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Full text of "Sämmtliche Werke"

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D(ntf(i)e (S(f(t)t(l)te. 



3>ritter »anb. 



Scmiolb Dun SBonft'« 



öritter «anb. 



3J«Iag üon 35undet unb $mn6[ot. 



im 

Ictfaffcx bn 'glefoxmafion 

i^npoii von Hanke. 



dritter aSonb. 



aSerlag uon ^urnfec unb ^umblot. 



S)aö 9led^t bcr UcBerfeljung tfl üorBcl^aftciu 



Ö r r c Ir e. 



(3ur erften Sluggabe, 1840.) 



Sm Fortgänge ber ärbcit iourbe id^ inne, bafe ic^ au^ ben 
mir ju ©ebote fie^enben ©ammlungen nod^ immer nid^t ju einer 
ftc^em ainfd^auung ber allgemeinen euroj)äifd^en SSerl^ftltniffe in 
meiner (Spod^e gelangen fönne. 

Unb bod^ jeigte mir jjeber SCag auf^ nmt, toüä) einen toeit- 
greifenben ©influt biefe aSerl^ältmffe fo bamatö ft)ie faft immer 
auf ben Oang unferer innern Slngelegeni^eiten auiSgeübt i^oben. 

3Bie l^ätte e^ aud^ anber^ fein fönnen, in einer ^dt, too 
ein Äaifer regierte, bem fo t)iele anbere Sftnber gei^ord^ten unb 
beffen ^olitif bei ft)eitem mel^r ijon ben ®efid^t5!|)unften Bejlimmt 
toarb, bie if}m feine :>)erfönlid^e, allgemeine Sage an bie $anb 
gab, aU öon beutfd^en Qntereffen? 33ei ber in^ ©injelne gel^en- 
ben ©arftettung, bie id^ unternommen, mufete id^ toünfd^en, feine 
Sejie^ungen ju ben mftd^tigeren dürften bon Europa in jebem 
SRoment fo genau ioie möglid^ ju fennen. 

Um nun bem SWangel, ben id^ entj^fanb, abjul^elfen, befud^te 
id^ im iperbft 1839 83rüffel. $ier, in einem §auj)tfi^ ber bur= 
gunbifd^en 9Rad^t, burfte id^ i^offen, S)enfmale nid^t allein feiner 
^)Tot)incieIIen, fonbem aud^ feiner aHgemeinen ©taatSDerloaltung 
JU finben. 

©lüdlid^erioeife l^atte mir tin burd^ germanifd^en ®ifer au^- 
gejeid^neter Beamter bea bortigen Slrd^it)^ auf ba^ trefftid^fte 



loorgearbeitet. ©ne Sftei^c üergeffcner ^aüpicte an^ bcm fed^g:: 
jel^nten Sol^rl^unbert toat t)or furjem aufgefunben, in Drbnung 
gebrad^t unb unter bem Slitel: Documens relatifs k Thistoire 
de la riforme religieuse in 25 ipräd^tigcn Sänben aufgehellt 
toorben* ®a fanben fid^ nun ßorrefjjonbenjen jtoifd^en 6arl V 
unb feinem ©ruber, jtoif d^en ben beiben Srübem uhb il^rer 
©d^toefter SWaria, SRegentin ber SRieberlanbe, bie auf aUe euro- 
!|)&ifd^en Slngelegeni^eiten S3ejug nal^men; Slntoeifungen an il^re 
SeboHm&d^tigten in ©eutfd^lanb, ©änemarf, ber ©d^toeij, ber 
Slürfei, unb beren Sertd^te; Sluffd^e, jutoeilen öon ®rant)ella in 
ber aRitte ber ©efd^äfte entworfen; eine ^He öon mel^r ober 
ntinber toid^tigen Siteralien über bie Sejiel^ungen ber nieberlän- 
bifd^en ^Regierung, toie gu ü^ren übrigen SRad^bam, fo benn aud^ 
ju beutfd^en gürjlen unb gelb]^au:>)tleuten*), 3ln Dielen ©teilen, 
n)o mir nod^ S^tifd übrig geblieben, fal^ id^ bie Slotigen, bie 
tt)ir 93ud^öl| ijerbanlen, ober meine eignen altern ©ammlungen 
auf ba§ ertoünfd^tejle ergänjt. SBie l^ätte id^ aber i)oIlenb§ 
l^offen bürfen, bie in SBeimar unterbrod^ene Slrbeit in 83rüifel 
fortfe|en ju fönnen? — Site 6arl V ben ßl^urfürften S^i^ann 
griebrid^ bei SRül^lberg gefangen nal^m, fielen aud^ bejfen 5ßa^iere 
in feine ipänbe, unb er na^m fte nad^ ben 92ieberlanben mit. 
©ie bilben j[e|t ben 7., 8, unb 9. 83anb ber bejeid^neten Qamm 
lung* 3d^ burd^lief bie mir tt)ol^lbeiannten- ©d^riftjüge ber 
ßanjlei Sol^ann griebrid^g mit um fo größerer ©enugtl^uung, 
ba id^ unertoartet jioar fel^r einfad^en, aber bod^ unentbel^rlid^en 
Sluffd^lüjfen über bie Äataftro^^l^e bc^ fd^malfalbifd^en SBunbeS 
'begegnete. 

3kbm bem Äaifer toirfte aber aud^ beifen SRebenbul^ler, ber 
Äönig t)on granfreid^, ber il^m einft bie Ärone ftreitig gemad^t, 
unaufl^örlid^ auf ©eutfd^lanb ein, -©o na^e bei 5ßari«, lonnte 
id^ unmöglid^ berfäumen, mein ©lud au6) in ben bortigen ©amm- 
lungen ju Derfud^etj. 

*) 3n ber (Sorrcf^onbeng (HaxU V unb anbcrn ^uBlicationcn Don ?anj 
Pnb fle f:|>ätcr gebrurft toorbcn. 



Scrrcbc« ' vn. 

SBag man in 35eutfd^Ianb öon jel^cr in bie Slrd^itje ber^ 
jc^Ioffcn, l^at ntan frül^er^in in '^xantxdii, tt)ie in Italien, nid^t 
feiten bcn Sibliotl^efen anvertraut. 

S)ie löniglic^e »ibliot^el in 5ßari^ ift für bie neuere ®e= 

jc^id^te fo gut toie för fo i)iele anbere StüdQt ber Siteratur unb 

©ele^rfamfeit eine nod^ lange nid^t erf(^öj)fte gunbgrube. SRur 

fmb bie Slctenfiüde, bie fid^ in beut SCrd^it) öielleid^t in d^rono- 

logifc^er Drbnung bei einanber finben lüürben, in ber S3ibIiotl^ef 

in tierfd^iebene §anbfd^riftenfammlungen -jerftreut. S)ie ©amm^ 

lungen: S)u^)ui^, Setl^une, S3rienne, SDlelangeö be ßolbert, Golbert 

6inq 6ent mußten für ben Keinen 3^traum, ben id^ im 2luge 

^atte,, fämmtlid^ burd^gegangen toerben. ^ie ^u^Uute toar in 

bei Segel nur fragmentarifd^, aber immer fel^r toifftommen. 

^m unb toann boten fid^ aud^ jufammeni^dngenbe 6orref^)on= 

ienjen bar, j- 93, ©aftillon'^ ijon bem englifc^en ^ofe, 3KariD[ac'^ 

i)on bem f aif erlid^en , bie man mit cbm fo toiel SSergnügen toie 

Selel^rung ftubirt. SBon 3Kariffac fanb id^ auc^ jule|t nod^ eine 

Irt ginalrelation. 

Sei bief em SReid^tl^um ber Sibliotl^e! f önnen nun aber bie 
Slrd^iüe für jene 3^^^^ "i^t fö ergiebig fein, lüie man fonft 
ertoarten bürfte. 3)er SSorftei^er be^ 3lrd^it)§ ber au^iüärtigen 
ängelegenl^eiten öerfid^erte mid^, bafe fid^ für mdnm Qtoed nid^tö 
t?on Selang barin finbe. 3n ben bem affgememen ©ebraud^ 
jugänglid^en Archives de royaume toax ani) toirflid^ für bie 
beutfd^'franjöfifd^en ängelegenljeiten nur eine SWad^lefe ju l^alten. 
dagegen giebt ej§ bort anbere S)ocumente üon iinfd^ä|barem 
SBert^. ©^ ift befannt, bafe ein X^eil be^ 3lrd^it)e^ t)on ©iman- 
cal einjt nad^ ^anfreid^ ioanbern mufete. 3la6) bem ^rieben 
iji ba^ SWeifte baöon gurüdgegeben toorben; anbere^ jebod^, na^ 
tnentlic^ alle3, ioaS pd^ unmittelbar auf granfreid^ bejiel^t, bafelbfl 
jurüdtgeblieben, ®a^ ^at nun toenigften§ ben SSortl^eil, ba§ man 
es leidster benu^en fann. 3d^ fanb l^ier ju bem, toaS au^ SBien 
kfannt getoorben unb tt)a§ SBrüjfet mir felbft bargeboten, gleic^= 
fam ben britten 2:i^eit: — eingaben bon ©ele^rten unb Staate- 



männem: Stufjcid^nungen ber an bem fj^anif d^en $of über bic 
@efd^äfte ge))f[ogenen S)eIi6erattonen : SSorfd^lAge beiS gel^eimen 
fRati)t& unb !ur)e (Sntfd^eibungm^ mit ber großen unb eüoa^ 
unleferlid^en ipanbfd^rift ©arte V an ben SRanb gejeid^net. ®ie 
$auj)tfad^e ift aber aud^ l^^ier ber gefanbtfd^aftUd^e SJerfel^^r, unb 
e^ ntad^te mir nid^t geringe^ aSergnügen, mit ben Briefen ber 
franjöfifd^en ©efanbten toom faiferlid^en ipofe bie be8 faiferlid^en 
i)om franjöfifd^en $ofe ju üergleid^en: ©t, SWauriiS getoann mir 
nid^t geringere S^l^eilnal^me ab ate 3KariIIac. 

SBer aud^ fonft nid^t eine natürlid^e 3leigung gur Un!t)artei=: 
lid^feit l^Ätte, müfete fid^ bod^ burd^ biefe nal^e S^fammenfteHung 
be§ entgegengefe|ten aufgeforbert füi^len, einem Qeben fein .Siedet 
angebeil^en ju laffen. 

3nbem idj nun ben SReic^t^um biefer Sammlungen })reife, 
fotoie bie SBereittoittigfeit, mit ber fie mir eröffnet tonxhen, 
braudfie id^ hjol^l faum ^injujufügen, bafe mir bod^ bamit nod^ 
lange nid^t aUe ©d^toierigleiten gel^oben, äffe ^toü^d gelöft 
toorben finb ; immer aber fül^Ite id^ mid^ toefentlid^ geförbert unb 
fonnte nun mit um fo größerer 3w^^fici^t ju ben beutfd^en ©tu= 
bien jurüÄfe^ren. 

Slud^ für biefe fanb id^ in bem reid^en unb tool^Igeorbneten 
2lrd^it>e ju S)üifeIborf, namentlid^ für bie deijifd^scölnifd^en 
©ad^en, neue unb gern mitgetl^eilte Slu^beute. 

S)enn bei affer ©intoirfung toon aufeen ^er, lommt bod^ 
nod^ bei weitem mel^r auf bie felbftänbige innere 6ntU)idelung 
ber beutfd^en Slngelegenl^eiten an: too fid^ eigentl^ümlid^e Äräfte 
in il^ren urfj^rünglid^en S^rieben erl^eben unb geltenb mad^en. 
35er 3^tt^<*w^ ^f^ überl^au:j)t einer t)on benen, in toeld^en ber 
grofee S^l^wl^r ber 6uroj)a bel^errfd^te, nid^t, toie fonfi öfter, 
'oon aufeen l^er aud^ in S)eutfd^lanb Dorbrang., fonbern too er 
t)ielmel^r t)on ©eutfd^Ianb ausging, unb glDar öon ber ödsten, 
reinen 2;iefe unb eingebomen aWad^t be^ beutfd^en ©eifte«; tjon 
unferm SBaterlanbe au^ ergriff bie religiöfe SSetoegung ®uroi)a. 



Stt^alt 



€fite 



Pnftee 93u4. Silbung einet fatJ^olifd^en SRajotität. 1527 
Mg 1530 1 

l(|b Capiltl. @(i^tt>an!ungen ber attgememen ^oUttfci^en i^erl^äftniffe 

^üxopa9 1527 — 1528 8 

%h^dft (S.axU Y auf ben ^ird^enflaat 9. 8unb giDtfd^eit (Sng« 
lanb nnb granfretd^ 11. (Sl^efd^etbung ^einrtd^d YIII 13. 8e« 
freiung bed $a:|)fie« 15. Statienifc^er ^rieg 19. Unrul^en in 
Ungarn 23. 

3miUf CaptUl. Seiten ber ^adifd^en $änbel in 2)eutf(i^(anb ... 26 
S)eutf(j^e O^^ofition gegen Oeflreid^ 27. Verfolgungen ber d^oan* 
gerif(^en 36. 

Drittes ttipiUL 9leformation in ber ^d^tveij 40 

«nfangc Stoingli'« 41 

@manci^ation ber @tabt B^ndji )9on bem iBidt^um (Sonflanj . . 48 

^er^aftnig au Sut^er. ^benbrna^r^fireitigfeit 56 

©iege ber 9iefornt in ber ^d^toeig 64 

lUrtw dapitel. ^olitif bed Sa^re« 1529 72 

Teilung bed ^aiferö 74. ©panifd^er (Sat^oticidmud 76. Statie« 
nifd^er ^rieg 1529. 81. Serbinbung be« ^aifer« mit bem $a|){l 83. 
triebe gu (Sambrai 90. ^rud^ jtoifd^en 9{om unb Chtglanb 95. 

Bntin Copftd. 9eeid^9tag p (Bpütx 1529 102 

^rotefiation 113. 

h^U$ €apitti. (Spaltungen unter ben $roteflanten 116 

QSnttDurf eined allgemeinen ^rotefiantifd^en Vünbniffed 117. ®e« 
f^rSd^ in äRarburg 121. ©d^n^abad^er ^rttfel 126. 9eeid^«red^t« 
li^e Streitfrage über ha^ 9^ed^t bee SBiberfJanbe« gegen ben 
Äaifer 129. 



:* 

[* 



BirbntUs ^apiUL 2)te Odmanen bor Sien . . ,. . 133 

Mtts CapItfL (5arr V in Statten 1529—1530 ......:.. 150 

iUnntts €apitti. 9let(^dtag gu ^ug@6nrg im 3a^re 1530 162 

SCugöSurgifd^e (Sonfeffion 172 

(Sonfutation. ©ebro^ungen 178 

Siberflanb " . . . 184 

(S^nrfürfl 3o^ann öon ©ad^feu 185. ?ut^er in CoBurg 189. 

SJcrmittetungööerfuc!^ Don ©eiten ber @tänbe ......... 195 

©crl^anblungen be« Äaiferö 200 

Senologie 205. (Spaltung ber ^täbiz 207. Slbfd^ieb 213. 

^ti^ittS foni^. @m|)or{ommen bei^ fd^mallalbifci^en S3unbe§. 

1530—1535 215 

€rpt9 CapiteL ®mnb(egung be^ fc^^maRalbifd^en ^unbed 219 

Umgeßaltung bed ^antntergerid^td 219. Sal^I ^erbinanbd 3um 
röraift^cn Äönig 224, 228. 

3ipcitts (LapiitL gcrtfd^ritte ber ^Deformation in ber ©c^weig . . . 232 

Drittes dapftel. ©erfud^ einer Sermittelung gtoifc^en ben pxottftan* 

tifd^en Parteien 244 

SWartin «ufeer 246. 

Ifitrtes €ap\UL ^ataflro))^e ber ^Deformation in ber (Sd^ioeig . . . 253 

fünftes d^apitel. ^Deformation in ben nieberbeutfd^en ^täbten. SßoU^ 

gie^ung bed ((i^maüalbifd^en ^ünbniffed 269 

SWagbebiirg 271. «raunfd^toeig 271. ©amburg 274. «remen 274. 
?übe(f 275. — «erfaffung be« «unbeö 281. 

dt^stes (Kapilei. Angriff ber O^manen. (Srfler 9De(igiondfriebe 1531 

Bi« 1532 ^ 285 

aufbrud^ ber Oömanen 286 

@rfte ^nnälj^erung an bie $roteftanten 289. ^Deid^dtag gu 9Degend« 

bürg 1532 293 

Serl^anblungen gu 9'lürnberg 295 

3uge|ltänbniffe beiber S^^ieile 299 

S^tbgug gegen bic Oömanen 304 

« 

Siebentes O^apitel. (Sintoirfung bon t^ranfreid^. 9Deftauration bon 

SSürtemberg 1532—1534 311 

Bufammenfunft in ^Bologna 317. 3«|ft«^in^ttlunft in SWarfeiffc 
319. C^riflo^]^ Don SBürtemberg 321. SCufIbfung be8 f^toS* 
bifd^en )6unbe9 323. S)entfd^e 'f olittf 323. ^t^Iad^t hti Saufen 
329. t^riebe ton (Saban 334. 



2i^tt$ CCoptiei. gortfd^ritt ber ^rd^enreformation ttt ben 3a^ren 

1532—1534.- . 336 

(Sinnd^tungen in ben etangettfd^en ^änbent 336. @(^ti)terigfeiten 
in ©infid^t ber SJcrfaffung 339. Srrungen mit htm Kammer* 
gcrid^t 343. gricbc öpn Caban in retigiöfcr SSegiel^ung 345. 
9teformatiott in SöürlcmBerg 347. 3lu386urg 349. Stnl^alt 349. 
«Pommern 351. fBJt^pifäü^iSft @täbte 353. mnfler 357. 

iUnnlts ^apiUl. Siebertäufer in i02ünfter 361 

Sdtid auf bie SBiebertaufer im allgemeinen 361. @m^orIommen 
ber SBiebertäufer in SWünfler 370. (gnttoicfelungen be« SJiün* 
flerifd^en 2(naba^ti«mu0 377. SRüflungen gegen SKünfler. ©r* 
obcrung 391, 401. ®püttxt SöiebertSufcr 405. 

Jrifiites (Kapitel. SDer ^ürgermeifler SuIlentDeber in 2üUd .... 406 
©infül^rung ber fi^mbotifd^en S3ü(^er 434 



I 



»öbmig einer fatjolif^en aWajorität 



1527—153«. 



». «anTc*« a^nte III. 



'On ber (Einleitung ju biefer ©efd^id^te fud^ten h)ir einen UeBer- 
blicf übet bie frül^eren ©d^iifale ber beutfd^en Station, befonber^ in 
Sejug auf ben Rampf ber geiftlid^en unb ber toeltlid^en 3Rad^t ju 
getoinnen. SQ3ir fcemerften, toie ba^ ^ßajjfttl^um nid^t attein ben ©ieg 
in biefem fiamjjfe baöontrug, fonbern fid^ ju einer loal^rl^af ten ©e? 
toalt im Sleid^e unb gtoar jur mäd^tigften bon allen erl^ofi; loie aber 
bann, felbft al^ e^ fid^ mit bem übertounbenen Äaifertl^um berftäm 
bigt unb berbünbet l^atte, haß 9lei(^ nid^t mel^r regiert toerben fonnte, 
im Snnem in 3Seriüirrung, unb Slnard^ie geriet)^, fein Slnfel^en nad^ 
äu^en bon Sal^r ju ^af)x mel^r öerlbr; big enblid^ ba§ Jiationals 
gefül^I, öon allen ©^)l^ären eineg toefentjid^en (Sinfluffe^ jurüdfge= 
brängt, fid^ nur nod^ in ber altgemeinen Ueberjeugung funbgab, ba^ 
biefer 3wftanb unl^altbar unb öerberblid^ fei*), 

hierauf beobad^teten toir in unferm erften 33ud^e, h)ie bie Station 
in ben legten 3)ecennien be^ funfjel^nten unb in ben erften beS fed^ö- 
^el^nten ^al^rl^unbertg ben ernftlid^en 3Serfud^ mad^te, junäd^ft bon 
ber toeltlid^en Seite l^er biefen B^ftanb ju berbeffern. 35iefe äbfid^t 
tourbe gefa^t^ eine gugleid^ auf faiferlid^en unb ftänbifd^en Sered^ti- 
gungen berul^enbe, bornel^mlid^ aber auf bie SKittoirfung ber Stänbe 
gegrünbete Sleid^^getoalt ju erfd^affen; nid^t üWa um eine ßentralis 
fation im Sinne ft)äterer ^cikn l^erborgubringen, fonbern nur um 

1) Sta^trägttd^ fei bemerft, ba^ td^ im einicitcnben Stbfd^nitt, fotoic 
in ben (£a^)itcln, bie feine neue ©urd^arBeitung gu erforbcrn fd^icnen, 3ufäfee, 
ttel(j^e ben ©d^ein einer fold^en l^cröorbringen fönnten, in ber neuen 5(uögabc 
lieber öermteben l^aBe. Unb fottt'e eö überl^au^t ratl^fam fein, bei einem Söcrfe, 
bo8 Slnbere ju ®runbc gelegt ^aben, auö ben Slrbeiten berfelben SSieleJS auf» 
june^men? @6 loürbe ber ©efd^id^te ber Söiffenfd^aft ©intrag t^un. 9^ur ba 
^abe xö) toefentlid^e S3eränberungen vorgenommen, »jo ur!unblici^e ^uBUcationen 
jum SJorfd^ein gcfommen fmb, »eld^e id^ benutzt l^abcn »ürbe, toenn ftc mir 
bei ber crpen Slbfaffung öorgetegen Ratten. 3^ fü^Ie mid^ glüdlid^, baß mir 
^(i9 no6f tjergiJnnt tvax, 

1* 



4 fünfte« ^näf. 

bte bringenbften Scbütfniffc )u erlcbißen, ^nebc unb Siedet cinju- 
fül^ren, ^ gegen bte 3laä}haxn )u t^erll^eibigen. älBer man tarn 
bamit ttid^t jum giele/ ©inige formen ber SSerfaflung, todäfc für 
bte folgetxben ä^iten noä) bon größerer Sebeutung getoefen flnb afö 
für bte bamoltgen, tourbett aufgefteEt: b>tr fallen jiebod^, toie toenig fte 
ju SBtrIfamfeit gelangten. 3)er (Srfolg toar bielmel^rv inbem fo tief^ 
greif enbe Umh)anblungen berfud^t iDurben unb mißlangen, ba^ bte 
SRotion tn aUgentetne Slufregung geriet!^. Sa ein 3^^^ ^^^ ^^^ 
äSefd^ränlungen fül^lte, bie man i\)m anmutl^ete, aber bon ben äBoJ^I- 
tl^aten ber öffentlid^en Drbnung nid^t^ getoal^r tourbe, fo erl^ob ftd^ 
nod^ einmal ber alte ®eift ber ©etoaltfamleit unb ©elbftl^ülfe, je^ 
bod§ gegen frül^er mit bem Unterfd^icbe, ba^ er je^t eine lebenbige 
äSejiel^ung ju bem ©emeintoefen in ftd^ aufgenommen, unb ftd^ mit 
einem SEBiberloillen gegen bie obtoaltenben SWi^bräud^e erfüllt ^atte, 
ber an.Swgrimm ftreifte. 

Unb in biefer Stimmung nun toarf fid^ ber nationale ®eift, 
toie toir in unferm gleiten Sud^e fallen, ba e^ il^m mit einer Um« 
bilbung ber toeltlid^en SSerl^ältniffe nit^t gelungen, auf bie fird^lid^en 
älngelegenl^eiten, bie Slttribute be^ $a))ftti^umi^, ba^ einen fo großen 
3;i^eil ber öffentlid^en ®eh>alt im Sleid^e befa^. §ier aber traf er 
mit nod^ umfaffenbem Biegungen beg allgemeinen Sebenö jufammen. 
SBar ba« 5ßaJ)fttl^um nod^ immer in ftrengcrer 2lugbilbung beig Sßarti^ 
culari^muö feiner S)ogmen unb 3)ienfte unb getoaltfamer §anbl^abung 
berfelben begriffen, fo regten fld^ bod^ aud^ innerl^alb feinet fireifeö 
SJenbenjen ber SBiffenfd^aft, bie fid^ bem l^errfd^enben Softem ber 
<Sd^ulen entgegenfe|ten, unb Sebürfniffe bei^ religiöfen ©eifteö, loeld^e 
in ber ffierftl^ätigfeit ber gebotenen 35ienfte feine SBefriebigung fam 
ben. 2)aö tounberbare ©efd^idE toar, ba^ eben al§ ber aWifebraud^ 
am ärgften getoorben, bagegen aud^ bie reine S^ee beö 6l^riften- 
tl^umö, in %t>lQt exm§ neuen ©tubiumö ber l^eiligen Sudler in il^rer 
ttrft)rad^e, au§ langer 3SerbunIelung toieber l^eH l^erborleud^tete. ©in 
3Rann trat auf, ber in innern Sebrängniffen be^ ©emütl^g, too fid^ 
bie Heilmittel, toeld^e bie Äird^e anguloenben t)flegte, unMftig an 
il)m erliefen, einen ber bi^l^er am meiften öerbunfelten d^riftlid^en 
©ebanfen mit ganzer ©eele ergriff, unb beffen SBal^rl^aftigfeit unb 
rettenbe Äraft an fid^ felber cxpxohte, fo ba^ er ftd^ benfelben nid^t 
toicber entreißen lie^, fonbem il^n auf geben unb 2^ob berfod^t. S^ 
betii ©treite, ber fid^ barüber entspann, jog et aud; bie anbem 6le* 
mente ber Dj)J)ofition an jtd^, mit einem 3ufÄwmenl^ang, einer 3^iefe 
unb 3Serftänblid^feit, ioeld^e bie ganje Station für il^n gewannen: nie- 



mdhM. 5 

mafö f)at ein anbetet SKenfd^ eine fil^nlid^e Sll&eilnal&me bei il^t ge» 
futtben. Qnbem et bet teligiöfen ^iee nmt SBal^n mad^te, etöffnete 
er jugleid^ bie 2lugftd^t auf eine notionale SBiebetgeButt. 9Kan fiÜjlU, 
boj bag 5Pai)fitl^um nid^t butd^ SSetfaffungöfotmen ju Befd^tänfen 
toar: toottte man bet UeBetgtiffe befJelBen fid^ entlebigen, fo mu^te 
man ben geiftigen ®tunb Beftteiten, au^ bem fie l^etöotgingen. 

S)er junge Äaifet jtoat, bet in bem SSeginn biefet Untul^en 
getoäl^It tootben toat, BKeB bem alten Softem Iteu; ba et aBet 
Seutfd^Ianb nad^ futjet äntoefenl^eit betlie^, unb nun jene ftänbifdje 
Slegietung, toeld^e man ftül^et BeaBftd^tigt l^atte, gut äu^fül^tung ge^ 
langte, fo lam eg Bei Weitem toeniget auf il^n an, al§ auf biefe. 
2ßir fallen im btitten Sud^e, toie ba^ SReid^ötegiment nad^ lutgem 
Sdjtoanfen pd^ bod^ ungtoeifeli^aft füt Sutl^et entfd^ieb. älS in bet 
Serfammlung bet ©tänbe bie SRebe baDon toat, bie 5ßtebiget auf 
bic Sd^tiften bet öiet älteften canonifd^en Seiltet bet lateinifd^en 
Äird^e ju bett)Pid^ten, tou^U ba^ Slegiment f elBft bieig ju öetl^üten : 
rißä) Diel toeniget toäte e^ il^m Beigefommen, ein geftl^alten bet im 
2aufe bet fj)otetn 3al^tl^unbette l^injugefommenen SeJ^tfö^e gu bet^ 
langen. 3)iefe SRegietung fa^te üBet^au^jt bie gto^attigften äBfid^ten^ 
S)urd^ ben ®tttag einet nid^i immet hoiebet öon ben einzelnen Btän^ 
ben BeijutteiBenben Sleid^^auflage l^offte fie eigentl^timlid^e SeBeni? 
fräfte JU gewinnen. Dann totitbe jte bie 3SettoaItung bet allgemeinen 
Slngelegenl^eiten, bet geiftlid^en fon^ol^I loie bet toeltlid^en, ftaftöott 
in bie $anb genommen l^aBen. SBeld^ ein ©tfolg mü^te arx^ einem 
SJationalconcilium, toie ein fold^eg Beteit^ angefe^t ioat, untet il^tet 
fieitung l^ett^otgegangen fein! Slllein gu lange fd^on ioat man in 
2)eutfdJIanb bet Dtbnung enttoöl^nt. SBebet bie Slittetfd^aft, nod^ 
bie gütften, nod^ aud^ bie ©t&nbe loollten eine tegelmä^ige ®e\oalt 
em^)otfommen laffen, bet fie l^ätten gel^otd^en muffen. 3!)en SBefd^tüffen 
bcr SReid^ötage gum 2^to§ öeteinigten fid^ einige ^titften auf ba^ 
ßngfte mit bem Sßap^t; öon ©tjanien l^et öetbot bet Äaifet jene^ 
9lationalconcilium ; bie gange Slegietung toatb gefjjtengt. 3!)et Sauetn^ 
Weg toat baö S^mjjtom bet allgemeinen Sluflöfung, bie l^ietaui^ 
erfolgte. SKud^ ift et nid^t butd§ bie SReid^i^geloalt Beftegt tootben, * 
jonbetn butd^ bie angegriffenen gfütften unb Stänbe in il^ten Befon- 
bem Seteinigungen. Stn allgemeine umfaffenbe fitd^Iid^= nationale 
3Ra^regeln toat l^ietauf nid^t mel^t gu beulen. SDie eingelnen ©tänbe- 
mußten füt fid^ felBet fotgen. 

2)em fonnte ftd^ aud^ bet. Äaifet in biefem SlugenBlidE nid^t 
toibetfc^en: Bebutfte et bod^ bielmel^t felBft be§ SBeiftanbei^ biefet 



6 güriftc« «ud^. 

2enbcttjeh. Sei bem SSerfud^e, bie Siedete beö SReid^g in Stalicn l^ets 
juftetten, ben er onfang« im ©inberftönbni^ mit ber j)äj)ftUd^en ®e^ 
toalt unternommen, geriet)^ er, toie toir im vierten Sud^e erörtert 
l^aben, attmäl^Iig in bie bitterften S^^^^^ß^ wtit berfelben, in benen 
fr, bei ber ©eringfügigleit ber 3DlitteI, bie er antüenben lonnte, nie 
«ttoa^ au^gerid^tet i^aben toürbe, toare il^m nid^t jene popnlau @nt= 
Tüftung h)iber baS $a|)fltl^um, bie bon 3^^^^ i^ S^l^r antoud^g, gu 
^ülfe gelommen. Um fte aber gu benu^en, mu^te er il^r gugeftänb^^ 
nijfe mad^en. 618 toar ein feierlid^er SKeid^^tagöfd^Iu^, iDoburd^ ben 
^rften unb ©tänben in il^ren (äebieten eine faft unbebingte religiöfe 
Slutonomie geh)äl^rt tourbe. hierauf ging affeg $anb in §anb» 
2Bäl^renb ein beutfd^e^ ^eer in Italien borbrang, SRom eroberte, ben 
tßa})ft felbft ^nm ©efangenen mad^te, rid^tete fid^ biefjeit ber %lpm 
«ine gro^e Slnjal^l fürftlid^er unb ftäbtifd^er ©ebiete nad^ ben ®runb^ 
fä^en Sutl^eri^ ein: fie jagten jtd^ auf immer öon ben rßmifd^en 
<Sa|ungen lo^ unb grünbeten il^re eigenen fird^lid^en Drganifationen. 

Sluf biefe SBeife gefd^al^, ba^ ber Ärei« jener §ierard^ien, loeld^c 
bie SBelt umfaßten, burd^brod^en, in ber Iraftbottften unb entioidfeltften 
terfelben eine neue Silbung toerfudftt toarb, beren ©inn eö h)ar, bie 
religiöfe Ueberjeugung au^ ben reinften unb erften Duetten ju fd^öj)fen 
unb bag bürgerlid^e Seben bon bem Uebergeioid^t «inengenber, eine 
beborgugte grömmigfeit borgebenber geiftlid^er S^ftitute ju befreien. 

6in Untemel^men, für bie ^ortenttoidfelung beö menfd^Iid^en 
©efd^Ied^t^ bon ber größten Sebeutung unb Sluöfid^t, ba^ fid^ immer 
<iber junäd^ft in S)eutfd^Ianb burd^fe^en mu^te. 

SEBenn in bem SRcid^e, ba§ ftd^ atte bie Sal^rl^unberte bal^er unter 
'bem ßinfluffe beig römifd^en ©tul^IeiS entioidEelt l^atte, ein neueiS, ber 
l^ergebrad^ten l^ierard^ifd^en Drbnung ber SDinge toiberfjjred^enbe^ Sie- 
tnent auftrat, fo ift eö feine ©ad^e ber SBittfür, fonbem tief in ber 
9latur ber menfd^lid^en 3)inge begrünbet, ba^ ftd^ baffelbe nid^t ol^ne 
iie fd^toerften unb berfd^iebenartigften Mmpft he^anptm lie^. 

SBenn toir guerft bie bead^ten, bie ftd^ ber Steuerung anfd^Ioffen, 
toie fotttc e^ möglid^ fein, SSerfd^iebenl^eiten ber 2luffaf{ung, (Bttt- 
gtoeiungen unter il^nen gu bermeiben? — Surfte man femer boraug= 
fe^en, ba^ bie tl^atlr&ftigen tJörften, loeld^e bie Steuerung Doffgogen, 
fi^ i^ ^^*" ungetool^nten SSerl^ältni^ ol^ne %aM, ol^ne bie ©etoalt- 
f amieiten, bie bem S^taüex f natürlid^ geworben, betoegen loürben ? 

SBenben loir aber unfern Slitf nad^ ber anbem ©eite, fo lie^ 
fid^ nimmermelj!r erwarten, ba^ ber ®eift ber Sltteinl^errfd^aft, ber in 
ier römifd^en Äird^e bon jel^er borgetoaltet, Iraft beffen jte eine l^öd^fte 



mdbM. 7 

« 

älutorität über bie SBelt in 'Sin^pxnä) nal^m, einen 2C6faff h)ie biefen 
bulben, ba^ fte nid^t atte il^re Äräfte anftrengen fottte, bie 3[6fle= 
toid^enen toieber l^erbeigubringen. 

S)er ©inn ber beutfd^en Station tüäte getoefen, ba^ ber Äaifer 
feine in Stali^n erh)orbene SWaci^t beJ^aujjtet, il^r bagegen geftattet 
Mite, bie lird^Iid^e Sleform, mit ber fte ben .äBxKen unb ba^ ©el^ei^ 
Mu§ }u t)oU}iel^en üBerjeugt \üax, auiSjufül^ren. SDaju l^ätte aber 
gel^ört, ba^ ber Saifer ^erfönlid^ einen lebenbigen unb über bie Se- 
re(§nungen ber 5I5oIiti! erl^abenen Slntl^eil an xf)xen Sbeen genommen 
^atte. SJBar bie^ nid^t ber %aS[, h)ie fid^ benn baöon feine Sjjur 
jeigt, fo ftanb feine eigene ©etoalt in öiel gu engen unb mannid^= 
faltigen SBejiel^ung^n ju bem 5Pa|)fttl^um, afö bq^ er lange im Äriege 
mit bemfelben l^ätte öerl^arren fönnen. 

2)a eö ferner mit bem SBerfud^, eine ^Regierung ju grünben, 
toe%, h)ietDol^I in Dt)))ofition gegen SRom, benn bod^ aud^ toieber 
bie geiftlid^en ©tänbe gefd^ü^t l^ätte, nid^t gelungen toar, fo erfolgte, 
ka^ biefe, bie t)on ber 3?euerung nur Sßerlufte erlitten, fotool^l in 
i^ren ßinfiinften, aU in il^rem Slnfel^en, unb nod^ größere, \a xf}X 
boKel ffierberben befürd^teten, fid^ gegen biefelbe gur SBel^re festen. 

Unb fo h)ar tool^l nid^t ju t)ermeiben, ba^ Äaifer unb SReid^ 
noi) einmal' bie ©ad^e ber ^ierard^ie ergriffen; bann aber mufjten 
bie bitterften Streitigleiten unb bie gefäl^rlid^ften Ääm})fe eintreten. 

9lod^ toar nid^t bon Weiterer Sluöbreitung bie 9tebe: juerft mu^U 
fi^ jeigen, ob e§ ber unternommenen eijangelifd^en Drganifation 
nid^t ebenfo ergel^en toürbe h)ie allen ben frül^eren Silbungen, toeld^e 
ben SSerfud^ gemad^t "^attm Don Slom getrennt ju beftel^en, aber enttoeber 
t)emid^tet ober bod^ auf fel^r enge ©renjen befd^ränft toorben toaren. 

2)ie ©rünbung l^aben foxx ioal^rgenommen : feigen toir nun, ob 
fie fällig fein toirb fxä) gu U^auptm. 

3Bir gelten aug Don ben augtoärtigen SSerl^ältniffen, bon benen 
bie allgemeine Stellung beö Äaifer^ unb bamit aud^ bie 6inh)irlun j 
auf bie beutfd^en SKngetegenl^eiten beftimmt ioarb. 



SlOgemetne |ioItttfd|e Setl|ältnt{fe. 

1527, 1528* 

3)a^ fi)anifd^=beutfd^e ^eer l^atte 9lom erobert^ unb toeld^e^ auc§, 
äu^erlid^, ba^ 33ejeigen beig Äaiferig gctoefcn fein mag, ofö er bie 
3la^xii)t bon bicfem (Sretgni^ emj)fing, fo ift bo(i^ getoi^, Ija^ er 
anfangt bie loeitau^fel^enbften t)oIitifd^ett ©ntloürfe baran fniH)fte. 

9Sor Äurjem ift bie ^nftruction bdannt gehwrben, mit toeld^r 
er einen feiner §ofIeute, 5ßierre be SSe^re, an ben SSicelönig bon 
5Reaj)eI fenbete. 6r bemerlt barin, ba^ er lool^I ioünfd^te, enttoeber 
felbft unberjüglid^ naä) Italien ju gel^n ober ben ^ap\t naä) Bpanm 
fommen ju laffen, um atte Streitigfeiten pcx[6nlx^ unb münblid^ auiS- 
jugleid^en. Unb nod^ immer tüürbe il^m baö Siebfte fein, tomn ber 
3Sice!önig ben 5ßat)ft fidler nad^ ©t)anien ju bringen tüü^te, nur 
fd^recfe il^n bie ©efa^r, ba^ berfelbe unterhjegS tttoa einem feinblid^en 
©efd^toaber in bie §änbe fallen möd^te. Unter biefen Umftänben 
erllärt er für ba^ Sejie, ben $at)ft in feine JJreii^eit, auf feinen 
©tul^I h)ieberl^erguftetten. Slber ^ören \üxx, unter loeld^en Sebingun* 
gen. 35iefe fjreil^eit, fagt ber fiaifer augbrücHid^, fei nur ju Der= 
ftel^en bon ber geiftlid^en Slmt^f ül^rung , unb a\xä) in biefer §infid^t 
miiffe man, el^e man fte tl^m gebe, l^inreid^enbe ©id^erl^eit l^aben, ba^ 
man nid^t öon il^m betrogen toerbe*). 6r giebt an, tooburdj er ft(i^ 

1) 3nftructton an $icrrc bc ^tt^xtf ^axon ^on SKont @t. Vincent, cy* 
cer^irt bei «uci^olfe, gerbinanb IIl: 97—104. ©cfmibcrö p. 101: „$abcit 
toir bebad^t — fatt« fein mxM 1% baß ©. $. mit ^ic^etl^cit ^ter^cr fommen 
fönnte, gegen @. ©ciligfeit ungcaci^tet be« SJorgcfattenen fo groger grcigcbig* 
feit gtt gebrauchten, t^m bie giet^eit gurücfgugeben, unb bag er burd^ bie ^anb 



»6fl(i^t earlö V auf bcn ^hd^tnftaai. 9 

• 

geftd^ert glauben toürbe: eS ift bic Ueöerlieferung ber ©täbfe Dftia 
utü) 6it)itat)ec(i^ta, $amta unb ^iacenja, Bologna unb 9la))enna, 
enblid^ aud^ Don SiDitacafteQana. @r forbert, h?ie man {tel^t, aKe 
toid^tigem 5ßlä|e be^ bamaKgcn Äird^cnftaatig. 3)enn ber ®runbfa$ 
bc!§ fiaiferg ift, ba^, fattö oud^ ber ^ap\t jemalö toieber SBitten« 
fein foffte il^m ju fd^aben, er bod^ baö Vermögen baju nid^t l^aBen 
bürf e. 33ie genannten 5piä§e toxü er in feinen ^önben bel^alten , big 
ber 5ßaj)ft ein ßoncilinm beruft, um eine Sieformation ber Äird^e ju 
tetoirfen. 

Slbfid^ten, toeld^e mit ben ^Um ber beutfd^en 5Ration nod^ eine 
getoiffe Uebereinftimmung l^aben. 2)ie fiird^enreform, bie ber Äaifer 
forberte, loar atterbingg nid^t bie lutl^erifd^e, namentlid^ nid^t boctri- 
netter 3latur: er toottte nur bie 5Kipräud^e ber SSertoaltung abge= 
ftettt loiffen, ioie baö frül^ere Äönige unb Äaifer fo oft Verlangt, 
®Ia})io nod^ iVild^t in SBormö.geratl^en; aber augenfd^einlid^ ift bod^, 
ba^ bie beiben ©ebanfen fid§ gegenfeitig unterftü^ten. Ueberbie^ aber, 
toeld^ eine neue Sluö^d^t für bie loeltlid^e 3Dlad^t beig Äaiferö, loenn 
er ben Äird^enftaat biö auf ein fo fernem unbeftimmteS 3i^I ^^ «Öö^^^ 
ben bel^ielt! So l^atte ^erbinanb bor Äurjem ba^ Si^tl^um Srijen^ 
bi§ auf eine lünftige SJereinbarung befe^t unb bie 3Jleinung ertoetft, 
er tooHe e^ auf immer bel^alten^ So überliefe in eben biefem ^af)x 
ber Sifd^of öon Utred^t, burd^ feinen friegerifd^en 9?ad§bar bon ®el= 
bern öerjagt, alle Siedete ber ioeltlid^en $errfd^aft über fein Si^tl^um 
gegen eine jäl^rlid^e ßJelbjal^lung an bie nieberlänbifd^e ^Regierung 
beg Äaifer^^). 9lid^t anberö fd^ien e^ je^t ber größten geiftlid^en 
SPfrünbe, bem Äird^enftaat felbp, gel^n ju muffen. 3Kan glaubte, ber 
Äaifer n^erbe feinen Si^ in 9lom nel^men, bie 333eItUd^feit beö Äird^en= 
\taat§ für ftd^ bel^alten unb ben 5ßa^ft abfegen ober megfül^ren. SBag 
fottte man au^ benfen, \omn 6arl ben §erjog öon gerrara einmal 

meiiteö Biccfönigö a(« 9tc^räfentantcn unferer ^crfon auf ©einen @tu^t gu 
9JoOT »iebcr^ergefiettt merben möge, Slbcr 6et)or @r in biefe grcil^cit ^er» 
ju^effen toärc (toetd^e gu t)erfle^cn i|l Don ber gciftUc^cn 2lmt«fül^rung), müßte 
unfer ^icetönig fo gut öon 3^m i)erfi(^ert fein in ollcn 2)ingen, tütldft mcnfd^* 
{i^tx Seife unb mit »eltlid^er JJiad^t gefci^e^en fönnten, baß tt)ir babei nid^t 
Betrogen tvürben, unb bag, n>enn berfelbe ben SßiSen ^ahtn foQte, er nid^t ba@ 
55crmögen ^Stte, jm« Ueble6 gu tl^un, unb bamit »ir nid^t für i^m ertoiefeneö 
®ntt attegeit S^iad^t^eil unb ©d^aben em:|)fingen, toie bie (Srfa^rung ber ^er* 
gangjn^eit e« gejeigt l^at.'' ^ud^ol^ fetgt bie Snjiruction '3 Sod^en nad^ bem 
30. Suni, alfo 21. 3uU 1527. 

1) 2)ic Unter^anblungen öon ©d^oonl^oöen (October 1527) erretten auö bem 
35ortrag in ber 35erfammlung ber ^lottänbifd^en ©tänbe bei SBagenaar II, 349. 



10 günfte« ^U(^. (Srfled ^a^ttef. 

ol^ne fRMffdlt aufforberte, bie ^erfteUung ber berjagten S)^naften 
im ßird^enftaat }U untentel^tnen, bet Saffatelli in igiinola, ber S3enti' 
Dogli in Bologna. 3)er SSicelonig Don 9iea^el l^at toirllid^ bem 
f))anifcl^en Oberften ällarcon, bem bie Setoad^ung bei^ $a^fte^ in ber 
(Sngeli^burg übertragen tvax, ben SSorfd^Iag gemacht, benfelben nad^ 
®aeta ju bringen, ällarcon fd^Iug e^^ jebod^ ab: ,,nid^t and böfem 
aaSitten", bemerft ber Serid^terftatter, , Jonbern toeil er ©etoiffen^^ 
angft emj)fanb". „®ott tootte nid^t", fagte ber taj)fere Dberft, „ba^ 
id^ ben Seib ®otte^ gefangen fül^re*)". 

@g ift nid^t attemal nötl^ig, ba^ bie ^piöne einer SKad^t genau 
befannt feien, um SSäiberftanb ju ertoedfen: biefelbe 3Wögfid^feit, 
toeld^e auf ber einen ©eite ben ©ebanfen einer Untemel^mung l^er^ 
i)orbringt, ergeugt aud^ auf ber anbem 33eforgnif{e babor unb ent= 
gegengefe^te Seftrebungen. 

6arl V l^atte, toie toir unö erinnern, nod^ mit ben mäd^tigften 
^feinben ju fäm})fen. SJie Siga lag nod^ in ungebrod^ner 9Rad^t 
gegen il^n ju fjelbe. Unb fo eben näl^erte ftd^ berfelben ber Äönig 
öon (Snglanb, toeld^er fd^on eine 3^it ^("^^^ 8" ^^^ g^cigt, auf eine 
entfd^iebene SBeife. 2)a^ Garl ^d^ toeigerte, benfelben an ben SSor* 
tl^eiten beö ©iegeig Don 5pat)ia 2lntl^eil nel^men ju laffen, ober bie 
SSermäl^Iung ju Dottjiel^en, toeld^e jJoifd^enil^m unb ber englifd^en 
?ßrinjeffin 9Raria berabrebet toorben — eine SBeigerung, bie fogar, 
h>ofür ^einrid^ fel^r em^finblid^ loar, einen ))ecuniären 9iad^tl^eil ein* 
fd^lo^, benn eine alte ©d^ulb be§ Äaifer^ l^atte afö SKitgift ange:= 
red^net hjerben f ollen — , fd^ien bem Äönig ®runb genug, fid^ gänjlid^ 
bon bem alten SSerbünbeten ju trennen. Sd^on am 30. 3lJ)riI toar 
ein Sunb jtoifd^en ^einrid^ VIII unb fjranj I ju Staube gefommen, 
aU beffen 3Jlotib fte bie gegenfeitige Sw^^iflwug nennen, h)eld^e il^nen 
bie 9latur, bie fte an ®eift unb Rbxptx äl^nlid^ g«fd^ciffen, einge^ 
jjflanjt l^abe unb bie burd^ bie le^te Unterbred^ung guter SSeri^ält^ 
nifie nur um f o mel^r geload^f en fei. ©ie bereinigen fid^ barin , ben 
Saifer burd^ gemeinfd^aftlid^e ©efanbte gur fj^^eigebung ber franjöft« 
fd^en springen unter annel^mbaren 33ebingungen unb jur Sefriebigung 
ber englif^en ®elbanf})rüd^e aufguforbem, unb toenn er il^rem 3Sor- 
fd^Iage fein ®el^ör gebe, il^m ol^ne 3Serjug ben Ärieg anjulünbigen*). 

% 

1) ® (^reiben Set^red Bei ^u(i^ot^ 110: Disant, que a dieu ne plust, 
que il amenast le corps de dieu en prison. 2)ad Original hti ^an^: 
Corresp. I, 251. 

2) Traite de Westminster 30. Avril 1527. 2)u SD^ont IV, 1, 476. 



^unb s^iWcn ^iiglanb unb granfreic^. 1 1 

Sie biel mcl^r aber mu^te nun i^r firieg^eifer burd^ bie ßrobetung 
bon SRom entflammt toerben, §emrid^ VIII fagt in ber SSottmad^t 
ju neuen Xractaten, bie er bem ßarbinal SBJolfe^ ertl^eilt: bie ©ad^e 
be§ l^eiligen ©tul^IeiS fei eine gemeinfd^aftlid^e atter Surften; nie aber 
fei bemfelben eine größere ©d^mad^ jugefügt toorben ate je^t; unb 
ka biefc nun burd^ feine Strt ton Seleibigung öeranla^t fei, fonbern 
lebiglid^ in ungejäl^mter §errfd^fud^t il^ren ®runb l^abe, fo muffe 
man fold^em feiner felbft nid^t mäd^tigen Gl^rgeij bei Seiten mit ge^ 
tncinfd^aftlid^en Äräften begegnen^), ©eine erfte Sbec toar, bag bie 
nod^ freien ßarbinale fid^ in Slbignon Derfammeln möd^ten , tüo aud^ 
SBoIfe^f erfd^einen toerbe; er rietl^ gleid^fam einen neuen 3RitteI})unIt 
für bie Ätrd^e ju erfd^affen, S)a aber bie ßarbinäle nid^t barauf 
eingingen, fo öerfj)rad^en einanber hjenigften« bie beiben Äönige, in 
{eine 9(nfünbigung eine^ SonciliumS ju tDiUigen, fo lange ber $a^ft 
nid^t frei fei ; ftd^ ixbttf)aupi jeber im Qntereffe beö Äaifer^ berfud^ten 
äntoenbung ber fird^Iid^en ©etoalt gemeinfd^aftlid^ ju toiberfe^en*). 
3e|t enblid^ befeitigten fie befinitit) bie alten ©treitigleiten jtoifd^en 
ben beiben SReid^en. SBoIfe^, ber ju Slmien^ erfd^ienen toar, gab in 
feinet ftönigg iflamm atte 2lnfJ)rüd&e beffelben auf bie franjöfifd^e 
Stone auf. SCte ©ntfd^äbigung tourbe eine ©elbjal^Iung feftgefe^t, 
toeld^ bem Äönig §einrid^ unb aHen Stad^folgern »beffelben ju leiften 
fei, „o^ne Unterlaß, biö ju bem Sfblauf ber 3al^re, toeld^e bie gött= 
lid^e Sorfid^t bem menfd^Iid^en ©efd^Ied^t gefegt l^at". fjrül^er l^atten 
fte il^ren Stngriff öomel^mlid^ gegen bie SKieberlanbe ju rid^ten ge- 
iaä^t: jje^t famen fte überein, äffe i^re Äräfte nad^ Italien ju toenben. 
§cinrid^ lie^ pd^ geneigt finben, §tilf^gelber ju ^a^Ien: er l^offte 
burd^ eine immertoä^renbe 5ßenfton, bie bem §erjogtl^um 5KaUanb 
aufzulegen fei, reid^lid^ bafür entfd^äbigt gu toerben. Sie SBorfd^Iäge, 
bie ber Saifer in biefem älugenblidt mad^te, fo biffig fte lauteten, 
iDurben jurüdtgetüiefen. Qm Sluguft 1527 erfd^ien ein neue^ fran= 
jöftfd^e^ §eer unter Sautrec in Qtalien, nal^m SSoigco, 2Keffanbria 
unb baö fefte $Pabia, an bem je^t ber Sffiiberftanb graufam geräd^t 
tourbe, ben e^ bor brittl^alb ^af)xm geleiftet; im Dctober 1527 über= 



1) Ad tractandum super quocumque foedere pro resarcienda ro- 
manae sedis dignitate commissio regis, bei 9{l;mer VI, ii, p. 80. 

2) ,,praesertim cum, juris naturalis aequitate pensata, non proprie 
a sammo pontifice factum dici possit, quod ad aliorum arbitrium facit 
captivus, etiamsi verbis diversissimum profiteatur". Traite d'Amiens 
18. Aoüt bei 2)umont IV, i, 494. 



12 fünfte« en^. etfttß dapiitl 

fc^rUt Soutrec ben $0; er tooQte nur nod^ önige Serft&rbtngen olfr:: 
toarten, um ol^bann in ben Aird^enftoot tymrjubringen ^). 

@^ tD&re fd^on an unb für ftd^ bem ftaifer fel^ manqcnef^m 
gelDefen, toenn ber ^ßcdpft, mit il^m nod^ unberföl^t, burd^ biefe^ $eer 
oui^ bem SafteS befreit iDorben toäre, toad fo unmdglid^ nid^t fd^ien, 
bft bie beutfd^en %v\ipptn in ^olge i^rer Unorbnungen unb burd^ 
bie firanll^eiten be^ italienifd^en @ommeriS gro^e 93erlufte erlitten 
l^atten unb niemals ganj aufrieben toaren; — ober nod^ befimber^ 
berbrü^lid^ unb unbequem toäre i^m bie^ burd^ einen ®ebanlen ge^ 
n^orben, * ben Aonig ^einrid^ gefaxt l^atte unb mit @ifer, \a mit ^ftig^ 
feit Verfolgte. 

^önig ^einrid^ YIU ioax mit ßotl^arina bon ^(ragonien, bie 
früher bie (Semoi^lin feinet Sruberö Slrtl^ur getoefen, einer kernte 
it^ Aaifer^, Derl^eirat^et. 2)iefe @l^e l^atte nid^t ol^ne S)iff)enfation 
beig ^ap\U^ gefd^Ioffen toerben fönnen. ^uliuiS n l^atte biefelbe ge= 
geben „fraft a))oftoiifd^cr Autorität, jener l^öd^ften il^m DerRel^enen 
3Kad^t, ipeld^e er öertoalte, toie 3«t unb Umftänbe eö erforbem"*). 
aittein in ber Station, ja in ber näd^ften Umgebung bei5 Äönig^ 
iparen tool^I nie alle ©cru|)el berfd^tounben. S)a ein ©Jjrud^ im 
britten 93ud^ 3Rofe ben mit ^inberlofigleit bebrol^t, ber bai^ 9Beib 
feineig Sruberig nimmt'), fo mad^te e§ bielen ©inbrudf, ba^ eben 
bem Äönig bie ©öl^ne, h)eld^e il^m Äatl^arina brad^te, einer nad^ bem 
anbern toieber ftarben. DB ber 5ßa|)ft öon einem ®efe| ber ©d^rift 
entbinben fönne, toar felbft bei 2^l^omaö bon Slquino gtoeifel^aft; toie 
biet mel^r aber mußten bie Sleformatipnigibeen, toeld^e aud^ in ßng- 
lanb einbrangen unb öon öerloanbten fragen ausgegangen toaren, 
biefen 3toeifeI berftärfen! 2)er SSeid^tbater beS Äönig« fagte fd^on 
lange feinen ^eunben, jene 6l^e be§ §erm toerbe nid^t bi^ anö 6nbe 
beftel^en*). 

1) ©(^reiben toon 3lngcrcr 5. ^0^. in ^oxmarfx9 ard^iö 1812, 456. 
„2öir laffcn un8 mit Sorten aufhalten unb bie Siga ^jrofeqnirt i^ren @ieg. 

^^ah toarlid^ feine ©offnung ober §erg mel^r." @in ^d^xtihtn 2tit>a9 

öom 23. Octobcr geigt jebod^, baß er ba« $crj nid^t berlorcn Ifattt* 

2) ©retoe bei ©umet Collection p. 9. (S0 Ijieißt ba: cum matrimo- 
nium contraxissetis illudque camali copula forsan consummavissetis. Q9 
ifl flar, bag bie 3)i8^enfation aud) auf biefen gaff bered^net toar. 

3) Leviticus XX, 21, 35on ^ol^annc« bem 2:äufcr bem aerobe« in 
Erinnerung gebrad^t: SD'iarci VI, 18. 

4) $oI)^borud $trgUiu9 Historia Anglica, Henricus YIU, p. 82 : Jam 
pridem conjugiüm regium velut infirmum labefactatum iri censebat idqne 
clam suis saepe intimis amicis insusurrabat. 



e^cfd^eibung ^einrtd^« VUI. 13 

SDa gefd^ol^ nun, ba^ 6arbina( SBolfe^, bet SSertraute be^S Aö= 
tttö^, ftd^ mit bem Äaifcr entjtoeite. 3)er Äaifct l^atte il^m einft in 
SBinbfor angetragen, if)n gut pCLp\Üxi}en äBütbe }u beförbem, unb 
bann, al^ ber %aSi eintrat, loenig ober niäft^ für il^n getl^an. ^n 
Spanien l^at ntan immer l^el^au^tet, SBoIfe^ l^abe bem ^aifer bafür 
etoige Slad^e gefd^tooren, er l^abe fid^ Dermeffen, einen fold^en Um« 
fd^toung in ben ©efd^öften l^erDorbringen ju toollen, toie feit 100 
Solaren nid^t (Btati gefunben — unb fottte baö Äönigreid^ ©nglanb 
barüber ju ©runbe gel^n *). 9?un ioirlten bei feinem $erm, toie loir 
fallen, nod^ anbere mannid^f altige 33ett>eggrünbe juf ammen, um il^n 
in biefem Sfugenblitf mit bem Äaifer ju berfeinben. (Sollte bieö aber 
nad^l^altig unb auf immer gefd^el^en, fo mu^te bor allem bie @l^e 
aufgeKft loerben, burd^ toeld^e einft gerbinanb ber Äatl^olifd^e unb 
$einrid^ VIII bie 3Serbinbung beiber Familien gu beretoigen gebadet 
l^atten. SBir lönnen eig SBoIfeJj glauben, toenn er f))äter bor ©erid^t 
it^aupUU, er fei eö nid^t, ber juerft öon ber ©l^efd^eibung gerebet; 
aber ebenfo getoi^ ift, ba^ er biefelbe juerft emftlid^ in SSorfd^Iag 
gebrad^t l^at, unb jioar in ber be^eid^neten älbftd^t: er felbft l^at baiS 
bem franjöpfd^en ©efanbten, ^ean hu Setta^, mit ber größten Se^^ 
ftimmtl^eit betfid^ert^). 

3)ic Seibenfd^af t , toeld^e ber Äönig inbe^ für m, ^offräulein 
feiner ©emai^fin, Slnna Solenn, fa^te, fam SQSoIfe^ gu (Btattm, bod^ 
lag fie nid^t in feinem 5ßlan. 6r l^ätte lieber eine franjöftfd^e SSer^^ 

1) Bespuesta del emperador al cartel presentado per Claren^ao, 
bei ©anbcöal lib. XVI, Tom. I, p. 358. 

2) Dep^che de Peveque de Bayonne, J. du Bellay, 28. Octobre 
1528. Solfci? fragt^ über einige 2WagrcgeIn ber granjofen, au8 bcnen erfolgt 
fei ,, totale alienation de N^® dit St. P^re avec rompture du dit mariage 

(bie Uttterl^anblung über bie @^efad^e). La quelle rompture est de 

teile importance, ce dit mon dit Seigneur Legat (Solfe^), que tout 
homme en pourra juger qui saura que les premiers termes du 
divorpe ont ^t^ mis par luy en avant, afin de mettre perpetuelle Se- 
paration entre les maisons d'Angleterre et de Bourgogne/^ (Sd^on ab^t^ 
brutft in ?e ®ranb Histoire du divorce III, p. 185. 3d^ l^abe bie ©anb* 
fd^rift (Depesches de Messire J. du Bellay Äönigl. 53ibt. ju ^ariö Colbert 
V^ 468), »eld^e ?e @ranb benu^t, neuerbingg burd^gefel^en unb nod^ mand^e« 
neue SÄoment barin gefunben. 2ob. goftn, ber öon 1528 hi9 1530 in @ng* 
(anb b>ar, erjä^tt feiner @ignoria: gli oratori di Francesi, di consiglio suo 
(del cardinale) sofüomo nell orecchio di S. M., qualmente gli viyeva in 
peccato mortale, — tenendo la moglie che fu del fratello — vorüber 
benn ber Äönig ben (Sarbinat felbfl au ^atfyt gebogen l^abe. (Alberi Rela- 
tioni Vffl, 27.) 



14 Süitfte« ^näf. Srfle« (Sa^itet. 

JDanbtfd^aft an bie ©tette bcr fjjanifd^en gefegt. 2llö er in Slmicn^ 
\oax, fagte er bcr SRutter bci8 Äönig^ (Jranj, toenn fte nod^ ein ^af)x 
Übt, iperbe jte eine etoige Serfcinbung ©nglanbg mit ber einen, ber 
franjöfifd^en, nvi} eine ebenfo Dottfommene 2^rennung \)on ber anbem 
@eite erleben« @r brückte fxä) nod^ gel^eimni^l>olI au^ : er bot {ie, 
feine SBorte im ©ebäd^tni^ ju Bel^alten, er toerbc fie ju feiner 3^*^ 
baran erinnern. 

3n biefer ©timmung ionxde t^m nid^tig ertoünfd^ter fein, aK 
bie S^^ng^n bei^ ^alpfU^ mit bem ^aifer; in ber einmal gefaxten 
%b[xä)t (eförberte er bie neue äCUianj unb bie italienifd^e Unternel^« 
mung. 

üRan fann aber benfen, lüie ein ^lan, m 3Serfal^ren biefer 2lrt 
auf ben Äaifer jurücftoirfen mu^te, unb eine Öemerlung brängt ftd^ 
un^ auf, bie tool^I fel^r j3arabo£ lautet, aber, toenn toir nid^t irren, 
eine einleud^tenbe SBal^rl^eit l^ot. 

Sebermann toei^, unb toir toerben öfter babon ju l^ören l^aben, 
toie fo l^d^ft berberblid^ für bie gortbauer be§ 5Pat>fttl^um^ in ©ng^ 
lanb ber ©ebanfe jener (gj^efd^eibung getoorben ift. ©teilen toir un^ 
aber auf einen l^öl^ern ©tanbjjunft, faffen toir bie allgemeinen SSer- 
l^ältniffe in^ 3luge, fo lönnen toir unö bagegen aud^ lüieber nid&t 
öerl^el^Ien, ba^ bie Slbfid^t ^einrid^g VIII in Sejiei^ung auf bag 
übrige ©uro^a ber ))ä^)ftlid^en ^errfc^aft in biefem entfd^eibenben 
Slugenblii fogar SSorti^eil gebrad^t l^at. Ser Äaifer, ber eine fo ge- 
bieterifd^e, ja geloaltfame Haltung gegen ben $a^)ft angenommen, 
' toarb nun bod^ inne, ba^ berfelbe aud^ nod^ in feinem ©efängni^ 
etloa^ JU b^Uutm l^abe unb i^m eine em})finblid^e Seleibigung jus 
fügen fönne. 

3)er Äaifer fd^eint gegen ®nbe Swii 1527 Don ber ©ad^e gel^ört 
ju l^aben. 3n jener ^^^ftruction für SSe^re finbet fid^, toenn toir un^ 
auf bie bdannt geworbenen 2lugjüge berlaffen fönnen, nod^ leine 
©Jjur babon: öom 31. ^\di aber l^aben toir einen Srief be« Ääiferi^, 
ber fid^ au^brüdlid^ bamit befd^äftigt. @r trägt barin bem Sice* 
lönig auf, mit bem 5ßa})ft öon ber ©ad^e ju reben, aber borfid^tig, 
bamit fie biefer nid^t afö „?!JlitteI ju unl^eilboHem SSerftänbni^ mit 
bem Äönig" ergreife. 6arl l^ätte getoünfd^t, ba^ ber ^ap\t ben 
'^lan inxi) ein paax Derbietenbe SSreben an ben Äönig unb ben 
ßarbinal fofort niebergefd^Iagen l^ätte')- 

@g f})ringt in bie 3lugen, toeld^ ein bebeutenbeö (Setotd^t ju 

1) (g^ccr^)t btcfc0 B^xziUn^ M.Sdüdi}o\i} HI, 94 9^otc. 



©cfrciunö bcö ?Ja|)Pe«. 15 

©Uttften be^ ?ßat)fteö baburd^ in bie aSJagfd^ale gctoorfen' iourbe, bafe bcr 
Äaifer beffelben in einer fo toid^tigcn l^äu^Iid^en Slngelegenl^cit beburfte. 

J)aju tarn, ba^ ba^ ©efangen^alten be§ oberften ^ricfterö in 
®))anien feinen günftigen Sinbrud mad^te. ^ie (Stoßen bed Sletd^e^, 
bie fid^ am §ofe befanben, fotool^I toeltlid^en toie geiftlid^en Stanbeö, 
nahmen ©elegenl^eit, mit bem Äaifer baröber ju ft)re(i^en, il^n an ' 
bie ßrgebeni^eit ber f))anifd^en Slation gegen ben römifd^en ßtul^I gu 
erinnern. 2)er Sluntiuö burfte ben ©ebanfen liegen, bie lird^Iid^en 
Functionen In Bpanxen einfteffen ju laffen; bie Prälaten foBten, in 
SIrauer gef leibet, öor bem Äaifer erfd^einen, um bie ejreil^eit be^ Steffi 
bertreterig ßi^rifti Don il^m ju forbern. ®iS gel^örle ein unmittelbare^ 
Ginfd^reiten be§ §ofeö baju, um eine Äunbgebung fo auffattenber 
Slrt JU ber^inbem*). 

Unter biefen Umftänben fonnte ber faiferlid^e Staat^rati^ nid^t 
mel^r fo fd^Ied^ttoeg bei jenen erften Qfnftructionen ftel^en bleiben, 
©attinara meinte, man bürfe ben $a^ft nid^t gefangen l^alten, \r>mn 
man anber^ in il^m ben toal^ren 5ßa^ft fe^e. SDe 5ßraet mad^te bar= 
auf äufmerffam, ba^ man bie in Slom liegenben S^ru^jjjen gur 3Ser* 
tl^eibigung be^ Äönigreid^^ 3leapü braud^e unb fte nur bann treg^ 
fül^ren fönne, h)enn man ben ^ajjft befreit l^abe; er rietl^, bie %n§^ 
fül^rung ber Snftructionen nur mit bem bielbebeutenben S^^ai^ „fo 
t>tel al§ ti^unlid^" gu befehlen. 3)er (Btaat^xaif) fa^te l^ierauf ben 
Sefd^Iu^, bafe ber ^ap\t auf jeben %ati befreit toerben muffe-). 

SJaju nötl^iflte aud^ bie Sage ber SJinge in 3^alien. 2öie ganj 
anberg fanb fte 3Se^re, bei feiner atterbing^ fel^r berf J)ätetm 2ln= 
fünft, al§ man fte ftd^ in ©^janien gebadet l^atte: bie ^Jr^unbe, auf 
bie ber Äaifer jä^lte, unjuberläfftg ober feinbfelig; ba^ §eer nnbt- 
jol^It unb Don entgegengefe^ten ©inivirfungen aufgeregt; bie gran^ 
jofen in ber Sombarbei Dorbringenb, ^ap^t ßlemenS l^ierüber loieber 
gefaxten 9Kutl^e§ unb l^artnäd^ig. 3n biefem 3lugenblitf ftarb ber 
3Sicefönig Sanno^, unb ber granciöcaner-®eneral begli Slngeli über* 
nal^m bie Unterl^anblung mit ßlemenö VII. Seiber beft^en toir feine 
naiveren 5Rad^rid^ten über ben ®ang berfdben % 3lm 26. Jiobember 

1) eapigltonc 10. 35ec. 1527, bei ^attobicini lib. II, c. 14. 

2) 5f?otij Bei «u^oI(j III, p. 119. 

3) 3Cu« bem ©d^rciBcn be« ^a^ftc« Dom 11. 3an. 1528 (Corresp. 251) 
ifi gu entnehmen, baß ouci^ ^c^re babci mittoirfte, ttjcnn idf rid^tig Icfc: per 
le lettere, que portorno el generale e Vere (Veyre) e per quel che ri- 
ferirono — ncmüci^ über ben @ifer be8 Äaiferö für biefc Befreiung, ^et^re 
toürbe bann bie bem S5ice(öntg jugegangenen ^lufträge auögufü^rcn ge^olBt l^abcn. 



16 Pnfte0 ^ud^. (Srfled CEo^tteL 

1527 lam ber Sertrag ju ©tanbe, traft beffen ber 5ßa))ft nid^t aKcin 
in feine geiftlid^e STmtöfü^rung, fonbem auä) in feine toeltlic^e ©e« 
toalt toieberl^ergefiettt toerben fottte. ®er Äaifer begnügte fid^ mit 
ber Ueberlieferung einiger toenigen feften ^ßlä^e, Dftia, 6il)itat)ecci^ia, 
ßibitacaftettana. 3)er 5ßa})ft i)erf|)rad^ ein ßoncilium jur ®inigung 
unb Sleformirung ber Äird^e gu berufen unb jur Sefriebigung be^ 
Äriegigöolfe« fo öiel aK ntöglid^ j&eigutragen '). ©ie Seja^Iung bejfel- 
Ben follte l)anpt^ä^lx(S) burd^ eine gro^e SSerdu^erung geiftlid^er ®üter 
int 9iea})oIitanifd^en betoirft toerben. 

Slud^ nod^ über einen anbern 5ßunlt^ beffen bie ^^roctate nid^t 
gebenlen, fott l^ier toerl^anbelt h)orben fein. S)er 5ßaj)ft foB gleid^ 
bamalö bem Äaifer t>erf))rod^en f)ahen, nid^t in bie ®l^efd^eibung beg 
Äönigg i>on ßngjanb gu tüittigen. 

hierauf toarb Giemen^ VII toieber frei. 6r befe^te bie ©ngel^^s 
bürg ntit feinem eigenen SSoIIe, lie^ alle ©lodfen läuten unb ernannte 
auf^ $Reue bie Seamten ber Äammer unb ber Stabt. 

2)od^ fel^Ite nod^ biel/ ba^ er bem Äaifer ober ben Scamten 
beffelben getraut, ba^ er ftd^ im ^rieben mit il^nen ju bepnben ge- 
glaubt l^ätte. 3Kan h)ar übereingefommen, ba^ er fi^ na^ Drbieto 
begeben foHe. Slber er beforgte, §ugo SRoncaba toerbe fid^ feiner 
^ßerfon auf bem SQSege bemäd^tigen unb il^n nad^ irgeftb einer faifer- 
lid^en ^eftung abfül^ren^). 6r entfd^Io^ fid^, in ber 3?ad&t bor bem 
beftimmten S^ag burd^ bie 5ßforte beig baticanifd^en ©artenö berlleibet 
JU entfliel^en. ©o fam er nad^ Drbieto 10. Secember 1527. 

§ier gelangte er nun tüol^l toieber ju bem ©efül^l einer SKög- 
lid^Ieit bon ©elbftbeftimmung, allein fotoie er feine 2lugen erl^ob, fanb 
. er fid^ bod^ allentl^alben bon ©efal^r umgeben. 

3luf ber einen ©eite fal^ er fein Sanb g^ö^tentl^eilg in ben 
^ähben be^ ©ieger§, ber il^n mi^l^anbelt l^atte. SBäl^renb beiS -SBim 
ter§ tüarb feine ^au^tftabt bon ben faiferlid^en %x\ippm, bie nod^ 
immer nid^t boUftänbig befolbet h>orben, erft red^t gu ©runbe gerid^tet. 

Sluf ber anbern ©eite toaren aber aud^ feine greunbe, toeld^e 
bie SKiene angenommen, il^n ju befd^ü^en, il^m toibertoärtig unb öer- 
berblid^. glorenj, hjeld^e^ ba^ §aug 5Kebici aufg neue öerjagt l^atte 
unb eine 9let)ubnf im ©inne ©abonarolaö ju grünben Derfud^te, 
fanb ©d^u^ bei ^ranfreid^. 2)ie SSenejianer fjaitm fid^ ber ©tobte 

1) S^crcinigung«6rief gtoifd^en ^ßa^fl (Stcmcnö unb (5ar( V M SJeißnet 
p. 155. 2)tc SBorte bc« (Singang« jlnb jiebod^ wel^r eine gormet be8 Slua«» 
brude, aU eine l^florifd^e ^al^rjcit. 

2) Soöiu« Vita Pompeji Columnae 197 f. ©uicciarbini lib. 18, p. 469. 



Befreiung bc8 ^a^fieö. 17 

9?abenna unb ßetbia tetnäd^tigt, hJeld^e 3uliu§ II h)iebet ertoorben 
)u l^aBen fid^ gu fo l^oi^er ®l&re geted^net. 

6(etnenö fürd^tete je^t bic eine tote bie anbete ^ßa^^tei. 6^ 
fdbien il^m i)öd^\i gefäl^rlid^, ba^ ber Äaifer jugleid^ SWailanb unb 
9ieat)el beft|en Joffe ^); bann toerbe er bod^ „§err affer 3)inge" fein; 
jebe Segünftigung ber ^einbe be^ Äaiferg iverbe fein ^aupt unter 
ba§ Seil Bringen. 3l6er faft nod^ ntel^r berftimmten il^n bie ©d^rittc 
ber Siga. ^U ii)n bie ^ranjofen aufforberten, bie 2iga, h)ie fte 
nunmel^r toar, ju beftätigen, entgegnete er, e^ fei ein fonberbarer 
Sorfc^Iag, ba^ er bem beitreten foffe, toa^g gegen il^n getl^an fei; 
in glorenj l^abe man feine JJamifie ju ®runbe gerid^tet, gerrara be^ 
fel^be il^n jeben Slugenblirf; — bennod^ foffe er ftd^ mit il^nen t)er^ 
Mnben. 

3)ie ^ranjofen fagten il^m, fie feien entfd^Ioffen, bem Äaifer nid^t 
allein 3Jlailanb, fonbern aud^ 9Zea^eI ju entreißen; fie toofften toiffen, 
ob er fid^ toenigften^ al^bann für fie erflären toerbe, toenn fie in 
91ea))el eingebrungen unb bie Sjjanier bon bort berjagt feien, ßfc- 
meni t)ermieb ein beftimmte^ 3Serfj)red^en ju geben ; fd^toerlid^ glaubte 
^^f H^ fie il^m, toie fie anfünbigten, bie freie SSerfügung über 3?ea))el 
anl^eim fteff en toürben ; nad^ feinen ^Kienen ju urtl^eilen tpar fein 
Sinn, fid^ nod^ ju bebenlen unb nad^ ben Umftänben SSebingungen 
^u mad^en^). 

3lffe^ l^ing babon ab, toeld^en Slu^gang bie franjöfifd^e Unter- 
nehmung l^aben, tool^in ba§ ©lüdE ber Sffiaffen fid^ neigen toerbe. 

5Rod^ im Qfanuar 1528 branö Sautrec in^ Äönigreid^ 3lea^el 
ein. S)ag beutfd^e. §eer, baS ber ^rinj i)on Dranien nid^t ol^ne 
gro^e SWüi^e enblid^ an^ Slom toeggefül^rt l^atte, fteffte fid^ il^m bei 
Jroja in ben SSBeg, unb lüünfd^te eö ju einer gelbfd^Iad^t ju bringen, 
aber Sautrec erwartete benejianifd^e 3?erftärfungen unb begnügte fid^ 
inbe^, bie Äaiferlid^en ba« Uebergetoid^t feinet ©efd^ü^eg fül^Ien ju 
laffen. ©d^on biefe Haltung betoirfte, ,ba^ fid^ im ganjen Sleid^e 
eine nid^t geringe Hinneigung ju ©unften granfreid^i offenbarte. Slfö 
nun aud^ jene SSerftärfungen angefommen, l^ielten eö bie ÄaiferHd^en, 
bie ol^nel^in fein ©efd^ü^ mit fid^ führten, für notl^toenbig, auö bem 

1) Literae Gregorü de Cassellis, Bei gibbeö Life of Wolsey p. 467: 
Si Caesar permittatur aliquid possidere in Italia praeterqnam in regno 
Neapolitano, omnium rerum semper erit dominus, nisi mature confun- 
(latur. i0?an fielet, et ivar iiod^ ber ä)?einung, ba§ bem Äaifer 9J?aiIahb gum 
^cile beö römifci^en «Stu^Ie^ entriffen n?erben niüffc. 

2) Nie. Racine au Gr. Maitre 28. Janv. 1528. MS. Bethune 8534. 
b. 9?ante*e SBcvfc IIF. ' 2 



18 günftce «uc^. (Srflcö dapittl 

^e(be )u^ tpeid^en unb fid^ nai) 3ieapel jurücf^ujtel^en, bor aUent bie^ 
ju öettJ^eibigen^); fie meinten, baiS $am)t folge nid^t ben ©liebern' 
fonbem bie ©lieber bem ^aMpU. Sautrec eilte i^nen auf bem gu^e 
nai); gegen (Snbe ^pxxl fci^Iug er fein Sager ju beiben Seiten ber 
^eerftra^e bon Qapua auf unb eröffnete bie Belagerung öon SReatJel. 
(Sig fd^ien faft unmöglid^, ba^ bie^ bolfreid^e, für ben 9RangeI an 
9?al^rungömitteln befonber^ emj)finblid^e ©tabt pd^ einem ftegreid^en 
$eere gegenüber lange loürbe l^alten lönnen. ^n ßnglanb bered^nete 
man bereite bie 3^it, too 3lcapd gefallen, too atte^ beenbigt fein 
toürbe. 2)enn fd^on toaren bie ^robinjen beö Äönigreid^^ jum größten 
2^l^eil in bie §änbe ber SSerbünbeten geratl^en. ®ie Senejianer nal^ 
men bie aj)ulifd^en §äfen in 93efi^: 5iIi})))ino 3)oria bxa6)U ben 
Äaiferlid^en in ben ©etoäffern bon Slmalfi eine SRieberlage bei. SBenn 
ber Äaifer bor Äurgem ben $a))ft in eine ^Jeftung abjufül^ren, il^n 
feiner loeltlid^eit ©etoalt ju berauben gebadet l^atte, fo fa^te man 
je|t bageg^en ben ©ebanf en . eine^ attgemeinen Urnftur^e^S ber faifer^ 
liefen SRad^t. SBoIfe^ meinte einmal, man muffe ben 5ßaJ)ft ber- 
mögen, ben Äaifer toegen ber fd^toeren Seleibigungen , bie er. bon 
il^m erfal^ren l^abe, gerabe^u abjufe^en; er möge nur erflären, ba^ 
ben ßl^urfürften toieber baö Siedet juftel^e, gu einer SEBal^I ju fd^reiten, 
unb fie ermal^nen, 6inen auig il^rer 3D?itte gu toäl^len. 2)amit loerbe 
man nid^t allein fie geloinnen, fonbem jugleid^ toerbe ein fold^er 
3h)ief})alt jtoifd^en bem Äaifer unb bem ^ap^i entftel^en, ba^ bann 
niemals m^l^r an eine Slu^föl^nung gtoifd^en il^nen ju benfen fei^). 
6g ift in ber Sl^at bem $ßa})ft l^ierüber eine Eröffnung gemad^t 
toorben. Element l^ielt nur für not^toenbig, ba^ beibe Äönige fid^ 
über ben ju SBäl^lenben bereinigen möd^ten, bamit nid^t toieber ein 
äl^nlid^er S^^rtl^wm gefd^el^e, toie bei ber erften 3Bal^l (ßarl^ V); er 
meinte auf bier ß^urfürften gäl^len ju fönnen^). 

aillein aud^ bieö 3Wal blieben bem Äaifer feine glüdflid^en @e^ 
ftirne getreu. 

3Sor attem gelang e^ il^m, m§ ber mäd^tigften ^äupUv bon 
Stalien, ben ©enuefen älnbrea 2)oria, für f\ä) ju gewinnen, ©d^on 

1) SJCQlcr Acta Paparum 53ud^ XII: „%U hk faiferifd^en toebcr 

gcfd^u^ nod^ ^robant l^ctten, i^incn aud^ nid^tö ftd^crö ^u^ttn mod^t, han aUt 
flcdcn Keffer fransopfd^ ban faifcrifd^ toaren" 

2) Bellay au Grandmaitre 2. Janv. 1528 (MS.-Colbert V^). 

3) Gardiner et Cassalis to C. Wolsey, o. 2)., jcbod^ toom Sl^ril 28, 
bei 2>tx\)\iz Eccles. Memorials 5, 427. It were, fagt ber ^ap^, to be 
foreseen bifore sentence of deprivation, who were most meet to be chosen. 



Staücnifd^cr Ärieg im 3. 1528. 19 

längft toar baxixUx unterl^anbelt hjorben, fd^on el^e 2)oria, jule^t in 
bie S)ienfte bet Stga trat, aufg neue toäl^renb einer 2lnh)efenl^eit beö 
faiferlid^en ßanjicrö ©attinara in Dberitalien im 3Rai 1527; ein 
Äuguftinersgrentit, mit einem S)iener 35oria'iS, 5lamen!§ ®ragmo, 
einberftanben, h)ar ba^ eine toie ba« anbre 5KaI ber gel^eime 3Ser« 
mittler^). 3Kan tann fid^ nid^t tounbern, h)enn unter biefen Um- 
ftänben ber Äönig öon ^tanlreid^ bie SBärme unb ben ®ifer in 
Soria bermi^te, bie man tool^l fonft bon il^m l^ätte erlwarten bürfen. 
%\xä) ^oria feinerfeit^ fül^rte mand^erlei SSefd^toerben über :^erfönlid^e 
firäniungen, fotoie über bie Se^anblung feiner 3Saterftabt, ber man 
i^re alUn Siedete auf ©abona ftreitig mad^te. 3[n @nglanb, h)o 
bamall biele ©enuefen lebten unb man äffe biefe 2)inge auf ba§ 
genauefte lannte, toar man au^er fid^ barüber. SESoIfe^ meinte, man 
fotte bem 35oria fo biet ©elb geben, fo Diel ßl^re erlDeifen, alg er 
nur irgenb t)erlange, ©abona lieber fed^^ 3KaI fal^ren lajfen, nur 
ftti^ biefen ÜJlann nid^f entfrembeh in einer 3^it, too man feiner am 
meiften bebürfe. 2lffein bie frangöftfd^e 5ßoIitif toarb nid^t fo ftreng 
an^ 6inem l^errfd^enben ©eftd^töjjunlt geleitet, ba^ man biefen SSer- 
lufl in affer feiner Sebeutung erft)ügen l^ätte. SDagegen unterfd^rieb 
ber Saifer äffe Sebingungen, bie 3)oria borfd^Iug: er fteffte ba^ 
Sd^idEfal bon ®enua, foft)ie baS |)erfönlid^e 35oria^ bofflommen ftd^er; 
öon freien ©tüdfen fügte er nod^ einige ©nabenert^eifungen , j. S3. 
ein nid^t unbebeutenbe^S Sanbgefd^enl im 5Rea))oIitanifd^en, l^inju. ®r 
tou^te fel^r tool^I, \t>a§ er tl^at. ©ar balb })flanjte 3lnbrea Doria 
bie Salinen, toeld^e giIiJ)})ino in jener ©eefd^tad^t ben Äaiferlid^en 
abgenommen, im SDienfte bei3 Äaiferg auf feiner flotte auf*), ©ein 
Uebertritt äff ein reid^te l^in, um ba^ Uebergetoid^t in ben fjjanifd^- 

1) 3)ic mä)xxä)itn, bie totr hierüber in ©orma^r« ^rd^iu 1810 p. 61 
unb Bei ^d^olfe finben , fließen al^ne 3*oeifeI au« ben[elben S)ocumcntcn be« 
Biener 2[r(i^iöö. 3)ie ©cr^flftd^tungen 2)oriaö gu grang foJffcn aufhören 1. 3u* 
liu« 1528 unb bann btc gum Äaifer anfangen, ^ergt. übrigen« goltcta hi- 
storia Genuensis p. 309. Sigonius de rebus gestis Andreae Doriae: 
Opp. Sigonü I, 241. 

2) ^d^rciben an @aIöiott L. di principi II, 129. 3n einer l^anbfd^rift* 
litten ?ebcn«bcf(i^reibung ®uaflo*8 in ber ^ibliot^c! Sl^igi gu 9Jcm ftnbet, ftd^ 
flud^ ein Slbfd^nitt über bas Cambiamento di A. Doria, ber freiltd^ ctma« 
abenteuerlid^ lautet. S)ic (befangenen SDoria« ^ören il^n im @d^Iafc pd^ üBer 
Äonig grang beflagcn: non basta al r^ Francesco, avermi tolti i ricatti 
guadagnati col rischio del mio sangue, ma yuoI Genova sottoporre a 
Sayona — ma io cambiärö la bandiera, sarö signore del mare, farö 
libera non che soggetta la patria mia; man fielet aber aud^ l^icr bie SWc* 

2* 



ttalienifd^en ®eh)äjfern an ben Äaifer ju bringen, Sl6er überbie^ 
tt)ar eS ein großer SSortl^eil, ba^ fid^ eine ©tabt toieber an ben 
Äaifer anfd^Io^, toeld^e eine unmittelbare SSerbinbung jtoifd^en ^pa-- 
nien unb 9)failanb möglid^ mad^te. 

Unb in biefem 5!Jlüment i^atte fid^ and) baö Sd^idEfal bon jReaJ)e( 
entfd^ieben. 

©inft in ber größten 33ebrängni^ fteKte ber mne SSicefönig, 
^j^ilibett bon Dranien, ben beutfd^en iru^^jen bor, e« bliebe il^nen 
aKerbingg nid^t^ übrig, al^ Srot, Söafler unb guter« SBitle; er benfe, 
ben hjütben fie aud^ je^t beut Saifer betoal^rcn. 2)ie 2(nth)ort ttar, 
man folle bon ben ^eutfd^en nid^t fagen, ba^ fie toegen 9Rangel^ 
ap SBein eine ©tabt it)ie 9?ea^el aufgegeben; alle fd^touren, S)eutfd^e, 
Italiener ünb Sjjanier, einanber nid^t ^u berlaffen, fonbern big jum 
Sluögang bei einanber ju berl^arren *). S^bem fie nun bemgemä^ 
fid^ gum l^artnädfigften SBiberftanbe anfd^idften, ereignete fid^, ba^ an- 
ftedEenbe ^ranfl^eiten, toie fie immer im ©efolge bertt)üftenber Äriegc 
entftel^en, in bem franjöfifd^en §eere bor 3?eajjel au^brad^en unb auf 
bag Derberblid^fte um fid^ griffen. „@ott fd^idfte unter jte", fagt ein 
beutfd^er Serid^t, „eine fold^e 5ßeftilenj, ba^ bon 25000 nid^t über 
4000 übrig blieben^)". Sautrec felbft erlag; SSaubemont, bem man 
bie Ärone jugebad^t, lam bor ben ^l^oren um, in bie er al^ Äönig 
einjujiel^en gel^offt l^atte. S3a(b fül^lten bie belagerten il^re lieber- 
legenl^eit unb mad^ten glüdflid^e SluöfäUe. S)ie faiferlid^en S)eutfd^en 
fud^ten toie bei ^Pabia bor allem i^re Sanb^leute auf, toeld^e unter 
bem (Srafen bon Sujjfen ben granjofen bienten, unb brad^ten beren 
^äl^nlein al^ ©iegeöjeid^en in bie ©tabt ^urüdE; — enblid^ fal^ ber 
SReft ber franjöfifd^en Slrmee fid^ genötl^igt, auf feinen SRüdfgug Se^ 
bad^t ju nel^men; in biefem Slugenblicf aber h?urbe er angegriffen 
unb boHenbig ju ®runbe gerid^tet: 29. Sluguft 1528 3). 

titoc. 9kd^ jener ©rgä^Iung Bcbicnlc fid^ i(;ver ©uaflo im Qcfpräd^ mit 2)oria, 
führte i^m bie S3ci|^iere i)on Sa ^alice unb 3o^. 3ctcob Si^vibulgio an, bie 
aurf; t)on Äönig grang ^öd^ft unbanf6ar bel^anbelt n?t>rbcn, unb braci^tc i(in 
auf feine ©eile. 

1) <Bd}xtiUn beö ^ringen an ben Äaifcr 14. Suni 1528, Bei fanj 
ßorrcf^onb. I, 271. 

2) Sicgl«^- tf^^ ftö^b fer unbcr i^nen, ®ott fd^idfet unbcr bc6 granfeofen 
l^auffen ain fold^c ^^cftiicuj, baß fi innevl^alb 30 iagen fd^ir all fiarbcn unb 
öon 25000 über 4000 nit beliben", n?a§ »Meißner p. 173 auf feine Seife i?er* 
änbcrt I5>at. 

3) ^e^JulJoeba, ber bamal« in (^azta ti^ar, VIII, 34 f. 



3taricnif($cr Ärieg im 3. 1528. ' 21 

SDie ^aiferlid^en, bie fo eben bijrloren gefd^ienen, 6IkBen t)ott= 
fomtnen ©ieger unb naj^men ba^ Äömgteici^ hiebet ein. 

2ßte glücfrid^ tvax ber 5Pat)ft, Jba^ er ftd^ bieigmal neutral ge- 
halten! Dl^ne bieg; fd^rieb fein ©taat^fecretär Sanga, je^t fein 
bornel^mfter SWinifter i), in JDeld^em Slbgrunb ^on 3Serber6en tüürben 
toir fein ! ®g Wax in einer ßonferenj jtüifd^en Q.Umm^ VII unb 
Sanga, am 6. SeJ)temBer, ba^ bie ernftlid^e Slbfid^t gefaxt JDurbe, 
ftd^ bem Äaifer ju nähern. 

©d^on öfter IjaiUn bie Äaiferttd^en ben $aj)ft erfud^t, nad^ Som 
jurüdfjufommen, tüo man il^n gegen ^ebermann bertl^eibigen lüerbe*). 
Se|t entfd^lo^ er ftd^ ba^u. 3lm 6. Dctober finben tüir i^n Jüieber 
in Som. 

®arum burfte er aber nod^ leine^tregg al^ ein SSerbünbeter be^ 
Saiferö Betrad^tet toerben. 3toä) im JioöemBer 1528 ermunterte er 
granj I, bie Setoegungen in 35eutfd^Ianb, burd^ lüeld^e 6arl in feiner 
faiferlid^en SBürbe geföi^rbet toerbe, gu unterl^alten, ben SEßoitüoben 
bpn ©ieBenBürgen ju unterftü^en ^). 3m 3)ecemBer 1528 berfid^ert 
ber franjöftfd^e ©efanbte, toie ganj anberö bie ©ad^e ani) fd^einen 
möge, ber $a^ft fei ben ^anjofen fo geneigt tnie jemafö; e^ mt^= 
falle i^m in feinem §erjen, ba^ bie Unternehmung auf 3lcapd fo 
fd^led^t gegangen: l^ätte man feinen SRatl^ Befolgt, fo toäre eö nid^t 
bal^in gefommen. „^ä) loage ju Be^aujjten", fügt ber ©efanbte 
^inju, „ba^ baBei leine SCäufd^ung oBtoaltet*)". ^ SBenigftenig fagte 
einer feiner 3Serffauten, Sarbinal 6am})eggi, ber nad^ ®nglanb ge- 
gangen, um ben.^roce^ über beig Äönigg ®]^efd^eibung ju fül^ren, 
Scbem, ber e^ l^ören trollte, mit bürren SBorten, ber Äaifer fei k)on 
böfem SBitten erfüllt unb -trerbe fo k)iel UeBleö tl^un, al^ er nur fönne; 
i§m ernftlid^ ju SeiBe ju gelten fei ber toa^re SBeg, il^n gur Vernunft 

1) AI C' Campeggio, Lettere dl principi II, 127: Se sua Santitä 
non fa^ceva cosi, hora si sarebbe nel profondo della total ruina. 

2) Lettera di Roma a B. Ca&tiglione. L. dl pr. II, 140. 

3) Gio Joachim a Montmorency Roma 7. Nov. 1528 Bei SD^ioIini II, 
122: Mi disse S. Santitä, che l'imperatore fosse quasi costretto, in per- 
sona trovarsi ben tosto in Alamagna, per dar ordine a molte cose, — 
le quali non ordinale — producevano gran pregiudizio e non minor movi- 
mento, minacciavano a l'imperatore suo stato, titulo e dignitä (er jielt 
o^nc 3toeifc( auf bie SlBfid^ten be« §aufe§ iBaiern, ^ur riJmifd^eii ^önigötoiirbc 
ju gelangen). — Se mo le cose in Germania fussero nel stato che si üice, 
a S. S* parrebbe chel ehr'"® re per ben degli suoi affari le mantenesse, 
augumentasse e fomentasse. 

4) Racine 14. Dec. 1528. „qu'il n'y a fiction aucune." . 



22 günftc« «ud^. (Srflc« (Sa^itct. 

ju bringen; lönnte man il^m nur in (Sparxim toe^e t^un! aber fel^r 
ju loben fei aud^ eine Unternel^mung in 3)eutfci^Ianb tüiber il^n, möge 
fie nun gefül^rt toerben, h)ie fie Jt^otte ^). 

3)a ^ätte nod^ Sliemanb einen balbigen grieben toeiffagen foKen. 
3h>ifti^en bem Äaifer" unrb bem Äönig t)on fjranfreid^ lam e^ int 
Saläre 1528 ju einer fomilid^en ^crau^forberung, unb eg lag in ber 
%f)at nid^t an bem Äaifer, ba^ nid^t ein tüirfKd^er S^^i^^^^'^J^f ^^' 
folgte^). 

3n Dberitalien fd^h)anfte ba^ Sriegöglüi nod^ immer: el^er ber 
Äönig alö ber Äaifer, toar im Uebergetüid^t. S)ie nemlid^en Äran!= 
l^eiten, hjeld^e bei 3leapd ba§ franjöfifd^e §eer jerftörten, ergriffen 
aud^ bie beutfd^en Xxuppen, toeld^e im ©ommer 1528 unter ^einrid^ 
Don Sraunfd^toeig unb 3Rdrx ©ittid^ bon ©m^ bem Äaifer ju ^ülfe 
über bie Slljjen ftiegen unb in ber Sombarbei erfd^ienen. §ergog 
§einrid^ toar ol^nel^in nid^t ber 3Wann, eine Untemel^mung ju ®nbe 
iVL fül^ren, toobei er mit ber ©iferfud^t feiner SSerbünbeten, ber Ab- 
neigung be^ Sanböolfg, bem ^lima unb ben geinben gugleid^ gu 
fäm})fen l^atte. ©ar balb fa^ man il^n mi^mutl^ig über bie 2llj)en 
jurürffel^ren ; feine Raufen (öften fid^ auf unb ixatm jum S^^eil in 
benejianifd^e 2)ienfte. • 

hierauf erfd^ien ein neue§ franjöfifd^e^'^eer unter St. 5ßoI in 
Sörea, bem bie äSenejianer (Selb unb %xuppen entgegenfanbten : fo 
ba^ bie 3Serbünbeten $at)ia, ba§ lieber berloreiL gegangen , auf§ 
neue eroberten unb gar balb bie größten Hoffnungen tagten, ©t. $oI§ 
SWeinung toäre getoefen, fogteid^ nad^ bem $Rea})oIitanifd^en borju^ 
bringen, too nod^ eine ,2lnjal^l fefter $Iä^e fid^ in ben §änben ber 
^Jranjofen befanb: er gloeifelte nid^t, ba^ ganje Äönigreid^ toerbe 
il^m bann zufallen. 2)ie franjöfifd^e Slegierung bagegen l^ieft e^ für 
nöti^iger, juerft einen SSerfud^ gegen ©enua unb 3lnbrea Soria ju 
mad^en. Dbtoo^I e§ bamit nid^t gelang , fo bel^errfd^te bod^ ba^ 

1) Bellay 1. Janv. 1529: louant fort l'entreprise d'Allemagne , par 
quel moyen qu'elle se puisse conduire. 

2) Relacion da Borgon^ bei (Sanboöal 888. @r u>irb bon bem Äönig 
fcierüd^ em:|)fangcn, ber l^m fagt: bringfl bu mir ben Äam^f:^Iafe? S)er 
$erotb antwortet: @ire, bie l^eil. Wlay, be« Äatfer«. 2)er tiJnig fäfft ein: 
td^ fagc bir, baß bu mir bon feiner @ad^c rebefl, el^e bu mir bi^ ©td^erl^eit 
be« Ä'am^f^)Iafee3 gebrad^t. 2)er ^erolb fonnte feinen Sluftrag nid^t öböig 
au«fü^reu, unb t9 gefd^a^ sutefet, toa« SÖoIfe^ gemeint: 21. July, St._P. 
p. 320: I trust to God these young couragious passions shal be finally 
converted into fume. 



llnrul^en in Ungarn im 3. 1528. 23 

$cer ben örö^ten %f}eH ber Sombarbci, unb in ßnglanb l^pffle man 
no(^, bo^ e^ in Äurjem 3KaiIanb einnel^men, ja burd^ bie Sefe^ung 
t)on $arma unb 5ßiacenja fid^ h^ieber ßinflu^ auf ben SJJaJjft ber« 
fd^affen toerbe. 

Unb in nid^t minberer SScrtoirrung toav ba^ i)ftlid^e ®uro))a. 

©0 lange g^rbinanb felbft in Ungarn antoefenb toar, ft>urbe 
bie Drbnung einigenna^en erl^alten. ©obalb er jtd^ aber entfernte, 
Brad^ bie 6ntjit)eiung toieber l^erbor. ©d^on feine eigenen Slnl^änger 
fonnten fid^ nid^t unter einanber i>erftel^en. 2)er Sifc^of bon @rlau 
tla^it über 3lnbrea^ Satl^or^, ber il^n fd^möl^e unb il^n jerrei^e: 
„fein ©ofrateö l^abe mel^r ©ebulb üben muffen al^ er." Sranj 
Sattl^j^an lonnte bie ©d^Iöffer nid^t erlangen, bie 2ubh)ig ?PeIr^i für 
il^n in Sefi$ genommen. ®in allgemeineig ®efd^rei erl^ob fid^ gegen 
bie Setoaltti^ätigleit be^ beujkfd^en §eereö unter Äa^ianer, toeld^e^ 
feinen ©olb unmittelbar bon bem Sanbe eintrieb unb bann bod^ gegen 
bie Qol^anniften nur fel^r langfamen ©d^ritteig borrürfte; fia^ianer ant^ 
toortete energifd^ unb raul^ ^). Sd^on bie Sel^au^tung, )ft)mn fie aud^ 
nid^t mal^r fein foHte, ba^ man ben 35eulfd^en mit Äall gemengte^ 
Srob gebe, um fie ju Vergiften, ^eugt bön ber ftarlen nationalen 
äntij)atl^ie, loeld^e fid^ au^gebilbet l^atte. 2Bie biel ioeniger fonnten 
ba bie änl^änger S^pol\)a^ in 3<^w^ gehalten toerbeni. 2luf bem 
Sleid^^tag öon Dfen im Januar 1529 unterfd^ieb man brei ßlaffen 
berfelben: gel^eime, toeld^e bem Sib ju 2^ro^, ben fie b^ Äönig 
gerbinanb geleiftet, bie. ©etreuen beffelben ^u öerfül^ren trad^teten; 
jtoeifell^afte, toeld^e Um fid^ereö ©eleit nad^gefud^t, um bem Ä'önige 
ju l^ulbigen, bann aber nid^t erfd^ienen loaren; enblid^ ganj offene, 
toeld^e $lünberungen bolljogen unb bag Sanb unfid^er mad^ten. 6g 
finbet fid^ nid^t, ba^ gegen bie einen ober bie anbem etioa^ SRad^^ 
brüdflid^eg gefd^e^en fei. dagegen öerfäumte Qo^^ann 3«)Jol^a nid^tö, 
um aud^ bon feinem ®jil ju 2:amoto au^, Ungarn in SSetoegung gu 
erl^alten. ©in SJJaulinermönd^, ©eorg ÜRartinujji, ber früher im 
Sienfte ber 3Kutter Söt^ol^ag getoefen, befa^ Eingebung genug, fid^ 
brei 9Ral ju %ujß nad^ Ungarn ju toagen. ®r rül^mt bie gute 2luf« 
nal^me, bie er bei Sacob öon 2;i^omal^^ ©tejjl^an Satl^or^ bon 
Somll^o, 5ßaul 2lrtl^anb^ gefunben. ©r loanberte t)on ©d^lbg ju 
©d^lo^, belebte bie alten SSerbinbungen, bereitete aUe^ jur Slufnal^me 

1) «riefwcd^fel bei m^oti^ IH, 269 — 279. iöei Urfmu« SBeliu« de 
bello Pannonico p. 91 fie^t man, baß bie ungarifd^en ®ro§en firitten „de 
bonis hostis Joannis jam olim inter se partitis.*^ 



24 Sünfte« 9u(^. (Srßed (£a^tte(. 

feinet $erm öor*). 3)ic ^au}>tf(Mi^e tvax, ba^ er bic ajerjid^erutig 
o^manifc^er ^ülfe brad^te. @(^on im 9(nfang beS 3<^^i^^^ 1^^^ ^<^^ 
nemlid^ eine Uebereinfunft jlpifd^en 3aJ)oIVa unb Suleiman gefd^Ioffen 
toorben. ©te toax nid^t ber 6rfolg bon (Sefd^enfen, bereit ber ©e= 
fanbte ^ieron^ntui^ äa^to überbau))! feine mitgebracht, nod^ au^ beS 
Serf^jred^en^ jinöbar ju toerben, tooju er pd^ nid^t öerftanb, fonbern 
lebiglic^ ber ^ßolitif. S<^pol\)a f)aiU erflärt, mit atten Gräften feinet 
Sleid^e^, mit feinenßrbgütcm, ja mit feiner ^erfon bem mäd^tigen Sul- 
tan unaufl^örlid^ bienen ju tootten. „9ld^ bagegen", fagte Bulmian in 
ber feierlichen Slbfd^ieb^aubienj, „toid beinem ^erm ein toal^rer greunb 
unb Serbünbetcr fein, il^m mit aUcn meinen Ärdften. gegen feine 
geinbe Beiftel^n: bei bem $roJ)l^eten, bei bem großen bon (Sott ge^ 
liebten 3Rul^ameb, bei meinem ©d^tpert"^). ®etüi^ lonnte für ben 
gortfd^ritt ber türfifd^en 3Rad^t nid^tö nü^lid^er fein ate bie entfd^ie* 
*bene Serbinbung mit einem angefe^enen $äu:()tling. Suleiman be- 
trad^tete pd^ alö ben bomel^mften ©egner be^ .^aufeö Deftreid^, afe 
ba^ natürlid^e Dberl^aujJt ber D^})ofttion gegen baffelbe, gu toeld^er 
er ^ranlreid^, 3Senebig, 5ßoIen unb ben $a^ft felbft red^nete, „biefm 

' armen ^ßriefter, öon toeld^em ber ©laube ber ßl^riften au^gel^t, unb 
ben fie bod^ fo fd^onUnö^Iog mi^anbeln." 6r tt)ar überzeugt, er 

' muffe ftd^ bti S^itm ber 3Rai)t Äaifer &axl§ V entgegenfe^en. 
2)enn fte fei, fagt er, „toie ein au§ Keinen 93äd^en unb fd^mel- 
jenbem ©d^nee jufammenftrömenbe^ ©etoäffer, \>a^ jule^t ba^S fefte 
^aug in ber SSergfluft untergrabe"^). 2)ie öftreid^ifd^en (Sefanbten 
bel^au})ten, 'ber Äönig loon 5ßoIen l^abe ben Sultan nod^ im Dctober 
1528 burd^ eine eigne Sotfd^aft auffotbern laffen, ben Ärieg gegen 
ben Äaifer im näd^ften 3al^r ju unternel^men, ba toerbe aud^ er il^m 
ju §ülfe fommen.^ ©uleiman it)ar h)o^I fdi;on ol^nel^in entfd^loffen 
baju. - S)(m ©efanbten gerbinanbö, ^aborbancj, ber nad^ ßonftan- 
tino^jel gefommen toar, um bie S^tüigabe bon 24 altungarif d^en 
$Iä|en JU forbern unb bafür nid^t^ al^ eine ©elbentfd^äbigung an- 
zubieten, antwortete er: er toerbe in eigner ^erfon mit atter feiner 
SWad^t fid^ erl^eben, nm bie geftungen jurütfjuftellen. 3Jlan fann ben= 
fen, toeld^ eine ©äl^rung bei biefer Ärieg^auöfid^t in Ungarn entftanb. 

1) ©ein ©d^reibcn an ^crantiuö bei $vav unb barauö bei Katern 
XX, I, 409. ^Ql ^ft^uanfi p. 126. 

2) SÄcIation 2a^t\)^ bei tatona XX, i. 3u 3a^or^a8 9^amen crfrävtc 
!Oad!^: non solum Ungariae regnum, non solum dominia patrimonii sui, 
sed et personam suam propriam non suam esse vult sed vestram. p. 319. 

3) «erid^t bc8 §aborbanca bei «ud^cllj III, 596. 



Unrul^en in Ungarn 1528. 25 

©c^ott im ©ejjtetnber 1528 fd^rieb 3lntgeai§ 93atl^or^ bem ^f^niQ 
^exhimnh, et ftel^e in SDlitte ber SRebetten unb l^abe ben Xob \>ov 
Sfugen. ®^ toat nod^ in bemfetben ^al^re, ba^ ber §ofJ)obar ber 
3Ro(bau, $eter SHarefd^, lange 3«t ein ^Jifd^er, aber je^t al^ h)al^rer 
©ragofd^ibe bom §aufe beö großen ©te))l^an anerfannt, in ben Sjet 
ler Stühlen öertüüftenb einbrad; ^). 3ltteö lie^ fid^ ju einer großen 
Gntfd^eibung an.* 

Unb toar nun bergeffalt Dft unb 9Beft in allgemeiner ©äl^rung, 
toie toäre e§ möglid^ geh)efen, ba^ «id^t aud^ ba§ ol^nel^in burd^ unb 
burd^ aufgeregte 2)eutfd^Ianb babon lüäre ergriffen toorben? 

1) @ngcl ©efd^id^te ber Sattad^ei p. 170. 



SdttM htt f ififi^oi ^nbel ti !rtMtfi|(tiili. 

Xie l^ctio^e bon 9aieni finben toir imnifTfort in me^r ober 
fttinbet mger S^tebintg |U ben ousti^ärtigm gürftm, iDe(<^e mit 
Ceftxdäf in ^am))f toaren, bem Äonig i>en Jranfrei**), bcm SB3oi= 
looben, l^or adm bem ^Sa)>f^- 

92od^ immer l^atten ^e ba$ Aaifertl^um nicbt aufgegeben. @ie 
imterl^anbelten unouf^orlid^ mit ben (eitenben (S^urfurften unb mai)- 
im i^nm bie toeitauefe^enbften Serf))refl^un9en ; aud^ ben ^ontg lion 
^anfreic^ fud^ten fie nod} einmal baju in Setoegung ^u fe|en. 

Cfi^ ip ein $(an in unfern ^änben, ben pe jur (Srreid^g il^re^ 
<8ft>e(fe« bem franjöpfd^en §ofe eingaben*). ?Jran3öfifci^e ©efanbfe, 
bcm-Iot^rinflifd^en unb englifd^en unterftü|t, fottten an bem nad^ften 
JHeid^«ta0 erf4feinen, ben Stäuben in erinnerung bringen, toie Diele 
Jßerlufte Äirc^e unb SReid^ erlitten l^abe, feit baö $au^ Defhreid^ ba^ 
Äaifertl^um beft^e: — ba fei 6onftantino})el, Sll^obu« unb nunmehr 
Ungarn ber Gl^riftenl^eit, 35afel unb 6oftni| bem Sleid^e berferen ge^ 
gangen; bie einzige Slbfid^t ber öftreid(>ifd^en Srüber fei, ha^ SReid^ 
erblid^ $u mad^en unb fid^ auf atte SEBeife ju bergrö^em, toie benn 
Xon Jerbinanb bor Äurjem ©aljburg an fid^ ju gießen gefud^t; — 
^^ierauf foBen fie biefelben aufforbem, jur SBal^I eine« neuen Äaifer« 
j)U fd^reiten, einen 3Wann baju gu erl^eben, ber ©ered^tigfeit l^anb^ 

1) Lettre de Breton au Gr. Maitre 17. May 1528 (MS. Bethune). 
Le Bocrctairo du duc de Bavi^re, que yous savez, et debuis deux (jours?) 
ici et a eu fort bonne audience du roi. 

2) Forme et maniöre de conduire et mener Paffalre d'election au 
nom du roi de France. MS. Bethune 6593 f. 93. ^gl. bte ^er^anb^. 
Uutf) mit Snaina bei (S^tum^f p. 50. 



3)cutfd^c £)^})ofUion gegen Oeflrcid^. 27 

l^ate unb ba§ beutfd^e gemeine SBefen toieber in feinen oTten Suft^^i^ 
bringen fönne, ber gugleid^ gut fatl^olifd^ geftnnt unb fällig fei, bie 
fie^ereien gU bertiigen. 3Wit einem fold^en Äaifer fott ber Äönig bon 
granfreid^ berft)re(i^en fid^ auf ba^ ©ngfte ju berbinben ^). 

S93.urben biefe Unterl^anblungen nid^t aud^ tüeiter fortgefe^t? 
SBenigfteng l^offte man in Saiem, 5ßfalj unb ^^rier, burd^ fran- 
jofifd^e SSertoenbung ben ßl^urfürften bon Sranbenburg, unb bieffeid^t 
burd^ befted^Iid^e Statine felbft ben (Sl^urfürflen bon ©ad^fen ju ge= 
toinnen^). 3)al^in beuten bie Steü^erungen be^ 5ßat)fte!g unb feines 
Legaten, fotoie beS ßarbinal SBoIfe^, beren h)ir gebadeten. 

STOerftDürbig aber; inbeffen l^atte ftd^ aud^ bie entgegengefe^te, 
bie ebangelifd^e ^Partei ben Dt)J)ofitionSmäd^ten genähert. 

Slud^ einen ©efanbten beS Sanbgrafen bon Reffen, Dr. SBatter, 
jtnben h)ir in fjranlreid^. ßinen anbern feigen h)ir ben SBeg ju 
3ol^ann 3öt>«>I^Ä einfd^Iagen. SCBir begleiten il^n — eS ift S)octor 
^ai — auf fjriner ganzen Sleife. ^n 'ber 6l^arh)od^e 1528 finben 
toir ü)ji in ©enftenberg ; h)o er fid^ für einen mei^nif d^en 3)oml^errn 
au^giebt; Dftem in SreSlau, h)0 er fid^ mit einem S)iener berfiel^t, 
ber t)oInifd^ f})rid^t; 18. 2(J)ril in ßracau. §ier, in ber Äird^e 
St, Sarbara, l^at er feine erfte 3wf<»"^w^^^wnft mit einem SlngeJ^iv» 
rigen beö 2Boin?oben; fie finben nötl^ig, ba^ er biefen fetbft befuge. 
SBtc nun ^ai in bie SRäl^e bon 2^amoU) lommt, h)o ber SGBoitoobe 
^i} aufl^ält, fteigt er bon feinem SBagen ab unb gel^t ju gu^ in bie 
Stabt, nm nid^t bemerlt ju toerben. 3lm 26. unb 27. 3l})ri( finben 
h)ir il|n mit bem SJBoitooben in Unterl^anblung ; eS toarb ein förm- 
lid^cr aSertrag entworfen, bem nur nod^ bie ^Ratification bei8 Sanb« 
grafen fel^Ite^). 2)er Sanbgraf l^atte (Selb geforbert, um gerbi^ 
nanb in 2)eutfd^Ianb angreifen ju lönnen. S)er SBoitoobe berf|)rad^, 
100000 ®. bon feinem ©d^loager, bem Äönig bon 5|JoIen, aufju- 
Bringen. SBenn h)ir l^ören, $oIen l^abe bem Sultan berfJ)rod^en, 

1) 2)er 0c^htg lautet: Au surplus nos princes sont deliberes de 
n'obmettre rien de leur labeur et vigilance, et d'essayer tous les moyens 
qa'ils Terront ^tre necessaires pour la fin de cette affaire, et quUls ont 
esperance, dieu aidant et la bonte du roi tres chrätien, achever l'affaire 
ainsi qu'ils le desirent. 

2) „W6äfttn ttliäfi feiner Mtift bnxäf @elb abaurid^ten fe^n.'' ^u^güge 
flu« einer ®en!fd^rift, toa^jrfd^eintid^ i)on ^ergog Söil^elm, bei ©ugen^elm: 
©aiern« 3"|Wfnbe k. p. 9. 

3) ^a9 ganje ^ttaii entnel^men tDtr aud bem ^efenntmg be9 $an9 
^^w^ au« ©reölau, beffelben, tottöftn ^ad gu feinem 2)iener annal^m. 



28 günftce «uc^. 3»citeö dapittU 

Äönig ^erbinanl? mit beutfd^en %xüppen rtitjugreifen, fo mag \\i) ba§ 
auf biefe Unterl^anblungen bejiel^en. 

2Bai§ l^ätte e^ für ^Jolgen ^a6en muffen, tocnn biefe 2)inge 
iüeiter gefül^tt Irorben tuären, bie eine ^Partei fid^ toirflid^ gegen bic 
faiferlid^e SBürbe ßarti^ V aufgelel^nt, bie anbere ^erbinanb in feinen 
(Srtlanben angegriffen l^ätte^, — unb jtoar efcen in jenen 3^i^en, 
tt)o aud^ alle anberen SSerl^ältniffe erfd^üttert toaren. 

,3nbefjen eig h)ar bafür geforgt, ba^ bieg nid^t gefd^al^. 3)ie 
'Öerjoge bon 93aiern unb ber Sanbgraf \>on §effen Ipu^ten nid^tö 
bat)on, ba^ fie Serbünbele tüaren. SSielmel^r traten jtoifd^en ben 
berfd^iebenen beutfd^en dürften fo ftarfe STnti^jatl^ien l^au^Jtfäd^Iid^ reli^ 
giöfen UrfJ)rungg l^eröor, ba^ eine ber feltfamften 3Serh)idPeIungen, bie 
tiDoi}l jemals t)orgefommen ift, unter il^nen felbft entftanb. 

SDa^ fid^ fo öiele ebangelifd^e dürften öon ber geiftlid^en Quriös 
biction lo^geriffen, mu^te notl^h)enbig klagen am faiferlid^en ^ofe 
beranfaffen, unb bei bem 3"ftönbe unb bem Sted^t^begriff ber faifer^ 
lid^en ßan^leien fonnte eö gar nid^t festen, ba^ fold^e (Sel^ör fanben; 
eg ift ganj rid^tig, ba^ bort öon 33eftrafungen, felbft öon ber Sld^t 
bie SRebe ioar. ©d^on fud;te fid^ Staffau, baiS in alten ^^erritoriat 
ftreitigfeiten mit bem Sanbgrafen bon Reffen lag, für biefen gaff 
burd^ 9Jlanbate pd^er ju fteUen*). 

2)at)on brang nun ein bunfle^ ©erüd^t aud^ nad^ SJeutfd^Ianb. 
3)er Sanbgraf toarb getoarnt, t)on einem 3Kanne großen Slnfei^en^, 
toie er fagt, „ben er nid^t nennen fönne, ber aber gut SBiffen^ barum 
trage, eö fei ü\t)a§ im 3Berfe, eine merflid^e practica gegen bie 
Sutl^erifd^en/' 

S)er Sanbgraf fud^te jebod^ ben Urfjjrung ber ©efal^r nid^t fo 
in ber ^erne: er fa^te nur bie ^einbfeligfeiten inö Sluge, ioeld^e in 

1) Wlan toax ber SWeinung, bic Unruhen in ber 'Maxt, bic minftoi^ifd^cn 
8efc^bungen ijon !?cbuö feien bamit in 3ufammcn]^ang. ©crgog ©corg fd^rciSt 
an §o^er ton SD^anöfelb SWärj 1529: „Unö langt gfauMid^cn an, to^c noc^ 
gar c^n groß gelDcrB öor^anben, unb tt?^en>oI c« im S^^amen e^tid^cr öon 
3(bcl angeftcttt, fo f^ünen toir c8 bod^ bai^or nid^t ad^tcn, b^eh)ei( ben Sc* 
fiefften ijtel ©cfb ](>erau3gegcBen ix)irb. 9)?an fagt, eö fotte fold^ geh)cr6 bem 
Sa^ba ^n gut unb to^bcr baö ?anb gu Saußni^ unb ben (S^urfürflen tjon 
SBranbcnfeurg ijorgcnommcn fc^n.'' 2)cr §ergog tt?ar cBcn im ©egriff, mit bem 
S^urfürfien eine 3uf<inimenfunft p l^aften. @r ift e«, ber S^Jinftoi^ gefangen 
genommen. 

2) §ctnrid^ i>. S^affau an 3o^, ö. S^affau, 5lrnoIbi< 3)cnftt)ürbigfeitcn 
p. 200. 2)a8 (Sd^rei6cn ift öom 13. ^T^rit, öor ben ^adfifd^en Unru6«n, öon 
bencn man bamalö über^au^t nod^ nid^tö hjugtc, am mcnigften in @|)anien. 



^acfifd^e ^änbcl 1528. 29 

4 

Satem unb ganj Dberbeutfd^lanb gegen bie Sefenner ber Seigre au^s 
^mbt h)urben, — bie l^eftigen 3)ro]^ungen, h)eld^e ^erjpg (äeorg bon 
©ad^fen gegen feinen SSetter, ben ßl^urfürften/ auöftie^, alö mit bem 
er feine St^ipigl^it^n nid^t auftragen tPoHe, )fomn er nid^t bon Sutl^erö 
©ecte ablaffe, gegen ben er nur einen Sefel^I be§ Äaiferö ertwarte; 
eö toar il^m öerbäd^tig, bafe einige eifrig fatl^olifd^e dürften im Wai 
1527 ben Äönig gerbinanb in SSre^lau befud^t unb il^m bann $ülfe 
in Ungarn geleiftet Ij^alten; er glaubte nid^t anber^, alö ba^ ein 
8unb feiner Siad^barn toiber il^n im 3Ber!e fei. 

S)a gefd^al^ e^ nun, ba^ ber ßanjleitoertoefer be^ §erjog§ ®eorg, 
Dtto öon 5ßarf, — berfelbe. ber jene Steife nad^ 2^arnotr) untemal^m, 
— tool^I nod^ im Saufe beS ^al^reig 1527, ju bem Sanbgrafen na-d^ 
ßaflel fam, um il^m in ber naffauif d^en (Ba^e red^tlid^en SRatl^ gu 
ettl^eifen. S)er Sanbgraf eröffnete bemfelben feine SSefürd^tungen unb 
brang in il^n, il^m ju fagen, ob er nid^tö bat)on toiffe. 5j}adf feufjte 
unb fd^toieg. Um fo eifriger rebete ber Sanbgraf i^m ju. 5ßadf er- 
flärte enblid^, ja e^ fei ein Sünbni^ toiber bie Sutl^erifd^en nid^t 
allein im SBerfe, fonbern bereitig gefd^Ioffcn. 6r berf)}rad^, bem 
Sanbgrafen baö Original ber Urfunbe ju fd^affen; ber fagte i^m 
bafür feinen ©d^u| unb eine SSelol^nung bon 10000 ©ulben ju. 
Sanbgraf $l^ili:t);t) War nun geuer unb gicjmme gelt)orben. ' 3m ^e- 
iruar 1628 pnben toir il^n in ©reiben; unb in ber %f)at brad^te 
l^icr ^ai jtoar nid^t baö Original beö Sünbniffe^, ba^ ber ßan^Ier 
toeggelegt l^abe, aber eine 6o))ie beffelben gum Sorfd^ein, bie aud^ 
alle äußeren ^eiä^m ber Stutl^entie i^atte. S)er fd^toarjfeibenen ©d^nur, 
toeld^e bie ©d^rtft burd^jog, n?ar an beiben Seiten ba^ fäd^fifd^e 6anjlei= 
ftegcl aufgebrüht; unter bem l^ing ba§ Siegel beiS ^anbringeö, ben 
§ei^og (Seorg trug unb ben ber Sanbgraf fel^r tt>oi}l fannte, mit 
feinen brei ©drüben, in bem obern ber Slautenfranj, in ben untern 
jtoei Söhjen. 5ßarf geftattete, ba^ ber lanbgräfli^^ ©ecretär eine 
6o))ie bat)on nal^m, unb- emj)fing 4000 ®. *). 

3n biefer Xlrfunbe toar nun aber baö älffergefäl^rlid^fte unb 
Seinbfeligfte ju lefen. 2)anad^ l^atten fid^ bie ßl^urfürften i)on SDlainj 
«nb SBranbenburg, bie §erjoge ,t)on ©ad^fen unb S3aiern, bie Sifd^öfe 
ton ©aljburg, SBürgburg unb Samberg mit bem Äönig fjerbinanb 
berbünbet , . um juerft ben ßl^urfürften t)on ©ad^fen, h?enn erfid^nad^ 

1) (Srjä^Iung beö Sanbgrafen in einem @c6rct6cn an ^crgog ©eorg 
^m 28, Sunt, tt>cl(^ce 9?ommcr (III, 21) aU mUxm fcetrad^tet, ba« ftd^ 
aber im %x(i}ii> ju 2)reöben finbct. 



30 günfted Sud^. 3n>eited (Sa^ttel« 

enicuerter Slufforberung toetgere, gütiger unb beffen änl^anger au^ju- 
liefem, mit . bereinigten Gräften ju überjiel^en unb fein Sanb ju 
tl^eilen: bemnäd^ft aud^ ben Sanbötafen anjugel^n, unb benn er nid^t 
toiberrufe, il^n an§ feinem Sanbe ju öerjagen, baö bann an $ergog 
©eorg fallen folle. %VLd) bie ©tabt HRagbeburg fotte il^rem (Srg^ 
bifd^of unterwürfig gemad^t toerben. S)ie Strt unb SBeife, fotoie bic 
©tärle bei äfngriff« toax genau beftimmt. 

2)er Sanbgraf, fd^on längft erfüllt mit SSermutl^ungen biefer aCrt, 
jtüeifelte leinen 2tugenbKdE an ber Slutl^entie beö il^m borgelegten 
äctenfttirf e^ ; ftürmifd^ eilte er, um aud^i bem ßl^urfürften babon Slad^« 
rid^t ju geben, nad^ SBeimar; and) l^ier tüirlte ba^S Ueberrafd^enbe, 33e* 
ftimmte, S)ringenbe ber ©efal^r betäubenb unbfortrei^enb; am 9. 3Räxi 
tarn ein SSunb gtoifd^en ben beiben fjürften ju ©tanbe, tuorin fie 
einanl)er berfjjrad^en, ju gegenfeitigem ©d^u| 6000 3K. j. %,, 2000 3K. 
g. ^f. jufammenjubringen. 3Kan fa^te bie Slbfid^t, ben angriff nid^t 
lange gu ertoarten, fonbem il^m juöorjulommen. SDer Sanbgraf felbft 
reifte nad^ 5lürnberg, nad^ Slni^bad^. Unter biefen Umftänben toax 
eS, ba^ er ben Dtto $ßadf, ben er nun naiver an fid^ gebogen, an ben 
aSoitüoben fd^idte. Unbertoeilt begannen bie Slüftungen. 35ie l^effifd^en 
%xvippcn berfammelten fid^ hei $errenbreitungen, bie fäd^fifd^en am 
2^l^üringer SBalb. ®anj S)eutfd^Ianb geriet)^ in Setoegung. 

3!)ie Sage ber 3)inge in bem eöangelifd^en 3)eutfd^Ianb toar aber 
nid^t fo befd^affen, ba^ e^ allein auf ^ ben rctfd^en SKutl^ eineö ober 
beö anbern dürften angelommen toäre. Stud^^ bie S^l^eologen, toor 
allen Sutl^er, ^aitm eine ©timme gu fül^ren ; unb eö fragte fid^ erft, 
toa^ biefe baju fagen h)ürben. 

Suti^er gtoeifelte fb it>enig h)ie bie dürften an ber Sled^il^eit be^ 
3Sertrage^, ben man i^m vorlegte: allein er fftnb, man toerbe baburd^ 
nod^ nid^t bered^tigt, fofort ju ben SBaffen ju greifen. 3)ieiS ftür- 
mifd^e S^^ä)laQm tüiberftritt feinen Segriffen bon SRed^t unb ©itte. 
®r meint, man müjfe ben dürften il^r 3Sorl^aben borl^alten unb pe 
hüten, babon abjufte^en: man muffe fie berf lagen unb il^re 2lnttr)ort 
bemel^men. > ©onft fönnte ein gürftenaufrul^r entftel^n, ber jur greube 
be^ Batan^ 3)eutfd^lanb bertoüfte. Sutl^er ift bon Sitten, bie ftd^ 
jemals an bie ©})i^e einer Söeltbetoegung geftettt l^aben, biettcid^t 
berjenige, ber am toenigften bon (Setoalt unb Äri'eg l^at toiffen tootten. 
6r l^ielt bafür, man fönne ftd^ bertl^eibigen, namentlid^ gegen Surften, 
h)ie bie genannten, tt>eld)e, aU bie ©leid^en feinet §erm, nid^t 
beffen Dbrigleit feien; aber ba^ man bie SCBaffen juerft in bie $anb 
nel^me, ju einem Eingriff fd^reiten fotte, ia^ toar über feine SSor^ 



«ßocfiWc ^änber 1528. 31^ 

ftettung*). @r toanbte ben @t)ru(i^: feliö finb bie ©anftmütljiigen, 
bie ^riebf crttgen , aud^ auf bie J)oIitif(l^en SSerljiäftmjfc an. „SBBer 
ba^ Sd^toert nimmt, foK burd^ baiS ©d^^vert umfommen." 2)er Ärieg, 
fagt er, hjagt aUeö, geh)innt toenig unb berliert gehji^, aber „Sanft* 
mutl^ Verliert nid^tiS, h)agt toenig unb getoinnt affe^." * 

3)at)on hjar wm ßl^urfürft 3<>^<*w^ Ie.id^t ju überzeugen, ber 
't(x% @bangelium ebenfo i)erftanb h)ie Sutl^er unb bon ganzem $erjen 
liebte: er toar nur burd^ ben l^eftigen SSerBünbeten mit fortgeriffen 
toorben. 3l^|t ftettte er bemfelben i>or, ein 3lngriff lönne bem ^'^(xx^fi 
gdium Unel^re bringen unb man müjfe batjon abftel^n. 2)er Sanb* 
graf ertoieberte, ba^ 8ünbni| ber ^einbe, bon il^nen berftegelt unb 
befd^tooren, fei fo gut lüie ber Singriff felbft; er mad^te auf bie SSor* 
tl^eilc aufmerffam, bie ein rafd^eig SSorfd^reiten mit fid^ bringe: baö 
toürbe "^QXii^in auftoerfen, ber je^t fd^Iafe: auf biefe SBSeife h>erbe 
x!<m ju fidlerem SSertrage gelangen. S)er ßl^urfürft toar aber nun 
nid^t me^r boriüärt^ ju bringen. @r fenbete feinen ©ol^n, bon einem 
jut>erldffigen SRatl^, 5Rameng SBilbenfelig, begleitet, nac^ ßaffel, mit 
fo beftimmter Stnhjeifung, ba^ ber Sanbgraf fid^ enblid^ entfd^lie^en 
mu^te, Sutl^erö 3latl^ ju befolgen unb bor allem ba« Sünbni^ be^ 
fannt ju mad^en,.bie barin genannten dürften jur 3Seranth)ottung 
aufjuforbern. ^w^^ö^P fd^idfte er e^S feinem ©d^toiegerbater ju^). 

9Ran fann ba« ®rftaunen nid^t fd^ilbern, ba^ bie beutfd^en $öfe 
bei bem ©rfd^einen biefer 2lnflage, biefeö 9lctenftürfeig ergriff. 

auf ber ©teile antwortete $erjog ®eorg, unb bejeid^nete ben, 
ber bälg Original etne^ fold^en Sünbniffe^ gefeiten ju l^aben bel^aujjte, 
a[§ einen el^rlofen unb meineibigen Söfetoid^t. ß^urftirft Qioad^im 
brang ioie §erjog ©eorg auf bie 9lennung beö Verlogenen 5Kanne^, 

1) «ebenfen bei be SBcttc III, 316. nr. 986. 987; o^ne StDcifel ober 
no(^ in ben Wixi gu fe^en, nici^t in ben ^^x. ®te toerben nemlid^ \^^x^ \\\ 
einer Snfiruction in ^Reubederö Stctenflüdfen p. 33 ertoäbnt: einer Urfunbc, 
bie jtoar and^ unbatirt ifl, aber gemiß nod^ in ben iWärj fättt, ba ber (S^ur* 
fürfl barin fagt, er ^abc einige feiner greunbe auf greitag nad^ pubica fc^irfl»» 
fünftig (3. STpril) ju fic^ befd^ieben. 

2) @d^reiben im Söeim. 2(rd^. unbatirt, aber öon ber erfien ©älfte 
%il«: Stntttjort.auf jene Snjlruction. „3<^ ö^rfel^e ntid^ genjiglid^, baffclbe 
(ba« OriginaO ju befommen in ber Äurj. ^tW aber g. ?. mir unb anbern 
ju Seimar gefolgt ^nnb fid^ ein flein Sofien nid^t bauern laffen, fo njufte id^ 
eö uf biefe 2:age ^aben.^' iWan ftel^it, baß ^ad gleid^ anfangs ®elb geforbert 
^aben muß» ?5tli^:|3 Jjerfid^ert in einem f<>ätern 33rtefc an ©ergog ®eorg bei 
Bommel in, 17, erfl über 3 ober 4 SBod^en ^abc er bem ^adf @elb an* 
bieten laffen. 



32 günfte« 53ud^. 3tt)eite8 (Sa^itcl. 

bcr bie« Sünbni^ etbid^tet, bamit man nid^t glaube, ber Sanbgraf 
felbft l^abe e^ erfonncn. ©o anth)orteten alle bie Slnbem. 35et Sanb- 
graf fal^ fid^ öenötJ^igt, feinen (^\t>af)x^mann feftnel^men unb ge- 
rtd^tlid^ berl^ören ju laffcn^). 

2(ud^ h)ir müflen l^ier h>ol^I bie Srage erörtern, bie bx^ auf ben 
l^eutigen %a^ nxä)t erlebigt fc^eint, toa« an biefer ©ad^e, biefew 
ȟnbni^ ift. 

SSor allem entl^ätt e^ in fid^ bie größten UntDal^rfd^einlid^feiten. 
ei^urfürft Soad^im j. 35. foff Reffen, auf ba« er traft ber ©rbeini^ 
gung biefer Käufer eben fo biel 3lnfj)rüd^e l^atte, bem ^erjog bon 
©ad^fen überlaffen unb fid^ bagegen Seeöfoh) unb ©torlolt) an^ht^- 
bungen l^aben, bie bod^ fd^on feit einigen Salären ein ©igentl^um be» 
^i^Ü)um^ Sebuig getüorben tüaren*). 2)ie ^erjoge bon SSaiern fotten 
mit ^erbinanb im Sunbe fein, um il^m Ungarn ju berfd^affen, h>al 
fie il^m eben ju entreißen badeten. Slud; ber Ärieg^J)Ian ift l^öd^ft 
tounberlid^, unb e^ liegt eine geiüiffe SBal^rl^eit.ber. ^^^onie barin, 
\oenn ^adf f^öter, um \id) ju entfd^ulbigen, ben ganjen ©nttourf aU 
„närrifd^ gefleHt" bejeid^nete ^). 

gerner aber, toa^ für ein 5!Jlenfd^ h)ar bod^ iiefer $adf! §nt 
2)reSbner Strd^ib finben fid^ Slcten über il^n, in benen er l^öd^ft un= 
jut^erläffig , betrügerifd^, ja eigentlid^ afö ein fd^Ied^teö ©ubject er- 
fd^eint. (Sr benu^te feine ©tellung am $ofe, um ®elb ^u erjjreffen. 
3)em SRatl^ t)on 3:ennftäbt g. S. borgte er unter fel^r glänjenben Sor- 
toonben, l^aujjtfäd^Iid^ bem, ba^ er feinen dürften bei ber Slu^Iöfung 
i>on üöei^enfee unterftü^en muffe, ein ^aar l^unbert (Sulben ab, beren 
Sßäiebererftattung er bann i)on 3^ermin gu 2)ermin öerfd^ob. ^n bem 
SSerjeid^nijs feiner ©laubiger ftel^en nod^ t)ier anbre Sanbftäbte, JPima, 
3Jlei^en, SDfd^a^ unb ßl^emni^*). Slber nod^ biel mel^r fällt il^m fol- 
genbe ©efd^id^te ^ur* Saft. 2ll§ er einft in ©efd^ciften feinet §erm 
nad^ 3lümberg reifte — mel^r al^ einmal finben h)ir il|n aU 9leid^^tag^= 
gefanbten — gab il^m ber S3ifd^of öon 3Jlerfeburg feinen Slnfd^lag 

1) 2)ic 5(ntn)ortcn, tü'xt bcr ongcblid^c SSeitrag felbfl, fle^^en Ui ^ort- 
Icbcr unb SBalci^. 3m 2)rcöbncr Slrd^iö finbet fid^ nod^ eine 3nflruction 
gerbinanb«, in tocld^er er ©cvjog ®eorg aufforbert, bcr ^a^t auf ben Örunb 
gu fomnten, tvo ftc i^ren Slnfang unb Urf|)rung l^abe. 

2) SBoMbrücf ©efc^id^te öon i'ebu« II, 414. 

3) ^6gebru(ft in ben Slcten tocn S)octor Otten« ö. $a(f 3l0^örung in 
Gaffel in ^offmannö ©ammtung ungebrucfter ^Rad^rid^ten p. 99. 

4) iWtffiöc fo in Dr. $ad8 ©aufe, ai9 er gefangen genommen, gc«* 
funben h)orben, im 2)reöbner 5lrd^it> nr. 7398. 



^adifc^c ©anbei 1528. 33 

für Regiment unb Äammergerid^t mit, einen Betrag t)on 103 V^ ®. 
3)er Sleici^^tag n>ar ju @nbe, $acf fd^on lange jurütfgelel^rt^ al^ ber 
Sifd^of eben toegen jene« Snfd^IageiS twn Sleid^^toegen gemal|nt U)arb. 
$a(f l^ierüber angegangen, erflärte ol^ne 3Serfegenl^eit, er l^abe bag 
®elb einem 5Rüm6erger Bürger, 5Ramen5 griebemann, eingel^än« 
bigt, ber e^ aud^ in ber 2^l^at bem ^Regiment abgeliefert, aber bon 
biefem leine Quittung belommen i}aic, n?eil notS) alte unbejal^Ite 
SRefte ba feien. @r legte l^ierüber Brief unb Siegel ^Jriebemann^ 
bei. 5RatürIid^ ging man nun biefen felber an. 2Bie fel^r mu^U man 
ober erftaunen, afö ber el^rfame Bürger erllärte, er fenne Soctor 
SPacf fo gut toie gar nid^t, l^abe nie mit il^m ©efd^äfte gel^abt, nie 
bon il^m ®elb em})fangen: dnä) h)ürbe if)m ja baö Stegiment eine 
Quittung für bie Qumme, bie er toirflid^ erlegt l^ätte, toenn gteid^ 
ttid^t für bie ganje ©d^ulb, auögeftettt l^aben: §anbfd^rift unb Siegel, 
toetd^e ber 2)octor eingefanbt, fönne unmöglid^ ben feinen gleid^ fein. 
2)ort im SCrd^ib finben fid^ beibe Slctenftüdfe, unb in ber a:]^at ift 
bie ^anbfd^rift, tüeld^^ ^ad beigebrad^t, öon ber äd^ten be^ ^j^^iebe- 
mann gänjlid^ berfd^ieben. ®enug, 5ßadf toar fd^on in Berfälfd^ungen 
geübt, alg fid^ ii^m biefe mn^ Gelegenheit, granbiofer alö jemals, 
barbot, ®elb ju mad^en. ®r benu^te fie, tt)ie h)ir fallen, auf eine 
ffieife, ba^ 35eutfd^lanb barüber beinal^e in innerlid^en Ärieg geratl^en 
toäre. 6r felbft l^at fjjäter nid^t mel^r auf ber äled^tl^eit feine^g 3Dlad^5 
toerfig beftanben. Er lie^ bie Bel^au)3tung,. ba^ er ein mit ben Sie= 
geln alter gürften belröftigteig Original in §änben gel^abt, am @nbc 
fal^ren, unb gab nur an, ein böl^mifd^er Sd^reiber, SBurif^n, l^iabe 
tl^m eine 6oj)ie auö Sd^Iefien gebrad^t. StUein aud^ bie§ jeigte fid^ 
untoal^r. 3)er Sd^retber betüie«, ba^ er in ber ^^it, toeld^e ^ai 
bejeid^net, gar nid^t nad^ ©reiben gelommen toar. 6r n?ar bamal« 
auö gurd^t bor ben Gläubigern, bie il^n Verfolgten, auf - flüd^tigem 
Su^ getoefen*). 

®in in ftd^ fo mit 2Biberf|)rüd^en angefüllte^, bon einem fo un- 
juberläffigen betrügerifd^en SKenfd^en bargeboteneg Slctenftütf mu^ 
o^ne ätoeifel loöttig berVoorfen toerben. 3^ f^i^^ <*wd^, ba^ bie 
^Reinung, ^adE l^abe einen Betrug ausgeübt, fid^ bamal^ fel^r balb 
aud^ biefleit geltenb mad^te. üJletand^tl^on toax babon fogleid^ über= 



1) ^Scr^Br Surifi^nö in einem Sonöorut bc« 2)reöbncr ?(tc5iö8, betitelt 
§anbct bettcffcnb be« Dr. Otto ^arf mit (5a«^ar Söurif^n. 3db bemerfc 
öusbrütfütö, baß idf midi» in ber gangen S)arfieaung auf nid^t« ftü^c, »a« 
?a(! auf ber golter befannt l^at. 
b. ^mlti äBrrfe Hl. 3 



34 günftc« «ud^. 3wcitcö (S,apxUl 

i^VLQi, afö et bie erfken SSetl^öre gelefen l^atte *). ßanjler 33rüÄ fteHle 
eine genauere Unterfud^ung an unb fanb baffelbe*). SJer Sanbgtaf 
5ßl^iIi^)J) 1}at eö mel^r aU einmal unumit>unben befannt. SWan toarf 
il^m h>ol^I f^äter einmal bor, er l^abe ba biel borgenommen unb 
loenig au^gerid^tet. „S)a^ gefd^ai^ barum", fagt er, „ba^ toir fül^= 
leten, ba| .toir betrogen^ hjaren"*). „SßJir befanben, ba^ toir ju 
milbe" (b, i. falfd^) „Berid^tet h)aren." 

Unb l^ätte er biefer Ueberjeugung nur nod) fr-ül^er 9iaum ge? 
geben, älö er toirllid^ tl^atl 

_ Slttein el^e nod^ bie Slid^tigleit jeneig Snttourfeö boüfommen Ilar 
geworben, toar er fd^on inö SBJürgburgifd^e eingefallen, unb bebrol^te 
bie ©ebiete öon Samberg auf ber einen, bon 3Rainj auf ber anbem 
©eke. SSon benen, toeld^e burd^ il^re SJrol^ungen feine Slüftungen 
beranla^t l^atten, forberte er je^t bie Soften berfelben. 3)a Stiemanb 
gerüftet toar, um if)m SßJiberftanb ju leiften, fo mußten unter 3Ser= 
mitielung bon 5ßfalj unb Xrier bie SJifd^öfe fid^ in ber'2:i^at ju 
(Selbgal^Iungen unb ungünftigen SSerträgen berftel^n. 

©0 glücflid^ man in SBittenberg ioar, ba^ ein ungered^ter Ärieg 
bermieben tourbe, fo tief em})fanb man bod^ baö Unjuläfjtge eine^ 
getoaltfamen SSerfal^ren^, bie Uebereilung, bie in ber ganzen ©ad^e 
gel^errfd^t l^atte. „6^ berjel^rt mid^ faft", fagt 9KeIand^tl^on, „toenn 
id^ bebenfe, mit toeld^em ^ledfen unfre gute ©ad^e baburd^ bel^aftct 
wirb. 9?ur burd^ (äebet toei^ id^ mid^- auf red^t ju erl^aften"*). 

3lud^ ber Scjnbgraf toar U>ol^t fj^äterl^in felbft baöon Befd^ämt, 
„SBäre e^ nid^t gefd^el^en", fagt er einmal, „je^t Würbe e§ nid^t ge- 
fd^el^en. 9Bir Wiffen feinen ^anbel, ben Wir unfer S^belang be= 
gangen, ber un^ mel^r mißfiele"*). ' • 

. 1) %n Samcrariuö Corp. Ref. I, 988: Alter sane odiose extorsit 
pecuniam nobis valde dissuadentibus : a25w; 8'oux oya^T) xexptjfjL^vw av5pt. 
Samcrariuö \}attt biefc 5(uöbrü(fc fclfir ermäßigt; ^retfd^nciber l^at fie »icbcr 
I^ergcftcttt, 

2) Oratio, de Gregorio Pontano habita a Vito Winshemio. De- 
clamm. Melanchthonis tom. Y. p. 205. „Principes commenticio foedere 
moti arma ceperunt. — Re inquisita Pontani diligentia exercitus dimissi 
sunt." 

3) 2)ritte S5crantn>ortung bei ^ortlcbcr IV, 19, nr. 26. p. 567. 

4) 13. 2>tpt a. a. O, p. 998. 

5) 2lcta ^aublungeii Negation unb ©c^riftcn, fo burd^ bcn burd^laucj' 
tigen Gerrit ^^ili^feu in ber 3»ilnfterf(^en @ad^e gef(i^c^cn: — (Saffel 
im iKai 1535. ,,3)ie ^ifd^offe bctreffenb, ifi unö ein ^anbel förfommen, btn 
l^aben n)ir nebft fielen öor n?o^r^aftig gehalten unb bemnad^ unfere unter* 



$a(!iWe ©anbei 1528. 35 

Sniein bamit it>ar bie Sad^e bod^ nid^t toieber gut gemad^t. 
Sie jog bielmel^r bie cmftKd^ftcn unb gefäl^rlid^ften folgen naä) jtd^, 

3Ran l^attc lül^ne ^I&ne einer Xl^eilnal^me an ben großen euro* 
(jätfd^en SSertüirfelungen gel^egt; ober man l^atle gefud^t, einen STug- 
fc^Iag in ben innem religiö^-^jolitifd^en S'^rungen l^erbeijufäl^ren. @g 
toar nid^tig al$ ein grober SanbfriebeniSbrud^ erfolgt, ber auf aüc^ 
SeftreBen ber religiöfen ^Partei ein nad^tl^eiligeiS Sid^t loarf. 

J)enn bagegen regte ftd^ nun natürlid^ bai8 ©efül^l be^ SRed^te^ 
unb be§ SReid^eig. 

3So.r aUcm toar man im fd^toäbifd^en 33unbe mißvergnügt, ju 
toeld^em folpol^l ber Sanbgraf alö bie Sifd^öfe gel^örten. 2)erSanb^ 
graf fd^idfte entfd^ulbigenbe ©d^reiben: er erbot ftd^, bor ßl^urfürft 
Subtoig ju 9ied^t ju ftel^n. 2)er SSunb antwortete (9?ot). 1528): e§ 
kbürfe feinet ^eä)Un^: er toerbe auf bem Sud^ftaben ber (Einigung 
berl^arren. „^^ toottte, baß ber jtingfte 3^ag l^eteinbräd^e", ruft ein 
älBgeorbneter in feinem ®if er au^ , „bamit man nur biefer unb an^ 
beter ©efal^ren überl^oben toürbe." 

SBar in ben D6erl^äu|)tern beiber ^Parteien eine geloiffe Senbenj, 
ftd^ bem ^aufe Deftreid^ entgegenjufe^en, ber euroj)äifd^en Dj^^jofition 
toiber baffelbe anjufd^Iießen, fo feigen toir nun, toie bie SBeJoegungen 
eine ganj anbre SRid^tung nal^men, unb eigentlid^ burd^ einen 3rr- 
tl^um' einen Setrug, eine Uebereilung alle gegenfeitigen Seibenfd^aften 
aufgeregt tourben. 

greilid^ l^ätte baö nid^t gefd^ei^en lönnen, Joenn nid^t bie innem 
®egenfä|e fid^ jeben 2lugen6Iidf mel^r befeftigt l^ätten. 

6ben toie auf ber ebangelifd^en ©eite Drganifationen im ©inne 
ber Steuerung unternommen tourben, fo toar man auf ber anbern 
Bebad^t, bie toanlenben fatl^olifd^en Ueberjeugungen mu ju begrünben. 

§ie unb ba brandete man biefelben SRittel. ^n Deftreid^ finben 
toir 1527 unb 1528 Äird^enbifttationen, toie in ©ad^fen, an^ geift? 
lid^en unb toeltlid^en SKitgliebern jufammengefe^t; nur ganj im mU 
Qegengefe^ten ©inne. SKan fud^te baburd^ bie Seobad^tung be^ 9le= 
genöBurger ßbictö unb ber barauf gegrünbeten erjl^erjoglid^en 3Ranbate 

tränen retten tooKcn; ba toix ater befunben, ba« tt>ir gu milbe bettd^tct ge* 

toe(en, feinb toir mit unferm gürl^abcn fiitt gcjlanbcn; baß unö aber 

©elb getoorben ift, l^aben un« bie Sl^urfüjlen mit gutem SSJiffen getäbingt, 
unb bfirfet eud^ btefe unfere ©anblung ^u feinem ©jrcmi^er fürbilben, benn n?ir 
tötj^en leinen ©anbei, ber un« me^r mißfällt, ben h)ir unfer lebelang 6e* 
Qfttigen, benn eben biefer; »ere er ni^t geft^el^en, er toürbe nunmal« nid^t. 
8e((ä^«ien." 

3* 



36 güurteö 33u(6. 3n?cttc« (£a|?ite(. 

gunäd^ft gütlid^ in @ang ju bringen ^) ; gar bdb aber fal^ man, ba^ 
bie neuen SReinungen fcbon febr h)ett Dorgebrungen toaren, unb fd^ritt 
ju Strafen, am 20. Quli 1528 toarb. üerorbnet, ba^ bie Äe^er 
nid^t nur gemein, fonbem J^oc^malepcifd^ ju [trafen feien*); am 
24. 3uli tourben alle 3)ru(fer, ja «atte ^^eill^aber fectirerifd^er Saliner 
bebrol^t, al^ 3Sergifter ber Sänber mit bem 3:ob im SBafJer beftraft 
ju toerben. Gö ergingen Gbicte, um bie fd^on fel^r l^crabgefommcne 
griftlid^e Sfutorität ber juftetten '). 

Sn 3:^roI legte man ben Sleid^^fd^Iufe toon 1526 jii Ounften 
be^ Äat^oltci^muiS auö, unb h)ottte an bie baö gal^r jubor gemad^ten 
äugeftänbniffe nid^t me^r gebunben fein. 

3n Satern Wax bie, §auj)tfad^e fd^on getl^an, unb man trug 
nur Sorge, bie berl^a^ten SRid^tungen nid^t aufö SReue einbringen gu 
laffen. J)ie Strafen tourben betoad^t, um biejenigen, tüeldfte ju ben 
ebangelifd^en $rebigten in ber 3lad^barfd^aft gingen, ju fangen unb 
ju [trafen. Stnfangö um (Selb; ba man aber iüoJ^I [agte, ber ^ergog 
ti)ue ba^ auö ©eij, [o nal^m er fein @elb toeiter. 3e^t lie^ er in 
Sanb^berg 9 3Känner gum 2:obe im 3=euer, in 3Ründ^en 29 SKänner 
gum 3^obe im SBoffer berbammen. 28er fennt nid^t ben 9iamen beö 
unglürflid^en Seonl^arb Ääfer? ©r toar nur barum bon SBittenberg 
in [eine ^eimatl^ naä) Sd^ärbing gereift, um [einen tobfranfen SSater 
gu ht^ud)m ; l^ier aber h)arb er gar balb Derratl^en unb ergri[fen, auf 
bem Sd^ramment)Ia^ gu ^affau berurtl^eilt unb balb barauf öer^ 
brannt*). 

So ful^r benn a,ud) ber fd^toäbifd^e 33unb in feinen Gfecutionen 
fort. 2)ie 93unbeö]^au))tleute befamen im gebruar 1528 Sefel^I, SlHe, 
loeld^e ber SBiebertaufe tjerbäd^tig, auö il^rer orbentlid^en (Serid^tg- 
barfeit abjufül^ren unb ol^ne 5ßrocej^ bom Seben jum S^obe ju bringen. 
S)er 9latl^ in 9lümberg })rote[tirte l^iegegen: ttJal^rl^a[tig nid^t auö 
Hinneigung ju ben SBiebertäufern, fonbem h)ei[ er meinte, man gebe 
t)or, bie SBöIfe ju jagen, unb fange bie Sd^afe, man toirbe auf biefe 
2Bei[e aud^ bie Sefenner unb $rebiger beö SBorteö Verfolgen. 

2)er Sifd^of bon ßoftni^ brad^te ein faiferlid^e^ SRanbat au^, 
burd^ hjeld^e^ Sllle, bie in bem Ärei[e biefeö Sti[teig ge[effen, ange- 
h)ie[en n?urben, bemfelben „[eine gei[tlid^en Qluri^bictionen, 33annalen, 

1) ©ud^or^ YIII, 139. 

2) '3taii\>a6f (gb. Ocftr. II, 49. 

3) 3. ©. 6et dlanpaö) U, ^til nr. VHI. 

4) ©c^cr^orn hü hinter I, 258. 



Verfolgungen b^er @i?angclifc^cn. 37 

iPräfentationeu; erfte %x\id)t, anbere STItl^erfommen unb gute ©elDol^n- 
l^eit" folgen ju laffen. Unb fel^r crnftlid^ berful^r btefer Sifd^of gegen 
bie abtrünnigen. S^'^^**^'^ §üglin t)on Sinbau toarb in 3Körg6urg 
afö ,,ein ©egner ber l^eiligen ^Kutter Äird^e" ben toeltlid^en ©endeten 
unb bem ^euer übergeben. 

So ging e^ ben Sll^ein l^inab. ßin ^rebiger i)on ^^aHe, ber 
nad^ Stfd^affenburg citirt it)orben, tourbe auf bem Slücflüeg ermorbet; 
man trug fein Sebenfen, biefe Unti^at bem (Eapitd bon 5D?ainj Sd^ulb 
ju geben. 

3n 6öln lüarb Slbolf ßlarenbad^ berurtl^eilt, ineif er nid^t glauben 
toottte, ba^ ber 5ßa|)ft baä ^aupt ber l^eiligen Äird^e fei, gu jlüeifeln 
f(^icn, ob nid^t in ben ßoncilien jutoeilen ettüaö feftgefe^t toorben fei 
ober bod^ feftgefe^t Serben fönne, \va^ bem göttlid^en JBorte entgegen- 
laufe*); unb lüaiS bem mel^r ift. S)ie Ueberlegenl^eit, bie Ginfid^t unb 
ber befonnene 3Wutl^, toeld^en ber 3(ngeIIagte in feinem SSerl^iöre betrieb, 
fmb toal^rl^aft b^tounbern^tüürbig. 2lud^ Jögerte ber Slatl^ ju (Eöln lange 
3rit, in bie Gyecution gu UjiHigen. 3Kan bel^au|)tet, er fei nur ba^ 
burd^ jule^t bagu bermod^t tüorben, ba^ bie 5ßriefter bie SJerUJüftungen, 
lield^e ber englifd^e Sd^toei^ in 6öln anrid^tete, aU eine ?Rad)e 
©otte^ über bie Stabt, h)eU fie bie Äe^crei nid^t ftrafe, bejeid^neten. 
„D 6öln, (Eöln", rief ßlarenbad^ an^, alö er jum §od^gerid^t l^im 

geführt tparb, „Waß berfotgft bu ©otte§ 2Bort? 6^ ift nbd^ 

ein 9lebel in ber 2uft, aber er lüirb einntal reiften "^). 

