Fig. 14. Ch. calcarifer. Kehlkopf (laterale Ansicht nach abgelöstem Kehl-
sack). a Stellknorpel, b Ringknorpel, !lamina cricoidea, lc laciniae cricoideae,
!t lacinia trachealis, ffontanella ventralis, g, erster unselbständiger Tracheal-
ring, ga erster selbständiger Trachealring.
Fig. 15. Kehlkopfinneres (ventrale Partie; die dorsale Wandung ist nach
beiden Seiten etwas auseinandergezogen).. 7 processus anterior inferior,
cr crista cricoidea, di diverticula cricoidea, g seitliche Wülste, die die diverti-
cula nach hinten begrenzen, iv Stimmbänder, d laciniae cricoideae.
(b) groß und blasig aufgetrieben ist. In den Kehlsack, der das
Dreifache des Kehlkopfes ausmacht, mündet ein großer wohl-
entwickelter Luftröhrenkrahn, der sich zusammensetzt aus einer
breiten, etwas gewölbten lamina cricoidea (l), die an Größe der
ventralen Fläche des Ringknorpels gleichkommt und in zwei
laciniae cricoideae (lc) ihr Ende findet, ferner einer vom 1. selb-
ständigen Trachealringe (g,) ausgehenden sehr langen und kräftigen
lacinia trachealis (lt). Die fontanellae ventrales (f), die die lamina
() vom 1. unselbständigen Trachealring (g,) trennen, sind groß und
senden einen bis zur dorsalen Medianlinie reichenden Ausläufer
nach oben.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 485
Im Ringknorpelinnern tritt die breite und ziemlich hohe crista
ericoidea (Fig. 15; er) in die Erscheinung. Sie durchzieht, indem
sie sich nach hinten stark verjüngt, den Ringknorpel in seiner
ganzen Länge. Nach vorn entsendet sie medianwärts den processus
anterior inferior (p), der über die Spitze der Aryknorpel (a) hin-
überragt, und nach links und rechts von dieser je einen kurzen
Ausläufer in die Vorderwand des Ringknorpels, wodurch sie das
Aussehen eines kurzen, breiten Schwertes erhält. Die Stimmbänder
(iv) sind wohlentwickelt. Die großen und tiefen diverticula crico-
idea (di) erfahren eine charakteristische Ausbildung durch einen
jederseits am hinteren Ende vorhandenen, transversal verlaufenden
halbmondförmigen Wulst (g), der mit seinem Gegenüber die diver-
ticula nach hinten abschließt.
Chamaeleon gracilis HALLow.
Ch. gracilis weicht in seiner äußeren Körperform nur wenig
von Ch. dilepis. ab. Das einzige erwähnenswerte Unterscheidungs-
merkmal besteht darin, daß bei ersterer Art die Oceipitallappen
nur angedeutet sind, während sie bei Ch. dilepis eine gute Aus-
bildung erfahren haben.
Auch in der Anatomie des Kehlkopfes lassen sich nur wenige
unwesentliche Unterschiede feststellen. Lage und Winkelstellung
zur Luftröhre sind dieselben wie bei Ch. dilepis. Der Ringknorpel
ist in seiner blasigen Auftreibung an denjenigen Stellen, die die
höchste dorsale Höhe erreichen, sehr dünnwandig und durchscheinend,
nach hinten zu wieder äußerst diekwandig, wodurch die Isolierung
der beiden Kammern im Ringknorpelinneren, die schon im wesent-
lichen durch die ventri-median verlaufende scharf ausgeprägte crista
herbeigeführt wird, in noch stärkerem Maße zutage tritt. Das Tier
besitzt ebenfalls einen Kehlsack, in den ein gut ausgebildeter Luft-
röhrenkrahn mündet. Die Wandung des Sackes ist sehr derb und
die Schicht seiner elastischen Bindegewebsfaserbündel sowie die
Faserbündel selbst recht dick. Sie treten schärfer in die Er-
scheinung als bei Ch. dilepis.
Endlich sei erwähnt, daß die fossa musculi constrietoris am
Aryknorpel stärker ausgeprägt ist als bei Ch. dilepıs.
Chamaeleon basilisceus ÜOPE.
Diese Form ähnelt in ihrem Äußeren am meisten Ch. cha-
maeleon, unterscheidet sich nur von ihm durch das Fehlen des
Oceipitallappens und das Vorhandensein eines Bauchkammes.
486 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Der Trachealwinkel an der Übergangsstelle des blasig auf-
getriebenen Kehlkopfes und der Luftröhre hat eine Öffnung von
135°, der m. dilatator ist mäßig entwickelt, während der m. con-
strietor klein ist, wenngleich die derben, kleinen Aryknorpel eine
breite fossa musculi constrietoris besitzen. Sie sitzen auf dem
Ringknorpel nur loeker auf. Ihre Spitzen erreichen rostral mit der
Spitze des zarten processus anterior inferior die gleiche Höhe.
Der Ringknorpel ist breiter als lang. Er entsendet nach hinten
eine sehr breite lamina cricoidea, die in zwei breiten, im Gegen-
satz zu Ch. chamaeleon wohlausgebildeten laciniae enden. Die
lamina cricoidea wird jederseits flankiert von dem I. unselbständigen
Trachealring, der sich in seiner Mitte und ventral fest mit ihr ver-
bindet, außerordentlich derb und vorstehend ist und ebenfalls fest
mit dem 1. selbständigen Trachealring durch eine bindegewebige
Naht verbunden ist; daher ist der Luftröhrenkrahn seitlich ver-
schlossen und nur ventral geöffnet. Der 1. selbständige Tracheal-
ring zieht sich ventral in die sehr breite und derbe lacinia trache-
alis aus, die den Vorderteil des Luftröhrenkrahnes bei weitem an
Länge übertrifft. Der Krahn mündet in den weichhäutigen Kehl-
sack, der 31/, mal so lang wie der Kehlkopf ist.
Im Ringknorpelinnern macht sich eine breite, mäßig hohe, den
Knorpel in ?/, seiner Länge durchziehende crista crieoidea be-
merklich, die derbe Seitenzüge an die Vorderränder abgibt, auf
denen die in normaler Größe entwickelten Stimmbänder sitzen.
Chamaeleon chamaeleon (L.).
Diese Art, welche in ihrer männlichen Form die Größe von
’h. dilepis erreicht, in ihrer weiblichen Form jedoch stark hinter
derselben zurückbleibt, unterscheidet sich hauptsächlich von ihr
durch das Fehlen des Rücken- und Bauchkammes. Ferner ist der
Helm hinten dachförmig erhöht und mit starkem Parietalkamm ver-
sehen. Die Oceipitallappen sind im allgemeinen gut ausgebildet,
wenngleich sie nicht die Größe derjenigen von Ch. dilepis erreichen.
Lage und äußere Gestalt des Kehlkopfes weisen keine Unter-
schiede gegen Ch. dilepis auf. Auch sind die Kehlkopfknorpel die-
selben und lassen in ihrer Lagerung und ihrem Größenverhältnis
nichts Unterschiedliches zu. Die beiden Muskelpaare bieten eben-
falls in ihrer Form und ihrem Verlauf nichts Eigenartiges. Der
Luftröhrenkrahn, dessen Vorderpartie nicht ausgeprägt zweizipfelig
ist, mündet in einen sehr dünnwandigen und durchsichtigen Kehl-
sack, der zwar groß zu nennen ist, aber nicht dem von Ch. dilepis
gleichkommt.. Ch. gracilis hat ungefähr einen gleich großen Kehl-
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 487
sack, dessen Wandung allerdings ungleich dicker ist. Der I. un-
selbständige Trachealring (oder die geschwungene Knorpelzunge)
ist derber als bei Ch. dilepıis.
Für den inneren Teil des Ringknorpels ist hervorzuheben, daß
die cerista sich nicht zu derselben Höhe erhebt wie bei Ch. dilepıs.
Auch die Stimmbandknorpel sind kleiner geblieben.
Chamaeleon senegalensis Daun.
Ch. senegalensis ist eine mittelgroße Art, deren Länge 283 mm
beträgt. Es besitzt keine Occipitallappen.
Der Winkel, den der mittelgroße, blasig aufgetriebene Kehl-
kopf mit der Trachea bildet, ist größer als ein rechter. Die Größe
und der Verlauf der Muskulatur sind normal. Der Zwischenraum
zwischen den ventralen Ansatzstellen des m. constrictor verbreitert
sich von vorn nach hinten.
Die Aryknorpel sind klein, ihr basales Ende ist kurz. Die
lamina cricoidea ist breit und läuft nach unten in eine unpaare
lacinia cricoidea aus. Diese bildet mit der lacinia trachealis den
Luftröhrenkrahn. Die lacinia cricoidea besitzt eine sanfte mediane
Einkerbung ihres Randes, in die sich die lacinia trachealis beim
Verschluß des Krahnes hineinlegt. Letztere ist aus dem ersten
Trachealring, der schon vollkommen selbständig ist, in derselben
Weise wie bei Ch. dilepis hervorgegangen. Der Kehlsack ist groß
und besitzt eine mäßig starke Wandung. Der processus anterior
inferior ist lang und reicht nach vorn bis zu den Spitzen der
Aryknorpel. Die breite und hohe crista cricoidea im Inneren des
Ringknorpels entsendet nach beiden Seiten starke Knorpelzüge
in die Vorderwand der diverticula cricoidea. Diese Knorpel-
züge sind Träger der hohen Stimmbänder. Die Isolierung der
diverticula tritt durch die Höhe und Breite der crista cricoidea
scharf hervor.
Chamaeleon laevigatus (GRAY.
Ch. laevigatus zeigt in seinem Äußeren große Ähnlichkeit mit
Ch. senegalensis, es ist nur kleiner als dieses.
Der kleine blasig aufgetriebene Kehlkopf bildet mit der Trachea
einen rechten Winkel. Die Muskulatur ist stark entwickelt. Be-
sonders tritt der m. constrietor in seiner Massigkeit und Breite in
die Erscheinung.
Die Aryknorpel sind im Vergleich zum Ringknorpel groß. Die
eingeschlagenen Vorderränder des letzteren wölben sich sehr stark
vor, infolgedessen sind die diverticula cricoidea etwas weiter nach
488 GUIDO GERMERSHAUSEN.
vorn verlagert (Fig. 16). Der processus anterior inferior (p) ist lang
und breit. Eigentümlich ist der Luftröhrenkrahn gebildet, der in
einen mäßig großen Kehlsack mündet. Eine vordere lacinia cri-
coidea ist überhaupt nicht ausgebildet. Die vom Ringknorpel
kommende lamina cricoidea (2) ist nämlich sehr kurz und verbindet
sich fest mit dem I. unselbständigen Trachealring (b). Er bildet
dorsalwärts ziehend mit dem Ringknorpel zwei sehr große mem-
branöse Fontanellen (f). Von einem ein- oder zweizipfeligen Aus-
läufer am Trachealringe fehlt jede Spur,. so daß der vordere Teil
des Krahnes sehr wenig ausgebildet ist. Sein hinterer Teil, die
lacinia trachealis (Fig. 17, !t), ist die ventrale Umbildung des
1. selbständigen Trachealringes.
Sie besteht jederseits aus einer
sehr langen nach innen sanft
gebogenen Zunge, - die von dem
Fig. 16. V=1, Fig. 17. V=%.
Fig. 16. Ch. laevigatus. Ringknorpel (ventrale Ansicht), ! lamina cricoidea,
b erster unselbständiger Trachealring, f fontanella ventralis, p processus
anterior inferior.
Fig. 17. Zweiter selbständiger Trachealring mit lacinia trachealis. /£ lacinia
trachealis, ks Knorpelschwiele.
Trachealringe selbst durch eine quere Knorpelschwiele (As) be-
grenzt wird, was deutlich in die Erscheinung tritt, da ihr proxi-
maler Teil auf der Innenfläche eine Aushöhlung besitzt. Ein Ver-
schluß des Luftröhrenkrahnes kann nur dadurch zustandekommen,
daß sich der vordere Rand des zweiten Trachealringes fest an den
hinteren Rand des ersten Ringes legt, wobei die lacinia trachealis,
die an der Hinterwand des Kehlsackes befestigt ist, diese mit nach
vorn zieht, wodurch die Festigkeit des Verschlusses erhöht wird.
Was das Innere des Kehlkopfes anlangt, so ist hervorzuheben,
daß die crista cricoidea kurz und flach ist. Die Stimmbänder sind
von mittlerer Größe.
Chamaeleon semicristatus BOETTG.
Ch. semicristatus, von dem bis jetzt nur sehr wenige Exemplare
bekannt sind, erreicht eine Länge von 280 mm. Das zur Bear-
beitung vorliegende © ist 110 mm lang.
ul A =
wir
NZZ
ENTER
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 489
Der schlanke, besonders dorsal aufgetriebene Kehlkopf (!.)
bildet mit der Trachea einen rechten Winkel (Fig. 18). Der m.
dilatator ist kurz und relativ klein; er reicht nur bis zum letzten
Drittel des Ringknorpels. Der m. constrietor bildet in seiner Ge-
samtheit dorsal einen geschlossenen Sphinkter.
Die in normaler Größe entwickelten Aryknorpel sind kurz und
breit (Fig. 20 u. 22; a). Der besonders dorsal stark aufgetriebene
Ringknorpel (db) ist fast ebenso derbwandig wie die Aryknorpel.
Ventral läuft er in eine lange, breite und derbwandige lamina (!) aus.
Fig. 18. V= 1%, Fig. 19. V=%%.
Fig. 18. Ch. semicristatus. Kehlkopf (laterale Ansicht). Zx Larynx, s Kehl-
sack, sı sein vorderer Teil, ss sein hinterer Teil, I erster unselbständiger
Trachealring, 1 erster selbständiger Trachealring, 2 zweiter selbständiger
Trachealring.
Fig. 19. Kehlkopf mit aufgeschnittenem Kehlsack. ce horizontale Scheidewand
beider Teile.
Besonders hervorzuheben ist die merkwürdige äußere Form
und innere Gestaltung des Kehlsackes (Fig. 18, 19). Er ist vorn
sehr tief unten an der lamina befestigt, während seine äußere
Wand sich lateral mit dem zweiten, dritten und vierten selb-
ständigen Bindegewebsring eine Befestigung verschafft und hinten
mit dem 2. selbständigen Trachealring (2) eine Verbindung eingeht.
Der dorsale Teil des Kehlsackes (s,) bauscht sich nach oben sehr
hoch auf bis zur Höhe der dorsalen Trachealwand. Er ist von
dem ventralen Teile durch eine derbe Wand, die dieselbe Struktur-
beschaffenheit wie die Kehlkopfwandung aufweist, abgetrennt, so
490 GUIDO GERMERSHAUSEN.,
daß also der Kehlsack in seiner Gesamtheit in zwei Teile zerfällt.
Die trennende Zwischenwand (c) geht vom 1. selbständigen Tra-
chealring (Fig. 19) (1) ab, läuft anfangs schräg nach unten und
dann, in der halben Tiefe des Sackes angekommen, horizontal nach
vorn, sich an seine Vorderwand ansetzend. Dort hat sie einen
Durchbruch von Gestalt eines Dreiecks erlitten, dessen Basis von
der Vorderwand des Sackes begrenzt wird. Dieser Durchbruch
stellt also eine Verbindung des oberen und unteren Teiles des
Sackes dar (Fig. 19). Die beiden
Trachealringe, von denen die Sack-
\v
lı || IM
bz | il Il)
°
Fig. 20. V=12, Fig. 21. V=1%, Fig. 22. :V = 75%
Fig. 20. Ch. semicristatus. Kehlkopf nach abgelöstem Kehlsack (laterale An-
sicht). a Stellknorpel, Zlamina cricoidea, b Ringknorpel, p processus anterior
inferior, f fontanella ventralis, » Rudiment eines, Trachealringes, / erster
unselbständiger Trachealring, o erste kreisrunde Öffnung zum vorderen Teil
des Kehlsackes.
Fig. 21. Verwachsungselement von lamina und erstem unselbständigem
Trachealring. br Bindegewebsrinne, ! unterer Rand der lamina cricoidea.
Fig. 22. Kehlkopf (dorsale Ansicht) und lamina cricoidea (innere Wandung)
mit dem ersten unselbständigen Trachealring. ! lamina cricoidea, e Binde-
gewebsrinne (von hinten gesehen) und Einkerbung der lamina.
wandungen ausgehen, gleichen in ihrer Gestalt vollkommen den
übrigen, denn sie weisen keine ventralen Ausläufer auf. Ein eigent-
licher Luftröhrenkrahn fehlt. Eine Verbindung des Kehlkopfes und
der Trachea unmittelbar mit dem oberen Sacke ist nun in folgender
Weise hergestellt. Die stark nach unten abfallende lamina (Fig. 20; !)
besitzt an ihrem Anfangsteil ein Fontanellenpaar (f), das sie von
einem lateralen Trachealringrudimente (r) trennt. An dieses setzt
sich ein 1. unselbständiger Trachealring (I) an, der mit der unteren
Hälfte der lamina verwachsen ist. Diese untere Partie der lamina
ist an ihrer Spitze sanft eingekerbt (Fig. 22; e) und besitzt gleich
>
5
’*
.
ni.
’
.
r
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 49]
hinter ihr eine kreisrunde ‚Öffnung, die in das Kehlkopfinnere
führt (Fig. 20, 21; o). Diese Öffnung wird nach hinten nicht durch
die übrige Knorpelmasse abgeschlossen, sondern sie findet ihre Fort-
setzung in einer kinne (Fig. 21; br), deren Boden einen Bindegewebs-
zug bildet, und die bis zum I. unselbständigen Trachealring (I) läuft.
Zwischen diesem und dem 1. selbständigen Trachealring (Fig. 19; 1),
von dem, wie oben erwähnt, die mittlere Scheidewand des Kehl-
sackes abgeht, findet sich die eigentliche große Öffnung zwischen
Trachea und vorderem Teil des Kehlkopfes (Fig. 20), die einfach
dadurch gebildet ist, daß der Bindegewebsring zwischen den beiden
Trachealringen ventral einen großen Schlitz besitzt. Im dorsalen
Teil des Kehlsackes bestehen also mit dem Luftwege zwei Ver-
bindungen, vorn ein kreisrundes Loch, das in den Ringknorpel
hineinführt, und dahinter die von der Trachea gebildete Schlitz-
öffnung. Der hintere Teil des Kehlsackes besitzt keine un-
mittelbare Verbindung mit der Trachea, die nur dadurch zu-
standekommen könnte, daß sich ähnlich wie zwischen dem I. un-
selbständigen (I) und dem 1. selbständigen Trachealring (1) auch
zwischen dem 1. und 2. selbständigen Trachealring (Fig. 18;
1, 2) ein ventraler Öffnungsschlitz vorfinden müßte, was nicht der
Fall ist.
Der processus anterior inferior (Fig. 20; p) ist sehr lang und
ragt weit über die Aryknorpel hinaus. Die crista ist schwach und
niedrig, sie entsendet schwache Ausläufer nach den Vorderrändern
der Ringknorpelvorderwand. Diese Vorderwandung kommt mit
den beiden Seitenteilen medial sehr dicht zusammen, bildet somit
einen recht kleinen introitus. Die Stimmbänder zeigen eine gute
- Ausbildung, sind relativ sehr groß, denn sie erreichen eine Höhe
2
von “,, mm.
Chameaeleon melleri GRAY.
Ch. melleri ist eine große Art mit wohlentwickelten Oceipital-
lappen. Das © erreicht eine Länge von 580 mm. Das vorliegende
Stück ist 204 mm lang.
Der große, lateral und dorsal stark aufgetriebene Kehlkopf
bildet mit der Trachea einen Winkel von 135° (Fig. 23). Seine
Muskulatur ist relativ klein, der m. dilatator auffallend kurz, da
er nur wenig über die Mitte der Seitenwandung des Ringknorpels
hinüberreicht.
Die Aryknorpel («) sind klein und niedrig, aber sehr derb-
wandig und von hörnerartiger Gestalt (Fig. 24). Der ebenfalls
derbwandige Ringknorpel (b) ist in lateraler und dorsaler Richtung
33
492 GUIDO GERMERSHAUSEN.
stark aufgetrieben (Fig. 23, 24; b). Eine kleine, weit hinten liegende
fontanella dorsalis steht mit der Trachea in Verbindung. Eine breite,
derbwandige lamina (Fig. 25; !) geht von der ventralen Wandung
des Ringknorpels aus und Setzt sich mit dem I. unselbständigen
Trachealringe (I) in Verbindung. Hinter diesem beginnt der 1. selb-
ständige Trachealring (1). Der zwischen beiden Trachealringen
liegende Bindegewebsring erweitert sich ventri-median zu einer
rundlichen Fontanelle, die durch eine dünne Membran verschlossen
ist. Der erste selbständige Trachealring
(Fig. 26; 1) ist ventri-median verbreitert,
läuft in zwei Zipfel aus und gewinnt so
eine gewisse Ähnlichkeit mit der lacinia
cricoidea des Luftröhrenkrahnes.. An der
Stelle seiner Verbreiterung, die durch den
nächstfolgenden also zweiten selbständigen
Trachealring (2) außen und von dem dritten
Trachealring innen überdeckt wird, ist die
Bindegewebsmembran durchbrochen, wodurch
eine quer zur Längsachse verlaufende schlitz-
förmige Öffnung geschaffen wird, die die Ver-
Fig. 23. V=®%, Fig. 24. V=4,
Fig. 23. Ch. melleri. Kehlkopf (laterale Ansicht). «a Stellknorpel, b Ring-
knorpel, s Kehlsack.