3u fo graufamen ©jceffen })riefterlid^er SSerfoIgung fam c^ nun 
in bem nörblid^en S)eutfd^Ianb Wof)l nid^t mel^r, allein nod^ immer 
liefe ^erjog ©eorg bie armen 2e\iU, lüeld^e ba^ Slbenbmal^t nid^t na^= 
men, toeil fie e^ nid^t unter beiberlei ©eftalt em))fangen burften, im 
fc^imjjflid^ften Slufgug mit Stau>)enfd^lag öon ©d^arfrid^ter unb öüttel 
aug bem Sanbe bringen, ^n Sranbenburg bereinigten fid^ auf bem 
Sanbtag SSifitationiö ajfariä bon 1527 nod^ einmal ß^urfürft unb 
Stänbe, mit allen il^ren Äräften über bie Seobad^tung ber alten 
ßeremonien gu l^ialten, feinen Pfarrer ol^ne 3wl^ffwng be^ Drbinariug 
anjune^men, bie ©eiftlid^en in i^rem 33efi^ gu fd^ü^en, gegen bie 
Uebertteter nad^ ben 3Jlanbaten ^)ä})ftlid^er §eiligfeit unb faiferlid^er 

1) 2)ie crflc gragc, bie i^m gegeben marb. 3JJontag nad^ ^alm» 
fonntag 1528. 

2) 'SiaU 2)?avt^revbuc^ 2:^1. H, fol. 243. 249. @ö ifl au^ tpicr »ic 
fonjl eine alte, gtei(^jeittgc, alle 2>pvixtn ber ®(aubn?ürbigfeit tragenbc, fe^r 
au«fü^vUc^e (gr^ä^lung, n?aö mx Ui dia^uQ finben. 



\ 



38 günftc« ©ud^. 3n)eite« (Jaultet. 

SKajeftät ju berfal^r^n'). S^bod^ Xoax nid^t ba$ ganje Sanb toie 
fjütft unb ©tänbe gejtnnt. 35ie erfte noml^afte ffiibfrfe^Iid^feit er^ 
ful^r Soad^itn 1 öon feiner eigenen ©emal^Iin ©lifabetl^. ©ie fd^Io^ 
pd^ lieber ax\ baö, emeftinifd^e §auö ©ad^fen, bon bem fte ftammte, 
an il^ren Dbeim ßl^urfürft S«''^^^'^ «"/ <^^^ ^^ i^^^w ©emal^l, gegen 
ben fxe mand^e anbre Slage l^atte; il^r Seibarjt SRa^enberger, $l^#- 
cttig ju Sranbenburg, einer ber eifrigften 95efenner ber neuen Seigre, 
vermittelte il^re SSerbinbung mit Dr. Sutl^er, bejfen Sudler jte föngft 
beh)unberte - unb i)erel^rte; enblid^ toagte fie e^, inögel^eim, in il^ren 
®em&d^ern, aut bem* ©d^Iojfe ju 93erlin, ba^ Slbenbmal^I unter • 
beiberlei ®efta(t ju nel^men; aber bie ©ad^e blieb nid^t »erborgen: 
bie ganje §eftigfeit iJ^re^S ©emal^Iö ertoad^te; e« fd^ien afö tooKte er 
bie' ergangenen üJlanbate aud^ an feiner ©emal^Iin au^fül^ren: er lie^ 
fie in il^rem 3i>wwier einfd^Iie^en unb foff fie bebrol^t l^aben, fie ein- 
mauern JU laffen. 6ö gelang il^r jebod^ ju entlommen. 2Rit einem 
Äammerbiener^ unb einer 3iW"9f^'^ ^I^ Säuerin, auf einem '^an^- 
tragen langte fte am 26. 5!Rärj 1528 ju 9lad^t in Morgan bei bem 
ß^urfürften Don Sad^fen an*), ©ie erflärte il^m, \otwci fie il^m Idftig 
falle ober gar il^m ®efal^r jujiel^e, h?olle fie. ioeiter gel^n, fo loeit 
il^re 2lugen fie ioeifen toürben. ßl^urfürft Qol^ann bel^ielt fie jebod^ 
bei pd^ . unb gab il^r Sid^tenburg ein, too fte ganj il^rer frommen 
Ueberjeugilng leben lonnte. 

©0 ftanb eö bamalö in 2)eutfd^lanb: toa^ man in einem 2^l^eile 
beffelben für bie ©umme ber grömmigfeit l^ielt, befträfte m(m, in 

1) iU^anbat !S)onnerfla9 nad^ ^. ^» 4. 3uli, neuerbingd bei iD>{üller 
@efc^. ber »Reform, in ber aÄarf p. 138. 

2) Siiad^rid^t @|>alatin« bei iWencfen H, 1116. 2)ic 3lu«süge ©etfen* 
borfd II, 42, add. III, flnb nid^t gang genau. %uc^ glaube ic^ an ber (Sr« 
gäl^Iung jmeifelu gu bürfen, bie pd^ bort finbet unb in fo öiete @efd(>id^ten ber 
SWarf unb i^rer ^Reformation toerbreitet l^at, baß bie 2:od^ter ber (j^urfürpin, 
Sflamtn^ (glifabet^i, e« getoefen fei, bie fie öerratjien ^>abe. (Sin iWäbd^en 
Don 14 3a^>ren toar fte ttjenigflen« nid^t, toie man gefagt l^at. @ie toar 1510 
geboren unb bereit« im 3a](>re 1527 (7. 3ult) an -&ergog (grid^ Don (Sälen* 
berg öer^eirat^ct njorben. (53ünting ©raunfd^m. (S^rontf II, 68**.) ©ollte fte 
im aWära 1528 in ©erlin genjefen fein? Söenigften« im ^ugufl biefeö 3a^re« 
brad^te fie i^ren erflgeborenen @o]^n gu aWünben gur Söelt. Sl^r ®cma^l, 
40 Saläre älter al8 fie, cntgildt barüber, baß er einen (grben l^atte, geflattete 
il^r eine ©itte. @ic bat um bie 53efreiung eine«, Pfarrer«, ben man feflge* 
nommen, n)eil er ba« ^benbmal^l unter beiberlei ^eflalt audget^eilt b^^tte. 
(33ergl. ^aöemann ^ergogin (Slifabetb p. 13.) Unb biefe gürflin foll ein ^aar 
3)>{onate ))or(er bie eigene SD^utter angeflagt ^aben? (Sd ift alle« gletd^ un^ 
koa^rfd^einlid^. 



bem anbem aU ba^ a^fd^eultd^fte 3Set6red^en. 9Bai$ man bort ju 
grunben txa^UU, fud^te man l^ier unter jeber Scbingung burd^ iebe« 
3)2tttel auszurotten. 

Sie Errungen, toeld^e ^ad Deranla^t«, finb red^t Bejeid^nenb 
füt bie jJoUtifd^en Slüdteirfungen, bie aud bem geiftlid^en ©treite 
entfjjrangen. 

Unb bieS ioaren leineStoegS bie einzigen ^einbfeligfeiten, toeld^e 
e§ in Seutfd^Ianb gab. 

3n golge ber 6nth)idfelung ber fd^h)eijerifd^en Airline loaren 
bielmel^r unter ben @t)angelifd^en felbft S^^^ürfniffe auiggebrod^en, 
bie nad^ unb nad^ fd^on ju Jjolitifd^er Sebeutung l^erantoud^fen. 

ffiir fönnen feinen ©d^ritt toeiter gelten, ol^ne bie religiöfe 93e* 
toegung ber ©d^toeij naiver inS 2luge ju fajfen. (£s liegt barin einig 
ber toid^tigften SKomente für ben Fortgang hc^ ganzen ®reigniffeS. 



S>ntte$ gapifef. 

Steformation in ber (Sc^toeij« 

Dbgletd^ bie Sd^toeij ein etgentJ^ümlid^eg ©ememtücfen bilbete 
unb eine bon bent Steid^e unabl^ängige §ßolitif berfotgte, fo tvax fte 
bod^ bon benfelben geiftigen 2^rie6en burd^brungen, toeld^ unter ben 
2)eutfd^en, namentlid^ ben Dberbeutfd^en, bortoalteten. 

S)ie anticlericalifd^en Seftrebungen beg Sal^rl^unbertö l^atten auc^ 

l^iet fd^on frül^ um ftd^ gegriffen. SPlan Beftritt bie ßjemtionen ber 

^ ©eiftlid^feit t)on beut ireltlid^en ©eric^t, toie fie ber Sifd^of bon Gl^ur, 

ober t)on au^erorbentlid^en Stuflagen, h)ie fie bie im Si^urgau grunb= 

beft^enben Oxalaten unb 6aj)itel in ätnfjjrud^ nal^men. 

(Sbenfo l^atte bag literarifd^e 3;rei6en ber beutfd^en ^Poetcnfd^ulen 
l^ier gar balb Eingang gefunben. ^n Sujern, St. ®aUm, ^reiburg, 
Sem, ßl^ur unb gürid^ finben toir äl^nlid^e 2lnftalten. 6« entftanb 
aud^ l^ier ein jiemlid^ berbreiteteö (iterarifd^e^ publicum, für hjeld^e^ 
6ra§mu^, feitbem er ftd^ in Safel niebergelajfen, ben lebenbigen 
9KitteI^unft bilbete. 

2)al^er lam e§ nun anä), ba^ bie erften ©d^riften Sutl^er^ in 
ber ©d^tüeij eine fo gro^e Sl^eilnal^me fanben. ^n 33afel l^at man 
*fte jum erften 5!JtaI jufammengebrucft. Sd^on 1520 finben ioir „ein 
lurj ©ebid^t Sutl^ern ju Sob unb feinen SBibertoärtigen ju Qpoti" 
\>on einem tl^urgauifd^en 33auer. 35iefen ©eift näi^rten bann bie Don 
SBSittenberg jurüdKel^renben Stubirenben. SJlan l^at bie Flamen SJer^ 
jenigen aufgejeid^net, bie babei lüaren, al§ Sutl^er bie SSuffe ber= 
brannte. 33on ber ßbene unb ben ©täbten brang bie ^i^ebigt inS 
©ebirge ,. nad) ©raubünben , 2l})J)enjett, 'Sd^lo^^. 2)er Slbminiftrator 



3^inö^t. 41 

öon Sinfiebeln, ein^®eroIb^edf, it)irb' bon S^i^Ö^i ^^^ i>^^ 3Sater 
aller, h?eld^e ©Ott lieBen, 6ejeid;netO. 

3Benn nun bennod^ bie Seh)egung, bie in ber Sd^lDeij eintrat, 
einen anbern (Sl^araftet, auä) in Sejug auf bie religiöfen %xaQcn, 
mtiüicfelte alg bie beutfd^e, fo l^ing baö bor allem bon ber Sinneg- 
toeife unb bem Silbungögange beiBjenigen 3Wanne§ ab, t)er bafelbft 
ben ^ampf über fid^ nal^m unb burd^fül^rte, Ulrid^ Si^i^öfi*^« 

Slnfängc B^^ii^fl^i^^- 

3h)ingH ift in ber ©emeinbe SBilbenJ^auö in 2^oggenburg ge= 
boren, in beren SWarfung bie 2^l^ur entf^ringt, in einer §öl^e, loo 
feine ^Ibfrüd^te nod^ Dbftbäume mel^r fortfommen, gtrifd^en grünen 
äll^)entoief en , über ioeld^e bie fal^kn, lul^nen g^irften emporftreb'en. 

©eine Äinbl^eit (er ift einige SBod^en jünger al^ Sutl^er, geboren 
am ^Jeujal^rgtag 1484) fiel in 3^iten, in toeld^en [xä) bie ©emeinbe 
ijon ben brücfenbften feubalen Saften, ju benen fie bem 2lbt bon 
St. Satten öer^flid^tet ioar, nad^ unb nad^ frei mad^te. §auj)tfäd^lid^ 
unter ber Seitung feinet 3Saterg gefd^al^ bie^, ioeld^er ber bornel^mfte 
3Kann im Drte ioar, Simmann bafelbft, biele 2Biefen unb 3ll})en 
eigentl^ümlid^ befa^, unb bon einer großen Familie umgeben — er 
^atte ad^t Söl^ne — ^jatriard^alifd^ toürbtg ^an^ f)idt 

3Son fo öielen SSrübem })flegte fid^ aber in jenen 3^iten immer 

6mer ober ber Slnbere bem geiftlid^en ©tanbe ju ioibmen: baju 

toarb unfer ^ulbreid^ B^i^Ö^^ beftimmt: fein D^eim, ioeld^er ber 

• erfte Pfarrer getoefen, ben bie SEBilbenl^aufer fid^ felbft geloäl^lt unb 

ber je^t in SSefen ftanb, übernal^m feine 3Sorbereitung. 

Unter ben 3ügen, bie unö an^ 3^ingli'^ Qugenb überliefert 
toorben, ift tool^l ber ber merftoürbigfte , ba^ er öon SRatur einen 
befonberö reinen ©inn für bie SBal^rl^eit befa^. 6r erjäl^lt einmal, 
ba| il^m — -bei bem erften ©rtoad^ien beg 2)enfeng über öffenflid^e 
linge — ber ©eban!e aufgeftiegen , ob nid^t bie Süge eigentlid^ 
härter ju beftrafen h)äre alio ber 2)iebftal^L S)enn SBal^rl^aftigfeit, 
fügt er l^inju, fei bod^ bie SKutter unb Duette atter SCugenben. 

5!Kit biefem unberborbenen ©inn, ben er au^ ber reinen Suft 
feiner Serge mitbrad^te, trat er nun in Literatur, öffentlid^e^ Seben 
unb fiird^e ein.. 

1) S3rtcf an 2D?pcomuö 26. ?(ug. 1522. Zwinglii Opera, curantibus 
Melch. Schiilero et Jo. Schulthessio, Tom. VII, Epp. vol. I, p. 218. 



42 gUnfted $u(^. 2)ritted (Sa|>iter. 

@r flubitte auf ben ©deuten gu Safel univ. ju Sern , unb ben 
Uniberfttäten ju SBien unb toieber gu SafeH). Sben Begann bie 
S^od^e, in toeld^er bie clafftfd^en Stubien, im ^e^m^ai^ mit ber 
6d^oIafti! bed 3flxiUlalUxi, aKentl^alben in 9lufnal^me lantett. 3^ingli' 
Wo^ ftd&, h)ie feine SeJ^rer, alle feine ^Jteunbe, biefet Slid^tung an, 
unb l^ielt fte feft, aud^ aU et nod^ fel^r jung im Saläre 1606 ^Pfarrer 
in (Slaruö tourbe. ätte 3Ku|e, bie fein 2lmt il^m lie^, toibmete er 
ben ©tubien. 3wh)eilen f}at er fid^ in fdjfriftftetterifd^en ^robuctionen 
im ©inne ber Satiitiften jener 3«t t)erfud^t; bod^ ift e§ il^m nid^t 
gelungen, fid^ unter ben 5IReiftem be^ ©tifö eine ©teile ju ertoerben*). 
$auj)tfäd^lid5i lag unb ftubirte er bie Sllten. SRe^r nod^ i^r ^n^alt, 
il^r großer ©inn für baö (Sinfad^e unb SBäal^re feffelte il^n, aU i^n 
il^re gorm jur Slad^al^mung reijte. 6r meinte tool^l, ber göttlid^e 
Seift fei nid^t auf $aläftina befd^ränlt getpefen, aud^ 5ßlato l^aBe 
au^ bem göttlid^en 33orn getrunfen; ©eneca nennt er einen l^eiligen 
STOann; bor allem berel^rt er ^inbar, ber fo erl^aben bon feinen (Söt- 
tern rebe, ba^ il^m eine Sll^nung t)on ber einen l^eiligen ©otteöfröft 
beigeh)ol^nt l^aben muffe ^); er ift il^nen allen banfbar, toeil er toon 
il^nen äffen gelernt, toeil fie il^n jur SBal^rl^eit gefül^rt. Qn biefen 
©tubien begriffen, nal^m er nun audjl bai8 gried^ifd^e neue Xeftament, 
in ber Slui^gabe bon ©raömug, ^ur $anb unb h)ibmete il^m ben 
größten %Ui% Um ftd^ mit ben 6))ifteln 5ßauli Vertraut ju mad^en, 
lie^ er fid^ bie 5!Kü]^e nid^t berbrie^en, fie mit eigner §anb fauber 
abjufd^reiben*); am SRanbe merfte er fid^ bie Sluölegungen ber Äirdjien- 
bäter an, 3uh)eilen ftörten il^n nod^ bie tl^eologifd^en Segriffe, bie 
er bon ben Uniberfäten mitgebrad^t, aber balb fa^te er ben Qni- 
fd^lu^, bon aücm anbern abjufel^en unb bie SReinung ®otteg au^ 

1) @ein bornei^mflcr Je^rer in Safcl h)ar 2:^cmae ©v^tenSad^ , fc(6ft 
ein @ci^ütcr bcö ^aul €cri!|)tori« in 2^übingen. Gualtherus Praefatio ad 
priorem partem homiliarum in Ev. Matthaei ad Josuam Wyttenbachiiim. 
Mise. Tigur. lll, p. 103. 

2) De gestis inter Helvetios et Gallos ad Ravennam, Papiam aliis- 
que locis relatio, bei gre^ei^^truöe III, 171. 

3) Nihil est in omni opere, quod non sit doctum, amoenum, sanctum. 

Quum aliquando dei munere oculos recipimus eosque ad vetustis- 

simos scriptores attollimus, jam videntur lux et yirtus in conspectum 
venisse. @ie^e bie $orrebe unb iRad^rebe, koelc^e B^ii^B^i ^^^^^ bem ^arntn 
Huldrychus Geminius ber Sluögabe beö ^inbar bon fie^orin 1526 Jinju* 
füflte. Mise. Tig. m, 207. 

4) ©dinier: $u(breid^ 3*'>in9lif ®cfci^i(i^te feiner ©iCbung gum ^tfox* 
mator. Slnmerfungen p. 7. 



ätoingii- 43 

beffen lautcrem, einfältigem SS8ort ju lernen. ®^ toarb il^m l^etter, 
toenn er ftd^ fo un6ebingt benr 3Jejte l^ingab. aber jugleidj^ bilbete 
jid^ in ber 3liefe feiner ©eele eine bem H^l^erigen Äird^entoefen hjiber^ 
fj)re(i^enbe Uebergeugung aug. 3n ©nftebeln, tool^in er im ^af)t 1516 
gcfommen, fagte er einft bem ßarbinal ©deiner unöerl^olen, ba« 
^a})fttl^um l^obe leinen ®runb in ber Sd^rift. 

^a^ nun aber feiner S^l^ätigfeit il^re d^arafteriftifd^e Slid^tung 
gab, toar nod^ ein anbereö 3D?oment. S^i^^Ö^i ^I*^ ^^ 3le))ublifaner, 
in einenl unaufl^örlid^ betoegten bürgerlid^en (Semeintoefen aufgetoad^^ 
fcn; lebenbige SCI^eilnal^me aud; an ben ))oIitifd&en (äefd^äften feineiS 
Sktcrianbeg toar il^m 9latur. Sn jenen 3^^^^^^« brad^ten nun [bie 
italienifd^n Kriege äffe. Sebenölräfte ber ©ibgenoffenfd^aft in Seh>e= 
gung, erl^oben fie ium Slange einer großen 3Kad^t in QvLXopa. Soleier 
al^ einmal l^at 3^i«9K f^i^ friegerifd^e ©emeinbe in^ gelb be- 
gleitet: er jog mit nadjl 3Karignano. Slffein mit bem Äriege toar 
jugleid^ ba^ Untoefen beg SleiSlaufen^ unb ber Qal^rgelber eingerijfen. 
Sott bem (Seifte beig Sollet tourbe eö gemi^bittigt, toie bie 99eh)e= 
gungen betoeifen, bie furj l^intereinanber in Sujem, ©olotl^um, Sern, 
3ürid^ barüber au^brad^en; — bie gemeinen Seute toofften bon SSünb« 
niffen nid^tg Ipiffen, burd^ toeld^e il^re 33rüber unb ©öl^ne in frembe 
Sänber, in ben %oh gefül^rt loürben; pe forberten bie SSeftrafung 
ber „S)eutfd^franjofen, ber Äronenfreffer" ; julDeilen mu^tf n bie großen 
Sot^e toirflid^ „ÜRietl^e unb GJaben" berfd^hJören, unb nid^t feiten 
etflärten fid^ bie 2^agfa^ungen bagegen; aber affjuftarle SBortl^eile 
ber SRad^tl^aber in ben ßantonen fnü))ften fid^ baran, alö ba^ man. 
eg aufgegeben l^ätte: eine Irieg^Iuftige Qugenb fanb fid^ immer, um 
ben Werbungen ©el^ör gu geben, unb ba^ Uebel toud^g bon 3^ag ju 
läge. S^i^Ö^/ ^^^^ M ^^^ ^^ latiniftifd^en geleierten, fo audjl ber 
beutfd^en populären Sitfratur anfd^Io^, bie, toie h)ir un^ entftnnen, 
angriffe auf obtoaltenbe SWi^bräud^e gern ju il^rem ©efd^äfte mad^te, 
f^rieb fd^on im Saläre 1510 eine jiemlid^ auögefjjonnene ^abel, toorin 
er ber (Sibgenofleufd^aft bie Umtriebe öorftefft, beren Dj)fer fte fei, 
toie fie bon liftigen Äa^en berfül^rt, bon getreuen §unben bergeblid^ 
getoamt toerbe, toie fie barüber il^re ^Jreil^eit Verlieren müjfe, bie 
tyreil^eit, eine fo j^ol^e ©nabe, ba^ man fie nadjl bem S3eifj)iel ber 
Stoorbem mit ©})ie^ unb Streitaxt öertl^eibigen foffte, nid^t aber 
burd^ SSerbinbung mit gremben gefäl^rben: benn too man TOetl^e 
unb ®aben nel^me, ba gel^e äffe Sunbe^brüberfd^aft ju ®runbe^). 

1) $utbri?d^en S^ing^if |)rieftcr«, fabetifd^ gebid^t bon einem od^fen unb 
etlichen toteren jlej laufenber 2)inge begriffenlid^. 



44 günftcö Söut^. 2)rittee ^apM. 

Sei attebem finben h?ir il^rt felbft nod^ eine 3^i^Iö*^9 i^w'^^ ^^^ 2[n= 
nal^me einer J)ä})ftnd^en ^enfton gebunben. 6ig fd^ien il^m ol^ne 
3h)eifel ganj ettoaig ätnbere^, bon bem ^ap% ber bie geiftlid^e Dbxi^- 
Uli ber eibgenofjenfd^aft toar, eine Heine Sefolbung gu jiel^en, ate 
t>on einem t)öHi0 fremben dürften, toie bem Äönig bon ^ranfreid^, 
@e(b ju nel^men, gegen beffen 3lnl^änger fid^ fein föifer junäd^ft xiä}- 
Ute. ^m ^df)x 1516 erblidfen h)ir il^n mit ber franjöfifd(^en gaction 
in (Slaruö, too fte, hjie im größten Sl^eile ber ©d^h)eij, eben em^)ors 
tarn, in bottem ^am^)fe. Gr unterlag jtoar, ba ber Äönig bie mäd^^ 
tigften (Fingebornen geh)onnen; er fann nid^t genug fragen, tt)ie t)ie[ 
er barüber l^abe auigl^alten müjfen; er fal^ ftd^ am ßnbe fogar ge^ 
nötl^igt, feine ^Pfarre Jjorläufig ju berlaffen unb eine untergeorbnete 
3SicarfteIle ju ßinfiebeln anjuneljimen ^). SlUein eben ba^ fül^rte il^n 
JU einer boßftänbigen 2luöbilbung feiner urfjjrünglid^en ©efinnung 
jurtirf. 35a bie franjöfifd^e Partei attmäl^Iid^ bie l^errfd^enbe tüurbe, 
fo entiüidfelte fid^ ber SBiberftanb gegen biefelbe in i^m ju • einer 
93e!ämj)fung be^ ^Penfton^hjefenö üUxf^aupt Xa^ ©ntfte^en einer 
über bie ganje Gibgenoffenfd^aft Verbreiteten SSerbinbung bon Fami- 
lien unb Dberl^äu))tern, in einem bod^ borjüglid^ J)erfönlid5len Sntereffe, 
fal^ er mit SRed^t alö ein ßreigni^ an, iDeld^e^ bie allgemeine grei- 
l^eit gefäl^rbe. 2)ie öffentlid^e SKoral, bie burd^ bieö Untpefen Be- 
leibigt \vax, bie 3Dleinung he^ 33o(feö fanb in il^m il^ren berebteften 
(5}3red(|er. 2!)aö ©tubium ber 2(Iten unb ber ©d^rift, im' ©egcnfa^ 
gegen bie um ftd^ greifcnbe fittlid^e unb religiöfe SeriDÜberung, baö 
SSeiDU^tfein einer reblid^en SSaterlanböIiebe im Ä'amjjfe mit erfaufter 
3)ienftbefliffenl^eit gegen frembe ^öfe, bUbete in il^m eine ©efinnung 
aug/in ber fid^ fd^on ber jufünftige SSerfud^, bie fird^lid^en h)ie bie 
toeltlid^en ß^ft^nbe umjugeftalten , anfünbigte: eö fam nur barauf 
an, ba^ er freien Slaum befam, an bie redete ©teile gelangte. 
2)ie ivarb il^m im 3. 1519 in 3ürtd^ ju 2^l^eiL 
ßürid^ lüar, h)enn bamalö nod^ nid^t ber einzige, bod^ ber bor- 
nel^mfte Drt in ber (Sibgenoffenfd^aft, ber fid^ nidfit lüieber jur 9{n- 
nal^me franjöfifd^er Qlal^rgelber überreben lie^. ©in ßl^orl^err am 
5!Künfter, Gonrab ^ofmann, ber ein au^erorbentlid^e^ Slnfel^en geno|, 
l^ielt l^ier bie baterlänbifd^en ©runbfä^e gegen ben ^rembenbienft unb 
bie ^enfionen aufredet; er lüar ein Siebner, toeld^er ber 5Jlenge auä) 

1) Epistola ad Joachimum Vadianunv: ex Eremo 13. Jun. 1517. 
Epp. I, p. 24. Locum mutavimus Gallorum technis. Fuimus pars rerum 
gestarum: calamitates multas vel tulimus vel ferre didicimus. 



ätoingli. 45 

bittere SBai^rl^eiten nid^t crf^jarte. a)urd^ biefen ]^auj)tfäd^[id^ gefd^al^ 
c^f ba^ ä^wöK mand^en (SiniDenbungen jum 3:ro|, aber eben toegen 
feiner pdtiti^d)en ©eftnnung, junt £eutj)riefter am großen SKünfter 
gehJäl^It tpurbe"). 

Unb l^ier naf^m nun Ulrid^ S^i^^Ö^ fogleid^ nai) beiben Seiten 
l^in bie ©tetturig ein, bie er iaxnaä) bcf)aupM l^at. 

3«näd^ft befäm))fte er alle jene ^ßartei^SSerbinbungen mit ben 
au^tpärtigen 3Jläd^ten, felbft mit bem ^jja^ft. @r f oH gefagt l^aben : 
ber ßarbinal t)on ©itten, ber für ben 5ßaJ)ft \vaxh, trage nici^t mit 
Unred^t rotl^en §ut unb 3KanteI: man bürfte fie nur tüinben, fo 
toürbe man baig SSIut ber näd^ften SSertoanbten barauö rinnen feigen. 
6r ft)ottete barüb^r, ba^ man toiber einen SBolf flürme, ber bod^ 
nur Siliere anfatte, gegen bie Sßölfe.aber füll fi|e, burd^ tüeld^e 
SBenfd^en ju ®runbe gel^n. 

SDann brangen bie SBirfungen ber lutl^erifd^eri Setoegung aud^ 
in bie ©c^toeij. 5Riemanb tbar borbereiteter unb eifriger, baran 
^heil ju nel^men, alg cbm 3h)ing(i. 3ivL(i} er l^atte an feiner Stelle 
mit einem 2lbla^berfäufer gu Iäm))fen unb hju^te il^n entfernt ju 
kiten. ®r fd^rieb gegen baö SSerfal^ren, baö ber römifd^e §of gegen 
iut^er beob'ad^tete, unb gab eine Sinologie beffelben gegen bie S3ulle 
krau^. 

©ine ungemeine Sffiirfung l^atten feine ^rebigten, ju benen er 
eine gro^e nattirlid^e ®aU befa^. Qx griff bie oblüaltenben Wli^-- 
bräud^e mit einem @mft an, ber feine SRürffid^t tannte. ©r fd^ilberte 
bie Seranttoortlid^Ieit ber GJeiftlid^en eineig ^^ageö fo lebl^aft, ba^ 
junge 2mtc unter feinen S^^^örern h)ol^I auf ber Stelle bie 2(bfid^t 
fabren liefen, geiftlid^ ^u toerben: ,>id^ fül^Ite mid^", fagt 2^l^oma§ 
$Iater, „n>ie an ben paaren em))orgejogen*)". S^^^^^^^ glaubte 
toobl giner unb ber Slnbere, ber $rebiger ^iele ^erfönlid^ auf il^n, 
unb 3h)ingli l^ielt e§ fiTr notJ^toenbig , ein SBort barüber ju fagen: 
„frommer 3D?ann", rief er au^, „nimm bir'^ nid^t an"; bann ful^r 
er in feinem 6ifer iDeiter fort, ol^ne ber (Sefal^ren gu ad^ten, bie 
^utoeilen fein Seben bebrol^ten. 

§au:()tfäd^lid^ aber toar fein Semül^en, ben ©inn ber ©d^rift 
feinen gu^örem naiver ju bringen. SWit ©rlaubni^ be^ ©tifteö er- 

1) S3uIItngcr: Sleformationögefd^id^tc p. 11 „fürnamlid^ borum, baö er 
terncmntcn, tote er pfftig toibcr ^enfioncn^ ^enfiöncr, ber fürflcn ^ünbtniffcn 
unb friegen ^rcbigct''. i 

2) 5rutobiogra:|)^ic ^laterö Mise. Tig. m, 253. 



46 fünfte« 9u(^. !2)ntted (Samuel. 

Hörte et nxä^i mel^r bie 5ßertfo))ett allein, fonbem bie ganjen Sü(i^er 
ber ©d^rift, toic er fie ftubirt l^atte *) ; benn ben 3wf«w«menl^ang beö 
göttlid^en ©ebanfen^ fud^te er ju ergreifen unb mitjutl^eilen. @eine 
Seigre toar, ba^ bie Sleligion in (Sotte^furd^t, ©otteöliebe unb Um 
fd^lb beftel^e *), Sr öermieb aUeö, toag frembartig ober aHju gelelj^rt 
lautete: e« gelang il^m, bie affgemeine SSerftänblid^fejt ju erreid^en, 
nad^ ber er ftrebte, unb in einem h>eiten Greife t)on Sw^örem eine 
Uebergeugung l^ertoorjubringen, bie bann in ben ^agen be^ ©türmet 
au^l^ielt unb i|^m ju aüm feinen Untemel^mungen eine fefte ©runb- 
läge gab. 

3n feinem täglid^en Seben jeigte er fid^ bequem unb l^eiter. -3" 
ben rej)u6Iifanifd^en (äemeinben, bem gelblager, jenem S^fammenflu^ 
mannid^f altiger ^remben bei Sinftebeln, l^atte er mit SWenfd^en um- 
gel^n, fie bel^anbfln gelernt. 38on ^wgenbf eitlem, jutoeilen toiber^ 
toörtiger Slrt, ift er nid^t frei getoefen: aber fein 93rieftt)ed^fcl jeigt, 
mit loeld^em 6mft er fic^ barüber auflagt unb an fid^ arbeitet ; nac^ 
einiger S^it finben toir il^n ol^ne 2^abel leben'). *2luftt)affungen be^ 
3ornö, toie anbre SBaffungen ber Seibenfd^aft toar er bemül^t ^u 
bel^errfdjien; auffteigenbe ©riffen berfd^eud^te er burdjl SKuftf: benn 
anä) er toar ein großer SKufttfreunb unb auf gar mand^em ^[nftni^ 
mente 3Reifter: in Soggenburg ift ba^ fo getoöl^nlid^ h)ie in ii^ü- 
ringen*). 2lm liebften lebte er l^äu^lid^ eingebogen, auf bie SBeife 
fetneig SJaterlanbe^, etioa bon SKild^fJjeifen, toie bort l^erfömmlic^; 
bodjl fd^lug er barum nie eine ßinlabung au^ : er ging auf bie fünfte 
mit ben SSürgem, man fal^ il^n auf ben ©aftereien ber Sauern, bie 
er mit munterem ©eift unb Vergnügtem ©efjjräd(^ erl^eiterte*). ©o 
arbeitfam er loar, fo Viel er audjl untemal^m unb ju ©tanbe bxaä}U, 
fo loieS er bod^ Sliemanb bon pd^, er tonj^U einem Qeben ettoaö 
Sufriebenfteffenbe^ ju fagen. Sin tool^lgeftalteter, lemgefunber 3Dlann: 
tool^ltl^ätig unb gutmütl^ig : l^eiter, umgänglid^, lebenigfrol^, unb babei 
bon ben gro^artigften ©ebanfen erfüfft: ein äd^ter SleJ)ublifaner. 

SBotten toxx il^n mit Sutl^er bergleid^en,. fo l^atte er nid^t fo ge- 

1) 3n ber gleiten S^xi(i)tx 2)ie^utQtion erinnert er baran; — er U* 
gann mit Wlattf^äü^. 

2) De Vera et falsa religione: Yeram pietatem, quae nihil aliud est 
quam ex amore timoreque dei servata innocentia. Ed. Gualth. p. 202. 

3) 2ln ^etnrid^ Utinger 4. 2)ec. 1518. Opp. VH, Epp. I, p. 55. 

4) ^üUixiQtx 9lcformafton8gef(i^t(i^te p. 31. 

5) WitfconivL^, in ©t^blind unb ^gfd^trner^ ^rd^it) I, II: ingenio 
amoenus, ore jocnndus. 



ä^Wi 47 

toolliöe ©türme gu 6eftel^en, toie fie in Sutl^er bie gel^cimften liefen 
be^ innem ©eelenleBen^ erfd^ütterten. 3)a er fxä) nie fo unbebingt \ 
bem Beftel^enbcn fiir(i^enh>efen l^ingegeben, fo l^atte er fxä^'and) je^t 
nid^t mit fo getoaltfamer unb fd^merglid^er älnftrengung bat)on lo^^ 
jurei|en. SEBaö il^n jum Sleformator mad^te, toar nid^t jeneö tiefere 
Serftänbni^ ber ^bee beö ©lauben^ unb il^reö SSerJ^ältniffeiS jur ©r- 
(üfung, t)on toeld^em ßutl^er ausgegangen, fonbem öor allem, ba^ er 
tri feinem toal^rl^eitfud^enben ©tubium ber ©d^rift Äird^e unb Seben 
mit bem allgemeinen Qfnl^alt berfelben in SQBiberfJjrud^ begriffen fal^. 
äud^ toar S^'^i'^Bli ^^in Unitjerfitätögelel^rter : bie l^errfd^enben 2el^r= 
mrinungen l^atte er niemals emftUd^. getl^eilt: eine l^ol^e ©d^ule um- 
jufeilben, feftl^altenb an allem, toaS fidjl erl^alten lie^, unb abtoeid^enb 
nur in ben toefentlid^ften 5ßunften, h)ar nid^t fein Seruf. 3)it 2luf- 
gabe feineö SebenS fal^ er Dielmel^r barin, bie SRe))ubnf, bie il^n auf- 
genommen, religiös unb fittlid^ umjubilben, bie ßibgenoffenf^aft ju 
i^ren urf))rüngKd5ien ©runbfä^en jurtirfjurufen. SBenn iäuti^er bor 
attem eine 3Serbefferung ber Seigre beabfid^tigte, toetd^er Seben unb 
©itte bann bon felbft nad^folgen muffe, fo nal^m 3h>ingli einen un^ 
mittelbaren 3lnlauf auf bie SBerbefferung beS SebenS: er fa^te tjor^ 
ne^mlid^ bie J)raftifd^e Sebeutung beS allgemeinen Qnl^altS ber ©d^rift 
in§ Sluge; feine urf|)rünglid^en ®efid&tsj)unfte toaren moralifd^ 5'J)oli5 
tifd^er 9?atur: eS ift fein S^tifd, ba^ aud& fein reltgiöfeS Seftreben 
^ieburd^ eine eigentl^ümlid^e Färbung emj)fing. 

Unb berül^ren h)ir bier aud^ mit einem SBorte bie %xaQe über 
bie ^Priorität feiner 3leformbeftrebungen, fo lä^t fid^ nid^t leugnen, 
ba^ er fd^on \>ox bem Qal^re 1517 ©efinnungen enttoirfelt, Seigren 
au§gef})rod^en l^atte, bie bal^in jielten. 3[nbe^ toaren Ueberjeugungen 
biefer. ärt bamalS Sielen gemein. SQäorauf alleS anfommt, baS ift 
ber ßamj)f mit ber geiftlid^en ©eloalt, bie S^rennung bon berfelben. 
3)iefen Rampf f)at Sutl^er allein unb juerft auSgel^alten; er l^at ber 
Se§re guerft in einem naml^aften beutfd^en gürftentl^um freien SRaum 
gemad^t unb bie Befreiung begonnen. 2llS Sutl^er bon SRom ber^ 
bammt unirbe, bejog 3h)ingli nod& eine 5ßenfion bon SRom. Sutl^er 
l^atte fd^on bor Äaifer unb Sleid^ geftanben, el^e 3h)ingli eine 3ln= 
fed^tung erful^r. 2)er ganje ÄreiS, in bem fid^ biefer betoegte, toar 
ein anberer. SBSI^renb toir bort immer bie oberften ©etoalten ber . 
SBelt in S^l^ätigleit erblirfen, ift l^ier junäd^ft bon ber SoSfagung 
einer Stabt bon il^rem SiStl^um bie Siebe. 

äud[^ biefe ©eite beS allgemeinen ©reigniffeS aber l^at bod^ il^r 
Sntereffe: baS Untemel^men erforberte ebenfalls ®eift unb änftrengung ; 



48 günftcö 5Bu6 • 2)rittc«^ dapiitl 

c^ ift fel^t ber 3Rül^e to^xü), bemfelben eingel^enbe Slufmerffamfeit ju 
tDibmen. 

@inattct|ialton ber ^BtaU Büttd^ tion im ^t^tl^um 

3ßie bic übrigen fd^toetjerifd^en ©täbte, bel^au))tete anä) ^üxiäi 
fd^on längft bem Si^tl^um ßonftanj, iju bcm eö giel^örte, gegenüber, 
eine getüiffe, Jj^au^tfä^Iid^ auf bem Gottegiatftift am SKünfter k-- 
rul^enbe ©elbftänbtgfeit, beren 2lu^übung in ben legten Qai^ren burc^ 
befonbere Umftänbe nod^ au^erorbentlid^ getoad^fen toat. 

2)er bamdige Sifd^of, §ugo bon $ol^enIanbenBerg , fal^ ben 
Slbla^l^anbel, ber i>on römifd^en ßomntiffarien in feiner 2)iöcefe ge- 
trieben toarb, l^ödjlft ungern: er toax ganj bamit einberftanben, ha^ 
ber dtatf) bon ^üxii) ben Slbla^berläufer Samfon, ber fd^on Bio an 
bie ©il, an ein jürc^erifd^eg SBirtl^^l^aug l^erangefontmen, au^ feinem 
©ebiete jurüdfirieiS. 3>t>ingli beival^rte forgfältig bie Sriefe auf, in 
benen er bon ©eiten ber geiftlid^en Sel^örbe felbft aufgeforbert Sor- 
ben, bem SSeboIfmäd^tigten ber römifd^en ßurie SJÖiberftanb ju leiften ^). 

Snbeffen betoirlten bie ^jolitif^en aSerJ^ältniffe, ba^ bie ©tabt 
avi^ bon ber ßurie mit^ro^er ©d^onung bel^anbelt irarb. 

Sm Saläre 1520 ging 3i»i«0li bereit« fel^r iüeit unb erfreute 
ftd^ einer nid^t geringen Stngal^r entfd^iebener Slnl^anger. aßirflid^ §at 
ber Slatl^ fd^on bamafö ben fieutjjrieftem unb ^räbicanten in ber 
©tabt unb auf bem Sanbe bie ©rlaubni^ gegeben, nad^ ber gött- 
lid^en ©d^rift be« alten unb neuen 3:eftamente« ju jjrebigen, zufäl- 
lige Steuerungen unb ©a^ungen fal^ren ju laffen^): eine Slnorbnung, 
tüeld^e fd^on ben 2lbfaII bon ber römifd^en Äird^e in fid^ fd^Iie^t. 
3Jlan !önnte nid^t fagen, ba^ bie ©ad^e bem römifd^en §ofe unbe^ 
fannt geblieben fei: e« Iraren ein paax päp\iUä)e SJuntien, ein Garbinal 

1) Slntnjurt 3n)ingli« an ^aL (Som^jar, SBcrfc 11, 1, p. 7; ferner bie 
5(nttoort an gaber 30. ^t^ril 1526. 

2) „baß fic alle inögemein frei?, tt>ic biefeö aud^ bie ^öbftlid^en 9ie(^tc 
augeben, bie ^eiligen (gbangelia unb @^iflel ber %po^tl, grcid^fiJrmig nac^ bcm 
©eiflc ®otte8 unb ber redeten göttlid^cn (Sd^rift bcö alten unb neuen Xt^ta* 
mcnte« ^prebigen, unb toas fie mit gcmelbtev ©d^rift erhalten unb bcttjS^rcn 
mögen, berfünbigcn, unb bon anbern jufättigcn Steuerungen unb ^atjungen 
fc^n?eigen foUen". SInttoorten, bie ein SBürgermeifter, SRat^ unb ber große 
matf^ ber @tabt Süric^ i^ren ©tbgenoffen gegeben §at. güßlin Beiträge n, 
p. 237. SJcrgl. öuttinger I, p. 20. 



tircfttid^cr m^aU bcr <Stabt äürid^. 49 

ber Äird^e antoefenb, bod^ h)agten fie nid^t^ bagegen ju tl^un. SKan 
(errtt il^re 3(rt ju berfal^ren an biefem 35eifj)iele ved)i fennen. ©ie 
berfprad^en ^^ingli'n, feine ^ßenfton öon 50 ®. auf 100 ®. ju er* 
l^öl^en, bod^ foffte er nid^t ntel^r gegen ben ^a|)ft J^rebigen. S^^'^öli 
l^ätte biefeig 3wfci&wffe^ tt>of)l nod^ Beburft, aber er lel^nte ben 3?or= 
fd^Iag ab, ©ie boten if)m l^ierauf ba§ Qal^rgelb aud^ ol^ne biefe 
Sebingung an; affein aud^ fo tüoüte e§ B^i^^fll^ ^i^* ^^^^ annel^- 
mm^). S)en 3?untien lag jebod^ mel^r an ber SEBerbung ber SDlann- 
f^aft, mit ber fie SRailanb ju erobern gebadeten, al^ an äffen tl^eolo« 
giften fragen. Dbhjol^l bie ©tabt bereite in öoffem 3l6faK begriffen 
MX, fo traten fie bod^ mit berfelben in ebm biefem 9Jlomente in 
Sunb. „SBir tourben", fagt S^i^B^/ n^^^^ afrgef äffen, abtrünnig 
gefd^olten^fonbem mit l^ol^en S^iteln get^riefen*)". 

Unb fo l^at benn ber Drbinariug ber S)iöcefe bie neuembe ^re- 
bigt begünftigt , um ben Jjäpftlid^en Eingriffen ju iriberftel^en ; ber 
römifd^e ©tul^I felbft l^at fie gebulbet, um in feinen ))oIitifd^en Untere 
^anbhmgen ium 3irf ju fommen: bie rimcn Seigren lonnten Qal^re 
lang ungel^inbert t)er!ünbigt toerben unb in ben ©emütl^em fefte 
iffiurjel fd^Iagen. 

Smftlid^eg Sluffel^en mad^te bie ©ad^e, aU enblid^ aud^ bie 
äu^erlid^e Äird^enorbnung berieft loarb, al§ man im 3Kärj 1522 in 
3ürid^ bie fjaften brad^ unb fid^ erlaubte, @ier unb g^Ieifd^ ju ge^ 
niesen. 3tnn erft regte fid^ ber Sifd^of, ber fid^ überaff in feinem 
6))rengel bon äl^nlid^en SBiberfe^Kd^feiten bebrol^t, feine 2)i^j)en- 
fationen ijerad^tet fal^: burd^ eine befonbere ©efanbtfd^aft forberte er 
ben Jlatl^ gu S^rid^ auf, bie bigl^erigen ßeremonien ber Äird^e auf- 
red^tjuerl^alten. 

©offte ia§ aber überl^aujjt nod^ möglid^ fein? ©offten fid^ in 
biefer ©jjod^e öoff feurigen SteligionöeiferS bie öon ©runb au^ um^ 
getoanbetten Ueberjeugungen einfad^ bem SBorte eine^ geiftlid^en Dbem 
unterloerf en ? 

3n ber S)igcuffion, bie auf ben 35ortrag ber ©efanbtfd^aft öor 
bem großen Statine folgte, bel^aujjtete B^i^^öK/ ^i^I^ lird^Kc^e ßere* 
monien feien eben fold^e, iDeld^e ^jjetru^ einft für unerträglid^ erifört 
§abe. 3fiid^t einmal bei ben ©efanbten fanb er nad^l^altigen SKiber« 
{J)rud^ l^iegegen ; einer öon il^nen, ber 5jSräbicant be^ ©tifteig ju (Soft* 

1) Uölcgung unb ®rünbe bcr ©c^tußrebcn p. 359. 

2) (Sutad^tcn 3h?mgli« gur Slnttoort auf bc« ^apftt9 ©d^reiBcn. SBerfe 
«b. n, 5lbt^. II, p. 393. 

». 8?aTi!e'« SBcrfe III. 4 



50 günfted md}. !2)ntted dapM. 

• 

niij, SBanner, toat in feinem ^erjen ber nemlid^en 3Reinung '). 2)er 
gro^e Slatl^ fa^te ben in ber %oxm auötocid^enben, in ber Q^ai}^ fel^r 
beutUd^en Sefd^Iu^, e^ fotte 9lienianb bie ^aften bred^en „ol^ne iner!= 
lid^e Urfad^", unb'erfud^te ben Sifd^of, bei ben lird^lid^en ®eh)alten 
ober bei ben (Selel^rten eine ßrläuterung au^gubringen, toic man ftd^ 
in ^infid^t ber ßeremonien gu tjerl^alten Ij^abe, um nid^t jugleid^ gegen 
bie Sa^ungen ßl^rifti ju Derfto^en*). 2)er 93ifd^üf antwortete ba- 
burd^, ba^ er bem SRatl^ aufiS 9?eue bie Siotl^toenbigfeit einfd^ärfte, 
bie Drbnungen unb guten ©elool^nl^eiten ber 1^. Äird^e ju beobad^ten: 
ba^ erad^te er bem 1^. ßbangelio gleid^förmig. Qn einem nod^ ie6= 
l^aftem ©d^reiben an baö Gl^or^ermftift geftanb er IdoI^I ju, ba^ fid^ 
einiget eingefd^Iid^en l^aben lönne, loa^ ber Ij^eiligen ©^rift nid^t fel^r 
gemä^ [ei; aber ber gemeinfd^aftlidjle ^rrtl^um bilbe ein SRed^t; auf 
feine SBeife bürfe man Seigren annc\)mm, bie t)on Äaifer unb ?5a^it 
berbammt feien; toer ftd^ nid^t ju ben Sifd^öfen l^alten tootte, möge 
benn aud^ ganj öon il^nen gefd^ieben toerben'). 

5Rod^ toaren einige Älöfter in ber ©tabt, bie bon jenem erften 
S5efd^Iu^ beö großen SRatJ^eö unberül^rt geblieben; nod^ l^ielten fid^ 
gar 3Wand^e, SBornel^mere ober ©eringere, ju bem biöl^er ©ebräud^^ 
lid^en; unb fo gefd^al^, ba^ biefe Slnmal^nung bod^ nid^t ol^ne alle 
SQBirfung blieb. 2)ie l^eftigften SBiberfad^er ber SKönd^e befamen bie 
SBeifung, [xä) auf ber Äanjel ober bei 2)iigJ)Utationen ju mäßigen. 

aittein e^ beburfte nur eine^ im ©runbe fel^r jufättigen ßreig- 
niffeö, um balb eine entgegengefe^te ßntfd^eibung .l^erbeijufül^ren. 

3n biefen S^agen erfd^ien ein ^ranci^canermönd^ bon 3li)ignon, 
berfelbe ^ranj Sambert, beffen irir bei ber ©^nobe bon §omberg 
gebadet, in ber ©d^toeij. 3n einem Älofter ftrengerer Dbferijanj, in 
baö er in frül^en S^'^'^^n getreten toar, l^atte er \tait ber SHul^e unb 
gtömmigfeit, bie er fud^te, nid^tö alö gel^eime Safter, n)ibern>ärtigen 
3teib gefunben*); ba ioaren il^m einige ©d^riften ßutl^er^ jugefommen, 
unb er l^atte fid^ entfd^Ioffen , fein Älofter ju Derfaffen unb Sutl^er 
felbft in SBittenberg aufjufud^en« 2)iefer SKönd^, nod^ immer in feiner 
RutU, auf einem ®fel reitenb, erfd^ien je^t in 3ürici^* ©eine fatl^o- 

1) Ep. Zwinglii ad Fabricium de actis legationis. Opp. I, p. 12. 

2) SBci güßltn SBe^trägc II, 15. 

3) @etn ©runbfa^ toax: Communis error facit jus. Haec 
dogmata non praedicentur, nihil innovetur contra ecclesiae ritum. 

4) Francisci Lamberti rationes propter quas Minoritarum conver- 
sationem traditumque rejecit. S3ei ®d^eif]S>orn Commentatio de yita Lam- 
berti. Amoenkatt. Uterariae III, p. 31*2. 



^ird^Iic^cr 3lbfaß ber @tabt 3ürid^ 1522. 51 

4 

lifd^c SRed^tgläuBigfeit toax etfd^üttert, a6er nod^ nii)t öölltg gebrod^en. 
Silo je^t h)ottte et h)eber bie ßeremonien fallen laffen, noä) bie gür= 
Bitte bet ^eiligen aufgeben: in bem ßl^or bei§ ^raumünfteriS, am 
^toj^naltar fi^enb, l^ielt er einige lateinifd^e ^Prebigten in biefem 
©inn. ßinmal fiel il^m S^^^i^öli '^^^^^ ^^^ 3Bort mit bem 2luiSruf: 
„Sruber, bu itrfti" 2)ie SlItgläuBigen meinten nod^ eine Stü|e an 
SamBert gu finben, unb ba er fid^ geleiert unb •fj)rad^fertig geigte, fo 
beranftalteten fie eine 3)ig))Utation gh)if(^en il^m unb 3ii^i'^öli- 2Im 
17. ^uli, eineö 2)onner«tagö, in ber ^^rinfftube ber ßl^orl^erren, ging 
biefelbe öor fid^. ©ie fiel aber aitberö ausg, alö man l^offen mod^te. 
Siefer ^anciöcaner h)ar ein 5Kenfd^, ber bie SBal^ri^eit tüirflid^ liebte 
unb fud^te. (Sr fal^ fel^r balb ein, ba^ bie entgegengefe^ten ©rünbe 
bie feinen überh)ogen: burd^ bie ©teilen ber ©d^rift, bie B^i^öfi 
i§m borlegte, toarb er bolflömmen übergeugt. @r erl^ob bie ^änbe, 
banfte ©Ott imb gelobte, il^n allein anzurufen, allen 3?ofenIrängen 
ju entfagen*). hierauf berlie^ er 3wrid^ auf feinem 21^iere; iüir 
finben il^n nad) einiger ^cit in ©ifenad^, in SBittenberg, ]päUx, toie 
gefagt, in ^omberg unb enblid^ in ?!Karburg loieber. ©ein 3?erfud^, 
ber ^ird^enberfaffung in SDeutfd^Ianb eine anbere gorm ju geben al§ 
bie lutl^erifd^e, toirb il^n für äffe 3^iten unberge^lid^ mad^en. 

3)iefe 2)i^^utation l^atte nun ben größten ®rfoIg in S^xxd}. 
33eg 3)onnerftag§ iüar fie gel^alten hjorben: 3Dtontag^ barauf, am 
21. Quii, rief ber SRatl^ bie ßefemeifter ber Drben, bie ßl^orl^enen 
unb bie 3BeIt))riefter nod^ einmal in ber 5Pro))ftei gufammen. B^^ingli 
fül^Ite ftd^ je^t ftarf genug, mit aSorhJürfen über bie ungegrünbeten 
SPrebigten in ben Älöftern gu beginnen. SDer Sürgermeifter fd^Iug 
ben beiben Xf)eikn aufö m\xc bor, il^re ©treitigfeiten ber 6ntfd^ei= 
bung bon 5ßro|3ft unb 6a|)itel anl^eimjufteffen, Slber 3h)inöli erflärte, 
er fei ber ^Prebiger, ber SSifd^of ber ©tabt: er l^abe bie ©eelforge 
berfelben mit feinem. @ib übernommen; er iüerbe nid^t bulben, ba^ 
in ben ^löftem, too man ol^nebieig feinen redeten 93eruf l^abe, toiber 
©otteiS 3Bort gejjrebigt ioerbe: unb foHte er an b^r Äanjel erfd^einen 
unb öffentlid^ h)iberf))red^en. ©d^on h)ar 3lebermann auf feiner ©eite; 
ber Sürgermeifter erflärte enblid^ im JJamen beio SftatJ^eig: beffen 
SBiKe fei, ba^ baö reine (Sotte^toort unb nid^t^ anbere§ in ber ©tabt 
9f|Jtebigt loerbe. 

^I^er toar bie 5ßrebigt nad^ ber ©d^rift nur erlaubt, ben 
8eutcj)rieftern anemJ)fol^Ien toorben; ie|t tvaxi fie geboten, unb gtoar 
aud^ ben 3Rönd&en. 

1) «ern^arb Beiß in güfilin« «eintragen IV, 42. 

4* 



52 günftce «ud(>. 2)nttc« (Ea^itcl. 

Uttb fragen h)ir, auf toeld^e Sefugni^ 3h>itt0li 6ri biefcm aSer- 
fal^ren ftd^ grünbetc, alö er ben änorbttungen beö Sifd^ofig toiber= 
f^jrad^, — fo entf|>ringt bieö öor allem an^ betn Segriff t)on ber 
©emetttbe. Gr ift ber 5Keinun0, ba^ atteig, toa^ bie ©d^rift bon 
ber Äird^e fage, eben l^auj)tfäci^Iid^ öon ben einzelnen (Semeinben 
gelte. 6r fd^eint fogar angenommen ju l^aben, bo^ eine fold^e, fo? 
balb fie nur nid^tö 3lenc§ aufzubringen fud^e, fonbern fid^ bamit 6e= 
gnüge, baö SBört ©olteö ju |ören unb banad^ in ftreitigen Ratten 
^u urtlj^eilen, nid^t irren lönne*). ©d^rieb -er il^r nun fd^on eine fo 
Ij^ol^e 2lutorität in ©laubenöftreitigfeiten ju, trie i)xd mel^r mu^te er 
ba^ in'^infid^t ber Serfaflung tl^un! 3)aö SHed^t ber ©cfammtl^eit 
^df) er aber nid^t minber lird^Iid^ alö Jjolitifd^ in bem großen Statine 
re})räfentirt. Bün SSerfal^ren toar, toie er einmal au^brüdflid^ erläutert, 
jebe ?5rage ^uerft burd^ bie ^rebigt fo lange ju öerl^anbeln, biö 
Sebermann Don ber ©ad^e überjeugt loorben: aföbann fie erft Dor 
ben großen Slatl^ ju bringen; ber treffe barnad^ im 35erftänbni^ mit 
ben 2)ienern ber Äird^e bie Ginrid^tung, toeld^e notl^toenbig fei. 3)er 
9latl^, fagt er, l^at bie l^öd^fte ©etoalt anftatt ber ©emeinbe*). 

SKan fielet leidet, n)eld(|-eine ganj anbere ©runblage einer neu 
gu errid^tenben fird^Iid^en ©enoffenfd^aft bieö gab, al^ bie loar, auf 
bie man in Seutfd^Ianb banU. ^actifd^ ift ber Unterfd^ieb am 6nbe 
fo gro^ nid^t: bort bereinigen fid^ bie 5ßrebiger mit ber fürftlid^en 
©etoalt im Sanbe, l^ier mit ber ftäbtifd^en S9el^örbe in einer ©tabt: 
aber ba^ man bort auf bie Sleid^igabfd^iebe angeloiefen ift, l^ier ia- 
gegen bie ©ouberänetät fd^on burd^ bie %^at befi^t unb fte aud^ 
fird^Iid^ geltenb mad^t, bilbet für bie 2^]^eorie unb bie fernere ^nt- 
toirfelung einen ungemeinen Unterfd^ieb. 

®i8 lonnte nun nid^t^ mel^r l^elfen, ba^ ber Sifd^of bie 3Keinung, 
ein Gl^rift fei nid^t gel^alten, nad^ menfd^Iid^en Äird^enfa^ungen gu 

1) 3^"te jDie^utation. 3*^« ^» 1» p. 470. „v^Jicrauö folgt aud^,,bag 
biefc unfcrc 3iif<»nuncnrufung , bie nit gu naä)tüt einiger (S^rificn, fonbern 
baö SBort ©ottcö gu öev^ören öcrfammclt ift, nit irren ma^: bcnn ft? nit 
fefeen noc^ entfe^jen imbernimmt, funber allein l^ören njiß, toaö in gemclbten 
f^äncn im Sorte ®ettc« erfunben njirb". 

- 2) Ante omnia multitudinem de quaestione probe docere: ita factum 
est ut quicquid diacosii* (ber große ^atl)) cum verbi ministris ordinarent, 
jam dudum in animis fidelium ordinatum esset. Denique senatum diaco- 
sion adiyimus, ut ecclesiae totius nomine, quod usus postularet, fieri 
juberent. Diacosion senatus summa est potestas ecclesiae vice. Sub- 
sidium de eucharistia. Opp. III, 339. 



tirc^rid^cr SCBfatt ber @tabt 3üric^ 1523. 53 

leBen, burd^ ein neue^ 35ecret t)erbammte: an eben biefer 30leinung 
l^ielt bie freie ©emeinbe feft, iDeld^e fid^ bon il^m loefagte. 

3)ie einzige tüal^re @ci^h)ierig!eit, hjeld^e fid^ biefer auf iJ^rent 
Sßege entgegenfteHte, lag in ber ^artnädfigfeit einjefneV abtüeid^enber 
3Reinungen in il^rem Qnnern. 3loä) immer fattben fid^ Seute, tüeld^e 
3toingli für einen Äe^er erllärten. 

Um bem ein ßnbe ju mad^en, unb auf ben (Srunb geftü|t, ba^ 
bie bon il^m Begel^rte ©rfäuterung niemafg au^gebrad^t toorben^. ber* 
anftaltete ber diati) im Februar 1523 eine 3)i^t)utation feiner Seut^ 
t)riefter, ©eetf orger, Pfarrer unb 5ßräbicanten^ Dl^ne^in entfjjrad^ 
ba^ bem 93egriffe 3^i^0K^- ®i^ meinte, ©olt Irerbe einmal nid^t 
fragen, 'toaig ber 5ßa|)ft mit feinen Sifd^öfen, \va^ Goncilien unb 
Uniberfitäten ftatuirt, fonbern \va§ in feinem SBorte entl^alten fei. 
2)er Sifd^of, ber-nod^ nid^t äffe Hoffnung aufgegeben ju ^ahen fd^eint, 
fenbete aud^ einige 3lbgeorbnete, unter i^nen feinen ©eneratbicar 
%abex, jtüor nid^t um an ber 2)i^))utation eigentlid^ 2^l^eil ju nel^men, 
aber um xf}x beijuiDol^nen unb ben S^x\t ber ^Parteien gu fd^Iid^ten^). 
95ie 3)i^))utation fiel jebod^ t)oIIfommen ju ©unften B^i^^öK^ ^^^* 
SBa^ lüottte man aud^ fagen, fo h?ie man il^m feinem ©runbfa^ ju^ 
gaB; ba| bie ©d^rift, „bie nid^t lüge nod^ trüge", bie einzige SRic^t^ 
fd^nur bei ©laubeni fei. ^ä) iDunbre mid^, ba^ fid^ ber Huge ^aber 
auf biefen fd^(üj)frigen Soben ti:)agte. 6r rül^mte fid^, bie SH^nrufung 
ber ^eiligen einem gefangenen Pfarrer- aui ber ©d^rift nad^gelpiefen 
ju l^aben: aber bon S^i^^Ö^ aufgeforbert, biefen SeiDeii bod^ nod^ 
einmal ju fül^ren, unb jiDar l^ier jur ©teile, fonnte er, toie fid^ benfen 
lä^t, bamit nid^t jum 3^^^^ fommen^). Viebexl}aupt geftanben felbft 
eifrige ©egner bamalö ein, unb no^ l^eute fann eö 9liemanb, ber 
bie 3Serl^anbIungen lieft, in Slbrebe ftetten, ba^ 3^i"9fi botlfommen 
ben Sieg' bel^ielt. S)araui folgte bann, ba^ ber SRatl^ il^n auibrüd= 
lic^ ermäd^tigte, fortjufal^ren toie bi^l^er, unb bie ©eiftlid^Ieit aufi 
neue antoieö, nid^tg bor^unel^men ober ju leieren, \va^ fie nid^t aui 
bem Sorte (Sottet behJeifen fönne. 

Semerfen Ipir tool^l bie SBorte „bornel^men ober leieren"; fie 
fpe^en fo.gul eine SCenberung ber ßeremonien toie ber ^rebigt ein. 

©d^on toar bie Umhjanblung ber Sleu^erlid^Ieiten bei Äird^en-- 

1) „nit 3u bi^^utiren, fonbern allein uffljiören, rat§ geben unb fc^iblüt 
au fein''. • gaber SBarlid^ Unterri^tung Ui ©cttinger I, 437. 

2) ^anblung ber SBcrfammlung in ber löblid^en ©tabt 3üric^ bon 
©egentoalbt, mit 2(u«gügcn au8 gaber« toarüc^er unterrid^tung , in 3^iugli* 
Serfcn I, p, 105. 



54 günftcö SBud^. 3)ritte« dapM. 

h)efen§ in bcffem ®ange. 3)ie (Seiftlid^en toerl^eiratl^eten ftd^; ben 
Äloflerfrauen tüarb freigefteHt auszutreten ober gu bleiben : — „SBifjet, 
lieber 5Weiftcr Ulrid^", fd^rieb ber Sd^affner beö ÄlofteriS &appd an 
3tt)ingli, „h)ir ftnb atte mit bem 3tbt einl^ellig geh)orben, anju^ 
nel^men ^haß i^eilig ßtjangeltum unb göttlid^ SBort, unb babei ju 
fterben *)". Dbtüol^l im Stift am 3Rünfter nod^ fel^r eifrige Slnl^änger 
beS ^[Iten lebten, fo h?arb bod^ am 6nbe bon ben Gl^orl^erren felbft 
ber 33efd^Iu^, baffelbe ju reformiren, gefaxt, unb in 38erbinbung mit 
einigen Slbgeorbneten beö SRatl^eö auögefül^rt. 3)ie ©tolgeBül^ren 
hjurben bei irettem jum größten 2^^eil erlaffen; über bic S^^^^^ten unb 
übrigen Slentcn h^arb eine fold^e aSerfügung getroffen, ba^ ftd^ eine 
red^t bebeutenbe unb einflu^reid^e Sel^ranftalt ba enttoirfelri lonnte. 
3toä} mel^r 2(uffei^en aber al^ atteS anbere mad^ten> bie 3^^iM über 
bie 3Serel^rung ber Sitber unb über bie 3Weffe: gtoei ?^agen, bie 
nun t)on 2^age ^u 5Eage ftärfer l^erDortraten. ©d^on erfd^ienen ©d^rif^ 
ten gegen ben SRe^canon; an ben $eiligenbilbern tourbe ®eh)alt 
toerübt. 2)er JRatl^ l^ielt für notl^h?enbig, biefe fragen einer befon- 
bern geiftlid^en SSerfammlung borjulegen, bie im Dctober 1523 ftattfanb. 
Unb fd^ärfer fonnte nun bie; Slutonomie einer [xi) Don bem 
. großen l^ierard^ifd^en B^f^^^menl^ang trennenben unb f eiber cönfti=. 
tuirenben ©enoffenfd^aft nid^t l^erijortreten , als bei biefer SBerfamm- 
lung. SDer »ifd^of Don ßoftnii lautete fid^ h)O^I, abermalö ©efanbte 
ju fd^idfen. 2)er alte ßonrab §ofmann, frül^er B^Jingli« Seförberer, 
toieberl^blte bergeblid^, ba^ bie ©emeinbe nid^t befugt fei/ über 3)inge 
biefer Slrt ju bis^utiren^). @ben,ba« toar 3h)i«9li^ ^rinci)), ba^ 
bie Äird^e nidE>t in $a))ft, ßarbinälen, Sifdjiöfen unb beren aSer^ 
fammlungen beftel^e, fonbem bie ©emeinbe, bie ^ild^l^öri, baS fei bie 
Äird^e loie bie erfte Äird^e ju Qerufalem, äctorum XV'). 3[e|t 
toaren eS in ber Sl^at nur ^ürd^erifd^e ©eiftlid^e au^ ber ©tabt unb 
Dom Sanbe, mit ioenigen ^remben, — iüie bort, bemerfte man, 

1) 3acob 2m ber ©d^affncr an ätoingli. Epp. I, 367, 

2) „3db Bin 10 ober 13 Saläre gu ^cibclberg gen^efcn, fo Bin 

ici^ Bei einem geleierten SWann getoefcn, berfclBtgc l^ieß 2)octo.r 3oß, ein guter, 

frommer 2Äann, mit bemfelBigen ^laBc iä) geeffen unb getrunfen bicf, 

ba i)aht id^ aöc mein 2:ag gcl^bret, eö gtemc fic^ ntd^t, Don btefen 2)tngen gu 
bie^utiren". 53gr. CE^unrab C>ofmann« fd^riftlid^cr gürtrag toiber 3toingli'« 
^Deformation : güßlin «ertrage ÜI, 93, 

3) f,3a ^bng unb Äüßnad^t ifl eine gctoiffcre Äird^e benn attc gufam* 
mengerottete SBifd^öfc unb ^Spfle". 2)ie SJerfornmlung felBfl ifl freili^ aud^ 
feine Äird^e, aBer fie öinbicirt ber ©emeinbc baö 9Dcc^t ber Slutonomie, @ie 
ift ber erjle Slnfa^ jur ^rcöBi^tertalDerfaffung. 



Äird^Iic^cr Slbfatt bcr @tabt Sürtd^ 1523. 55 

Soten bon aintiod^ten jugegen getpcfen, — bie fid^ unter Seitung 
be^ Sütgemieifter^ 5Dlar5 SRöuft auf bem SRoil^l^aufe öerfammeften, 
um über jtoei ber toid^tigften fragen, iüeld^e bie ßl^riftenl^eit befd^äf^ 
tigen fonnten, ju Statine ju gelten. 5Weifter £eu (Seo 3wbä), Seut^ 
prtefter ^u ©t. ^ßeter, unb 3^iw0li ftefften bie Sä^e auf, hjeld^e fie 
bertl^eibigen tüottten, ber eine, ba^ man feine Silber jum ©otteöbienft 
mad^en bürfe, ber anbre, ba^ bie 5Dleffe fein D^fer fei; unb luben 
einen geben, ber biefe Söieinungen toertoerfe, ein, fie au§ ber Sd^rift 
ju it)iberlegen. SBol^l erl^ob fid^ ßiner unb ber SInbre l^ieju; bod^ 
tDaren il^re ©rünbe leidet befeitigt, S)ann h)urben bie, loeld^e fid^ 
ben Sieuerungen befonber^ eifrig entgegengefe^t unb fte ettoa fe^erifd^ 
gefd^olten, einjefn unb bei il^rem Stamen aufgerufen, il^re SRebe ju 
beh)eifen. ©inige toaren nid^t erfd^ienen; Sffnbere fd^toiegen; nod^ 
Slnbre erllärten fid^ ^ule|t überzeugt unb entfd^ulbigten ftd^ nur, ba^ 
fte ben attgemeinen Srrtl^um getl^eilt. @^ hjar ein Slbt, jener 2lbt 
bon &appd, ber ium ©d^lu^ bie Ferren bon 3ürid^ emial^nte, fid^ 
nun aud^ unerfd^rodfen ber ©ad^e beg ®i)angeliumig anjunel^men *). 
hierauf h)arb ben ©eelforgem befol^len, nid^t toiber bie Sfrtifet gu 
})rebigen, h)eld^e in ber S)iö})utation ben ©ieg bel^alten l^atten. B^wßli 
berfa^te eine 3CnIeitung für fie, bie il^nen unter öffentlid^er 3lutoritcit 
belannt gemad^t tourbe unb afö ba^ erfte aKer f^mboKfd^en SSüd^er 
ber ebangelifd^en Äird^e betrad^tet toerben fann. 

©0 ri^ fid^ 3ürid^ ijon bem Siötl^um unb bamit \>on bem ganjen 
6om})lej ber lateinifd^en §ierard^ie fo^ unb untemal^m, eine nme 
Sird^enberfaffung auf bie ^iec ber ©emeinbe ju grünben. 

Sffiir müf[en jlt)ar anerfennen, ba^ biefe Qbee nid^t toolflommen 
nai) il^rem tl^eoretifd^en S^l^alt i^erlDirlfid^t toarb. gm (Srunbe trat 
fie nur infotoeit l^erbor, ate bie })oKtifd^e 3Serfaffung ber ©tabt eö 
möglid^ mad^te. 2lber unleugbar ift bod^, ba^ bie. (Sintool^ner in 
Stabt unb Sanb felbfttl^ätigen 2lnt]j>eil an ber Umtoanblung nal^men. 
Seine Steuerung loarb in§ 3öerf gefegt, bie nid^t burd^ ben auöge-- 
fj)rod^enen Seifall ber ftäbtifd^en ©emeinbe il^re^ Srfolge^ fidler ge- 
toefen toäre: ber gro^e 9tatl^ rief bie'3Reinung nid^t l^erbor, er 
folgte il^r nur nad^. ©d^on frül^er l^atte bie ®eiftlid^!eit be^ S^^^^ 
^apüM bie Sefd^lüffe ber ©tabt irieberl^olt. ©))äter fjjrad^en bie 
einjelnen ©emeinben in eigenen 33eitrittgurfunben i^re Uebereinftims 

1) Slcta ber jtoeitcn 2)t8^utation (26., 2?., 28. SB^nmonat«) ^toinglt« 
©er!e I, 539. (So e^iftirt aud^ ein 53cnd^t baräber öon 3ol^ann @a(at, 
©erid^tgfdjrcibcr ju Sägern. 3n güßU« ©ertragen III, 1 ift bemfelben fein 
9fed^t gcfd^cl^en. 



/ 



56 günftee 9uc^. 2)rttte« (S^apittL 

mung mit bem SJorgange ber 35ürgerfd^aft auö. S)ic ganje 3}ei)öt 
letunö erfüllte ftd^ mit bem Jjofitiöen eöangelifd^en ©eifte, ber il^r 
feitbem eigen geblieben unb ber feine uralte ©J)ontaneität öon 3^ü 
gu 3^it auf ba« 3Jter!h)ürbigfte funbgegeben l^at. 



$er^ältnt§ in ^ntl^tx. ^Benbma^I^ftretttgfeü. 

®ö leud^tet ein, ba^ l^ier feine SBieberl^olung ber SBittenberger 
2)octrinen jum 3Sorfd^ein gefommen h)ar. 933ie bie ^jerfönlid^e ®nt* 
toidfelung ber beiben ^Reformatoren, fo toaren aud^ bie SSerl^ältniffe 
ber öffentlid^en ©etoalt, an bie fie fid^ anfd^Ioffen, unb bie ©egenfä^e, 
toeld^e fie ju 6efÄm})fen l^atten, fel^r berfd^ieben. 2lud^ in ber 3flid^' 
tung ber ^itm junb ber 3luffaffung ber Seigre jeigten fid^ bei aller 
3lnaIogie bod^ fel^r balb ioefentlid^e Slbloeid^ungen. 

2)er bornel^mfte Unterfd^ieb ift, ba^ Sutl^er an bem beftel^enben 
geiftlid^en Snftitut aHeö feftl^alten toottte, toa^ nid^t burd^ einen au^- 
brüdftid^en ©J)rud^ ber Sd^rift toiberlegt ioerbe; S^i^^Ö^i bagegen alleö 
abjufd^affen entf d^loff en toav, toa^ fid^ nid^t burd^ bie Sd^rift betoeifen 
lafle. Sutl^er blieb auf bem getoonnenett ®runb unb Soben ber 
lateinifd^en Äird^e ftel^en: er tooHte nur reinigen, bie Seigre au^er 
Söiberfjjrud^ mit bem ©toangelium fe^en; 3^i«gK l^iett bagegen für 
notl^toenbig, bie erften einfad^ften ä^ftänbe ber d^riftlid^en Sird^e fo 
Diel toie immer möglid^ l^erjuftell.en : er fd^ritt ju einer totalen Um= 
toanblung fort. 

333ir lüiffen, ioie ioeit Sutl^er entfernt h)ar, auf bie Slbfd^affung 
ber Silber ju bringen: er begnügte fid^, ben Slberglauben ju fee^ 
Iäm^)fen, ber ftd^ baran gelnüjjft l^atte. S^i^^gK bagegen, betrad^tete 
biefen SDienft fd^led^tl^in al^ Stbgötterei unb öerbammte bie Silber 
felbft unb . an. fid^. ^m (Sinöerftänbni^ mit il^m erf lärte ber 3iatf) 
ju ^pngften 1524, er tooHe bie Silber abfd^affen, er J^alte bieg für 
ein göttlid^eö SBerl. ©lüdElid^ üermieb man bie Unorbnungen, toeld^e 
ein äl^nlid^eö Sorl^aben an fo mand^en anb'ern Drten l^erborgebrad^t 
l^at. 2)ie brei £eut))riefter mit jtoölf Slatl^iggliebern, einem au^ jeber 
3unft, begaben fid^ nadb ben Äird^en, um bie ©ad^e unter il^rer 2luf- 
ftd^t au^fül^ren ju laffen. ' 2)ie Äreuje bei ben S^^oi^naltären öet« 
fd^loanben. 2)ie Silber tourben bon ben 3lltären genommen, bie 
Sre^co*^ an ben 3Kauern abQcpiit, bie SRauern toei^ Dertünd^t. Qn 
ben Sanbgemeinben l^at man bie föftlid^ften tafeln l^ie unb ba tool^l 
gerabeju t?erbrannt, „®ott ju Sob unb ei^re". 2lud^ bag St)iel ber 



^^cränbcrung ber ®c6räud^e, 1824^ 25. 57 

• 

Crgcin fanb feine ©nabe, tüegen ber Sujjerftitiott, bie \xä) bamit 
bcrtuttben l^abe*). 3!llan tüollte nur ben erften einfad^en 2)ienft am 
SBortc. ^n allen Äird^engebräud^en fe|te man fid^ nun ba^ nemlid^e 
3iel. 6^ toarb eine neue Formel ber 2^aufe aufgefteUt, ol^ne alle 
bie 3"fÄ^^, „iüeld^e in ©otteö 2Bort nid^t ©runb l^aben^)". I)ann 
fd^ritt man ju einer SSeränberung ber 3Kefle. Sutl^er l^alte fxd^ mit 
SBeglajfuug ber auf bie Seigre toom D))fer bejtiglid^en Sßorte, mit 
ber ^erfteHung be^ Äeld^e^ begnügt. 3h)ingli rid^tete — Dftern 1525 — 
ein förmlid^e^ Siebe^mal^l ein. 35ie ßommunicanten fa^en, in einer 
befonbem Slbtl^eilung ber ©tüi^le, jtt>ifd^en ßi^or unb 35urd^gang, 
xtä)t^ bie SRänner, \xnU bie g'rauen; ba^ 95rob -tourbe in breiten 
^öl^emen ©d^üffeln l^erumgetragen; ein jeber brad^ fid^ einen 33iffen 
ab; bann trug man ben SBein in l^öl^emen Sed^ern uml^er^). ©o 
glaubte man fid^ ber urfj)rüngli^en @infe^ung am meiften an^unäl^em. 

Unb i)m fommen toir nod^ auf eine tiefer liegenbe Sifferenj, 
bie nid^t allein bie Slntoenbung, fonbern aud) bie 3luffaf|ung ber 
Sd^rift eben in Sejug auf biefe h)id^tigfte aller geiftlid^en ^anb= 
lungen betraf. 

6^ ift befannt, h)ie mannid^faltig bieig 5Dl^fterium aud^ in frül^em 
3citen aufgefaßt h)orben ift, namentlid^ bom neunten bi^ jum eilften 
3al>rl^unbert, el^e bie Seigre pon ber Siran^fubftantiation bie SlHeins 
l^errfd^aft errang. Äein SBunber, toenn nun, nad^bem biefe erfd^üt= 
tert toorben, aud^ neue SSerfd^iebenl^eiten ber Sluffafjung erfd^ienen. 

2!)amafö toaren fie mebr f})eculatit)er, je^t, ber öeränberten Dtid^s 
lung ber (Selel^rfamfeit gemä^, mel^r ejegetifd^er 3lrt. 

Salb nad^bem Suti^er bag SBunber ber Xranöfubftantiation öer^ 
toorfen, regte fid^ in mel^reren Äö})fen jugleid^ bie 3bee, ob nid^t 
überl^au)3t, anä) abgefel^en babon, fid^ ben ®infe^ung^it)orten eine 
anbre J)eutung geben laffe. 



1) ©cm^jarb SBcig a. a. O. p. 49. «uöingcr SReform.^Öefd^.I, p. 102. 
Utw geoni« 3ubä, Mise. Tigur. III, 33. „Anno 24 ftaU man ab bie fxo^ 
cejfionen ber iWönc^en unb ?Jfaffen, — orbnct ?cut, bie über bie <Bäxäf 
(9icliquien!5pen) gingenb unb tocrgrubinb bie. ©ebcin ober ^ei(t(>um. ^an 
tä^t bie Orgien anß ben fild^en, baö tobtenläuten toarb abgefiellt, baß tt)\)^tn 
be« @al^e« Saffcr« ^almen; baö toerrid^tcn ber Äranfen; — itvna6) t^ät 
man in ber @tabt bie 5öi(ber n9 ben Äilrf;en unb uf bem Sanb, n?o e§ baö 
3»etr werben möäfV*. 

2) St^Jingli'« 2Ber!e II, ii, p. 230. 

3) «orrebe; Serfe II, ii, p. 231. 



58 günfte« ©ud^. SDrittc« (S,apM, 

Sutl^er felbft' fcelennt, eine 3lnh)anblun0 na6) biefer ©eite l^in 
' gel^aW ju l^aben ; aber, ha i)on jel^er in äußern unb innetn Ä&mJ)fen 
feine attjeit fiegreid^e Sffiaffe ber ©runbtejt getoefen toax, beflen toort- 
lid^er SSerftanb; fo gab er feine ä^^if^^t <*wd^ je^t unter ben 2Bort= 
laut gefangen unb Wieb babei, bie reale (Segentrart gu b^f)auptm, 
ol^ne baö -SBie tceiter beftimmen ju lt)otten. 

9iid^t Sitte aber ft)aren fo gurütfl^attenb, bem Söortöerftanbe fo 
unterhjürfig, h)ie 2utl^er. 

3uerft h)agte ft(3^ ßariftabt, afö er im Qai^re 1524 au^ ©a^fen 
flüd^ten mugte, mit einer neum ©rflärung l^eröor, bie nun freilid^ 
ejegetifd^ nnf)altbax, ja abenteuerlid^ auffiel, bie er aud^ jure|t felber 
lieber aufgegeben 1)at, bei beren naiverer SSegrünbung er aber aud^ 
einige 2lrgumente bon befferem @el[>alt öorbrad^te*) unb mit ber er 
ixb^xf)aupt ber biefem fünfte fd^on jugeh>anbten 9lid^tung ber ©eifter 
einen großen Slnfto^ gab. 

2)er befd^eibene DeIoIam))abiu^ ju Safel, in beffen Äreife fxd^ 
öertoanbte Slnfid^ten geregt, fing an fid^ ju fd^ämen, ba^ er feine 
Streif el fo lange unterbtüdft, Seigren ge})rebigt l^abe, öon benen er 
nid^t i)pttfommen überzeugt geloefen, unb fa^te fid^ ba^ ^erj, ben 
(Sinn ber gel^eimni^reid^en ©infe^ungiSVoorte, h)ie er il^n berftanb, 
nid^t länger ju Verleugnen ^). 

SSon einer anbem ©eite lam ber junge Suttinger an biefe %xaQt. 
@r ftubirte bie älcten be^ berengarifd^en Streitet unb uttl^eilte, ba^ 
Serengarn in jenem toid^tigen ^Momente — too bie f))ätere Seigre 
ftd^ feftfe^te — Unred^t gefd^el^en fei. ®r glaubte Serengarig SBei- 
nung fd^on bei 2lugufiinug nad^toeifen ju fönn^n^). 

35ie ^aujjtfad^^ aber loar, ba^ Bh:>i«9K bag SEBort ergriff, ^n 
bem ©tubium ber ©d^rift, ioie er e^ trieb, mel^r im ©anjen aU 
ftettentoeife, unb nid^t ol(^ne unaufl[>örlid^ auf baö claffifd^e Slltertl^um 
jurüdfjulommen, l^atte er bie Ueberjeugung gefaxt, bag baö Qft ber 
Sinfe^unggloorte nid^tö anbere^ l^ei^e al^ „bebeutet", ©d^on in 
einem Sriefe bom 3>uni 1523 äußert er, ber ioal^re SSerftanb ber 
©ud^ariftie lönne erft bann begriffen toerben, it)enn man S3rob unb 
3Bein im ^iad^tmal^l nid^t anberö betrad^te al^ baö SBaffer bei ber 

1) S)iaIog öon bem obgbttifci^en TOgbrauc^ beö ©acramcntö, bei SBald^ 
XX, 2878. ^on bem toiberd^riftUd^en TOßbraud^ be« ^crrn 53rob uuD Mäf, 
ibid. 138. 

2), Sufammcnfleffung ber öerfd^iebenen ^Icußcrungen bc« £)efo(am:^abiue 
in beffen ?eben i)on ^cg p. 102, 

3) Saijater öom ?äben unb 2'ob ©cinr^d^en SSuttingcr« 1578 p. 8. 



2(bcnbma^(«flrcitigfcit 59 

laufe*). 3nbem er bie aReflje angriff, l^atte er fci^on bie %bfx^t 
g?fa^t, bamad^ aud^ bie Sud^ariftie, toie er fagt, ftd^ f elfter jurütfs 
jugebcn*). Sa nun je|t ßariftabf mit einer fel^r nal^e öertoanbten 
3Keinung l^eröortrat, bie er jebod^ nid^t mel^r ju erl^ärten öermod^te, 
fo glaubte 3toi«gli ^tid^t länger fd^toeigen ju lönnen. S^erft in einem 
gebrucften ©d^reiben an einen Pfarrer in Sleutlingen (9loö. 1524), 
bann au^fül^rlid^ in feiner ©d^rift i)on. ber toal^ren unb falfd^en SRe« 
ligion, trug er feine ©rflärung^tüeife öor. ©o ipenig er bie äugle« 
gimg ßariftabtig billigte, fo bebiente er ftd^ bod^ einiger Slrgumente, 
bie berfelbe gebrandet, j. S. Gl^rifti Äör})er fei im §imme[ unb fönne 
unmöglid^ auf ßrben ben ©laubigen fo fd^led^tl;in, realiter, auigge« 
t^eift tüerben. §au))tfäd^lid^ ftü^te er fid^ auf ba« fed^igte QapxUl 
im ßöangelium ©t. ^ol^annig, bag il^m erft l^ieburd^ öolle« Sid^t 3U 
erlangen fd^ien. 

SBeld^ ein 50loment toar ber im ©tJätjal^r 1524, in bem fid^ 
auf ber einen ©eite bie (SntjiDeiung jVüifd^en einem fatl^olifd^en unb 
einem ei)angelifd^en 3:i^eile feftfe^te, unb nun biefe 3Keinung f)ev\yoX' 
trat, hjeld^e bie @t)angelifd^en toieber fo getoaftfam trennen foßte. 

gütiger trug fein Sebenlen,, a\xä) 3*^i^9li fii^ ^"^ i^"^'^ ©d^toär« 
mer ju erflären, mit benen er'> oft ju fämjjfen gel^abt; er nal^m 
feine Jtütffid^t barauf, ba^ man in S^^^ i>i^ Silber unter öffent- 
licher Slutorität abgefd^afft unb aUerbingg einen ?ßunft gefunben l^atte, 
too bie toeltlid^e Drbnung beftel^n fonnte, nur ein paax ©d^ritte ^on 
bem hergebrachten h)eiter afö* er ; er l^atte überl^aujjt üon ben fd^loei- 
jerifd^en Swftänben nur bunfle Segriffe. 3Rit großer ^eftigfeit be- 
gann er ben Ärieg. 

@g ioürbe nun nid^t l^iel^er gel^ören, bie ©treitfd^riften aufju= 
füllten, toeld^e getoed^felt, bie Slrgumente, h)eld^e öon beiben ©eiten 
gebrandet 'iDorben : e^ fei bem Setrad^tenben nur erlaubt, eine 33e- 
merfung ju mad^en. 

Unleugbar fd^eint mir, ba^ bie ©ad^e burd^ ba^ lebiglid^ ej- 
egctifd^e SSerfal^ren nid^t aui^jumad^eit toar. 



1) %tt §an« SBi^ttenBad^ 15. Suni 1524. Panem et vinum vere esse 
pato ac edi etiam, sed frustra, nisi edens finniter credat hunc solum 
esse animae cibum. Omnia sunt planiora, si xa auxa ovxa i. e. ficus 
ficus appellaverimus, panem dixerimus panem, vinum vinum. (£pp* l, 258.) 

2) Deliberavimus usui esse futurum, si missa everteretur, qua eversa 
speravimus etiam eucharistiam sibi restitui posse. De vera et falsa re- 
ligione p. 269. 



60 günfted ^ndf. Xx\tM Sa^itel. 

35a^ ba^ 3ft ^i^^^ troJ)ifci^en ©inn l^aBen Knne, ift an fid^ 
nid^t in SlBrebe ju [teilen, unb ftefft aud^ Sutl|fer im (Srunbe nic^t 
in Slbrebe. ®r giebt e« bei 2lu«brücfen ju, toie: 6l^riftu§ ift ein 
gefö, ein SBeinftoi: „barum h)eil ßj^riftug nid^t fein lann ein na- 
türlid^er gelö". (£r leugnet nur, ba^ ba« SlBort biefen ©inn im 
Dorliegenben %aUt l^abe, il^n l^aben muffe*). 

Daburd^ fJJtingt nun tüciter inö 2luge, ba^ ber ®runb ber 
©treitigfeit in einer allgemeinen 2luffaffung lag. 

3h)i«0li ^Ät gegen bie ©ültigfeit ber ipörtlid^en ©rßärung bor 
allem eingeworfen, ba^ ßl^riftuig ja felbft gefagt l^abe, „id^ h)erbc 
nid^t bei &ud) fein alle 2age", mitl^in aud^ im Slbenbmal^I gar nid^t 
gegenlt)ärtig fein tooHe; ba^ er ferner bann allentl^alben fein mü^te, 
eine locale 2lttentl^al6enl^eit ftd^ aber nid^t benfen laffe. Sutl^er, ber 
eine angeborene ©d^eu l^at über ben einfad^en Ifaren SBortfinn einer 
©teile l^inauiggugel^n, antwortet in ber Siegel, ba^_er fid^ an baö 
untrüglid^e SBort l^alte, ba^ bei (Sott fein Sing unmöglid^ fei. S^ 
ift aber UjoI^I nid^t benfbar, ba^ er babei \Ui)n geblieben toäre, l^ättc 
er fid^ nid^t bur^ eine l^öl^ere 2luffajfung über jene ßintoürfe er- 
l^oben gefül^It. S'^bem er toeiter gebrängt h)irb, tritt er bod^ am 
6nbe aud^ mit biefer l^eröor: e^ ift bie Seigre Don ber 3Screinigung 
ber göttlid^en unb ber menfd^fid^en 5Ratur in ßl^rifto. @r finbet, biefe 
^Bereinigung fei nod^ biel enger alö bie jtoif d^en Seib unb ©eelc: 
aud^ burd^ ben lob l^abe fie nid^t aufgeWft loerben lönnen; bie 
SWenfd^l^eit ßi^tifti fei burd^ il^re Bereinigung mit ber @ottl^eit über 
baö 3leid^ bei? 9?atürlid^en, au^er unb über atte ßreatur erl^oben 
toorben. 3Bir l^aben l^ier einen ^all, ber aud^ fonft tool^I eintritt, 
lüo Sutl^er, felbft ol^ne e^ ju triffen, auf bie öor ber Sutloicfefurtg 
ber l^ierard^ifd^en 2lIIeinl|ferrfd^aft unb ber Sluigbilbung iJ^re^g ©^ftemeö 
in (Sang geloefenen SKeinungen jurüdtfommt. ©d^on Sol^ann ©cotuiS 
(Srigena, im 9. ^al^rl^unbert, l^at bie Seigren bom Slb^nbmal^I unb 
ben jloei Staturen auf eine ioenn nid^t böttig gleid^e, bod^ fel^r ä^n« 
lid^e SBeife mit einanber in 3Serbinbung gebrad^t^). Sutl^erg iJel^re 
ift nun, bafe ftd^ bie 3>bentität ber göttlidjen unb ber menfd^Kd^en 
5Ratur in bem SK^fterium beö ©acramentS barftette. Der Seib ßl^rifti 

1) ^roße Confefflon in Söalc^ö ©ammlung ber Sfficrfc ^uti)tx9, 2^. XX, 
p. 1138. 

2) De divisione naturae, bei Sieanbcr Äird^engcfc^id^te IV, 472. 2)cr 
Unterfd^ieb Uegt tOD^^I l^au^tfäd^ttc^ barin, bag <^cotu9 uodf entfc^iebener eine 
^erl^errlid^ung ber menf^licl^en 92atur burd^ bie göttltd^e annimmt. Caro in 
Yirtutem transformäta nuUo loco continetur. 



2lbcnbma^(«flreitigfeit. 61 

ift ber ganje ßj^riftu^, göttlid^er 3laiux, über bic SSebingungen ber' 
Greatur erl^aben, unb baf)tx aud^ in bem 95robe füglid^ mittl^eitbat. 
Jie Sintoenbung, ba^ ßl^riftuö gefagt, er toerbe nid^t immer gegen- 
toärtig fein, l^ebt er ol^ne S^üfd mit Siedet burd^ bie Semerfung, 
ba§ ßl^riftu^ bort nur bon feinem irbifd^en 35afein rebe. 

6g ift beutlid^, toarum S^ingli'ö Setuei^fül^rung nun toeiter 
für ßutl^er nid^t^ ©d^Iagenbeä i)atU, ®r fonnte, h)ie er eg liebte, 
bei bem SBortfinn bleiben, ber il^m feinen 9Biberf})rud^ barbot. 3)urd^ 
eine Sluffaffung, toeld^e bie l^öd^ften 5l%fterien ber SReligion berül^rt, 
toietool^I er fte mit einer el^rh)tirbigen ©d^eu, ba^ ©eJ^eimni^tooße in 
ben Streit be^g Xageö ju jiel^en, nur bann urib toann l^eröorl^ob, 
toar er feiner ©ad^e fidler. 

Ueberl^auJ)t erfd^eint un^ Sutl^er l^ier in feinem eigenften SBefen. 

aSir i^aben oft bemerlt, er tDeid^t nur fo bier Don bem ^er-- 
fömmliB^en ah, al^ bie SBorte ber ©d^rift il^n unbebingt nötl^igen. 
6ttoag Sleueö aufjubringen, ober Seftel^enbeö, ba^ ber ©d^rift nid^t 
gerabeju ungemä^, umjuftürjen, Voären ©ebanfen, bie feine ©eele 
nidbt fennt^). 6r Votirbe bie ganje ®nth)idfelung ber lateinifd^en 
fiird^e hef^aupUn, Voenn fte nur nid^t burd^ frembartige, bem äd^ten 
Sinn beg ®DangeIijumg h)iberfj)red^enbe spätere ©Übungen Derunftaltet 
toäre, er toürbe bie §ierard^ie felbft anerfennen, hjofem fte il^m nur 
ba^ 2Bort -freiließe. 35a ba^ aber nid^t fein fann, fo l^at er bag 
ämt ber Steinigung notl^gebrungen felber übernommen. 6r i)at [xd) 

— benn feine ©eele lebt unb loebt in ben fird^Ud^en Ueberlieferun= 
gen — nid^t ol^ne bie l^eftigften inneren ©türme bon bem gufälKgen, 
bem unbegtünbeten 3wfö^ freigemad^t. 2lber um fo unerfd^üttertid^er 
^ä(t er nun aud^ an bem 3K^fterium feft, infofem eö mit bem 2Bort- 
fmn ber ©d^rift übereinftimmt unb baburd^ betoäl^rt toirb. ®r Voei^ 
eö mit alle bem 2iieffinn aufjufaffen, ber il^m urfjjrünglid^ gu ®runbe 
gelegen; er ift emj)fänglid^ für bie gro^artigfte SR^ftif unb babon 
ergriffen. 

@g ift Waf)x, Sut^er fiel t>on ber römifd^en Äird^e ab, ober 
bielmel^r er toarb öon xi)x auögefto^en, unb l^at xi)X mef)x gefd^abet 
(xU ein anbrer 9Kenfd^. allein er Verleugnet nie feinen UrfJ)rung. 
3i8enn toirbie toeltl^iftorifd^e Setoegung ber SWeinung unb Se^re in^ 
äuge faffen, fo ift eben Sutl^er ba« Drgan, burd^ toeld^e« ftd^ bag 
lateinifd^e Äird^entoefen ju einer freieren, minber l^ierard^ifd^en , mit 

1) 3- ®« fragt Sarlflabt: "mo l^at (S^riftuö geboten, ba^ man fein 
^knbma\fl in bie $ö^c aufgeben unb bem ^oih geigen fotte? (Söald^ 2876) 

- ?ut^er antnjortet: tt)0 ijerbietet eö ejiriflu«? (p. 252). 



62 günftc« ©ut^. S)rittce (iapittl 

ien urfj)rün0ltd^en, 2^enbenjcn bcig ßl^riftentl^um^ toieber au^er S3.iber= 
fj)tud^ gefeiten ®nth)ic!elung umbilbete. 

©eftel^en toir aber, ba^ feine Sluff äff ung befonberg in biefem 
©tü(f bod^ immer tt^oa^ Snbiöibuetteö bel^ielt, md;t einem Sieben ein- 
leud^ten fomtte^ h)ie benn aud^ feine Stellung leine^tveg^ bon älQen 
geti^eilt lüurbe. 3Iuci^ bie tiefem unb bebeutenb^cn ®eifter, bie an 
ber J^l^ätigleit be^ S^W^^i^^^^^ lebenbigen 2lntl^eil nal^en^ toaren 
mit nid^ten alle fo lird^lid^ gefinnt toie Sutl^er. ©oh)ie S^i^öK^ 
Setoei^fül^runö Suti^ern nid^t überzeugen fonnte^ fo ging bie äuf< 
faffung Sutl^er^ an 3h>ingli öorüber, ol^ne auf il^n ©inbrudf ju mad^en. 

3h)ingli lebte, h?ie berül^rt, überl^auj)t nid^t tief in bem ©e-- 
fül^I ber allgemeinen Äird^e, be^ 3wfammenl^ange§ mit ben S)octrinen 
ber berfloffenen 3al^rl^unberte. SBir fallen fd^on, ba^ il^n, einen ge- 
borenen 3le})ublif aner , ber Segriff ber ® emeinbe um 'SSieleö mel^r 
befd^äftigte : ioie er benn aud^ je^t bemül^t toar feine ^ixx^exx^d^ 
©emeinbe burd^ ftrengere iiird^engud^t jufammengul^alten. Sr fuc^tc 
bie öffentlid^en 3Serbred^er ju entfernen, l^ob bie 3lf^Ie auf, lieg un- 
jüd^tige S)irnen unb ©l^ebred^erinnen au^ ber ©tabt fd^affen. 9Rit 
ben ®efid^töj)unften, bie ü)m entfjjrangen, t)erbanb er nun ein freiet, 
Don affer l^ergebrad^ten J)ogmatiI abfelj^enbeö ©tubium ber ©d^rift. 
Qrre id^ nid^t, fo betoieö er in ber 3^l^at für ben 3wfammenl^ang 
beS urft^rünglid^en ©ebanfenig berfelben einen feinen unb- treffenbcn 
©inn. 2öie ber 9litug bejeugt, ben er einfül^rte, fal^ er ba^ Slbenb- 
mal^I alg ein 3Rai)l be^ ©ebäd^tniffeg unb ber Siebe an. @r l^ielt 
fid^ an ba^ SBäort 5PauIi, bag toir 6in Seib finb, tüeil Wir öon 
ßinem 33robe effen« 2)enn ein 3eber, fagt er, belenne fx6) baburc^ 
^u ber ©emeinfd^aft, bie in ßl^riftuö il^ren ^eilanb erfenne, in ber 
äffe ßl^riften @in Seib feien: baö fei bie ©emeinfd^aft -be§ Slute^ 
ßl^rifti. SBenigftenö er felbfl tüoffte nid^t SBort l^aben, bag er bie 
ßud^ariftie für blogeö S3rob l^alte, „SÖenn S3rob unb SEBein, bie 
• burd^ ©otte^ ®nabe gel^eiKgt pnb, auögetl^eilt toerben, h)irb ba", 
fagt er, „nid^t ber ganje (Sl^riftu^ gleid^fam fül^Ibar ben ©einen bar^ 
geboten?" 6j§ gereid^te il^m ^u befonberer (Senugtl^uung, bag er 
burd^ biefe Sluffaffung unmittelbar ju einer i)raftifd^en SBirfung ge- 
langte. Xmn h)ie f offte e§ nid^t gu d^riftlid^em 2cbm unb -d^riftlic^er 
Siebe anleiten, loenn man toiffe, bag man ju ®inem Seibe gel^öre? 
33er Unloürbige tüerbe fd^ulbig an ßl^rifti Seib unb ^lut (Sr er^ 
lebte bie ^reube ju feigen, bag fein SRitu^S unb biefe 2Infid^t ^ur 
Beilegung alter unb Derl^ärteter geinbfd^aften beitrugen^). 

1) Expositio fidei , SBcrfe II, ii, 241. 



«Brnbrna^Iöfhettigfcit. 63 

DBfllcid^ 3h>ing(i gern ba^ Ue6ernatürlid^e l^erborl^c6t, ba« feine 
äuffaffung nod^ barbot, fo ift bod^ Kar, ba^ bie^ nid^t ba^ 3K^fterium 
toar, toeld^e^ bi^l(^er ben 3JlitteI})unft be^ Qvltu^ in ber lateinifd^en 
Äir^e gebilbet l^atte. ^Ran fann begreifen, toeld^en (Sinbrucf e^ auf 
ben gemeinen 3Kann mad^te, ba^ man ü)m bie fxnnlid^e ®egent»art 
ßl^rifti entreißen tooffte: e^ gel^örte ein getoiffer 3ilnti) bagu, fid^ baju 
ju entfd^Iie^en; afö baig aber einmal gefd^el^en, fo jeigte'fid^, ioie 
toenigfteni^ Defo[am))abiu^ fagt, eine toeit größere ßmjjfängli^feit 
bafür, afö man 1)äiU t>ermutl^en fotten. Slud^ bieg ift auf ber an- 
bem ©eite tool^I ju erllären. 3)a man ftd^ einmal im SCbfatt bon 
ber römifd^en Äird^ Begriffen fal^, fo getoäl^rte eö eine getoiffe SBe^ 
friebigung beg ©elbftgefül^Ig, toeld^e^ ftd^ babei enttoidfelte, ba^ bie« 
fo öollftänbig toie möglid^ gefd^al^, ba^ mÄH in einen bottfommenen 
Segenfa^ trat. 

Sutl^er ioar üon bem römifd^en §ofe toon bem erften Slujgen^ 
Miefe an mit großer $ärte, S^i^g'i bagegen mit äu^erfter ©d^onung 
bcl^anbelt toorben: nod^ im Qiöl^'^e 1523 emjjfing er ein überaus gnä- 
bige^ Srebe SlbrianS VI, in loeld^em alle feine Steuerungen ignorirt 
tourben. 35effenungead^tet liegt am SCage, ba^ S^Jingli bem bx^- 
Mengen Äird^entoefen bei toeitem fd^ärfer unb unberföl^nlid^er entgegen^ 
trat al« Sutl^er. 2luf il^n maä)Un 2)ienft unb S)ogma, trie fie im 
Saufe be« ^al^rl^unbert« fid^ gebilbet, ganj unb gar feinen ©inbrudf 
mel^r: Slbtoanblungen, bie an fid^ unfd^äblid^ loaren, an bie fid^ aber 
ber SKi^braud^ grfnüjjft l^atte, bertoarf er mit fo entfd^loffener Slafd^^ 
l^eit toie ben 3Jli^braud^ felbft; bie älteften formen, in benen ftd^ 
ba§ d^riftlid^e ?ßrincij) juerft auögef Jjrod^en , fud^te er J^ergufteUen: 
gctoi^ aud^ formen, unb nid^t ba« SBejen, aber bie bod^ h)ie bie 
ndd^ften, fo aud^ bie reinften unb angemeffenften toaren. 

Sutl^er loar bei allem feinem (Sifer gegen ben ^ajjft, bei aller 
feiner Slbneigung gegen bie toeltlid^e ^errfd^aft ber §ierard^ie, bod^ 
üBrigen« felbft in Seigre unb Slituö fo biel al« möglid^ conferbatib, 
lS»iftorifd^ gepnnt; er trar tief finnig unb bon bem SJl^fterium burd^s 
brungen; 3h)ingli toar bei loeitem burd^greifenber im Serioerfen unb 
Umbilben, ben Sebürfniflen beö täglichen Seben« jugetoanbt, nüd^^ 
tem, berftänbig. 

SBäre Sutl^er mit feinen ©d^ülem allein geblieben, fo loürbe 
bag reformirenbe 5ßrinci)) tool^l fel^r balb jur ©tabilität gelangt fein, 
feine lebenbig fortfd^reitenbe Äraft bieHeid^t balb eingebüßt l^aben. 
3)a^ 3toiwgli allein getoefen Voäre, fann man fid^ fo eigentlid^ nid^t 
benfen. SBäre aber eine 3lnfid^t, toie bie feine, ol^ne Sutl^er emjjor^ 



64 günftee Sßu^. ©ritte« Ga^itcl. 

gelomtnett , f o toürbe bie ßontinuation ber lird^enJ^iftorifd^m 6nt» 
hjicfclung baburd^ gctoaltfam unterbrod^en tüorben fein. 

©0 toar e§, toenn h)ir un^g fo toeit erl^eben bürfen, bon ber 
göttlid^en SSorfel^ung beftimmt, ba^ betbe Sluffaflungen mit einanber 
il^ren ®anQ ju mad^en l^atten. ©ie h)aren neben einonber, jebe 
an xf)xex Seeffe, jebe mit einet getoiffen innem Slotl^toenbigleit ent- 
fjjtungen, fie gel^örten jufammen, ergänzten jtd^ toed^feteipeife. 

2(ber feit ben 3^iten ber S"fli*iptioniggerid^te, ber feftgefe^ten 
intoleranten ^ertfd^aft eineö bogmatifd(>en ©^ftemö, Wax ein fo ftarrer 
SBegriff öon Sted^tgläubigleit in bie 2BeIt gefommen, ba^ ftd^ beibe 
bod^ junäd^ft, ol^ne Sltidf^d^t auf ü^re gemeinfd^aftlid^en Segnet, unter 
einanber mit l^eftigem 6ifer befel^beten. 

2Bir h)erben nod^ öfter ber mannid^faltigen Sevoegungen ju ge- 
ben!en l^aben, bie biefer ©treit erregt l^at ; je^t faffen toit in^ Stuge, 
toie 3^ingK .an feinet ©teile, in 3ütid^ unb bet ©d^toeij, fid^ treiter 
SRaum mad^te. 

ä^ert^etbtgung. Ausbreitung. 

Dbgleid^ S^^ii^öli ^^ SSieleg h)eitet gegangen toat afö Sutl^er, 
fo erl^oB ftd^ bod^ aud^ gegen il^n eine il^n überbietenbe SKeinung: 
aud^ er l^atte mit ber SBiebertaufe ju lämjjfen. 

3Kan forberte il^n auf, eine ©emeinbe öon tüal^rl^aft ©laubigen 
abjufonbem: benn nur benen allein gelte bie SSerl^ei^ung. ®r ent- 
gegnete, man fönne ja bod^ ben ^immel nid^t auf ßrben einfül^ren; 
ßl^riftu^ l^abe gefeiert, baö Unfraut mit bem SBeijen aufload^fen ju 
laffen ^), 

Ttan Verlangte bann toenigften^, ba^ er bie ganje 3ütd^etifd^e 
©emeinbe ju ben 33eratl^ungen ^erbeijiel^en, fid^ nid^t mit bem großen 
"Statine, ber nur an§ jh)eil^unbert 3Ritg(iebern beftanb, begnügen folle. 
2lber B^^i^^Ö^i fürd^tete ben Einfluß ber geiftborgebenben leibenfd^aft- 
lid^en Demagogen auf eine größere 3Serfamm[ung. @r l^ielt bafür, 
baj bie ©^einbe in bem großen Slatl^e fird^Iid^ foirie ^)oIitifd& J^in- 
teid^enb te|)räfenttrt fei. 3)ag ftittfd^n)eigenbe ©inberftänbni^ ber ®e^ 
meinbe l^ielt er für eine ganj genügenbe ©anction ber Sefd^lüffe beö 
großen Slatl^eig. S)iefer übe bie fird^Iid^e ©etoalt auö, aber unter 
bet S5ebingung, ba^ et bie Siegel bet l^eiligen ©d^tift nid^t beriefe, 
aud^ nid^t im minbeften, benn ba^ fei ber ©emeinbe bon il^ren ^Pre^ 

1) Elenchus contra Catabaptistas. Opp. III, 362. 



SBicbcrtSufcr in 3ürid^. 65 

bigem berl^et^en lüorben. 3^wflK ^i^It an bem Segriffe berSe* 
mcinbe feft, ol^ne xf)n jeboci^ bottftänbig ju realifiren, ungefäl|fr toie 
man in neuem 3«ten, auf ba^^ ^rinci}) ber SRationalfouöeränetät ftd^ 
ftü|enb, ei8 gleid^tool^l bemtieben f)at bie Station fel6ft tf)ätxQ auf- 
treten ju [äffen. 

Ueberl^aut)t ipoffte B^'^i'^öli ^i^ einmal eingefül^rte Drbnung ber 
Singe nid^t erfd^üttem laffen. Um il^r einen SBortl^eil aBjugetPtnnen, 
trugen bie SSBibetftrebenben iool^l barauf an, ba^ ber ^el^nte abge= 
fd^afft toürbe, ber ja feine^toeg« bon göttlid^em Siedete fei. 3^ingK 
entgegnete, ber 3^^«*^ f^ enttueber burd^ bürgerlid^en 3Sertrag fd^on 
in bie britte ^anb übergegangen, ober bie Unter^Itung bon Äirc^en 
unb Sd^ulen fei barauf gegrünbet ^). @r ftü^te fi'd^ ntd^t fo getoaltig 
toie Sutl^er auf ben Segriff ber Dbrigfeit: aber aud^ er \t>ax mU 
f{^(of[en, bie einmal gebilbete ^olitifd^e Sffielt nid^t gefä^rben ju laffftt. 
Srgcnbloo mu^te bie Setoegung einl^alten, loenn nid^t allerg in ^rage 
gefteHt toerben foHte. 6r toar an biefem 5ßunlt angefommen, lie^ 
\xi) feinen ©d^ritt toeiter bringen, unb l^atte babei ben allgemeinen 
SBiffen, bon bem in ber 9le})ublil atte^^ abl^ing, auf feiner Seite. 

hierauf erl^ob fid^ aud^ in S^nd^ bie SBiebertaufe. ©er SRitu^ 
ber erneuerten 2!aufe ift nur baö SBal^rjeid^en jener Seigre, bie jur 
Silbung ber ©emeinbe bolle ©leid^l^eit ber ©eftnnung, ioal^rl^afte 
G^riftlid^Ieit forbert. Slttein eö liegt in ber 5Ratur einer l^ierauf ge« 
grünbeten ©emeinfd^aft, ba^ fie bag ^rinci}) ber geiftlic^en Se- 
jiel^ungen aud^ auf bie toeltlid^en überträgt: fel^r balb finben loir 
iBre Slnl^änger in (Segenfa^ mit atten beftel^enben ©etodlten. SBurben 
fie bor ©erid^t geftettt , fo erllärten fie tool^I, fie feien ber irbif d^en 
5Ka(i^t nid^t untertl^an: ©Ott allein fei il^r Oberer, ©ie bel^au^jteten 
bielleid^t nid^t gerabeju, ba^'man feine Dbrtgfeit bulben folle, aber 
fie leierten, ein ßl^rift fönne fold^ ein älmt nid^t berlüalten, ba« 
6(^tDert nid^t fül^ren , f o ba^ fie bie ßl^riftlid^feit ber ioeltlid^en ® e« 
toalt nid^t mel^r anerfannten. 211^ baö ^ieal aUc^ irbifd^en 3"' 
ftanbeö, nad^ loeld^em man trad^ten muffe, ftellten fie bie ®emein= 
fd^aft ber ®üter bar *). Xa nun 3been biefer Slrt eben in bem 
$auemaufru^r fo furd^tbare SEirfungen geäußert l^atten unb aud^ 
bie äürd^er SSiebertäufer, toie loenigften^ 3toi^gli genau ju toiffen 
be^am)tet, mit ber Seigre l^erbortraten, ba^ man tobten bürfe, bie 
?fajfen tobten muffe, fo erl^ob fid^ enbli^, mit ben 5ßrebigern ein^ 

1) güßlin« ©eintrage I, 235. 

2) »cfenntniffc unb Slctcnpüde in güßlin« «eintragen I, 229. 246. 259. 
n,236. 

». «oiife'« ÄBerie lU. . 5 



66 pnfted ^u^* 2)ntted (S.apM. 

betftonbm, bie ganje ©etoolt ber teftei^enben Drbnung ber 3)inge, 
um ftd^ il^rer ju entlebigen. Sinige Vourben berbannt, anbete ent^ 
flol^en; einer unb ber anbere ber ^au^tanfül^rer mürbe ol^ne 6r$ 
barmen ertränft *). ®ie neue Äird^enform fe|te ftd^ feft, ol^ne baj 
baö Seftel^en, bie ©inrid^tungen ber Stabt unb beö Staateig baburc^ 
erfd^üttert, gefäl^rbet h>orben toaren. 

SKittlertoeile l^atte fid^ aber bon einer anbem ©eite l^er, aug 
Jjolitifd^en SRotiöen, toeld^e bie gefammte ßibgenoffenfd^aft angingen; 
nod^ ein gefcll^rlid^er SB}iT>erfJ)rud^ geregt. 

3h)ingli toar in 3^^^^ ^i^ «li* feinen religiöfen fo aud^ mit 
feinen J)atriotifd^en Sbeen burd^gebrungen: bie Unorbnungen beö Sei«- 
laufend unb ber ^ai^rgelber l^atte er mit bottftänbigem Srfolge k- 
iämpft: bie ^riefter mußten einft äffe 5ßenftonen feierlid^ berfd^toören; 
int ^oi)x^ 1521 nal^m 3ütid^ allein t)on aSen Santonen ben neuen 
, franaöftfd^en Sunb nid^t an. SDie Unglüdföfäffe, toeld^e biefer 8unb 
nad^ pd^ 30g, fud^te Si^^i^ßli ^^^ i« 6enu$en, um aud^ äTnbere für 
fein ©Aftern ju gewinnen. 5Kan mu^ bie- „göttlid^e SSermaJ^nung" 
lefen, bie er nad^ -ber ©d^Iad^t bon SJicocca „an bie ölteften ei^ren^ 
feften ßibgenofjen ju ©d^lt)^^" ergel^en lie^, um ben SwfÄtntnenl^ang 
ju bemerlen, ber feine religiöfen unb J)olitifd^en Säeftrebungen bet- 
banb. ©eine Ueberjeugung toax, ba^ burd^ bie l^eimlid^en ®ahm 
aug ber ^Jrembe Vernunft unb ^ömmigfeit berblenbet, nid^tiS al^ 
3tüietrad^t geftif tet toerbe. 6r bringt barauf, ba^ man ben ®igem 
nu^ berbannen muffe. Unb frage gemanb, toie bied möglid^ fei, 
ba ber ©igennu^ in eine^ ^ebm ^exim toürjle, fo fei bie Slnttoort, 
man muffe bafür forgen, ba^ ba^ göttlid^e SBort geleiert iperbe, flar 
unb berftänblid^ , ol^ne ben 3toang menjd^lid^er SBäei^l^eit. 3)enn ba- 
burd^ nel^me ©ott bie ^erjen ein. „ SBo aber ®ott in beig SKenfd^en 
^erjen liid^t ift, ba ift nid^t^ afö ber aWenfd^ felbft, unb er gebeult 
an nid^t^ atö toa^ il^m ju 3luiien unb SBolluft bient.'' @iS ift gan; 
bie i)'6f)exe 9Roral, bie jugleid^ SK^ftil unb Sieligion ift unb feine 
3been ixbexfjaupt belebt, toaö il^n.aud^ in feiner J^olitifd^en SCenbenj 
burd^bringt. 3n ©d^tt^l, too er eine Slnjal^l })erfönlid^er greunbe 
l^atte, mad^te fein ©d^reiben fo biel @inbrudf, ba^ bie Sanbgemeinbe 
an^ 18ten SKai 1622 ben franjöftfd^en »unb abfünbigte unb anäj 

1) ^u Rodolphi Gualtheri Epistola ad lectorem, bor bem jtocitcn 
X^circ ber Ser!c 1544, njirb bagegcn ^roteflirt, baß ä^^Jingli bie« getoünfcjt 
^abe. Quod homines vaesani, non jam infideles modo, verum etiam se- 
ditiosi, reipublicae turbatores, magistratuum hostes, justa senatus sen- 
tentia dami^^^ti sunt, num id Zvinglio fraudi esse poterit? 



^olitifd^cr Sßibcrftanb gcgfen 3ti>inö^i« 67 

Slnbere baöon abjuftel^n maf)nU, „aße bie, toeld^e e^ ju mal^nen 
§a6e." 6ö toar fel^r gu ertoarlen, ba^ Sd^h)^^, h)o ©eroIb^edE unb 
3tottt0H unb Seo 3iubä fo lange gelüirft, nun aud^ in ben eigentUd^ 
religiöfm Slngelegenl^eiten betn 8eifj)ie(e bon 3örici^ folgen tDerbe. 

2)amit toedfte er aber notJ^toenbig bte mäd^ttgften ^Jeinbe gegen 
fid^ auf. SlttentJ^alben l)attm fxi) au§ ben Sorftel^em ber ©emetnben, 
tt)e((i^e bie ^al^rgelber emjjfingen, unb ben §au})tleuten, toeld^e bie 
frieg^Iufttge 3^0«^^ ^^^ %^i'^ fül^rten, e?cictionen gebilbet, bie il^ren 
Üortl^cil nid^t fo leidet fal^ren ju Idffen gemeint toaren: — Dli^ 
gard^ien, bie bann bereinigt bie Sagfa^ungen bel^errfd^ten. @r felber 
fanb, e§ fei ein neuer Slbel. fo gefäl^rlid^ toie ber alte. Unb affer- 
bing^ loaren biefe 3Kad^tl^aber ftarl genug, um junäd^ft bie ©d^lo^- 
Jer bal^in ^bringen, ba^ fie il^ren h)iber bie fremben 33ienfte ge^ 
faxten Sefd^Iu^ jurüdfnal^men. Sefonberö ber ßinflu^ beö ©d^ult== 
^ei^en ^an^ §ug in Sujern l^ielt bie bi^l^eri^ge ^olitif in ben SBaIb= 
contonen aufredet *). 2luf ber 2^agfa$ung i)on 1623 toarb förmlid^ 
Älage gegen 3tt)ingli erl^oben; unb e^ lonnte nid^t anberö fein, ate 
ba^ ber SBibertoiffe gegen feine ))oIitifd^en J^enbenjen aud| auf feine 
religiBfen Untemei^mungen jurüdpel. Unb loaren fie nid^t h^irflid^ 
auf ba^ engfte öerbunben? Qn bemfelben Slugenblidf toaren beiberlei 
Sbeen ergriffen, mit einanber foh)eit burd^gefe^t loorben." ^m Sa^re 
1524 forberte bie 2^agfa^ung bie 3ürd^er auf, t)on il^ren 9ieue-- 
rungen abjuftel^en. 3)a fie eine auötoeid^enbe 3lnth)ort gaben, brol^te 
man il^nen, in 3«Iunft auf 2^agen nid^t mel^r neben il^nen ju fi^en, 
i^nen bie 33unbefi^briefe jurtitfjugeben. 2Bol^I regten ftd^ aud^ auf ber 
lagfa^ung abtoeid^enbe 3Keinungen, bie juh)eilen fogar burd^brangen: 
im Sfti^t 1525 fam ein fel^r merftoürbiger Sefd^Iu^ ju ©tanbe, 
burd^ toeld^en man bie geiftlid^e ©erid^töbarfcit ju befd^ränfen ge* 
badete ^), nad^ Slrt unb SBeife ber beutfd^en Sieid^i^tage. 3Ber aber 
fo red^t an 9lom feftl^ielt, h)offte aud^ öon feiner 33ef darauf ung ber 
geiftlid^ Oerid^t^barfeit toiffen; im (Sanjen bel^ielt bod^ biefe ftrengere 
3Jleinung bie Öberl^anb. S)ie ^Prälaten, bie eine S^^^ i>ö^^i^ i^i^t 
toenig gefäl^rbet getoefen, füllten pV6^lxi) loieber 33oben unter il^ren 
Jü^en: fie traten in bie engfte 3Serbinbung mit ben Dligart^en. 
3Bir fto^en l^ier auf bie merftoürbige a;i^ätigfeit be^ ©eneralt)icari^ 

1) «lagen ^toinglt« 19. gebr. 1523 an ©tetner. Epp. I. p. 275. 

2) 3« ®' foö ber ^eipiid^feit jtoar vorbehalten bleiben, toa« S^efad^en 
ober @otte«bä«fcr unb ©acramente^ ober Errungen im ©lauben betrifft; aber 
öuc^ bie« foÄ crfl ber njeMid^en Obrigfeit vorgelegt ttjerben , bie fie nur , toenn 
e« i^r not^wenbtg fc^eint, an ben geifitltd^en ^id^ter öernjeifen mag. 'äxtiUl 
Bei «uttinger 1 , 203. 

5* 



68 günftee «uc^. !2)nttc« (&apM. 

ju6oftm$, 3ol^önn gäbet, exm^3Hannei, ber früher bie Kterarifd^c 
SRid^tung feiner oberbeutft^en 3^it9^noffen ö^tl^^ilt, BtoinöK fel6ft 
ium aBiberftanb gegen ben äbj[a^ ermuntert i^atte, aber im ^al^re 
1521 ganj umgeh)anbelt bon SWom jurürfgefommen toar, unb e^ 
' ftd^ nun jum Seruf feine« Seben« mad^te , bie alte Sleligion aufredet 
ju erl^alten: beffen Semül^en toar e«, jene SSerbinbung ju ©tanbc 
ju bringen unb toirffam gu mad^en. 3)a« ®ef})räd^.jü SSaben, im 
3Dlai 1526, bei tüeld^em aud^ &ä erfd^ien, luar ber 3lu«brudf bcö 
neuen (Sinöerftänbniffe« ber Dligard^en unb ber geiftlid^en ©etoalt ^). 
Xro^iger unb mit größerem Sd^ein alg jemals bel^aujjteten bie alt- 
gläubigen, ba^ ber Sieg auf il^rer Seite geblieben fei. 

Slber ihm biefeö ®ef})räd^ fottte il^nen l^öd^ft öerberblid^ toerben. 

3h)ingli toax nid^t bagu erfd^ienen: toal^rfd^einlid^ fd^redtten i^n 
bie ©jecutionen, toeld^e man fo eben im ßoftni^er ©}>rengel j. 9. 
an ^an^ $üglin poxna^m^); bagegen l^atten 93em unb Safel ein 
paar SSertreter ber neuen Seigre , Sertl^olb Malier unb DefoIam})abiuö, 
gefd^idtt, bie nun aber nid^t allein «toeit babon entfernt njaren il^ren 
©egnem ben Sieg jujugeftel^n, fonbem toiefie nad^ $aufe famen, aud^ in 
il^ren 3Jlitbürgem ein ))atriotifd^e« 5Witgefül^l für il^re Sad^? erregten ^)^ 
93em unb Safel forberten aud^ il(^rerfeitg 2^^eilnal^me an ber §erau^^ 
gäbe ber Slcten be« ©efJjräd^iS, unb hofften fie ber fatl^olifd^en SKa- 
jorität jiid^t fo ol^ne SBeitereö überlaffen. Sd^on in ber juri^' 
bictionellen grage toaren jene Stäbte mit berfelben in 9Ri^berftänb- 
nig geratl^en: je^t* ba\)nte ftd^ eine toöUige (Sntjtoeiung an. 

Sie jum 2lu«brud^ ju bringen, trat aber nod^ ein Weitere« J)0' 
litifd^e« 3Koment l^inju. 

§atte bie neue Seigre burd^ il^re 3Serbinbung mit ber ^JJofitif 
fid^ ?5einbe juge^ogen, fo l^atte fie aud^ greunbe gewonnen, dienen 
Dligard^ien ftanb überall in ben Stäbten ein mäd^tige« bemolrati- 
fd^eö ©lement in ben großen Statinen unb Sürgerfd^aften entgegen. 
SBie fid^ bie erften an bie geiftlid^e 3Kad^t anfd^loffen, fo neigten fid^ 
bie atnbern jur Sleform. 3^^^^i einanber })olitif(^ unb religio« ent^ 

1) d^ingli an Fabian I, 485: Istud uniim caveO) ne optima plebs 
Helvetica horum n^bulonum, Fabri videlicet et Ecciorum, strophis com- 
mittatur, id autem Oligarcharum perfidia. 3. Kai. Apr. 1526. 

2) ^ue gribolin 9lVff ^^^ 33u?torfe Seeformationed^ronif bc8 tart^äufer« 
®corg 79 fiejit man, »ic allgemein bicfe 53cforgni6 n?ar. 

3) Sie ta« ?icb beö yikolan^ Tianütl bcn?eip: oin ?ib in fd{>iUr« $of* 
t^on; bei ^rüneifen p. 409. „@gg gablet mit fußen unb l^cnben, fing an 

fd^clfen unb fd^cnben , er f:prad^, id^ hüh 4)\) bem öcrftonb , .ben ©äbjl 

(Sarbinäl 33ifdj>of ^anb." (Sr erfd^eint in ^abcn juft n>ie in ^ci^gig. 



@iegc bcr Deformation in ber @c^n>ci$. 69 

öegcngefe^te i^enbenjen BUbeteh jid^ au9; unb lange fd^toanfte bcr 
Sieg. 6ö ift h)ol^I leine %xaQe, ba^ ba^ reformatorifd^e (SIement, 
^a§ eine fo gute Segrünbung l^otte unb bie üRetnung beg aSoIfeig 
immer ftörfer für fid^ getoann/ am meiften baju b(;itrug in bem 
mäii^ligen Sern enbKd^ ber mel^r bemolratifd^en Partei ba^ Ueberge« 
toid^t ju öerfd^affen. S)ie Errungen über bag SSabener ®efj)räd^ 
trugen nod^ befonberg baju Bei. Sei ben neuen SBa^en be^ :3öl^'^ei8 
1527 brang eine nid^t geringe Slnjal^I J)on Slnl^ängern ber SReform, 
©egner ber Dligard^en, in ben großen Slatl^ ein. 35ie erfte ^olge 
l^ietion h)ar, ba^ ber gro^e Statl^ äffe feine alten Siedete jurüdE= 
forberte. 3h?anjig S^i^re lang l^atte er e« fid^ gefaffen lafjen, ba^ 
ber Heine Slatl^ Don SSennern unb ©ed^jel^nern gefegt tourbe; je^t 
nal^m er baö SRed^t, b«^ il^m juftanb, benfelben 511 toäl^len, h)ieber 
an jtd^ *). 9iad^bem er bergeftalt bie Summe ber bürgerlid^en ®e- 
toalt, ber SSerfajfung gemä^, in fxd) t)ereinigt, ging er an bie reli^ 
gtöfen Angelegenheiten. 2)ie3Kanbate, ben alten ©lauben feftjul^alten, 
tourben gurürfgenommen ; eine S)iigj)utation öeranftaltet, bei ber aud^ 
3hJtngli erfd^ien , unb bie nun ganj ju ©unften feiner 9Jleinung augs 
pcl; atte ©inrid^tungen , bie er in S^xxä) getroffen, eignete man in 
Sem fid^ an, ^m igal^re 1528 tuarb nod^ Doffenbg au^ ben beiben 
Satiren mi^cxni , \oa^ an bem alten ®lauben feftl[>ielt. SDie ®emeinbe 
toarb^in ber Äird^e öerfammelt; ^oj)f bei Äojjf, Ferren, 9Jleifter 
unb fined^te geloBten Me ben beiben Statinen ©el^orfam ^). I)ann 
griff man, nad) bem jtoief ad^en ßl^arafter biefer SReform üBerl^auJjt, 
bie gal^rgelber an, toeld^e in 33ern aud^ unter ben @Dangelifd^=®e- 
ftnnten mäd^tig'e Slnl^änger iä\}lUn. 5Rid^t ol^ne lebl^aften Äamj)f, 
unb erft nad^bem man auf§ neue bie 3Keinung be^ 3Solfeö in ©tabt 
unbSanb befragt, Vourben bie ^al^rgelber aberlannt (24. 2lug.) unb 
bem fiönig toon granfreid^ aufgefünbigt *). 

®inen Stugenblidf länger l^ielt fid^ bie bi^l^erige ^Regierung in 
Safel; fte fd^meid^elte fid^ nod^ ein ®leid^gelt)id^t jtoifd^en beiben 
Sefenntniffen ju Bel(^au^)ten. Slllein affmäl^lig toarb bie ebangelifd^e 

1) Ad viginti annos 4 Pandareti cum 16 e civibus senatum mino- 
rem elegerunt, ea conditione ut per eos delectus civium turma non ha- 
beret abjicere: nunc ablata est Ulis potestas et concio universa civium 
senatum deligit. ©d^teibcn ©. Rattere on SSabian, in Äird^^ofer« SBcrt^olb 
?)aKer p. 89. 

2) etettler II, 6. 

3) SBullinger II , 13. Rätter nennt cö pecunia sanguinaria ; ^ofmeiflcr 
rcbct ton execrabik-foedus Gallicum. %\xd) SWanuet gel^örtc ^u ben ^tx^ 
fec^tern bcr ^cnfioncn. Orüncifen 109. Äirc^^ofcr 133. 



7Ö • - güuftc« «uc^. 2)ritte« S.a^itcl. 

©emeinbe il^rer Uefcerlegenl^cit inne: Bei einer SSoIf^toerfammlung im 
Sanuar 1529 jeigten ftd^ nur 800 ÄatJ^olifd^c, bagegen bei 3000 
©öangelifd^e. hierauf, im folgenben ^^bruar, brad^ eine au^- 
rül^rerifd^e Setoegung au^, 3werft toarb bie SBetfaflung geänbert. 
S)ie 3ünfte nal^mcn il^te frül^ere Selbftänbigfeit toieber an fxä) , unb 
h^iamtn baö Siedet , fünftig immer 60 ber ^\)xm bem großen Statine 
J&eijuorbnen; 9liemanb fottte in bem Keinen Slotl^e fein, ber nid^t 
burd^ ben groj^en baju borgef dalagen iDürbe, alle Äatl^oKfd^=©eftnntett 
öerlie^en ben Heinen SRatl^ ^). Sluf ber ©teile l^örte man in ben 
Äird^en beutfd^e 5ßfalmen fingen, unb fd^on am erften Sljjril h)arb 
eine 2lnorbnung be« ©otteöbienfteö nad^ bem 3Kufter bo^ ^mi, 
))ublicirt, bie ganj ben religiöfen @mft unb bie fittlidi^e 3wd^t atl^met, 
toeld^e einö ber bomel^mften innem 9Jlotibe biefeö Untemel^men^ toar 
unb in ber man jugleid^ auf bie SJbftettung ber mutl^h)iHigen Äriege 
Sebad^t nal^m. 

3h:>ifd(!en ben brei ©labten toarb nun ein 83ürgerred^t ab- 
gefd^foffen, eigentlid^ ein Sünbni^ jur SSertl^eibigung ber vor- 
genommenen Steuerung, in Voeld^eö man aud^ ade anberen ßib- 
genoffen aufjunel^men gebenfe, ,,h)enn fie," n)ie e^ l^ier l^ei^t, „be^ 
göttlid^en ffiorteö fo toiel berid^tet feien." 

SDaju \oax in ber SEI^at öiele 2luigfid;t borl^anben. 3« ®Iaruö, 
2(|))jenjeB[, ©raubünben regten fid^ bie 3(nl^änger ber 3leuerung ge- 
tDaltig; in ©d^afl^aufen fd^lüanfte ber Statl^ unaufj^örfid^ jtoifd^en 
ben entgegengef e^ten Slid^tungen^); in ©t. ©aßen Voar ber ©ieg ' 
fd^on entfd^ieben. 3lod^ im ^a^xt 1528 h)urben l^ier in ber ©tabt, 
nad^ einer äenberung be^ IRatl^eö, bie fatl^olifd^en' (Serimonien ab- 
geftettt , 2lrtif el einer burd^greif enbem SRef orm öerlünbigt % 3)afjelbe 
gefd^al^ in 9Kül^ll^aufen, h)o -einer jener ©taatigmänner, Voeld^e an ben 
eibgenöffifd^en 3IngeIegenl^eiten*foh)ol^l in bem 3nnem al% in ben 
3?erl^ältniffen ju Äaifer unb 5Pa^ft t^ätigen 2lntl^eil genommen, ber 
©tabtfd^reiber ©amSl^orft , ber Seloegung mit feiner tool^Igegrünbeten 
älutorität ju J&ülfe lam. 3n ben Salären 1528 unb 1529 tourben 

1) «ergl. Od^« (Sefdfitd^te i)on SBafel V, p. 62G f. 3)a8 dioecesium 
suffragio, cum dioecesiis disponenda in Oe!olam:|}abd ^erid^t, toomtt ft(& 
£>6)% Yf 653 fo öicl ^kgt, ^ci§t o^inc S^d^tl diacosion suflfragio, cmn diaco- 
siis, mit »cld^em SBort S^ingti unb aud^ Ocfolam^ab (3. 33. in bem ©riefe 
bei $e6 p. 506) genjöl^nlid^ ben großen dtaü) bejeid^nen. 

2) 2)tefe unentfd^iebene 'Oefmnung ftellt fid^ inbii)ibuett in bem 1839 
herausgegebenen ^agebud^e bed ^an9 ©todfar bar. 

3) ^rjr ©efd^id^te öou @t. hatten II, 529, in ber ^au^tfad^e püd^tig, 
in ben überbie« gel^äffigen iRebenbingen auöfül^rltd^. 



«Siege bcr ^Reformation in ber ©d^tüeij, 71 

6t, &ailm, Siel unb SKül^Il^aufeu, baö leitete md^t ol^ne eine ge- 
toiffe Sd^tDierigleit unb nur auf befonbere 38erh)enbung \>on S3etn/ 
in ba^ d^riftlid^e Sütgerred^t aufgenommen ^). 

ßine großartige ©ntioitfelung , bie ho6} jule^t auf einem ein= 
jigen tiefen, J)oIitifd^e unb religiöfe Seftrebungen jufammenfaffenben 
©fbanfen Berul^te. 3^i*^9K ^^^^^ fi^ i^^ Slufgabe gemad^t, jugleid^ 
bie Äirti^e unb fein Saterlanb öon ben ijerberBIid^ften SKi^braud^en 
beiberlei 3lrt ju reinigen. 6r l^ätte bie lird^lid^e SReform nid^t burd^^ 
fül^ren fönn'en ol^ne bie' ))oIitifd^e, bie J)oIitifd^e nid^t ol^ne bie fird^= 
lid^e. 9iur ber gemeinfd^aftlid^e Fortgang öon beiben entf))rad^ feinen 
urfj)rünglid^en ©ebanlen. 3Q3ir toerben f})äter feigen, loie loeit eö 
il^m bamit gelang. 

Stuf 2)eutfd(|Ianb toirfte l^au^jtfäd^Iid^ feine 2luffaffung öom>2lBenb= 
mai)l jurüdf . 3)ie ^Reformatoren bon Strasburg , Su^er unb 6aj)ito, 
Ratten an bem ®ef})räd^ ju Sern 2lntl^eil genommen, unb toaren 
lange 3^it eifrige 2lnl^änger ber jioinglifd^en Slnftd^t. ®ar balb 
fd^loffen fid^ 2inbau unb 3Remmingen an ©tra^urg an. 3n benv 
felben ©inne J)rebigten ©omiuö in Ulm, ßellariuig in 2lugöburg, 
Staurer in ßoftni^, §ermann in Sleutlingen, unb ioie biele anbere 
in ben meiften.Stäbten jener ©egenben ! §ie unb ba regte pd^ fogar 
ber Oebanfe, pd^ an bie ebangelif d^en Drte ber ßibgenoffenfd^aft auf 
baß» ©ngfte unb für immer anjufd^Iie^en. Unb ba« gefd^cjj^ nun in 
benfelben 3^it^^/ i" toeld^en fid^ in bem öftlid^en 2)eutfd^lanb an fo 
bielen ©teilen eöangelifd^e Drgtinifationen in Sutl^er^ ©inne erl^oben. 
®eit)i^ eö toar ein Unglüdf, ba^' bie Beiben SSilbungen in bem 
öftlid^en unb- in bem loeftlid^en 3)eutfd^Ianb einanber ioieber ent= 
gegengefe^t loaren. 3)ie ©treitfd^riften ber Beiben S^l^eile erfüttten 
alle ©cmütl^er mit gegenfeitigem äSiberloillen. 

Sebod^ ift ba^ nid^t bie einzige Setrad^tung , bie toir an biefen 
©ang ber 35inge Inüjjfen. Die 2)ifferenj Berul^te nid^t aUetn auf 
ber 4)erfd^iebenen 2luffajfung eine^ Dogma, fonbern fte toar in bem 
Urj|)rung ber Beiberfeitigen Setoegung, in bem J)oHtifd^en unb lird^- 
^^ Svi^iani, öon bem man fic^ l^ier unb bort lo^ri^, gegeben. 
D6 man nid^t in bem Dogma .eine Befriebigenbe 3Serftänbigung finben 
Mrbe, ftanb nod^ bal^in. Da^ aber bie Sleform in ber ©d^itjeij 
au« urf^rünglid^en Stieben l^eröorgegangen toar, il^re eiöentl^ümlid^en 
SBurjcln fd^Iug unb bemgemä^ ftd^ in eignen ©Übungen berfud^te, 
hJor ol^ne B^^if^^t ^in ®Iürf: e^ gab bem allgemeinen ^rincij) ber= 
felben eine nm^ 5Rad^l^altigfeit unb innere Äraft. 
1) S3uttinger ÜJefotmationögefc^id^te II, p. 46. 



^mn bti ^af^xti 1529. 

2)aö toar nun bte Sage ber bamaligen 2BeIt. 

2)ag groje SBeltberl^ältm^, i)on tpeld^em im Saufe bet mittleren 
Sal^rl^unberte atteö abgel^angen, ^toifd^en Orient unb Dccibent, toax 
nod^ einmal jtoeifell^aft getoorben. 25er mäd^tige Surft, in toeld^em 
ftd^ bie Iriegerifd^en Gräfte he^ Oriente concentrirten, ftanb toieber 
im 35egriff, einen StnfaU auf bie ß^riftenl^eit gu berfud^en, bon bem 
er fi(i^ einen fo großen Srfolg t)erfj)reci^en burfte, toie i^n feine le^te 
Unternel^mung nur immer gel^abt; e^ lie^ fid^ fd^on gar nid^t erhjar^ 
Un, ba^ il^n bie nur fel^r fd^toad^en SSorfei^rungen, bie feitbem toon 
ber beutfd^en ©eite l^er in Ungarn getroffen toaren, aufl^alten h>iirben. 
©in unmittelbare^ S^fammentreffen ber germanifd^en Äräfte ju Sanbe 
unb ber romanifd^en jur ©ee mit ben oömanifd^en ftanb nunmel^r bet)or. 
' ^n ber ßl^riftenl^eit felber aber toar aUeö in ©ntjlDeiung. 

9lod^ toax ber triebe jtüifd^en ben beiben oberften §äu))tern 
nid^t l^ergeftettt. 2)er Äaifer l^atte einmal ben ©ebanlen gel^egt, ben 
$Pa}3ft aller toeltlid^en §errfd^aft ju berauben; in ben ^einben besS 
Äaifer^ toar bagegen ber 5pian aufgeftiegen, mit ^ülfe be^ 5ßa!()fte^ 
il^n, ben Äaifer, abjufe^en. 3tod) haaren biefe 5ßläne nid^t ganj 
befeitigt. 

Sbenfo tt)enig tpcrr baö militärifd^e Uebergetoid^t ber einen ober 
ber anbem öon ben beiben großen SBläd^ten, bie fd^o.n fo lange gegen 
einanber unter ben SBaffen ftanben, entfd^ieben. SSon Sal^r ju ^ai^t 
immer glüdPUd^er l^atte fid^ ha^ §au^ Deftreid^ erleben, nod^ looHte 
fxä) aber f5^anfreid(| mit nid^ten in ben 3Serluft be^ öortoaltenben 
2lnfel^en^ finben, baö e§ bi^^i^er befeflien, ober feinen SSep^ in ^ta-- 
lien aufgeben. 



gogc bcr mit 73 

Svi biefen Äämjjfen ber Staat^interejfen tarn, toenn aud^ für 
ben Stugenbficf ntd^t fo geräufd^öoU, aber in fid^ f eiber bod^ nod^ 
Bcbeutenber, bie religtöfe SSetoegung. 3)ie Slutorität ber römifd^en 
Äird^e, toeld^e ha4 2lbenblanb feit fo fielen So^'^^nberten bel^errfd^te, 
fanb je^t einen SBäiberftanb , bent fie ju unterliegen in ©efal^r ge« 
rict^. Sd^on öfter l^atten fid^ il^r ^einbe erl^oben : aber n€^ niemals 
l^attcn biefelben eine jugleid^ fo energifd^e unb fo gut begrtinbete 
Mgiojität enttuidfelt; niemalig toaren il^re Seftrebungen mit bem 
allgemeinen Seben be§ ®eifte^, bem ®ange ber euro})äifd^en ßultur 
fö berbünbet geitjefen ; aud^ l^atten fie nod^ nie fo rafd^ unb lebenbig 
in allen Stationen um fid^ gegriffen. 

2)a loar nun überbieg nod^ gefd^el^en, ba^ biefe SReformation^s 
ibeen in jtoei berfd^iebenen einanber gutoiberlauf enben SRid^tungen enipox- 
tarnen, S)ie eine fd^lo^ fid^ fo biel toie möglid^ an bie enth)idfelte 
fiel^re, ben beftel^enben ©taat an; bie anbere toar bon Slnfang mit 
bem ©ebanfen einer Umbilbung ber Staatöberl^ältniffe berfd^molgen 
unb fe^te fid^ jum S^d, bie urf^^rünglid^en 3upänbe ber ßl^riftenl^eit 
toieberj^er^ufteüen. 3n ber abtoeid^enben Sluffaffung beö i)ome^mften 
Sogmag traten fie einanber entgegen. 

eg toaren nid^t Errungen über eine unb. bie anber^ Seftim^ 
mung, ein ober bag anbere S3efi^tl^um, fonbern ©treitigfeiten über 
bie toid^tigften ätngelegenl^eiten, über bie ©umme ber 3)inge: — bie 
Ser^Itniffe beg Drientg unb Dccibentg, beg Äaifertl^um^ unb beg 
?!a))fttl^umg, ber beiben borivaltenben 3D?äd^te untereinanber, bie ^ort^ 
bauer ber l^ierard^ifd^en ©etoalten ober bag ®m))or!ommen neuer 
ürc^lid^er ^Jormen, unb anä) in biefer legten ^infid(|t über bie Sei- 
bel^altung beg irgenb faltbaren ober eine SSeränberung bon ®runb an^, 

3Bie nun aber am 2^age liegt, ba^ aUe biefe ©egenfä^e, fo 
toeltumfaffenb fie aud^ finb, bod^ ^au})tfäd^Iid^ bie beutfd^e ^Ration 
berül^rten, in il^r jufammentrafen — benn loir ^unäd^ft f)atten ben 
Samj)f mit ben Domänen auf bem Gontinent auggufed^ten, bag Ueber^ 
getoid^t in Italien gu behaupten, ben religiöfen ©treit jur ®ntfd[;ei= 
bung ober jum 2lugtrag ^u bringen — , fo lam für ben Fortgang 
ber 3)inge atteg barauf an, toeld^e J^^^Itung unfer Äaifer in bem 
SBiberftreit fo mannid^faftiger S3eh)egungen annel^men iDürbe. 

Sigj^er l^atten il^n bie toed^felnben 3Serl^äItniffe ^u JJoKtifd^en 
SRa^regeln beranla^t, bie in pd^ nid^t immer jufammenftimmten : 
je|t aber, ba bie (Sntfd^eibung um fo biel nöl^er gefommen toar, 
wu^te ein ©^ftem ergriffen unb burd^gefe^t Voerben. 

3Bie oben bemerlt, loäre ber Sffiunfd^.ber 2)eutfd^en getoefen, 



74 günftcö S3ud^. SJicrte« (5a^it«L 

ba^ bet Äatfet fU^ mit bcm 3Q3iberftanbe gegen bie ^ierard^ie toer^ 
Bünbet, unb Don ben frifd^en Äräften ber Station unterftü^t, bic 
SRed^te be^ Sleid^eö nad^ atten BtxUn l^in Jual^rgenommen, ben 39ar- 
barenftaat bie SDonau l^inunter jurüdfgetoiefen l^ätte. Unb mu^te 
nid^t- ber Äaifer in bet 2^l^at l^ieju eine geJuiffe Hinneigung ent^fttt- 
ben? i^atte ntd^t bon 9lnfang an awij er öon einer SÄeforntation ber 
Äird^e gerebet unb bie^ SQSort nod^ iViU%i öfter toieberl^olt? 3Bar 
nid^t in ben beutfd^en ^Jürften, bie auf bie Seite ber ^ierard^ie ge^ 
treten, bie gefäl^rlid^fte ©ifeifud^t gegen fein §aug ju bewerfen? @§ 
fd^eint, als l^ätte er ein 3RitteI ber SJlad^t barin feigen muffen, ft(^ 
mit ben ))0))ulären S^enbenjen ju öerBinben, bon beren unaufj^alt- 
famem Umfid^greifen alle S3riefe rebeten, bie il^m Ci\x^ a)eutfd^Ianb 
famen. 

Selten jebod^ ift ein 9Kenfd^ fällig/ in bem Äam))fe entgegen- 
gefegter SBeltlräfte fid^ mit öotter ^reil^eit für bie eine ober bie an- 
bere Seite ju entfd^eiben; id^ glaube nid^t, [ba^ fid^ 6arl V .bie 
^rage, toeld^e gartet er ju ergreifen l^abe, nur jemals i)orge(egt l^at. 
3)er beutfd^en Station Joar eS nid^t beftimmt, fi^ unter ber ^Jül^rung 
eines gemeinfd^aftlid^en Dberl^au|)teS loeiter ju entioidfeln. ©urd^ 
feine Jjerfönlid^e Sage unb ben bisl^erigen ©ang ber ßreigniffe fal^ 
fid^ 6arl V bielmel^r ju einem i^ren SQäünfd^en entgegengefe^ten 
©k^fteme l^ingebrängt. 

S)ie @rfal^rung l^atte fo efen gejeigt, in ioeld^e gar nid^t (&ivi' 
fel^enbe SSertridfelungen eS il^n gefül^rt l^aben loürbe, ben 5ßaj)ft femer 
ju beläm))fen. 3m 2lngefid^t einer unübertoinblid^en Stotl^toenbigteit 
l^atte er ftd^ ju einem nad^giebigern SSerl^alten geg-en benfelBen, ju 
einer 3?erbinbung mit il^m entfd^loffen. 

@S ift merftüürbig, toie alle auShJärtigen 3Serl^äItniffe ^ufammen- 
loirften, um il^n babei feftjul^alten. 

2Bir betül^rten fd^on, ba^ er ber @l^re feines §aufeS toegen ben 
Btoeifel gar nid^t auffommen laffen burfte, ob ber römifd^e $of Be- 
fugt geVoefen fei, §einrid^ VIII jenen ®l^ebiS})enS gu geben,^ ben biefer 
je^t felbft für unftattl^aft erflärte. 

Sn ben norbifd^en Sleid^en offenbarten bie ©egner, toeld^e feitien 
©d^toager ßl^riftiern bon ba Vertrieben l^atten, eine ftarle Hinneigung 
ju ben Jleformibeen ber 2)eutfd^en, bie fogar in ©d^loeben fd^on bei- 
nal^e gur Herrfd^aft gefangt h)aren. SBoHte ber Äaifer feinen ©d^toager 
unb ben (Sinflu^ beS $aufeS Deftreid^ im SJorben toieberl^erftellen, 
fo toar baS nur^ burd^ eine SSerbinbung mit ben bem Äatl^oIiciSmu^ 
jugetl^an Verbliebenen (Elementen möglid^. 



(Steaung bt9 tatferS. 75 

^met aber: bie Serbinbung, in todd^e bie reformirten ©t&btc 
her Sd^toeij mit il^ren ©lauben^genoffen in bent hmaäjbaxtm Dber- 
betitfd^Ianb ixaim, t>eranla^te bie latl^ofifd^en ©antone, fid^ einen 
Mif^ali an bem ^axxU Deftreid^ ju fud^en: fie berga^en bie gleid^- 
fam eretbte ^JeinbfeKgfeit gegen baffelbe unb fd^Ioffen in ben etften 
SKonoten beiS Qal^re« 1529^ mit Äönig gerbinanb einen fötmlid^en 
9unb ab, 

äud^ in bem ©treite mit bem SOSoilDoben unb beffen Sfnl^ängern 
in Ung«m -fonnte eö biefem §aufe nid^t anberS alg fel^r öortl^eill^aft 
fein, Yomn bie Äird^e feine Sted^te anerfannte. 

Unb toarf ber Äaifer bie Slugen auf baö beutfd^e SReid^ felbft, 
fo fonnte er nid^t ijerlennen, ba^ feine Slutorität baö 5Keifte bon 
einer SBerbinbung mit ben geiftlid^en dürften ju ertoarten l^atte. 
SBir erinnern un§, toie angelegen eig ftd^ fd^on SKa^imilian fein liej, 
bie bifd^öflid^en ©tül^Ie mit ergebenen Seuten ju befe^en, ben geift- 
lid^en ©tanb ju getüinnen. Um toie t)iel beffer aber mu^te bieg je^t 
gelingen, fobalb bie 33ifd^öfe, t^on ben ^been beö Qal^rl^unbertig in 
il^ren geiftlid^en ©ered^tfamen bebrol^t, an ber faiferlid^en SJlad^t einen 
ftd^em 5Rüdfl^alt fanben. Sei bet Sebeutung, toeld^e biefer l^ierar^ 
d^ifd^e Seftanbtl^eil in ber beutfd^en SReid^^berfaffung nod^ bel^aujjtete, 
toar e§ in ber 3^l^at fein geringer ®eU)inn, benfelben für fid^ ju 
ISiaben. gd^ lönnte nid^t urlunblid^ nad^h)eifen, bafi 6arl V biefe 
Setrad^ung gemad^t i^abe, allein fie liegt ju nal^e, alg ba^ fie il^m 
entgangen fein foUte. SBer toei^ nid^t, ba^ in einer ^päUxn ßjjod^e 
mit ber Sluftöfung ber geiftlid^en ^ürftentl^ümer aud^ ba^ Äaifertl^um 
jiu ©runbe gegangen ift. ßtlüa^ Slel^nlid^eö l^ätte bie S^lg« f^n 
Bnnen, fo toenig e^ aud^ irgenb jemanb beabpd^tigt l^aben mag. 
3)aö Äaifertl^um l^atte ni^t Sffiurjel genug, um fid^ unter lauter 
toeltlid^en ©elüalten, felbft toenn fte nid^t atte erblid^ getoefen loären, 
}u bti)aviptm, toenigften^ l^ätte baju bie größte Slnftrengung gel^ört; 
■— unenblid^ leidster toar e^, bie l^erfömmlid^en Serl^ältniffe ju 
benu^en. 9lid^t_mit Unred^t fagt 3h>ingli einmal, Äaifertl^um unb 
$aj)jltl^um feien fo enge in einanber berflod^ten, ba^ man le^tere^ 
nid^t befämjjfen lönne, ol^ne aud^ bag erftere anzugreifen. 

©0 gefd^al^ eg, ba^ bie 5ßolitif beö Saiferg eine burd^au^ 
anbere h>arb, aK bie beutfd^e Station gelDünfd^t l^atte. (Sr badete 
auf Stu^föl^nung mit bem 5ßa^ft, — ©r^ebung be^ Äaifertl^umö, aber 
lebiglid^ auf ben bigl^erigen lj)ierard^if(^en (ärunblagen, — SBBibers 
ftanb gegen bie Domänen, aber ganj in bem getüo^nten ©inne ber 
lateinifd^en (Sl^riftenl^eit: ju ben beutfd^en Steformation^ibeen l^atte er 



76 günfte« ^uäf, $terted (&a}ßM. 

feine ©^mjjoil^ie: fie ft>axcn Ufvx bielmel^r toibertoärtig unb toir 
toetben feigen, toie et jid^ entfd^lo^, fie ju tefeitigen. 

3)aju toirfte in il^m bor allem, ba^ er ja nid^t allein beutfd^er 
Äaifer toar, fonbem Äönig bon Bpanxm. 6r l^atte bie entfd^eibcm 
"ben Saläre männlid^er Sugenb, in benen ber 9Kenfd^ feine Seben^' 
rid^tung beftnitit) einfd^Idgt, in ©^anien jugebrad^t tmb toe^mUx^t 
©femente ber in biefem Sanbe borl^errf^enben ©efinnung in ftd^ 
aufgenommen. 

5Run l^atte aber ber Äatl^oliciömu^ — ber ol^ne S^^if^I ^^ 
Sturme biefeiS 3^'^'^^"«^^'^'^ ^^^^ erHegen muffen, toäre er toirflid^ 
überall in feiner tiefem Sebeutung erftorben geloefen — toie in 
einigen anbem 2;i^eilen beö romanifd^en ßurojja, fo toornel^mlid^ in 
©J)anien lebenbige SBurjeln, 

3n Bpanicn Wax ber ©toat beö SKittelalterig, in toeld^em ftd^ 
Äönigtl^um unb ^Prieftertl^um burd^brangen, nod^ in botten, fräftigen 
3;rieben. 

3ener Äamjjf mit bem ^^(am, ber fo toefentlid^ jur ©nttoidfe- 
lung biefer ©taatg- unb Äird^enform beigetragen, bauerte l^ier nod^ 
immer fort: man loar nod^ forttoä^renb befd^äftigt, baiS £anb ju 
d^riftianifiren: man nal^m jid^ feine ©etoaltfamfeit babei übel. 3"^ 
Qal^re 1524 lie^ fid^ 6arl bon bem 6ibe entbinben, ber i^n ber- 
p^iäjUU, bie 3Rauri^fen ber Ärone Slragon ju fd^onen *). 2)er Ser* 
})flid^tung jum ÄamJ)fe gegen bie Domänen galt ba§ erfte ©efüi^I, 
bag er nad^ ber ©d^Iad^t öon ^abia äußerte; aber aud^ gegen bie 
SKauri^fen 6rnft gu braud^en, jlourbe nad^ bem alten ©inne ber 
Äird^e baburd^ angeregt, ßr brandet in biefer Sejie^ung einmal ben 
aiu^brudf, toeil ®ott il^m feine ^cinbe in bie §anb gegeben, muffe 
er bie ^einbe ©otteö befel^ren^); junäd^ft td^ritt er in 3?alencia jum 
SÜBerfe, too bie d^riftlid^e Sebölferung nod^ in ber 9Kinberjal^l toar: 
man gäl^Ite 22000 d^riftlid^e, 26000 maurifd^e gamilien; gegen bie 
le^tern toarb eine 2(rt bon Äreujjug eröffnet: toiber bie SJlauren auf 
ber ©ierra Sfjjaban i^aben jule^t bie S)eutfd^en anrütfen muffen, bie 
bem Äaifer nad^ ©})anien gefolgt toaren. hierauf tourben bie 3Ro' 
fd^een ju Äird^en gemad^t; ber 3^^«te loarb ju ®un^ten ber bojjjjelten 
^ierard^ie eingefül^rt. 9Son fo biel 2^aufenben, meint ©anbobal, 
toaren nid^t fed^g, bie fid^ mit gutem SBiUen taufen liefen; aber 
ioei^e bem, ber fid^ nid^t bei bem Slnblidf be^ ^od^toürbigften auf ber 

1) ©rebe be« ^apftz€ t>om 12. iWärg 1524, bei Storcntc I, 427. • 

2) ©et ©anbcöal I, 673: überl^au:|)t l^ter «nfcrm ©etoäl^römann. 



@|)anifc^er tat^olictöaiuö. 77 

Stelle niebergetoorfen l^ätte! 3)tc fttengfle Qnquifition toad^te über 
i^r äu^ere^ Sejctgen. 

SSäoi^I mod^te bag aud^ fonft notj^toenbig fein. Slod^ 1528 ent- 
becfte man unter ben 5Dlauren bon Valencia einen 3Kenf4en, ber atö 
ber gel^eime Äönig ber 3Bauren Betrad^tet tourbe'). ©eine 3lbftd^t 
foff gehjefen fein, ftd^ bei ber erften Sntfemung be^ ÄaiferiS ju emj)ös 
ren. 6r toarb mit feinem gangen ©tamme umgebrad^t. 

Unb in bemfelben ©inne toarb nun aud^ 3lmerifa colonifirt. 
§atte man nid^t ben Sntbedfer felbft, afö er nad^ ©etoitta jurüdfs 
getommen, im ^ranci^canerl^abit an ben ^roceffionen ^^l^eil nel^men 
fe^en? Golumbu^ l^i^It fid^ für beftimmt, sin ben Säubern beg ©ro^- 
ä^an, bie er gefunben ju l^aben glaubte, ben d^riftlid^en ©lauben 
auiSjubreiten. SBie oft f})rid^t er bie Slbfid^t aug, ber Ärone bie 
SRtttel ju i)erf d^aff en , um baö l^eilige ®rab gu erobern^), ©o ift 
benn aud^ in allen feinen fjortfe^ern mit ber Segier, reid^, mäd^tig 
unb berül^mt gu tverbin, ein fel^r befonberer ©ifer, baö römifd^e ßl^riftens 
ll^iim auszubreiten, bereinigt:^), ^ür bie Ärone h)ar bag eine Strt 
l)on 9fot]^h)enbigIeit: il^r gefammteö SRed^t leitete pe bon bcm römi« 
fd^en ©tul^le l^er; baö toar bie officielle 2)'octrin, bie fie ben ^nbia- 
nern t)erfünbigen lie^. ©ie übertrug ba§ ganje lateinifd^e Äird^em 
toefen, nur h)omöglid^ nod^ Jjräd^tiger unb reid^er, auf bie mu^ SBelt. 

3Jlan bürfte ba§ nid^t fo berftei^en, als ob 3[ebermann bon 
biefen 2^enbenjen burd^brungen getoefen toäre. Unter anberm ift eS 
bon ßorleg merftoürbig, ba^ er bie k)ollftänbige Uebertragung ber 
§ierard^ie nid^t billigte: er ttoHte feine Sifd^öfe, fonbern nur eine 
tl^ätige niebere ®eiftlid^feit> eifrige 5Könd^e, irobei er tool^l felbft an 
bieSWittel badete, bie bifd^öflid^e Drbination entbel^rlid^ gu mad^en*). 
Slber fo mäd^tig toar bie 35orliebe für bie ©efammtl^eit beö §er- 

1) Uno que se dize rey encubierto, que es nombre de baxa suerte, 
— publican, que eran muchos con el que estaban determinados depas- 
sando el emperador de matar a la reyna Germana y el duque de Ca- 
lavria su marido e levajitarse per rey esto dicho rey encubierto. — Han 
fecho morir ata 50 hombres que se dezia ser de su lignage y tieuen 
presös mas de ata ciento. Advertimiento de la corte del emperador. 
S. m\io\^. gu $ari8, Sammlung Bethune 8531 f. 110. 

2) §umBoIbt Iir, 260. 

Sy ^redcott, History of Ferdinand and Isabella III, 418, cttirt eine 
^iefür fel^r bemcrfenötocrt^c @tette öcn ©ongalo öon Cttcbo; wbo can doubt, 
that powder against the infidels, is incense to the Lord? 
- 4) «erid^t be« (Sortcj 15. Octcbcr 1524, tei ^oppt p. 487. 



78 günfte« «uc^. »iertc« dapM. 

Wmmlid^en, ba^ felbft er, bet Srofceter unb ®ef ergebet, nid^t^ ba- 
gegen auörid^tete. 

3Bol^I toar ©^janien nid^t fo abgefd^loffen bin betn ü6rtgm 
Europa, ba^ pd^ bie SSeftrebungen ber neuemben fiiteratur gar nid^t 
bafelbft geregt i^ätten. 2lntonto Don Sebrija berbient e^ j. S., neben 
Sraömuö unb SReud^Iin genannt ju Jberben. Slud^ er toibmete feinen 
%Ux^ ben l^eiligen Urlunben unb gab ein SBerf unter bem Sitel 
l^erauö: ,,3!)reimal funfjig beffer erflärte ©teilen ber i^eiligen Sd^rift ')". 
Mein jene Snquijition ber 2)ominicaner, bie in ©eutfd^Ianb nid^t 
burd^bringen fonnte, l^errfd^te in Spanien unbebingt. 35er ©ro^* 
inquifitor, Sifd^of bon ^Palencia, 2)iego ©eja, nal^m bem geleierten 
Slutor ben größten Sl^eil feinet SSud^eö it)eg unb berJ^el^Ite nid^t, bo^ 
er benfelben bamit bon attem toeiteren Sd^reiben über biefen Segen- 
ftanb ahiuf}altm gebenfe. 2)iefer Sifd^of, b^f)anput man, l^ätte lieber 
bie Urfjjrat^e ber l^eiligen ©d^rif t felber ausgerottet ^). 2)ega'S ^lad}-' 
folger, XimeneiS, toar, loie man tüei^, mit nid^ten fo bef darauf t: er 
ij^atte ©inn für bai^ Originale, beffen burd^ leine Uebertragung ju 
erfe^^nbe innere Äraft, unb ging felbft an bie Verausgabe beS (Srunb- 
tc}^c^ in feiner 5PoI^gIotte. StUein ber SBuIgata, ber angenommenen 
Ueberfe^ung ber lateinifd^en Äird^e, ma^ bod^ aud^ er einen l^öd^ft 
übertriebenen SBertl^ bei, ®r bergleid^t ben griec^ifd^en unb ben 
j^ebräifd^en Siejt, in beren $IKitte er ben lateinifd^en abbrudfen lie^, 
mit ben beiben ©d^äd^em jur Siedeten unb Sinlen beS §eilanbeS ^) ; 
eS ift nid^t in Slbrebe ju fteHen, ba^ er bie SBorte ber ©ej)tuaginta, 
ja fogar ben gried^ifd^en %^i beS neuen 3)eftamenteS nad^ ber 3?ul- 
gata abgeänbert l^at; eine bogmatifd^e $auj)tbeit)eisftelle, bie fid^ in 
feiner §anbfd^rift finben toitt, l^at er tool^I gerabegu nur ber SSuIgata 
ju ßi^ren aufgenommen'*). S)enn an bem eingefül^rten ©ij^fteme ber 

1) Quinquagenae tres locorum sacrae scripturae non vulgariter 
enarratorum. 

2) Bonus ille praesul in tota quaestione sua nihil magis laborabat, 
quam ut duarum linguarum, ex quibus religio nostra pendet, neque 
ullum vestigium relinqueretur, per quod ad dignoscendam in rebus dubiis 
certitudinem pervenire possemus. (Apologia pro se ipso. Nie. Anionii 
Bibl. Hisp. Nova I, p. 138.) 

3) Prologus ad lectorem : Mediam autem inter has (ben ](»ebrätf(^en 
unb ben gried^ifd^n ZtT^t) latinam beati Hieronymi translatiönem velnt 
inter synagogam et orientalem ecclesiam posuimus: tanquam duos hinc 
et inde «latrones , medium autem Jesum, h. e. Romanam sive latinam 
ecclesiam, coUocantes. 

4) ©emier« genauere Untcrfud^ung ber fc^Ied^ten 53cfdj>affen^eit be« ju 



©^anifd^er Äatl^oliciemuö. 79 

lateittifd^ Äirc^e ffätk man l^ier a\xä) nid^t bie minbefte Slenberung 
öerftattet. ßig^ift fel^r nterftoürbig, ha^ bie Sd^olafttf eben in um 
ferer ß))od^e, ate jte in bem übrißen Quxopa öetfiel, in ©J)anien 
erft trnpovtam. hieben einanber, ju ©alamanca, trugen Sllfonfo \>on 
6orbot)a bie nominaliftifd^en, fjranciöco öon 35ittoria bia realiftifd^en 
a)octrinen, alö etitja^ 9?eue^, l^ier ju Sanbe erft 2)urd^jufe^enbe^, 
öor; fie tooHten bie l^ol^e ©d^ule bon 5ßari^ ben ©|)aniem entbel^rlid^ 
mad^en. Slantentlid^ l^atte ^ranj Sittoria ben größten ©rfolg; ben 
j)l^iIofo!t)l^ifd^5^raItifd^en, moralifd^en 3!)i^ciJ)Iinen gab er eine neue 
äu^bilbung; 93ettamtin nennt il^n ben gltidflid^en SBater trefflid^er 
SReifter; bie ijomei^mften fj)anifd^en 2^l^eoIogen finb auö feiner ©d^ule 
hervorgegangen ^). @^ ift ungefäi^r, toie ein großer S^eil beö attge* 
meinen SRomanjenbud^e^ feinen llrfj)rung erft bem fed^ilgel^nten ^al)x* 
^unbert üerbanit. 3n ©taat unb Siteratur ioalUien bie Siid^tungen 
ber l[>ierar^ifd^en ^Sö^rl^unberte au^fd^Iie^Iid^ öor. 

Unb notl^toenbig brad^te nun biefer 3wft<^wb ber l^errfd^enben 
Ueberjeugungen auä) eine um fo feinblid^ere Haltung gegen bie STb^ 
toeid^ungen ber übrigen SBelt l^eri)or. 5Rid^t allein, ba^ man l^ier 
bie SBerorbnungen gegen Sutl^er in aller Strenge au^fül^rte, fonbern 
aud^ Sra^mu^, ber ®unft jum 2^ro^, toetd^e il^m ber §of erU)ie^, 
fanb bei ber mönd^ifd^en ®elel^rfamfeit feine ®nabe.' (Sin in beiben 
©|)rad^en fel^r tool^l betoanberter SRann, 2)iego £o})ej 3wniga, mad^te 
e§ gleid^fam gum ^toci feinet Sebenö, bie Steuerungen biefeg 3lutor^ 
^u bdämpfm^). Sn ben haften 1527 Ilagten ein paar Domini- 
caner ben ßra^muö, ober Dielmel^r — benn er felber ioar glüdflid^er:= 
toeife au^er bem Sereid^e il^rer Stngriffe — feine ©d^riften förmlid^ 
bei ber gnquifition ber Qrrlei^re an. ®^ toarb ein ©erid^t nieber= 
gefegt, unb obgleid^ fid^ biefeig nid^t fofort ju einem einmüti^igen 
Ürtl^eil bereinigen fonnte, fo-l^ielt pd^ bod^ bie Snquifition für be= 
red^tigt, öon jenen ©d^riften toenigftenö einige, bie Kolloquien, ba^ 

Älcala gcbrudftcn gried^. n. 2:e|!amente« 1766. SBei ber SDojotogic fEflaiti), 6 
Hcjcn fic tocg, n)a8, toie jte meinten, obtool^I eö fd^on S^tt^foflomu« gelcfen, 
boc^ too^l fd^on bantalö ex corniptis originalibus. ^jingugef omracn : p. 117. 
3enc ©teile ift l^cfanntlid^ 1 Sol^. 5, 7. @ie folgten barin ber Äritif bc« 
@t. X^omaö. ^c^ ©almeron fagt: videtur plus fidei tribuendum latinis 
coficibus quam graecis. 

1) Nie. Antonii Bibliotheca Hisp. N. I. s. v. Franciscus. 

2) ^uc^ er Ij^iclt an bem S5or3Uf| ber SJulgata fep. Sciendum est, fagt 
« »Ott 1. 3o]5>. 5, 7, Graecorum Codices apertissime esse corruptos, no- 
stros vero veritatem ipsam continere. @5en lS>icr ithodf ift bie ^utgata 
Wbfl mter:|)orirt. ^gl. ©ricöbadj) App. 12. 



80 günftc« «u(i^, »icrteö (S,apM. 

2ob bcr Starrheit, unb bte 5ßaraJ)l^raye be^ neuen %e\iamenU^, ju 
verbieten '). 

@^ giebt überall eine geiftige 9ltmofJ)l^äre, beten Sinfluffe man 
fid^ nid^t entjiel^en fann. 

SBol^er \äiU namentlid^ bem jungen Äatfer bie energifd^e ©elbfi^ 
ftänbtgfeit beig (Seiftet baju fommen fotten? 

3m Srüffeler Slrd^ib pnbet ftd^ eine fjjanifd^e Seurtl^eilung loon 
Sutl^er unb Defolamjjabiu^ au^ bem Stanb))unft ber Äird^e, bie man 
bem Äaifer eingab, um il^n gegen bie ©intüitfungen ber mnm ^Kei- 
nungen ju befeftigen^). ®arin h)irb i)or altem ba^ gute SRed^t ber 
Äird^e, bei ©träfe einer 2^obfünbe ju t>er|)flid^ten, erl^ärtet: benii ol^ne 
bieg tüürbe ein ^cbex blog feinem belieben folgen tootten. hierauf 
toerben bie angegriffenen ©laubenöartifel in aller il^rer Strenge ber- 
fod^ten, j. 33. ba^ ®l^e, fjtrmefung, SBeil^e, le^te Delung ©acrämente 
feien/ t)on ßl^riftug eingefe|t. ^um Sd^lu^ toirb gezeigt, bie geredete 
©träfe ber Äe^er fei, t)erbrannt ju ioerben. 

©0 ganj bemäd^tigte fid^ biefe ©efinnung beö Äaiferi? nid^t, 
ba^ fie il^n ju einer bum<)fen Untertüerfung unter ba^ 5|Ja))fttl^um 
bermod^t ober, feinen ©ebanfen, bie Äird;e bon ben eingeriflenen 
9Ri^bräud^en gu reinigen, feinerfeitig eine Sleform berfelben ju ©tanbe 
ju bringen, erftidft l^ätte; aber baju trug fein 2lufentl^alt in ©})a- 
nien ol^ne S^^^if^l 6«i/ t^^fe ^ fid^ itt ber SBeltanfd^auung , bie mit 
ber ^iee -einer auöfd^lie^enben ^errfd^aft ber lateinifd^en- Äird^e ju- 
fammenl^ängt, befeftigte: er emj)fing einen nmm Slntrieb gegen bie 
eigenmäd^tigen 2lbh)eid^ungen einzelner Seigrer ober ©tänbe; balb 
nel^men ioir bie SBirfungen babon toal^r. 

©leid^ in ber erften ^nftruction ber faiferlid^en ©efanbten an 
ben gefangenen $aj)ft ift bon ber Jlotl^ioenbigleit bie Siebe, bie irrige 
©ecte Sut^erg au^jurotten ^). Qn bem SSertrag bom 26. 9?obem6er 
1527 t)erf))rid^t bem^ufolge ber $aj)ft ein Goncilium, „bam.it bie 
Äird^e hJieberum ju Siedet gebrad^t unb bie lutl^erifd^e Äe^erei au^-- 

1) Llorente I, 459. Erasmi Epistolae 989. 1032. @r begeiti^nct 6e* 
fonberö ^etcr öon S^ictoria aU feinen ©egncr. 

2) Siguense los errores de Luther y Golampadio su discipulo con 

la determinacion de l'iglesia. 2)ic iocrfd^icbcnen %xtiUt Serben ifad^ 

einanber abge&anbctt, g. ©. %xt 3 töie oben; iixt 6. Santo es y justo com- 
mendarnos a los santos y adorar su» imagines. 7. La iglesia paede 
licitamente tener patrimonio y poseer bienes temporales. 8. Justa pena 
es por los hereges, que seen quemados. 

3) Sei ^uäfoli^ III, 99. 



3taricntfd^cr Ärieg 1529. 81 

^mikt tt)erbc". 3m fjrül^j[al^t 1528 erfd^ien ber faiferlid^e SBice« 
canjler, ^ßrojjft t)on SBSalbfir^en, in 3)eutfd^lanb, um bie latl^olifd^en 
Xmbenjcn ioicbcr ju bcIeSen. gnbcm er ijon einer ©tabt jur anbem, 
bott einem fürftlid^en §of jum anbem reifte, glaubte man nid^t an^ 
berg, al§ er h)otte nun erfi ein Sünbni^ toiber bie ©öangelifd^en ju 
Staube bringen^). Unb immer eifriger h)urben bie 2lnmal^nungen 
be§ $a})fte^ l^ieju. SBSir i^aben ein ©einreiben ©angaö bom Dctober 
1528; toorin er ben Sluntiug am laiferlid^en §ofe antoeift, ben Äaifer 
auf ba^ bringenbfte aufjuforbem, fxä) ber ^Religion mel^r afö biöl^er 
anjunel^men: fd^on gel^e man tDeiter, afö Sutl^er gegangen, leugne 
bereite Slbenbmal^I unb Äinbertaufe : it)ai8 h)erbe bie 3lad^tt)elt fagen, 
toenn fie einmal lefe, ba^ 3)eutfd^tanb gerabe unter bem größten 
Äaifer, ben e3 feit t)ielen S^l^rl^unberten gel^abt, fid^ mit Äe^ereien 
erfüttt ^abe«)! 

an bem SBibertoitten be§ Äaiferi§ gegen biefelBen lie^ fid^ nid^t 
jtoeifeln. -^inreid^enben S5eh)ei§ baioon gaben bie (Sjecutionen, bie 
in ben 9?ieberlanben, too er §err \t>ax, öerl^ängt tourben. 6raömu§, 
ber i^n lannte, lt>ar überzeugt, er toerbe nid^t glauben Äaifer ju 
fein, toenn er baö Sutl^ertl^um nid^t bämj)fe^). 

Unb inbem ixatm ©reigniffe ein, toeld^e ertoarten liefen, ba^ 
er aud^ freie ßanb baju gewinnen toürbe. 

9Bir fallen, toie Iriegerifd^ bie Slu^fid^ten nod^ im Sfnfange beö 
3al^re§ 1529 Iroaren; aber ba^ fortbauernbe ©lüdf U§ Äaiferö mad;te 
bie neuen h)ie bie alten Unternel^mungen feiner ^einbe ju Sd^anben 
unb Brad^ il^ren 3Jlutl^. 

9lod^ immer l^atten SSenejianer unb granjofen ben ©ebanlen, 
3Railanb ju erobern: bon beiben ©eiten rütften fie im grül^ial^r 1529 
nod^ einmal gegen bie ^au})tftabt l^eran; fie red^neten auf bie ©r^ 
fd^öjjfung unb ben Unmutig ber Säürger unb bie geringe 3lnja]^l ber 
Jru^J)en: fie h)aren ju balbigem Eingriff entfd^loffen. 

SlHein fo eben jeigte fid^, toa^ eö aud^ für 3Kailanb bebeute, 
®enua öetloren ju "^ahm, 35er Äaifer getoann baburd^ ben SBortl^eil, 
nid^t fo au^fd^lie^enb auf beutfd^e $ülf^tru))))en angetoiefen ju fein, 
toie frül^er. Sr lonnte je|t ein paar taufenb 9Jlann au^ ©J)anien 
nad^ ®enua fd^idfen, bie bod^ l^emad^ — benn baju bel^errfd^ten bie 

1) ©tettcn p. 308, «on ber ?it^ p. 217. 

2) Lettere di diversi, 56. 

3) Erasmi Epp. p. 963. In Hollandia mire fervet carniücina. ^a9 
Hingt bod^ anberd, ald tt>a9 2t (3ia\} Correspondance de Maximilien et 
Marguerite II, p. 449 jur ©ntfd^ülbiguitg iWargarctl^a« bcmcrft. 

to. ^anU'9 SBevTe. III. 6 



82 - Sänfte« S3ud^. «icvte« (Sa^jitef. 

5Jeinbe ba^ g^Ib nid^t entfd^ieben genug — nid^t abgel^alten tocrben 
fonnten> nad) Waxlanb borgubringcri. Gö toaren Seutc tjon bcm 
fd^Icd^teften Äu^fel^en, o^ne Sd^ul^e, unb anä) übrigen« j^albnadft, 
fcJ^jDorj nnb berl^ungert. %ixv ben Äaifer aber jeigten ffe fxi) unfd^äl- 
bar. ©einem Sefel^tel^aber, Sfntonto Seiba, famen fie, toie jte iraren, 
j^öd^ft ertoünfd^t. SetDa l^atte ftd^ bi«l^er l^au»)tfäd^Kd^ mit a)eutfc^en 
öertl^eibigt : er jäl^It il^rer im ©e))tember 1528 bei 5000, ©J)amer 
nur nod^ 800^): man fann benfen, toie toifffommen il^m eine SSer= 
ftärfung bon Sanböleuten tuar, bie fid^ um fo ta})ferer fd^kgen mußten, 
je mel^r fie nod^ il^r ®lürf gu mad^en l^atten. 

3uerft fallen nun bie SSerbilnbeten ein, ba^ fie unter biefen 
Umftänbeit nid^t ftarf genug ttaren, bie ©tabt emftlid^ anzugreifen. 
©ie entfd^Ioffen fid&, fie Don ferne einjufd^lie^en unb il^r bie ^niufix 
abjufd^neiben. ©t. $oI liegte tool^l bie Hoffnung, inbem er ftd^ t)on 
3Rai(anb entfernte, cth)a« gegen ®enua auöjurid^ten. 

Samit gab er aber nur feinem ©egner ©elegen^eit, einen großen 
Sd^Iag au^jufül^ren, ioie er ben ©Jjaniem öfter gelungen iDar. Set 
'"Jla^t, ol^ne 3:romJ)eten unb a^rommeln, festen fid^ bie 2;ru})^en 
:^eiba^, tüei^e ^emben über bem §arnifd^, in 93etoegung; er felbft, 
fo fel^r i^n baö ^obagra pla^U, iüoUte nid^t f eitlen: in tooKer 
Siüftung, an ber man einen iüaHenben §elmbufd^ nid^t bermi^te, lie^ 
er fid^ auf einer ©änfte bal^ertragen; e« gelang il^m glüdflid^, bie 
^angofen bei Sanbriano gu überrafd^en, alß fte nod; im Slufbrud^e 
begriffen toaren, in einem Slugenblidf, ft)o ©t. ^ol eben ein $ou^ 
abjubred^en befal^l, um mit ben Salfen be^ SDad^eö ein ©tüdP öe^ 
fd^ü^ l^erborguarbeiten, ba« im ©d^ramme fterfen geblieben iDar^j. 
Seiöa erfod^t einen bollfommenen ©ieg; ©t. ^ol unb bie öomel[>m^ 
ften Sefel^I^l^aber fül^rte er gefangen mit fid^ nad^ ÜWailartb jurürf. 

Sn ber Sombarbei toarb ber Äaifer l^ieburd^ fo gut ^err, h?ie 
in iReapeL 3Bottte man il^n nod^ einmal befäm^jfen, fo l^ätten ba3U 
neue geJoaltige Slnftrengungen gel^ört, ju benen ftd^ SRiemanb me^r 
faltig ober geneigt fül^Ite. 

6« loar um fo it)eniger baran ju beulen, ba bie längft begon- 



1) <B^xtihttt ü^ciDaö an bcii ifaifer bei ©anbobal II, 19, 

2) grüO am 27. 3uni: in sul passar delP Ambra. 35arcl^i p. 214. 
^lad) ?eoiü röhrte ber «ertuft ba^ev, njcil Bt. «ßol ben ^at^ beö ^ergog« 
toon Urfcino, baö ©efd^ü^ öorauögcl^en gu Taffcit imb feine übrigen 2^ru^^eit 
in ein paar Solonncn gn bcrtl^eifcn, i)on bencn eine bie anbrc nnterf^ü^en 
tonne, nid;t befolgt i)cih^. Vita di Francesco Maria 414. 



Unter(^attMungen mtf bem ^apft. 83 

nenen Xlnterl^anblimgen mit bem $a^ft eben in ben Xa^cn jener 
ßntfd^eibung im äRailänbifd^en jum 9(6fd^(u^ filierten. 

3)em 5ßat)ft hjaren, toic toir Jüijfen, bie öortl^eili^afteften SSor« 
fd^läge Qtmaä)t toorben, h)ie über bte beutfd^en, fo über bie italieni^ 
fd^en SSerl^altniffe: er fotte borüber ju Verfügen i^oben: ber Äaifer 
iDerbe in jeber äSejiei^ung feinem Statine folgen, il^m befonber^ bie 
fird^Iid^en @üter jurüdgeben, unter feiner SSermittelung ben aUgemei^ 
nen ^eben f d^Iie^en, tmb \oa^ bem mei^r ift ; aKein man bürf te nid^t 
glauben, ba^ bte§ aUein auf benfelben geb)irlt l^abe. 9Ba$ il^n be^ 
ftimmtc, toar jugleid^ Seforgni^ für fid^ felbft. SRod^ im 3ll)ril lö2d 
Befd^toerte er ftd^ gegen ben Garbinat Xtiulgio über ben ®ifer, mit 
tocld^em er Don ben faiferlid^en Stgenten jum. Vertrag gebrängt loerbe; 
er berfid^erte, er toürbe nimmermel^r barauf eingel^en, toenn er nur 
Mfte l^ätte, ii^nen gu toiberftel^en ; aber er fei auf allen Seiten bon 
ben änl^ängem be§ ÄaiferS umgeben, jeben 3tugenblid fönne er einen 
neuen SlnfaU erfal^ren; er fei im (Srunbe nod^ immer il^r ©efangener: 
er fel^e ba leinen Unterfd^ieb, au^er ^tfva, ba^ er frül^er nid^t i^abe 
babongel^en fönnen unb biei jje^t aHenfatt^ auöjufül^ren im ©tanbe 
toäre; in ber 3^l^at muffe er entJoeber fliel^en unb ben Äird^enftaat 
bem getnbe überlaffen, ober fid^ mit bemfelben auf bie am toenigften 
nati^tl[>eiligc 3trt berftänbigen. @r brüdfte ftd^ fo lebl^aft auö, ba^ 
er ben garbinal ijottfommen überzeugte. „3^ h)ei^ nid^t", fagt 
Jriuljio, „h)oju ftd^ ber l^eilige SSater entfd^lie^en toirb. 2lber toenn 
er jum 2lbfd^tu^ fd^reitet, fo fel^e id^ tool^I, ba^ er eö nur tl^un toirb 
in golge ber ©etoalt unb bei ben paaren baju gejogen^)". 

3d^ möd^tc jtoar nid^t -U^aupUn, ba^ bieg baö ©efül^I getoefen 
fei, toaö ben 5Pa^)ft toäl^renb jener Unterl^anblungen burd^auig hc- 
l^errfd^t l^abe: — er tou^te tool^I, ba^ ber ßarbinal 5EriuIjio, gegen 
ben er fo ^pxa^, ein Slnl^önger i)on granlreid^ toar; aber fo gang 
oi^ne äBol^rl^aftigleit toar er bod^ aud^ nid^t, ba^ er ed erl^eud^elt 
i^ätte: in ber Siegel unterbrüdft, mod^te e^ il^n jutoeilen übernel^men. 

Slud^ nod^ ein anbereö lebte in il^m, baS ben STbfid^ten be^ 
Äaiferig entgegenfam. 3Kan i^at i^n aufmerifam gemad^t, ba^ er burd^ 
feine Serbinbung mit bemfelben bie ^reil^eit 3lffcr unb bie Äird^e felbft 
geföi^rbe, ba^ er ben natürlid^en Seruf be« römifd^en Stul^Ieg, jtoifd^en 
ben einzelnen gürften ju Vermitteln, aufgebe: er l^at baö tooHfommen 
anerfannt. „Slber"; fagte er, „toir leben in einer 3^it/ in toeld^er nur 
3)et gefd^oftt toirb, ber feine ©ad^e mit ber gefd^idfteften SSerfd^Iagen» 

1) Lettera del Cardinale Triulzio a M. Hieronimo, Koma 9. Apr. 
1529. Biblioth^que du roi, MS. Bethune. 

6* 



84 Sünfted mdf. Sterte« diapittl 

l^eit burd^fül^rt; anbete f^ält man für gute Seute, bie nid^tö toettl^ 
pnb". 6r meinte t)oraudgufel^en, toenn er nid^t mit bem Äaifer ab- 
f d^Iie^e, fo toerbe ftd^ biefer mit ben gflorentinern, ben SSenejianem unb 
mit ^errara ))erftänbigen unb il^nen il^re SrtDerbungen laffen : er, ber 
tpaj)ft, toerbe ba« ©eine nid^t toiebererlangen, man toerbe il^n für 
€inen gutmüt^igen Xöl^el l^alten, ber ftd^ nit)fen lä^t ^). 

@o burd^ unb burd^ h)ar 6(emen§ YII ein italienifd^er $oKti!er 
ber ^At: bie allgemeinen 3»tereffen goB er auf, um feine Befonbcm 
ju erreid^en. 

33on benen h>ar bad toid^tigfte: bie 93erBinbung mit bem M- 
fer getoäl^rte il^m bie äuöfid^t, über feine fjeinbe in feiner Sater- 
ftabt glorenj $err gu toerben. 

Sine 3«tlang l^atte er bie Hoffnung gel^egt, gu biefem Dor- 
nel^mften Segel^ren feine« §ergenö auf frieblid^em SEBege, burd^ eine 
innere Umh>anblung ber 9le))uBIi{ gu gelangen: er ftanb, h)enn nid^t 
unmittelbar, bod^ burd^ einige greunbe mit bem ©onfoloniere 6aJ)- 
^oni in einer gen>if{en SSerbinbung. 2)urd^ üRä^igung ber gegenfei-- 
tigen 3(nf^rüd^e lie^ ftd^ bamal« nod^ ein frieblid^eiS Slbfommen 
jtoifd^en ber mebiceifd^en unb ber ret)ublifanifd^en 5ßartei ertoarten. 

aber eben in biefem 3^itt)unfte erfolgte in t51«>^^«ij ««^ ^'' 
gegengefe^te Setoegung. Sine ejaltirte rej)ublifanifd^e ^Partei, toeld^c 
ftd^ unter fo gang Deränberten Umftänben bod^ bie ^Meinung nid^t 
entreißen lie^, ba| fte pd^ je^t fo gut Uffoaptm loerbe toie frül^er, 
mad^te bem ®onfa(oniere eben jene SSerbinbungen unb ä[bftd^ten }um 
äSerbred^en unb beh^irlte feine ä^bfe^ung (9[))ril 1529), obiool^I man 
i^n gule|t bon aller eigentlid^en ©d^ulb freif})red^en xm^te. ©eitbcm 
lamen nur nod^ bie entf d^iebenften (Segner ber SKebici in bie STemter ; 
t)on bem $a^ft rebete man nur nod^ mit $a^ unb SSerad^tung: an 
^eine Slu^föl^nung mit bemfelben toar nid^t ioeiter gu benlen. 6Ic= 
«tenö VII geriet)^ in Qingrimm, toenn er baran badete, ^atte man 
*od^ unter anberm bie ©efd^id^te öon feiner unäd^ten ®eburt toieber 
'l^ert»orgegogen ; man fagte, er l^abe gar nid^t ba§ Sted^t gei^abt, ben 
^apfÜx6)m Btnf)l gu befteig^; man nannte il^n bort nid^t mel^r 
tpajift*). S« S^^^ aufgeregter Stimmung traf ii^n einft ber englifd^e 
®efanbte. Element fagte, er tootte lieber ber Saj^fan, ja ber QiaU' 
fned^t beg Äaiferö fein, afö fid^ bon feinen unge^orfamen Untertl^anen 

1) Olli va bonariamente^vien trattato da bestia. ^u9 ben Dispacci 
Contarini's, Bei 2t^a 11, 505. 

2) «ardji Storia Fiorentina 208. 3oi)iu« Historiae 27, 45. 



%Uxtni 1529. 85 

Bcfd^imt^fen laffen^). 3Rit ber Unmögliä^Icit , bag ^oi) aBjutoerfen, 
baö man il^m auflegte, berbanb fid^ in il^m SRad^fud^t unb ßi^rgeij, 
bie er auf eine anbere SBeife nid^t Befriebigen fonnte. 

Am 29. Quni lam ber triebe jtoifd^en bem Äaifer unb bem 
?5aJ)ft ju Barcelona ju ©tanbe. ©ein t)omel^mfter ^rü^ali x\t, ba^ 
ficl^ ber 5ßa^ft bie ^errfd^aft beg Äaifer^ in Italien, bie er fo Ieb= 
^aft bdcLxnpft l^atte, nunmel^r gefallen lie^. ®r erneuerte bie 8e= 
Icl^nung mit 3leapd unb J>o6 ben bafür l^erfömmlid^en 3^«^ öuf; 
bie 2)arBringung be^ S^li^^ toax baö ©injige, toaS er fxi) borbes 
§idt. Slud^ befkanb er nid^t mel^r gerabeju auf ber Slufred^tJ^altung 
Sforjag in SKailanb: er gaB gu, ba^ ein förmlid^eS (Seri^t üBer 
Sd^ulb ober Unfd^ulb beffelBen entfd^eiben foHe: fd^on genug, ba^ 
bann ber Saifer Bei ber neuen S3efe§ung be^ ^erjogtl^umö nid^t 
ol^ne feine 3wpimmung öerfal^ren ju tooHen erflärte. 3)en laifer- 
lid^en %xuppcn Betüittigte er freien 3)urd^jug bon 3l^apd naä} %o^' 
cana ober ber SomBarbei. dagegen berf^jrad^ ber Ääifer nun aud^ 
ben römifd^en ©tul^I in ben 93efi| ber il^m bon IJ^rrara unb SSenebig 
cntriflenen Sanbfd^aften — jebod^ mit auöbrüdtlid^em SSorBel^alt ber 
SRed^te beö Sleid^ö — unb bie mebiceifd^e gamilie in ben S3efi| bon 
Slorenj toieberl^erjufteffen*). Qn bie engfte 38erBinbung trat ber 
Äaifer mit biefem $aufe. Sr fagte feine natürlid^e 2!od^ter bem 
jungen SKeffanbro SKebici ju, an ben bie §errfd^aft in ^lorenj 
fommen fottte. SDenn fo fel^r l^atten fid^ bie 3)inge geänbert, ba^ 
ber Äaifer je^t felBft ben 5ßa^)ft gegen bie unmittelBaren SBirfungen 
ber ßigue in ©d^u^ nei^men mu^te. Slufg neue Vereinte er fic^ mit 
einem 5Pa^)fte bom $aufe 2Kebici, toie im Saläre 1521. STttein ioeld^ 
ein Unterfd^ieb gegen bamal^! £eo X l^atte l^offen bürfen, in 3Kai- 
(anb unb ®enua ^err ju toerben, gerrara ju eroBem: Q^kmem^ VII 
mu^te fid^ Begnügen, ba^ il^m burd^ frembe §ülfe ber Äird^taat 
toieber jurüdfgegeBen, feine SSaterftabt toiebereroBert Joerben foKte.. * 

I)iefer Slnorbnung ber italienifd^en Slngelegenl^eiten gingen nun 
noii anbere SSeraBrebungen jur ©eite, oBtool^f fie nid^t eBen alle ia 
bem 5ßertrage aufgenommen toorben finb. 

Sol^ann 3<i^oI^«/ i>^t Big je^t bie (Snabe beö ajjoftolifd^en 
Stu^leö genojfen, loarb bon bemfelBen berlaf{en, unb Balb barauf 

1) (5ofaIt6 Bei 4>crBcrt 233. 

2) Tractatus confoederationis inter Carolum V Romanorum Impef- 
ratorem — — et dementem VII Pontificem Komanum conclusus, bei 
2)u iWont IV, n, 1. 



86 fünfte« ^ndf. Sterte« (Sagtet. 

tttit ben fttcnaftm lird^Iid^en (Senfuren J^eintgefud^t *). 3n ber eng^ 
lifd^en ©ad^c bereinigte ber ©efanbte tJ^fbinanbi? feine Sitten mit 
benen be^ laiferlid^en. ©d^on l^atte bort Iraft ber frül^eren ßom- 
«tiffton ber $roce^ begonnen: aber ber 5ßa))ft gab ben beiben Srü- 
bem bag äBort, ba^ ei^ )u feinem Urtl^eil tommen foKte. 3)agegen 
[agten fte if^m in ber Sleligionöfad^e il^re $ülfe auf baö Unjtoeifel^ 
l^aftefte gu. 3)er Äaifer erllärt in bem Verträge bon Barcelona, 
aud^ il^m liege e« am §erjen, ba^ ber bertjeftenben ^ranfl^eit ber 
neuen ^Meinungen ein 3i^I g^f^ftt toerbe*). ©ollte e^ aber nid^t 
möglid^ fein, bie ®emtitl^er ber S^enben in ®üte l^erbeijujiel^en, 
f ottten fie bie Stimme be^ Wirten nid^t l^ören unb l^artnädfig Bfeiben, 
,,fo toerben", l^ei^t eö bafelbft h)eiter, „fotool^I ber Äaifer al3 ber 
Äönig bon Ungarn unb Söl^men il^re gan^e üRad^t gegen fte in Se^ 
n)egun0 fe^en, unb ba« Unred^t, baö ßl^rifto jugeftigt toorben, nadfi 
Äräften räd^en." 

@inen fo unerwarteten ttmfd^ibung nal^men bie Sreigniffe. Ser 
Äaifer l^atte feine @iege bomel^mlid^ bem 9(ntl^eU ju berbanfen, ben 
bie lutl^ertfd^e ©efinnung feiner ©ad^e in ber beutfd^en Station ber- 
fd^affte. 9iur burd^ bie« Uebergetoid^t jtoang er ben 5ßa))ft jum 
^rieben. 3n bem SJertrage jebod^, ben ber Äaifer l^ierauf mit bem 
tßaj)fte fd^Io^, berfj)rad^ er bentfelben bie äCuörottung eben biefer 
lutl^erifd^en SWeinungen. 

S)a fonnte nun aud^ Äönig ^anj, toie ber $a))ft borauSge- 
fel^^en, nid^t länger bermeiben, emftlid^ auf ben ^eben ju beulen. 
SRod^ immer ging er nur mit fd^toerem §ergen baran. 

Sei ben llnterl^anblungen im S^al^re 1527 batte ber Äaifer 
fd^on nid^t mel^r fo unbebingt toie frül^er bie 3«rüdEgabe feinei^ ©tamm^ 
lanbeö geforbert, fonbem bie Steigung gejeigt, fid^ ftatt bef[en mit 
einer 3<ii^(ung bon }toei Millionen ©cubi ju begnügen. SlKei^ l^atte 
fld^ baran gefto^, ba^ ber Äönig nid^t aud^ SRailanb unb @enua 
aufgeben, feine £ru))^en übtx^aupt nid^t au« Italien jurüdfjiel^en 

1) «ei fiatona XX, i, 551 bie Älage Sapoi\^a9 über bie ©utte, au« ber 
er ^afff S. Sanctitatem — — me et incolas regni per censuras ecclesiasti- 
cas deyovisse et a capite nostro Jesu Christo, quod in ea erat, resectoi 
declarasse. 

2) Cum Cacsareae Majest^ti- cordl sit, ut huic pestifero morbo con- 
gruum antidotum praeparari possit. ^er ^o^f! rä(»mt bei ber 9eflattgung 
be« ^rieben« bte guten ^Ofti^ten be« äaifer« in «egug auf ben ^iürlenfrieg 
unb „l'extirpation des höresies lutheranes^'. SDer ^efanbte f^rid^t boii 
„donner ordre aux her^sies reguantes". (Ynigo Mendoza, bei Song I, 322.) 



Untcr^anbfungen mit granficlci^. 87 

toottte^;. 6^ fd^ien, .a{ö bctrad^te man in %xanlvciä) bic SBieber^ 
eroBening t)on ^ailanb al^ eine ^fixd)t unb ald eine Sl^renfad^e. 
2er gänglet S)u 5|8rat i^at erflärt, er toerbe jtd^ nie an ben ©d^inH)f 
getoöl^nen, ba^ biefeö £anb gur 3^it feiner SSertoaltung ber fran= 
^öfifd^en ^rone Verloren gegangen: l^abe er ^§ xf)x aber toieber ber- 
ft^afft, fo fei er gufrieben, in ber näd^ften Stunbe barauf ju fterben*). 

Xxoii attebem toar je^t bie 5Rotl^h)enbigfeit gelommen, fic^ in- 
bicfen Serluft gu finben. 

@inmal bot bie f^ortfe^ung bei^ Kriegs feine ^(u^fid^t mel^r bar. 
Selbft bie änl^änger beö Äönigi^ in Italien Brad^ten in ©rinnerung, 
ba^ e^ «nmöglid^ fein toerbe, ein ßeer in^ %dh gu ftetten, el^e ber 
Saifer in Italien erfd^eine; burd^ feine SSerbinbung mit bem $aj)ft 
toerbe berfelbe §err in bem mittlem toie in^bem obem unb bem 
untern; fjloreng toerbe il)m uid^t gu h)iberftel(^n vermögen; 3Senebig 
fei burd^ ben Uebertritt Don SRantua felbft gefäl^^rbet unb lönne auf 
nid^tS beulen, al^ auf bie eigne SSertl^eibigung : gang allein toürbe 
man eö mit bem Äaifer gu tl^^un l^aben, unb ber l^abe nun einmal 
bie taj)ferften %xnppm unb bie ®unft beig ®lü(fe^ '). 

@obann aber ivar eS aud^ bem Sleid^e unb bem $ofe unerträg= 
lic^, bie springen öon ^anfreid^ länger in Spanien gu laffen. 3«= 
teilen liefen Don il^rer ©efunbl^eit beunrul^igenbe Stad^rid^ten ein. 

ignbem man fid^ nod^ rüftete, bie S^^K^«^^ i>i^ J>erfi)nlid^e 3(n- 
lunft be^ fiönigö l^offen lie^, einen Sinfatt in 2)eutfd^lanb borbe= 
rcitete, tourben bod^ bie eigentlid^ niemals gang abgebrod^enen |5rie= 
ben^unterl^anblungen mit erneuter Sebl^aftigleit aufgenommen. 

3n 9lom toar lange babon bie Siebe, ba^ ber 5Paj)ft bie SJer« 
mittlung übemel^men müfje*). 6r foHte an irgenb einem 5ßla|e an 

1) Ce qui a 6te dit en la communication tenue ä. Palencia, 6et 
55u aWont IV, I, 502. 

2) Bellay 13. Juill. 1529. MS. maitxt bc SBarrc fagt i^m, büß biefe Slcugc» 
rung, toelc^e ST^arggret^a mtb alfo aud^ ber ^atfer totffe, ben ^rieben berl^inbere. 
@ie lautet: pnisque le roi avoit perdu Milan estant luy en administration 
des affaires, 11 aimeroit mieux la mort qua de faillir ä le luy faire re- 
couvrer: cela fait il etoit content de monrir une heure apres. 

3) Ottaviano Sforza al vescovo di Lodi: STloünt II, 210. $gl. In- 
strozione di Theodoro Triulzio, Guido Eangoni et Joachim a Mess. Mauro 
da Nova, Venezia 15. Luglio, bei aWoltni II, 219. 

4) ^teron^mn« 92iger au @aboIet V Cal. April 1529. Quotidie in 
ore habet (pontifex) divinum consilium tuum de profectione ad Caesarem 
et de pace publica: quo quidem consilio si integris rebus usus ^foisset, 
noQ laboraremus. Sadoleti Epp. üb. YIII, p. 323. 



88 Sünfted «ud^. Viertes (S^apitzl 

ber fj)anifcl^-frattgöfif(i^cn ©rcnje, ettoa in 5ßer))igtton, bic ©ad^c Jjcr- 
fönli(^ fül^ren. %uä) fd^ien er ba)u fel^r geneigt ju fein: nod^ im 
3Räxi 1529 bejeid^nete man bie (Saleeren, bie il^n l^inüBecbnngen 
foUten. 3u^^^t ober unterblieb baS bod^: bie @ad^e fam in gan; 
anbre ^änbe. 

<Bä)on frül^er nemlid^ finben toir einen gel^eimen 9(genten f^ranj' I 
in Spanien, burd^ ben er fxi) unmittelbar an feine SSerlobte.'^nigin 
Seonora, toenbet, il^r feinen SSunfd^ erflären l&^t, foBalb toie mög- 
lid^ bie ^nbemiffe l^intoeggeräumt ju feigen, bie fid^ il^rer.SJermäl^* 
lung entgegenfteUen, unb feine ganje @ad^e mit bem Kaifer in il^re 
§änbe legt. ®ie Äönigin ift, toie man benfen fann, fel^r erfreut 
über biefe Sotfd^aft; pe berfid^ert, fie l^abe immer auf ben guten 
9S3iIIen be« Äönig^ vertraut unb bamit fei fie über aUeiS BiiSl^er (Se-- 
fd^ei^ene i^intoeggefommen. 35a ber Slbgeorbnete fid^ toeigert, mit bem 
@ro^canjler }U unterJ^anbelU; lt>eil ba^^ ein SRann fei, toeld^er ben 
Ärieg liebe — bietteid^t qud^ beiJl^alb, loeil fein anfeilen bei ^ofe 
burd^ bie ßntfemung angef eigener SKänner öon bemfelben, bie bex 
Ärieg nötl^^ig mad^e, gewinne, — fo erllärt Königin Seonora, bie 
Unterl^anblung fei je^t il^re Sad^e, fie toerbe allein ben 2Cbfd^lu| 
i^erbeifül^ren ^). 

^i) tann nid^t genau angeben, in h^eld^e 3^i^ ^i^f^ @enbung 
gefallen ift; bemerfen toir nur, ba^ fie ben Sßerfud^ enti^ält, bie 
Unterl^anblung ben getool^nten SCBegen, einem regelmäßigen SSerfal^ren 
}u entgiel^en. 

3laä} aEem, toa^ nun aber toeiter t)orgefaEen toar, erfd^ien eine 
birecte SBerl^anblung , felbft eine Slnnäi^erung jtoifd^en ben beiben 
l^ürften unmöglid^. ällte^ Eingreifen eined britten i^ätte bie ©d^toie- 
rigleiten el^er i)ermel^ren muffen. 3Son ^einrid^ VIII unb feinem 
ßarbinal tDoKte man felbft in ^ranlreid^ nid^t^ mel^r l^ören. 2)en 
$aj)ft fal^ man ju fel^r in bie italienifd^en S^^rungen öerflod^ten, al^ 
baß fid^ bie Erfüllung feiner J)ontificalen 5Pflid^t, ben innem JJrieben 

1) Dechiffrement d'une depesche ^rite d'£spagne, Bibl. du B. MS. 
Bethune 8543, f. 182, o^ne 2)atum, Ort, nod^ Untcrf(j^rift. «icUcid^t fogar 
f(i^on toon 1527, auf jebcn gatt uon einer 3^itr in »oelc^er bic franjBjift^en 
bringen in ©efangenfd^aft n^aren. Elle me demanda, si vous vouliez mettre 
en sa main Paffaire d'entre vous et Pempereur; je luy ai dit que pour 
cet effet m'aviez depesche yers eile. — . ^- Elle m'a dit, que la fiance 
qu'elle avoit toujours eu en votre bonne voulont^ envers eile, Pavoit 
tenue en bonne esperance et lui avoit fait porter patiemment tont ce 
qui avoit passe. Qu'elle vouloit mener cette affaire et que autre ne se 
meslat qu'elle, et c'estoit son propre fait. 



Unterl^anblungen mit granfre^. 89 

l^er^ufteUm, Bei feinen iRebenaBfid^ten bon if^m f)ätit ettoarten laffen. 
@o gefd^al^ ed, ba^ ftd^ bie 3Rutter bei^ Jldnig^, ^erjogin Souife, ol^ne 
3tocifel jugfeid^ au^ t)erfönli(i^en SWotiöen — benn 6ei ber ®efangen- 
fd^aft i^rer (Sn!el toäre il^r ein neuer ^rieg^jug il^re^ ®ol^ne$, ber ftd^ 
faft nid^t t)enneiben lie^, unerträglid^ geworben — an bie ®oxL\)emanU 
ber SRieberlanbe, 3Kargaretl^a , bie %anU beö Äaifer^, toenbete unb il^r 
borftettte, ba^ eö il^nen, ben Reiben näd^ften alteren SBertoanbtinnen ber 
ftreitenben f^ürften, bor aSem julomme, beren äluiSfdl^nung ju t^er- 
fud^cn *) : beffer toürben fte baiS 38ertrauen, toeld^ei^ ber einen Don il^nen 
öon il^rem ©ol^ne, ber onbem bon il^rem SReffen gefd^enft toerbe, nid^t 
anlDenben tbnnm, %uä) SRargaretl^a fanb, bie Erbitterung }it)ifd^en 
ben beiben gürften fei burd^ bie langen tjeinbfeligfeiten, bie ©d^riften, 
bie m^ getoed^felt, bie ergangenen ^erau^forberungen, in einem ®rabe 
geftiegen, ba^ ei§ tool^l nur il^nen, ben grauen, gelingen toerbe, eine 
Uebereinfunft gu ©tanbe ju bringen*), ©el^r borti^eill^aft fd^ien t^ 
il^r unb il^ren Statinen, ben Äönig auf biefe SBeife toon feinem SBer? 
bünbeten ju trennen* 3)en Rieben l^ielten fie für unbebingt notl^» 
tüenbig, um ben Äönig gerbinanb gu unterftü^en unb bie Slngele« 
genl^eiten ber 9teIigion unb bed Sleid^ei in Drbnung gu Bringen. 
®Ieid^ Bei ben erften SCnnäl^erungen tourbe ein (Snttourf gum fjrieben 
t)orIäufig Vereinbart unb burd^ eine eigne SKiffion bem Äaifer mitge« 
tl^eilt. Unb-fd^on toar toieber ein frangöfifd^er SlBgeorbneter in ben 
^]{ieberlanben angelangt, um fid^ nad^ ber älnttDort bed Jtaiferd gu 
erfunbigen, al^ biefe eintraf, ©ie BlieB jebod^ toeit bon ben ge» 
mad^ten SSorfd^Iägen. SHur ungern lie^ ber Äaifer ben Vertrag öon 
3Jlabrib fallen; aud^ in feiner S^f^ction für bie ncn^ Unter^anb- 
lung fteHte er nod^ einmal fel^r au^gebel^nte gorberungen auf, bon 
benen man nur ©d^ritt für ©d^ritt auf minber umfaffenbe gurüdE« 
gelten foHe '). 3Rargaretl^a gog in SSetrad^t, ba^ e^ fel^r toibertoärtige 
folgen l^aBen fönne, bie erftem bem 9lBgeorbneten be^ Königs gu 
JU nennen; benn leidet fönnte biefer baburd^ Veranlagt toerben, mit 
berbojj^jeltem ^affe gu ben SQäaffen gu greifen. 216er aud^ einen 
Slad^la^ in Sluöpd^t gu fteHen, fanb fie nid^t ratl^fam, ipeil bieg bie 
©egner nur barin Beftärfen toürbe, an il^ren 3lnf})rüd^en feftgul^alten. 
Sie meinte bie SlBfid^t il^reS 5Reffen nur bann erreid^en gu Wnnen, 

1) Eapport de ce, qui s'est pass6 relativemeut aux ouvertures de 
paix, hti Le Glay N^gociations II, 670. 

2) 3^rc ^leußerungen Bei ^orma^r, Shrc^it) 1810, p. 108. 

3) Charles V au Sieur de Montfort 16. Mars. Pap. d'6tat de Gran- 
velle I, 450. 



90 gfinfted ^ud^. ^terted (iapittU 

toenn fie mit ber SRutter ie^ Äßnigö toon granfreid^, ol^nc atte^ 
^in- unb ^erfd^icfen p^x[6tmif \>nf)anik. @intge nieberlänbifd^e 
Ferren, h>ie Ärfd^ot, SSürm^ Sergl^eg, bie fie ju Statine jog, ftimm= 
ten il^r bei. @d touvbe bem anH>efenben @efanbten bed franjöfifd^en 
^önig^ leinerlei Srdffnung getnad^t, fonbem aUed auf biefe 3^1^^' 
menfunft berf droben ^). ^er SSorfd^Iag ju einer fold^en ift alfo t)on 
f^mnlreic^ ausgegangen, bann aber i^on ber ©tatü^alterin in S^^x be- 
ftimmter 3ib[i^t ergriffen unb erneuert toorben. ©ic l^atte ben bott- 
ftänbigften Auftrag erl^alten, ber ftd^ beulen lö^f^): ßarl V berf>)rad^ 
bei feinem laiferlid^en SBort, auf feine ßl^re, unter aSerj)fänbun0 
feiner ®üter, atteS ju genel^migen, Vorüber fie abfd^Iieften h)ürbe. 
Seid^ter aU il^m tparb e« %tani l, feine 3Sottmad^t gu geben. Unter 
ben ©rünben, toeSl^alb nid^t ber Äönig, fonbern feine SWuttgr bie 
Unterl^anblung fül^ren muffe, toax ed einer ber bomel^mften, bajj fie 
nid^t gleid^f am J)erfönlid^, toie er, aSerJjjKd^tungen gegen bie ita= 
lienifd^en äRad^te, SRailanb, ^lorenj ober 9Senebig, übernommen l^abe. 

9(m 5. 3i^(i jogen bie beiben 2)amen, i>ün entgegengefe^ten 
(Seiten !ommenb, in Sambrai ein, unb nal^men il^re SBol^ungen in 
jtoei burd^ einen bebedften @ang Derbunbenen §äufem, fo ba^ fie 
einanber feigen unb ft)red^en lonnten, ol^ne bemerlt ju ioerben. 

SBenn man bie ®rinnerungen lieft, loeld^e SKargaretl^a bem fiai- 
fer in borau« mad^t, fo fielet man lool^l, ba^ e« an ©d^loicrigfeiten 
bei ber Unterl^anblung nid^t fel^Ien fonnte. SlKcin fie tourben über^ 
tounben. granfreid^ ijcrftanb fid^ toirflid^ bagu, jene jtoei 9KiBionen 
ju jai^Ien, auf atte feine ^eä)te unb SSerbinbungen in Italien Ser- 
jid^t jti leiften, enblid^ feiner Sel^nöl^errfd^aft über glanbem unb SIrtoiö 
ju entfagen. 2)agegen lie^ aud^ 6arl V einige freUid^ loeit toeniger 
bebeutenbe Änfjjrüd^e, j. S. auf 5ßeronne unb SSouIogne, fallen, unb 
gab furo ßrfte bie Eroberung bon Surgunb au^^). 3)aS 5princi|), 
tocId^eS in ®urp^)a über]^au})t l^errfd^te, bie berfd^iebenen Staaten ju 

1) SWargavet^a an bcn Äaifcr 26. Wlai 1529; bei Sana CoiTesp. I, 301. 

2) 2(1« Procuratrix g^neralle et especialle avec plein pouvoir auc- 
torite et mandement especiall pour et en nom de nons pour parier — 
et finallement traiter et conclure bonne fenqie sceure paix amitie ligue 
et conföderation. Teneur du pouvoir, donn4 a Parchiduchesse, DM. FV, 2, 15. 

3> 3n feinem ®egenbert(3^t öon 1536 b|mcrft ber Äaifer, bag er m\fl 
\>amaU „urfad^ unb geloalt gehabt l^Stte, ncd^ grögerd unb me^rer« r>on t^m 
(bem ^önig) gu begeren unb abgune^men, bietoeil td^ bamal« )u toaffer unb 
gu lanb flg^aft toon @ott unb mit treffenlid^er rtiftung gefaßt unb — btl flerfer 
benn er getoefcn bin." 



• grtcbe bon (SamBrai. 91 

fonbem, einen Don bem anbem unai^l^ängig gu mad^en, \oax aud^ bei 
btefem fjrieben^fd^luffe gu bemerten. Q^bem granfteid^ feine au^- 
toärtigen Untemel^mungen aufgab, blieb ed bod^ in feinem Innern 
unangetaßet. Surgunb unb 93a(oi^ festen fid^ nad^ fo langen blu- 
tigen Jlriegen enblid^ aui^einanber. ^urgunb l^atte }it>ar nid^t aKe 
feine ^rötenfionen erteid^t, aber eö toar bod^ in unerme^id&em SSor- 
t^ril. @ö toar il^m gelungen, baö $au^ feiner Slebenbul^ler, eö 
ringsum einfd^lie^enb, auf ^anfreid^ aQein }U befd^ränlen. 

9801^1 bürfte ntan nid^t glauben, bantit fei nun alleiS beenbigt 
geivefen. %xcati I i)at gegen ben 33ertrag Don Sambrai fo gut toie 
gegen ben SKabriber J)roteftirt. 6r ift babei geblieben, Slfti unb 
SRailanb feien fein unb feiner Äinber unberäu^erlid^e« ®rbtl^il, ®enua 
gel^ore iffm an, unmöglid^ fönne ein erft Durd^ bie eigne, bann burd^ 
bie ©efangenfd^aft feiner Äinber il^m abgegtoungener Vertrag il^n 
bcr^jffid^ten ^). Site bie 3Serification bejfelben im ^Parlamente Dor fid^ 
gelten feilte, ))roteftirte ber ®eneralj)rocurator, SJlaitre Sranj 3logier, 
feierlid^ bagegen : benn bie ©etoalttl^atigteit eine^ Sei^ndmanned gegen 
feinen Sel^nigi^errn l^abe benfelben bewirft, er ftreite gegen bie ®runb= 
gefc^e beö SReid^ejS*). Slßein in biefen 5ßroteftationen liegt nur ber 
Slu^brudf beö ©efül^te, ba^ man ber ©etoalt, unb jioar fel^r ungern, 
toeid^e; fie finb ein SSorbel^alt für bie 3ufunft, ber für ben Slugen= 
blidf nid^t^ bebeutet unb gan} unbemerlt bleibt. 

3unad^ft h>ar 3^bermann glüdflid^, ba^ ber triebe toirflid^ ju 
Staube gelommen. 3n allen fünften, too man nid^t eine au^brüdf^ 
lid^e SSeränberung beliebt ^atU, beren eS bod^ im &anim nur Dier 
^db, toav ber 9Jlabriber 3i5ertrag beftätigt loorben; fie tourben je^t 
beibe mit einanber aufgerufen unb in bie Staatöregifter eingetragen, 
©el^r begeid^nenb ift ber Srief, mit toeld^em ^erjogin Souife il^rem 
Sol^e ben SCbfd^lu^'anlünbigte: bie ©id^erl^eit feiner tßerfon, fd^reibt 
fte ü^m, toeld^e au^ bem ^eben entf})rungen , ben ®ott il^nen ge= 
geben, fei il^r lieber aU il^r eigeneig Seben^); in ber J)erfönlid^en 
®efal^r, in bie fid^ berÄönig ju ftürjen nod^ dnmal im Segriff ge= 
lücfen toar, lag, toie beifül^rt, ein^ ber Domel^mften 3KotiDe il^rer 

r 

1) Protestation du roy Fran^ois contre les trait^s de Madrid et de 
Gambray. ®o lautet ber £tte( ber bei 3)u 3)'2ont abgebrühten Urfunbe in 
ber ©ommtung bon ^üpn\^ 179. 

2) Proteetation du procureur gen^ral. Du M. lY, 52, nr. 38. 

3) Lettre de Madame au Boi apr^s le traite de Gambray. Be- 
thune 8471. (So^ie. La seuret^ , Monseigneur , en la quelle je cognois 
▼otre personne par la paix , que j'estime plus que ma propre vie. 



92 günftc« Sßnäf. »ttrte« dapxttU 

35cmül^un0en. ®te Slicberlänber teuften ftd^ iAel bamxt, ha^ ein 
fold^cr älct t)on il^rer Slegenttiv auggeflangen; Bei einem SWittagötnal^I 
ift ber franjöfifd^c äbgeorbnete gefragt toorben, ob man baö biefer 
3)aine tool^I jugetraut l^abe, ob man in ^Jranfreid^ bamit gufrieben fei. 
S)er tJtanjofe l^ob l^eröor, ba^ aud^ feinem Äönige einige« Serbicnft 
gufpmme : auf ba« blo^e SSort ber Srjl^erjogin l^abe er 15000 SanbiS- 
fned^te , mit benen er einen entf d^eibenben ©d^Iäg l^ätte fül^ren fönnen, 
au^ feinen 3)ienften entlafjen^). 38or allem toar ber 5ßa|)ft erfreut: 
er fanb nid^t iEBorte genug, um bie Sienfte ju pm^en, toeld^e Souife 
ber öffentlid^en Sad^e geleiftet. 3« befonberer (Senugtl^uung gc^ 
reid^te il^m, ba^ bie 3DlitgIieber ber Sigue, über bie er pd^ gu bc^ 
Hagen l^atte, bei bem SBertrag nid^t berüdffid^tigt toorben, allen Se- 
ftimmungen ,beffelben ium Xro^, glaubte er bod^ an feine lange 
2)auer ber §errfd^aft beS Äaifer«. 3« ben franjöpfd^en 5ßrote^ 
fiationen pa^t e« fel^r gut, ba^ ßlemen« VII ju toerftel^n gab , toenn 
ber Äönig nur erft feine ©öl^ne lieber l^abe, fo toerbe fid^ gegen 
alle anbern Uebel ein Heilmittel finben laffen *). 

Unb nod^ einen anbern ®runb ber S^fnebeni^eit l^atte ber '^ap\t 
3n ben SSeri^anhlungen toie in bem Sractat erfd^n ber Äönig fo 
gut toie ber Äaifer al« ein ©egner ber religiöfen Steuerungen. 3« 
feiner SBottmad^t fü^rt granj I unter ben ®rünben feiner ^rieben«- 
liebe an, ba^ er bie Äe^ereien unterbrüden tootte, bie in ber ßj^riften* 
l^eit auffommen, bamit bie Äird^e öerel^rt Joerbe, toie e« ftd^ jum 
Heile ber ©eelen gebül^re ®). 3;n bem 43ften 2lrtifel beg Rieben? 
I^ei^t e«, ba^ Äaifer unb ÄiJnig entfd^loffen feien ben l^eiligen ©tul^I 
in feinem 2lnfel^en unb feiner SBürbe ju erl^alten, toie eö ii^rem fai^ 

1) De la Pommeraye au connetable 17. Sept. 1529. Beth. 8610. 

2) Lettre de Raince 12.Aoüt 1529. Surtout ne pourroit etre plu» 
content qu'il est de ce quUl entend qu'on a eu memoire de luy, et semble 
qu^il ayt quelque advis que ancuns des confederes soient aucunement 
(einigermaßen) demeur6s en derriere; que luy confirme la satisfaction en 
quoi 11 est autant ou plus que nulle autre chose et fait bien compte, 
sMls vouloient aller le cbemin qui sera requis , que delivr^s et retourn^sr 
en France IVfessieurs que ä tout se aura bon remMe. 

3) Four extirper les heresies qui puUulent en la Chrestiennet^ et 
que l'Esglise soit reveree et honor^e ainsy qu'il appertient ponr le salut 
de noz Ames. Du M. lY, ii, p. 16. ©o l^ieg ed in ber erflen ^ro^ofitioa 
t)on fran^öftfc^er ©eite: consid^rant les grands erreurs et troubles scis* 
matiques, qui croissent et pullulent chaque jour. ^on nteberlanbtfd^er 
geba<j^te man biefer ©ad^e ebenfalls: faire reformer toutes h^cesies et re^ 
duyre l'eglise en son du estat, et pareillement Pempire. 



gricbc öon SamBrau 93 

ferlid^en unb fdmglid^en @tanbe julomme. Unter ben Beftätigten 3(r« 
tifdn be^ ÜRabtiber SBertragö toat aud^ ber, in hJeld^em ber Äönig 
bem Äaifer feine §ülfe toiber bie Äe|er nid^t minber als gegen bie 
%Mm jufagte. 

93et biefer Umtoanblung beS SSetl^ältniffeS ber großen 3Räd^te 
toar nun nod^ bie bomel^mfte grage, tt)ie fid^ ber Äöntg Don ßng« 
lanb, beffen Sl^efd^eibungSaB^d^ten burd^ il^re Stüdtoirlung fo i^iel 
ju berfelben beigetragen, baju ftellen toürbe. 

a)ie Hoffnung SQBoIfe^g, biefe 3[bftd^ten burd^jufe^en, toar auf 
bie frül^eren j)oKtifd^en ßonjuncturen gegrünbet geh>efen. 6r glaubte 
ftd^ aUe« bon bem 6influ^ beS franjöftfd^en $ofe« auf ben römifd^en 
@tul^I unb t)on beffen 3)anlbarteit unb Stüdfftd^t für @ng(anb t)er« 
f))re(^en }u lönnen. 

SEBa« ben 5ßa})ft anbetrifft, fo toar biefer im GJrunbe ber 
5Keinung , .ber Äönig toürbe am beften tl^un, toenn er ol^ne f o biel 
)u fragen, eine jtoeite %xan näl^me, unb aföbann ben a>)oftoUfd^en 
Stul^l JU rid^terlid^er ©ntfd^eibung aufforberte^); ber ®eift bud^ftäb* 
lid^er ®efe^id^Ieit, ber (Snglanb fd^on bamatö bel^errfd^te, lie^ ba^^ 
jebod^ nid^t gu: ber ^önig tüünfd^te bie Legitimität ber auS einer 
neuen @l^e }u erit)artenben 9lad^Iommen im SSorauS gefid^ert gu feigen: 
bon bem, ber gebunben l^atte, toottte er aud^ gelöft fein. 3BoIfe^ 
i^offte, ba^ bie fjortfd^ritte ber Sigue ben ^ap^t l^ieju Vermögen 
toürben. 3Rel^r afö einmal forberte er ben Aönig i)on ^^anlreid^ 
auf, eben fo k>iel für bie ^(ufidfung ber ®l^e gu tl^un, toie Snglanb 
für bie Verausgabe ber Äinber t)on ^ranlreid^: er möge nur bem 
SPaj)ft erllören, ba^ er bie ©ad^e ^einrid^S VIII für geredet l^alte, 
unb ba^, toenn man fxe gu fRom abfd^lage, er fo gut toie biefer fid^ 
für beleibigt l^alten unb eS niemals t^ergeffen loerbe. 3Bol^l tou^te 
granj I, toie biel SBertl^ für il^n baS Seftel^en SÜBoIfe^S in ßngtanb 
|atte. aSoIfe^ erinnerte behfelben, er toerbe Verloren fein, toenn biefe 
©ad^c nid^t burd^gel^e, allju ftarfe SBerfid^erungen l^abe er bem Äönig 
barüBer gegeben«). Unb in ber SCI^at i^ätte ber 5Pa»)ft felBft, j. ». 
Bei SautrecS Slnnäl^erung, nur red^t emftlid^ angegangen }u it)erben 
getoüttfd^t : er toürbe fid^ bann mit einer Strt bon moralif d^em 3h)öng 

1) (Safattd 13. San. Bei jj^tbbed p. 461 : Qoia nuUus Doctor in 
mundo est, qui de hac re melius decernere possit^ quam ipse Bex, ita- 
que si in hoc se resolyerit, nt pontifex credit, statim causam committat 
<in (Snglanb); aliam üxorem ducat; Litem sequatur. 

2) Bellay ä Montmorency 22. Mai 1528: pour les grandes asseu- 
xances qa'il en a toujours baill^ ä son dit maistre. 



94 Sänfte« '^üdf. Sterte« üapittU 

bei bem ilaifer l^aben enifd^ulbigen fönnen *). äffein e^ fd^cint nid^t, 
oli^ l^ätten eS bie ^änjofen für nü|(tci^ gel^alten, fo toeit ju gel^m 
@ie i^atten ben ©ebanim nod^ nic^t aufgegeben, bie engltfd^e ^rin- 
jefftn SKaria, bie J)rafumtii)e 6r6in be^ Sleid^eig, mit einem il^rer 
^rinjen ju bermäl^len*). 

2)a man nun tueber ol^ne ben $a))ft t>orf(i^reiten iüoKte, nod^ 
aud) 3[nftalt mad^te il^m B^^ng anjutl^un, fo {am e$ }u bi))(oma: 
tifd^en SSerl^anblunöen, beren ®ang unb ©rfolg, il^rer Jiatur nad^^ 
t?on ben Sreigniffen abl^ing. 

2)ie englifd^en älbgeorbneten, bie fid^ im ^ärj unb ä()9ril 1528 
in ber Ställe beiS fßa^ftei^ aufl^ie(ten, tdufd^ten fid^ nid^t borüber. 
„S)ie ©d^toierigfeiten unb ber SSerjug", fagen fie, „auf bie loir in 
biefer Qaä)^ fto^en, fommen lebiglid^ öon gurd^t l^er: lüir finben bei 
3[ebermann fo i)\d 3?eigung alh möglid^, bie ©ad^e gu -förbem, aber 
man beforgt, \i^mn man bem ^önig eine ungetoj^l^nlid^e äSetgünftt- 
gung geloäl^rt, fo tönnc bieig ju einer neuen ©efangenfd^aft fül^ren, 
toofern ber Äaifer ben $la^ bel^ält"^). Sie ©efanbten mad^ten 
nod^ einmal einen ^erfud^, fjurd^t mit gurd^t ju httampfm, ®ine^ 
3^age§ ftettten fte bem ^ap\t bor, er toerbe ben einzigen fjürfken Ver- 
lieren, ber il^m nod^ loal^^rl^aft jugetl^an fei, — loie SBoIfeö einft fid^ 
au^gebrüdft, nid^t aUein ben ^önig bon ©nglanb, fonbem ben SSer^ 
tl^eibiger beS @(aubeni^; bann toerbe ba^ fd^on gebeugte $a))fitl^um 
boEenb^ gufammenbred^en, ^u allgemeiner ^reube. 2)er $a^ft toav 
nid^t unemj>föng(id^ für biefe G5efal^r: unter lebl^aften (Sefticulationen 
ging er bor il^nen in bem 3iwtmer auf unb ab, unb e^ bauerte eine 
aBeife, biö feine 33eioegung jtd^ legte*), ©r trat l^ierauf toirflid^ ben 

1) D. Knight bei Herbert 218: The Pope thinketh he might, by 
good colour, say to the Emperour, that he was required by the englisch 
ambassadours et Mr. de Lautrech to proceed in the businesse. 

2) ©ellai? ertoä^nt bicö 3Kotiö in einer 5)e^cfd^c öcm 8. 9to\>. Sf 
trägt für feine ^crfo^i ^ebenfcn , bie 9^uttität ber (g^c mit (Satl^arinen gugu* 
geben, meit man fid; bieft« ^etenntniffeö bebienen fönne : „oü le manage de 
Mr. d'Orleans tireroit. Aucuns de dega disent, que, quoique on fasse, 
qui espousera la princesse sera apr^s roi d'Angleterre." 

3) Gardiner and Fox Orviet the last day of March, bei .^ttppt 
Ecclesiastical Memorials Tom. V, p. 402: that if there were any thing 
doon novum et gratiosum, agaynst the emperors purpose, it shuld be 
materia novae captivitatis. 

4) 2)iefelbcn Monday in Esterwoke, ibid. 423. %üä^ ben frana»fif(^«n 
^efanbten ließ ber ^a^)fl 8. %pxii ^loffen, „qu'entre cy et demain prendra 
quelque bonne forme de conclusion, qui pourra satisfaire au roy d'Angle- 
terre." 9Jaince bei 2t @rönb III, p. 190. 



^erl^anblungen ^totfd^en Üiom unb (Snßtanb. 95 

ßnglänbern einen Sd^titt naiver. (Sr ernannte ben 6atbina( (Eam- 
P^^Qi, ber ol^nel^in im Beften SSemel^men mit ^einrid) VIII ftanb unb 
))on beffen ^[Bgeorbneten baju ^orgefd^Iagen h)ar, ^um Segaten tfbn 
Snglanb unb gab il^m bie StlauBni^, jugleid^ mit Sarbinal 38olfe^ 
bic plxp\Üxä)e 2)iöJ)enfotton, auf toeld^e fid^ bie ®f)e «öeinrid^ö VIII 
grünbete, nad^ SSeftnben für toirffam ober untoirifam, bie 6l^e felbft 
für gültig ober für ungültig gu erltären. (Sr tl^at bie^ im älnfang 
beg ^nni 1528, afö bie ©ad^en ber fjrangofen bor 3ieat)el nod^ bor« 
trefflid^ ftanben*). 3![lan l^atte il^m ^ugleid^^ berf))rod^en, bie 9Sene» 
Kianer gu betoegen, il^m feine ©täbte l^^erauöjugeben*). 

S3alb l^ierauf erfolgte bie 9lieberlage Sautrec^ bor 'i>ieaj)el : toir 
fallen, h>eld^en Umfd^toung bie ^ä^ftlid^e ^$o(itiI augenblitfßd^ gu 
Sunften be§ Äaifer^ nal^m: audj^ in ber englifd^en ©ad^e, bie biefem 
\o naf)e am ^erjen lag, mu^te fid^ berfelbe jeigen. 

©d^on am 2. ©e))tember ioarb 6am))eggi erinnert, ba^ ©eine 
Öciligleit, fo. öer))fKd^tet fie fid^ bem Äönig Don ßngtanb fül^Ie, bod^ 
aud^ auf ben fiegreid^en Äaifer SRüdffid^ten gu nel^men l^abe unb il^m 
nid^t neuen 9(nla^ jum 93rud^ geben bürfe, it>a^ nid^t aKein ben 
^rieben berl^inbem, fonbern aud^ jum äu^erften Sluin be§ Äird^en- 
ftaatS gereid^en toürbe^). 

-3m Dctober 1528 fam ßamj^eggi in ßnglanb an. ©o ftarf 
anä) jutoeilen bie StuiSbrüdfe haaren, beren er fid^ gegen ben Äaifer 
bcbiente, fo jeigte fid^ bod^ gar balb, ba^ er nid^tig ßrnftlid^eö tviber 
i^n bomel^men toürbe. @r ermal^nte nod; jutoeilen ben Äönig, ju= 
toeilen 293oIfe^, i>on il^rem SSorl^aben abjuftel^en. ©ine Sutte, mit 
tocld^er SBolfe^ bem gel^eimen Statine beg Sönigö ben guten SBBitten 
be^ 5ßa})ftei8 ju betoeifen l^^offte, toeigerte er ftd^ fd^Ied^terbing^ öor* 
jujeigen: er I;at fie \oai)x^i)e\nlx^ fefber Derbrannt *). Slbgefel^en 
bon ben j)oUtifd^en Umftänben, toar bie ^rage, bie e^ galt, an 
\xdj Don l^ol^er Sebeutung. SDie 33el^au^)tung, baji bie 3)igJ)enfation, 



1) (SDinnüffioii Viterbii VI. Juu. (8. 3imi) abijcbru(ft bcj Herbert p. 233. 

2) 9Äau pc^t bag auö bem 33ricfc toon (Safali« bei turnet History of 
the Reformation I, Records II, nr. 17. 2)er ^a:|)ft fagt ben ©cfanbtcn: 
vos scire volo, promissum mihi fuisse, si legatus hie in Angliam niit- 
teretm-, futurum ut mihi civitates a Venetis restituerentur. 

3) @anga an (Sam^cggi, S5itcvbo 2. @c^t. 1528. «Papfle I, 126. 

4) «pattaDicini leugnet lib. II, c. XV bic (gjipenj bicfer ©uKc, wMjt 
©uicciarbim bcl^au^tet l^atte. 3(I](cin man hxawä^t nur ben frf;on evwäl^nteu 
^iü6}i toon Q^afali« über feine JBerl^anblungcu mit bem $o^jl im 3)cccmbcr 
1528 ^u lefen, um alle 3n>eifcr fahren ju (äffen. S. D. N. injecta in meum 
brachium manu — dixit — bullam decretalem dedisse, ut tantum r«gi 



96 günfted Sdn^, Sterte« (Sa^itef. 

auf beten ©runb bie 6l^e bei8 Äönig« gefd^lofjen toorben toar, toeil 
bie SSermäl^Iung mit be« SrubetiS SOBitttoe im alten '3:eftamente Der- 
Bdten fei, berüi^rt bie ©renjen ber ))äj)ftKd^en ©etoalt in Sejug auf 
bie Seigren ber S5ibel; fie traf baburd^ mit ben großen ©treitig^ 
feiten gufammen, toeld^e überl^au^t bie SBJelt erfüllten. Äönig $ein^ 
xiä) brad^te fie in bem erften ®e^pt&d) mit 6am))eggi jur ©Jjrad^e. 
6r l^atte aÄe Argumente, bie gegen ben 5ßa))ft f})ra(^en, inne, 
benn er felbft h>ar geleierter ^^l^eolog unb feine ©elel^rfamleit toar 
biei^mal mit feiner Seibenfd^aft im ®inflang.. 6am))eggi, ber bie 
entgegengefe^te 5lßeinung liegte — er toottte nid^t fagen l^ören, ba^ 
bie SBlad^t be« SPa})fte^ auf irgenb eine SBeife befd^ränlt fei — Der? 
gtoeifelte, ben Äönig ju berfelben J^erüberjugiel^en ^). SBottte er, o^ne 
ber J)aj)ftlideen SWad^tfüHe ettüa^S ju bergeben, gu einem aSerftonbni^ 
mit bem Äönig gelangen, fo l^ätte bie S)i^J)enfation au§ anberen, 
mel^r formeDejt ©rünben angegriffen tüerben muffen. 2(ber aud^ baBei 
fanben ftd^ unüberfteiglid^e ©d^toierigfeiten, ba bie Äönigin — toorauf 
äffe« anfam — forttoäi^renb bel^auJJtete , il^e (Sl^e mit bem Sruber 
^einrid^^ fei nie boUftänbig bottjogen Sorben, ©ie l^atte fo i)iel 
SBürbe unb Haltung, ba^ man i^r ba^ affgemein glaubte*). 

®g blieb nid^tö übrig, aU bie Äönigin felbft ju Vermögen, aug 
fRüdffid^t auf bag affgemeine Sefte unb il^r eigneiS 2Bo[;l inö Älofter 
gu gelten, um für bie neue ©emapn Slaum ju mad^en. 6am))eggi 
lie^ nid^tig un\)erfudet, um fie baju ju überreben. ©r f^jrad^ im SBa^ 
mm be^ J^eiligen SBaterö; bie Äönigin ßatl^arina toar fo fatl^oKfd^ 
iDie mbglid^, affein biefen Stnmutl^ungen gab fie auö natürlid^em 
©tolj unb felbft au^ religiöfem 33eh)U^tfein — benn ®ott l^abe fie nun 
einmal gur ©emal^Kn be^ Äönig^ gemad^t unb fie tüoffe e^ bleiben — 
fein ©el^ör. fÜ&enn ber 5ßa))ft feine 35iig})enfation nid^t für ungültig 
erfläre, fo fei fie entfd^loffen, afö Äönigin bon ßnglanb ju leben 
unb gu fterben. 

35ai8 lief aber an ftd^ ben einmal erl^obenen 2lnft)rüd^en ber 
firdjKd^en ®eh)alt entgegen; ber ^Jortgang ber Jjolitifd^en Sßerl^ältniffe 
tnad^te eg überbieg untJ^unlid^. Sefonberö feit imm Florentiner 

ostenderetur concremareturque. SBurnet, Kecords II, 17, p. 42. Sa« nun 
aber biefc S3uöc cnt^iielt, ifl natürlid^ nid&t aug^umad^en, ba fic ifiiemanb gc* 
feigen l^at, aU ber Äönig unb (£om:|)e0gt. 2)a.möd^tc i^ benn freitid^ ben 
:SJerpc6erungen ©utcctarbiniö aud^ nid^t glauben. 

1) Laurentius C'*® Campegius ad Sangam, Clementis PP. VII se- 
cretarium 17. Oct. ^ci Lämmer: Monumenta Vaticana. 25. 

2) «ettai? 17. 9^ob. 1528. 



^er^anblungen jiDtfc^en 9{om unb @n^(anb. 97 

ßretgniffen fd^Io^ ftd^ ber 5ßa})ft aber immer enger an ben Äaifer an; 
ber bie ©ad^e feiner XanU für feine eigne erllärte. 3m SJloi 1529 
fürd^tete ber englifc^e Slbgeorbnete, bie ßommiffion ber beiben Garbi=j 
näle toerbe hjiberrufen toerben*). 

äSoi^rfd^einlid^ tt)ar bied ber @runb, toei^l^alb ber ^önig, ol^ne 
länger ju jögern, bie SSerl^anblungen in aQer ^orm eröffnen lie^. 

ä(m 31. ÜRai 1529 fingen fie an, aber fd^on unter bem 29. 
tt>arb (Sam)>eggi t)on 9lom aud angeioiefen, fo langfam h)ie möglid^ 
borjufd^reiten unb auf feine SBeife ba« Urtel ergel^en ju laffen*). 
@r fam biefem S3efel^le ^ünftlid^ nad^. @$ toar }u nid^t^ al^ }u 
^Vorbereitungen unb Formalitäten gelommen, al^ (Sam^eggi am 28. ^uli 
bie Si|ungen bis auf ben erften Dctober Verlegte. @r nal^m bie 
Serien ber römifd^en 9tota aud^ für fid^ in 9(nf^rud^. 

äte nun ber ^aj)ft feinen ^rieben mit bem Äaifer gefd^Ioffen, 
Wieb il^m nod^ immer S^^f '^^^ 5ßroce^ auS ©nglanb an bie Xxu 
bunale ber ßurie abjuforbem. 

Am 9. Suli eröffnete ber $aj)ft ben englifd^en 2lbgeorbneten, 
e^ fei bie allgemeine SKeinung ber römifd^en SRed^ti^gelel^rten, ba^ 
biefe Skjjregel, bie Slbocation, nid^t mel^r bertoeigert iüerben fönne. 
3)ie ©efanbten öerabfäumten nid^ts, um i^n babon jurüdfgubringen. 
6r ertoiberte i^nen, er fei ringS toon ber 9Kad^t beiS ÄaiferS umgeben, 
ber il^n nid^t aHein nötl^igen fönne ju tl^un tpaS Sled^tenS fei, fon= 
bem in beffen §änben er fid^ bepnbe. „3d^ fel^e", fagt er, „bie 
golgen fo gut öorauS, foie i^r; aber id^ bin jtoif d^en Jammer unb 
ämbo^. 9Q3enn id^ bem Äönig gefällig bin, jiel^e id^ ben berberb^ 
liii^f^en Sturm über mid^ unb bie Äird^e l^erbei')". 

2lm 18. 3"Ii ^(^^^ '^^^ ?5riebe ?ioifd^en ilaifer unb JjSaJjft in 
Som aufgerufen'. Slm 19. melbete ber 5ßaj)ft bem Garbinal SBolfe^, 
ba^ er gu feinem großen Sd^merje fid^ genötl^igt fel^e, bie Sad^e bon 
Snglanb an bie ßurie abjuforbem. 

SBolfe^ l^atte ^einrit^ VIII immer öerfid^ert, feine gro^e, feine 
gel^eime Slngelegenl^eit il^m in Slom burd^fe^en gu fönnen: je^t fal^ 
\\ii ber Äönig felber nad^ 3Rom citirt, unb jloar, ioaS il^n nod^ be^ 



1) Gardiner 4. Mai: Which was confirmed by divers other letters 
from our agents. Herbert p^ 232. 

2) Sanga al Cl Campeggio 29. Maggio 1529: Sua Beatitudine ri- 
corda, che il procedere sia lento et in modo aicuno non si venghi al 
giudicio. Lettere di principi II. 

3) 53uxnet an9 ben ©e^efd^cn beö ©efanbten p. 7G. 

to. 9tAnie9 SGetle UI. 7 



98 giinftc« ©uc^. «iertc« (Sa^itcl. 

fonbeti^ berbro^, bei einer naml^aften ©elbftrafe'); er hJoKte ba^ 
feine Untertl^anen nid^t IDiffen faffen; er fanb feine SBürbe baburd^ 
(eleibigi 

Ueberbieö akr l^atte il^m Söolfe^' aud^ tjerfid^ert, ba^ fid^ §ranf-- 
reid^ niemali^ Ijon il^m trennen hjerbe. 9lod^ im 3Rai 1529 hJoUte 
er nid^t glauben, ba^ bietg gefd^el^e: (ebl^aft ergriff er jebe^ ©erüd^t 
einer n^nm Gntjtoetung unb grünbete ^piöne barauf. 2lber bie beiben 
$ßfe fwd^ten je^t nur nod^ il^n felbft öon jeber ©inmifd^unfl in i^re 
Unterl^anblung abjul^alten, au^ Seforgni^, er möd^te fte jerfjjrengen. 
Sie befd^Ieunigten jöie 3wf<ii«wenfunft öon ßambrai, aud^ bei^l^alB; 
bamit SßSorfe^ iafefbft nidf;t erfd^cinen fönnte. 

S)em Äönig §einrid^ VIII blieb nichts übrig, al§ bem ^rieben 
f eiber • beizutreten. Seine 3^l^eilnal^me am Äriege tt>at gule|t fo ge^ 
ringfügig getoefen, ba^ aud^ ber triebe, ben er fd^Io^, nur aK ein 
Stnl^ang gu bem franjöftfd^en erfd^ien: in ber englifd^en (Sefd^id^te 
n)irb er !au|it ertpäl^nt. 3)em Äönig genügte, ba^ ^anfreid^ bie 
©elbfummen, bie er bom Äaifer gu forbem l^atte, bon jenen jtoet 
SWiHionen ju jal^len öibernal^m^). 

3)a^ er nun aber aud^ Don jener feiner großen 2lngelegenl^eit, 
ber Sd^eibung, abftel^en foHte, h)ar nimmermel^r bon iJ^in ju erh>ar= 
tm. 35er SQBunfd^, Don 2lnna Sole^in einen ber Siad^folge fälligen 
ßrben ju erl^alten, h^arb je^t ju feiner borl^errfd^enben Seibenfd^aft. 
3Sielmel^r befam bie ^ad^e nod^ eine ganj anbre Sebeutung, aU fte 
bi^l^er gel^abt. 

3Sor aüan fonnte SBolfe^ fid^ nid;t mel^r l^alten. Sd^on bii^l^er 
l^atten feine anti-öftreid^ifd^en 9Ka^regeln fo in bem gei^eimen 9lat§e 
be^ Äönigö toie in ber 3lation SEBiberftanb gefunben. gebe geinb- 
feligfeit gegen bie 9?ieberlanbe iüar in ßnglanb unbeliebt: einft 
fonnten bie über ben grieben§brud^ mi^bergnügten Äaufleute be^ 
eigenen Sanbeö nur burd^ eine 2lrt bon 3h>cing bal^in gebrad^t 
iuerben, bie SBJärfte nad^ toie bor ju befud^en. 2)er Äönig felbft toar 
l^aujjtfäd^lid^ baburd^ überrebet loorben, ba^ il^m 333olfe^ einen vi^'- 
mittelbaren ^)ecuniären 3?ortl^eil m§ ber 3lllianj nad^ioieö. 2)er 

« 

1) Tlie K. Higlmess supposeth — tliat it sliould not be nedeful 
auy such letters citatorial, conteyiiing matier prejudicial to his persone 
and royal estate to be showed to his subjccts. Gardiner to Wolsey 
4. Aug. Statepapers I, p. 336. 

2) SJergl. Commissio ad tractandum de jocalibus recipiendis ki 
9i^mcr VI, ii, 121. Cum oratoribus — fagt i^xaw^ I — Angliae regis, 
pro Omnibus obligationibus absquo pignoro contractis convenimus. 



gatt Solfcv«. 9!) 

ßarbinal [teilte oft bem franjöftfd^en (Sefanbten öor, toie man^erfei 
fünfte, toie er fi^ auSbrücfte, h)elci^e „fd^recffid^c Slld^emie" baju ge^ 
^öre, feinen ©egnern SQBiberftanb gu leiften^). 3lber je^t toaren alle 
fdne Äräfte erfd^öjjft. Seine aui^tDörtiöe ^olitif, bie auf eine SSer^ 
rinigung jtoifd^en @nglanb, ^anfreid^ unb bem $aj)ft tered^net toar, 
toar boHfommen gefd^eitert. 6r berjtoeifelte, bie (Snttoürfe, bie er 
bi^l^er fo eifrig beförbert, in§ 9Q3erI ju rid^ten; e§*ift tool^l nid^t ju 
leugnen, ba^ er am (Snbe bem Äönige felbft geratl^en l^at, babon 
afijuftel^en. Slber bamit berlor er, toie ftd^ benfen lä^t, bie ®nabe 
unb ^ulb be^ Äönig^S; er erbitterte eine nid^t geringe ^Partei, toeld^e 
Snna fd^on für fid^ gewonnen, il^ren 3Sater, ber jum SWarquiö t>on 
3lod|efort ernannt toorben; alte unb neue ®egner erl^oben pd^ gegen 
il^n: ^m tarn ©uff oll au^ ^^anfreid^ jurüdf, ber fc^on bort ftd^ il^m 
tocnig günftig gejeigt unb nun in offenbaren 3h)ift ntit il^m geriet)^ *) ; 
/Äorfolf loar nie fein befonberer ^reunb getoefen. 

©0 gefd^al^ e^, ba^ SBoIfe^ fiel. 3m SRoöember 1529 toarb 
i^m ba§ Siegel genommen : im 3!)ecember \oaxi er fd^ulbig befunben, 
bie Privilegien be§ SReid^ö burd^ ungebül^rlid^e Segatengetoalt i)erle^t 
JU J^aben : toeber bie toieberbeginnenbe Unterftü^ung ber fjranjofen, noä), 
ime 5RorfoIf ftd^ au^brüdEt, ber ?Haif) feiner Sternfel^er f onnte il^n fd^ü^en. ' 

?lod^ Diel toid^tiger aber t»ar, bajj ber Äönig über biefe Sad^e 
mit bem ^ap\t in §aber gerietl^^. 6^ l^ört fid^ an toie ein ©d^erj, 
tüenn er fid^ öemel^men lä^t , er toerbe fid^ mit Slnna tjermäl^len, . 
toenn ber $a^)ft e§ erlaube, unb toenn eg ber 5ßaj)ft nid^t erlaube, 
toerbe er fxä) ebenfalls mit Slnna bermäl^len ') ; aber er leitete bamit 
ein ßreigni^ ein, toeld^eig ber ©efd^id^te i)on Snglanb eine mm SBSen» 
bung gegeben l^at. SBolfe^ foff ben 5ßat)ft nod^ aufgeforbert l^^aben,. 
ben Äönig t)on* ©nglanb ju ejcommuniciren, toeil bag 3SoIf fid§> afö? 
bann gegen benfelben em^jören toürbe*). 9D?od^te bieö nun gegrünbet 

1) «ctta^ 16. gcbruar 1528, bei 2t ®ranb Hist. du divorce III, p. 84. 

2) '^ad} einem @d;reiben Setta^^ öom 29. Tlai tvax ber Äönig tiom 
Sarbinal üben'cbet, „qu'il n'a tant avanc6 le mariage, quMl eust fait, s'il 
eust voulu". ^ci 2t ®vanb p. 313. ganci:...si trasse del primb suo 
proponimento dando perche a S. M. 

3) 2(u8 einem @d^rci6cn be« Äatferö an gerbinanb 10. Sanuar 1530» 

4) ^gt bie SCuö^ügc aus bem ©d^rcibcn t)on (£l^a:|)ut^ an (5arl in §or* 
ma^r« ^x<^i^ 1810, 131. 2)cr ^oncquim, bcffcn bort gebadet toirb, ift too\)l 
fein anbercr aU ber ©cnucfc Sol^ann Soa^im, ber aud^ fonfl oft uorfommt» 
— 35iefc @<3^reiben finb in SBrabforb Correspondence of the Emperor 
Charles V @. 252 f. in i^rer originalen Oeftalt mitget^eilt. ^Bgf, ^nglifd^ 
©eW^tc SBnd; JI, (5a^. III. 

7* 



100 günfte« «u(^. 35tcrte« (Sajjitct. 

fein ober nid^t, fo mu^te fd^on ba§ ©erüd^t babon ben Äönig be^ 
ftimmen, bic 9RögKd^feit einer fold^en ßinVoirfung auf immer ju be^ 
feitigen. 

Äommen totr auf ben fiaifer jurüdf, fo lag für il^n ol^ne 3^«' 
fei ein Sortl^eil barin, ba^ er ber ehglifd^en fjeinbfeligfeiten furo 
®rfte entlebigl toar unb aud^ nad^ biefer Seite freie $anb getoann; 
balb äußerte er jjebod^ iool^l bai^ 93eben!en, ob er fid^ nid^t ein anber 
SKal burd^ bie ©l^re feine« ^aufeig genötl^igt feigen toerbe, für bie 
©ad^e ber be^fto^enen ©emal^Iin be« Äönig«, feiner 2^ante, ba^ 
©d^ioert ju jiel^en.' 

Ueberl^aujjt jeigen feine SSriefe, ba^ er nod^ feine^toeg« auf 
fidlem ^rieben red^nete, al§ er gegen ben ©ommer 1529 emftlid^e 
ainftalt traf, fid^ nad^ St^Iien ju begeben. 

©d^on eine längere 3^it bal^er i^atte er fid^ mit biefem (Sebanfen 
getragen. 6« lam il^m gleid^fam jum Setou^tfein, ba^ bie Qfal^re 
ber Qugenb für il^n öorüber feien: er fül^Ite fid^ einen Tlartn unb 
ioünf^te in bie grojien 2tngelegenl^eiten, bie biöl^er unter feinem 
9iamen gefül^rt Sorben, ))erfönlid^ einzugreifen, ber SEBelt, toie einer 
feiner Sertrauten fagte, enblid^ fein innere« ©elbft ju geigen, ba^ 
]6i«l^er nur biefe gefannt*): ein fel^^r |)erfön[id^er, ritterli^er ßl^rgeij 
trieb, il^n an. (Sr l^offte in S^^li^ enttoeber fofort ben ^rieben ju 
©tanbe gu bringen, ober bem Äriege einen jum Si^I^ fül^renben 
SRad^brui gu geben, algbann bie faiferlicj^e Äri^e ju em))fangen, 
)^ierauf fid^ nad^ 3)eutfd^Ianb gu begeben, tool^in il^n, fagte er, bie 
S3eforgni^ rufe, ba^ e« fid^ fonft jum größten 2:i^eile bon ber römi- 
fd^en Äird^e trenne ober bon ben %ixvim überjogen unb erobert 
h>erbe^). Sluf bie SInjeige feine« Sruber« bon einem nal^e bebor- 
ftel^enben STnfaH ber dürfen lie^ er il^n toiffen, ba^ er il^n nid^t 
allein unterftö^en, fonbem, loenn e« irgenb möglid^ fei, fid^ f elbft 
jum Äami)fe einpnben toerbe. 

aSäre nid^t biefer SÖSunfd^ fo lebl^aft in il^m geloefen, fo toürbe 
er tool^l nid^t fo leidet auf bie Unterl^anblung eingegangen fein, in 
'beren golge er bie 3lnf))rüd^e ber caftilianifd^en Ärone auf bie SKo- 
luHen um bie ©umme bon 350,000 ®ulben an Portugal abtrat. 

1) $]fiili6crt öon Oranicn, Snflruction an ^alanca, Pap. d'etat de 
Granv. I, 434: apräs avoir veu le tant grand desir qiiy (Tempereur) 
moiitre de se trouver en quelque Heu, pour donner a cognoytre k tout 
le Kionde ce que piegä nous aiütres ses serviteurs avons cogneu, qu'est 
d'avoyr le coeur tel qu'il a. 

2) Sandoval II, p. 25. 



W>\iäfim bc« Äaifer«. 101 

J)ie Bpankx toaren nid;t fel^r jufricben bamit. S)er Äaifer aBer 
toottte and) biefer Streittgfeiten big fein, bie im Orient fd^on ju 
Wutigen Auftritten gefül^rt f)atim ^), unb t>or allem brandete er bag 
®elb. 6r toar fel^r gufrieben, ba^ bie $ortugiefen pd^ berftanben, 
e§ il^m in furjen 2^erminen ju jal^Ien. 

3)a toarb benn auf feinen a0Biberf|)rud^ toeiter gead^tet. 2)er 
Äaifer l^at tool^I gefagt, er lönne nid^t mit jid^ jufrieben fein, toenn 
er biefe Steife nid^t untemel^me^). 

3lm 27. 3ua 1529 pieg ber Äaifer in Sarcelona ju Sd^iff, 
am 12. Stuguft langte er in (Senua an. 

Üeberauig mäd^tig, jebod^ nid^t, toie bie alten Äaifer, attein 
burd^ beutfd^e Kräfte, fonbem burd^ eine tounberbare Sombination 
be^Süben^ unb beig Storbeng, erfd^ien er an ben itafienifd^en ®ren« 
jen beig alten SReid^eö. Sn feinem ©efolge finben toir alle bie be- 
rühmten 9iamen ber caftilianifd^en ©efd^id^te: 9Renboga, ©ujman, 
SPad^eco, SKanrique, ^nni^a, .2^oIebo, &n^)Da, StojaiS, 5ßonce beSeonr 
jebeg gro^e §au^ l^atte gleid^fam feinen 9le})räfentanten gefd^idft; ber 
glänjenbfte Don allen h)ar SKtoarej Dfforio, SWarquei? t)on Slftorga; 
'9lat)arefen, Qatalamn, 3lragonefen fd^Ioffen fid^ an. 9(ud^ neue 
Ärieg§t)ölf er , bie bon 9K(#aga famen, brad^te er jur 3Serftärfung 
herjenigen mit, toeld^e il^m fd^on in 50lailanb unb SReaj^el ftanben. 
Sie SReid^^getoalt, bie frc^ in bem Äaifer barftellte, befam burd^ ben 
Seifa^ frember Elemente einen neuen, romanifd^en, fel^r fatl^ofifd^en 
Gl^aralter. <Baf) man biefen $of nur an, fo fonnten feine 3[nten= 
tionen nid^t jtoeifell^aft feih. 

Setrad^ten toir junäd^ft, toie bem gegenüber bie S)inge inbefjen 
in 3)eutfd^Ianb felbft jugegangen toaren. 

1) Herrera Historia de las Indias, Dec. IV, lib. V, p. 117. 

2) L'empereur au Sieur de Montfort. Pap. d'6t. I, p. 443. 3(1$ 
f«^ «o^toierigfeiten gegeigt, ^abe er gefagt: „que je n'estois en fassen du 
monde delibere de lesser de fayre ce voyage, et que je iie me pouvoya 
satisfayre de moy-mesme, si je ne le faisoys". 



3lä«ffe$ gapitet. 

9ietd|^tag p @)ietet im 3l(ii|te 1529. 

583ir l^aben 'gefel^ett, bon tote großem ßinpu^ bie attgcmeincn 
polxii^^en SJerl^ältnifJc für SfuPEommen unb IJcftfelung ber religtöfcn 
Sieformen übeti^aupt toaren. Dl^ne bie ©ntjtoeiung ber beibcn l^ödjftcn 
©lelüalten toären bie entfd^eibenben Sefd^lüfje bei Sleid^i^tagg i)on 
1526 n)ol^( niemals ju @tanbe gefommen. 

Seitbem l^atte e« jebod^ ju feiner 4ia(i^l^alti8en unb toirffamen 
SReid^öJ^anblung toeiter gebraut Serben fönnen. 

®ie ©efanbtfd^aft an ben Äaifer, bie man bamaliS befd^Ioffen, 
toor unter nid^tigen SSortoänben jurütfgeJ^alten toorben. SBenigften^ 
fäd^fifd^er ©eit« bel^au))tete man jutoerftd^tlid^, ba^ bieg lebigtid^ in 
IJoIge gel^eimer Setreibungen ber geifHid^en ©tänbe gefd^el^en fei. 
Sei ben bamalg nod^ toad^fenben S^^tungen 'jtoifd^en Äaifer unb $A})ft 
fd^ienen fie ju fürd^ten, bie laiferlid^e ßntfd^eibung mi)d^te ju il^rem 
9ladjtl^eil auffallen. 

6ine fJürften^^S^fammenlunft ju Solingen im S)ecember 1526 
Bejog fid^ nur auf bie 3Sertl^eibigung gegen bie Domänen; bie Se- 
fd^Iüffe, toeld^e fie fa^te, toaren toeber an fid^ bebeutenb, nod^ toarb 
il^nen bie minbefte golge gegeben. 

3m SKai -1527 fottte ein Sleid^^tag ju Slegeniburg gel^altcn 
toerben, aber er tourbe fo fd^Ied^t Befud^t, ba^ bie Serfammelten ftd^ 
nid^t einmal für befugt l^ielten, ©egenftänbe, toeld^e auSbrüdffid^ an 
fie öertoiefen toorben Iraren, botjunel^men, j. S. bie Qad^e jener 
©efanbtfd^aft, fonbem ben Sefd^Iu^ faxten, „^xäj ubexf)aupt feiner 
^anblung ju unterhielten ^)". 

1) S^äf 6emerte, bag ber ^udgug an9 btefem ^Sfd^ieb bei ^aBerlin XI, 
46 bem Sn^alt beffelben (9Jcid^«abfd^tebe II, 185) nid^t eben fe^r aboquat tfl. 



aecid^S&aiibrung^ii 1527, 1528. 103 

auf hm SKdrj 1528 ioax ein neuer Sleid^ötag na6) Slegenfiiburg 
au^gefd^rieBen; aber nod^ immer haaren bie ä(nl^önger be^ $a))ftei^ 
nid^t ol^ne Seforgnife bor ben Sefd^Iüjfen ber berfommelten Stäube; 
nod^ ^anitti bie affgemeinen SBerJ^ältniffe ju unfid^er, afö ba^ jene 
ani} nur felBft fefte Seftd^tö^unlte l^ätten faffen !önnen. S^^^ft ber- 
fd^o6 Äönig gerbingnb bie ©röffnung ber SSerfammlung öom SKärj 
in ben 3Rai ^) ; bann erf d^ien ein ©biet beig fiaifer^, toeld^e^ fte, ol^ne 
biel ®rünbe anzugeben, nur, toie bie SBorte lauten, „au^ merllid^^en 
D6Iigen unb ©l^aften" gerabeju berbot^). SSom !|)ät)ftlid^en J&ofe 
aii^ i^ören Irir, ba^ man ba eine „nid^t gute SSefd^Iu^nal^me" ge= 
fürd^tet i^abe'). 

Slunmel^r aber toar eine ßntfd^eibung in ben großen ätngelegen- 
l^ritcn erfolgt; aud^ in ©eutfd^Ianb mufete fid^ 2lffe^ änbem. 

S)er fiaifer felbft lie^ fid^ nod^ toon ferne l^er, bod^ fel^r un= 
jtoeibeutig bemel^men. . 38ir berül^rten fd^on bie 2^l^ätigfeit feinet 
äJicecanjIerS äBalblird^en. 3)en ä(ugi$burgern erllärte berfelbe unum^ 
tüunben, ber ^aifer fei il^nen ungnäbig, loeil fte ^enberungen in ber 
Seligion Vorgenommen. 3n Strasburg l^at er bie Slblid^en, bie im 
SRatl^e fa^en, mit SJerluft il^er Selben bebrol^t, toenn fie fid^ ber 9(b« 
fd^affung ber SKeffe nid^t toiberfe^en toürben*). SBeld^en ßinbrurf 
er mad^te unb loeld^e Hoffnungen man auf bie erneuerte 3?erbinbung 
mit bem laiferlid^en §ofe grünbete, ergiebt fid^ unter anberm barau^, 
ba^ ia^ QapiUl bon ßonftanj, ia^ bor lurjem loegen ber Ueber- 
mad^t ber neuen SReinungen bon bort l^atte toeid^en unb fid^ in 
Ueberlingen anfiebeln muffen, ii^n, ben SSicecanjIer, jum ßoabjutor 
be^ ©tifte« ertool^lte. 

3Son unerme^Iid^em SBertl^e ioar e^g für bie SSifdJöfe, ba^ ber 
Äaifer mit bem ^ap\U ^rieben fd^Io^, bie beiben l^öd^ften ©etoalten 
fid^ nid^t affem berföl^nten> fonbern bereinigten. S^t lonnten bie 
®etftlid^en erfMoieber auf feften Slürfi^alt gäl^Ien. 

Unb in biefem Slugenblidf fül^Iten fid^ 3lffe burd^ ben tJortgang 
ber fd^toeijerifd^en Sieformen auf^ neue bebrol^t. STuö berfd^iebenen 
Griaflen fielet man, toeld^e SSeforgniffe bie äfbioeid^ungen gtoingli*^ 

1) 9Uubc(!er ^ctcnjlütfc I, 26. 

2) Slbfünbigung in ben granffurVv 5(cten bom 10. %pxiif bie jcbod^ 
in 3)cutfcttanb noti^ immer jur redeten 3eit eintraf. 

3) Sanga a Castiglione, Lettere di diversi autori p. 56: Prudeu- 
temente pensö, poter facilmente essere che ne succedesse qualche non 
buona determinatione. 

4) m^xid} @e|c^tdfite ber ^Reform, im Slfaß I, 360. 



104. fünfte« «ud^. günfte« (Sa^itcl. 

t)on ber 3l6ettbmal^I^lel^rc überall erregten: man fürd^tete eine ®nt= 
frembung ber babon ergriffenen oberlänbifd^en ©täbte bom Sleid^^). 

33erlennen h)ir nid^t, ba^ aud^ bie ® etoaltf amf etten , ju benen 
ftd^ ber Sanbgraf burd^ bie angaben ^ad^ f)aiie öerbiten laffen, 
eine für ben Fortgang ber eöangetifd^en ©atl^e fd^äblid^e Sltitfmirfung 
l^atten. ^er fd^toäbifd^e 95unb toar baburd^ in feinem anti-ebangcli* 
fd^en Softem nod^ mel^r beftärlt toorben. @r fd^fo^ fo eben ben ä6= 
georbneten bon SJlemmingen an^ bem Sunbei^rati^ au^, tDeil SRem- 
minien bie 9Reffe abgefd^afft l^atte unb fid^ ju ben SWeinungen 
3toingIi'iS befannte. 

-3n jenem Sd^reiben bom Dctober 1528 l^atte ber ?ßat)ft ben 
Äaifer in aUer gorm aufgeforbert, fid^ ber ©ad^en ber Sfteligipn auf 
einem bemnäd^ft ju l^altenben Sleid^^tage fräftiger anjunel^men, ote 
biiSl^er : für« @rfte laffe ftd^ toenigften«- baf ür forgen, ba^ ba« Uebel 
nid^t toeiter um fid^ greife. @ö toar tool^I fd^on eine SBirfung ba* 
öon, ba^ nod^ am Ui^tm %aQe be« Slobember ba§ äuöfd^reiben ju 
einem" neuen Sleid^ötage, auf ben 21. Februar 1529 nad^ @pm, 
erging. SDie ©tänbe tourben bebeutet, ba^ man feine 3lädffid^t auf 
bife Sluöbleibenben nel^men, mit ben Slnlüefenben nid^t« befto minber 
ju Seratl^ung' unb Sefti^Iu^ fd^reiten tperbe^). 2ltö ©egenftänbe 
ber SJerl^anblungen mad^te man bie Slüftung gegen bie S^ürfen, bie 
©etoaltfamfeiten, bie toiber ben Sanbfrieben vorgenommen toorbett, 
unb bor aUtm bie 3leIigion«neuerungen naml^aft. 

Unb bie« 3Kal toar bie 3Cn!ünbigung fel^r emftlid^ gemeint: 
bie faiferlid^en ßommiffarien erfd^ienen jur beftimmten ß^^^J i>i^ 0^'f^' 
lid^en dürften trafen in größerer Slnjal^I ein, al§ fonft: bie, ioeld^e 
nid^t ^)erfönlid^ famen^ l^atten an il^rer ©tette bie eifrigften bon il^ren 
»eamten gefd^idft^), g. 8. ber Sifd^of bon goftni^ benfelben gaber, 

1) @« ttjeißt ber gmein SWan nitt gtiti^, ob er ft? <Bd)tc\}^ ober gl^öv 
gum 9Jv<^. (?ieb gegen (Sonflang, Bei SSierörbt p. 34.) 
• 2) 2)er 3)rud be6 Slu«fd^rct6cnö fcfet ben 1. , bie DUd^fd^rift ben 21. 
fcfl. „Unb »0 ^^r in jcl^en 2^agcn, ben ned^jlen nad^ bem benannten angc^ 
festen XaQf nid^t erfd^einet, fo mxb nid^t« bcfiminber burd^ gebadet unfer 
^otfd^afft unb (Somtffari mit ben antoefcnbcn ©tenbcn ge^anbtet unb befd^lof* 
fen, in attermaffen aU ob il^r unb anbre fo au8 geringen Urfad^en au8^)Iei6cn 
möd^ten, 'entgegen. ( gugegcn ) gctoefl töären. SBeld^« affc« tt)ir fefl jlet unb 
crefftig, inmaffen a(« ob äffe ©tenb bie an* unb abhjcfcnben barin beftittigt 
ptten, ad^ten unb t)offgte(en ivoffen'^ 

3) fr^eforg'', fd^reibt Sacob ©türm on «ßeter «üfe, SWittc Wläxi, „m 
\ä) bie ^erfoncn, fo l^ic fmb, anfeile, c8 »erb nitt ijil gu erfangen finn. 3n 
<Summa, Christus est denuo in manibus Caiphae et Pilati'^ ^ei Snngr 
®efd^, beö 9teid^«tag« gu ^ptm^ S3ciL nr. 4. 



«ci(i^«ta0 gu @|)cicr 1529. 105 

beffen toirifamc ^jolitifd^sreltgiöfc Sü^ättgleit in bcn fc^eijerifd^ett 
Smtngen te>tr oben foa^xnafjmm. Untetft)egiS l^atte er bei @ra$mud 
eingeff)ro(i^en unb ftd^ auf eine SBeife auiSgebrüdt, ba^ biefer nx^t^ 
ate ßrieg unb ©etoalttl^aten erwartete ^). Äud^ unter ben hjeltlid^en 
§atte baö fatl^oUfd^e $rinci^) muc SJnl^änger gewonnen, ^erjog 
^einrid^ Don 3RetIenburg, ber bi^l^er für ebangelifd^ gegolten, ftimmte 
pir je^t mit feinem Sol^ne 9Ragnu^, Sifd^of bon ©d^Jverin, ber fid^ 
ben Seränberungen l^eftig ioiberfe^te, 3)er ßi^urfürft bon ber 5ßfalg, 
e^cbem fo gut toie einberftanben, berbot je^t feinen SmUn, bie 5ßres 
bigt ju befud^en. ÜWan glaubte, er toerbe bon feinem Sruber, ^Pfalj* 
graf 3fnebri(i^, ber fid^ aufg neue Hoffnung auf eine öftreid^ifd^e 
^rinjefjtn mad^te, baju beftimmt. „^falg", l^ei^t eg in einem Sd^reis 
ben au^ S^jeier, „lennt fein ©ad^fen mel^r". 

Unter biefen Umftänben, bon einer il^ren ®ünfd^en entfj)red^enj 
ben Stimmung umgeben, fonnten nun bie laiferlid^en ßommiffarien 
in i^rer 5pro})ofition — 15. 9Rärg — mit einem Antrag \>on mU 
fc^eibenbem ^fjalt l^erbortreten. 

3nbem pe ein ßoncilium mit größerer Seftimmtl^eit afe frül^er, 
ba nun aud^ ber 5pa})ft bamit einberftanben fei, anfünbigten unb 
babei bie alte fj^age berül^rten, toie e^ bi§ ju bemfelben gel^alten 
toerben fotte, fd^Iugen pe bor, jenen Slrtifel beiS Slbfd^ieb^ bon 1526, 
fraft bejfen alle biöl^erigen Sieuerungen unternommen loorben, ioeil 
^ /f}w gto^em Unratl^ unb SKi^berftanb " SCnla^ gegeben, förmlid^ 
JU toiberrufen *) unb il^n gegen eine anbere, gerabeju entgegengefe^te, 
bie geiftlid^e Dbrigfeit begünftigenbe 9Inorbnung gu bertaufd^en. 

6« toar ia^ lool^l ein ©ebanfe, ben bie meiften SHtgläubigen 
liegten. aOSenigftenig finben ioir in ber Snftruction, bie $erjog ®e-' 
org bon ©ad^fen feinem ©efanbten an ben SReid^i^tag mitgab, ba^ 
aud^ er in Jenem 2lrtilel bie Urfad^e aller Errungen fal^^). 6r for= 
bert, ba^ benfelben 3Kafe gefegt loerbe, namentlid^ ba^ ftd^ ©tattl^alter 
unb Regiment Äaif. 9Raj|. il^rer GJetoalt nid^t fo ganj begeben. 

1) Erasmi Epistolae II, 1220. 

2) „3)amit aber" etc. IJctßt e« in ber 'iProVofition , „fo l^ebt 

3. Äaif. iKajl. angejaigten %xtidtl, toit ber in gebatiktem Slbfti^ieb begrieffen 
i|i, (iemit auf, caffirt unb bernid^tet benfelben je^o atdbann, bnb bann a\9 
it^Of aUi9 au« tcJ?ferIi(^er iWat^t ©ottfcmnren^eit". WlMtx ^ifloric öon ber 
cöangeüfd^en ©täubte ^roteflatton unb 3(^^)ettation p. 22. 

3) „2)cn bichjeit e« ein Seber fol mad^en »me er »il unb gegen ®oit 
unb faif. SWaj. Vornimmt gu tjeranttt>crten, fo fann fein (ginigfeit fei^n''. 3nftr. 
im 3)re«bncr %xdf\ti. 



106 günfted Stt^ günfte« (lapittl 

3unä^ft toaxi nun ein 9(uSfd^u^ jnr SSeguta^tung bet $ro' 
))ofitton niebergefe^t. 

S)arin l^atten bie SHtgläubigen, tote c$ nici^t anberS ju Der- 
mutigen foax, auf ber Stelle bie Dberl^anb. SBon ben d^urfürfüid^en 
stimmen toax nur bie^ fäd^fifd^e ebangelifd^; unter ben -neun fürft- 
lid^en toaren fünf geiftlid^e, brei toeltlid^e entfd^ieben fotl^olifd^: tote 
%ai^, fo fa^ anä) Seonl^arb Don @(f barin, ber bie Sfleaction in 
S5aiern geleitet. ®a fonnte e^g benn toenig 3^^f^t geben, ©d^on 
am 24. ^är) erflärte ftd^ ber Slu^fd^u^ mit bem äSorfd^Iag eint>er' 
ftanben, unb fügte nur einige naivere S3eftimmungen l^inju. „^tt 
hx^ je^t bad äBormfer @bict gel^alten, foKe bieiS aud^ femer tl^un. 
3n ben Sanbfd^aften, too man babon abgetoid^en, foQe man bod^ 
leine Weitere Steuerung mad^en unb 9tiemanben bertoel^ren, ÜRef^e ju 
l^.alten. Äein geiftlid^er ©tanb folle feiner Dbrigfeit, Slente, @ült 
entfe^t toerben bürfen, bei SCdJt unb Slbetad^t. 2)ie ©ecten enblid^, 
h)eld^e bem (Sacramente bei^ toal^ren Seibe^ unb ä3Iute§ h)iberft)red^en, 
foIIe man ganj unb gar nid^t bulben, fo -ioenig loie bie 3Bieber= 
täufer". ÜJlit biefen ©rläuterungen toarb ba§ ©utad^ten an bie 
©tänbe gebrad^t. 

^UeS, toa^ einft ju @unflen ber et^angelifd^en Seigre gefci^el^en 
loar, l^atte auf ber Hinneigung ber SKei^rl^eit in ben ©täuben ju 
berfelben berul^t. 3Bie ganj aber loar je^t biefe SWel^rl^eit umge^ 
ioanbelt! SBaiS bie frül^ere befd^Ioffen, fud^te bie je^ige aufjul^eben. 
3n ben ©i^ungen l)om 6. unb 7. 31j)ril nal^m fie bai^ ©utad^ten 
an, loie e^ il^r au^ bem Sluifd^u^ gufam. 

Unb nun bürfte man fid^ nid^t Don bem SQäortlaut täufd^en 
laffen, nad^ ioeld^em e§ lool^I fd^einen fonnte, atö foffe nur ber %oxi' 
fd^ritt ber Setoegung gel^emmt Irerben. 2ltterbing^ toar bie^ bie 
näd^fte 3lbftd^t; näl^e» betrad^tet aber jeigen bod^ bie SSeftimmungen, 
bie man feftfe|te, ba^ fid^ bie SBeränberungen, bie auf ben ®runb 
ber frül^em Sleid^öabfd^ifbe in ben einzelnen Sanbfd^aften bereit! ge- 
troffen Iraren, babei nid^t bel^auj)ten liefen. 

©in §auj)tmotit) beö vorigen 2lbfd^iebe§ l^atte in ber SRotJ^hJen^ 
bigleit gelegen, bie inneren Sprüngen in ben ßanbfd^aften beijulegen; 
begl^alb toar eö dürften unb Unterti^anen überladen loorben, fid^ 
mit einanber in religiöf er §infid^t ju bereinigen ; je^t f ottten alle bie, 
toeld^e bie lateinifd^e SWeffe abgefd^afft f)atim, fie bod^ ioieber ju-" 
laffen. Sffia« lie^ pd^ babon anbereö erioarten, aU eine völlige Stuf? 
löfung be§ eben ©egrünbeten? 

gemer berul^te ba§ S33efen ber getroffenen 3Seränberung in einer 



aecit^etag \)cn 1529. «Jcfc^Iüffe bcr SWaiorität 107 

ftillfd^toeigenben pluöfd^Ke^ung bcr tifd^öflid^en 3uriöbiction; bie 
DBrigfeit ber Sifd^öfe/ b. i. anä) bie geiftlid^e, toatb je^t anf§ neue 
Beftätigt. 9Ran loniitc ^xä) nxä)t bcrtcrgen, ba^ bamit unter anberm 
ba§ Siedet, 5ßrebiger gu fe^en unb abjufe^en, an fie jurüdffam*). 
38ie l^atte man babei einen Slugenblicf länger Befielen lönnen? 

9?od^ toaren bie SSeränberungen in öielen ©täbten in beftem 
Sänge, einige l^atten ntit bem legten Sd^ritte gezögert, toeil fie 
^on bem Sleid^gtage noä) irgenb ein neueö au^brücflid^eig 3"fl^ftänb- 
ni^, j. S. bie ©rlaubni^ beiber (Seftalt, erwartet l^atten. ©ie Iraren 
je|t t)erurtl^eilt, bei bem ^ergebrad^ten unbebingt unb auf immer 
feftjui^alten. 

'iSnblid^ tourben bie Slnl^änger S^i^^flK'ö bon bem f^rieben be§ 
Seid^eg gerabeju auögefd^Ioffen. 

©enug, \omn bie 2lbgetoid^enen in bem 3leid^^abfd^iebe aud^ 
nid^t auöbrüdflid^ angetüiefen tourben, in ben ©d^o^ ber berlaffenen 
fiird^e jurüdfgulel^ren, fo ift bod^ unleugbar, ba^, toenn fte il^n am 
nal^men, bie nod^ in ben 2lnfängen fl^rer Silbung begriffene eban- 
gelifd^e SSBelt baburd^ in lurjem toieber ju GJrunbe gelten mu^te. 

Sd^ien eö ba nid^t Irirflid^, aU ob bie Sieformen, beren S3e= 
feftigung öon ber Sage ber eurojjäifd^en Sfngelegenl^eiten auiSgegangen 
hjar, burd^ bie SBenbung, U)eld^e biefe genommen, nun au^ toieber 
mit bem SBerberben betroffen toerben fottten? 5Die gro^e'®emeinfd^aft 
beg 9leid^e§, bie bi^l^er gefd^toanlt, gefeilte fid^ ben bereinigten l^öd^ften 
Setoalten je^t toieber bei. 

Ober burften bie ßbangelifd^en e^ tragen, il^r SBiberftanb gu 
leiftm, toorauf eS bei il^nen bor allem antam — , l^atten fte einen 
rc(!^tlid^en ®runb baju? 

2)ie ^rage erl^ob fid^, ob ein Sefd^Iufe ber 3Hel^r]^eit ber Sieid^^s 
ftänbe aud) im gegenwärtigen gatte für fie berbinblic^ fei. 

S)ie ^rage l^at einen ganj allgemeinen ;3n^ölt. 2Benn auf 
gefe^Iid^em 35Bege eine ©rünbunff bottjogen, ein lebenbigeg SDafein 
9ej)flattjt toorben ift, barf aligbann bie l^öd^fte ®eit)alt, in einem 
ober bem anbem 5IHomente anberö conftituirt, bie Sefugni^ in 3ln- 

1) gürflcnberg SMittiDod; nati^ Cuafimobogcniti, 7. %pxii: „@8 iDcrbcn 
in bem atterlei ^örtUn ingefd^Uc^en, bie ben ®täbten, a(d ben man uffe^tg 
unb gcfer ifl, nit trcgUd^ no(3^ leibtiti^ fel?u; mit S^amen baß man niemanb 
ön feiner Obcrfe^t unb §erfommen i>ergh>elttgen foff, bamit tt)irb ben @eifl* 
lid^en, fo foldjicr ^xtiUl angenommen unb toertoißigt h)irb, erfolgen, bie ^ra* 
bicanten gu fefeen unb gu cntfe^en, äffe SKigBrand^ n?ieber ju er^eBcn unb 
onberc mieber onjurid^ten". granff. bieten. 



108 gilnftee mdf. günfte« Zap'xUU 

^pxnä) neunten, ia^ GJegrünbete toiebct umjufiür jen itnb gu betnid^ten? 
^at mä)t btelmc^r bag ium S)afeitt ©elangte nun aui) ba§ Sed^t, 
)U feilt; fid^ )u bertl^eibigen ? 

ajie Sleid^ögetoalt l^atte ftd^ in einem frül^em 3eit}>wnft unfähig 
gefunben, bie allgemeine @nt)toeiung (eigulegen; mit il^rem ^nia 
SBitten toar il^re Sefugni^ an bie einjelnen Slerritorialgetoalten üBer- 
gegangen : — toar fie nun tool^I bered^tigt, baö, toa« in golge biefer 
il^rer S)elegation gefd^el^en, nad^bem fie gu größerer Energie gelangt, 
toieber gu jerftören? Sliemanb Wnnte bk^ jugeben: fonft toürbe, bei 
bem natürlid^en ©d^tvanlen jeber burd^ SKajoritat befd^Iie^enben ®c- 
toalt, nad^ ben ®inh)irfungen be^ SDlomenteg felbft ia^ Sangl^crge' 
brad^te in grage geftettt toerben fönnen. Slid^tiS toürbe feine« 2)a= 
fein« einen Slugenblidt jtd^er fein. ®enn hjobur^ unterfd^iebe fxi) bem 
^rinci})e nad^ bag neu gu ©tanbe ® ef ommene , in ben Ärei« bet ®efe^- 
lid^feit SKuf genommene bon bem Sfltl^etgebtad^ten, länger Seftei^enben? 

§ier toar nun nod^ Befonber« bebenflid^, ba^ Don einer ber 
toid^tigften jener Slnorbnungen — ber ßrlaubni^ ber SKeffe — toeber 
in ^Pro^ojttion -nod^ ßommiffion, nod^ 2lu«fd^reiBen eltoa« Derlautet 
toar*). Sanbgraf ^Jl^ili}))) toottte ber ÜRel^rl^eit ber ©tänbe nid^t 
gugeftel^en, über bie ©eBiete ber 3Kinberl^eit fo tief in il^r Q^nerc^ 
eingreifenbe Sefd^Iüffe faffen ju bürfen, ol^ne beren Seiftimmung. 

aSie $e^fen, fo erflärten ftd^ ßl^ur-Sad^fen, Stineburg, änl^alt, 
ber SKarfgraf ®eorg öon SranbenBurg. 

, 93on einer anbem ©eite faxten bie Stäbte bie ©ad^c auf. ^I^re 
2lbgeorbneten in bem Stuöfd^u^ bemerften, loie fjaber befonber« ba« 
burd^ auf bie ^^rften getoirft, ba^ er bie gefäl^rlid^en g^^Ö^ i^"^^ 
früi^eren Sugeftänbnifje« l^ertoorl^ob unb übertrieb*). 2)iefem Argu- 
mente fe^en fie nun bie 33emerlnng entgegen, ba^ e« eim bem 8(6« 
fd^iebe, ber je^t gurütfgenommen toerben foffte, gu tjerbanfen fei, 
\t>enn feitbem in S)eutfd^Ianb Sful^e geblieben. SBotte man in biefen 
gefd^loinben Q^tm fo ernftlid^e ©a^ung bemfelben entgegen bomel^s 
men, barau« muffe 3^^trennung unb unbefd^reiblid^e Sefd^ioerbe ex- 
folgen ^). 5Rod^ loaren bie ©täbte alle einmütl^ig, bie, toeld^e fat^o= 

1) ^u^aug au« ber ^efd^n^erungdfd^rift Bei WlMtx p. 33. 

2) aWattl^iae Pfarrer Bei Sung nr. VII. ,,3)cr 3>octor gaBcr Bilbt mit 
^olä}tx Untoor^cit unb Sügen in bie gürflen, — toa9 ug ber 2c^r gefolgt J>aB 
unb nod^ fotgen merb, ba9 bo friltc^ in feined ntenfd^en gebanfen tc^ geftvige 
t^un fire, unb ijerBittert bie gürften mit fold^cn 5Reben''. 

3) 2)er erBern grei unb 9fetcl^«ftätc ©efonbten «ebenfen (8, %px\\) Bei 
3ung Dr. 26. 



Seetc^dtag ^on 1529. Siberf^rud^ ber (St)andertfd^en. 109 

(ifd^ fleBlieften, mit bencn, bie ebangelifd^ getoorben. 2)ie erh)äl^nte 
entgegnung ift il^r gcmeinfci^aftlid^e« aSetl. aSergeben« Ig^ielt 5|BfoIj' 
^raf ^ebrid^ ben (SDangelifd^en bor, ba^ fie ja bem faiferfid^en 
ebict ungel^orfatn, il^rc SReuerungen mel^r gu Unfrieben aU ju ®otteö 
%e bienKd^ feien; fie entgegneten: toa^ fie get^an, fei nid^t bem 
Saifer jutoiber gefd^ei^en, fonbcm nur, um ben fjrieben unter ben 
3i^ren )u erl^alten unb um bed ®eh)iffen$ iviUen: @m^orung tänne 
9Kcmanb toeniger leiben, afö eben fie. Äönig gerbinanb felbft bat 
fte ^toei ober brei 3Ral, bad borgetragene ©utad^ten gu billigen, ber 
fiaifer ioerbe ii^nen ba^ }U aUen ©naben geben!en; fie antiporteten 
i^m, fie würben bem Äaifer in olle bem gel^orfam fein, foa^ gur 
ßrl^altung beg griebenö unb jur Sl^re ®otteö biene*). 

©0 übertoiegenb and) bie 3Rel^rl^eit fein mod^te, fo fd^ien e^ H)X 
bod^ nid^t gut, ftd^ um einen fo ftarfen SBiberftJrud^ ganj unb gar 
nid^t ju fümntem. Sefonberi^ l^atten fid^ bie ©täbte bei bem Slrtifel 
Don ber geiftlid^en ©etoalt toiber ia^ SBort Dbrigfeit gefegt, ba« 
imäbfd^ieb toon 1526 forgfältig öermieben loorben. Slud^ ber 9Rel^r= 
^eit fd^ien e« am @nbe beffer, biefeg SBort toegjulaffen, unb toie 
früher nid^t^ aB bie ®ntjie^ung ber SRenten, 3infen unb ®üter gu 
tJctiieten. 3)od^ fügte fie ^inju, ba^ SRiemanb eine« anbern ©tanbe« 
Sertoanbte unb Untertl^anen ioiber benfelben in ©d^u^ nel^men fotte*). 
Mein aud^ biefe fjaffung fd^ien ber eöangelifd^en 50linberl^eit unju= 
Idfpg. Sie fürd^tete, loenn man bie SiJorte genau nel^me, toerbe ein 
8i|(^of bie 5Prebiger ate feine Untergebenen unb SSertoanbten be- 
trad^ten bürfen; man Ioerbe fie bem Sleid^övibfd^ieb gufolge il^m au^'- 
liefern muffen, eine $flid^t, bie man lange bor biefen Steuerungen 
bertoeigert l^abe : f d^on bor 40 S^l^ren l^abe ba« fjranff urt bem Srg^ 
^ifci^of Sertl^olb abgefd^Iagen. Ueberbiejg ioar bieig nur ein einziger 
?unft, unb fie Tfotien fid^ über fo biele anbre ju befd^toeren. 

3)a ober bie aRojorität unerfd^ütterlid^ blieb, foHte nun lool^l 
^ie ebangelifd^e ißortei einen SJefd^lufe ju gefe^lid^er Äroft gelangen 
Iaf[ett, ber fie mit bem SSerberben bebrol^te? 

©d^on om 12. SH^ril erflärte ber föd^fifd^e ©efonbte SWinltoil 
in boller SReid^^berfommlung, bo^ fie ia§ nid^t tl^un iöürbe. Sr 

1) Prflenberg SDlpntag nad^ Ouafimobcgenitt (7. 'äpxii): „^e^ferltd^ 
^ÄJ. Begcrcn l^alber toiren fie urbittig, toeg flc gu ber ere ®otte« an^ frteben 
unb ru^e bienitci^ gel^elfen mod^ten, foKt man fte aQuntertl^Sntg gel^orfam 

i^üren". 

2) ©0 ifl c« in ben ITbfd^icb gcTommen §. 10: Untert^onen unb ^er* 

toanbtc. 



1 10 gfinfte« ^uc^. fünfte« (Sa)>tf et. 

führte f)aupt^ad)l\^ bte reltgidfen (Srünbe auf. ^ Ba^m be$ @C' 
toiffenö bütfe man ü6crl^au})t ber SRajorität nid^t ©tatt geben; — 
toie fomme aber t>üDenb^ ber 9tei(^dtag baju^ eine Seigre, bte bon 
einem X^eile ber @tänbe für d^riftlid^ gel^alten tverbe, nod^ bor oKem 
Sonciltum, auf ba^ fo oft ))rot>ocirt ioorben, für und^riftlid^ ju er^ 
Haren? — man toerbe pd^ ba^ auf ber anbem Seite nid^t gefallen 
laffen, man toerbe g. 35. nid^t barein loittigen, ba^ S^en, toeld^c 
baS ßbict Don 3Borm^ bi^^er gehalten, geboten toerbe, babei ju 
bleiben: benn bamit toürbe man in getoiffem Sinne bie eigne Seigre 
Derbammen. S)ie ©leid^gefinnten toaren i^od^erfreut, ba^ fie il^re 
Sac^e fo eifrig fül^ren fallen*). SKinItoift forberte bie Sleid^^ftänbe 
nod^ auf, an bem f rül^eren SSefd^Iuffe f eftju^alten : fei er gemi^Braud^t 
toorben, toa^ auf ber ebangelifd^en Seite toal^rl^aftig nid^t gefd^e^en, 
fo tdnne man bem burd^ eine Z)ecIaration abl^elfen. (Sr Derf)}rad^, 
ba^ man aliSbann aud^ auf biefer Seite ben übrigen Sefd^Iiijfen 
anl^angen toerbe. 

9(((ein e^ toax aU^^ Dergebenig. 

3tm 1 9. äj)ril erf d^ienen Äönig ^erbinanb, SBalbf ird^en unb bie 
übrigen Gommijfarien in ber Serfammlung ber Stäube, banitcn il^r 
für il^re „d^riftlid^en getreuen unb emfigen SDienfte" unb erflärten 
il^re SSefd^lüffe für angenommen, fo ba^ man jte nur in bie Jorm 
eine§ äbfd^iebeö ju bringen l^abe. 3)en Gl^urfürften bon Sad^fen unb 
beflen Slnl^änger mit il^ren ßingaben unb SBiberreben bertoiefen fie 
lebiglid^ barauf, ba^ bod^ jene Sefd^lüffe „altem löblid^en ©ebraud; 
nad^ burd^ ben mel^rern 2^^eil ber ßl^urfürften unb dürften gefaxt 
loorben", fo ba^ aud^ bie übrigen fid^ benfelben ju untertoerfen ^a6eti 
loürben^). 2)ie ebangelifd^en dürften, burd^ eine fo böttig abfd^Iög' 
lid^e Änttoort, bie toie eine 3wred^ttoeifung auöfal^') unb bie, toie 
fie bor atten Stäuben beriefen ioorben, ju ben Slcten be§ Sleid^e^ ge- 
legt ioerben foHte, betroffen, txatm einen 3lugenblidf in ein 5Reben= 
jimmer, um fid^ unberjüglid^ ju einer 2lnth)ort ju bereinigen. Slflein 
ber Äönig unb* bie faiferlid^en ßommiffarien toaren nid^t gemeint, 
biefelbe ju ertoarten. Sluf bie Sitte ber dürften, fid^ einen furjen 
Serjug nid^t befd^toeren gu laffen, antwortete Äönig ^erbinonb: er 
l^abe einen Sefel^I bon faiferlid^er SWajeftät: ben l^abe er auögerid^tet, 

1) (^ürfienlberg : (Sr f^aht xf)xt Sad^e „mit l^^flem (Srnfl melMtc^ unb 
gum 33eftcn l^erau^gcflridjcn". 

2) 35ermcinter ^efd^eib, fo fönigl. 2)ur(i^Iaud^tigfeit jc. ^faben »orlefen 
(äffen, in bem Instrumentum Appellationis bei 9WüIIcr p. 72. 

3) @ic nennen eö „fap eine angemaßte SBeifung". 



^üd^etaQ 13011 1520. Sibcrfrrüd^ ber ebangcrifci^cw. Hl 

«nb baBei muffe e^ fein 3Ser6Ici6en ^aUn: bie 2(rttfel feien Be- 
fd^fojfen*); l^ierauf berite^ er fammt ben ßommiffarien ba^ .§au§. 
J)urd^ bie SRiJad^tung il^rer SEBttrbe unb tl^rer Siedete, bie in biefem 
Serfal^ren lag, nod^ mel^r gereift, befd^loffen nun bie eDangelifd^en 
Stänbe, einen ©ebanfen aui^juf ül^ren , ben fie fd^on einige SÖäod^en 
frül^cr, fotoie fie fallen, toeld^e SBenbung bie (Sefd^äfte am Sleid^^tag 
nehmen toürben, gefaxt l^atten'. Slüdgängig mad^en liefen fid^, Irie 
bor äugen Tag, bie Sefd^Iüffe ber 33erfammlung nid^t; fid^ il^nen 
untettüerfen, i^ie^ ia^ eigene ^ofein aufgeben, ©ie Befd^loffen ba^ 
Äet^t^mittel ber St^jjeffation ju ergreifen. SRod^ in berfelben @i|ung 
erfd^ienen fte, gtoar nid^t mel^r bor fiönig unb laiferlid^en 6ommiffarien> 
aber nod^ immer bor berfammelten Stäuben, unb liefen bie $ro- 
teftation beriefen, in beren f^ofge il^nen ber 9?ame ber ^roteftanten 
gcBIieben ift. 

S)arin l^oben fie nun befonberö ben reid^iSred^tlid^en ©efid^t^ 
(junft Berbor*). ®ie erflärten, ba^ fie nid^t berjjflid^tet feien, ol^ne 
i|re 5Kitbetpiliigung a\x§ bem junäd^ft in ©))eier gemad^ten SlBfd^ieb 
ju fd^reiten, ben man mit fo^ ftarfen ßlaufeln gegenfeitiger SSer- 
fl)re(§ungen befräftigt unb gemeinfd^aftlid^ berpegelt l^abe; ba^ SJor^ 
^a6en ber übrigen ©tänbe, benfelben einfeitig aufjul^eben, fei mad^tlo^, 
nid^tig unb in Slütfftd^t auf fie unberbinblid^ : fie lüürben fortfal^ren, 
nai) bem ^n\)alt he^ borigen Slbfd^iebe^, mit il^ren Untertl^anen in 
Öinfid^t ber Sfteligion fid^ f o ju berl^alten, toie fie e§ gegen ©Ott 
unb ben Äaifer gu beranttoorten gebadeten. Saffe man fid^ nid^t 
afcl^alten, ben Slbfd^ieb nad^ ben genommenen Sefd^Iüflen ju ber= 
fajfen, fo möge man aud^ biefe il^re 5ßroteftation bemfelBen ein- 
verleiben. 

©ine ©rflärung, aud^ in il^rer ^orm bon einem fel^r merfiuür- 
bigen gj^arafter, mit aKer möglid^en äußern Stüifid^t abgefaßt. SJie 
Stäube Irerben als bie lieben Ferren aSettem, Dl^eime, greunbe be= 
äeic^net; forgfältig fonbemb titulirt man fie (Sure Siebben unb ^f)t 
Snbem: man unterfd^eibet freunblid^e Sitte an bie ßinen unb gnä^ 
bigel ©efinnen an bie STnbern; inbem man feinen 3(ugenblidf feine 
fürftlid^e SBürbe an^ ben Slugen fe^t, bittet man bie ©egner bod^, 

1) @rgä^Imig in bem 2C^)^enationöinfirumcnt p. 75 unb in bem ©d^rei* 
kn ber «^traßburger ©efanbten 21. %pvit bei Sung nr. 44. 

2) Sin affgemein juribiWer ®runb, ben fie anführen, ifl: baß „and^ 
in mcuft^cn ^atibtungen unb ©ad^en, ba« merer luieber ba« minber nid^t 
fürbrüdfen mSd^t, ba bie <Sad^ nit ir btele in ein gemein, funber ^cben 
lunbcrlid^ belangt." aWüffer p. 114. 



112 günftc« ®«<^- günftc« Ciap\ttl 

bad SSerfal^ren, ju bem man fid^ genötl^igt fielet, nid^t folfd^ ju bet- 
[teilen : bad h)irb man um bie @tnen fteunblid^ Derbienen, unb gegen 
bie 9(nbent mit günfHgem SßiKen erlennen. 3)ie älctenftüde biefe^ 
3al^rl^tinbertö ftnb getot^ tveit entfernt, fd^ön ober claffifd^ genannt 
toerben ju fönnen, ater fie finb ben Umftänben angemejfen, unb 
l^aben Sl^aralter: \t>k bie 3Renfd^en felbft, fo aU^^, h>a$ fte tl^un. 

^er ^önig, bem biefe ^roteftation mit einigen 3ufä|en be^ 
anbetn Xage^ übergeben toarb, I^ielt e^ nid^t für gut fie anjunel^- 
men; aber fie l^atte bod^ ben größten SinbrudE gemad^t: ba^ ein 
Stei^^tag in fo offenbarer @nt)toeiung enbige, fd^ien tool^I gar ^u 
unmittelbarem Unf rieben fül^ren gu lönnen: nod^ am 20. erfd^ienen 
im SCuftrag ber 9Rel^rl^eit $einrid^ bon Sraunfd^ioeig unb ^mipp 
\>on 99aben, um eine äSermittelung ju Derfud^en. 

Unb fel^r merltoürbig finb bie 5ßunlte, über toeld^e fte fid^ 
l^iebei mit ben @bangelifd^en Dereinigten. 

Sie gaben ju, bafe ber Slrtilel über bie ©ered^tfame ber ®eift= 
lid^feit auf beren toeltlid^e Sertoanbte unb Untertl^anen befd^rönft 
toerbe. 

2)ie Sbangelifd^en bagegen ioiKigten ein, ba^ hx§ auf baS Son- 
cilium feine weitere Steuerung borgenommen, befonberig feine ©ecte 
jugelaffen ioerbe, bie bem ©acramente beS toal^ren f^ronleid^naml 
unb SluteiS entgegen fei. 

3)ie SSerfd^iebenl^eiten ber SKeffe fottten beibe 2^l^eile an ein- 
anber bulben; Sliemanb foffte in biefer ^infid^t au^erl^alb feinet 
toeltlid^en ©ebiete« eifva^ ju fagen l^aben'). 

SDiefe SSorfd^läge l^aben bie ebangelifd^en gürften toirflid^ ge^ 
nel^migt; dud) bie ju ben Sfnfid^ten Si^i^gfi^iS fid^ neigenben ©tobte 
glaubten babei befleißen ju fönnen. 

5IRan fielet iool^I: toäre ei8 blog barauf angefommen, fid^ einen 
(Sinl^alt in bem Sauf ber Steuerung, infofem er gefe^Ud^ betoirft 
toerben fonnte, gefallen gu laffen, fo ioürben fie nad^gegeben ^aben: 
il^r Stanbjjunft toar lebiglid^ ber ber SSerti^eibigung : e^ ioar nur 
ber ©influ^ ber bon bem 3leid^gtag toieber anerfannten geiftlid^en 
Suriöbiction, gegen ben fie fid^ jur SBel^re fteHten, 

1) ,fSat\o bag fein (Sl^urfürft nod^ anbre ©tänbe ugertl^alb i^rer mit- 
Itd^en Öberfeiten (®ebtete) ben anbern ju ober t>on ftnem alten ober neuen 
gürnemen ober Haltung ber Steffen in t)^mäftm Sege bergtoeltigen, barju 
ober babon bringen fol." (£om:|)ojltion8artifeI bei iWütter p. 42, bei SBalt^i 
XVI, 422, too iebod^ fe^r falfd^e ?e«arten öor!ommen (g. ©» beffern jlatt 
beflen). 3ung 45. 



^»eid^gtog gu @^cicr 1529. ^roteflötton. 113 

Stffetn bei ber 3wfö«^ntenfe^ung ber SRajorität toat tool^l toenig 
Hoffnung, mit bicfen SSorfd^Iägen bei il^r burd^jubringcn. Sin t^aat 
toeltlid^c dürften tonnten jte bittigen; bie geiftlid^en, bie in ber Um- 
toanblung ber allgemeinen 2lngelegenl^eiten fo eben eine glänjenbe 
äugjtd^t }ur ^erftettung il^rer ©etoaft ipal^mal^men, Derfd^mäl^ten 
barauf einjugel^n. 3Baren bod^ aud^ bie toeltlid^en dürften nod^ nid^t 
einmal alle mit ben erften Seftimmungen be^ 2tu^f d^uffeig gufrieben. 
öerjog ®eorg bon Sad^fen forberte eine nöl^ere ?5eftfe|ung über bie 
berlaffenen Älöfter, bie betoeibten 5ßriefter, er toottte atte "ot^n bem 
§erfömmlid^en abtoeid^enbe Deutungen . ber l^eiligen ©d^rift ber* 
boten toijfen*). 3lm toenigften hJäre Äönig gerbinanb ju gewinnen 
öetoefen. 6ig berbro^ il^n, ba^ xa^xi jur ^roteftation gefd^ritten toar, 
ol^ne erft mit il^m ju unterl^anbeln, il^m biefelbe fo ol^ne SQäeitere^ 
jugefenbet, Unterl^anblungen, bie er f eiber burd^ ^lani^ eröffnet, 
jutüdfgeloiefen l^atte. 2lud^ gegen bie ebangelifd^en Stäbte toar er 
fcl^r «ntoittig, namentlid^ auf Stra^urg, ba^ nod^ furj Dor bem 
Seid^gtag bie ÜReffe abgefd^afft l^atte: er lie^ fid^ nid^t beh?egen, bem 
äbgeorbneten biefer ©tabt, 2)aniel 3Kieg, feinen Si^ in bem Steid^iS^ 
regiment gujugeftel^n. ©o lel^nte er benn aud^ je^t jebe toeitere 
ännäl^erung ^^ unb bertoarf bie 35orfd^läge ber beiben SSermittler. 
6r Derfbeigerte, bie ^roteftation bem 3(bfd^iebe einzuverleiben, ober 
aud^ nur berfelben barin 3!Relbunfl tl^un ju laffen. 

2)a nai^men nun aud^ bie ©toangelifd^en auf ba^ (Srfud^en ^er= 
binanbg, bie ^roteftation nid^t itjeiter %\x ejtenbiren, nod^ fie befannt 
:5U mad^en, feine toeitere SRüdffid^t. 

®^ U)arb ein aui^fül^rlid^e^, mit allen Slctenftüdfen toerfel^eneö 
3nftrument aufgenommen, in toeld^em bie Vereinigten dürften, 6l^ur= 
fütft Sol^ann bon ©ad^fen, SWarlgraf ©eorg Von Sranbenburg , bie 
§erjoge (Sm^ unb ^J^anj von Sraunfd^loeig^'Süneburg, Sanbgraf 
$^iH)3j) ju Reffen unb fjürft 2BoIfgang gu Slnl^alt, Von ben 33e- 
fc^tocrben, bie i^nen am gegenioärtigen SReid^^tag begegnet, unb atten 
Sefd^lüffen beffelben, oxi ben Äaifer, bie näd^fte gemeine freie SSer^ 
fömmlung ber l^eiligen ßl^riftenl^eit, ober (x\xi> oxi ein 3wfammen== 
fommen ber beutfd^en 3iation a))J)ettirten. 

J)en näd^ften ©onntag, 25. 2l))ril, toarb biefer 2l}):t)ettation bie 
nöt^ige fterid^tlid^e gorm gegeben. (Sig gefd^al^ — benn aud^ bie Se- 

1) ^d^rciben an feinen ©efanbten 17. 2t|)ril. @r forbcrt ben '^\x\^%, 
ffbaS fid^ niemanbö unteifel^e, bie 1^. @d^rlft »citcr gu beuten ober 3)iö:|)u- 
tation cingufü^ren, benn tvie btefellbigen angenommenen Scrcr ober ber mercr 
^ail unter inen tl^ut angeigcn unb bef daließen." 
t). Äanfe'ä SBerfc III. 8 



114 günfteö ^üd), günftcö (£a^)iter. 

Ijeid^nunfl beö Drteö ift merftoürbiß — in bcr SBel^aufung beg 6a})Ian 
5ßcter SWutterftabt an ber ^ol^anniöfird^e ju @j)eier, in ber ^o^anm^- 
gaffe bafclbft, in ber untern Keinen Stube beö $aufe^. ^alb barauf 
toarb fte öffentlid^ belannt gemaci^t, benn Sebermann foHe iriffen, 
ba^ bie fjürften in ben neuen Slbfd^ieb mit nid^ten gebilligt, fonbem 
entfd^Ioffen feien, an bem frül^eren feftjul^alten. 

Unb biefe ßrllärung Befam nun nod^ baburd; ein befonbere^ 
©etoid^t, ba^ il^r eine gro^e 2lngal^I öon Sleid^i^ftäbten beitrat. 

ä[nfang^ l^atte eS nid^t anberiS gefd^ienen, aU toürben fte aUe 
nod^ einmal für ßinen ^ann ftel^en. S5enn ba^ toar il^re alte Siegel, 
iücnn eine Don il^nen eine Sefd^iDerbe l^atte, fid^ ade für biefelbe ju 
üerlüenben, fid^ auf leine SBeife t)on einanber abjufonbem. 3Bir be- 
merlten, ba^ in ber 3:i^at bie erfte ©ingabe ber ©täbte, fo anticleri-- 
califd^ aud^ il^r ^nf)'alt lanUU, ioi) bon allen unterjeid^net tvax. %üm 
bie Sieligion^intereffen gingen ju tief in gleifd^ unb Slut, alö ba^ 
bie alten Siegeln bagegen auögel^alten I^Stten. Sie faiferlid^en ßoni' 
miffarien liefen bie Slbgeorbneten ber fatl^olifd^ gebliebenen ©täbte 
iVL fid^ fommen, lobten fte toegen il^rer Xreue, ermunterten pe barin 
gu bel^arrren. 3luf einige Heinere, toie Slotttüeil, Slabenöburg, i^atte 
3ol^ann ^-aber biel ))erfönlid^en (Sinflu^. 3Son anbem belbauj)tete 
man, bie §offnung, bei bem Sleid^^anfd^Iag erleid^tert ju roerbm, 
l^abe fie nad^giebiger geftimmt. (äenug, in ber entfd^eibenben ©tunbe, 
al^ ber mainjifd^e ßanjfer fragte, toeld;eg nun bie ©täbte feien, bie 
fid^ befd^toert fül^lten, jögerte man ^toar einen 5Dloment, in ßrin^ 
nerung an bie alten ©runbfä^e, aber nur einen 50loment. Suex\i 
erüärte ber ©efanbte bon 9lotth)eiI, e^ gebe unter ben ©täbten aud^ 
Diele mit bem SSefd^Iuffe einöerftanbene. Slnbre ftimmten i^m hi^y 
6g tüarb ein SSerjeid^ni^ angelegt, in bag bie, toeld^e fid^ befd^tpert 
glaubten, il^re Flamen eintrugen. Slnfangg fd^rieb fid^ felbft 6öfn 
ein, nid^t fotüol^I, tüeil c§ bie neuen ^Meinungen getl^eilt f)&tt(, aK 
toeil e^ in ©treitigfeiten mit feiner ©eiftlid^feit begriffen tüar; bod^ 
30g e^ fiO^ fj)äter ^urüdf. 2lud^ granffurt fd^rieb fid^ anfänglid^ ein, 
unb l^ier Iraren benn toirflid^ bie nmm SJleinungen fd^on feftgeJüur- 
jelt; fj)äter trat e^ jurüd, ivM e^ fid^ nid^t Don bem Mfer p 
fd^eiben gebenfe. 3lber bie übrigen blieben ftanbl^aft. gn bem Sn- 
ftrument lüerben il^rer bierjel^n al^ 2^l^eilnel^mer ber Sßröteftation 

1) ^erid^tc gurpenbcrg6 tu ben granffurtcr unb bcö '4^farrcr6 SWatt^i^ 
in ben ©tragburger 3(cten. ,,5(uf ben Xag i|l bie ®onberung unter ben 
Stäbten öor fid^ gegangen", ruft SD^attl^iö an«, „^^^ ^^^''^n bie ©elfWid^en. 
'bieder gefurf;!." 