Fig. 24. Kehlkopf (ventrale Ansicht).
bindung der Luftröhre mit dem Kehlsack herstellt. Dieser beginnt
auf der halben Höhe der lamina, findet seine Befestigung an ihr
und an dem I. unselbständigen Trachealring. Hinter der Öffnung
ist seine Wandung am 2. selbständigen Trachealring befestigt.
Nach seiner äußeren Form zerfällt er in zwei Teile (Fig. 23, 24),
einen vorderen, der sich weit nach unten erstreckt, und einen
hinteren, der nicht die Tiefe des vorderen erreicht. Beide Teile
gehen vollkommen ineinander über ohne trennende Zwischenwand,
wie etwa bei Ch. semicristatus.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 493
Im Ringknorpelinnern findet sich eine starke crista (Fig. 26; c)
vor, die Seitenausläufer entsendet (Fig. 26), auf denen die hohen
Stimmbänder (iv) sitzen.
Chamaeleon namaquensis A. Sm.
Ch. namaquensis besitzt einen hohen Helm ohne Oceipital-
lappen und ist äußerlich besonders durch die starken knospenförmigen
Tuberkel auf der Rückenseite gekennzeichnet. Er erreicht eine
Länge von 217 mm. Das vor-
liegende Tier ist 133 mm lang.
Pu EN Pr
Fig. 25. V=4. Fig. 6. V- 14,
Fig. 25. Ch. melleri. Kehlkopf nach entferntem Kehlsack (ventrale Ansicht).
! lamina, I erster unselbständiger Trachealring, / erster selbständiger,
2 zweiter selbständiger Trachealring.
Fig. 26. Kehlkopf und Luftröhre (ventrale innere Wandung). (Die dorsale
Wandung ist median aufgeschnitten und zurückgeklappt.) c crista cricoidea,
iv Stimmband, 7 erster selbständiger Trachealring mit zwei Zipfeln, 2 zweiter
selbständiger Trachealring, den ersten außen überdeckend, 3 dritter selbständiger
Trachealring, die beiden Zipfel des ersten innen überdeckend.
} Der Trachealwinkel beträgt 135°. Die Kehlkopfmuskulatur ist
in Größe und Verlauf normal. Der ziemlich große Kehlkopf besitzt
relativ kleine jedoch recht derbe Aryknorpel (Fig. 27; a), die der
kleinen Öffnung des Ringknorpels einen festen Verschluß geben.
Der Ringknorpel (b) ist fast ebenso breit wie lang, derbwandig
und stark blasig aufgetrieben. Die Kammern sind demnach groß
und besonders dorsalwärts ausgehöhlt. Der kleine und zarte
- _ processus anterior inferior reicht nach vorn nur bis zur ersten
Hälfte der Aryknorpel. Auf der dorsalen Seite des Ringknorpels
n 33*
naar 7 VLLT) Zee
494 GUIDO GERMERSHAUSEN.
liegt median eine langgestreckte, nach vorn und hinten spitz
zulaufende Fontanelle, die jedoch mit dem dorsalen offenen Binde-
gewebszug der Trachea nicht kommuniziert, sondern durch ein
schmales Stück der hinteren dorsalen Wandung des Knorpels nach
hinten abgeschlossen ist. Auf der ventralen Seite finden sich zwei
große ovale Fontanellen (/). Der Kehlkopf mündet durch einen
Luftröhrenkrahn in einen verhältnismäßig kleinen, schmalen, 7,6 mm
langen, mit derber Wandung ausgestatteten Kehlsack (s). Derselbe
beginnt im Gegensatz zu den meisten anderen Arten tiefer, weiter
Fig. 27. V='#. Ch. namaquensis. Kehlkopf (laterale Ansicht).
a Stellknorpel, b Ringknorpel, s Kehlsack, ! lamina, / erster unselbständiger
Trachealring, / erster selbständiger Trachealring, + Stelle, wo die Wandung
des Kehlsackes sich hochbauscht, f fontanella ventralis.
unten an der lamina cricoidea (l), sodaß er nur den Luftröhren-
krahn umgreift, nicht aber noch andere Teile der Trachea. Er
bauscht sich besonders vorn etwas hoch (+) und zieht dann straff
abwärts. Der Luftröhrenkrahn setzt sich aus derben Knorpel-
elementen zusammen. Seine Vorderplatte wird gebildet aus der
lamina cricoidea und dem I. unselbständigen Trachealringe (1). Beide
laufen nach ihrer Vereinigung in zwei ausgeprägte rundliche
laciniae cricoideae aus. Die Hinterplatte besteht aus einer etwas
zarten, langen lacinia trachealis, die von dem 1. selbständigen
Trachealring (1) gebildet wird.
Die crista ericoidea im Ringknorpelinnern ist breit und stark.
Sie entsendet keine Ausläufer nach der Innenseite der Vorder-
De Löe Er
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 495
wandung. An den Rändern dieser Vorderwandung erheben sich
die Stimmbänder zu stattlicher Größe.
Chamaeleon verrucosus Cuv.
Diese über ', m Länge erreichende Art liegt in einem Stück
von 130 mm Länge vor.
Der in normaler Größe entwickelte Kehlkopf (Fig. 28 u. 29; 5)
bildet mit der Trachea einen Winkel von
135°. Er ist dorsi-ventral abgeplattet und
NAAL
NINÄÄ \
DEN
u. SNIN
Fig. 8. V=2. Fig. 99. V=2%2. Fig. 380. V=-2%.
Fig. 28. Ch. verrucosus. Kehlkopf (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, b Ring-
knorpel, p processus anterior inferior.
Fig. 29. Kehlkopf (laterale Ansicht), / erster unselbständiger Trachealring,
. 41 zweiter unselbständiger Trachealring, /, 2 erster und zweiter selbständiger
Trachealring, «, 8 erster und zweiter Bindegewebshalbring, s Kehlsack, o Stelle
der Trachealöffnung, / lamina cricoidea.
Fig. 30. Anfangsteil der Trachea (ventrale Ansicht). ® Verwachsungselement
von lamina und den beiden ersten unselbständigen Trachealringen, o Öffnung
in den Kehlsack, f Bindegewebsfontanelle als Rest des früher durchgängigen
2. Bindegewebshalbringes (der in Fig. 29ß seitlich dargestellt ist).
lateral etwas ausgebuchtet. Die Muskulatur ist in Verlauf und
Größe normal.
Die Aryknorpel (a) sind hoch und stehen auf dem Ringknorpel
senkrecht, seine Vorderwand mit ihrem basalen Teile nicht ganz
deckend. Außerdem sind sie so weit nach oben verlagert, daß sie
mit ihren Innenrändern auf dem processus anterior inferior (p)
liegen und an der Bildung der ventralen Kehlkopfwandung keinen
Anteil nehmen.
Der processus anterior inferior ist breit und überragt die
Spitze der Stellknorpel um ein kleines Stück. Der Ringknorpel
496 (GUIDO GERMERSHAUSEN.
läuft in eine lamina (/) aus, die sich mit den ersten beiden Tracheal-
ringen (I, II) verbindet. Zwischen dem II. unselbständigen Tracheal-
ringe und dem 1. selbständigen Trachealringe (Fig. 30; 1) liegt ein
Querschlitz (o) für den ziemlich kleinen weichhäutigen Kehlsack
(Fig. 29; s), der sich mehr in der Richtung nach vorn als nach
unten ausdehnt. Die lamina (/) und der I. und II. unselbständige
Trachealring (I, II) bilden ventral vor dem Queıschlitz ein Ver-
wachsungselement (v), auf dem sich eine kreisrunde Bindegewebs-
fontanelle (/) befindet, die nach ihrer Lage als Rest eines früher
durchgängigen Bindegewebsringes zwischen dem I. und II. Tracheal-
ringe (Fig. 29; I, II) zu deuten
ist, der sich als Rest eines Binde- e
Fig. 31. V=2%.
Fig. 31. Ch. oustaleti. Ringknorpel, inneres (ventrale Partie), p processus
anterior inferior, e erista cricoidea, vo Stimmband, d diverticula cricoidea.
Fig. 32. Rechte Hälfte des Ringknorpelinnern (medianer Längsschnitt).
d diverticulum cricoideum.
gewebshalbringes vorfindet (Fig. 29, ß). Kurz vor dieser kreis-
runden Fontanelle befestigt sich die Vorderwand des Kehlsackes
an der lamina, während seine Hinterwand sich dicht hinter der
schlitzförmigen Öffnung (0) ansetzt. Ein Luftröhrenkrahn ist nicht
ausgebildet. Ein kleiner introitus cricoideus führt in das Ring-
knorpelinnere mit seinen in lateraler Richtung vordringenden
diverticula cricoidea. Die crista cricoidea ist lang und niedrig.
Die Stimmbänder sind in normaler Größe entwickelt.
Chamaeleon oustaleti Moca.
Diese Form, die den Ch. verrucosus sehr ähnlich ist und auch
an (sröße nahekommt — sie erreicht eine Länge von 427 mm —
u Se T ze
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 497
zeigt auch in ihrer Kehlkopfanatomie dieselben Verhältnisse besonders
in bezug auf Bildung, Lage, Größe, Ausdehnung des Kehlsackes
und den damit in Beziehung stehenden trachealen Veränderungen.
Es sollen daher nur die Abänderungen in der allgemeinen Kehlkopf-
anatomie von der vorhergehenden Form Erwähnung finden. Das
zur Bearbeitung vorliegende Tier ist 89 mm lang.
Der Trachealwinkel ist etwas größer als ein rechter. Der
große, schlanke Kehlkopf ist nur in geringem Grade dorsal wie
lateral gleichmäßig aufgetrieben. Eine fontanella dorsalis greift
nicht auf das tracheale Gebiet über, auf dem die Knorpelringe auch
dorsal vollkommen geschlossen sind. Die Kehlsackwandung ist zart und
durchsichtig, ihre Ausdehnung findet in ventri-caudaler Richtung statt.
Der processus anterior inferior ist (Fig. 31, 32; p) groß und
breit. Die crista cricoidea (c) erreicht ihre höchste Höhe nicht
vorn, sondern in der Mitte des Ringknorpelinnern, wie ein Durch-
schnitt derselben zeigt (Fig. 32; c). Die Stimmbänder (lv) sind
wohlentwickelt (Fig. 31).
Chamaeleon goetzei Torn.
Ch. goetzei ist eine kleine Form von nur 154 mm Länge und
angedeuteten Oceipitallappen. Das vorliegende Stück ist 63 mm lang.
Der Trachealwinkel des stark dorsi-ventral kompromierten Kehl-
kopfes ist etwas über 90° groß. Seine Muskulatur ist ungewöhnlich
groß (Fig. 33). Der m. dilatator (d) umfaßt nicht nur die lateralen
Partieen der Kehlkopfwandung, sondern greift auch auf die dorsale
und ventrale Wandung über. Der m. constrietor (c) ist ebenfalls
außerordentlich breit. Er belegt außer den Aryknorpeln noch den
größten Teil des Ringknorpels, erstreckt sich also sehr weit nach
hinten im Gegensatz zu den anderen Arten, wo er nur auf die
Regionen des Aryknorpels beschränkt bleibt.
Diese sind außergewöhnlich groß, hoch und de
(Fig. 34; a). Ihr Größenverhältnis erinnert an das von Ch. johnstont,
wenn auch ihre Gestalt eine andere ist. Sie sind in ihrer Ge-
samtheit größer als der Ringknorpel (b) und von fest aufsitzenden
Lippenkegeln bedeckt (Fig. 36; li). Ein kleiner, breiter, dick-
wandiger aber weichhäutiger Kehlsack (8) ist vorhanden, dessen
Verbindung mit der Trachea nur durch eine einfache Öffnung ge-
geben ist. Ein Luftröhrenkrahn ist nicht vorhanden (Fig. 35, 36).
Selbst eine lamina fehlt. Der 1. selbständige Trachealring (Fig. 37,
38; 1) ist mit der ventralen Wandung des Ringknorpels (5) durch
halb verknorpelte Bindegewebselemente, die sich zugleich an der
Innenwand des Kehlsackes festsetzen, verbunden, und zwar nur mit
498 GUIDO GERMERSHAUSEN,
seiner dorsalen Partie, während sein ventraler Teil nach unten in
zwei nach vorn gebogene Zipfel (lc) ausläuft und nach hinten eine
Knorpelplatte (An) abgibt, mit der der 2. und 3. selbständige Tra-
Fig. 34. V=%.
Fig. 35. V=%,
Fig. 36. VW. Fig. 3°. V=%. Fig. 38. V-%.
Fig. 33. Ch. goetzei. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht). % Lippen-
kegel, c m. constrietor, d m. dilatator, b Ringknorpel.
Fig. 34. Kehlkopf (Muskulatur abgelöst, dorsale Ansicht). «a Stellknorpel,
b Ringknorpel.
Fig. 35. Kehlkopf (ventrale Ansicht). s Kehlsack, t Trachea.
Fig. 36. Kehlkopf (laterale Ansicht). % Lippenkegel.
Fig. 37. Kehlkopf (nach abgelöstem Kehlsack, ventrale Ansicht). Z erster
selbständiger umgeformter Trachealring, lc Zipfel des ersten Trachealringes,
o Öffnung in den Kehlsack.
Fig. 38. Kehlkopf (nach abgelöstem Kehlsack, laterale Ansicht). kn Knorpel-
platte, 2, 3, 4 zweiter, dritter und vierter selbständiger Trachealring.
chealring (2, 3) verbunden ist. Die beiden Zipfel sind durch Binde-
gewebe fest mit der Hinterwand des Kehlsackes verbunden. Die
Eingangsöffnung (Fig. 37; o) zum Kehlsack liegt im 1. Tracheal-
ring (Fig. 39; 1) und wird von ihm umschlossen.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 499
Im Innern des sehr weichhäutigen Ringknorpels, der nur einen
stummelförmigen Ansatz zu einem processus anterior inferior hat,
fehlt eine crista cricoidea, während Stimmbänder in gut ausgebildetem
Zustande vorhanden sind. Diese liegen, da eine Ringknorpelvorder-
wand fehlt, dort, wo die Seitenwandung von den Aryknorpeln über-
deckt und ein wenig nach vorn umgeschlagen ist.
Chamaeleon damaranus BLGR.
Ch. damaranus hat in Größe und Gestalt am meisten Ähn-
lichkeit mit Oh. pumilus; es unterscheidet sich von ihm durch den
BEE V=%. Fig. 40. V=®%.
Fig. 39. Ch. damaranus. Ringknorpel
und Vorderteil der Trachea (ventrale
Ansicht). a Ringknorpel, b lamina,
I erster unselbständiger Tracheal-
ring, 1, 2, 3 erster, zweiter und
dritter selbständiger Trachealring, Fig. 42. V='. Fig. 42A. V=°2,
a erster Bindegewebsring (unvoll-
ständig), 8 zweiter Bindegewebsring (vollständig), y dritter Bindegewebsring
(unvollständig), ö vierter vollständiger Bindegewebsring (von der Aussackung
überdeckt), ce Aussackung, p processus anterior inferior, f fontanella ventralis.
Fig. 40. Ringknorpel und Vorderteil der Trachea von einem älteren Tiere
(ventrale Ansicht). ZI zweiter unselbständiger Trachealring, « erster Binde-
gewebsring (unvollständig), ß zweiter Bindegewebsring (unvollständig), y, 5, ©
folgende vollständige Bindegewebsringe.
Fig. 41. Trachea (laterale Ansicht). ? Trachea. “.
Fig. 42. Vorderteil der Trachea nach Ablösung der Aussackung. o Öffnung.
Fig. 42 A. Vorderteil der Trachea nach Ablösung der Aussackung bei dem
älteren Tiere. lc Zipfel, der vom ersten selbständigen Trachealring ausläuft.
nach hinten verlängerten höheren Helm. Das zur Bearbeitung vor-
liegende Stück hat eine Länge von 61 mm.
Der dorsi-ventral stark zusammengedrückte Kehlkopf bildet
mit der Trachea einen gestreckten Winkel. Wie bei Ch. pumilus
ist auch hier der m. dilatator länger als gewöhnlich, indem er sich
bis zum 1. Bindegewebsring erstreckt.
500 GUIDO GERMERSHAUSEN,
Die Aryknorpel sind groß und zeichnen sich besonders durch
ihren breiten basalen Teil aus. Der wenig aufgetriebene Ring-
knorpel (Fig. 39, 40; a) ist am Übergang zur Trachea stark ein-
geschnürt (Fig. 39, 40: b). Der processus anterior inferior (p) ist
dünn und erreicht die Spitzen der Aryknorpel. Die ventrale
Wandung des Ringknorpels weist zwei kreisrunde Fontanellen (f)
auf. Seine Seitenwandung ist nur wenig nach vorn umgeschlagen,
sodaß der introitus cricoideus sehr groß ist. Ch. damaranus be-
sitzt einen in Entwicklung begriffenen Kehlsack und Luftröhren-
krahn ähnlich wie bei Oh. pumilus, nur hat hier die Entwicklung
einen Schritt weiter getan. Der Kehlsack ist schon in Gestalt
einer kleinen Aussackung angelegt (Fig. 41, 39, 40; ec); während er bei
Ch. pumilus nur als eine straff über der Öffnung liegende Membran
(Fig. 43; ce) angedeutet ist. Auf die lamina (db) folgt der I. un-
selbständige Trachealring (I) und darauf folgt die eben erwähnte
Aussackung (c), die noch vor dem ersten vollständigen Bindegewebs-
ringe (ß) beginnt, sich über die beiden folgenden Trachealringe
(1,2) hinüberlegt und am dritten Bindegewebsringe endet. Nach
Entfernung der bindegewebigen Aussackung treten folgende Ver-
hältnisse in die Erscheinung (Fig. 42, 42A). Der 1. und 2. selb-
ständige Trachealring (1, 2) sind ventral miteinander verwachsen
bis auf einen Rest in Gestalt einer kreisrunden medianen Öffnung
(0), wie sie sich auch bei Ch. pumilus vorfindet (Fig. 42). Bei einem
größeren Exemplare konnte ein weiterer Fortschritt festgestellt
werden insofern, als erstens die Aussackung (Fig. 40; c) eine relativ
größere geworden ist und sich zugleich auch auf die ventrale Partie
der Bindegewebsringe (ß, y, d, e) ausgedehnt hat, die nach außen
hervorgequollen sind (Fig. 42 A); zweitens hat sich der 1. selbstän-
dige Trachealring nach hinten median in einen kleinen Zipfel (le)
ausgezogen. Ferner hat drittens endlich die lamina cricoidea (l)
eine Verlängerung erfahren, indem sie den ersten ehemals voll-
kommenen Bindegewebsring (Fig. 42; ß) durchbrochen hat (Fig.
t2A; ß) und mit dem bisher 1. selbständigen Trachealring (1) ver-
wachsen ist. Zum Vergleich der Entwicklungsstadien bei dem
jungen kleinen Stück und dem größeren älteren ist also hervor-
zuheben, daß die lamina cricoidea (l) bei letzterem nach hinten eine
Verlängerung erfahren hat, daß ferner eine Umbildung des 1. selb-
ständigen T'rachealringes (Fig. 42A; 1) erfolgt ist, wodurch die
Kintrittsöffnung in das Innere der Luftröhre eine in die Länge ge-
zogene Form aufweist (0). Es hat somit das ältere Tier zwei vor
der Öffnung liegende unselbständige Trachealringe (I, II), während
bei dem kleineren Stück nur einer vor der Öffnung gelegen ist.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 501
Die in mäßiger Größe entwickelte crista cricoidea entsendet
schwache Seitenausläufer auf den Rand der Vorderwandung, die
die zarten Stimmbänder trägt.
»
Chamaeleon pumilus DauD.
Ch. pumilus, das zu den kleineren Formen der Gattung gehört,
besitzt keine Occipitallappen. Das JS wird 144 mm lang. Zur Be-
arbeitung liegt ein junges C von nur 64 mm Länge vor.
Die dorsi-ventral stark zusammengedrückte, wenig aufgetriebene
Larynx bildet mit der Trachea einen gestreckten Winkel. Die
Fig. 43. V=*6. Ch. pumilus. Ringknorpel und Vorderteil der Trachea
(ventrale Ansicht).
a Ringknorpel, d aufgewölbte Vorderwand desselben, » processus anterior
inferior. f fontanella ventralis, ! lamina cricoidea, I erster unselbständiger
Trachealring, 7, 2 Verschmelzungselement des ersten und zweiten selbständigen
Trachealringes, «a erster Bindegewebsring, ß erster Bindegewebshalbring, den
Beginn des ersten unselbständigen Trachealringes kennzeichnend, d auf-
gewölbte Vorderwandung.
Muskulatur ist in normaler Stärke entwickelt. Der m. dilatator ist
langgestreckt, seine hintere Ansatzstelle liegt am ersten Binde-
gewebsringe vor dem I. unselbständigen Trachealring (Fig. 43; I).
Die mäßig großen und derbwandigen Aryknorpel besitzen eine
flache fossa musculi constrietoris. Der in normaler Größe ent-
wickelte Ringknorpel (a), der nicht so derbwandig ist wie die Ary-
Knorpel. besitzt nur eine geringe blasenförmige Auftreibung. Sein
zarter und schmaler processus anterior inferior (p) erreicht nach
vorn die Spitzen der Aryknorpel. Die lamina cricoidea ist mäßig
lang. Ihr Anfang wird durch ein Paar fontanellae ventrales (f)
von ovaler Gestalt gekennzeichnet (Fig. 43). Auf die lamina folgt
der I. unselbständige Trachealring (I), dessen vorgelegener Binde-
502 GUIDO GERMERSHAUSEN,
gewebsring (a) sich nur bis zur lateralen Wand herabsenkt. Die
darauf folgenden ersten beiden selbständigen Trachealringe (1, 2),
welche ventral fest miteinander verwachsen sind, zeigen die Eigen-
tümlichkeit, daß auf ihrer Mitte sich eine kreisrunde Öffnung be-
findet, über die eine sehr dünne Wandung (c) straff herüber-
gezogen Ist.
Die diverticula cricoidea sind gut ausgebildet und drängen
nach vorn, wodurch die herzförmige Gestalt des Ringknorpels,
dessen Vorderwandung aufgewölbt ist, hervorgerufen wird. Es
fehlen eine crista cricoidea und die Stimmbänder.
Chamaeleon lateralis GRAY.
Diese kleine, höchstens die Länge von 200 mm erreichende
Form besitzt keine Spur von Oceipital-
lappen. Sie erinnert in Gestalt und Größe P
an Ch. laevigatus Gray. Der kleine, dünn-
wandige Kehlkopf bildet mit der Trachea
Fig. 4. V=2, | Fig. 5. V=%.
Fig. 44. Ch. lateralis. Kehlkopf und Anfangsteil der Trachea (laterale An-
sicht). «a Ringknorpel, ! Ausbuchtung der lamina cricoidea, c Stellknorpel,
a erster Bindegewebsring, / erster unselbständiger Trachealring, 1, 2 erster
und zweiter selbständiger Trachealring.
Fig. 45. Kehlkopf und Anfangsteil der Trachea (ventrale Ansicht). a Ring-
knorpel, Z Ausbuchtung der lamina cricoidea, p processus anterior inferior.
einen Winkel von 135°. Er besitzt eine blasige Auftreibung, die
aber mehr nach dorsaler statt nach lateraler Richtung hin Platz
gegriffen hat, sodaß die diverticula cricoidea ziemlich hoch zu
liegen kommen (Fig. 44). Die in mittlerer Größe auftretenden
Muskelzüge nehmen einen normalen Verlauf.
Die Aryknorpel (c) sind wie der Ringknorpel (a) klein zu nennen,
vermögen jedoch bei der Größe ihrer Lippenkegel einen festen Ver-
$
Fr
we are
Pr %or Bee a!
Es Na un ; ze ”
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 503
schluß zum Pharynx abzugeben. Der processus anterior inferior (9)
ist mittelgroß, sehr zart und überragt die Spitzen der Lippenkegel
um ein Geringes. Ein eigentlicher Kehlsack und ein Luftröhren-
krahn sind nicht vorhanden. Die lamina cricoidea (l) zieht als
verhältnismäßig schmaler Streifen abwärts, sich allmählich ver-
breiternd und vorwölbend, sobald sie die Region des Ringknorpels
verlassen hat (Fig. 44, 45). Sie zieht nun abwärts bis zum Ende
des I. unselbständigen Trachealringes (Fig. 45; D, wo sie nach
hinten durch den ersten Bindegewebsring (a) abgegrenzt wird. Die
Vorwölbung hat sich an dieser Stelle zu einer Blase vervollkommnet,
deren hintere Wand derart steil abfällt, daß sie fast parallel zur
senkrechten Transversalschnittfläche der Trachea verläuft. Diese
hintere Wand, wie die hintere Partie der Blase selbst in fester
Fig. 46. V=®%. Ch. lateralis. Ventrale Ausbuchtung der lamina cricoidea
(von unten gesehen). a Ringknorpel, f Fontanelle.
Verbindung mit dem I. Trachealringe (I) steht, besitzt eine mem-
branöse Fontanelle (Fig. 46; f) von der Form eines gleichseitigen
Dreiecks. Über diese Fontanelle legt sich wie bei Ch. pumilus
eine straffe Bindegewebswand (Fig. 46).
Die crista cricoidea im Ringknorpelinnern ist niedrig und
schmal. Ebenso sind die Stimmbänder sehr zart und klein.
Chamaeleon oweni GRAY.
Diese Art kennzeichnet sich äußerlich durch den Besitz von
zwei Präorbitalhörnern und einem Rostralhorn. Sie hat keine
Oceipitallappen.
Der Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel von un-
gefähr 135°. An seinem trachealen Ende befindet sich eine scharfe
dorsale Einknickung, der eine ventrale Ausstülpung entspricht. Er
ist groß und schlank, seine Muskulatur im Verhältnis zu seiner
Größe gering. Die Aryknorpel (a) sind mäßig groß und lang-
gestreckt. Sie legen sich sehr fest an den Ringknorpel (b) an und
bedingen dadurch die Schlankheit des gesamten Larynx, während
504 GUIDO GERMERSHAUSEN,
der Ringknorpel an sich nicht schlank zu nennen ist, denn er
besitzt die charakteristische blasige Auftreibung (Fig. 47). Die
Oberseite der hinteren Partie besitzt eine ovale Fontanelle, die
ziemlich scharf in die Erscheinung tritt. Unterseits bemerkt man
Fig. 8A. V=%, Fig. 8B. V= 3%.
Fig. 47. Ch. oweni. Kehlkopf (ventrale Ansicht). a Aryknorpel, b Ring-
knorpel, f‘ erstes Fontanellenpaar, f” zweites Fontanellenpaar, ! lamina
cricoidea, s Kehlsack, I erster unselbständiger Trachealring, /I zweiter un-
selbständiger Trachealring, / erster selbständiger Trachealring, « erster voll-
ständiger Bindegewebsring.
Fig. 48. Kehlkopf (laterale Ansicht, Kehlsack abgetrennt). Z!k Knorpelzunge,
e Gelenkhöhle, f“ linke Fontanelle des zweiten Paares.
Fig. 48 A. Knorpelzunge mit Gelenk. Ik laterale Knorpelzunge, e Gelenk,
f" linke Fontanelle des zweiten Paares, I erster unselbständiger Trachealring.
Fig. 48B. Erster unselbständiger Trachealring (linke Außenseite mit Vorder-
kante). v Vorderkante, e Gelenkhöhle.
zwei weniger auffallende Fontanellen (Fig. 47; f‘), die rechts und
links der Medianlinie gelegen sind. Auf diese folgen am UÜber-
gang des Ringknorpels zur Trachea zwei weitere größere Fon-
tanellen (Fig. 47, 48, 48A; f“), die die eigentliche Abgrenzung
zwischen Ringknorpel und Trachea bilden (Fig. 47; f”, 48; f").
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 505
Dieses zweite Fontanellenpaar wird auf seinen oberen Rändern be-
grenzt durch eine links und rechts vom Ringknorpel herabkommende
Knorpelzunge (Fig. 48, 48 A; !k), die mit dem I. Trachealringe (I),
der daher als unselbständig bezeichnet werden muß, eine Gelenk-
verbindung eingeht (Fig. 43A). Diese laterale Knorpelzunge ist
nämlich in eine Gelenkhöhle (Fig. 48B; e) eingelenkt, die sich am
dorsalen Ende der rostralen Kante des I. unselbständigen Tracheal-
ringes (I) vorfindet (Fig. 48B). Die Gelenkhöhle (e) ist ein ovaler
Knorpelwust, der in der Mitte eine ovale Aushöhlung besitzt. Das
ganze Gelenk wird dann durch starkes Bindegewebe fest zusammen-
gehalten, so dab es zuerst den Anschein erweckt, als gehe die Knorpel-
zunge (lk) direkt als Brücke in den I. Trachealring über. Erst nach Ab-
zupfung der Bindegewebsmassen erkennt man, daß ein Gelenk besteht.
Der Lage dieses Gelenkes nach zu urteilen, muß sich die
Knorpelzunge nach innen und außen bewegen und umgekehrt. Eine
solche Bewegung nach außen zu, die also gleichbedeutend mit einer
Erweiterung der unteren Kehlkopfpartie und des Anfanges der
Trachea ist, findet dann statt, wenn die Luft heftig aus der Lunge
gestoßen wird und sich an der Einknickung beim Übergang von
Trachea und Larynx staut.
Der erste Trachealring (I) ebenso wie der zweite (II) erhalten
den Charakter der Unselbständigkeit dadurch, daß sie in direkter
Verbindung mit dem Ringknorpel (5) stehen, indem sie mit der
lamina cricoidea (!) verschmolzen sind. Erst der dritte Tracheal-
ring (1) hat eine vollkommene Trennung von dieser Platte erfahren,
indem der davorliegende Bindegewebsring auch ventral vollkommen
durchgängig ist (a). Er ist deshalb als 1. selbständiger Tracheal-
ring zu kennzeichnen.
Ch. oweni besitzt einen sehr kleinen Kehlsack (s), dessen
Wandung sehr zart, dünnhäutig und durchscheinend ist. Die
faserigen Bindegewebselemente finden sich bei ihm wie bei den
wohlentwickelten Kehlsäcken anderer Ohamaeleonen. Seine An-
- heftung findet sich nicht direkt am hinteren Teile des Ringknorpels,
sondern an der Trachea, und zwar liegt sie im Bezirk zwischen
dem I. unselbständigen (I) und 1. selbständigen Trachealringe (1).
Weiter ist die eigentümliche Erscheinung zu vermerken, dab der
Sack weder mit dem Innenraum der Trachea noch dem des Kehl-
kopfes eine Kommunikation eingeht, denn die Trachealwandung ist.
an dieser Stelle fest verschlossen. Ebenso fehlt ein Luftröhren-
krahn sowie die geringste Anlage eines solchen.
Durch die blasige Auftreibung des Ringknorpels zerfällt sein
Inneres in ein rechtes und linkes diverticulum cericoideum, die beide
506 GUIDO GERMERSHAUSEN.
ihre ventri-mediane Grenze in der ziemlich hohen crista finden, die
sich nach hinten zu allmählich verjüngt. Die Stimmbänder sitzen
als zarte Lamellen an den umgeschlagenen Vorderrändern des Ring-
knorpels.
Chamaeleon quadricornis Torn.
Es gehört zu den größten und seltensten Formen und kann
eine Länge von 315 mm erlangen. Das vorliegende S Exemplar
ist 141 mm lang.
Der blasig aufgetriebene Kehlkopf, dessen Größe im Vergleich
zu der des Tieres als normal bezeichnet werden muß, bildet mit
Fig. 49. V=}. Ch. quadricornis. Ringkorpel mit Ringwulst.
a Ringwulst, < introitus cricoideus, p processus anterior inferior.
der Trachea einen Winkel, der etwas größer als ein rechter ist.
Seine Muskulatur erreicht mittlere Größe, der m. dilatator nimmt
einen kurzen Verlauf, indem er die Übergangsstelle zur Trachea
nicht erreicht.
Die derbwandigen Aryknorpel erreichen mittlere Größe. Der
Ringknorpel, ebenfalls von normaler Größe, besitzt in seinem Vorder-
teile einen starken ringförmigen Wulst (Fig. 49; a), der den nicht sehr
großen introitus cricoideus (?) umgibt. Am höchsten und stärksten
ist der Wulst auf seiner dorsalen Seite, während er ventral sich nach
hinten verbreitert und stark zu einer Platte abflacht, die nicht
dicker ist als der dünne Hinterteil des Ringknorpels. Der processus
anterior inferior (p) ist sehr lang und zart, er erreicht nicht die
Höhe der Aryknorpel. Eine sehr lange dünne lamina cricoidea
verbindet sich mit den ersten beiden Knorpelringen der Trachea.
Fontanellae ventrales sind nicht wahrzunehmen. Auf der dorsalen
Seite besteht eine Fontanelle, die einen Längsschlitz bildet, der
zur Trachea in keiner Verbindung steht.
Infolge der starken lateralen wie dorsalen Aufquellung des
Ringknorpels ist ein großer Raum für die diverticula cricoidea ge-
schaffen. Eine gut ausgebildete crista ohne Seitenausläufer findet
z.
>
7.
2
&
2
#
«
E
"
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 507
sich im Ringknorpelinnern vor, wo außerdem zwei normal aus-
gebildete Stimmbänder vorhanden sind.
Chamaeleon bitaeniatus subsp. ellioti GÜNTHER.
Diese Form bleibt hinter Ch. bitaeniatus graueri STERNFELD
an Größe zurück. Das J wird 152 mm, das © 102 mm lang.
Die anatomischen Verhältnisse des Kehlkopfes stimmen im
wesentlichen mit denen des Artgenossen überein. Der Kehlkopf
bildet in seiner Lage zur Luftröhre mit dieser fast einen rechten
Winkel. Der Verlauf beider Muskelzüge am Kehikopf ist normal,
der Muskelkomplex sehr groß. Zu Anfang der Trachea findet sich
=-
Fig. 50. V= 3%. Fig. 531. V= 2%,
Fig. 50. Ch. bitaeniatus subsp. ellioti. Kehlkopf (ventrale Ansicht). a Stell-
knorpel, 5 Ringknorpel, d Knorpelzunge, /fontanella ventralis, Zlamina cricoidea.
Fig. 5l. Kehlkopf mit Trachea (dorsale Ansicht). ? Trachea.
an der ventralen Seite eine starke Ausbuchtung vor, wie sie schon
bei Ch. lateralis Gray wahrgenommen wurde. Die Aryknorpel
(Fig. 50; a) sind klein; der Ringknorpel (db) ist groß und blasig
aufgetrieben, jedoch nicht in dem Maße wie bei Ch. dilepis LeacH.
Die lamina cricoidea (2) ist in ihrer ersten Hälfte hoch, plattet sich
plötzlich ab, um nach hinten spitz auszulaufen. Flankiert wird sie
- von zwei Knorpeln (d), die ihrer Lage nach der „elegant geschwun-
genen Knorpelzunge“ bei Ch. dilepis entsprechen, Sie sind jedoch
völlig frei und ventral nicht untereinander verbunden.
Die Stimmbänder sind in gewöhnlicher Form und in mäßiger
Größe vorhanden.
Erwähnenswert ist noch eine Eigentümlichkeit auf der dorsalen
Seite der Trachea (Fig. 5l). Bei den meisten Formen fanden
wir, daß die Trachealringe meistens in der dorsalen Medianlinie
nicht zusammengewachsen sondern offen sind, daß jedoch die beiden
Enden der Ringe nahe aneinander lagen. Bei Ch. b. ellioti sind
84
E
508 GUIDO GHRMERSHAUSEN.
die Enden der offenen Trachealringe so weit auseinanderstehend,
daß sie beinahe bis in die Seitenwandung der Trachea (?) abgerückt
sind. Die so freistehende Partie ist von einem derben Bindegewebe
überdeckt.
Chamaeleon minor GÜNTHER.
Diese Form besitzt einen knöchernen Rostralfortsatz. Sie
wird 202 mm lang. Das zur Bearbeitung vorliegende Stück ist
78 mm lang.
Der Trachealwinkel des ziemlich großen, breiten Kehlkopfes ist
ein rechter. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.
Die Aryknorpel sind mittelgroß und dorsal durch starkes Binde-
sewebe fest miteinander verbunden. Der Ringknorpel ist dorsal
und lateral stark aufgetrieben. Wie bei Ch. tenuis und Ch. pardaliıs
besteht auf der dorsalen Seite des Knorpels vor der schlitzförmigen,
von der Trachea abgeschlossenen fontanella dorsalis ein spitz
zulaufender Vorsprung über dem mäßig großen introitus, den schon
(0EPPERT vorgefunden hat und als processus anterior superior
bezeichnet. Ein Paar länglich ovaler fontanellae ventrales liegt
an der Basis der mittellangen lamina. Diese ist stark aufgewölbt
und verbindet sich ventral mit dem I. Trachealringe, der seitlich
eine hakenförmige Biegung macht!3). Die folgenden Trachealringe
sind selbständig.
Der processus anterior inferior erreicht die Spitzen der Ary-
knorpel. Die im Ringknorpelinneren vorhandene crista ist breit und
flach, ohne Seitenausläufer. Stimmbänder sind nicht vorhanden.
Chamaeleon bitaeniatus subsp. graueri STERNFELD.
Diese Form, welche nur !/;mal so groß wird wie Ch. dilepis,
zeigt im Bau des Kehlkopfes ähnliche Verhältnisse wie Ch. johnstoni.
Dieser bildet mit der Luftröhre einen fast gestreckten Winkel.
Die Aryknorpel sind im Vergleich zum Ringknorpel klein. Hervor-
zuheben ist im besonderen der sehr große Muskelkomplex, den die
m. dilatatores und constrietores bilden, sodaß von diesen der
vordere und mittlere Teil des Ringknorpels bedeckt werden. Dieser
ist mäßig aufgetrieben; eine erista cericoidea ist vorhanden, sodaß
eine Abkammerung des Ringknorpelinneren gegeben ist. Die Stimm-
bänder sind gut entwickelt. Im übrigen stimmen die Verhältnisse
mit denen von Ch. johnstoni überein.
3) Leider ließ sich bei der Seltenheit des Materials ein großes Tier zur
Kontrolle dieser Verhältnisse nicht beschaffen.
»
_ _ Du, ae
|
|
|
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Uhamaeleonen. 509
Chamaeleon cephalolepis GÜNTHER.
Es ist eine kleine Form von 167 mm Länge ohne Besitz von
Oceipitallappen. Das zur Bearbeitung vorliegende Tier ist 68mm lang.
Die Längsachse des stark aufgetriebenen Larynx bildet mit
der Trachealachse eine gerade Linie. Die in mäßiger Stärke an
ihm entwickelte Muskulatur nimmt einen normalen Verlauf.
Trotz seiner starken Auftreibung erscheint der Larynx in
seiner Gesamtheit ziemlich langgestreckt. Dies bewirken die kleinen,
CR
5
Fig. 52. V=3ß. Fig. 53. V=|$. Fig. 54. V-
Fig. 52. Ch. cephalolepis. Linker Stellknorpel. !p Lippenkegel, f fossa museuli
constrictoris.
Fig. 53. Ringknorpel (b) und Anfang der Trachea (ventrale Ansicht).
fı fontanella ventralis, /f2 ventraler Ausläufer der fontanella dorsalis, tı, te,
ts, t, erster, zweiter, dritter, vierter Trachealring, ! lamina cricoidea, p pro-
cessus anterior inferior.
Fig. 54. Ringknorpel und Anfang der Trachea (dorsale Ansicht). /d fonta-
nella dorsalis, 2 linker und rechter dorsaler Teil der lamina cricoidea. tı, te,
ts, tı erster, zweiter, dritter, vierter Trachealring.
sehr hohen Aryknorpel (Fig. 52), die, dem Ringknorpel fest auf-
liegend und nicht von ihm abstehend, auf die Gesamterstreckung
des Larynx einen formgebenden Einfluß gewinnen. Der Ring-
knorpel (b) ist von mittlerer Größe, dünnwandig und besonders auf
der Höhe der stark entwickelten diverticula durchscheinend. Der
sehr zarte processus anterior inferior (Fig. 53; p) erreicht trotz
seiner Länge nicht. die Spitzen der Aryknorpel. Auf der Unter-
seite treten ein Paar fontanellae ventrales (fj) von ovaler Gestalt
in die Erscheinung. Hinter diesen macht sich eine Erhebung be-
merkbar, die an der Übergangsstelle von Larynx und Trachea in
die lamina cricoidea (l) übergeht, die eine sehr merkwürdige Gestalt
besitzt. An ihrem Anfange ist sie durch zwei ventrale Ausläufer (f,)
der fontanella dorsalis (Fig. 53, 54; fd) eingeschnürt, verbreitert
34*
510 GUIDO GERMERSHAUSEN.
sich dann und endet in zwei breiten, sich lateralwärts hinauf-
ziehenden und dorsal umbiegenden Lappen, die durch eine mediane
rundliche Einkerbung eine Trennung erfahren haben. Ebenso be-
merkenswert ist die Gestaltung der ersten vier Trachealringe (Fig. 54
t1, fo, ta, ta). Diese sind von der lamina (!) vollkommen getrennt,
also selbständig, unter sich jedoch derart verbunden, daß der
1. und 2. Ring einerseits und der 3. und 4. Ring andererseits ver-
wachsen sind. Die Verwachsungsstelle ist beide Male an der
rechten Seite gelegen. Dorsal sind alle diese Ringe durchbrochen.
Der blasig aufgetriebene Ringknorpel besitzt gut ausgebildete
und große diverticula, die durch eine ziemlich hohe, aus der dünnen
und durchscheinenden Wandung des Knorpels stark hervortretende
erista cricoidea getrennt sind. Diese entsendet nur zwei schwache
Seitenausläufer zu den Rändern der Vorderwandung, an denen
Stimmbänder nicht vorhanden sind.
Chamaeleon pardalis Cuvv.
Ch. pardalıs, eine große Art, die fast !/; m Länge erreicht,
steht Ch. guentheri sehr nahe. Das vorliegende Stück erreicht
eine Länge von 145 mm.