9?ei(^ötao öon 1529. 2:renuung bcr @täbtc. 115 

genannt: Strasburg, SRümberg, Ulm, ßoftni^, Sinbau, SKeinmingen, 
Äemt)ten, 9lörMingen, §eiI6ronn, SKeutlingen, S^n^, ©t. ®aHen, ba« 
^ier nod^ einmal afö Sleid^öftabt auftritt, SBci^enBurg unb SQBinbig= 
l^eim. 6ö ftnb, toie man fielet, aud^ düe bie babci, toeld^e fid^ ju 
ber 3h)in0li'fci^en Sluffaffung l^ielten.' 3[n bem bringenben SKoment? 
I^atten bie dürften fein Sebenfen getragen, fid^ mit il^nen gu t)er= 
binbm. So bebcutenbe dürften l^au})tfad^lid^ in bem nörblic^en, fo 
anfe^nlid^e unb teid^e Stäbte Domel^mlid^ in bem füblid^en unb toeft^ 
li^en 2)eutfd^Ianb, alle in (Sinem ©innc bereinigt, bilbeten nod^ immer 
eine 5Kad^t, hjeld^e SRüdffid^t gebot. Sie toaren entfd^lojfen, fid^ gegen 
jebe ©etoatttl^at Don ©eiten ber 3Waj[orität mit gemeinfd^aftlid^en 
firäften ju öertl^eibigen. 



8= 



1 



(S^ialtttngen unter ben ^roteftonten. 

eJragt man nad^ bem reinen Slefultate beig Stetd^^tag!? bon 
1529, fo ift e§ befonberi^ red^tUd^er Slrt. "* 

3ln ein (Sini^etftanbni^ be^ Steid^e^ in religiöfer §injtd^t toar 
fd^on lange nid^t me^r ju benfen: jtoei Parteien festen ftd^ einonber 
immer fd^ärfer gegenüber. 35ie Jleid&ggetoalt felbp l^atte bieig je- 
ftattet: toie fte fid^ 1526 auögefrrod^en , fonntc fte alö neutral angc= 
feigen toerben. Se^t aber, nad;bem ber erfte ©türm borübergegangen 
toar, ber geiftlid^e ©tanb nad^ eigenen lebl^aften Errungen ftd^ jur 
^anbl^abung feiner gemeinfd^aftlid^en Qnterejlen lieber t^ereinigt, ber 
Äaifer mit bem 5ßaj)ft toieber freunbfd^aftlid^e SSerl^ältniffe angefnü))ft 
l^atte, gelang e^ ber fatl^olifd^en ©efinnung, fid^ ber l^öd^ften ©etoalt 
ju bemäd^tigen; bie Steid^ögetoalt , in ben ^änben ber SKajorität, 
nal^m eine burd^au^ fatl^otifd^e ^arbe unb Haltung an. 

3)ie ©üangelif d^en , bie nod^ ehtn auf baö Setou^tfein einer 
anerla;nnten Segalität getrost, unb ftd^ bie Hoffnung gemad^t l^atten, 
auf biefem SDäege immer tpeiter ju fd^reiten, fallen ftd^ J)lö^id^ nid^t 
allein bon jebem Slntl^eil an ber SReid^^öertDaltung, bie fte bor einigen 
Salären fogar geleitet l^atten, auögefd^Ioffen, fonbem öon berfelben 
in il^rem ®afein bebrol^t. 

6§ blieb il^nen nur übrig, fid^ al^ 3Jlinorität ju conftituiren, 
unb ghjar afö eine fold^e,. b^ie ftd^ feine B^^ödffe^ung gefallen 
lafjen toitt unb alle il^re Äräfte bagegen jufammenjunel^men ent- 
fd^I offen ift. 

3Wan barf nie bergeffen, ba^ ber mut^ige ©ebanfe, biefe ©teffung 
gu ergreifen, fid^ auf bem Soben ber SSeid^i^gefe^e jur SBel^re ju 
ftetten, bon Ujeld^em bie fofgenbe ©nttoidfelung beg ^roteftanti^muö 



enttourf eine« aßöcmeinen ^voteftantifd^en ^üubniffc«. 117 

aBl^ängt, in ber ^bee einer SSereinigung beö fäd^fifd^en unb be§ 
fd^toeijerifd^en Sefenntnifje^ flefa^t unb au^gefül^rt tüarb. 

^m 21. %pxH tt)ie^ Äönig JJ^bi'^Äi^i^ ^i^ braunfd^lDeigifd^s 
babenfd^e Sermittelung jurücf; am 22. fd^loffen Sad^fen unb Reffen 
eine, toie eig in ber Urlunbe l^ei^t, „fonberlid^ gel^eime 3Serftänbni^" 
mit ben ©täbten Stümberg, Ulm unb Strasburg. 9Jlan tpar bar^ 
ü6er einig, ba^ man jid^ bertl^eibigen trotte, toenn man be^ göttlid^en 
3Borte§ l^alber angegriffen tüerbe, möd^te ia^ nun burd^ ben fd^lDös 
Bifd^en Sunb, ober i>on Seiten beö fiammergerid^tö, ober felbft burd^ 
bie Seid^^regierung gefd^el^en. ©efanbte, bie im ^uni ju Slotad^ an 
bem fränfifd^en ®ebirge jufammenfommen toürben, fottten naiver be= 
ftinnnen, toie man einanber §ülfe ju leiften l^abe*). 

3toifd^en 3lüm6erg, tt)eld^e§ bem lutl^erifd^en, unb Strasburg, 
toeld^eio bem fd^tüeijerifd^en Segriff anl^ing, ioarb l^ier, toie man fielet, 
noä) fein Unterfd^ieb gemad^t. 

Shid^ fäumte man nad^ bem Steid^^tag nid^t, ben befd^Ioffenen 
Sunb naiver in Ueberlegung ju jiel^en. @ig pnb gtoei ®nth)ürfe baju 
in unfern ^änben, ber eine öon ftäbtifd^er, ber anbere öon fürft- 
Ii(^er Seite. Qener gel^t baöon an^, ba^ ein Sunbe^^ratl^ an^ ben 
Sefanbten ber öerfd^iebenen Stänbe gebilbet lüerben muffe, ber, feiner 
befonbem ^flid^ten entlebigt, nur in Slürffid^t auf ba^ allgemeine 
Sefte Sefd^Iu^ ju f äffen l^abe; ber angegriffene 2^l^eil fotte immer 
ben 5elbl^auj)tmann fe^en. ^n biefem bagegen lüirb eine ber Sleid^g* 
berfaffung entfjjred^enbe Slnorbnung öorgefd^Iagen : ein ^ürft f ott ium 
5au})tmann ernannt toerben unb einen Äriegöratl^ bon 6 SWitgliebern 
jur Seite l^aben, brei bon ben dürften, einelt bon ben ©rafen, jtoei 
bon ben ©täbten. 3m ftäbtifd^en ßnttourf toirb t)iel 3iad^brudE bar= 
auf gelegt, ba^ man nid^t um anberer al$ religiöfer ®rünbe tüißen 
jU ben 3Baffen greife: nur bann bürfe bieö gefd^el^en, „toenn man 
beg ©lauben^ toegen angegriffen, ober unter bem Sd^eine geiftUd^er 
^uri^biction berl^inbert toerben fottte, bie iiird^en gu t)ifitiren." ' ^n 
bem fürftlid^en, ber öon ber ^anb be^ 6l^urj)rinjen ift, hjirb befon- 
ber§ ba^ Sfled^t l^erDorgel^oben , baö man jur ©egentüel^r l^abe; be^ 
fiaiferg toirb barin nod^ nid^t gebadet; bie legten Sefd^lüffe tüerben 
nur afö Untemel^mungen ber Stänbe betrad^tet, benen man anä^ 
bieffeit in aller §infid^t ebenbürtig unb gleid§>, benen fxä) entgegen^ 
aufteilen man nid^t allein bered^tigt, fonbern fogar öerjjflic^tet fei^). 

1) %xtiUi be« 53cbcn!cn^ auf bie vertraute Unterrebe im S. 31. 

2) ^ebenf en ber (g^nung be« (gtjangeliumö l^alber, im 2ß. 91., unb crftge* 
Mte ^Jiotel be« 35erPenbnu§, t?on ben ton SflürnBcrg übergeben, bei SWüffer. 



118 



günfted ®u(^. @ed^9te0 (£a))ttel. 



22elc^cr bon beibcn nun aber auä) beliebt lüorben lüäre, fo 
lüürbe man alle 50lal eine bebeutenbe SKad^t l^aben aufftetten lönncn. 
2)er &f)uxptmi bered^nete, ba^ man 10000 3it. ju gufe, 2000 ju 
^ferbe aufbringen ^üffe; er rietl^, nal^e unb ferne greunbe baju ein* 
julaben. ®ie größte 3lugfid^t gab e^, ba^ man bie ©d^toeij auf 
feiner (Seite gel^abt i^aben U)ürbe, toie benn bie Sleid^^ftabt Sonftan; 
fd^on öor einem Qal^re in Sürgerred^t mit 3öri(i^ unb 95em getreten 
toar, unb bagegen ©f. (Satten, eine fd^tDeijerifd^e ©tabt, bie 5ßro- 
teftation mit unterjeid^net l^atte. @o ganj l^armlo^ unb ol^ne Sejug 
auf ben fiaifer, ioie Qol^ann fjriebrid^ meinte, tpürbe aber biefer 
33unb nid^t lange geblieben fein. Sanbgraf 5ßl^ilit)t) unb ber 9lat^ 
t)on 3üri^/ i>i^ iwt -cngften 38erl^ältni^ ftanben, l^atten bereit« fel^r 
ernftlid^ an bie §erftettung §erjog Ulrid^« öon SBürtemberg gebadet. 
Sei ben Unterl^anblungen , bie i>on 3ürid^ au^ l^ierüber mit %xari' 
reid^ eröffnet tourben, brang 3*t)ingli auöbrüdlic^ barauf, ba^ man 
ben Sanbgrafen baju l^erbeijiel^en muffe, ben er al« gro^l^erjig; ftanb- 
l^aft unb flug fd^ilberte *). 2lud^ an 3Senebig l^at man fid^ gctüenbet. 
3[nbem ber Äaifer in bem füblid^en ®uroj)a bie Dberl^anb bel^ielt, 
fd^ien e«, aK njürbe fid^ il^m in ber Sd^toeig unb in Seutfd^ranb 
eine religiöö-jjolitifd^e 5ßartei entgegenftetten unb ben 3KitteI))unIt für 
eine nene eurojjäifd^e D^j})ofition bilben. 2luf jeben ^att l^ätte man 
bie 3wi>erfid^t liegen bürfen, in biefer ^Bereinigung bem Äaifer unb 
ber 5Kajorität ber Sleid^öftänbe einen unübertoinblid^en SGBiberftanb 
entgegenfe^en ju fönnen. » 

Slttein h)ie balb fottte bod^ bie neue Partei, unb gtoar in golge ^ 
il^rer eignen 3«fömmenfe|ung, biefe SlugfuJ^ten fal^ren laffen! 

Qnbem man fte fa^te, l^atte man bie ©ntjtoeiung auiS ben 
aiugen gefegt, h)eld^e jtoifd^en ben beiben Sefenntniffen obtoaltcte. 
2)ag U)ar lüol^I in Sj)eier möglid^, beim Slnblidf einer t)Iö^Iid^ auf- 
fteigenben unertoarteten ©efal^r: ben ^einben gegenüber fül^lte man 
feine ©emeinfd^aft unb bie SRotl^toenbigf eit , fid^ J)olitifd^ gufammen- 
gu^alten. Slber fotüie man toieber affein hjar, jener ßinbrudf triebet 
t)erlofd^, mu^te aud^ bie alte Stimmung tüieber auffteigen. 

25er ßl^arafter beö Qal^rl^unbertig ift ebm, ba^, inbem man ft^ 
Don ber ^errfd^aft ber ©eiftlid^feit ju emanci|)iren fud^t, bod^ ba^ 
tl^eologifd^e Clement, burd^ beffen ©nergie bie§ gefd^iel^t, l^intüieber 
fid^ bon feiner ^oHtifc^en S3etrad^tung befeitigen lä^t. 

5!Jian l^atte in St)eier ben Il^eofogen anfangt bag neue Sünb- 



1) ©ottinger II, 282. 313. 



2:^eo(ogifc^c Söcbcnfüc^fcitcn. 119 

m§ Verborgen gel^alten, unb al^ man e^ il^nen bann mittJ^eilte, ftc 
tjermod^t e§ jid^ gefallen ^u laffen. 

Slber fie toaren aud^ bie erften, in benen nun ©crm)el auf-- 
ftiegen. SWeland^tl^on, ein 9Kenfd^, ber jebe ©d^toierigleit, auf bie er 
ftic^, innerlid^ burdj^atbeitete unb fid^ babei feine 5{}ein tx^paxU, tarn 
jdjon ol^ne bie getüol^nte ^eiterfeit nad^ §aufe. 6r bilbete fid^ ein, 
tomn man nur bie Sfnl^änger 3^i«9K'^ ^ätte fallen laffen, fo toürbe 
f\i} bie Majorität n)ol^I nad^giebiger gezeigt l^aben; er gdb eiS fid^ 
felber Sd^ulb, ba^ bieö nid^t gefd^el^en fei, benn feine 5ßfKd^t toäre 
getoefen, barauf ju bringen. (Sr erfd^ra! bei bem ©ebanfen, ba^ 
eine SSeränberung be^ 9leid^eS unb ber Sleligion barauf l^erborgel^n 
fönne. ^n SBittenberg f^rad^ er mit Sutl^er, unb man fann beulen, 
töie biefer bie ©ad^e aufnal^m. 3ReIand^tl^on geriet!^ in bie fd^mer^^ 
lid^ften innem Selümmerniffe. „SKein ßJetoiffen", fd^reibt er am 
17. 3Hai, „ift burd^ biefe 35inge beunrul^igt; id^ bin l^alb tobt, inbem 
id^ fte mir überlege." 2lm 11. ^uni: „meine Seele ift toon bitteren 
Sd^merjen ergriffen, ba^ id^ barüber atte 5]8flid^ten ber ^reunbfd^aft, 
meine ©tubien üerfäume." 2lm 14.: „id^ fül^Ie mid^ in fold^er Un= 
rul^e, ba^ id^ lieber fterben , afö fie länger ertragen ipottte." (Sleid^ 
aU tooHte er bag begangene Unred^t tüieber gut mad^en, erfud^te er 
enblid^ auf feine eigne §anb feine ^reunbe in Stürnberg, ben Slb- 
fd^Iu^ ber enth)orfenen ^erbinbung lieber ju toerl^üten. „S)enn bie 
gottlofe SWeinung 3*t)ingli'i8 btirfe man nimmermel^r öertl^eibigen" ^). 

©einen $erm, ben Gl^urfürften, fonnte er getroft ber 6intoir= 
fung Sutl^er^ überiafjen. 

Sutl^er, toie gefagt, l^atte feinen 3lugenblitf gezögert, bie SSer^ 
Binbung mit ben älnJ^ängorn ^i^i^S'^i''^ B" berbammen. 2luf ber 
Stelle, unb unaufgeforbert, .nur auf bie (Srjäl^Iung 9Jleland^tl^onjg, 
tüanbte er fid^ an G^urftirft Qol^ann, um bie ju S^eier gefd^loffene 
Slbfunft aud^ jje^t nod^ rüdfgängig ju mad^en. ©r ftettte il^m toor, 
ba^ alle 33ünbniffe überl^aujjt gefäl^rlid^ feien; erinnerte il^n, h)ie 
i(|on baig öorfge t)on bem unrul^igen jungen Sanbgrafen mipraud^t 
toorben. „2öie fottte man fid^ aber boHenb^ mit Beuten berbinben 
bürfen, hjeld^e toiber ®ott unb ba^ ©acrament ftreben? 35a gel^e 
Jnan mit Seib unb ©eele ber 3Serbammni^ entgegen." 

Unb bürfte man lüol^I biefe tl^eologifd^en Sebenflid^feiten fo 

1) ©einreiben '>[flt\ai\ä}tl)on9 an (Samerariiiö 17. Maji: „redii neuti- 
quam afferens domum illam quam solebam hilaritatem.*' "an ©aum* 
gäTtncr C. Ref. p. 1070. %n ©^engtcv unb 3u)luö 3onae 1069. 1075. 1076. 



120 günfte« ^ü<f). @€(^etce dapM. 

fd^Ied^t^in tjcrtoerfen? e§ namentlid^ Sutl^ern gum 3Sortourf tnad^en, 
ba^ er jte l^egfe? 

3Bir muffen bebenfen, bafe ber. ®runb ber sanjen 9leform6e- 
n^egung in ber religiöfen Ueberjeugung (ag, bie niä)t mit fid^ unter- 
l^anbeln, jid^ feine Sebingung nod^ ßrmä^igung aBgetoinnen Ke^. 
SDer ®eift einer ejcluftben, in (Formeln feftgefe^ten, ben (Segner t)er= 
bammenben Sled^tgläubigfeit l^errfd^te nun eintnal in ber SBeK öor. 
©Ben barum toar ber Streit jtoifc^en ben beiben Sefenntniffen, bic 
ftc^ bod^ fonft nal^e ftanben, fo l^eftig getoorben. 

Sine 3SerBinbung ber 2lnl^änger toon Beiben toar nur entloeber 
baburd^ au^fül^rBar, ba^ man über bie SDifferenj l^intoegfal^, ober 
baburd^, ba^ man fte Beilegte. 

^n Bpmx, in bem Xumulte beö SReid^^tag^, im 3lngeftd^t ber ge- 
meinfd^aftlid^en ©efal^r, l^otte man ba^ ßrftere für möglid^ gel^alten. 
Slttein toie fottte c^ fxi) burd^fül^ren laffen, ba nod^ immer bie l^ef- 
tigften ©treitfd^riften ghjifd^en ben DBerl^äu})tern getoed^felt tourben? 
33ei ber UeBerjeugung, bie nun einmal Beibe Parteien liegten unb 
nid^t fal^ren liefen, l^ätte barin faft ein Setoei^ gelegen, ba^ ba^ 
yrfjjrünglid^e religiöfe 3Kotiö nid^t fo ganj rein getoefen fei. 

2utl^er toar toeit babon entfernt, nn'^ eö Beburfte nur feiner 
Slnmal^nung, um aüä) ben ßl^urfürften babon jurücfjubringen. 

6l^ui?fßrji .gol^ann fd^idte lool^r gur Beftimmten 3eit feine SlBge- 
orbneten rioö^; Jfotad^, aber mit bem 3(uftrage, nur gu l^ören unb il^m ju 
. Berid^ten : er fcerbe bann mit ben ©elel^rten Beratl^f^Iagen, oB bie ©ad^e 
ol^ne Sefd^toerung be^ ©etoiffen^ au^jufül^ren fei. Gr meinte, k)ietteid^t 
loürben aud^ in ben SiümBergem öl^nliii^e Scruj)el ertoad^t fein\). 
^ aSBirfli^ toar bie 9Reinung ber 3lümBerger il^eologen gang toie 
bie ber fäd^ftfd^en. 3lud^ fte üBerjeugten il^ren Slatl^, ba^ man mit 
ben ©actamentirem nid^t^ gu fd^affen l^aBen bürfe*). 

* 

1) Suflruction auf $crr ..'panfcn äliinfroi^ 9Jittcr gen SJotat^. @r fett 
aufmerfen, 06 nic^t t^teKetc^t bte nürnbergtfc^en ©efanbten k)on fefbfl i^m 
fagen »erben, „bag fie ücfunben befd^a^erlid^ fc^n, fic^ mit ben i^ienen, fobcv 
3n>ing(i*fd^en ülicinung bc« @acramentö IjalUx (an()angen), in ©ünbnig ju 
Begeben, bergeflalt, njo fie be« göttütijen i©ort« be« ©laubenö ^a(6cn Bcfd^wert 
ttjottten merben, atß »erc biefer %xüki im göttüd^en Sort unb im ®Iau6eit 
aud^ gegrünbet, baö bann mtber bie ©emiffen fttllfci^njeigenb Befannt muß 
iverben^'; unb i^nen bann fagen, „bafi und bergletd^en Sefd^n^erung unb8e« 
benfen fe^tj^er bem näd^jien 9?eid^ötag gu ^ptm aud} gugefatten." — Xtx 
«Bfd^icb iji 3)ienfiag na^ «onifacü (8. 3uni). 

2) (£anj(er ©rüd fagt gu ©d^malfalben , eö fomme atte« au« bem 
»?atf)f(^raö »on IWörnberg. ©trcBel äÄtfceffaneen IV, 130. 



Z^toicQijäft SBcbcnfltti^fcitcn. ®t^px'dd) gu iWarBurg. 121 

Salier lam eiS in ^oiad) ju n\ä)t^, aU ju aKgemetnen 3^- 
fid^erungen gegettfcitiger §älfe, borläufigcn Sefjjred^ungen: naivere 
Seratl^ung öertpie^ man auf eine Befonbere 3ufammenfunft im Sluguft 
nad^ B^toabad), bie ater gleid^ gar nid^t ju ©tanbe lam. ©ie toar 
fc^ott abgefiinbigt, al^ bie oberlänbif d^en ©efanbten anlangten: fte 
IjCittm ben toeiten 3Beg öergeblid^ gemad^t*). 

©0 mäd^tig fe^te fid^ ba« tl^eologifd^e (SIement, lüie jenem 
firieg^untetnel^men in ben 5ßarfifd^en §änbeln bor brei 3<^l^ren, fo 
jeW einem Sünbni^ entgegen, bag gur Slettung bor ber überlegenen 
Setoalt ba§ einjige SKittel fd^ien. 2öie bamalg ben 3lngriff, fo ber^ 
^inberte eig je^t alle 9Ka^regeIn ber 3Sertl^eibigung. 

Sein SBunber, toenn fid^ Sanbgraf ^l^ili})}), ber jene Slu^fid^ten 
fc^on mit feinem ganjen ßl^rgeij ergriffen l^atte, barüber betroffen, 
unglücKid^ füllte, ßr if)at SUIe^, um feinen fäd^ftfd^en aSerbünbeten 
bei bem einmal gefaxten ©ntfd^Iu^ feftjul^alten. Qebod^ e§ lr>ar alle§ 
öergefienö % 

Unb glauben toir barum nid^t, ba^ Sanbgraf ^l^ili^)j) bem ® eift 
jetnei ^^l^^^l^uitbert^ untreu geworben fei. 2)er ©runb feiner 5Rad^' 
gieKgteit lag barin, ba^ er bon ber Sutl^er'fd^en 3luffaffung nid^t fo 
DoHfommen burd^brungen toar, toie bie Uebrigen. 

3Bar nun aber ba§ 30»^«>wen ber 3^ipi9^^i^ i^i^t möglid^, fo 
tüurbe eg ioppdt bringenb, nod^ einen SSerfud^ gu mad^en, ob fid^ 
nic^t eine SJereinigung jtoifd^en ben ftreitenben 2^l^eoIogen ftiften laffe. 

Sd^on in ©J)eier l^atte Sanbgraf ^ßl^ilij?}) biefen ©ebanfen ge« 
^obt, unb barüber an 3^ingli gefd^rieben. S^^t fd^ritt er ju einer 
befinitiben ßinlabung bei\)er 5ßarteien, ^^um 5Dlid^aeIiifeft 1529 auf 
fein Sd^Iofe ju SWarbufg. 

5Kerfloürbig, loie berfd^ieben beibe feine (Sinlabung aufnal^men. 
ätoingli l^ätte gefürd^tet, bon bem großen Statine feiner ©tabt, toenn 

1) «Sd^reiben an 9'iürnbcrg 23. 2lug. @tc trotten bie ©ad^e i^ren 
Srcunben ba^eim melben, obtoo^I fie „uns ben ©efanbten tiit attcin unfer 
hiU ©cj^töad^cit, fonbern aud^ gerne be« Segö unb ber fc^tucbenben forg* 
^^n ?5ufe l^albcr gang M^dftonüä) ifl.'' (2B. 2(.) %näf eine S5erfammtung gu 
3«bjl unterblieb: fie war anberaumt, »eil ber S^urfütft „für gut angefel^en, 
dasjenige, tcaö er fiti^ mit e^üd^en gürjlen unb ©täuben einer freunblic^en 
3Jer|lanbttt6 l^albcr unterrebct, l^inter benen, fo in bie SOfiagbcburgifd^c ^er* 
cinigung gelten, nid^t gu fd^fießen.'' 3d^ finbc, baß ba^in aud^ @rid^ S3ifd^of 
iJon ^aberbom unb Oönabrüd eingelabcn tt)ar, ber fid^ fd^cn gu ©^eicr ben 
ttflen ^rcteflationöfd^ritten angefd^Ioffen l^attc. 

2) @rünbe unb ©egengrünbe in ben ©c^rciben beö (S^urfürftcn unb 
bt« ?anbgrafen, bei SWüttcr, ©efd^id^te ber $rote|l. p. 256. 261. 



122 günfteö ^udf. Oec^Stcö (Sa^itcL 

er feine ^h[\(i)t funb getl^an l^ätte, jurüdfgcl^alten gu iDerben; man 
tüiirbe il^n fd^toerlid^ auf eine fo toeite Sleife burd^ fo ntand^e^ }toei= 
f ell^afte ober feinbfelige ©ebiet l^aben jiel^en laffen ; nur ' im ©inber- 
ftänbni^ mit einigen 3KitgIiebern be§ gel^eimen dlai^§, ol^ne ba| er 
auä) nur feiner grau feine Slbfid^t mitgetl^eilt, bag l^effifd^e fixere 
©eleit aBgetoartet l^ätte, mad^te er ftd^ auf ben 2GBeg. dagegen 
toürbe SKeltmd^tbon lieber gefeiten l^aben, fein fjürft l^ätte il^nen bie 
Steife Verboten. Sul^er erllärle unaufl^örlid^, bie 3wfammenfunft 
toerbe ju nid^tö l^elfen. 2lfö Sutl^er an ber SBerra angefommen, toäre 
er nid^t ju betoegen getoefen, toeiter ju gel^n, el^e er nid^t baö ftd^ete 
® eleit beö Sanbgrafen in atter gorm in ®mj)f ang genommen l^atte *). 

S)ie ,Sd^toeijer toaren erfüllt bon großen Hoffnungen: iou^ten 
fie bod^, ba^ ber %üx% bei bem fte mit il^ren ©egnem ^ufammen- 
treffen fottter^, })oKtifd^ ol^ne fjrage, uub beinal^e aud^ religiöl auf 
il^rer Seite toar. 3)ie SBittenberger fül^lten iool^I, ba^ fte fxd^ in 
SBiberf^rud^ mit ben SBünfd^en 5pi^ilit)j)ö befanben: fte toaren eni- 
fd^loffen, nid^t ju ioeid^en, fonbem il^re ©teile um jeben $Prei§ ju 
behaupten. 

©0 lam man in fel^r entgegengefe^ter ©timmung jufammen. 
^mn baö ift nun einmal bie Slatur be^ 3Wenfd^en, ba^ er in al( 
feinem 3!l^un unter ben ©inflüffen be^ SWomenteig ju SBerfe gel^t. 

(Srl^ob fid^ aber ber Slidf einmal barüber, fo l^atte bie Ser- 
fammlung ettoaö Srl^abene^, SQSeltbebeutenbe^. 

2)ie trefflid^en ©eifter, bie auf beiben ©eiten mit fo großer 
Äraft bie Seloegung geleitet, jtoifd^en benen aber 9Ri^i)erftanbmf)e 
auggebrod^en toaren, f amen jufammen, um in ^)erfönlid^em 3^'^' 
gefj)räd^ eine Slu^gleid^ung ju öerfud^en, bem §aber, ber bem Fort- 
gang ber gemeinfd^aftlid^en ©ad^e nid^t änber^ al^ überaus l^inberlid^ 
fein lonnte, ein 6nbe ju mad^en. 

©0 fa^te ©uriciug ßorbuig biefe ©ad^e, toenn er fte aüe an- 
rebet, bie gürften be^ SBorteö, „ben fd^arffinnigen Sutl^er, ben fanften 
Decolamjjab, ben gro^erjigen B^ii^flK/ ^^^ braben 9WeIand^tl^on", 
unb bie Uebrigen, toeld^e angefommen — ©d^ne^f, 33renj, ^ebio, 
Dfianber, Qonag, Grato, aJleniu^, 3Sl\}comu^\ beren jeben er mit 
einem entfjjred^enben 2öorte beö SobeS fd^müdft, — unb pe bann 
ermal^nt, baö nmc ©d^i^ma ju lieben. „2)ie Äird^e fällt eud^ iDei- 
nenb ju fjü^en, fielet eud^ an, unb befd^toört eud^ bei ben ©inge- 

1) "üflaö^ ^uttinger, ber für bicfeg ©cf^räd^ übcr^au^t fel^r mcrfroürbig 
ifl, p. 214, bemcrfte ber ?anbgraf fe(6fl biefen Untcrfd^teb, 



©cfrräd^ 3U 9Kar6urg. 123 

treiben ßl^rifti, bie Sqd^e mit reinem ßrnft, ium ^eile ber ©lau- 
bigen ju untemel^men, einen Sefd^lu^ ju ©tanbe ju bringen, t)on 
bem bie SBelt fagen fönne, er fei Dom . I^eiligen ®eifte auögegan= 
vjen " *). Gg toar eine Äird^enberfammlung berer , bie bom ÄatJ^oIi^ 
ci^muö abgetüid^en* SBäre e§ einmal bamit gelungen, fo tüürbe ba^ 
3RitteI gefunben getoefen fein, aud^ fortan in ber neuen 5ßartei bie 
fird^Iid^e ©inl^eit ju erl^alten. 

3uerft tourben einige borläufige Bi^cif^I befeitigt. 3Kan l^atte 
3toingli*n ^^rtl^ümer über bie (Sottl^eit ßl^rifti beigemeffen : er fjjrad^ 
fid^ ganj in bem Sinne beö SJicänifd^en ©laubenöbelenntnifjeö a\i^. 
%ud) über ben Segriff ber ®rbfünbe, auf toeld^em bie gefammte 
^eiföorbnung berul^t, bie SßJirlfamfeit be« äu^erlid^efi Sorten, bie 
laufe, toeI(j^e nid^t ein blo^eg S^^^^^ f^if erflärte er fid^ mit ben 
SSiltenbergern einberftanben. 6^^ fft lool^I unleugbar, ba^ 3toing(i 
frül^er in dum biefen fünften, inbem er ju einem unbermittelten 
Serftänbni^ ber Sd^rift ju gelangen fud^te, fid^ bon ben angenom- 
menen lirc^Iid^en Segriffen ^iemlid^ ioeit entfernt l^atte. 6r feierte 
hierin, toie Sutl^er, auf bie ©runblagen ber lateinifd^en Äird^e jurüdf^). 
3Jur in bem einen fünfte, auf ben eö bor allem anfam, toeld^er bie 
allgemeine 2Iufmerffamfeit befd^äftigte, in ber grage über bie (^nö^a- 
riftie, tbid^ er feinen Sd^ritt breit: ba l^offte er bielmel^r ben Sieg 
baöonjutragen. 3Kit großer Sebl^aftiöfeit b'rad^te er feine Argumente 
t)or: bie figürlid^e 35ebeutung be^ „ift" in anbern ©teilen; bie 6r^ 
lauterung, bie ßj^riftuö im 6. 6aj)itel Qol^annig felbft gebe, — bon 
toeld^er er fid^ tool^I bemel^men Ke^, fie bred^e Sutl^em ben ^aU ah, 
toa§ biefer faft mi^berftanben l^ätte — ; bie Uebereinftimmung mel^- 
rerer Äird^enbäter; enblid^ bie Unmöglid^Ieit, ba^ ein Seib anberg 
afö an einem Drt fei. Slttein Sutl^er l^atte bor pd^ auf bie Safel 
bie SBorte gefd^rieben : „ba^ ift mein Seib " ; er blieb babei , ba^ ba§ 
Sottet SBorte feien, an benen man nid^t beuteln m/iffe, bor benen 
ber Satan nid^t borüber fönne; er lie^ fid^ auf bie tiefer greif enben 
ßrHärungen, mit benen er ba§ 2lrgument bon ber Socalität, ol^ne 
bie ein Röxpex nid^t ju benfen fei, loo^l fonft beftritten l^atte, bie^ 
5Kal nid^t ein; ba^ „bebeutet" toollte er fd^led^tl^in nid^t bul- 

1) 3)a« ®cbi(^t ifl bon SJJcIand^tl^on in haß ^^avali^omenon jum Chro- 
nicon ürspergense aufgenommen (p. 495). 

2) SUfd^cr, Historia Motuum, fe^t p. 103 auöeinanber, inttjicfern frül^ere 
^^Setungen ber Obcriänber, mit ben bamaligcn gefifefeungen in SBlbcrf^rud^ 
taben. (SelBfl ^lancf, fonfl ein 35crfed^tcr ber Oberlänbcr, tfl ülöerseugt, 
H ?öWer ^icr 9?e^t ^at. 



124 , gänftee ^ü6}. @cd^«tc« ^apM. 

beit, benn 't>a§ nel^me ben Seib l^intoeg. 2)et Unterfd^ieb ift: aud; 
3tt)inflK'n ift bie (Seflentoart ßj^rifti an bag Stob gelnüt^ft ; Sutl^cm 
bagegen ift ba^ 8rob felbft bie ©egmtoart, unb gtoar ber gegen^ 
t^ärtige Seit : baig Sid^tbarc entl^ält baö Unfid^tbarc , tüie bie B^^xU 
ba^ Sd^tpert^). S33ol^I berfianb aud^ er baig ©enie^en fj)iritueB, er 
iroßte jid^ aber baö SK^fterium, ba« in bem 3^i^^ K^gt; nid^t ent- 
reißen lafjen. @r meinte, bie (Segner möd^ten tool^I nod^ nid^t in 
ben %aü gefommen fein, il^re (Srflärung in geiftigen Stnfed^tungen ju 
erproben*). ®r bagegen toar fid^ beJoußt, bamit gegen ©atan unb 
§ötte geläm^jft, unb ben S^roft barau^ gefd^öj)ft ju l^aben, beffen bie 
Seele in il^ren öergtoeipungöDoUften Stürmen bebarf. 

5ür bie 5<^rtenttoirfelung ber religiöfen ^ieen toäre eö, bünft 
mid^, nid^t einmal ju toünfd^en getoefen, Wenn S^i^gK f^i^^ ^fuf- 
fajfung, bie burd^" bie 3w^w*M^ung beS SK^fterium^ auf bie ur- 
fjjrünglid^en, l^iftorifd^ überlieferten 3Komente ber ©infe^ung eine fo 
unermeßlid^e SBebeutung für bie ganje Sluffaffung beö ß^riftentl^umö 
außerl^alb ber conftituirten Äird^lid^feit in jtd^ fd^Ioß, aufgegeben l^ätte. 
3n ben übrigen fünften, too er nad^gab, toar er nod^ nid^t fo ftd^er, 
fo feft getporben: biefen aber l^atte er nad^ allen Seiten iJurd^bad^t, 
l^ier tüar er feinet ©egenftanbe^ SWeifter, er entl^ielt fein ^rinci}?: 
ben Heß er fid^ nid^t entreißen. 

ßbenfotoenig tüäre e^ aber aud^ bon Sutl^er ju erloarten ober gar 
ju forbem getoefen, baß er ber-anbem ßrflärung beigetreten toäre. 
Sein StanbJ)unft ift übexijaupt, baß er ein ^ntool^nen beS göttlid^en 
(SIementeö in ber d^riftlid^en Äird^e feftl^ält, ioie bie ^atl^olifd^en. 6r 
fielet e^ nur nid^t in ben mand^erlei S^fälligleiten, toeld^e })l^antaftifd^e 
unb foj)l^iftiftrenbe ^al^rl^unberte überliefert "f^atim. 3)a biefe i^m 

1) %i^ eine ^au^tjlettc für bie 2)iffercuj möd;te id; folgcnbc in htm 
3tuegug auö bci\. bieten Bei ©cultctuö anfc^en, p. 217: Lutherus affirmat 
(bie ^ebe ift t)om 6. iSapitel ^e^anni^) non ipsam manducationem oralem, 
sed manducationis modum, crassum illum, qualis est carnis bovillae aut 
suillae, rejici. Oecolampadius, arrepta inde occasione, de duplici ver- 
boiiim Christi intelligentia disserit, humili sive carnali, et sublimi sive 
spirituali. Humilem sive carnalem verborum Christi inteUectum eum esse, 
quem Lutherus asfierat a Christo repudiatum : spiritualem sive sublimem 
esse iUum quem Christus jusserit amplecti. Contra Lutherus: fieri noii 
posse nee debere, ut ad spiritualem tantum inteUectum verba coenae re- 
ferantur, siquidem remissio peccatorum, vita aeterna ac regnum caelorum 
carnalibus istis ac humilibus, ut appareant, rebus, per verbum dei an- 
nexa sint. 
~ 2) (grflorung Sutl^crö an ?anbgraf W^'^PP ^«i be 2B. UI, p. 510. 



®cf^räd^ ju aWarburg. 125 

bic ®ctoi^eit nid^t getoäl^rcn, bcrrtt er bebarf, fo gel^t er auf bte 
urf))rüng{i(^en QueQen gurücf, auf tpeld^e aud^ fie ftd^ bejtel^en; unb 
nur bag nimmt er an, toaiS er ba finbet. 33on ben fteben Sacra- 
menten ffält er nur bte jtoei feft, öon benen t^aö neue 2^eftament 
unleug&are ^Reibung ti^ut. ätber biefe tpiff er jid^ nun aud^ um 
feinen $reii entbinben, ober in il^rer gel^eimni^botten Sebeutung 
fimälcm laffen. 

ßg finb, toie gefagt, gtoei bon üerfd^iebenen ©efid^t^t)unften, 
aber mit gleid^er 9?otl^h)enbigleit entftanbene 2tuffaffungen. 

(Setoinn genug, toenn man nun aufl^örte, fid^ gegenfeitig ju 
Derte^em. Suti^er l^atte gefunben, ba^ bie ©egncr e§ nid^t fo 6öfe 
meinten, toic er geglaubt. Slud^ bie Sd^ioeijer gaben jene grobe 
Sorftettung auf, bie pe öon ber lutl^erifd^en Sluffaffung biiSl^er gel^egt 
Ratten. Sutl^er meint, bie §eftig!eit ber Sireitfd^riften toerbe ftd^ 
nun legen *). 

3uncid^fk tourben alle bie loid^tigften ©rauben^artifel, in benen 
man übereinftimmte, berjeid^net unb bon ben S^i^eologen beiber 5ßar= 
leien unterfd^rieben; bie STbtoeid^ungen Don bem römifc^en SSefenntni^ 
fotoo^I, toie bon ben toiebertäuferifd^en Secten finb barin forgfältig 
bemerft; eö ioar bod^ aud^ bie^ eine ertoünfd^te ©runblage gemein^ 
i(i^aftHd^er fJortentn)idfeIung, unb baig SKarburger ©e^räd^ ift burd^ 
bie geftftellung berfelben auf immer toid^tig. 2)er fünfjel^nte unb 
Ie|te biefer Slrtifel betrifft bag 3lbenbma^r. 3Wan ift über bie 2lrt 
unb SBeife ber ^Jeier unb bet\ 3^^* berfelben, felbft barin einftim= 
^f ba^ l^ier ber ioal^re Seib unb ba^ n^al^re 33Iut ß^rifti geiftlid^ 
genojfen toerbe; nur über bie eine ^age fann man fid^ nid^t k)er- 
einigen, ob biefer ioal^re Seib nun aud^ leiblid^ im Srobe fei. S)a 
trennt ftd^ eine freiere Sfuffaffung ber ©d^rift bon bem in ber 
Äiri^engemeinfd^aft geltenb geworbenen Segriff beiS SK^fteriumiS. 
Jo(^ toitt ein %^dl gegen ben anbern d^riftlid^e Siebe ausüben. 

3Jur fo ioeit gab Sutl^er nid&t nai), ba^ er aud^ brüberlid^c 
Siebe gctoäl^rt, b. i. ba^ er anerfannt l^ätte, man bilbe nun eine 
findige ©emeinfd^aft*). Xa^u Wax \f)m ber ©egenfa^ bei loeitent 

1) SWeknd^t^pn fagt in bem StnI&ang gum (Sl^ron. Urf^crgenfc: Triduo 
daravit colloquium, et durasset diutius spe uberioris tum concordiae 
foturae, nisi horrendus ille morbus sudatorius — — vocatos disper- 
sisset. 2)a8 ifl bann in SuIIinger übergegangen. @« geigt n?enigjlen8, kücld^er 
Sinbrurf Bei SWetand^tl^on geblieben toar. 

2) ^^nt^er an ©crBettiu« 4. Oct: Demmtiatum est eis, nisi et hoc 
articnlo resipiscjint, charitate quidem nostra posse eos uti, sed in fra- 
trum tt Christi membrorum numero a nobis censeri non posse. 



126 günftcö «u(^, Scd^ötc« (So^iteL 

ju tief greif enb, baiS 2K^fterium, bet 9JlitleI>)Uttft beö (SlauBeng unb 
3)ienfte^, Diel ju toefentlid^. 

gür bie Sufunft bemnad^, für ba^ Setou^tfein, bafe man ber 
Slbtoeid^ung jum 5Cro$ im ©runbe bod^ bem nemlid^en Selenntnifli 
angel^öre, toar burd^ bag ®eft)rcid^ nid^t toenig gewonnen; ber Jjoii- 
tifd^e 3^etf bagegen, ben Sanbgraf 5ßl^ili})t> i^w 3luge gel^abt, toie 
er öon bem 3Roment geboten tpurbe, toar berfel^It. 

3SieImel^r erfolgte eben ba§ ©egentl^eil toon bem, toaö er Uai- 
fid^tigt l^atte. 

SSon SKarburg eilte Sutl^er nad^ Sd^leij, too in biefem äugeii- 
blidf ßl^urftirft 3*>^ftnn öon Sad^fen unb 5Karfgraf ®eorg öon 
93ranbenburg jufammengelommen toaren, um über bie S^Iöffigfeit 
be^ oberlänbifd^en Sünbnifjeö ju beratl^fd^Iagen. SRid^t allein ü6er= 
geugte Soctor Sutl^er bie dürften, ba^ eine boHfommene (Sinl^eit bee 
(älauben^ baju gel^öre, ioenn man fid^ gegenfeitig t>ert]^eibigen toolle; 
fonbem fte befd^Iojfen aud^, bie Slrtilel, ioorauf jene ©inl^eit beruhe, 
gegen einanber gu befennen, unb !Riemanb in bie SSerbinbung aufju- 
nel^men, toer aud^ nur in bem einen ober bem anbem berfelben abtoeid^e^). 

3Hi§ bie oberlänbifd^en ©efanbten ju einem neuen ßonöent in 
Sd^toabad^ im Dctober eintrafen, toarb il^nen toirllid^ öor aller anber- 
toeiten SSerl^anblung ein fold^eS Sefenntni^ jur Unterfd^rift borgelegt. 
®^ fmb bie fogenannten Sd^toabad^er fiebgel^n Slrtilel. 6ö bebarf 
Jtjenig ©d^arffinn, um ju bemerfen, ba^ pe bie größte SleJ^nlid^feit 
mit ber SKarburger Uebereinfunft l^aben. 25ie ^olge ift bon öom 
l^erein, j. S. in ben erften neun Slrtifeln, bie nemlid^e^); aud^ bie 
Slu^brüdfe ftimmen meiftentl^eiB toörtlid^ jufammen ; nur einige toenige 
SSeränberungen finben fid^, unter benfelben aber bie entfd^eibenbe im 
10. ärttlel, bie Seigre, „ba^ ber toal^re Seib unb Slut (S^rifti tra^r^ 
l^aftiglid^ in 33rob unb Sßein gegenwärtig fei", fogar mit ber poU- 
mifd^en Semerlung, ba^ ber SBibertl^eil borgebe, e^ fei ebm nur 
93rob unb SGBein. 35ie Sd^toabad^er ätrtifel pnb eine ettoo^ umge- 
arbeitete Stebaction ber 3Karburgifd^en Uebereinfunft, in ber iebod^ 

1) 2)er 2lbfd^icb in »öd^leig . mar ttjol^l nur münblid^. ^lan erficht feinen 
Onl^alt anö ber Snfiruction für bie d^urf. unb mggf. branbenburgif(^en 9Jat^e 
^^^ bem @d^mabac6cr (Sonöent Bei mMtx p. 281 unb bei SBald^ S3b. xm 
p. 669. @rper,2lrtifer. 

2) 2Ba8 bie ©d^ttjabad^er 2lrt. VIII mel^r gu Ijiaben fd^ctncn, finbet fic^ 
in ben 2Warburgifd(icn unter bem Xxtd: de iisu sacramenti. SSergl. ben 3lb^ 
brucf ber 17 Slrtifel bei 3öald^ XVI, 778 unb bi^jjlomatifd^ genau in Sebere 
Äritifc^er ©efd^id^te ber 3(ug«b. Sonfeffion, S3b. I, ^nl^ang 1. 



«Spaltung unter bcn ^rotefiantcn. 127 

ber Segriff Sutl^erS aU allein ßültig angenommen lüorben '). 3latixx= 
lid^ fonnten bie ©efanbten üon Ulm unb Strasburg bie^ Sefenntni^ 
mäjt unterfd^reiben. Sie bemerften, e§ ftimme mit ber bei il^nen 
i^errfd^enben 5ßrebigth)eife ntd^t überein, jxe feien auf bie SSeränberung 
nid^t inftruitt, fte fönnten erft auf ber näc^fken B^fammenfunft eine 
etflärung barüber beibringen. 

Gö lie^ fid^ öorauöfel^en, bafe biefe abfd^Iäglid^ auöfaCen, unter 
fold^en Sebingungen ber entworfene 33unb toieber aufgegeben toerben 
mu^te. 

Unb gerabe in einem SWomente erfolgte biefe ©ntjtoeiung, in 
torfd^em bie faiferlid^e ©eloalt ftd^ immer feinbfeliger geigte. 

3)er ^aifer l^atte nod^ Don Bpankn anß feine 3Jlipiffigung ber 
$roteftation auggeft^tod^en ; bie* bereinigten ©tänbe ijattm \xct) l^ier- 
auf entf d^Ioffen , eine ©efanbtfd^aft nad^ Stcilien an xl)n gu fd^idfen, 
um il^re Sd^ritte gu red^tfertigen; allein ioie toar baö fjjanifd^^fatl^os 
lifd^e SBeltelement, auf baö bie ©efanbten in ber Umgebung be§ 
Äaiferg [tiefen, il^ren 2lbfid^ten fo gang entgegengefe^t! SDer ^aifer 
to\eberl^oltc nur feine frül^eren (Srflärungen. @r iooHte bie 5prote= 
ftation nid^t , annel^men unb toar f el^r untoiHig , afö bie ©efanbten 
biefelbe bem Secretär, ber mit il^nen unterl^anbelte, auf ben 2^ifd^ 
legten. 35en gangen §of entrüftete e^, ba^ ber eine ber ©efanbten, 
SKid^ael ^aben, eine il^m öon bem Sanbgrafen mitgegebene ©d^rift 
t)roteftanttfd^eii 3nl^alt§ bem red^tgläubigen Äaifer, ber al^ ba^ toelt= 
lid^e Dber]^au})t ber fatl^olifd^en Gl^riftenl^eit bal^ergog, in bie §änbe 
Brad^te. SJie ©efanbten mußten bem §ofe eine Seitlang al^ ©e^ 
fangene folgen ; nur burd^ eine 2lrt i?on %lvL^t fonnten fie fid^ retten. 

®§ toäre jebod^ ein ^rrtl^um getoefen, toenn man gel^offt l^ätte, 
ba^ fo feinbfelige unb brol^enbe SSegegniffe bie ^roteftanten toieber 
bereinigen h)ürben. 

1) fRicberer fanb bei bem Slutogra))^ einer in baö So^x 1530 faHcnbcn 
SJorrcbe ?ut]j>er« gu ben 17 Slrtifcln folgcnbe SBorte tjon ^cit S)icbrid^8 $anb: 
Praefatio ad 17 articulos Marburg! scriptos, unb grünbete barauf bie Söc* 
Sau^tung, baß bie 17 Slrtifcl felbjl gu SJiarbitrg »erfaßt njorben. 2)ann tüürbe 
fic ?ut^cr fd^on fertig nad^ @ci^Ieij mitgebracht l^aben. 3n ber S^l^at, \t'i)x bc* 
Wäftigt tt?ürbe Sut^cr gctocfcn fein. 2lm 30. ©e^tember fam man, am 1. 
2. 3. October biö^ntirte man, am 4. tt)nrbc bie äJiarBurgifd^c Ueberein!unft 
unterfd^ricben, am 5. rciflc er ab, Tlit bem (S^arafter ber 17 Slrtifet fiimmt 
aBcr bie bortigc Slbfaffung nic^t übet gufammen. iRur muffen fte f^jäter retoi* 
iiirt, ^ie unb ba näl^er beftimmt »orben fein, tocnn eö toa^r i|l, tüa9 man in 
'Sc^malfalben bcn ©täbten fagte, „bie Slrtifcl fetten fcre »olbebäd^tig inib 
mit ta^ferm 9latl^ gelertcr unb ungelerter dtcitf}t geftettt". 



128 fünfte« ^ud^. ^ec^dted (Sa^ttel. 

Stuf eben bct SSetfammlung, auf tocld^er über btcfelben Setid^t 
crftattet tourbe, ju ©c^mallalbcn im 3)ecembcr 1529, ixaij unter 
tl^nen erft ^er t>oUe 3^i^ft>A(t aud. 

SDen Dberlänbem — bie fid^ l^ier hex Weitem jal^Ireid^er cinge^ 
funbcn fjatien, afö ju Sd^ioabad^ — tourbm bie fiebje^ ärtiW 
neuerbingd t)orge[egt; Ulm unb Strasburg, beten 93eif))iel bie übri« 
flen JU folgen Jjpegten, erflärten bepnitib, ba^ fie bief elben nidjt 
unterfd^reiben toürben. hierauf toarb il^nen eben fo beftimmt ertoibert, 
ba^ man bann aud^ nid^t mit il^nen in S3unb treten fönne. ©o leb- 
l^aft fte bennod^ barum baten, fo bringenb ftd^ ber Sanbgraf für ftc 
i)ertoanbte — benn öon bem Äaifer l^abe man nid^tö anbereiS ju tt- 
toarten al^ Ungnabe unb ©etoalt — fo tt>ar bod^ atteö üergeMic^. 
SRid^t einmal bie Slelation ber ©efanbten ioottte man il^nen mittbei^ 
len, toenn fte fid^ nid^t juöor im ®lauhm einl^ettig belennen toürben % 

Unb im Saufe biefer 3Serl^anbIungen toar nun aud^ nod^ eine 
anbere ^rage Don mel^r ))olitifd^er 9Iatur jur @^rad^e gefommen. 

211« Sutl^er feinen $erm öon bem 33unbe mit ben Dberjänbem 
abmal^nte, liegte er nod^ bie Hoffnung, ba^ ein S?erftänbni^ mit bem 
ilaifer möglid^ fei. 

@r fa^te babei bie reformatorifd^e Xl^ätigfeit nur in i^rer allge 
meinften Sebeutung auf, inloiefern fte fxä) auf eine Befreiung be^ 
toeltlid^en Staube« t)on ber J&ol^eit unb bem 2lnft)rud^ eine« reli^ 
giöfen Sorjuge« bejog, toeld^en bie ©eiftlid^Ieit bi«l^er gemad^t ^atte. 
6r fteffte öor, toie unjäl^Iige, Don Qebermann gerügte 5Ki^bräuii^c 
er gel^oben unb bod^ babei nad^ ber anbem (Seite l^in SBiebertaufc 
unb Silberfturm ritterlid^ bdämpft; l^aujjtfäd^lid^ aber unb ganj mit 
SRed^t red^nete er ftd^ al« ein 3Serbienft an , ba^ er ben Segriff m 
Dbrigleit unb toettlid^er SWajeftät toieber ertoedft unb gu allgemeiner 
ainerlennung gebrad^t l^abe. 35on bem Äaifer l^atte er eine fo l^obe 
3Reinung, ba^ er glaubte, e« müjfe il^m einleud^ten, tocnn man i^m 
toorftelle, ba^ in. ben ebangelifc^en Säubern bie Seigre be« GJ^riften- 
tl^um« reiner gej)rebtgt toerbe, al« feit taufenb S^i^ren. Sutl^er w 
t)on bem Segriffe be« Sieid^e« nid^t t)iel minber burd^brungen, ol^ 
bon bem ber Äird^e — id^ fage nid^t Don ber momentanen 6rf(^«' 
nung beffelben, fonbem bon feinem Qnl^alt unb SEBefen — unb er 
fül^Ite eine äl^nlid^e $Pein, fid^ Don bemfelben loörei^en ju fottcn. 

3n ber 3;i^at ftnb l^terauf Unterl^anblungen jtoifd^en bem 61^»^= 
fürften unb Äönig gferbinanb angefnüj)ft toorben. Sei gferbinanb 

1) ^-pvotocoff bei* 5Scrfatnm(ung Sonntag nad^ Satl^arinä 1529, b« 
€troBeI IV, 113. 



«cid^örcd^tltd^c ©trcitfraöc. 129 

(jingen fic, h)te er feinem SBruber mel^ aU einmal fd^reibt, J^au^Jt- 
fäd^Kd^ t)on ber SJeforgni^ axi^, ba^ eth)a bor beffen 3[n!unft eine 
Setoegnng ber ^ßroteftanten erfolge, toaö il^m fel^r berberblid^ l^ätte 
h)erben fönnw; Bei bem ßl^urfürften-Don ber natürlid^en B6)eu, fid^ 
bon bem D6erl^auj)te beö Sfleid^eiS ju trennen, bie Sut^er no^ tefom 
ber^ in il^m ertoetft l^atte. ®em Sanbgrafen tarn bie Sad^e ^utüeifen 
BcbenHid^ öor. 6r fragte einft fel^r tro^ig bei bem Gl^urfürften an, 
toejfen er fld^ ju il^m ju berfel^en l^abe, h)enn er angegriffen toerben 
fotttei), 

3(ber aHmäl^Iig mu^te ftd^ bodb jeigen, toie toenig fid^ t)on biefen 
Unterl^anbrungen erioarjten lie^. @iS toar Ilar, ba^ man eö nid^t, tt)ie 
ber ßl^urjjrinj bei jenem ©ntlDurf be§ 33unbe^ borauögefe^t l^atte, 
6b§ mit ben ©tänben gu tl^un baben toerbe. ©d^on in ber ^n- 
ftruction beö ßl^urfürften für feine ©efanbtfd^aft nad^ Sd^toabad^ l^ei^t 
e^: bie gro^e ©efal^r loerbe je^t an ber l^öd^ften ©teile fein 2). 

3)a trat nun erft jene Weitere ^rage ein, ol^ne beren 33eant- 
iDortung aud^ bie im ©lauben ©leid^förmigen fid^ nur öergeblid^ 
berBanben, inwiefern eö nemlid^ Überl^aujjt erlaubt fei, bem Saifer 
ju iüiberftel^en. 

9Wit ^e6)t bemerfte ©ad^fen, ba^, toenn man fid^ nid^t ijor allen 
Singen l^ierüber Vereinbare, jebeö SSünbnife nur jum ©d(»ein bienen, 
feine guberfid^t geben, feine SRettung möglid^ ma^en tüerbe. 

SBar nid^t ber.Äaifer bie l^öd^fte Dbrig!eit? 3Rufete man i^m 
nid^t nad^ ben SBorten ber ©d^rift, bie man felbfl fo oft aufgerufen, 
in jebem fjatte ©el^orfam reiften? 

3[n ©ad^f en felbft unterfud^te man f ^ien biefe %xa^e mit fcrujju^ 
löfem ®rnfte. 3)ie ^[uriften ftü^ten fid^ auf ben ©runbfa^ be« 
Sed^te«, ba^ bem Sebrängten bie ©egenh)el^r geftattet fei, unb l)xe^en 
ben 3Biberftanb gu^. 35ann tüarb bie ^rage aud^ ben S^l^eologen 
borgelegt, jebod^ in Sutl^erö unb SKeland^tl^on^ 2rbn)efen]^eit, bie fid^ 
eben in 5Karburg befanben. Sugenl^agen, bem nun bie ßntfd^eibung 
oblag, lam ben Sw^ften mit einem tl^eologifd^en ®runbe ju §ülfe. 
6r urtl^eilte, toenn eine ©etoalt, bie afferbing« bon ®oit ftamme, 
fid^ toiber ©Ott öuflel^ne, fo lönne fie nid^t mel^r afö eine redete 
Dbrigfeit betrad^tet toerben. 

®anj eine anbre SKeinung [teilte aber Sutl^er auf, afö er jurütf^ 
geleiert. 6r fanb, bajj ben 9led^t^f})rüd^en , nad^ ttjeld^en fid^ ber 

1) 9lommel UrfunbenBud^ nr. 9. 

2) Snflruction nad^ (^^mU^, bei ©Mütter 282. .- 

*. «anlc'« «Bette IFI. 9 



130 Sänften $U(^. ^t^9M dapittU 

SBibcrftanb bert^eibtgcn lä^t, anbete entgegenftel^en, toeld^e ifen m- 
Bieten: mit biefen aber ftintme bie ©d^rift überein. SBäotte man ft(^ 
gegen einen dürften auflel^nen, ber toiber ©otte^ SBäort l^nble, fo 
toetbe man ftd^ can (Snbe l^erau^nel^men, nad^ eignem @rmef{en aQe 
Dbrigfeit gu Dertoerfen. 

3n bemfelben ©inne erflärten ftd^ aud^ bie Sll^eologen l>on 
9?ämberg. Qo^ann Srenj gab bem SKarfgrafen ein eben ba^in 
jielenbe^ @utad^ten. 

@ö toaren im ®runbe bie Seigren bom leibenben @el^orfam unb 
Dom Siedete be^ SBBiberjianbe^, toeld^e l^ier einanber entgegentraten. 

9Ran toei^, tüie toiel biefe Seigren, unb jtoar eben in il^rer §Ber= 
binbung mit geiftlid^en ©eftd^tigpunften , jur (SnttoidEelung ber ))oIiti- 
fd^en 2^l^eorien in ©urojja beigetragen l^aben: fel^r merftüürbig , ba^ 
jie fo frül^ unb junäd^ft in 3)eutfd^Ianb jur @))rad^e famen. 

®od^ foratten fie l^ier nid^t ju il^rer boHen Sebeutung gebracht 
toerben. 2lnbertoärtS berül^ren fie baö lebenbige 3Koment, auf ba^ 
fid^ alle ®nth)idfelung ber a^i^eorie begiel^t, baö SJeri^ältni^ jtoifd^en 
^rft unb Uittertl^an; — .in Seutfd^fanb toar l^iebon gar nid^t bie 
SRebe: ber S^^U^ betraf nur bag SSerl^ältni^ einer tiefer gefteHten 
Slegierung unb einer l^öl^eren, ber 9leid^öfürften nrib beö Äaifer^. 

3n 3)eutfd^Ianb l^atte bie fjrage mel^r einen reid^^red^tlid^en, 
al$ einen aUgemeinen ftaat^red^tlid^en ^nl^alt. @ie lag eigentltd^ 
barin, ob bie l^öd^fte ©eloalt im Sleid^e monard^ifd^er ober arifto- 
fratifd^er 5Ratur fei. 

gütiger, ber im Äaifertl^um eine fjortfe^ung beiS altrömifd^en 
fal^, toie eiS in ber ©d^rift borfommt, ^ielt an bem begriffe bet 
SRonard^ie feft, toeld^e bort bormaltet, ©r Derglid^ tool^I baö aSer- 
l^ältni^ feinet ßi^urfürften ivm Äaifer mit bem 3Scrl^äItni^ eine« Stir- 
germeifteriS in 2;orgau jum ßl^urfürften felbft. SBrenj meinte, bie 
Surften feien fo toenig bered^tigt, gegen ben ^aifer bie Söaffen p 
ergreifen, ioie einft bie Sauern gegen 3lbel unb ^ßrälaten. 

Qbm bei biefen SSergleid^ungen aber fjjrang in« Sluge, irie 
toenig bamit ba« SBefen ber ©ad^e bejeid^net tourbe. 33on ber an- 
bem ©eite mad^te man geltenb, ba^ bie fjürften ant!) nid^t einmal 
mit ben römifd^en Sanb})flegern in ber ©d^rift, gefd^toeige benn mit 
Sürgermeiftem ober gar Säuern gu bergleid^en feien: fie feien bem 
Äaifer mit Sebingung il^rer greil^eit unb Sfled^te, mit 9Wa^ unb Se^ 
[d^ränfung, nad^ ben il^nen berliel^enen ©ered^tfamen untertoorfen. 



9iei(^ere(^t(i($c Streitfrage. ^ 131 

UeficrbieiS feien auö) fie Cbrigfeit, unb i^re ^flid^t, ba^ ©bangelium 
311 befc^ü^en ^). 

Sluf bem ßonbente gu 5Rürnberg äußerte ber fäd^ftfcl^e Ganjler, 
aber unter ber an^brücHid^en SSerlüal^rung , ba^ er bamit nur eine 
(jerfönlic^e SJleinung augf})recl^e, er fei atterbing^ toon ber Sted^t« 
mä^igfeit eineö SBiberftanbe^ gegen ben Äaifer überzeugt. Qx fül^rte 
bie beiben ertoäl^nten (Srünbe an: einmal, aud^ bie ®c\üalt ber an= 
bem dürften ftamme bon ©Ott; unb fobann, tooUe ber Äaifer jur 
ffiieberannal^me be^ 5Pa})fttl^uniö gtoingen, fo fei er mel^r ein S^inb, 
unb man bürfe eö nid^t bulben. 

®r fanb jebod^ bamit toenig Seifalt, 2lfö er fid^ eine^ 2^age^ 
in feine ßanjiei berfügte, trat i^n ber nümbergifd^e ©tabtfd^rfiber 
StJengler an, ben tüir bod^ afö einen in Sled^tiggefd^äften fel^r ges 
übten SWann fennen, unb befd^ulbigte il^n beö S^rtl^um^. Sie ge* 
riell^en mit einanber in lebl^aften 3Borth)ed^feI, ben fle ber Umftel^en* 
ben l^alber bie Sefonnenl^eit l^atten lateinifd^ ju fül^ren. 

SSie Slümberg, fo toar aud^ Sranbenburg gefinnt. 6an5ler 
Sogler öerftd^erte, fein ^err fei entfd^Ioffen, toenn ber Äaifer il^n 
überjie^e, fid^ nid^t ju toel^ren, fonbern atteö jn bulben, toa§ ©ott 
il^m auflege. 

35iefe 3Reinung bel^ielt bamalö felbp in ©ad^fen ben $Ia|. 
Sutl^er erllärte, oud^ toenn ber Äaifer feinen ®ib übertrete, fo bleibe 
er bennod^ Äaifer, bie bon ©ott gefegte JDbrigfeit : tootte man il^m 
nid^t mel^r gel^ord^en, fo muffe man i^n abfegen. SÖol^in fönne eö 
ü6er§auj)t fül^ren, loenn man bie 3Baffen gegen il^n ergreife? 3Kan 
mü|te il^n öerjagen unb felber Äaifer ioerben, tva^ bann 3?iemanb 
bulben toerbe. 

Sutl^er tou^te leinen anbern SRatl^, alö, iomn ber Äaifer er= 
jc^eine, um ©etoaltfamfeiten ju öerüben, fo bürfe i^n freilid^ fein 
prft bobei unterftü^en, benn bamit tvixxhe er felber gegen ben ©Iau= 
benfünbigen; aber man bürfe fid^ au6) nid^t toeigern, il^m ba^ Sanb 
ju öffnen unb il^n barin nad) feinem SOßiHen öerfal^ren ju (ciffen. 
6r toieberl^olte, toenn ber Äaifer il^n unb bie ätnbern forbere, fo 
tpürben-fie erfd^einen: ber ß^urfürft foHe il^retl^alben feine Sorge 
!?aben. ^tnn ein S^ber muffe auf feine ©efal^r glauben. 

1) Sinrebc auf baö gefießtc SSebenfen, atö ob Äaiferlid^cr 2)^aief}ät nid^t 
inog Sßiberflanb gcfd^et)cn. 53ei §ort(cbcr II, 11, 12. §ortIcbcr fe^t eö „et* 
it^an 1531"; ba e« f\d) aber auf bie Begegnung begießt, »ctc^c bie jüngfie ber 
^votcpirenben 9lat^botfd^aft erfahren, fo fotttc i^ glauben, e« müßte @nbe 1529 
tJber 5lnfang 1530 gefegt merben. 

9* 






132 



günfted ^n6f. ©ed^dted <Sa|>tteT. 



SDal^in tarn eö in tocnig ÜRonaten mit bem 93ünbni^, baö 
6urot)a erfd^ütlern gu müfjen gcfd^ienen. 6^ \üax ^an^ aufgclöft. 
©elbft bie territoriale SSerbinbung fd^icn gegen ben Saifer nid^t f^ü^en 
ju lönnen, 933ir [elften, ba^ bie 6injefnen ftd^ il^m einzeln nod^ ein= 
mal entgegenfteHen ju müfjen glaubten. 

üJlan mag baö tabeln, toenn man toiH, toie e^ fo oft getabelt 
toprben ift. $oIitifd^=fIug toar eö nid^t. 

2tttein nie trat tool^I bie reine ©etoiffenl^aftigleit- rüdfftd^t^lofer, 
großartiger l^erbor: 

SiKan ftelf^t ben J^inb gerüftet l^erannal^en , man bemimmt fein 
S)rol^en, man täufd^t fid^ nid^t über feine Slbfid^ten, man ift ü6ep 
jeugt, baß er ba^ 2leußerfte berfud^en toerbe. 

3(ud^ l^ätte man ©elegenl^eit, einen Sunb gegen il^n ju etrid^ten, 
ber (Europa erfd^üttern, an beffen ©pi^e man bem gur SBeltl^errfci^aft 
Stufftrebenben mäd^tig gegenübertreten, bag ®IüdE l^erauöforbem 
lönnte; allein man toiQ ba^ nid^t, man Derfd^mäl^t eS. 

' Unb jtoar nii)t etloa an^ ^urd^t, an^ S^^U^ ön ber eignen 
2^üd^tigfeit. 2)a§ finb SRüdEfid^ten, ioeld^e biefe Seelen nid^t lennen. 
SRan tl^ut e^ nid^t, ganj allein an^ SReligion. 

Einmal, man ioiK bie SSertl^eibigung beö ©laubenö nki^t mit 
anbern frembartigen S^tereffen öcrmifd^en; man ioitt ftd^ nid^t yi 
2)ingen, bie man nid^t überfeinen fann, fortreißen (äffen. 

gemer aber, man ioitt nur ben ©fauben, ben man felber glaubt, 
bertl^eibigen : man ioürbe gu fünbigen fürd^ten, toenn man fid^ mit 
benen öerbänbe, loeld^e, toenn anä) nur in (Sinem, aber in einem 
toefcntUd^en ^^unfte abtoeid^en. 

©nblid^, man jtoeifelt an bem Siedete, bem Dberl^erm ju toiber 
ftel^en, bie altl^erlömmlid^en Drbnungen be^ Sleid^e^ gu beriefen. 

©0 nimmt man mitten in ben loiber einanber laufenben, getüm^ 
mebotten 3«tereffen ber 3BeIt eine Haltung ein, bie nur mit ©ott 
unb bem ©etoiffen beratl^en loirb. ©o erloartet man bie.@efal(ir. 
„5Denn ©ott ift treu", jagt Sutl^er, „unb toirb nn^ nid^t laffen*'. 
©r fül^rt ben Bpxnä) be^ Qefaia^ an: „toenn il^r ftitt blkb^t, fo 
tüürbe eud^ gel^olfen". 

©etbiß, flug ift baö nid^t, aber e^ ift groß. 



2)te Domänen box Sßtem 

SBie bie Sefd^Iöjfe, fo tüaren benn aud^ bie "ßtfolge ber beiben 
Seid^ltage bon 1526 unb 1529 einanber burd^au^ entgegengefe^t. 

J)er etfte fül^rte bie ©bangelifd^en unter ©etüäl^rieiftung be^ 
Seidig ju il^ren gro|5en ©rünbungen; ber ghjeite entjog i^nen biefe 
iSetoäl^r unb gerfe^te fie jugteid^ unter einanber. 

Sber S^i^f^Jölt, ber feit jenen 3legen^burger ©a^ungen begon^ 
nen, toar nun ju öottem 3lu^6rud^ gebiel^en. 

^ä) benfe nid^t, ba^ lüir jU tt)eit gelten, h)enn tüir aud^ in 
§mft(^t ber auswärtigen äfngelegenl^eiten einen äl^nlid^en ©egenfa^ 
jtoifd^en ben folgen ber Beiben 9leid^gtage gu Bemerfen glauben. 

3)enn faft aUejeit ift mit einer entfjjred^enben , ben ©eniuS 
«ner Station Befriebigenben innern 6nth:)idfelung aud^ eine glüdftid^e 
Jenbenj nad^ an^cn berBunben. 

35a§ ^au^ Deftreid^, ia^ bamati^ ben Fortgang ber ^^an- 
gelifd^m gutl^ie^, toar bafür aud^ mit §ülfe ber beutfd^eii 9iation 
jur §errfd^aft in Italien unb in Ungarn erl^oBen h:)orben. 6S lie^ 
ft^ nid^t ertüarten, ba^, nad^bem biefeö ^avi^ eine fo ganj anbre 
Sid^tung eingefd^lagen, bie Steigung ber 3?ation il^m toieber jh, ®ute 
fommen toürbe. 

n^^ l^aBe gel^ört", fd^rieB S)aniel 3Kieg, ber bon bem 9leid^S= 
J^cöiwient auSgefd^Ioffen ioorben, an ben Slltammeifter gu Stra^urg, 
f;bie fiönigl. SKajeftät l^aBe um ^ulber angefud^t: mein Slatl^ toäre, 
c^ il^r nid^t gu Betoittigen, ba \xn^ fold^ eine ©d^mad^ gefd^el^en ift. 
6ö h)irb gut fein, ba^ toir unfer ®elb unb unfer ^ulber felBft Be= 
iS>a(tm, h)ir toerben e§ felBer Braud^en^)". 

1) ©amflag öor 3u6irate 1529. «ei 3ung «cif. nr. 37. 



134 günfteö «ud^. (Siebente« (Sa^itel. 

Sd^on mad^te bai§ SBerfal^rcn, baö Umltd^greifen beö $aufeg 
Deftreid^ eine attgenteine SSeforgni^ rege unb man l^atte feine Suft, 
eö emftlid^ ju unterftü^en. 6tn Seifiger beö Sleid^iSreöiment^, ab- 
georbneter beg fonft fo gut faiferlid; geftnnten granffurt, §'ammann 
t?on ^oljlf^ufen, bemerlt bod^, ba^ biele ©tänbe, mögen fie nun lutl^e- 
tifd^ fein ober nid^t, nid^t toiffen, h)aö fte toon Deftreid^ ju ertoarten 
l^aben ; fie beforgen, bie §ü(f e, toeld^e fte leiften, möge am @nbe bent 
Sleid^e unb ber Station gum ©d^aben gereid^en'). 

93alb barauf pnben toir in Ungarn Sriefe umlaufen, in benen 
au^ ben ©laubenöftreitigfeiten, in toeld^e g^binanb mit ben ©ro^en 
in SJeutfd^Ianb geratl^en, bie Unmöglid^feit l^ergeleitet toirb, ba^ er 
Ungarn bertl^eibige ^) 

Unb inbem nun biefe ©timmung l^errfd^enb tourbe, erfd^ien ber 
mäd^tigfte S^inb, ben baö Sleid^ feit i?ielen ^al^rl^unberten gel^aBt, 
ber 9le|)räfenlant einer anbem, ber d^riftlid^en entgegengefe^ten ffielt, 
an ben Pforten befielben. 

Qbm in' biefen Qial^ren trat in 6onftantino))eI ein ©efe^gelel^p 
ter, 9iamenö Äalib, mit ber 33el^auJ)tung auf, bem $ro|)l^eten 
QefuiS lomme ber 3Sörrang jit bor bem 5ProJ)l^eten 3Rol^ammeb. 3)er 
2)it)an, t)or bem biefer 9?euerer angeflagt tourbe, t)erfud^te bergebeit^ 
il^n ju ioiberlegen. 3lud& ber 3Jlufti, an ioeld^en bie (Bad)e atebann 
fam, toiberlegte il^n nid^t, l^örte il^n aber in affer gorm a6 unb öer^ 
urtl^eilte il^n jum ^^obe. S)ag Urtl^eil ftimmte ganj mit ber SKei- 
nung bei§ Sultan^ überein. 

Dl^ne iVL loiberrufen, erlitt Äatib in 3Jlitte ber SKoSlemö ben 
3^ob für ben SRamen 3efu. 

1) 2>\>tkx 9. Oct. „(S. 2Ö. n?erbcn auä) fleiffi! bebenfen unb ermcffcn 
bie fd^njinnen ( gefc^ttjinben ) lauf unb brattig (^>ractifen), fo in etlid^ Sareii 
öor^anbcn gemeft unb nod^ fmt, alfo baö alle (£^ur unb gürf!en, geiftlid^ unb 
hjettlid^, auä) anber Prälaten, §ervn unb ©täbt, fie feien lotterö (Iut^erif(i^) 
h?ie man benn bie nennen toitt ober nit, nit tool toiffen mögen, toeö pe fi^ 
öcrfel^en fotten, unb alfo baö bief eibig ^ilf, fo gemelt mein gnft, unb gn. 
^errn, (S^ur unb gürften, aud^ anbre ©tenbe unb @tet t^un tuerben, bem 
j^illigen 9Jeid^ unb Xtni^tx Station unb inen felber gu großen unüBertoinblitJen 
©traben unb nad^tait reid^en unb fommen möge". — @r tragt auf eine 55er* 
fammlung ber ©tobte an: ,,t)on ber unt! anbern @ad^en rebe gu l^aben unb 
gu beratl^f dalagen , fid^ tocrgleid^en einer 2}ieinung unb n?aö ^>ierin gu tl^un fi 
unb 2(ntn)ort gu geben tütxt**. 

2) 5Bei Äatona XX, i, p. 634: Rex Ferdinandus propter dissen- 
sionem suam cum imperio et aliis magnati'bus Almanniae, propter fidem, 
nuUum habere potest populum. 



Oömanifd^e 9?cc^tgläubigfcit. ©uleiman in Ungarn. 135 

'3)mn ©uleiman, bcr erftc bon ben ogmanifd^en ©ultanen, ber 
ftd^ um SKecca befümmett l^at, — erlief bort ba^ l^eilige ^au^ 
ber Saba, bie SKofd^ee ber ßl^abibfd^a erneuern, SBafferleitungen 
Bauen, ßottegien einrid^ten, — fal^ ftd^ öor allem gern al^ ben 
Stellvertreter, be^ 5Pro))l^eten an. „3d^, beffen SWad^t aufredet erl^alten 
toirb burd^ bie ©nabe beig 2lttmäd^tigen, burd^ bie Segnungen beö 
größten feiner ^ro^jl^eten, burd^ ben ©d^u^ ber bier erften Segün* 
fügten beffelben, id^, Qä^attcn ©otteö über beibe SSkIten". ©o be* 
jeid^nete er fid^ in einem ©d^reiben an ben Äönig t)on granfreid^. 
2)arauf grünbete etT feine Stnf^rüd^e. „S33ci|t bu nid^t", fagte fein 
Sd^toiegerfol^n 9Kufta))l^a 1528 ju Sa^ti), „ha^ unfer ^err ber näd^fte 
ift nad^ ^üdS), ha^, toie nur ®ine ©onne am ^immel, fo and) er 
ber einzige §err auf @rben ift?" 

3toä) ju einer 3^it, \m in Europa fein griebe gefd[;Iofj|en toar, 
too er erwarten fonnte, bie ganje Dj)|)ofition gegen 6arl Y in Voller 
J^ätigfeit gu finben, 4. 3Kai 1529, erl^ob fxä) ©uleiman mit einem 
§eere, bag man auf brittJ^albl^unberttanfenb 3Jiann bered^net l^at, 
jum l^eiligen Äriegt. 35or il^m l^er brad^ ber $ofj)obar ber SMoIbau 
in Siebenbürgen ein unb trieb bie Slnl^änger gerbinanbö au^ein= 
anber; bann ftieg Sol^ann 3<i^JoI^a mit ber Meinen S^ru))))^, bie fid^ 
um il^n gefammelt, bon ben Äarj)atl^en l^erunter; er l^atte baS ®IM, 
auf bie ferbinanbeifd^en Ungarn ju treffen, el^e fie fid^ mit ben 
Seutfd^en bereinigt, unb fte ju f dalagen; auf bem. ©d^Iad^tfelbe tjon 
5Kol^acj fam er mit bem ©ultan ^ufammen. ©uleiman fragte il^n, 
h)oburd^ er fid^ betoogen fül^Ie, ju.il^m ju fommen, ber Serfd^ieben^ 
l^eit i^re^ ©laubenö ungead^tet. „S)er 5ßabifd^al^", antwortete Qol^ann, 
,,ift bie 3wftud^t ber SBelt, unb feine 2)iener ftnb unjäl^Iig, fotool^l 
3)logIemg al§ Ungläubige". SSon.bem 5Paj)ft unb ber ßl^riftenl^eit 
au^gefto^en, flol^ B^t^ol^a unter ben ©d^u^ be^ ©ultanig. Qhm 
biefeö Sebürfni^ momentanen ©d^u^eö toar eiS t)on je^er getoefen, 
toaö bai oömanifd^e Sleid^ gro^ gemad^t l^atte. 

3n Ungarn fanb ©uleiman bieö 9JlaI fo gut toie gar feinen 
SBiberftanb. S)ie öftreid^ifd^e ^Regierung toagte nid^t bie leidste SKei^ 
terei aufzubieten : bei ber. ungünftigen ©timmung beö Sanbeö fürd^tete 
|ie einen Slufrul^r gu öeranlaffen. 2lber ebenfo Wenig l^atte fie aud^ 
eigene Äröfte, um bag Sanb ju öertl^eibigen. SDem Sefel^I^l^aber 
ber glotte, toeld^er feinen Seuten 40000 ©. jal^Ien foHte, fonnten 
nad^ langer 9Jiül^e nid^t mel^r alg 800 ®. überfenbet Werben. SRan- 
i^atte bie 5!JlitteI nid^t, um bie fjeftungen orbentlid^ ju befe^en. 

3)er SBefir ©uleiman^ ladete über bie abenblänbifd^en fjürften. 



136 günfted ^ud^. ^ithtnU^ (Sa^itel. 

toeld^e, toetin pe ünm Ärieg )u fül^ren l^ätten, baiS nötl^ige ®€lb 
erft öon armen Sauern er<)reffen müßten; er jeigte auf bie jtcbcn 
Xl^ürme, h)o feinem $erm ®oIb unb ©iI6er in gütte liege, toä^tenb 
fein 3Bort l^inreid^e, ein unerme^Iid^e^ $eer inö %di ju ftetten. 

Wtan barf pd^ tool^I fo fel^r nid^t öertounbern , toenn unter 
biefen Umftanben bie ftarfe 5ßartei, bie fid^ ju S^P'^i}^^ ^^^^^r ^^^ 
öotte Uebergetoid^t belam. SBBetteifemb eilten bie SRagnaten, bie 
ungarif d^en 33eg^, toie Suleiman^ 3;agebud^ fte nmnt, in befien 
Säger, um xf)m bie §anb gu lüffen. ^eter ^eren^ toottte toenigften« 
bie l^eilige Ärone für D#ftreid^ retten, aber untertoeg^ überfiel il^n 
ein 3Serh)anbter Qapol\)a§, ber Sifd^of bon günffird^en, nal^m il^n 
mit aüm feinen Äleinobien gefangen unb bxa6)tc fie iniS o^manifd^e 
Sager ^). 3Ber lennt nid^t bie ungemeine SSere^rung, toeld^e bie 
Ungarn i^rer Ärone toibmen, bie. fie einer unmittelbar göttlid^en 
©enbung jufd^reiben, bei beren änblidf «inmal lüol^l bie jur ©d^Iad^t 
erl^obenen ©d^toerter in bie ©d^eibe jurüdEgefel^rt toaren. 9lid^t ftarfer, 
fagt Slehoa, jiel^t ber 3Kagnet ba^ ©ifen an, alö bie Ärone bie SSer- 
el^rung ber Ungarn; fie l^alten für il^re^ ^fKd^t, ol^ne Stüdffid^t auf 
Äoften unb ©efal^r, fie aUentl^alben fd^ü^enb ju begleiten^)r Die 
3)ürfen öerftanben, fie itJerbe l^ergeleitet öon SZufd^irtoan bem ©e^ 
redeten. Unb bie^ ^aHabium nun, in toeld^em bie Ungarn ein gött- 
lid^e^ ©^mbol il^rer Slationalität unb il^re^ Sleid^e^ fallen, befanb 
M i^^^ ^^ ^^"^ -Säger ©uleiman^, toarb auf beffen Quq^ mit- 
gefül^rt. 

33ei biefem affgemeinen 2lbfatt fonnte man in ber %^at nid^t 
barauf red^nen, ba^ bie beutfd^en S3efa|ungen, bie e€ in einigen 
feften 5ßlä^en gab, biefelben ^u Uf)aupUn Vermögen würben. 3n 
Dfen ftanben ungefäl^r 700 t)or furjem angeworbene Sanb^fned^te 
unter bem Dberft Sefjerer. ©ie l^ielten einige ©türme au^; aU aber 
bie ©tabt genommen unb bie S3urg t)om ©t. GJerl^arb^berg l^er, 
ber fie bel^errf d^te, faft jn ®runb. gefd^offen loar, berjloeifelten fie, 
mit il^ren langen Sanjen ba^ ^euer beiS ^einbe^ beftel^en gu lönncn, 
unb l^ielten fid^ für bered^tigt, auf il^re Slettung ju beulen: fie nötJ^ig- 
Un ü)xm 2lnfül^rer, in caj^ituliren. ©ie ton^tm jebod^ nid^t, mit 
ioem fie e^ ju tl^un Ratten, ^bral^im 5Pafd^a öerfjjrad^ il^nen auf ba^ 

1) Zermegh Rerum gestarum inter Ferdinandum et Joannem com- 
mentarius, Bei ^dfvoanhtntx II, lib. I, §. 12. 

2) Rewa de sacra Corona regni Hungariae, Bei ©d^loanbtncr 11, 456. 
^gl. Tuberonis Commentarii ibid. 113. 114. 



Bnkman in 2)cutfd^Ianb. J37 

{JeierKd^fte freien SlSjug: noi) in ben %f)oxm bon Dfen tourbcn fte 
fämmtlic^ niebcrgel^auen *). 

Unb t>on ha toäljte jtd^ nun ol^ne Weiteren SEBiberftanb ia^ 
6arBarifd^e §eer nad) ben beutfd^en ©renjen, nai) einem Sanbe, 
fagen bic oömanifd^en ©efd^id^tfd^reiber, ba^ noi) nie öon ben §ufen 
mo^Iemifd^er Stoffe gefd^tagen trorben. 

3)a traf bte 4)rientalifci^e SGBeltntad^t, bie ü6er gertrümmerten, 
in ben unenttoidfellen Slnfängen ober bem fd^on h)ieber l^aI66arbari= 
firtcn Slbfterben ber ßultur begriffenen Steid^en errid^tet lüorben, 
jucrft mit ben Äemlanben be« occibenta{ifd^en Sebenig, in benen bie 
ununterbrod^ene ßontinuation beö gortfd^ritte^ beö allgemeinen ©eifteig 
i^ren ©i^ genommen unb in t)otten 2^rie6en toar, jüfammen. 

2)ie Domänen emjjfanben bod^ einen Unterfd^ieb, al^ pe unfer 
Saterlanb berül^rten. 

©ie begeid^nen e§ aud^ al^ ein Sanb ber Äafern — benn il^nen 
gilt atte^, toaö i^ren ^rojjl^eten nid^t befennt, als berfelbe VLn- 
glaube — , ate ein toalbigeö 9leid^, fd(>h)er gu burd^jiel^en : aber fie 
bemerfen bod^, ba^ eS Don ben ^adfeln beS Unglauben^ ganj befon^ 
berö erleud^tet, bon einem ftreitbaren SSoIfe unter graufamen Salinen 
Betool^nt, attenti^alben öon Surgen, ©täbten, ummauerten Äird^en 
befc^ü^t fei; eS mad^t auf fie ©inbrudP, ba^ fie, fo h)ie fie bie ©renje 
übcrfd^ritten l^aben, allerg im Ueberflu^ finben, beffen ba§ täglid^e 
Seben bebarf ^). ©ie nel^men toal^r, ba^ fie ein bon ben Elementen 
ber 6u(tur burd^brungeneS , . in feinen 2Bol^nfi|en gut eingerid^teteS, 
taj)fereg, religiöfeS SSolf öor fid^ l^aben. 

Sbral^im ergä^Ite ein ^^^r fj)öter öftreid^ifd^en ©efanbten, bem 

1) 2>ie cttüa« bramatifd^ auögcfd^müdtcn Äfagcn beö Urfmu« SJeliu« 
(lib. VI), baß bic Sanböfned^te bic alte bcutfti^c 2:a:|)fcrfcit ^icr öcrgeffcn, tcddft 
in neuere ©cfti^ici^töbüc^er übergegangen, »erfc^toinben , toenn toir einfad^ere 
^erid^te jener 3"t anr $anb nehmen , 3. 33. btn bcö ^^Jogenjofmeificrö bei 
^{^arbiu« in, 238: „arx ad voluptatem magis quam vim instructa erat etc." 
ober Bei ©ebaft. granf (tt)o^( ibentifd^ mit einem ber bamalö ^erausgcfom* 
mcnen fliegcnbcn ©lätter) p. CCLVI: ba« ©d^rog fei mit pkx gä^ntcin be* 
[e^t getoefen, „bie nitt fo ti( man ober cinjeliti^ i^erfoncn öermo(i^ten, al« ber 
XM taufenb; nod^ ^at er eilf genjaftiger ftürm baöon öcriorcn, baß er met>* 
net, eg mnn eitel ieufcl im ©d^toß". — „2Bo bie nit Qmt^**, fügt Reffet 
(linju, „teer tietteid^t bic 'Btat SBicn übereitet Sorben." „Sld^tl^unbert frummer 
bentfd^er Äned^t, bic l^ieltcn fid^ rebüd^ nnb red^t;'' fagt baö Sieb bei ©oltau 
p. 337. 

2) ©foloffabc bei Jammer, SEBichö «fie türfifd^c 35elagernng p. 101. 
«gl. bo« Jagebud^ ©uleiman« 22. ^tpt, Oöman. @efd^. UI, 650. 



138 günftcö ©ut^. (Siebentem (Sa^itel. 

Sultan fei öon il^rer ©fite angefaßt h)orbwt, er möge nid^t bor- 
tüdfen: fd^on ^lalte il^r §err, fjetbinanb, ba^ ©d^hoert in ber Siedeten, 
um il^n gu emj)fangen. 3>iefe 2)rol^ung aber l^abe ben Qvltan erft 
red^t angefeuert, benfelben ju fud^en. 6r l^abe il^n in Dfen ju finben 
gebadet f tt)0 ein ^önig t)on Ungarn feinen ©i^ l^aben foQte, jebod^ 
t)ergebeng. 6r fei toeiter gerüdft an bie öftreid^ifd^e ©renje, ba, \^ak 
er gemeint; h>erbe gerbinanb feiner toarten ; man l^aBe bem anrüdfen^ 
ben ©ultan aber bielmel^r bie ©d^Iüffel öon Srudf entgegengetragen. 
So fei er biig nai) Sßien gelangt, aber aud^ ba l^abe er toeber ger- 
binanb nod^ fein ^eer getroffen: er l^abe bemel^men muffen^ berfelk 
fei nad^ 2inj ober nad^ $lSrag geflüd^tet. Site er nun SBien gefeiten 
— fo fd^ön gelegen jtoifd^en SJBeingärten unb Sergen; unb bod^ in 
ber SKitte einer frud^tbaren (^bme — , l^abe er igefagt, i^ier njolle 
er augrul^U; ba^ fei ein Drt, trürbig cineö Äaiferö; er l^abe feinen 
Sd;ooö ausgebreitet, b. i. feine leidsten %x\ippm nad^ allen Seiten 
l^in auögel^en laffen, um anjujeigen, ber toal^re Äaifer fei gefotnmen 
in feiner BJlad^t^). 

So fteßt aud^ Suleiman felbft in einem Sd^reiben an SSenebig 
baig ©reigni^ bor. 6r erjäl^It, toie er Dfen gewonnen, Ungarn an 
fid^ gebrad^t, biefeS 9leid^ bem Äönig Qol^ann gegeben l^abe, ioie bie 
alte ^rone in feine §anb gefallen fei. ;,3lber mein 35orfa^ mx 
mä)t, biefe 2)inge ju fud^en, fonbern mit Äönig fjerbinanb jufant' 
menjutreff en *)". ^en erften beutfd^en ©efangenen, bie bor il^n ge- 
braut tourben, fagte er, er loerbe gerbinanb auffud^en unb trenn 
berfelbe mitten in 2)eutfd^Ianb toäre. 

3lm 26. SeJJtember langte er i)ox 9Q3ien an unb fd^Iug bafelSft 
fein Sager auf. S8om SteJ)l^anStl^urme auö fal^ man ein paar 
SiJleilen über 93erg unb 3^l^al nid^tö alg 3^1*^ ««b auf bem glufie 
bie Segel ber türfifd^en 2)onaufIotte. 3Kan jeigt nod^ ben 5p(afe, 
bei Sömmering, too ia^ §auj)tgejelt ©uleimanS ftanb, beffen innere 
?5rad^t bie golbenen Änäufe Denietl^en, mit beneit eS auSloenbig ge^ 
fd^müdft toar. Qx lagerte, h)ie er gebogen toar. ^f)n junäd^ft um- 
gaben bie Xxuppm ber ^Pforte ; l^inter il^m big nad^ ©d^h:)ed^at bel^nte 
fid^ ba§ anatoiifd^e §eer unter feinem Seglerbeg auö; i>ox il^m l^ielt 
ber ©eraigfier S'^^ö^i'" ^^^ ^^^ eurojjftifd^en ©i))al^i, ben SRumelioten 
unb SSoöniafen, ben ©anbfd^afö öon 9Koftar unb 33elgrab. Senn 

1) Bamberg unb 3urtfd^itf(^ M @eta^ 1530 p. 36. ^atcinifc^r g^^r 
übcrcinftimmenb, aber boc^ cigent^ümlicj^, p. 80. 

2) Copia della lettera del Sultan Solimano. Belgr. 10. Nov. ki 
§amttier ^Belagerung p. 76. 



(Sntmürfe be« 2Bk)errtanbte. 139 

X 

toie ber ©taat nur ia§ ^rieggl^eer ift, fo re^)räfentirt ba^ Sager 
felBft in feiner STnorbnung ha^ Steid^. ©d^on l^attcn bie Ungarn, 
toeld^e nod^ immer Wetteiferten, „fic^ mit bem §al^banbe ber Untere 
tj^änigfeit gu fd^mücfen", in biefem großen SBerein tl^re ©teile ge= 
funben. ß^ toar baö toeftlid^e 2lfien unb baö öftlid^e Qmopa, h)ie 
fie unter bem @influ^ be^ erobernben ^^am fid^ geftattet l^atten 
unb geftalteten; je|t mad^ten fie einen erften 3Serfud^ auf ha§ §erg 
k§ d^riftlid^en Europa, Xk leidsten 3^ruj)j)en fud^ten l^öl^er an ber 
Sonau l^inauf bie fabell^afte 33riufe beö jtoeige^^örnten 2llejanber 
auf, bie ©renje ber !t)l^antaftifd^en SBelt ber orientalifd^en ?K^tl^^ 
3)a§ ßafttl^ier ber araHfd^en SÖBüfte h)arb mit 3Kunbborratl^ unb 
Munition an bie ?iJlauem' einer beutfd^en ©tabt l^erangetrieben : man 
jä^Ite in bem Sager bei 22000 Gameele. SKit orientalifd^em ^omp 
feiert man ba§ Slnbenfen ber bor SBien ©efaHenen; öom 3öfenber= 
tfc^aufd^ garfara l^ei^t eö in ber ©efd^id^te ^otfd^etoi'^, er l^abe l^ier 
bei ber Slnlunft ben Sedier beö i^lamitifd^en SWart^rtJ^umö getrunfen, 
unb ber> SBelt bergefjen. 3)enn einen l^eiligen Ärieg „gegen bie 
ftaubgleid^en Ungläubigen" glaubte man gu führen. 3m Slngefid^t 
ber bomel^mften S3urg ber legten beutfd^en Äaifer erf^oH je^t bie 
Soctrin ber l^ol^en ^Pforte, ba^-e^ nur feinen $errn auf ßrben geben 
muffe,' h)ie nur Ein ©Ott im Fimmel fei: unb ©uleiman lie^ fid^ 
bemel^men, ber §err toolle er fein: er toerbe fein ^aupt nid^t gur 
31ul[)e legen, &i^ er' bie ßl^riftenl^eit mit feinem ©äbel bejtoungen. 
3Kan erjäl^lte fid^, er red^ne auf eine an brei Qal^re lange 2l6h)efen= 
^eit bon 6onftantinoj)el, um biefen 5ßlan augjufüi^ren. 

©0 ftumt)f tvax nun tool^l 6uroJ)a nid^t, um nid^t bie ©rö^e 
biefer ©efal^r ju fül^len. 

@§ erlebte einen äl^nlid^en 3Jloment, toie bamalö, äU bie Slraber 
ba§ SKittelmeer eingenommen, ©^janien erobert l^atten, nad^ 5ranf= 
reid^ borbrangen, ober bamalö, alö bie mongolifd^e SBeltmac^t, nad^= 
bem fie ben 3lorboften unb ©üboften t)on (Suroj)a überflutl^et, iu- 
gleid^ an ber S)onau unb an ber Ober ba^ d^riftlid^e ©ermanien 
angriff. 

3n bie 2lugen ft)rang, ba^ @uroj3a je^t bei lt)eitem ftärfer 
Mx: eg tou^te fe^r gut, ba^ e^ bie Äraft befa^, „biefe SCeufel", 
h)ie man fid^ auöbrüdfte, „auö ©ried^enlanb gu berjagen"; aber e^ 
lonnte fiä) nid^t baju bereinigen. 

SBir l^aben ein ©d^reiben be^ ßönig§ ^ranj au§ biefen 2^agen, 
hJotin er erflärt, bie 2lbftd^t, bie er immjer gel^egt, feijne Gräfte unb 
feine $erfon gegen bie 2^ürfen ju bertoenben, tooHe er je^t in^ 9Q3er! 



140 gilnftcö S3uc^. (Siebente« (S,apittU 

fe^en; er Igfoffe aud) feinen Säruber, ben Äöntg t)on ßnglanb, baju 
au betoegen; er benfe bann 60000 3Rann in« J^Ib ju fteH'en, eine 
SKad^t, bie toal^rl^aftig nid^t ju berad^ten fei. @r brüdft fid^ fo leb- 
haft au^, al^ hJäre e« i^m iüal^rer ßrnji bamit, bod^ fügt er eine 
33ebingung i^inju, bie alle« lüieber öernid^tft. . 6r meint, ber Äaifer 
muffe il^m bafür \>on ben beiben ÜJliUionen, bie er il^m fraft beö 
Sractate« ju bejal^len l^abe, bie eine erlaffen*). 2Bie toare ba^ 
jemal« ju erh:)arten getpefen? 

2Iud^ auf ber faiferlid^en Seite, Wo man nod^ bringenbem Sln- 
la^ baju l^atte unb e« unertraglid^ fanb, ba^ alle« Sanb bem Sut 
tan jufaffe, ba« er nur burd^jtel^en toolle, badete man auf 3Ritte(, 
um bie gefammte ßi^riftenl^eit in bie SBaf^en ju bringen. Unb fel^r 
merftoürbig ift, hoorauf man l^ier berfier. 3)er (ettenbe SJlinifter in 
ben 5Wieberranben, ^oogftraten, eröffnete fid^ einft barüber bem fram 
jöfifd^en ©efanbten. @r meinte, ber toal^re 2Beg, ben 2^ürlen ^u 
tpiberftel^en, fei, ba^ man ben ^ajjft gu einer allgemeinen ©äculati- 
fation beilege. 6jn 35rittel ber geiftlid^en (Süter, an ben SKeift- 
bietenben berfauft, toerbe l^inreid^en, um ein §eer in« ^elb ^u bringen, 
ba« bie 2^ürfen ju berjagen unb ©ried^enlanb toieber ju erobern ber^ 
möge^). 

3Kan brauet nur biefe SSorfd^löge in« 2tuge ju faffen, um ein^ 
^ufel^en, tote unmi)glid^ e« h)ar, fie au«jufül^ren, eine Unternel^mung 
JU betoerfftetligen, bie an 93ebingungen fo h)eitau«fcl^enber 2lrt ge- 
fnüj)ft tourbe. 

SBoltte 3)eutfd^lanb fxi) bertl^eibigen, fo toar e« tebigtid^ auf 
feine eigenen Gräfte angetoiefen. 

Unb ftanb^n bie SDinge nid^t aui) f)m fel^r jhoeifeli^aft? ®a6 
e« nid^t in ber S^l^at 2mU, toeld^e ba« SKi^öergnügen mit ber be- 
ftel^enben Drbnung ber S)inge bagu trieb, fid^ eine türfifd^e ^errfd^aft 
JU ipünfd^en? ^atte nid^t Sut^er einft felbft gefagt, e« pel^e bem 

1) Lettres de Gilles de Pommeraye, MS. Bethune 8619. En caa 
que led. empereur, pour m'ayder k souldoyer les gens qua je menerois 
en ma compaignie, me voulust sur lesd. 2 millions d'escus en rabattre 
ung million, je me faisois fort etc. 

2) Que ces deux princes conduisissent le pape jusques ä ce point 
que 1® il se contente de ce qu'il a, 2° qu'il permette qu'ä Feglise des 
six mille duc. de rente on preigne les deux universellement par toute la 
Chretient^: les quelles seront vendus au plus offrant, et avec Fargent 
que les princes foumiront (bcnn titoa^ fotten fic boc^ tjun) sera süffisant 
pour deloger ce diable de la Gröce seroit grandement accroistre Peglise 
d'y adjoindre un tel pays que celui lä. Lettre de Pommeraye 17. Sept 



1 



iWcinung ?utl^er«. 141 

ß^rtften nid^t ju, fxd^ ben 3^ürfen gu h?iberfe^en, bie er bie(mel^r aU 
eine Sutl^e (Sottet anfeilen tnüfle? @ö ift baö einer jener ©ä^e, * 
toeld^e bie :j5äj)ftlid^e Sutte berurll^eilt. S)er SReid^^tag Don ©})eter 
ISiatte fo e6en eine SBenbung genommen, burd^ bie fid^ alle 2tnl^änger 
bet fird^Iid^en Umh)anblung bebrol^t uub gefäl^rbet fül^Iten. 61g toar 
i^n^n, h)ie Berül^rt, fel^r bebenflid^, ba^ fie bem D6erl^au))t Jener 
STOajorität, h)eld^e fie i)on jid^ ftie^, bem Äönig gerbinanb, ^ülfe 
[elften fottten. 

SBa^ nun Sutl^er anbetrifft, fo ift ganj toal^r, ba^ er jene 
3)Jeinung geäußert l^at, allein er rebet ba nur bon ben (Sl^riften aU 
fold^en, t)on bem reliöiöfen 5Princi^ an unb für fid^, tvk e^ in 
einigen ©teilen be§ ©öangelium^ erfd^einf. ^me^ frommtl^uenbe 
©efd^rei, iüeld^e^ um ber d^riftlid^en Sieligion h)itlen gu einem Äriege 
gegen bie S^ürfen anreihte, toäl^renb man bie Seiträge ber ®läu= 
bigen jtt frembartigen S^^^^'^ t)erh?anbte, l^atte feinen Sßibertüillen 
ertoeit *). @r fagte fid^ üBerl^autit lo§ bon bem friegerifd^en 6]^riftett= 
l{mm: er tooHte bie religiöfe ©efinnung nid^t fp unmittelbar mit 
bem ©d^toerte in SSerbinbung bringen. 2Bar aber nun toon einer 
it)ir!lid^en ©efal^r unb Don ben 2lnftrengungen ber lüeltlid^en (Sehjalt 
bagegen bie Siebe, fo erflärte er befto entfd^iebener, ba^ man fid^ mit 
attem 6rnft ben 2^ürlen entgegenftetten muffe. 3)aju fei bag Sleid^ 
bem Saifer. anvertraut, er unb bie dürften tüürben fonft fd^ulbig fein 
an bem 93lute il^rer Untertl^anen, baö ©ott öon il^nen forbern tüerbe. 
G^ fommt il^m fonberbar toor, ba^ man ftd^ in ©J)eier toieber fö 
biel barum befümmert l^at, ob ^emanb in ben gaften ^leifd^ effe, 
ob eine Slonne fid^ berl^eiratl^e, unb inbe^ ben ^^ürfen borrürfen, 
Sänber unb ©täbte, fo biel er tpolle, erobern lä^t 6r forbert bie 
Surften auf, ha^ panier be^ Äaifer^ nid^t mel^r für ein blo^eig 
feibeneö Xud^ angufel^en, fonbern bemfelben j)flid^tgemä^ in baig gelb 
p folgen. @r nimmt fid^ bie SKül^e, gur SSefel^rung berjenigen, 
toeld^e bie SRegieruug ber 2^ürfen iDünfd^en möd^ten, bie ©reuel auf= 
jujä^len, bie ber ^oran entl^alte. S)ie Uebrigen ermal^nt er, in he§ 
Saiferig 3lamm getroft au^jujie^en: toer in biefem ©el^orfam fter^be, 
beffen 3^ob toerbe ©ott hJol^lgefäUig fein. 

35enn e§ ift tüol^l erlaubt, in biefer großen ©efal^r ber beutfd^en 

1) ,,!5)atumb fol man auc^ biß reiben unb l^e^en laffen anpeilen, ba 
man ben Äa^fcr unb gürften biß^cr gereift ^at gum ©treit triber btc 2:ürcfen, 
als baö ^fiu^t ber Sf^riflcn^cit, a(« ben ©efd^irmer ber ^ird^en, unb ^c* 
Wfifeer beS ©laubcn«, baß er fol be8 Mrtfcn ©tauben augrotten." — S3om 
Ärieg h)iber ben Stürden. @rfd(>icnen gegen Oftern 1529. TOenb. IV, 533. 



142 , günfteö «uc^. Siebente« (Sa^itef. 

Station anä) ben 3Kann reben ju laffen, toeld^er bamal^ in berfelkn 
am meificti gel^ört toarb. S)ie Sd^rift bom Sl^ürfenfrieg jeigt tüieber 
einmal ben ©etfit, bcr bie fird^Iid^en unb bie tüeltlid^en ©lemente ju 
fd^eiben unternal^m, in aller {einer burd^greifenben ©d^ärfe. 

Unb fo öiel toenigften^ betotrite er, ba^ bie 5ßroteftirenben, 06- 
h)ol^l fie bie ^urd^t liegten, öon ber 3Wajoxität mit Ärieg überjogen 
ju toerben, unb in ben SReid^öfd^Iu^ nid^t getDtttigt f)attm, boc^ fo 
gut toie bie anbern il^re §ülfe au^rüfteten. 2tud^ ßl^urfürft ^o\)am 
ftettte ein paax taufenb 9Kann unter ber Slnfü^rung feinet ©o^ne^ 
ing ^elb»). 

3Son allen Seiten jog bie eilenbe ^ülfe bem gelbl^aut)tmann be^ 
Sleid^e^, ^f^lsgraf l^'^iebrid^, ju, ber inbe^ ju Sinj bei ßönig %cx\iv 
nanb angelangt tvax^). 

2)aran fel^Ite jebod^ nod^ fo öiel, ba^ biefe 3Wannfd^aften ftarf 
genug geibefen toären, namentlid^ in bem erften ©d^redfen/um ba^ 
gelblager ber Domänen öor SEBien anjugreifen. Slud^ ber Äaifer, ber 
onfangig in (ämna 3?ad^rid^t erl^altcn, ba^ ©uleiman nid^t fommen 
h>erbe, fanb [xd) n\d)t im Staube, tüie er einft l^atte l^offen (äffen, 
mit feinen ©Jjaniern l^erbei^ueilen. 

3unäd^ft lam atte^ barauf an, ob bie S5efa|ung Don SBien bem 
^eere ber Sarbaren Sßiberftanb leiften iüürbe. 

bleiben toir einen Slugenblidf bei biefer Belagerung ftel^en, treidle 
bamalö bie Slufmerffamfeit ber SBelt feffelte, unb ber in. bcr 2^at 
eine l^ol^e SSebeutung beitool^nt. lEBenn ©uleiman SBien erobert l^ätte, 
toilrbe er e^ auf eine SBeife ju befeftigen getou^t l^aben, ba^ man 
e^ il^m nid^t fo leidet toieber l^ätte entreißen fönnen. 3Sdä} eine 
©tation ioäre ba^ für il^n getoorben, um bie gefammten ©ebiete ber 
mittleren SSonau in 2ltl^em ju l^alten. 

Tlan bürfte nid^t glauben, ba^ SBien fel^r feft getoefen ft)äre. 
Q^ toar mit 'einer runben baufälligen Slingmauer umgeben, nod^ o^ne 
atte SSorfel^rungen ber neueren Sefeftigung^funft, felbft ol^ne Safteien, 
auf benen man ®efd^ü§ l^ätte auffül^ren lönnen, um ein feinbltc^e^ 
Sager ju befd^ie^en. 2)ie ©räben toaren ol^ne SBaffer. 2)ie eJelb- 
i^aujjtmannfd^aft üon Siieberöftreid^ l^atte anfangt gejtpeifelt, ob fte 
„ben tDeitfd^id^tigen unberbauten gledfen" h)erbe bel^au^ten fönnen: 



1) @^)a(atin Vita Jbhannis Electoris bei aWcndcn II, 1117. 

2) Hubert Thomas Leodius de vita Friderici p. 119, ttjUvtlic^ abge* 
fc^rtebeit in Sl^cld^ior @oiter bc iBinba Bellum Pannonicum lib. I, t^ci 
»S^arbiiiö III, p. 250. 



Belagerung toon Sien. 143 

fie l^atte- einen 3lugen6Iicf ben ©ebanfen gel^egt, ben ^etnb lieber im 
offenen gelbe ju ertoarten, um fid^ im 3totl^fatt auf bie frif d^en 
%xvi\>pm jurücf jiel^en ju lönnen, lüeld^e ber $fa(jgraf unb ber Äönig 
i^ufammenjubringen befd^äftigt toaren; am 6nbe aber l^atte fie bod^ 
gefunben, ba^ fie il^te alte §au))tftabt nid^t aufgeben *bürfe, unb fid^ 
entfc^Ioffen, bie ,3Sorftäbte ju Verbrennen, bie innere ©tabt ju l^alten. 

2öaren aber bie Sefeftigungen untüd^tig, fo fam bagegen bie 
Liebhaberei ISRajimiliÄn^ für ba^ ®efd^ü|n)efen je^t nad^ feinem 2^obe 
feiner §auj)tftabt ju &nU. 3luf aüm 2^l^ürmen an ben Sporen, 
auf ben §äufem an ben '^an^xn, bon beixen man bie ©d^inbeln^ab- 
geriffen, unter ben 3)äd^em, ja in ben Sd^lafi^äufern ber Älöfter, 
h)ie fid^ öerftel^t, in ber S3urg unb l^inter ben ©(^ie^Iöd^ern, bie man 
in bie 5Kauem gebrod^en, erwarteten gallonette, ^albfd^Iangen, 
Äartl^aunen, 50[lörfer, ©ingerinnen, ben Slnlauf beö fjeinbeö. 

35ie SSefa^ung beftanb äu^ fünf Stegimentern: öier beutfd^en, 
t)on benen jtoei auf Soften be^ Sleid^eig, jh:)ei l:)on gerbinanb feibft 
angeworben h>orben iüaren, unb einem b'öl^mtfd^en, 2)ie 9teid^ötru^3= 
))en, unter bem 5ßfaljgrafen $l^ili}3j), bem ©tellbertxeter ^ebrid^^, 
befe^ten bie !Diauer bom rotl^en 2^1^urm bi^ gegen ba^ Äärntl^ners 
J^or; öon ba bel^nten fid^ bie föniglid^en Raufen unter @df von 
Seifd^ad^ unb Seonl^o»^ von %d^ gegen ba§ Sd^tttentl^or l^in au^. 
®^ toaren 2e»te bon allen beutfd^en Sanbeöarten, biele namhafte 
Defttei^er, aber aud^ Srabanter, Sll^einlänber, SDlei^ner, Hamburger, 
frefonber^ granfen unb Sd^toaben : tüir finben §auj)tleute bon SKems 
mingen, Slümberg, Slnf^jad^, Bamberg, einen 2Bad^tmeifter pon ©ein- 
kaufen: ber Sd^ultl^ei^ über ben gan^^ea Raufen toar an^ bem 
grunb^bergifd^en SKinbell^eim, ber oberfte ^rofo^ \>on Qfngolftabt. 33om 
Sd^ottent^or big ^nm r<)tl^en 3^l^urm ftanben bie Söl^men. 2luf ben 
$Iä^en im 3unem h)ar einige Sleiterei bertl^eilt, unter ben trefflid^en 
§au))tleuten 3ticla§ bon Salm, SEBill^elm bon Slogenborf, ^an^ 
Safeianer. @g mod^ten 16 — 17000 aJlann fein/ 

üb nun aber biefe 3Dlannfd^aft bem an ßa^l fo unenblid^ über^ 
legenen fjeinbe ju hjiberftel^en Vermögen h?ütbe, Wax bod^ fe^r 
jiDcifell^aft. 

Suleiman lie^ ber SBefa|ung anfünbigen, tooHe fie il^m bie 
Stabt tibergeben, fo berfjjred^e er toeber felbft l^ineinjufommen, nod^ 
fein 3Soß- l^ineinjulaffen, fonbern er toerbe bann t^eiter öorrürfen 
unb ben Äönig fud^en. 2öo aber nid^t, fo toiffe er bod^, ba^ er am 
dritten Sage (-am SWid^aeli^feft) fein 3Jlittag§mal^l in SBien Italien 
it)erbe: bann tpoHe er ia^ Äinb im 5!Jlutterleibe nid^t berfd^onen. 



144 günftee 53ud^. (Siebente« (Sa^itel. 

3n Siebem unb ©rgäl^Iuttgen finben toir, bic StntiDort ber Se^ 
f a^ung fei fletoefen , er möge nur jum ÜRal^Ie f omtnen, tnan toerbe 
il^m mit Sartl^aunen unb ^attbarben anrid^ten. 2)od^ ift ba^ nid^t 
fo ganj toal^r. 3Kan l^atte nid^t Unbenommenl^eit bie§ ®etfteS genug, 
um eine fo ledEe Slnttoorl ju geben. SDie 3lnth)ort, fagt ein aut^cn- 
tifd^er Serid^t ber Sefel^föl^afeer, ift un^ in ber fjeber ftetfen geblie- 
ben. 3)ian rüftete fxd^ atte^ ©rnfteö jur ©egentoel^r, aber feine^toegö 
etlra in ber Ueberjeugung, ba^ man fiegen h)erbe: man fal^ bie gan^e 
©efol^r ein, in ber man fid^ befanb, aber man irar entfd^Iojfen, fte 
ju beftel^en*). 

Unb fo- mu^te fid^ benn Suleiman anfd^idfen, bie ©tabt mit 
©etoalt ju erobern. 

3uerft ftefften fid^ bie ^anitfd^aren mit il^ren ^albl^afen unb 
^anbrol^ren l^inter bem ®emäuer ber eben jerftörten SSorftäbte auf: 
fie fd^offen nod^ bortrefflid^; eine StnjabI geübter S3ogenfd^ti|en ge- 
feffte fid^ il^nen ju; ^^ l^ätte pd^ Sliemanb an ben 3i««^/ «uf ben 
3Rauem bürfen Widmen laff^n. ©ie tel^errfd^ten ben ganjen Umfret^ 
berf etben : bie ®iebel ber benad^barten Käufer toaren mit Pfeilen h)ie 
be^)f(anjt. 

Unter bem 3)unft unb §att biefeö ©d^ie^en^ bereiteten nun 
aber bie Domänen nod^ einen ganj anbem 2lngriff bor. — SSeld^e^ 
aud^ bie 3Keifter geioefen fein mögen, bon benen fie urfJJrünglid^ barin 
unterioiefen toorben finb, 2(rmenier ober anbere, eine ^auj)tftärfe i§rer 
bamaligen Selagerungöfunft beftanb in bem Untergraben ber SKauem, 
bem Slnlegen Don 3)linen^). SDie ätbenblänber erftaunten, toenn ftc 
berfelben fijjäter einmal anfid^tig. hourben, mit Eingängen, eng irie 
eine %i}nx, bann toeiter, nid^t eigentlid^ mit einem SSergloerl ju ber- 
gleid^en, glatte, tool^Iabgemeffene, toeite ^öl^lungen, jugfei^ barauf 
bered^net, ba^ ba^ ftürjenbe ©emöuer nad^ innen, nid^t nad^ au^ett 
fallen mu^te. SDiefe Äunft — benn eigentlid^eö^lBelagerung^gefd^ü^ 
fül^rten fie nur toenig bei fid^ — toenbeten fie nun aud^ bei 3Bien 
an. §ier aber trafen fie auf ein SSolf, ba^ fid^ ebenfall« auf unter- 
irbifd^e Slrbeiten berftanb. ®ar balb bemerfte man in ber ©tabt 

1) 2:agcbud^ ber Söelagerung, bei ©ammcr p. 66, offenbar ein offtciettcr 
SScrid^t, toic bie S^iaci^fc^rift unb bie ganje gaffung geigt, fd^on am 19. Oc* 
tober »erfaßt. 

2) ©^5äter Ifjat fid^ SÄarfigli bicl 2Wü^e gegeben, ba« SJerfa^ren ber 
2^ürfen l^tebei gu erforfd^en. SSgl. Stato militare degli Ottomanni II. c. XI, 
p. 37. SDa« (S.ox)ß9 ber ^agumbfd^i, SWinengräber, xoax belel^nt, nid^t befofbet, 
unb um fo mt\}x in @^ren. Jammer ©taat^öerfaffung ber 0«m. II, 233. 



S^clagcrung t>on Sien. 145 

« 

ba§ 3!?orl^a6en be^g ^inbe^g: SSafferbeden unb trommeln iDurben 
aufgefteHt, um bie geringfte ©rfd^ütterunö be^ ßrbbobenö baran tial^rs 
junei^men, man laufd^te in atten Äellcrn unb unterirbifd^en ©emäd^em 
— eg fmb nod^ abentcuerlid^e ©agen baöon im ®ange — , unb grub 
i^nen bann ^ntQ^Qm. ®ö begann glrid^fam ein Ärieg unter bet 
6rbe. Bä)on am 2. Dctober toarb eine l^albboHenbete ?iJline be« 
t^einbe^ gefunben unb jerftört. 33alb barauf toarb eine anbete 
gerabe nod^ im redeten SRoment entberft, ai^ man fd^on anfing fte 
mit 5ßult)er ju füllen. S)ie 3Kinirer famen einanber gutoeilen fo nal^e, 
ba^ eine ^Partei bie anbete atbeiten l^ötte; bann toid^en bie dürfen 
in einet anbetn Sflid^tung bei Seite. Um ben Äätntl^net S^l^utm auf 
alle gälte ju fid^etn, l^ielten bie 3)eutfd^en füt notl^toenbig, il^n mit 
einem ©taben t)on l^inteid^enbet liefe gu umgeben. 

älatütlid^ abet tDat ba^ nid^t aUentl^alben möglid^. 

am 9. Detobet gelang eö ben 2!ütfen toivtliä), einen nid^t uns 
bebeutenben 21^eil bet Wlamx jhoifd^en bem fiätntl^net Si^ot unb bet 
Surg ju f^Jtengen; in bemfelben 3Koment txaUn fie untet toilbem 
Sd^Iad^ttuf ben ©tutm an. 

2{ttein fd^on toat man aud^ l^ietauf öotbeteitet. 6df bon SReifd^ad^, 
bcr bei bet Sßettl^eibigung bonjßabia geletnt, h)ie man ftütmenben 
Seinben begegnen muffe, l^atte bie Seute untettoiefen, mit toeld^em 
Sefc^rei unb älnlauf bet Stutm gefd^el^e unb toie man il^m ju be- 
gegnen l^abe. 3)iefe jungen Sanböfned^te, öon benen nn^ ein Setid^t 
berfid^ert, ba^ SReifd^ad^ö Slntoeifung il^nen „ein ta})fet männlid^ 
§«t3" gemad^t, ftanben in bet 3^^at öottteffKd^. 3Wit einem futc^t^ 
baren „$et" etloiebetten fie ba^ oömanifd^e ©d^Iad^tgefd^tei. ^attbar^ 
ben, §anbtol^te unb Äanonen untetftü^ten einanbet mit bem glücf* 
Hd^ften ßtfolg. ,,S)ie Äugeln bet Äattl^aunen unb gfinten", fagt 
J)l(i^elalfabe, „flogen roie bie ©d^toätme fleinet SSögel butd^ bie Suft; 
es toat ein ^eftgelage, bei bem bie ®enien be^ Xoie^ bie (Släfet 
creben^ten." 2)ie beutfd^en Sendete tül^mten befonbetö bie SCapfet* 
Wt, bie bet alte ©alm, 3Seth)aItet bet niebctöftteid^ifd^en ^elbl^au^jt^ 
monnfc^aft, in biefet l^ei^en ©tunbe betoieig*). ^ie Di^manen et^ 
Ktten fo mötbetifd^e Setlufte, ba^ fie ftd^ gutüdfjiel^en mußten. 2)ie 
niebergetootfene SWauet toatb auf bet ©teile fo gut h)ie möglid^ 
^etgcfteKt. 

3Bag abet l^iet nid^t gelungen, toetfud^te bet ^einb gleid^ batauf 
an ber anbetn ©eite beg Äätntl^net 2:i^utmg. 9Jad^ mand^em falfd^en 

1) ©cfonbctö in bem Xa^thvi6)t bei Slnton p. 34 ; über SReifc^ac^ p. 32 
beim 4, October. 
». «anl«'« 2BeT!e HI. 10 



l 



146 fünfte« iBud^. @ic6cntc0 dapittl 

Särm f})rengtc er am 11. Dctober einen guten %f)dl ber 3Rauer 
gegen baö ©tubentl^or l^in unb erneuerte unberjüglid^ feinen Sturm. 
3)ie^ 5KaI toaren bie ßolonnen bid^ter fomtirt: ju ben 2lfafen unb 
Sanitfd^aren l^atten jtd^ Bxpd(}x t>on S^nina unb ältolona, aiham- 
fifd^er §erfunft, gefeilt; mit il^ren frummen ©d^toertem unb f leinen 
©drüben brangen fie, bem Raufen boran, über bie gefaffeneri 5Kauem 
bal^er. SlHein l^ier fteKte jic^ il^nen Qä bon Sleifd^ad^ mit bier gäi^n' 
lein mutl^iger Sanböfned^te felber in beij 9Seg. 3«^ ©eite l^atte er, 
tioie einft in $at)ia, geüble fjjanifd^e ©d^ü^en*); aud^ ber ^elbmar* 
fc^all Sffiill^elm bon SRogenborf hjar gugegen. 2)ie^ 5KaI fam e^ jum 
ernftlid^en ^anbgemenge. 3Kan fal^ bie langen ©d^Iad^tfd^toerter ber 
5Deutfd^en, bie fie mit beiben Rauben fül^rten, fid^ meffen mit bem 
2;ür!enfäbel ; ein türfifd^er ©efd^id^tfd^reiber rebet bon ii^rer feuer- 
regnenben 3Bir!ung. dreimal erneuerten bie £)§manm xf)vm änlouf. 
3obiu!^, ber fo biele ©djjlad^ten befd^rieben l^at, bemerft bod^, ba^ 
man in biefem §al^r]^unbert faum' jemals emfllid^er an einanber ge- 
ratl^en fei^). aber alle Slnftrengungen ber Domänen h?aren ber- 
gebend, fie erlitten nod^ bd toeitem ftärlEere 3Ser(ufte aU ha^ erfte 3)ial. 

Unb bamit toar nun eigentlid^ il^r guter 5Dlutl^ erfd^ö))ft. 

2lm 12. Dctober toarb abermal ein, Sl^eil ber 5Kauer gefällt, 
aber al^ fie bal^inter bie Seutfd^en unb ©))anier mit aufgeregten 
^äl^nlein erblidften, toagten fie fid^ nid^t emftlid^ l^eran. 

©d^on regte ftd^ bei ben Domänen bie SReinung, in @otte§ be^ 
aiKmäd^tigen SRatl^fd^Iu^ fei für bie§ 3Ra( bie Eroberung t)on SBien 
bem 3^I<^^ ^i^^ beftimmt. S)ie 3täd^te tourben bereitig ungetoöl^n- 
lid^ falt; am 3Korgen fal^ man bie Setge mit 3teif beberft^); mit 
35eforgni^ badete ^ebermann an bie Sänge unb ©efal^r beiS Sücf- 
tüegg, benn ju Jener breijäl^rigen 3rbh)efenl^eit toar bod^ in ber 3^l^at 
nid^t^ ijorbereitet. ' 2)aju !am, ba^ fidj) 3?ad^rid^ten öon einem naiven 
®ntfa| öernel^men liejsen. @in erblänbifd^e^ §eer fammelte fid^ in 
SKäl^ren; in ben SSe^irlen beö fd^tüäbifd^en 93unbe^ toarb eifrig ge= 
ruftet, tüie benn ©d^ärtlin üon Surtenbad^ berid^tet, tva^ für treff- 
lid^e äeuU er in SBürtemberg jufammengebrad^t ^Jfaljgraf grieb- 

1) <2. befonbcrö ben erfien öencgianifd^cn 23eiic^t bei Jammer p. 57; 
er nennt Rogendorf, Erich de Rays et alcuni nobili con 4 bandieri di 
fanti insieme cum 11 Spagnoli. 

2) 3oi?m8 28, 69 fofgt über^au^jt etgent^ümlid^en ^Relationen. 2)ic 
(Srnjö^nung be§ trafen öon Octtingen betpetft, bag er bom 11. October rebct 

3) Pomis uvisque iramaturis veö'cebantur : equi strictis arborum fron- 
dibus et vitium pampinis tolerabantur. Ursinus Velius. 



^ekgerung loon Sien, älbgug @u(eiman'9. 147 

ri(^, ber ganj in ber 9?äl^ geblieBen, na^m eine brol^enbere Haltung 
an. ©d^on lentten bie Säuern ben ftreifenben Sleitem ®ibetftanb 
ieijten. Suleiman entging e« nid^t, in toeld^e gefäl^rlid^e Sage er 
fommen fönne, toenn er l^ier, mitten im feinblid^en Sanbe, ol^e fefte 
$Iä^e, in ber fd^led^ten ^ai^regjeit, bon einem 'geinbe angegriffen 
toürbe, beffen a;a^)ferifeit er fo eben fennen gelernt, ffir befd^Io^ noä} 
einen legten SSerfud^ auf SBicn ju mad^en, unb toenn berfelbe mi^* 
linge, fofort aufjubred^en. ®r iüäl^Ite baju einen %aQ, ben er für 
glüjlic^ l^ielt, ben ÜRoment, too bie ßonne in bad S^^^ ^^ 
Sa)r})ionö tritt, 14. Dctober. Eben in ber SKittagöftunbe berf am- 
mclte ftd^ ein guter %f)eH be« ^eereiB im Slngefid^t ber SKauem; 
Ii<l^aufd^e riefen Selol^nungen auS, 3!Hmm fj)rangen, Srefd^en öff« 
netm fid^^ unb ba^ S^^^ i^^ ©türm h>arb gegeben, ^üm bie 
2eute l^atten fein Vertrauen mel^r, fte mußten faft mit ©etoalt Ij^erbei« 
getrieben toerben; tDO fie bann unter bag ^euer bed @efd^ü|eö ge« 
tictl^en, unb ganje Raufen erlageit, el^e fie nur ben geinb erblidft 
ktten. ®egen SS^benb fal^ man eine ©d^aar aud ben SBeingärten 
betüorfommen, aber fid^ auf ber ©tefie hJteber jurüdfjiel^en ^). 

Unb l^ierauf begann nun ber boHe Stbjug. !Cie Stnatolier l^atten 
je^t bie SSorl^ut; nod^ in ber Slad^t brad^ ber ©uttan felbft auf; 
aud^ bie Sfl«i*ft^ö^^ jünbeten il^r Sager in ben SSorftäbten an unb 
eilten, il^ren ^erm ju begleiten. 9lad^ einigen 3:agen folgte ilj>m 
3Mi»n tt»i* i^^wi Sfteft ber euro^)äif<i^en %xuppm naä). 

e« toar ba« erfte 9KaI, ba^ bem fxegreid^en ©ültan ein Untere 
ne^en fo ganj gefd^eitert toar. 6r fonnte inne loerben, ba^ er 
nxijt fo gerabeju, toie feine 2)id^ter rül^mten, baö ®oIb im ©d^ad^te 
ber Seit, bie ©eele im SBeltenleibe fei*), bajs e^ au^er il^m geloal^ 
tige unb unbegtoinglid^e Gräfte gab, bie ilj^m nod^ ju fd^affen mad^en 
ioKten. 

äunad^ft aber l^atte er ®runb ftd^ ju tröften: er l^atte Ungarn 
^cn J>cutfd^en enttounben. ' Sluö ben ^änben o^manifd^er ^eamtm 

1) „@ic l^abcn lüxt^ ben fujen md{>t »iJtten beißen", fagt ber offlciette 
^ini}t bei Jammer p. 68,- ber ilber5>au|)t mit ber guten Saune eine« fiegenbcn 
•^ricgsmanne« abgefogt ift. §an« ©ad^«, §iftoria ber türfifd^en ©ekgerung 
fctt Statt ffiien, unb banblung beiber tai(, auf b,a8 fürjep orbcnftc^ begriffen 
W. I, 208). „2)a,fad^ man nauö auf mani^em t^urn, baö bie iürfen ge* 

1 trieben tourn, öon ircn loafd^en mit getoalt, mit fo^beln ^jrügeln jung unb 
alt, au« iren büttcn unb gejelten, ou8 ben »einbergen unb ben treiben, ba« 
^le anlaufen, Prraen folten, ba« fie fid(> örflen unb nit »often." 

2) «afi'8 Äafjlbe überfe^t bon Jammer p. 7, 

10* 



l 



148 ^ün^t9 8n(^. ©ieBente« (So^tteL 

emt)ftng ^ol^ann 3<M>ol9<^ ^i^ l^eiUge Stxom: obtooJfl et ßönig l^ie^, 
fo toax er bod^ in ber ^at nid^t^ anbetet, aliS ein SSertoefer be^ 
Sultane. 

@i8 l^atte tool^l fd^einen foSen, atö toürbe ^erbinanb bie Un^ 
orbnung biefe^ 9(6}ugd unb ba^ jum Sntfaf Don SBien gesammelte 
$eer jur 98iebereroberung bed Sleid^e^ benu^en lönnen: aud^ fielen 
bie ©renj^Ia^e Xltenburg, Xrentfd^in in feine ^änbe; aber gleid^ ba^ 
@d^Io^ ®ran bel^au^tete ftd^; Dfen }u erobern, toaren bie bagegen 
l^eranrüdenben %tuppm \)i4 ju fd^toad^^)' SHe Urfad^e be^ ^i^- 
lingend liegt am ^age: eiB fel^Ite bem Jtönig aud^ je^t an aUetn 
@elbe. @r l^atte toenigften^ 20000 ®ulben gebrandet, um bie 2:ru))^ 
ptti in Setoegung gu f e|en : er lonnte enblid^ nid^t mel^r ci^ 1400 
©ulben aufbringen, unb felbft fo biel nur in fd^Ied^ten 9Rünjforten, 
n>0}u er nod^ für ein paax Xaufenb ®ulben Xud^ l^injufügte. Slle^ 
n^ar mi^t)ergnügt. S)er t^rolifd^e $aufe, ben man auf ba$ ^xin- 
genbfte erfud^te, an jener Üntemel^mung 2^l^eil ju nel^men/ l^atte e^ 
in DoUer @emeinbe abgef dalagen; bie 2mU erflärten gerabe^u, fte 
\)Citim leine Suft femer ju bienen*). äfö ©uleiman toon Sffiien cA-- 
jog, l^atte er bie S^nitfri^aren für il^re änfirengungen , fo erfolglos 
fte aud^ geloefen loaren, mit einem reid^en ©efd^enf belol^t; ben 
Sanb^fned^ten bagegen, ioeld^e bie @tabt fo toatfer unb glüdHid^ ber- 
tl^eibigt, tonnte man ben ©turmfolb nid^t gal^Ien, auf ben fte ein 
geloiffeg Siedet befa^en, unb e^ entftanb ein toilber 'äufrul^r unter 
il^nen. .^a§ toar überl^au))t ba^ 33erl^ältni^. @el^r balb bel(^ielten 
bie ©egner in Ungarn ha^ Uebergetoid^t. 3n ben oberen 2anb= 
ftrid^en finben ioir fd^on naml^afte beutfd^e $au))t(eute, namentlid^ 
jenen 3liäd 2RinIioi|, ber bem ßl^urfürften öon Sranbenburg fo öiel 
)u fd^affen mad^te, in ben S)ienften Qapoltfai: Don Ae^marf au^ 
burd^jog er ba^ Sanb: e^ gelang il^m, Seutfd^au in Sranb ju 
ftetfen^). ^nbeffen brad^en bie S^ürfen Don So^nien f)^x in ben 
©renken ein; aud^ Kroatien toar in ®^a^x, in il^re $anb gu fallen. 
3a felbft auf bie entlegenen Sanbfd^aften bel^nte bieg SRi^gefd^icf 

1) Urfmu« «eliue lib. Vm. 

2) Stiflruction ber Ärtcg«commifforicn gu ^regburg für ®raf 9?icla« 
gu @alm ben jungem, faif. Üatf^ unb (Ectmmerer, an ^önig ^erbinanbr ^(i 
^ormat^r £af(i^en6ud^ auf 1840 p. 506. 

3) @))erfogeI unb ba^ Xa^thniif be9 Pfarrer« ä^oHer gu ^tut^t^an, beffen 
eigene ^cUt @d^eunen angejünbet tt)urben, bei ^atona XX, i, p. 540. 546. 
iD'^inftoi^ ^eigt ^ier .^^tcolaud iD'^vnfomi^; er ging halb barauf bon ^e«marf 
nad^ Ofen. 



dtüdgug ber Odmanetu 149 

^eim ätüdftoiriung auS. ^n Söl^men gab ^^ unter ben SBomel^mften 
be^ 9leid^eS toarme 9lnl^änger B^l^ol^ai^. 9(fö ^erbinanb @nbe ^a-- 
max 1530 naif $tag ging, ioar er üBerjeugt, ba^ er 9(ffe; bie an 
ber SHegierung öon SöJ^men Sfntl^eil naJ^men, entfernen muffe, h)enn 
er ^err im Sanbe bleiben tooffe*). SJiefe ungünftigen 3Serl^ältniffe 
aBer jeigen nur, \odd} ein unerme^Iid^ SSortl^eil in ber SSertl^ei- 
bigung bon 3Bien lag. 

S)er Äaifer rietl^ feinem SSruber, einen ©tittftanb mit ben D^-- 
manen ju fd^lie^en, inbem il^re vereinte SWad^t in biefem Slugenblii 
nid^t l^inreid^c, eö mit benfelben aufjunel^men, unb fein anbrer gürft 
f\e unterftü|cn toerbe. 

3(ud^ in !3ta(ien l^atte er Dielmel^r bie ätitdftoirfungen be^ o^- 
manifd^en ©lüdfeiS em})funben. 

1) @(i^rei6ctt gerbinotibö an (Karl 21. Sanuar 1530, bei ©cDai? p. 68: 
Entre taut que ils ont le gouvernement, je ne saroie avoir obeisance ne 
poroie meintenir la justice . . 



€art V in Italien. 

' ©0 t)icle Siege bie $eete ßarlö aui) erf ödsten, fo toäre man 
in 3ftaKen, felbft nad^bem man Don f^^anj I fo ))Iö|U(l^ unb toiber 
aHe 3«fÄfle berlaflfen toat, tool^l nod^ fäl^ifl getoefen, ®iberftanb ju 
(etften. 

SSenebig toar im 95ejt^ feinet gef ammten 2erra ferma, einiger 
©leibte im fiird^enftaat, meisteret feften $Ia^e im SBeajJoIitanifd^cti, 
bie e§ fo eben mit bielem @IM bertlj^Sbigte ; eö l^ielt ein ftattlid^e^ 
§eer im fjelbe, bag, \omn e^ leine naml^aften ©iege erf ödsten, ftd^ 
bod^ aud^ nid^t l^atte f dalagen lafjen, unb befa^ an beffen ©})i$e einen 
ÄriegSanfül^rer, ber eS öerftanb, gugleid^ bem bebäd^tigen, eiferfüd^^ 
tigen ©enate gu genügen unb feinen Slul^m ju BelS><*u:j)ten. 3Iud^ il^re 
©eemad^t befanb fid^ in blül^enbem S^ftanbe; in (jorfu toar man 
mit einer ®jj)ebition nad^ ben nea))olitanifd^en lüften, junäd^ft gegen 
Srinbifi, befd^äftigt. 

SDer ^erjog bon 3KaiIanb befa^ nad^ fo langem, iJerberblid^em 
Kriege bod^ nod^ immer ben größten ^^l^eii feinet Sanbeö, unb au^er 
einigen anbem minber bebeutenben bie ftärfften 5ßlä^e be§ bamaligen 
Stauend: ßremona, Sobi unb 2lleffanbria. 

©ollte ber ^erjog öon ^errara, ber ein burd^ SJatur unb fiunft 
fel^r lool^I befeftigte« ©ebiet gegen fo unjäl^Iige SlnfäHe befd^ü^t 
l^atte, fid^ nid^t aud^ bieömal ju bertl^eibigen loiffen? 

3ln ^lorenj l^errfd^te eine jur S5el^auj)tung il^rer ^reil^eit, unb 
fottte e§ einen Äamj)f auf Seben unb %oi loften, entfd^Ioffene ^ßar-- 
tei; SWid^elangelo SSuonarotti, ber f eiber ju il^r gel^örte, befeftigte 
bie ©tabt mit einer (SrfinbungSgabe unb SCüd^tigfeit in ber äuSfül^' 
rung, bie nad^ anbertl^alb Sal^r^unberten too^I nod^ m^m ^nian 



Unter^ionbltttigen in Stoliett. 151 

fiemerfenötoertl^ fd^ienen*); in bem ©ebiete toar eine ärt bon Sanb^ 
fturm cingcrid^tet. 9Jlit ^Perugia loaren bie %loxmtimx fcereitig ijer^ 
Bünbet unb fte l^offten h)ol5>I, e^ ganj ju getoinnen. Slud^ mit 
Siena, ba^ jtd^ eftenfaHiS t)on bem ^ap^t bebrängt fal^, ftanben fie 
in jiemlid^ gutem 3Semel^men*). 

Der Äird^enftaat unb 3l^apd toaren nod^ erfüllt t)on Unrul^e 
unb ©äl^rung. 

SBie oft l^atte Italien ben Iriegetifd^en Äaifern, bie mit einem 
Bei toeitem überlegenen $eere über bie ^Ipm tarnen, felbft bann, 
toenn ftd^ eine 5ßartei im Sanbe für fie erflärte, Söiberftanb geleiftet! 
ßben \omn ein Äaifer einmal feften %n^ gefaxt l^atte, fo n)ar ba^ 
für bie ©inl^eimifd^en ber 2tnla^ getoefen, alle il^re Äräfte aufju^ 
bieten, um \f)n ft)ieber ju entfernen. Äeine 2^aj)ferfett unb fein Ta- 
lent, toeber fjriebrid^ I, nod^ ^riebrid^ II, l^atten bie ^errfd^aft ju 
befeftigen, fortju^flanjen bermod^t. 

3[e|t fam biefer junge Äaifer an, ber nod^ feinen red^t emft- 
li^en Ärieg gefeiten l^atte unb ftd^ mit feinem bleid^en 2lntli^, feinem 
tool^Igel^altenen unb nod^ gefunben, aber feine^lüeg^ fräftigen Äörjjer, 
mit feiner fd^toad^en Stimme mel^r toie ein ^ofmann al^ toie ein 
Ärieger aui^nal^m, QoüUn fie fid^ bem unterwerfen? 

@r l^atte für fid^, ba^ er burd^ bie florentinifd^e @ad^e mit 
bem $aj)ft auf ba^ engfte bereinigt h)ar« SDte Florentiner fd^idften, 
fo tote er nad^ ®enua gefommen, eine ©efanbtfd^aft an xf}n, aber 
notürlid^ mit einer befd^ränften SSollthad^t: il^re bamalige 3Serfaffung 
toollten fie auf jeben ^all bel^auVten. 2)er Äaifer antwortete il^nen, 
fte möd^ten bor allen 35ingen bie SJlebici jurüdfrufen unb in ben 
Sang einfe^en, ben biefelben bor il^rer legten SSerjagung einge^ 
nommen^). ©d^on befanb fid^ ber junge silefjanbro, ben er ju 
feinem ©c^toiegerfolj^n unb jum §errn in Sto^^'^J beftimmt l^atte, in 

1) Vasari Vita dl Buonarotti. (Vite d. Pitt. X, 110.) 

2) Relatio n. v.Antonii Suriani de legatione Florentina 1529. Et 
per6 cum qnesto fondamento de inimicitia con il papa, queste repu- 
bliche hanno trattato insieme qüalche intelligentia. « 

3) ^aöf 3aco:^o $itti, Apologia de capucci, einem MS. bott treffUd^er 
Sf^ad^rid^ten, Ratten bie ©efanbtcn bie „segreta commissione, di non pregiu- 
dicare n^ alla libertä n^ al dominio: il che notificato con piu segre- 
tezza a Cesare, hebbono per ultima riposta, che se volevano levarsi da 
do880 la guerra, rimettessero 1 Medici nello stato che erano avanti si 
partissero dalla cittä: onde li oratori se ne partirono subito. ^g(. ^ax^i 
IX, 234. 



152 5ünftc6 «ud^. ad^te« (Sa^itcl. 

feiner UmgeBung ^). Slud^ ol^nel^itt fonnte er eine SRegierung nid^t 
bulben, bie fid^ bon jel^er guelfifd^, franjöfif(i^ g^i^gt. — ©o lange 
nun bi^ biefe ©ad^e gefd^lid^tet tourbe, toar ber Äaifer be^ $aj)fte§, 
ber bie ©egner feinet §aufe^ in ^lorenj leibenfd^aftlid^ l^a^te, bott- 
fommen fidler. 

SQäoi^l lonntc xf)m felbft ber ©ebanfe auffteigen, ob er nid^t 
aufg neue ju ben SBaffen greifen unb bie nod^ toiberftrebenben ®egs 
ner mit ®eU)alt jur Slnnal^me feiner Sebingungen nötljiigen fotte. 
2)ie Vertrauteren ^reunbe, bie er bei feiner Slbreife ju* SRatl^e ge^ 
jogeuv Ij^tttten ba^ eigentlid^ ertoartet: benn bie 2lntoefenl^eit feiner 
5Perfon tuerbe fo biel h>irfen toie jel^ntaufenb 5!Rann: bie 2Belt müfjc 
erfal^ren, ba^ Siiemanb toiberftel^en bürfe, h>o er f eiber erfd^eine; 
aud^ einige alte §aul)tleute au§ ben italienifd^en Kriegen rietl^en 
baju, 6r l^at f})äter bebauert, nid^t barauf eingegangen, nantentlid^ 
nid^t fofort in ba^ ©ebiet ber SSenejianer t)orgebrungen gu fein: Sei 
bem STuiggange, ben ber Singriff ber Domänen auf SBien naJ^m, 
Würbe er bann bort ben ^rieben l^aben borfd^reiben fönnen*). 

§ätte fid^ nur biefer Slu^Sgang borauöfel^en laffen. SlnfangS 
aber ertoedfte baö SSorrütfen be^ (äro^fultanö bei ben italienifd^en 
SKäd^ten bielmel^r bie Hoffnung, in ben 2^ürfen ben SRütfl^alt gegen 
ba« §au§ Deftreid^ ju finben, ben il^nen ^ranfreid^ nid^t mel^r ge= 
toäl^rte. 3)a fd^lojfen fid^ 3KaiIanb unb SSenebig nod^ einmal enger 
an einanber: fte festen gegenfeitige §ülföleiftungen feft unb M- 
fjjrad^en, ein Sl^eil nid^t ol^ne ben anbem ^JWeben gu mad^en. ^SDer 
firieg erneuerte fid^ in ber Sombarbei: l*eiba nalj^m 5ßaöia toeg; ein 
paar taufenb Sanböfned^te unter ®raf gelij bon SBerbenberg brangcn 
ben ©arbafee entlang in bag aSenejianifd^e^ ein unb })lünberten ba§ 
®ebiet bon Srefcia^). 2tber biefe Erfolge entfd^ieben bod^ nid^tö, 
unb aud^ bie beiben ©taaten jeigten fid^ gerüftet unb toiberftanbgfäl^ig. 

S)urd^ ben 2lbjug ©uleimanö änberten fid^ nun bie 3Serl^ält: 
niffe: ben iS^öIi^^^^^^f i>i^ P^ ^on allen ©eiten berlaffen faj^en, fanf 

1) Carlo V a Clemente VII 29. d'Agosto: Similmente dico, ch'io 
sto molto conlento della persona del Duca Alessandro. Lettere dl prin- 
cipi II, f. 185. 

2) (Sart an gerbinanb 11. Sanuar 1530: Me trouvois plus loing de 
vous que n'eusse fait si dez le commencement je me fasse party au 
pays des Yeniciens, et eusse ete'plus pres pour mieux vous pouToir 
succourir et eulx plus voluntaires pour venir a ung meilleur appointement 
faillant votre necessit§ comme eile a fait. (Slrd^. ju SküffeL) 

3) ?coni Vita di Francesco Maria 419. 



Untcr^anbtungen in Staften» 153 

ber ÜRutl^^); aber au^ ber Äaifer l^atte ftd^ inbeffen forttoäl^rettb fo 
fricbfcrtig bernel^tnen laffen, ba^ er nid^t ol^ne SBortbrüd^igfeit unb 
bie Oefafcr, ba^ affgemeine SSertrauen auf immer ju ijeriicren, auf 
bie firieg^ebanfen jurüdflommen lonnte*). 

Stngenel^m toar eö xi)m nid^t, ba^ er baö 3KaiIänbifd^e, toorüber 
er gern anber§ Derfügt f)ätt^, an %xani ©forga jurüdfgeben, ober 
ben Senejianem bie ©täbte ber 3^erra ferma, bie er alig Äaifer in 
änfj)rud^ nal^m, in ben §änben lafjen foHte: atte^ betradj^tet^.toar 
eö aber bod^ nid^t toofjl gu öermeiben ^). 

3)en gröjjten 3Bert| l^atte e^.für il^n, mit ben Senegianem 
^eben gu maä)m, bie nod^ einige fefte ^lä^e unb gute ©eel^äfen 
im 3leaJ)oKtanifd^en befa^en. ßrft burd^ beren (Srtoerbung tourbe 
31eoi)el rul^ig, lonnte fxd) fortan felber öertoalten unb eine 35eiplfe 
?u ben Äoften ber allgemeinen Slegierung leiften. 

SBoffte er baö SDlailänbifd^e bel^au^ten, fo Ij^ätte er bie fel^r gut 
in Stanb -gefegten ^eftungen, bie S^anj ©forja nod^ inne l^atte, 
i^m erft entreißen muffen, Wa^ einen fel^r emften ^rieg l^erbeigefül^rt 
unb bie fd^on abgefd^Iojfenen griebettöberträge mit granlreid^, ja 
mit bem ^a})ft gtoeifell^aft gemad^t l^aben toürbe. 

SBenigfteng toünfd^te 5Paj)ft Element auf ba^ bringenbfte ben 
Srieben. ©eine alten Slbftd^ten, bie UnabJ^^^^Siö^^i* StalienS ]^erju= 
ftcHen, toaren in ber SSegierbe, ^lorenj fid^ ju unterwerfen, unter= 
gegangen. 2)a8 leud^tete aber ein, ba^ bie (Erneuerung beö Äriegeö, 
toie er aud^ gelten mod^te, biefer ©tabt eine 3WögIid^Ieit beg SBiber* 
ftanbeö eröffnen unb ilj^m bie SKittet be^ 2lngriffg, fd^on burd^ bie 
anbertoeite Sefd^äftigung be^ laif erlid^en §eereg, geioaltig befd^ränlen 
mu|te. ®r glaubte genug gu tl^un, loenn er für 9KaiIanb unb gta« 
Ken einen erträglid^en ^rieben au^Joirfe*). 

Sit bem Äaifer Ij^atte fid^ burd^ fltteö, loag gefd^el^en loar, bie 
leinung befeftigt, ba^ er feine ©etoalt in Italien nic^t U^aupUn 
fönne, ol^ne mit bem 5ßaJ)ft gut ju ftel^en. 

1) 3aco:^o $itti: Tutti calaxono le bracche per la fuga Turchescha, 
altrimente Pimperatore haberebbe havuto che fare molto piu che non si ' 
pensasse. 

2) Pour ceste occasion du Turcq j'avois taut parl6 de ceste paix 
qa'il ne m^eust semble honneste la laisser de faire. (Lettre ä Ferdinand 
11. JanT.) 

3) Sij'euaseveumoyend'en faire autrement, n'eneusseus61iinsi. (ibid.) 

4) @eine Erinnerungen in einem ®d^rei&en t)on dtoxtif o^ne 3^eife( 
öon ©anga, an ben :|)äp|IIici^en S^iuntiu«, ©ifd^of öon ^afona, bei bem Äaifer. 
Lettere di principi H, 181— 185» 



154 Pnfte« ^ud^. Slc^ted dapittl 

(Segen Snbe be^ ^oüjxe^ 1529 l^ielten fte eine Swf^^'wmettfunft 
in Sologna, bei ber ei^ toon ainfang — benn fd^on toaren bie Untere 
l^anblungen unter J)aJ)ftKd^er SSermittelung Dorgefd^ritten — atif eine 
böHige ^ßacification Italien« abgefel^en toar. 3lm 5. 3loi)emBer traf 
ber Äaifer bort bei bem ^JJa^fte ein, ber feiner fd^on loartete. 

%ef)xdxi} ta)ie bie beiben 2)amen in (Sambrai, tDol^nten je^t 
'Äaifer unb 5PaJ)ft in gtoei aneinanber fto^enben §äufem, bie burd^ 
eine innere *iEl^ür berbunben toaren, gu ber SJeibe ben ©d^Iüff el l^otten ^). 

S)er Äaifer bereitete ftd^ gleid^fam bor, fo oft er mit bem alten 
$oIitifer, bem $aj)ft, J)erfönlid^ berl^anbeln loollte. @r erfd^ien bann 
mit einem 3^ttel in ber $anb, toorauf. er fid^ alle 5ßunfte berjeid^net 
l^atte, toeld^e bie^mal in Setrad^t tamen. 

2)a^ ©rfte, loorin er ben Siatl^fd^Iägen be^ ^aj)fte« ©el^ör gab, 
toar, ba^ fein Slebell, ?^anj ©forga, ben er einft fd^on be§ ^erjog- 
tl^umö öerluftig erflört, bor il^m erfd^einen burfte. 

®^ fd^abete bem ©forja tool^l nid^t, -ba^ er fel^r frani toar. 
Sr mu^te ftd^ auf einen ©tab ftü^en, tomn er mit bem Äaifer rebete; 
ber 5Pa|)ft bermieb, fid^ ben gu^ bon il^m lüffen ju laffen« Slber 
übrigem^ jeigte er ftd^ gcfd^eibt unb Jool^Igefinnt; er fjjrac^ felj^r gut 
unb berftanb fein S^tereffe l^inreid^enb , um eine böttige Eingebung 
gegen ben $errn ju jeigen*). 3!)en ©ro^en beg $ofeö fam er mit 
anbern SKitteln bei. 2lllmäl^lig lie^ man ba ben alten SBibertoiUen 
gegen il^n fatten. 

Snbeffen bemül^te fid^ aud^ ber benejianifd^e ©efanbte, bie SSer^ 
ftimmung ju befeitigen, bie ber ^aifer gegen feine 9le))ublil fül^Ien 
mod^te. ®r l^atte tool^I einmal eine gtoei ©tunben lange äubienj; 
er fanb bod^, ba^ ber Äaifer bie Sage ber 9let)ublil eihfai^f ^^^^ 
SRed^tfertigung begriff. 

©6 ioarb man benn fel^r balb über bie ©runblage eineig SB- 
lommenö einig: bie SSenegianer fottten Ij^erau^geben, \t>a^ fie bom 
Äird^enftaat ober bon 3leapd befa^en, aber übrigen« ol^ne Slnfed^- 
tung bleiben. 2lud^ S^anj ©forja follte mit bem ©taat bon SKai-' 
lanb belel^nt toerben. 3)ie '(Srl^altung beffelben in feinem Biaai 
i^atten bie SSenejianer al« Sebingung il^reö eignen ^rieben« bejeid^net. 

1) SRomifci^er fe^fcrlid^er SWaiejiat c^nrel^tcn gen S3oIonia, aud^ wie H 
Bcbjilid^e Jpe^ftgfeit gegen fe^nc tc^fcrUd^c 3Äajeflat geljalten l^abe 1529. %m 
@<4tn6: „Unb liegen ber ^eJ?fer unb ber 53abp alfo nal^ bei eitianber, hai 
nit mcr ban ein titt^n toanb gtoJ^fd^cn inen ifl, unb l^abcn ein Zff&x gufam* 
mengel^n unb jcber ein fd^tüffcl bar^u." 