Es weist auch in den anatomischen Verhältnissen des Kehl-
kopfes große Übereinstimmung mit Ch. guentheri Buer. auf. Der
Trachealwinkel des ziemlich großen Kehlkopfes beträgt fast einen
rechten. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.
Die kleinen Aryknorpel stehen senkrecht auf dem derbwandigen
Rineknorpel (Fig. 55). Dieser besitzt in seiner vorderen dorsalen
Partie eine besonders dicke Wandung und läuft median in einen
kurzen, spitz zulaufenden processus anterior superior (ps) aus.
Hinter diesem liegt eine lange, spindelförmige fontanella dorsalis (f),
die mit der Trachea in keine Verbindung tritt. Die lange und
derbwandige lamina (Fig. 56; 2) verbindet sich mit den ersten
beiden Trachealringen und ist in ihrer hinteren Partie aufgewölbt.
Sie endet mit einer Fontanelle (f), die derjenigen von Ch. guentheri
gleichwertig ist und durch eine starke Bindegewebswand einen
Verschluß findet.
Ein kleiner introitus führt in das Ringknorpelinnere, in dem eine
hohe crista zwei starke und spitze Seitenäste entsendet, denen dieStimm-
bänder aufsitzen. Die diverticula nehmen eine dorsale Ausdehnung an.
Chamaeleon qwentheri BUL6Rr.
Ch. quentheri erreicht eine Länge von 260 mm. Das vor-
liegende Stück ist 102 mm lang.
|
y
|
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 511
Der in normaler Größe entwickelte Kehlkopf bildet mit der
Trachea einen Winkel von 135°. Seine Muskulatur ist in Größe
und Verlauf normal.
Dem besonders in lateraler Richtung aufgetriebenen Ringknorpel
sitzen die relativ kleinen und kurzen Aryknorpel auf, deren Spitzen
von dem ziemlich breiten processus anterior inferior um weniges
überragt werden. Die lamina ist lang und verbindet sich hinter
der UÜbergangsstelle von Kehlkopf und Trachea mit den ersten
beiden Trachealringen (Fig. 56; I, II), sich zugleich blasig vor-
wölbend, ähnlich wie es bei Ch. lateralis in noch höherem Maße
Fig. 56.
Ve Fr ER:
Ringknorpel
(von unten gesehen).
b Ringknorpel, ! lamina cricoidea,
guentheri.
mit lamina cricoidea
br zweiter Bindegewebshalbring,
Fig. 55. Ch. pardalis.. V=%.
knorpel (dorsale Ansicht).
pi processus anterior inferior, ps pro-
cessus anterior superior, f fontanella
Ring-
fhalbmondförmige Fontanelle, / erster
selbständiger Trachealring, /, II
die ersten beiden unselbständigen
Trachealringe, a erster Bindegewebs-
dorsalis. ring.
der Fall ist. Diese blasenförmige Vorwölbung fällt nach hinten
steil ab, jedoch nicht so steil wie bei der eben erwähnten Form.
Vor der Vereinigung der lamina (l) mit dem II. unselbständigen
Trachealringe (IT) trägt sie ventri-median eine halbmondförmige
Fontanella (Fig. 56; f), die mit ihrer konkaven Seite nach vorn ge-
richtet ist und als Rest des zweiten Bindegewebshalbringes, der
ehemals ein vollkommener ventral durchlaufender Bindegewebsring
war, aufzufassen ist. Auf diese Fontanelle folgt nun der II. un-
selbständige Trachealring, der durch den nun folgenden ventral voll-
kommen durchgängigen dritten Bindegewerbsring (a) vom 1. selb-
ständigen Trachealring (1) getrennt ist. Dieser dritte Bindegewerbs-
ring ist somit zugleich die hintere Abgrenzung der lamina. Die
fontanella dorsalis hat die Form eines länglichen Rechteckes und
steht nicht mit der Trachea in Verbindung.
Im Ringknorpelinneren findet sich eine ziemlich hohe erista
vor mit wohlentwickelten Seitenausläufern, auf denen die kurzen
512 GUIDO GERMERSHAUSEN.
aber hohen, in eine Spitze auslaufenden Stimmbänder sitzen. Die
diverticula haben eine weite laterale Ausdehnung gemäß der Auf-
blasung des Ringknorpels in lateraler Richtung.
Chamaeleon gastrotaenia Bucr.
Oh. gastrotaenia ist eine kleine Form, deren 9 140 mm Länge
erreicht. Das vorliegende Stück ist 64 mm lang.
Der Kehlkopf bildet mit der Trachea einen gestreckten Winkel.
Er ist nicht sehr stark aufgeblasen und dorsi-ventral stark zusammen-
gepreßt. Seine Muskulatur ist ungewöhnlich groß. So erreicht
der m. constrictor eine derartige Breite, daß er nicht nur nach
vorn zu die Stellknorpel seitlich vollkommen umschließt, sondern
auch nach hinten die ersten beiden Drittel des Ringknorpels umgibt.
Die Aryknorpel sind groß und hoch. Der in normaler Größe
entwickelte Ringknorpel besitzt einen sehr starken und langen
processus anterior inferior, der weit über die Spitzen der Ary-
knorpel hinausragt. Die lamina cricoidea ist sehr lang und schmal,
an ihrer Basis finden sich zwei birnenförmige fontanellae ventrales.
Sie verbindet sich mit den beiden ersten Trachealringen. Im Ring-
knorpelinneren sind crista, Seitenausläufer und Stimmbänder in
normaler Größe entwickelt.
Chamaeleon oshaughnessyi GÜNTHER.
Diese Art wird 380 mm lang, hat einen hohen Helm und
deutlich ausgeprägte Occipitallappen. Das vorliegende Stück hat
eine Länge von 131 mm.
Fig. 57. V=%. Fig. 58. V= 14.
Fig. 57. Ch. oshaughnessyi. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht).
a Stellknorpel, b Ringknorpel, i introitus laryngis, p processus anterior inferior,
ce m. constrictor, d m. dilatator.
Fig. 58. Kehlkopf mit Muskulatur (ventrale Ansicht). ! lamina cricoidea,
I, II erster und zweiter unselbständiger Trachealring, / fontanella ventralis.
DER a er ET
Ei
er
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 513
Der mäßig große Kehlkopf bildet mit der Luftröhre eine Gerade.
Die Muskulatur ist so weit nach vorn verlagert, daß sie in gleicher
Höhe mit den allerdings sehr flach aufsitzenden Aryknopeln (a) zu
liegen kommt (Fig. 57, 58). Schließmuskel (ce) sowie Öffnermuskel (d)
sind in normaler Größe entwickelt.
Die Aryknorpel sind zwar derb, aber klein und niedrig. Sie
liegen der sehr großen Öffnung des Ringknorpels flach auf, diese
vollkommen überdeckend. Der flache Ringknorpel (b) besitzt eine
minimale seitliche Auftreibung und einen langen processus anterior
inferior (p), der die Aryknorpel weit überragt. Die ventrale
Wandung weist zwei fontanellae auf (Fig. 58; f), die, nur noch
schwach sichtbar, von einer starken Knorpelmembran überzogen
sind. Die an der Übergangsstelle zur Luftröhre stark eingeengte
lamina (?) kommuniziert mit den ersten beiden Trachealringen (I, II).
Die crista im Inneren des Ringknorpels, die sich als direkte
Verlängerung des processus anterior inferior nach hinten darstellt,
ist schwach, kurz und ohne Seitenausläufer. Stimmbänder sind
nicht vorhanden.
Chamaeleon tavetensis STND.
Ch. tavetensis gehört zu den Arten, deren JS eine Schnauzen-
kante besitzen. Es sind kleine Formen, denn das J erreicht nur
eine Länge von 200 mm, das © 170 mm. Ihm fehlt die Schnauzen-
kante.
Der Kehlkopf ist im Verhältnis zur Größe des Tieres mittel-
groß zu nennen. Er erinnert in seiner äußeren Form an den von
Fig. 59. V-2%. Fig. 59 A. v- 34, Fig. 60. V= 3%,
Fig. 59. Ch. tavetensis. Kehlkopf (Größenverhältnisse der Knorpel). a Stell-
knorpel, 5 Ringknorpel, £ Trachea.
Fig. 59A. Ringknorpel (dorsale Ansicht). o Öffnung seiner Vorderwand,
Eingang zum Ringknorpelinnern, c crista cricoidea, p processus anterior inferior.
Fig. 60. Ringknorpel (ventrale Ansicht) in seiner Verbindung mit dem ersten
Trachealring. !lamina cricoidea, f fontanella ventralis, I erster unselbständiger
Trachealring.
514 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Ch. dilepis. Die Aryknorpel (Fig. 59; a) sind jedoch groß und
sitzen hoch dem Ringknorpel (b). Sie besitzen eine starke Ein-
buchtung für die Einlagerung des m. constrictor, der ebenso wie
der m. dilatator den gewöhnlichen Verlauf nimmt.
Der Ringknorpel (d) ist breit und blasig aufgetrieben. Auf-
fallend ist die große Ofinung (Fig. 59 A; o) seiner Vorderwand, der
introitus cricoideus, der nur eben noch von den schaufelförmigen
Rändern der Aryknorpel überdeckt wird (Fig. 59 A). Im Innern
des Ringknorpels verläuft in der ventralen Medianlinie eine breite,
aber nicht hohe crista cricoidea (c). Die lamina cricoidea (Fig. 60; !)
geht, nach hinten weiterlaufend, mit dem I. Trachealring (I) in der
Mitte eine feste Verbindung ein. |
Im Innern besteht eine Abkammerung infolge der blasigen
Auftreibung des Knorpels, die jedoch nicht so deutlich in die Er-
scheinung tritt, da die crista cricoidea nur recht flach ist. Die
Stimmbänder sind in normaler Größe ausgebildet.
Chamaeleon deremensis MTscH.
Es ist eine mittelgroße Form mit erhöhtem Helm und mäßig
entwickelten Occipitallappen. Das O erreicht eine Länge von
282 mm.
Der Übergang vom Larynx zur Trachea kennzeichnet sieh
durch eine sehr scharfe Einknickung, die einen Winkel bildet, der
etwas kleiner als ein rechter ist. Die ventrale Ausstülpung
schließt ebenfalls wie bei Ch. lateralis einen Hohlraum in sich, der
sich aber hier nicht zu einer größeren Blase entwickelte. Der
Larynx ist sowohl in dorsaler wie in lateraler Richtung außer-
ordentlich aufgetrieben. Die Muskelschichten der m. dilatatores
und constrietores sind breit und kräftig. Sie umhüllen die großen
und derben Stellknorpel (Fig. 61; a) fast bis zur Spitze. Der
dorsale und ventrale Zwischenraum der Ansatzstellen für die Mus-
kulatur erfährt nach hinten eine Verbreiterung.
Die Aryknorpel (a) sind im Verhältnis zum Ringknorpel als
beträchtlich zu bezeichnen (Fig. 61, 62). Ihre basalen schaufel-
förmigen Enden verbreitern sich nach hinten stark und legen sich
den eingeschlagenen Vorderrändern des Ringknorpels (b) fest an.
In ventri-medialer Richtung ziehen sie dann in einer scharfen
lateralen Biegung ihrer Außenränder nach vorn und lassen hier der
Größenentwicklung des nach vorn verlaufenden breiten und kurzen,
die Spitze der Aryknorpel nicht erreichenden processus anterior
inferior (p) freien Spielraum (Fig. 62). Der Ringknorpel (b) ist
breiter als lang und kann allein nicht als formgebender Faktor des
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 515
Larynx gelten wegen der beträchtlichen Größe der Aryknorpel.
Es besteht hier in bezug auf die beiden Knorpelarten dasselbe
Verhältnis wie bei Ch. johnstoni, wenn auch nicht in demselben
ausgeprägten Maßstabe, da bei letzterer Form der Ringknorpel noch
kleiner und primitiver ist und jeder Auftreibung ermangelt. Dort,
wo die lamina cricoidea (Fig. 62; 2) beginnt, finden sich zwei wegen
ihrer fortgeschrittenen Verknorpelung undeutlich erscheinende Fon-
?
Fig. 61. V=3%. Fig. 2. V= 2%. Fig. 68. V=%.
Fig. 61. Ch. deremensis. Kehlkopf (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, 5 Ring-
knorpel, f fossa musculi constrictoris.
Fig. 62. Kehlkopf (ventrale Ansicht). p processus anterior inferior, !lamina
ericoidea, «a fontanellae ventrales, I erster unselbständiger Trachealring,
s ventrale Aussackung der Trachea.
Fig. 63. Ringknorpel (medianer Längsschnitt). c erista cricoidea, d diverti-
culum cericoideum, g rinnenartiger Gang, zur trachealen Aussackung führend,
k Knorpelerhebung.
tanellen. Hinter diesen beginnt der erste Bindegewebsring (a), der sich
auf der Unterseite nicht schließt, sodaß der I. Trachealring (I)
als eine Fortsetzung der lamina erscheint, recht breit und kräftig
ist und an der, ventralen Aussackung teil hat. Ein Kehlsack ist
nicht vorhanden.
Die diverticula cricoidea errreichen eine beträchtliche Größe
(Fig. 63; d). Sie nehmen den vorderen ventralen und den gesamten
516 GUIDO GERMERSHAUSEN.
dorsalen Innenraum des Kehlkopfes in Anspruch. Nach vorn sind
sie begrenzt durch die innere Wandung der Stellknorpel, da eine
eigentliche Ringknorpelvorderwand nicht vorhanden ist, denn seine
laterale Wandung findet gleich nach der Umlegung nach innen
ihren Abschluß, sodaß der Ringknorpel nach vorn eine weite, runde
Öffnung aufweist, deren Durchmesser beinahe den des Knorpels in
seiner größten Breite erreicht. Jedes diverticulum steht nach hinten
mit dem von der ventralen Aussackung gebildeten Raum und somit
auch zugleich mit der Trachea durch einen links und rechts von
der Medianlinie verlaufenden schmalen, tiefen und rinnenartigen
Gang (g) in Verbindung (Fig. 63). Beide Gänge sind median ge-
trennt durch die niedrige Erhebung der schwach ausgebildeten
crista cricoidea (c), während sie lateralwärts eine scharfe Ab-
grenzung erfahren durch eine Knorpelerhebung (X), die von den
(sängen ab sehr steil ansteigt, nach hinten spitz zuläuft, nach vorn
sich verbreiternd sanft abfällt und zugleich somit in die ventrale
Wandung des diverticulums übergeht.
Stimmbänder sind nicht vorhanden, wie denn auch die an sich
schon äußerst winzige crista keine Seitenzüge zur Vorderkante der
umgeschlagenen Seitenwand des Ringknorpels aussendet.
Chamaeleon fuelleborni Torn.
Diese Art, die die Länge von 210. mm besitzt, zeichnet sich
durch den Besitz von großen Oceipitallappen aus. Das vorliegende
Stück ist 92 mm lang.
Der ziemlich große dorso-ventral abgeplattete Kehlkopf bildet
in seiner Längsachse mit der Trachea einen Winkel von 135°. Der
m. dilatator ist mittelgroß und nimmt einen normalen Verlauf,
während der große m. constrietor sich in seiner lateralen Partie
ungewöhnlich stark verbreitert und sich an seinen dorsalen und
ventralen Ansatzstellen verjüngt.
Die derbwandigen Aryknorpel sind sehr groß und nehmen die
vanze vordere Hälfte des Kehlkopfes ein. Der in normaler Größe
vorhandene Ringknorpel hat einen sehr großen introitus. Der
processus anterior superior ist durch eine geringe spitze Erhebung
des Vorderrandes der dorsalen Wandung angedeutet. Die rundliche
fontanella dorsalis geht ohne Unterbrechung in den Bindegewebs-
zug der Trachea über. Die lamina ist sehr lang. Sie verbindet
sich mit den ersten drei Trachealringen.
Im Ringknorpelinnern liegt eine flache, in ihrem Anfange
breite, sich nach hinten stark verjüngende crista. Die Stimmbänder
sind sehr klein und stark.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 517
Chamaeleon affinis Rüpr.
Diese Art erreicht eine Länge von 156 mm. Das vorliegende
Stück ist 58 mm lang.
Der Trachealwinkel des mittelgroßen, dorsi-ventral komprimierten
Kehlkopfes ist fast ein gestreckter. Der m. dilatator ist mittel-
groß, während der m. constrietor bedeutend größer und breiter wird
und die großen und hohen Aryknorpel lateral und ventral voll-
kommen umschließt. Die ventrale Partie des Ringknorpels ist be-
sonders derbwandig. Eine breite fontanella dorsalis geht vom
introitus aus und verjüngt sich sehr schnell, indem sie nur bis zur
Mitte der dorsalen Wandung reicht. Die derbwandige, etwas auf-
gewölbte lamina cricoidea ist eine Verbindung mit den ersten beiden
Ringen der Luftröhre eingegangen.
Die im Ringknorpelinnern vorhandene crista ist hoch, aber kurz,
nach hinten steil abfallend, ohne Seitenausläufer. An den Innen-
rändern der breiten Vorderwandung sitzen die starken und ziemlich
hohen Stimmbänder.
Chamaeleon bitaeniatus subsp. hoeneli STXD.
Ch. b. subsp. hoeneli ist das größte unter den Unterarten der
bitaeniatus- Spezies. Sein charakteristisches Merkmal ist der stark
aufsteigende Helm. Das JS erreicht eine Länge von 160 mm. |
In seinem äußeren Habitus gleicht der Kehlkopf dem von Ch.
b. subsp. bitaeniatus. Ebenfalls ist das Größenverhältnis beider
Knorpelarten das gleiche. Im ganzen bestehen jedoch einige
wesentliche Unterschiede von der vorigen Spezies. Die tracheale Ein-
knickung, die sich bei den bis jetzt betrachteten Chamaeleonen immer
am Übergang vom Larynx zur Trachea, also immer in der Region
der lamina cricoidea befindet, liegt hier etwas weiter hinten am
3. selbständigen Trachealringe. Sie ist rechtwinklig. Die Muskel-
züge, die einen normalen Verlauf nehmen, sind stark entwickelt.
Die Aryknorpel sind groß und recht derbwandig. Sie erreichen
zusammen fast die Größe des Ringknorpels, stehen also mit diesem
in ungefähr demselben Größenverhältnis wie bei der typischen
bitaeniatus-Art. Der Ringknorpel, dessen Wandung derber ist als
bei Ch. b. subsp. bitaeniatus J. G. Fischer, ist etwas aufgetrieben,
sodaß es zur Bildung kleiner diverticula kommt. Die Seitenränder
des Knorpels sind nach vorn umgeschlagen. In die lange und
schmale lamina cricoidea münden die beiden ersten unselbständigen
Trachealringe von der Seite ein.
Die erista ist in mittlerer Größe vorkinden. Sie entsendet
schwache Seitenausläufer, an denen keine Stimmbänder sitzen.
518 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Chamaeleon werneri Torn.
Diese Art erreicht eine Länge von 225 mm. Das vorliegende
Stück ist 84 mm lang.
Der Trachealwinkel des mittelgroßen dorsi-ventral komprimierten
Kehlkopfes ist fast ein gestreckter. Die Gesamtmuskulatur ist
relativ groß und nimmt einen normalen Verlauf.
Die Aryknorpel sind groß und derbwandig. Sie stehen hoch
auf dem Ringknorpel (Fig. 64; db) und besitzen eine ausgeprägt tiefe
fossa. Auf der dorsalen Wandung des Ringknorpels tritt eine
Fig. 64. V=?6. Ch. werneri. Ringknorpel (ventrale Ansicht).
b Ringknorpel, p processus anterior inferior, ! lamina cricoidea, II zweiter
unselbständiger Trachealring (der erste ist unsichtbar), Z, 2, 3 erster, zweiter,
dritter selbständiger Trachealring.
schlitzförmige Fontanelle mit dem Bindegewebszug der Trachea in
Verbindung. Die lamina (/) tritt, trotzdem sie recht kurz erscheint,
mit den beiden ersten Trachealringen (II) in Verbindung (Fig. 64).
Die beiden nächstfolgenden selbständigen Trachealringe (1,2) zeichnen
sich dadurch aus, daß sie in der ventralen Mitte eine Verbreiterung
erfahren haben, sodaß sie, an diesen Stellen die Bindegewebsringe
überdeckend, mit ihren Rändern aneinanderstoßen.
Im Ringknorpelinnern findet sich eine mittelgroße durchgehende
crista vor, die nach hinten in die Innenwandung der lamina über-
geht. Zu beiden Seiten entsendet sie in die Vorderwandung niedrige
Seitenausläufer. Stimmbänder sind nicht nachweisbar.
Chamaeleon bitaeniatus subsp. bitaeniatus J. G. Fisch.
Es ist die kleinste Subspezies der bitaeniatus-Gruppe. Das 9
wird nur 123 mm lang.
Der dorsi-ventral abgeplattete Kehlkopf, der einer blasigen
Auftreibung ermangelt und demzufolge keine diverticula cricoidea
aufweisen kann, ist relativ klein. Die Muskulatur ist stark ent-
wickelt und ihr Verlauf ein normaler. |
k
er‘
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 519
Die Aryknorpel sind sehr groß und dickwandig. Sie erreichen in
ihrer Gesamtheit die Größe des zartwandigen Ringknorpels, der
keine Blase darstellt, sondern die typische Form eines Ringes zeigt
und etwas breiter als hoch ist. Es besteht hier zwischen beiden
Knorpeln sowohl in bezug auf Größe als auf Form dasselbe Ver-
hältnis wie bei Ch. johnstoni. Luftröhrenkrahn, Kehlsack und so-
gar eine lamina fehlen.