2) Gonfidarsi in lei (S. M.), ponersi in man sua. Contarini Bela- 
tione di Bologna 1530. 



gticbenöfd^Iüffc gu ©otogna. 155 

2)ie einzige Sd^toicrigleit tnad^ten bic ©elbforberungcn, foiDol^l 
an SSenebig afö an SRailanb. lim ber mailänbifd^en S^i^Iungm 
jld^et ju fein, toünfd^te ber Äaifct furo ®tfte bie ßaftette bon SKai- 
lanb unb 6omo mit feinen %xvt!ppm befe^t ju Italien, 3)er ^erjog 
rief bagegen bie 5?ertoenbung ber Senejianer an. Slber biefe be= 
forgten burd^ langem SSerjug bie ^einbfeligleit beS Äaiferig auf fid^ 
ju jiel^en, ber, fobalb er b\.e ^anb frei l^abe, feine SBaffen gegen 
fte felbft toenben bürfte. ©ie gaben ilj^rem ©efanbten ben 2luftrag, 
fotool^I in bie il^nen auferlegten ß^^^I^^Ö^^ ^^^ 3lbtretungen , al^ 
a\xä) in biefe maildnbifd^e 3SerJ)fKci^tung einjutoifligen ^). 

hierauf loarb am 23. 35ecemBer ein Vertrag abgefd^Ioffen , ber 
jugleid^ ein Sünbni^ h)ar. 3)ie Sßenejianer öerftanben fid^ baju, 
bie SlüdEftänbe an §ülfögelbem, toeld^e fie fraft ber Verträge öon 
1523 fd^ulbig getoorben, im Saufe ber näd^ften 8 Qai^re aUmäl^lig 
abzutragen; überbieg in bem näd^ften ^al^re nod^ anbre 100,000 ©c.^). 
Um bieleg [tarier toarb ^ranj Sforja IJ>eimgefud^t: er follte in be- 
ftimmten 2)errainen nad^ unb nad^ 900,000 @c., unb babon gleid^ 
im näd^fien Salute 400,000 ©c. jal^len »). 3Ran fielet, baö irar je^t 
ba§ ©Aftern beö Äaiferö: er bel^anbette 3RaiIanb unb SSenebig irie 
Portugal unb ^ranlreid^: bie Slnf^jrüd^e, bie er l^ätte mad^en lönnen, 
lie^ er fid^ burd^ ©elb Vergüten. SBie ber Äaifer SKailanb unb 
Senebig, fo öerf})rad^en bie SSenegianer 9ieaj)el unb 3RaUanb im 
^11 eineö 2Ingriffg ju öertl^eibigen, ©ie gaben bie in ben ©ebieten 
ber Äird^e unb be^ Äönigreid^g eingenommenen 5piä^e Ij^erau^. 

3lod} befanb ftd^ ber ^erjog bon fjerrara au^erl^alb beg ^rie- 
beng. 2)a er jugleid^ ein ^einb be^ 5ßa>)fteg fear, l^atte er nid^tg 
berabfäumt, um fx^ bei bem Äaifer felbft feinen SEBeg ju bal^nen. 
änbrea 35oria fott il^m gefd^rieben Ij^aben, er lönne benfelben nur 
baburd^ gewinnen, ba^ er il^m Vertrauen jeige, 3)er ^erjog fal^ 
ben Äaifer in SKobena; er trug il^m felbft bie ©d^Iüffel ber ©tabt 
entgegen, unb in ber %^at fanb man bon ©tunb an, ba^ ftd^ il^m 

1) Gregorio Casale 13. Dec. 5Bei Sl^olint II , p. 263. (Sttüaö beffere 
•tunbe bringt bie fletne @d^rtft: Maneggio della pace di Bologna, mit« 
get^eilt loon @ar hti SWbcri VII, obtoo^I anäf fte nod^ toiele« öcrmiffen 
tagt, ^enn fte enthält nici^td, aU ein 9^otat ber im (Senat eingegangenen 
9ladjri(i^ten, bie nur gum 2^^cii ben grieben betreffen, in ©anuto'e %xt imb 
SBcife. 

2) Tractatus pacis ligae et perpetuae confoederationis .bei 2)u 
2Äont IV, n, p. 53. 

3) Galeacius Capeila lib. VIII, p. 218 ed. Schard. 



156 pnfted ^uc^* ^^tt9 (So^itet. 

< 

bet Äaifer geneigt ertoeife. Sei tocitem minber Detföljittlid^ jeigtc 
fxä) bet 5PcH)fl. !ttur mit großer SDWil^e toarb er betüogen, feine 
©treitigfeiten mit gferrara einet neuen ®töttetung but^ ben fiaifct 
felBft ju übetlaflen. 2)et ©etjog l^atte ^i) bequemt, SKobena fogleid^ 
ate ein 35eJ)Ojttum in beff en §anb gu fteffen. 

3n bet flotentinifd^en ©ad^e toid^ Element bollenb^ feinen 
©d^titt breit. 3lo^ einmal etfd^ienen ©efanbte bet 3te})ubKf in Bo- 
logna; abet fte l^atten nut bie StuftoaKungen bed $a)}fteig }u bet- 
nel^men, bet il^nen äffe bie J)etfönlid^en 35eleibigungen Dorrüctte, 
toeld^e man ft^ bort gegen il^n unb feine ^teunbe, bie il^n l^ier 
umgaben, etlaubt l^abe. ®et Äaifet toiebetl^olte, toa^ et fd^on innner 
gefagt l^atte, et fei nid^t nad^ Stauen gefommen, um 3^w^^ii> ^^^^ 
JU Seibe ju tl^un, fonbetn nut um fjtieben ju mad^en, abet er l^abe 
bem 5ßat)ft nun einmal fein SBott öetjjfäitbet *). 2)ie ©ad^e toar in 
feinem geheimen Statine öftet« ettoogen tootben. 5!Ran l^atte geuttl^eilt, 
einmal fei Sflotenj butd^ bie SRebeffion feinet 5ßtiöilegien betfaffen, 
unb bet Äaifet böHig in feinem SRed^t, h>enn et e« fltafen laffe; 
fobann toetbe bie gfotbetung beg 5ßaJ)fte!8 aud^ ol^nel^in bie @ercc^= 
tigfeit für fid^ l^aben, ba ja ber 3Sicariu^ ßl^rifti nid^^ Ungered^te^ 
beginnen toerbe*). ©d^on längft toaren Perugia, Slrejjo, ßortona 
in ben Rauben ber Äaiferlid^en; ber $ring bon Dranien, obtool^I er 
t)on ber SRed^tmä^igleit ber Slnfjjrüd^e be^ 5ßaJ)fte« nid^t fo überjeugt 
toar toie fein $err, toax bemfelben bod^ gel^orfam unb lagerte mit 
bem ©eere im Februar in ber 5Räl^e bon ^lorenj. Sffiäl^renb be^ 
Qaxm\>aU gab e^ äffe Sage ©d^armü^el an ben 3^oren. 

2)er Äaifer l^ätte getoünfd^t, äffe italienifd^en Sfngelegenl^eiten 
bie^mal abmad^en, namentlid^ nod^ auf ein !paar Monate nad^ 
3lcapd gelten ju fönnen, too feine ©egentoart fel^r ertoünfd^t getoefen 
toäre. S)ann toürbe er auf bem SBege nad^ Sflom gefommen fein, 
unb, toie eg bie alte ©itte tooffte, bort bie faiferlid^e Ärone in pffer 
^rm enH)fangen Ij^aben. 3*^ feiner Umgebung gab eö Seute, bie 
il^m fagten, er l^abe nid^t^ Doffbrad^t, toenn er nid^t in 9lom felbft 

1) 3aco))0 $ittt: Rispose loro Cesare gratamente, dolerli del male 
patiTa la Cittä, perche egli non era venuto in Italia per nuocere ad 
alcuno, ma per metterci pace, non poter gia in questo caso mancare al 
papa — n^ credere che voglia il papa cose inconvenienti: replicaronü 
li oratori, che la citta de^iderava solamente mantenere 11 suo govemo: 
— — Gesare disse, che forse il govemo parerebbe loro ragionefole, 
nondimeno haberebbe bisogno di qualche correctione. 

2) (Srrrärung be« fatferL ^etd^t^aterd bei ^ax^'i p. 338. 



^rBiiutig (Earl« V. 157 * 

gefrönt toorbcn, Slnbre jebod^ bejtoeif eilen, ba^ ber Drt fo biel 
auftrage, unb 6arl l^ielt für gut, juerft Bei feinem Srubet anju-- 
fragen, 06 bie beutfd^en Stngelegenl^eiten e^ gulaffen toiirben, ba^ er 
baju bie 3ci^ ji^ nel^nte*). 35iefer antwortete il^m: je el^er er fomme, 
je bcffer fei eiS ; loürbe er nad) 9lea|)el gel^n ,- f toürben bie ©egner 
glauben, er toerbe nie lommen. So toarb befd^Ioffen, ba^ bie Krö- 
nung in Sologna bor fid^ gelten foUte: feinen ©eburti^tag, ben 
Sal^re^tag ber Sd^Iad^t Don ^ßabia, toollte ber Äaifer mit biefem 
acte bejeid^nen. 

(Jeierlid^e §anblungen biefer Slrt l^aben ba§ ßigene, ba^ fte 
mit ber SJebeutung, bie jie für ben 3Jloment l^aben, unmittelbare 
Sejiel^ngen ju ben f^m^jUn ^af)xf)\xniMen berfnüj)fen. 

3)ie^mal l^aite bie jlrönung öiel SSefonbereö. Sie gefd^al^ 
nid^t in 3lom, toie fonft immer, fonbern in Sologna. 35ie Äird^e 
©. ^Petronio foHte bie Stelle ber Sßeter^fird^e vertreten; bie 6a})eBen, 
loeld^e ju ben öerfd^iebenen ^Junctionen gebrandet tourben, em))fingen 
bie Flamen ber Eajjetten bon S. $ßeter. ®g loarb ein Drt in ber 
fiird^e beftimmt, ber bie ßonfeffion 5Petri borfteHte^). 

^uä) ber Äaifer toar nid^t toie feine 3Sorgänger erfd^ienen. 6r 
l^atte öerföumt, bie ßl^urfürften einzuberufen: ein einziger beutfd^er 
gürft loar zugegen, ber nod^ ju gutem ®IüdE ben Sag bor ber 
firönung eintraf, 5ßl^ilii))) bon ber 5)}falj, berfelbe, ber fid^ bei ber 
Sertl^eibigung bon 3Bien fo eben einen geloiffen Flamen erloorben: 
aud^ bem aber tarn feine amtlid^e Stellung ^u. 2ln eine beutfd^e 
SRitterfd^aft, toie pe fonft il^ren fiaifer an bie S^iberbrüdfe gu begleiten 
})flegte, loar nid^t ju benfen; unten auf bem 5pia| i)xdUn 3000 
beutfd^e Sanböfned^te, loadfere %ieggleute, bon guter Haltung, aber 
bon einem Sjjanier befel^Iigt; e^ loar älntonio be Seiba, ber auf 
feinem 2^ragfeffel bon- fd^toarjbraunem Sammet feinen @injug bor 
il^nen f)ex gel^alten Ij^Ätte. 2HIe^ ©länjenbe, toa« ben Äaifer umgab, 
toar bon S))anien mitgelommen ober l^atte fid^ in ^ialun gu il^m 
gefeilt. 2)en 3wg, mit toeld^em er fid^ am 24. ^ebruar 1530 — jtoei 

1) 2)er näd^fic S^td bc« öfter angeführten ©(i^reibenö öom 11. Januar, 
H^ \^ erft bei einem gleiten Slufentl^alt in SSrüffel gefunben f^aU, tcav bicfe 
Slnfragc <f:|)äter :|)ubUcirt t)on Sang Corresp. I, .360). gerbinanb cmipfing 
fie am 18. unb anttoortcte am 28. bon ©ubtoei«. 3>te Stnttoort t|i abgebrudt 
bei ©etoaJ? 1530, App. nr. I. 

2) Gonsurgens electus venit ad confessionem B. Petri — — et in 
loco humili et depresso ad instar loci ante ingressum capellae S. Petri 
de urbe procubuit. Rainaldus XX, 568. 



158 gunftcö 53ud^. Sichte« (£a^itcl. 

%aqt borlj^er trat tl^m unter et)n)a^ mobificirten geierlid^lciten ble 
eifeme Ä'rone aufgefegt, toorbcn — jur Äaifcrlrönung naä) ber fittd^e 
begab, eröffneten f^janifd^e @bel!naben; bann folgten jene f})amf(i^cn 
Ferren, beren Iptr gebadet, to^tteifemb in ^om}) unb ®Ianj; l^ierauf 
bie §erölbe, nid^t ettoa ber beutfd^en, fonbem toomel^mlid^ ber betJ 
fd^iebenen ft)anifd^en $roi)injen; baS BcepUx trug ber SKarfgraf 
Don SJlontf errat , baö Sd^irert ber ^erjog bon Urbino, ben 3leid^3' 
ap^d jener 5ßfaljgraf ^Ij^ili))}), enblid^ bie Ärone ber ^erjog ^on 
©atoo^en. 3!)ie ßl^urfürften toertounberten fid^, bajs man il^re Slemter 
Slnbem ju öeriralten gegeßen, ol^ne fie nur ju fragen. 9iad^ jenen 
il^ren romanifd^en unbeauftragten Vertretern fd^ritt bann ber fiaifer 
jtüifd^en jtoei ßarbinälen bal^er; bie SKitglieber feineig geJ^eimen/Satl^el 
folgten il^m nad^. ' 3[Iö toenig Sd^ritte l^inter il^m ber l^öljeme ®ang, 
burd^ ben man ben ^ßaHaft mit ©. 5)Setronio berbunben l^atte, jufam- 
menbrad^, beuteten \>a^ 3SieIe bal^in, ba^ er lool^t ber le^te Äaifer fein 
toerbe, ber ju einer römifd^en Ärönung gel^e, toie baö benn in ber 
S^l^at loalj^r geloorben ift; er felbft meinte fein ®Iüdf ju erlennen, 
ba§ il^n aud^ in biefem Slugenblitf bor einem Unfall gefd^ü^t l^otte *). 
Unb nun loarb er mit ben ©anbalen unb bem bon ®belfteinen 
ftarrenben Äaifermantel bef leibet, ber bon bem b^jantinifd^en §ofc 
l^erübergenommen ioorben; er toarb mit bem ejorcifirten Del gefalbt, 
mit einer gormel, faft nod^ ganj ber nemlid^en, toeld^e einft §infmar 
bon Sll^eimg gebrandet 2); er emj)fing bie Ärone 6arl^ beö ©ro^en, 
bie S^f^Qi^i^" j^^^^ ölt^« gel^eiligten SBürbe, in ber er aU ba^ 
Dber^aut^t ber ßlj^riftenl^eit erfd^icn; aber jugleid^ leiftete er aud^ ben 
Sd^tour, ben einft in ben Seiten ber ©iege ber ^ierard^ie bie 5Pci))fte 
ben Äaifem aufgelegt, ba^ er ben 5ßa^)ft unb bie römifd^e fiird^e, 
äße il^re S3eft|tl^ümer, Sl^ren unb Sfted^te bertl^eibigen tooHe: er toar 
ein getoiffenl^after 3Benfd^, unb toir fönnen nid^t jloeifeln, ba^ er 
ben ®ib mit allem 6mft feinet ©emütl^e^ ablegte. Qene SSereini^ 
gung ber geiftlid^en unb toeltlid^en ^ierard^ie, loeld^e bie S^ee ber 
lateinifd^en ßl^riftenl^eit forbert, ioarb nod^ einmal bolljogen. 

1) Soötuö, 27. S3ud^. De duplici coronatione Caroli V Caesaris ap. 
Bononiam historiola, autore H. C. Agrippa, Bei <Bä}axt>in9 III, 266. 

2) 2)ic Söortc ber ©olbung in bem Sfituot, ipse — super c«q)ut tuum 
infundat benedictionem, eandem usque ad interiora cordis tui penetrare 
faciat (bei 9?atnalbuö p. 569, nr. 23), erinnern fel^r an ©tnfmarö gonnd 
t}on 877: cujus sacratissima unctio super caput ejus deiluat atque ad 
interiora ejus descendat et intima cordis illius penetret. 3)od^ ift bie afte 
gormel burc^auö f^Bncr. 



Ärbtiung (Sari« V. 159 

SBäl^renb ber ßeretnonie ftanb ber franjöftfd^e ©cfanbte, Stfd^of 
bon %axbe^, jtoifd^en bem.Stulj^l beö Äaiferi^ unb bem be^ 5|Sa|)fte§ 
neben bem ®rafen öon Siaffau: fte fj)tad^en t)iel bon ber ^eunb« 
f(^aft, bie nun jlüifd^en il^ren ^rften beftel^e, t)on ber nid^t^ ju , 
toünfd^en fei, aU bajs fte lange bauere. 3Ran brandet aber nur ben 
Serid^t ju lefen, ben ber Sifdjiof barüber an feinen §of erftattet, 
um ftd^ iVL überzeugen, ba^- er toenigfteng bat)on eben bag ©egen^ 
t^eü meinte. @r toottte'toal^rnel^men, ba^ ber ^ap\t feufje, )comn 
er fid^ unbemerft glaube. 6r berfid^ert in bemfelben SSriefe, bag 
lange Scifammenfein ber beiben dürften Ij^abe el^er SBiberlüillen aU 
greunbfd^aft jtoifd^en il^nen erzeugt: ber $a))ft f)abe xi)m gefagt, er 
fel^e, ba^ man il^n betrüge, aber er muffe tlj^un, al§ bemerfe er'ö 
nid^t. GJenug, er erflärt eö für getoi^, ba^ bie ^exi bei bem 5ßaJ)ft 
SBirfungen Ij^ertoorbringen toerbe, mit benen ber Äönig bon ^ranl^ 
reid^ jufrieben fein lönne^). 

2lud^ au§ ber 6orrefj)onbenj beö Äaiferö mit feinem SSruber 
feigen h)ir, ba| er fid^ be§ $a))fteg mit nid^ten für berfid^ert l^ielt. 

lleber]^au:(jt bürfte man nid^t glauben, ba^ er al§ $err in 3ta= 
Ken l^dtte l^anbeln fönnen: aber er tou^te ben geeigneten SKoment, 
tüo bie ©egner erfd^öjjft unb ol^ne Jjolitifd^en Slütfl^att Iraren, ju 
benu^en, um ba^ Uebergetoid^t, baö tl^m ber Sieg gegeben, ju te= 
feftigen, eine fünftige §errfd^aft borjubereiten. 

9Rod^te fid^ ber ^ap\t in 2lugenblidfen be^ UnmutJ^ig aufteilen 
toie er tüollte, fo fonnte er fid^ bod^ bon bem Äaifer nid^t melj^r 
ööttig loörei^en. 2llö ^loren^ nad^ tajjferm SBiberftanbe unterirorfen 
toar, gab ber Äaifer bem §aufe SKebici eine ftaatöred^tlid^ fefter be= 
grünbete 3Kad^t bafelbft, aK eö jemals gel^abt; eine ^amilienberbin- 
bung h)arb öoH^ogen, bei ber e§ ju fo getüaltfamen @ntgh)eiungen, 
toie bie frül^eren getoefen, iDol^I niemals n)ieber lommen fonnte. 

äud^ 5!RaiIanb^ fonnte ber Äaifer fidler fein, ©forja erfannte fel^r 
tüol^l, ba^ S'^anj I feine lombarbifd^en 3[nf})rüd^e nid^t auf immer auf^ 
gegeben l^atte; toie benn and) bornel^me 3Rilanefen ilj^re SSerbinbung mit 
granfrei^ fo balb toie möglid^ gu erneuern fud^ten. S)iefe Slürffid^t 
bilbete einen ®runb mel^r für ben Äaifer, fid^ bie beiben ^J^ftungen 
t)orjubel^aIten: er tooKte feine 3^ru))t)en nad) SKailanb toerfen fönnen, 
fobalb ber Äönig bon ^ranfreid^ baö Sanb toerbe angreifen*); 

1) Lettre de Mr. de Gramont Ev. de Tarbes ä Mr. PAdmiral, Bou- 
logne 25. Fevrier, in Le Grand Histoire du divorce tom. III, p. 386. 

2) Per mantenersi il passo di venire in Italia e di mandarvi gente 
per difesa del re di Francia, il quäle giorno e nette pensa la via et il 






160 * günftc« ^näf, %^m (iapM. 

J)on too man nid^t gtoeifeltc, ba^ eiS bcm ^rieben gum ^ro| bemnäc^ft 
ftcfd^eljicn toerbe. Um fo urtbebingter piu^tc fxi) ©forja an ben 
Äaifer, ber xf)n attein fd^ü^en fonnte, anfd^üe^en. 6r h>ar, toie man 
bamal^ flefagt l^at, bon Sflatur faifetltd^: in f urgent trat aud^ er in 
öftrcid^tfd^e aSertoanbtfd^aft; ein faiferlid^er gclblj>auj)tmann befel^Iigte 
nad^ toie bor bie 3^rm)J)en in ber Sombarbei. 

Sei tDeitem unabJ^ängiger l^ielt jtd^ SJenebig. aber aud^ l^ier 
l^atte im (Segenfa^ mit bem 3)ogen eine ^Partei ben fjrieben bewirft, 
bie ber freunbfd^aftltd^en Serl^ältniffe mit Deftreid^ unb ©J)anien ht- 
burfte, um fid^ gu bel^auj)ten. Ueberbie^g toarb bie 9fle})ubüf burc^ 
bie Domänen in bie 5Rotl^toenbig!eit gefegt, einen SlüdPl^alt in ßurotja 
5U fud^en, ben il^r feine anbre 3Rad^t getoöl^ren fonnte, aU bie \pa' 
nifd^e. ©ie l^atte ftd^ aßmäl^lig überzeugt, ba^ bie 3^^ ber Erobe- 
rung unb Sluöbreitung für fie auf immer vorüber fei; für Senebig 
begann eine neue äera, beren ßlj^arafter burd^ bie 3Serl^äItnif[e gu 
©J)anien beftimmt tourbe. 

Unb nid^t minber l^atte ber Äaifer ©orge getragen, bie Heineren 
fjürften unb 3let)ublifen an fid^ ju fefjeln. , ^ 

3)er 3Karfgraf bon SKantua emjjfing bie l^erjoglid^e ffiürbe; 
bem §erjoge bon gerrara überlief ber Äaifer 6arJ)i; bem ^er^og 
bon ©abo^en, feinem ©d^toager, übergab er Slfti, ba^ Sranj I ab- 
getreten l^atte, ju befjen nid^t geringem SSerbru^; bem ^erjoge öon 
Urbino, bamafö bem berülj^mteften italienifd^en Ärieg^manne, l^atte 
er feine 2)ienfte angeboten unb in 93ologna })erfönnd^ biele (Snabe 
ertoiefen. 

^n ©iena unb Succa lebte ber alte gibettinifd^e (Seift lieber 
auf : er loarb öon bem Äaif er f o biet afö tl^unlid^ begünftigt. 3Ba^ 
man aud^ bon ber toieberl^ergeftellten greil^eit bon ®enua fagen 
mod^te, fo loar bod^ ber ®rfoIg ber SJeränberungeU; ba^ änbrea 
2)oria atteg leitete*). 3)er 3wname, ben man ilj^m nod^ gab, 3^ 
JJigone, ber ©ärtner — benn er irar bon ber SRibiera -^ mad&te gar 
balb einem anbem $Ia^: man nannte il^n ben 3Konard^en. Unb biefer 
5Konard^ bon @^nua toar ber Slbmiral be^ Raifer^. Sie großen 
©elbbefi^er ixaUn auf eine anbere, nid^t minber binbenbe SSeife 
— burd^ bie 31nleil^en, bie ber Äaifer bei il^nen mad^te — mit bem- 
felben in 3Serl^äItni^. 

modo dl riaver questo stato. @o fagte (Sari bem ^enegtaner ®a\pax (Son^ 
tarint. Maneggio della pace 20Z. 

1) ^afabonna Relatione di Milano 1533. Esso Doria fa il privato 
e guberna absolutamente Genoa. Del che si doleno Genoesi. 



gcflfcfeung itaücnifc^cr ^cr^fäUmffc. 161 

Dl^ne S^^if^f- unab^ngig fonnten ftd^ biefe ©etoalten nod^ 
alle bünfen: fie l^ätten aud^ eine anbete $oIitif ergreifen fönnen: 
unb jutoeilen badeten fie baran. 2tber in il^rer innern ober äußern 
£age gab e^ Selpeggrünbe , bie fxe gu einer ^Bereinigung mit bem 
Saifer trieben: unb biefe Ipurben je^t t^eifö mit 2lbfid^t ge))flegt, 
tl^eitö aud^ burd^ bie blo^e SRatur ber 2)inge enttoidfelt, inbem 6arf 
fo mäd^tig h)ar, ba| e^ eine 'Baä)e beö Gl^rgeije^ tok beg 3?u^en^ 
h)urbe, mit il^m in gutem SSernel^men ju ftel^en. 

©0 U)arb bie ©etüalt eineö Äaiferg erneuert, bod^ tvax e§ nid^t 
ba^ alte Äaifertl^um. 

STm toenigften l^ätte bie beutfd^e $Ration fid^ rül^men bürfen, 
ba^ il^re Sleid^ögeiralt il^r h)iebergegeben Itorben fei. 

3)ie ßl^urfürften bellagten fid^, ba^ fie tüeber ju ber Ärönung 
berufen, nod^ gu ben 3Serträgen l^erbeigejogen Sorben, bie ber Äaifer 
mit ben italienifd^en SKäd^ten gefd^Ioffen l^abe. ©ie :^roteftirten in 
aller gorm; iüenn etttjaö in -jenen Serträgen angenommen fei, baö 
je^t ober lünftig bem 1^. römifd^en Sleid^e ^um Slbbrud^ ober ^lai)-- 
tbeil gereid^en lönne, fo looHen fie nid^t barein gebilligt l^aben^). - 

©d^on frül^er l^atte man bei bem Äaifer in Erinnerung gebrad^t, 
ba^, toaö in Stauen erobert toorben, nid^t il^m, fonbern bem Sleid^e 
gel^öre; man l^atte il^n aufgeforbert, bem Sleid^e feine Äammern, 
namentlid^ 3Kailanb unb ®enua, jurüdEjuftetten: bieö toerb« bann 
ben (Subemator fe^en unb ben Ueberfd^u^ ber SSertoaltung jur §anb= 
I^a6ung i>on ^rieben unb Sted^t öerloenben. J)ag toaren aber nid^t ■ 
bie (äebanfen be^ Äaiferg ober feiner fjjanifd^en §au))tleute. 35er 
§erjog t>on Sraunfd^toeig U^anpUt^, mit Slbfid^t feien il^m bei feinem 
itafienifd^en .3w9^ i»» Saläre 1528 t)on Stntonio £eit)a ^inberniffe 
in ben SBeg gelegt loorben: ber ©Jjanier l^abe. leinen beutfd^en 
prften im SKaifänbifd^en bulben toollen. Unb biefer 2d^a nun 
toarb je^t mit 5Pat)ia belel^nt, er bel^ielt ben Dberbefel^I unb filrö - 
ßrfte bie SEBaffen ,in ben ^änben. ' 2ln beutfd^en ®inffug loar nid^t 
tnel^r ju benfen. 

Unter biefen SSorgängen, nid^t fo ganj ber 9le))räfentant ber . 
nationalen SKad^t, nal^m ber Äaifer, Slnfang SKai 1530, über bie 
Sribentiner SKjjen feinen 2Beg nad^ 2)eutfd^Ianb ^). 

1) ^roteftation tom 30. 3u(i 1530 im Sobknaer Slrd^it». 

2) SBuc^oIfe III, 92 2(nnter!ung. 



to. «ante*« ©crTe I». 1 1 



Stet^^tag ju ^ug^Bntg im ^affxt 1530. 

6arl y l^atte bie ft)antfcl^en ^önigteid^e in ©el^orfant, ^iaim 
in ä(6l^ängigleit gebrad^t; ta)e(d^e @ntn>ürfe liegte er nun, al^ er in 
ber j^üQe feiner 3Raä)t in ba^ ))on @runb au^ aufgequirlte, ton @äl^« 
rung erfüttte 2)eutf4lanb jurücff eierte? — SBol^I nur ba§ 3l'd6)\U 
tt>ax ii)m Mar. 

©einem S3ruber, ber fid^ mit i^m in aUm italienifd^en SSer* 
h)idelungen unerfd^ütterlid^ treu, hex fd^toad^en Gräften bod^ immer 
jur §ülfe tereit, unb überaus nü^lid^ erliefen, l^atte er bafür ber- 
frrod^en, il^n jum römifd^en Äönige ju erl^eben. 2)en SSerfud^en, biefe 
SOSürbe an ein anbere^ ^au^ ju l^ringen, bie ftd^ nid^t ol^ne @efa^r 
immer toieber erneuerten, mu|te ein 6nbe gemad^t toerben. 6ben 
je^t toar baixi bie S^t, in biefer gütte bon SDlad^t unb Sieg. 

gerner mn^U man enblid^ einmal baran gel^n, eine auj^reid^enbe 
3Ka^regeI gegen bie Xürfen inö SEBerl ju rid^ten. 2)ie legten ©reig^ 
niffe l^atten ben 2)eutfd^en gezeigt, ba^ e^ je^t nid^t mel^r Ungarn 
attein gelte, fonbem il^r eignet 3SaterIanb ; bie in bie Slugen faHenbe 
yioti) mu^te fie toiHfä^riger mad^en. %üx ia§ SSeftel^en be^ ^aufeiS 
Deftreid^ toar baö eine unerlä^Iid^e Sebingung. 

2)odr füllte er hjol^l, ba^ ei§ babei fein 33er6Iei6en nit^t 
l^aben tüerbe. 

SBä^renb feinet Slufentl^alte^ in S^^^K^*^ ^^^ ^^^ ^^ friebfer= 
tige^ Serl^alten, glüar nid^t gegen feine ©emtitl^gart — benn biefe 
l^atte eüüa^, bag bal^in neigte, — aber bod^ gegen feine urfj)rüng- 
(id^e Intention, burd^ bie Sage ber S)inge auferlegt lüorben. Seine 
jugenblid^ Iriegerifd^en 2l6fxd;ten haaren aber bamit nid^t bertiigt. 



9eei(^0tag gu ^ug^burg. %bfxä)ttn be« Äaifer«. 163 

Qnbem er feine 93licfe nad^ 2)eutfci^lanb toanbte, fd^rieb er feinem 
Sruber, er toünfd^e, tüie über mani^c^ Slnbere, fo au6) über il^r gu^ 
fünftige^ SSerfal^ren ntit ii}m ju reben. Db fxe frieblid^ leben ober. 
nid^t ü)n)a felbft ettoa^ unternel^men fottten; — ob bieg burd^ ge= 
meinfd^aftUd^e 3lnftrengungen gegen bie 2^ürlen gefd^el^en, ober ob 
eine anbre gro^e ©elegenl^eit abgelpartet toerben foHe, um ju einer 
gered^tfertigten Unternel^mung ju fd^reiten. 

3)ie beutfd^en Slngelegenl^eiten l^atte man bereite bei ben Id^Un 
Jriebenöfd^Iüffen im 3luge gel^^abt. 

gür ben ^rieben i)on ßambrai toar eö eing ber SWotiöe, tueld^e^ 
bie nieberlänbifd^en Statine bem Äaifer ju ©emütl^e fül^rten, ba^ er 
khxä) in Stanb gefegt toerbe, bie Äe^ereien abjuftetten, bie Äird^e 
in ben 3wß<*iii> Ju bringen, in bem fie fein foUe, unb ebenfo ba^ 
Seid^ 1). 

3Kit bem 5ßa))ft h)ar benn aud^ fd^on über bie Se^anblung ber 
Seligion^fad^en Slbrebe getroffen Sorben, ^m ^rieben ju Barce- 
lona l^atte fid^ ber Äaifer i)er))flid^tet, juerft nod^ einmal bie §erbei= 
jie^ung ber SKbgehjid^enen ju Derfud^en, fottte i^m baö aber nid^t 
Gelingen, ali^bann alle feine 5Dtad^t anjutoenben^j/^um bie ©d^mac^', 
bie man ßl^rifto angetl^an, ju räd^en." 

SSie anftö^ig unb getoaltfam aud^ baö &\xtad)Un lautet, ba§ 
i^m fein Segleiter, ber ))ä^3ftlid^e Segat 6amj)eggi, überreid^te, fo ift 
ba§ bod^ ber ©runbgebanfe, auf bem e^ berul^t. ^nex^i giebt 6ams 
feggi barin bie 5Kittel an, burd^ toeld^e man bie ^roteftanten toieber 
gewinnen fönne: 9Serfj)red^ungen, Sebrol^ungen, 3Serbinbung mit ben 
{flt^olifd^ gebliebenen ©täuben; für ben ^att aber, ba^ bieg nid^t§ 
fruchte, l^ebt er auf bag ©tärifte bie 9tot^tt)enbigfeit l^erbor, fie mit' 
Setpalt, lüie er fld^ au^brüdft, mit geuer unb Sd^tDert gu jüc^tigen; 
er forbert, baj man il^re ©üter eingiel^e, unb bie SBad^famfeit einer 
^nquifition toie bie f))anifd^e über Seutfd^lanb öerl^änge^). 3iurein' 
mutl^igeg, friegerifd^eg Unternel^men fönne il^m (Sel^orfam öerfd^affen, 
h)ie einft bem Äaifer 2Rajimilian ber Ärieg gegen bie ^Jfalj. 3lug 
* ber ßorrefjjonbenj beg Äaiferö mit feinem Sruber gel^t l^ert)or , ba^ 

1) Faire refornier toiites her6sies et reduire l'eglise dans soii den 
estat, et pareillement l'empire. (Dec. 1528.) .«ci 2e ©(a^ II, 686. 

2) Vim potestatis distriiigent (Sari unb gerbinanb). 

3) Instructio data Caesari dal rev'"^ Campeggio : „con Offerte prima, 
pol con minaccie ridurli nella via sua, cioe del Dio omnipotente." 2)a^ 
©utad^ten ip njo^I ber 9Jat(>fc^(ag 3u 33ouonien befehle ff en, meldten @(f fannte. 
^l ?ut^cr Tarnung an feine lieben 3)eiUfci^en. 5irten6. V, 534. 

11* 



1G4 günftcö ©ud^. iRcuntee Sohltet. 

©ebanfen ber ßüci^tigimg unb ®ewalt affcrbingö Don il^ncn gcl^egt 
hjurben. 

gerbinanb l^atte, toxe tüir toiffen, ftd^ in UnterJ^anbrungen mit 
'Gl^urfürft 3oi(|ann bon Sad^fen eingelassen, aber er berftd^erte bem 
Ä?aifer, et tl^ue e^ nur, um bie Qad)e l^injul^alten. „Ql^r fönntet 
weinen", fügt er l^inju, „eö fei ju biet, toa^ id^ getüäl^re, unb S^r 
möd^tet baburd^ gel^inbert toerben, jür Strafe ju fd^reiten. 9Jtom 
feigneur, id^ toerbe fo lange toie ntöglid^ unterl^anbeln unb nid^t ab- 
fd^Iie^en; follte id^ a&er aud^ abgefd^Ioffen l^aben, fo giebt e^ biele 
anbre änläffe, fte ju äüd^tigen, fo oft eg (^nä) gefäUt, Sftcc^t^grünbe, 
of;ne ba^ 3l^r ber Steligion ju gebenlen brandet; fo mand^en fd^fim- 
mcn Streid^ l^aben fie aui) au^erbem ausgeübt, unb ^^x toerbet 
Seute finben, bie Gud^ baju* gern bel^ülflid^ finb " *). 

3>a^ toar alfo bie Stbfid^t, guerft in affer ®üte einen SSerM 
ju ntad^en, ob man nid^t bie 5ßroteftanten jur Ginl^eit ber latei^ 
nifd^en ßl^riftenl^eit, bie nun toieber inneren ^rieben l^atte unb aU 
ein gro^e^ ©^ftem erfd^ien, jurüdffül^ren lönne; für ben %aU aber, 
ba^ ba§ nid^t gelinge, fteffte man ftd^ felbft bie Slntoenbung bon 
®en)art in aiu^fxd^t, unb bel^ielt fid^ baö SRed^t baju forgfältig m. 

SDod^ toäre e§ nid^t geratl^en getoefen, bie 2fntij)atl^ien eine^ 
beleibigten Selbftgefül^lö burd^ Sebrol^ungen gu reijen. SKilbe fann 
nur bann 51KiIbe l^ei^en, toenn man rvid^t lünftige Strenge im hinter- 
grunbe erblidft. 3wnäd^ft befd^lo^ man, nur biefe ©eite l^eröor 
jufel^ren. 

©ig fann nid^tö ^Jriebeatl^menbere^ geben, aU baö Äu^fd^reiBcn 
beg Äaifer^ jum Sleid^^tag, toorin er feinen SBunfd^ anlünbigt, „bie 
3toietrad^t l^injufegen, Vergangene Qrrfal unferm §ei(anb ju ergeben, 
unb ferner 'eineö jeben ©utbünlen, Dj^inion unb 3Reinung in Siebe 
ju l^ören, ^u ertoägen, ju einer d^riftlid^en SB?al^rl^eit ju bringen, alle^ 
abjutl^un, \oa^ ju beiben ©eiten nid^t red^t auiggetegt Sorben." S« 
bem ^jSaffaft, loo ber Äaifer mhm bem ^ap^t h)ol^nte, toarb biefer 
ßrla^ untergeid^net. 2)er ^ap^i lie^ bem Äaifer freie §anb. 2(u(f» 
er träre l^öi^Iic^ juf rieben getoefen, tbenn bie 3Ka^regeIn ber SKilbe ' 
ßrfofg gebabf l^ätten. 

2Bie ber Äaifer fid^ aber aud^ auiSbrüdfen mod^te, bie altgläu- 
bigen dürften l^atten bon ber Stimmung beö faiferlid^en §ofe§, feiner 

1) (B6)xtiUn gerbinanbö an bcn taifer, ©ubtDci« 28. 3anuar bei 
®cöa^ Urfunbcn öoit 1530 p. 67. 33gf. ba« dicztxpt au« bem ©(^reiben be^ 
(Sangtcrö bei SBud^offe III, 427. 



9?ei(i^etag gu Sugöburg. 2lu«fd^rciBen. 165 

SerBinbung mit bem ))ä})jilici^en l^inreid^enbe Äenntni^, um bei feiner 
STnfunft bie lebl^afteften Hoffnungen ju faffen. Sie eilten, il^re Se- 
fd^toerben jufammenjuftetten, bie alten &ntaä)tm unb SflatJ^fd^läge jur 
Slbftellung ber lutl^erifd^en Sehjegung nod) einmal ju ret)ibiren. ,,(Sö 
gefaßt un§ tool^l", l^ei^t e^ in ber ^nftruction beö 2lbminiftratori§ 
öon 9legen^6urg an feinen Sleid^^tag^gefanbten, „ia^ bie Steuerung 
toiber bie tool^l unb lang l^ergebrad^ten ©ebräud^e ber Äird^e auöge^ 
rottet unb yam beften getoanbt hjerbe"^). gwnäd^ft l^ielt ber Äaifer 
in Sn^brudE ^of , um fid^ nad^ bem Statine feinet Sruber^ ben Qx- 
folg ber 9leid^igtag§gefd^äfte burd^ t)orbereitenbe SSerJ^anblungen ju 
ftd^em. äBeld^er Slrt biefelben lüenigftenö , gum S^l^eil geUjefen finb, 
iä^t fid^ unter anbem barau^ ahnei)mm, ba^ ber Denejianifd^e ©e- 
fanbte eine SRed^nnng fa^, nad^ tpeld^er ber laiferlid^e §of bon feiner 
Slbreife auö Bologna big jum 12. ^uli 1530 270,000 ©d^ilbt^aler 
an ©efd^enfen t)erauiggabt l^atte, 3^ "^^^ ©rfd^einung bei§ ©lüde^ 
unb ber 3Had^t, toeld^e hnxä) eine natürlid^e Äraft anjiel^en, fam nun, 
ft)ie eg feit ^di)xf)nnhtxtm in S)eutfd^lanb ber ©ebraud^ toar, ©nabe • 
unb Segabung. 2ltteig, toa^ bon bem $ofe ©unft ju ertoarten l^atte, 
ftrömte bal^in, unb man t)erga^ faft, bafe ber SReid^^tag fd^on längft 
Ijäti^ angel^n foKen: ein jeber fud^e i&ier ol^ne SSerjug feine ©e^ 
f(i^äfte abjumad^en*). 

S3alb glaubte man an einem S3eift)iel abnel^men ju fönnen, 
toelc^e SBirfung bie ®rfd^einung be^ Äaiferö aud^ auf bie religiöfen 
ängelegenl^eiten ausüben toerbe. 35er Sd^hJager beffelben, ber t)er- 
jagte Äönig ßl^riftiern Uon S)änemarf, ber fid^ bi^l^er an Sutl^er ge= 
galten, mit biefem in 33rieftt)ed^fel geftanben unb fid^ unumtrunben 
^u befjen Seigre bdannt l^atte, fül^Ite fid^ in Qn^brudf betpogen, ju 
bem alten ©lauben jurüdfjulel^ren. 2)er $a^3ft tt>ar entjüdft, alö er 
e^ bemal^m, „^d^ fann nid^t au^brüdfen", fd^reibt er bem Äaifer, 
„mit toeld^er 3lül^.rung mid^ biefe 5Rad^rid^t erfüllt l^at. 35er ©lang 
ber Xugenben ©to. 9Jlajeftät beginnt bie 3tad^t ju berfd^eud^en : bieg 
8eif})iel h)irb auf Unjäl^lige tüirfen"^)« ®r genel^migte bie 2lbfo= 
(ution ß^riftierng unb legte bemfelben eine Sufee auf, bie er nad^ 
ber §erftellung in feinem SWeid^e gu bolljiel^en l^abe. 35er Äaifer felbft 

1) giJrjiemann Urfunbenbut^ 3ur ©cfd^id^te öon 5lug«burg 53b. I, 
p. 209. 

2) Relatio viri nobilis Nie. Theupulo doctoris, 1533: ne in esso vi 
erano spese se non dl doni fatti a diversi signori (n?o{>( auä) italienifd^cn). 
3n ^nSbrud fehlte e6 jcboc^ bereit« an ®clb. 

3) Roma 3. Giugno 1530. Lettere di principi 11, 194. 



166 günftce S^ndf. yimnttß (SiapiitU 

l^offte, h)ie eö if)m toiber fein eignet ©rtoartcn gelungen, Stauen ju 
berul^igen, fo tperbe e§ il^m aud) in SJeutfd^lanb nid^t f eitlen. ^ 
dtom ertpartete man aUe^ t>on bent glücHid^en ©eftim, unter bem er 
iu [teilen fd^ien. 

Unb liefen ftd^ ntd^t bie Singe in ber %i)at anä) l^ieju fe6r 
günftig an? 

Sei ben ^ßtoteftanten l^atte baö Slu^fd^reiben beg Äaifer^ bie 
befte Slufnal^me gefunben. 35on allen dürften hjar ber, auf toeld^en 
baö 5Keifte anfam, ber (Sl^urfürft bon ©ad^fen, aud^ ber ßrfte, ber 
in Slugöburg eintraf. @r berfäumte nid^t, bent Äaifer, ber in ben- 
felben 2^agen bie ^Ipen überfliegen, gu feiner Slnfunft im Seid^e 
®Iüdf ju hjünfd^en, bie er „mit untertl^äniger greube bemommen: 
er h)erbe ©r. 3Kajeftät, feineö einigen DBem unb §erm, ju STugl^ 
bürg in Untertl^änigfeit harten" ^). 6r l^atte anä) feine Sunbe§ge^ 
nojfen aufgeforbert, il^m ju folgen: benn ber SReid^gtag ju 2Iug§6urg 
fd^eine ba§ 3?ationaIconciIium ju fein, bag man fo lange ertoartet, 
. baö man fd^on fo oft bergebenö geforbert l^abe, h)0 man nun bie 
Beilegung be§ refigiöfen ^toie^palt^ f)o^m lönne^). 

SDie Unterl^anblungen be^ ßl^urfürften mit Äönig gerbinanb 
l^atten, it)ie man fd^on nad^ obigen SlÄi^erungen öermutl^en fann, 
ju feinem Slbfd^Iu^ gefül^rt, bod^ toaren fie ebenfoh)enig abgebrod^cn 
toorben. 3lud^ ßl^urfürft S^l^ann l^atte gar mand^e anberioeite ©e- 
fd^äfte mit bem faiferlid^en §ofe: aud^ i>ön xi}m erfd^ien ein ©efanbter 
in S^^i&nidf. Sollte eö ba nid^t möglid^ fein, il^n ju gewinnen? 
9Jlan mad^te einen SSerfUd^, ben dürften felber naä) ^n^btui ju 
jiel^en. 2)er Äaifer'lie^ i^m fagen, er möge ftd^ aller greunbfd^aft 
ju il^m berfel^en, il^n aufforbem, fo gut toie biele anbre ju i^m aa 
ben §of gu fommen. „Qn ben Baä)m, bie burd^ fie Beibe m^c-- 
rid^tet iDerben lönnen, beule er tool^I fid^ mit il^m ju bereinigen." 

Eben l^ier aber jeigte fid^ aud^, auf JDeld^e 3lrt bon SBiberftanb 
er in 35eutfd^lanb fto^en foHte. ©g l^atte ben ßl^urfürften unange^ 
nel^m berül^rt, bag ber Äaifer burd^ eine anbre ©efanbtfd^aft in il^n 

1) 2Cn 5«af[au unb Söalbfir* 14. 3Wat, bei görflemann I, 162. 164. 

2) 13. mäxi ibid. p. 24. «Jgl. baö ©utad^tcn i>on SBrüd, p. 11. 3n 
einer (Srmanung re^mcnnjciß bon $an8 SWarfd^alf 1530, hJtvb ®ott gcSeten, 
offenbar ju mad^cn fein SBort, „bamtt c8 !ommc an ein Ort in bicfent 9iei(^8* 
tag unb ßoncilto.'' 2)a erfd^einen nod^ einmal bie Hoffnungen ber frü^ern 
Sa^re. 2)cr Äaijer h)irb crmal^nt, pd^ beö göttlid^en 2Bortc€. anguncfme«, 
„bamit nid^t ttjet^tcr njerb ge:^Tent baö arm i)oI! ber Sl^riflen^cit, toeld^cö lang 
auf fd^mater loc^b be« ©laubeii« l^atb irr gangen ifl.'' 



ÜJcid^ötag ju 2lug«6urg. Vorbereitungen. 167 

gebrungen, bcn ^ßrc^igetn, bie er mit ftd^ gebrad^t, ©tiUfd^lDeigen 
aufjuerlegcn. ®r fal^ in bicfcr ^orberung ben SScrfud^ einer unbe- 
fugten ßntfd^eibung bor aller Unterfud^ung, unb glaubte nid^t anberig, 
aU ba^ man biefen Stet ber 3?ad^giebigfeit, ben er in Slugöburg 
jurüdfgetoief en , in Qn^brud bon il^m erjh)ingen hjerbe, fattö er ba= 
fcI6ft erfd^eine. ferner ^af) er ben §of mit feinen })erfönlid^en Oeg^ 
netn bereite erfüllt. 2lud^ fd^ien e§ il^m nid^t gut, Sleid^^tag^gefd^äfte 
an einem anbem Drte borjunel^men, al^ ber baju beftimmt iüar. 
©enug , er blieb babei , er tooHe be^ Äaif er^ in äug^burg iDarten. 

Ueberl^au^t ioar bie Haltung, toeld^e bie in älugSburg ange- 
fommenen $|Sroteftanten annal^men, ber Seifatt, tpeld^en bie 5prebigten 
in ber ©tabt fanben, bie allgemeine ©unft, hjetd^e fie in SDeutfd^-- 
lanb genoffen, bem laiferlid^en $ofe unerwartet. 3Slan l&atte in Qtalien 
geglaubt, bei bem erften Sturme toürben bie Sßroteftanten aui^einanber- 
fliegen toie 3^auben, Wenn ber (Seier unter fie fäl^rt*). Sw^'^ft bemerfte 
ber ßanjler ©attinara, ba^ man mel^r ©d^toierigleiten finben toerbe, 
alg er hjol^l felber geglaubt^), ©attinara, ein alter ©egner ber päpp 
lid^en SPolitif unb ol^ne 3^^if^l '^^^ gehjanbtefte ^ßolitifer, ben ber 
Äaifer befa^, h)äre bieHeid^t ber 5Kann geioefen, ben 2lbftd^ten be§ 
§Dfeg eine SWobification ju geben, in ber fte fid^ erreid^en liefen; 
felBft bie ^roteftantox red^neten auf i^n. ©erabe in biefem aiugen^ 
bli(f aber ftarb er: ^hm f)kt, ju Qn^brudf. SDen Uebrigen mad^te 
bie Sage ber 35inge fo biele S3ebenflid^Ieiten nid^t. 2Ba§ ju Qn^- 
Brurf nid^t gelungen^ l^offten fie auf. bie eine ober bie anbre SQSeife 
in älug^burg burd^jufe^en. 

3lm 6. ^ixni brad^ ber Äaifer bal^in auf. @r nal^m feinen 2öeg 
üBer 3Ründ^en, loo er |)räd^tig emjjfangen loarb. 3Kit ben toeltlid^en 
unb geiftlid^en ^rften bon Deftreid^ unb SBaiem, benfelben, bie einft 
ba§ Slegenöburger SSünbni^ gefd^loffen l^atten, langte er am 15. 
gegen Slbenb an ber Sed^rütfe bor 2lugigburg an. 

©d^on ein paax ©tunben toartete feiner bie glänjenbfte SJer^ 
fammlung bon Sleid^iSfürften, bie man feit langer Q^xt gefeiten: geift^ 

1) Leodius lib. VII, p. 139. SJgL h)tc ftd^ @ra8mu« gegen @abo(ct 
augert: Duae res nonnullam praebent spem: una est genius Caesaris 
mire felix, altera quod isti in dogmatibus mire inter se dissentiunt. 
Snbe 1529 ober 2(nfang 1530. Epp. II, 1258. 

2) Raince, Rome 1. Juin. Le s. päre est adverti, que le chancelier 
86 trouvoit aucunement (einigermaßen, toie 9laincc ha9 SBort oft brandet) 
de^u de Toppinion facille, en quoy 11 en avoit 6te, et qu'il commen^oit 
k confesser qu'il s'appercevoit les choses en tout cas y Hre plus laides 
qu'ils ne pensoient. MS. Bethune 8534. 



168 fünfte« $ud^. 9^euiited i^apittU 

lid^e unb toeßlid^e; bon DBer- unb bon 5Rieberbeutfd^Ianb, 6cfonber§ 
jal^Ireid^ and) bie jungen ^ftirften, bie nod^ nid^t gut Slegicrung ge- 
langt tüaren, Solüic ber Äaifer fid^ näl^erte, fliegen fie fätnmllic^ 
t)om sterbe unb gingen il^m entgegen; and) ber ^aifer ftieg ab unb 
reid^te einem jjeben freunbli<i^ bie §anb. 2)er ßl^urfürft Don 3Rainj 
begrüßte il^n im 3tamm aller biefer „öerfammelten ©lieber be^ ^ei- 
ligen römifd^en 9leid^«". hierauf fe^te fid^ äffe« ju bem feierlid^en 
@injuge in bie Sleid^^ftabt in 93eh)egung. §a6en toir ber bem bewt^ 
fd^en SBefen fd^on faft entfrembeten Äaiferfrönung unfre äufmerf- 
famfeit getoibmet^, fo mögen lüir aud^ bei biefer nod^ toefentlid^ bater^ 
länbifd^en ßeremonie be^ Singugeö einen äTugenblidf öertoeilen *). 

SSoran jogen jtoei ^äl^nlein Sanb^Ined^te, benen ber Äaifer, ber 
nun alö ber gefommene $err biefer faiferlid^en ©tabt betxad)Ut fein 
. lüollte, bie 2Bad^e berfelben anjuöertrauen gebadete, ©ie toaren je^t 
erft geworben, unb nid^t atte l^atten bereit« bie militärifd^e Haltung, 
bie man in 3)eutfd^Ianb forbert, jebod^ fanben fid^ biete unter il^nen, 
toeld^e bie italienifd^en Äriege mitgemad^t, einige, bie barin reid^ ge» 
lüorben tparen. 9Jor aOi^m Bemerfte man einen Slug^burger Sürger, 
Simon Sei|, ber bem Äaifer aK fj^lbfd^reiber gebient, unb ber je^t, 
pxäd)txQ in @oIb gefleibet, auf brauner -Senete mit foftbar gefKdfter 
2)edte, nid^t ol^ne glänjenben %xoJ^ jurüdRel^rte. 

hierauf folgten bie reiftgen SJlannen ber fed^ig ßl^urfürften. Sie 
fäd^fifd^en führten nad^ altem ^erfommen ben 3^0 ß^- ungefähr 
160 $ferbe: alle mit il^rem ©d^iejjjeug, in Seberfarbe gefleibet. 6# 
hjaren jum S^l^eil ba« §ofgefinbe, dürften unb ®rafen, 3Sierroffer, 
3h)eiroffer unb ßinroffer, jum 3:i^eil bie (Srafen, SRätl^e unb @bel- 
leute, bie bom Sanbe einberufen loaren. Man bemerfte bereite ben 
Gl^urJ)rinjen , ber bag erfte Sünbni^ mit Reffen \)exmxttelt 3)em 
fäd^jtfd^en folgten bie ^jfäljifd^en, branbenburgifd^en^ cölnifd^en, main- 
gifd^en unb trierifd^en Raufen, äffe in il^rer befonbem garbe unb 
SWäftung. 9?ad^ ber ^ierard^ie beö SHeid^eö l^ätten bie Saiem nid^t 
l^iel^er gel^ört SKber fie f)atten, el^e man pe berl^inbern fonnte, il^en 
?5la$ fid^ f eiber genommen; unb toenigften« ftettten fie fid^ bortreff- 
lid^ bar. ©ie erfd^ienen aUe in lid^tem $amifd^, mit rotl^en 2ei6* 

1) 2Bir ^aben barüBer Jjier öerfd^tebenc ©endete: 1) in ber fütenb. 
Sammlung lull^erifc^er Ser!e, 2) in (£j?^)rian8 ©efti^td^te ber augöburgi^en 
(SonfefPon, unb gtoci fitcgenbe ©lättcr, 3) Äaiferl. äWaj. Sinreitung ju 
äJ^ünc^en k., 4) kai\. SÖlaj. (Sinreiten gum 9{et(^9tag gen ^ug^burg. ^ie 
erften beiben jtnb aud^ Bei SBatd^, bie beiben anbern M görjlemann aBge* 
brncft. Einige SWomente entnahm läf nod^ auö ben ©riefen gürfienbcrg«. 



^txd^^taq ju ^ug^Burg. @mgug. 169 

rödfcn; je fünfc ritten in einem ©Hebe; gro^e ^JeberBüfd^e lünbigten 
fte Don fem an: ei ntod^ten 450 ^Pferbe fein. 

3Jlan Bemerfte ben Unterfd^ieb, ate nun naä) biefer fo burd^au^ 
friegcrifd^en 5ßr(!d^t bie §äfe be^ Äatferig unb be^ Äönig^ anlangten : 
boran bie ^ßagen, in gelben ober rotl^en ©ammet gef leibet: bann bie 
|>anifc^en, böl^mifd^en unb beutfd^en Ferren, in fammetnen uub feib^ 
ncn Kleibern, mit großen golbnen Rcttm, aber faft alle ol^ne ^ar« 
nift^. Dagegen ritten fte bie fd^önften ^ferbe: türfifd^e, f))anifd^e 
unb jjofnifd^e, Die Söl^men berfäumten nid^t, i^re $engfte tparfer 
ju tummeln. 

2)eth ©eleite folgten nun bie Ferren felBft. 

•6in Jjaar Sleil^en %xompetev, jum 2^l^eit in bei§ Äönig^, gum 
I^eil in bei^ Äaifer^ färben, §eer})aufer mit il^ren ^Erommelfd^tä« 
gern, ^erfetjanten unb §erolbe fünbigten fte an, 

S^ toaren aUe bie mäd^tigen $erren, bie in il^ren toeiten ®e= 
Bieten faft ol^ne SBtberf})rud^ l^errfd^ten, beren nad^barlid^e ßntjtoeiun- 
gen Seutfd^Ianb mit ©etümmel unb Ärieg ju erfüllen J)jlegten : @rnft 
»on Süneburg unb $einrid^ öon Sraunfd^toeig, bie nod^ toegen ber 
fiilbeöl^eimtfd^en ^el^be in unauggetragenem 3^ip^ ^^^^^ J ®eorg üon 
Baä^^m unb fein Sd^toiegerfol^n 5pi^ilij)J) Don Reffen, bie erft öor 
furjem in ben ^adPifd^en Unrul^en fo l^art an einanber geratl^en 
toaren; bie ^erjoge bon SSaiern unb il^re Settern, bie ^fatjgrafen, 
bie mä) flüd^tiger Slnnäl^erung jtd^ toieber bon einanber ju entfernen 
Begannen; -mbm ben 93ranbenburgem bie §ergoge bon Sommern, 
bie jenen jum %vo^ auf bem Sleid^^tag ju einer unmittelbaren 83e< 
lel^nung ju gelangen gebadeten. Qe^t erfannten fie einmal fämmtlid^ 
einen ^öl^eren über fid^ an unb ertoiefen il^m gemeinfd^aftlid^e SSer« 
e^rung. Den dürften folgten bie ßl^urfürften, fotool^I loettlid^e h)ie 
geiftli^e. hieben einanber ritten 3<>i&ö"« bon ©ad^fen unb Qoad^im 
t)on Sranbenburg, bie einanber nid^t toenig grollten, unb toäre e^ 
nur toegen ber ^[rrungen getoefen, loeld^e bie ^lud^t ber ©emal^Iin 
bc§ 5Karfgrafen öeranla^t l^atte: fd^on toar biefe ©ad^e bei bem kau 
fer }ur ©})rad^e gefommen; nod^ einmal trug ba ßl^urfürft §ang 
feinem Äaifer ba« blo^e ©d^toert bor. Denn ben (Sl^urfürften folgte 
i^r erfomer unb nun gefrönter Äaifer, unter einem Jjräd^tigen brei^ 
farbigen Salbad^in, loeld^en fed^« Ferren bom 2lug«burger Statine 
trugen, auf einem J)olnifd^en toei^en $engfte. 9Jlan bemerfte, ba^ 
er allein in biefer Umgebung fremb erfd^ien : bom Äo})f bi^ auf ben 
5u^ toar et ft>anifd^ getteibet» ßr l^ätte feinen Sruber auf ber einen 
unb ben Segaten auf ber anbern ©eite neben fid^ ju l^aben geh)ünfd^t; 



170 günfte« «ud^/ 9icuntc« (Sohltet. 

benn biefent \ooUU et üb^^anpt bie l^dd^fte @l^re eth)eifen: bie geift- 
lid^ctt ßl^urfütften fofften bemfclben ben SSortang laffen. allein fte 
toaxm iaf)xn nid^t }U bringen getoefen. @d fd^ien il^nen fd^on @^re 
genug, ba^, ol^ ber Segat erfd^ien, ber Selel^rtefle ftud tl^tem Me-- 
gium, Sl^urfürfi ;3<>Ad^i^f ^^^ f^^ i^ Satetnifd^en mit l^inreid^enber 
©eläuftgleit au^brüite unb toenigften^ bei toeitem beffer aU bie 
(Seiftlid^en, il^n begrüßte. 2lu^erl^alb beö SSalbad^in« ritten nm 
Äönig getbinanb unb ber Segat neben einanber. 3^nen folgten 
bie beutfd^'en ßarbinäle unb SSifd^öfe, bie fremben ©efanbten unb 
5ßrälaten. 

2ln ben S^g ber dürften unb Ferren fd^Ioffen fxä} auf^ neue 
bie Sleiftgen an: bie beö Äaiferig äffe in (Selb, bie beö Äönig^ aBe 
in 3lotl^ geHeibet, mit benen l^ier bie SReiter ber geiftlid^en unb toelt^ 
lid^en dürften tDetteiferten, jebe Sd^aar in il^rer befonbeim ^arbe, 
äffe enth)eber mit $amifd^en unb Spieen, ober aU ©d^ü^en mit 
©d^ie^jeug gerüftet. 

2)ie Slugöburger SMannfd^aften, bie am SRorgen auögejogen, 
ben Äaifer gu emj)fangen, ju ^u^ unb gu 5ßferb, Sölbner unb 
SSürger, mad^ten bei bem ßinjug ben ©d^Iu^. 

SJenn baö toar überl^aujjt ber ©inn ber Geremonie, ba^ ba^ 
SReid^ feinen Äaifer einl^olte. Sei ©t. Seonl^arb emj)fing il^n bie 
ßlerifei mit bem ®efong Advenisti desiderabilis ; bie tJürften beglei- 
teten il^n nod^ in ben 2)om, h)o ein Sebeum gefungen unb ber ©egen 
über il^n auögefj)rod^en toarb, unb »erliefen il^n erft, ate er in feiner 
3Q3ol^nung in ber ^ßfalj angefommen h)ar. v 

Slber gleid^ l^ier, nad^bem man faum nod^ einmal, unb pax 
aud^ in ber Äird^e, bereinigt geh)efen, trat bie gro^e, affeö jerfe^enbe 
?5rage, toeld^e bie 33erfammlung befd^äftigen foffte, in affer i^ret 
©d^orfe l^erbot. 

S)ie 5ßroteftanten l^atten ben geiftlid^en fotoie ben toeltlid^en 
(Zeremonien beigetool^nt, unb eg mod^te bem Saifer ratl^fam fd^einen, 
ben erften 5Woment feiner Slnioefenl^eit, ben ßinbrudf feiner Stnfunft 
gu benu^en, um fie ju einer toefentlid^en SRad^giebigfeit gu Vermögen. 

Sttbem bie übrigen gürften fid^ entfernten, lie^ ber Äaifer ben 
ßl^urfürften bon ©ad^fen, ben SKarfgrafen ®eorg i>on Sranbenburg, 
ben $ergog S^ang toon Lüneburg unb Sanbgraf 5ßl^iIi))J) in ein Be- 
fonbereg 3^^^"^^ ^wfen unb fie burd^ feinen SBruber aujforbem, bie 
$rebigten nunmel^r abjufteffen. 2)ie älteren gürften erfd^rafen unb 
fd^toiegen, 3)er Sanbgraf ergriff ba§ SBäort unb fud^te bie SBeige- 
rung barauf ju begrtinben, ba^ ja in ben 5ßrebigten nid^tig anbere^ 



^etd^Stag jtt ^ugdBurg. 171 

i^orfomme, aU ba^ reine @otte^U>ort, h>ie eS aud^ @. äluguftinuiS 
gefaxt l^abe. Slrgumente, bie bem Äaifer l^öd^ft luibertoartig toaren. 
Sa^ Slut ftieg il^m barüber in^ ©efid^t, unb er toieberl^olte feine 
^orberung um fo [tarier. Slffein er l^fatte, toie berül^rt, eö l^ier 
mit einem SBiberflanb gang anberer Slrt ju tl^un, aU xi}m jene 
italienifd^en HRäd^te leifteten, bie nur S'^t^'^^fi^»^ ^i«^^ gtoeifell^aft ge- 
toorbcnen Sefi^e^ Derfod^ten. ,,§err", fagte je^t ber alte SKarfgraf 
Seorg, „el^e id) bon ©ott^ö Sßort abftünbe, hjofite id^ lieber auf 
biefer ©tcKe nieberlnien unb mir ben ÄoJ)f aBl^auen laffen." ©er 
Äai[er, ber nid^t^ aU SS?orte ber 9JliIbe bon ftd^ l^ören laffen tooHte 
unb bon SRatur tüol^Itooffenb tpar, erfd^ra! felBft über bie 9Röglid^= 
feit, bie il^m l^ier auö frembem SKunbe entgegentrat. „Sieber ^ürft", 
ertrieberte er bem Sanbgrafen in gebrpd^enem Slieberbeutfd^, „nid^t 
fiöjjfc ah''^). 

'änä^ an ber groJ^nleid^nam^jjroceffion, bie beö anbem Sageig 
gehalten iDarb, Weigerten fid^ bie 5ßroteftanten %i}tH ju nel^men. 
^ätte ber Äaifer il^re Begleitung »erlangt a[g einen §ofbienft, fo 
toürben fie il^m biefelbe hjal^rfd^einlid^ geleiftet l^aben; fie fagten felbft, 
„toie Siaeman in ber ©d^rift feinem ^önig", allein er forberte fie 
auf „bem aßmäd^tigen (Sott ju ßl^ren". 3luf einen fold^en ©runb 
|iin fid^ einjuftetten, h)üt;be il^nen aU eine SSerle^ung beig ©etüiffeng 
crfd^ienen fein, ©ie ertoieberten, nid^t bagu l^abe ®ott bag ©acra= 
ment eingefe^t, ba^ man eö anbeU, 3)ie 5ßroceffion, ber eö über* 
^am)t an bem alten ©lange fel^Ite, fanb ol^ne fte Btatt 

3n §inftd^t ber $Prebigt gaben fie jtoar jule^t nad^, aber erft 
bann, al^ ber Äaifer berfjjrod^en, aud^ ber entgegengef e^ten ^Partei 
StiUfd^hjeigen gu gebieten, ßr felbft ernannte einige ^ßrebiger, bie 
aber nur ben 3^ejt ol^ne alle 2lu^legung beriefen follten. Unb aud^ 
fo toeit toürben fie nid^t ju bringen geloefen fein, toenn man il^nen 
nid^t bemerllid^ gemad^t l^ätte, ba^ ber Sleid^^fd^lu^ bon 1526, auf 
ben fte fid^ immer bejogen, ben fie nid^t l^atten toiberrufen laffen 
iDoHen, bieö red^tfertige. SDer Äaifer toarb tbenigften^, fo lange er 
antoefenb toar,-- aU bie red^tmä^ige Dbrigleit einer Sleid^^ftabt be^^ 
trad^tet*). 

1) (Sine fel^r glaubtuürbige 9{ad^rid^t ^ierü6er in bem ©d^retl&en ber 
3lürnbcrgtf(i^en ©efanbten, bie ber ?anbgraf in berfelBcn Sflaä^t notSf l^attc 
toeden unb i^nen ben SSorgang melben laffen, 16. 3uni, bei ©rctfti^nciber 
C. Ref. in, 106. (Sin ttjenig aBtt)ci(^enb geller bei gBrflemann. 

2) @d^rift an« 2lug«burg. «Itenb. V, 26. Sald^ 16, 873. («ei S. 
unter @^)alatin« Flamen, aber nid^t öoßflänbig.) ©renj an Sfcumann 19, 3uni 
Corp. Ref. II, 117. 



172 günfte« «u(^. SfttmM (iapittL 

, 2)a^ bie ©ad^e nod^ burd^gegangcn, crfd^ien bem Äaifer afe ein 
SSortl^eil für bie fatl^olifd^c Äird^e, unb er rül^mt e^ feiner ©emal^Iin 
al^ eine guten Anfang, al^er ein 3^«^^ öon Slad^giebigfeit fonnte 
er barin nid^t feigen ^). 

®nblicl^ am 20. ^uni tourben bie 38erl^anblungen eröffnet. 3« 
ber 5ßroj)ofition , bie <ix^, biefem 3^age beriefen h>arb, brang ber flai- 
fer, h)ie billig, bor allem auf eine bem 3^^4e entfpred^enbe SRfifbing 
toiber bie S^ürfen; gugleid^ erllärte er aber feine SlbfU^t, bie rdi- 
giöfen Errungen in SRilbe unb ©üte Beizulegen*), unb toieberl^olte 
bie Sluffqrberung be« STu^fc^reibenö, ba^ ju bem @nbe ein jeber 
„feine Sißeinung, ©utbebünfen, Dj)inion" il^m in ©d^riften überant- 
worten möge.. 

2)a ber SReid^^ratl^ ben 83efd^lu^ fa^te, jubörberft bie Steligion^- 
fad^e borjunel^men, fo mu^te fid^ ber grofee Äam})f fofort eröffnen. 



« 

®ie ^roteftanten eilten, gunäd^ft eine ©d^rift boffenbig fertig ju 
mad^en, in ber fie il^re religiöfe Ueberjeugung ben Sleid^^ftänben gu- 
fammengefa^t barjulegen gebadeten. 

®g ift bieg bie 2(uggburgifd^e ßonfeffion, unb il^r Urfjjrung 
folgenber: 

Unmittelbar nad^ Sm^jfang beö faiferlid^en Slu^fd^reibeng l^atte 
xdixx^. in ©ad^fen für gut gel^ialten, bie 5Keinung, „auf toeld^er man 
bi^l^er geftanben unb auf toeld^er man berl^arre", in ber regelmäßigen 
fjorm einer ©d^rift jufammenguftellen'). 

©0 l^atte man fid^ einft ju jener Slationalberfammlung im 
3fal^re 1524 bon allen ©eiten vorbereitet: etloaö Slel^nlid^e^ gefd^«^ 

1) ^udgug (xvA bem ©d^reiBen t^om 5. 3uU bei ^eine ©. 11. 

2) 3. 9Kt. %^X „au8 ange^orner @ütc unb aWiltigfeit biefen 2Bcg (ber 
®üte) naci^ tJcrmiJge be« Sluöfd^rcifeen« furgenommen, ber cn^Iid^en ©offnung, 
ber {off Bei äffen öerflenbigen ein Biffigcö anfe^n ^aBen i!nb menniglid^ ba§in 
Betoegen unb (eitten, baß äffe (Sad^en toicber gum S3eften gefe^rt unb gc* 
»cnbet toerben, bamit 3. 9)Jt. inn irem gnebigcn gür^iaBen tjer^arren unb 
^jleiBen.'' ^ei görflemann I, 308 fielet mau, ttjic mand^e SlBtoeid^ungen bie 
Sofien barBieten. 2)ie granffurter l^at bercn noci^ t\t\ nie^r, 3. ^. t^ixvA ein=» 
geBorner ®un(ligfeit, ber möglid^en ^offnung'^ u. f. ». 3)oc^ ift ber @inn 
ber nemlid^e. 

3) @o faßte guerp (EoHjter S3rüdf ben ®eban!en, tote fein „3«^^^^" 
au«»eifl: Bei gBr^emann I, 39. 



2Cug«buifgif(i^c (Sonfeffton. 173 

audS> in bief^m Stugenblidf lüicbcr auf ber entgcgengefe^teti ©eite, 
j. 8. in Sngolftabt ^), 

3n aßtltenberg legte ntan nun in ^infid^t ber Seigre jene B(f)\oa' 
Bad^er 2[rtilel ju ®runbe, in benen \xä} bie Trennung ber lutl^erifd^en 
i)on ben oberlänbifd^en S^l^eologen au^gefjjrod^en. (So ift fel^r rnerf^ 
iüürbig, ba^ bei Stbfajfung ber ßonfeffion baö ©efül^l einer 316^ 
fonbcrung bon ben SJaJ^ebertoanbten toeni^ften^ nid^t minber lebl^aft 
MX, alö ba^ Selüufetfein beö urfjjrünglid^en ©egenfa^eig, toeld^er bie 
groje Seiüegung l^erborgebrad^t l^atte. 2)ie Slbfonberung erfd^ien um 
fo ftdrfer, ha inbe^ 3h)ingli unb bie ©einen t>on einigen 3wgeftänb= 
nifjen, bie jte in 3Rarburg gemad^t unb bie i>on ber SKarburger 
Uebereinfunft in bie ©c^toabad^er Slrtifel übergegangen, hjieber jurüdf- 
getreten toaren. 

3)iefe ©d^luabad^er Slrtifel überarbeitete nun ?iJleIand^tl^on mit 
bem ©eifte ber ©rünblid^feit unb Drbnung, ber il^m eigen tüar, unb 
in ber unleugbaren Slbfid^t möglid^fter 9iäl^erung an ben fatl^olifd^en 
Sel^rbegriff. ^ie (Srlouterungen über bie Seigre toom freien SBitten 
unb öom &lauUn, bie er nm l^injufügte, toaren l^öd^ft gemäßigt; 
er bejeid^nete augfü^rlid^er, h)eld^e S^^J^tl^wmer ber Äe|er, bie bann 
au4 immer bon ber römifd^en Äird^e bertoorfen tüaren, marf bei ben 
berfd^iebenen Strtifefn Derbamme; er fud^te biefe Slrtifel nid^t allein 
mit ber ©d^rift, fonbem aud^ mit ben Seigren ber Äird^entoäter, na- 
mmiliä) be^ Sluguftinu^ ju beiüäl^ren; baö (Sebäd^tni^ ber ^eiligen 
bertparf er nid^t burd^auö, er fud^te e^ nur naiver ju beftimmen; bie 
SBütbe ber toeltlid^en Dbrigfeit l^ob er auf baö SRad^brüdflid^fte l^er^ 
bor, unb fd^lo^ enblid^ mit ber 33el^auJ)tung, baj biefe Seigre nid^t 
allein in ber ©d^rift flar gegrünbet fei, fonbem aud^ ber römifd^en 
Sird^e, fo todt ftd^ baö au^ ben 3Sätem abnel^men laffe, nid^t toiber- 
ftreite: unmöglid^ fönne man barüber mit il^nen unein^ fein, ober 
gar fte Äe^er nennen. 

Unb meinet 3)afürl^alteng fann man gar nid^t leugnen, ba^ bie 
2e^re,.h)ie fie l^ier erfd^eint, nod^ ein $robuct beö lebenbigen ©eifteg 
ber lateinifd^^en Äird^e ift, ba^ fid^ fogar nod^ innerl^alb ber ®renjen 
berfelben l^ält, bon allen feinen ^erborbringungen bieHeid^t bie merf* 
toürbigfte, innerlid^ bebeutenbfte. ®ö liegt in ber Slatur ber ©ad^e, 
ba^ fie bie %axU xf)xc§ Urfj)rung^ trägt, ba^ il^r namentlid^ ber 
©runbbegriff , bon bem Sutl^er in bem Slrtifel bon ber 9led|tferti= 
gung ausgegangen, etloaS Sni>i^ii>w^ö^'^ berleil^t; aber ol^ne bieS ent- 

1) 19. gebniar 1530. 2lu«3ug bei Sinter I, 270. 



174 (fünfte« 9u(^. 9{eunte« (Sa^itel. 

(teilen menfd^lid^c 3)ingc nun einmal nic^t. ^erfelBe ©runbbegriff 
toax in ber lateinifd^en Stixifc mel^r aU einmal überaus n)tr!fam i^er^ 
t)orgetreten: Sutl^er l^atte il^n nur tüieber mit aller ®eft>alt be^ reli- 
giöfen Sebürfniffeö ergriffen unb in bem fiam})fe mit entgegengefe|ten 
SKeinungen fotoie in ber Ueberlieferung an baö SSoIf big jur all- 
gemeingültigfeit au^gebilbet: fein 3Rm^6^ fönnte fagen, ba^ i^m, irie 
er l^ier erfc^eint, ettoag Sectirerifd^eö beitool^ne. 35abei blieb eS, ba| 
man fid^ ben mel^r gufotligen bogmatifd^en e?e^fc|ungen, toie fte in 
ben legten S^^^^^uttberten l^ertoorgetreten, h)iberfe|te; man toar nit^t 
gemeint, aud^ nur ben 2lugft)rüd^en eineö Äir^enbaterö ma^gebenbe, 
betoeifenbcv Autorität jujufd^reiben; aber man toar fid^ betonet, ba^ 
man ftd^ bon il^rer Sluffaffung nid^t toefentlid^ entfernt l^abe. 61 
^iebt eine gel^eime 2irabition, bie fid^ nid^t fotool^l in gormeln aul- 
fj)rid^t, alö in ber urfjjrünglid^en ?^affung be§ Segriff e^, toeld^er nic^t 
immer atte bie JJotl^toenbigfeit l^at, bie i^m beigutool^nen fd^eint, unb 
bod^ bie innere 2!]^ätigfeit be^ benfenben, fd^affenben ©eiftc^ U-- 
l^errfd^t. 3Ran fül^lte fcl^r tt>of)l, ba^ man nod^ auf bem alten ®runb 
unb 35oben ftanb, toie er h\xx6^ 2luguftinug befeftigt h)orben. 3Ran 
l^atte ben 3Serfud^ gemad^t, ben 5ßarticulari§mug ju burd^bred^en, 
befferi ^effeln bie lateinifd^e Äird^e in ben legten gal^rl^unberten \xi) 
l^atte auflegen laffen, fein ^oä) bon ftd^ ju toerfen; man tpar gan^ 
allein auf bie ©d^rift jurüdfgegangen, an beren Sud^ftaben man fic^ 
l^ielt. aber toar nid^t bie ©d^rift lange S^t'^Äume l^inburd^ aud^ in 
ber lateinifd^en Äird^e eifrig ftubirt, ate bie 3lorm beg ©lauben^ 
betrad^tet h)orben? 2Bar nid^t SieleiS, tt)aö biefe Äird^e annal^m, toirf- 
lid^ in ber ©d^rift gegrünbet? Xaxan l^ielt man ftd^; ba^ Uebrige 
lie^ man fallen. 

^i) hjage nid^t ju fagen, ba^ bie Sluggburgifd^e ßonfeffion ben 
reinen Snl^alt ber ©d^rift bogmatifd^ feftftelle: fie ift nur eine 3"' 
rüdffül^rung be^ in ber lateinifd^en Äird^e enth)idfelten ©^fteml bis 
jur Uebereinftimmung mit ber ©d^rift ober eine Sluffafjung ber ©c^rift 
in bem urf|)rünglid^en ®eift ber lateinif d^en Äird^^e: — ber iebo(^ 
mel^r unbeiüu^t lüirfte, afö ba^ man fid^ an irgenb eine fd^on ha- 
gelüefene SKanifeftation beffelben gebunben l^ätte; unfer Sefenntni^ 
ift f eiber feine reinfte, ber Duelle am näd^ften fommenbe, am ää^'- 
teften d^riftlid^e 3Kanifeftation. 

0e brandet faum l^in^ugefügt ju h)erben, ba^ man bamit nid^t 
gemeint toar^eine SRorm auf immer anjugeben. @g ift nur eine 
^JeftfteUung beg gactumö. -r^^Unfre Äird^en leieren; eg toirb gelehrt; 
eg toirb einmütl^ig geleiert; man befd^ulbigt bie Unfern fälfc^lic^"' 



3lug«burgif(^e (Sonfcffion. , 175 

ba^ fmb bie 3(u$btü(fe, beten ftd^ 3Relanä)tf)on 6ebient; er toiQ nur 
bie bereite enttoicfelte Uel^er^eugung aui^f^red^en. 

Unb in bemfelben ©inne f^at er nun aud^ ben jhjeiten Slbfd^nitt 
gefd^rieben, in toeld^em er bie 3Ri^6täu(i^e erörtert, bie man ab^i- 
fd^afft l^at. 

SBeld^ ein toeite^ gelb bot fwi^ Ij^ier einer gel^äfjtgen 5ßoIemif 
bar! SBaiS lie^ ftd^ alle^ über bie ßingriffe ber ijdjjftlid^en ®eit>alt 
fogen, gumal an bem Sleid^i^tage, beflen 3lntit)atl^ien bagegen man 
bielleici^t l^ätte ertoedfen fönnen-, über bie Slu^artungen eine§ falfd^en 
©otte^bienfteg, — toie toir benn in ber Sl^at unter ben ©nttoürfen 
ber Sd^rift ein langet Slegifter berfelben borfinben; — bod^ l^ielt 
man für beffer, bieiS gu Dermeiben. 5IReIand^tl^on blieb babei ftel^, 
ben fird^Ud^n 3wftanb ju red^tfertigen, in ben man biefleit attmäl^Ug 
gefommen toar. ®r erörterte, toei^l^alb man beiberlei ©eftalt unb 
bie Spriefterel^e gulaffe, ©elübbe unb ^ßriöatmeffen üertoerfe^ toeber 
(^ajien nod^ Dl^renbeid^te gebiete; er [ud^te überatt gu geigen, toie 
neu unb gefäl^rlidji bie entgegenftel^enben ©inrid^tungen, toie fte felbft 
mit ben alten canonifd^en Sa^ungen in 2Biberf))rud^ feien. 9Jlit 
guteftt SSorbebad^t fd^toieg er öon bem göttlid^en SRed^t be^ ^a^jfte^, 
ober bem Character indelebilis, felbft öon ber ^af^l ber ©acramente : 
er tüoHte nid^t belel^ren, fonbÄn nur öertl^eibigen. ©d^on genug, 
ba^ er ben Unterfd^ieb be^ geiftlidj^en SSerufeö ber Sifd^öfe bon 
beren toeltlid^er ©etoalt l^eri>orl^ob ; inbem er jenen nad^ bem gnl^alt 
bes Söangeliumg beftimmte, lautete er fid^ bod^ IdoI^I, biefe angu« 
taften. 6r iel^au^)tete, ba^ bie ©bangelifdj^en aud^ l^ierin öon ben 
ächten ©runbfä^en ber fatl^oUfd^en Äird^e nid^t abgetoid^en feien, ba^ 
berMfer bie neue-6inrid^tung ber Äird^e fel^r tool^l bulben lönne'). 

1) (g« ifl bcfannt, baß bie bciben öou ben gürfien untcrgeici^Ketcn €ri» 
ginale ber ?[ug«burgif<^en (Sonfcffion fid^ nirgenb« mc^r borfinben. Man 
9lau6tc lange baö eine, bentfci^e, in äWaing entbecft gu ^aben, bod^ l^at Söcber 
in ber Äritifcjen ©eft^id^te ber ^ugöSurger (Sonfeffton mit fcru^ufijfem gleige 
gezeigt, ha^ ba« fo gut eine Stbfd^rift o^ne aut^entifc^en Söert^ tft, mie »jiele 
anbere. 2)iefe Äbfd^riften bieten eine iWenge 5lbn?eid^ungen bar, fo»ol()( unter 
einanber, aU öon ber erpeu 5lu8gab€, bie 9KeIanci^tl()on nod^ im ^ai)xt 1530 
Morgte. ©lüdUd^ertoeife finb bie 3lbn?ei(i^ungen tool^I ja^Ireit^, aber nid^t 
irit^tig. 2)ie ©d^reiber jener ^tit ertaubten fid^ Heine ©igenmäd^tigfeiten, 
namentlich in ber 9led{>tfd^reibung , bie nod^ fo n?enig fi^irt »ar; für <Sinn 
unb 3n^alt trägt ba« beinal^e nie ethjaö au«. @ine fefir fleißige (Soffation 

einiger ^anbfd^riften finbet ftc^ in gbrftemannö gtoeitem ^anbe. 2)em 

original au« ber SKaingifd^en Sanjtei begegnen n?tr nod^ einmal bei bem 
5Beimfer §Rcligicn«gef^räd^ im 3a^re 1540. ,,Dr. M" , jagt ba« branben* 



176 günftc« «ud^. 9^cuntc8 (iapittl 

6ö lie^e fid^ fragen, ob bie 5ßroteftanten nid^t bietteid^t bejfer 
getl^an l^aben ioürben, iDenn fie, ftatt fid^ fo entfd^ieben in ber SSer- 
tl^etbigung ju l^alten, toieber einmal ntutl^ig bie Dffenfibe ergriffen 
unb alle bie ftarfen reformatorifd^en ©^mj)atl^ien aufgerufen l^ätten. 

tBelennen ioir aber: — feit bem iage, ba^ fie fid^ entfd^loffen 
l^atten, ben 2lYil^ängem 3h>i«öli'^ i^r Sünbni^ ju berfagen, toar 
bieö unmöglid^. 9Son ber (Sunft, toeld^e bie 3^itt9K'fci&^ Seigren 
fanben, fällen fie fid^ fafl überflügelt, in ©d^atten gefteUt; in Stug^^ 
bürg l^ing ber größte Xl^eit ber 6intt>ol^ner benfelben an; man \pxai^ 
i)on einem Sunbe ber Dberbeutfd^en unb ber Sd^toeijer jum Um- 
fturj ber ganzen §ierard^ie be^ 9?eid^g. SBar bod^ eini il^rer m-- 
nel^mften Dberl^äujjter, Sanbgraf ^l^ilijjj) felbft, toenn man il^n reben 
l^örte, mel^r auf ber Seite 3h?ingli'ä^)! ®ig gel^örte nod^ eine k- 
fonbere Slnmal^nung Sutl^er^ baju, um il^n nur ju bemegen, bie 
Gonfeffion ju unterfd^reiben. 

2lud^ fonnten fte nid^t baran benfen, bie SWajorität ber Wi^- 
ftänbe, bie attju entfd^ieben ^Partei genommen, gu gewinnen, auf i^re 
©eite ju jiel^en. 

©ie ioünfd^ten nid^tö aU griebe unb 2)ulbung; fie wiinten 
gezeigt ju l^aben, ba^ man il^re Seigre mit Unred^t berbamme, le^erifd^ 
fd^elte. Sutl^er getoann e§ über ftd^, bie^ feinem alten ©egner, bem 
ßrjbifd^of t)on 3Rainj, ber je^t milber geftimmt ju fein fd^ien, an^ 
§erj ju legen, ^m 5Ramen ber dürften toenbete fid^ 9)ieland^tl^on 
an ben Segaten 6amj)eggi unb befd^tour il^n, bei ber SRä^igung ju 
berl^arren, bie er nod^ an bemfelben ioal^rjunel^men glaubte: jebe 
neue Seioegung fönne eine unerme^lid^e SSertoirrung ber Äird^e l^er- 
borbringen ^). 

fcurgifd^c $rotocoß beim 4. 2)eccmbev, „l^at bie nelDC confeffiou unb a|>o{ogi« 
angcfod^ten, beö f^n feint bem auggburgifd^en S^eid^gtag etlic^ bletter gemedret, 
biel i)eränbert unb baö l^ar. in bie hjotte, njie er fagt, gefc^Iagcn • unb ein nett? 

fd^malg baretn getl^on mer, berl^alBen er ba« Original !eJ?f. 'SRI ju 

2(ug8burg übergeben au8 ber main^tftj^en canjiet begerete, loeld^e« benn un* 
»erfaget unb t^ime gu übergeben betoittiget". 3(^ finbe ba übrigen« nidt^ 
bon bem ^rgcbniß ber SoKation, meldte @(f berfprod^en l^atte. 

1) ©d^reiben bes Urbanu« ^^egiuö an ?ut]^er 21. Ttai 1530: ?anb* 
graf ^l^ili^^ fül^rt „innumera Sacramentariorum argumenta*' an; „sentit 
cum Zwinglio , ut ipsi mihi est fassus ". 2)od^ l^at toeber bie« nod^ an^ 
ein @d^reiben SWeland^t^onö ?ut^er b ermüdet, fid^ fetbft an ben Sanbgrafcn 3U 
hjenbcn: er t\)at bieö fc^on am 20. 9Wai. (be S3>. IV, p. 23.) 

2) ^^ili^^ö prpenberg an granffurt, 27. Sunt, bcrid&tct, bag barüfccr 
fBrmlid^ unter^anbelt toorben. 2)er (£()urfürft unb feine 3Wittoermanbtcn Satcn: 
„3. 3?Jt. tüolt morgen lieber an bem Ort (im ?5attaft) erfd^einen «nb ben 



SReid^ötag bon 1530. Stug^lBurgifd^c (Sonfeffton. 177 

3n biefem ©inne ber Sfnnäl^etung, bem ©efül^le beö SRod^nid^t^ 
Dottfommmgetrenntfeing, bctn SBunfd^e, eine tote im tiefem ©runbe 
ber 3)inge toaltenbe, fo in einigen ßinjelnl^eiten beö SSefenntnifJeiS' 
ftd^tBare SSertoanbtfd^aft geltenb ju ma^en, toar bie Gonfeffion ge- 
badet unb abgefaßt. , 

Sfm 2ö. 3uni 1530 5Rad^ntitlag§ toarb fie in ber 38erfamnt- 
lung be§ 9leid^e^ beriefen. 2)ie dürften baten ben Äaifer, bieig in 
bem großem Sbcale gefd^el^en ju laflen, h)o anä) ^embe jugelaffen 
liurben, fo ju fagen in einer öjfentlid^en ©i^ung; ber Äaifer Be- 
liebte baö Heinere, bie ßajjitelftube ' be§ bifd^öflid^en $ofeig, too er 
h)ol^nte unb too nur bie 5KitgIieber ber Steid^ööerfammlung 3wtritt 
fanben. Sluö einem äJ^nlid^en ®runbe l^ätte er e^ gern gefeiten, 
ba^ bie lateinifd^e Slbfaffung i>erlefen loorben toäre, aber ba erin^ 
netten il^n bie fjürften, auf beutfd^er 6rbe möge ©eine STOajeftät bie 
beutfd^e (Sptai^c erlauben, hierauf berlag ber jüngere fäd^ftfd^e 
6anjler, Dr. ßl^iftian 35aier, ba^ beutfd^e Sefenntni^ mit einer 
Semel^mlid^feit J)er ©timme, bie ber Älarl^eit unb ^Jeftigfeit ber barin 
auggebrüften Ueberjeugung entfjjrad^ *). 2)ie geiftlid^en dürften 
toaren nici^t fel^r ja^Ireid^ jngegen: jte f)attm gefürd^tet, mancä^en 
unbequemen SJortourf anl^ören ju müfffen. 2)ie (SinDerftanbnen fül^Iten 
^ glücHid^, ba^ e§ fo loeit gelommen unb l^atten il^re fjreube fo 
m ^f)alt toie am S?ortrag be« S3efenntniffe5. SInbere hcnu^im 
tool^I bie ©elegenl^eit, fid^ bie §au|)tt)unlte aufjujeid^nen. Siad^bem 
man ju ®nbe gelommen, lourben bie beiben ®5em})Iare bem Äaifer 
fiberreid^t: ba3 beutfd^e gab er bem SReid^öerjcanjIer, baö lateinifd^e 
bel^ieß er ju eignen §änben. Seibe ioaren i>oh bem ßl^urfürften 
unb bem 6l^ur))ririgen üon ©ad^fen, bem SWarfgrafen ®eorg öon 
Sranbenburg, ben §erjogen granj unb ©ruft toon Süneburg, bem 
Sanbgrafen ^l^iK})^), bem ^Jürften SBoIfgang Don Slnl^alt unb ben 
äibgeorbneten ber ©täbte SHümberg unb ^Reutlingen unterjeid^net. 

UmBjlanb (bie Umflcl^enben ) irc SBcranttoortung tcrncl^men ju laffen gcfiat* 
tcn, benn fie hjcrcn »on tren SBibcrnjertigen itit ottc^n Bei 3. Tlt, fonbcrn 
au(^ Bei menntgltd^ i)cruttgltm^ft; aber enblid^ ifl e« bei bem ©efd^c^b blieben". 
1) gürpenbcrg: „l^ctt unb War, baß mcnniglicä^, fo babei toa«, ber 
anbcr« beutfd^ öerpmibc, attc Söort eigentlid^, toaö bod(> in fold^cr ^erfamm*» 
lung leiten gefci^iel^t, öerflel^en moc^^t''. %vl^ ben Äatl^olifen crfd^ien bie S5er* 
lefimg aU eine große unb jtoar, fe^r unöerbientc @^re. "Sloä^ gtoei Saläre 
floatet fd^mci^It (Sd barüber. Lutheranismus in arcem dignitatum evectus 
ita invaluit, ut assertores erroris non vererentur in publicis comitiis 
Augustae offerre Caesari novi dogmatis confessionem. Praefatio in ho- 
milias V contra Turcam. A m. 
». Äaafc'« ©erle in. * 12 



178 Pnfte« 8u(^. ^tmM (Eap'M. 

@^onfutatton* ^ebro^ungen« 

2)ie eöangelifd^en dürften erwarteten, bo^ au6) bie ^Partei il^rer 
©egner mit einer äl^nlid^en ©rfförung l^erbortrcten unb ber Äaifer 
ftd^ aföbann Bemül^en toürbe, ben ^tok^palt jh)ifd^en beiben %f)txlm 
)U Dermitteln. @o lautete bie $rot)ofttion, unb noi) beutlid^er aU 
biefe ba« Stu^fd^reiben, in beffen golge jte pd^ eingefunben l^atten. 

®er Äaifer l^ätte fogar getoünfc^t, ba^ ber fatj^olifd^e 2^^eil 
mit einer SlnKage toiber ben ebangelifd^en l^erDorgetreten toäre, er 
toürbe bann bie SRoJP^e eineg ©d^iebiSrid^terg gtoifd^en beiben üSer-- 
nommen l^aben. ^n ber 3Serfammlung ber ©täube l^at ^erbinanb 
einmal einen barauf jielenben Slntrag gemad^t. 

' ®o Dofffommen toaren bie beiben 35rüber mit nid^ten 3Keijter 
ber SSerfammlung , um bie^ burd^fe|en jufönnen. 

3)ie ftänbifd^e SDlel^rl^eit, bie fid^ in ©J)eier gei^ilbet l^atte unb 
fid^ l^ier nod^ enger jufammenfd^lo^, fal^ ftd^ aU red^tmä^ige 3"' 
l^aberin ber Sleid^ögetoalt an. ©egen bie öftreid^ifd^en Srüber, beren 
latl^olifd^er ©ifer il^r l^öd^Iid^ ertoünfd^t toar, fanb jte bod^ fonft gar 
SWand^eg/ ju erinnern. 5RamentIid^ l^alte gerbinanb p&p^lxifc Sc- 
Billigungen geiftlid^er ®infünfte auiggebrad^t, toie fie tool^l in ©J)a- 
nien burd^gingen, aber in ®eutfd^Ianb unerl^ört baren, unb bie nun 
in ber gefammten ©eiftlid^feit 3Rt^Dergnügen unb SBiberftanb l^er- 
Dorriefen. S)ie 3Kaj[orität lel^nte ai, fxäf aö 5ßartei ju conftituiren 
unb ben Äaifer aU Slid^ter jtt)ifd^en ftd^ unb ben ^Proteftanten an- 
juerfennen. ©ie meinte, fie l^abe nid^tö 5Reueö vorzutragen ; fte §abe 
fjd^ nur an baig laiferlid^e (Sbict gel^alten: braud^e ber Äaifer eine 
änllage, fo möge er fie t)on ber Uebertretung Jetne« ©bicteiS i^er- 
nel&men. SBielmel^r, toie ei8 immer ba^ §erfommen getoefen, ba^ ber 
Äaifer ben 3Keinungen ber Sleid^^berfammlung beitrat, fo toar fte 
ber Slnjtd^t, ba^ ber Äaifer aud^ je^t il^re ©ad^^ ju ber feinigen 
ju mad^en l^abe. S)a^ toottte eö fagen, toenn fie il^n erfud^te, in 
biefer ©ad^e mit ber ßl^urfürften, ^Jürften unb ©tänbe 9latl^ m^ 
faiferfid^er SBlad^töottfommenl^eit ju |)rocebiren. ©g lümmerte fte 
toenig, ba^ bie^ ben SSBorten beiS 3lu^fd^reiben§ toiberfjjrad^: toaren 
biefe bod& nid^t bon il^r ausgegangen. 

. 9Kan glaubt in ber Siegel, an bem Sleid^Stage felbftänbige äSer- 
l^anblungen beS Äaiferö mit ben 5ßroteftanten toal^r^unel^men. 3« 
ber 3^l^at aber l^anbelt bon biefem SIugenblidE an mel^r bie SKajori- 
iät ber ©tänbe, als ber Äaifer felbft nad^ feinem ©utbünfcn. Ueber 



9eeid^etag bon 1530. Verätzungen ber aWajorttät 179 

bie geringften SJinge, j. 35. bie iUlittl^cUung eineö Slctenftüdfe^', ntu^ 
ber fiaifet mit berfelben 3lticffj)ra(i^e ncl^men; er toerfügt gule^t nur, 
h)ie fie für gut gel^altm. 

©d^abe, ba^ toir Don ben ©i|ungcn ber fatl^olifd^en 5Kel^rl^eit 
feine 5ßrotocoße l^aben: man toei^ nid^t einmal, ob beren überl^aujrt 
aufgenommen toorben finb. Slud^ au^fül^rlid^e Sendete ftnbet man 
mä^t, unb -l^at fie fd^toerlid^ gu ertoarten, ba bie dürften ))erfönlid^ 
mc^m toaren, bie ©efanbten ber bebeutenbften ©täbte aber an ben 
Si^ungen nid^t 3:l^eil nal^men. 

3lur fo biel toiffen toir, ba^ ftd^ innerl^alb ber SKel^rl^eit jtoei 
berfd^iebene 3Reinungen einanber entgegenfe^ten. 2)er ©inn ber einen 
toäre geioefen, ba^ ber Äaifer auf ber ©teile gu ben SBaffen ge« 
griffen unb fein alte^g ®bict auf bem SBege ber (Setoalt jur ^n^-- 
fül^rung gebrad^t ^ätte. ajer ©rjbifd^of i)on ©aljburg fagte : „Qnt- 
toeber müfjen toir fte lieben, ober fie lieben nn^: toeld^eig bon beiben 
fommt ung ju?" 6in nid^t minber l^eftigeö 9JlitgIieb ber aSerfamm^ 
lung l^örte man über biefe ßonfeffion f})otten, bie mit fd^toarjer 
Jinte gefd^rieben fei: „ioaren toir Äaifer, toir toottten bie rotl^en 
Subrifen baju mad^en". „§err", fiel il^m ein 2Inberer m§ SBort, 
„ba^ ßud^ nur nid^t ba baö Slotl^ felber unter bie 2(ugen fj)ri|t". 
2)enn leineötoegi^ 3lffe toaren bon fo entfd^iebener e?^inbfeligfeit. 
SRamentlid^ ber ®rjbif d^of bon SKainj ftettte bie. ® ef al^r bor , in bie 
ein Stnfaff ber 2;ürfen ftürjen toerbe, toenn jugleid^ biefe offene QnU 
jtoeiung auiSbred^e. ®^ ioarb enblid^ bef^loffen, bem Äaifer gu 
rollten, bie ßonfeffion bor allen SDingen ioibertegen ju laffen: in- 
bejfen tootte man einen S3erfud& mad^en, bie Errungen gtoifd^en geift- 
lid^en unb toeltlid^en ©tänben unter einanber ju fd^Kd^ten, S)er 
fiaifer nal^m biefen SRatl^ an. 6r gab fid^ ber Hoffnung l^in, ba^ 
beibeö Dereinigt, gufammentreffenb — bie SJeilegung ber S^^rungen 
unb bie SBiberlegung — auf bie ^Proteftanten einen ®inbrutf mad^en 
iDerbe, ber fie nad^gugeben beftimme^). 



1) ®iefc Verl^anblungen lernen toir befonber« auö ben SJu^gügen bei 
Suij^olt? in fennen. Sin merftoürbige« 2(ctenf!ücf barauö finbet f\6) in feiner 
Sntegtität Bei görpemann, S3b. Ii; p. 9. @« ifl o^ne 2)atum, bot^ mug e« 
bom 9. ober 10. Suli fein, ba ber Äaifer einer 3lnfrafle an bie ^roteftanten 
gebenft, ob fic nemlid^ no^ mel^r Slrtifel einjubrtngen gefonnen, »eld^e 3(n* 
frage er am 9. ertaffen l^at, auf bie er bod^ nod^ feine 2(ntnjort i^aU. 2)iefc er* 
fcigte unter bem 10., mag aber öietletc^t erjl ben Stag barauf e'ingelaufen 
fein. «9t. bie Sflad^ric^ten bei ©d^mibt VIU, 244. SJ^etanc^tZon an Untrer 
8. 3uU C. R. II, 175. 

12* 



180 günftcö ^ndf. 9kunte« d^apittt. 

SD3ie ioax l^icmit. bic Sage ber ^ßroteftanten t)Iö|U^ fo fe§r 
gu t^rem 3taä)ti)dl beränbcrt! 

Siöl^er l^attm fte Don ber l^öl^ern ©teffung beö Äaiferg Slner^ 
fennung unb SSertnittelung erwartet; aber gar balh bemerften fxe, 
ba^ er nid^t treibe, fonbem getrieben toerbe: bie alten" erbitterten 
©egner, mit benen fte fd^on fo lange geftritten, ate SRel^rl^eit con- 
ftituirt, leiteten je^t aud^ alte ©d^ritte ber faiferlid^en Autorität. 

Unb auf ba^ cifrigfte ging man nun an bie SBiberlegung. 2tn 
Arbeitern fonnte eö nid^t fel^Ien. 35on allen ©eiten ioaren aud^ bie 
©egner ber reformirenben Sl^eologen mit il^ren dürften eingetroffen: 
gaber bon SBien, — er toar je^t 5ßro})ft ju Dfen getoorben, — 
Qd öon Sngolftabt, ßod^Iäuö öon 2)re«ben, SEBim^ina t)on ?5ranf^ 
fürt a. b. Do mit ben Sifd^öfen toaren tl^re Sicarien ober geleierten 
SBeiJ^bifd^öfe angelangt: man fal^ einige naml^afte 9Jlönd^e, Sarfü^er, 
ßarmeliter, befonberö ©ominicaner, ben $ßrobincial ?ßaul §aug, ben 
SSicariug Sol^ann SSurfl^arb, ben 5Prior ßonrab €oIIi, ber einft ioiber 
Sutl^er« ©l^e gefd^rieben *). ®g begreift ftd^, \omn ein 5Blann, toie 
6ra§muö, ben man aud^ eingelaben, feine Steigung fül^lte, ftd^ biefen 
3?amen beijugefeffen. 618 toaren eben bie 9le})räfentanten bei^ arifto* 
telifd^-b'ominicanifd^en ©^ftemig, bag bie ©d^ulen bon Quxopa fo lange 
bel^errfd^t, bag er f eiber befäm^ft l^atte, bie l^ier bag SBort führen 
follten. 9IRit ber literarifd^en ^el^be, in ber fie ftd^ biigj^er betoegt, 
l^atten fte ttjenig auiggerid^tet: il^re ganje ©tärfe lag in il^rer 5Bcrs 



1) Unter auberm Brad^te dd eine fd^on in Sngolflobt gcbrucfte @djrift 
mit, unter folgenbcm 2:itcl: Sab domini Jhesu et Mariae patrocinio Arti- 
culos 404 partim ad disputatioues Lipsicam Baden, et Bemen. attinen- 
tes partim vero ex scriptis pacem .ecclesiae perturbantium extractos 
coram divo Gaesare Carole Y Eo. Imp. semper Augu. ac proceribus 
Imperii Joan. Eckius minimus ecclesiae minister offert se disputaturum 
ut in scheda latius explicatur Augustae Yindelicorum die et hora con- 
sensu Caesaris posterius publicandis. @r fü^rt H suerfl bie t>om $a|)|l 
))erurt^et(tcn 41 ^rtitel auf: assero, qui bullae contradixerint, schismaticos 
esse ac fidel hostes , quos catholicus habet pro ethnicis et publicanis. 
3)ann bringt er bie Slrtifcl öor, bic er in Sci^gig unb. ^aben öert^eibigt, fo* 
loie bic, tocrd^c er ben S3crner @c^(üffcn i^htgcgcnfeljt ; cnblid^ errores nbvi 
et veteres jam ventilati, unter getolffcn 9iubrifcn. (5r bringt il^rcr 404 ju* 
fammcn: ex infinitis eorum erroribus hos paucos subitarie excerpsi. 3n 
ber diu l^at er ba audf era«mtfd^c @ä^e mit aufgerafft. — 9Wan fcfetc t^m 
Propositiones de vino, venere et balneo entgegen, bic U)ir aud^ in ben 
®efctt)dt>aftcn ber Äatl^oUfen circuUren feigen unb bic i^n bcm öffentlid^en ®c* 
läd^ter $rci8 galjcn. 



n 



(Sonfutation. 181 

Btnbung mit ber ©etoaljt. S^^t toaxm fie nid^t cigcntlid^ m^l^r 
'SPritjatleute : im 9tamen beiS Sleid^^ fottten fic f^red^en unb fd^reiben. 

SlfferbingiS lie^ man il^nen nid^t ööttig freie §anb, ©ie toaren 
Diel ju l^eftig, ju toeitläuftig. 6in jeber brad^te feine alten fjeinbs 
feligleiten, SBiberlegungen lutl^erifd^er SKeinungen, bon benen l^iet 
gar nid^t bie Siebe ioax, J^erbei^). 2)en erften ©nttourf gab il^nen 
bie SReid^öüerfammlung gerabel^in jurüd imb toieö fie an, fid^ nur 
an bie Slrtifel ber ßonfeffion ju l^alten, 2lud^ einen jtoeiten fürjet^, 
ber bamad^ einlief, unterwarf bie SBerfammfung, Slrtifef für Slrtifel, 
au^fül^rlid^er Seratl^fd^lagung. 35er Segat beg $a^)fteg nal^m an 
ber Slrbeit Slntl^eil. ßg bauerte biiS ben britten 3luguft, el^e man 
mit ber (Sonfutation ju ©tanbe lam unb fie nun aud^ in jenem 
Saal beö bifd^öflid^en §ofei§ beriefen laffen lonnte. 

©ie beftel^t,' h)ie bie ßonfeffion, an§ jtoei Sl^eilen, bon benen 
\xi) ber eine auf ben (Slauben, ber anbere auf bie ©ebräud^e.bejiei^t. 

^n bem erjien näl^erte fid^ bie Streitfrage bereite ben ©tanb= 
J)unlten, auf toeld^en jte feitbem feftgel^alten Sorben ift. 5!Ran be- 
^aiH)tete nid^t mel^r, ba^ bai ©acrament, baö blo^e SSoffjiel^en ber 
^anblung, bag opus operatum, ©nabe berbiene. 3Ran leierte nid^t 
tnel^r, ba^ ein guteö SSBerf, ol^neCSnabe getl^an, bon berfelben ®ai' 
tung fei, h>ie ein§ mit (Snabe getl^an, ba^ jibifd^en beiben nur ein 
grabueUer Unterfd^ieb fei. S)a5 toaren bie Seigren, gegen ^ bie fid^ 
Sutl^er erl^oben, 3Man ging bielmel^r auf bie tieferen Segriffe ber 
Sled^tfertigung burd^ ßl^riftum, toie fie feitbem in aller SEBelt gäng 
unb gebe getborben, naiver ein. SBenn man jugleid^ bie 9lotl^h)en= 
bigfeit ber guten SEBerfe feftjul^alten fwd^te, fo gefd^al^ ba^ bod^ in 
einem anbem ©inne alö f ruber*). 

1) (Eod^Iau« f}at in feinem Sud^c Philippicae quatuor in apologiam 
Melanchthonis, Lipsiae 1534, einige Slrtifel btefer (Sonfutation brudcn laffcn. 
Seim britten Slrtifel ©og. 2) toirb bartn gcforbcrt: damnent diras blasphe- 
mias — Lutheri errorem — suum Pugenhagium — Melanchthonem 
SQQm — Antonium Zimerman, hominem insigniter Lutheranum — sta- 
diosum Lutheri discipulum Barguerum. $cn SXHen n^erben bie ju ber«» 
bammenbcn ©teilen angefül^rt. 2)a5er fam eben, »ie (Scd^läuö fagt, quo- 
nindam consilium qui judicabant ejusmodi responsionem fore nimis 
acrem et prolixam. 

2) $gL auger ber (Sonfutatton De principum protestantium confes- 
sione Joamiis Eccii censura archiepiscopo Moguntino et (reorgio S. D. 
Augustae exhibita, Ui GEöleflin III, 36. 2)a biefe ©d^rift, an ein :^aar 
fat^olifc^e gtirften gerid^tet, fdjon baS Söefentlid^e ber f^ätcrn 3«9eflänbntffe 
enthält,, fo l^ebt fid^ bamit bie 53ermut]^ung ber ^eud^etci, bie man »ol^l toor* 
gebrad^t l^at. 



/' 



182 günfte« ^ud}. i«euntc« dapittU 

^ie^ ift aber aud^ bic einjige 2Jlobifh:ation, gu ber man ^ 
tjerftanb. 

Senn in äffen übrigen fünften blieb man bem einmal feftge- 
ftefften S^fteme treu. 3Wan forberte bie Slnerfennung ber %xan^' 
fubflantialion , ber fieben ©acramente, ber Anrufung ber ^eiRge«; 
mon blieb bei ber SSerfagung bei8 Äeld^^ unb ber 3iot]^toenbig!eit 
be« ßölibatö* [teilen, unb mad^te fogar einen SSerfud^, ber freiließ 
nid^t anberö alö mißlingen fonnte, fte an^ 3lu3fj)rüd^en ber Sd^rift, 
ober bem ßJebraud^ ber älteften Qal^rl^unberte, toobei man ftd^ benn 
lieber auf bie falfd^en 3)ecretalen ftü|te, l^erjuleiten; ba^ 3Re^ot)fer 
lie^ man fid^ nid^t entreißen; Dor affem l^ielt man an bem Segriffe 
ber lateinif d^en Äird^e, at§ ber affgemeinen/feft. 35en laleinifd^en 
dtitu§ in ber SReffe bertl^eibigte man bamit, ba^ ber fungirenbe 
?ßriefter bei toeitem mel^r ber ganjen Äird^e angel^öre, aK ber ®e= 
meinbe, bie il^n umgebe. 

®enug, \iomn man auf ber })roteftanrifd^en ©eite burd^ ben 
a)li^Derftanb ber Seigre unb bie eingeriffenen SWi^bräud^e berankt 
toorben toar, unmittelbar auf bie ©d^rift gurüdjugel^en, bie man jtoar 
in einem ©inne fa^te, ber ben ©runbanfd^auungen ber alten latei« 
nifd^en Äird^e mt^pxad), aber bei bem bie Qlbeen unb Silbungen ber 
legten l^ierard^ifd^en ^al^rl^unberte nid^t beftel^en fonnten: fo bequem- 
ten fid^Je^t aud^ bie ©egner^ einige ber fd^roffften Sluötoüd^fe ber 
Seigre fatten ju laffen, auf bie 2lbfd^affung ber 3)li^bräud^e gu benfen, 
toeld^e ol^nel^in ju fo bieten S^rungm jioifd^en geiftlid^en unb loe(t= 
lid^en dürften gefül^rt l^atten; aber übrigen^B blieben fie babri, ba^ 
bag ganje l^ierard^ifd^e ©^ftem bon unmittelbar göttlid^em. Urfjjrung 
fei. SBir feigen fie nad^ -einer SKetl^obe fud^en — benn in ber Xl^at 
l^atten fte eine fold^e nod^ nid^t gefunben — um bie Uebereinftint^ 
mung il^reiS ©^ftemS mit ber ©d^rift nad^guioeifen. 

Unb bie^g "ffätU nun fo toiel nid^t gu fagen gel^abt, toenn e^ 
babei blog auf SSertl^eibigung abgefel^en geloefen toäre. Slffein mit 
nid^ten. 2)ie ^Kajorität erflärte nid^t affein, fie finbe biefe SReinung 
red^t unb latl^olifd^, mit bem ®i)angelium übereiiiftimmenb, fonbern 
fie forberte nun aui), ba^ bie ))roteftantifd^e 5Dlinorität bie toiber- 
legten 2lrtifel il^rer ßonfeffion fal^ren lajfen unb mit ber affgemeinen 
red^tglöubigen Äird^e einförmig glauben foBe. 9luf ben Slad^toeiö 
ber Uebereinftimmung mit bem SQSefentlid^en, Sllten, Urfjjrünglidben 
ioarb feine Slüdfftd^t genommen, fo lange nod^ bie geringfte SJifferenj, 
loenn aud^ nur in bem Swfaffigen, Untoefentlid^en, ju bemerfen war. 
2lffe^, toa^ im Saufe ber S^xt, enttoeber in bem unabloeii^liti^en 



^ Steic^dtag gu ^ugdburg. (Sonfutation. 183 

2)range ber ßreigniffe ober auf ben ®ninb legaler Sefttmmungen 
einer anbem Steid^öberfamntlung, atgeänbert toorben War, f oltte lieber 
l^ergeftettt toerben. ®er Äaifer, beffen $|8rebtger Sttonfo 3Sirbeig \>on 
Surgo^ fic^ bei ber ©d^rtft betl^eiligt l^atte, erflärte ftd^ ganj in 
biefem ©inne. 2Im Sd^Iu^ ber ßonfutation, bie in feinem SRamen 
|)uBIictrt toarb, ermal^nte 6arl bie ßbangelifd^en, fid^ nun ber rö- 
ntifti^en unb latJ^oIifd^en Äird^e lieber gel^orfam ju bejeigen. SQ3o 
nid^t, fo toerbe er. gegen pe berfal^ren muffen,* toie einem römifd^en 
fiaifer, ©d^u^l^erm unb Sogt ber Äird^e julomme. 

3)ie Sleid^^berfammlung felbft [l^attc xf)n aufgeforbert, al^ SJogt ber 
Äird^e aufzutreten, unb fd^on l^atte aud^ ber römifd^e §Df gefj)rod^en. 

®Uxi) im Slnfang ber SSerfammlung nemlid^ l^atte ftd^ ber Äai= 
fer eine furje Slngabe ber Domel^mften gorbetungen ber 5ßroteftanten 
Don SKeland^tl^onö §anb öerf d^afft unb biefe bem Segaten mitgetl^eilt, 
ber fie bann nad^ SRom beförberte. ©o Diel toir toiffen, ioaren barin 
folgenbe ©tiirfe aU erforberlid^ bejeid^net:BeiberIei (Seftalt, ^ßriefter^ 
el^e, SBeglaffung be§ Ganon^ in ber SWeffe, Ueberlaftung ber einge= 
jogenen geiftlid^en ©iiter, unb Erörterung ber übrigen ©treit^unfte 
auf einem ßoncilium. Qn 9lom lam bie ©ad^e am 6. Qluli im 
ßottftftorium ber ßarbinäle gum 38ortrag. SEBeld^ ein 9Jloment, ioenn 
man ba aud^ nur annäl^emb barauf eingegangen loäre! 25er Segat 
l^atte fid^ für 3tad^giebigfeit in ben beiben erften auiggef|)rod^en; h)ie 
ein guter ßanonift irgenbtoo fage, tomn bie Äird^e einft auig großen Ur-- 
fafi^en bea ßölibat angeorbnet l^abe, fo fönne fie benfelben auä) a\x^ 
nod^ großem toieber aufl^eben. Slffein im ßonftftorium fanb man 
biefe 2lrtilel im SBBiberftreit mit bem ©lauben unb ber 2)ifciJ>Iin, fo= 
h)ie mit bem Qntereffe ber Äird^e ^) : man befd^Io^ fte einf ad^ gurüdf- 

1) ^attabicini auö einem glcid^gcitigcn 2)iario ?iibotoifi in, iv, 312. 
5luög. öon 1833, Articoli pregiudiciali — alla ragion della chiesa. dxnt 
M tixäfüäftx ©taatöraifon. S$ ijl mir auffaKenb, ha^ ber faifcriid^e ©cid^t* 
bater ©arcia !Boa)^fa, bamatd in Stom, ber biefem (Sonftfiortum Bein^ol^nte, in 
feinen S3nefen an ben Äaifer biefer <Sac^c nid^t ertoä^nt. 2)ic ©riefe finb 
i)on ®. $einc in ©imanca« co:|)irt unb 1848 in S3crlin gebrucft erfd^ienen, 
ferner im 3a^re 1849 au« ben Originalen in ben Documentos ineditos XIV, — 
ein üBeraud mertl^^otfer i^eitrag gur ©efci^id^te ber Sa^xt 1530 bid 1532. 
Mein eine officiette ©tcttuug gum römifd^cn $ofc ^at Joa^fa bamat« hjeiter 
niiä^t: er fud^t fid^ nur burd^ gute 9lotl^fd^Ifigc feiner ®unfl gu i)crftd^crn. 
Siele« ijl ungtoeifel^aft, otglcid^ er es nid^t ertofi^nt. — 3n einem ©d^reiben 
<Sam^eggi'§ ))om 26. 3unt tverben biefe fünfte, bod^ c^ne bie ä)>2iene einer 
officiettctt aKittl^eirung, ernoöl^nt; er fagt: per diverse vie intendo. 3d^ 
laffe bal^ingcflettt, ob bem CEonfiflorium nur eben biefe SWetbung ober nod^ 
eine mel^r formelle i)orIag. 



184 Pnfte« ^üdf. 9leunted (S.a}pxttL 

gtttoeifen unb bent Äaifer für ben betoiefenen (Sifer ju banicn. SDenn 
in ^om ertaKtrtete man bon bem ^atl^oUctömud , ber Slutorität unb 
beut ©lüde bed JtaiferiS nod^ eine böKige SQSiebetl^erflelhtng. @r fei 
ber l9om ^immel jur Teilung ber Gl^riftenl^eit gefanbte @ngel, bie 
9tofe unter ben dornen, ber Sötoe unter ben 93eftien. @nttveber 
burd^ Sd^meid^eleien ober burd^ SDrol^ungen, burd^ SSerbinbung t>n 
®üte unb @eit)alt h)erbe no(i^ aQeiS }u einem guten Slu^gang fül^ren. 
aßenn ®ott il^n, fd^relbt il^m fein Seid^töater, in biefer ©ad^e getreu 
erfinbe, fo toerbe er il^m alle ßreaturen ber SSäelt unterwerfen. 

@o lebl^aft unb bringenb angeregt, burd^ feine Sertrage ge^ 
bunben, unb nur l)on Seuten umgeben, bie enttoeber leinen Segriff 
k)on bem S^l^un unb Saffen ber ^roteftanten l^atten ober borlängft 
il^re f^einbe toaren, nal^m ber Jtaifer bie emftlid^fte Haltung an. 
SDen allgemeinen @rHärungen fügte er ein ungnäbigeiS Sejeigen gegen 
bie @in)elnen l^in}u; namentßd^ bem Sl^urfürften 3o^ann gab er 
burd^ eine befonbere SlBorbnung fein SKijjfatten ju erfennen, ba^ er 
ftd^ bon bem ^aifer, ber bod^ @d^ü|er beiS (SlaubeniS fei, getrennt, 
Steuerungen borgenommen, ä3ünbniffe gefud^t l^abe. „3(ud^ @. 3Ra« 
leftät l^abe eine Seele unb ein ©etoiffen, unb iooSe nid^t^ gegen 
®otted Sßort tl^un''. äSerbe bal^er ber Sl^urfürft ni^t ju bem 
@lauben jurüdfel^ren, ben man feit jioei, brei i^al^rl^unberten ge^ 
l^alten'), fo fei ei8 aud^ @r. SKajeftät nid^t gelegen, i^n ju beleJ^nen, 
ober il^m irgenb eine bon ben anbem ®naben )U geioal^ren, bie er 
begel^re. ®ie S^it ber ilKUbe ioar borüber, bie Qdt ber Strenge 
fd^ien gefommen. 



Stberftanb. 

9lod^ einmal erfd^ien in bem Äaifer, ioenn ioir fo fagen bürfen, 
bie energifd^e 5Kad^t ber lateinifd^en ßl^riftenl^eit. Surd^ glänjenbe 
Siege ioar er ju allgemeinem ^rieben gelangt; felbft bon ben Do- 
mänen l^atte er für biefe« unb toal^rfd^einlid^ ba« folgenbe ^dHjx 
nid^t« ju fürd^ten; bie J)ä^)ftlid^e folool^l afö bie ftänbifd^e Slutorität 
toaren für il^n. 2)agegen l^atten bie ?ßroteftanten auf feiner Seite 
einen religiöfen ober Jjolitifd^en SRüdfl^alt: fie ioaren nid^t einmal 
burd^ einen l^altbaren 93unb unter einanber geftd^ert. 

1) 3m SCbbrud bei iKüHcr p. 672 ^ctßt e«: feit 20, 30 Sauren, toa« 
ol^ne 3w«fel ein ©c^^rcibfc^rcr tfl. 



(S^urfürjl Sol^ann toon @a^fen. . 185 

» 

SBol^I lonnte cig jtoeifell^aft fd^eincn, dB beutfd^e ^ötftcn unb 
Ferren, in bem ritterlid^n 2Atn ber §öfc crtoad^fen, unb in ^p&Utn 
gal^ren burd^ frembc ttntertoeifung gut Seigre gelanflt, bc^ guten 
Serftänbniffe« mit il^rcn 3laä)havn unb in il^ren iDid^tigftcn Slngele- 
genl^citen bcr ®nabc be« Äaiferö bebürftig, oB bicfe toirflid; ftanb^ 
^aft genug fein toürben, bem au§gefj)roc^enen Untoitten beffelBen unb 
ber in il^m concentrirten SUlad^t gegenüBer, il^re UeBerjeugung ol^ne 
SBanfen ju Bel^au^Jten. ^ \ 

3unä<i^ft fam eö l^ieBei' auf ben bomel^mften Don il^nen an, auf 
toel^en bic anbem Blicften unb ben aud^ ber Äaifer am l^ärteften 
Anging, ben ßl^urfürften S^i^ann bon Sad^fen. 

ß^utfürft 3iöi(>ann öon Sad^fen, ber le^te Don ben Dier treffe 
lid^en 6öl^nen be« Gl^urfürften 6mft, bie einft gu ©rimma mit großer 
Sorgfalt gu geiftlid^en ober ioeltlid^en SReid^^toürben ergogen toorben,. 
ber Stammvater beS nod^ l^eute in mannid^faltigen S^^Q^^ Blül^en* 
ben emeftinifd^en §aufeig, Befa^ nid^t bie t)oIitifd^e ®enialität feine« 
Sruberg fjriebrid^, beffen feinen burd^bringenben ®eift; bagegen geigte 
er ftd^ bon Sugenb auf gutmütl^ig unb treul^ergig, ol^ne aUeö %ol^^, 
— toie Sut^er fagt, ol^ne ©alle, aBer baBei erfüttt Don bem fttt- 
Ii(|en ®mft, ber einer fo einfad^en Seele erft il^ren SBSertl^ berleil^t» 
Man toei^ nid^t anber§, al« ba^ er Big gu feiner Sermäl^Iung in 
feinem 32. SeBen^jal^re DoIIfommen feufd^ geleBt l^at*). 3)ie rau^ 
fc^enben ritterlid^en ^ftlid^feiten, an benen er ^uloeilen am ^ofe 
Sröojimiliang Z\)txl nal^m, oBtool^I aud^ er fid^ baBei l^erDortl^at, Be^ 
friebigten il^n bod^ nid^t; er meinte fj3äter, Don biefen Slagen fei bod^ 
aud^ leiner ol^ne ein §ergeleib Vergangen *). 3Ran jtel^t, für SSer« 
gnügungen unb SBeltluft toar er nid^t geBoren; ba« Unangenel^me^ 
ba§ baBei nid^t gu Dermeiben ift, ging il^m allgu tief, unb quälte il^n 
mel^r, ate il^n ber leidste &mui^ erfreute. SDlit feinem S3ruber, beffen 
SRitregent er toar, l^at er fid^ nie entgtoeit: nie l^at 6iner einen 
Wiener angenommen, ol^ne ba^ ber 2lnbere bamit einDerftanben ge« 
toefen toäre. 3Som erften Sluftreten Sutl^erö an toibmete er ber Seigre 
bef[eI6en bie frcubigfte 2^l^eilnal^me; fein Don Statur emfte« unb in 
ber Siefe reßgiöfe« ©emütl^ toarb Don berfelBen aHmäl^Iig gang burd^- 
brungen. @« ioar il^m SSergnügen unb ©enugtl^uung, ftd^ bie 1^. 

1) ^^alatin t)on <&ergog ipanfen gu ©ad^fen (Sl^urfürflen in 2>ixvt»t'9 
neu eröffnetem 3lr(3^ii> HI, 16, leibcr toeit unergiebiger aU bcffelBen 33er* 
ja^r« gia^ri^t üBer gricbrid^ b. 2Ö. 

2) (ginc SCeußerung öon i^m in ©edmannö SCn^alttfd^er ©cfd^iii^tc II, v, 
p. 140. 



186 günftc« «ud^. iftcunte« (iapxUL 

©d^rift, bie xffm nun erft Mannt \oaxh, in ben ÄBenbftunbcn ^cx- 
lefen ju Iaf[«i. ®r fd^Hef barüber jutoeticn ein, benn fd^on toar er 
Bejal^rt; h)mn er auftvad^te, toiebetl^olte er ber legten ^pxnü), ber 
il^m im ®ebäd^tni^ geblieben. S)ie ^rebigten £utl^er^ fd^rieb er ju^ 
toeifen nad^: man l^ot ein Don feiner $anb gefd^riebene^ ®jemj)lar 
beö Keinen ßated^ömuö Sutl^erö'). grtil^er unb fräter l^at el 
Surften gegeben, bie burd^ eine Eingebung biefer ärt in il^rer S^at- 
Iraft geläl^mt toorben: bei il^m toar ba^ nid^t ber %aU. Sei aDer 
©infod^l^eit enttoidelte feine Seele bod^' aud^ ©d^toung unb SBitten. 
SIK in bem Sauemfriege bie Baä)c ber dürften fo fd^toanfenb ftanb, 
berbarg er ftd^ nid^l, ba^ e^ ju einem völligen Umfd^lag fommen 
fönne: er toax fogar barauf gefaxt, unb mon l^örte il^n fagen, aui^ 
er lönne fid^ am 6nbe mit ein paax 5J5ferben begnügen unb ein 
9Jlann fein toie ein anberer SWann; aber bag l^ielt il^n nid^t ab, fein 
gute^ Sfed^t bod^ f o taj>f er gu üertl^eibigen toie irgenb ein Stnberer ; rnir^ 
in bem ©iege jeigte er fid^ milher. Unb. toann toäre in ben f olgenben 
Qal^ren ein SKoment eingetreten, too eine Ho^ befd^aulid^e ^ömmig' 
!eit aud^ nur möglid^ getoefen h)öre. SBir fennen leinen dürften, 
ber fid^ um bie ^J^f^^^^ung ber })rüteftantifd^en Äird^e ein gröjereö 
aSerbienft erworben l^ätte. ©ein 33ruber unb SSorgänger l^atte bie 
Sel^e nur nid^t unterbrüdEen laffen, fie in feinem Sanbe unb fo Diel 
er t)ermod^tei im 9leid^e in ©d^u^ genommen. 2)od^ gab e3 auf jeber 
©eite nod^ Rlippm, an benen atte^ fd^eitem fonnte, al^ Qol^ann jur 
^Regierung fam. 9Jur burd^ eine 5ßoiitif, bie i)on einer in jebem 
Slugenblidfe betou^ten f)öf)exn Uebergeugung getragen lt)ar, lonnten fie 
öermieben h)erben. 5Rad^ bem S5auemlriege erl^oben fid^ bie ^im 
ber Sleaction auf ba^ ©etoaltigfte; fo fel^r fie il^m i)on feinem toelt- 
Hugen unb in ben ©efd^äften geübten Setter emJ)fol^Ien tourben, fo 
lie^ Soi^ann ftd^ nid^t öon il^nen übermeiftem. Stuf bem näd^ften 
SHeid^ötage na^m er öielmel^r eine Haltung an, burd^ toeld^e er jenen 
Slbfc^ieb, auf bem aHe ioeitere gefe^Kd^e ®nth)idfelung berul^t l^at, 
l^erbeifül^ren l^alf. ' S3alb barauf fd^ien e^ n)ol^I, al^ toerbe ber Un^ 
geftüm feinet l^effifd^en SSerbünbeten aud^ il^n ergreifen; unb il^n naä) 
ber anbem ©eite l^in auf eine nid^t mel^r abjufel^enbe Sal^n J)oIi= 
tif d^er 3SertoitfeIungen fortreiten ; aber nod^ jur redeten 3rit nal^m er 
beffem Sebad^t, unb feierte in bie befenfibe ©tettung jurüd, bie i^m 
nattirlid^ toar unb bie er bel^aujjten lonnte. ©ein Semül^en ging 
allein bal^in, ber Seigre in feinem Sanbe Sfui^brudf unb ein ent- 

1) (Jj^^rian ®ef(^ic^te ber Stugöburgifd^cn (Sonfcffion p. 184, 



(S^urfürfl Sodann toon ©ad^fcn. 187 

• 

ft)re(]Jenbeö öffcntlid^c^g 2)af«n ju geben. (Sr fül^rte bte erfte ci>an- 
gelifc^e Äird^enform in 3)eutfci^Ianb ein, bie aUm anbem mel^r ober 
ntinber jum SKufter gebient f)at ®r Derfäumte nid^t, bie Uebergriffe 
feinel äbel^ ju öerl^inbem: fo ntilb unb gutmütl^ig er toar, fo lie^ 
er ftd^ bod^ feine ungered^te Segünftigung abgewinnen; er- tabelte 
an feinem ©ol^n, ba^ berfelbe feiner Umgebung tool^I mel^r ate billig 
©el^ör gebe. 3n attebem ^attc nun Sut^er ben größten ßinflufe auf 
i^n: Sutl^er tou^U bie inneren 3Jlotibe, toeld^e biefe ©eele bel^errfd^ten, 
jur redeten 3^it in SInregung ju bringen unb in frifd^em SetDU^tfein 
ju erl^alten. ©o gefd^al^ benn anä) unter Qiol^anng SSortritt bie 
SProteftation, bie ber gangen ^Partei 9lamen unb SBeltftettung gegeben 
l^at. 'Slicnn too Siedet unb SReligion auj feiner ©eite toar, ba l^atte 
er fein SSebenlen. 3)a fül^rte aud^ er tool^I ia^ ©J)rid^tt>ort: ^grab^ 
avi^ giebt einen guten SRenner." — 6ine gur 3w^dfgejogenl^eit ge- 
neigte, friebfertige, anfjjrud^Iofe 5Ratur, in ber aber bur^ ein gro^eö 
Sorl^aben eine (Sntfd^Ioffenl^eit unb SEI^atfraft getoedft toar, bie fid^ 
bemfelben Dottlommen getoad^fen jeigte. 

$ier ju Sfugöburg l^atte nun ßl^urfürft 3oi^ann bie 5ßrüfung gu 
beftel^en, ob biefe (Sefmnung toai)xc§ gebiegene^ ßJolb fei, ober aud^ 
mit ©d^Iadfen öermifd^t. 

6r fül^Ite eine natürlid^e reid^öfürftlid^e 35erel^rung für ben Äai:: 
fer, unb anfangt jtoeifelte er nid^t, biefe mit feiner religiöfen Ueber^ 
jeugung o^ne ©d^toierigfeit 'i)ereinigen ju lönnen. ©el^r batb aber 
]a^ man ein, ba^ baö unmöglid^ fein ioerbe, unb um bie ©efal^r 
toenigfteng junäd^ft t)on bem §au})te be^ dürften abjutoenben, famen 
einige feiner (Selel^rten auf ben alten ©ebanlen gurüdE, ba^ er jtd^ 
i^rer nid^t annel^men, fie für fid^ felbft ftel^en laffen foHe. ©ie toaren 
bereit, bie ßonfeffion bloi in il^rem eignen 3lamen einzugeben. 3)er 
ßl^urfürft ertoiberte il^nen: „id^ ioill meinen ßl^riftug aud^ mit be^ 
fennen." 

©eitbem geigte ftd^ aber ber Äaifer i)on 2^ag gu %aQ abgeneigter. 
„3Sir i^aben", fagt ber ßl^urfürft in einem feiner Sriefe^), „©e. 
Äaiferl. 3Rajeftöt gebeten, un^ mit ber ßl^urioürbe gu belel^nen: bag 
ift un§ abgefd^Iagen toorben. SBir liegen mit großen Äoften l^ier, 
^aben ettoa 12000 ©ulben aufnehmen muffen: Äaiferl. SWajeftät l^at 
ung nod^ mit feinem SBäorte gugeJJ)rod^en. a33ir fönnen nid^t anberig 
benfen, aU ba^ toir bei Äaiferlid^er ^Jlajeftät fd^ioer t)erunglimj)ft 
fmb, unb ba^ un« bieö burd^ unfere eignen SSertoanbten gefd^el^en ift." 

SBir feigen, in toeld^e ©timmung man ü^n bereite gefegt l^atte: 

1) %n 9licot. t). @nbe, SCintmann in ®eorgent^a(, 28. Sutt. 



188 günfted ^ud^. iReunted (Sa))iter. 



unb barauf folgte nun bie ßonfutation unb bie berfeKen beigefügte 
brol^enbe @rflärung. 

S)a^ er bem ^aifer, ber eine fo großartige äSeltfteUung ein- 
nal^m unb je^t freie $anb l^atte, bie alten Drbnungen ber latei^ 
nifd^en (Sl^riftenl^eit geltenb ju mad^en, SBiberftanb leiften fönne, er 
mit bem fd^malen Strid^ Sanbe« an ber 6Ibe unb feinem Keinen 
2^1^üringen, ol^ne juöerläffige SSerbünbete, baran ließ fid^ gar nid^t 
benfen. Unb läl^mte il^n nid^t überbie« ber S^eifel, ob er aud^ nur 
bag Siedet l^abe fid^f gu toiberfe^en? ®r neigte fid^ ju ber 3Reinung, 
baß ed il^m nid^t jufomme. 

3Jlan trug ©brge, i^n ganj beutlid^ toiffen gu laffen, toag il^m 
beborftel^e. ©in mit bem ^ofe fel^r vertrauter fjürft erflärte il^m 
eine« 2:age5 : toerbe er ftd^ nid^t fügen, f o toerbe il^n ber Äaifer' mit 
getoaffneter $anb angreifen, il^n öon Sanb unb Seuten »erjagen, on 
feiner 5Perfon ba« äußerfte Siedet öottftredfen *). 

2)er ßl^urfürft jtoeifelte ni^t, baß eö ba^in fommen IBnne. S" 
großer Setoegung fom er nad^ ^aufe: er jeigte pd^ entfe^t, baß er 
entioeber bie erfannte SBai^rl^eit Verleugnen muffe ober fi^ mit ben 
©einen in ein unbermeiblid^eig 3Serberben ftürjen toerbe. 

Sutl^er berfid^ert, l^ätte er geloanft, fo ioürbe leiner feiner Statte 
feftgel^alten IjcAm. 

2HIein zhm bag entfd^eb il^n, baß er fid^ bie ^age, bie il^m 
vorgelegt toarb, in il^rer gangen fd^neibenbm ©d^ärfe Vorftettte. „6nt= 
ioeber ©Ott Verleugnen ober bie Sffielt", fagte er, „ioer fann gtoei- 
fein, toa^ ba5 Sefte fei? — ®ott l^at mid^ gu einem Gl^urfürfiten 
be§ 9leid^5 gemad^t, 4oa§ id^ niemals loertl^ getoorben bin: er mad^e 
femer auö mir, toa§ il^m gefällt." 

SEBa^ in feiner ©eelc vorging, geigt unter anberem ein Siraurn, 
ben er in biefer 3«it i^atte. 6^ ergriff il^n jene SeHemmung, in loeld^er 
ber 5Kenfd^ nur unter einer bie 33ruft nieberbrüdtenben Saft gu Vergelten 
' meint. 6r glaubte, er liege unter einem l^ol^en S3erg, auf beffen ©t)i|e 
fein SSetter @eorg ftel^e; gegen SKorgen fani ber Serg gufammen, unb 
ber feinblid^e SBIutöVertoanbte fiel neben il^m nieber. 

1) WlMvc ©cfii^id^te ber ^Jroteflation p. 715. SBic verbreitet öeforg* 
niffe biefer ^rt toaren, babon geugt unter anberem eine 9}ad^rid^tr U)el(^e 
3u>ingU Anfang 1530 avA ^enebtg befam, barin bie ^bftd^ten bed ^aiferd 
gefd^ilbert »urben: ber Äaifer tootte ^ergog Sorgen Von ©ad^fen an ^erjog 
Raufen (bringen), „bem er feinen ©tanb, baß er ntd^t mel^r ein.toajienber 
gürp fe^, gu nel^men unb $ergog Sorgen gu geben unterjlcl^en toirb." Slrd^i» 
für ©d^ioeig. ©efd^id^te unb ?anbe«funbe I, p. 278. 



Sut^er in (£oBurg. 189 

(Senug, ber alte gürft toid^ unb toanfte nid^t. ©ro^e ßreig» 
nijfe gefd^el^en überl^au^t nid^t o^ne eine gro^e tnoralifd^e Slnftren^ 
gung. 9ieue Silbungen bebürfen biefeö gel^eimnijjbotten innem Äern^. 
ß^urfürft Sol^ann erflärte nai) toie bor, "ber Äaifer fotte in il^m in 
aim ©tüden einen getreuen frieblid^en dürften pnben, aber baju h)erbe 
er ii^n nie vermögen, bie etoige SBäal^rl^eit nid^t al^ bie SBal^rl^eit, 
bag unbergänglid^e ©otte^toort nid^t afö ©otte^toort ju betrad^ten. 

2)er 3Rann, ber il^n l^iebei am meiften feftl^ielt, ift ol^ne S^^if^f 
Sut^er, obiDol^l er nid^t jugegen War, 

Sutl^er toar bon ber Sfd^t, mit ber er belegt tporben, nod^ nid^t 
frcigefjjrod^en ; fo ftd^er er betnungead^et aud^ feitbem geblieben, fo 
tonnte il^n ber ßl^urfürft bod^ nid^'t an ben SReid^^tag mitbringen: er 
lic^ il^n an ben ©renken feineö Sanbeö, in ßoburg. 

6ö lam Sutl^em ju Statten, ba^ er, nid^t in baö ©ebränge ber 
®efd^äfte unb ^Jage^begebenl^eiten fortgeriffen, bie ©reigniffc Don 
einem l^ö^em ©tanbt)un!te an^ überblidfen fonnte. 

2)a nal^m il^n bor allem SBunber, ba^ ber Äaifer, fo enge ber= 
bünbet mit bem ^a|)ft, ber'^anjofen fo fidler fd^ien: ba^ aud^ bie 
Seid^igftanbe bie 5ßartei beS 5PaJ)fte§ toieber ergriffen. 6r betrad^tet 
biefe SJinge mit einer geioiffen S'^onie. 35er §err par mafoi, ioie 
er ben Äönig bon ^ranfreid^ bejeid^net, toerbe bod^ beg Sd^imJ)f^ bon 
$abia niemals bergejfen ; >er $err In nomine domini , ber 5Pa)jft, 
hjerbe an bem jerftörten 3lom feine ^reube l^aben: il^re ßintrad^t 
mit bem Äaifer gel^öre in ba^ 6a))itel Non credimus ^). ®r fanb 
bie Surften unbegreiflid^, bie e^ fo ^innal^men, ba^ ber 5ßa))ft ben 
Äaifer fo eben ol^ne il^r Seifein gefrönt l^atte*). ®r berglid^ bie 
Serfammlung mit bem Särm ber SJol^Ien bor feinem %cn\Ux: ba 
fel^e er baffelbe 3"- ««i> Slbreiten, baS ©d^reien unb ©d^ertoänjen 
ber ©d^arr^anfe, bag eintönige ^ßrebigen ber ©oJ)l^iften: „ein nü^« 
Hd^eg SBoK, attesg ju berjel^ren, toa^ auf ®rben ift, unb bafüt il^re 
Sefd^IüfJe in bie Suft ju rufen für bie lange SBeile"'). 63 bäud^te 
i^m fel^r befonberig, ba^ man fo ganj bergeffen l^aben tooHte, toie 
bie ©ad^en ftanben, al^ er anftvai, unb er rief lool^I toieber in^ 
©ebäd^tni^, h)ic bamalö ber Slbla^ in ©d^toang gegangen unb bie 
Se^re, ba^ man burd^ fromme SBerfe ©Ott genug tl^ue: toie bamalg 
tägUd^ nm^ 3)ienfte, SBaUfal^rten , 9leliquien,-gule|t nod^ bie %ahd 

1) 2Ctt StcutleSen 19. Suni. 

2) STn ben (S^urfürllcn toon Tlain^ 6. Suli. 

3) Sin feine Slifd^gcfetten 28. Sl^rU unb ©))atatin 9. Wlau 



190 Sfinfted ^ud^. dltunM (&ap\itl 

bom 9l0(te (Si^riflti aufgefommen: it)ie man bie 9Ref(en bod^ in ber 
3:i^at für ein i)aat ^Pfenrnge mel^r ober minber berfauft, unb baS 
für ein ®ott tool^IgefättigejS D|)fer gel^olten, ol^ne ber lieferen be- 
griffe aud) nur ju gebenfen, bie man je^t toieber l^ertoorfud^c. 6t 
brad^te in Erinnerung, ba^ öon ben 5ßroteftanten, toenigfien« litera^ 
rifd^, ba« Sefte gegen ben Sanernaufrul^r gefd^el^en fei, bafür ahn 
h)otte man fie nun bertiigen. S)enn feinen. 2Iugen6Ii(! iüar il^m 
gtoeifell^aft; tool^in biefe Qad)e fül^ren toerbe. ©otoie ber Äaiferbie 
^Prebigten Verboten, l^offte er auf feine 3Serföl^nung mel^r. @r fal^ 
boraug, ba^ er in feine dürften bringen tuerbe, eben fo gut bie 
ganje Seigre fal^ren ju lafjen. Slid^t ba^ er ben Äaifer felbft für 
getoaltfam gel^alten \)ixtU, er f^jrid^t öon bem eblen 35Iut „fiaifer 
6aroIu§" nie ol^ne ©l^rerbietung , aber er toei^, in toeld^en $änben 
ber §err ift: er erblidft in il^m nur bie Saröe, l^inter ber fxi) bie 
alten ^Jeinbc Derbergen. 6r bejlDeifeft nid^t, ba^ biefe nur auf ©e* 
iDalt benfen, auf il^re ^Kel^rgal^I trogen. 6r meint, jener Porenttner 
auf bem t)ä^)ftKci^en ©tul^I toerbe tpol^I nod^ ©elegenl^eit finben, ben 
2)eutfd^en ein Slutbab anjurid^ten. 

Slber biefe Slbfid^ten fd^rerfen il^n nid^t. „£a^ fie nur mad^en, 
fie finb nod^ nid^t am @nbe." 

SJaran fönnte er gar nid^t benfen, einen ©d^ritt breit toeiter 
nad^jugeben: „S^ag unb 3iad^t lebe id^ in biefen SJingen. gd^ burd^- 
fud^e bie Sd^rift* überlege, biiSJjutire: täglid^ toäd^ft mir bie ©etoi^- 
^eit: id^ toerbe mir nid^t^ mel^r nel^men laffen, e^ gel^e mir barüber, 
h)ie ©Ott ioitt." ®^ mad^t il^n lad^en,' ba^ fie auf Sleftitution brin- 
gen. „Sie mögen erft baiS 33Iut be^ Seonl^arb Äaifer i^erauiggeben 
unb fo öieler 2lnbern, bie fie unfd^ulbig ermorbet." 

3)a^ er aber fo toenig fürd^tet, ift allein bie ^olge ber Ueber- 
jeugung, ba^ feine Sad^e ®otte^ ®ai)e ift. „(Sinige finb toel^mütl^iö; 
al^ l^abe (Sott unfer üergeffen: ba er bod^ ixn^ nid^t t)ergeffen fann, 
er mü^te benn juijor fein ©elbft bergefjen: unfre ©ad^e mü^te mi^i 
feine ©ad^e, unfre Seigre nid^t fein SBBerf fein. 3Böre aber G^riftu^ 
nid^t mit un^, loo toäre er benn in ber SBelt? ^ättm loir niii^t 
©otte^ Sffiort, toer l^ätte eg .benn,?" — dx tröftet ftd^ beg ©Jjrud^^: 
„berla^t @ud^ auf mid^, id^ l^abe bie SQäelt übertounben." 

„2)er $err tool^nt im 5KebeI; im 35unfel i^at er feine S^Pud^t« 
^an ftel^t nid^t, toer er ift, aber er toirb'g fein, fo ioerben h)ir'^ 
feigen." 

„Unb foHten toir ja nid^t toürbig fein, fo loirb e§ burd^ 3fnbre 
gefd^el^en. — ^aUn etloa unfre SSorfal^ren gemad^t, ba^ toir ftnb, 



?utl^er in Coburg. 191 

m^ toir ftnb ? ® Ott aHein maä)t e^, ioeld^er ber @(]^öj)f er fein toitb 
nad^ un^ h)ie bor nn^, iote er ei^ mit un^^ ift. 2)enn nic^t mit un^ 
toirb er fterten, ber ®ott, ber bie ®ebanfen regiert. SBerben bie 
gcinbe mid^ umbringen, fo toerbe x^ fd^on Beffer geräd^t toerben, afö 
id^ loünfd^te; ei5 ioirb ßiner fein, ber ba fj)rid^t: ioo ift Slbel, bein 
»ruber." 

Sil biefer Stimmung ftnb alle feine Sriefe in biefen 3;agen ge^ 
fd^rieten. 9lie toar ein SKenfd^ bon bem ®efül^l ber Unmittettarfeit 
be^ göttlid^en SBefenig lebeijbiger burd^brungen. ®r fannte bie etoigen, 
ftegreid^en SWäd^te, in beren ®ienft er ftanb; er fannte fie, ioie fie 
ftd^ geoffenBart, unb rief fte bei il^ren Siamen. ®r trotte auf baiS 
SBort, ia^ fte in ben $ßfalmen ober in bem ©bangelium bem menfd^« 
lid^en ©efd^Ied^te gegeben. 

6r ^pxaäf mit ®ott toie mit einem gegenioörtigen ^erm unb 
Sater. ©ein Stmanuenftig in ßoburg l^örte il^n einft unbemerft, afö 
er einfam betete. „^^ ioei^, ba^ bu unfer ®ott bift, ba^ bu bie 
Verfolger ber 5)einen gerftören toirft; tl^äteft bu eö nid^t, fo gäbft 
bu beine eigene* ©ad^e auf; fie ift nid^t unfer, ioir finb nur ge^ 
jtoungen baju getreten: bu mu^t fie aud^ bertl^eibigen." 6r btUU 
mit bem männlid^en 3Jlutl^e, ber ein gute^S dleä)t gu l^aben glaubt 
auf ben-©d^u^ ber etoigen ®otteöfraft, ber er fid^ geioibmet: fein 
0e6et ift ein SJerfenfen in ben 3lbgrunb ber "iEiefe ber bennod^ pex-- 
fönlid^en ®ottl^eit; er läfet nid^t ah, big er baö ®efül^l ber ©rl^örung 
^at, bag größte, beffen ba§ menfd^lid^e ^ex^, über aUe Säufd^ung 
eri^aben, in feinen l^eiligften Slugenblitfen fällig ift. „^^ l^abe für 
bid^ gebetet", fd^retbt er an^SKeland^tl^on, „td^ l^abe ba§ 3lmen ge* 
fül^It in meinem $ergen." 

©in ödster Stuöbrutf biefer Stimmung ift ia^ Sieb: Sine fefte 
Surg ift unfer ®ott, beffen ßntftel^ung man bon jel^er fel^r mit SHed^t 
in biefe Seiten gefegt l^at^). Q§ fünbigt fid^ alö eine Bearbeitung 
be^ 16. ^Pfalmeö an, an ben e^ jebod^ nur erinnert: e^ ift ganj ia^ 
5J5robuct be^ SWomente^, too man im ^amjjfe mit einer SBelt boHer 
Seinbe ftd^ auf ba^ Setou^tfein jurüdPjiel^t, ba^ man eine göttlid^e 

1) @d^on (SbtejHn gieüt ed an. Oteariud f^at bagegen erinnert, baß 
ba« Sieb ft(^ bereite in einer ©ammlnng t)on 1529 befinbe. (Sr meint bamtt 
tot>^ md^t6 ot« bie mit Ijer 3a^rcöga^I 1529 bcaeid^netc Sammlung tut^erifd^cr 
Siebet in ber 3^en. unb Slltcnb. 3(u«g. lut^. SBcrfe , bie aber ^ier, n?ie fo 
mand^eö Änberc, auf einem ^rrtl^um beruht. ^kmaU ifl eine ©ammlung 
i)on 1529 lieber befannt geworben, unb e« lägt fid^ an il^rer @yt(lenj gtoet* 
fein. 2)ieienigc, toeld^c man bafür auögiebt, entölt auci^ fi)äterc Sieber. 



192 günftcß Sud^» iRcuntc« (S,apM. 

<2ad^c bertl^cibigt, bie nid^t untcrgcl^en tonn. ®ö fd^eint, oI« lege 
tnan bie SBaffen nieber, aber e^ ift bie tnännli(i^fte SBerjid^tleiftung, 
t>ie eö geben fann, nur auf ben momentanen ßrfolg: be^ etiigen ifi 
man geh)i^. SBie erl^ebt ftd^ bie SWelobie fo freubig unb mutl^t)oli, 
Ireul^ergig in il^rer ©id^erl^eit, gottinnig unb toeltberad^tenb I ©ie ift 
ibentifd^ mit bem ©efange: in ben ©türmen jener 3;age entftanben 
fie mit einanber. 

Unb in biefer Stimmung ^pxaä) er nun, toie feinen näd^ften 
Ureunben, fo mä) bem dürften unb befjen Statinen 5Kutl^ ein. 

@r tröftet ben ^rften bamit, ba^ man il^m ja feine anbete 
©d^ulb beimef[e ald bie 33ertl^eibigung be^ reinen lebenbigen 98orte^ 
©otte^. ^arin liege aber bielmel^r alle feine ßl^re. 3n feinem 
JBanbe l^abe er bie beften $ßrebiger; bie garte Sugenb load^fe bal^er 
mit ^ated^i^muiS unb &otU§toott, ba^ e^ eine f^reube fei ; ba$ fei ba^ 
ißarabie^, über ioeld^ed il^n @ott jum SBä(i^ter gefegt; er fd^ü^eba^ 
SBort nid^t allein, er erl^alte unb em&l^re eö aud^; bafür !omme e§ 
il^m aud^ toieber gu ^ülfe. ,,D ba^ junge SBoIf n^irb e^ ü)m, baiS 
mit feinem unfd^ulbigen S^nglein fo l^erglid^ gen Fimmel ruft." 

,/3^ l^abe neuKd^ jtoei S93unber gefeiten", fd^rieb er an ben 
ßanjier Srüdf. ,,25ag erfte, ba id^ jum genfter l^inauöfai^, bie 
©terne am Fimmel unb baö ganje fd^öne ©etoßlbe (Sottet, unb foi^ 
bod^ nirgenb einen $ßf eiler, barauf ber SJleifter fold^ (Setoölb gefegt 
l^atte, unb bod^ ftel^t eg feft. 2)a§ anbre: id^ fal^ gro^e, bidfe SBoI« 
len über ung fd^ioeben, unb bod^ feinen Soben, barauf fie rul^teii; 
feine Äufen, barin fte gefaxt toaren: nod^ fielen fie nid^t l^erab, fon* 
bem grüßten un^ mit einem fauem Slngefid^te unb flol^en babon. — 
S)enn ©otteiS ©ebanfen finb toeit über unfern (Sebanfen, — jtnb 
toir nur be^ geioi^ , • ba^ unfre ©ad^e feine ©ad^e ift , f o ift au$ 
unfer @ehct fd^on erl^ört unb bie $ülfe fd^on befd^Ioffen, — goBe 
un§ ber Äaifer grieben, toie toir ioünfd^en, fo ioürbe ber Äaifer bie 
©i^re l^aben : aber ® ott f elbft toitt nn^ ^eben f d^affen, ba^ er attetn 
bie ßl^re l^abe" *). 

3n einem entfd^Ioffenen SBitten liegt jebe^mal dne bie ©emütl^er 
mit fid^ fortrei^enbe ©eloalt. SEBie biel mel^r in einem fold^en, ber 
ftd^ fo gotterfüttt geigt 1 Sutl^er ixbU öon ßoburg l^er biettei^t einen 
ßrö^em ßinflu^ auf bie ©einen öu^, aliS il^m täglid^e Jjerfönlid^e 
©egentoart nur immer l^ätte öerfd^affen fönnen. 

2lffe bie anbem J^ürften Wetteiferten mit ßl^urfürft Qol^ann in 
©tanbl^aftigfeit. 

1) 5. 3lug., bei be Bette IV, @. 127, 



SReid^ötag gu 2(ug«burg. $attmtg bct ^totcfl. gürftcn. 193 

^erjog @mft öon SüneBurg ertoarb ftd^ l^ier ben Starrten be§ 
äSdfenner«. Statt einert ©d^ritt jurücfjutodci^ert, fc^te er fid^ mit 
bem 9Ranne in SBerbinbung, ber bann bie SReförrrtatfen feirte« 2anbe§ 
borjügfid^ geleitet l^at, rrrit Urbartu« Sll^egtu^. 6r rtal^m il^rt rrtit 
fid^, ,,alg ba§ befte Äteirrob", ba^ er t)on 2tug^6urg bert ©eiiaert 
^ak rrtitbringen förrrten. 

3)em 3KarIgrafert ®eorg bort Srartbertburg l^attert ^aifer urtb 
Äönig Segürtftigurtg irt feirtert Strtgeregertl^eitert t)erf})rod^ert, tüertrt er 
Don ber Seigre abftel^e: baö $au^ SSrartbertburg l^atte fd^on barrtal^ 
3[ttf})rüd^e auf fd^Iefifd^e Seft^urtgert; ber SJlarfgraf hjieg jebert 3(rt- 
trag biefer 3(rt öort jtd^ ^). Stber rtid^t rrtirtber lebl^aft brartg rtun feirt 
angefel^erter urtb rtod^ eifrig latl^olifd^er 3Setter, ßl^urfürft igöad^im, irt 
i^n: eg farrt ^hjifd^en 33eiben jutoeilert ju bitterer S^^^^P^^^^^ 2)er 
SKarlgraf erflärte fid^ überzeugt, ba^ bie' Seigre feirt ^rrtl^urrt ge= 
nanrtt toerbert fönrte, toertrt artber^ ßl^riftUig rtod^ 61^riftu^ fei: fte 
toeife rtur auf ßi^riftum: er l^abe fte felber art fid^ erJ)robt. Dl^rte 
hierauf errtftlid^ firtjugel^rt, l^ielt il^rrt ber ßl^urfürft l|au|)tfäd^Iid^ ertt= 
gegert, ba^ ber Äaifer aUeö irt bert öorigert ©tartb ju feiert ertt- 
fd^Ioffen fei. 3)er 3D?arfgraf erhjieberte, ber Äaifer rrtoge abfd^affert 
toa^ er tootte, er muffe eö gefd^el^ert laffert, bod^ lt)erbe er rtid^t baju 
geifert. 3)er ßi^urftirft fragte, ob ber SDlarfgraf aud^ bebenfe, tüaö 
i^m auf bem ©))iele ftei^e; biefer berf^^te: ,,mart fagt, id^ foll au^ 
bcm Sartbe berjagt toerben: id^ mufe eö ®ott l^efel^tert"*).' 

9tur bort gerirtger 3Kad^t toar gürft 2BoIfgartg bort 2trtl|a[t. 
®anj artgemeflert Ke^ er ftd^ berrtel^mert: er l^abe für gute ^reunbe 
urtb Ferren gar martd^ert 3litt getl^art: feirt §err ßl^riftuS berbierte 
tool^l aud), ba^ er etttjaö für il^rt toage. ,,§err 3)octor", fagte 
er ju 6df, „bertit il^r auf Ärieg, fo hjerbet il^r biefjeit aud^ Seute 
fittbert"«). 

Urtb h)ie bätte ftd^, jumal bei biefer Stimmurtg ber Uebrigert, 
ber rrtutl^botte Sanbgraf ^ttüa$ abgetoirtrten laffert fottert? 2)er i^efftfd^e 
ß^rortift Sauje erjäl^lt, rtad^ ber Uebergabe ber ßortfefftort l^abe mart 
bert Sartbgrafert auf bert ^ol^ert S5erg gefül^rt, urtb il^m bie ©üter 
ber SBelt gezeigt, — b. t. il^n Segürtftigurtgert irt ber rtaffauifd^ert 
unb hJürtembergifd^en ©ad^e i^ofert laffert; aber er l^abe aUeö abge* 
lelfttt*). ©irteö 2^ageg l^örte er, ber Äaifer tooHe il^rt jur SRebe 

1) ©d^reifccn an bie @tamme6bettern 19. SuU, bei görficmann II, 93. 

2) Oleid^geitige tlufgcidjnung Ü6cr bicfc ^erl^anblungen a. a. O. 630. 

3) Sedmann Stn^altifd^c (Sj^ronif-II, v, 142. 

4) ©d^reiben ber nürnbcrgifd^cn ©cfanbten C. R. II, 167. 
t>. gianle 9 mrcU lU. 13 



194 Pnfte« fdnäf. ^tunM €a^itel. 

fteUen; aUejett fettig, foxt ev foax, fäumte er nid^t, feI6fit no^ $ofe 
)u gel^n unb ben fiaifer )u erfuc^en, tl^nt bie ^unlte naml^aft )u 
mad^en, loegen beten et ungel^alten fei. Z)et fiaifet nannte einige: 
bet Sanbgtaf gab eine Xudhtnft, mit bet fid^ jenet )uftieben geigte: 
bie $au))tjfa(i^e toat, ba^ bet Aaifet il^n auffotbette, in bent ärtilel 
be^ @(auben^ fid^ untettJ^änigen ®el^otfamd )u etgeigen: too ntd^t, 
fo toetbe et Detfal^ten, toie il^ aü tdmifd^em Jtaifet gebül^te. 3tt>ii 
h>eniget abet tüitften ^tol^ungen auf il^n, aü SSetf^^ted^ungen. tteier^ 
bie$ h>atb eiB il^m Don %ai )U Xag unbequemet, bei einet Setfamtn- 
lung aud)ul^a(ten, tpo et Detmöge bet l^ietatd^ifd^en Dtbnungen be^ 
Sleid^eiS teinedtoegd eine ©tellung einnal^m, bie feinet äRad^t entfi^rad^. 
@t etfud^te ben fiaifet, il^n 3U entlaffen: bet fd^Iug ed xf)m ob: er 
titt nid^t^ befto minbet eined 9(Benbg k)on bannen ^). 3(ud bet ^eme 
t)etfid^ette et bem @^utfütften \>on @ad^fen, et tooSe Seib unb ®ut; 
£anb unb 2mte bei il^ unb bei ®otted 9Bott laffen. ,,®aget ben 
©tabten/' fd^tieb et an feine Statine, „ba^ fie nid^t SBeibet feien, 
fonbetn SKonnet: e« l^at feine 3loÜ), (Sott ift auf unftet ©eite." 

Unb in bet %f)at, bie ©täbte ntad^ten ben ^tften feine ©d^anbe. 
,,Unfted @tad^tend'^ fd^teiben bie SZfitnbetget Xbgeotbneten, „ift nid^t 
3U toeid^en, mat) tooDte behn beiB Aaifeti^ @nabe l^öl^et anfd^agen 
ali^ bie $u(b @otteS: (Sott iooHe nunmel^t Seft&nbigteit k>et[eil^." 
SSütgetmeiftet unb fRaÜfy toaten gefinnt ioie il^te SeboEmäd^tigten. 

3n toeitet f$etne naJjmm anbete in gleid^em ©inne an biefen 
^ eteigniffen älntl^eil. ,,@h). (Snaben", fd^teiben bie Slatl^mannen Don 
SDlagbebutg bem ßj^utfürften \>on ©ad^fen, ,,ftel^ in Slngelegenl^eiten 
bet gangen Sl^tiftenl^eit untet bem ^eetbannet unfted ^eilanb^ in 
fd^toetem Jtam^fe: ioit hittm täglid^ Don ®ott bem $ettn @ebulb 
unb ©tätfe." 

Unb l^iebutd^ ioaten nun bie S)inge in 3)eutfd^lanb beteit^ gu 
einet entfd^iebenen (Seftalt enttoidtelt. (Sinet alle Siedete beö 9lei4^ 
in Stnfjjtud^ nel^menben, mit bem Äaifet Deteinten, mit ben Äräften 
beiS alten ®uto^a Detbünbeten aMajotität gegenüber, fud^te eine Wli-- 
norität ftd^ ju l^alten, nod^ Dereingelt unb formloö, aber öott bon 
teligiöfer entfd^rojfenl^eit. S)ie SWaprität, ben Äaifer an ber Bpx% 
fd^ien gefonnen, ©eloalt gu braud^en^): fd^on loarb über feine 3Ber- 

1) 6. 2(ug. 21m 30. Suti toax er in «ürgcrred^t mit äürid^ getreten, 
toa^ l^ierauf too^I ben meiflen (Stnflug l^atte. $ergt. (Sfd^er unb ^otttnger 
Ird^it) für jd^tveig. ®efcl^. unb lOanbe^Iunbe I, 426. 

' 2) Mutier fürt^tet eine „laniena sanctorum qualis vix Diocletiani 
tempore fuit." 14. Sfug. 1530, l&ei mffxi^ H, p. 136. 



9^et(i^«tad )u $lug9l6nrg. i^ertnittelungdterfud^. 195 

Bung leidster Sleiterei in QtoKen untctl^anbelt *). S)ie SKtnoritSt 
l^atte nod^ leine 9(6ft(l^t; {te tou^te nur, ba^ fte nid^t toeid^en ioerbe* 
93ar al&er nid^t.j[eber @d^ritt ber ®eft)alt aud^ für bie äRaloti^ 
tat ber @tänbe l^öd^ft gefäl^rlid^? @ie it>ar i^rer eignen Untertl^anen 
nid^t jtd^er: bie @rinnetung be$ Sl^utfärften Don SRain} an bie ©e^ 
fal^r, mit bet ein im redeten 9Roment eintreffenber Angriff ber Xüx-- 
!en beibe 2^ei(e (ebroi^e, mad^e einen allgemeinen @inbrudf. S3ie 
bie frieblid^e gartet gleid^ anfangt beab{td^tigt unb ben S9efd^Ittffen 
einverleibt l^atte, fo }og man e^S bod^ bor, nod^ einen SSerfud^ ber 
SSermittelung ju mad^en. 



Sermtttelitngdtierfttd^ Hon @eüen bet Stüttbe« 

9(m 16. äluguft begann eine ßonfereng, an ber bon jjeber (Seite 
jtoei ^rften unb fünf ®elel^rte, nemlid^ jioei 35octoren beö cano^ 
nifd^en 9led^te$ unb brei Xl^eologen, Xl^eil nal^men, unb bie fel^r balb 
einen k>iell)erft>red^enben ®ang nal^m. 

2)ie eigentlid^ bogmatifd^en @treit))un!te mad^ten bieiSma( leine un« 
übertoinblid^e ©d^toierigleit. 3« bem a^rtilel bon ber Srbfünbe ftimmte 
6dE bei, aU \^m 3ReIand^tl^on geigte, ba^ ein angefod^tener 9luiSbrud( 
feiner S)efinition nur bie ^o^ulöre (SrIIarung einer altem fd^olaftifd^en 
enthalte. S3ei bem Slrtifet Don ber 9led^tfertigung „aOein burd^ ben 
©tauben" erllSrte aBimj)ina au^brüdflid^, lein SBerl fei berbienftlid^, 
toentt ei? ol^ne ©nabe' gefd^el^e*); er forberte nur bie 3Serbinbung ber 
Siebe mit bem ®lmbcn; nur infofem beftritt er ba« SBort „allein". 
3n biefem ©inne badeten aber aud^ bie 5ßroteftanten nid^t e^ fefiju* 
l^olten: fie liefen fid^ gefallen, ba^ ei? geftrid^en tourbe: Voar bod^ il^r 
Sinn Don jel^er nur getoefen, ba| bie 3Serföl^nung mit ®ott burd^ 
eine innerlid^e Eingebung, nid^t burd^ äu^erlid^eig Sejeigen gefd^el^en 
Bnne. dagegen erläuterte bann aud^ ®ä, ba^ bie ©enugtl^uung^ 

1) Niec. Tiepolo Relatione: Essendo in Augusta intesi che si of-' 
fersero (bie Beiben ^ergoge toon ©aicrn) all' imperatore volendo lui mno- 
Ter gaerra a Lutherani, e seppi che tentomo col duca di Mantova d'ha- 
Ter il modo di condur 1000 cavalli leggieri d'Italia in caso si facesB6 
in Gennania. 

2) 3(uc^ <Sä fagt in feinem ®utad^ten De principum protestantium 
JohanniB Eccii censnra (Bei (SBIefItn III, 36): quod opera de sui natura 
et in se non essent meritoria, sed solum ex deo et gratia dei assistente. 

13* 



196 fünfte« ^üd^. 9lt\inM dapittl 

\ütli)e man latj^olifd^etfeitd bei ber S3u^ö forbere; nid^td anbetet aU 
bic SSefferung fei: eine ©rflärüng, bei ber ftd^ freilid^ nid^t^ mel^r 
gegen bie SRotl^toenbiflfeit ber ©enugtl^uung eintoenben lie^^). ©ettft 
über ben fd^toierigen 5ßunft be« 5!Re^o})fer« fam man einanber um 
3SieIe§ naiver. Qi erffärte baö Djjfer nur für ein facramentalif^el 
3ei(i^en jur @rinnentng an bad, tperd^e^ am Jtreuje^ftamm k)oK;ogm 
n)orben^). Ueber bie ®e8enn>art ßl^rifii im SCbenbmal^I ftritt man 
ol^nel^in nid^t. ®em liefen ftd^ bie ^roteftanten beftimmen, nUji 
allein eine toal^rl^aftige, fonbem aud^ eine reale ©egenhjart ju bc- 
fennen. Diefer 3wfa§ finbet ftd^ in bem 2(nfj)ad^er 6jemt)lar ber 
Gonfeffion bereite eingetragen. 

SBal^rl^aftig , bie ©runbbegriffe be§ 2)ogma'ö tüaren eö nid^t, 
tüeld^e ben ©treit öeretoigten. Sutl^er l^atte nid^tö aK bie SPrin- 
ci})ien toieber ertoedEt unb gum Setou^tfein gebrad^t, bie bem alten 
Sel^rbegriff ber tateinifd^en Äird^e ol^nel^in ju ©runbe lagen unb nur 
burd^ bie l^ierard^ifd^en ©^fteme ber fj)ätem 3^it unb ben überJ^anb^ 
nel^menben SJli^braud^ berbedft hjorben h)aren. 2lbh>eid^ungen tote 
biefe fonnte man an einanber bulben, toie ja immer öerfd^iebcne 
3Keinungen neben einanber beftanben l^atten. Ser ganjc 3toief)jalt 
lag bielmel^r in ber Serfaffung unb ben ^®ebräud^en. 

-Unb ba gaben nun bie 5ßroteftanten il^rerfeit« fo biet nad^, aU 
nur irgenb möglid^ h)ar. ©ie hjaren überzeugt, ba^ bie gute ^uäji 
in Äird^en unb Sd^ulen burd^ bie ©))altung erfd^toert, ba^ aud^ bal 
Äird^enregiment toon ben dürften nid^t l^inreid^enb gel^anbl^abt tocrben 
lönne, il^nen fogar ^u biel fofte. 3)ie ^roteftantifd^en Xl^eologen unb 
fjürften erllärten fi^ bereit, ben Sifd^öfen il^re Quriöbiction, geift^ 
lid^en Sann, ^ufftd^t über bie 5ßfarren jurüäjugeben, borau^gefe^t, 
ba^ man baö ßöangelium frei berlünbigen bürf e ^). ©ie toaren feftft 

1) ^pataiin, ber in ben erficn ©iftungcn baö Slmt eine« ^otax9 berfa^, 
Bei gbrflcmann 11, p. 228. (go ifl benn aud^ @(f8 eigene Steugerung gu ber* 
{leiten, (SBlefitn p. 36: nos ponimus satisfactionem tertiam partem poeni- 
tentiae, ipsi vero fatentur debere sequi fructus bonorum operum, ubi 
iterum solum lis est verbalis, non realis. 

2) ^Relation bei (SMeflin HI, 45: Est ergo missa non revera victima, 
sed mysterialis et repraesentat^va. 

3) Unborgreipid^c Slnttoort, Ui gBrflcmann II, 256. »gl. mit bem 
^cbenlen, ebenbaf. p. 245, p. 75. 2lu« bem legten crgiebt ftd^, bag fie boA 
alle l^terard^tfd^en Einrichtungen auSbrÜdClic^ i>tm menfd^lid^en Sf^et^te l^erleiten 
tooHten, gleid^tDie bad ^ai^fitl^um felbfi, bad man aber bann bulben fönnc. 
3ntt?iefcvn Sut^er Ij^iemit übcrciuflimmte, jeigt ein toon il^m unter^ei^nete« 
SBeben!en bei Söald^ XX, 2178. 



SÄeid^^tag gu Slug^burg. S5erinittcfungöt)crfud^. 197 

geneigt, nid^t h)eil cö ein ©otte^bienft fei, aber ber guten Drbnung 
^aI6er, bie ^aften beotad^ten unb in ^infid^t ber Seid^te bie 2cuU 
antocifen ju laften, alle ^älle gu befennen, in benen fie befonbern 
Irofte^ bebürftig feien. 

Sorfd^Iäge, bie bod^ in ber %^at eine ^erfteHung ber Sleu^er- 
(id^feiten ber Äird^e einfd^loffen , ioeld^e man gar nid^t mel^r l^ätte 
ertoarten fotten. 

Unb aud^ ben 3Sorh)urf foffte man nid^t toieberl^olen, ba^ bie 
§erftettung ber eingebogenen Äloftergüter bie aSerföl^nung öerl^inbert 
l^aJe. Dbtoo^ bie ^roteftanten ben ®egnern einwarfen, bafe bon 
i^rer ©eite nod^ fd^limmere Seraubungen Dorgefommen , j. 35. bie 
9efe$ung be« 93i«tl^umö^ Utred^t burd^ ben Äaifer , toa«» bei toeitem 
mel^r fagen tootte aK bie ®injiel^ung öon ein J)aar Älöftern, ba bie 
Sird^e auf bie 93ifd^öfe, nid^t auf bie SWönd^e gegrünbet fei, fo erbot 
jic^ am gnbe bod^ ber ßl^urfürft bon ©ad^fen, äße eingebogenen 
filöfter einer ©equeftrotion gu untertoerfen: bie ©eqüeftrirenben,, el^r- 
bare Seute au« bem Sanbe^abel, fottten bem Äaifer Der^jflid^tei fein, 
nid^t« Don ben Oütem abfommen ju laffen, bi« ju einer Seftimmung 
be^ 6oncifiumg *). 

©0 h)eit näl^erten fid^ bie ^roteftanten nod^ einmal bem rö- 
mifd^en Äird^entoefen, ber SOlaJorität be« SReid^e«. 6ig ift faum ju 
berftei^en, ba^ man fie babei nid^t feftl^ielt. 

Srat bod^ ber 3lu«fd^u^ ber 3Jlajorit&t t>on einer anbern ©eite 
^inloieberum ben ^ßroteftanten fel^r nal^e. 6r f^jrad^ bie Hoffnung 
au§, bei bem fühftigen ßoncilium bie 3uIaffUng öerl^eiratl^eter 5priefter 
gang im äCSgemeinen auS)Uh)ir!en, ti)ie ba« in ber alten ^ird^e Btatt 
gcfunben*). 6r fal^ fein S3ebenfen babei, beibe ©eftalten gu|ulaffen. 

3Bar man einanber fo nal^e gelommen, h)a« lag im ®runbe 
an ein paax abtoeid&enben (Sebröud^en? ÜKu^te man barum bie ßin* 
^eit be« SReid^« unb ber Station unb ben gegenfeitigen Rieben 
aufgeben ? 

I)a^ man bie« am Gnbe bod^ tl^at, fam tool^I l^aujjtfäd^Iid^ bal^er, 
toeil bie ^üi^rer ber ^atl^olifd^en nid^t l^anbeln tonnten, toie fie bietteid^t 
getooHt i^ätten. SBir toiffen, ba^ bie ©ad^e am J)ä})ftlid^en §ofe bereit« 

1) eSci^pft^c S(^>erogio bei mMtx p.»861 unb in bem 2Crd^iJ) t)on 
prflemann p. 150. 

2) „i>a9 bie coDjugati mod^ten gu :|)rie|lernd^em j!anb genomen unb 
nbimrct »erben, 3nmaffen, toie t)or allterö 3n ber erfien ürd^en etUd^ l^unbert 
3or 3m ®ebrau(^ getoefen."^ Unbefd^ttefftgc unnb unöergrtffüd^e ci^rijKtd^c 
2«ittcl («orfd^Ioge beö fat^olifd^en ^u«fd^uffeö) bei görflemann II, p. 250. 



198 %an^t9 9u0. iReunte» dapiitL 

in SeratJ^ung gejogen unb entfd^ieben tt)ar. S)er t>ä))ftn(l^e Segat, Sam- 
P^Wf fäumteni^t, in beut bringenben 9(ugenUi(I bm Aaifer )u Befud^en, 
feinen au^fd^Iie^enb latl^olifd^en @ifer gu entflannneh, il^n }tt ben ^e- 
jtd^t^f>unlten ber Surie gurüdf^unifen^). 3taif feinet Seigre toaren alle 
Drbnungen ber fiird^e i>om l^eUigen ®eift eingegeben. 3n biefm 
@inne^ bearbeitete er auä) bie ©tänbe. 3^1^^ forberten biefe nun 
bod^, ba^ auf ber )>roteftantifd^en Seite bi$ ium 9(udf))rud^ bed SDn- 
cUiunti^ (eine berl^eiratl^eten ^riefter ntel^r angefteSt loerben foSten; 
fie beftanben auf bem Seid^tgtoang ; fie tooUten fid^ toeber bie 3(u^' 
laffung bed SanoniS in ber üReffe, nod^ bie S(bftel[ung ber ^xiM- 
nteffen in ben ^»roteftantifd^en Sänbem gefallen lajfen; fte Verlangten 
enbiid^, in ben ^rebigten ber $rateftanten foKe ber ®enu^ bed älbenb- 
malfU unter @iner ®eftaU für ebenfo rid^tig erflart toerben tote ber 
unter beiben. 

S)ie^ toaren aber aKe^ SDinge, toeld^e bie bereite begonnene 
99ilbung ))roteftantifd^er Drganifationen fo gut jerfe^t l^aben tDürben, 
toie bie f^orberungen t>om ^ai)t^l629. 2)ie faum gewonnene Ue&er- 
geugung toäre baburd^ toieber in il^rer ©runblage erfd^üttert toorben. 
2)ie 5ßrotefitanten toaren bereit, ben (äcnn^ be« Slbenbmal^Ö unter 
@iner ©eftalt nid^t ju berbammen: aber fie fonnten ftd^ unmöglid^ 
entfd^Iie^en, il^n für gleid^ rid^tig mit bem il^ren 3U erflären, „ba 
ja e^riftu« beiberlei ©eftalt eingefeftt ^abe." Unb toie fottten fie 
tJottenbiS bie 5ßribatmcffe toieber einfül^ren, bie fie afö bem Segrijfe 
be^ Sacrament^ tpiberf^red^enb, mit fo großer ^eftigfeit befam^ft 
l^atten? ®ie toürben il^r eigneiS SBerf, bon bem fie bod^ überjeügt 
\oaxm, ba^ fie ed mit gutem ^ug begonnen, toieber jerftdrt l^aben. 

9[ud^ geigte ftc^ bei jebem @d^ritt ber SSerl^anblungen eine 
größere aSerfd^iebenl^eit ber (Srunbanjid^t, aü man fid^ eingeftanb. 
S)ie Aatl^olifd^en betrad^teten bie 9(norbnungen ber tird^Iid^en SCutorität 
atö bie Sieget k>on ber l^öd^fteni^' einftn^eilige SluiSnal^men )u geftatten 
feien. 2)ie 5ßroteftanten fallen bagegen bie Siegel ht^ (Slauben^ unb 
Seben« attein in ber ©d^rift: bie SSefonberl^eiten ber römifd^en flinke 
tooKten ^e nur bebingungi^ioeife, nur infofem ed gang unbermeibßc^ 

1) Thom. Leodius, Vita Friderici Palatini Vn, 151: üt inteUexit, 
cta rejecit. ^qU ^tiandftf^^n an (Samerar. Corp. Bef. II, 590. ^aitn 
ging aud^ ba9 erfle (Bnta^ttn (Sam^ggt«. I santi padri, fagt er, con la 
santitä della vita, osservantia delli precetti diyini, con somma vigilantia 
e Btudio si sono sforzati a partecipare del spirito santo, dal quäle 

Benza dubio spinti hanno cosi santamente Ordinate tutte le cose della 

chiesa. 



Stetd^dtag 3u 9Cug0(urg. ^ermittetungdberfud^. 199 

fei, jttlaffen*). ^ene leiteten .atte aufemn Äirij^ettorbnunaett bom 
göttlid^en Siedete l^er: biefe ^a^m -barin nur menfdJU^e aurüdfnej^m« 
Bare Sinrid^tungen. @d toar nod^ nid^t Diel bamit getoonnen, ba| 
bie $roteftanten ba« 5ßa))fttl^um aö eine irbifd^e menfd^Iid^e, bal^er 
ju Befd^ränlenbe ^npitution anjuerfennen attenfattig geneigt toaren: 
bem refigiofen »egriffe ber latl^olifd^en Äird^e lag atte« an bem gött^ 
lid^en äfted^te ber @teabertretung Gi^rifti. 

Unb feftfl toenn man fld^ einigermaßen t>erftanben, »ebingungen 
eine« 3SergIeid^ei8 feftgeftettt l^&tte, toie fd^toer toäre e« getoorben, bie^ 
felBen au^juffil^ren. 3BeId^e Unel^enl^eiten ioärbeaEein bie SBieber- 
einfül^rung bed (Spi^copat^ l>eranla^t j^ol&en! 5Der 6l^ara!ter ber 
neuen Äitd^e berul^te ja eben auf ber ©ettftonbigfeit U§ niebem 
eierud unb feiner unmittelbaren äSereinigung mit ber territorialen 
©etoalt. @d^on erl^oB fid^ bie 9(nti))atl^ie ber Stäbte bagegen. 2)ie 
Jtümberger äu^en, fte toürben fid^ ber ^errfd^aft eineiS äSifd^ofd 
niemate toieber unterwerfen*). 

3Bol^I f^t man nun, nad^bem bie er^en SBerl^anblungen abge« 
brod^en toorben, gegen @nbe 9(uguft eine nod^ engere SSerfammlung 
geBitbet, nur Don brei SRitgliebem bon jjeber Seite; aber ei^ ift nid^t 
nötl^ig, il^re S3ef))red^ungen ju begleiten: fie filierten nid^t einmal bi^ 
;u bem fßunft, ber fd^on frül^er erreid^t toar. 

6d finb bann nod^ einige einzelne SSerfud^e ber älnn&l^erung 
gemad^t ioorben. 3m ©arten eineiS älugdburger ^ürgerd l^ielt ^erjog 
^nrid^ bon Sraunfd^ioeig eine 3^f<kinm(>^t(ft ntit bem ®ol^ne bei^ 
e^urfürften, 3ol&ann ^ebrid^; in ber Airdbe )U ®t. ÜRori^ mod^te 
ber äanjier bon Saben bem fäd^fd^en, weld^en SReland^tl^on be- 
gleitete, Eröffnungen, bie ftd^ bann eine SBeile f ortf ))annen , aber ju 
feinem 3^^^^ fill^en lonnten. 

% 2)er )>rote{iantifd^e ^l^eil l^atte fo ioeit nad^gegeben, al^ M bie 
religiöfe Ueberjeugung nur irgenb juließ; er l^atte aber bie äu^erfte 
@ren)e bereite erreid^t, ja fd^on regte ftd^ in feinem eignen Innern 
3ßib^t>rud^ gegen bie gemod^ten 3u0^^Änbniffe: er ioar nun um {ein 
Haarbreit toeiter pi bringen, äfud^ bei biefen SSerl^anblungen erin- 
nerte Sl^urfürft d'^^^nn ^i^ ^l^eologen, nur bie @ad^e im 9(uge )u 
bel^alten, auf ü^ unb fein Sanb leine Stüdffid^t ju nel^men. 

1) 8ren} \pvadf ton einem praeceptum dispensabile ia casu ne- 
cessitatis. ^ie 92ot^h)enbigfeit ift i^m ber Sefd^tul ber ri^mifd^en ^irc^e, 
ben er aber bamit leinedtvegd a\ß gerechtfertigt betraci^tet. 

2) (iutad^ten @)>engler« in ^audborff Seben ^)>engterd p. 65. 



200 günftee «uc^, Sficuntc« ^apM. 

« Sbenfotoenig aber toäre auf bet anbem burd^ ben 5Paj)ft qt-- 
feflelten ©cite irgenb eine hjeitcre ßonceffion ju erteid^cu getocfcn. 



Unmöglid^ lonntc ber Äaifcr geneigt fein, eiS l^iebei betoenbcn, 
b^n Seid^igtag auf biefe SBeife au^einanbergel^n ju laffen. 6r toar 
Dielmel^r babon burd^brungen, ba^ aföbann nur grö^erei^ Uebel unb 
Unjuläffigfeiten ol^ne 6nbe gu ertoarten feien ^). 

3lvm f}atU -il^n fd^on feit mand^en S^l^ren ber ©ebanfe eineö 
ßoncilium^, in toeld^em bie gefammten ©eBred^en beö d^riftlid^en ®c^ 
meintoefenö gel^eilt toerben fönnten, fiefd^öftigt: — ein ®ebanfe, in bem 
ftd^ bie ^h^e be^ Äaifertl^umg iinb ber Sleligion begegneten, bon bem 
aber $ßaj)ft ßlemenö VII billiger nid^tö l^atte l^ören tooHen. 3n ben 
Unterl^anblungen bon 1529 l^ielten bie faiferlid^en ©efanbten für 
ratl^fam, bon ber ©ad^e ju fd^toeigen, ja fogar ju erflären, bem 
Äaifer liege nid^t fo biel baran, ba er bie Unrul^en unb bie Unorb= 
n^ungen tool^I fenne, bie a\x§ einem ßoncilium entfjjringen fönnten*). 
3n 33oIogna toar bennod^ toieber babon borübergel^enb bie Siebe; 
je^t aber in 2tug!gburg hxaä)tm nid^t allein bie $Proteftanten bie 
Sad^e in Slnregung, fonbem nod^ bringenber bie latl^olifd^en ©tänbe; 
ber Äaifer, in bem fid^ feine eigentl^ümlid^en ®efi(^ti^|)unfte toieber 
erl^oben, befd^Io^ fie in bie §anb ju nel^men, unb fd^rieb barüber an 
ben $a|)ft3). gr brüdfte ft(| babei fo fatl^olifd^ a\x§ unb ftettte »e^ 
tingungen fo bottfommen lird^Iid^er SRatur, bie ftd^ bie ^ßroteftanten 
gefallen laffen müßten, ba^ ber ^aj)ft ben aSorfd^Jag nid^t jurüdfju^ 
toeifen toagte. 6r lie^ il^n ber für bie ©laubenöfad^en nieber0efe|ten 
Kongregation borlegen, ^ier erllärten fid^ Einige bagegen, «unb 
jtoar f)aupt^ixä)lxd) a\x§ }n)ei @rünben: einmal toeil 2cnU, ioeld^e bie 
frül^eren ßoncilien bertoorfen, ftd^ aud^ einem mum nid^t fügen toürs 
ben; fobann toeil ein ettoaniger Slnfatt ber 2^ürfen, toä^^renb man 
feine gange 2lufmerlfamleit auf biefe inneren ©ad^en toenbe, um fo 
gefäi^rlid^er toerben müfle: — unb überbie», toie biel 3«t toerbe e^ 
foften, el^e bie übrigen dürften fid^ gur ^^l^eilnal^me an bem ßon^ 

1) (gin ©utad^tcn am 9eei(^6tag {Wc^, gu «rüffcl) fagt: La matiere 
ne peut pas demeurer en ces termes sans en attendre pis et incon- 
venient irreparable. 

2) Lo que escribiö Micer Mai (11. Mayo 1529) bei feilte 521. 

3) ©d^reiben be0 Äaifexö fcei ?an3 I, 390. 



SJürfti^Iag bcö (Sonciriumö, 201 

ciljifm entfd^ltefecn. toürben: h)erbe e^ bann noi) öon Slawen fein 
formen? 3Die 3Rel^rl^eit ber ßommiffton Wax bennod^ ber 3tnftci^t, 
ba^ bag ßoncilium bcrfjjrod^en toerben fönne, jebod^ unter ber S3e* 
bingung, bie ber Äaifer felBft borgefd^Iagen l^atte, ba^ bie ^ßroteftan- 
ten tnbe^ öon il^ren Steuerungen abftünben. ®er allgemeine ßinbrucf 
toar, ba^ ber ^ap\t bie ©ad^e lieber burd^ eine unb bie anbere ßon^ 
ceffton beigelegt l^ätte, ba^ eS il^m felbft lieber getoefen tüöre, 3)eütfd^5 
lanb in ben 3«P<*^^b, in bem eö hjar, ju laffen, dl^ ju einem 6on= 
cilium ju fd^reiten*). 3l6er burd^ frül^ere B^fagen öerJjfKd^tet, ber^ 
mod^te er bod^ nid^t offen gu loiberftreben. 6r bat ben Äaifer, bie 
Sad^e ja nod^ einmal nad^ allen (Seiten ju ertoägen: fottte aber Se. 
SRajeftät, bie am Drte unb fo gut fatl^oUfd^ fei, e^ für unumgänglid^ 
not^toenbig erad^ten, fo ioiHige aud^ er ein: nur unter ber angege^ 
6enen Sebingung, ba^ bie 5ßroteftanten bi^ bal^in ju bem 9lituiS unb ben 
Seigren, ber l^eil. 3Rutter-Äird^e gel^orfam gurtidffel^ren müßten. 2lfö ben 
geeignetften Drt für bie 3SerfammIung brad^te er 9lom in SBorfd^lag^). 
J)er Äaifer toar nid^t fel^r jufrieben mit biefer 2lnth)ort, benn 
man fel^e barau^, ba^ ber ^ßajjft ba^ ß^oncilium entloeber ü6erl|au})t 
mißbillige, ober bod^ nid^t gern baju fd^reite. Um fo au^füJ^rlid^er 
motibirte er feine ^orberung bem Segaten. ®r fagte, nid^t allein um 
ber Suti^eranev toillen, fonbern ium Seften ber allgemeinen 2lngele- 
gen^citen fei ein ßoncilium notl^toenbig : — toenn ein 2fngriff ber 
lurfen erfolgen fottte, fo toürbe e^ erf^rie^Iid^ fein, bag ba^ 
ßoncilium gerabe bann beifammen ioäre, um gemeinfd^aftIid^e*33or« 
{errungen ju treffen. 6r ioünfd^te bie Berufung fo Balb loie möglid^ ; 
ber Segat meinte, gtoifd^en bem Sluöfd^reiben unb ber 3iifÄWtwen= 
fünft loürben jloei ^al^re berlaufen muffen: ber ^aifer toottte nur 
bott fed^ö biö ad^t SWonaten, l^öd^ften^ bon einem ^al^re l^ören *). Um 
bie Sad^e möglid^ft im ©inne beö ^aj)fte^ borjubereiten , lie^ ber 
Saifer am 7, ©ej)temb^r ben 5Proteftanten eine Eröffnung jugel^n, 
in ber er il^nen ia§ ßoncilium anfünbigte, aber mit bem 3wfa^, 
//baß fie fid^ mittler 3^it bem Äaifer, ben ©täuben unb ber gemein 
nen d^riftlid^en Äird^e gleid^förmig ioürben ju l^aften i^aben/' 

1) Loaysa 31. Julie: querria mas, que (Alemania) quedase, como 
se estaba, que meterse en esta empresa. 

2) AIP Imperator e di man propria di demente (L. di pr. II, 197) : 
Pregatala prima che esamini maturamente — dico a V. M. che son con- 
tento che quella, in caso giudichi esser cosi necessario, offerisca e pro- 
metta la conTOcatione del concilio, con conditione perö, che appartandosi 
da' loro errori tomino incontinente al viver catholicamente. 

3) (£am^eggi an ^aWxati 10. Wug. SBci Lämmer 53. 



202 günfted ^uti^. iReunte« (Sa^itet. 

®lauiU 6arl toitUid^, aKe bem, t^a^ Vorgegangen, )um Sltd^, 
mit einem fold^en Sefel^Ie &^'6x gu fihben? Qi toötbe t)erratl^en; 
ba^ il^m Stimmung unb ©eftnnung ber $roteftanten nod^ immer 
t^erfd^Ioffen geblieben toaren. 3)ie f^age toax biefe: bie ^roteftanten 
l^otten ein Soncilium im Sinne bed äleid^dregimented geforbert, unb 
Verlangten bid bal^in bie allgemeine Seibel^altung il^reiS 3#<^it^^- 
3e|t boten il^nen 9lom unb ber ftaifer ein Soncilium an, forberten 
aber, ba^ fte fid^ bid bal^in ben bidl^erigen Drbnuugen anfd^Iie^en 
foEten. 9Bie l^ätten fie bad annel^men lönnen? Sie antworteten: 
„jtd^ in biefe ^jorberung ju fügen, toürbe toiber ®ott unb (Setoiffen 
laufen, überbied aber feien fle aud^ red^tlid^ ba}u nid^t t>er))flid^tet; 
in t^olge frül^erer 9leid^i^befd^Iüf[e toerbe je^t ein doncilium beioiOigt: 
nie fei ba bon einer äl^nlid^en 93ebingung bie Siebe getoefen. 9Sa^ 
nun aud^ immer bie SDtajjorität }ule$t in @t)eier in biefer ^inftc^t 
befd^Iojfen l^aben möge, fo tdnne bad fie, bie. fie bagegen feierlid^ 
^roteftirt l^ätten, nid^t binben/' ^n bem münblid^en Sortrag l^tte 
fie ber Jtaifer afö Secte bejeid^nen (äffen: fie föumten nid^t, ful^ 
barüber empUd^ gu befd^toeren *). 

S)er Äaifer lie^ i^nen nod^ einmal eine ©d^rift jugel^*), in 
ber er bie 9{id^tigleit ber ^roteftatiön bel^auf)tete, ol^ne auf bie 
©ritnbe für biefelbe eingugel^en, nur be^l^alb, ioeil ein fo gar ge- 
ringer Si^eil bem großem bittig nad^folgen muffe, ä^fll^i^ Ö^^^ ^'^ 
feine SSertounberung ju erfennen, ba^ bie {atl^olifd^en 3)e))utitten 
nod^'fo ioeit nad^gegeben. ^n il^rer Slüdfanttoort erörtern bie ^rote- 
ftanten bie religidfen fragen nid^t mel^r: fie fud^en bem Aaifer nur 
il^ren red^tlid^en Stanb^unft Ilar gu mad^en. Sie entgegneten ii^; 
fte feie9 entfd^(offen, auf ben ätbfd^ieben ber Sleid^dtage Don 1524 
unb 1526 )U Verl^arren, beren fte feine äRajorität entfe^en lönne, 
unb baten übrigen^ lebigKd^ um ben äußern ^^^eben. So un- 
Vermeiblid^ eine 9(nttoort biefer SBfrt toar, fo fül^Ite fid^ bod^ ber 
^aifer baburd^ nid^t toenig gelränit. @r tie^ bie $roteftanten ioiffen, 
er l^abe il^re älntioort „mit merllid^em SRi^fatten'' Vernommen. 
„Sie l^aben mir," fd^reibt er an feinen (Sefanbten bei bem 5ßa))ft'), 
„in il^rem ]^artnäd(igen 3^^um geanttoortet, toorüber id^ in ®i' 

1) 3(nmerfung ju ben ^[nf^ad^ifd^en SCcten in gBrfiemann« Urfunben- 
bud^ II, 393. es^ftfd^e ^^ologia in gBrfiemann« ^rd^. 136. 

2) ^(nttoort ber ^totepanten, batirt Dom 8. @e)>tember. gllrflemannd 
Urfunben U, 411. 

3) (Sd^xeiben an Tliztx Wlai, bei ^anbobat II, 119; unbatirt, bod^ 
getotg au9 benfelben £agen. 



Ser^anbCunöen bc« ^aifcr«. ^ 203 

banfen bin/' 3nbem ftd^ tl^m fd^on bie 3CuSfid^t erl^oB, ba^ e^ jur 
ähttombung ber ®etoalt lommen iDerbe, l^ielt er bod^ nod^ für m&gßd^, 
ettoa^ aui^jurid^tm, i9enn er felbft :)>erfönli(i^ l^erDortrete. ,,^antit 
atteig beflo me^r gered^lferttöt fei", fd^reibt er bort toeiter, ,,fd^eint 
e5 mir '^ut, ba^ id^ felbft ntit iJ^nen rebe, fotool^I ättten jufammen 
al^ einem 3^ben aKein: toa^ id^ auf ber ®teEe ini^ 3Ber{ ju fe^en 
benfe." 6me^ 3;agcg Ke^ er bie ^jroteftantifd^en fjürften in feine 
@emäd^er befd^eiben, um f^erfönlid^ ntit il^nen ju Derl^anbeln. @r 
jeigte il^nen alle bie ^ulb unb greunblid^f eit , beren er fällig h)ar. 
2Bir bemel^nten, ba^ er ad^t bid neun ©tunben angetpanbt l^abe, 
fie ju Überreben; toaS er il^nen gefagt l^at, ift nur fumnfarifd^ über« 
^ liefert. Q§ mag fein, ba^ babei.aud^ bie lird^Iid^en Slbh>ei(^unflen 
)ur @))rad^e gefomnten ftnb; bie ^auf)tfad^e Betraf bod^ mel^r bie 
rcid^öred^tlid^e ^rage. SRan ftettte eiS ben $roteftanten afö einen 
9Biberf))rud^ t)or, ba^ fie ftd^ auf einen Sleid^^tag^fd^lu^ ftü^ten, ber 
il^en gemattet l^atte, fid^ fo ju.berl^alten, toie pe e^ hjürben t>erants 
toorten fönnen, unb bennod^ an einer ^pp^Uation feftl^t>Iten, toeld^e 
fie gegen einen Sieid^gtagiSfd^Iu^ eingegeben *). Di ber Äaifer felbft bie 
jtoei Sfeid^ötage bon ©^eier toemtifd^te? Dber ob bieö nur ein 
3Ri^berftanbni^ beS SSerid^te^ ift? 6arl blieb babei, in ©laubeniS- 
fad^en gelte feine ^ppcUaixon, unb forberte fie auf, il^rem Äaifer ju 
gel^ord^en. ©ie erllärten, ba^ fie in allen fingen baju bereit feien, 
nur nid^t in biefer, ioeld^e ©eele unb ©eioiffen anbetreffe. Üeber 
ben ätoieft^alt h^ ioeltlid^en (SeJ^orfamö unb ber religiöfen Heber* 
jeugung h>ar aud^ burd^ leine ^erfönlid^e SSertoenbung l^intoegju- 
lommen. 6arl fagt . einntal, r lönne nid^t befd^reiben, h>ie biel 3Ser* 
bru^ il^m biefe 2rngelegenl^eit mad^e. ®r l^ätte, an ben ^i^m ber 
lateinifd^en Gl^riftenl^eit feftl^altenb, über alle feine ©egner gu trium* 
J)l^iren getoünfd^t : fein ©i^rgeij toar ritterlid^er SRatur, unb ftatt beff en 
\ci} er fxif in biefe il^m toefentlid^ unberftänblid^en $änbel tjertoidtelt*). 
3n ber ^l^at glaubte er nunmel^r alle 3Rittel erfd^ö})ft gu l^aben 
unb }u ben SEBaffen greifen gu muffen. S3ereit^ in bem oben ange* 
Wrten ©d^reiben ;iad^ SRom fagt er: „(Setoalt toare je^t, toa^ bie 
meifte ^ru^t bringen ioürbe". 2lud^ ber 5Waiorität btr ©tänbe ^ l^at 
er eröffnet, ba er nid^tö nad^geben lönne, toag ba§ SBefen be^ 

1) Mostroseies por muchas razones, como ellos mismos se contra- 
decian, queriendose por una parte ayudar del decreto de la dieta d'Spira 
y por otra del appellacion que del hizieron. Belacion de lo, que se ha 
necho — en Angusta. (Documentos ineditos I, 266.) 

2) ^crid^t $etlcr« in gbrjlcmann« Ur!unbett II, 422. 



204 günfte« «U(^. 5»cuntc« (&apxttL 

&lavLbtn^ berfc^C; unb ha äffe gnabigc ^anblung nid^t^ gel^olfen, fo 
fei er Bereit , Seib unb ®nt baran ju ftrei en unb mit §ölf e unb 
9latl^ btr ©tänbe atte« ju tl^un, toaiS notl^toenbig fei, 3luci^ 6eim 
^a})ft unb bei anbern dürften toerbe er nm ^ülfe ju bicfem S'totit 
. anfud^en. 

SSon Slnfang beö SReid^^tagS an h)ar in feinem gel^eimen SRatl^e 

biefer ©ebanfe gefaxt toorben. Sollten bie 5ßroteftanten l^artnädfig 

bleiben, fid^ toeber bem Urtl^eil beg Äaiferö nod^ bem ßoncil, h)ie 

. man trünfd^te, untertoerfen, fo toottte man mit bem Segaten ü6cr 

bie anjuttjenbenbe ©eloalt ju Statte gelten'). 

3n 5lom mad^te bie 9iad^rid^t t)on ber ©rfolglofigleit ber laifer^ 
lid^en Semül^ungen einen um fo ^einlid^eren ©nbrudf, ba man auf 
entfd^iebene Srfolge gered^net l^atle. ^n ber ßongregation toar je|t 
nur 6ine Stimme*). 2lffe 3JlitgIieber toaren ber 9Jleinung, baj c§ fu| 
mit ben neuen Äe^em berl^alte toie mit ben alten : benn ber gel^Ier 
liege nid^t in ber ßinftd^t, fonbern im 5B3itlen; nur bie IWad^t unb 
©etoalt ber fatl^olifd^en dürften fönne fie bef eieren: fte Vereinten fic^ 
in ber STnftd^t, ba^ ber Äaifer jum Sd^ioert greifen muffe. Soa^fa 
ermal^nt il^n, ba baö -©etüiffen unb bie ßl^re e^S »erlange, ftd^ ber 
SRul^e ju entf dalagen unb bie aKül^feligfeit, bie jum S)ienft ©otte^ 
gereid^e, über fxä) gu nel^men. 6r erinnert an bie 6ommunero§, mit 
benen man bie S^xt unnü^ t)erloren, big man ju bem ioal^ren 3Rittc( 
griff, „toeld^eg ber Ärieg toar". 

Slllein a\xi) ber eifrige SSeid^töater bemerfte bod^,ba^ e^ bamit 
im borliegenben galle bie größte Sd^toierigfeit l^aben toerbe. So 
i)iele mit ben Stäbten öerbünbete Ferren, benen bie Sd^toeij einen 
Slüdfl^alt gebe. Sffier fönne für ^i^anlreid^ gut fagen? SBer loiffe, oB 
. nid^t ein 2lnfall ber 2:ürfen beöorftel^e? @ine fonberbare gleji6ilität 
jeigt fid^ in feinen Slatl^fd^lägen. 2lm liebften ioäre il^m, baj fein 
Äaifer ben Slui^m babontrüge, biefer Sad^e burd^ ©üte ober ©e- 
loalt ein ßnbe gemad^t ju l^aben. Sage fid^ ba^ nid^t au^fü^ren, 
fo em^pel^lt er ein ßoncil, toeil barau^ gugleid^ eine*gro^e SSerbelfe- 
rung ber Satl^olifen, beiS geiftlid^en foloie be^ toeltlid^en Staubet, 
l^erborgel^en fönne. Sollte ber 5ßa})ft aber bieg berloeigem, fo l^ält 
er ben Äaifer für entfd^ulbigt, toenn er ftd^ nur beg ©el^orfamg ber 

1) Si lesdits Lutheriens - - -demeurent obstinez, il faut savoir l'in- 
. tention du Sieur Legat , comment et par quels moyens on pourra pro- 

ceder contre eux par righeur. 

2) Paresciö ä todos. Loaysa 1. Oct. ^eine 373. 



• «orf(^(ag be« S(6fd^ieb«. St^ologic. 205 

äBgetoid^enm berftd^ere, ol^ne ftd^ barutn ju fümmem, ob tl^e ©celcn 
jur $ölle falzten ^). 

Sott ber 5D?ajoritä| ber ©tätibc itx ajeutfd^latib burfte ftd^ ber 
fiaifer ttid^t totel ^ülfc bei:fj)rcd^ett. 6r l^atte fic ittttttcr fd^toad^ 
unb uitctitfd^Ioffeti gefuttbett: fobolb titd^t il^r befottberer SSortl^cil itt^ 
Bpkl lotnnte, tttad^e bic ©ac^e beig ©laubettö tocttig ®ittbrudf auf 
jie. 3« ^i«^wi Ärieg^jug gegcti attbre ©täitbe il^ttt fo uttbebittgt fid^ 
anjufd^Iie^ctx hjareti fte tiid^t gctttcitit. Uttb toa^ batttt, toettti eitt 
angriff ber Xüxten ittit bcn begottttetteti itittcrett ^ettibfetigfeitett ju« 
fammctttrcffc? 2)attti hjürbe eitieattgetttemc ®tn})öruttg itt bett £anb= 
fd^afteti ber ebattgelifd^ett beutfd^ett ^ürftett ju fürd^tett f eitt ; eö braud^e 
baju ttid^tö ^hjeiter, al^ ba^ bie ^al^tte auf geftedf t hjerbe ; bie ©d^hjeijer 
toütbett bett b«utfd^ett ©täbteti ju §ü(fe lottttitett*). SSergebettö fud^te 
ber Segat il^tti bag auggurebett. Siefett jtoifd^ett Steiguttg ju geittb- 
feligfeitett uttb SSeforgtii^ i)or il^reti S^otgett fd^n^attfettbett 3!enbettjett . 
mtf})rad^ eö, toetttt bie ©tättbe eittett 2lbfd^ieb itt 3Sorfd^Iag brad^tett/ 
ber beti Ärieg atterbittg^ itt Sluöftd^t fteHte, aber gugleid^ berfc^ob: 
bett $|Jroteftatitett follte biö bett ttäd^ftett 5. 3Wai Sebettfjeit geftattet 
toerben, uttt fid^ über bie uttberglid^eh gebliebettett 2trtifel gu erlfäreti. 

Slud^ biefer Stittourf toax toieber itt Slu^brüdfett abgefaßt, toeld^e 
bag ©elbftgefü^I ber 5ßroteftatitett berle^tett 3). ßg l^ie^ baritt, fte 
folltett SRietttattb gu ibrer ©ecte ttötl^igett: SBort uttb ©ad^e h)ar 
il^tieit gleid^ berl^a^t; er etttl^ielt ätttorbttuttgett, bettett fte ftd^ fd^led^ter^ 
bingg ttid^t untertoerfett ju bürfett glaubteti, j. 85. itt ©adrett be« 
Slaubett^ bittttett biefer ^dt ttid^tö $Reue^ brutfett gu laffeit, bett 
ffiöitd^ett 33eid^te uttb 3Keffe gu geftattett; ettblid^ toarb baritt au^ge« 
IJjrod^ett, bie ßottfefftott fei tttit gutettt ©rutibe ber l^eiligett ©d^rift 
toiberlegt toorbett. ^ättett fte biefett Slbfd^ieb attgettottttitett uttb uttter- 
fti^riebett, fo l^ättett fie il^re eigtte <Saä)e berurtl^eilt. Dl^tte 33ebettfett 
toiefetj fie il^tt bott fid^. Qttbettt fte bie ©rüttbe il^rer SSßeigeruttg 
auäfül^rlid^ borlegtett, ttal^tttett fie bott ber 33el^auj)tuttg, ba^ fie tüiber« 
legt toorbett, jugleid^ ©elegettl^eit, betrt Äaifer eitte 2(J)oIogie il^rer 
ßonfefjiott ju überreid^ett. '35er §aut)tfad^e ttad^ ift biefe ©d^rift ber 

1) ä^^^iten rätl^ er fcI6p ba8 ?cfetc an, immer l^eftig auf bie ^roteflan»» 
ten fd^eltenb, mi5ge t9 nun gum Soncil fommen ober nld^t. ®o fd^toanft er aud^ 
in feinem Urtl^eile ÜBer ben ^apft, ^fliemanb h?irb bic SWeinungen bes Äaifer« 
mit bcncn eine« bamatö abfid^tlid^ entfernt gel^altenen ©etd^töaterö ibentipciren. 

2) (£am|}eggi, Bei lÜämmer Monum. Yaticana 50. 

3) Äonigfüd^ toirbe gu jungem k. 9le))ocation ber ^abfilid^en BuKe 
fo auf ben vierten tau b' ©eijWici^en guttcr erlangt, Bei görflemann Urf. 11,^3. 



206 pnfte« ^ud^. iRcünte^ (&apittl 

Sünfeffton gletd^attig ; irre id^ aber nid^t, fo ift bod^ bie 9(rt unb 
SBeife ber ä(6faf|ung in einem ^xä) t)on bem ftatl^olici^ntu^ toieber 
ntel^r entfemenben Sinne audgefaSen. 

S)arüBer l^atten fie benn nod^ einmal einen Sturm ju Beftel^en. 
ßl^urfürft Soad^im bon Sranbenburg lünbigte il^nen an, toürben fie 
ben ^[bfd^ieb ni<l^t annel^men, fo feien Aaifer unb Stänbe entfd^Ioffen, 
£ei6 unb ®ut, Sanb unb Seute baran gu fe^en, ba^ biefer Sad^e 
gel^olfen h>erbe. S)er Aaifer erflärte, toeitere S^enberungen fönne er 
fid^ nid^t gef aQen laf|en: toolle bie ))roteftantifd^ Partei ben 9(Bfd^ieb 
annel^men, ba fei er: H)o nid^t, fo muffe er, ber fiaifer, fammt ben 
übrigen Stäuben unt^erjüglid^ auf bie Slu^rottung i^rer Secte Se- 
bad^t nel^men. 

SfBaren aber bie frül^eren 2)rol^ungen frud^tloiS getoefen, fo 
lonnten aud^ biefe leinen @inbrud( toeiter mad^en.^ 3)a^ religiöfe 
Slement^ ba« in ber Strenge feiner ©etoiffenl^aftigfeit iebe« SünbniJ 
Derfd^mäl^t l^atte, toeld^e« il^m nid^t ganj gleid^rtig toar, ertoiei fid^ 
nun aud^ bem Si^ftem, \)on bem eiS au^gefd^ieben, gegenüber eben fo 
unerfd^ütterlid^. 

Unb fo ioar jeber SSerfud^ ber 9(nnäl^erung mißlungen; bie ' 
3Rinorität ioar entf d^Ioffen , i^ren Stanb^unlt t)oaftänbig )u be^ 
^auptm unb e« barauf anlommen ju laffen, ioa« man toiber fte 
untemel^men ioürbe. So rm^U man au^einanbergel^en. 

@d h)äre fel^r falfd^ ju glauben, bem (Sl^urfürften bon Sad^fen 
j^abe ))oIitifd^ baran gelegen, bem ^aifer D^))ofition mad^en ju fönnen. 
6§ tl^at il^m Don bergen leib , ftd^ bon feinem Äaifer unb ^erm fo 
trennen }u muffen : aber eS {onnte nun nid^t anberiS fein. Snblid^ 
Ioar ber SKoment gelommen, loo er, im Segriffe abjureifen, an i§n 
l^erantrat, um ftd^ t)on il^m ju beurlauben. „Dl^eim, Dl^eim", fagte 
ber Äaifer, „be^ l^ätte id^ mid^ gu @to. Siebben nid^t berfel^en". 
35er ßj^urfürft erioieberte nid^tig barauf: bie STugen füllten fid^ il^m 
mit l^etten 2^l^ranen: SBorte öermod^te er nid^t gu finben. So öer- 
lie^ er ben ^allaft unb gleid^ barauf bie Stabt'). 

Unter ben Slatl^f dalagen, bie bem Äaifer gegeben ioorben, toor 
einer geioefen: bor allem, burd^ ioeld^e SBlittel aud^ immer, bie fjürften 
ju geloinnen, gegen bie Stäbte ioürbe man bann mit beren eigener 
§ülfe ©etoalt braud^en lönnen. So ettoa toar eS in 6aftilien gegangen. 
Slber in ^eutfd^Ianb ioar e« unauöfül^rbar. S)ie ^dUn ber ©täbte* 

1) (grjSl^rung ber fäd^fifci^en a^ologia in giJrftemann« Streit) p. 206. 
©ranbcKa erinnerte 1542 an btefcn 3«gr o.U an ein 3^i^cn ber ©utljerjig^ 
!eit unb ?iebe be9 (Sl^urfürflen gegen fdf. SWajeflät. 



92et(^«tag gu Ku9«]burg. «Spaltung ber ©täbte. 207 

friege foaren borUBer, ber religiöfe dH)ieft)aIt ffatte bie l^öd^ften 9letd^iS' 
getoatten ergriffen: in ©J)eter toar er nur jtoifd^en ben gürften au^^ 
gcbrod^en, je^t toar aud^ ber Äaifer jugegen unb baretn berpod^ten. 
»feiger i^e il^n bie 3lu«fid^t einer 38erföJ^nung noäf berJ^üttt, nun 
lag er gang offen gu Xage. 

Äud^ bie ©tobte il^rerf eit« toaren toeit entfernt babon, ein* 
mütl^ig }U fein: nid^t einmal fo ganj bie })roteftantifd^en. 

®ie juerft Sleutlingen, fo l^atten ftd^ attmäi^Iig aud^ RempUn, 
§eiIBronn, SBinbgl^eint / SBeifeenburg im Sttorbgau an 9lüm6erg an- 
gcfdjioflen. SSier anbere ©täbte, ©tra^Burg, üRemmingen, ßonftqnj 
unb Sinbau, bie ftd^ (i^Sl^ey ju ber fd^toeigerifd^en Stuffaffung beiS SBenb^ 
mal^fö gel^olten, ^attm il^re eigene ßonfeffton eingegeben, bie foge= 
nannte Xetra^olitana, auf beren für bie innere ®efd^id^te be^ ^rote- 
ftantii^mug fel^r merftoürbigen Qnl^alt toir fjjäter jurücffommen ioer^ 
ben ^) ; aud^ il^nen lie^ ber Jlaifer eine fatl^olif d^e Sßiberlegung 
borfefen; natürlid^ ol^ne alle t^ud^t. ©tra^Burg geigte fo biel 3Rutl^ 
b)ie Stümberg^ unb anbere ©täbte. 3Bäre jtoifd^en Sutl^eranem unb 
Sat^olifen bie beabftd^tigte SSerfdl^nung gu ©tanbe gefommen, fo, 
toürben bie bier ©täbte tool^l in nid^t geringe Sebrangni^ geratl^en 
fein. 3Bie aber bie ©ad^en in SlugSBurg gegangen toaren, f^attm 
fte toeniger }u fürd^ten, aliS im 9lnfang. 

Q^ toaren nur bie übrigen ©täbte, benen ber ftaifer am 24. ©ej)^ 
tember öorfteßen lie^, toie fo ganj mit Unred^t ©ad^fen unb feine 
3Ktoerloanbten einen im ©runbe gu il^ren ©unfien »erfaßten 2lbfd^ieb 
au^gefd^Iagen, ol^ne S^eifel l^auj)tfäd^lid^ beöl^alb, ioeil fte bann gur 
3leftitution ber Äloftergüter angel^alten toorben: aHein er fei enU 
fd^Ioffen, biefe ©ad^e gu ®nbe gu bringen. SJÖie bie anbern ©tänbe 
Seib unb ®\it babei eingufe^en öerfjjrod^en, fo l^offe er, toerbe bai5 
aud^ bon il^nen gefd^el^en. S5ie ©täbte iatm fid^ au§, erft Bei il^ren 
Oberen anfragen gu bürfen: ber Äaifer brang auf unbergüglid^e 
»ntloort. 

1) Prfienberg, 5. 3ult, melbet nod^ golgenbed: „d^ l^aben bie ^ou 
@tra§Burg vergangener £ag und unb etUd^ mel^r ton @tSbten bei f!^ erfor« 
bert, unb hit Selanntnig irer Sere unb $rebig, fo fte bec ^e)^f. WlU au über« 
geben toillenö, jnöor anl^oren laffen, ob fui^ jenianb i^ittetd^t mit inen unter := 
fti^reibcn toolt. Söic tool nun biefelbig fap toei geflettt unb tttoa9 fubtiler 
^^ jugtigcr ban ber gurjTen getoefl, fo l^abcn njir bod^, bitoe^I bi« an^er 
Bei und bed ®acrantentd falber i^re O^tnton nit ge^rebigt, bad unberfd^re^ben 
abgef dalagen: bergtetd^en l^aben and^ anbere getl^an, u^ urfad^en bon jeglid^en 
in|onber^eit furgetoanbt". 



208 güuftcö «u^. ««cunteö (Ja^ttct. 

hierauf trugen nun biejcntgen, bie nod^ fatl^ofifd^ geblieben, 
Heinere fo gut h)ie größere, SRotttoeil, Ueberlingen, 6öln, $agenau, 
felbft aiegen^burg fein SSebenfen, ftd^ bem Äaifer anjufd^lie^en. 

3n nid^t geringe SSerlegenl^eit bagegen gerietl^en bie anbem, bie 
bem Selenntni^ biöl^er Slaum gegeben, ol^ne bod^, fo biel e§ irgcnb 
ntöglid^, mit bem Äaifer unb ber SRajorität in D|)t)üfttion §u treten, 
©ie jogen in SBetrad^t, ba^ fie bnx6) bie annal^mc be« ätbf^ieb^ 
bie Gonfeffion für toiberlegt erflären, ba^ fie bann gejtoungen toerben 
toürben, toiber il^re eigenen ©laubcn^genoflen ju fed^ten: naä) unb 
nad^ erf (arten fic^ granfturt, Ulm, ©d^toäbifc^^^att, enblid^ au^ 
Slugöburg t)erh)eigemb. 3n SlugiSburg l^atte ba«, toie ftd^ benfen 
lä^t, bei ber Sfntoefenl^eit be^ Äaiferg bie meifte ©d^toierigfeit. 3Ran 
l^ielt für notl^lDenbig, tva^ l^ier nur feiten gefd^al^, ben großem SRat^ 
ju berufen, an toeld^em SWitglieber aller 3w«fte 2:i^eil nal^men. 
aber fd^on tt)ar ber J^roteftantifd^e ®eift allju tief in bie Sürger^ 
fd^aft gebrungen, alö ba^ fie i^n l^ätte Verleugnen fönnen. 3m 
älngeftd^te be^ Äaifer^ Uertoeigerte Sfugöburg, feinen Slbfd^ieb anju= 
nel^men ^). 

ߧ toaren nunmel^r bierjel^n ©täbte — unter il^nen gerabe bie 

1) ^reg unb SSotfamcr an ^üxnhnQ im Corp. Ref. II, 422. S3cfon* 
berö mcrftötirbtg ifl ber S3neftocd^fcl jtoifd^en ber @tabt granffurt unb i^ren 
5lbgeorbnctcn. „Sollte t9 aber mit ftd^ ibringcn, tolc c« on 3*^evfel t^ut", 
fd^rieb gürflenberg am 3. Octoberj^ „baß h)tr fHHfd^tüei^gcnb ge^cffcn, taji bie 
55c!enntni6 be« (S^urfürpen unb fe^ncö Sln^angö mit ben l^c^Iigcn (Stoange* 
lien unh ©efd^riften grünblid^ abgelc^nct toorben, treidle Slblei^nung to'ix botij 
nie gcfel^n nod^ an 2^ag fommcn ip, ba8 tfl unferö ©rad^tenö toiber un[cr 
©cloiffen unb Serfianb unb beei^atb gu betottttgen ganj befd^toertid^ unb nit 
t^unlid^, unb toan c« gleid^ beöfalle nit gu toiberfed^tcn tücre, f^an (g. S. on 
3u>evffel tvot ermeffen, too c« gur ©anMung fommen folt, toae <S, SB. ber* 
njegcn mit $ulöcr S3uyen ®clb uub anbcrn ju leil^cn unb bargufhccfen gugc* 
mut tDorb ttjcrben: toix tt>oUtn gefd^toe^gen toa9 ha^ uf im l^ab jujufagen 
unb ju l^alten toaö toeiter bcfd^Ioffcn toirb'^ S)er l^öd^jl bebfid^tigc ^atf} ju 
granffurt cntfd^Iicßt fic^ l^ierauf ben 14. October gu fotgenber 2(ntö)ort an 
ben Äaifer: ,,2)ieti)eit Äaif» 9Wt. ein Soncitium gu öerfdjaffcn fid^ allcrgnebig* 
lid^ft cri^olten, unb ein cr:|)arer ^at^ fainötocgö fid^ J?c öcrfcl^cn, baß ^aif. 
TlU bem ctt>igen ®ottc8 SBort ettoaö gutoibcr ttjcrbc aufrid^tcn ober l^anbl^afeen 
Ijiclffen, fo ttjottc ein erbarer ^aif) in ^cbad^t l^od^gebad^ter Äa^f, 9Wt. aU 
eine« attergncbigflen gütigen mitten Äaiferö felbg erbieten fid^ beffelbigen ge* 
troiften, aud^ filran, aU einem d^rifllid^en SKagifirat loot gegiemt, unb fo M 
fie gegen ®ott ber ©celen unb @ctt>iffen l^alb unb ber Äa^f. TlU bon bes 
9teid^0 toegcn ©cl^orfam gu (eifien fd^ulbig, loie ^jittig attcruntert^anigfl ge^cr* 
famcn". 3n fo faltenrcid^es SDunfcI ptten fie i^re abfd^lägUd^e Antwort. 
5>m ©angcn fmb fte mit i^rcn ©efanbtcn cinöcrflanben. 



9teid^dta$ )u Sug^burg. ©Gattung ber @täbte. 209 

reid^ftm unb Blül^cnbftcn, — ■ ©tta^burg, Ulm, Slug^burg, ^anffurt, 
SÖlmterg, tocld^c jid^ berp Äbfd^ieb toiberfe^ten. ®ine SKinorität, 
bod^ nid^t mel^r fo unbebeutenb, tote fte anfangt aui^gefel^en. 

9RittIertt)eiIe l^atte ber Äaifer noäj einige befonbere ©efd^äfte 
mit ber 3Ka|orität, in toeld^er er ba« Sleid^ fal^, berl^anbelt; befon^ 
benS in Segug auf bie 2^ürlenl^ülfe unb bie geiftlid^en Sefd^toerben. 

Sene Setoilligung , bie ber ^ap^t bem Äönig gerbinanb \)on 
bm geiftlid^en (Bvdcxn in S)eutfd^Ianb unb Deftreid^ gugeftanben, ^ 
tourbe l^arlnädRg jurüdfgetoiefen. S^^t erfförten bie ©eiftlid^en ftd^ 
mtfd^(of[en, fie nid^t ju genel^migen; bann mad^te bie ganje SBer^ 
fammlung biefe ©ad^e ju ber il^ren. ^ einer älufjeid^nung mit 
Stanbbemerfungen ©ranbeHaö finbet \x6), ba^ jte feine XüxtmffiÜfc 
leiften ju tootten brol^te, toenn man babei berl^arre. 3Beber im 
Steid^e, nod^ aud^ in ben öftreid^ifd^en ßrblanben lömte eine fold^e 
SReuerung, eine fold^e Slnma^ung beig 5ßaj)fte^ gebulbet toerben^). 
©ranbeffa fe^te ben fiiJnig babon in Äenntni^. gerbinanb mu^te 
^ toirflid^ entfd^Iiefeen, bte S3uKe. fatten gu laflen. 

@rft l^ierauf toarb bie Sürlenl^ülfe gugeftanben. , Bh)«'^ «ud^ je^t 
nod^ nid^t, toie ber Äaifer gelDünfd^t l^atte, eine bel^arrlid^e: eine 
folti^e, fagten bie ©tänbe, Hoerbe erft burd^ ben beitritt ber gefamm« 
tm ßl^riftenl^eit mög'lid^ toerben. ^Dagegen toarb il^m eilenbe ^ülfe 
in gang Bebeutenber Slngal^l betoiEigt : nod^ einmal f o ftarf al^ gum 
SRömergug bon 1521, 40000 3R. gu %u^, 8000 3R. gu «ßferbe: 
Jtoar gunad^ft auf 6 SRonate, eine gfrift, bie man aber nötl^igen gatt^ 
aud^ berlängem tootte; bie $ülfe foffte nid^t in (Selb, fonbern in 
5Kannfd^aften, unb gtoar nad^ ber Slbtl^eitung ber Äreife geleiftet 
toerben. 

@ine bon bem Slu^fd^reiben angelünbigte ^au^tabfid^t bed Steid^iS^ 
H^ toar, bie S'^winfl«^ gh>if^^^ geiftlid^en unb toeltlid^en ©täuben, 
bie in ben legten 3«^^^ f^ ^i^^ Särmen gemad^t, beigulegen. Sie 
geiftlid^en ©tänbe toaren frül^er fel^r lebl^aft angellagt toorben: je^t 
göien aud^ pe il^re SSefd^toerben ein. S^l^er toürbe baö bie l^ef« 
tigftm Streitigfeiten beranla^t l^aben : je^t, ba bie gegenfeitigen Slni^ 

1) Les deput^s ont dit clerement, que la dite hastive ayde ne sera 
en mani^re nulle consentie, si premierement le roi (Ferdinand) n'abolit 
entierement la bulle du pape et ce non seulement en rempire* mais 
^ussi a Fencoutre des subjects de tous les estats qui sont demourans 
et habitans^ en pays d'Autriche, car ils donnent ä entendre que de la 
Sorte ils ne veulent nullement estre en subjection du pape. (Slrd^iö gu 
^rilffcL) ®rant)etta mad^t btc Slnmerfung: au roi, que S. M. regarde etc. 
». ÄanTe»« S©«le ffl. 14 



210 pnfte« endf. ^tmtt» dapxttL 

niDfitäten einem anbetn gemeinfd^aftlid^ SßibertoiOen geioid^en toatm^ 
toarb ein Xu^fd^u^ aud Beiben ä^l^Ien niebergefe^t, unb toirilid^ 
ein SSergleid^ )u @tanbe i^itaift, ben ber Aaifer old gonftitutioa 
in bad 9lei^ ju derfünbigen SBiUend toax^). 

9ud^ bie l^unbett ©tobamina tottrben l^iebei toieber in @riiM 
nentng gebrad^t. 3)ie toeltlid^en ^rften, getool^nt auf il^ren S(^fd^lüjfen 
gu beftel^en , überreid^ten {te aufd neue. Sa ber )»af)ftlid^e Segot }u 
leiner Unterl^anblung borüber ermäd^tigt toar, fo übemal^ ber 
Aaifer, fte burd^ feinen @efanb^en in 9lom in 9[nregung )u bringen*). 

^ @^ fd^int faft, afö l^abe man bie 9(6fd^affung ber ä3efd^toetben 
f{)äter alig beiDiUigt angefel^en, ali l^abe felbft jene Sonftitution eine 
getviffe Slutoritat gel^abt'). äfllein ft>ie fel^r berfd^ioanben je^t biefe 
Snterejfen bor ben bei toeitem mäd^tigeren ber 9teform. 

2)er Domei^mfte @egenftanb ber äSerotl^ung blieb, toeld^e $al« 
tung Jtaifer unb 3Raj|oritöt in il^rem äSerl^ältni^ )u ben @tänben, 
bie il^ren 3(bfd^ieb Dertoorfen j^atten, nunmel^r ergreifen toürben. 

äluf h)ieberl^oIted SCnfragen gab bie SRajorität il^r @utad^ten 
bal^in ah, ba^ ber fiaifer ein neue^ äleßgiondmanbat auf ben @rmib 
beS @bicted bon äBorm^ au^gel^en laffen möge. SSerioeigere @ad^fen 
mit feinen ätnl^ängem bemfelben feinen Sel^orfam, fo möge ber Äai- 
fer fie Dorlaben, bie gebül^rlid^e $ön gegen Ite erifemten unb jur 
9(udfäl^rung berfelben fd^reiten. 

3n biefem Sinne ift bann ber SReid^^abfd^ieb loirfßd^ »erfaßt 
toorben. 

2)er ^aifer berfünbigt barin ben emftlid^en (Sntfd^Iu^, fein 
@bict bon äSormS }u boEjiel^en; eine SRenge SKtoeid^ungen bon 
bemfelben fül^rt er an, bie er atte bertoirft, gleid^biel ob fie lull^crifdj, 
}H)ingIifd^ ober ioiebertäuferifd^ lauten; er fd^ärft bie ^anbl^ung 
ber abgefd^afften @ebräud^e unb berioorfenen Seigren einzeln ein, unb 
beftötigt auf^ neue bie @ered^tig!eiten ber geiftlid^en f^ürften. @egen 

1) (Soncorbata ber .qeiftHd^en unb totltlidftn ^efd^loerung, conflttutu^n^ 
miß jufammengegogeti Bei ^^ud^cl^ III, 636. 

2) 3n ^briand Catalogus codicum' bibl. Giessensis toirb nr. 296 
(p. 93) angeführt: Consaltatio et deliberatio consiliariorum depatatomm 
super grayaminibas quae nationi Germajiicae per sedem apostolicam in- 
ferontor, bie ifit\)tx gel^i^ren tüivb^ 

3) ©mittler, ©efd^id^tc ber gunbamcntolgefe^e ber beutfd^*fatioIiWen 
Äird^c (SBcrfe Vül, p. 501), berfid^ert, baß bie bcibcn Slctenflüdfe, bie §ra* 
bamina, bie man alö toirflid^ aigefd^Ioffcn betrad^tete, unb bie Soncorbata, 
auf ber Xa^tl bcö faiferf. $ofrat^6 gum tSglidJcn ©cBrauci^ gelegen. 



Äc^ötag 3u Slug«Burg. (JEoncUimn. , 211 

bie ttngel^orfamen foll ber laiferlid^e fjiigcal gerid^tlid^, unb gh)ar,6i^ 
jur Strafe ber ^ä}t, bie nad^ ben älnotbnungen be^S Sanbfrieben^ 
au^jufü^ren ift, ^)rocebiren. 

SKan t)erfäumte nii)t, unb baig ift einer ber §au^t})unfte — 
auf ben toir fogleid^ jurüdttonnnen Serben — , ba§ Äammergerid^t 
neu ju conftituiren unb auf biefen Slbfd^ieb ju öerjjfKd^ten. 

Sugleid^ aber trat ba$ SBorl^aBen, ein aQgemeineiS Soncilium 
§er6eijufül^ren, in ben SSorbergrunb, unb jtoar in bem mit ben tati^o^ 
l\\i)m Qianim }ule$t Vereinbarten 9rbf(|ieb noä) umfaffenber unb 
befKmntter, afö in bem ben 5{5roteftanten borgefd^lagenen unb bon 
biefen bertborfenen. Slnfangig \oax ber 3h>e(f bei^ ßonciliumg nur 
in bie äbfd^affung ber 3Ri^Bräud^e unb 33ef(l^h>erben gefegt Sorben: 
je^t lüar aud^ i)on Sefeitigung ber eingeriffenen Qrrtl^ümer bie Siebe. 
^n ^pxaä) nid^t mel^r BIoö öon d^riftlid^ier Sieformation, fonbem 
ci\ii} bon einer ^anbl^abung d^riftlid^en ®(auben^; ba^ ber ^ap\t 
bag Soncilium au^juf^reiben l^abe, toirb erft in ber jtoeiten S^ffung 
beutlid^ gefagt *). 3)enn bei biefer brandete man bie 2IntiJ)atl^ien ber 
$toteftanten nid^t mel^r ju fd^onen. SBie ber 2lbfd^ieb toirftid^ ju 
Stanbe fam, l^errfd^te ber fatl^olifd^e ®ebanfe barin üor. 33er Äaifer 
berfj)rad^ bie Berufung einei? fold^en ßonciliumg binnen ber näd^ften 
fed^ö 3Ronate gu ©tanbe ju bringen ; ein ^af)x barauf f ottte e^ bann 
toirflid^ beifammen fein. 

Element VII l^atte, loie loir loifjen, nur Vorläufig unb unter 
3äorau3fe|ung einer interimiftifd^en Unterwerfung ber ^roteftanten 
beigeftimmt; f ottte er je^t bepnitiö eintoittigen unb fein SBort bagu 
geBcn? 

2ro$ ber lird^Iid^ annel^mbaren legten fjaffung tourbe il^m bag 
bod^ unenblid^ fd^ioer. 

3)enn loie man fid^ aud^ anftetten, tt>a^ man aud^ fagen mod^te, 
bie ^orberung ftanb attemal in innerm S^fammenl^ang mit ben con= 
ciliaren Si^een, bie bem römifd^en §ofe bon jel^er berl^a^t geloefen toaren. 
SBie oft toar ba üon einer Sleformation ber Äird^e an ^anpt unb 
®Hebem gerebet toorben. 3Ran lonnte nid^t^ anbere^, alg eine 6r^ 
neucrung be^ alten älnfjjrud^g, ba^ ba^ ßoncilium über ben ^ap\t 
fei, ettoarten. Slud^ ber S^toai)^ an Slutorität, ber bem Äaifer ba^ 
burd^ ju 2^]^eil tourbe, ertoetfte eiferfüd^tige^ SSebenfen. SSäie leidet 
fönnte er feinen ©influ^ gu feihem 3«t^^fl[^ mi^braud^en. Unb loenn 
er aud^ nur tl^ue, toa§ er t^un foffe; fo loerbe bem römifd^en i^ofe 

1) »Jeid^öaBfd^ieb.tJcn 1530, §. 5. §♦ 61. 

14* 



212 pnfted 9u(^. 92eunted dapittl 

nid^t« ®nU^ barau« entfjJtingen *). * S)er 5ß(4)ft feuf jte au« tiefjler 
©celc auf , afö er bie neue Sluf f orbetung toetnal^m. ®r l^at fid^ 
einmal barü6er jiemlid^ gröBIid^ au^gebrüdt. @oQe et bad S(ut 
ßl^rifti (er meinte bie beftel^enbe Äird^e) gegen bie 6infäHe einiger 
beutfd^en ^IrunlenBoIbe einfe^en? — 6r ' tooffe lieber baö SBeitc 
fud^en; bann möge man einen anbem ^ap\t ioäl^Ien, man toerbe - 
ii^rer jtoölf belommen ftatt eine« einzigen. Üeberl^au^t l^ielt er baö 
für ben Bitterften Äeld^, ben er öor feinem 2^obe ju trinlen l^abe. 
6r liegte SSeforgniffe für pd^ felbft; äl^nlid^e liefen bie 6arbinale 
Bemerfen. SCber bie Umftänbe toaren fo au^erorbentlid^ unb bie 
S(nmal^nungen bei^ Jtaifer« fo einleud^tenb unb }ugleid^ fid^erfteUenb, 
feine SSutorität fo überioältigenb, ba^ fie bem ium ^ro| großen Qk- 
brurf mad^ten. 3)er Äaifer lie^^bie 33ebenlen, bie feinem Verlangen 
entgegengefe^t toerben lonnten, nid^t unberüdEJtd^tigt, aber ^Ufjaup- 
UU, tjiel geföl^rlid^er fei e^, ba« ßoncilium ju üertoeigem, aß eö 
ju Berufen ; — gegen neue UeBel muffe man aui^ nm^ SBorfel^rungen 
treffen: toenn man e« berfäume, fo fei ein allgemeiner SlBfatt i>on 
2)eutfd^lanb, ber aud^ Balb Bei ben 9lad^Bam 92ad^al^mung finben 
loerbe, ju ertoarten. ®ro^ muffe fein, tva^ man Domel^me; bieSe- 
fal^r eine« Slürfenfrieg« folle man nid^t bagegen t)orfd^ü§en: er toiebcr- 
l^olte, eben für eine fold^e toerbe baiS berfammelte ßoncil bie bejlen 
älnorbnungen treffen lönnen ; er forberte eine Balbige Berufung, tafd^e 
®ntfd^eibung. Unb felBft fo lange, Bii« eine fold^e erfolgt fein toerbe, 
bürfe man bie -SJinge nid^t im Bi^l^erigen ©tanbe laffen. ©o brin= 
genb eg für il^n toäre, nad^ ®J)anien gurürfjuf eieren, fo tooHe er ioij 
in ben bieffeitigen Sanbfd^aften BleiBen, um bon bem 5ßaj)ft ju ber- 
nel^men, foa^ er gegen bie Sutl^eraner, gur S^^^&^^Q ^^'^ i'^^ ^^'' 
l^ülfe beö gegentoörtigen UeBelö, getl^an gu feigen toünfd^e, 

S)en allgemeinen SBerpd^erungen tourben aud^ fel^r Befonbere, 
auf fjlorenj Bejüglid^e l^injugefügt. 3)er 5ßa})ft tourbe üBerjeugt, 
ba^ er fid^ auf bie ^^eunbfd^aft unb .©rgeBenl^eit be« Äaifer« boD- 
lommen öerlaffen lönne. 3!)er alte SSeid^tbater be« ßaifer« tl^eilte i^nt 
ein an x^n felBp gelangte« ©d^reiBen beffelBen mit, ba« nod^ feuriger 
unb offener lauUU, al« ba« an ben ^apfi gerid^tete, unb lie| mifi^ 
unertoäl^nt , toa« baju bienen lonnte , feine Sef orgniffe gu jerftreuen. 

3n ber SBerfammlung ber ßongregation für bie ®lauBen«fa(^en 
tourben bann bie 2lctenftüdfe öorgelefen, bod^ berfd^oB man e$, ber 

1) ^u93ug au« ben Carlas be« faiferltd^en ^efanbten, ^n\axttoU, Bei 
Mi>a III, 29. 



9teicl^9tag )u Sugdburg. (Soncilium. 213 

äBid^ttgleit ber @ad^e toegen, barüber ab}uftimmen. @rft ein paax 
2^age fjjäter, am 2ö. 9lobem6er, follte hie^ im (Sonjtftorium ber 
ßarbinäle gefd^el^en. 

Q^ toax jal^Ireid^er al^ getoöl^nlid^ befud^t; Soa^fa l^atte nid^t 
berfäumt, mit ben leitenben SKännetn toorl^er ju fj)re(i^en. 

3>ennod^ erllärten ftd^ eine älnjal^l Sarbinäle runb unb fd^led^t- 
^eg gegen ben Eintrag: bie faiferlid^ geftnnten ßarbinäle unbebingt 
bafür. S)er S)elan beö ßottegiumiS, ßarbinal gamefe, l^otte öotge- 
fd^Iagen, ba^ man ba^ ßoncilium annel^men^ aber aud^ anbere dürften 
jur Xl^eilnal^me an bemfelben einlaben möge. @o tourbe iuldit ein- 
mütl^ig befd^loffen: 3[nr SSertrauen auf ben Äaifer, ber bon ®ott 
ber Äird^e in il^ren ©efal^ren il^r gum S(i^u|e gefanbt fei, muffe 
man feinen SBunfdJi erfüllen unb ha^ ßonciltum berufen. 2)er $a)jft 
fügte l^inju, er toürbe lieber ju (Srunbe gelten, alö feine (Sintüitti- 
gung baju geben, toenn er nid^t toü^te, ba^ ber Äaifer bem ßon- 
cilium beitool^nen, ba^ßJute beförbem, baö 3lad^tl^eilige berl^inbem 
toerbe^). 

©0 ift biefer SSefd^Iu^ gefaxt toorben, nad^ großem SBiberftre^ 
ben: gule^t nid^t ol^ne eine 93ebingung, bie aUeS jiDeifell^aft mad^en 
fonnte, aber er toar bod^ nun ju ©tanbe gefommen; er ift öon 
einer nid^t augjuft)red^enben SBid^tigleit für bie f})ätere ©efd^id^te ber 
Sird^e unb be« ©taate«, junäd^ft' für ben Äaifer. 

^er Sleid^gabfd^ieb, in toeld^em er auf biefei^ ßoncilium fo 
großen SBertl^ legte — er ift öom 19. Sloöember batirt — , befam 
baburd^ botten StüdEl^alt. 3^m felbft eröffnete fid^ ber (Sä^aupla^ 
einer großartigen lird^Iid^stoeltlid^en 2^l^ätigleit, bie feinen 3i^een 
mi^ptai). 2lüf ber einen ©eite blieb eö in feiner $anb, bie ge^ 
troffcnen Slnorbnungen gegen bie 5ßroteftanten in 2lnh)enbung ju 
Bringen, auf ber anbem gewann er eine getoiffe ©ujjeriorität über 
bie römifd^e ßurie, ober fijirte fie bielmel^r burd^ ein 3Serf})red^en, 
ju bem fie fid^ nur an^ SlüdEftd^t auf il^n berftanb. Sn biefer 
bo))^e{ten 93e}ie^ung betoegt fid^ fortan feine $oliti{ unb fein 2chm, 

6g toar feine botte 3Reinung, toenn er bem ^ap\t gefagt l^atte, 
er toolle aßeö tl^un, toa« gum 2)ienfte ©otte« unb ber ßl^re beiS 
aj)oftolifd^en ©tul^Iei^ gereid^e, unb toaiS er ber SBürbe beö Äaifer^ 
t^um« fd^ulbig fei*). „Sffiir fünbigen @ud& an'\ fdjireibt er ben 

1) ©erid^te Soaijfa*« toom 30. 9loöcm6cr, in ben Documentos, befonber«. 

2) 3njhuction an ?5ebro be k (Sucba unb carta dirigida al Papa Bei 
^cine 525. SBenn man einmal in 9?om ein faifcrUii^c« ©einreiben crbtii^tet 



214 %ünftt9 9u^. ^tvmtt» (So^itel. 

^arbinolen, „ia^ toxx }ur SoDenbung biefer ©ad^e toeber Aönisreid^e 
nod^ ^errfd^aften ^paxm, \a ba^ toir SeiB unb @eele babet ontoen' 
ben tooDen, bie ta>it bem ^imfl ©otted be$ XDmad^ttgen t>oQIommen 
getoibmet l^aten^)". 

l^at, um trgenb einen ^thtupaotd gu erretd^en, fo folgt baroud nid^t, ba§ ber 
^atfer mit feinem fo ernten unb feurigen Sn^fd^reiSen auf 9leben}to>e(fe ge^ 
aielt ^aBe. SgL unten 9n^ YI, Co^. 6. 

1) n voos plainiy selon YOtre prudence et bonte, adviser comment 
on se pent goavemer avec enx — (les Lutheriens) — — tant pour 
emp'escher qu'il n^adviemie plus detriment k la chose publique, que par* 
tiellement pour la satisfeu^tion des charges et offices, esquels par la 
divine clemence fumes constitu^s, vons advisans que n'epargnerons ni 
royaumes ni seigneuries pour la consommation de chose tant ne- 
cessaire etc. Bethune 8539. 



dmpntbtmtn ^t» fdimoHalbifi^eit ^intiie^. 

1530-1535. 



wie cö bei ben Seutfd^en fd^on in ben 3^*«^/ iDcId^e 3^acitu^ 
fdjilbcrt, t)on' äffen Strafen Beinal^e bie botnel^mfte getoefen toar, 
ben öffentlid^en aSerfammlungen unb Djjfem nid^t beitool^nen ju 
bürfen, fo tourbe e3 lüäl^renb beö SKittelalterö für ein unerträöKd^e^ 
Sliigefd^irf gel^alten, bie SRitgenoffenfd^aft ber Äird^e, ben ^rieben 
be§ Sleid^eö ju Verlieren. S)iefe beiben (^emeinfd^aften fd^ienen affe§ 
jenfeitige unb bieffeitige §eil ju umfaffen. 

SDie ebangelifd^en ©tänbe fallen fid^ je^t auf bem $ßunft, fo^ 
tool^l Don ber einen al^ bon bem anbem au^gefd^Ioffen ju toerben. 

SSon ber Äird^e, bie mit SUli^bräud^en überlaben fear, bie fxe 
ju refx)rmiren gebadet, l^atten fie jtd^, ba eig il^nen bamit nid^t ge= 
lang, burd^ eigenen ®ntfd^Iu^ loögefagt.- ©ie l^ielten in il^rem §erjen 
nur nod^ an ber Qbee ber i)erbefferten Äird^e feft. 2)ie beftel^enbc 
fiird^e bagegen tooffte bleiben, h)ie fie toar, unb toie^ jebe Stnnäl^erung 
ol^ne t)offIommene Unterwerfung bon fid^. 

©e^l^alb gefd^al^ nun aber je^t ben ßbangelifd^en , ba^ bie 
Äei^ggetDalt, duf toeld^e fie fid^ bei il^rem 3Sorl^aben anfangt ju 
ftü^cn gebadet, bie fid^ aber toieber an 9lom angefd^Ioffen , fie nun 
eSenfaffg mit ii^rem Unfrieben, unb baburd^ mit Ärieg unb SSerberben 
Bebrol^te. 

Setrad^ten toir bie ßbangelif^en affein, mit il^ren geringfügigen, 
burd^ innere ©ntjtoeiungen nod^ baju geläl^mten territorialen Gräften, 
ber bei toeitem großem 2tnjal^I ber ©tänbe, bem mäd^tigen Äaifer 
unb ber ^bereinigten lateinifd^en ßl^riftenl^eit gegenüber, fo mujjten fie, 
fobalb eö ju emftlid^em Äam})fe lam, ol^ne Slettung berloren fd^einen. 

Eben barin liegt bag öornel^mfte ©reigni^ be^ SReid^gtagö ju 
äuggburg, ba^ fie im Slngefid^t biefer ©efal^r fid^ bod^ entfd^Ioffen, 
ben einmal gewonnenen religiöfen ©tanbjjunft, beffen Sebeutung 
il^re ©eele erfüffte, nid^t toieber ju öerlaffen. 

9Bot)on gel^t überl^au^^t affe^ an^, iva^ &ä)M Seben l^at, al§ 
^on ber moralifd^en Energie, bie il^rer felbft getoi^, enttoeber bie 



218 ®t^9M ^n^. 

38e(t in freier Xl^ätigteit ju burd^bringen Uai)Ut, über ben feinb' 
feligen Gräften toenigften^ einen unüberlDinblid^en 3Biberflanb ent« 
gegenftettt? 

@o n>ie nun aBer einmal biefer Sntfd^Iu^ gefaxt Sorben, fo 
ioar aud^, toenn man um ftd^ l^er fal^, l^ei aSer tleberlegenl^eit ber 
®egner, bie Sad^e, bie man bertl^eihtgte , bod^ mit nid^ten berloren. 

93or aSem lag bie reformatorifd^e ^lenbeng nun einmal in ber 
Stotl^tpenbigleit ber 2)inge, unb l^atte aud^ au^eri^alb ber Bereite ein- 
genommenen ©eBiete unjäl^Iige Slnl^änger: bie Araft bei^ $rinci)>e^, 
bad bie $roteftirenben bertl^eibigten, mu^e il^nen ol^ne aU xffx ^u- 
ifpin ju ^ülfe fommen. 

@obann toar baiS gefammte germanifd^«romanifd^e 9(BenbIanb 
eben bon bem geh)altigften f^einbe angegriffen, ben eS jemaliS gel^abt. 
SRod^te man nun aud^ fagen, toai man tDoUte, fo gel^drten aud^ fte, 
obiool^I man fie t^erioarf^ }U ber gefäl^rbeten, angegriffenen Se^ 
fammtl^eit; eben in il^en ret)rafentirte fid^ ein neueiS SRoment ber 
6ultur, toeld^e ber barbarifd^ f^einb }U Vertilgen gefonnen toar; 
@uro))a fonnte unb tooQte il^r^ $ü(fe niij^t entbel^ren. 

@nblid^ aber: bie @inl^eit, in ber bie lat^olifd^e Sl^riftenl^eit 
nod^ einmal erfd^ien, ioar nur ba$ $robuct einest älugenblii^, glüdf- 
lid^er (Siege unb rafd^er, treffenber ^olitil. £ie^ {td^ tool^l ertoarten, 
ba^ biefer f^ebe ju emftlid^em 3uf^ntmentoirten fül^ren, ober auii, 
ba^ er nur lange bauem toürbe? 

3d^ glaube nid^t, ba^ irgenb 3^tnanbem ber bamali^ £e6enben 
biefe Sage ber Singe ju DoHem ääetou^tfein gelommen ift Sin @e: 
fül^l babon l^atte too^l am erften nod^ £ahbgraf ^i^ilit)^. SKe 
Uebrigen gingen, ol^ne toeiter Diel um {td^ )u feigen, mit il^retn Se^ 
toiffen 3u Statine. 

@otool^l für biefe afrer, aliS für bie allgemrine (SnttoidEelung 
lam nun ^unäd^ft aUeiS barauf an, ba^ {td^ ein Stexn ieä Sßiber^ 
ftanbe^ feftfe^te, um nid^t Don bem erften @tunfte übertoältigt ju 
toerben, um bie ®unft ber Umftänbe, bie je^t ben (Segnem }u ^tat'- 
im gelommen, für ein anber 3Ral aud^ bi^eit benu^en 3U fönnen. 



^tfles ^apitef. 



35ie Rxxäjc ffatte an unb für ftd^ feine ^olitifd^e 3Rai)t: fte 
Belatn fic nur bann, fomn ba3 Sleid^ il^r feinen STrm liel^. „S)er 
Sann", fagt ber ©ad^fenfj)iegel, „fd^abet nur ber ©eele: Äränfung 
an Sanbred^t unb Sel^nred^t erfolgt erft. au§ be« ÄiJnigö Sld^t". 

©0 feinbfelig aud^ bie ©timmung ber iKajorität auf bem Steid^ö* 
idi^ ben 5ßroteftanten toar, fo Um t§ bafelbft, tro^ ber SlBtoeid^ung 
bcrfelben bon ber Äird^e, bod^ nid^t ju biefer 3ld^t. S)ie SKajorität, 
bie ben Äaifer fd^on nid^t l^atte \ooUm Slid^ter fein laffen, trug 35e« 
beitfen, il^m bie SBaffen in bie ^äri>^ ju geben. 

©ie fa^te bie 2lbfid^t, toal^enb ein Iriegerifd^eig Untemel^men 
bod^ immer afö nal^e bet)orftel^enb erfd^ien, ben ©treit junäd^ft auf 
ein anbereiS fjelb gu Derfe^en: fie tooffte, toie man ftd^ au^brüdEte, 
„ttiii^t fed&ten, fonbem redeten". 35on jenen großen Sleid^ginftituten, 
h)el(^e gut @rl^altung ber nationalen (Sinl^eit mit fo k)ie(er 3Jlül^e 
gegrünbet toorben, bag einjige, ba^ fid^ in 2Cnfel^en erl^alten, baö 
Steid^dlammergerid^t, toeld^eiS ben laiferlid^en @erid^tiS}toang au^^übte 
irnb bod^ toorjugötoeife ftänbifd^er Slatur toar, bad^e jte gu biefem 
3loedEe }U benu^en. 

!Rod^ in 9(ugiSBurg ioarb ba^ ^ammergerid^t t)or aKen S)ingen 
ertoeitert, ju feinen (Sefd^äften beffer auggerüftet. Wlan bermel^rte 
bie anjal^I ber Seifiger bon 18 auf 24; toie ftd^'berftel^t, mit Sei- 
Bel^altung be« SBBal^Ired^t« ber Äreif e ; nod^ au^erbem aber l^ielt man 
für notl^toenbig , um bie alten §änbel ju eriebigen, ad^t erfal^rene 
2)octoreg anjuftetten. ferner Befd^Io^ man, ia^ ©erid^t einer n^m 
Sijttation ju unterwerfen. SBir erinnern un^, in toeld^em ©inne cg 



220 @cd^0te0 ^nä}. (Srße« (JEa^iteL 

fd^on bamal^, alß iai alte Slegiment fiel, gereinigt tootben tDor^). 
2)ie nemlid^e Xenben) l^etrfd^te aud^ jei^t t>or. Unter ben procura- 
toren unb SbDocaten toaren fteben, bie toegen »il^rer religiofen ^ol^ 
tung emftlid^ ^^toaxnt tüurben; ein ad^ter mu^te ftd^ eine B^tlang 
entfernen*). Unb biefei^ berftärfte, bon aHer Hinneigung ju bcn 
neuen 3Reinungen gereinigte ®erid^t toarb nun auf ba^ emftlid^fte 
angetoiefen, ben 9(ugdBurger ^leid^Sabfd^ieb 6efonberiS in bem Srtifel 
üBer ben ®[auBen ju beobad^ten: toer benfelben übertrete, ben foEe 
ber Äammerrid^ter nid^t allein bie Sefugni^, fonbem aud^ bie ^Pflid^t 
l^aben abjufe^en, bei SSermeibung laiferlid^er Ungnabe^). 

Xa^ ^ammergerid^t toarb l^ieburd^ fo red^t junt Slu^brud ber 
in ber SKajoritat ber ©tänbe l^errfd^enben ®efinnung gemad^t. 

©el^r tool^I Bemerlten bieiS bie ^roteftanten. 3« ^ntm il^nen 
am @d^[uffe be^ Sleid^^tagiS über ben ^eben mitgetl^eilten Snttourf 
l^ie| c5, eö foHe Sliemanb ben STnbem ol^ne Siedet überjiel^en- Sie 
fd^loffen karauiS, ba^ e« auf einen ©})ru(^ be§ Äammergerid^tg, ber 
nid^t jtoeifell^aft fein fonnte, allerbingg gefd^el^en bürfe. 

3ugleid^ h)ar nun aber aud^ toegcn ber Sleid^i^regierung eine 
neue 3Ka^regeI genommen toorben. 

2)ag ^au^ Deftreid^ l^atte in ben legten ^^l^ren mel^r (di tm- 
mal bie Seforgni^ liegen muffen, ba^ man bei ber SRid^tigleit beö 
SReid^iöregimenteg unb ber Entfernung be« ÄaiferiS enttoeber gur SBal^l 
einei^ neuen $auJ)teS fd^reiten ober bie SRed^te ber Sleid^gbicarien, öon 
benen ber eine ber ß^urfürft bon ©ad^fen toar, l^erborjiel^en imb 
anerfennen toerbe. 

Um ^Plänen biefer Slrt auf immer ein ßnbe gu madjen, fe|te 

ber Äaifer atte« bei ©eite, toa^ fid^ toegen ber bereinftigen 3?a(^' 

•folge bagegen fagen laffen mod^te, unb fa^te, toie loir fd^on berül^t' 

ten, ben Sntfd^Iu^, feinen Sruber ium römifd^en fiönig erl^eben ju 

laffen. 

3)a man ^a^imilian I bei einem äl^nlid^en SSorl^oben einge- 
toenbet l^atte, ba^ er f eiber ja eigentlid^ nur römifd^er Äönig, nit^t 
gefrönter Äaifer fei, fo toar ba« ein ®runb mel^r, toeSl^alb fid^ 6arl 
in 93oIogna {rönen lie^. 

1) «b. n. 

2) $ar^))red^t, ©taatdar^it) ht9 ^amtnergerici^td V, 82. 

3) 9lct(^«abfd^ieb t>om 19. iRoöember 1530. §. 76. §. 82. §. 91. 3«(c 
^amtnergerid^td^erfonen fotten f\df „bed ^fd^tebd biefe^ ie^o däfiit gehaltenen 
9{etd^9tage«, fonbettid^ in htm ^rticnl bed staubend unb 3?e!igton, gemSS 



SorBerettung 3ur ^dni^Sloal^f* 221 

9(ud^ maäftm l^ierauf bie fünf latl^olifd^ (Sl^urfttrften ivenig 
Sd^toierigfeit: Doraui^gefe^t, ba^ il^re SSeiftintmung mit ©nabener- 
toeifungm ertoiebert toutbe. SDer $falj toutbe eine (Sntfd^fibigung 
für il^re SBetlufte im Sanböl^uter Äriege unb überbie« bie ©umme 
Don 160,000 ®. betfJJtod^en. 3)em ßl^urfürften üon SranbenBurg 
toarb ein cnblid^et SSettrag über 3off^ ««^ ki^ böl^ifd^en Selben, 
fotoie eine SSetbefferung an QüSixäjan unb Stoffen jugefagt: mit 
greuben melbete er nad^'§atife, toüä) einen gnäbigen fiaifer unb 
Sönig er l^abe*). ^ür ben ßl^urfürften Don 3Kainj finben ftd^ eine 
^anje Slnjal^I au^erorbentlid^er, \a beinal^e toiberf})red^enber SSergün- 
ftigungen: j. 35. il^m öon bem römifd^en ©tul^Ie bie fjacultäten eines 
Legatus a Latere für feine 2)iöcefen ju toerfd^affen unb jugleid^ ein= 
jutoiHigen, ba^ er biefe feine 3)iöcefen an ßoabjutoren überladen 
unb fxä) einen ßomjjlej bon (äüUm gu fortloäl^renbem ®enu^ Dor- 
bcl^alten lönne*). 2lrier toar feit einigen S^i^ren burd^ ein 3)ienft^ 
gelb getoonnen. 3lm längften jögerte 6öln, bem bie t)or eilf Salären 
bei ber SEBal^I ßarlS V gefd^el^enen SSerfJjred^ungen nod^ nid^t erfüllt 
toaren, mit feiner ©inioittigung ; aber enblid^, auf l^inreid^enbe S5ürg« 
(d^aft, ftimmte eS bei. Q^ fel^Ite nur nod^ ©ad^fen. 

©ottte eS nid^t am geratl^enften fd^einen — benn auf leinen 
%aU lie^ fid^ ©ad^fen ol^ne ßonceffionen gewinnen, bie man il^m 
nic^t getoäl^ren toodte — , ben 2lbfall beS (Sl^urfürften toon ber römi« 
fd^en Äird^e ju benu^en, um il^n gerabeju auSjufd^Iie^en? SBirllid^ 
übetfenbete ber $a))ft ein SJrebe, nad^ toeld^em ßl^urfürft Sol&ann 
auf ben (Srunb ber S3utte Seo'ö X, loeld^e bie SSert^eibiger Sutl^erg 
ber Strafe ber Äe^er untertoarf , feinet SBal^lred^tS beraubt loerben 
fonnte^). Slud^ ift barüber förmlid^ beratl^fd^Iagt toorben. ^affxn 
aber toar e« mit ben Gl^urfürften bod^ nid^t gelommen, ba^ fie fid^ 
ein fo formlofe« Serfal^ren, baö bei einem jeben toon il^nen ein anber 
2RaI toieberl^olt n)erben lonnte, l^ätten gefallen laffen. ©o Diel h>ir 
finben, feftte ftd^ Dor attem $ßfalj bagegen*), unb Soi^ann Don ©ad^fen 

1) ©d^reiben öom 18. Stagufl 1530. SCrd^iö gu »erlin. 

2) 2)ic lefete in bem ©nabcnbrief t)om 6. @c|)t. bei «uti^olfe III, 662. 
3)ic erjle im Krd^iD Don Jörüffel, 7. @t^t.: Contendemus obtinere a D. N. 
Clemente YÜ. facultates ad instar legati a latere pro electore antedicto 
in Omnibus suis dioecesibus, nempe Moguntina, Magdeburgensi et Halber- 
stadensi. 

3) 2(u«3ug bei «utj^olfe IX, 17. 

4) Staubcnl^eim an (£^urf. Sol^ann bei gbrflemann U, 821. „Sic 3d^« 
öermerfe, fgo fottc ^fotj bie torncmcpc urfod^ fein, bomit S. (£f), ®. ni^t 
flusgefd^toffen toerben". 



222 ®td^M ®u4. (ixftt9 dapittl 

toutbe toitttid^ eingelaben. 3(ud^ für biefen %aVi l^otte bet Beug« 
fatne $at)ft ein Srek^e gegeben, toorin er erttärte, ba| bie Xl^eils 
nal^e beffelben, tDenn er gleid^ Iraft ber SuQe £eo'^ aU tj^cow 
municirt betrad^tet toerben lönnte, ber @ü(tigleit ber Sßal^l nid^t 
nac^tl^eilig fein foUe. 

3)iefe 9(nmal^nung nun, tinb bie Sebrol^ung, toeld^e in ber neuen 
SEBeif ung bed jtannnergerid^tig lagen, toaren eiS jun&d^ft, tva^ bem 
fd^mallalbifd^en Sunbe feinen Urf^rung gab. 

SBir toiffen, toie toenig ed bie et^angelifd^en f^ürften bi^ ba^in 
3U nadll^altigen SSerbinbungen gebrad^t l^otten: aud^ jie^t fd^toanften 
fie, fo lange ber Aaifer nod^ in 9(ugdburg Dertt^eilte unb eiS nid^t 
ganj au^er S^^U"^ ^(^^f ioeld^e 3Ra^regeIn er im SSerein mit ber 
SRajorität ergreifen n>ürbe. ®ine fd^on au^Sgefd^riebene d^fAnttnetu 
fünft ') tonrbe toieber aufgegeben , ate ber Äaifer fid^ einmal frieb^ 
(id^ geäußert l^atte. 9(fö nun aber ber älbfd^ieb erfd^ien, ber fo 
entfd^ieben feinbfelig lautete, atö ju gleid^er 3^^ <^^^ V^^ Sitatton 
an im fäd^jtfd^en ^of einlief, lonnte man ntd^t länger jögem, ju- 
fanimengutreten. . 

^n einem 6d|reiben an ©eorg Don 93ranbenburg giebt ^m' 
fürft Soi^ann folgenbe ®rünbe an. ®inmal: auf eine 9(nfrage toegen 
ber bem gi^cal be^ Äammergerid^tS gegebenen SBSeifungen l^abc ber 
Äaifer geantwortet, ei8 fotte bemfelben unterboten fein, toiber bie^ 
jenigen ju ^rocebiren, bie fid^ feinem Sleid^^abfd^ieb nid^t unterwerfen 
Würben: man muffe bai^er auf eine einl^eUige S^ce^tion gegen ein 
foId^eiS SJerfal^ren 35eba^t nel^men. ©obann aber: bie ©inlabung 
jur äBal^I mad^e nötl^ig, ba^ man ftd| unDergüglid^ barüber h^px^ijt 
unb gu gemeinfd^aftlid^en ©egenfd^ritten bereinige*). 

3d^ Wei^ nid^t, ob id| irre. Wenn id^ annel^e, ba^ in biefer 
SBenbung ber SDinge fd^on an unb für jtd^ ein SBortl^eil für bie 
$roteftanten lag. 

6ben barauf lam atteö an, ba^ jte burd^ bie fird^Iid^en Ser- 
önberungen nid^t aud^ öon bem ^riebep bei Sleid^ig au^gefd^Ioffen 
Würben. 

SBären bie alten Sbeen l^errfd^enb geWefen, fo würbe man einen 
Äreujjug gegen fie begonnen l^aben. 

1) 2>k mar auf SO^ontag itad^ (Satl^artnä (28. ^o\). 1530) an(eranmt. 

2) 3m (Srunbc gefd^tcl^t eö in bem 3«ttel, ber htm 6(i^rctbcn „Zex^m, 
@t. anbrcä abenb, 29. Sflot).", beiüegt. 2)er C^urfürfl labet ben SKarfgrafen 
ein „ir (e. ®n.) fclbfl unb ber ©at^cn gn gut". (2B, SC.) 



©runMegung be9 fd^malfalbtfd^en 8unbed. 223 

3lnbem a6er bie SRajlPrität fic^ enifd^lo^, fie mit bem ftönbifd^en 
Serid^t anzugreifen, auf bem Soben ber cdtm Sleid^dgefe^e , inbem 
ber Mfer fte gut SBal^I feinet SrubetiS l^erbetjugiel^en fud^te, iDUTbe 
bie Sled^tmä^igleit i|rer XJ^eilnoi^me an ben ätei^^gefd^&ften il^rer 
fird^Iid^en Slbtoeid^ung )um Xro$ nod^ anerfonnt. 

2)er gange Streit toorb auiS einem fird^Iid^en, aUgemeinen, ein 
))oIitif(i^er, reid^^red^tlid^er; unb }unäd^ft auf biefem äSoben f^attm 
nun bie 5ßroteftanten fid^ gu bereinigen unb i^en SBiberftanb gu 
organiftren. 

3(m 22. S)ecem6er 1530 tamm ^ol^ann bon Sad^fen, @rnft 
^on Lüneburg, $l^ili|))) bon Reffen, SBoIfgang' bon 9(nl^alt, bie 
©rafen ©ebl^arb unb SKbred^t bon 9Kan^felb, t)on benen ber le^tere 
juglcid^ bie ©timme bon ©rubenl^agen fül^rte, foloie Slbgeorbnete 
Scorgg bon Sranbenburg unb mel^rerer ©tobte in ©d^malfolben 
jufammen. S)er ©d^ee mod^te fd^on.bie Slnl^öl^en Beberfen, ioeld^e 
bie ©tabt umgeben. (S^ toor fein Vergnügen, bo^ SBeil^nad^t^feft 
in biefem raul^en Serglanb, biefem Ileinen ©renjort jujubringen. 

3Sor allem befd^loffen fie nun l^ier, foBalb ßiner bon il^nen in 
Sad^en be^ ©laubeniS, bon toem eiS aud^ fein möge, namentlid^ bon 
bem faiferlid^en ^igcal, red^tlid^ belangt toerbe, bem Slngegriffenen 
fammtlid^ gemeinfd^aftlid^en Seiftanb ju leiften *). ©ie festen einige 
@jce})tionen feft, bie fie gleid^mäfeig borloenben loottten: ein ober 
jtoei 5Procuratoren am Äammergerid^t "fottten mit ber ©ad^e beauf^ 
tragt toerben. 

3!)ieg ift ber ^em be^^ äSunbe^S; er jeigt am beutßd^ften, ioie 
^ ber Sleligiongftreit in einen Sled^ti^ftreit berloanbelte. ^ieju'ber^^ 
einigten fid^ atte, loeld^e bie augöburgifd^e ßonfeffion unter jeid^net 
ober fid^ feitbem l^injugefettt l^atten. 

3lud^ barin lamen fie überein, ba]5 man ben Äaifer um 3Ril« 
berung be^ Slbfd^iebig erfud^en, bielleid^t bagegen ^jroteftiren muffe. 

3Bäre nur unbergüglid^ arnS SBerf gegangen toorben, fo toürbe 
toal^rfd^einlid^ aud^ in ben muen Äird^en eine gleid^förmige äußere 
ßinrid^tung ju ©tanbe gefommen fein. 3)ie SKeiften toaren bafür, 

1) „9Bo ber faif, giöcal, ber ©unb gu ©d^toaben ober 3emanb anbcr« 
X m unb gürfind^en Knaben ober bie gemelbten ©tabte, eine ober me^re, 
ober jemanb Don ben 3ren in ©ad^en unfern ^cil. ©lauben ober »a^ bem* 
felben anl^anget (Belangenb), auf ben ausgegangenen ^fd^ieb fürnel^men ober 
im @d^cin be« 9led^tcn8 ober anbcre ©cgc befragen toürbc, — b«« 3rc aller 
®n. unb ©unjlen cinanber in fold^e beificnbig, rat^Ud^ unb ^ülflid^ fe^n foHen". 



1 



224 ^tdf9M Sdndf. (Srfie« dapittl 

ba^ eine aSgemeine Jttrd^enorbnung eingefül^tt tDürbe, l^aut)tfdc^lid^ 
um eine ürd^Iid^e 3üci^tigung. ber öffentlid^en Saftet möglich )u 
mad^en. 

^age^en lonnte man ftd^ über ben jtoeiten ^ati^tgegenftanb ber 
93eratl^ung, bie 3ßaf)l ick ^önigi^, ni^t fo gan) einberftel^en. 

@ad^fen trug bor, ba^ man bem Aaifer nid^t fo toeit Stmim 
laffen bürfe, um eine @ad^e biefer Srt einfeitig burd^jufe^en: fonft 
h)ürbe ed balb um bie Sleid^iSfreil^eiten getl^an fein; Slnberi^ berl^a(te 
eS fid^ mit einer 3Bal^I nad^ förmlid^er SBacanj, anberd, ioenn einem 
nod^ lebenben Äaifer ein römifd^er Äönig jur ©eite gefegt toerben 
foUe. ^n bem legten %aU^ muffe bem äEu^fd^reiben einei^ äBal^ltag^ 
Seratl^ung fämmtlid^er ßl^urfürften, einftimmiger 33efd^(u^ berfelben 
t)orl^ergel^n. 3)aran fei aber y^t nid^t gebadet toorben. ®e(bft bie 
ßitation, bie an ben Sl^urfürften gelangt, beftimme il^m t)iel )u lurje 
3eit, unb fei fo nid^tig toie ha^ gange SSerfal^ren. 9(m toenigften 
enblid^ bürfe man ^erbinanb jtd^ aufbringen laffen, ber pd^ ate ein 
^einb be$ Sl^angeliumi^ geige: fd^on al^ @tattl^alter l^abe er oBen- 
teuerlid^e Slänie angef^onnen : al^ ßönig toerbe er ba^ @^ie( felBft 
in bie $anb nel^men: fjerbinanb fo ol^ne Sebingung loäl^Ien, toürbe 
l^ei^en, feinen eigenen geinben baö 3Keffer reid^en. 3Wan muffe für 
6inen SKann ftel^n unb fid^ gemeinfd^aftlid^ ber Dbebienj ertoel^ren. 
(BpäUx ioerbe eö an Unterl^anblung bod^ nid^t fel^len. 2)a fjak 
man bann gute ©elegenl^eit, ben Jlönig gu bert)f[id^ten, ba^ er bem 
giöcal ©tillftanb gebiete, ober ben Slbfd^ieb gonjlid^ aufl^ebe *). 3Ran 
lönne il^m, fo ift ber 2lu«brudf, „ein ®ebi^ ing Wtaul legen." 

Slnfid^ten,' ioeld^e pd^ fel^r gut l^ören liefen, befonberiS ben 3Jlei= 
nungen Sanbgraf !ßl^ili^))^ entf))rad^en, aud^ ben SeifaS bei toeitem 
ber meiften ©tänbe für fid^ l^atten. 

3iur ÜBarlgraf (Seorg unb feine 5Rad^bam gu SRümberg tooHten 
fo toeit nid^t gelten. S)er eine ftanb in gu mannid^faltigen unb eigen- 
tl^ümlid^en 38erl^ältniffen gu gerbinanb, ah ba^ er l^ätte loagen fotten, 
il^n |)erfönlid^ gu beleibigen. 3)ie anbem liebten cö, ftd^ gang befonber^ 
al^ Untertl^anen beS Äaifer^ angufel^en. 2Iuf bie erfte faiferlid^e auf- 
forberung l^atten fie bereitig ben Ärönung^ornat, ber bei il^nen Der- 
toal^rt lourbe, berabfolgt, unb il^re ©efanbten gu iem Stete fetter on 
ben faiferlid^en §of gefanbt. 

Unb bamit ftanb nun noä) eine anbre Srage in enger Ser* 
binbung. 

1) ^rtifel, fo auf lünfttgen Za^ gu ©d^malfalben feinb gu ^anbeln. 
(Beim. 5rrd^it>.) 



©runbUgung bed f(^ma(!a(btfd^en Sunbe«. 225 

3Bmn gleid^ bie nad^ften äCngtiffe, bie man ju beforgm l^atte, 
mcl^r juribifd^er SBatur hjaren, fo lie^ jtd^ bod^ ntd^t öerlennen, ba^ . 
bet Mfer im fRoÜ^^dH ®eh)a(t )U 6raud^en gebenle. 9Ran hemettte, 
ba| er im Sleid^öabf d^icbe jtoor Sfnbem- gfrieben geboten , aber nid^t 
f eiber iugefagt l^atte^). SGBirflid^ finb im Anfange bcig Qal^reö 1531 
jtoifd^en gerbinanb unb bem J)at)ftlid^en $ofe Serl^anblungen über 
bie Slotl^toenbigf eit - einer ÄriegiSfül^rung gej^flogen toorben*); 3Kan 
toottte §einrid^ bon SSraunfd^toeig l^aben fagen l^ören, er unb ®tf 
öon Jleifd^od^ toürben bie ^eerftii^rung übemel^men. 

3Sor aUm 3)ingett mu^tc nun bie Sf'^age ertoogen Serben, ob 
ti alaubt fei, bem Äaifer SBiberftanb ju leiften. 

SDie 5IWeinung ber 2il^eoIogen, toeld^e il^re S5egriffe öom Äaifer= 
Üfnm au^ bem neuen 2^eftoment nal^men, toar, h>ie toir ioiffen, 
bagegen. 

Slttein in einer 3rit fo großer Umtoanblung , bei biefer offges 
meinen 6mancij)ation ber ioeltlid^en Elemente öon ber ^ierard^ie, 
mußten nun aud^ bie ftaatöred^tlid^en Segriffe fid^ bon ber tl^eolo- 
gifd^en Sluffaffung loörei^en. 

3)ie *3[uriften filierten einige ©rünbe Jjriöatred^tlid^er 5Ratur auf, 
Betreffenb ben SSJiberftanb, ber einem auf gefe^mä^ige St^^jettation 
nid^t SHüdffid^t nel^menben Slid^ter geleiftet toerben lönne; l^auj)tfäd^lid^ 
aber jogen fie in ^Jrage, ob bem Äaifertl^um toirllid^ jene ®eh>alt 
öott SRed^tötoegen julomme, loeld^e bie S^l^eologen boraulfe|ten'). 

§atten bie 2Jl^eoIogen ben dürften geratl^en, ben Äaifer in il^ren 
Sdnbem nad^ Selieben fd^alten, fie, bie ^rebiger, felbft borforbem 
JU lajfen, fo Joanbte man il^nen ein, ba^ ein äl^nKd^eiS SBerfal^ren in 
leiner anbern ©ad^e §erfommenö fein ioürbe, ba^ ber Äaifer eine 
foId;e ©etoalt gar nid^t befi^e. 

%\lmäi)lx6) brad^en fid^ überl^au))t neue 3^^^ über bie yiatux 
ber beutfd^en 3Serfaffung S3al^n. 3Jlan bemerlte, toenn bie fjürften 



1) ©einreiben ber fad^ftfd^cn ©efanbten bei görflemann II, 710. 2)ie 
9{ürn6erger melbeten fd^on am 21. October, a1Ie9 fet^ „ba^in geritzt, toit man 
bie tl^attid^c ^anbfung toiber bie ^Inl^engcr bc« (gtjangeliumö pm ta^ferflen 
onfange." 

2) S(. be 55uröo an gcrbinanb 2. SWärj 1531: Dilti quod esset pro- 
Tidendum de viribus et remediis in re Lutherana, quod solum concilium 
non futurum esset sufficiens, sed paratae vires facerent bonum con- 
cilium, et quod paratis viribus possint illi (illae?) converti, ubi etc. 

3) (Stüfiftx fürtrcffUd^cr ?Rc(^WgeIe^rtcn in Sötttenberg Ocntena. ©ort* 
leber mäf U, CEo^. VI. 

)}. »onte'd SBerte III. 15 



226 @ed^«tc« «udfi. (grfle« dapittU ' 

I 
bem Äaifer gel^ulbigt, fo ^abe aud^ biefer baöegen iJ^nen einen Sib 

geleifket, ben er Italien mtiffc: bic fjürften feien bie ®rbl^erren, ber 

Äaifer flett^äl&It. ®ine Seigre, bie nod^ lönge brandete, um ftd^ burdj^ 

juatbeiten, bie erft bei bem toeft})l^älifd^en ^rieben in ftaatöred^tlid^e 

(Seltung tarn, toarb gleidj bamaK aufgeftettt; bie Seigre, bo^ bieScr- 

faffung be^ beutfd^en Sleid^eiS nid^t monard^ifd^er, fonbem ariftolras 

tifc^er yiatVLX fei. SDa§ 3Setl^&Itni^ ber dürften fei nid^t biel anbcr^ 

aK baiS ber altrömifd^en Senatoren ju ben ßonfuln, ober ber benc- 

jianifd^en ju il^rem ^ogen, ober eineö Q^apiUU ju feinem Sifd^of. 

Sliemate aber feien bie Soml^erren ober jene Senatoren ju eigent^ 

lid^em ©el^orfam berjjflid^tet geloefen. „S)ie ©tänbe regieren mit bem 

Äaifer, unb ber Äaifer ift fein SKonard^"^). 

liefen SSel^aujJtungen )!OVi^im nun bie Xl&eologen nid^tö me^r 
entgegenjufe^en. Ql^ren ©a| an§ ber ©d^rift Jfonnten fie je^t feft« 
l^alten, unb brandeten barum bod^ ben äSiberftanb gegen ben Äaifer 
nid^t ju berbammen. ,,SBir l^aben nid^t getou^t", fagten fie, „ba^ 
©old^^ ber Dbrigfeit SRed^te felbft geben "2). 

S)en Srnft il^rer Sebenflid^feiten betoieiS e§, ba^ biefe fu lange 
fePgel^alten tourben unb aud^ fj)äter bon 3^it ju S^xt toielfer ennjoip 
ftiegen. 

auf Sutl^er mad|te e^ nod^ befonbem ©inbrutf, ba^, toie er 
fd^on immer bemerlt l^atte, ber Äaifer gar nid^t felbftänbig berful^r, 
fonbem nad^ bem Statine be§ 5Paj)fte§ unb ber beutfd^en tJörften. 
3Kan urtl^eilte, er fei fein 3Jlel^rer beiS 9leid|^, fonbem ein §aiH)t' 
mann unb ©efd^toomer be^ ^ap\U^. Unb fottte man ben alten 
^einben, ben böfen 5ßad^Bam, bie ftd^ nun ber Stutoritat be^ faifer« 
lid^m 3lamen§ bebienen h)ottteh, bamit 5Dlutl^ mad^en, ba^ man be« 
SBiberftanb für umtlauit erfförte? „Sie l^offen", fagt Sutl^er, „ba| 
man fid^ nid^t loel^ren toerbe: iootten fie aber SRitter it)erbm an ber 
Unfern SIut,,fo foKen fie e^ mit ©efal^r unb ©orgen toerben'"). 

Unb auf biefen ®runb nun trug ©ad^fen bei ben berfammelten 
©täuben auf ein S3ünbni]5 jur ©egentoel^r felbft toiber ben Äaifer 

1) Suriftifd^cr kat^H bei ^ortlebcr 2:^, II, 53ud^ II, (£a^ Vm, 
am ^^luß. 

2) ^ebcnfen ber Xf)toioQtn ibid. cap. 9. 

3) «gr. Tarnung an feine licBcn 2)eutfd^en, SCttenb. V, p. 538: „STKc« 
ifl ein Octricb bc« bbcrflcn (Sd^ald« in ber SBelt, bc0 ^ap\tt9.'* @r riet^ 
nid^t, bic SBaffcn gu ergreifen, fonbern, toie er an Sßcnccel. 2int fd^rcifct: 
„Ego pro mea parte dixi: ego consulo ut theologus; sed si juristae 
possent docere legibus suis, id licere, ego permitterem eos suis legibus 
uti, ipsi viderint." 



©runWegung be« fti^malfalbif(i^en ^«nbc«. 227 

an, aWan l^äBe xf)n Bei frül^cren SBereiniflungen immer auggenommen, 
bod^ fönne ia§ nid^tö l^clfen, ha bie 5ßarlei ber ©egnet fid^ beö lai- 
ferlid^en äiameng Bebiene*)/ 

Audi biefe änftd^t tl^eilten SiümBerg unb 5Warfgraf ^eorg feine^gs 
toeg^. Sie ©utad^ten il^rer Sl^eologen unb Sutiften toaxm bei toeitem 
nid^t fo unjtoeifell^aft auiggefatten. Slümberg erllärte, auf toibertoär* 
tige 3latl|fd^Iäge toie biefe lönne e^ einen fo toid^tigen Sefd^Iu^ nid^t 
grünben. SDSir* tüiflen, bafe eine äJ^nlid^e. S)ifferenj fd^on bor bem 
3al|r bie Beiberfeitigen ®elel|rten getrennt. I^atte*). 

2)ie UeBrigen aBer, fd^on immer gelool^nt, ftd| an ©ad^fen ju 
Italien, ober fogar erfreut, ba^ eS frül^ere SBiberf^jrüd^e je^t felBer 
ÄufgegeBen, erllärten {xd) bottlommen einberftanben, 

©g toarb fogleid^ ber ©ntlourf eineg SBerftänbniffe^ gemad^t, 
toorin man fid& jioar fel^r lautete, ben Äaifer ju nmmn, bie SlBfid^^ 
ten, loeld^e gefürd^tet tourben, nur unbeftimmt anbeutete, „e^ laffe 
ftd^ an, aU ioerbe barauf gebadet, bie ^nl^änger be^ reinen äSorteS 
©otteg ju unterbrütfen", attein ii^n in §infid|t ber ©egentoel^r bod| 
au(^ ni^t ntel^r au^nal^m. Sie SSerBünbeten öerjjflid^teten fid|, bem= 
jenigcn bon il^nen, ber um biefe^ göttlid^en SBorteg loitten angegriffen 
tocrbe, ju §ülfe ju eilen, ^a fte toollen ba^ aud| bann ti^un, toenn 
ber angriff unter einem anbem 33orh>anb gefd^iel^t, fxe aber ermeffen, 
ba^ ber eigentlid^e ®runb eben biefe^ göttlid^e Söort ift. $ie^ eS 
bann toeiter, ber S3unb folle nid^t toiber ben Äaifer nod^ fonft 
Semanb gerid^tet fein, fo iooHte baö nid^tiS anbereg fagen, alö ba^ 
man Sliemanb angreifen, fonbem fid| nur bertl^eibigen ioerbe. 

SiefeiB SSünbni^ nun nal^men ©ad^fen, Reffen, SüneBurg, Sffiol^ 
gang bbn 3(nl|alt, bie Beiben ©rafen bon 3Kan«feIb, bie ©täbte 
3RagbeBurg unb SSremen unbergüglid^ an. Sie übrigen Serfammelten 
berf})rad^en, fid| Binnen einiger ä^t barüBer ju erllären. ©o fd^ieb 
man am 31. SecemBer 1530 bon einanber^). 

1) „bicfctbig Sibcr:)3artct bie ©ad^en in bie faifcrlid^ SWajicftät, al6 oB 
h bifelbig gar nid^t gu t^un l^ättc, fd^ieben toil." 

2) SWÜttcrö Annales Norici. (Sine ©treitftage hjar, inwiefern bie faifer* 
rtd^c 3lutorität ftd^ auf 9leligionöfad^en erftrccfc. . S^iamentltd^ ber Sanbgraf bon 
Reffen" toottte ba« leugnen. 2)a8 Branbcnburgifd^e ©utad^ten aber bepelzt 
barauf. 3n jenem 2(ntrag fagt nun @ad^fcn: „too fid^ glcic^tooIÄ. 9Wt. 5Cmt 
in bc« ©kubeng @ad^en crfhedCen foKt, njöre baö bod^ burd^ bie %pptUatxon, 
fo an 3. SWaj. unb ein (Spncitium fämtlid^ nad^ red^tUd^er Orbnung erfd^ienen 
ip, fug^enbirt.^' 

3) Slbfd^icb auf gel^altcncn 2:ag ju ©d^malfalben. 1530 letjten S)ec. 
(Seim, m-d^.) 

15* 



228 &tdf9M 9udf. dtftt^ daipM. 

9leun '^age bon bet größten Sebeutung für bte 3&elt. 9)ie 
geängftigte, berad^tete 9Rinorität, bie ahex einer veligiöfen 3bee, auf 
toeld^er bie 9ottentit>i(!e(ung beiS tnenfd^lid^en ©eifleiS 6erul^te, bei jtd^ 
SRaum gegeben, nol^m eine fraftboEe unb fogar friegetifd^e Hal- 
tung an. Sie h>ar entfd^Ioffen, toie pe bie Seigre belannt unb fid^ 
t>on berfelben nid^t l^atte treiben laf[en, fo nun au^ ben gefatnmten 
3uftanb, in ben fte baburd| gelonmten, bor aUem red^tlid^ gu ber- 
tl^eibigen, foHte ed aber notl^h>enbig toerben, auä) mit ben SBaffm 
in ber $anb. 3« ^«wi (Srften toären alle berbtinbet, ju bem 3h>riten 
— benn nid^t bei alten toaren bie SebenHid^Ieiten über il^re red^t^ 
lid^e Sefugni^ bagu gel^oben — toenigfteng bie aReiften: eben um 
ben Urfjjrung ber Steuerung l^er bilbete fid^ eine cortipacte, jur ^anb^ 
j^abung berfelben entfd^lof[ene äSereinigung , toeld^e gu überto&ltigen 
ben-®egnem toal^rl^aft fd^toer toerben foHte. 

©d^on jeigte fic^ in ber S33al^lfad^e, toag biefer ffliberflanb ju 
bebeuten l^abe. 

3lo^ loäl^renb ber SSeratl^ungen in ©d^malfalben toar ber 6r6e 
ber Qi^nx, ^oi^ann ^ebrid^ bon @ad^fen, nad^ 6öln gereift, um 
bafelbft im 3lamm feinet SSaterd }u ioiberf^red^en. 

©ein aBiberfj)rud^ l^inberte, toie man benfen lann, bie einmal 
befd^Ioffene ©ad^e mit nid^ten. SJon ben fünf übrigen ßl^urfürften 
tvarb f^^rbinanb am 5. 3<inuar 1531 gu 65In getoäl^It; ein pMX 
Sage barauf toarb er ju Slad^en gefrönt^), ^n feiner SSBal^Ica})itU' 
lation tt>arb er au^brüdflid^ ber^fßd^tet, bie biiSl^erigen f^formen bet 
Sleligion ju erl^alten, unb jtoar bermöge bei3 Slbfd^iebig ju äug^- 
burg^). S)iefer 2lbfd^ieb, in toeld^em alle Qntereffen ber^atl^Dlifd^en 
3Baj[oritat juf ammeng efa^t toaren, bie bomel^mfte SEBaffe in il^ren 
^änben, erfd^ien je^t ate bai^ toid^tigfte 9leid^dgefe|. ^ierguf über- 
liefe ber Äaifer bie Sleid^i^bertoaltung ium größten 2;i^eil feinem 
Sruber'). 6r bel^ielt ftd^ nur bor, in einigen ioid^tigen goBen, 
j. 35. bei ßrtl^eilnng bon gal^nenlel^nen, ober bon bomel^men äbetö« 

1) <^palatm ^zx^tiä^m^ ber ©anblung in (Söln, in @trnbc*8'«rdjtö 1, 62. 

2) ©orte, m^ ber m^xi^ 3« «rüffcr: „2)a« toir in' 3eit folt^et n* 
niglid^en SBürbc, StmBt« unb 9?egterüng btc (£{irifienl^cit unb ben ©tuet ju 
dtcm, BcbfWtd^e $eiligfeit , ^ud^ bte d^rifilid^e ^ird^ bei bem alten loWic^cti 
unb tooIl^ergebrad^ten'ÖIaubcn, SJcligion unb (Eeremonien bcrmöge beö jüngften 
3u STugöburg aufgerid^ten Slbfd^icb« 16i8 ju cnblid^cr 2>ctermination f^ünfttgen 
gemeinen (Soncitö in guten S3ebc(d^, @ti^u<j unb @d^irm l^aBen foffen." 

3) STttögug ber Ur!unben* «Ufä^offe IX, 19. 2Wir fällt bie «epimmung 
auf: imperiom per Germaniam superiorem regat. 9^al^m man ba9 nie« 



gfcrbinanb, römifd^er Äbiiig. ' 229 

titeln. Bei bm Scftimmungcn übet bie 3Ronopolkn — ben bebeu* 
tenbften mercantilen Qfntereffctt ber bamaligen 3^it — unb ^t^a bei 
foU^en äCd^töerll&runeen ober SSerbinbungen, bie in einen förmlid^en 
Krieg toertoicfcin Unntm, confultirt gu toerben*). SBie bottftänbig 
aber aud^ l^ieburd^ bie SSaJ^II^anblung }U tperben fd^ien, fo blieb bod^ 
jener fäd^jtfd^e a33iberfj)rud^ nid^t ol^ne bie größte Sßirfung. Dl^nel^in 
toar bie öffentlid^e Stimme gegen ba§ SBerfaj^ren ber ßl^urfürften. 
äSomel^mlicl^ aber belamen bie alten 9iebenbul^ler, bie ^erjöge i)on 
Saiem, bie e^S gar nid^t berl^el^lten, ba^ aud^ ^e nod^ ber Jtrone 
getrad^tet — benn 3RitgIieber il^reö Stammet feien fd^on Äaifer unb 
Jlönige getoefen, al§ bie äll^ni^erren ber ^abiSburger nod^ unter ben 
®rafen gefeffen — , einen gefe^Iid^ gegrünbeten änla^ aud^ il^rerfeit^ 
bie 3(nerlennung abjulel^nen. @d tümmerte fie toenig, bon toeld^em 
äRotit) ber 3Biberf)}rud^ @ad^fend ausging. 3RerIn>ürbig, ba^ in 
biefem $unlt bie äu^erften ^atl^oliten mit ben ^ül^rem ber $ro^ 
teftonten bereinigt tvaren. äluf einer jtueiten SSerf ammlung , iDeld^e 
bie Serbünbeten ju ©d^mallalben furg bor Dftem 1531 (29. aRärj) 
Igelten, erilärten ©rubenl^agen , Reffen unb älnl^alt, nod^ nad^brüd!- 
lid^ afö frül^er, mit ©ad^fen bei ber SSerloeigerung ber Dbebienj 
gegen ^ferbinanb berl^arren ju toollen. 3)ie ©täbte tooten nid^t alle 
fo entfd^loffen, jebod^ entl^ielten aud^ jte fid^ gröfetentl^eilö, bemfelben 
ben %xUl eine^ römifd^en Äönig^ gu geben. 

©el^r balb Ilagte gerbinanb feinem Sruber, er fül^re biefen 
Xitel itoax nun, aber ol^ne 3lner!ennung }u finben: er gelte für 
nid^t« mel^r aU ein anberer Sleid^igfürft^). 

Unb aud^ übrigeniB nai^m ber Sunb bon Xag gu XaQ eine be- 
beutenbere Haltung an. 

3luf ber gtoeiten SSerfammlung h^arb ha^ ä3ünbni^ gur Segen- 
toel^r, beffen 3)auer borläufig auf fed^« ^o!^xe beftimmt toorben toar, 
bon Sad^fen, $effen, Lüneburg unb ®rubenl^agen berftegelt. f^ür bie 
Ratification in ben ©tfibten toarb ein beftimmtei^ Serfal^ren ange* 

bete Germanien au9, toeil ber fä(^{tfd^e Stetd^dioicar ntd^t eingetoiSigt? Ober 
^telme^r nur bedl^alb, toeU ber ^aifer feine (Stnmtfd^ung ber 9{eid^dgett>a(t 
in feine ntebev(änbif(^e 9iegierung bulben tooSte? 

1) 3m SBrüffeler 9lrd^ib finbet fid^ ha9 Sommaire memoire au roi des 
Homains d'aucons points esquels il semble k l'empereur que le dit S. roi 
doit avoir consideration et regard touchant le gouvemement de Pempire, 
ponr leqnel l'empereur luy envoye ample pouvoir. 

2) To no soy mag que un principe de los del ymperio por agora, 
no siendo obedecido por rey de Romanos. (8. %) 



230. ^tdf^m ^ud^. (Srfled (S,apiitl 

orbnet, todi)e^ batnad^ aud^ audgefül^rt' h>orben tft. ^a ntan ftd^ 
nod^ nid^t üBer eine fömtlid^e ÄriefliSöerfaffung bereinigte, unb bo^ 
bie @egner jtd^ regten, fo l^ielt man t)orIäuftg für notl^tDenbig, eine 
9(n)al^( Sieiter in @oIb ju nel^men, hx§ man fel^e, ,,h)i)l^inau^ ftd^ 
biefe gefd^toinben unb feltfamen Saufe erftredfen toürben." 

3[uf einer britten SSerfammlung, ju granifurt a. 501. am 5. 3uni, 
)og man bann \)ox aUtm bie fammergerid^tßd^en äCngelegenl^eiten in 
Seratl^ung. 3Sian ft)ar nod^ nid^t ganj einig, h>em man bie $ros 
curation auftragen tootte: gegen bie. 38orge[d^Iagenen tourben einige 
@init)enbungen gemad^t; aber in ber ^au^tfad^e ^atte man lein SSe- 
beulen: bie 5ßrocuratoren fottten ermäd^tigt toerben, „atte ©ad^en, 
ben ©lauben unb bie SReligion betreffenb, n)eld^e ber ^«cal toiber 
einen öon ben 3Serbünbeten borbringen btirfte, in tl^rer affer SRamen 
gu Vertreten unb au^fül^r Jh ju l^elf en " ^). 5Dlan Vereinte pd^ gu einer 
Keinen Slnlage, um bie 5ßrocuratoren ju befolben. ©onbcrbarertoeife 
toar bie erfte forttoäl^renbe Seiftung, gu ber man fxi) Derftanb, im 
S3unbe h>ie im Sfteid^e iurigbictioneffer Seftimmung. 

©0 begann ber S3unb ftd^ nad^ feinen beiben Slid^tungeti l^in, 
. nad^ ber juribifd^en unb ber militärifd^en, in ben erften ©runbjfigen 
ju enth)i(feln: SRid^t äffe $Blitglieber jebod^ gel^örten beiben Sen- 
benjen an. SSranbenburg unb Slümberg ioofften t>on eigentlid^r 
(Segentpel^r nid^tö toifjen. S)ie SSerfaffung toar, ba^ be^l^alb audj 
il^re ©efanbten gu ben SSerfammlungen nid^t jugelajfen tourben, in 
hjeld^en man bon ber ®egenlt)el^r berl^anbelte. &^ tourben gtoeierlei 
Stbf^iebe gemad^t, bon benen ber eine afö ber affgemeine, „gemeine", 
ber anbere afö ber befonbeye, „funberlid^e", begeid^net toirb. Qlener 
bejog fid^ auf ba^ Weitere, lebiglid^ frieblid^e, biefer auf baö engere 
unb jugleid^ Iriegerifd^e 3Serftänbni^*). 3tod) l^offte man aber aud^ 
SBranbenburg unb SZümberg in ben engem SJerein ju giel^en. Sran- 
benburg toarb guerft bon bem fd^toäbifd|en Sunbe bebrol^t : man l^ielt 

1) „alle unb iebe ©ad^en bie ^tÜQXon, (Seremonten unb toa9 bem an« 
l^angt, anlangenb, fo ber ff. gi^cal toieHetd^t u9 6efe( ff. WlU ober uf anhalten 
fonberer ^erfonen ober ^arteten toiber bie ernannten <StSbte eine ober me^r 
fürgctocnbt ^ette ober nod^ für^ringen »ürbe, in irer affer S'^amen fem^tlit^ 
unb fonberßd^ gu vertreten unb udffil^ren }u l^elfen." 2)er (Snnourf toar fc^on 
gu <Sd^maIfaiben gemad^t, n>arb aber l^ier angenommen. 

2) Untertl^entger Berid^t ber ^a^trtf fo ftd^ in ber $anb(ung gu gran!« 
' fürt Srinitati« 1581 gugetragen unb im ^bfd^tebe nit loergeid^net finb. (SB. %*) 

Tlan fxt^ftf t9 e^fHren über biefe Serfammlung brei Äctenflüdfe, ber aU^t* 
meine, ber funbertid^e ^bfd^teb, unb enbltd^ biefer ^erid^t. 



gerbinanb, römif(i^ci: Äönig. 231 

bem 3Rarfgrafm bor, l^ätte er ftd^ aud^ jur ©egcntpel^r ö^rbünbet, 
fo toürbe il^n bcr fd^toäbifd^c Sunb hjol^l ungeirrt laffen. 

Uc6erl^auj)t h)ar nod^ aUe^ im SOBerben. 

SBir l^aben ic|t ^aut)tfäd^Iid^ bie SBcrJ^ärtniffe ber dürften inö 
Äuge gefaxt: aber nid^t mmber merttüürbig tparen bie SSerJ^älfniffe 
ber Stabte in bem obern unb in bem niebem ©eutfd^Ianb. SRament« 
lid^ ;iel^en ftd^ burd^ aQe biefe 93unbe$tage SSerl^anblungen mit ben 
oBerbeutfd&en ©tfibten, toeld^e bie glüdUd^ften Slefultate getoäl^ren 
unb ju ben größten äugjtd^ten bered^tigen. 

SBir lüürben biefelben jjebod^ nid^t rid^tig ju toürbigen ber- 
mögen, toenn ioxx nid^t juDor ben ®ang, ben bie ©ad^e ber 3leform 
in ber ©d^toeij- genommen, in§ 3fuge fafjen loottten» 



iveites iSapitef. 

^ortfd^tte ber Kefomutton in bet Bi^mii. 

2)ie erneuertf ®inl^eit ber lateinifd^en ßl^riftenl^cU toflx, toie ftd^ 
bon feI6ft öcrftel^t, bcn bon bcrfelBen SlBgetoid^enen in ber ©d^tüeij 
fo gefäl^rlid^, toie benm in ©cutfd^Ianb. 

SQBenn fid^ bic latl^olifd^e Sehjegung gunäd^ft g^gen. SDeutfd^Ianb 
toenbete, fo gefd^al^ e^, toeil ba^ Dberl^au})t ber ßl^riftenl^eit, ber 
ßaifer, l^ier im 1^. römifd^en Steid^e eine altgemein anerfannte unb 
Derei^rte Slutorität geno^:. aBer bon jebem ^ortfd^ritt, ben er mad^te, 
fül^Ite man fid^ aud^ in ber ©d^toeig unmittelbar bebrol^t. 

Slllein bie S)inge lagen bod^ in ber ©d^toeig bei n)eitem anber§. 
3lud| ba [teilte pd^ ber ^Reformation eine mit l^erlömmlid^en 3Sop 
redeten berf eigene SKajoritat entgegen: nad^ unb nad^ l^atte fie aber 
bereite bie größten Sßerlufte erlitten. 

SBir l^aben gefeiten, ioie 3i^>i«flK bon ben ad^t altem Drten bi| 
Beiben mäd^tigften, Sem unb 3i*rid^, bon ben fj)äter i^injugelom- 
menen Safel, unb bon bm im Weiteren SBerbanbe ftel^enbm ©t. ©allen, 
Siel unb 3Kül^ll^aufen für feine Qbem getoann unb fird^lid^ vm- 
geftaltete. 

SXxgegm aber fanb er bei ben übrigen ßantonm l^artnaiigen 
SSBiberftanb : befonber^ jeigten fid^ bon ben alten Drten il^rer fünf, 
bie bier Sffialbftätte unb 3«8f entfd^ieben feinbfelig. 3Bir erinnern 
nn§, h)eld^e Partei bort gleid^ im ^a^x 1522 bie Dberl^anb bei^olten 
l^atte. ©ie looHte fid^ bie ^al^rgelber, ba« Siedet frember Äriegö- 
bienfte, nid^t entreißen laffen, unb ^ar entfd^loffen, ben alten ©lau^ 
bm in aHm feinen Sleu^erlid^feiten aufredet ju erl^alten. 

SBären bie berfdjflebenen ßantone boUfommen gefonbert geioefen, 
fo })ätt^ man attenfaH^ ol^ne offene gtoietrad^t nebm einanber be^ 



gortf(i^rittc ber »cform in bcr ©d^toctg. 233 

fielen Knnen. 3niein e^ gaB ©ebictc, in h^elc^cn bie Slegierung 
beiben 2^l^citen ongel^örtc: bie gemeinen $etrfd^aften unb 38ogteien: 
auf benen mußten nun bie entgegengefe^ten Äräfte einanber Begeg« 
nen. SBebenlen toir, ba^ bie ßibgenoffenfd^aft J^auJJtfäd^Iid^ babutd^ 
crftarlt unb jufammengetüad^fen toar, ba^ fte gemeinfd^aftlid^e ßr^ 
oberungen gemad^t l^atte, ba^ in biefen ba§ ben S3unb jufammen^ 
^altenbe 3Roment lag/ fo leud^tet aud^ ein, toie ioid^tig eine <lx&'' 
^toeiung lüerben mu^te, bie l^ier jum SIui^Brud^ fam. 6ben i^iet l^atte 
bie 5IJlaiorität Don jel^er ein DorU>aItenbeö 3lnfel^en: e« mu^te ftd^ 
geigen, oB fie eö Bel^au})ten lt)ürbe. 

S)ie fünf alten Drte bulbeten bie neue Seigre u>eber in ben 
Sogteien, noc^ in ben freien 3lemtem. S)ie Sanbbögte SofeJ)!^ am 
Serg öon ©c^iü^^ unb ^acoB ©tocfer bon 3wg ftraften bie 9leu« 
gläubigen an ®elb, toarfen fte in ben S^l^urm, liefen fte mit SRutl^en 
fd^lagen, beö Sanbed berloeifen. 2)ie ^rebiger tourben mit aufge^ 
fd^Ii^ter 3wwg^ Verjagt, ober gar mit bem <Sci|h)ert l^ingerid^tet. 
iJIüd^tltnge , bie jtd^ öon ber beutfti^en Seite nac^ ber ©d^toeij ge» 
rettet, tourben ber öftreid^ifd^en Slegierung ber SBorlanbe auiSgeliefert, 
bie fie ol^ne SBeitere^ umBringen lie^*). 2ltte Sudler ber neuen 
Seigre, aud^ Seftamente unb SiBeln, tourben toeggenommen. Qn bem 
Sabe ju Saben tourbe ben SßerftorBenen, \o^xiXK fie ebangelifd^. ge- 
toefen, ein el^rlid^eiS SSegräBni^ berfagt. 

©d^on längft \i<kiXvci ba^ bie 3^rid^er mit Untoitten toai^rge- 
nommen: fotoie fie einigermaßen bie Äraft baju fül^lten, Befd^Ioffen 
fie eö nid^t mel^r %\x leiben. 6« ift einer ber bornel^mften Sffrtilel in 
bem Sunbe gtoifd^en 3ürid^ unb Sem, ba]5 xmxi in ben gemeinen 
§errfd^aften unb Sogteien, bie aud^ il^nen an il^rem gcBül^renben 
il^eile gel^ören, fortan bie Äird^engemeinben, bie burd^ ©timmen« 
mel^l^eit Befd&Iießen, fid^ ju bem ßbangelium ju l^alten, burd^ leine 
®etoalt baran berl^inbem laffen tootte*). 

hierauf regten fid^ aIIentl^a(Ben in Xl^urgau unb 9tl^etntl^a( bie 
unterbrütfien ebangelif^en Steigungen. 3)ie fünf Drte Derjtoetfelten, 
fte (ebiglid^ mit il^rer lanbbogtlid^en ©etoalt nieberjul^aften: am 30. Slo* 
bemBer 1528 berfammelten fie äße ©erid^t^l^erren unb ©enbBoten 
ber ©cmeinben Don 3;i^urgau unb jjrauenfelb, um fie ju ermal^nen, 
jtd^ bon bem ^SKel^rtl^eii ber Drte, benen fte ©el^orfam fd^ulbig, in 
§infi(i|t beö ©tauBen^ nid^t ju fonbem, bielmel^r bem Sanbbogt jur 

1) 2(tt«fd^rciBen bon äürid^ 3. SWära 1529. »gl. ©uttinger II, p. 31. 

2) Urfunbe be9 iOurgred^te« Bei i6ullinger »b. U, p. 11. 



234 @ec6dted ^ud^. 3n>ette6 dapittL 

99eftrafung ber 9(Btrünmgen Beijuftel^n. 9Cn biefem ^age l^attenftd^ 
aber, ol^ne berufen ju fein, oud^ Sandtet unb Semer'Slbgeorbnetc 
eingefunben: fte liefen ed an entgegengef e|ten 9(nma]^nungen unb 
Suftd^erungen nid^t f eitlen. ^ie< Sanbleute hatm jtd^ S3ebenljeit 6i§ 
SRicolai an^, too fte toieber in SBinbfelben jufammenfamen. $ier 
}eigte ftd^ anfangt einiget @d^toanfen ; aSmäl^Iig aber fteQte ftd^ eine 
SRel^rl^eit l^eraud, toeld^e an bem Sbangelium Italien )u tpoKen ent^ 
fd^Ioffen h)ar; 3ürid^ unb S5em fagten berfelben i^re §ülfe offen ju. 
9lud^ b^n Ütl^eintl^alem; bie fid^ }unäd^ft an 3ürid^, aU ben t)orberften 
Drt ber ßibgenoflenfd^aft, getoanbt, Derfjjrad^ biefe Stabt, fie bon 
©otteg SBort nid^t treiben ju laffen^). 

©g toar nod^ einmal ein Stet bon Slutonomie, ben bie Unter- 
tl^anen ausübten. Sa bie SRegierenben entjtoeit toaren, fam e^ auf 
il^ren freien ©ntfd^Iu^ an, toeld^e 5ßartei fie ergreifen h>ottten. Sie 
toäl^Iten bie ©ad^e ber Sleform. 

3n 2;i^urgau gab e^ balb nur nod^ neun Sbelleute, ioeld^e nid^t 
beigetreten, unb aud^ biefe baten lebiglid^ um 9(uffd^ub; im 9il^ein' 
tl^al fanb fid^ ein einziges ^ird^ft'iel, tpo bie SJtei^rl^eit nid^t für bie 
aSerbrennung ber^ Silber unb bie Slbftettung ber SWeffe ftimmte; für 
bie freien 3lemter h)arb eö jentfd^eibenb, ba^ in Sremgarten bie re- 
formirt gcfinnte ©emeinbe mit $tilfe t)on 3tirid^ über ben latl^olifd^ 
unb fünfortifd^ gejtnnten SRatl^ ben ©ieg babontrug; l^ierauf folgte 
bie umliegenbe Sanbfd^aft nad^. 

®o ftar! man nun aud^ l^iebei berfid^em mod^te, ba^ ber toelt- 
lid^e ©el^orfam, ben man bem bii^l^erigen Dberl^erm fd^ulbig fei, 
barunter nid^t leiben fotte, fo ift bod^ offenbar, ba]5 bie ©runblage 
ber SKad^t, b. i. ber @influ|, bem ber Untertl^an jtd^ toillig unter- 
ioirft, ben fünf Drten l^iebei Verloren gelten mn^U. 

Unb fd^on toar auf einem anbem ©ebiete eine S'^nmg einge- 
treten, bie il^nen nid^t minber nad^tl^eilig loarb. 

Untertoalben l^atte eg getoagt , bem SSemer Dberlanbe, too bie 
9Ra^regeln, loeld^e bie Stabt jur Sinfül^rung ber Sleform traf, na- 
mentlid^ bie rafd^e ßinjiel^ung bei^ ßlofter^ ^t^terlad^en, 3Ri^bergnügen 
unb SBJiberftanb ertoedtten, ju ^ülfe gu fommen unb in ba« ©cWet 
eineg il^rer (Sibgenojfen, mit aufgeredften ^al^nen, unabgefagt einju^ 
fallen*). Sem fe|te fid^ jur SBel^re, brad^te bie Untertl^anen jum 

1) Slbfd^icb gu graucnfcfb, unb Snflruction ber 3önd^cr unb ©infclben, 
Ui »uUtnöer H, 27. ©cml^. SÖcig p. 93. 