Im Ringknorpelinnern tritt eine wohlausgebildete crista auf,
die seitliche Ausläufer an die Vorderränder des Knorpels abgibt.
Diese sind wie bei Ch. johnstoni nicht nach vorn umgeschlagen.
Stimmbänder sind ebenfalls nicht vorhanden.
Chamaeleon xenorhinus BLGR.
Ch. xenorhinus ist eine kleine Form, die in die Gruppe der
Chamaeleonen mit beschuppten Schnauzenfortsätzen gehört. Es
Fig. 65. V=*P. Ch. xenorhinus. Kehlkopf (laterale Ansicht).
a Stellknorpel, b Ringknorpel, p processus anterior inferior.
wird nur 240 mm lang. Das zur Bearbeitung vorliegende Tier
hat eine Länge von 54 mm.
Der mäßig große, ebenso breite wie lange, dorsal etwas auf-
gewölbte Kehlkopf bildet mit der Luftröhre einen Winkel von
135°. Die Muskulatur ist relativ sehr groß, besonders der ziemlich
weit nach vorn verlagerte m. constrietor ist breit und stark.
Das Größenverhältnis beider Knorpeln des Kehlkopfes erinnert
an das von Ch. johnstoni Buer. und jacksoni subsp. vauerescecae
Torn. Die Aryknorpel sind ungewöhnlich groß. Sie machen zu-
sammen die Hälfte des Kehlkopfes aus und sind dorsalwärts ver-
lagert, hoch über dem processus anterior inferior (p) liegend (Fig. 65).
Die lamina ist mittellang und tritt mit keinem Trachealringe in
Verbindung, sodaß schon der erste Trachealring den Charakter
der Selbständigkeit trägt.
Ein ziemlich großer introitus führt in das Ringknorpelinnere,
in dem eine kurze und flache crista auftritt, die keine Seitenausläufer
besitzt. Die Stimmbänder haben mittlere Größe. |
520 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Chamaeleon cristatus STUTCHB.
Diese Art, die mittelgroß wird, zeichnet sich äußerlich durch
die hohe Helmspitze und den hohen Rückenkamm aus.
Der Kehlkopf bildet mit der Trachea nahezu einen gestreckten
Winkel. Sein Muskelverlauf ist normal und die Muskulatur stark
entwickelt.
Ein Kehlsack fehlt, ebenso ist weder ein Luftröhrenkrahn noch
eine Anlage dazu vorhanden. Die kleinen Aryknorpel sitzen der
ziemlich großen Öffnung des Ringknorpels auf (Fig. 66). An
&) diesem ist besonders die seitliche
blasenförmige Auftreibung bemerkens-
Fig. 6A. V=1,
Fig. 66. Ch. cristatus. Ringknorpel mit Trachea (dorsale Ansicht). Blick iu
das Ringknorpelinnere. p processus anterior inferior, c crista cricoidea,
d diverticula cricoidea.
Fig. 66A. Ringknorpelinneres (dorsale Partie). d diverticula cricoidea,
kw Knorpelwülste, kl Knorpelleiste.
wert. Der breite processus anterior inferior (p) läuft nach vorn
in ein stumpfspitziges Ende aus. In das Ringknorpelinnere ent-
sendet er eine schmale, nicht sehr hohe crista (ec). Zu beiden
Seiten von dieser liegt ein muldenförmiges diverticulum cricoideum (d).
Weiter nach hinten und etwas lateral davon besitzt die Kehlkopf-
innenwand zwei starke, wulstige Knorpelzüge (Fig. 66 A; kw). Die-
selben laufen nach hinten in zwei schmäler werdende Leisten aus,
die sich in der dorsalen Medianlinie vereinigen. Von diesem Punkte
aus treten zwei sehr schmale winzige Knorpelleisten auf (kl),
welche divergieren und dann wieder zusammenlaufen, indem sie die
Form eines breiten Blattes vorführen. Die Trachealknorpel bleiben
zwar oben geöffnet, rücken jedoch mit ihren Enden nahe zusammen.
Chamaeleon wiedersheimi NIEDEN.
Der für diese kleine Art ziemlich große Kehlkopf bildet in
seiner Längsachse mit der Trachea eine Gerade. Die Muskulatur
ist in Verlauf und Größe normal. |
ee
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 59]
Die sehr hohen, großen und derbwandigen Aryknorpel machen
die schlanke und längliche Gestalt des Kehlkopfes aus. Sie sind
etwas nach oben verlagert und nehmen die erste Hälfte der dorsalen
Partie des Kehlkopfes ein. Der Ringknorpel (Fig. 67) ist sehr
dünnwandig, dorsal aufgetrieben und besitzt einen sehr großen
introitus. Die lange und derbe lamina (!) ist vor ihrer Verbindung
mit dem ersten unselbständigen Trachealring (I) durch den ersten
sehr breiten Bindegewebshalbring (a) stark eingeengt. Auf der
Unterseite des Ringknorpels finden sich zwei große, eiförmige, teil-
Fig. 697. V=3#. Ch. wiedersheimi. Ringknorpel (ventrale Ansicht).
p processus anterior inferior, f fontanella ventralis, ! lamina cricoidea, / erster
unselbständiger Trachealring, / erster selbständiger Trachealring, « Binde-
gewebshalbring.
weise auf die Seitenwandungen übergehende Fontanellen (f) vor,
die schon etwas verknorpelt sind und sich daher undeutlich von
der übrigen Wandung abheben. Der processus anterior inferior (9)
ist lang, sich nach vorn verjüngend; er überragt jedoch nicht die
Spitzen der Stellknorpel.
Im Ringknorpelinnern besteht eine schwache, niedrige bis zur
Mitte laufende crista ohne Seitenausläufer. Stimmbänder fehlen.
Chamaeleon fischeri RcHw.
Die männliche Form des Ch. fischeri wird 260 mm lang und
kennzeichnet sich äußerlich hauptsächlich durch die eigentümlichen
Schnauzenfortsätze.
Die blasige Auftreibung und Abkammerung des relativ kleinen
Kehlkopfes ist nicht sehr ausgeprägt. Sein Trachealwinkel ist
größer als ein rechter. Eine Einknickungsstelle am Anfange der
Trachea ist vorhanden. Das Größenverhältnis zwischen den Ary-
knorpeln und dem Ringknorpel ist ein normales. Die Aryknorpel
(Fig. 68; a), die dem Ringknorpel (b) sehr fest anliegen, sind dorsal
522 GUIDO GERMERSHAUSEN.
besonders lang und greifen hier mit ihrem schaufelförmigen basalen
Teil weit über den Ringknorpel über, während sie ventral so kurz
sind, daß sie nur mit ihren Rändern die Vorderwand des letzteren
berühren, nicht aber übergreifen. Auffallend winzig und zart ist
der m. constrietor (c) gebaut. Seine dorsalen Ansatzstellen sind
sehr flach und treten kaum in die Erscheinung. Über sie läuft
noch ein besonderer Muskelzug (cs) hinweg, der beiderseits in die
rechte und linke Hälfte des m. constrictor einmündet. Er wirkt
in demselben Sinne wie der unter ihm liegende m. constrietor, in-
dem er bei seiner Kontraktion die Wirkung des letzteren erhöht.
Fig. 68. V=®23. Ch. fischeri. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht).
a Stellknorpel, 5 Ringknorpel, i introitus laryngis, c m. constrictor, cs über-
gelagerter Muskelzug, d m. dilatator, f fontanella dorsalis.
Die m. dilatatores (d) sind stark entwickelt und zeigen den ge-
wöhnlichen Verlauf. Am dorsalen Ende des Ringknorpels findet
sich eine große membranöse Fontanelle (f), während sich auf der
ventralen Seite zwei Fontanellenpaare vorfinden. Das erste P.ar
ist klein, von einer starken Membran überzogen und liegt vorn.
Ein zweites Fontanellenpaar, das größer ist und eine dünnere
Membran besitzt, liegt am Übergang zur Trachea. Jede dieser
Fontanellen läuft seitlich nach oben in eine Spitze aus.
Eine crista im Ringknorpelinnern ist nicht vorhanden. Die
lamina ist klein, denn schon der erste Trachealring ist selbständig.
Die Stimmbänder sind nur schwach entwickelt.
Anmerkung. Ch. fischeri subsp. matschieı WERNER weist in
jeder Beziehung dieselben Verhältnisse auf wie Ch. fischeri.
Chamaeleon bifidus BRONGN.
Diese kurze Sehnauzenfortsätze besitzende Art wird 390 mm lang,
Das zur Bearbeitung vorliegende Exemplar hat eine Länge von 115 mm,
4
R;
&S
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 593
Der ziemlich Kleine Kehlkopf bildet mit der Trachea einen
Winkel von 135°. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe
normal.
Die großen, breiten und derbwandigen Aryknorpel sind mehr
nach der dorsalen Seite verschoben, sodaß der breite und kurze
processus anterior inferior ventral hervorquillt. Der Ringknorpei
ist besonders in dorsaler und oraler Richtung aufgetrieben. Auf
seiner dorsalen Seite zeigt sich eine große, breite Fontanelle, die
ohne Verschmälerung an der Übergangsstelle von Ringknorpel und
Trachea in den breiten Bindegewebszug der letzteren übergeht.
Nach vorn zu ist sie durch einen Knorpelwulst, ähnlich dem von
Ch. quadricornis (Fig. 49), von dem introitus des Ringknorpels
getrennt. Die lange und breite lamina cricoidea verbindet sich
mit dem ersten Trachealring zu einer ventralen breiten Platte, die
ein wenig auf den nächsten, den ersten selbständigen Trachealring,
übergreift. Der erste unselbständige Trachealring liegt außerdem
vom Kehlkopf ziemlich weit ab, da er von diesem durch eine halb-
mondförmige, sehr breite Bindegewebsmasse, die als seitlicher Aus-
läufer des dorsalen trachealen Bindegewebszuges sich darstellt,
getrennt ist.
Im Innern des Ringknorpels treten die hochliegenden diverticula
cricoidea in auffallender Weise hervor. Eine crista cricoidea und
Stimmbänder sind nicht vorhanden.
Chamaeleon brevicornis GÜNTHER.
Es besitzt einen flachen Helm und sehr große Oceipitallappen,
die denen von Ch. dilepis an Größe nichts nachgeben.
Fig. 69. V=22. Ch. brevicornis. Kehlkopf (ventrale Ansicht).
a Stellknorpel, d Ringknorpel, p processus anterior inferior, f fontanella
ventralis, 2 erster selbständiger Trachealring.
35
524 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Der verhältnismäßig große Kehlkopf bildet mit der Trachea
eine Gerade. Er ist flach, dorsi-ventral zusammengedrückt und
lateral sehr wenig aufgetrieben, zeigt also im wesentlichen dieselben
Verhältnisse wie bei Ch. oshaughnessyı GÜNTHER. Ebenfalls ist
die Muskulatur weit nach vorn verlagert, die seitlichen Partien
des Aryknorpels überdeckend. Der m. constrietor tritt besonders
durch seine Breite und Dicke hervor. Er findet ventral eine kräftige
Ansatzstelle dadurch, daß der processus anterior inferior (Fig. 69; p)
als ein kräftiger hervorquellender Stamm schon auf der Mitte des
Ringknorpels entsteht, lang nach vorn ausläuft und die Ary-
knorpel (a) weit überragt. Diese sind mäßig groß und besitzen
eine breite, flache fossa (Fig. 69). Der große Ringknorpel (b)
weist dorsal eine im letzten Drittel auftretende fontanella dorsalis
auf, die mit der offenen Dorsalfläche der Trachea kommuniziert.
Ventral findet sich ein auffallend großes Fontanellenpaar. Eine
lamina fehlt. Ebenso fehlen crista cricoidea und Stimmbänder.
Chamaeleon fallasxc Moca.
Ch. fallax ist eine recht kleine Form von nur 91 mm Länge.
Das vorliegende Stück ist 54 mm lang.
Der relativ große und schlanke Kehlkopf bildet mit der Trachea
eine serade. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.
pi
II
Fig. 0. V-%, Fig. 71. Vo 3%,
Fig. 70. Ch. fallax. Kehlkopf und Anfang der Trachea (dorsale Ansicht).
a Stellknorpel, b Ringknorpel, pi processus anterior inferior, ps processus
anterior superior, fd fontanella dorsalis, I erster unselbständiger Tracheal-
ring, Ta Knorpelhorn, II zweiter unselbständiger Trachealring, 1 erster selb-
ständiger Trachealring.
Fig. 71. Ringknorpel und Anfang der Trachea (ventrale Ansicht). p pro-
cessus anterior inferior, fv fontanella ventralis, ! lamina cricoidea.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 525
Die großen und derbwandigen Aryknorpel besitzen eine ziem-
lich tiefe fossa musculi constrietoris (Fig. 70). Ihre Spitzen werden
von dem breiten processus anterior inferior (pi) etwas überragt.
Der schmale und ziemlich derbwandige Ringknorpel (b) läuft ventral
in eine lange schmale lamina (Fig. 71; 2) aus, die ihren Anfang
hinter den beiden sehr großen fontanellae ventrales nimmt. In
sie münden die beiden ersten Trachealringe (I, II). Zwischen
diesen beiden Trachealringen geht von der linken Seite der lamina (7)
ein Knorpelhorn (I, a) aus, das lateral und dorsal denselben Ver-
lauf wie ein Trachealring nimmt, also morphologisch einem solchen
gleichwertig ist. Es fehlt ihm jedoch sein Gegenüber, weshalb ihm
die Bezeichnung Trachealring nicht beigelegt werden soll. Auf
der dorsalen Wandung des Ringknorpels kennzeichnet sich eine
breite fontanella (/d), die sich, nach hinten schmal zulaufend, mit
dem trachealen Bindegewebszug verbindet. Die Übergangsstelle
von Kehlkopf und Trachea besitzt nur eine schwache Einschnürung.
Im Ringknorpelinnern ist keine crista vorhanden, während
die Stimmbänder in mittlerer Größe entwickelt sind.
Chamaeleon parsoni Cvv.
Diese Form, dessen d zwei knöcherne Schnauzenhörner be-
sitzt, hat einen hohen Helm und erreicht eine bedeutende Größe.
Fig. 72. V=!$. Ch. parsoni. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht).
a Stellknorpel, 5b Ringknorpel, ce m. constrietor, d m. dilatator, / fontanella
dorsalis, kw Knorpelwulst.
Das 9 kann eine Länge von 570 mm erreichen. Das zur Be-
arbeitung vorliegende oO mißt von der Schnauzenspitze bis zum After
203 mm.
Der ziemlich flache, lateral aufgetriebene Kehlkopf dieser großen
Art ist relativ außerordentlich klein. Sein Trachealwinkel beträgt
135°. Die Größe der Muskulatur ist normal. Hervorzuheben ist,
35*
526 GUIDO GERMERSHAUSEN.
daß der m. dilatator (Fig. 72; d) weit über den Zug des m. con-
strictor (c) hinübergreift und mit seiner dorsalen Partie sich nahezu
an die Basis der Stimmritze ansetzt. z
Die großen und derbwandigen Aryknorpel (a) besitzen eine
breite, ziemlich flache fossa musculi constrietoris. Sie nehmen dorsal
eine breite Fläche ein und biegen mit ihrem schaufelförmigen Basal-
rande ventral rechtwinklig nach vorn ab, zwischen sich dem langen,
schmalen processus anterior inferior Raum gebend, der die Spitzen
der Stellknorpel weit überragt. Der zu den Aryknorpeln im normalen
Größenverhältnis stehende Ringknorpel ist blasig aufgetrieben und
besitzt nach vorn umgeschlagene Seitenränder. Die so gebildete
Vorderwand besitzt einen großen introitus cricoideus, der von den
Aryknorpeln vollkommen überdeckt wird. Ein dem Knorpel typisches
Merkmal besteht in einer dorsal liegenden, großen herzförmigen
fontanella (f), die von einem starken, breiten Knorpelwulst (kw)
eingerahmt ist und nach hinten in eine schmäler werdende Ver-
längerung ausläuft, die sich noch auf die Trachea bis zum vierten
Bindegewebsringe erstreckt. Ein Luftkröhrenkrahn und ein Kehl-
sack sind weder ausgebildet noch angelegt. Es fehlt sogar die
lamina cricoidea und mithin auch ein unselbständiger Trachealring.
Die im Ringknorpelinnern vorhandenen ausgedehnten diverticula
sind durch keine crista getrennt. Auch fehlen die Stimmbänder.
Chamaeleon jacksoni subsp. vauerescecae Torn.
Ch. jacksoni subsp. vauerescecae erinnert in seiner Gestalt an
Ch. johnstoni, da es wie dieses auch ein Rostralhorn und zwei
Praeorbitalhörner besitzt; auch fehlen ihm die Oceipitallappen
gänzlich.
Der Kehlkopf ist im Verhältnis zur Größe des Tieres klein,
dorsi-ventral stark abgeplattet, seitlich blasig aufgetrieben und
bildet einen Trachealwinkel von 135°". Die Aryknorpel sind im
Vergleich zum Ringknorpel groß uud mit starker Einbuchtung für
den m. constrictor versehen. Sie sind an ihrem dorsi-medialen
Zusammentritt durch eine längslaufende Bindegewebsnaht fest unter-
einander und durch eine quere Bindegewebsnaht fest mit dem Ring-
knorpel verwachsen, während sie lateral und ventral diesem Knorpel
locker aufliegen. Der Ringknorpel ist relativ klein, abgeplattet
und kurz. Die diverticula cricoidea sind gut ausgebildet und treten
auch im Ringknorpelinnern sehr deutlich in die Erscheinung, trotz-
dem eine crista cricoidea vollkommen fehlt. Ebenfalls fehlt auch
der bei den meisten Chamaeleonen vorkommende processus anterior
inferior. Die nach hinten verlaufene lamina verbindet sich mit
SEELE EWIGEN ZEN m
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 597
den drei ersten Trachealringen, die daher als unselbständig zu be-
zeichnen sind. Die Stimmbänder sind in normaler Größe vorhanden.
Chamaeleon montium BüvcHH.
Diese Art, von der die männlichen Tiere eine Länge von 240 mm
erreichen, zeichnet sich äußerlich aus durch zwei Praeorbitalhörner
im J Geschlecht und einen hohen Rücken- und Schwanzflossensaum,
der beiden Geschlechtern eigen ist.
Der blasenförmige Kehlkopf bildet mit der Trachea einen fast
gestreckten Winkel. Die Muskeln sind groß und derb. Die Ary-
knorpel sind ziemlich groß und dick. Demgegenüber ist die Wandung
des Ringknorpels dünn, besonders die durchsichtige ventrale Partie.
Dies erklärt sich aus dem Fehlen der crista cricoidea im Ring-
knorpelinnern. Kehlsack und Luftröhrenkrahn sind nicht vorhanden.
Die ersten beiden Trachealringe sind unselbständig, da sie mit der
ebenfalls äußerst dünnwandigen lamina des Ringknorpels ver-
wachsen sind.
Die diverticula cricoidea sind klein, ihre Wandung etwas derber
als an den übrigen Stellen des Ringknorpels. Die Stimmbänder
sind mäßig stark entwickelt.
Chamaeleon tenuis MTscH.
Ch. tenuis ist eine sehr kleine Art, die die Länge von 200 mm
nicht erreicht. Das vorliegende sehr jugendliche Stück hat die
Länge von 50 mm. Der Bau des Kehlkopfes scheint noch nicht
seine höchste abgeschlossene Entwicklungsstufe erreicht zu haben,
die durch Verknorpelung jetzt noch lockerer Bindegewebsmasse
stattfindet.
Der Trachealwinkel des ohne tiefere Einschnürung in die Luft-
röhre übergehenden Kehlkopfes ist fast ein gestreckter. Die
Muskulatur ist in mittlerer Größe entwickelt. Die ventralen Ansatz-
stellen des m. constrietor liegen weiter auseinander als es die Norm
ist. Der Muskel selbst ist etwas dorsal verlagert und umschliebt
die Seitenwandung der Stellknorpel vollkommen.
Die Aryknorpel sind derbwandig und relativ groß. Der kleine
dünnwandige Ringknorpel trägt auf seiner dorsalen Wandung eine
große Fontanelle, von der wie bei Ch. pardalis ein kurzer medianer
_ processus anterior superior über dem introitus liegt. Auf der
ventralen Wandung liegt ein sehr großes ovales Fontanellenpaar.
Die schmale lamina verbindet sich mit dem I. Trachealring. Dieser
ist durch eine schräg verlaufende Knorpelbrücke mit dem zweiten
Trachealring verbunden. Allem Anschein nach handelt es sich hier
528 GUIDO GERMERSHAUSEN.
um eine individuelle Bildung, der absolut keine morphologische Be-
deutung beizumessen ist, zumal sich bei jugendlichen Tieren derartige
Verknorpelungen im Laufe des Wachstums abändern, wie uns dies
bei Ch. damaranus entgegentritt. Der zarte processus anterior
inferior überragt nur wenig die Spitzen der Aryknorpel. |
Der introitus cricoideus ist groß. In seinem Innern sind crista
und Stimmbänder nicht vorhanden.
Chamaeleon willst GÜNTHER.
Es gehört zu den kleineren Formen der Gruppe, das es nur
eine Länge von 165 mm erreicht. Das zur Bearbeitung vorliegende
Stück ist 65 mm lang.
Ch. willst gehört zu den Formen, deren Kehlkopf die primitivsten
Verhältnisse aufweist. Er bildet mit der Trachea einen gestreckten
Winkel. Die in normaler Größe vorhandene Muskulatur ist nach
vorn verlagert, die Aryknorpel seitlich bedeckend. Diese sind sehr
groß und nehmen die ganze vordere Hälfte des Kehlkopfes ein
Der Ringknorpel ist dünnwandig, kurz, breit, besitzt einen sehr
sroßen introitus und ist im Verhältnis zu den Aryknorpeln klein
zu nennen. Er ermangelt nicht nur eines Luftröhrenkrahnes und
Kehlsackes, sondern auch einer lamina. Ein in beträchtlicher Länge
und Stärke vorhandener processus anterior inferior überragt die
Aryknorpel. Im Ringknorpelinnern ist weder das Vorhandensein
einer crista noch der Stimmbänder nachweisbar.
Chamaeleon gallus GÜNTHER.
Diese sehr seltene und kleine Form erreicht nur die Länge
von 102 mm. Das vorliegende weibliche Stück ist 44 mm lang.
Bei der Kleinheit und Beschaffenheit des Materials beschränkt
sich die Beschreibung auf den wichtigsten Bestandteil des Kehl-
kopfes, den Ringknorpel (Fig. 73), der, eine primitive Bildung auf-
weisend, genaue Anhaltepunkte über die Bildung des Kehlkopfes
durch die Trachealringe abgibt. Die primitiven Charaktere des
Kehlkopfes bei Ch. gallus sind die folgenden. Der Kehlkopf ist
nach keiner Richtung hin blasig aufgetrieben und hat an seiner
UÜbergangsstelle zur Trachea keine Einschnürung. Der Ringknorpel
ist sehr dünnwandig und durch zwei Paare fontanellae ventrales
(Fig. 73; fj, fs) in drei Regionen (T,, Ts, T;) eingeteilt, von der
jede auf einen Trachealring zurückzuführen ist. Aus den vor-
liegenden Verhältnissen ist nun folgendes zu ersehen. Die drei
ersten Ringe der Luftröhre haben sich ventral sowohl als auch
lateral verbunden, indem die zwischen ihnen gelegenen Bindegewebs-
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 5929
ringe verknorpelt sind. Reste dieser Bindegewebsringe bilden die
fontanellae ventrales uud die gewöhnlich langgestreckte, schlitz-
förmige fontanellae dorsalis. Bei fortgeschrittener Entwicklung
werden die fontanella kleiner und verknorpeln mehr und mehr, bis
Fig. 73. V=5$. Ch. gallus. Ringknorpel und Anfang der Trachea (ventrale
Ansicht).
b,Ringknorpel, Tı erste Partie, hervorgegangen aus dem ersten ursprüng-
lichen Trachealringe, 7, zweite Partie, hervorgegangen aus dem zweiten
ursprünglichen Trachealringe, 7, dritte Partie, hervorgegangen aus dem
dritten ursprünglichen Trachealringe, tı, te, is die ersten drei selbständigen
Trachealringe, fı, f2 erstes und zweites Fontanellenpaar.
sie ganz schwinden. Sie sind es also, die in erster Linie die Mittel
an die Hand geben, den Grad der fortgeschrittenen Entwicklung
des Kehlkopfes zu bestimmen. Im Ringknorpelinnern sind weder
crista noch Stimmbänder vorhanden. Auch ist eine Vorderwand
des Ringknorpels nicht ausgebildet.
Chamaeleon johnstoni BL6R.
Der Kehlkopf dieser Art zeigt schon in seiner äußeren Gestalt
‚große Verschiedenheit von dem anderer Chamaeleonen (Fig. 74).
Fig. 74. V=%. Fig. 75. V= 2%. Fig. 76. V=2%.\
Fig. 74. Ch. johnstoni. Kehlkopf, Größenvergleich der Knorpel (dorsale An-
sicht). a Stellknorpel, b Ringknorpel, f fossa. .
Fig. 75. Ringknorpel (dorsale Ansicht). p processus anterior inferior.
Fig. 76. Ringknorpel und Anfangsteil der Trachea (ventrale Ansicht). !lamina
cricoidea, f fontanella ventralis, tı, fs, ts die ersten drei unselbständigen
Trachealringe.
530 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Er hebt sich ‚weniger stark von der Luftröhre ab, denn er bildet
mit seiner Längsachse zu der Trachea einen Winkel von ungefähr
150°, hat sich also schon wesentlich einem gestreckten Winkel ge-
nähert; ferner ist seine Auftreibung eine sehr geringe.
Die Stellknorpel (a) erreichen eine bedeutende Größe. Das
Knorpelpaar in seiner Gesamtheit, das fest miteinander und dorsal
fest mit dem’ Ringknorpel (db) verbunden ist, erreicht fast die Größe
des letzteren. Mit eigentlichen Lippenkegeln sind sie nicht ver-
sehen, wohl aber sind sie mit wulstig gekräuselten Schleimhautfalten
überzogen, die, von innen herauskommend, sich über die Knorpel
legen. Die Außenwandung der Aryknorpel besitzt eine tiefe und
weitausgebuchtete fossa musculi constrictoris (f). Die Muskulatur
ist in Verlauf und Größe normal.
Die Aryknorpel, die dorsal eine feste Verbindung miteinander
eingehen, sind ventral vollständig durch den breit auslaufenden
processus anterior inferior (p) des Ringknorpels voneinander ge-
trennt, sodaß die m. constrietores, die in ihrem sonstigen Verlauf
aufs engste den Aryknorpeln angelegt sind, ventral direkt auf dem
processus zusammentrefien. Der Ringknorpel selbst erreicht bei
weitem nicht die Größe desjenigen von Ch. dilepis. Er besitzt in
seiner äußeren Gestalt auch ein anderes Aussehen, indem er mehr
die Form eines Ringes angenommen hat und einem sehr breiten
Trachealringe gleichkommt (Fig. 75, 76). Ventral nach vorn ent-
sendet er den breiten, flachen processus anterior inferior (p). Aus
der Gestalt und Kleinheit des Knorpels ist es zu erklären,
daß er nicht allein den Innenraum des Kehlkopfes bilden
kann, sondern nur in Gemeinschaft mit den großen Ary-
knorpeln. Diesem Innenraum fehlt die scharfe Abkammerung in
eine linke und rechte Hälfte, wie bei Ch. dilepis, da erstens die
crista cricoidea fehlt, und zweitens der Kehlkopf einer blasigen
Auftreibung ermangelt, die immer ein wesentlich formgebender
Faktor für eine Abkammerung in diverticula bildet. Die schmale
und sehr lange lamina (Fig. 76; 7) verbindet sich mit den drei ersten
Trachealringen (tj. to, tz). Stimmbänder fehlen.
Zusammenfassung.
Wie schon in der Einleitung angedeutet wurde, sind wir in
der Lage, die vorliegenden untersuchten Chamaeleonen-Arten nach
dem Grade der Entwicklung ihres Larynx in eine bestimmte Reihen-
folge zu bringen. Wir haben diese Reihenfolge bisher schon in-
sofern berücksichtigt, indem wir sie bei Beschreibung des Kehl-
kopfes der einzelnen Arten innegehalten haben und so von den
ED Pen 4
vn U 1 = ”
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 53]
höchstentwickelten Zuständen zu den primitiveren herabgeschritten
sind. Innerhalb dieser Reihenfolge lassen sich nun durch Zusammen-
fassung gemeinsamer Merkmale bestimmte Gruppen aussondern.
Dies soll die nachstehende Tabelle veranschaulichen, in der gezeigt
ist, daß die besprochenen Arten gemäß dieser speziellen Anatomie
des Larynx in fünf Gruppen, die jede durch den Besitz gemein-
samer Kennzeichen ins Auge fallen, gesondert werden können.
Wir wenden uns daher zuerst der Frage zu: worin bestehen
die Kennzeichen eines hochentwickelten Larynx und eines solchen
auf primitiverer Entwicklungsstufe stehenden? Wenn wir die Ent-
wicklung des Kehlkopfes betrachten, wie sie uns in der gesamten
Wirbeltierreihe entgegentritt, und sie zugleich auf die Chamaeleonen
in Anwendung bringen, so können wir diese Entwicklung nach.
dreifacher Richtung hin kennzeichnen. Sie macht sich bemerkbar
erstens in einer Absonderung des Kehlkopfes in seiner Gesamtheit
von der Trachea, zweitens in der gesteigerten Entwicklung des
Ringknorpels, die sich kenntlich macht in seiner Größe und Ab-
geschlossenheit gegenüber den Aryknorpeln, und drittens durch das
Vorhandensein sekundärer Bildungen.
Die Absonderung von der Luftröhre vollzieht sich bei den
Chamaeleonen durch die blasige Auftreibung des Kehlkopfes und
seine Winkelstellung zur Trachea. Diese Winkelstellung tritt am
stärksten bei den in der Tabelle gekennzeichneten ersten beiden
(Gruppen hervor, wo der Winkel sehr häufig 90° beträgt oder etwas
darüber. Nur zwei Arten von den 18 in beiden Gruppen vorhan-
denen, Oh. damaranus Buer. und Ch. pumilus Daun. haben einen
gestreckten Winkel. Die blasige Auftreibung tritt, wie im Laufe
der Untersuchung gefunden wurde, in lateraler und dorsaler Richtung
auf, nie in ventraler; die ventrale Wand des Kehlkopfes ist stets
eine breite, flache Platte; eine Aufwölbung der lamina cricoidea
tritt in einer Ausnahme (Ch. cephalolepis GÜNTHER) nur auf tra-
chealem Gebiete auf. Die blasige Auftreibung, die meist noch
durch Einschnürung an der Übergangsstelle zur Trachea hervor-
gehoben wird, vollzieht sich stets am Ringknorpel und veranlaßt
die Bildung der im Ringknorpelinnern gekennzeichneten diverticula
ericoidea. Es ist daher der Ringknorpel bei den höher ent-
wickelten Ohamaeleonen, wo er im Vergleich zum kleiner
bleibenden Aryknorpel in mächtiger Größe auftritt, das
formgebende Element des Kehlkopfes. Die Tabelle gibt ein
Größenverhältnis der beiden Knorpelarten an und zeigt, dab in
den ersten beiden Gruppen die Aryknorpel in ihrer Gesamtheit
fast immer relativ kleiner als der Ringknorpel sind. In Gruppe V
532 GUIDO GERMERSHAUSEN.
zeigt sich meist das Gegenteil. Einen weiteren Maßstab für die
Entwicklung bietet die Dicke der Wandung des Ringknorpels im
Vergleich mit der des Aryknorpels und dem damit in Verbindung
stehenden Fehlen oder Vorhandensein von Fontanellen. Das Be-
stehen großer fontanellae ventrales, die den Rest früher
vollkommen geschlossener Bindegewebsringe repräsen-
tieren, stellt einen primitiven Charakter dar. So finden sich
dieselben besonders groß und oft in zwei Paaren vor bei den Arten,
die in Gruppe IV und V untergebracht sind, z. B. bei Ch. gallus,
Ch. johnstoni, Oh. wiedersheimi. Bei sehr primitiven Stadien liegen
sie weit nach vorn und entsenden laterale Ausläufer, die sich um
so höher erstrecken, je weiter nach hinten die Fontanellen zu liegen
kommen. Bei den Formen insbesondere der Gruppe I hat die Ver-
knorpelung des Ringknorpels weitere Fortschritte gemacht, indem
die Wandung dicker geworden ist und an Derbheit der des Aıry-
knorpels teilsweise gleichkommt. Die fontanellae ventrales sind
hier sehr klein und bei einigen Formen kaum noch wahrzunehmen.
Die Differenzierung im Ringknorpelinnern wird außer durch
die diverticula cricoidea noch durch die crista cricoidea und durch
die Stimmbänder hervorgehoben. Erstere ist bei den meisten
Formen vorhanden, fehlt jedoch den Formen der Gruppe V. Die
Stimmbänder sind besonders gut in der Gruppe I und II ausgebildet.
Sie können jedoch auch in letzterer schon fehlen (Ch. goetzei). In
(sruppe IV und V finden sich häufiger Tiere ohne Stimmbänder.
Als hauptsächlichste Bildung sekundären Charakters besteht
am Kehlkopf ein Luftröhrenkrahn und ein Kehlsack. Beide Bil-
dungen zusammen finden sich unter den 49 untersuchten Arten nur
bei 7 Arten vor. Einen Kehlsack ohne Luftröhrenkrahn besitzen
außerdem 8 Arten. Ein Kehlsack ohne tracheale Eintrittsöffnung,
also ein blinder Sack, ist bei einer Art vorgefunden (Ch. owent).
Das häufige Vorkommen der Chamaeleonen aus der dilepis- und der
vulgaris-Gruppe erklärt den Irrtum einiger Anatomen, bei sämtlichen
Arten das Bestehen eines Kehlsackes anzunehmen. In Gruppe I
finden sich durchweg große Kehlsäcke, und von den 10 Arten be-
sitzen 6 einen wohlausgebildeten Luftröhrenkrahn. In der Gruppell,
die sich aus 8 Arten zusammensetzt, besitzt nur eine von 6 mit
Kehlsack ausgestatteten Arten einen ausgebildeten Luftröhrenkrahn.
Bei allen anderen einen Kehlsack führenden Tieren ohne Luft-
röhrenkrahn besteht die tracheale Kommunikation in einer oder
zwei Öffnungen. Bestehen zwei Öffnungen, so ist die erste eine
rundliche, gewöhnlich in einem Verschmelzungselement von lamina
und I. Trachealring liegende, die zweite ist von Gestalt eines Quer-
I a A a rn
»
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 533
schlitzes, der zwischen zwei Trachealringen liegt und eine Durch-
brechung des zwischen diesen Ringen liegenden Bindegewebsringes
darstellt. Die Formen der III, IV. und V. Gruppe besitzen weder
einen Kehlsack noch irgendeine tracheale Bildung, die auf die
Anlage eines Luftröhrenkrahnes weisen könnte.
Indem ich diese Arbeit, die im Zoologischen Institut der Uni-
versität ausgeführt wurde, abschließe, sei es mir gestattet, meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimen Regierungrat Professor Dr.
F. E. ScHuzze, meinen ehrerbietigsten Dank auszusprechen für die
wohlwollende Förderung dieser Arbeit durch Gewährung eines
Arbeitsplatzes, der Benutzung der Materialsammlung zu anatomischen
Studien, der bibliographischen und technischen Einrichtungen des
Institutes. Ferner schulde ich Herrn Professor Dr. BRAvER und
Herın Professor Dr. Tornıer großen Dank für die Überlassung des
Tiermaterials aus der herpetologischon Sammlung des zoologischen
Museums; letzterem Herrn sowie Herrn Professor Dr. DEEGENER bin
ich für manchen guten Rat im Interesse der Arbeit zu aufrichtigem
Danke verpflichtet.
Inhaltsübersicht.
Seite
Ei ne ne 462
ee ee ae ein 463
Material und Untersuchungsmethode . . . - - - 2 Er #y SAG8
Allgemeine Anatomie des Larynx ....: 2:22. Be 5
Beer BenIkapien 2 ea ae rn. 1
Bee Bes Kehlkoplese Nr nennen. ne. 473
Bandes Behlkopfes fan ne. ee
Duemeenkzahn und Behblsack 2:03 ....2 wann... 477
see ea Baneknorpels nr. en. EEE I
Spezielle Anatomie des Larynx von
ERammelenn lee une. ne een. |
F dlemns subsn. Kopeke BL@B._ : . 2: .. 2.2... 483
Be ee ES 483
= Erashe Hayws en. a. 12 EEE
4 ee Men ern . 485
= a en 486
” a I A N a 487
5 ee Se IE Er Er ee . 487
pr semicristatus BOETTE.. - = : > > 2 22 2m nm nn. 488
5 ea ee 491
= A Pe Bone EEE er 493
5 RE ee 495
2 N EEE Fe ee a
’
634 GUIDO GERMERSHAUSEN.
Chamaeleon goetzei ToRN. ». »". = 2... m 2 2 ke
a damaranus BLER. = » 2. wu
R4 pumäilus DauD: . .. 2 un m
, tateralis YÜRAT» 2.2 u eo Are
2 Owent GBAY.. a. eier
” quadricornis ToBN. :.. =... u 2 u u 2 22 A
2 bitaeniatus subsp. elioti GÜNTHER » . .» : . 2 2...
N minor GÜNTHER + su de en
\ bitaeniatus subsp. graueri Sruskens a
„ cephalolepis GÜNTHER . . . .» ...
+ pardalis GuV. . 2.2.0 0 un ae
r guenthert BLaR-.. mL. nee
I: gastrotaenia BLER. . . . . N N.
H oshaughnessyi GÜNTHER... 2.2 We ee
2 tavetensis SIND. . . ... N EA
. deremensis MrscH.. „rn a
hr fuelleborni, TOBN. 1.2.2 Je. Say Wa
s; affinis Rüpp; \...- Warn „U un, Var
H bitaemiatus subsp. hoeneli SıxD..
werhier Tori ns LE we
B bitaeniatus subsp. bitaeniatus J. G. Fr
hi scenorhinus .BLER. x 5... u nur an. Sum
x eristatus-SWUECHB, +... wu. ee
E wiedersheimi NIEDEN- #.-» 2.2... 0 2 a nun Se ;
e; fiöcheri -BoaWen, Au a ne A ee
2 bifidus. BRONGN.- .2 ion es ae a
“ brevicornis GÜNTHER . sun ea 8 Sa I
z follax: ;Moca: - „u Ne a
a Yarsemı COY. 3 nr, Eh ea ae ae a
% jacksoni subsp. vauerescecae ToRN.. ... m 1. nern
X monttum BUcHB, 2. ET un
2 tenwis MTSCH." .. 2 20 ee ee a
u willst GÜHTBER 2 WR
Z gallus "GÜNTEERT Ir 1. nr ee .
“ johnstoms BLEB. ..:: vn unan nk ee a
Zusammenfassung . . “=: 4.%..-" 0... a Veen le
Literatur.
BepvaArDp, F., Contributions to the knowledge of the Systematic Arrangement
and Anatomy of certain Genera and ‚Species of Squamata. — P. zool.
Soc. London 1907 p. 35.
ÖUuvier, Vorlesungen über vergleichende Anatomie. — Leipzig 1810 v. 4 p. 386.
Duzois, E., Zur Morphologie des Larynx. — Anat. Anz. I 1886 p. 178 u. 225.
EHLERS, R, Beiträge zur Kenntnis des Gorilla und Schimpanse. — Abh. Ges.
Göttingen v. 28 1881 p. 3-77. |
GEGENBAUR, CARL, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. Leipzig 1901 v. 2
p. 276.
Hexe, J., Vergleichend-anatomische Beschreibung des Kehlkopfes mit be-
sonderer Berücksichtigung des Kehlkopfes der Reptilien. Leipzig 1839
p. 38 u. 39 t. IX fig. 55—59.
Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 535
Heymann, P., Was nennen wir wahres Stimmband? — D. med. Wochenschr.
1890 nr. 4 p. 68.
Horrmann, C. K., Bronns Klassen und Kane des Tierreichs 1890 v. VISII
1028.
in. J., J. Houston über den Mechanismus der Zunge des Chamaeleons.
— Isis 1832 p. 623 t. XII fig. 1—6.
LEDDERHOsE, G., Über einen Fall von rechtsseitiger Kehlsackbildung. — D. Z.
Chirurgie v. 22 1885 p. 206.
MaAyER, A. F. J. C., Analekten für vergleichende Anatomie. Bonn 1835 v. 1
p. 42, 43 u. 44.
Mayer, C., Über den Bau des Organs der Stimme. — N. Acta Ac. Leop.
v. XXIU fase. II.
Mecke, J. F., D. Arch. Physiol. v. 5 1819 p. 230.
MeckEL, J. F., System der vergleichenden Anatomie v. VI 1833.
Mecker, J. F., Über das Respirationssystem der Reptilien. — D. Arch. Physiol.
Halle und Bern v. 4 1818 p. 78,
Mıranı, A., Beiträge zur Kenntnis der Reptilienlunge. — Zool. Jahrb. Anat. VII
1894 p. 545 t. 30—32.
NIEDEn, F., Die Fauna der deutschen Kolonien. I fasc. 2. Berlin 1910.
Orro, M., Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Glandula thyreoidea und
thymus der Säugetiere. Nebst Bemerkungen über die Kehlsäcke von
Lemur varius und Troglodytes niger. — Ber. Ges. Freiburg X p. 33—90, 8 fig.
Rüpıger, N., Über ungewöhnlich weite Morgagnische Ventrikel. — Monatsschr.
Ohrenheilk. 10. Jahrg. 1876 nr. 9 p. 126.
ScLavuxos, G., Über die Ventrikularsäcke des Kehlkopfes beim erwachsenen
und neugeborenen Menschen sowie bei einigen Affen. — Anat. Anz.
1904 XXIV p. 511—523 u. 652, 12 fig.
SIEBENROCK, FRIEDRICH, Über den Kehlkopf und die Luftröhre der Schildkröten.
— SR. Ac. Wien 1879 v. 108 fasc. 7 p. 563—595 t. I u. 11.