2) a)tc UnteriDatbner unb SBattifer Ratten babei frcilid^ ha9 SReifle p 
verlieren, tocnn cö »al^r ift, ba^ pc früher fleißige ©aölerinnen ^eimfül^rten 



S5unb bcr fünf Orte unb Ocflrcid^«. 235 

©ei^orfam, bie ßingebrungenen jum Slüdtjug: aBer eö lä^t ftd^ et^ 
ad^ten, tocld^c Stad^toirlungen ein fo offenBai:er Srud^ bei§ alten 
Sunbe^ l^aBen mu^te. 

3ln ben biet Drtcn, mit benen Untertoalben üBetl^am)t betBünbet 
\oax, fanb c^ aud^ bie^mal Slüdtl^alt. 2lBer alle Sürgetftäbte toaren 
ber 3Beinuttg, ba^ man Untertoalben ftrafen müflfe. 3luci^ ©olotl^um 
unb ^rciBurg berfljrad^en il^ren SSerj^jlici^tungen gemä^ ben 33emern 
l^ieju il^ren Seiftanb. 

3)etgeftalt ^jolitifd^ unb ürd^nd^ üBerflügelt, mit Slad^e Bebrol^t, 
faxten bic fünf Drte ben ©ebanfen, Bei bem ^a\x^e Deftreid^ ^ülfe 
}u fud^en. SBar e§ bod^ ol^nel^in il^r $PrinciJ), bie SSerBinbungen mit 
fremben SWäd^ten nid^t aufgugeBen. 

Sin ben fd^toeijerifd^en ©renjen Befanben jtd^ nod^ äffe bie im 
Sefil ber ©etoalt, toeld^e ben S3auemaufrul^r gebäm|)ft unb ber 
^Prebigt in biefen ©egenben ein ®nbe gemad^t l^atten: ®raf,©u(j 
unb ®raf fJürftenBerg, fotoie ber SSogt ju Sregenj, 9Jlarj ©ittid^ 
bon ßm«. 35ie ßmfer 3?erh)anbtfd^aft, bie ftd^ fo eBen burd^ ben 
ßafteffan i)on 9Ruffo öerftärft, l^ielt üBerl^au})t in ben ©eBirgen bie 
Saline beä fiatj^olici^mug aufredet. 2)en günforten toarb eg ol^ne 
3toeifel nid^t fd^toer, Bei biefen §erren Eingang ju finben. 3Ran 
^elt 3ufammenlünfte in ^elblird^ unb SBalb^l^ut; ba^ fd^toeijerifd^e 
unb bag öftreid^ifd^e %appm toaren neben einanber aufgefd^Iagen; 
man Uf^aupUt, bie alten Sefämjjfer beö öftreid^ifd^en S^xä^m^ ber 
$fauenfeber je^t mit berfelBen gefd^müdft gefeiten ju l^aBen. 6g 
!am ein S5unb ju ©tanbe, in toeld^em Äönig gerbinanb unb bie fünf 
Drte einanber ba^ SBort gaben, Bei bem alten ©lauBen feftjul^alten, 
einen jeben, ber benfelBen in il^rem ©eBiete antafte, gu jüd^tigen, unb 
fid^ auf ben %aU, ba^ fie barüBer angegriffen h)ürben; gegenfeitige 
Oülfe ju leiften. SCffe«, toa^ bann innerl^alB ber ©ibgenoffenfd^aft 
erobert toerbe, foffe ben fünf Drten, affe^, toaö au^erl^alB, bem 
Rönig berBIeiBen. 

®ie bomel^mfte 33ebingung be« S3unbe§ ift \ooijl, ba]5 gerbi^ 
nanb ben %m\oxtm äffe« ba« garantirte, „toaö il^nen berj)f(id^tet 
unb bertoanbt fei", — alfo aud^ bie gemeinfd^aftlid^en 3Sogteien, aud^ 
ben 3:]^urgau, — bie ^Jünforte bagegen au^brütflid^ erflarten, Eon- 
ftanj ate nid^t eibgenöffifd^ Betrad^ten, e« bem Äönfg üBerlaffen ju 
tootten '). 

unb \p^ttx mit Urncrinnen bortieb nel^men mußten, bie nid^t fo pt ein* 
Wnm» Äirt^^ofer ©. ©aller p. 142. 

1) Urfunbc be« ©unbe« bei ©ottingcr ü, 475. ^ 



236 Btäf^M $u^. Btoette« (Sa^itel. 

^ie f^nforte l^atten nid^t llnred^t, n>enn fie ben Sfir^erflabtett, 
bie il^nen bieS Sünbni^ jum SSortourf mad^ten, entgegneten, ba^ ja 
aud^ fte felbft jtd^ mit älugloärtiflen berbünbet; ober ein gto^et Untere 
fd^ieb \oax ba bod^ aüental. ^urd^ ba$ 93urgred^t, ba^ S^rid^ mit 
Gonftanj gefd^loffen, toarb biefe ©tabt auf baS ©ngfte mit ber 
Gibgenoff^nfd^aft berbunben. 6« toar immer ein ®efid&t8|)ttnft ber 
öftreid^ifd^en ^olitif getpefen, bieg nid^t ju geftotten, unb aRajimiüan 
l^atte einft beSl^alb einen großen %f)cH ber ©emeinbe in feine 3)ienfte 
genommen: bie ^ünfotte überliefen je|t ßonftanj an Defhreid^. 

SJlerltoürbig , ba^ bieg in benfelben S^ten gefd^al^/ in ben erfien 
3Jlonaten beg ^ai)x^^ 1529; in toeld^en aud^ bie SRajorität ber 
Sleid^gftänbe fid^ toieber an bag $aug Deftreid^ anfd^Io^. Silier })0' 
litifd^e 9Biberh)itte öerfd^toanb in biefem Slugenblitf bor ber refigiöfen 
©emeinfd^afi. 

gerbinanb fud^te bie fd^ioeijerifd^e Bereinigung fo gut ioie mög- 
lid^ ju Befeftigen. 3^ S^öbrudf, loo fie berabrebet loarb, l^atte er 
aud^ einen %^til ber 3J^roIer Sanbfaffen gu SRatl^e gejogen; alle 
borbem Sänber, SBürtemberg eingefd^toffen, fottten in biefelbe ein- 
treten. ®r l^offte bamit bietteid^t bie 3Rad^t ber ©ibgenoffen auf 
immer ju bred^en^), getoi^ aber ben toeiter borbringenben neuen 
5Keinungen ein unübertoinblid^e« SoKfoerl entgegenjufe^en. 

Äonnte jebod^ ein Sunb biefer 2frt ben fünf Drten \t>f>f)l totrf- 
lid^ ©d^u^ geloöl^ren? Ql^re Sd^ritte ioaren, toenn toir fie bom elb- 
genöffifd^en ©tanbjjunit au^ betrad^ten, im ©runbe burd^aug falfd^r 
jener erfolgbfe ßinfatt in§ bemerifti^e (Sebiet nid^t minber, aU ber 
Siunb mit ^erbinanb. Sie liefen Jöiber bag Seftel^en unb bie ^^ee 
ber gef ammten ®ibgenoffenfd^aft. 3« bem glütfUd^en Fortgang, in 
ioeld^em bie * Sürgerftäbte bermöge ber fiegreid^en Seigre, bie fie ber- 
f ödsten, begriffen toaren, lam nod^ bie 9Mad^t beg baterlonbif^en 
Qntereffeg unb ein unleugbare^ SHed^t. 

Sluf feinen %aU toar nnn an Weiteren ^Jrieben in ber ßibge- 
noffenfd^aft ju benfen. 2)ie ©efanbten ber Sürgerftäbte, Voeld^e ftd^ 
in bag l^ol^e Sanb begaben, um bie alten Sunbeöbrüber bon biefer 
SSereinigung abjumal^nen, fanben ba Jool^I il^re 9Ba})})en an bem 
©algen angefd^lagen, fie fallen fid^ alg Äe^er unb SSerrätl^er BeJ^an- 

1) ©erbung an bie SBürtemb. ?attbfd^aft II, Ur!. nr. 144: „ba« bie* 
feifbig eibgenoffcnfci^aft burd^ Bcmcite SBereJ^nigung in irer STOad^t jcrtrennt, 
<S. ÄBn. SWaj. unb bie 3ren, fo bem aften d^rifißd^n stauben anfangen, 
mit frembber ©i(f aU obgemclbter fünf Orte erjlärft'' 



^d^toet)* ^riegdgefal^r 1529» 237 

klt; irrten jum ^ro| k>eti^(inete man gegen bie ^6gen)id^enen bie 
furd^tbarften ©trafen. Slud^ bie Sleformirten ber innetn ©d^toetg 
^oBen il^re SWärttjrer: ein ^Prebiger auö bem ä^^^d^er ®e6iet, QacoB 
fiei^fet, ber bon Seit ju 3^* «ö^ (Safter ging, um ani) ba eine 
ebangelifd^e Äird^e ju öerfel^en, tDarb auf biefem SBJege, auf freier 
Seid^igftra^e, in bem Gfd^ibAd^er §oIg, aufgegriffen unb nad^ ©d^h)^^ 
gefd^Ie^^t. S)te ©d^iv^^er l^atten bamali^ in ®after gar nid^t )u 
lanbbogten. SBäre bie^ aud^ ber %aU getoefen, fo l^&tte bie ©ad^e 
bod^ i)or bie U^nad^er ©erid^te gel^ört. 3l\^t^ befto minbej ber- 
bammte bie Sanbgemeinbe ben armen unfd^ulbigen 3Kann jum Sobe 
im gcuer, ben er ftanbl^aft erlitt ^). 

2)a l^ielt nun aber aud^ 3^^^^ ^i^* länger an fid^. 3tlg im 
3uni 1529 ein n^uer SSogt bon Untertoalben in Saben auf reiten 
foHtc, erflärte eö gerabeju, biei3 nid^t bulben ju hJoHen: eig tooHe 
mit ben Untertoalbnem überl^aujjt feine ©emeinfd^aft mel^r l^aben: 
e^ tocrbe il^nen fortan in ben §errfd^aften , bie aud^ il^nen gemein 
ieicn, feine SSebogtung mel^r geftatten*). 

2)en ©d^it))^^em l^atte 3ürid^ längft angefünbigt, ftd^ räd^en ju 
iDoHen, toenn bem 5ßrebiger, il^rem §interf äffen, ©etoalt gefd^el^e. 
Seine ^inrid^tung toar ba« 3^^^^ b^^ Kriege«. 

am 5. 3uni rüdfte ba« erfte gürd^erifd^e gäl^nlein au«, um bie 
freien SIemter bor einer Blutigen SEBieberl^erftellung be« alten ©lau^ 
bens ju fd^ü^en : balb barauf ein jtoeite« nad^ 3^l^urgau unb 9ll^ein= 
t^al; ein britte«, um ben fd^n)^|erifd^en Slntl^eil an ©after, ber ju 
bem Sobe be« ^rebiger« änla^ gegeben, ju befe^en. Xa l^ierauf 
aud^ bie geinbe fid^ önbertoeilt ju 33ar am Soben fammelten, fo 
W ^tti 9. Swwi öud^ ba« gro^e Sanner ber ©tabt au«, unter bem 
Sanncrl^erm $an« ©d^Joeijer, ber e« fd^on in ben mailänbifd^en 
Äriegen getragen. 

©0 ftanben, jum erften 3Jlal, in ^Jolge ber religiöfen Unrul^en, 
ein j)aar fd^lagfertige $eere, nid^t bon Säuern unb Ferren toie frtil^er, 
fonbem bon gleid^bered^tigten ©egnem, einanber gegenüber, „©ie 
fmb fo bott §a^ gegen einanber", fagt Äönig gerbinanb, „ba^ man 
nid^t« anbere« al« 3;i^ätlid^feiten ertoarten barf", 

Dl^ne S^rif^I Aber l^atten bie ©bangelifd^en in biefem 3lugen= 
WidEe ba« Uebergetoid^t. 

1) «uHinger SRef.r®efd^. II, p. 148. (Siböcnöfftfd^c fd^tjciacrifd^c aWSr* 
tt?tcr, Mise. Tig. II, p. 35 (unbcbcutenb). 

2) @(f8 Repulsio mad^t il^nen ba« Bcfonber« gum SJortt)urf. 



238 ^tdf€M ^uäf. Bmetted dapittU 

Da^ jütd^erifd^e $eer l^otte feinet @Ieid^m nid^t. @iS beftanb 
a\x^ im \oaietn Männern, \odi)e bie Sleform mit aKe bem fitttid^en 
(Smft in fid^ aufgenommen, mit toeld^em S^tngli fte t>tebigte. ßeine 
gemeine 3)ime toaxh gebulbet; man l^örte fein ^lud^en nod^ ©d^tuoren; 
fel6ft baiS SBütf e(f4)ie[ toar berBannt ; bie @rl^oIung Beftanb in Seibe^- 
Übungen, ©J^ringen, SBerfen, ©teinfto^en; ©treitigfeiten fielen bei- 
nal^e nid^t Dot; 9iiemanb l^ätte k)erfäumt, bor unb nad^ Xifd^e }U 
Utm* Sivittgli felbft ioar gugegen^ man f)atU x^n ber $f(id^t übet- 
f)oieti aU $rebiger mit bem Sanner au^jujiel^en ; aber er l^atte ftd^ 
au§ freien ©tüäen ju $ferb gefegt unb bie ^aUBarbe üBer bie 
ä(d^fe( genommen« S^i^d^i ^^^ bor aüm anbem bon bem @efül^I 
ber UeBermad^t burd^brungen, unb ioie il^n bie S^ad^rid^ten bon alen 
©eiten barin Beftärften — benn toenigftenö bon gerbinanb, toeld^er 
anberboeitig Befd^äftigt ioar unb fid^ gu toenig berf^red^enben ätnfor- 
berungen an feine ©tänbe genötl^igt fal^, l^atten bie ^ünforte nid^t^ 
ju ertoarten — , f o f a^te er bie lül^nften Hoffnungen. Qe^t ba^te 
er )U bem QkU )u gelangen, todi}c^ er ftd^ bon älnfang an m 
2(ugen geftelTt. 6r toottte bon feinem fjrieben toifjen, eö itoäre benn, 
ba^ man bie Beiben großen Bwgeftänbniffe genel^migte, auf bie er 
fd^on immer gebrungen l^atte. Xa^ Söl^rgelberloefen foHte auf eloig 
berfd^Jooren loerben ; bie ^ßrebigt ber ©bangeliumS in allen ßantonen 
ber ©d^toeij erlaubt fein. ®r ftettte ben Slegierung^mitgliebem m, 
ba^ nur auf biefe 3Beife (Sinl^eit in ber 9tegierung toie in ber ^trd^e 
gu BeJoirfen fei: „Stellt feft in ®ott", ruft er il^nen ju, „j[e|t geben 
fte gute SQSorte, aBer la^t @ud^ nid^t irre mad^en, geBt nid^tS auf 
iffx ^lel^en, Bi^ ia§ äted^t aufgerid^tet ift. 3)ann toerben b>ir einen 
Stieg gefül^rt l^aBen, bortl^eill^after a($ je ein anberer geloefen ift, 
3)inge au^gerid^tet l^aBen, bie ©otteiS unb ber ©tobte (Sl^re nad^ t)iel 
l^unbert 3al^ren nod^ berfünbigen toerben"^). 

38äre eS auf B^i^Sli ^^^ ^^f 3ürid^ aQein angefommen, fo 
toürben fie aUe^ baran geioagt unb il^ren äSortl^eil Bi$ ^um äu^erften 
Siele berfolgt l^aBen. 

Slllein, Ärieg gu Beginnen, S3lut gu bergie^en, l^at man natürlidj 
immer eine geredete ©d^eu. Snbem bie 3ärid^er fd^on im Sfnjuge 
toaren, erfd^ien ber Simmann ®BIi bon ©laruig Bei il^nen unb fteHte 
il^nen bor, toie oft fte SieBeö unb Seibeö mit benen erfal^ren, benen 
fie je^t aBgefagt. ßr mad^te um fo mel^r ©nbrudf, ba er all ein 

1) ©utad^tcn unb ©einreiben im ^Inl^ang 311 $ottingcr (Sefc^id^tc tcr 
Sibgcnrffen n, 482. 



^d^toeig. Äricg«gefajr 1529. 239 

Braber 3Rann Befannt toar, ber im ©runbe biefelbcn Änfid^ten liegte, 
Mije in Sürid^ l^errfd^ten. 9Jlan betoiffiflte il^m einen StiUftanb. 
SRur 3i»i«9lif ^^ toeiter in bie 3«lwnft fal^ alg bie Slnbem, toar 
mit dner 3lad^giebigfeit nid^ jufrieben, bie il^m [el^r unjeitig erfd^ien. 
„®ebatter SCmmann", fagfe er ju 6Bli, „bu toirft ®ott muffen 
Sled^enfd^aft geBen"^). 

Unb inbeffen ^pxad) fid^ aud^ Sern au^. Sa^ gei^altige Um^ 
fid^grcifen S^rid^i^ toar il^m nid^t angenel^m. Sem erllärte, e^ toerbe 
feine §iUfe leiften, aber nur, iüenn S^^^ angegriffen toerbe, nid^t 
tuenn eg angreife. 

Sfud^ in ber ©d^tüeij niad^te ftd^ ber ©ebanle ber ©tanbe^abs 
gefd^Ioffenl^eit geltenb, ber in ^eutfd^Ianb l^errfd^enb getoorben h)ar. 
Sem l^ielt bie 93ebingungen, toeld^e 3h>ingK öorfd^lug, nid^t für an-- 
gemeffen, it)eil man nid^t fo tief in bie 9legierung ber einzelnen Drte 
eingreifen bürfe. 

Stu§ ber eignen ebangelifd^en 5ßartei gingen bie §inberniffe l^er- 
i)or, bie ben 9leformator abl^ielten, feine SCbfid^ten mit ben SBaffen 
in ber ^anb burd^jufe^en. 

6§ fam iu Unterl^anblungen, bie Bei ber Äraft, h)eld^e bie 
©egenjjartei »nod^ immer Befa^ , unb Bei ber ©efinnung , bie in ben 
SetBünbeten- nod^ üBerteog^), nid^t ju bem reinen 9lef ultat fül^ren 
lonnten, ba^ 3h)ingli bor 2lugen l^atte. 

@g toar fd^on genug, ba^ bie ^ünforte fid^ Bequemten, bie Ur« 
funbe beS ferbinanbifd^en Sünbniffeö auszuliefern, ©rftattung ber 
Ärieggfoften, SSeftrafung ber ©d^mäl^reben öerf^rad^en unb in bie 
Sa|ung ber Stirgerftäbte, ba^ in ben gemeinen ©errfd^af ten bie 
3)le|r]^eit in einem Äird^fJ^iel über ben ©lauBen pi entfd^eiben l^aBe, 
förmlid^ einloilligten. Slud^ bon bem SSerBot ber 3<Jl^rgeIber unb 
ber ^reil^eit beS ßbangeliumS fear bie SRebe. 2lBer fie h)urben Bei 
toeilem nid^t fb unumttjunben jugeftanben, ii>ie S^^i^Ö^ getüünfd^t 
Wk. SDie SlBfd^affung ber $Penfionen erfd^ien nur als eine Sitte 
ber Sürgerftäbte an bie ^Jünforte. ©tatt ber fjrei^eit ber 5Prebigt 
^ie^ e§ nur, fein 3:i^eil tooUe ben' ©lauBen beS anbem ftrafen ^). 

Unb aud^ fo fd^ien nun bod^ nid^t toenig erreid^t ju fein. 

3)ie fünf Drte mußten fic^ entf d^Iie^en , bie Urfunbe il^eS 

1) «uöingcr H, 170. 

2) §anö ©todar i?ott ©d^af^aufen 2:ageBu^ 199. „S)^e Jjon 3ür^d^ 
mianttenb, m§ ?iJ?e oäf jn gu g^ci^ene ha^ nun ttj^ber unfer SBuntt6rJ?ef ma« 
unb unö nitt guftunb''-. 

3) ?anbt«frib gu (Ea^^ett uffgerid^t 25. 3wni 1529, Bei SBußinger II, 185. 



240 @c(^8tc« Sdnäf. iJtoettc« iiapM, 

Suttbe« mit gfctbinanb nod^ in &appü l^erau^jugeBen. 3)ie SSer- 
mittler Derl^inberten, ba^ fte beriefen toürbe: jte l^dtten gefürd^tet, 
ber alte SSiberipiUe möchte baburd^ n?ieber angefaßt Serben. ä(m' 
mann ®bii burd^ftad^ ben Sunbeöbrief, alg er jum 3Sorfd^ein fam, 
mit feinem SReffer unb gerri^ il^n: bie Umftel^enben griffen nad^ bem 
Stöad^« ber ©iegel. 

3n fjolge be^g unleugtaren SSortl^eite ber ©i^xngelifd^en m^rn 
nun bie SReform nad^ bem ^rieben einen nod^ Diel rafd^em Fortgang. 

S3ei SButtinger lann man fel&en, in to\c Diel gemeinfd^aftlid^en 
Drten fid^ eine SKajorität für biefelbe bilbete, h)ie er fid^ au^brüdEt, 
„ba^ ©otteöloort ermel^ret h>arb". 3loä) im Saläre 1529 fonnte 
Stoingli eine ©^nobe im ^^l^urgau l^alten iinb baö Sanb eijangelifd^ 
einrid^ten. ©ro^e 3lBteien, toie SBettingen unb ^i^Iird^, traten ü6er; 
in SOBettingen hjaren in altem nur jtoei 9Jlönd^e, bie ftd^ Weigerten. 
S)er 2I6t ®eorg 3Jlütter in Saben forgte nur, ba^ bie Silber, bie 
er aug ber Äird^e fd^affte, nid^t, h)ie an fo öielen anbem Drten, 
t)ernid^tet h)ürben ^). ©nblid^ toarb öon ®ro^= unb Äleinrötl^en in 
©d^afl^aufen befd^Ioffen, ba^ man bie SWeffe.unb bie Silber oB^ 
fd^affen folle. 5Rid^t ol^ne berl^altenen ©d^merj berid^tet §ang Btoiax, 
h)ie S^eitag nad^ ajfid^aeli^ „ber gro^ ®ott im ^Dlünfteri' Don bannen 
getl^an toarb^). S)ie ©tabt txat in ba^ S3ürgerred^t öon Sern, 
Safel unb 3«^«^- 3« ©olotl^urn mu^te ben Sieugläubigen für^ 
®rfte toehigftenö eine Äird^e bewilligt toerben, unb nur ein vermein- 
te« SEBunber fonnte bie SSerel^rung Don ©t. Uro nod^ retten. Unter 
bem ©d^u^ Don Sern erl^oben fid^ bie ®DangeIifd^en in 5Reuen6urg; 
fd^on griffen aud^ bie Äatl^olifd^en ju ben SSBaffen unb e« fd^ien ju 
SIutDergie^en lommen ju \ooUm, al^ man ben Sefd^Iu^ fa^te, bie 
5fKaj[orität entfd^eiben ju laffen^). ©ie entfd^ieb für bie Sleform. 
Dft \oax bie SKajorität freilid^ nur fd^toad^. ^n Sleuenburg Betrug 
fie nur 18, in 3teuenftabt 24 ©timmen*). (©o toar e« aber auc^ 
auf ber anbem ©eite, unter entgegengef e|ten ©inflüffen. ®anj in 
ber Stalle, in Slottloeit, übten bie 6 fatl^olifd^en fünfte gegen bie 
5 ebangelifd^en bie größten ®eh)altfamleiten a\x^; mehrere l^unbert 
Sürger mußten bie ©tabt Derlaffen. 

SBid^tiger aU atteö anbere für ben fjortgang ber S^^een 
Siüingli'g toar nun aber, ba^ aud^ in einem ber ad^t alten Drte, 

1) toö 9f?. SWanuelö SWiffiöen Bei ©rüneifen p. 135. 

2) iTagcBud^ 201. 

3) fetcttler II, 36. 

4) Chambrier Histoire de Neuchatel p. 296. 



gortfd^nttc bcr ^Deformation in bcr @d^tt)eig. ^241 

bic M öi^l^er neutral gel^alten, in ©laru« bie cbangelifd^e SKajori« 
tat, bie jebod^ um Dielet au^gcf^)rod^ener h)ar, jur Sltteini^errfd^aft 
gelangte, ©d^on toat bie reformirte Seigre fo h)eit borgebrungen, 
ba^ nur nod^ ein J)aar Äird^en i^re ^eiligenbilber Bel^alten l^atten. 
Dbtool^I bie ©enoflen berfelben um nid^t« afö lurjen Stuffd^ub baten, 
biö ettoa Äaifer unb 9teid^ h)egen ber SKi^räud^e SSerfügung träfen, 
fo befd^Io^' bod^ bie Sanbgemeinbe . im 3l})ril 1530, bafe aud^ biefe 
fiird^en ju reinigen unb bem übrigen Sanbe gleid^förmig ju mad^en 
feien ^). @^ mod^te nod^ einige SBäiberftrebenbe geben: ftaati^red^tlid^ 
aber toarb ©laruö l^ieburd^ h>irflid^ ebangelifd^. 

3u bem 3Sortl^ei[, biefen Drt, bon loeld^em 3^i»tg[i im 2tnfang 
feineiS Untemel^men^ l^atte h)eid^en muffen, gelDonnen ju l^aben, !am 
n0(i^, ba^ bet Äreiig einer gefe|mä^igen @inh)irfung auf 9lnbere 
baburd^ erweitert toarb. 

3)er 2l6t ®ei^Berger in ©t. ©äffen l^atte in feinem ©ebiete 
— nid^t ber ©tabt, i^eld^e bereite übergetreten, fonbern bem Sanbe — 
ben i2auf ber Seigre fo biel h)ie mögtid^ jurüdfgel^alten, bod^ toar fte 
bafelbft fo mäd^tig h)ie anberloärtö borgebrungen. 35er 2l6t h)ar 
gürft be^ l^eiligen Steid^e«, aber ©larug, 2uiexrt, Sd^tt)^^ unb Sürid^ 
übten ba^ ©d^u^red^t über il^n au^, unb matten fid^ beöl^atb aud^ 
einen nid^t geringen ©inftu^ auf bie innern Slngelegenl^eiten an. 3!e|t 
ftorb nun ber 2lbt, unb befonber^ für biefen ^aff toar e^ iüid^tig, 
ba^ bon ben bier fd^ü^enben Drten jtoei ebangelifd^ toaren. B^^r 
teuften bie ßonbentualen toiber beren au^brüdflid^en aSunfd^ eine 
SBäal^I^ ju betoerffteffigen, toeld^e bie Seftätigung ber l^öd^ften Slutori^ 
täten, beg Äaifer« unb bei8 5ßa))fte^, unb bie Siffigung bon ©d^h)^^ 
unb 2ujem fanb, aber 3^^^^ wnb ©larug h)eigerten fid^, biefelbe 
anjuerfennen. ©ie fül^ften ftd^ bei loeitem mel^r mit ber Sanbfd^aft, 
too nun bie ebangelifd^en SRegungen bie Dberl^anb befamen, al^ mit 
ben ßonDentualen berbünbet. 3^^^^ Q^H bon bem ®runbfa| au^, 
nid^t ber 2lbt fei ba^ ©ottegl^au^, fonbern äffe Sanbleute, ©erid^te 
unb ©emeinben, bie feien ben ©d^irml^erren ju fd^irmen befolgten. 3n 
©inberftönbni^ mit ben ©ingebornen toarb eine Sanbe^orbnung ge* 
mad^t, nad^ toeld^er immer ein ^aujjtmann au^ ben bier ©d^irmorten 
unb ein Sanbratl^ bon glbölf SKitgliebern bie Sftegierung fül^ren 
fofften. Um aber nid^t au^ ©d^to^^ ober Sujem eth)a einen ^einb 

1) Stfd^ubi bei ©ottin^er p. 287 nota 30. SButtinger p. 289. „ä^cß^* 
altärc unb ®ö^cn iDurbcn abgcmecrct: etliche ©iJfeen uf bcffcr ®tü(f cntjudt 
unb Verborgen". 

t>. 8latt!e'9 Sßctfc. lU. 16 



242 <Btäf9M «U(^. 3»cite« dapxttU 

ber neuen Seigre i\xm ^au^tmann ju belomnten, fe^te man jugleid^ 
bie Sebingung feft, ba^ ber ^aut)tmann ber ebangelifd^en Seigre ju- 
getl^an fein muffe: nid^t el^er fotttc il^m gel^ulbigt toerben, el^e er 
nid^t gefd^tooreU; bie Untertl^anen be$ @ottei^l^aufe$ bei bem gott^ 
lid^en 3Bort Bleiben ju (af(en^). 3iuä) auf Xoggenburg erfhredfte 
fi4 bie neue JJreil^eit: eg faufte fid^, toomil e^ h)äl^renb 3^i«Ö^*'^ 
Sugenb begonnen , üon ben ^flid^ten gegen ba^ Alofter nun boK« 
lommen (oiS. 3^ingli erlebte bie '^reube, im Slnfang beiS ^af)xt^ 1531 
in feinem böllig freien SSaterlanbe erfd^einen unb eö nad^ feiner 
SBeife lird^Iid^ einrid^ten )U lönnen*). 

60 umfaf(enb nun aber aud^ biefe ^ortfd^ritte h)aren, fo er- 
füllten fie bod; immer nod^ nid^t bie Slbfid^t, tüeld^e er urf))rüngli(i^ 
gel^egt unb an beren Grreid^ung atteö lag. 3)ie ^errfd^enbe ^Partei 
in ben günf orten geigte fid^ unerfd^ütterlid^ : nod^ auf bem gelbe ju 
6a^}>el fotten bie ?Kad^tl^aber einanber berfjjrod^en l^aben, bem erften 
Slrtifel beö Sanbfriebenö jum -^^ro^, ben nmen SKeinungen nid^t 
Slaum JU geben, ja einen ^eien umjubringen, ber il^nen babon rebe. 
©etoi^ ift toenigften^, ba^ 3liemanb fid^ in il^rem ©ebiete bamit ^er- 
öortoagte, obtool^I e^ gar nid^t an Seuten fel^Ite, benen fie jufagten. 
Sin bie Slbftettung ber ©d^mäl^reben toar nid^t ju benfen, S^xxi^^x 
unb S3emer tourben al^ ein berrätl^erifd^e^, fe^erifd^eö Ärämerbolf, 
il^re ^rebiger aU Äeld^biebe, Seelenmörber bejeid^net; 3toi«öK/ f^9^^ 
man im ©ebirge, fei ein ®ott ber Sutl^erifd^en. S)em ßifer ber 
bortigen ^ßriefter galten jtoinglifd^e unb lutl^erifd^e SReinung nod^ 
gleid^ biel. 3Bar aud^ ber Sunbe^brief mit Defkreid^ J^erau^gegefien, 
fo tourben bod^ forttoäl^renb neue Unterl^anblungen ge})flogen. auf 
bem Sleid^ötage bon 2lug^burg erfd^ienen bie (Sefanbten bon Sujern 
unb 3w9- ®i^ ^axm auf il^rer Steife bon ben ©leid^gefinnten fe^r 
ei^renboK emjjfangen toorben; in 2lug$burg iool^nten pe auf Sefe^I 
be^ Äaiferg in beffen Stalle, man bemerlte, ba^ fie il^m ©d^riften 
einreid^ten. 3ln il^iren alten SSerbünbeten SWarj ©ittid^, ®rf bon 
Sfleif d^ad^ , ^anö S^cob bon Sanbau; fanben fie aud^ je^t dtüilialt, 
unb man trug fid^ auf^ mne mit loeitau^fel^enben 5ßlänen, toie 
(Strapurg angegriffen unb ben (Sibgenoffen, bie bemfelben gu §ülfe 
fommen h>ürben, ber 2^ob bereitet, h)ie bann bie reformirte ©d^toeij 
gugleid^ bon ©abo^en, bem Sll^einlanb unb bem ©ebirge angefallm 

1) Orbnung unb ^a^ung ane l^infüro ^ ben ©ottö^uölütcn 9iat unb 
@crid;t g^altcn. 

2) 33uaini3cr n, 271. 344. 



goTtfci^ritte ber 9icformation in bcr ©d^toeij. 243 

• 

toerben foHe^), ®iefe 2)ittge fanben Mtn fo mel^r ©lauBen, ba ber 
äbel bott Sabo^en toirflid^ ju einem älngriff auf (Senf fd^ritt unb 
ju gleid^er 3^it ber ßaftettan Don 5Jluffo mit feinen emfifd^en aSer^ 
loanbten ©rauBünben anfiel. 35ie günforte lauteten ftd^ tool^I, ben 
©efäl^rbeten ^ülfe ju letften. SDie SBattifer erflärten o^ne mif)alt, 
ba| il^nen baiS be§ ©lauBeng l^alBer nid^t ju tl^un fei. Slatürfid^ 
brad^te man in SBern unb S^rid^ alle biefe SDinge in SSerbinbung*). 
%\iä) auf ber 'anbem ©eite aber gefd^al^ bie^. Äönig gerbinanb 
fürd^tcte, toürben bie Sürgerftäbte in ©raubünben §erren bleiben, 
fo toürben fte alöbann bie günforte angreifen: fobalb fie aber biefe 
Be^toungen, il^re Untemel^mungen gegen bie ßrblanbe unb baö 9leid^ 
rieten. 6r erfud^le ben Äaifer l^au})tfäd^Iid^ an^ biefem ©runbe, 
km günforten, toenn eg nötl^ig toerbe, §ülfe ju leiften^). 

1) (S^rifHau gricbBoIt an htn SRat^ gu ®t. ©attcn, Slugeburg 16. 3uli, 
hl öftrer unb $ottingere fd^njcigcrifd^ent 'äxä)i'o 1, p. 433. 

2) 2lu8 bem ©d^reiBen toon iBcrn an äürid^ 16. CctoBcr 1530 bei 
^cttinger II, 326. 25a« <Bpxtl fei gu frü^ angefangen; «in ©ato^er §abe 
fic^ merfen laffcn, cö fei bcr ©ciplid^en ^nft^fag. JBgl. Sn^ruction ?anbgraf 
Wili^)^ö in @fd^crö SCrd^iö II, p. 301. 

3) 3(u«3ug au3 bcm ©d^rcibcn gerbtnanbö an (£art Bei SBnci^er(j V, 258. 



16 



9$etfui^ einet ^ermUtelung jtoifi^en bett Beiben ^rotefian- 

tifi^en Parteien. 

3n fel^r naiver Sejiel^Uttg finben toir nun btc ©ibgenoffenfc^aft 
ju bem^SReici^e. 

einer aufftrebenben, mit ber öffentlichen SRetnung berbünbeten 
5Ktnorität ftanb auf ben 2^agfa|ungen toie auf bem Sleid^ötag eine 
altgläubige ^el^rl^eit gegenüber. 

35er näd^fte Unterfd^ieb Tag barin, ba^ Äaifer unb SReid^ ju* 
QUxä) eine fird^Iid^e aiutorität he^a^m, toeld^e ber S^agfa^ung, bie 
fid^ l^iebei aud^ nid^t auf ben Äaifer berufen fonnte, gu bem fte aU 
fold^e lein gefe^Iid^e« 3Serl^äItni^ l^atte, mit nid^ten jufam. dagegen 
^atte aber aud^ bie 3Rinorität in ber ©d^lüeij nid^t, h>ie bie beutfdfie, 
frül^ere allgemeine Sefd^lüfje für pd^, S)er Äam})f fear in ber ©d^toeij 
mel^r factifd^er, in ©eutfd^lanb mel^r red^tlid^er 9Jatur. 

S3eibe 3Raioritäten fud^ten il^re öornel^mfte $ülfe bei bem $aufe 
Deftreid^. Sollten ba nid^t aud^ bie 5!Rinoritäten auf baö emftlid^fte 
baran beulen, bie alte 3h:)ietrad;t, bie fid^ jtDifd^en il^nen erl^oben, 
fallen 3U laffen? 

2)a« Unglüdf h)ar nur, ba^ 3h)tngli fid^ im Sal^r 1530 auf 
fine SBeife auögefjjrod^en l^atte, toeld^e el^er ai?iberh)illen unb toeitere 
Entfernung al^ Slnnäl^erung irgenb einer SCrt l^eröorbringen mu^te. 
©ei eg, ba^ il^n bie ungünftigen Serid^te reijten, toeld^e lutl^erifci^er 
Qtxt^ Übet ba« 3Rarburger ®ef|)räd^ Verbreitet tourben, ober bo^ 
bie SlnhDefenl^eit (Sarlpabtö, ber eben bamaft bei S^ingli angelom^ 
mm toar unb furj barauf in ber ©d^loeij toieber gu einem Slmte ge- 
langte, auf il^n toirlte: — genug, faum toar il^m bie augöburgifdje 
©onfeffion gu §änben gefommen, fo fanbte aud^ er, ol^ne baj er 
gerabe eine bringenbe Slufforberung baju gel^abt l^&tte, eine SRed^en- 



ScrmittelungöUcrfuc^ gttjifc^cn bcn |)roteflantifd^cn ^arteten. 245 

fd^aft übet feinen (Slauben an ben Äaifer, toorin er nid^t allein ber 
fat^olifd^en Äird^e lebl^after entßegentvat, aK SKeland^tl^on eö getl^an, 
j. 8. bie Bifd^öflid^e äJerfafJung ol^ne h)eitereg Derirarf, fonbem aud^ 
öon einigen frül^em S^geftänbniffen, namentUd^ in bem 3lrtifel bon 
ber (Srbfünbe, h)eiter ,abh)i(l^, ja Sutl^em faft au^brüdflid^ ben 3Sor' 
tourf mad^te, er fel^ne fid^ nad^ ben 5Ieifd^töj)fen 2leg^j)teng jurüdf, unb 
il^m bie aaffefte 2lnffaffung Beimaß*). 

Äein SBunber, h>enn nun aud^ bie Sutl^eraner eine berftärlte 
3(6neigung gegen bie Slnl^änger 3^i»^öfi'^ funbgaben. 

S)aö SSebürfni^ beö griebeniS h>ar aber fo bring enb, ba^ in 
e6en biefem 2lugenWidf an einer anbern Stelle bod^ bie 2l6fid^t ge= 
fa|t toarb, eine SSermittelung beö ©treiteö in berfud^en. 

S)ie oberlänbifd^en Stänbe, namentlid^ Strasburg, gel^örten im 
©runbe beiben Si^eilen an, 

3luf ber einen ©eite toaren l^ier bie eigentl^ümlid^en 93erl^ält= 
nijfe beutfd^er ©täbte, befonberö ber SBBunfd^, bie ©eiftlid^en in bür* 
gerlid^e 5ßflid^t ^u nel^men, bie ®inh)irfung ber l^ol^en ©tifter auf 
bie 93efe|ungen ber Pfarren ju befeitigen, fo h>irlfam gelüefen, h)ie 
irgenblDo fonft: unb in allent, h)a^ man getl^an, l^atte man fid^ auf 
bie Slbfd^iebe ber Sleid^öberfammlungen belogen, ^n JJolge beö 3tb= 
fd^ieb^ bon 1523 l^atte ber SWatl^ ben ^rebigern bie 3Beifung gugel^en 
laffen, „l^infüro bie If^eilige ©d^rift lauter unb unbermifd^t mit 
SKenfd^enfabeln ju })rebigen, unerfd^rorfen , benn ein el^rfamer Slatl^ 
tootte pe babei i^anbl^aben*)". 3luig bem Slbfd^ieb beig 3al^reö 1526 
leiteten bie ©tra^urger ferner ba^S SRed^t l^er, aud^ in ben 6ere= 
monien 2lenberungen ju treffen, namentlid^ bie 3Keffe abin^UUm, 
toobon fie fid^ burd^ feine 3Wal^nungen Äönig gerbinanb^ ober beS 
SReid^gregintentg abl^alten liejjen-'). 2)afür gelf^örten fie aud^ ju ben 

1) Ad Carolum Eomanum Imperatorem fidei Huldrychi Zwinglii 
ratio. Quod Christi corpus per essentiam et realiter, h. e. corpus ipsum 
naturale, in coelo aut adsit ai^t ore dentibusque manducetur, quemad- 
modum Papistae et quidam qui ad oUas Egyptiacas respectant perhibent, 

id vero non tantum negamus, sed . Mitratum genus atque pe- 

datum, fagt er tt>citer§tn, credimus vdSov. 2)ic ?e«art bei ^dfuUx unb 
^^uU}). VoL rV. (lat. Script. Vol. II) p. 71 „ore — mandatur" fann un* 
mögltd^ bie richtige (ein. 

2) m'dhxxä) I, 175. 455. 3m erflcn dapittl ber Setra^olitana mirb alö 
2ßotib ber 35eränberung angefül^rt, baß ber große 9^eid^«tag toon 1523 bie 
^tebigtcn au« ber ^iciligen @c^rift ju nclSinten unb gu Bcmeifcn bcfo^ilen ^aibe. 

3) Siclation bei Slbgeorbneten bc8 9Jetd^öregimcntc« Bei 3ung, Slctcn* 

mt p. 66. 



246 ©cd^dtc« ^ü^. 3)nttc8 (iapM. 

Grften, toetd^c 6ei bem Äantmergerid^t betflagt tpurbcn. S" ööen 
biefen Sejiel^unflcn mußten ftc fid^ nun ganj h)ie anbrc beutfd^e 
©täbte gu bertl^eibigen fud^en. 

2luf bcr anbetn Seite aber l^atten bie bogmatifii^en SJorftettun^ 
gen 3h>ingK*ig ben größten ßinftu^ auf Strasburg unb getoannen 
bafelbft nad^ unb nad^ ijöttig bie Dberl^anb; man räumte enblid^ auc^ 
Silber unb SWtäre toeg, übertünd^te bie mit ©emälben gefd^üdten 
innem SBänbe ber Äird^en mit Steinfarbe; bie ^rebiger machten 
einen 33eh)eig befannt, ba^ bei ben ©ottgläubigen fein 35ilb gebulbet 
tverben bürfe; feine Qnfirumentalmufif h)arb Jpeiter jugelaRen; bie 
Drgel berftummte ^). — 3lud^ ^olitifd^ l^atte ©trapurg.in fo fern 
biefelben S^t^^^^ffen mit ben Sd^h>eijern, al^ bie öftreid^ifd^e 3itaä^t 
im 6Ifa^ beiben gefäl^rlid^ h)ar. 3[m Januar 1530 trat Strasburg 
in bag S3ürgerred^t ber Sd^tüeijerftäbte; fie toerf^jrad^en einanber 
h)ed^felfeitige J&ülfefeiftung; namentlid^ machte fid^ Strasburg an-- 
i^eifd^ig, ben ©d^toeigem 5Pulber jujufül^ren. 

35ei biefer 2)oj)Jjelfeitigfeit ber J)oIitifd^en unb religiöfen ^ah 
tung h)ar eö nun n)ol^l fel^r natürlid^, ba^ man nirgenb^ bringenber 
eine äfugföl^nung ber ftreitenben Parteien toünfd^te, al« eben in 
Strasburg. 

Unb fd^on h?ar aud^ ber SWann gefunben, ber e^ fid^ ju einer 
Sebenöangelegenl^eit mad^te, eine fold^e boctrinett burd^gufül^ren. 

6^ toar 5Kartin 93u§er, ber nad^ bem %aU ©idEingfen^, in 
bejfen 2)ienften er geftanben, überall Verfolgt, mit einer fd^toangern 
grau — er toar einer ber erften ebangelifd^en 5ßrebiger, bie f4 ^^^'' 
l^eiratl^eten — unb in großer 3lrmutl^ in ©trapurg angefommen, 
unb l^ier nid^t attein älufnal^me, fonbem einen großen ©d^au))Ia| 
l^öl^erer S^l^ätigfeit gefunben l^atte. SRan fagt l?on il^m, er l^abe fic^ 
in ber Sugenb b^x ben fd^olaftifd^en 2)iigJ)utationen bie SÄet^obe ju 
eigen gemad^t, ba^ SBefentlid^e ^ unb 5Rotl^toenbige t)on bem minber 
SGäefentlid^en unb 3wföttigen ju unterfd^eiben^). Snbem er nun M 
einfädle SBefen jtoei einanber entgegenftel^enber S5el^au))tungen iJer 
glid^, fanb er h)ol^I ein britte^ SWoment, ba^ biefelben lüieber ber 
einigte. Su^er fielet in bem Stufe einer nid^t immer ganj ^u rec^t 
fertigenben Seugfamfeit. 2)ie 3Reiften urtl^eilen, er l^abe ben %ox 
berungen ber Umftänbe jutoeilen melf^r alö billig .nad^gegeben. Un 
leugbar ift, ba^ feine SSermittelung^öerfud^e jugleid^ auf einem ödsten 

1) mi)xi^ 9eef. öon ©traßburg II, p. 8. 

2) Adami Vitae theologorum 102. 



maxt'm «ufecr. 247 

Sebürfni^ beö grieben^ unb innerlid^em JJad^benfen berul^cn : in il^m 
fetter i^aben fte aUe tnöglid^e aßal^rl^aftigfcit. gilt feinere STuffaffung 
frember Qbccn unb aSetterbilbung berfell&en, man möd^te fagen für 
fecunbore ^ßrobuctton, befa^er ein unjtüeiferi^afteig lalent. 

Slnfang^ l^atte Su^er in ben Sfu^brürfen Sutl^er« öom Slbenb^ 
mal^I, ipie et felbft einmal fagt, nid^tiS af^ eine neue Serbrobung 
66rifti gefeiten; allein bei einem tiefem ©tubium, namentlid^ be^ 
großen SJefenntniffeö bom Slbenbmal^I, toar il^m Ilar getoorben, ba^ 
fid^ baö nid^t fo t)crl^alte: fd^on in einer Sd^rift i>om 3al^r 1528 ^) 
mad^t er barauf aufmerffam, toie Sut^er^ ©inn im ©runbe toeit ein 
anberer fei, al§ man meine ^). Qn biefer STnfid^t beftärfte il^n baö 
©ef^räd^ öon 5Diarburg. 

6ben fo toenig aber lüottte aud^ er nun bie SWeinung jugeben, 
bie man lutl^erifd^er Seit^ liegte, ba^ t)on ben Dberlänbem nxd)t§ 
aU Srob unb SBein im Slbenbmai^I angenommen toerbe. Sluf bem 
Seid^gtag öon Sfug^burg fallen fid^ bie bier ©täbte, h)ie toir toiffen, 
genötl^igt, ba man il^re 3Dlitunterjeid^nung ber fäd^ftfd^en ßonfeffion 
abfd^(ug, ein eignet Sefenntni^ einzugeben. Su^er, ber an ber ^b- 
fafjung beflelben ben öomel^mften Slntl^eil l^atte, toäl^Ite fold^e 3fu^- 
brüdfe, toeld^e jenen SSortourf ferner unmöglid^ mad^ten. ^n bem 
18. ärtifel ber „Selenntni^ ber bier grei= unb 9teid^gftäbte ©tra^^ 
bürg, ßonftanj, 9Kemmingen unb Sinbau", ober ber fogenannten 
Setrajjolttana , l^ei^t e^: „ber §err gebe in bem ©acrament feinen 
toal^ren Seib unb fein loal^reig Slut toal^rlid^ ju effen unb gu trinfen, 
jur (5j)cife ber ©eelen, jjum eloigen Seben^)". 3Kan fielet, ba^ 
3Bort „toal^r" ift red^t mit 3lbfid^t loieberl^olt, ol^ne ba^ man bod^ 
barum bie geiftige 93ebeutung beö ©enuffeiS faffen lie^e. 

SDenn tim barauf berul^te bie Sennittlungigibee Su^erö, %^ 
aud^ Sutl^er ben Seib nid^t räumlid^ in ba^ 33rob einfd^lie^en tootte, 
fonbern nur eine facramentale ©inl^eit beig ßeibe^ unb S3Iuteg ßl^rifti 

1) ^Jergleid^ung 25octor Sutl^er« unb feine« ©egent^e^Iö ^ SJialogu« 1528. 

2) gragment cineö @d^reiben8 öon ©u^er an bie ©rüber in S^ur bei 
Mffxiäf II, 135. d^ed^t begeid^nenb ifi au^ bad ©d^retben an ©(aurer ibid. 
p. 275: Dum ipsi (Lutherani) veram praesentiam tueri voluerunt, — iis 
verbis eam affirmanint, quae si ad viin exigas, localem statuunt. Contra 
noBtri, dum locälem voluerunt negare, sie locuti sunt, ut visi sint Chri- 
stum coena prorsus excludere. 

3) äuerfl gebrucft 1531 ; mit einer Sf^otogie ©u^er«, in njetd^er ^o^pU 
nian, ein eifriger S^ing^^ittw^^r bie „vera et orthodoxa sententia de coena 
domini" finbet. Historia sacramentaria II, 221. 



248 ©cd^ete« «ud^. !I)ntte« dapittU 

» 

mit beut örob unb SBBein annel^me: unb ba^ l^intoieber ber gciftige 
®ettu^ bie toal^rl^afte ' äntocfenl^cit beg Scibeö Gl^rifti nid^t aufgebe. 
Snfofem alö Sutl^cr bem Seibe ßi^rifti eine geiftiflere SSSefeni^eit jit? 
fd^rieb, trat iJ^m Su^er bei. 6r gab ju, ber Seib lönne atterbingS 
eine anbete aU eine (ocale ®egentt)art l^aben: 93tob unb 2Bein l^ören . 
batum nid^t auf, ,8exäim beffelben ju fein, aber be^ antoefenben, 
nid^t beg abtoefenben; leiblid^e ©egentoart, ba^ l^ei^e: toal^rl^afte 
©egentoart *). 

@^ fragte fid^ nur, ob Su^er biefe (Sriäuterungen nad^ beiben 
Seiten l^in annel^mbar ntad^en ioürbe. 

3n Slugöburg legte er fie juerft 9ReIand^tl^on bor; bann eilte 
er ju Sutl^er nad^ ßoburg, bem er bie BUÜm feiner ©d^riften, bie 
bon bem f acramentalen , geiftigen ®enu^ am beutlid^ften lauteten, 
borl^ielt; er berid^tet, ba^ er bon 33eiben aSerfid^erungen erl^alten 
l|>abe, loeld^e ddc^ 35efte l^offen li^^en. 

Seid^t wad^te eS jebod^ Sutl^er bem SSermittler nid^t. Um nidlt 
getäufd^t ju Joerben, fteffte er gloei ^Ji^agen auf, bie toeiter feinem 
3h)eifel ^aum liefen: bie eine, ob ber Seib toal^rl^aft bei ben ^eiä)m 
fei, bie anbere, ob er aud^ bon ben (Sottfofen em|)fangen ioerbe. &^ 
ift merltoürbig, baj5 bie le^te unb fd^h)erere biefer JJragen fd^on im 
12. ;3al^rl^unbert erl^oben ioorben: fd^on Dtto bon tJreifingen gebenß 
il^rer, bod^ f)ält er für beffer, fie ju bermeiben, alö il^re Sejal^ung 
gu gebieten*). Sutl^er meinte, biefe 33ejal^ung fönne fo fd^toer nid^t 
fein, ba man bod^ gugeben muffe, ba^ ©otte^ SBort bon- ben ©Ott- 
lofen gel^ört h)erbe, ba^ ©otteig ©onne aud^ über bie Slinben fd^eine. 
Unb in ber 2:i^at erllärte fid^ Su^er in beiberlei ^injtd^t genügenb. 
6if hdannU, ßl^riftug fei im ©acrament, mä) bem 33rob Unb bem 
9Änb, toal^rlliaft zugegen ; ba alle SSerl^ei^ung ßl^rifti Ibal^r fein müj|e, 
fo jh)eif(e er nid^t, ba^ ©ottlofe, gleid^toie ©laubige, ben 2ei6. unb 
bag 95lut ßl^rifti genießen, ^ür feine 5ßerfon belannte er beibei 
SQBegen feiner „SKitbiener am SBort" aber benierfte er, ba^ fie jhjar . 
bon bem erften 5PunIte, überzeugt, bagegen in ^injtd^t'beö jtoeiten 
nid^t bon allem 3tbeifel frei feien ^). ßutl^er l^atte fd^on früher mi}- 

1) Melanchthon de Buceri sententia. Corp. Ref. II, 316. $ergf. 
Literae Buceri ad Pontanum 4. Aug. 1530 bei (Sölefiin 11, 302. ©ti^rei* 
ben Sutjcr« an $ergog (Srnfl öon l^üncburg bei ©eß ?cben Oefolam^jab« 
p. 317. 

2) Chromcorum über VIII, prologus: utrum mali veraciter sacra- 
mentis communicent , an exterius tantum ea accipiant. 

3) Sir l^aben g»ar bie ©d^reiben ©utjcr« niäft felbfi, aber bie 3(euje» 



gegeben, auf bie Ie|te t^age junäd^ft nod^ nid^t bringen ju iooUm, 
toenn man ftd^ nur in ^injtd^t ber erften mit einanber einöerftel^e. 
60 toieberl^olte er aud^ je^t: burd^ bad 99elenntni^, ba^ bai^ ©acra^ 
ment Bei bem S^iä^en fei, toerbe bemfelben feine gebül^renbe 6igen= 
• fd^aft gegeben; bie grage, toa^ bie ©otibfen empfangen, h)otte man 
für bieSmal t^ertagen. 

SBir befd^äftigen un« mit einer (Bpoije, in toeld^er J)oIitifd^e 
unb fird^Iid^e, ja bogmatifd^e ©nttoidelungen auf ba§ engfte mit eins 
anber t)erh)ebt finb. 

©d^on bie erfte älnnöi^erung S3u^erö l^atte bie ^olge, ba^ bie 
Slbgcorbneten ber oberlänbifd^en StÜW bei ber B^f^mmenfunft in 
Sd^mallalben, Secfmber 1530, ju ben Seratl^ungen jugejogen tüurben, 
3lad^bem nun aber eine ©rflärung, toie bie eben bcrül^rte, einge= 
gangen, blieb fein Sebenfen übrig, fie bei ber jtoeiten SvLiammm- 
fünft förmlid^ in bag Sünbni^ aufjunel^men *). Soi&ann griebrid^, 
ber l^ier bie ©teile feine« SSater« berfai^, lie^ eS fein erfte« ©efd^äft 
fein, fid^ mit ben Slbgeorbneten ber bier ©täbte ju befjjred^en; er 
forberte fie auf, biefe SSergleid^ung nun aud^ öffentlid^ J)rebigen, in 
alle Sßßelt berlünbigen ju laffen. 2)iefe öerfid^erten, ba 33u^er nid^t 
allein für fid^, fonbern im 2luftrag feiner Ferren l^anble, fo fei 
baran fein 3h>eifel*). 3" ©tra^burg, Sinbau, ßoftni^, 2)iemmingen 
Ratten fid^ nid^t allein Siberad^, ^«ni, Sleutlingen, fonbern aud^ ba« 
mäd^tige Ulm gefeilt. 2lud^ Ulm nemlid^ l^atte gegen ben 2tbfd^ieb 
bon ©J)eier J)roteftirt unb ben Slbfd^ieb Don 3lug«burg aüm ^Raf)- 
nungen be« Äaifer« gum 2Jro$ nid^t unterfd^rieben. 6« leud^tet ein, 
toie ftarf bafelbft bie reformatorifd^e 2^enbenj bereit« fein mn^U, 

rimgeti ?ut^erö, an ben fie geriti^tct ttjaren, faffen feinen S^^^eifcl über t^ten 
3ii^att Ü6rig. 2In Sßcnccelau« Sinf bei bc Settc IV, 327. gcrner on 2«e* 
niuö: Bucerus effecit tantum, ut concedant omnes, vere adesse et porrigi 
corpas domini, etiam corporali praesentia; caeteri tantum fideli animae 
ac piae; Bucerus vero consentit et impiorum manu porrigi et ore sumi. 
Sei ^lanä III, 340 fmb biefc «riefe offenbar überfeinen. 

1) Snftruction auf ben angefeilten 2:ag gegen ©(i^malfalben , 2:orgau 
25. SWörg. „Un8 ift it^o toieber ein ©d^reiben toon Sittenberg gufommen, fo 
ber Su^er an Dr. SO^artin unb $^il. TltL get§an, barau^ bie gmeen, tok 
une angcgcigt ijt »orben, nit anberö gu i^ernel^men ttjiffen, benn ba« ber Sir* 
tücl ber ^^interfteHigen ^unft falber auö^ öottenb Dergftd^cn". (©. 21.) 

2) ^ergeici^nig ber $anbellung auf gehaltenem £age gu (Sd^malfalben 
in ber ^oä^t na(i^ Subica. „C>aben feinen 3it)ei»cl, fie (i^re $crren) »erben 
tJcrfd^affen, ha% bergicitinen geijsrebigt, geklärt unb *>crfänbigt tt>erbe, andf ^cl(S)t9 
lautbar gu ma^en". 



250 0ed^dte« ^ud^. 2)rttted (iapittl 

um biefe mtfd^iebenen Sd^ritte l^erDorjubringen. ä((er aud^ bie ent- 
gegenßefe^te Sßartei toat lange 3^it «iti&* Wh>ad^, unb ei? fel^Ite nid^t 
an unrul^tflen Giegetttoirfungen. ®nblid^ gab bic Sürgerfd^aft bem 
JRatlj^e SSoIImac^t, bie Drbnung l^erjüftetten. ®ar balb feigen toir 
bann ein SBefenntni^ im eöangelifd^en ©inne erfd^einen, baS fid^ in 
bent STrtilel öom 2lbenbmal^I an bie 3:etra})oIitana anfd^Iie^t. 3« 
Sd^malfalben unterfd^rieben biefe ©täbte nun fännntKd^ baS 8unb= 
ni^ jur ©egentDel^r. 

9?ad^ ber fäd^fifd^en ©eite l^in \oax bemnad^ bie SJentül^ung 
99u|et^ gelungen : unb er ging nun baran, feine 9(nftd^t aud^ in ber 
©d^toeij geltenb ju mad^en. 

Dl^ne 3Rtil^e geh^ann er Don ben beiben toomel^mften Steforma- 
toren in ber ©d^toeij toenigften^ ben Einen. 3!)er friebfertige Defo- 
Iamj)abiu^ urtl^eilte, Su^er befleißige fid^ eben fo fel^r ber SBal^rl^ett, 
tüie ber Siebe; er emjjfal^l beffen äuffaffung feinem jürd^erifd^en 
ßottegen 3tt)i«9K^)» 

Unmöglid^ aber fonnte aud^ 3^i"9K fo geneigt fein. 

Einmal l^atte er Sutl^em allju l^äufig unb allju beftimmt jene 
grobe SSorftettung Sd^ulb gegeben, al^ baß er babon fo leidet l^ätte 
jiurüdfgebrad^t h)erben fönnen. ©obann toar aud^ nid^t gu leugnen, 
baß ftd^ Su^er bei allem geftl^alten beö S3egriffei8 bom geiftigen ®e- 
nuß bod^ ber lutl^erifd^en SSorftettung toom 5iK^fterium auf eine SBeife 
näl^erte, bie S^i^flli ^^i^t billigen fonnte. 6r toar fid^ gu gut be- 
toußt, baß feine Slnftd^t öon ganj anberem Urf})rung ausgegangen. 
Gr öertoarf bie ^ormel Su^er« nid^t gerabegu, aber fel^r anftö^tg 
loar il^m bie breimalige SBieberl^olung beö SBSorteg „ioal^r": er meinte, 
man toerbe barunter nid^tS anbereS Derftel^en, als : naturlid^. 6r l^atte 
nidf»tS bagegen, baß 33u^er einen Srief, ben er über bie Sbentitat 
beiber Sebren Verfaßt unb ben ©d^toeijem mitgetl^eilt, auSgel^en lajfe, 
aber er bel^ielt fid^ t)or, barüber eine Erläuterung }u geben, bie 
feinen eigentl^ämli(^en ©inn auSf^jred^e. SBenn er fid^ }u ber gor- 
mel bequemte, ber Seib ßl^rifti fei im 5Rad^tmal^l gegentoärtig, fo 
gefd^al^ baS bod^ immer mit bem 93etfa| „nur ber gläubigen ©eele"; 
bie Slnmutl^ung, ju brfennen, (Sl^rifti Seib n)erbe bem SWunbe hax-- 
gereid^t, ioieS er toeit bon ftd^*). 3n il^m, bem Url^eber, erl^ob fidj 

1) Utriusque (xeritatis et caritatis) Bncerus mea sententia obser- 
vantissimus est Proinde confido non ingratom tibi fore qaicquid ille in 
medium attolit. 19. 92ot). 1530, bei ^ottinger II, 320. 

2} ^(^retbcn bei ^eg, €)e!olamt>abiud p. 341. 



Scrmittclungööcrfud^ gmifd^en ben ^roteflantifd^cn Parteien. 251 

bie ganje ßnergie feiner urfjjrünglid^en 3bee, unb er toar um leinen 
©d^ritt toeiter ju bringen. 

^a^ l^inberte jebod^ nid^t, ba| S9afel, t>on Oelolam^abiu^ ge« 
leitet, ftd^ nid^t jener SSermittelung jugeneigt l^ätte. ©d^on fjjrad^ 
man in ber ©d^toei) bon einer eigentl^ümlid^en Seigre De!olam^ab$, 
bie bod^ aud^ giemlid^ gal^Ireid^e ä(nl^änger l^abe^). 

Ue6erl^auj>t toar bon einem engem Sünbni^ Jtpifd^en beiben 
refomiirten Parteien unaufl^örlid^ auf ia§ emftlid^fte bie Siebe. — 
Sn getoiffem ©inne beftanb e^ fd^on baburd^, ba^ Strasburg unb 
feit bent 3tiH 1530 aud^ Sanbgraf $l^i(it)t> in hu§ fd^n)ei}erifd^e 
Sürgerred^t getreten unb jugleid^ 3Kitglieber bei8 fd^malfalbifd^en 
Sunbeg toaren. S3efonberg auffallenb finbe id^ golgenbe«: ^n bem 
©efd^id^t^bud^ SuHinger^ toirb ein SunbeiSbrief mitgetl^eilt, toeld^en 
Stirid^ im gebruar 1531 bei einer 3wfcimmenlunft mit Sem unb 
Safel borlegte, mit ber Semerfung, ba^ er bon einigen 35eutfd^en 
fd^on angenommen loorben. S^^bem id^ benfelben naiver betrad^te, 
finbe id^, ba^ er ijon SBSort ju SEBort, öon Slnfang big 6nbe nid^t^ 
anbereö ift, ate bie fjormel beö fd^malfalbifd^en SSünbniffe«. 9Bie 
merftoürbig, ba^ S^rid^ feinen näd^ften SJerbünbeten ben Eintritt in 
baö fd^malfalbifd^e 33ünbni^, toie eg toenigften^ fd^eint, fo emftlid^ 
tjorgefd^lagm l^at. 

©g giebt iool^I feinen S^itJJunft, in toeld^em bie ßibgenofjen^ 
fd^aft, toie einer innem Umgeftaltung in golge ber fortfd^reitenben 
Sird^enreform , fo aud^ il^rer SBieberbereinigung mit 3)eutfd^Ianb fo 
nal^e getoefen toäre, toie bamalg. SDie beiben ^Parteien, in h)eld^e fie 
jerfiel, toaren bon ben entfj)red^enben ßlementm beS beutfd^en 3Kutter^ 
lanbeg geh)altig angezogen. S^ins^i meinte, man muffe bie Sad^e 
in ber ©d^h)eij ju 6nbe bringen, el^e ber Äaifer in ©eutfd^Ianb freie 
§anb belomme. fjerbinanb fürd^tete eine affgemeine Bereinigung ber 
ßöangelifd^en. Qn bem ungetoöl^nlid^ lebhaften S33iberftanb , ben er 
überall fanb, glaubte er fd^on bie SBirlungen be^ ©elbftbertrauen^ 
toal^rjunel^men , bag ein fold^er Sunb i^nen einflöße*). 

1) 2(ue ber übrigen« fel^r inl^altsleeren @d^rift gaberö de admirabili 

catholicis data victoria erfiel^t man bie^ (cap. VI, Opp. III, 145). 

5n einem ©d^rciben ?anbgraf ^l^i(i^|)« greitag nad^ ^almarum (2Ö. SC.) n)irb 
Oefolam^abtu« ganj als einöerflanben betrad^tet: „SßetI nun Oe!olam:|)abiu« 
unb bie anbem in ©ad^en ht9 ©acramentö mit un« ein« ^Jerflanbö fein, unb 
3u hoffen ift, bog bie onbern aud^ nod^ gu un« fommen »erben" 

2) Es cierto que se haran todos unos y peores que nunca por las 
fuer^as y ventaja que de dia en dia van cobrando los que siguen estas 
sectas. Prina 27. SWärj 1531. 



252 <Btä)9M «ud^. 2)ritte« diapxttU 

aittein bie religiöfe S)ifferenj berl^inberte bie SSereinigung aud^ 
bie^mal. 

Sluf ber Serfammlung ju granffutt a. SR. im Qwni 1531 !am 
bie ©ad^e nod^ einmal jur Bpxa^c, 

35etn unb Sürid^ l^atten auf ig neue erflärt, bie Su^erifd^e %omä 
n\ä)t anneJ^men ju toollen: nid^t toeil fte iJ^nen und^riftlid^ erfd^einC; 
fonbem toeil fte ju bunfel fei unb leidet gu gefäl^rlid^en SWi^öer- 
ftänbniffen Slnla^ geben fönne^). 

2)agegen l^atte ber ß^urfürft bon ©ad^fen feine ©efanbten m 
ftruirt, toenn bie ®ibgenoffenfd^aft nid^t ein bem aug^burgifd^en 
gleid^förmigeö Sefenntni^ ablege, über eine SSerbinbung mit berfettm 
nid^t toeiter ju unterl^anbeln ; nid^t einmal anjunel^men, barüber ^toa^ 
an xf)n gu bringen. 

9iotl^h)enbig l^atte baö bann aud^ auf bie innem 35erl^anblungen 
beiS fd^mattalbifd^en Sunbe^ felber trieber ßinflu^. 

^n tjranffurt toarb ein 6nth)urf ju einer Äriegöberfaffung bor- 
gelegt; bie Dberlänber fanben i^n fel^r öerftänbig unb angem#n; 
attein fie Weigerten fid^, i^n ju unter jeid^nen, ba bie ©ibgenoffen 
nid^t aufgenommen h)orben. ©ie erflärten, il^re SBBibertoärtigen ringö 
um fie l^er feien ju ftarf : f o entfernte SSerbünbete iDürben ii^nen ni^t 
l^inreid^enbe $ülfe leiften lönnen. 

D^ne St^^if^I toollten fie erft ben Sluögang ber S)inge in ber 
©d^h)eig abwarten. 

2)enn fd^on lie^ fid^ bort atteiS ju einer ßntfd^eibung burd^ bie 
SBaffen an, bon ber bann aud^ Slction unb Sleaction in bem oBem 
SJeutfd^Ianb abl^ing. 

1) «rieflced^fcl gtoifd^cn Sern, «afel unb 3ürid^, bei @fd^er unb $ot* 
ringer Slrdjiö 11, p. 290. «afcl befielt barauf, «utjerö @r!Iärung fei „ollo 
luter, baö fie mit ircm (ber ®egner) natürlichen It^Uiäftn fubpantjfid^en ober 
tt)efcnli(i^en ?^b gar fein gemeinf(i^afft ^aV\ 



Viertes ^apifeC 

^üiapüpift ber 9{eformatton in bec S^tuetj. 

• 

©er Singriff ©abo^en^ auf ®enf toarb nod^ 1530 gurüdfgc=^ 
f dalagen; im fjrüj^ja^r 1531 toarb. aud^ bcr ßaftellan l)on SRuffo 
au§ ©raubünben Ijertrieben. So toenig bie ©täbte in ben fd^mal- 
lalbifd^en S3unb getreten, fo toenig toar eine tDirllid^e 3Serbinbung 
ber fünf Drte mit Deftreid^ gefd^Ioffen toorben. SCuf fid^ allein be« 
fd^ränlt, jlanben bie beiben 2!l^eile ber ®ibgenof[enfd^aft einanber 
gegenüber: aber erbitterter afö je. 

Sie fünf Drte Kagten, unb in ber %f)at nid^t mit Unred^t, ba^ 
man il^re 3Kel^rl^eit nid^t mel^r anerlenne, fie i^re« Sled^te^ entfe^e. 
Sie Weigerten jtd^, in Drbnungen gu ioittigen, toie fie j. 33. in 
St. ©atten getroffen tüorben toaren. 2)er erfte $au))tmann; ber nad^ 
ber neuen ©inrid^tung'bafelbft antreten foffte — er toar i>on Sujern 
— berfd^mäl^te ben Säuern ju fd^toören, unb ritt babon. 

dagegen hjaren bie eljangelifd^en ©täbte too^I nod^ mit äugen« 
fd^cinlid^erm Siedle entrüftet, ba^ man fte in jenen gemeineibgenöffis 
fd^en ©ad^en nid^t unterftü^t l^atte: fie fanben, baburd^ feien bie 
SSünbe im ®runbe fd^on gebrod^en; unb foffte man bie ,,groben un- 
menfd^Iid^en" ©d^mäl^reben fid^ nod^ länger gefaffen laffen? bie SSer« 
anttoortungen ber fünf Drte barüber feien felber ein ©d^imjjf *). 

3h)ingli'ö SKeinung toäre getrefen, ber ©ad^e ol^ne längern 
SSerjug mit ©etoalt ein ®nbe ju mad^en. 

3[n t)oIitifd^er Sejiel^ung toaltete toenigfteniS ein nid^t minberer 
Unterfd^ieb jtoifd^en Sut^er unb S^ingli" ob, aK in ber Se^re. 

1) anbtourtcn unb meinungen ber rabtöbotten ber d^riflcnfid^en ftettcn, 
24. 'äpxii 1531. mi SButtinger U, 362. 



254 @ed^«teö ^üä). «ierlc« (Sa^itcl. 

Sutl^erö 5PoIitif, h)enn tt)ir ja babon rebcn fönnen, l^ing ganj bom 
religiöfcn ®cfid^tg})unftc ab unb toar auf bie näd^ftc SScrtl^eibigung 
befd^vänft. S^^ingli bagegen öerfolgtc l)on Slnfang an jugleid^ j)ofitii) 
^joKtifd^e S^^i^' ^i^c Umgcftaltung ber ßibgenoffenfd^aft loar ber 
3WitteI)3Uttft affer feiner 3^^^^«- ^^ ^o,tU bagu bie toeitauöfeJ^enbften 
5{5läne gefaxt: er ift o^ne B^^if^I in beiberlei §infic^t ber größte 
Sieformer, ben bie ©d^toeij je gel^abt i)at. 

©d^on öfter toar baö 3Rifeöerl^äItni^ jur ©^rad^e gefommen, 
Jüelc^eö barin lag , bafe bie SBalbfiätte , bie in ben eibgenöffifd^en 
Arielen an 3Kannfd^aft unb ®elb fo biel Weniger leifteten aU bie 
Ijolfreid^en Sürgerftäbte, bod^ an ben Sort^eilen be^ ©iegeö unb ber 
^errfd^aft gleid^en 2lnt^eil nal^men. S)a§ hjar eigentlid^ ber ®runb 
ber 3i^rungen nad^ ben Surgunberfriegen getoefen. ©d^on bamal^ 
mußten bie.äBunber ber 9leligion in 3:i^ätigfeit gefegt h)erben: ber 
Sruber ßlaug mu^te erfd^einen, um bie äluöfö^nung ju bctoirfen, 
bie in ber 35erIommni^ bon ©tanj auiggef|)rod^en ift. 3h)ingli fanb 
nun aber, ba^ baö 3Serl^äItni^ feitbem nod^ unerträglid^er geloorben. 
^aburd^ nemlid^, ba^ jid^ ju ben t>ier anbem 28albcantonen anä) 
3ug gefefft, l^attc fid^ eine SKajprität gebilbet, bie über alle ©e- 
fd^äfte ber SCagfa^ungen entfd^ieb, unb gegen bie fein gefe^Iid^e^ 
ÜKittel anjutoenben toar. 3h>ingli urtl^eilte, la^ biefer SSort^eil, ber 
fo rud^Iog gemi^braud^t toerbe, aud^ l^öd^ft ungercd^t fei. SJie Seitung 
ber ®ibgenoffenfd^aft gebül^re bielme^r ben beiben ©täbten Qüxiii 
unb 93ern, bie bod^ immer ba^ 93efte get^an unb bie ©tärfem ge- 
toefen: bie müßten bie ©ibgenoffenfd^aft führen, toie gtoei SviQti)m 
ben SBagen. '^an muffe ben fünf Drten ben Sunb jurüdEgeben, unb 
fie bei einer neuen ßinrid^tung enttoeber aui^ ben gemeinf^aftlid^en 
3Sogteien, toenigften^ biefjeit beö ©ebirge^, gerabeju augfd^Iie|en, 
eine neue !£l^eilung mad^en, ober auf jeben ^aff il^re 3ßel^rl^eit ab- 
fteffeni). 

9SBir fe^en: S^ingli tooffte ber SBerfaffung einen ganj anbem 
©d^h)erj)unft geben unb il^re ©in^eit auf bai^ Uebergetoid^t ber fac- 
tifd^en 3Kad^t begrünben. ^n bem gefammten ©ebiete toürben bann 
bie nemlid^en religiöigsjjolitifd^en ©runbfä^e ^errfd^enb getooVben fein. 

$Iäne biefer Slrt laffen fid^ natMiä) nid^t au^f ül^ren , ol^ne ein 
energifd^eö S^f^^^ntentoirfen affer Gräfte in bem günftigen äugenblidE. 
©lg fragte fid^ erft, ob SKeifter Ulric^ S^ingli, fo mäd^tig unb an- 

1) 2ßa« 3ürid^ unb «ern Slot gu bctrad^ten \tp in bem fünfortigen 
$anbcl, bei ^ottingcr 11, 487. 



• ©cgcnipirfung in 3önd^. 255 

gefeiten er and) toar, bieä in einetn GJrabe fein toürbe, nm feine eigne 
^attei ju einer Untemel^mung biefer 2lrt gu bereinigen. 

SelBft in 3üti(i^ aBer l^atte Stoingli nod^ mit entgegengefe|ten 
©efmnungen unb l^artnädigen 5ßribatintereffen gu lämjjfen. ^m großen 
Satire, ber bod^ bie fird^Iid^en 2lngelegen^eitten leitete, gab eö nod^ 
gegen 6nbe bei? gal^reö 1528 Seute, h)eld^e bie alten ©ebräud^e bor^ 
jogcn. 3^i"9K forberte auf bem 5Prebigtftul^l bie 3leimgung be^ Slatl^eg 
bon ben (Sottlofen, benen baö SßJort ©otteö nid^t munben tootte. 3n 
ber 2l^at fd^ritt man enblid^ baju, in ben 3ünften ©inen nad^ bem 
3(nbem gu Derl^ören, ob er fid^ ium %x^ä) beiS §errn l^alten hjotte, 
h)ie anbre ßl^riftenmenfd^en, unb fd^Io^ biejenigen \)on bem SRatl^e 
an^, bie baö öertoeigerten •). S)od^ h)ar bamit nod^ nid^t atteig ge^ 
fc^el^en. Unter ben abltd^en ©efd^Ied^tem gab e^ nod^ gar SWand^e, 
toeld^e bie frül^em 3ifl^^9^li>^i^ nur ungern entbel^rten unb nid^t aKe 
Serl^ältniffe gu ben C)berl^äuj)tern in ben fünf Drten abgebrod^en 
l^atten. Äonnte S^i^ßK biefen S^fftw^ni^nl^ang nid^t jerrei^en, fo 
MX er büd^ entfd^Iofjfen, il^n unfd^äblid^ ju mad^en. SDer ßinflu^ 
ber (äefd^led^ter. in 3^^^ beruhte barauf , ba^, toäl^renb bon jeber 
ber übrigen Sänfte nur immer brei SÖJitglieber in ben fleinen unb 
jtoölf in ben großen diaif) traten, bie ablid^e S^^f^f ^^^ ßonftafel, 
ba^ Sorred^t befa^, an^ i^rer 2Ritte fed^ö in jenen, unb ad^tjel^n in 
biefen treten ju Taffen^). 3h)ingli toar mäd^tig genug, biefe Un- 
gleid^i^eit abjufd^affen: er fefete burd^, ba^ bie ßonftafel ben übrigen 
3ünften gleid^ geftettt tourbe. 

3l\xx burd^ fo ftrenge SKa^regeln fonnte in S^^i^ f^I^ft i>i^ 
jjolitifd^^religiöfe ©inl^eit ber öffentlid^en ©etoalt ju ©tanbe gebrad^t 
toerben, beren S^i'^fl'i beburfte. Slttein loaren ba nid^t ^att ber 
offenen gei^eime ©egentoirfungen unbermeiblid^? ®ar balb foKte er 
fte }U füllten befommen. 

Unb nod^ bei toeitem griJ^ere ©d^loierigfeiten fe^te il^m baä ber-' 
bünbete Sem entgegen, ioo bie 5Keigung ju ben ;3al^rgelbern an unb 
für fid^ tiefer, eingeteurjelt ioar, eine getoiffe ©iferfud^t gegen 3ürid^ 

1) ©crnl^arb Seig p. 91, glüdliti^ertocife umflänblid^er al€ SSuHingciC 
2)ic ©^toierigfcit bcö Siif^önbee beutet an^ folgenbe ©teile bei ä^^ingli felbjl 
Ott: An non optimi quique ac innocentissimi, cum senatores tum plebeji, 
sie me colunt ac tuentur, ut nisi id constantissime facerent, minor 
esset publica tranquillitas. Eesponsio ad amici haud vulgaris epistolam. 
Gualth. n, 323. 

2) %L SBruntfd^Ii fBtaat9^ unb SRcd^tggefd^id^tc bon 3ürid^ I, 359. 
?eiber »erben bie obigen J^er^iältniffc in bicfem «uc^e f:|?äter nid^t erörtert. 



256 @ed^dte9 ^ud^. Sterte« (Sa^iteL 

fid^ immer toieber jeigte, bie bi^l^erigc äbfonberung ber berfd^iebencn 
Gantone, tomn nid^t eifrige, bod^ jäl^e SSertljieibiger fanb. 

^^ toei^ nid^t, ob jener ^pian, ber ioi) fo bortJ^eill^aft für bie 
Semer lautete, il^nen aud^ nur tjorgelegt toorben ift: in ben Ser- 
l^anblungen ber ^Jagfa^ungen ipeniflfteniJ finbe id^ leine ©))ur beflelben. 

®a befd^ränften fid^ bie gorberungen ber Sürgerftäbte nur 
immer auf folgenbe brei: erftlid^, ba^ bie Säfterer geftraft; jtoeiten^, 
ba^ bie armen 2eute, bie um be^ ©lautend toiHen bon ^au^ unb 
$of ber jagt toorben, toieber aufgenommen; enblid^, ba^ aud^ in ben 
jenfeitigen (Sebieten bie ©laubenölel^ren ber bieffeitigen gebulbet Wür- 
ben*), gorberungen, bie ol^ne S^^U^ in ber Statur ber ©ad^e 
lagen. 3)enn toeld^e (Sibgenofjenfd^aft fonnte ei^ geben, too bie ßinen 
ben @ib ber 9(nbem nid^t anerlannten; toeld^e 9led^tiSgemeinfd^aft in 
ben SSogteien, fo balb ber eine 2^l^eil ber §errfd^aften ben ©louBen 
Ijerfolgte, in toeld^em ber anbere fein ^eil erblitfte? SSJie fonnten 
bie ebangelifd^en ältitglieber bei§ 93unbed überl^au^jt jufel^en, ba^i^re 
©lauben^genofjen ein paax 3JleiIen Don il^nen mit Oefängni^ beftroft 
tourben? 3)arin lag bod^ im ©runbe nid^tö, alö eine 3Cnerfennung 
ber Gl^riftlid^feit beö neuen S^ftanbeiS: nur biefe nol^men fte in 
2lnfj)rud^. 

^n biefen S^iUn l^atte ftd^ aber baö religiöfe Sefenntni^ t)icl 
ju enge mit ber ©taatögetoalt bereinigt, alg ba| 3«9^ftänbnif[^ ani^ 
nur fold^er Slrt anberö, aK auf bem SSege beS 3h)ange^, l^ätten 
burd^gefe^t toerben fönnen. 33ie Staati^getoalt in ben fünf Drtm 
berul^te auf ber auöfd^Iie^enben §errfd^aft be« Äatl^oliciömu«. Ratten 
bie 3Rad^tl^a6er fid^ bequemt, bie entgegengefe^ten aReinungen juju- 
laffen, fo toürbe fxi) unter il^ren Slugen ein il^nen feinbfelige^ 6tc^ 
ment in ber Sebößerung gebilbet l^aben, ba^ bon ben S^enbenjen ber 
3eit getragen unb bon au^en l^er unterftüftt, il^nen leidet felB^ l^ätte 
gefäl^rfid^ toerben fönnen. ©ie toiefen alle jene SCnmutl^ungen ent- 
fd^ieben bon ber §anb. * 

2)a trug nun S^bingK lein Sebenfen, Ärieg ju f orbern, unöep 
jüglid^en Stngriff, fo lange man ben SSortl^eil in $änben I^Be: er 
betoirlte, ba^ 3ürid^, too j|e|t Sliemanb mel^r il^m offen toiberft)rad^, 
fid^ in feinem ©inn erlldrte. 

3n Sem jebod^ toar feine Slutorität nid^t fo gro^. Stoang^^ 

1) 3n S3ufiinöer8 d^xonit, totldft fd^on für btc frül^cm «utoren fa|l 
immer bie ©au^tquette getocfen unb jefet gcbrucft ift, flnben fld^ affc SJerJanb- 
lungen. @e^r ungern entbehrt man hit gortfe^ung be« 3toingft*f(i^en S5rtef' 
toed^fel«. 



gorberungcn ber öörgcrflSbte. ^57 

ma^reflcltt l^ielt aud^ Sem für notJ^tDenbig, aber eö tooffte ni^t ju 
ben äu^erften aWitteln fd^reitm. 6^8 fe|te burd^, ba^ man, tote e« 
aud^ in bem Sanbfrieben fd^on tjorgefel^en toar, bie fünf Drte juctft 
burd^ Sntjiel^ung ber S^^u^x ju befami)fen befd^Io^. 

SBie l^ätte ba« aber S^Jingli befriebtgen f otten ? Sr fal^ tool^I, 
ba^ Serjögerung äffe« öerberben toerbe. ©d^on fül^Ite er aufig neue 
feine einl^eimifd^en ©egner ftd^ regen, unb jutoeilen Hagte er auf ber 
Äonjel über ben SlüdPl^aft, ben 3ürid^ felbft bem ^Jeinbe getoäl^re: 
atteig ßmfteig tooffte er einmal abbanlen. 3)a er, toietool^l nur mit 
aJltil^e, baran berl^inbert toorben, mad^te er nod^ einmal ben SBerfud^, 
bie Semer öon ber SRotl^toenbigfeit eineig anbem SSerfal^ren« ju über- 
jeugen. Qn tiefem (Se^eimni^ finben toir il^n ju Sremgarten eine 
gufammenfunft mit ein Jjaar Serner 2Ibgeorbneten l^alten, bei Slad^t, 
im $aufe be« ^räbicanten Suffinger: Sremgartner 9latl^«l^erren 
ISiicIten SBad^e. Slber biel Hoffnung fann er aud^ l^ier nid^t em- 
J)fangen l^aben. 6l^e ber 2:ag graute, brad^te Suffinger feinen 
5Kcifter burd^ eine ^Pforte beim Sd^ü^enl^au« auf ben SSBeg. Ueber 
3h)ingK lag eine fd^merjlid^e Stimmung. ®r toeinte, aU er bon 
Sullinger Slbfd^ieb nal^m: „®ott bel^üte bid^, ^einrid^", fagte er, 
„unb bleib nur treu am ©erm ßl^rifto unb feiner Äird^e"^. 3^ 
äuguft toar ein Äomet erfd^ienen: ber 2lbt ®eorg SKütter bon 
SBettingen fragte eine« S^ag« auf bem Äird^^of jum großen 3Künfter 
3tt)ingli*n, h)a« ber tool^I bebeuten möge. „ÜKein ©eorg", anttoor- 
tetc ShJiwflR/ /^wiid^ unb mand^en ©l^renmann toirb e« foften: bie 
Rird^e h>irb 3lotl^ leiben: bod^ Werbet i^r barum öon ß^rifto nid^t 
berlaffen Voerben"*). 

1) (Srjc^r'ung «uttinger« UI, 49. 

2) 3n einer 9lote fei mir erlaubt, an ben anmutl^tgen SBeric^t eined 
3«tgenoffcn gu erinnern, ber im <S(i^n). iWuf. II, 535 abgebrucft t|l. (gr 
Milbert ba, toic er in biefen Za^tn in ^t. ©aßen mit bem greunbe ä^^i^gü'«, 
^abtanu^, bem Dr. Soad^im bon SBatt unb einigen ^nbern einfl ju ^lad^t 
auf bie ^erneg]^ flieg, unb bann nod^ toeiter l^inauf auf bie ^^i, tDo ftd^ 
ber 2)octor unter fic ft^jte, auf ben ©oben in ben il^au, i^jnen bie Sf^amen 
bei ©ejHrne, bie entgegengefe^te ©eu>egung bed 3^biacu$ unb bed übrigen 
girmamente erHärte, bie SBunber be« @d^8^)fer8, ben er batb gu feigen toünfd^e, 
toorauf er feine Singen auf bie Sanbfd^aft riti^tete, be« erflen Stnbaue« buxdf 
bie 9tömer gebatikte, ber ©rünbung unb ber ©d^idtfate ber (Stabt, n>ie oft fte 
»Jerbrannt, loo^cr ein iebeö 2^1^or feinen 5Ramen Ifjabe, »ie fie ben naiven 
SSalb auögerobet, ha9 einträglid^e Seintt)anbgeh)erb gegrünbet, — bei biefcm 
®eban!en toieber fid^ ju bem Äometen toanbte, öon bem man nid^t anber« 
staubte, aU ha^ er ben 3oni ©otte« anbeute. 2:^eo^^raflu8 öon ^o^en^eim, 

^. fkanU'9 SBerfe III. 17 



258- @ed^«fc« Sßüdf, Stierte« dapM. 

2)te 2)in8e gingen, tote 3^iwgK borau^gefel^en unb tote fic 
geilen mußten. SBenn Sern gel^offt f)atte, ba^ gemeine 3SoIf in ben 
fünf Drten toerbe ben 5DlangeI nid^t au^^alUn Knnen unb fxd) toiber 
bte SKad^tl^aber em})ören, fo gefd^al^ el^er ia§ ©egentl^eil. äud^ ber 
gemeine 3Rann tourbe bort nun erbittert, toeil man il^m unter bctn 
©d^ein beö ßl^riftentl^umg bie grüd^te entjiel^e, bie ®ott frei toad^fcn 
lafle ^). 2)ie (Setoaltl^aber brandeten jebeö 3KitteI , nm \f)x 2tnf el^en 
aufrecht ju erl^alten. 5Die S^rid^er Ratten ein 5Kanifeft ju il^rer 
Sled^tf ertigung au^gel^n laff en unb e^ aud^ nad^ Sujern gefd^idft : ber 
diat^ bon Sujern bel^anbeltc äffe bie, bie e^ emj)fangen unb ^ttva Stn- 
bern mitget^eilt, al^ SSerrätl^er, unb fjjannte fte an baö golterfeil. 
3lu^ fd^on an unb für fid^ mu^te burd^* bag ©efüi^I ber fortbouem- 
ben Seleibigung bie feinbfeligc Stimmung bon SJage gu 3:age toad^fen. 
©0 fd^eiterten benn äffe Unterl^anblungen, 3)ie fünf Drtc BlieBen 
babei, bie ©täbte bei i^rem'Sunb ju mal^nen, il^nen ben 5ßrobiant 
px eröffnen ober il^nen Siedet gu geftatten. 2)ie ©täbte bertoeigerten 
auf bie Sled^tgforberung einjuge^n, ba \a ber fjriebe auöbrüdflid^ 
ia^ Slbfd^Iagen beS ^robiqntö aU ©träfe für bie fortbauemben 
©d^mäl^ungen feftgefe^t l^atte : cbm biefe ©träfe toofften fie nun tjott- 
jie^en. 3)ie SSermittler, bei benen toir aud^ ©tra^burgifd^e Slbgeorb- 
mic finben, mai)Un ben 3Sorfd^Iag, ba^ man bie S^^tigung ber 
©d^mä^reben il^nen überlaffen möge. S)ie ©täbte gingen tfa^ ein, 
bte Sänber toaren nid^t baju ju bringen. 

(gg toar fein 9KitteI ^u erbenfen : e^ mu^te, unb jtoar nunmelS^r 
unter gan^ anbem 3lufj)icien, aU 3h>i«gK getoünfd^t, jum Äriegc 
fommen. 

3m ©e^)tember l^ielten bie fünf Drte eine ^^agfa^ung ju Sujcm, 
um barüber ju berat^fd^Iagen. Slnfang« toaren Uri, ©d^to^|, Unter* 
toalben ob bem SBalb gegen einen naiven Slufbrud^: Uri fd^Iug fogar 
t>or, bie SSefd^lüffe be« näd^ften iWeid^ötagg ju ertoarten. 2lber Unter* 
toalben nib bem Sffialb brang barauf, ba^ man unberjüjfid^ ben 
Ärieg an bie $anb nel^men muffe: unb bal^in ging jule^t bie all* 
gemeine 3Weinung. „2)enn man lönne itid^t $ungerö berberben, man 
toerbe Seib unb Seben baran binben"^). 

bamalö gu ®t. (BaUtrtf unb SInbcre erüärten, er geige nid^t allein 53Iutöer* 
gießen, Slenberung beö S'^egimenW, fonbern aud^ befonber« einen 2(6gang ge* 
lel^rtcr 9Wänner an. 

1) §atttpt?I in Äird^^ofcr« ^aUer 107. 

2) ©uttinger HI, 73. 2)er erfie Singriff auf ©er n n>ar nte^r bonC6' 
Jvalben ausgegangen. 



SBibcrfianb ber fünf Orte, 259 

3)ie greunbe ber fünf Drtc fallen ii^r Sorl^aben nid^t ol^ne 
einige %\xxä)i an. RönxQ getbinanb beforgte, fte iDürben unterliegen 
'unb'alöbann erft bie attgemeine 3Sertoirrung überl^anb nel^mei;i. 

Unb getüi^ toaren fte bie bei Weitem geringere Stnjal^I; aber bor 
allem: fie l^ielten jufammen; bie Dberl^äuJ)ter iüaren burd^ gemein- 
fd^aftlid^eig 3nteref[e unb gemeinfd^aftlid^e ©efal^r auf ba^ ©ngfte 
Derbunben, il^re ©etoalt burd^ bie attgemeine (Sntrüftung nod^ ber^ 
ftärft. 35ann l^atten fte ben SSortl^eil, lt)äl^renb in ben Stäbten nid^t^ 
gefd^al^, bon ber 33urg il^rer ^Ipm l^er ben 3lngriff J)lö$lid^ auf bie 
öertüunbbarfte Steffe au^fül^ren ju fönnen. ©inige 2^age l^inburd^ 
l^örte man nid^tö bon il^nen: bie 5ßäffe h>urben auf ba§ ©trengfte 
betpad^t, fein SSerbäd^tiger toarb ein= ober aud^ nur au^gelaffen. 6§ 
gab aud^ im l^ol^en Sanb greunbe ber Sürid^r, bie il^nen 5Rad^rid^t 
ju geben berfjjrod^en f)atim, iüenn ettoag gegen fie im SEBerfe fei: 
burd^ bie ftrenge 2luffid^t \t>axh il^nen ba« unmöglid^. Unb nur 
toenige S^age reid^ten fd^on l^in, um bort affe§ jum Slufbrud^ fertig 
JU mad^en. ^lö^lid^, am 9.' Dctober, überfd^ritt t)on Sujem l^er ein 
gäl^nlein bie ©renjen unb fiel })lünbernb in bie freien Slemter ein; 
am 10, fal^ man auf bem 3^0^^ ®^^ ©d^iffe mit Äriegöleuten bal^er= 
fal^ren: ber Älang ber ^örner fünbigte i^re Slnfunft in 3ug an; an 
ben ©renjen toarb baö Su^en beö Uriftier^ bemommen. ®leid& auf 
ber obenberü^rten 2^agleiftung ju Sujem iüar befd^loffen toorben, bie 
^au^jtmad^t in 3wg Ju Dereinigen; bie Äriegörät^e l^atten nur ben 
Sag JU beftimmen unb bie 35inge bann in ©ang gu bringen*). 

3Bären bie ©täbte auf biefen Slnfatt borbereitet genjefen, fo 
h)ürben fie il^n leidet abgetoel^rt l^aben: S^xiä) burfte nur ben $a^ 
über ben Sllbiig befe^en, fo bel^ielt eö 3^itf M ^"f ^^^ ^^f^^ gW 
ruften. Slttein man toar bi^l^er nod^ immer mit ben einmal er^ 
griffenen 3^^wgigma^regeln befd^äftigt geUjefen: man l^atte fo chm 
auf bi'e 3Kittel gebadet, bie S^fw^^ ^wd^ ^^^ ^^^ 6lfa^ l^er, ju 
beiben Seiten ber Sleu^, gu berl^inbern. S^bem man nod^ ju gtoingen 
gebadete, fal^ man fxä) ^jlö^lid^ felber angegriffen. Sa^ ber Singriff 
auf berfd^iebenen Seiten gefc^al^, brad^te eine um fo größere SSer- 
toirrung ^erbor, ba man n\ä)t \t>n^U, tool^in er l^au^)tfäd^lid^ ge- 
rid^tet fei. 

2tm 11. Dctober 1531 beg SJlorgenö fd^touren bie 3Wannfd^aften 

1) Äurge S3efd^reiBunci ber fünf fatl^cüfd^en Orte Kriegs toibcr i^rc 
(Sibgenoffen ber fünf gtoingti'fd^en Orte; bie man feit Raffer bem @tlg 2:fd^ubt 
^ufc^reibt, toä^renb fie ^anbfc^riftlid^ auci^ unter bem 9lameu toon S^fat unh 
anbern crfd^eint; in ^alt^afar« ^elöctia 11, p. 186. 

17* 



260 @ed^«ted 9ud^. Vierte« (So^itet. 

ber fünf Drte auf bcr S^Q^^ Ättmcnbc il^re Drbinanj, unb festen 
ftd^, 8000 SWamt ftart, untet il^ren fünf SBannem in Setoegung, um 
in ba« ©ebict il^tcr bomel^mftm fjeinbe, bcr Sürid^et; borjubringen. 

aSor il^nen, bei 6a))t)el, ^attm fid^ bei bem 3ürci^^^ g^l^ntetn 
nur ungefähr 1200 3Rann gefamme(t. 

3toar l^atte man an bemf elbm 9Rorgcn in ber ©tabt 3«^^^ 
felbft ba^ gro^e 93anner au^geftedt, unb bie baju gel^örigen ÜJlann- 
fd^aften fingen an fid^ gu fammeln; attein ba§ gefd^al^ mit Unorb- 
nung unb Uebereilung. 3loä) in ber nemlid^en ©tunbe jog ein S^l^eil 
ber Xxuppen nad| ben freien Slemtem. 3e^t, an bem entfd^eibenbcn 
Sage, geigte fid^, ba^ nid^t ä(Qe gleid^gefinnt toaren. Sine gel^eime 
(Segentoirfung l^attc jebe rafd^e SWa^regel geläl^mt^). 3)a Sotfd^aft 
auf ä3otfd^aft einlief, ba^ bie gefammte 3Rad^t be^ ^einbe^ baS 
f^äl^nlein bei Q^appd bebrol^e unb e^ bernid^ten toerbe, h>enn man 
il^m nid^t ju $ülfe fomme, fo mu^te bie 3Rannfd^aft bei bem Sam 
ner, fo fd^toad^ fie aud^ nod^ toar, — man be^auj)tet, fie l^abe taum 
700 3R. gegäl^'lt, — fid^ bod^ entfd^Iie^en, auf ber Steffe in§ ^elb 
ju rüden. 

2)ie einjige SRettung bare getoefen, (S^appd aufjügeben, ba§ 
gäl^nleitt jurüijujiel^en. 

2lud^ gefd^al^ tool^I bei bem fjäl^nlein ber 3Sorfd^lag, bor ber 
Ueberma^t au^jutoeid^en. ©§ l^ätte aber ben ta^fern Seuten eine 
geigi^eit gefd^ienen, felbft in biefem offenbaren 9lad^tl^eir einen ©d^ritt. 
rüdEtoärt^ gu t^un. Stüb^ ©allmann ftam^fte bei bem äSorfd^Iag mit 
bem %VL^ auf ben ©oben. ,,®ott lafjfe mid^ ben 3^ag nid^t erleben", 
rief er au^, „h)o id^ ben 2mt^ einen ©d^ritt breit toeid^e. 3>a mu^ 
mein Äird^^of fein." 

©d^on näl^erte fid^ ber überlegene geinb, unb ia^ ©d^ie^en fing 
an, aliS ber Sanner auf bem Sllbi« anfam. SBie gefagt, nod^ h)ar 
er fe^r fd^toad^. 2)er @d^ü^enl^auj)tmann SBil^elm ^löning fal^ um 
fid^ l^er unb meinte, man toürbe am beften tl^un, eine SBeile gu Italien 
unb fid^ erft mit bem jufammenlaufenben SSoIfe ju berftärfen, el^e 
man h)eiter rüdEe. 2lber 3Reifter Ulrid^ 3^i«9K^ ^^ <i^<fi l^^t lieber 
mit bem Sanner auiggegogen toar, bieömal jebod^ al§ 5ßrebiger, bon 
feineiS 2lmt^ toegen, ba« man xf)m nid^t toieber abgenommen, ent- 
gegnete: eS toürbe fid^ fd^led^t fd^irfen, bem ©d^ie^en ber biberben 
Seute bon ber ^öl^e untl^ätig jujufel^en. „3d^ teilt im '!Ramen ©otteö 
ju il^nen l^in, mit il^nen fterben ober fte retten l^elfen." — „SBarte, 

1) 55cranttt>ortung 9eubo(f Öaijater« Ui Sfd^cr II, 31 L 



Söttinfl, Biig bu toicbet frifd^ Bift'', fagtc ber S3annerl^err. ,,3^ Bin 
fo frifd^ tt)ie tl^r", antwortete a^öning, „unb id^ tt)itt mtd^ bei ®uc^ 
finben laffen/' 

^a^ Söi^nlein l^atte eine k>on 9Ba(b um!rän)te 3(nl^5l^e befe^t, 
ber ©d^ürenberg Qmarmt^): ha ftieft mm ber Sanner ju il^m. SBol^I 
toar e« bie SWad^t i)on S«'^^/ We l^ier ben fünf Drten gegenüber« 
ftanb, aber Unbebad^tfantfeit frtil^er, Uneinigfeit unb Ungeftüm gule^t 
fyittm bewirft, ba^ jte nur ettoa 2000 3Dlann betrug, wäl^renb bie 
Stabt leidet über 10000 in« gelb ftetten fonnte. 

SKuf biefe fleine ©d^aar nun rüdfte je^t ber bierfad^ größere, 
toenigften« nid^t ntinber friegöfertige unb bei Weitem beffer gefül^rte 
§aufe ber fünf Drte l^eran. 2ßa« ift ba öiel Don ber ©d^Iad^t ju 
Berieten? Sie toar burd^ bie Umft&nbe entfd^ieben, el^e fie begann, 
^ie 3ürid^er l^atten ba« äBälbd^en am gu^ be« $üge(« unbefe^t 
gelaffen: burd^ biefe« brangen bie fjeinbe, Wenig bemerft, l^ertjor 
unb mad^ten i>on ^toti ©eiten im hoffen ©efül^I ber Ueberlegenl^eit 
il^ren Angriff. 2)ie 2^aJ)f erfeit ber S^^^^ fonnte fte nid^t retten: 
gleid^ im erften 9Koment fa^en fie fid^ geworfen, übermannt: ein 
toilbe« (Semei^el begann. 3Son ben 2000 S^^^^^ finb 500 umge= 
lommen; Wa« aber ba« ©d^merjl^aftefte, barunter Waren eben bie 
naml^aftcften 9Ränncr, bie eifrigften ßuangelifd^en; benn eben biefe 
l^atten ftd^ guerft unter bie SEBaffen geftettt. a)a fanb benn Slüb^ 
®attmann feinen Äird^l^of: ber Sannerl^err ©d^Weijer unb SBäill^elm 
Söning fielen (faum fonnte ber 33anner felbft gerettet werben): ber 
Sunftmeifter gunf, ber Wadfere Seml^arb SBäeijs, bem wir fo mand^e 
gute 3?ad^rid^t öerbanfen, ber 5ppeger ®eroIb«edf, mel^rere 5ßräbi« 
canten*): in ber aRitte feiner §eerbe aud^ ShJiwflK- S)ie ^einbe 
burd^gogen fd^on fiege«trunfen unb J)lünbemb ba« ©d^Iad^tfelb, al« 
er nod^ atl^menb balag, unter einem Simbaum, ,,bie ^änbe gefaltet, 
bie äugen gen ^immet gerid^tet." SBäagen Wir ju biel, Wenn Wir 

1) 3n ber furgeri ^ef(]^rei(ung : @(i^i$nenBerg ; fett aber tvo^I andi^ ba 
W§en ©(i^ürenbcrg: ,,^1 ein jimlid^ l^o^cr Sül^cl, baruff t)or S^ttn ettlid^c 
^üfer unb fd^üren geflanben finb, ballet mand genam^t ^at, tote ed ncd^ l^eiß, 
in ober uff ©ti^üren.'' »uttinger ÜI, 111. SJgl. äßerle b'2!(uBignc, ber fel^r 
anöffi^tft«^ über baö treffen ift unb ein Äärtd^en beigefügt Jat IV, 642. 

2) Sflaäf %QCoiü (in Epistolis Sadoleti VII, 273) blieben t)on 300 @e< 
natorcn nur 7 übrig. 2)ie SBa^r^eit ifi, baß 7 äWitglicber be«- «einen unb 
19 iD'HtgUeber bed großen 9tat^ed in ber ^äflaäft geblieben finb; augerbem 
60 gemeine S^renbÜrger unb 7 ©eiftUd^e (quam plurimi sacerdotes !). ^uU 
(tnger gS^U fie aKe auf. 2)ie übrigen toaren ton ber Sanbfti^aft. ^ccolti 
rennet freüici^ bie Süri^er auf 20000 SK. 



262 (Btdf9tt9 SBud^. ^kxM (iapittU. 

annel^men, ba^, al^ er fo berblutenb balag, feine ©eele ftd^ noä^ 
einmal einen ©ebanfen bergegentoärtigte , ben er jule^t in trüben 
Sli^nungen au^geft)rod^en? 35ie 3"twnft ber ßibgenoffenfd^aft, in bem 
©inne, toie er fie beabfid^tigt, mu^te er tool^I aufgeben, bie 3w^"«ft 
ber Äird^e unb be^ ©bangelium« toirb er unerfd^ütterlid^ feftgel^alten 
l^aben. So fanben ein paar gemeine Äiieg^Ieute ben ©terbenben, 
ermal^nten il^n, einem Sßriefter ju beid^ten, ober ba ba§ fd^on ju f))ät 
fd^ien, toenigftenö bie Jungfrau 3Waria unb bie ^eiligen in fein §er} 
gu f äffen. ®r antwortete nid^t mel^r, er fd^üttelte nur mit bem 
^o})fe: fie tou^ten nid^t, ba^ er ber 3^i^9li ^ar: fie meinten irgenb 
einen namenlofen ,, berftodften Äe|er" t)or fid^ ju l^aben, unb gaben 
il^m ben 2^obe^fto^. ßrft ben anbern 2^ag bemerfte man, ba^ man 
unter fo biel anbern naml^aften 3Rännem aud^ 3*»i»^9fi getöbtet: 
aUeö lam l^erbei, il^n ju feigen. Einer feiner ^danntm au^ 3"9 
öerftd^ert, ha^ ©efi^it beg S^obten i^abe ben 2lu^brud^ gei^abt, toie 
\t>mn x^n in ber ^ßrebigt ba^ geuer beö ©ebanfen^ ergriff. 3Ba§ 
l^ätte aber ben ©egnem, ben Sa^rgelb^bejiel^em, ertoünfd^ter fein 
lönnen, aU biefer SInblidf? ©ie befe^ten ein ©erid^t über 3^i*^9K/ 
toiertl^eilten feinen Seib, Verbrannten benfelben unb liefen bie 2lfd^e 
i)om aSinbe berhjel^en. 

3)amit loaren ^ jebod^ bie fünf Drte nod^ nid^t boHfommen ©ieger 
unb. Ferren in ber 6ibgenoffenfd&aft. 3)ie 3ürid^er entfd^loffen fid^ 
je^t, ben 5]8a^ über' ben Sllbi^ ju befe|en, unb fammelten unter 
biefem ®ä)u^ i^re Gräfte. ®ar balb l^atten fie auö ©ingebomen 
unb Sunbeögenoffen ein §eer bon 12000 3K. im ^elb. ^h^^ fear 
aud^ Sern aufgebrod^en. Wlan bered^net bie ©d^aar bon Sem, Safel 
unb 33iel auf eine gleid^e 2lnjal^I. 2Bie nun biefe §eere fxä} ju 
Sremgarten bereinigten, fallen bie fünf Drte tool^I, ba^ fie gegen fo 
gro^e 3Raffen nid^tig auörid^ten Mrben, Verliesen bie au!ggej)lünberten 
©ebiete unb begaben ftd^ h)ieber nad^ 3"9/ ^o pe bei 33ar am 
SSoben lagerten. 

Unb nun fd^ien eö tool^l, alö tonne bon ftäbtifd^er ©eite ein 
Slngrifföfrieg gefül^rt toerben, toie il^n 3t^i"9li immer gerat^en l^atte. 
3lllein toie fel^r h)aren je^t bie Umftänbe öeränbert. 

S)ie fünf Drte ioaren burd^ ben erften ©ieg tro^iger geh>orben, 
alig fie jemals gen^efen: bagegen bemerfte man, ba^ eö unter ben 
©täbten an einem äCntrieb fel^lte, lt)ie il^n 3i^ingn bielleid^t gegeben 
l^aben h)ürbe. 3ürid^ Vermiete überl^aut)t feine beften 2e\ite: man 
fagte ba ioo^l, man l^abe au^ feinem ©etreibe ben SHoggen berloren: 
bie Serner l^atten niemals großen Ärieg^eifer gejeigt. ©o lam eö, 



2:reffcii attt-3"9«^' ^^^Q* 263 

ba§ man nid^t mit bem nötl^tgen 9?ad^bruc( ju SBerfe ging. SWan 
öerföumte, ben ^Jeinb in bem günftigen 3Boment anjuf äffen, alg er 
feine Steffung öetänberte. 2(13 man fid^ bann entfd^Io^, bai nun« 
mel^r fel^r feftc Sager beffel6en toon jtoei ©eiten jugleid^, bom 3^9^^^ 
Serg unb bom "S^l^al l^er, anzugreifen, unb ju bem (Snbe ben 95erg 
Befe^te, üjat man baö bod; mit fo toenig ©etoanbt^eit unb SSorfid^t, 
ba§ ber ^einb, ben man l^atte überrafd^en tooffen, feI6er (Gelegenheit 
6e!am, einen Ueberfaff auf bie ^eere^abtl^eilung am S3erg aui^ju^ 
fül^ren^) unb il^r einen nid^t geringen SSerluft beijuBringen. SDie 
Stäbte fül^Iten tro$ il^rer IXeBermad^t l^ierauf nid^t mel^r ben 5!Kutl^, 
bem tapfexn unb jiegreid^en ^einb emftlid^ ju Seite ju gel^n. Sie 
badeten nur nod^ il^n burd^ ein SBinterlager, ba^ fie um il^n l^er 
jie^en h)oB(ten, affmäl^Iig ju ermüben. 

3Bie toaren ba bie fül^nen 5piane, bie 3^i*^flK ^wf^ ü^^^QK fo 
böHig gefd^ettert! SBir feigen tool^l, ba^ ba3 ^)oUtifd^*reIigiöfe $rin* 
dp, bag er rej)räfentirte unb bert^eibigte, bod^ aud^ in 3ürid^ nid^t 
fo ftarl hjar, h)ie 'er geh)ünfd^t l^atte, nod^ biet Weniger aber in 33ern,- 
6^ bermod^te bie nun einmal borl^anbenen (Elemente nid^t ganj ju Bete« 
im, ju burd^bringen. Sn ben entfd^eibenben 3Womenten h)urben falfd^e 
SKa^regeln ergriffen, beren (Srunb immer ber 3KangeI an ©intrad^t unb 
großartiger ßnergie toar, bie affein ^um 3^^^ ^Ätte führen lönnen. 

§atte man aber bei bem Seginn biefer Setoegungen lat^olifd^er« 
feitg Unfäffe gefürd^tet, fo mad^te eine fo unerhjartete glüdflid^e SBen^ 
bung berfelben aud^ bie größten Hoffnungen rege. 

3Kit unberl^e^Item Qubel gab gerbinanb feinem ©ruber bon bem 
2obe beö großen Äe^erig 3^i^9K unb ber ©d^lad^t bei Qappd 9Zad^« 
rid^t. „®3 fei ba^ @rfte, toag lieber einmal ju ®unften be3 (^Im- 
ben^ unb ber ^ird^e gefd^el^en." 

3113 l^ierauf aber aud^ bie Slad^rid^t bon bem ^toeiten glüdfUd^en 
3!reffen einlief, fing er an $Iäne ju entwerfen. 6r erinnerte feinen 
Sruber, toie gnäbig fid^ ®ott ben 3Sert^eibigem feiner ©ad^e betoeife. 
SBäre ber Äaifer nid^t fo nal^e, fo toürbe er felbft, fo fd^lüttd^ unb 
armier aud^ fei, jur ^ortfe^ung fo l^eiliger Unternel^mungen fd^reiten. 
S^^t aber lönne er toenigfteng nid^t unterlaffen, il^n baju ju ermai^s 
nen, il^n, ba3 ^aul^jt ber ßl^riftenl^eit : nie lönne eine fd^önere ©ele^ 
genl^eit fid^ jeigen, Slul^m ^u ertoerben. Dl^ne bie ©d^h)eij feien bie 
keutfd^en Secten leidet ju bejhjingen. 6r rät^ il^m, ben fatl^olifd^en 

1) „3)a« toaö ungfar um bie jwci mäf SKttternad^t SWotgcnö äitifi^g 
ben. 24. Octobnö." „aWaifia, bie SD^utter @otte«, toax bero ^aäft i^r trieg«* 
jcid^cn.'' tiirjcr «erteilt. 



264 2>tdf$m $ud^« liierte« So|)tteI. 

Q^antonm offen ober in^gel^eim }u ^ülfe )u tommen. @¥ gel^t fo 
toeit, bem Äaifer ju fagcn, ba« fei bet toal^re SflSeg für il^n, bie 
®laubengflrettiglettett gu teenbigen unb §err Don ^eutfd^Ianb ju 
loerben *). 

Unb letne^ioegiS unem^fänglid^ toar @atl V für SömBinationen 
biefet 3ixt. ®r antwortete, ber gute SRatl^ feine« Sruber« leud^te 
ifftn immer mel^r ein, je länger er il^n überlege; cttoa§ gu tl^un ber^ 
^fliid^te il^n bie SBürbe, bie er beileibe, bie fjürforge für bie red^t« 
gl&ubigen dürften, bie $f(icl^t, bie Gl^rifteni^eit unb baS gemeine 
993efen ju bertl^eibigen, unb bie Slüdfid^t auf il^r ^au^. 

3)en fünf Drten loaren im ßager am S^ger 35erg einige ita-- 
lienifd^e ^öl^nlein jugegogen: toir erfal^ren au« bem Sriefe, ba^ bie« 
mit 3Sorloiffen be« Äaifer« gefd^el^en loar: er meint, ba^ aud^ jebe 
fünftige $ülfe im SRamen be« ^Pa^jfte« gefd^l^en muffe 2). 

Qnbeffen Blieb er l^iebei nid^t pelzen* Unberjüglid^ lie^ er ben 
Äönig Don ^anlreid^ aufforbem, bie fünf Orte gu unterftü^en unb 
ben ungläubigen Kantonen förmlid^ ben Ärieg ju mad^en. 

SBei Äönig %xani aber^ ber bie enge 3Serbinbung ber- fünf Drte 
mit Deftreid^ fel^r ungern gefeiten, ein @egengetoid^t gegen biefelben 
in ben übrigen (Santonen gu erl^a(ten toünfd^te, mit biefen fogar nod^ 
{urg bor ber Äataftrof)l^e in Unterl^anblung getreten ioar, fanb er 
toenig älnHang. ^er Ädnig red^nete bem ©efanbten aUe bie S^- 
lungen l^er, bie er in f^olge feiner 93er))f(id^tungen Don Sambrai l^obe 
mad^en muffen. §abe er je^t Don feiner SWutter ettoa« geerbt, fo 
fDoKe er ba« }ur äSertl^eibigung feine« 9leid^e« aufbetoal^ren. 3)er 
Äaifer, ful^r er bann immer bitterer unb gereijter fort, l^abe ü^m bie 
$änbe für aSe 2)inge gebunben, too ettoa« gu getoinnen fein ioürbe : 
nur ba finbe er il^n gut, too e« nid^t« baDongutragen gebe, oI« 
Sd^Iäge unb Äoften, gegen bie 2^ür!en unb bie Sd^loeiger ^). 

ä(ud^ mit bem Denegianifd^en ©efanbten in ^ai(anb n^arb unter- 
l^anbelt. S)er J)ät)ftlid^e SRuntiu«, »ifd^of Don aSeroIi, bat bie 9le^ 

1) 1. 9^ot>. y* Magestad a la quäl suplico quiera mirar lo qae 
3^porta y usar de la occasiön y. opportunidad del tiempo, pues es el 
mas a proposito que se pudd desear i Camino para remediar las qaie- 
bras de nuestra fe y ser Y^* M^ senor de Alemanna y hazer una 
cosa la mas sennalada que in nuestros tempos se ha hecho. 

2) Broxelles 2. No?. 1531. %väfit> gu «rüffcl. 

3) Lettre da roi k Mr. d'Auxerre 21. Nov. (MS. Beihime 8477): 
Ponr la guerre du Türe ou de Suisses, oü il n'y a que coups et des- 
penses d'argent. 



3toeitcr grtehc. 265 

^u6Itf um bie (SrlauBni^, glDeitaufenb Bpanx^ iuxäf ha^ ©ebiet bon 
Scrgamo in bie ©d^tocig gu fd^idfen. ®Ieid^ ber (Sefonbte, 3«>l^cmn 
Safabonna, ging jleboci^ nxä)t barauf ein. @r ft)oKte bie SSoEmad^t 
be§ SRuniiug feigen, mad^te bemfelBen Bemerflid^, ba^ bie Qpanitx, 
eingreif enb in ben innem Ärieg ber ®ibgenoffenfd^aft, pd^ leidet ju 
§erren berfelBen auftoerfen lönnten, unb betoirfte, ba^ et fein ®efud^ 
felBer toieber fallen lie^. 3)er JRuntiuig begab fid^ J)erfönlid^ in bie 
Sdjtoeij. ®r äußerte bie Hoffnung, bie Stbgefattenea burd^ greunbe 
unb (Selb toieber ium alten ©el^orfam gegen ben römifd^en ©tul^l 
in Vermögen ^). 

3Ran fielet: an bem Äaifer unb feinem Sruber lag ei^ nic^t, 
ba^ pd^ an ben Sieg ber fünf Drte nid^t fogleid^ ein allgemeine^ 
Untcmel^men jur SBieberJ^erfteHung beiS ÄatJ^oIiciömu« in ber ©d^toeij 
fnüjjfte. 

Snbeffen l^atten aber bie ©d^toeijer fd^on felbft auf eine Bei- 
legung il^rer ©treitigfeiten Sebad^t genommen. 

SDa« jläbtifd^e $eer h)ar öiel gu toenig in Drbnung, um ba^ 
3elb ju bcifanpten, aK bie fd^ted^te Sial^reöjeit an bem ©ebirg ein= 
trat. 2)a nun bie fünf Drte toieber jum Singriff fd^ritten, mu^te 
erft 3ürid^, bann aud^ Sern ftd^ ju bem ^Jrieben Bequemen, ben bie= 
fetten borfd^rieben. 

ßg toax eben ba^ 9Q8iberfJ)ieI beig kijUn Sanbfriebeng. ^e^t 
mußten, bie ©t&bte bie 33änbniffe l^erau^geben, bie fte mit 3[ui8toär= 
tigen gefd^Ioffen, unb in einer ober ber anbern %otm Äriegöloften 
jal^Ien. 

Qll^re Sieligion toarb il^nen gelaffen. ©o tief toaren fie nid^t 
l^eruntergebrad^t, ba^ man il^nen felbft bie I^Stte antaften bürfen: fte 
i^cAim einige SSerlufte erlitten, il^r Singriff toar mijjlungen, aber 
befxegt, überwältigt toaren fie nid^t. 

SlUein bal^in toaren fie bod^ gebrad^t, ba^ fte in eine getoaltige 
Sefd^ränfung il^re^ J)olitifd^?religiiJfen (Sinfluffeig Willigten. 3)ie fünf 
Drte bel^iclten fid^ bor, nid^t allein bie iäanbfd^aften, toeld^e il^nen 
naiver gugel^örten, 9la)>J)erf(^h)bl, 2loggenburg, Oafter unb SEBefen, 
fonbem au^ bie, h)o bie ©täbte an ber ®eh)alt Slntl^eil gel^abt, bie 
freien Slemter in Slargau, SSremgarten unb 3Wellingen, für il^ren 
älfifaU )u güd^tigen. 3n ben übrigen gemeinen äSogteien foUte t^ 
benen, toeld^e ben neuen ®lanbm angenommen, jWar nid^t geboten, 

1) Kelatio Y. N. Joaimis Basadone : Come el mi disse, andava com 
proposito di rimover Lutherani dalla loro mala opinione con mezzo di 
alcuni snoi amici e cum danari. %xäf\)» )U ^enetig. 



266 ©cd^öteö »ud^. «icrtc« (S,apittU 

aber bod^ geftattct fein, ju bem „alt^^^ d^riftlid^en" ©lauben jurürf^ 
jutreten. Slu^brücfe btefet 2(rt liefen fxä} bie Stäbte in ber ganjen 
Urfunbe gefallen^). 

Unb fd^on l^atte, ali Sem biefen grieben annahm, bie Sleftau- 
ration bei8 kat^olkx^mu^ atten%l6en begonnen. 

®reid^ nai) ber (^appdex ©d^Iad^t l^atte ftd^ bie fatl^oIifc|e 3)li^ 
norität in ®laruö geregt, bie fd^on befd^Ioffene §tilfleiftung be^ 
Eantonö rüdfgängig gemad^t, anä) bie bemfelben 3ugel^örigen aBge- 
maf}ni, unb il^rerfeil^ fo biel h)ie möglid^ bie SBenbung beförbert, 
toeld^e bie 35inge nal^men/ ®ar balb mußten il^r toieber eine Stn- 
iaf)l üon Äird^en eingeräumt loerben, unb auf bie attgemeinen ^t- 
fd^äfte beö ßanton^ übte fie feitbem bei toeitem großem (Sinflu^ a\x^, 
afö bie eöangelifd^e ^Partei, bie fid^ burd^ bie grojaen SScrlufte il^rer 
©laubenögenoffen geläl^nit ftil^Ite. 3)al^er fanb ©d^ii)^^ feinen SBiber- 
ftanb mel^r, aU ei3 fxd^ ©after unb SBefen unterwarf, bie alten grei- 
l^eiten öemid^tete, Stltäre, Silber unb SKefJe toieberl^erfteffte. 3Kit 
©d^h)^^ unb Uri bilbete (Slaruö j«^t bie SWei^rl^eit unter ben ©d^im- 
i^erren, toeld^e ben 2lbt t)on 6t. ©allen it)ieber jurürfjufül^ren unter- 
nal^m. ©ein Älofter tüarb il^m jurürfgegeben, bie ©tabt mu^te \xi^ 
ju fd^toeren ßntfd^äbigungen öerftel^en. 2)ie ©otte^j^auöleute tourben 
auf^ mu^ aU Untertl^anen betrad^tet, unb ber 3lbt Uf^aupUte, feI6ft 
baran nid^t gebunben ju fein, \oa^ etitja im Sanbfrieben ju i^ren 
®un^Un öorf am, benn er fei ein freier §err, unb ber ©d^irm ber 
Drte fönne il^m für feine ^Regierung fein 3Ra^ geben: fie finb att- 
mäl^lig loieber fatl^olifd^ geworben. ©lüdflid^ertoeife l^atte fid^ S^oggem 
bürg nod^ in bem legten 2Koment, bei feinem Slbjuge öon ben ©täbten, 
befler gefid^ert: eö loarb feiner Sleligion unb feiner ^reil^eiten nic^t 
bottfommen entfe^t, toie t>iel eö aud^ baran berlor. 3)er 2l6t be- 
biente fid^ aller S)erer, bie in ben legten Unrul^en au^ bem Sanbe 
getrieben Sorben itjaren, je^t jur 9legierung beffelben. 

Snbeffen toar aud^ 5Ra|)|)erfd^it)^l lieber i^erbeigebrad^t toorben. 
33ei ber 9lad^rid^t \>on ben 3Sortl^eilen il^rer ©lauben^genoffen er^ 
l^oben fid^ bie Äatl^olifd^en; burd^ einen S^fa^ t)on ©d^h)^>| öerftärtt, 
befamen fie böllig bie Dberl^anb. 35ie ^öäujjter ber ebangelifd^en 
5ßartei mußten fliel^en, ober tourben getöi)tet. 3)amafö lebte bort 
ein gefd^idfter Süd^fenfd^mibt, SUJid^ael SBoi^lgemutl^ aui^ 6öln, ber 
ben 3Kutl^ l^atte, fid^ im ©tl^l ber alten 3eit gu öertl^eibigen: er 

1) 2)te Urfunbe bed Sanbfrieben^ in ^ottingerd $ln^ang gu Sb. Ü, 
neu mit bem Original coßattonirt. 



9{ef!auratton bed ^at^oIicUmud in ber ^c^koetg. 267 

eerBotttoerftc fein QavL§, legte feine Süc^fen an bie %en\Ux unb 
toeferte fid^ eine S^xtlanQ tapfer nnb glüdflid^, biig man enblid^ 
gro^e ©tiidf e auf SRäbem gegen il^n auffüllt nnb il^n gefangen nal^tyt. 
Unter greulid^en SKartem toarb er umgeBtad^t. SSon ben Uebrigen 
unterwarfen fid^ ®inige, Slnbere tourben in ben 2^l^urm gelegt, nod^ 
Xnbere t^erjagt. ©d^on am 19. SRoöember l^ielt man toieber 9Keffe. 

Sn Sfargau mad^ten bie fünf Drte ba« öotte 3led^t be§ ©iegerg 
geltenb. ©oh)ie il^re ^äl^nlein erfd^ienen, tt)id^en bie ^räbicanten, ei8 
toarb il^nen t)on ben Seutfd^en, befonberö aber bon ben SBälfd^en, 
ber %o\) gebrol^t. Sremgarten unb 3Jleffingen mußten ftd^ au^brüdf« 
licB ber})Pid&ten, bie biöl^erigen ®ebräud^e l^erjufteffen. S)er alte 
Sd^ultl^ei^ 3Kütfd^Ii, ber Sremgarten bi^l^er regiert, lag im Sterben, 
üU i^m bie nm eingefe^te fatl^olifd^e Sel^örbe ben Sefel^I jugel^n 
lie^, Sremgarten gu berlaffen. 6r antwortete, er loolle tl^r nid^t 
mel^r lange befd^toerlid^ fein. 6r ftarb fel^r balb, unb ift in Dber* 
M begraben toorben. 

Sn 2^l^urgau unb Sfll^eintl^al lie^ ber triebe ben fünf Drten 
n\i)t fo freie $anb : fie mußten fid^ begnügen, bie Älöfter J^erjufteHen, 
bie nun aber il^re alten ©ered^tfame toiebererlangten. 

Sagegen befamen bie Äatl^olifd^en ju ©olotl^um Ijottfommen 
ba§ Uebergetoid^t. 33ei fiebjig ebangelifd^e S^^w^ifi^« mußten bie 
Stabt berlaffen. 

Gig luar bie jtoeite SReftauration beö Äatl^olici^mug, ber toix in 
unferer (Sefd^id^te begegnen, nid^t fo blutig it)ie bie erfte, bie in 
Dberbeutfd^lanb nad^ bem S3auemfrieg eintrat, aber ebenfo burd^ 
Äricg^ereigniffe l^erbeigefül^rt, ebenfalls getoaltfam, unb bei toeitem 
nad^l^altiger. §ier an ben Sllt^en tourbe gleid^ bamalS ia§ SSer^ 
&ältni^ ber beiben SSelenntniffe im (Sanken fo feftgeftellt, toie e« 
bann bie folgenben 3[<x^rl^unberte auiggel^alten. 

©elbft auf bie eöangelifd^en ßantone loirften bie 3been ber 
Seftauration jurüdf. Die ßonftafel in S^xx^ trat toieber in bie 
öer(omen Siedete ein. 3Kan ioar fd^on gufrieben, )[vmn nur ber ^a* 
t^oHci^mu^ fid^ nid^t ioieber regte. ®er gro^e Sftatl^ mu^te ber 
Sanbfd^aft Serftd^erungen geben, burd^ bie er ftd^ ntd^t toenig be- 
fd^ränlte. 

3)er ^rieg l^atte nur anbertl^alb SKonate gebauert, aber er l^atte 
bie 3ufunft ber ©d^toeij öoHIommen umgetoanbelt. Qfn SSuffinger^ 
ß^ronif pnbet fid^ am ©d^lu^ eine lurje Suf^wn^^ft^ttw^^Ö beffen, 
toag beabftd^tigt toorben, unb bejfen, toaö toirflid^ eingetreten toar. 
©etoottt l^atte man bie einl^ettige ©infül^rung be« 6bangelium§, bie 



268 ^tdfeM Sßn^. Sterte« QEa^iteL 

Stniebrißunfl ber Dligard^m, bic SlBfd^affunö ber 3Rcf)x^üi ber fünf 
Drtc: ber ©rfolg toar, ba^ bie neue Seigre in öielen ©egenben, too 
fte fd^on l^ettfd^te, auiSgerottet, ba^ $a))ftt]^mn bagegen iDtebergefteDt 
iourbe, ba^ bie fänf Orte nunmel^r erft ju einem DDÜen UeBergetoic^t 
gelangten, bie Dligard^en meS)x bermod^ten afö jemals ^). ,,3)ie %- 
baxtcxt ift jertüttet, ein mutJ^toiDig ^Regiment ift angeti^tet tooxhcn", 
fagt SuBinger, — „be3 ^erm Slati^fd^Iäge finb tounbetbar." 

1) »uflinöer m, 353. 2)en 3ujionb fd^ilbcrt Befonber« ein SüiffaU» 
ben 9eo 3ubä gu fetner 9{e(^tferttgung ))erfagte: ,,(Sd finb gtDo groge ^ar^ 
teten in B^^^t ^i^ eine loii ®ottt9 »ort fd^irmen. unb aSer ®ered^tig!eit 
mteber ^erfiir Reifen, bie anbere toit atit unerBarfett pflanl^m unb ba9 Sort 
(Spotte« ngrütl^en, bad iiBa^fit^um toteber aufrid^ten, n>teber friegen unb ^en« 
ftonen nemen. ^a tütl nun bie grontmen bebunfen, ba^ bie $artd aOtoeg 
tnel^r (S^unfl unb ^^Brbernng l^aBe benn fte.'' 



Deformation in ben nieberbentfc^en ©tübten. ä^oUjte^ung 

hti fd^mdfalbift^en 93nnbmffe^. 

2)er reformatorifd^e ®eift l^atte jtoei bon einanber fel^r t)etf(i^ies 
kme Silbungen enttoidfelt: bie eine, bon h)eitau«fel^enbem, fül^netn 
Imbenjen, h)ie in ber Seigre fo in il^rer ))olitifci^en Haftung: ju 
unbebingtem 3Sertoetfen beö $erfömmlid^en geneigt unb jum Singriff 
Wg; bie anbete auä) in bet Seigre fo Diel h)ie möglid^ conferbatiö, 
j^olitifd^ nur mit 5!Rül^e ju entfd^loffener aSertl^eibigung ju bringen. 

SSon biefen toar nun bie eine in il^rem 3Sorl^aben gefd^eitert. 
6an} bon felbft ntu^te gefd^el^en, ba^ bie Äraft beg fx6) boIljiel^en= 
km ßreigniffeig fid^ l^ierauf an bie anbre anfd^lo^. 3)er fd^mallal= 
kifii^e Sunb trat ben SBiberfad^em gegenüber um fo nad^brüdflid^er 
ö«f, ba bie alten SBeBenbul^ler furo (Srfte nid^t mel^r mit il^m h)ett= 
eiferten. 

3)ie oBerlänbifd^en ©täbte l^atten fid^ fd^on in ben confeffionetten 
9eh)cgungen bem religiöfen ^PrinciJ) beS fd^malfalbifd^en Sunbe^ fo 
W toie möglid^ angenöl^ert: — jeftt toar il^nen aud^ t)olitifd^, ba 
i^re fd^toeijerif d^en 33erbünbeten genötl^igt toorben, bag mit il^nen 
Sef(|[of|ene SBürgerred^t aufjulöfen, lein anbrer SRüil^alt übrig ge- 
Mieben, ate bie SWad^t ber einberftanbenen beutfd^en ©tönbe. 

Si^re eigne ©efal^r loar burd^ ba^ Unglüdf ber ©d^loeijer nod^ 
9etoa(^fen. .5Kan lannte bie 2:i^eilnal^me, ioeld^e am $ofe Äönig 
Jetbinanbg ben eibgenöfpfd^en Slngclegenl^eiten getoibmet loorben toar, 
m tooltte bon Slüftungen loiffen, bie im ®lfa^, Srei«gau unb 
Sunbgau borgenommen loürben. 



270 ©cd^öte« «ud^.. günftee (Soviler. 

• lle^t trugen nun bic Dberlonbet fein Sebenlen mel^r, auf bii 
befinitibe SSeratl^ung bcr Äriegöorbnung cinjugel^en. @ö gefd^al^ ju 
näd^fl auf einer SSerfammlunö ju Slorbl^aufen im 9Jobember 1531 
®l^e h)ir aber bie 33erfaffung, bie ber S5unb jtd^ atebann ga6 
betrqd^ten, muffen toir un^ nod^ bie ©nttoidfelung bergegentoärtigen 
toeld^e bie Sad^e ber Steform mittlertoeile in ben nieberbeutfc^et 
©täbten genommen i^atte. 



9{efotm in ben ntebetbentfc^en @täbten. 

3!)ie erfte ©tabt, bie ju ben dürften getreten, toar, toie m 
tüiffen, SKagbeburg. ^ier, h)0 man auf 3leid^gunmitteI6arfeit an 
fjjrud^ mad^te unb fid^ erft feit furjem mit vielem aSerbru^ bem an 
fd^Iag be^ ßrjbifd^ofö jugeh)iefen fal^, too Sutl^er jur ©d^ulc ge 
gangen unb il^m bon biefer S^it l^er ^jerfönlid^e ^eunbe lebten, b« 
nun aud^ ju Slemtern unb Slnfel^en gelangt toaren, i)attm feine ^'tm 
fel^r frül^ bie ganje 93ürgerfd^aft ergriffen. 6ine§ Xüqc^ fang ?iii 
alter 2ud^mad^er bort am S)enfmal Dttog be^g ©ro^en ein lutl^erift^e^ 
Sieb, unb bot ^ugleid^ ©jemjjlare bat)on feil. 35er Sürgermeiftcr 
9lubin, ber, auö ber 3Jiefj[e fommenb, ba Vorüberging, lie^ ii^n feft« 
nel^men. 2lber fd^on beburfte eö nid^tS mel^r, um ba^ fd^Iummembc 
geuer ju toedfen. SSon ben 3wl^örem beö %ltcn breitete ftd^ H« 
Setoegung über bie ganje ©tabt an^. 2)ie Sürger, hjeld^e l^ier fd^oii 
feit 1330 loefentlid^en Slntl^eil an ben toeltlid^en SIngelegenlJeiten 
nal^men, toaren ber $IReinung, ba^ il^nen ein nid^t geringerer mA 
an ber SSerioaltung ber geiftlid^en julomme. Swerfl, nod^ an bem^ 
felben 2^age, 6. 3Wai 1524, fd^ritt bie ©t.^UIrid^iggemeine baju, f4 
in ben S3efi§ biefe« Sled^teig ju fe|en. ©ie fam auf bem Sirc^l^of 
jufammen unb befd^Io^, ad^t 5!Ränner aug il^rer SKitte ju toäl^Ien, 
bie mit il^rer 3«Piw^wiung in Sufunft bai8, Äird^enregiment Uerfe^ert 
unb 5ßrebiger loäl^Ien foHten. 3)iefem 33eifj)iele folgten atte anbed 
©emeinben; ber^ SRatl^ fanb fid^ nid^t berufen, e« ju berl^inbcm^ 
3ur ©eite ber latl^olifd^en Pfarrer tourben altenti^alben eöangelifci^ 
5ßrebiger getodl^lt. 

Unmöglid^ aber lie^ fid^ ein 3itftanb biefer Slrt lange bel^aujjtm.j 
2)ie 5Pfarrer bertoalteten bie SReffe nad^ altem Slitu«: bie 5ßrebiger| 
griffen nid^tg eifriger an, al§ Am bie aJleffe. &^ tourbe leine 9IuW 
big bie ißfarrer enttoeber übertraten, toie M. ©cultetui? bei ^ 
^Petrigemeinbe, ober fd^toiegen, ober entfernt tourben. ®ie Äirc^ft^^^ 



9?efcrmattott in ben nicbevb. «Stäbten. SWagbcBurg. ©raunfd^tocig. 271 

St. 3«>^<*i^« ^^^ ®*- Ultid^ eröffneten eine förmlici^e 3Serl^anbIung 
mit bem 5ßro^ft ju U. 2. g=r., unb ha \xä) biefer toeigerte, il^nen 
Pfarrer nad^ il^rem ©inne ju bett)UIigen, fo fagten fie fid^ feierlid^ 
bon il^ttt loö, ,,um il^re 3^Pud^t gu nel^men ^u bem einigen einigen, 
mit bem göttlid^en 6ibe beftätigten atterl^öd^ften ^ßfaryer, ©eelforger, 
Bifd^of unb ?$aj)ft, S^fu ßl^rifto : b^i bem, atö bei il^rem $au})tmann, 
tootten fte ritterfid^ fed^ten^)". 3lm 17. Suli 1524 toarb in allen 
Sird^cn ber Slltftabt ein Slbenbmal^l nad^ Sutl^erg SHäeife gel^alten. 
hierauf berfammelten fid^ Slatl^^l^erren unb ^untertmänner in i^rem 
§amifd^, bie Sürgerfd^aft nad^ il^ren fünf Vierteln mit Süd^fen unb 
§aK6arben: fie fd^tüuren einanber, ftd^ treulid^ beifammenfinben ju 
laflen, Wenn ber ©tabt burd^ bie Slbfd^affung ber 5Keffe 3totf) mU 
fte^e. 3Ran jtoeifelte nid^t, ber ©rjbifd^of ©arbinal Stlbred^t toerbe 
ßmft gegen fte braud^en. Sie eilten, einen Banal bon ber ©Ibe 
nai} ben ©tabtgräben gu jiel^en, um biefe nötJ^igenfattö mit SBaffer 
ju füllen ; bie SBätte lourben erlj^öl^f, bie ^attif aben mit SSödfen i)er= 
feiert, bie Slrbeiter in ben SBerJEftätten mit einer Meinen Sefolbung 
in 2)ienft genommen, ©ie toaren entfd^loffen, bie in Seft^ genom= 
mene geiftlid^e 2lutonomie mit Seib unb 2cbm ju bertl^eibigen. S)ie 
Seit follte ein anber 9Kal eintreten, too il^r ©ntfd^lu^ gejjriift toerben 
JDürbe: bamate fam eö nid^t fo toeit^). 

©inen fel^r äl^nlid^en ®ang nal^m bie Ba^e ein paax ^al^re 
fräter in Sraunfd^loeig. 5Wan lag • unter ben S3ürgem bie Sudler 
Sut^erg, bie Sibelüberfe^ung ; l^aujjtfäd^lid^ fül^lfe man fid^ bon feinen 
Siebern ergriffen: in allen Käufern fang man fie, bie ganje ©d^ul^^ 
ftra^e erfd^oH baöon. Slun l^atte fid^ aud^ l^ier eingefül^rt, ba^ bie 
?!farrer, toeld^e bie 5ßfrünbe genoffen, ba§ 3lmt ber 5ßrebigt gemie* 
treten jungen Seuten überliefen, bie man §euerj)faffen nannte. 9Jlan 
barf \\äj in ber %\}at nxä)t tounbern, h)enn biefe ftd^ grölstentl^eifö 
jur 3leuerung l^ielten, an bie 93ürgerfd^aft anfd^loffen. guh^eilen 
ftimmte lool^l einer Don il^nen felbft ^tatt be§ ^^mnuS ium Sobe ber 
3Raria einö Don imm neuen beutfd^en Siebem an, in iDeld^eö bann 
bie ©emeinbe feurig einfiel. 

1) Urfati^ unb §anblung in ber faif. löBl. unb (^rifir. @tabt aWagbc* 
Burg ein $riflltc^ »cfen unb »anbei belangcnbe. S5on Sßolff (S^cloff ber 
Srjnei 2)r. 1524. Slbgcbrncft in ^a^rCß CoUectio monumentorum II, 459. 

2) ©ebafiian Sang^an«, bamaliger SWBttenbDtgt, l^at eine Oefd^td^te be« 
3a^te8 1524 ^interlaffen, beten Slbbrud tool^l gu »ünfd^en toäre. «tö ba^in 
fmb 9?at^mann« ^n^iü^t unb fonjlige Sufammenjtettungen (III, 346—400) 
W Braud^l&ar. 



272 eed^dte« 8u(^. günfted dapittU 

©<l^on Sollte biefe feine Sßtebigten bon anbenn ^cü md^r 
bulben. ©d^olaftifd^e 2)emonftrationen tourben mit 2:uniult untere 
brod^en, unrid^tige ßitate au« ber ©d^rift au« ber ©emeinbe l^er 
mit lautem Eifer Berid^tigt. a)ie ßlerifei berief einen ber ange^ 
f el^enften altgefinnten 5ßrebiger, ben man in biefen ©egenben fannte unb 
ber in Sel^anblung biefer ©treitfragen fd^on geübt toar, Br. Qpxm^ü; 
f)icx aber öermod^te berfelbe nid^t« augjurid^ten: Beim ©d^lu^ feiner 
^rebigt rief il^m ein 35ürger ju: ,, Pfaffe, bu lügft", unb flimmte 
bd« nmc lutl^erifd^e Sieb an: „Sld^ (Sott bom ^immel fiel^ barein", 
loa« bie ©emeinbe freubig nad^fang. 

®ie ^Pfarrer tou^tm am ®nbe fein anbere« üRittel, al« baj fie 
ben SRatl^ erfud^ten , fie il^rer abgefallenen 3Serh)efer toieber ju entlebigen. 

2lber cbm barum fd^lo^ pd^ bie ©emeinbe nur befto enger an 
biefe an. ©tabt unb SBorftäbte bereinigten fid^, ernannten 3?erorb^ 
nete, an beren ©|)i|e einer ber gül^rer ber ganjen Seloegung, äutor 
©anber, trat, ein SKann, ber nod^ jener altem literarifd^en SHid^tung 
ber Steuerung angel^örte: fie erfud^ten nun il^rerfeit« ben Stetig, bie 
^Pfarrer ju entfernen. 

Anfang« neigte fid^ ber SRatl^ mel^ ju ber beftel^enben Drbnung 
ber 2)inge; aber am 6nbe ri^ aud^ il^n bie populäxc Setoegung mit 
fid^ fort. 6« loaren bie 3riten, loo man in ^olge be« 9leid^«f^Iujje^ 
Dotn 1526 attentl^alben reformirte, namentlid^ aud^ in bem naiven 
Süneburgifd^en : ßerjog §einrid^. bon Sraunfd^h)eig»2BoIfenbütteI; ber 
fid^ ol^ne ä^rifel ioiberfe^t l^aben loürbe, loar gerabe auf feinem 
Ärieg«juge in Italien begriffen. Unter biefen Umftänben fa^te ber 
SRat^, 13. 3Wärj 1528, ben Sefd&lu^, ba^ in ^ufunft nur ba« (autere 
®otte«ioort gej)rebigt toerben foHe, unb man ba« Slbenbmal^I toolSiI 
aud^ unter beiberlei ©eftalt au«tl&eilen, bie S^aufe beutfd^ berU^alten 
möge. SSon SBittenberg fam Dr. Sugenl^agen l^erüber, um ber mm 
Drbnung ber 3)inge eine fjorm auf immer in Sutl^er« ©inne ju 
geben 1). S)er §erjog bon Süneburg berf))rad^ ber ©tabt feinen 

©d^U|2). 

1) Slm auöfü^rtid^flen bcrid^tet l^icrübcr aJc^tmeicr« Äird^en^tjlorie ber 
@tabt «raunfd^toeig Stl^. III, bcrcn Oueßc Riebet ein glei^jeitiger «erii^t 
toon ^einrid^ ^ampt, ?Jrcbtgcr gu @t. aWid^aeliö, tfl: SBa« fid^ Im »or nnb 
na^ anncmung bcö 1^. @öangelti allCl^ic gu öraunfd^loeig in Äird^enfad^en p' 
getragen; auäf ®a«mer8 Seid^cnrebc auf 2amptf bie Bei ^eng, 53raunfdf»M9^ 
Äird^cnreformaHoii 1828, gu ®runbc ricgt, ifl' tool^r ffaupi^^üäf avi9 jenem 
Sendet gegogen. 

2) ^ergcg @ntfl crtoä^nt in einem «riefe 2. geb.ruar 1531 einer frü* 



9Jcformatton in ben niebcrbeutfci^en @täbtcn. öraunfd^wctg u. a. 273 

So ging e^ nun in ben meiften Stäbtcn biefer Sanbeöatt. 
Ucberatt erfd^cincn einzelne 5ßtebiger; bringen bie Sieber ein, nimmt 
bie ©emeinbe Slntl^eil. 3)er ^ati} fe^t anfangt mel^r ober minber 
SBiberftanb entgegen, fügt ftd^ aber am @nbe. 3ln ^o^Iar lourben 
futtfjig 3Ränner au§ ,ben berfd^iebenen Pfarren aufgeftellt, loeld^e bie 
Sad^e burd^f e^ten ; in ©öttingen tarn eig 'ju einem Slufrul^r, ba bie 
Sorftel^er ber ©emeinbe il^r anfangt feI6ft SKJiberJjart l^ielten; in 
gitnbedf bequemte jtd^ ber "Statf) auf 3lnbringen ber ©emeinbe, eben 
bie Sßrebiger toieber ju berufen, toeld^e er auf Sitte ber (Sl^orl^erren 
i?or furjem entfernt l^atte. 

9Bir erinnern un^ ber l^eftigen Setoegungen, itjeld^e 1510—1516 
in allen ©täbten, aud^ in ben nieberbeutfd^en, auggebrpd^en itjaren. 
Se^t entftanb bie ^rage, inwiefern ber religiöfe 3m})ufö fid^ mit 
biefer bemofratifd^en Sftegung bereinigen, ob nid^t alöbann eine Dor^ 
jugötoeife :()olitifd^e SCenbenj bie Dber^errfd^aft belommen ioerbe. 

3[n biefer §infid&t finben Irir nun einen grojäen Unterfd^ieb 
unter ben ©täbten. 

®g gab fold^e, too ftd^ Statin unb ©emeinbe nod^ jur redeten 
3eit berftänbigten. 2)a tourben bie Stäbteöerfaffungen erft Iräl^renb 
ber Seloegungen Iral^rl^aft ftarl. SDenn nid^t allein, ba^ fie fid^ beö 
Sinffuffeö ber fremben ^Prälaten, ber il^nen immer befd^toerlid^ ge- 
toefen, entlebigten, fonbem burd^ bie SSerioaltung ber ^ird^enange= 
(egenl^eiten unb ber Äird^engüter , bie il^nen ^ufiel, befamen fie aud^ 
ein gemeinfd^aftlid^eö 3ntereffe, ba^ fie nod^ enger bereinigte. 3ln 
3Ragbeburg bilbeten ft(| au^ 3MitgIiebern be^ Holperigen Slatl^eö unb 
ben neugehJäl^lten 3Sorftel^ern ber ©emeinben bie Äird^encoffegien 
augi), toeld^e ber ol^nel^in etioaö bemolratifd^en Stabtberfaffung nod^ 
eine neue ©tärle öerliel^en. Dl^ne 3^^if^I ^^ merfloürbigften ift in 
biefer §infid^t Hamburg. 3Kan folgte ani) f)xex bem Statine Sutl^erö, 
toeld^en Sugenl^agen bann tl^eoretifd^ in Sudlern ^) unb ^raftifd^ 
burd^ feine ®inrid^tungen in 35raunfd^ioeig toeiter au^gebilbet, bei 
jebem Äird^f^)iele ©otte^Iaften ju errid^ten, um an^ bem Äird^enber^ 
mögen bie Sebürfniffe ber 5ßfarren unb ©d^ulen ju beftreiten unb 

iern 35cTf(ä^retbung mit S3raunfdStt)cig, »ortn fie einanber jugefagt, „in @ac^en 
ba8 götttitj^c Sßort bctreffcnb unb ioaö bem anl^engig tr8 ?cib8 unb ®ut0 ^er* 
mögen bei einanber aufgufc^cn''. (2Ö. SC.) 

1) »gl. ^Jat^mann IV, ii, 28. 

2) 3ti bem ^nl^ong gu ber (Sd^rift öom redeten ©tauben, toelcä^c 53ugen* 
^agen 1526 l^od^bentfd^ unb ntcbcrbcutfd^ l^erau^gab unb ^ürgcrmetflcr, ^Ratlfi«^ 
tcuten unb ber gangen ©emeinbe ber el^renrctd^en @tabt Hamburg n)ibmetc, 

t). Äantc'g SBctt« HI. 18 



274 Btdf^M ^VLÖ), gnnfte« <£c{^ite(. 

^ürforge für bie älmten ju tragen, unb too^Ite gu Sorßei^ Ux- 
Uibm gtoölf angefe^ene Bürger, bie )um !£]^t( fc^on frül^er bad 
3tmt bon fiird^engefd^toomen beOdbet, bmen man aber )e|t nod^ 24 
SRitgUeber jebeS fiird^ft)te(S an bie 3eite fe^e. äte^id^ toar man 
auc^ in ben nteijiten anbem Stäbten berfa^ren; ^mburg unterfd^ibet 
e6, ba^ bie Sinrid^tung }u einer neuen ))oIitif(j^en Crgonifotton 
btente. 2)ie ftir(i^f))ie(t>ortitel^er bilbeten ba§ (SoDegium ber äfd^tunb- 
tierjig unb mit ii^ren 93eigegebenen bereinigt ba^ ber $unbertt)ier' 
unbt>ierjig, gtoei ßoUegien, bie ol^ eine too^re 9le))räfentation ber 
erbgefeffenen Sürgerfd^aft angefel^en toerben lonnten. Uebcrbie^ rid^' 
tete man nod^ einen fünften ^anptta^tm ein, bei n>eld^ bie ^t- 
ioaltung be^ gefommten fiird^en&ermogen^ ftd^ bereinigen foDte^), 
unb Ernannte l^ieju bie brei Dbera(ten ber berfd^iebenen Rixi^ipid' 
borftel^er. Sie^ Q^^o!f) mit ^oQtoort eine^ ehrbaren Statines, am 
3Rid^ae(idtag 1528. Q^ leud^tet ein, toeld^e Sebeutung biefe^ eoQe^ 
gium für bie 6ntn)id(e(ung ber Stabt belommen lonnte, unb man 
toei|, ba^ e§ biefelbe h>irt(id^ gel^abt bat. 3ta^ brei^unbert ;34^^ 
l^at man nod^ ben 2^ag ber erften Sinrid^tung berfelben mit ftdbtifd^en 
^efllid^leiten begangen*). 

äud^ in Sloftotf fd^Ioffen M ^tatl^ unb Sürgerff^aft, im ®egen^ 
fa| gegen bie mellenburgifd^en eJürften, toeld^e pd^ im ^af^x 1531 
einen ä^ugenblidC ber fatl^olifd^en ®eifitlid^feit annal^men, nur um jo 
enger an einanber'). 

aber nid^t aCentl^alben fam e^ ju biefem frieblid^en 6ini)€r' 
ftänbni^. SJ^'Sremen, too bie Äird^en fd^on 1525 in bie ^änbe 
iutl^erifii^er ^Prebiger geratl^en^ fd^on 1527 bie beiben Äßfter ber 
Stabt, ba^ eine in eine ©d^ule, ba^ anbre in ein Spital bertoan^ 
belt toorben toaren, l^atte jid^ in ber Sürgerfd^aft toäl^renb ber un- 
aufl^örlid^en ©treitigfeiten, in bie fie mit ber ©eiftKd^Ieit am 3)omc 
bertbidfelt .toar, ein fo i^eftiger SBibertoitte gegen biefelbe gebifbet, 

1) ft^iäfMbttott^m^tx ]d)cUtn be ^eev ^ifien in ben (Sarf^elfarden, toe 
fe nun ßa^n , t^o 9$erfameünge be ^(mtdgen 6(9t)eu, fc boci^ , bat^me aSenbt 
tt)a9 Bettet tl^o barinn geget>en , unb f^t^xnamaU t^o allen ^^b^n barinn ge« 
gelten n7eTben ma^, aUed getroun^It! in unb h\) be $öt>etft;iflen ^refentere nnb 
aberanttoc^tbc'^ Urfunbe ber Stiftung ber Oöcraftcn, iWid^acIiötag 1528. 

2) ?a:|)^en6erg , Programm jur britten ©acularfeier ber Bürgerfd^cft* 
üä)tr\ ©crfaffung Hamburg« om 29. ©c^tember 1528; toorin gefeiert unb U' 
lel^renb ausgeführt totrb, u>a$ bie Sieben bes ^ürgermeifiere Bartels unb bed 
^rSfe« ber Oberattcn 9lMtx ^o^ulärer anbeuten ober entttjitfeln. 

3) 9eubIof 9?. ®cf(^. SDieffenburg« I, 81. 



^Reformation in fcen niebcrb. ^täbtcn. Hamburg. Bremen. ?übccf. 275 

ba^ il^r nod^ md^t^ genügte, fie il^reö geiftlid^en (SinflufJeS auf bie 
Stobt Beraubt gu l^aben. ©ie erl^ob bielmel^r Sln^rud^ auf eine 
ganje Änjal^I bon SBiefen, ©arten unb Äamj)e, tDeld^e ber 3)om ber 
clabt unred^tmo^ig entrifjen l^abe; unb ba ber Stati^ il^r l^ierin nid^t 
bei})Ptc^tetc , fo toäl^Itc jie fid^ einen bemofratifd^en SSorftanb öon 
^unbert unb bier SKännem, ber nun nid^t attetn biefe ©ad^e burd^= 
^ufed^ten, fönbem bie gefammte SSerfaffung ju änbem fud^te, il^re 
6i§]^erigen ©runblagen, 3!afel unb 33ud^, urnftürgte, überl^au^)t auf 
ba^ getoaltfamfte berful^r unb enblid^ nur burd^ bie entfd^Ioflene 6nt= 
toicfelung einer betoaffneten 3Dlad^t befettigt toerben fonnte ^). 