ScaHuLze, F. E., Die Lungen. — Strickers Handbuch der Lehre von den Ge-
weben v. 1 1870 p. 464—488.
ScHULzE, F. E., Proximal und distal. — Zool. Anz. v. 33 p. 620—624.
Stannıus, Handbuch der Zootomie. v. 2 Zootomie der Amphibien 2. Aufl.
Berlin 1856 p. 206.
STERNFELD, R., Der Formenkreis des Chamaeleon bitaeniatus. — S.-B. Ges.
naturf. Fr. Berlin Nr. 7 1912 p. 379—414, 4 t., 35 fig.
Torsıer, G., Bau und Betätigung der Kopflappen und Halsluftsäcke bei
Chamaeleonen. — Zool. Jahrb. Anat. 1904 p. 1—40 t. 1 u. 2.
Terevıranus, G. R, Erscheinungen und Gesetze des organischen Lebens.
Bremen 1831 v. 1 p. 253.
Tervıranus, G. R., Über den Kehlkopf der Reptilien. — Beobachtungen aus
der Zootomie Bremen 1839 p. 85, 86 u. 87 t. XII fig. 79.
WERNER, F., Beiträge zur Anatomie einiger seltener Reptilien mit besonderer
Berücksichtigung der Atmungsorgane. — Arb. Inst. Wien v. 19 1911
p. 373—424.
Werner, F., Über die Aufblähbarkeit des Körpers beim fliegenden Drachen
(Draco) und der Hinterhauptslappen bei Ch. dilepis. — Zool. Anz. v. 39
p. 523.
WERNER, F., Chamaeleontidae. — Tierreich v. 27. Berlin 1911.
WIEDERSHEIM, R., Das Respirationssystem der Chamaeleoniden. — Ber. Ges.
Freiburg v. 1 (1886) p. 1—15 t. II fig. 1—8.
536 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.
Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.
Im Austausch:
Sitzungsberichte d. kgl. preußischen Akad. d. Wiss. zu Berlin. 1912,
No. 39—53; 1913, No. 1—40. Berlin 1912 u. 1913.
Abhandlungen d. kgl. preußischen Akad. d. Wiss. zu Berlin 1912;
1913, No. 1. Berlin 1912 u. 1913.
Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum in Berlin. Vol. 6, H.3.
Berlin 1913.
Bericht über das Zoologische Museum zu Berlin im Rechnungsjahr
1912. Halle a. S. 1913.
Mitteilungen d. Deutschen Seefischerei-Vereins. Vol. 29, No. 1—12,
Berlin 1913.
Verhandlungen des botanischen Vereins der Provinz Brandenburg.
Vol. 54, 1912. Berlin 1913.
Naturwiss. Wochenschr. N. F. Vol. 12, No. 1—52. 1913.
Berliner Entomolog. Zeitschr. Vol. 57, H.3 u. 4; Vol. 58, H. 1u. 2.
Berlin 1913.
Entomologische Mitteilungen. Vol. 2, No. 1—12. Berlin 1913.
Mitteilungen aus d. Zool. Station zu Neapel. Vol. 20, H. 9; Vol. 21,
H. 1, 4, 5. Berlin 1913.
Veröffentlichungen des Königl. Preußischen Geodätischen Institutes.
N. F. No. 58. Berlin und Potsdam 1913.
Bericht über die Tätigkeit des Zentralbureaus der internationalen
Erdmessung im Jahre 1912. Berlin 1913.
Naturae Novitates. Herausgeg. von R. Friedländer u. Sohn. 1913.
No. 1—24. Berlin 1913.
Helios. Organ des Naturwissenschaftl. Vereins des Regierungsbezirks
Frankfurt (Oder). Vol. 27. Berlin 1913.
Sitzungsberichte, herausgeg. vom Naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande
u. Westfalens.. 1912. 1. u. 2. Hälfte. Bonn 1913.
Verhandlungen d. naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westfalens.
Jg. 69. 1. u. 2. Hälfte. Bonn 1913. j
17. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig
für die Vereinsjahre 1909/10, 1910/11, 1911/12. Festschrift zum
50 jährigen Bestehen des Vereins. Braunschweig 1913. |
Abhandlungen, herausgeg. vom Naturwissenschaftl. Verein zu Bremen.
Vol. 21, H. 2; Vol. 22, H.1. Bremen 1913. ER
Abhandlungen und Bericht LIII des Vereins für Naturkunde zu
Cassel. 74.—76. Vereinsjahr 1909—191z2. Cassel 1913.
34. Bericht des westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins.
Danzig 1912.
Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 537
Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge.
Bd. 13, H. 2 u. 4. Danzig 1912.
15.— 18. Bericht der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz.
Chemnitz 1904— 1912.
Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte in Donau-
eschingen. 13. H. Tübingen 1913.
Sitzungsberichte der Physikalisch-medizinischen Soecietät in Erlangen.
Vol. 39—41, 1907—1909; Vol. 44, 1912. Erlangen 1908—1910
u. 1913.
Nachrichtsblatt d. Deutschen Malakozool. Gesellschaft. Vol. 45,
H. 1—4. Frankfurt a. M. 1913.
43. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
H. 1—4. Frankfurt a. M. 1913.
Abhandlungen, herausgeg. v. d. Senckenbergischen Naturforschenden
Gesellschaft. Vol. 31,H. 2 u. 3; Vol. 34, H. 3. Frankfurt a. M.
1913.
Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
zu Gießen. Neue Folge. Naturwissenschaftl. Abt. Vol.5 (1913),
Medizin. Abt. Vel. 7 u. 8. Gießen 1911 u. 1913.
Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg.
66. Jahrg., 1. u. 2. Abt. Güstrow 1913.
Leopoldina. H. 49, No. 1—12, Titel u. Inhalt. Halle a. S. 1913.
Nova Acta. Abh.d. Kaiserl. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. der Natur-
forscher. Vol. 96, No. 2. u. 3; Vol. 98, No.1. Halle 1913.
Mitteilungen aus dem Naturhist. Mus. in Hamburg. Vol. 29, 2. Bei-
heft. Hamburg 1912. |
Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg 1911.
Hamburg 1912.
Abhandlungen aus dem Gebiet der Naturwissenschaften, herausgeg.
vom Naturwissenschaftl. Verein in Hamburg. Bd. 20, 1. H.
Hamburg 1912.
60.u.61. Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft zuHannover
über die Geschäftsjahre 1909/10 u. 1910/ll. Hannover 1912.
Verhandlungen des naturhist. mediz. Ver. zu Ber N. F. Vol.12,
H.2 u. 3. Heidelberg 1913.
Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen. N. F. Vol. 10, Abt. Hegoland,
H. 2; Vol. 15, Abt. Kiel. Kiel und Leipzig 1912 u. 1913.
Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein.
Bd. 15, H. 2. Kiel 1913.
Schriften d. physikal.-ökonom. Gesellsch. zu Königsberg i. Pr. Vol. 53.
Königsberg i. Pr. 1913.
538 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.
Mitteilungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Leipzig für das Jahr
1912. Leipzig 1913.
Sitzungsberichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig.
Vol. 39, 1912. Leipzig 1913. |
Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhisto-
rischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, H. 26. Lübeck 1913.
Bericht des Naturhistorischen Museums in Lübeck über das Jahr
1912. Lübeck 1913.
Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten
Naturwissenschaften zu Marburg. Jahrg. 1912. Marburg 1913.
Jahreshefte des naturwissenschaftlichen Vereins für das Fürstentum
Lüneburg. XIX, 1910—1913. Lüneburg 1913.
Verhandlungen der Ornitholog. Gesellschaft in Bayern. Vol. 11,
H. 2—4. München 1912 u. 1913.
40. Jahresbericht des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissen-
schaft und Kunst für 1911/12. Münster 1912.
Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg.
Vol. 18, H. 2; Vol. 20. Nürnberg 1913.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterländ. Naturk. in Württemberg. Vol. 69.
Stuttgart 1913.
Sitzungsberichte und Abhandlungen der naturforschenden Gesell-
schaft zu Rostock. Neue Folge. Vol. 1—4. Rostock 1909--1912.
Verhandl. des naturforsch. Vereines in Brünn. Vol. 50, 1911. Brünn
1912.
XXVII. Bericht der meteorologischen Commission des naturforschen-
den Vereines in Brünn. Brünn 1912.
Annales hist-natur. Musei Nat. Hungarici. Vol. 11, P.1. Budapest
1913.
Mitteilungen aus dem Jahrbuche der kgl. Ungar. Geolog. Reichsan-
stalt. Vol. 20, H. 2—7; Vol. 21, H. 1. Budapest 1912 u. 1913.
Jahresbericht der kgl. Ungar. Geolog. Reichsanstalt für 1910 u. 1911.
Budapest 1912 u. 1913.
Term6szetudomänyi Közlöny. Bd. 45, H. 569—592. Budapest 1913.
Ällantani Közlemenyek 1913, Vol. 12, H. 1-4. Budapest 1913.
Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark.
Vol. 49. Graz 1913.
Verhandlungen u. Mitteilungen d. Siebenbürg. Ver. f. Naturwiss. zu
Hermannstadt. Vol. 62. Hermannstadt 1912.
Jahrbuch des ungarischen Karpathen-Vereines. Vol. 40. Iglö 1913.
Carinthia. Vol. 102, No. 4--6; Vol. 103, No. 1—3. Klagenfurt 1913.
Mitteilungen aus der mineralogisch-geologischen Sammlung des sieben-
bürgischen Nationalmuseums. Vol. 1, No. 2. Kolozsvar 1913.
ß Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 539
En d. Akad. d. Wiss. in Krakau. Math.-naturwiss. Kl. 1912,
# No. 8b—10b; 1913, No. 1a— 8a. Krakau 1912 u. 1913.
Mus. Franeisco- Carolinum. TI. Jahresbericht. Linz 1913.
I. Bericht der Naturwissenschaftlichen Sektion des Vereines „Bota-
nischer Garten“ in Olmütz. Vereinsjahr 1910—1912. Olmütz
1913.
Sitzungsberichte der kgl. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften.
x Math.-Naturw. Cl. 1908 u. 1909. Prag 1910 u. 1911.
"Jahresbericht der kgl. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften f. d.
- Jahr 1908 u. 1909. Prag 1910 u. 1911.
Lese- und Redehalle d. deutschen Studenten in Prag. 64. Bericht.
1912. Prag 1913.
Lotos. Naturwissenschaftliche Zeitschrift, herausgeg. vom deutschen
naturwissenschaftlich-medizinischen Verein für Böhmen „Lotos“
| in Prag. Vol. 6, No. 1—10. Prag 1912.
"Annalen d. k. k. naturhist. Hofmuseums. Vol. 26, No.3 u. 4; Vol. 27,
No. 1-3. Wien 1912 u. 1913.
Verhandlungen d. k. K. zool.-bot. Gesellschaft in Wien. Vol. 62,
E No. 8-10; Vol. 63, No. 1—10. Wien 1912 u. 1913.
"Abhandlungen der k. k. zool.-bot. Gesellschaft in Wien. Bd. T,
H. 1—3. Wien 1912 u. 1913.
‚Beiträge zur Paläontologie und Geologie Osterreich-Ungarns und des
Orients. Mitteilungen d. Geolog. u. Paläontolog. Inst. d. Univ.
Wien. Bd. 26, H. 1 u. 2. Wien 1913.
‚Glasnik hryatskosa, Prirodoslovnoga DruStva. Societas scientiarum
croatica. God. 24, 4; 25, 1—3. Zagreb 1912 u. 1913.
Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. Vol. 23.
Basel 1912.
Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. N. F.
Vol. 54. 1912/13. Chur 1913.
Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Jg. 57, H. 1—4;
Jg. 58, H. 1 u. 2. Zürich 1912 u. 1913.
Vergaderingen d. Wis.- en Natuurk. Afd. Vol. 21, 1. u. 2. Hälfte.
Amsterdam 1912 u. 1913.
on. Akad. v. Wetensch. te Amsterdam. Verhandelingen, Sect. 1,
D. 11, No. 5 u. 6;. Sect. 2,.D..17, No. 3—6. Amsterdam 1911
u. 1912. |
Mededeelingen van’s Rijks Herbarium. No. 8—14 (1912). Leiden
1913.
Onderzoekingen verricht in het Zoölogisch Laboratorium der Rijks-
unviversiteit Groningen. No. 1 u. 2. Leiden 1909 u. 1911.
36
540 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher
Videnskabelige Meddelelser fra den naturhist. For i Kjöhenharn. x
Bd. 64 u. 65. Kopenhagen 1913.
Botanisk Tidskrift. Vol. 31, H. 3; Vol. 32, H.1; Vol. 33, H. 1-3,
Kopenhagen 1912 u. 1913.
Dansk Botanisk Arkiv. Vol. 1, No. 1-4. Kopenhagen 1913.
Geolog. Fören i Stockholm, Förhandlingar. Vol. 34, H.7; Vol. 35,
H. 1—6. Stockholm 1913.
Nova Acta Regiae Societatis Scientiarum Upsaliensis. Ser. 4, Vol. 3,
Fasc. 1. Upsala 1911—1913.
Aarsberetning vedkommende Norges Fiskerier for 1912, H. 3—6,
1913, HALL Bere IR Ei
Bergens Mus. Aarbok. 1912, H.1 u. 3, 1913, H.1u.2. Bergen 1912
n. 1933:
Bergens Mus. Aarsberetning for 1912. Bergen 1913.
An account of the Crustacea Ki: Norway. Vol. 6. Part Iu 2.
Bergen 1913.
Skrifter udgit av Videnskabs- Selskabet i Kristiania. Math. Nat.
Kl. 1912. 1. u. 2. Bd. Kristiania 1913.
Forhandlingar i Videnskabs-Selskabet i Christiania. Aar 1912.
Christiania 1913.
Stavanger Museum. Aarshefte for 1912. 23. Jg. Stavanger 1913.
Acta Societatis pro Fauna et Flora Fennica. 36. Helsingfors 1912.
Meddelanden af Societas pro Fauna et Flora Fennica. H. 39.
Helsingfors 1912.
(Gesellschaft Luxemburger Naturfreunde. Monatsberichte. N.F. Vol. 6.
Luxemburg 1912.
Acad. R. de Belgique. Bulletin de la classe des sciences. 1912, No. 12;
1913, No. 1—8. Bruxelles 1912 u. 1913.
Annuaire de l’Acad. R. des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts
de Belgique. Annee 79. Bruxelles 1913.
Memoires de la societe entomologique de Belgique. Vol. 21. Bruxelles
1912.
Annales de la Soc. entomol. de Belgique. Vol. 56, No. 12 u. 13;
Vol. 57, No. 1—11. Bruxelles 1913. j
Annales de la soci6te royale zoologique et malacologique de Belgique.
Vol. 47. Bruxelles 1913. |
Archives du Mus&um d’Hist. Nat. de Lyon. Vol. 11. Lyon 1912.
Annales de la Societe de Lyon. N. S. Vol. 59. Lyon 1912. ;
Annales de la Facult& des Sciences de Marseille. Vol. 21, Fasc. 1-3.
Marseille 1912 u. 1913. g
Annales scient. de l’universit& de Jassy. Vol.7, H.4. Jassy (Rumänien)
1913.
>
z
“
3
F
?
Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 541
Transactions of the Cambridge Philos. Soc. Vol. 22, No. 2 u. 3.
Cambridge 1913.
Proceedings of the Cambridge Philos. Soc. Vol. 17, P. 1-3. Cam-
bridge 1913.
Proceedings of tlie Royal Physical. Soc. Vol. 19, No. 1-4. Edin-
burgh 1913.
Proceedings of the Royal Soc. of Edinburgh. Vol. 32, P.5; Vol. 33,
P. 1—3. Edinburgh 1913.
The Glasgow Naturalist. Journ. of the Nat. Hist. Soc. of Glasgow.
Vol. 5, No. 2—4. Glasgow 1913.
Journal of the Royal Microscopical Soc. 1913, P. 1—5. London
1913.
Proceedings of the gen. meetings for scient. business of the Zool.
Soc. of London. 1913, P. 1—4. London 1913.
Reports of the couneil and auditors of the Zool. Soc. of London for
the year 1912. London 1913.
Transactions of the Zool. Soc. of London. Vol. 20, P.3 u. 4. London
1913.
Memoirs and Proc. of the Manchester Lit. and Philos. Soc. Vol. 57,
P. 1 u. 2. Manchester 1913.
Biblioteca Nat. Centr. di Firenze. Bolletino delle pubbl. ital. 1912,
No. 145—156, Index 1912. Firenze 1913.
Atti della Soc. Ligust. di Sci.-Nat. e Geogr. Vol. 23, No. 2—4.
Genova 1912.
Annali del Museo civico di Storia Naturale di Genova. Ser. 3a
Vol. 5 (45). Genua 1911.
Atti d. Soc. Ital. di Sci. Nat. e d. Mus. Civ. di Storia Nat., Milano.
Vol. 51, Fasc. 3 u. 4; Vol. 52, Fasc. 1. Pavia 1913.
Atti della Soc. dei Naturalisti di Modena. Ser. 4, Vol. 14, 1912,
Modena 1912.
Bolletino della Societa di Naturalisti in Napoli. Vol. 24. Napoli
1911.
Atti d. Soc. Toscana di Sci. Nat. Mem., Vol. 28, — Proc. verb.,
Vol. 22. Pisa 1912 u. 1913.
Atti della Reale Accademia dei Lincei. Jg. 310, 1913. Ser. B Rendic.
Cl. sei. fis., matem. e nat. Vol. 21, 2. Sem., Fasc. 11u. 12; Vol.22,
1. Sem., No. 1—12; 2. Sem., No. 1—11. Rendiconto dell’ adu-
nanza solenne del 1. giugno 1913 etc. Vol. 2. Roma 1912 u.
1913.
Bolletino dei Musei di Zoologie ed Anatomia comparata della R. Univ.
di Torino. Vol. 26, 1911, No. 645—664. Torino 1912.
Bulletin de l’institut Oceanographique. No. 253—275. Monaco 1913.
36*
549 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher her.
Resultats des campagnes scientifiques accomplies sur son yacht par
Albert I" prince souverain de Monaco. Fasc. XXX VII, XXXIX,
XL, XLIH, XLIV. Monaco 1913.
Trabajos del Museo de Ciencias Naturales de Madrid. No. 1
Madrid 1912. |
Naturforscher-Gesellsch. bei d. Univ. Dorpat. Sitzungsberichte. Vol.21,
H. 1—4; Vol. 22, H. 1 u. 2. Dorpat 1912 u. 1913. |
Schriften, herausgeg. v. d. Naturforscher-Gesellschaft bei der Univer-
sität Dorpat. XXI. Dorpat 1913.
Memoires de la Soc. des Naturalistes de Kieff. Vol. 23, Liefg. 13.
Kiew 1913. |
Bulletin de la Soc. Imp. d. Naturalistes de Moscou. Ann6e 1911, ji 4,
1912. Moskau 1912 u. 1913.
Acta Horti Petropolitani. Vol. 31, Fasc. 2; Vol. 32, Fasc. 1. St. Peters-
burg 1912 u. 1913.
Travaux du Musee Botanique de l’Acad&ämie Imperiale des Serena
de St. Pötersbourg. Vol. 10. St. Petersburg 1913.
Bulletin de !’Acad. imper. des sciences de St. Pötersbourg. Ser. 6,
1913, No. 1—18. St. Petersburg 1913.
Memoires de l’Acad&mie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg.
Vol. 30, No. 10, 12. St. Petersburg 1913.
Bulletins du Comite Geologique, St. P&tersbourg. Vol. 31, No. 3—8.
St. Petersburg 1912.
Memoires du Comit& G£olog., St. Pötersbourg. Nouv. Ser., Livr. 62, 65,
12, 74, 76, 78, 79, 86. St. Petersburg 1912 u. 1913.
Annuaire du Mus6e zoologique de l’Acad&mie imperiale des sciences
de St. Petersbourg. Vol. 16, No. 4; Vol. 17, No. 1—4; Vol. 18,
No. 1 u. 2. St. Petersburg 1911, 1912 u. 1913.
Faune de la Russie et des pays limitrophes fondee principalement
sur les collections du mus6&e zoologique de l’Acade&mie des sciences
imperiale de St. Petersbourg. Hydraires, Vol. 2, Liefg. 1.
Poissons, Vol. 3, Liefg. 1. Insectes Hemipteres, Vol. 3, Liefg. 1;
Vol. 6, Liefg. 1. St. Petersburg 1912 u. 1913.
Arbeiten der biologischen Wolgastation. Vol. 6, No.5. Saratow 1913,
Arbeiten des Botanischen Gartens in Tiflis. vol. 8, No. 1—3; Vol. 9
No. 1—8; Vol. 10, No. 1 u. 2; Vol. 11, No. 12.2 Vol. 12,
No. 1 u. 2. Tiflis 1906— 1913. R|
Univ. of California Publications. — Amer. Archeaol., Hithnology u 1
Ethnogr. Vol. 10, No. 4; Vol. 11, No. 1. Botany, Vol. 4, No. !
bis 18; Vol. 5, No. 1—5. Geology, Vol. 7, No. 3—12. Berkele
1912 u. 1913.
U FUEE FE,
Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 543
Proceedings of the American Acad. of Arts and Sciences. Vol. 47,
No. 22; Vol. 48, No. 8, 11—21; Vol. 49, No. 1—-7. Boston 1912
2 1313.
Museum of the Brooklyn Institute of Arts and Sciences. Science
Bulletin, Vol. 2, No. 1 u. 2. Brooklyn 1913.
Mus. of Comp. Zoöl. at Harvard Coll. Bulletin. Vol. 53, No. 10;
Vol. 54, No. 15—21; Vol. 55, No. 2; Vol. 57, No. 2. Cambridge
1913. — Memoirs, Vol. 36, No. 3; Vol. 40, No. 5—7; Vol. 44,
No. 1. Cambridge 1913.
Journal of the Elisha Mitchell Scient. Soc. Vol. 28, No. 3, 4; Vol. 29,
No. 1 u. 2. Chapel Hill 1912 u. 1913.
Bulletin of the Wisconsin Nat. Hist. Soc. New. ser. Vol. 10, No. 3 u. 4.
Milwaukee 1912 u. 1913.
Bulletin of the University of Montana. Register 1910—11 u. 1911/12.
Missoula, Mo. 1911 u. 1912.
Annals of the New York Academy of Sciences. Vol. 22, p. 161—423.
New York 1913.
Third biennial Report of the Board of Curators of the Louisiana
State Museum. New Orleans 1912.
Proceedings of the Amer. Philos. Soc. held at Philadelphia. Vol. 52,
No. 207—210. Philadelphia 1912 u. 1913.
Proceedings of the Acad. of Nat. Sci. of Philadelphia. Vol. 64, P. 5;
Vol. 65, P. 1 u. 2. Philadelphia 1913.
Transactions of the Wagner tree Institute of Seience of Philadelphia.
Vol. 7, Part 2. Philadelphia 1913.
Proceedings of the California Academy of Sciences. 4. Ser., Vol. 1,
p. 431--446; Vol. 3, p. 187—264. San Francisco 1912 u. 1913.
Transactions of the Academy of Science of St. Louis. Vol. 19,
No. 11; Vol. 20, No. 1—7; Vol. 21, No. 1—4; Vol. 22, No. 1—3.
St. Louis 1911—1913.
Missouri Botanical Garden. 23. Annual Report. St. Louis, Mo. 1912.
Bulletin of the Illinois State Laboratory of Natural History. Vol. 9,
Art. 6—10. Urbana, Ill. 1913.
Smithson. Inst. Annual. Rep. of the Board of Regents for the year
ending June 30, 1911. Washington 1912.
Smithson. Inst. U. S. Nat. Mus. Bulletin No. 65. Washington 1909.
Proceedings and Transactions of the Nova Scotian Institute of Science.
Vol. 12, Part 4. Halifax 1913.
Transactions of the Canadian Institute. Vol. 9, P. 3, No. 22. Toronto
1912.
University of Toronto Studies. Biol. Ser., No. 11. Toronto 1912.
544 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.
Memorias y Revista de la Soc. Sc. „Antonio Alzate“. Vol.31, No.7—12;
Vol. 32, No. 1—8; Vol. 33, No. 1—8. Mexico 1912 u. 1913.
Anales del Mus. Nacional de Historia natural de Buenos Aires..
Vol. 23. Buenos Aires 1912.
Estados Unidos de Venezuela. Gazeta de les Museos Nacionales.
Vol.1, No. 1—3, 5,7, 9,12; Vol.2, No.1—3. Caracas 1912u. 1913.
Boletim do Museu Goeldi (Museu Paraense) de Historia Natural e
Ethnographia. Vol. 7. Para 1913.
Boletin del Cuerpo de Ingenieros de Minas del Peru. No. 78 u. 79.
Lima 1913.
Verhandlungen des Deutschen Wissenschaftl. Vereins zu Santiago de
Chile. Vol. 6, H. 2 u. 3. Santiago 1912 u. 1913.
Festschrift des Deutschen wissenschaftlichen Vereins zu Santiago
zur Gentenarfeier der Republik Chile. Santiago de Chile 1913.
Annals of the South African Mus. Vol. 7, Titel u. Index; Vol. 10,
P.4—6; Vol. 11, P. 3—6; Vol. 12, P.1; Vol. 13, P. 1. London
1912 u. 1913.
Report of the South African Museum for the years ended 31°! De-
zember 1910, 1911, 1912. Cape Town 1913.
Journal and Proceedings of the Asiatie Society of Bengal. Vol. 6,
No. 12 u. Extra-No., Index; Vol. 7, No. 4—11 u. Extra-No.;
Vol. 8, No. 1—10. Memoirs, Vol. 3, No.5 u.7; Vol. 75, Part 1
u. 2. Caleutta 1912 u. 1913.
The Sarawak Museum Journal. Vol. 1, No. 1. Sarawak 1911.
Bulletin du Jardin botanique de Buitenzorg. 2. Ser, No. 1—12.
Buitenzorg 1911—1913.
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde
Ostasiens. Vol. 14, T. 1—3 nebst Suppl. Tokyo 1912 u. 1913.
Journal of the College of Agriculture Imperial University of Tokyo.
Vol. 1, No. 4; Vol. 2, No. 3; Vol. 4, No. 2—5; Vol.5, No.1u. 2.
Tokyo 1912 u. 1913.
New South Wales. Annual Report of the Dept. of Mines for the
Year 1912. Sidney 1913.
Australian Museum. Report of the Trustees for the year ended
30th, June 1912. Sidney 1912.
Als Geschenk:
Acassız, G. R., Letters and recollections of Alexander Agassiz with
a sketch of his life and work. London 1913.
Bishop», F. C. u. Woop, H. P., The biology of some North American
ticks of the genus Dermacentor. Parasitology, Vol. 6, 1913,
p. 153—187, Taf. 10—12. |
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 16. Dezember 1913. 545
JANET, ÜHARLES, Organes sensitifs de la mandibule de l’Abeille
(Apis mellifera L. 5). Extrait des Comptes rendus hebdome-
daires des S6ances de l’Academie des Sciences. Vol. 151, p. 618.
1319.
—, Le sporophyte et le gametophyte du vegetal. Le soma et le
germen de l’insecte. Limoges 1912.
—, Le Volvox. Limoges 1912.
LeBEDInsKy, N. G., Beiträge zur Morphologie und Entwicklungs-
geschichte des Vogelbeckens. Sonderabdruck aus: Jenaische
Zeitschr. f. Naturwissensch., No. 50, 1913.
Universite de Geneve. Remise du buste de PıErrRE Prrvost par
la faculte des Sciences. Geneve 19192.
Verwaltungsbericht des Märkischen Museums für das Etatsjahr 1912.
Berlin 1913.
Zweite wissenschaftliche Sitzung am 16. Dezember 1913.
0. HEINROTH: Demonstration einiger lebender afrikanischer Reptilien
mit unterirdischer Lebensweise.
F. NIEDEN: Herpetologisch Neues aus unsern afrikanischen Kolonien.
R. POTONIE: Über die Epidermis von Mariopteris muricata.
A. SCHUBERG: Eine neue Microsporidienart aus der Larve von
Corethra.
Druck von A. Hopfer in Burg b. M.
nu
— — un nn nn)
Länge des gg — SZ ZZ
Tieres =
Gemeinsame Merkmale inner- N von der |Maße für den Kehl- Winkel- Kommunikation des Größenverhältnis
\alb der einzelnen Gruppen ame der Art Schnauzen- kopf in mm stellung des Kehlsack Kehlkopfes oder der der Knorpel " :
spitze bis Kehlkopfes Trachea mit dem untereinander erista Stimm-
zum After zur Trachea Kehlsack e.a.— Stellknorpel | CTicoidea | bänder
in mm [Länge |Breite| Höhe ©. ©. = Ringknorpel
Ch. dilepis Leacn 5 5 twas über
6 4 etwas über
‚5 4 900 groß Luftröhrenkrahn |°°%: en breit u. hoch| gUt aus-
Ch. dilepis roperi Bror. 35 3 9 | etwas über } gebildet
> 900 groß Luftröhrenkrahn Si 5 kb hoch | gut aus-
. gro
CH. R gebildet
Ih. calcarifer Prrens 6 5 45 eurasüber groß erste Öffnung rund, |e.a. klein ut
zweite Öffnung Schlitze. c. groß, stark breit u. hoch] ® en
Großer Kehlsack immer Ch. gracilis Haunow 4,2 37) 3 etwas über| _ e.a. kl N
in Kommunikation mit £ } i 90 groß Luftröhrenkrahn e.c. hoch gut aus-
Kehlkopf und Trachea; ng basikscte Corn 2 ererD gebildet
meist Luftröhrenkrahn; 4,2 4,5 3,5 1350 groß Luftröhrenkrahn |C: 2 Klein breit, mäßig| mittel-
Aryknorpel fast immer e. e. mittelgroß hoch roß
kleiner als Ringknorpel; On. chamaeleon (L.) 45 35 3 etwas über c.a. kl 5
crista cricoidea u. Stimm- ; & 900 groß Luftröhrenkrahn a Ha wenig hoch | k
bänder vorhanden SED = ; En
Ch. senegalensis Daun, 137 4 3,3 3 | etwas über e. a. kl
» 900 groß Luftröhrenkrahn a. klein b gut aus-
e. e. mittelgroß reit u. hoch gebildet
Ch. laevigatus Grax 3 2 1,5 900 groß Öffnung und laeinia [e.a. groß ittel-
trachealis e.c. mittelgroß kurz u. flach TEroR
Ch. semieristatus Boerıe. 6 4 :
3 900 erste Öffnung rund, |e.a.
groß |, Weite Öffnung Schlitzle. e | mittelgroß klein ae
Ch. melleri Gray 8 62 5
‚2 4 1350 groß Öffnung (Sehlitz) | %- Klein gut aus-
» |5. c. groß breit u. hoch Bee er, N) (ee ee je
IT rer nama 5 £ e
quensis A. Sa. 45 | 4,3 3,3 klein Luftröhrenkrahn | 4- klein roß u. breit] ZUt aus-
e.c. groß 8 & il gebildet
Ch. verrucosus Cuv. 5 4 94 Öffnung (Schlitz), davorle
: Sen geschloss. Fontanelle Bi mittelgroB nieuvie ss
Ch. oustaleti Moca. 4 25 | 275 | etwas über Öftnung (Schlitz), davorle. a.
Kieinersäkenlsackäkoder : Zu 90° ein geschloss. Fontanelle |c. c. N mittelgroß groß u. hoch si
Anlage eines solchen vor- [9] DoORN = tw 6
Banden Bewehnlich in h. goetzei Torn 1,75 | 15 1 e wa uber klein ae Seal) . [e.a. sehr groß nicht gut aus-
Kommunikation mit der II san iplelleeklein Worhandengfgebilit!
Trachea, Stimmbänder Ch. damaranus Buer. 9 Öffnung; der dahinter-
b 3 2,75 | 1,5 1 1800 br kleinjli T e. a. groß
ıneist vorhanden sebr kleinjliegende Trachealring|, mittel-
mit Zipfel &le. c. mittelgroß mäßig hoch groß
Ch. pumilus Daun». 2 1,3 1 1800
a 5 angelegt | kreisrunde Öffnung | &-\ nieht |nicht vor-
& le.c. [ mittelgroß vorhanden | handen
Ch. lateralis GrAY 92 3 2,5 ° [Ch
N 1,7 135 angelegt — 0, | klein en klein
Ch. oweni Gray 5 3,7 27 1350 ttelgroß
, 2, sehr klein] nicht bestehend 6. a. mittelgrol stark,
[e. c. klein mäßig hoch I Se | er lex klein a In wulstig?
Ch. quadricornis Tor: E etwas über [nicht vor- -
7 N. 6,2 5,3 4,5 900 Handan — BE 5 1 mittelgroß hoch ro
Ch.bitaeniatus subsp. ellioti tw. l i
8 1,9 1,6 1 etwas über |nicht vor- Er c.a. klein mittel-
GÜNTHER 909 handen e.c. groß hoch u. kurz groß
Ch. „ | etwas über [nicht vor-
h. minor GÜNTHER 78 1,4 2,3 1,5 900 ER —_ Bi N mittelgroß breit u. flach niehk vor:
Ch. bitaeniatus subsp. r
60 1,8 1 o nicht vor- > c.a. klein &
Kein Kehlsack; crista GLEN SNTERELEN ö | er een e. €. groß mERIB hoch Be)
ericoidea vorhanden:
III|Ch. cephalolepis Gü Y 68 3,5 4 o [nicht vor- e.a. klein, hoch 1 >
Stimmbänder meist v 7% ’pıs GÜNTHER ,ö 2,4 1,4 180 — nicht vor:
nderkn vor- handen ec. c. mittelgroß mäßig hoch | N ynden
Ch. pardalis Cuv. 145 6 4,5 3,95 | etwas über |nicht vor- _ e. a. klein mäßi
> _- 900 handen e. e. groß Kea eo
Ch. guentheri Buor. 102 4,25 5 5 ) nicht vor- e. a. klein
9 20) 08,5 215 185 handen 2 [e. ce. mittelgroß hoch kurz
Gi eastrotzemmaBre 64 175 5 | } ) nicht vor- e.a. groß mittel-
gastrotaenia BLER. ‚25. 1,252 0,6) 180 Handen - ec Tittelgroß mäßig hoch groß
Oh. oshaughnessyi GÜNTHER 131 475 | 35 7 nicht vor- — e. a. klein nicht vor-
BE 2 3 Ds handen e. ec. mittelgroß klein, kurz handen
I
Ch. tavelensis SınD. 80 19 P) 1,5 | etwas über [nicht vor- = ce. a. groß mittel-
o 2 900 handen [e. ce. mittelgroß brelläusilzch groß
CHaderemensis Mrrsom: 153 44 43 etwas kleiner[nicht vor- = e. a. groß nicht vor-
e 2 2 Ö als 90° handen €.c. mittelgroß klein u. flach handen
N 7 n A nicht - c.a.
Ch. fuelleborni Torx. 92 3 |25 | 16 el vor = Bi En oleron flach klein
eh Rür 58 5 : g o [nicht vor- = ec. a. groß gut aus-
Kein Kehlsack; Tracheal- wefimel tür: - 1.851282 1.02 fast 180° | handen e. e. mittelgroß hoch u. kurz] Sebildet
winkel nähert sich einem Ch. bitaeniatus subsp. nicht
94 15 Pr > 0 icht vor- = e.a. groß nicht vor-
ee Stellknorpel hoeneli Sxo. ö 1,5 & handen &.c. klein mäßig hoch | nanden
coidea vorhanden; Stimm- en. iD y o oir o jnicht vor- = e. a. groß lang, mäßig [nicht vor-
bänder teils vorhanden, EIRBENNENLLZORN: e = 2 nn fast 180 handen 6. c. mittelgroß hoch handen
teils nicht vorhanden Ch. bitaeniatus subsp. nicht vor- c.a
8 = an = .a. groß nicht vor-
bitaen. J..G. Fıscn. “ 1,5 z handen e.c. klein mäßig’ hoch handen
1 r | etwas über [nicht vor- c. a. sehr groß mittel-
Ch. wenorhinus BLER. 54 2 2 1,25 1350 Yanden — Bo akain kurz u. flach groß
Y nicht vor- c.a. klein mittel-
Ch. -cristatus STUTCHE. 115 2,5 1,8 2 fast 180° handen _ c.c. groß klein groß
N A 9 n nicht vor- [c. a. groß nicht vor-
Ch. wiedersheimi NIEDEN 76 3 2 1,6 1800 handen — Bo, ER 2 N | ee jinenden|2 _ _ leo. miltelgroß! |“ | handen. klein ander
Ch. fischeri Rouw. und ar Te) Br Pe De Eee VE EEE DIehtyOr. c.a.\ nicht
5 g 0 1] 3
Se matsch. 103 2,6 2,2 2,1 135° Harder _ cf mittelgroß vorhanden | lein
r j= n A: nicht vor- c.a. groß nicht nicht vor-
h. bifidus Bronen. 115 475 | 35 | 2,25 135° handen = [c. ce. mittelgroß vorhanden | handen
a om nicht vor- e. a. normal nicht nicht vor-
On. brevicornis GÜNTHER 113 4,1 8 ehr 180° handen — le. c. groß vorhanden | handen
3 5 95 0 nicht vor- Be c.a. sehr groß nicht mittel-
Kein Kehlsack; Tracheal- Rörallax’Mooe: = a 0 607 2202 handen ec. c. groß vorhanden | groß
winkel meist "gestreckt, a G R nicht vor- le. a. groß nicht nicht vor-
nicht kleiner als 135°; ORapansoniiCuy. 208 5,202 115,235 1350 handen = le. c. mittelgroß vorhanden | handen
Stellknorpel fast immer x 6
ungewöhnlich groß; crista h. jacksoni subsp. vaueres- 112 4 33 P) 1350 nicht vor- R e. a. groß nicht mittel-
ericoidea fehlt; Stimm- cecae Ton. ı handen e.e. klein vorhanden groß
bänder oft nicht vor- : nicht vor- ».a. groß, stark nicht mittelgroß,
handen Ch. montium Bucun, 131 4 3,4 2,5 fast 180° handen — Br Each vorhanden stark
nicht vor- ec. a. groß nicht nicht vor-
Oh. tenwis MrscH. 50 1,5 1 0,7 fast 180° | Wanden = 1: , en vorhanden | handen
6 nicht vor- °.a. groß nieht nicht vor-
Ch. willsi GÜNTHER 65 2,5 2 1,7 180° handen — Eee klein vorhanden | handen
nicht vor- e.a. — nicht nicht vor-
Ch. gallus GÜNTHER 44 1 1 0,8 1800 Handen — Fo, — vorhanden | handen
nicht vor- c.a. sehr groß nicht nicht vor-
Ch. johnstoni Bror. 128 8,5 3,5 2,1 fast 180° Harden — e.c. klein vorhanden | handen
y
Er i ee 1 -
a 2 ve FF .
N . < a
- .- 4 “ a ur
’ x ; r
" ’ . 5 -r
» Ä &
It ! h u
> N Feen > in ’
Fr ‚ ° { \
#
# } ®
\ B
we y
\ vr #
%
& r
w f
\ n }
in}
[3 2 nr “
pr {
v “
> \
\
pP * } =
x e” .
‚ ‘
A „
ı, u‘ . au
. [ 3
r $e
[“ s
j # u .
2 L :
c ’ w. > - .
. x = > .. .
Li in &
zu; « F e > et
’ n . IP E y ee ee ns
F a‘ ' f nr de
x } v “ in
£ IS 2 - - u Un an Rt
% y r ar 99 EHRT
r nun e ar
4,7 ‘ x
i .\
Rz / PT ee.
u; 7 we Inn er [dr a9 de
. ’ . i * PER f RE
TEL / Be me DS RE EN
= nr ee ! EEE ERE
i n x r- ;
t: SE VEER en a
n\ ‚ iu ur R Pr 1 ie tar Whad
7 un > u N .
DEN; Mr, ee ET DR
PERLE ee
FE » ; u »
R TR Y { Br? EEE
. KrX
m
u j 2 a
BR „ir '
ur te . - A
ee are
- Ba UN AIR
Alen zZ
“ u
ar zZ x FE a he
2% BA Br
; un “.
ar ey y
BE HL.
N.
E
Auszug a aus. den Gese
der.
Gesellschaft Naturforschender | or T
Dieim Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforaäkien
Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindu
zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere
Biontologie. x
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- |
liehen und Ehrenmitgliedern.
Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl BR na Pa
betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach Bi.
den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 3
und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten
das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise
die Vorsitzenden und Schatzmeister. re
Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl ünbaschräuieh "
ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag |
eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, ”
gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte una
Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen
Mitglieder einen Jahresbeitrag von . Mark. Sie können das S 3,
„Archiv für-Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter-
stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.
ri
Er 8
Die wissenschaftlichen ae finden mit Ausnahme
der Monate August und September am 2. und 3. De
jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im
Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, -
Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. BR, Dr
Alle für die Gesellschaft bestimmten Bondage sind
an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N 4,
Invalidenstr. 48, zu richten. _ N a
«
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde
Berlin
1913.
ET ee
Pr Fu ER
...
Tatel I.
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1915.
Tafel LI.
Dr u
4
N
%
Tafel II.
3.
191
ın
—
—
B
jeb)
go
=
=)
v
es
-
—
>
_
As}
-
N
[eb
&
m
[eb]
Bi ==
N
on
=
=
N
ge
u
N
ee
Tafel IV.
tzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913.
-_ Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel V.
=, h f
Er
N I
4
er “
Tafel VII.
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel VII.
Tafel IX.
u
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913.
N
+8
>
tr
„4
i
» ”
Br.
5
az
us
Tafel X,
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913.
tzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XI.
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XH.
|
u ©. 4 De a u a u A
na au
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XIL.
TLLEFFFTTLLIETN
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XIV.
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913, Tafel XV.
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XVI.
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XVII. tet.
-
=
u
SOCOo@80900@8--.M
fel XVII. FH.
Ta
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913.
Ama
OR VER
rt
BA
MLLIOF
Kt
SA
K0L
=)
IA BE Roc ja
®
Or PAR ER
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1913. Tafel XIX. +afHHr
£
-
NEED
E Ne \
DARB
dr ea
> . r 2%
Br FL were
f}
(12
Tafel XX. FefM
“ nJ N.
Zu PL a7
ae u | wrrı
u Nor
197 “
ah
0: Eee
I ill
3 2044 114 274