Unb nod^ btel toettauöfei^enber itjaren bie 93eh)egungen in Sübedf. 

§ier l^atten fid^ bie bomel^men ©efd^led^ter auf bag engfte mit 
ber ©eifttid^fett bereinigt: Kapitel, 9l(xtl^, S^nf^r unb gro^e Äauf= 
(eute bilbeten nur 6ine Partei*). 3)agegen regte fid^ baö religtöfe 
Segei^ren l^ier eben fo gut toie anbertoärtg in ber Sürgerfd^aft; e^ 
iDarb aber mit unnad^ftd^tigem ®ifer jurüdfgebrängt : e§ tDurben 
5amilien geftraft, tüo nur ba^ ©efinbe einen beutfd^en ^falm ge= 
iungen: Sutl^erö ^oftiffe toarb 1528 auf öffentlid^em 3Karft ber^ 
brannt. 

9!)a^ UnglüdE ber regierenben Ferren toar nur, bajs fie bie 
Jinanjen ber ©tabt in Unorbnung f)attcn geratl^en lafjen unb fid^ 
genötl^igt fallen, bie Sürgerfd^aft ju berfammeln unb il^re au^eror= 
bentlid^e Seil^ülfe gu berlangen. 

SBol^I ging bie Sürgerfd^aft l^ierauf ein: ^te ernannte 1529 
einen Slu^fd^u^, ber nad^ unb nad^ auf 64 9RitgKeber antoud^«, um 
mit bem Statl^ beffen ©elbborfd^täge ju überlegen; allein fie ergriff 
^ugleic^ biefe ©elegenl^eit , um nid^t allein eine größere J)oHtifd^e 
Maijt, fonbern aui) religiöfe Seränberungen in 3lnf)3rud^ gu nel^men. 
Sie forberte, ba^ il^r 3lu^fd^u^ aud^ an ßinnal^me unb 3luiggabe 
gebül^renben Slntl^eil l^abe, unb ba^ il^r bie freie ^rebigt geftattet 
tuerbe. ®ar balb erl^ob fid^ l^iefür bie allgemeine ©timme. 5IRan 
brang auf bie 3"i^^*6erufung ber ^rebiger, bie bor einigen ;Jval^ren 

1) SÄoIIer ®ef({;ic^te öon iBrcmen II, p. 380 u. f. 

2) 2)ic ^rieperfc^aft toar befonben^ burti^ bie »Stiftmig ber ^icaricn fc^r 
iat)Irei(^ getoorben. 3n ber iKittc bcö fünfzehnten 3a^r^unbert« gab e« in 
i'übecf am 2)om 59, an SWari^n 51, an ^ctri 22, an Sacobi 16, an 3tegi^ 
bien 13 unb an ben 9^?ebenftrti^en \nod^ 8 Sicare. @« »aren meiftenö ®er*= 
»anbte 2)ericnigen, ttjeld^e ba« (Sa^ttel gur Sefnng einiger ©eeimcffen gc* 
fliftct. 3SgL ©rautoff >^t^riften I. 266. 2)ie 3Scrf(^reibung über ba« d^apM 
Hieb in ben ipänben ber ^rotoifcren. 

18* 



276 @e(^«te« 33u(^. günftc« dapittl 

DertDtefen h)orben; auä) l^ier unterbrach ber ^falm „Äd^ (Sott öom 
§tmmel ftel^ baretn" bcn fungircnben ^riefter; man fang ©^JOttlieM 
Segen Qol^ann SHobe , Äird^l^erm ju Unferer grÄuen , diö toeld^er h 
f)aupU, ßl^riftu^ l^abc nur bie StßDäter erlöft, bon ®})atcrgebome« 
müfjie baö $etl il^m aböerbicnt h)erben: „bie uni foHen treiben' 
l^ei^t c^ in einem biefer Sieber, „ba^ finb, bie un^ tjericiten ^V 
al^ man einft in einer großen SSerfammlung bon ©urgent biejenig 
bei ©eite treten l^ie^, ioeld^e fatl^olifd^ bleiben trottten, tl^at ba^ nu 
ein ©injiger. 

aSon biefen 9Kanifeftatiomn gebrängt unb burd^ feine finai 
jietten Sebürfniffe aller nad^l^altigen Äraft jum SBiberftanbe beraub 
mu^te ber Slatl^ Sd^ritt für ©d^ritt nad^geben. 

3loä) im S^ecember 1529 rief er bie berjagten ^rebiger jurii 
im 2lt)ril 1530 entfernte er bie Äatl^olifen bon allen Äanjeln 1) 
©tabt; im S^ni beffelben ^ai)xe^ fal^ er fid^ genötl^igt, bie Äird^ei 
unb Älöfter jur Unterlaflung il^rer biöl^erigen @ebräud^e anjutoeif 
@ben inbem 6arl V ju 2tugöburg ben alten (Slauben in 2)eutf(t 
lanb toieberl^erjuftetten gebadete, toarb berfelbe in einer ber toiitig- 
ften ©täbte be« Slorbenö abgefd^afft. SBol^l blieb ba^ ju Slugäburn 
nid^t unbemerft. 3)er Äalfer befal^l burd^ ein 5ßönalmanbat ben 
SSierunbfed^^jig auf baö emftlid^fte, „il^re^ 3^l^un§ abjuftel^n", unb 
toieö ben Slatl^, faHg baö nid^t gefd^ei^e, auf bie §ülfe einiger be 
nad)baxUn dürften an. @g lä^t fid^ aber benfen, toeld^e 3Sirfung 
biefe 2)ro]^ungen einer entfernten ©etualt in ber gal^renben Stabt 
i^aben mußten. 2)ie 35eh)egung erl^ob ftd^ mit boJ)J)eltem UngefKtn; 
^e tüud^ö fo getoaltig an, ba^ ber 9latl^ fid^ in ber 5Botl^h>enbigfeit 
fal^,. bie 3Sierunbfed^igjig felbft um Seibebaltung il^rer Functionen 
ju erfud^en, ja il^re 3Serftärfung burd^ einen neuen 3wfö^ i>ön 100 
Sürgem gutjul^ei^en*). S)ann toarb 3)octor Qlol^ann SSugenl^agcn 
and) naä) Sübecf berufen, um mit einer ßommiffton an^ dtati) unb 
Sürgerfd^aft bie nm^ Äird^e einjurid^ten '). 35ie Älöfter tourben in 
©d^ulen unb Äranfenl^äufer bertcanbelt: bie Älofterjungfem ju St. 
Sol^^anniö, bie man beftel^en lie^, jum Unterrid^t ber 3[«9^b öer^ 

1) S)a« 2kh in 9Jegfmannö (S^ronif p. 133^ 

2) 3n ber ^nitooxt ber i)erorbneten ©ürgcr bei ^eeghnann 139 ^«ßt 
t9f bag bie« J>ora 9Jat^ öorgcfd^lagen t^orben fei, „um ^itUx ungeflüm^cit 
tDtden, müif unb t>erbrie§ gutoorgufommen''. 

3) ^iottgcn bei Orautoff II, \59, 3)cr bebeutenbe ^infTug, ber bei ®r. 
einer milben gartet im S^atl^ gugefc^rieben miib, mügte too^l noc^ na^er U< 
n)tefcn tocrbcn. 



Deformation in ben niebetbeutfc^en (Stäbtcn. SüBed. 277 

p^iäfUU in aUm Rxx^\p\eüixä)m fourben Pfarrer unb ßa^Iane ange« 
ftellt, bic fid^ jut auflöburgifd^en 6onfef|ton j^ieltcn unb benen ein 
Sujjcrintcnbent, ^ermannuig Sonnu^, t)orftanb. 

6^ liegt in ber 3latux ber QacS^e, ba^ bie .Sierunbfed^^jig, ^ 
beren llrf})rung ^jolitifd^sreligiöfer 9iatur Wat, fid^ nun mit fird^Iid^en 
Sonceffionen nid^t begnügten: ber dtaif) mu^te berfjjred^en, il^nen 
Sied^enfd^aft abzulegen, ol^ne il^re @inh)illigung fein Sünbni^ ju 
mad^en, pe aud^ in militärifd^en 2lngelegenl^eiten 5Kitaufftd^t fül^ren 
ju laffen, genug feine toefentlid^ften Sefugniffe ntit il^nen ju tl^eilen ^). 
Ungern fügten ftd^ bie eine^ giemlid^ ununtfd^ränften 9legimentei^ ge^ 
too^nten Ferren. 3toar berföl^nten fid^ bie Sürgermeifter nod^ ein- 
mal öffentlid^ mit ben SSorftel^ern ber Sierunbfed^^jig unb ber * 
J^unbert; allein feierlid^e ^anblungen biefer Slrt l^aBen niemals ge-- 
bient, ben einmal eingetourgelten innem 3Biberh)illen ju befeitigen: 
toenige Sßod^en barauf fanben nid^t^ befto minber bie beiben h)ort= 
^altenben Sürgermeifter, 6lau^ SSrömfe unb ^ermann 5ßlönnie^, ben 
3uftanb ber SKad^tloftgf eit , in ben fie gerati^en loaren, ba^ SKi^^ 
trauen, ba^ man il^nen betoie^, fo unerträglid^, ba^ fie bie Stabt 
berlie^en. 6^ toar ju Dftem 1531. Slber toeld^ ein ©türm trat 
ein, ate biefe ßntfemung ber Sürgermeifter unter ber Sürgerfd^aft 
rud^bar Jrurbe. 3Wan fe^te ein ®ini)erftänbni^ berfelben unb be^ 
gefammten Slatl^e^ mit ben benad^barten g^ürften borauö, unb glaubte 
einen Singriff auf bie ©tabt ertoarten ju muffen. ®rft lüurben bie 
Sierunbf ed^^jig , bann bie ^unbert, bann aufö SReue alle SJlit- 
glieber ber ©emeinbe juf ammenberufen, bie %f)oxe öerfd^loffen, bie 
Satl^gglieber enttoeber in il^ren Käufern ober auf bem Slatl^l^aufe 
felbft feftgel^alten, bi§ enblic^ biefer bepegte, befd^ränfte, ge})einigte 
unb feiner SSorftel^er beraubte Slatl^ pd^ entfd^lo^, ba§ gro^e Snpegel 
ber ©tabt an bie aSierunbfed^igjig ju überliefern. 3)ie ©emeinbe 
ging nid^t fo toeit, il^n abjufe|en: niemals l^ätten ba^ bie lutl^erifd^en 
?rebiger gutgel^ei^en. älber inbem pe eine ©a^ung l^eröorfud^te, 
mi) toeld^er ber Statin au$ einer großem Slnjal^l bon ^JDtitgliebem 
Mtel^en foHte, al$ bie er lüirflid^ jäl^lte, unb fogleid^ jur (Ernennung 
ber fel^lenoen fd^ritt, inbem pe aud^ an ©teHe ber jtoei ausgetretenen 
Sürgermeifter jtoei neue ernannte, fam pe bod^ bal^in, ben SRatl^ 

1) S>er (Semeinbe ^rticul 13. October 1530 gemad^t, beeidigt unb 
conftrmirt, bei 9}eg!mann 151. ^ecfer, ^üb. ®t\df. III, 27, fagt, nici^t aUe 
Sorberungen ber ®emeinbe feien betoilligt n)orben, unb bann ftt^rt er hU9 
bie $un(te an, beren in bem 2:agebud^e bei ^^ird^ring unb äßüller p. 166 
öu^brütfli^ gebadet »irb. @oflte ber Xitel ber Slrticul fo falfc^ fein? 



278 @cc^«te« öuc^. fünfte» (iapittl 

utnjuiDonbeln unb bet ftegreid^en 3)letnung einen üBettoiegenben ßin^ 
flu| auf bie Sefd^Iüffe beffelben gu l>etfd^affen. 9lur toiberftrebenb 
gaben bie ^rebiger nad^, bie il^ten Segriff Don ber l^ol^en 3Bütbe 
ber Obrigleit anä) auf bie Stabträtl^e au^bel^nten unb bei jeber ^t- 
ttegung auf bet Äanjel eifrig baöor toamten, ba^ man fi^ an ber 
Dbrigfeit betgreife'). 

$erjog 6mft \>on Süneburg toar J^öd^Kd^ erfreut, aU er t)on 
Slug^burg nad^ §aufe tarn nnb ring^ um fid^ l^er tral^mal^m, iüie 
h)enig man fi(^ aud laiferlid^er @nabe ober Ungnabe mad^e, \ou 
bielmei^r in- allen jenen ©täblen bie 5ßrebigt ebm je^t beffem Fort- 
gang i)ahe, ali jemals öorl^er*^). 2)er Äaifer i^atte fo Am bie ©tabt 
Suneburg burd^ ein befonbereig Sd^reiben ermal^nt, bei bem alten 
(Slauben ju berl^arren: bie S^Ißc h)ar, ba^ fie ben $erjog bot, xk 
ben Sleformator, ben er au^ SlugiSburg mitgebrad^t, Urbanu^ Sl^c- 
giuö, auf eine 3^i^^<»i^9 i^ überlaffen, um aud^ il^rc Äird^e einju- 
rid^ten'): toa^ biefer bann nai) unb naä^ Jrirflid^ au^fül^rte. 

So getoaltig brang ber |)roteftantifd^e ®eift in ben nieber- 
beutfd^en ©ebieten bor. ©d^on l^atte er einen SEI^eil ber gürften^ 
tl^ümer inne, fd^on toar er in ben loenbifd^en ©täbten jur ^errfd^aft 
gelangt: er griff in 2Beft))l^aIen — loir loerben barauf jurüdflommen — 
mäd^tig um fid^; er mad^te ben SSerfud^, baö norbbeutfd^e SSefen 
ganj gu burd^bringen. 

k^ lie^ ftd^ jebod^ borl^erfel^en, ba^, el^e bie« gelingen fonnte, 
nod^ mand^e ©türme gu beftel^en loaren. 

2)em fird^lid^en Seftreben f)attm fid& überaus ftarfe polxix\i}i 
^enbengen beigemifd^t, unb eö Jrar erft bie grage, intoiefem fi* 
biefelben in baö GJelei« ber l^erfömmlid^en 3wftänbe lenfen, ober unt- 
toälgenbe Gräfte in fid^ enttoidfeln toürben. 2)amit l^ingen au^ äb= 
loanblungen ber religiofen SWeinung jufammen, bie fid^ nid^t immer 
innerl^alb ber ©d^ranfen be§ lutl^erifd^en ©^ftemig l^ielten unb öon 
benen nid^t abjufel^en ioar, toeld^e SRid^tung fie nod^ einfd^Iagen tonnten. 

1) 3n ber Sbronif bc« ©crmannu« öonnu« jjjeigt eö fogar, e« ge6e fein 
beffere« äßittcl, ein bejlänbigc« ^Jegiment ju er^fatten, ai9 ha^ bie SBa^Ue« 
^at\ft9 Bei ber Obrigtett felbft flel^e. 

2) (Snijt an (£bf. Sol^ann, äette iD^ontag na* ^atti (17. Oct.): „53e 
ftnber ba9 n))^ngig @ott(ob in biefen umUegenben <i^täbten fatf. i02aj|. ©noben 
ober Ungnaben gefc^euet; benn fpe i^unber beftiger, at9 )>or nie, in aßen 
©täbten ^rebigen unb bad Sort ^otted fürbern''. (SB. %.) 

3) £)6ige9 ©(bretben: ^,baben beub ber 9lat^ unb bie ^emei^ne mir 
fem^tUci^ gefd^rieben". 



^ottjicj^ung bcd fdjmalfalbifd^cn ^unbc«. 279 

2Bir tDcrbcn biefe ßnttoidfelungen, bie fo i^öd^ft mevltoürbig ge« 
toorbm ftnb, toetter toal^mel^men: e^ fam bie 3^itf ^<> i^^'^ mäd^ttg 
aufgeregte (Seift fid^ nod^ einmal auf ganj ungetooi^nten 33al^nen ber« 
fud^te. 3Sorerft toax jebod^ baöon nod^ nid^t bie SRebe. 

3unäd^ft benierfte man nur bie Ünterftü^ung, toeld^e ber rul^ig 
ftd^ enttoirfeinbe Sßroteftantiigmuig in einem 3lugenblidfe, h)0 er öon 
betn Äaifer aufig äu^erfte bebrol^t toarb, in bief er nm^n ©rtoeiterung 
fanb. SBor altem toarb ber fd^malfalbifd^e 93unb baburd^ geförbert, 
auf ben h)ir je^t unfere Slugen juriiitoenben müfjen. 

ä^oU^te^ung be^ f^malfdbif^en Sitnbei^. 

2)ie SJJagbeburger toaren fd^on in ben frül^ern ^erftänbniffen 
begriffen getoefen. ^m Qa^re 1531 bon il^rem (Srjbifd^of mit ber 
änmutl^ung l^eimgefud^t, fid^ nad^ bem 3lbfd^ieb bon 2lugigburg ju 
l^alten, fallen fie il^re einzige SRettung in bem ßl^urfürften öon Sad^- 
fen, ben fie anriefen, „fie bei bem etüigen ©ottei^iDort ju fd^ü^en". 
Sie jögerten leinen SfugenblidE, bem 33unbe beizutreten ^). 

Unaufgeforbert erfuji^te SSremen ben §erjog öon Süneburg, il^nen 
ben erften (Snttourf beö Sunbeig jufommen ju laffen unb erüärte fid^, 
fe^r bereit, bie 3SerfammIung ju befd^idfen, bie il^m aufgelegte ^ülft 
ju fragen ^). 

5Kit Sübedf bagegen mu^te ber §erjog bie Unterl^anblung er- 
öffnen. 6^ gefd^al^ nod^ in einer 3^it, h)o ber alte Slatl^ einige 
3Rad^t befa^: ber l^atte gber ganj anbere ©^m^jatl^ien, unb trug 
natürlid^er Sffieife Sebenfen, barauf einjugel^en. Slllein bie §unbert- 
bierunbfed^gjig toaren befto leidster gewonnen. 2luf beren Slntrieb 
erfd^ien fd^on bei ber jtüeiten SSerfammluna ju ©d^malfalben inf 
3Kärj 1531 ein 3lbgeorbneter ber ©tabt, ber nur nod^ im 3Sorau^ 
ju toifjen toünfd^te, toeld^e Unterftü^ung fie fidft in il^ren ©treitig- 

1) SWagbcburg ©onuafcenb nad& Sflomi^i 1531. ,,^at fi(i^ gugetragen, 
bag unferd gnäbigflen ^errn bed (Sarbittald äl^uttinboigt , Ttittt>oäf (Sinertd, 
i)or m9, bem ganjcn fijjcnbcn SRatl^c, crfti^icnen unb el?n SWiffiben na(fy ^cr* 
ntelbung eingelegter (So))e^en bon l^od^gebad^ten unfern gnäbtgften ^erreft 
fibcranttoort, unb barbeneben angejei?gt, bag er einen ^xuä ^atte, tpodte ben* 
felBigen un^ auci^ überantworten ; unb a(« er fid^ gutor gegen unfern 53ürger* 
meiner unb SRatl^ööeitoanbte berlauten laffen, ba« folc^em Zviiä ber Stbfd^icb 
bed gehaltenen ^agd 3u ^ug9|>urg, aud^ hai man an ben alten ®tf>xau^' 
baltcn fottte, iufcrirt toaxt, l^abtn toir folci^eh Srucf ni^t annemcn toottcn". 

2) ^c^reibcn be« ^erjog^ @mfl» 2)ienflag nad^ .(Clement, 



\ 



280 ®täf$M ^ü6f. fünfte« (So^itet. 

feiten mit bem Vertriebenen Äönig bon S)änemarf, toenn ber Äaifet 
il^n gurüdjufül^ren fud^e, öon ben dürften berfjjred^en lönne, unb an 
bie 3totl^toenbig{eit erinnerte, bie @tabt bagegen bei ber bon ii^r }U 
leiftenben $ülfe nid^t ju ftarf anjufel^en. Unb auä) biefen 3Sorbe= 
f)ait lie^'man fatten, al§ inbe^ jene gro^e aSeränberung in Sübed 
eingetreten \oax. Dbgleid^ ber Slbgeorbnete auf feine tJragen nur 
fel^r ungenügenbe antworten empfing, fo nal^nt bod^ Sübei bag SSers 
ftänbni^ unmittelbar l^ierauf an. SJiefe brei ©täbte finben toir gleidj 
in ber erften befiegelten Sunbeigformel aufgefül^rt. 

3[n ber folgenben SJerf ammlung , im 3wni, traten (Söttingen 
unb Sraunfd^loeig bei. Sraunfd^toeig meinte anfangt, burd^ feine 
SSerbinbung mit bem ^erjog k)on Lüneburg bem S3unbe fd^on genug- 
fam anjugel^ören ^) ; allein bie 3Serbünbeten urtl^eilten, ba^ fte ber 
©tabt einmal im SlotJ^faH mit befferem ®runbe toürben §ülfe leiften 
fönnen^, tomn fie felbft in baö 3Serftänbni^ eintrete. ®in Slbge^ 
fanbter beö Sanbgrafen befeitigte bann boHenbö il^re Sebenflid^Ieiten. 
ßinige 3«it barauf folgten aud^ ©oölar unb ©imbedE nad^. 

®b mäd^tig breitete fid^ baö aSerftänbni^ ber dürften über beibe 
Il^eile bon 2)eutfd$Ianb an§. Q^ umfaßte je^t fteben oberlänbifd^e 
unb peben nieberlänbifd^e Stäbte. 

^ Sänger lonnte man e^ nid^t berfd^ieben, bem 33unbe nun aud^ 
eine SSerfaffung ju geben. 2Bir toifjen , , tou fel^r bie fd^toeijerifd^en 
©reignifje baju auff orberten *) , h)ie aud^ bie Dberlönber y^t Daju 
bereit ■ tt)aren. S^rläufig ift barüber im 9?obember 1531 gu Jlorb- 
l^aufen, befinitib im S)ecember barauf ju IJranIfurt am fDloin be- 
ratl^fd^Iagt Sorben. 

S)ie erfte JJrage betraf bie 8unbe^l^auj)tmannfd^aft. 

Unb ba lag ejg min, toie in ber Siatur ber ©ad^e, fo in bem 
bii^l^erigen $erfommen, ba^ man nur einen einzigen Sunbe^l^auJ)t' 
mann, ber ja aud^ im Ärieg anfül^ren foHte, ju ernennen gebadete. 

1) ©d^reiben' ber @tabt au @rnp öon Lüneburg 22. äßärg 1531. »,2)ic* 
toeil lotr mit @. g. ®n. über unfre natüdici^c untertänige ^crtoanbnig unb 
fonberltd^ aufgertd^te Verträge ber (i^rifllid^en angefangen <^a(i^en IfaVbtx int 
tarnen ®otte0 gufammengefe^t ^aben''. 

2) iKekn^t^on an (Saraerariu« 30. 2)cccmber: Scis ejus periculi 
partem ad nos pertinere. @tn ©einreiben loon Ulm (^arnflag nad^ @imon 
unb 3uba) metbctc, baß am $ofc gcrbinanb« barüber bie größte grcube 
Ifierrfd^e; im «Sunbjgau, 33rci8gau, ^Ifaß ^>abc man ba« SSoff ermahnt, ^ 
gerüflet au galten; in be« %ht9 öou Äcm:|)ten 2anb fei befol^Ien; »enn ber 
@tunn angebe, be« nSd^flen aufaufein unb ausuaie^en. 



$erfaffang be« f(i^malfa(btf^en ^unbe«. 281 

Sadjffen toünfd^e, ba| einer ber beiben SQäelfen, enttoeber ber fiüne- 
ktger ober ber ©rubenl^agener , getoäl^It toürbe. 2)en Sanbgrafcij, 
ben man für ju rafd^, für ju enge mit ben ©d^toeijem berbunben 
l^ielt, toünfd^te man lieber ju bermeiben. 

ätUein ia^ h>ar bod^ nid^t red^t au^fül^rbar. SSiel ju mäd^tig 
unb Iriegerifd^ gejtnnt toar ber Sanbgraf, al« ba^ er fid^ bon ber 
dau)}tmannfd^aft beiS SunbeiS l^ötte au^fd^Ue^en Iaf(en. 9ldd^ ber 
92ieberlage ber ©d^to)ei)er l^atte man bon einer Hinneigung nad^ 
jener ©eite nid^t^ mel^r ju fürd^ten. 

®a aber aud^ ber ßl^urfürft bon Sad^fen neben bem Sanb- 
graf en nid^t in ©Ratten treten toottte, fo bereinigte man jtd^ in 
JJorbi^aufen, jtoei QauptUuU ju ernennen, eben biefe dürften. 3eber 
bon beiben fott bie §älfte ber $ülfe aufbringen, einer nm ben an- 
bem bie allgemeinen ©efd^äfte leiten; ift ber ^rieg in ©ad^fen unb 
SBeftt^i^alen ju fül^ren, fo fott ber ßl^urfürft, ift er in Reffen unb 
in Oberbeutfd^anb, ber Sanbgraf ben Dberbefel^l l^aben. @^ toare 
a6er nid^t baran ju ben!en getoefen, ba^ man nun ben beiben 
^am)tleuten botte 9Rad^t, nad^ il^rem ßJutbünfen ju berfal^ren, ge= 
^Am l^ätte. 

3Rxt nid^t minberem 6mft ioarb bie anbere ^rage erörtert, toie 
bie öerati^ungen gel^alten, bie ©timmen bertl^eilt toerben, in loeld^em 
Serl^&Itni^ biefe ju ben Seiftungen ftel^en foHten. 

2;er erfte JJorfd^Iag bon ber fürftlid^en ©eite toar, fünf ^Stimmtn 
einjurid^ten , jtoei für ©ad^fen unb Reffen, jtoei für bie ©täbte, bie 
Ic|te für bie übrigen gürften unb ®rafen jufammen. 2)ie einfädle 
öülfe, junäd^ft auf 2000 ju ^ferb, 10000 gu %u^ bered^net, toarb 
auf 70000 ®ulben beö SKonatö angefd^lagen, toobon bie dürften 
,30000, bie ©täbte 40000 ju tragen l^aben toürben. 

Stuf ben erften Slidf fielet man, toag fid^ gegen biefen ©ntlourf 
eintocnben I&^t. 3)en Ferren toäre bie größere $älfte ber ©timmen 
unb nur bie Heinere ber Seiftungen jugefatten. 3)ie ©täbte fäumten 
nid^t, einen ©egenenttourf einzubringen, bei bem eg auf botte ©leid^« 
^eit abgefel^en toar. S^ber 2;i^eil foffte 35000 ®. übemel^men imb 
bon ad^t ©timmen bier l^aben. 

3Bie aber bann, toenn biefe ©timmen fid^ bei irgenb einer ^age 
nac^ il^rer ©leid^jal^t trennten? @in Uebelftanb, ben man bamal^ 
bei allen 2)eIiberationen gefliffentlidj gu bermeiben fud^te. 35ie ©täbte 
fii^lugen bor, in einem fold^en fjatte fottc bem 6l^ur})rinjen bon 
Sad^fen, ber ol^nel^in fonft nid^tiS tberbe ju fagen l^aben^ bie ^nU 
fd^eibung üb.er(affen bleiben. 3)a3u aber loar ber Sanbgraf nid^t ju 



282 Bt^9U9 ^Viäf. Pnfted (So^itel. 

Bringen. 6r entgegnete, er fa>ünf<i^e feinem ^'eunb unb Sniber atte^ 
äBol^Iergel^en ber 3Be(t: 3ol^ann ^iebrid^ möge römifd^er fiönig mi 
Äaifer Serben: in biefer ©ad^e aber müfle man nad^ ber erpen 3«- 
fage auf boKe @leid^l^eit l^alten. 

Unb fo lam n^an bod^ }u(e|t ioieber auf einen bem erften fe^r 
äl^nlid^en Snttourf jurildf. 3Ran errid^tete neun Stimmen, bon benen 
mer jlDifd^en @ad^fen unb Reffen, bier jtoifd^en ben Stäbten getl^eilt 
iüurben, bie neunte fottte ben übrigen fjürften unb Ferren gemein« 
fd^aftlid^ fein. 2)ie Stäbte l^atten nur ben SBortl^eil, ba^ bie Sei« 
träge gleid^ä^iger getl^eilt toaren. 38on il^ren Dier ©timmen be^ 
lamen bie oberlänbifd^en jtoei, bie nieberfäd^jifd^en bie beiben anbem, 
n)ie fte benn aud^ bie ä3eiträge ju gleid^en Xl^eilen über fid^ nal^men. 
aSon ben beiben nieberfäd^fifd^eit, ©timmen fül^rten SKagbeburg unb 
Bremen bie eine, äixbei unb bie übrigen ©täbte bie anbere. 

©0 orbnete man, nad^bem ber ä3unb {td^ nun erft einmal ber- 
einigt, bie gemeinfd^aftlid^en 2lngelegenl^eiten beffelben. 2)ie' Ser- 
faffung ift nur ber Stui^brudf beö ©reigniffeö unb ber aSeri^äftniffe: 
beö einen, inwiefern biejenigen, auf beren erfter SSereinigung atte^ 
berul^te, nun aud^ ate bie Rauptet auftreten; ber anberen, inbem 
bie 3Had^t unb bie ©umme be« 33eitrag§ aud^ ben gefe^Iid^en @in-. 
flu^ auf bie Sefd^lüffe beftimmte. 

äBir braud^en naö) allem, toa^ h)ir toal^rgenommen, nid^t iDeiter 
ju erörtern, ba^ fid^ nun l^ier jeneiS jugleid^ erl^altenbe unb befenfil^e 
5ßrind|) ber SReform, toie eö ber ©inneigtoeife Suti^erö mt^pvaä}, ju^ 
ber ftärfften 9le))räfentation erl^ob; irre id^ aber nid^t, fo lä^t ftd^' 
l^ingufügen, ba^ biefer S3unb, ber bie beiben fo'nft nod^ immer öiel- 
fad^ getrennten großen 5ßrobinjen Dberbeutfd^Ianb unb 5Rieberbeutfd^- 
lanb umfaßte, aui) für bie @inl^eit ber @ntn>id^Iung be$ beutfc^en 
(Seiftet i)on l^ol^em SEBertl^ toar. Sieben ben 3leid^^tagen bilbete fid^ 
nun ein anberer ^ittel^unlt, eine @inl^eit, bie nid^t burd^ ein @ebot 
ber l^öd^ften ©etoalt auferlegt toar, fonbem Iraft einer innem Slotl^- 
toenbigfeit bon unten l^er emJ)orftieg: jugleid^ J)oIitifd^»miritärifd^er, 
l^au))tfäd^(id^ aber bod^ inteUectueller 3laim. fiutl^er toav ber gro^e 
Slutor, ber beiben I^l^eilen berftänblid^ , bei beiben Eingang fanb 
unb eine gleid^artige 93ilbung ju begrünben bor^üglid^ britrug. @^ 
tvar ein SSerein, ber nad^ beiben ©eiten bid an bie äu^erften ©ren- 
Jen reid^te. SBie ba« nal^e SRagbeburg, toie Strasburg im 6Ifa|, 
fo fud^ten aud^ ä3ürgermeifter unb ^atJ^mamm bon 9tiga, jugleid^ 
im 9iamen ber @bangelifd^en bon S)or))at unb Stebal, gegen bi( 
aSerfud^e il^re« ßrjbifd^of«, ber fie mit ber Slu^fül^rung bef Sugö 



^ebeutung i^ed fd^maffalbifd^en Suttbed. 283 

Bürger abfd^icbö bebrol^te, bei bem ßl^urfürften bon ©ad^fen, auf 
bem nai} @oü alle i^re ^offnunfl ftel^e, §ülfe unb ©d^u^^). 

3«glei(i^ l^atte ber Sunb eine gro^e J^olitifd^e Sebeutung. Sitten, 
toag bon Deftreid^ ju fordeten ober über bieg ^au^ ju Hagen l^atte, 
nal^erte jtd^ ben SSerbünbeten: ber §erjog bon ®elbem unb Sülid^, bent 
man fo ehm SRabenftein entjogen, ber Äönig bon SDänemarf, ber täg- 
lid^ einen neuen 3lngriff ßj^riftiem^ II mit öftreid^ifd^er §ülfe ftird^tete, 
— enWid^ jene aBal^IsD|):|)ofttion, ioeld^e S5aiem leitete. ^ ge^ 
bruar 1531 finben toir ben bairifd^en Slatl^ SBeid^felfelber in 2^orgau*); 
im Sluguft Seonl^arb ©df bei Sanbgraf ^l^ilij)}) ju ©ie^en; im Dctober 
toarb eine 3"fötnmenlunft fämmtlid^er antiferbinanbifd^en ©tänbe ju 
©aalfelb gel^alten. §ier berfj)rad^en fie einanber, „bei il^en d^ur=, 
fürftlid^en, fürftlid^en unb gräflid^en*) toal^ren SQSorten, auf . @l^re, 
Sreue unb ©lauben, in bie Sffial^I unb befonberg in bie Slbminiftra- 
lion fj^binanbg nid^t gu billigen, unb fid^, im gatt fte l^ierüber 
angegriffen ioürben, gegenfeitig ju unterftü|en". Einige 3Ronate 
barauf ioarb aud^ bie ^orm biefer §ülfe naiver berabrebet*).« 

6^ ift merftoürbig, h)ie biefe 35inge in ber fjeme erfd^ienen, 
toie fxä} unter anbem ^einrid^ VIII in einem ©ef^jräd^ mit bem 
bänifd^en ©efanbten, ^ßeter ©d^toaben, barüber au^brüdte. 3)er 
^aifer, meinte $einrid^ VIII, i^tte tool^I ju Slugöburg in ben toeni^ 
gen Strtileln nad^geben foHen, über bie man fx^ nid^t bereinigen 
ionxdv. (5amj)eggi mdge il^n baran gel^inbert l^aben. ,,3)er Äaifer 
ift einfältig", ful^r er fort, „er berftel^t fein Satein. SKan l^ätte mid^ 
unb ben Äönig bon ^anfreid^ gu ©d^iebiSrid^tern nel^men f ollen: 
toir toürben bie gelel^rteften Seute an^ gang Quxopa berufen unb bie 
Sad^e balb jur ©ntfd^eibung gebrad^t l^aben". Xann lam er auf 
bie SBBal^I ju reben. „SBarum ioäl^len bie dürften", fagte er, „nid^t 
einen Slnbem jum Äönig, ^itoa ben §erjog bon SBaiem, ber ganj 
baju pa^m loürbe? ©ie mögen ftd^ nid^t bon bem Äaifer betrügen 
laffen, h)ie biefer ben 5ßa))ft betrogen l^at". „^err", fe^te er l^inju, 

1) @d^reiBen bed ^atfft^ Wlxtttood) bor ^almarum, fotDte bed ^t^n* 
bicu8 Sel^nmütter 3«ittn)od^ möf ^ormarum , 29. SWärj , 5. 'äpxtl 1531 , im 
3Beim. %x^. 

2) Tlan erwartete bie bairifd^cn ^ätl^c auf ber gtoetten 3"fömmenfunft 
JU ^ä^malMbtUf tote ein* ©d^rcibeit ^^iUp:|)ö an Dr. ?conl^. (grf (unbatirt, 
flBer ol^ne B^^if^^ bom Sanuar 1531) auötoeip. 

3) Sileubeder« Urfunben p. 60. Ttan muß aber itid^t ,,brief(id^en" (efcnr. 
es fmb bie ®rafen üon SWan^felb gemeint. 

4) mai 1532. Urfunbe bei ®tum^)f nr. V, p. 20. 



284 etdfeuß Sßü^. fünfte« (iapM. 

gleid^ ate fei er felbft üBer biefe DffenJ^erjißfeit erfd^rodfen, „e« barf 
9tiemanb erfal^ren, ba^ id^ bieiS gefagt \)cAt, id^ bin ber SSerbünbete 
beg Äoiferg".. — „ign ber 23^at", ful^r er nad^ lurjer 5ßaufc fort, 
,,e^ toäre bem ^aifer ein ®d^im))f, toenn er ^eutfd^Ianb berlajfen 
mfi^te, ol^ne biefe Unrul^en beigelegt ju l^aben. 3d^ fel^e, bie 3^it 
ift ba, too entlDeber ber Aaifer ftd^ berül^mt mad^en toirb, ober ber 
ei^urfürft t)on ©ad^fen". 

2)al^in toar e^ gelommen, ba| ein benad^barter geiftreid^er t^rft 
bie älUiSfid^t auf Stui^nt unb 9Be(tbebeutung, toeld^e ber Sl^iirfürft 
l^abe, mit ber be^ ^aifer^ bergleid^en fonnte. 

2Bir laffen un$ bauen nid^t irren: e^ entgel^t un^ nid^t, ba^ 
ber Äönig mit ®ebanfen biefer Slrt feinem bem Äaifer feinbfeligen 
§erjen fd^meid^elte. 

2lber fo tjiel ift bod^ aud^ Mar, ba^ bie föberatibe ©tettung, 
toeld^e ber alte ßi^urfürft je^t am Gnbe feiner 2:age eingenommen; 
eine l^ol^e Sefceutung in ft^ fd^Io^. 

S^aiit bie erobembe S^enbenj ber fd^toeijerifd^en Sleform bei bem 
3Serfud^e, bie gegentiberftel^enben geinbfeligfeiten ju bred^en, unter: 
liegen muffen , fo ioar ein äl^nlid^ed Unglütf bei ber burd^auiS befen- 
ftben Haltung, bie ber Sunb nal^m, nid^t ju beforgen. ©elbft Joenn 
ber Äaifer ben fd^toeijerifd^en (Slürfötoed^fel benu|t unb ben großen 
Ärieg begonnen l^&tte, fo toäre e^g il^m fo leidet nid^t getoorben, loie 
^erbinanb t)ielleid^t meinte, ben ^roteftantiiSmu^ ju unterbrüdfen, 
^err in 3)eutfd^lanb )u toerben. 

ä(Dein überbie^ toaren Umftänbe eingetreten, bie baS aud^ an 
M g^nj unmöglid^ mad^ten. 



Eingriff bet D^matrcn. @rfter Slcligton^frtcbe* 

1531-1532. 



35a^ Sd^icffal l^atte, \oenn totr fo fagen bürfen, bem Äaifer 
eine 3^* Iö«9 fi^^^ ^ö»^i> gelafjen, um btc reltgiöfe Sprung auf eine 
ober bte anbete SSSeife ^u befeitigen. @r l^atte jhjei Saläre lang 
gfriebe gel^abt. 

®m auffattenbeö ©d^auf^Jiel aber bietet biefe 3^it bar. ^w 
ienigen, toeld^e mit Ärieg unb Serberben gebrol^t, feigen toir au^- 
einanbergel^n, einen ^eben feine befonberen (Sefd^äfte beforgen. 

25ie Sebrol^ten bagegen l^alten il^re ®efid^t§j)unfte unerfd^ütter== 
K(i^ feft: unb e^ gelingt il^nen, eine religiöig5j)0litifd^e Bereinigung 
i)on toal^rl^after Energie ju grünben. S)er SBad^tl^eil, ben bie SRe^ 
form in ber Sd^tüeig erteibet, mu^ ilj^rer Drganifation in SJeutfd^^ 
lanb jum .SSortl^eil gereid^en. 

Sag ift nun aber einmal immer fo, unb namentlid^ bringt eg 
bie 3?atur beutfd^er SSerl^ältnijfe mit ftd^, ba^ bie erfannte yioti)- 
toenbigfeit gemeinfd^aftKd^er SSertl^eibigung bei Ipeitem beffer bereinigt, 
afö ein 5pian ju einem gemeinfd^aftlid^en Singriff. 

S)er Äaifer feinerfeit^ lie^ e^ an einem SSerfud^ nid^t fel^Ien, 
junäd^ft bie Gl^urfürften ju einem nad^brüdflid^em SSerfal^ren ju Ver- 
mögen. Unmittelbar nad^ ber SBal^l 55^^i>^"<^wi>^ l^atten ^e einen 
Sunb jur Sßertl^eibigung berfelben gegen ettoanige Slnfed^tung ge^ 
fd^Ioffen. 3)aran anlnül[)fenb, fd^lug fd^on im grül^jal^r 1531 ber 
Äaifer ein toeitereg Sünbni^ bor, um jebem Unternel^men ber Slb^ 



286 <Sed^«te« ^u^. ^ttf^ßtt^ d^apiUl. 

trünnigen gegen ben redeten ©lauben jutjorgufommen ^). 2)ie ßj^ur- 
fürften aBer gingen nid^t barauf ein. ©ie fonben, bo^ man burd^ 
bte ©aftungen unb Slfifd^iebe be^ Sleid^eÄ l^inreid^enb gejtd^ert fei. 
SBir toiffcn fd^on, ba^ bie 9leid^«ftänbe ühevffaxipt mä)t ganj mit 
bem Äaifer übereinftimmten: bie gefanbtfd^aftlid^e 6orref))onbeng jeigt, 
ba^ aud^ nad^ aUen anbern ©eiten l^in SSe^eigen nnb ^an- 
fj)rud^nel^men tjon ^eunb^i^aft burd^ gel^eime "S^ini^elxQhitm unUx- 
brod^en h)arb. 

UeberbieS toarb jebeg Untemel^men gegen bie ^Jtoteftanten burd^ 
bie ©efal^r unmöglid^ gemad^t, iueld^e \>on ber öftlid^en SBelt unauf- 
l^örlid^ btol^te. 

ßnblid^ erl^ob ftd^ nun biefer mäd^tigfte unb gefäl|>riid^ftc ^einb 
nod^ einmal in atter feiner Äraft. ©ein legtet SSerfud^ auf SBien 
l^atte il^n el^er angereiht alö abgefd^redft. 

9Sir l^aben gugleid^ mit bem' Kriege aud^ bie 9tüdfn)ir!ung, bie 
er auf 2)eutfd^(anb l^at, ju betrad^ten. 9Bar fd^on bie 93efürd^tung 
ben ^roteftanten förberlid^ getoefen, fo lä^t ftd^ erwarten, bafe ii^nen 
ber 3lu^6rud^ be^ Kriege« nod^ toiel mel^r ju Btattm fommen mu^U. 



^uf6ru(^ ber O^manem 

3m ^al^re 1530 lüar e« bie 2l6fid^t ^erbinanb« unb fogar be^ 
Äaifen^, bie ungarifd^e ©ad^e burd^ Vertrag mit ber Pforte gu Be- 
enbigen. 2)a ^o^önn 3<iJ>oI^a ftd^ rül^mte, ba^ er berfelben leinen 
Xribut jal^Ie, fo fa^te man in SBien bie Hoffnung, fte burd^ ßr^ 
bieten einer ©elbfumme für fxä) ju getoinnen. 3!llan fd^meid^elte jtd^ 
fogar, ba« ganje Ungarn, loie ei8 König SBlabi^Iah) befeffen, toieber- 
gubelommen. ^n biefem ©inn toar ber Stuftrag abgefaßt, mit bem 
gerbinanb bereit« im !0lai 1530 eine Sotfd^aft nad^ 6onftantinot)eI 
fc^idfte«). 

1) Urfunbe beö ^Berliner SCrd^it)« unter bem 2^ttel: ^ei^fcr Carfö ©e* 
benfen, tote bie SUction eined römifd^en Königes gu (SB(n gef^el^en unb auf 
^Bn.ig gerbtnanb gerid^t, toiber ben ^^urfürflen bon ©ad^fen unb Snbre, fo 
biefelBe gefiritten, möge ge^anbl^abt »erben. 3n 33rüffel finbet fidji ein 3iu«* 
gug ber Snttoort ber (S(iurfüi{ien in frangBflfci^er ^pxaäft, barin tt)trb ba^ 
anerbieten be6 ^aifers mit ben SBorten Begetd^net : ofifrant derechef avec le 
roy son fr^re d'accomplir et foumir ä une notable et durable entreprise. 

2) 3nfh:uction für Bamberg unb 3urif«^iö Bei @et)av, Urfunben unb 
Jlctenfiüde ^cft I. 



Untcrl^anMungett mit ben Oömanen 1530. 287 

aSon bem Äriegc mit bcm 9Boih)oben l^offte er in ber %f)at ntd^tg 
md)x. ßitt neuer SBerfud^ auf Dfen toar fel^Igefd^Iagen. S)ie Ün- 
garn beiber Parteien jeigten jtd^ ber innem ^el^be mübe: \a jie f)aüm 
fogar einmal ben 5pian, jur SBal^I nne^ neuen, britten Äönigg ju 
fd^reiten, ben fie bann fämmtlid^ anerfennen toürben. . ^erbinanb be- 
quemte Itd^ ju einem ©tittftanb mit S^P^'^^<^- Seine Hoffnungen 
toaren nur auf 6onftantinot)el gerid^tet. 

3lBer lt)ie fel^r fal^ er fid^ ba'getäufd^t! 

"üiRati tou^te in ßonftantinojjel fel^r Qut, ba^ in S)eutf(i^Ianb, 

Stauen unb ®paix\m unaufj^örlid^ bon einer affgemeinen ^Untemel^- 

inung gegen bie Surfen bie 3tebe loar, ba^ ber 5Pa^3ft unb ba^ 

Seid^ ®elb baju betoiffigten, ber Äaifer ben Slul^m feinet fflamm^ 

burd^ einen fold^en ^Jelbjug ju berl^errlid^en badete. Slffein man iou^te 

ani), ba^ bie beh)ittigten ©eiber enttt)eber nid^t eingingen ober bod^ 

nid^t JU il^'rem S^ei bertoenbet toerben fonnten, ba^ bie ßl^riftens 

^eit, äffen ^riebenSfd^Iüffen gum S^ro^, bod^ boff gel^eimer ober 

offener ßntjioeiungen toar, unb f})ottete ber 3)rol^ung, ba^ fte ein^ 

mal il^re Äräfte gegen bie Domänen bereinigen toerbe. „S)er Äönig 

ber Sj)anier l^abe \xä) ba^ ©timbanb ber Jaiferlid^en Ärone umge^ 

legt: aber toaö tooffe ba^ fagen? ©el^ord^e man xi)m barum tool^I 

mel^r? Äaifer fei, toer fein SReid^ mit bem ©d^toert ertoeitere." 2llö 

bie ©efanbten mit jenen Slnträgen l^erbortraten, berfärbte fxi) ber 

©ro^loefir ^bral^im unb toiberrietl^ il^nen, fie bem ©ultan aud^ nur 

öorjulegen^). 3)enn gar nid^t bem Qanufd^ Äral, lote er ben Äönig^ 

ffioitooben nannte, gel^öre Ungarn, fonbem bem ©ultan, ber eben 

barum aud^ feinen 3^ribut jiel^e, fonbem bielmel^r jenem, feinem 

fined^t unb aSertoefer, Seil^ülfe gebe. 3)er Sultan l^abe Ungarn mit 

bem ©d^loert, mit feinem unb feiner Äriegi^teute St^toei^ unb Slut 

jtoeimal erobert, unb e^ gel^öre il^m bon Sled^tötoegen. 3a aud^ 

SBien unb affeö, toag ^erbinanb in SDeutfd^lanb beft|e, gel^öre il^m, 

nad^bern er biefe Sänber in ^JJerfon l^eimgefud^t unb feine 3agb ba- 

f eftft gel^alt^n i^abe. 6arl V brol^e, bie 2^ürf en anzugreifen : er f offe 

nid^t toeit ju gei^n braud^en, man bereite ^td^ bor, il^m entgegenju= 

fommen. „3^ bin bey ®nltan^\ l^ie^ e^ unter anbern in bem ©d^rei« 

ben, ba^^ ©uleiman ben (Sefanbten mitgab, „ber gro^e Äaifer, ber 

^öd^fte unb bortrefflid^fte, id^ l^abe mir bie gried^ifd^e firone untere 

toorfen, baö toei^e unb ba^ fd^toarge 5IReer: — mit ©otteö Hülfe 

# 

1) ©erid^t ber beiben ©cfanbtcn, unb bie 33ricfc ©uleiman« unb 3bra* 
dim«, bei ®eba^, Urfunben unb Slctenpde Heft I. 



288 ^töf9tt9 9u(^. (Se40te9 ^opittl. 

unb meiner 9(r6eit, nad^ ber SBeife meinet SaterS unb ®ro|i>atcr^, 
mit meinet $erfon unb meinem (Sd^toert l^abe id^ auc^ ba§ 9let(| 
unb ben ^önig bon Ungarn an miä^ gebrad^t." 2)em o^d^ifien 
älntrag begegnete er mit ber t>iel ernfUid^ gemeinten ^rberung, 
ba^ ^erbinanb aKe bie ^effaingen l^erau^gugeben l^abe, bie er in 
einem 3^l^eil bon Ungarn nod^ bejt^e^). 

@uleiman lebte unb toebte in bem ©ebanlen, 6on{tantinü))e[ 
nod^ einmal jur $au))tftabt ber 3Selt ju mad^: er nannte 6arl T 
nur Äönig bon ©})anien: ben 3^itel eine§ fiaiferö na^m er, ben ber 
Orient ben (Sl^alifen i>on 3lum nannte, allein in 3lnfj)rud^, unb toar 
entfd^loffen, bemfelben feine ganje Sebeutung jurüdfjugeben. 

SluS einem ©d^reiben ^^binanb^ bom 17. ^Wärj 1531 ftcBt 
man, loeld^ einen getoaltigen ©inbrurf bie toibertoärtige Slnttoort, bie 
feine ©efanbten il^m gurüdtbrad^ten, auf il^n mad^te. Sr ftcHt feinem 
Sruber barin bor, lt)ie eö gegen alle SSemunft unb ®l^re fireite, ein 
9teid^, h)ie Ungarn, fo gro^ unb ebel unb frud^tbar, unb fo öiele 
unfd^ulbige ©eelen, aUe^ Silber be5 lebcnbigen ©otteö, in bie §änbe 
beö türfifd^en 2^^rannen gelangen ju laffen. Slber man öffne bein= 
felben überbiei^ bamit jugleid^ ganj (Snxopa. 2)er Sultan toerbe auf 
ber einen ©eite Söl^men unb 5D?äl^ren, auf ber anbem Snneröftreid^ 
unb Sftrien in S3efi| nel^men; bon ©igna l^abc er nid^t toeit nadb 
ber 5Warf 2lncona unb nad^ 3ltapd^). 

3n einem folgenben Sriefe befd^toört er ben Äaifer, be^^alfe, 
loeil ba^ Änrüdfen ber DiSmanen nod^ gtoeifell^aft fei, nid^t ettoa bie 
Vorbereitung gum SBiberftanb gegen fle aufjufd^ieben. „3)enn bie 
(Sefal^r ift gro^, fagjt er, bie 3^t lurj, unb meine 3Rad^t gering- 
fügig ober null unb nid^tig'"). 

©oioie man fal^, bafe e^ mit ber Slbpd^t be§ ©uttÄn§ Gmft 
fei, ba^ er loirflid^ baran beule, enttoeber fogleid^ ober nad^ furjetn 
SSerjug ben 3Q3eg nad^ ber beutfd^en ©renje einjufd^lagen, mu^te bie^ 
ber ®efid^tg|3unft toerben, toeld^cr bie 5ßolitiI ber beiben Srüber 
bel^errfd^te. 

1) SJuö bem ©d^rciSen ©uletman« ib. p. 91. ©d^abc, ha% ha9 mcfr 
ein Sluöjug ifl, fonjie aud^ ißr. VII, alö eine Ueber^feung. 

2) ©et ®cöa^ I, p. 99. Umgearbeitet crfd^cint baffelBc ©utad^ten no(^ 
einmal im gtoettcn $eft. 

3) 27. Wläx^, y^ Magestad si es razon ni cordura, de estar assi 
desapercebidos y desunidos, alla defensa necessaria debaxo desta soni- 
bra de Operation dudosa, cerco de lo quäl suplico a V. M^ quiera mirar 
y tener proveydo lo que convenga, porque el peligro es muy grande y 
el tiempo breve, y mi pu^anza muy poca o ninguna. (55r. %,) 



Briefe gcrbinanb« an daxL @rflc 2(nnä^crung a. b. ^roteflanten. 289* 

So toar etn"3Koment, toie im 3tnfang beö jel^nten S^J^'^^w^' 
bertg, aU bie Ungarn juerft il^re ©i|e eingenommen unb tjon ba 
))lünbemb unb jerftörenb in bag Slbenblanb einbrangen. 3h)ar hjar 
ba§ 3lbenbIonb unenblid^ Dorgefd^ritten, bei toeitem beffer gerüftet, 
aber aud^ ber geinb toar ol^ne SSergleid^ung mäd^tiger unb ge- 
fäl^rlid^er. 

Ueberlegte man nun aber, toie bemfelbtn ju begegnen fei, fo 
(teilte jtd^ bie ^ntjtoeiung öon 35eutfd^Ianb atö bie bomel^mfte Sd^lüie^ 
riflJeit t)or SCugen. „2)ie §ülfe beö 9leid^§/' fagt gerbinanb in feinem 
erften ©einreiben, „toirb nur fangfam erfd^einen. 3Kan mu^ für ge- 
toi^ Italien, bajj bie 3lnl^änger 2uÜ)tx^, felbft toenn fie bie SRotJ^toen- 
bigfeit ber $ülfe einfel^en unb geneigt finb, fte ju leiften, bod^ bamit 
an ftd^ l^alten, toeil fie fürd^ten, ba^, toenn man bie S^ürfen befiegt 
l^at unb ber triebe mit granfretd^, (Snglanb unb S^^K^n fortbauert, 
man bie 29Baff^ gegen fie rid^ten tüerbe: fie benfen, ba^ Ärieg^öoH 
toerbe ftd^ nad^ einem glüdfKd^en ©d^lad^ttag nid^t mit bem bergoffenen 
Slute begnügen, fonbem nod^ 2(nbere auffud^en, um feine Suft ju 
6ü^en/' 

SBir toiffen fd^on, tüie Diel bie SRatl^f daläge ^erbinanb^ bei 
6arl Y öermod^ten. Sie entf})ringen immer an^ t)cm 5Koment, fie 
fmb gut begrünbet unb l^aben ba^ ®et)räge ber (Sntfd^Ioffenl^eit unb 
Safd^l^eit. Qe^t trug ^erbinanb lein SSebenlen, feinem Sruber eine 
friebiid^e 2lbfunft mit ben ^roteftanten anjuratl^en, fofern fold^e ol^ne 
Serle^ung ber toefentlid^en fünfte beig fatl^olifd^en &lauUn^ möglid^ 
fei. 3Wan muffe il^ren ßifer austoben laffen, ber fid^ nur um fo 
mel^r entjünbe, je mel^r man Del bajugie^e. 2luf einem Sleid^ö? 
iaQ muffe man fte ju geloinnen fud^en. Sie toerben gern ^ülfe gegen 
bie Surfen leiften, fobalb fie ftt^ in bem gefid^ert feigen, U)ag „ilj^re 
eitlen ©laubengmeinungen" angelet*). 

©d^on im gebruar 1531 toar, loie ba§ in 3)eutfd^ianb ju ge^ 
fd^el^en jjflegte, fobalb irgenb eine (Sntjtoeiung eine brol^enbe ©eftalt 
annal^m, burd^ ^ßfalj unb 3Kainj eine SSermittelung bei bem Äaifer 
berfud^t toorben; ba aber bie ^roteftanten alö eine Sorbebingung ju 
allen Serl^anblungen toenigftenö eine einfth>eilige (Sinftellung ber fam* 
mergerid^tlid^en 5ßroceffe forberten, fo toar man nid^t toeiter gefom- 



1) As^sentandose esto avria mas disposition y menos ympedimento 
para resistir al Turco assi in los principes como en las otras personas; 
a lo quäl ajudaran de mejor gana, estando assecurados dello que toca 
a sus vanas creencias. (Prina 27. Marzo.) 



«) 



tnen. ®er Äaifcr meinte, e§ fei il^m fd^toer, et\oa^ aufjutl^un, toaö 
t)on ben ©tänbcn beö Sleid^eö befd^Ioffen Sorben*). 

Stunmel^r aber brang aud^ g^erbinanb barauf. älm 27. 3(^ril 
fonbte er bem Äaifer ein ©rftad^ten ber Ärieggrätl^e ü6er bie Ser- 
tl^etbiflung gegen bie 2;ütfen. Um aber inbe^ bie ©efal^r ju lieben, 
toeld^e au^ ben Serbinbungen unb ^raftilen ber Sutl^eraner ent- 
fjjringe, rietl^ er il^m, jjebeiS 3w9^Pänbnt^ nid^t länger ju berjögcm. 

Snbem nun ber Äaifer ben SReid^^tag nad^ SlegengBurg au^- 
fd^rieb, toie« er in ber "iESjat feinen fji'^cal an, ,,mit ben 5ßrocefjen, 
gu benen il^n ber aug^burgifd^e ä(bfd^ieb in ber äleßgionSfad^e ertnäd^- 
tigt l^abe, bis auf ben näd^ften SReid^gtag inne gu l^alten"*). SBe- 
nigfteni^ fonnte man nun unterl^anbeln, unb e$ toar älu^ftd^t ba, bie 
Gräfte beiS Sleid^iS im bringenben %aU nod^ einmal ju bereinigen. 

9lod^ lag fxe jjebod^ fel^r im SSeiten. 

3)em Url^eber ber Slnnäl^erung, bem Äönig ^erbinanb, toäre e^ ju* 
toeilen nod^ lieber geloef en, fomtt er eine äbfunft mit ben 3^ürf en, aud^ 
unter ungünftigen Sebingungen, l^atte treffen lönnen. Qln ben SCagen, 
in toeld^en bie fd^toeijerifd^en ßreigniffe feinen Sleligion^eifer unb 
^i^rgei) gegen bie 9ieugläubigen fo lebl^aft ertoedft l^atten, entfd^lo^ 
er ftd^ ju ben größten ßonceffionen in S3egug auf Ungarn, ^n einer 
Qnftruction Dom 5. Sloöember 1531 toieiS er bie ©efanbtcn, bie er 
nad^ 6onftantino})eI aborbnete, ftir^ ©rfte allerbingiS an] jebe 316^ 
tretung in . Ungarn abgulel^nen : — für ben fjaff aber, ba^ ber ©ultan 
unter biefer S5ebingung feinen Snftanb betoiKigen h>oße, ermSd^gte 
er pe bod^ toiröid^, aud^ barauf eingugel^n. ©ie fottten nur toenig* 
ftenö bie ©d^Iöffer retten, bie ber beutfd^en ©renje gunäd^ft liegen, 
ober bod^ bie ©umme pd^ auibebingen, toeld^e ber iBoitoobe frül^er 
angeboten. SBürbe aber aud^ bie^ nid^t ju erlangen fein, ber Sul- 
tan ©emütl^ unb Qql§ ftärlen unb auf eine freie Ueberlaffung aSer 
©d^löffer an. ben SBoitooben bringen, fo fottten fie SBoHmad^t l^oben, 
felbft barein ju toilligen: nur unter bem SSorbel^alt, ba^ fo biefe 

1) Snjlruction, toaö toir bctbc Subtoig ®raf gu ©tolberg unb SBoIf 
t>on Uffenflein, dritter , bei tf . m. l^anbeln follen. 5Dien{lag nad^ (Sßonti^t 
(23. ^ti>x.). (ferner : ©ummarifd^e ^ufgetd^nung, tM$ toix betbe bei k\, Wit* 
gel^anbelt l^aben. (593eim. ^.) 

2) p,2lu8 trefflid^en rcbltd^en Urfad^en gebieten toir bir mit @mp, bag 
bu mit ]oiä)tm ^rocebiren, fo bu laut unferd augdburgifci^en $(bf(i^iebe§ bed 
Slrtüeld ber 9{eltgton ^M ®moit l^afl, giotf($en l^ter unb htm nad^ftfont' 
menben 9?etd^ötag gänglid^ flil](|le]^eft." Sollte bei einem ©d^reibcn beö S^ur* 
fürficn Don SWaing 25. 3ult. 



3!iifl6r«cl^ ber 0«mancn. 291 

©d^Iöjfet, toie ba^ ganje Äöniflreicl^, nad^ bem 2;obe bea SBoitoobm 
an gerbtnanb gelangen [oUen ^), ©o toeit lie^ ftd^ getbinanb l^erbei. 
auf eine fo toeit auöfel^enbe Sebingung l^in, toie ber Sob be« Sieben^ 
Bui^Ier^ toar, toottte er aUeg l^erauggeben^ toag il^m in Ungarn nod^ 
gel^örte. ©o l^od^ fd^Iug er ben türlifd^en grieben an. ßr toünfd^te, 
ha^ mäf ber 5ßa})ft unb fein Sruber in ben ©tiffftanb aufgenont^ 
men toürben: fottte fein Sruber il^n bred^en, fo foUte ba§ eben fo 
öiel fein, aU toenn er il^n felbft breite. SBirllid^ erinnerte il^n 
6arl V, nid^tiS unüerfud^t ju Iaf(en, um e§ ju einem Vertrag mit 
ben S^ürlen ju bringen. 

StHein fd^on toaren atte biefe (Srbietungen bergeben^. (Sl^e nod^ 
ein ©efanbter an bie oömanifd^e ©renje gefommen, lief bie getoiffe 
Jlad^ridjt bon ben grofeartigften 9lüftungen beig ©ultang $u Sanb 
unb jur ©ee ein. 3lm 26. 2l})ril 1532 er^ob fid^ ©uleiman in ber 
Xl^ot ju bem entfd^eibenben gelbjug toiber ben mäd^tigften ^einb, 
ben er in 'ber SBelt l^atte, ben Äaifer 6arl, in toeld^em ftd^, fo toeit 
biel nod^ möglid^ toar, bie Äraft beig Slbenblanbeg bcirftellte. 

Sin Denejianifd^er ßl^ronift l^at uniS eine Sefd^reibung biefeS 
äu^jugg l^interlajfen, bie nod^ an ben ^om)f ber älteften orienta^ 
tif^ ßerrfd^er erinnert*). 

§unbert unb gtoanjig ©tüdEe ®ef d^ü^ eröffneten il^n ; bann folg« 
Un 8000 SÄnitfd^Ären, benen man ba« 3Sergnügen anfal^, ba§ ^ö 
i^nen mad^te, gegen bie SDeutfd^en gefül^rt ju toerben^); l^inter benen 
trugen ©d^aaren t>on Aameelen ein unerme^Iid^e^ ®cpäi, . hierauf 
!amen bie ®ipal)i ber 5ßforte, 2000 5ßferbe ftarf : il^nen toar bie l^ei^ 
lige gal^ne an\)^xixant, ber Slbler beö 5ßroj)l^eten , bie fd^on bei ber 
ßroberung bon Sll^obuö getoel^t, mit (Sbelftrtnen unb ^Perlen auf ia§ 
3leid^fte gefd^müdEt. %n biefe fd^Ioffen fid^ bie jungen Änaben an, 
bie Aen als ein S^ribut ber untertoorfenen d^riftlid^en Sebölferung 
auögel^oben toorben, unb an ber 5Pforte il^re ©rgiel^ung befamen: in 

1) Instructio de iis quae — Leonardas Comes de Nogarolis et Jo- 
ßephus a Lamberg — apud ser™"™ Turcorum imperatorem nostro nomine 
agere debent, bei ®eba^ II (1531): Sicubi vero de hac quoque condi- 
tione fuerit desperatum, videlicet quod Turcus gratuito et sine pecuuia 
castra illa omnia Wayuodae reddi voluerit, tum demum, sie fortuna vo- 
lente, fiat per eosdem oratores nostros de iis omnibus promissio. 

2) Avviso venuto di Eagusi di un nuovo esercito messo da Soli- 
mano per ritomar una secunda volta alla cittä di Yienna l'anno nuovo 
1532, in ber Chronica Yen., to^^^ ®uaggo benutzt, aber bod^ fe^r frei. 

3) Marcbiando con gran solazzo verso Yienna. 

19* 



292 @cc^«tc0 S3uc^. @e(^«tc« ea^jitel. 

©olbftoff gcf leibet, mit langen Socfen U)ie bie %xauen, rot^e §ütc 
mit toei^en fjeberbüfd^en auf bem ^opf, alle mit gleid^en, auf bie 
SBeife bon 2)amaöcuö lünftlid^ gearbeiteten Sanjen. hinter benen 
iDarb bie Srone be« Qnltan^ getrogen, bie bor Äurjem ein ©anuto 
bon ©. ßanjian gu SSenebig für 120000 SJucaten nad^ ßonftanti* 
noJ)eI gebracht l^atte. 2)ann erblicfte man ba« unmittelbare $ofgc^ 
ftnbe beö SuUanö, taufenb SKänner, bie fd^önften Scutc, bie man 
l^atte finben lönnen, bon gigantifd^er ©eftalt: bie ©inen l^atten Sogb- 
l^unbe an 2eitriemen, bie 2lnbern filierten Ralfen jur SBogelbaige: alle 
toaren mit 33ogen bewaffnet. 3« beren SDtittc nun ritt Suleiman 
in golböerbrämtem carmofinen (Setoanb, mit fd^neetoei^em, ebelftein- 
befefttem S^urban, 35old^ unb ©d^toert an feiner ©eite, auf faftanien^ 
Braunem 9lo^. 2)em Sultan folgten bie bier SBefire, unter benen 
man ^hxa\)m bemerfte, ber jtd^ ben oberften Slatl^geber beiS ©ultan^ 
nannte, SSefel^Iöi^aber be^ ganjen Sieid^i? beffelben unb aller feiner 
Sflaben unb SSarone , unb biefen bann bi« übrigen Ferren be^ §ofe^ 
mit il^ren Wienern. 3)er 2lnbHtf brüdfte 3wd^t u«i> ©el^orfam au^: 
ol^ne (Seräufd^, in ftiffer Drbnung betoegte ber Swg j^d^ bortoärt§, 

So erl^ob fid^ bie l^ol^e Pforte bon il^rem ©i^, um baö Äaifer- 
tl^um ber SBelt an ftd^ ju bringen. aSon allen B^itm eilten bie U- 
toaffneten ©d^aaren beig 3leid^^ il^r gu. Ttan ber^d^nete ba§ ^eer, 
alö eö im 3lwni bie (Srenje bon Ungarn überfd^ritt, auf britt^alb- 
l^unberttaufenb '^lann, 

2)a. toaren enblid^ aud^ jene ©efanbten in bem Sager einge^ 
troffen. 2lber toie l^^ätten je^t nod^ Unterl^anblungen ben . ba^er- 
Putl^enben ©trom aufl^alten lönnen? 

^ä) finbe nid^t, ba^ ftd^ bie ©efanbten fel^r genau an il^re 3«' 
ftruction gel^alten l^ätten. Slber fo loeit gingen fie toirflid^, ba^ fte 
fotool^l bem ©ultan, al^ bem SBefir eine jäl^rlid^e 3ö^Iwng für ben« 
jenigen X\)dl bon Ungarn berfj)rad^en, ber nod^ in gerbinanbg ^än- 
ben fei. 2luf ben SEBefir mad^ten fie bamit afferbingjl einigen 6in= 
brutf ; ber Sultan toie^ aber aud^ bieö (Srbieten bon ftd^. 2)enn toer 
tootte il^m bafür gut fagen, ba^ nid^t, toäl^renb er mit gerbinank 
^rieben l^abe, ber Sruber beffelben, ber Äönig bon ^panm, i^n 
angreife. 2)iefen aber, ber fid^ feit brei Salären großer Singe toieber 
rül^me, ioolle er auffud^en. „SBenn ber Äönig bon (Bpanm "^vit^ 
l^at, fo ertoarte er mid^ im offenen ^Jelbe. SWit ©btteig ®nabe jie^e 
iäf toiber i^n. @ö toirb gefd^e^en, toag @ott jefättt!" 

2)ie ©efanbten iourben gefragt, toie lange man braud^e, um 
nad^ Slegenöburg ju lommen; fie antloorteten , man reite einen 



^t\ä)9Wt gegen bte 0«mancn 1532.. 293 

Monat , toenn man ben fürjeften SBeg nel^me. 3)ie Domänen jeigten 
fid^ entfd^Iojfen, ben hjetten 2Seg ju mtfd^en. 

66en in Siegengburg nemlid^ h)aren inbejfen bie Stänbe be§ 
Seidig ju bem lange berfd^obenen Sleid^igtag gufammengefommen: am 
17. STjjril l^atte man bie SJerl^anblungen eröffnet , 

J)er Äaifer toünfd^te bie ii^m in Slug^burg betuittigte §ülfe nod^ 
ju fteigern. ®g bar ein ©utad^ten ber Ärieg^rätl^e eingegangen, 
nad^ toeld^em 90000 SKann, hjobei 20000 SM. leidbte Sleiterei, er= 
forberlid^ toaren*). 35er Äaifer iDünfd^te nun öon bem SReid^e 
600OO SK. gu erl^aften; bann berfj)rad^ er auf eigne Soften 30000 
3Bann in^ ^elb ju [teilen. ®ig h)äre aber ganj gegen ba^ ^erlom^ 
men be^ Sleid^e^ getoefen, eine frülj^ere 93eh)ittigung nod^ ju er^ölj^en. 
Sarauf toar feine ©efanbtfd^aft angetüiefen. 2lud^ bie fd^on beh)i[- 
Hgte ^ülfe, 40000 3R. ju ^u^, 8000 501. gu ^ßferbe, toar größer 
al§ jemals eine anbere. 2lm 28. ?!Jlai erflörte fid^ ber Äaifer bamit 
5ufrteben, unb brang nur barauf, ba^ bie 3Jlannfd^aften fo rafd^ unb 
»ollftänbig h)ie möglid^ aufgebrad^t toürben. 3um'SammeI})(a| toarb 
ttid^t, h)ie 2lnfangg ber $Ian gehjefen, Slegen^burg, fonbern bem 
geinbe näl^er, SBien beftimmt; am 15. 2luguft fottte atte^ 3Solf ba= 
felbft jufammentreffen. ^um erften STOal trat l^iebei bie Ärei§t)er= 
fafjung in einer tüal^ren unb bemerlen^tüertl^en 2;i^ätigfeit auf. 9tod^ 
hJäl^renb be^ Sleid^igtagg tourben Ärei^tage berufen, §au))tteute er= 
nannt unb mit ©ei^alt Derfel^en, bie Slüftungen affmäl^Iig in @ang 
gefcrad^t. 

SBorauf nun aber bei ber Slu^fül^rung biefer Sefd^lüffe atte^ 
ünfam, ba^ toaren bie Unterl^anblungen mit ben ^JJroteftanten. 

22ag il^re SBeigerung ju bebeuten l^abe, fal^ man fogleid^, al§ 
ber Äaifer fein eigeneiS $eer in^ ^elb ju bringen Slnftalt mad^te. 
6§ mangelte il^m bor aUem (vx ©efd^ü^ unb ^ulber, unb er mu^te 
fic^ entfd^Iie^en, bie ©täbte Strasburg, Slug^burg, Ulm, 3lürnberg, 
Goftni^, eJranffurt anjugelj^n, il^m babei mit bem übrigen ju §ülfe 
5U fommen. J)ag toaren fämmtlid^ ^ßroteftanten^). 

1) 3" 5u6 forberten fic 32000 3Jl. mit langen (Stießen, 10000 mit 
tarier Se^r, 8000 gute ©(i^ü^en, 500 $aHj]S)a!cn, unb ein |)aar taufenb 
3Äann, nm ba« gelbgcfd^üfe ju bebienen. 2)ie8 Gerechneten fic auf 118 ®tücf : 
34 gatconcn, 32 galconctö, 12 ©d^tangcn, 8 9?otf;f(^Iongen, 8 @ingerinnen, 
8 Sart^annen, 8 ©d^arftoefeen, 8 9Wi5rfer. ©utad^ten ber Äricgöröt^e. Ucber 
Hc crjien S^crl^anblungen beö Seid^ötag« enthält baö berliner Slrc^iö bie 
Briefe öon barfuß, n>o ton fe^en, )>a^ bie Eröffnung beffelben ft^on am 
17. a^jril gcfc^a^. 

2) gürftenberg an granffurt 7. 3nni. 



294 ^tdf^tt^ ^n^. (Bt6fm9 (S^apittl. 

SlBer aiid^ bie latl^oKfd^en ©tänbe mad)tm ben Äaifer aufmerf- 
fam, ba^ man bc^ innem griebenö jtd^er fein tnüjfe, um bm äußeren 
ilrieg ju fül^ren *). 

3a man barf tool^l fagen, ba^ bic religtöfc (5ntjh>eiung ber 
3)eutf(i^en unter ben Setoeggrünben ©uleimaniS jn feinem Untemel^' 
men nid^t ber le^te h>ar. 21I§ bie ©efanbten in bem türfifd^en Sager 
biel babon fj)rad^en, ba^ ber Äaifer pd^ be^ ®el^orfamö unb ber 
£ie6e feiner Untertl^anen erfreue, fragte man fte, ob er griebe mit 
SKartin Sutl^er gemad^t J^abe. S)ie ©efanbten entgegneten, e^ ge= 
fd^el^e tool^l jutoeilen, ba^ in ber ßl^riftenl^eit eine Srrung entfiele, 
bod^ öerl^inbere bieig nid^t bie gemeine SBol^Ifal^rt: fold^ ein griebe 
toerbe ftd^ balb fd^Iie^en lajfen*). 

3)a^ mu^te man nun eben feigen. Sffienben aud^ toir unfere 
2lufmerlfamfeit biefen Unterl^anblungen ju, toeld^e für unS, fo hji(|« 
tig unb bringenb aud^ ber SWoment ift, bod^ nod^ eine anbere baruber 
l^inauöreid^enbe Sebeutung l^aben. 

$aut)tfäd^Iid^ aud^ bei^l^alb, um gegen bie Domänen SSorlel^rung 
ju treffen, l^atte ber Äaifer baö Soncilium geforbert; allein nod^toar 
man in entfernten Vorbereitungen baju begriffen, bie junäd^ft leinen 
@rfolg berfl)rad^en. (g^ ift bod^ auffattenb, ba^ ber Segat Qxtttip^Qsi 
nod^ t)on Slugöburg l^er bem ^Paj^ft ben Slatl^ gegeben l^at, ioenn er 
ja glaube, ba^ ßoncilium jugeben ju muffen, eö burc^ bie Sebin- 
gung ber Seiftimmung ber übrigen dürften unb burd^ ©rörterungen 
über 3^it unb Drt ber gufammenlunft m^ SBeite gu fd^ieben. 2)ie^ 
®ej)räge tragen ioirllid^ bie ferneren SSerl^anblungen. ©d^on im 
^rül^jal^r betrad^tete man in SRom ben gangen Särm über ba^ 6on= 
cilium loie einen borübergegangenen böfen 3^raum^). 

SBBar nun aber bemnäd^ft fein ßoncilium gu ertoarten, fo toar 
man in 2)eutfd^Ianb auf eine befonbere Serl^anblung mit ben ^ro- 
teftanten angetoiefen, toeld^e bei bem beborftel^enben großen Angriffe 
notl^toenbig berul^igt toerben mußten. 

1) 2)enfcn S^f. gg. unb @tänbe, n>o ber eußerlic^ Äricg flatli(^cn fcl 
toolnbrac^t toerben, baß gutoor bic ^ol^e 9lotburft crforbern wottc, anl^el^m ben 

grteben gu Ratten, bamit ein i^bcr toiff, toic er neben bem onbcm fl^, 

bag aud^ in allen anbern "äxtihln bermög (S. ^. ^. ^u8fd^re)^bend baneben 
fnrgefti^riten, ge^^anbelt, — einer mit bem anbern bcfd^Ioffcn toerbc. 

2) «crid^t ber ©efanbten p. 31. 

3) (Sam^eggt 13. gfloD. 1530, bei Sammer 52, totetoo^I unter eifriger 
^roteflatioH, baß er toiffc, che non si conviene ad uno grande e supremo 
principe di simulare, maxime in cosa di tanta importanza. 



^cr^anblungen mit bcn ^rotc|ianten. 295 



S^ec^attblungen mit bett ^roteftanteiu 

Slß man im Sommer 1531 bie UnterJ^anblungen eröffnete, 
badete man pe fatl^oKfd^erfeit§ ha toteber auf junel^men , too fte in 
äugg&urg abgebrod^en toorbeif toaren. 

2lber e§ jeigte pd^ fogleid^ ber ganje Unterfd^ieb ber SSerl^ält- 
niffe. SDie 5ßroteftanten baten je^t nid^t-mel^r, fie tourben gebeten* 
Sie erflärten, auf einen SSergleid^ in ber SReligion gu benfen fd^eirte 
il^nen jje^t nid^t mel^r ratl^fam: fie feien entfd^Ioffen, an il^rer $ßro;» 
tcftation unb ßonfeffion feftjul^alten: i>ox einem d^riftlid^en ßoncilium 
toürben fie babon loeitem Sefd^eib geben. 

3lud^ auf atte anbem 2lnträge l^atten fie eine entf})red^enbe 
äntlDort bereit. 

'Start mutl^ete il^nen an, bie ©eiftlid^en „be§ S^ren" nid^t toeiter 
ju entfe^en. Sie entgegneten, JoHtc ben Sifd^öfen il^re Suriiibiction 
berbleiben — benn biefe ^au})tfäd^lid^ berftanb man unter bem 3^^,^ 
— fo toürben biefelben ein ©d^toert in ber $anb beimaßen, um bamit 
bie Seigre iebergeit auiSjurotten. 

ferner erneuerte bef Äaifer bie fjorberung, ba^ in ben ^)ro« 
teftantifd^en Sänbem bie SIuMbung be^ alten SRituig, namentlid^ ber 
Eommunion unter ®iner ©eftalt, geftattet toerbe. 2)er fäd^fifd^e 
ßanjler 33rüdE ertoieberte, ba^ bann aud^ in bem ganzen Sleid^e beibe 
®eftalten erlaubt fein müßten: erft ia^ luerbe ein ^rieben ju nennen 
fein, toenn man fid^ in ben beiben toid^tigften Sacramenten in ber 
ganjen 5Ration gleid^förmig i^alten bürfe. 

@nblid^ gebadete man aud^ ber SBal^l: ber SJJaingifd^e (Sangler 
%M äußerte bie 9lnfid^t> ba^ bie |)roteftantifd^e ^Partei burd^ i^rc 
D})i)ofitton in biefer ©ad^e tool^I nur bie SteligioniSangelegenl^eit gu 
förbem gebenle. Dr. SrüdE berfe^te, ermüfje il^m fagen, man l^abe 
biefjeit ber Sleligion l^alber leinerlei ^urd^t: fte fei gu tief in ba§ 
Solf gebrungen: ^ebermann toiffe Siedet ober Unred^t gu unter« 
f(i^eiben. SDie 5Keinung ber 5ßroteftanten ge^e ernftlid^ bal^in, ba^ 
ber König bie ©ad^e entioeber gum red^tlid^en SCuötrag lommen laffen 
ober jufrieben fein möge, über bie gu l^errfd^en, loeld^e il^n geloäl^It ^). 

1) Dr. ©rüden Söcrici^t, toaö er mit Dr. 2:ür!cn in SBittcrfelb gel^an* 
belt 2«itttt)o^ in ben SBci^nad^töfciertagcn , 27. 3)ec. 1531. (Sine jtocitc 
3»lammcn!unft toax ©onncrflag nad^ ^urificationiö, 5. gebruar, tt)orü6cr fid^ 
int Sßeim. %xä^, ein o^nlid^er ©crid^t finbet. 



296 ^töf^tte ^üäf. ^töf9it9 (S,apittl 



%^% finb bie tDid^tigften ^unlte btefer Unterl^anblungen, toeld^e 
in mel^r atö @inem Srd^i)) bicfe atctenftd^e anfütten ^). Unoufl^örl^ 
correft)onbirtcn ber ßl^urffirft Don ber %\oX% mit bcm Sanbgrafen, 
ber Gl^urfürft bon 9Rainj mit beut Gl^urjfürften bon ©ad^fen, kiefi 
beiben unter einanber unb mit il^ren 35unbcggenoffen. äwtocüen 
trafen faiferlid^e Sebottmäd^tigte in Sßeimar ein; ber ßl^urfürft bon 
5IRainj nal^m auf feinen Sleifen jtoifd^en §alle unb äfd^affenburg 
(Selegenl^eit, mit einem ober bem anbem einflu^reid^en fäd^pfd^en Se= 
amten ju f})red^en; '\iOX((i famen bie ßanjier in Sitterfelb gufammcn 
' unb faxten neue SSorfd^läge ab, bie fte nad^ S3rüffel überbringen 
liefen. 2)er Äaifer erblaßte, toenn il^m biefe toibertoärtige Söd^e 
tt)ieber einmal borgetragen ioerben mU^te: bod^ «entjog er fid^ il^r 
nid^t, l^olte feinet Sruberö SRatl^ ein, ermäßigte ober betätigte feine 
antrage. 

@o lange nun nid^t aUe ^öglid^feit einer Slblunft mit ben 
DiSmanen Derfd^tounben toar, bürfen ioir un^ nid^t tounbern, ioenn 
bie Sad^en bod^ nid^t fortfd^reiten loaUten. 3« ©d^ioeinfurt, too in 
ben erften SRonaten beö Sal^reg 1532 bie ßonferenjen gel^alten 
lourben, lam man im ©runbe leinen ©d^ritt t)orh)ärtig: bie aSermitt^ 
ler l^ielten e§ für ba^ SSefte, bie ©ad^e ber SSaljil ganj unb gar 
faKen ju laffen. 2Cud^ in Sflümberg, iool^in, man bie 3Serl^anbIungen 
»erlegte, um bem Äaifer naiver ju fein, erneuerten bie aSermittler 
anfangt nur bie alten 38orf daläge, unb jloar nod^ etloa« eingef darauf t*). 

1) 3n SSSeimav, (Saffct, SÄagbcburg, Sien. («gl. 53ud^c(6 «b. IX. 
(gr^arb UcberUeferungen ^b. I.) 

2) gnblici^c SKittcI unb gürfciftläg, iüorauf taif. ü)h. uf b' ©d^metii^ 

fnrtifti^en $anblung cm^)fangencn ©erid^t gu l^anbeln befolgten. 3Kon» 

tag nad^ SBonifacü, 10. Suni. ig« t|l ein 3rrt^um in ben meifien ?(uögabcn 
lut^erifd^cr ©crfe (g. ». Bafd^ XVII, p. 2202), bag fic gu ©(i^toeinfurt ein* 
gegeben feien. !S)arauf antn^orteten nun bie ^roteflanten am 12. 3uni. Strt. 1 
Dcrmiötcn pe bie SEBortc: „bie fo fid^ filnftiger 3eit in ber ?c^re il^rcr g«* 
tränen (Sonfcffion unb 2(:|)o(ogia cinlaffcn, bereu fic fid^ au« d^riptid^er $f[i(^t 
angune^men fd^ulbig crfcnnen''. STrt. 2 feilten beim (Soncilium bie Sorte: 
„baß eö aßctn nad^ ©ottcö reinem ©ort bctermintrcn fotte''. @o gel^t ba« 
fort, unb man fielet, bag fie fcincStocg« nad^gabcn. 2lm 18. Suni baten fte 
i»ielme^r, „bag in ben äugerltd^en ©ad^en, fo ®otte« ©ort unb bie ^etviffen 
nit befangen, uf einen gemeinen beflänbigen iOanbfrieben gel^anbelt, unb ber» 

. felbe ufgerid^t mod^t h)erben". 3)iefc ©cnbung ber 3)ingc tt)irb nod^ au«' 
brüdfUd^ burd^ ein ©d^rciben Sol^ann griebric^e an ben trafen öon 92uenar, 
©onntag nad^ Sacobi, 30. 3uli 1532, betätigt, toorin er fld^ bettagt, baß er 
nun f(^on in bie ad^te Sod^e gu 9lürnberg liege, unb bann bie ^er^anblungeit 
bcrid^tet. „3(i öon ben gh)ei S^urfürpen Äf. SWt. ®emüt fo toeittcuftig! ein» 



^er^anbrmtgen gu 9^ürn)6erg 1532. 297 

(Srft als bte fidlere ^unbe einlief, ba^ ber (Sultan nid^t aiiVL'- 
Italien fei, ba^ er ftärfer atö jemate öorrficfe, begann man fid^ ein- 
anber emftlid^ }u naivem. UeBerl^au))t ein großer SRoment, in 
toeld^em man auf aKen @eiten bie ungel^eure ©efal^r ber Spaltung 
inne toarb unb ftd^ ju einer SBerföl^nung bereit jeigte. 2lug neuent« 
bedften SSrieffd^af ten entnel^men toir, toobon bii^l^er 5Riemanb eine 
äl^nung gel^abt l^at, ba$ ber 5ßa))ft bamaliS geneigt toar, jtd^ bie 
äug^burgif^e (Sonfeffion gefallen ju laffen. Sr legte fte im 3lJ)ril 
1532 gemäßigten römif d^en 3^l^eologen bor , bie bann fanben , ba^ 
einiges barin ganj fatl^olifd^, anbereö auf latljiolifd^en ©inn ju 
beuten , über nod^ anbereö eine Serftänbigung tool^l möglid^ fei. 
§ättc man eine fold^e 2lnfid^t bod^ im 3uli 1530 gefaxt. 3^1^ 
erfud^te ber ^cip\i ben Äaifer, atte^ ju einer 2Cbfunft mit ben ®eg= 
nenx ju tl^un, bamit ber Xüvtt nid^t ettoa fd^toäd^em SBiberftanb 
finbe: feien fic gleid^ Sutl^eraner, fo feien fie bod^ ßl^riften*). 

3n 35eutfd^lanb fa^te man jebod^ biefe l^öd^ften ®efid^tg))unlte 
bamal^ nid^t toeiter in^ 2luge ; man blieb l^auJ)tföd^Ud^ bei ben reid^ö= 
red^tlid^en -Streitfragen fte^en. 3)ie ^roteftanten toünfd^ten nid^tg, 
aU bie Stellung, bie fie eingenommen, toenig^enö borlaupg bon 
bcm Äaifer anerlannt ju feigen. Sie forberten bie SSerfünbigung 
eine§ atigemeinen griebenS unb bie ©ini^altung ber ?Proceffe am 
^ammergerid^t, burd^ bie fie fid^ bebrängt fül^lten. — 3toä) jeigten 
bie Serl^anblungen l(>ierüber grO^e Sd^toierigfeiten. 2)ie SSermittler 
Ratten aufS neue ben ätuigbrudf gebrandet: „Sliemanb foUe ben Sln^ 
bern bei Seinen entfe|en": lein SBunber, ioenn bie 5ßroteftanten 
töiberfj)rad^en. ®S Wax abermafö nur bon bem ^rieben unter ben 
Stäuben bie SRebe: bie ^roteftanten forberten, ba^ ber ^Jriebe 
„}h)if(^en 3. Äciif. SKaj., aud^ alten Stäuben ber beutfd^en Station" 
betfünbigt loürbe. 

(Sine anbere SBäeiterung beranla^te bie 35ejeid^nung be^S ßonciliumiS. 
J)ie 5Proteftanten l^atten borgef dalagen, „ein ßoncilium, toorin-nad^ 

gebraci^t, baö mtif>tö 9Ju^Ud^e« barauf l^at gel^anbelt mugcn merbeit, bau toJ^r 
an unfern Xttii fo toit ^efd^toerungen bar^nneti öcrmerfet, baö toir mt^t @ot 
unb gutem ©emiffen bt^fetbigen 2lrtifcl ni(i^t ^>aben l^anbcln fonncn. Segl^at* 
ben man ie|jlid&en toon ben Slrtifctn, bie jur S^nigfcit b^njilt^d f^n fottcn, ha 
mm [id) bergeftatt Jocrgleijd^en fottte, ganj abgeflanbcuf unb batoon gerebet, 
n?ie etjn gemcijncr grieb im ^tt)d} aufgeriti^t folt tt)c^cben'^ (SBeim. %x6f,) 
♦ 1) ^uö ben ©einreiben öon aRüjctuIa, 12. SWärg, 19. 'äpx'iS, bei $eiue 
257. SÄIeanber, ber am faifertit^en $ofe toar, brücft bavüber fein (äcfiaunen 
au«, 31. mal bei Sommer 116. 



298 ®i^m$ f6n^. eeci^^te« (iapM. 

bem reinen SBort ©otteö betenninirt toürbe". SKan fanb eine foldjc 
äSegetd^nung berfänglid^ unb ntd^t !atl^oHf(i^. ^nitm man aber bafür 
fd^rieb : „ein gemeine^ freieiB SDncilium, toie fold^ed auf bem "SiAä)^' 
tage bon Siümberg befd^Iojfen toorben ift", fonnten bie 5ßroteftanten 
fid^ leidet juf rieben geben, ba fte immer bei jenen alten Sef^Iüffen 
geblieben U>atm. 

3to^ biel größer aber toar bie ©d^toierigfeit, bie nun in ^in- 
ftd^t ber 5ßrocef{e entftanb. 

2)er ©ebanle, bie $Proteftanten red^tKd^ anzugreifen, gel^örte bei 
tocitem mel^r ber SWajorität an, alg bem Äaifer. ®a^ ©erid^t felbft 
toar, toie toir toifjen, ein ftänbifd^eö Qnftitut. SQäir erinnern un^, 
lüie öiel 5!Rül^e eö gefoftet l^atte, ,ben ©influ^ be§ faiferlid^en $ofe§ 
barauf ju befd^ränlen, 3n bem ju Slug^burg befd^Ioffenen unb fd^on 
in bottem ©ange begriffenen SBcrfal^ren beö ©erid^te^ gegen biejpro- 
teftanten fal^ bie latl^olifd^e Partei ü^re bomel^mfte 98affe. Unb nod^ 
forttoöl^renb bel^arrte fte barauf, fo fel^r fie aud^ gutoeilen bie Siotj^- 
toenbigfeit beig ^eben^ l^erborl^ob. ^n bem (Snttourf eine^ 3lBf(j^ieb^, 
ben fte bem Äaifer am 10. S^Ii borlegte, lautet ein Strtifel ba^in, 
ba^ eS in ®ad^en ber 9{eIigion nad^ bem älug^burger älbfd^iebe ge- 
l^alten toerben muffe, toie überl^aujjt, f o befonberS am Äammergerid^t *). 
2lud^ ber t)ä})ftlid^e Segat Weigerte fid^, ju einer ^ni^ibition beö faifer- 
lid^en giöcal^ in ©laubenöfad^en feine Seiftimmung }u geben. 

9ßir feigen, in toeld^e 3Ser(egenl^eit ber Äaifer l^ieburd^ geriet^. 
Um ben 2^ürlen gu toiberftel^en, toar bie Slul^e'im Sleid^e fd^Ied^ter= 
bingö notJ^toenbig. Slber bie einzige S3ebingung, burd^ toeld^e bie 
5ßroteftanten beg griebenö öerpd^ert toerben fonnten, fd&Iugen i^ 
bie Äatl^olifd^en ab'^). 

©nblid^ entfd^lo^ man fid^ am faiferlid^en §ofe ju ber 3lu^funft, 
in bem öffentlid^en ®rla^ nur ben ^rieben ,ju berifünbigen, über ben 
©tittftanb ber 5ßroceffe aber ben 5ßroteflanten eine abgefonberte SJer- 
ftd&erung gu geben» 2lud^ biefe fiel nid^t ganj fo bottftänbig ani, 
loie bie 5ßroteftanten toünfd&ten. ©ie l^atten bie ©rllärung geforbert, 
ba^ ber Äaifer toeber bur^ feinen ^Ji^cal, nod^ burd^ fein Äammer- 

1) @d^rctbcn öon ^-Plani^ an 2:aubenl^cim , 11. 3un. 

2) @rttäruiig beö Äaiferö, mitgctl^cift bon ißtanife nad^ @ad^fen, 2)on' 
ncrflag nad^ 3oanni«'©a^ti(iä (27, Sunt). „Unb nad^bcm bie gemeften @tanbe 
für gut anfeilen gu unterkffen äffe n)ettere SO^ittel unb $anbtung be$ ^^rteben^ 
unb öerl^arren auf bem Slbfd^icbc t)on SlugSburg, fcegcrt 3^ 3Ät. mit fonbcrem* 
gletg an bie gemetten ©tcinbe, fte tDoffen bebenfen, toad bernad^ be$ Glaubend 
balber gefolgt fet?''. 



3«9«|ifiÄ^tt«6 ^er ^rotcflantcn. ^ 299 

geriet, nod^ an anbem ®ettd^t$ftül^Ien, unb )tt>ar iveber Don Slnttd- 
h)egen, nod^ auf ^gemanbed Slnfud^en, gegen ®aä}^en unb beffen 'SlxU 
geta)anbte ^rocebiren laf|en foDe. SDer Jtaifer toar ^ur älnnal^me fo 
))te(er au^brüdlid^en Slaufeln nid^t ju bringen. @r berf))rad^ nur, 
ba^ er aSe SRed^tfertigungen in ®ad^en be^ ©lauBend ,,burd^ ^. 3fla\. 
Ji^cal unb STnberc *)" toiber ben ßl^urfürften bon ©ad^f en unb beffen 
3ugetoanbte hx^ gum ßonciKum einftellen iDOÜe. S)iefe S^f^Ö^ ^^' 
(e^te bie ÜRajorität nid^t gerabeju, lie^ fid^ aber bod^ aud^ nad^ bem 
©tnne ber 5ßroteftanten auiSlegen, unb erfüllte il^re bomel^mfte gor« 
berung. 

Sagegen l^atten nun aber aud^ biefe fid^ ju einem großen 
©d^ritte ber S^ad^giebigleit, ber fd^on in jenen SBorten begriffen ift, 
entfd^Ioffen. 3l^re urfj)rüngKd^e SWeinung h)ar getoefen, ba^ bie Ser* 
ftd^erungen, bie il^nen gefd^äl^en, aud^ aHen 2)enen gu &uU fomnten 
jofften, bie nod^ in Sw^unft gu il^rer ßonfefpon treten toürben; j[a 
fte l^atten bie f^eil^eit ber $rebigt unb beiS 9[benbmal^Id nad^ il^rem 
Situ« aud^ für bie Untertl^anen frember ©ebiete geforbert. ®a« 
Ke^ fid^ nun aber l^intoieberum hti bem Äaifer nid^t erreid^en. S)arin, 
ba^ man ben 5ßroteftantiömu3 burd^ ben SSertrag bod^ aud^ toieber 
befd^ränle, lag ba§ Dornel^mfte 3Rotit>, burd^ toeld^eö er Ben SBiber^ 
ff)rud^ beö Segaten befeitigen fonnte*). Unb h)ar namentlid^ bie 
jtDeite gorberung nid^t im ©anjen biefelbe, toeld^e bie Sürgerftabte 
ber ©d^toeij aufgeftefft, — bie bort ben Ärieg beranla^te, ber gu 
einem fo unglüdffeligen Slu^gang fül^rte? Sutl^er felbft f^rad^ au§, 
e^ lönne t)on ben ©egnem nid^t gugeftanben h)erben: ober bürfe 
man l^offen, ba^ ^ergog ©eorg ba« ©bangelium in Sei})gig freigebe? 
-- unmöglid^: — lüürbe man bod^ aud^ biefjeit ben benad^barten 
Surften leinen (Singriff in Me innern Sanbe^angelegenl^eiten geftatten! 
Suti^er iDar, loie man fielet, mit ber S^erritorialmad&t ber dürften 
toal^rl^aft berbünbet. aber aud^ fein Segriff Dom Sleid^e berl^inberte 
ii^n, jene gorberung gutgul^ei^en. ®r fagt, e« fei, aU lootte man 
ftd^ bieffeit ia^ Äaifertl^um anmaßen; ba« l^ei^t lool^l, alö nel^me 
man einen über bie SSertl^eibigung l^inauögel^enben ©influ^ auf bie 

1) yinx ben 3"fafe rrimb Slnbcrc" lieg er fidf aBgetoinnen. 3n bem 
urf!|)rfinglid^en (Snttourfe toar nur bon 3. 9Rt. giöcat bie 9tcbc. 2)ic Unter» 
^anblung fd^toanftc M« auf ben STag beö ^bfdjfuffe«, S)ienflag nad^ SWariä 
SKogbalenä. 

2) ®ran\)e0a l^ob ^erbor bad ,,inconyenient irremediable sans quelque 
traicter pour (?) infecter le reste de Ja chretient^, comme l'experience 
Ta evidemment demonstre". 53uci^oI§ IX, p. 32. 



300 Bt^m^ ^n^. ^täf^M (iapM. 

Seitung ber öffentlid^en SfugelegenJ^citen in 3lnf})rud^. SSielmcl^r 
ftil^ltc er ftd^ in feiner ©eele getröftet, ba^ „ber fiaifer, bie l^dd^fte 
t)on ®ott georbnete Dbrigfeit, ftd^ f o gnäbigfid^ erBiete, unb fo milben 
freien SSefel^I ge6e, ^rieben ju mad^en". ,,3^ ^<^*^ ^^ ^^^^^ anber^, 
a(i^ biete un^ @ott feine $anb''. ^a^ man bamit bem @bangelium 
feinen toeiteren Sauf l^emme, mad^te il^m toenig ©orge: er meinte, 
„ein 3eber mtifle auf feine ©efal^r glauben", b. i. fein ©laube müjfe 
fo ftarf fein, ba^ er in ber ©efal^r auöl^alte^). ©anj biefer SKet- 
nung toar nun aud^ Gl^urfürft S^i^ftnn: fte entfjjrad^ ber nur befen- 
fiöen Haltung, toeld^e er bon STnfang an genommen: feiner ©eftn- 
nung toar eine Dottfommene innere Sled^tfertigung Seburfni^. 3)urd^ 
bie gfönjenbe 3lu^Breitung be^ SünbnijfeiS, an beffen ©))i|e er ftanb, 
lie^ er ftd^ bod^ nid^t l^inreifeen, über bie ©runbfä^e l^inau)§jugcl^cn, 
auf benen eS urfj)rünglid^ berul^te. Sfud^ er meinte, ioie Sutl^er, 
ba^ man nid^t um ber bietteid^t lünftig einmal §injutretenben toillcn 
ba§ gegenwärtige ®VLt, iaS l^öd^fte irbifd^e, ben Rieben, aufgeben 
muffe. Unb fo lie^ er gefd^el^en, nid^t, ba^ in ben SSertrag eine 
Befd^ränfenbe ßlaufel aufgenommen toürbe, — burd^ ein SSerf})red^eii 
banb er ftd^ nid^t für bie 3wtwnft — , fonbem nur, ba^ au^fd^Iie^* 
lid^ biejenigen ©tänbe in bemfelben einbegriffen tourben, bie jum 
33unbe gel^ orten, aud^ 3Rarfgraf ®eorg unb 9lümberg, atte bie 
. dürften unb ©täbte, bie toir bereite lennen, ju benen je^t nod^ 
3Zorbl^aufen unb Hamburg gefommen toaren. S)er Sanbgraf Don 
Reffen, ber bie entgegengefe^te 5Dleinung liegte, loar anfangt ni(i^t 
juf rieben, bod^ trat er ^p&Ux l^inju*). 

ÜKan barf e^ iool^l alö eine befonbere ®unft ber 3Sorfel^ung 
betrad^ten, ba^ ber alte ßl^urfürft bon ©ad^fen biefe ^age be§ %nt' 
ben§ nod^ erlebte. SBir fallen oben, toeld^ gro^eö Serbienft fxd^ biefer 
einfa^e 9Rann um bie ©rünbung ber ebangelifd^en Äird^e ertoor6en 
l^at. ®r geno^ nun eineö i^ol^en 2tnfel^n§ im SReid^e. ©elbft ein 
SKitglieb beö laiferlid^en §ofe!§, ®raf t)on Jiuenar, begeid^net il^n 
alö „ben einigen 3Sater beö beutfd^en 35aterlanbei§ in göttlid^en unb 
menfd^Iid^en SJingen^)". 2)od^ loar fein reid^gfürftlid^eig ©emütl^ nid^t 

1) ©cbcnfcn bon ?ut5cr unb Suftit« 3onag, 2)e Söcttc IV, 339. 3n 
einem ettoaö f:|)ätern ©ebenfen fü^rt er feinem gürficn im ^erl^ältniß gu ijren 
9^ac^barn ben ®runbfa(j ^u ©cmüt^e: quod tibi non vis fieriy alten ne 
feceris. 

2) Outad^ten feiner 2:i^eo(ogen bei Sfltnbtdtx Urff. 199. 

3) Sir^elm bon 9iuenar on 3o&ann griebrid^ 11. 3uni. (S. 2(.) „2)ann 
\y>\x l)aUn (et^ber fernen m^nfc^en, ben toir für ein öater be« bnt^tf t^en öater* 



Zob 3o^ann« bed «eflänbigen. SOI 

bcfriebigt, fo lange er ftd^ noif in 335ibetfj)rud^ mit feinem iRaifer 
6efonb. 6« gel^örle jur 3SoIIenbung feinet Sd^irffal^, bajj aud^ ber 
toiebcr fein greunb tpurbe, ba^ et anä) in Sejiel^ung auf bie l^öd^fte 
©etoatt im SReid^e ben ©oben ber anerlannten Segalität h>ieber ge- 
toann, t>on bem man il^n l^atte öerbrängen tootten; für bie gortbauer 
ber religiöfen Stiftung, bie toon i^m auögegongen, tpar baburd^ ein 
neuer großer ©d^ritt gefd^el^en. 3m Sfuguft erfd^ienen folpol^l bie 
öffentlid^en ©rflärungen, alig bie J^ribate 3Serftd^erung beö Äaifer^. 
Surj barauf, nad^bem ber ßl^urfürft fid^ nod^ einmal mit feinen 
beiben 3)öd^tem unb ber geflü^teten ßl^urfürftin i)on Sranbenburg 
auf ber Qagb bergnügt, — er lam fel^r l^eiter jurüdE, — üterrafd^te 
i^n ein J)fö$Iid^er %o\> am ©d^lagflu^. „SBer nur auf ®ott Ver- 
trauen fann", fagt fiutl^er in feiner ©rabfd^rift, „ber bleibt ein un- 
berborben 3Kann". 

Snbcm nun aber ber Äaifer, bon ber Siotl^lüenbigfeit gebrängt, 
\\(S) entfd^Io^, ben $JJroteftanten 3"Ö«ftönbnijfe ju mad^en, bie Don 
ber SWel^rl^eit nid^t ausgegangen lüaren, nod^ gebilligt tourben, tocx- 
anberte fid^ feine ©tettung übtx^aupt SBaS er in 2lugSburg ber- 
fuc^t l^atte, mit ber 9Rajorität ju regieren, gab er je^t auf. 216er 
aud^ bie SRajorität fal^', ba^ fie an \f)m ben Qä^ni^ nidf^t fanb, ben 
fic emoartete: fte fe^te il^m auf bem Sleid^Stag t)on SlegenSburg 
einen aQ3iberf|)rud^ entgegen, h)ie er nod^ nie erfal^ren. ®ie ©tänbe 
mad^ten bem Äaifer tabeinbe 3Sorfteffungen über feine ganje 3legie-- 
rungStoeife, bie SSergögerung ber ©efd^afte, bie 3(nfteHung bon fjrem* 
ben, felbft in ber Ganjiei, bie Slüdfftönbe feinet Slntl^eilS an ber S3e= 
folbung beS Äammergerid^tö, fein eigenmäd^tigeS SSerfal^ren gegen 
SBürtemberg, SKaaftrid^t, — baS er toirflic^ toieber Don Srabant 
trennen unb in feine Sibertäten l^erftellen mu^te, — foloie gegen 
Utred^t*). 6r burfte nid^t allein jene SSerfid^erung ju ©unften ber 
iProteftanten nid^t J)ubliciren, fonbem in offenem 2Siberfj)rud^ mit 
berfelben h)ar er genötl^igt, bie Sefd^lüffe ju beftätigen, bie bei ber 

lonbed in gotUd^en unb menfci^üc^en ^a^m ad^ten mögen, benn allein U. 
5» ®. $err ^atcr unb U. g. ®., toir »offen toibber mit gotlid^cr $ülfe um 
U. g. @, jlan" jc. 

1) ©d^reibcn Don gürficnbcrg 8. Suli. Sluf einen ^Sortourf biefer Slrt 
anttoortete ber Äaifcr, bie ffirinnernng fei gang „onjettig unb onbefonnen, nnb 
toie 3. SWt. ad^ten möge nit mit gürloiffen affer @tenbe befd^e^en, äffe« mit 
frifeigen unb fd^ar^>fen ©orten", gürflenberg flnbct bie Sorioürfe fe^r toa^r, 
bo4 f)at er fein d^ef äffen baran, »eil man ben ^atfer leidet eraiimen fönne, 
ber boc^ Seib unb Äinb terlaffen l^abe, um bie 3Jeid^«gef(^äfte ju Dertoalten. 



302 ^tdfme ^ud^. ^tä^M (S,apittL 

fo ?6en Beenbtgten SSifttation be^ ftammergmd^t^ gefaxt tDorben toaren, 
toorin bie Slu^fül^ning bed 3(ug^6urger älbfd^ieb^ neuerbtng^ geboten 
toarb. 3ä f^on fie^ man in ber fjemc eine SRögüd^cit bet Set* 
einigung ber Beiben 9lcIigion8))atteien gegen il^n erfd^einen, ffienn 
man in bem 9%eid^daBfd^ieb lieft, ba| bie Stänbe lebl^aft auf ba^ 
Soncilium gebrungen, fo mad^t ia^ einen fo großen @inbni(f nid^t 
Srtoagt man aber bie 9Sorte naiver unb lennt man il^ren Urff^rung, 
fo l^atte ha§ eine gro^e Sebeutung. ©d^on im ©ommer 1531 nem* 
lid^ l^atten fid^ Saiem unb Reffen l^ieju bereinigt: auf einer ^n^m' 
menlunft, toeld^e Sonbgraf ?pi^ilil>)) mit Dr. Seonl^arb bon 6tf jü 
Sieben l^elt, toar befd^lofjen toorben, toenn ber ?ßat)ft baö ßondlium 
nod^ länger öerjögere, ben Äaifer anjugel^en, eg au^ eigner STOad^t 
ju berufen: toürbe eö aber aud^ ber Äaifer auS einem ober bem an- 
bem Orunbe unterlaffen, fo foHe eine Stänbeberfammlung berufen 
berben, um fotool^I bon ber ©inigfeit in ber Sieligion, aU bon ber 
2lbftettung anberer ©ebred^en ju berl^anbeln ^). ®S faßt in bie 
2lugen, ba^ bie D))!t)ofition gegen ben Äaifer baju- gel^örte, um jtoei 
Dberl^äuj)ter ber entgegengefe^ten Parteien ju biefem 95efd^Iu| ju 
bereinigen: bon attgemeiner Sebeutung ift, ba^ e^ bal^in fam. Sie 
beutfd^e fatl^olifd^e 3BeIt toar barin einig, für ben %aXi, ba^ ba§ 
allgemeine ßoncilium länger bergögert toerbe, ein 3lationalconcißum 
gu f orbern. S33ol^l lourbe am Sleid&^tag b^r ©inloanb erl^oben, ba^ 
bie Sutl^eraner, toenn fie bie Dberl^anb barin geft>i5nnen, einen unetr 
mepd^en SBortl^eil babontragen, tomn aber baö ©egentl^eil erfolge, 
aller ^SBal^rfd^einlid^feit nad^ bennod^ in il^rem biöl^erigen Bwftanb 
berl^arren toürben; allein barauf fd^ien man e^'anfommen lafjen ju 
tüotten: mit ungetoöl^nlid^er ©intrad^t beftanben bie ©tänbe auf il^rer 
gorbetmng. 2)ie antoefenben t)äj)ftlid^en SeboUmäd^tigten ioaren er» 
ftaunt unb erfd^rodfen: benn baS fönne bag Unl^eil nur bermel^ren 
unb bürfte leidet ein ©d^igma l^erborrufen*); fte beforgten anfangt, 
ber Äaifer felbft möge feine §anb babei im ©J)iel l^aben. Salb aber 
überzeugten fie ftd^, ba^ bag bod^ nid^t ber %aU fei: S)er Äaifer ent* 
fd^ulbigte bie ^äiexnnim be^ 5ßa}jfteg, unb liefe bernel^men, bafe er 
ein 3lationalconcilium nimmermel^r jugeben ioerbe. S^n, ben Äönig 
bon (Bpanxm, ber nad^ einem allgemeinen Uebergeioid^t burd^ ein 
Eoncilium ftrebte, l^ätte ei8 mit fid^ felbft in Söiberft^rud^ gefegt, ©eine 
Statine bel^anbelten bie Qbee toie eine SRarrl^eit, einen Unfinn. 816er 



1) (Sorref^onbeng im Seim« ^rci^. 

2) Sßte ^leanber fagt: cosa pericolosissima di maggior scisma. 



Seeid^dabfd^ieb toon 1532. 303 

bie BianU toaren bie^mal mit aUgemeinen 3ufas^n ^^^^ f<> I^i^^ 
abjttfinbcn, toie etnft in SlugöBurg. @ie forberten bon bem Äaifer baS 
Serfrred^en, bei toeileter Serjögerung über eine beftimmte 3cit l^inauö 
bag Goncil felbft gu berufen, bon 2lmti8tt)eflen, toie feiner faiferiid^en 
©etoalt gebül^re^). SCud^ barauf aber tpottte ber Äaifer nid^t ein» 
gelten, benn er toürbe barüber niit bem 5ßaj)ft in bie fd^toerften S^fnmgen 
geratl^en fein; man toürbe in 3lom -geglaubt l^aben; er töotte ben SBeg 
^ebridj Sarbaroffa'ö betreten, ©o toeit jebod^ mufete er nad^geben, 
ba^ er in bem Sleid^öabfd^ieb ju SRegenöburg Derf^jrad^, tümn ba^ 
aUgemeine ßoncilium nid^t binnen fed^ö SKonaten bon bem 5ßaj)ft aus 5 
gefd^rieben unb binnen einem ^af)x nid^t toirllid^ gel^alten toerbe, eine 
Seid^Sberfammlung gu berufen, tooüber bie gemeine Slotl^burft beut- 
fd^cr Station beratl^fd^Iagt unb SKittel ju il^rer 21bl^ülfe gefud^t lüerben 
fofftcn, fei eS burd^ zin ©eneralconcilium ober burd^ einen anbern 
„au^träglid^en SBeg". S)ie 3bee eineS Slationalconciliumg blieb bamit 
öorbel^alten. S)ag toar aber baS ©d^idEfal ber beutfd^en 9?ation in 
biefer 6})od^e, ba^ il^r Dbcxf)aupt noi) ein anbereg ^n^ereffe aU bag 
il^re l^atte unb nid^tS beförbem fonnte, toaS feiner allgemeinen Stel= 
lung ©intrag getl^an l^ätte. 6arl V l^at ad^t ^al^re lang bermieben, 
lieber einen Sleid^Stag ju berufen, an^ 33eforgni^, ba^ berfelbe 
fid^ afö SRationalberfammlung conftituiren unb im Sffiiberfjjrud^ mit 
i^m religiöfe »efd&lüffe fajfen toürbe«). 

©0 fal^ eö nun in biefem SKugenblidfe in S)eutfd^lanb au§. 2)ie 
beiben religiöfen ^Parteien ftanben einanber nid^t nur feinbfelig gegen- 
über, fonbem in ber 5!Jlitte jebtoeber felbft toaren neue ßntgtoeiungen 
auggebrod^en. 3!)ie fatl^olif^e SWajorität toar mi^bergnügt über ben 
Saifer; ^ber Sanbgraf bon ©effen toed^felte in biefen 3iigen angüg« 
lid^e, ja beleibigenbe 35riefe mit bem ßl^urjjringen S^^^nn griebrid^ 
bon ©ad^fen, ber nad^ bem 3^obe feinet SSaterg nun felbft an beffen 
StcUe trat'). Reffen unb Saiern toaren bagegcn in ein näl^ereS 



1) ^leanber an ©anga: per niente S. M. ha voluto, che si metta 
in la condnsion che essa stessa habbi ad intimap il consilio, come hamio 
piu volte tra ioro conduso questi principe e stati. ^ei iOämmet 143. 
^gl. 9{et(^dtagdaBfd^teb §. II, 5. 

2) ©rllärung bc8 Äaifcröan ben fap\t im 3. 1539. 9iainarbu« XXI, 
104. Kern esse periculi plenam, alia indicere comitia, perpensa maxime 
sanctione ordinum imperii, — ut Fp. Clemens de convocando concilio 
rogaretur, quo non convocato Caesar iUud convocaret, — ac si huic mu- 
neri is deesset, ut concilium nationale cogerent. 

3) @in ganjc« (Sonbolut biefer «riefe pnbct fld^ copixt im 2B. %. 



304 ^tdf€tt9 ^ndf. <Bt6f9M dapM, 

politi^i)ti Serl^älttti^ getreten: attein'too^in lonnte bicö fül^ren, ba 
ber 65egenfa| ber reÜgibfen S^enbenjen gerabe jtoifd^en biefen prften 
am jiärlfien toar, 2)er Äaifer unb ©ad^fen Ratten eine äbfunft 
getroffen: eö Ke^ fid^ aber fd^on toorauigfel^en, toeld^e ©d^toierigleiten 
bie ^Uigffil^rung berfelben l^aben mufete. 

2)er Äaifer felbft erfd^ien nid^t mel^r, toie nod^ jule|t, in äuge- 
burg, in ber ^tte ber Äraft, toie bie jugenblid^en Qal^re, in benen 
er nod^ ftanb, eö mit ftd^ ju bringen f dienen: ben ganjen Sommer 
über toar er leibenb. @ine SSerle^ung am Sein, bie er ftd^ burci 
einen ©turj auf ber SBoIfgj|agb jugejogen, nal^ eine fo gefäl^rlid^c 
aSenbung, ba^ man meinte, man toerbe il^m ben ©d^enlel ablöfen 
muffen, unb il^m einft in ber Slad^t bereite bie Sacramente gab. 
^a^ Uebel l^atte fid^ ffjäter burd^ unjeitige 3:i^eilna]^me an einer 
$roceffton, bielleid^t and^ burd^ ®sceffe anberer ärt, toieber erneuert: 
toäl^renb bei^ SReid^iStagg fud^te er in bem SSabe bon Slbad^ Teilung, 
unb toar jutoeilen felbft für feinen Sruber unjugänglid^. Slfö bie 
©tänbe il^n auffud^ten, um il^m bie Setoittigung ber 2^ürfenl^ülfe 
anjulünbigen, fanben fie il^n in feiner Sd^Iaffammer auf einer unge^ 
Jjolfterten Sanf p$en, ol^ne allen Sd^mutf, mit einem 3Dlaienrei^ in 
ber §anb, toomit er ftd^ bie %lkQm abtoel^rte, „in feinem Seibröcf' 
lein", fagt ber granifurter ©efanbte, „fo bemütl^iglid^, ba^ ber ge^ 
ringfte 2)iener nid^t fo gebaren fonnte*)". 



^elbjug gegen bte Domänen. 

Unb biefer iöxpctliä) fo fd^toad^e Äaifer, bieig burd^ fo tiefcin- 
greifenbe S^if^iflJ^ten ' gefjjaltene 3leid^ toaren eig nun, bie ber ge^ 
toditige gürft ber Domänen an ber ©|)i$e feiner unjäl^lbaren Srieg^- 
banben überwog. SQäie ganj anberö na^m biefer fid^ auö! Stfö bie 
©efanbten gerbinanbg unfern Seigrab bei il^m Stubieng l^aben follten, 
jogen fie erft toeit unb breit burd^ ia^ Sager, fo ber %\x^\>'6ltct m 
ber Sleifigen, bie auf baS Wftlid^fte f)ttau^Q^n^t toaren, bann burdj 
bie SReii^en ber ^[anitfd^aren , bie il^nen jiemlid^ übermütl^ig bcgeg* 
neten, biö fie in ber 3läf)c beiS faiferlid^en ©ejelteig öon ^eerpaufem 
unb 2irommetern em})fangen, enblid^ bafelbft eintraten unb nun ben 
^errn in feiner ?ßrad^t erblidften, ft^enb auf einem golbnen Sil^rone, 

1) gürflenberg, 2)icnflag nad^ ^fingflen unb in anbern 55rlefen. 5^r* 
binanb on 9Waria 3. ?(<)ril 1532. ®etoa|? II, 74. 



SRüjlungen in 2)cutfd^ranb. 305 

neBen fid^ eine loftBare Ärone, bor jid^ an ben Säulen ober Stollen 
be^ 2^l^ron^ ^toei fjräd^tige Säbel in J)erIenBefe^ten Sd^eiben, reid^^ 
gefd^müdfte Äöd^er unb §anbbogen. 33ie (Sefanbten fd^ä^ten ben 
ed^mudf, ben fte fallen, auf 1,200000 SJucaten. SIm 20. Quli ging 
bal türlifd;e §eer auf 12 Sd^iffbrüdfen in'ber ®egenb J)on ßjfel 
über bie 35rau. Suleiman gog Ungarn auftoärtö, alö in feinem 
eignen ©ebiet. S)ie Sd^Iöffer, bei benen er öorüberfam, fd^idften 
i^m il^re Sd^Iüffel entgegen. @r beftrafte bie SKagnaten, bie ettoa 
i)on S^P^"^^^ abgefallen. Seine 2lnlunft mad^te aud^ auf bie Uebri^ 
gen großen ßinbrudf, unb SSiele bon 2)enen, bie big Je^fju ^erbi^ 
nanb gehalten unb fid^ berlajfen fallen, tourben irre. 

5Denn erft je^t fing man in ©eutfd^Ianb ernftlid^ an ftd^ ju ruften. 

2)ie (Srften, toeld^e im gelbe erfd^ienen, nod^ el^e man mit ben 
Unterl^anblungen ju 6nbe gefommen, toaren bie Slümberger. Sie 
l^ätten nur ein fjäl^nlein ju fteHen gel^abt: allein ,,bem Äaifer ju 
ßl^ren unb gemeiner ßl^riftenl^eit ^nm Seften" l^atten fte beren jtoei 
gerüftet: jufammen 800 3Rann, bei benen 200 2K. mit ^anbro^ren 
unb 50 $1K. mit ^albl^afen toaren. 3" gjeid^er 3^it K^fe^« fte, mit 
einigen il^rer ^aäjhaxn jufammen, im 33raunfd^toeigifd^en eine Sd^aar 
Don 100 SBeitem loerben, bei benen loir einen ^amp, einen Sür^^ 
6erg, jtoei 3Wünd^l^aufen finben, bie bei il^rer 2lnfunft in ber Stabt 
gaftlid^ em))fangen, mit Sier unb SBBein unb ^aber berel^rt, am 
21. Sluguft unter Sebaftian öon Sefjen unb SKartin 5ßfinjing il^ren 
SBeg gegen ben fjeinb nal^men. Ueberbieö gab 5Rümberg bem Äaifer 
15 ©tüi grobeg ©efd^ü^, 175 ßentner $ßulber, 1000 gu^net^t^- 
fj)ie^e, 200 §arnifd^e für bie 2^rabanten unb einen grojjen 3Sorratl^ 
t)on ffflel^P). aRan fielet, \va^ eine einjige Stabt leiftete. Unb alle 
anbem Wetteiferten mit 9Zümberg. 2)er laiferlid^e 2lbgeorbnete, 
toeld^er ber Stabt Ulm bie Slufforberung jur Stiftung gebrad^t, toar 
nod^ nid^t n)ieber nad^ feiner Verberge jurüdf, aK er fd^on bie 3^rom^ 
mel rül^ren l^örte, um baö geforberte SSoII ju loerben. 8(ug§burg 
erflärte fid^ auf ber Stelle bereit, fein ©efd^ü^.nad^ SSBien abgelten 
ju laffen. Sluig einem Sd^reiben be^ granffurter ©efanbten feigen 
ioir, ba^ bie fefte Haltung, bie ber Äaifer ber ÜKajorität gegenüber 
genommen, auf bie Stäbte ben größten ßinbrudf mad^te^). ®inen 

1) SWüßncrö Slnnatcn: ,,bic8 atteö ifl gu ^cfe^ung unb ^er^roöian* 
ttrung ber @tabt SBien angcfclj^en toorben'\ 

2) „(S8 ertoinbet fürtoa^r nid^t an Äf. 2Wt. unb h)trb 3. Tit. gnebig 
©entüt unb $erg aud^ öon ben (©täbtcn bcrntaßen gcf^^ürt, bag fie 3. 3)U, 
ntc^r al« i^re gcbü^rKd^e ^ülfe fcnbcn". 

*. 3lan!c'« ©er!« III. 20 



306 ©echote« »ud^. @ed^«tcö (Sa^itcL 

Slugentlicf toarfen bte ^ßroteflanten bic fjra^e auf, ob e^ für fte 
ttid^t ratl^fam fei, pd^ jufammenjul^alten unb unter einem §auj)t: 
mann gu ftel^en; allein balb tpieö man biefen ©ebanfen öon fid^: eig 
l^ätte barin eine neue 2^rennung gelegen: man untertoarf fid^ ber 
Drbnung ber Äreife. Slttentl^alben tourben bie Kreistage gei^alten. 
6^ lüarb dn^ Hauptmann ernannt, bem jeber ©tanb im Äreife ein 
3Serjeid^ni^ ber Seute überlieferte, bie er ftetten lüoHte: ber bann 
barauf fal^, ba^ pe bollftänbig loaren. 2)er ©tanb toieö fie an, 
bem* ernannten §au})tmann gel^orfam ju fein.- Siefer l^atte ba§ 
SRed^t, bie* 2lemter mit ben tüd^tigften &enUn beö Äreifeig ju befe|en. 
65 toarb beftimmt, bon toem er feine Sefolbung emjjfangen, toie 
biefe bann l^intoieberum ben B^^I^ben gu ®ute fommen foßte^). 
Sn bem nieberfäd^jtfd^en Äreife lonnte man eö, ol^ne 3^^if^I i>^^ 
täglid^ überl^anb nel^menben religiöfen Errungen toegen, nid^t jur ein- 
mütl^igen SBal^I eineö §au^tmann5 bringen: ber Äaifer ernannte, 
Iraft feinet in biefem gatt eintretenbcn SRed^teiS, ben jungen SRarf^ 
grafen So^^i"^ ^^" Sranbenburg. Slnfang Sluguft toar ba^ ganje 
SReid^ in Iriegerifd^er Setoegung. „2;äglid^ feigen tüir", fd^reibt ber 
ßarbinal ßamjjeggi am 8., „I^ier in 9legen§burg bie fc^önften 6om= 
t)agnien ju 5Pferb unb ju %u^ burd^jiel^en: fie gelten mit großem 
SfRutl^ JU il^rer Unternel^mung unb jtoeifeln nid^t an bem ©iege". 
Slud^ ber Äaifer tüar boff guten 9Kutl^eg. 6r mad^te bie SSemerfung, 
ba^ er bei biefem Äriege nur getoinne, möd&te er nun fiegen ober 
unterliegen, ©offte er unterliegen, fo loerbe er bod^ einen guten 
9iamen auf ber SBelt gurüdflaffen unb in ba§ 5Parabieö eingel^en; 
foßte er aber fiegen, fo loerbe er ftd^ nid^t allein ein 3Serbienft Bei 
©Ott erloerben, fonbem bielleid^t ba^ Äaiferti^um bi§ an feine alten 
©renjen toieber auöbei^nen, auf @rben glorreid^ leben, ber SRad^ioelt 
einen großen Flamen l^interlaffen *). ®r fd^ien nid^t^ fel^nlid^er ju 
toünfd^en, al§ biefen ©egner ^erfönlid^ ju beftel^en. 

Snbefjen toar e§ bereite in Ungarn gu einer überaus rul^mioürs 
bigen, ja faft h?unb.erbaren SBaffentl^at gelommen. 

2ßir fennen fd^on ben 3lamm be^ SRiclaö S^ifd^i^, be§ einen 
tjon ben beiben ©efanbten Äönig ^erbinanbg an ben Sultan 1530, 

1) SJer^anblungcn bc§ oBcrr^cinifd^en Ätei«tag8, tt)o ?J^i%^ öon 3)^un 
ernannt toarb, in ben granffurtcr bieten. 

2) Niccolo Tiepolo Relatione di 1533: II che diceva sempre, che 
si vedeva non solamente pronto a questa impresa, ma quasi arder di 
desiderio che 11 venisse occasione di sorta che potesse honestamente 
esponere la persona sua a tal fortuna. 



Surifc^iÖ in @üng. 307 

1531- 2Hö bamate atte Unterl^anblungen bergeblid^ \t)axm, fagtcn 
bie ©efanbten, jte fällen tool^l, Ungarn fottc ber Äird^l^of ber 2^ürfen 
utib ßl^riftm toerbcn. ^^rifd^il fd^ten je^t biefe^ SEBott feI6ft be^ 
iDäl^ren ju trotten. Sr loar eben im Segriff,, ©tabt unb ©d^lo^ 
®ünj, Ipo er bie SteHe eineö ^aupimann^ befteibete, einem ©tett= 
Vertreter ju überlaffen unb mit einer Meinen SReiterfd^aar, jel^n fd&toeren, 
ätuanjig leidsten 5ßf erben, feinem Äönig jujujiel^en, alö bie 2^ürfen 
in bie 3taf)c tarnen unb ber Drt fid^ mit Sd^aaren bon ^lüd^tlingen 
anfüllte. S)a befd^Io^ aud; er ju bleiben , fo biele. Unglüdflid^e lt)e= 
nigftenä eine 3^itl<i«g i^ toertl^eibigen, ben großen 3wg ein pacix 
2^age aufjul^olten. Xenn ben geinb toirfliti^ abtoel^ren ju lönnen, 
traute er ftd^ nid^t ju: „id^ l^atte meine ©ad^e", fagt er, „in getüiffen 
2ob geftettt". hierauf erfd^ienen bie 2^ürfen mit aller il^rer 9Rad^t 
unb begannen bie Belagerung auf getool^nte SQSeife, !|)flan5ten i^r 
®efd^ü| auf ben näd^ften Slnl^öl^en auf, gruben 9Jlinen unb fud^ten 
burd^ bie 33refd^en einzubringen, ^urifd^i^ i^atte feine anbem ©olba- 
ten, alö jene 30 SReiter: bie übrigen toaren alle ®inh)ol^ner be^ 
Drteö ober jufammengelaufene Sauern: e^ mod^ten il^rer fieben- 
l^unbert fein. 2lber eilfmal fd^lugen fie ben ©türm ber 2^ürlen ab, 
fie leifteten ben bel^er^ten 3Biberftanb, toeld^en allein ber ®ntfd^Iu^, 
ftd^ big 5Um a^obe ju bert^eibigen, l^erborbringen fann; k^ule^t aber 
toar, tt)ie natürlid^, bod^ alle^ bergeben^. S)ie 2^ürfen l^atten jtüeif 
gro^e ©d^ütten bon Sleifig big juc §öl^e ber 3Kauer aufgeworfen: 
auf ber einen t)flanjten fie il^r §au)3tgefd^ü^ auf, bag nun bie 
3Rauer bel^errfd^te unb unter befljen ©d^u^e bon ber anbem ein 
breiter 9Beg nad^ ber 3Kauer gefül^rt loerben fonnte. S)en fo bor= 
iexeiUUn ©türm liefen am 28. Sluguft 3<Ji^ttfd^aren unb Sleiftge 
an: toie l^ätte man il^rer Ueberjal^l, bei biefem Sortl^eil, 'ju loel^ren 
bermod^t. 33alb toaren bie Sertl^eibiger in einen legten SSerl^au 
jurütfgebrängt, too fte fid^ nod^ mit finfenb^n Kräften f dringen: fd^on 
toe^eten bie türf ifd^en Sanner an ad^t ©teilen auf ber Sölauer : ^uri- 
fd^i^ erwartete nur ben %dh: „td^ freue mid^", fagte er, „ba^ mir 
bie ©nabe ©otteg ein f o el^renboHeg ßnbe beftimmt l^at". 2Bunber= 
bar, toag il^n bennod^ rettete. Qene loel^rlofen glüd^tlinge, SBeiber, 
©reife unb Äinber, fallen fxä) nun bod^ ber SOButl^ beg entfe^lid^en^ 
barbarifd^en geinbeg ^jreiggegeben. Qnbem er auf fte einbrang, 
ftie^en fie ein ©efd^rei aug, in bem fid^ bag 3tnrufen ber ©ottl^eit 
mit bem 2^one ber Serjtoeiflung bermifd^te, jeneg burd^bringenbe 
©efd^rei, toie eö bie 3latur aug bem lebenbigen. ©efd^ö^f betou^tlog 
l^erbortreibt, trenn eg fid^ bon bem unabtoenbbaren Serberben bebrol^t 

20* 



308 <Btdf9M 9u(^. ©ed^dte« ^apittl 

fielet. Äann man bieö ein ®ebet nennen, fo toarb nie ein ®ebet 
unmittelbarer erl^ört. ®ie fiegreid^en Domänen erfd^rafcn bor ber 
Ser^toeiflunfl. fiängft toar il^nen ber SBiberftanb, ben fie l^ier fonben, 
tounberbar borgefommen, je^t meinten fte au^ bem @d^loffe, au^ 
jebem $aufe frif^^ SKannfd^aften borbringen ju feigen, pe glaubten 
in ben Süften einen Slitter in feinem ^amifd^ ju erblidfen, ber il^ncn 
mit gegüdtem ©d^tperte bro^e. So toid^en fie jurüd. „®er all« 
mäd^tige Oott", ruft ^urifd^i^ au^, ,fyai un« ftd^tbariid^ gerettet ^y\ 

Gin Greigni^, toeld^eg an bie bel^jj^ifd^en ®ötter gemal^nen fönnte, 
bie fid^ bem Sinbrud^ ber @aUier in @ried^enlanb entgegenfteUten; 
an bie ßrfd^einung, bie bem SJrufuö mitten in SJeutfd^Ianb jurief: 
„^i^ l^ierl^er unb nid^t tpeiter"; an anbere SBenbungen beö ®e- 
fd^idfiS, toeld^e bie 5Weinung ber ^Renfd^en in bem SJJoment il^re^ ©e- 
fd^el^enö mit einer l^öl^em SBaltung, toie fie biefelbe nun aud^ auf- 
fafjen mod^te, in SSerbinbung gebrad^t l^at: — jebod^ toir lüoffen fo 
toeit nid^t gelten: genug, ba^ felbftbergefjene %apfedext unb bott- 
fommene Eingebung aud^ l^ier einen großen ßrfolg nad^ ftd^ gogm. 

©uleiman entfd^Io^ fid^, bem lüadfem geinbe, ber fid^ attep 
bing^ feine Stunbe länger l^ätte lüel^ren fönnen, eine ©d^u^toad^e 
ju geben unb borübergugiel^en. 

2lber inbeffen l^atte nun ber Äaifer 3^^ Q^^Ciit, feine ©treit- 
fräfte ju fammeln. ©r felbft l^atte 12000 Sanbigfned^te getoorben 
unb in ber ®egenb bon 2lugöburg muftem laffen. ©))anifd^e ©ran- 
ben lüaren eingetroffen, um unter ben Slugen il^reö Äönigö im 
Kriege gegen bie Ungläubigen SRul^m ju ertoerben. ®er §erjog bon 
gerrara l^atte 100 italienifd^e §uomini b'armi gefenbet. 2Cnbere 
Italiener fül^rte ber junge ^\ppol\)t SKebici, 5Reffe 5ßaj)ft Siemens vn, 
35ie ßrblanbe Äönig g^rbinanbiS i^atten il^r SefteiS getl^an, unb fein 
aKittel toar berfäumt toorben, ®elb l^erbeigufd^affen: felbft an ein- 
jelne nieberlänbifd^e ®ro^e, an bebote reid^e grauen, benn eine 
beffere Slntoenbung fönne 3?iemanb bon feinem Sleid^tl^um mad^en, 
l^atte er fid^ gebenbet^). 3)od^ ben Äern beig §eereö bilbeten il^m 
immer bie aRannfd^aften beö Sleid^eig. 2luf bem 3;ulner fjelb in ber 
^läl^e'bon SBien gefd^al^ bie gro^e SSerfammlung, Sie ®efammtjal^I 
ber Xxuppcn lä^t fid^ nid^t genau beftimmen, bie glaubtoürbigften 
2lngaben fd^loanfeh jtoifd^en 76000 unb 86000 3Kann. SDarin aber 

1) ©d^reiBcn i)on Surifd^ilj in ®'6M9 ^Beiträgen p. 303. gerner toa« 
SoDiu« au« feinem 2«unbe l^örtc, lib. XXX, p. 105. ©e^ulöeba X, 17-23. 

2) ©(^reiben gerbinanb« an SKaria. ©eöa^ II, 83. 



2)ae §ccr beö Äaifer«. 309 

fommen aße üBcrein, ba^ eö ia^ fd^önfte ^eer toar, ba§ man feit 
3al^r^unberten in ber ßl^rifteni^eit gefeiten l^atte. ^ö bereinigte bie 
Elemente, toeld^e in Italien bie großen ©tege babongetragen, beutfd^e 
Äraft unb Drbnuttg, italienifd^e SBelpeglid^Ieit unb bie_ Bel^arrKcl^e 
SSerfd^Iafirenl^eit ber ©Jjanier. ^oä) toar ber beutfd^e Seftanbtl^eil 
bei toeitem üBertoiegenb', 

. ©uleintan Wax in ber ßrtoartung auggejogen, ba^ bie ©nt^ 
jtoeiungen ber ßl^riftenl^eit, namentlid^ bie beutfd^en, bem Äaifer bi: 
§änbe binben, i^m jeben großartigen SBiberftanb unm5glici^ ntad^en 
toürben. 3)a er ein fo jal^Ireid^eiS, trefflid^ gerüfteteö §eer ftd^gegen^ 
über fal^, l^atte er nid^t ben SKutl^, h)ie er fid^ fo oft öermeffen, e§ 
im ^elbe aufjufud^en. 

Snbem er nun feine äfinbfd^i, an S^i)l 15000 — leidste 
Xxuppm, unter einem 3lnfül^rer, auf beffen $e(me man ©eierf lüget 
erblicfte, ^lüd^tigfeit unb 3?au6 gu bejeid^nen — , nad^ Deftreid^ 
fd^idfte, toanbte er fid^ felbft nad^ ©teiermarl unb erfd^ien öor ®räj*). 
aber bie 3Kinbfd^i tourben Uon einem Raufen ber 3)eutfd^em einem . 
anbern in bie ^änbe gejagt unb faft böttig bemid^tet; ®räj leiftete 
SBiberftanb, unb inbefjen mögen aud^ öon ber ©ee l^er, too 35oria 
in ben ionifd^en ©etoäffem über 3<Ji=^^0^^ offenbar bie DBerl^anb 
l^atte, ungünftige 3iad^rid^ten eingelaufen fein. Suleiman glaubte bie 
glüdEIid^en ©eftirne feineig 3lebenbul^Ierg gu erlennen unb entfd^Ioß ^ 
ftc^, bem gefäl^rlid^en Äamjjfe burd^ rafd^en Slürfjug auöjutoeid^en*). 

2)er Äaifer l^ätte, h)ie loir toijfen, bem ^Jeinb gloar eine ©d^Iad^t 
ju liefern geloünfd^t: ein entfd^ielDener Sieg l^ätte feinem Sruber 
Ungarn toieber berfd^affen fönnen. 3l6er aud^ fd^on mit bem ge= 
ringem ßrfolg toar er jufrieben. „©otteg ©nabe l^at unö", fd^rieb 
er bem 5Pa})ft, „bie 6^re unb ia§ ©lüdf berliel^en, baß toir ben 
gemeinfd^aftlid^en geinb ber ßl^riftenl^eit gur ^lud^t genöti^igt unb 
ba^ Unglüi berl^ütet l^aben, baS er un^ jujufügen im Sinne ^atte^)". 
2lud^ fül^Ite er lool^I, baß man nid^t bIo§ einen aSortl^eil für ben 
äugenblitf babongetragen. @g toar ein ©eioinn auf immer, baß 
bie g'urd^t bor ben Äriegörüftungen ber 2)eutfd^en, ber ®inbrudf 
il^rer Ueberlegenl^eit, bem Sultan ben Äamj)f berleitet, i^n jum Sftüdf- 
jug betoog. 

1) SBal^rl^aflige ©efd^reibung beö anbern 3"ö^ö iu Oe^rcid^. 2lu8 einem 
orten Mrnberger 2)rud toon 1539 in ©öbel« «eitrögcn p. 309. 2)ic ©d^rift 
iil aus bem 33riefnjcd^fel bc8 ^falggrafen gcgogen. 

2) @c^ärtlin8 Sebcnöbeft^rcibung p. 35. Jammer III, p. 118. 

3) S&ti @anboi)oI II. 



310 ^ed^^ted 8ud^. ©ed^dteS (S,apittl 

Unb inbeffen l^atte aud^ 2)oria betn Äaifcr glänjenbe SSortl^eilc 
erfod^ten. ®r l^atte ba3 o^manifd^e Sefd^tDaber auö bem iontfti^en 
3Reerc Derjagt, Bio na^ Gerigo Verfolgt unb bann rafd^ l^intcrein= 
anber ßoron, 5ßatrag unb bie Satbanetten öon ÜRorea erobert, ©c- 
toaltige üanonen mit arabifd^en :3"f<^riften tourben nad^ ©enua ge= 
Brad^t unb in ber 6aj)ette ber 2)oria am 9KoIo aufgeteilt ^). 

Sei lüeitem minber gufrieben h)ar ÄiJnig ^erbinanb. ©eine 
Hoffnung toar toirllid^ geiüefen, im ©türme beg Siegel ganj Ungarn 
toieber einjunel^men, Seigrab nid^t auögefd^Iojfen. 2lIIein bie 2ru()j 
pm glaubten fd^on' genug getl^an ju l^aben, ba§ fie ben ^Jeinb bon 
ber beutfd^en (Srenje entfernt l^atten. SJie Äriegi^l^aujjtleute jogen 
ii^re Snftructionen l^eröor, in benen öon einer 6ro6erung Ungarn^ 
nid^t bie Siebe toar. 35er oberfte gelbl^auj)tmann, 5PfaIjgraf grie- 
brid^, lüeigerte fid^ öorjurüdfen.^ 3)aö mad^te l^au^tfäd^Iid^, ba^ ger- 
binanb burd^ ben 6ifer für baö 5pa})fttl^um, ben er betoie^, bie 
®unft ber 9Jation toieber berloren l^atte : fie toollte leine ßroBerungen 
für il^n mad^en. ©ie JDoIIte. il^n lieber fd^toäd^er al^ ftorler fe^en, 
toie fid^ baö fogleid^ tüeiter an ben 3^ag legte. 



2) Jovius lib. XXXI. Historia del Guazzo p. 124. 



@tn)otr!itng oon ^^ranlretc^^ 9{eftauratton tion SörtemBerg. 

1533-^1534. 

6ö l^atte gefd^ienen, al^ toerbe bie lateinifd^e ßl^riftenl^eit, unter 
Äaifer unb ^aj)ft bereinigt, fid^ auf bie t)on il^r 2lbgeh)ici^enen ftür^ 
Jen, um fie ju öemid^ten. 

©tatt beffen fal^ fid^ baö eine il^rer 'DBerl^äu^jter genötl^igt, um 
ben 2tnfaII einer entgegengef e^ten SBeltmad^t, ber bod^ junäd^ft il^m . 
unb feinem ^aufe galt, abjutpel^ren , mit ben 5ßroteftanten in 3Ser= 
trag gu treten unb il^nen einfttoeilige ©id^eröeit gujugeftel^en. SDaö 
j)ofitit)e 3w9^ftänbni^ h>ar nid^t ba^ Sinnige, trag biefe i^iebei ge^ 
toannen: einen nid^t minbem SSortl^eil getoäl^rte eig il^nen, bajj fie 
fid^ ber großen nationalen Untemel^mung jugefettt, gu ber glürflid^en 
33ertl^eibigung be^S aSaterlanbe^ fo öiel toie irgenb Qemanb fonft bei- 
getragen l^atten. 

216er inbeffen toaren nun in jener SBelt, toeld^e fie bebrol^t, bie 
inneifn geinbfeligfeitcn, beren SRegung toir ertDäl^nten, nod^ einmal 
auggebrod^en. 

Äönig %xani tüäre burd^ bie SSerträge aUerbingö berjjflid^tet ge* 
toefen, bem §aufe Deftreid^ gegen bie 2^ürfen §ülfe ju leiften. 3lber 
eg toiberftrebte feinem ©tolje, bie^ auf eine SBeife ju tl^un, ipie e^ 
ber Äaifer getDünfd^t l^atte. (£r fafte öietmel^r ben großartigen 
®eban!en, bie 3!ürlen in 2leg^J)ten anzugreifen: er berfjjrad^, 50 ®a= 
leeren in ®ee ju bringen unb fie mit 25000 3R. ju bemannen. 
Seid^t loerbe man fid^ 3t(eyanbriai8 bemäd^tigen lönnen, too man 
nid^t im Staube fei, il^nen ju toiberftel^en. Slber bie Äaiferlid^en 



312 ecd^«tc« «ud^. ©icBcHteö (S,apM. 

meinten, fein 3^^* fei tDol^I nur, fid^ unter biefem SSortoanb ju 
ruften unb bann (Senua unb 3leapd anzufallen: unb atte^ jer? 

fc^Iug m 0. 

SBir lüiffen, toie l^eftig er jene Slnträge auf einen gemeinfd^aft- 
Kd^en Ärieg gegen bie Sd^toeig gurüdftDieg. 

2tud^ in ^infid^t be^ ßoncilium« gab er nur eine au^toeid^enbe 
©rflörung. ^^m lag Bei h^eitem mel^r an ber (Sunft be^ ^ap\U§, 
ber e§ öermeiben lüoßte, aU an ber ^reunbfd^aft be§ Äaiferö, ber 
e^ toünfd^te*). 

®enn feinen 2lugenMidE toar feine SKeinung, bie 2lbtretungen, 
JU benen er fid^ in (Sambrai l^atte öerftel^en muffen, namentUd^ bie 
3Serjid^tIeiftung auf (Senua unb SItailanb, alö befinitib ju betrad^ten. 
(£r fal^ biefe §errfd^aften al^ fein ©igenti^um an, beffen er feine 
fiinber gar nid^t einmal l^abe Berauben bürfen. @r fül^Ite feine ®^re 
gefränft, f o oft er baran badete, ba^ er fte verloren l^atte. 

Um fie aber toieber gu ertoerben, fd^ien i^m eine neue SSerbin- 
bung mit bem $a})ft ba^ einjige 3KitteI. 

@d§on jeigten fid^ öon S^ag ju Slage nm^ S)ifferenjen gtoifd^en 
^ap\t unb Äaifer. 

3;n Slom foax man unglüilid^, ba§ ber Äaifer immer auf^ neue 
eifrig auf bai ßoncilium brang. SKan l^at il^m tool^l einmal öor- 
geftettt, ba^ er ®elb bom ^aj)ft forbere, unb bemfelben bod^ jugleid^ 
bie 3KitteI entreiße, beffen aufzubringen. Äein 3Dlenfd^ tooHte fid^ 
berftel^n, auf bie fird^Kd^en ßinfünfte ettoaö barjuleil^en, beren k^- 
buction man bon bem ßoncilium erwartete. Ueberbieö fül^Ite fid^ 
Element VII gefränft, ba^ man auf feine ßmjjfel^Iungen toenig ai}-- 
UU, bei ben SJerleil^ungen bacanter 5ßfrünben auf feinen ^Reffen 
^xppol\}t nid^t bie Slüdfpd^t nal^m, auf bie er gered^net, ba^ man in 
9ieaj)el bem ßarbinal (Solonna freie §anb lie^, ber, ein gefd^toomer 
^einb beö römifd^en $ofe^ h)ar. SBaö nun aber ben .alten 3SBiber? 
toiffen am meiften ertDedEte, ba^ toar ber Sluöf^^rud^ beö Äaiferg in 
ber ©ad^e bon ^errara. ©er Äaifer foff bem ^ap^t gugefagt l^aben, 
W^nn er fel^e, ba^ ba§ Sted^t nid^t auf ©eiten @r. ^eiligfeit fei, 

1) ©einreiben be« % be iBurgo an gcrbinanb, ^om 2. 2Rära 1531, 
Bei «ud^olfe IX, p. 90. 

2) Gregorio Casali au Grand Maistre 5. Maggio 1531, bei Le Grand 
HiBtoire du divorce III, 542. Questa corte fin adesso ^ stata in gran 
timoxe d€l concilio, hora sono aliquanto asecurati, si per Pultime letre 
del Imperadore sopra cio che sono State meno furiose delle altre, si 
ancho per quello si spera in voi altri. 



33erHnbung jtoifd^en Stcntenö unb grang I. 313 

einen ^u^^pxuä) übetl^au^t n\ä)t ju tl^un. ^lid^t^beftominber entfd^ieb 
er nun gu ßJunften bon ^errara. S)ieg, fagt ein 3Sertrauter beg 
$a})fte^; l^at ba« $erj ©r. ^eiligfeit bertounbet. „SBottte ®ott", 
ruft ber ©efd^äftiSträger be« Äöntgö ^erbinanb au^, „ber Äaifer 
^atte biefen Sj^rud^ nid^t getl^an"; er toill bemerten, ba^ fid^ bic 
faiferlid^e ^Partei Bei §ofe unb im GoIIegium be^l^alb berminbere *). 

Sagegen fd^Iug nun, ber Äönig bon granlreid^ bem 5Paj)ft bie 
e^renbollfte 3SerBinbung bor, bie je einem J)äj)ftlid^en ^aufe ange- 
tragen toorben h)dr. Einen feiner ©öl^ne, ^einrid^, $erjog bon Dr^ 
leang, ber eine nid^t affju entfernte Slu^fid^t auf ben franjbftfd^en 
Il^ron l^atte, toie er il^n benn ibirflid^ beftiegen l^at, bot er ber 
Jlid^te beS 5ßa}3fte§, ßatl^arina SRebici, jum ©emal^t an. 

2Bie biel ba^ bem ^aj)ft ioertl^ ioar, fielet man au^ bem Ver- 
trage, ber am 9. ^uni 1531 l^ierüber abgefd^loffen ioorben ift. 

a)er Äönig ^atte nid^t ioenig geforbert: bor allem bie SJilbung 
eineg fjürftentl^um^ für ba§ lünftige (S>f)epaax, Beftel^enb an^ $ßifa 
unb ßibomo, Sleggio, SKobena, Slubiera, ^^5arma unb ^iacenja ; bamit 
follte benn aud^ UrBino, ba§ bem SJater ßatJ^arinaö eine S^itlang 
gel^ört l^atte, ja f elBft ?Kairanb unb ® enua bereinigt ioerben. S)er 
$a})ft foHte feine ^ülfe gur SBiebereroBerung biefer Sanbfd^aften 
öerf })red^en *). 

Element ging nun l^ierauf in ber 2;i^at ein. 3n ©egentoart ber 
franjöfifd^en ©efanbten, Garbinat ©rammont unb §erjog bon 211^ 
ban^, erfförte er fid^ Bereit, nad^bem bie SSermäl^Iung bottjogen toor^ 
ben toar, 5Pifa, Sibomo, 9Kobena, Sleggio unb StuBiera bem jungen 
6^ej)aar ju üBergeBen, foBalb afö er unb ber Äönig e^ t^unlid^ unb 
nü^Iid^ erad^ten ioürben, aud^ 5ßarma unb ^iacenja, toofür jebod^ 
ber Äönig ber Äird^e einen ßrfa^ getüäl^ren muffe, über ben il^re 
beiberfeitigen ßommiffare ftd^ ju einigen l^ätten; er geigte fid^ fel^r 
toillig, gur SBiebereroBerung bon UrBino ba^ Seilte Beigutragen. 9iur 
über ÜJlailanb unb ©enua fj)rad^ er ftd^ nid^t Beftimmt au§. 2lBer 
er erfidrte bod^, ba^ er bie gel^eimen 3lrtifel, in benen biefe gor« 
berung borfam, üietf^anpi Billig unb red^t finbe, unb il^re Slu^fül^s 
rung toünfd^e, foBalb ftd^ nur eine gute ©elegenl^eit bagu geige'). 

1) a, be 53urgo. 8. 3uni 1531, a. a. O. p. 99. 

2) Articles secrets gu bem $cirat^8öcrtrag , untcrgeid^nct toic biefer 
am 24. 2(<jril. Unter anbern toaxb geforbert „Ayde et secours audit futur 
epoux pour luy ayder ä recouvrer l'etat et duche de Milan et la seig- 
neurie de Gennes, qui luy appartiennent." 

3) N^® St. p^re ayant veu les articles secrets les a trouv6s et 



314 @cc^«teö S3ud^. OicBentcß dapM. 

Ttan fielet, toeld^ ein engeS gemetnfd^aftlid^eg 3>^teref|e ftd^ l^ieburc^ 
jtoifd^en Äönig unb 5Paj)ft für bie Umgcftaltutig Stauend bilbete, toic 
fel^r bie^ mit bem SBortl^eil beö Äaifer« in SS3iberfj)ru(i^ ftanb, unb 
Begreift e^, ba^ biefe SSerabrebungen , toie fie benn aud^ nod^ fein 
boKfommenef 3i5erftänbni^ entl^ielten, bentfelBen forgfältig. öerBorgcn 
gel^alten tourben. 

SDer in 9lom anh)efenbe Seid^tbater be^ Äaifer« lie^ fx& leitet 
überreben, ba^ ber 5ßa))ft jtoar SBücffid^t auf ^ranfreid^ nel^men muffe, 
aber feinen §erm über aUe^ liebe, unb nientalig ettoa« tl^un toerbe, 
foa^ bemfelben entgegen fei. 6^ fd^ien nur auf biefen anjufomtnen, 
ba^ bie Siid^te beiS 5Pa))fteö mit bem in SKailanb toieber eingefe^ten 
©forja \tait mit bem Seltne bei Äönigi öon gfranfreid^ öer- 
mäl^It toürbe. 

3m 2luguft 1531 h)agte Giemen^ einmal ben öftreid^ifd^en Se* 
bottmäd^tigten gu fagen, er l^alte für not^toenbig, etfüa^ jur Sefrie- 
bigung bei Äönigi bon granfreid^ gu tl^un: er fel^e tool^l, berÄaifer 
h)erbe bem Äönig 9JfaiIanb unb ©enua niemals abtreten, aber fönne 
man il^m nid^t tpenigfteni Hoffnung baju mad^en, ol^ne e§ il^m tpirf- 
lid^ ju geben*)? 3lIIein ber (Sinbrudf, ben felbft ein fold^er SSor- 
fd^Iag mad^te, toar tool^I fel^r ungünftig. SEBenigftenö erflorte ber 
$at)ft bem franjöfifd^en ©efanbten l^ierauf, er fel^e fid^ in ber 3?ot^- 
tüenbigfeit, feinen guten SBitten nod^ gu berl^eimlid^en, um Sfuffd^ub 
•gu bitten. 2ln feiner ©efinnung hxavi(f)tcn barum bie ^rangofen feinen 
Slugenblidt gu gtDeifeln. Qm SSertrauen geftanb er gu toieberl^olten 
SJJalen ein, ber Äaifer l^abe in bem legten ^Iractate feinen SSortl^eil 
gu tDeit getrieben, ei fei gu hJünfd^en, ba^ er bem Äönig beffen 
ßigentl^um gurüigebe. 3)er ©efanbte l^ielt pd^ im 9Kärg 1532 über- 
geugt, bei ^aj)ftei toal^rl^after SBunfd^ fei, bajj ber Äönig in SJJai- 
lanb, ber Äaifer in 3leapel l^errfd^e: bann toerbe er glauben, in ber 
iDiitte bon beiben eftoai gu bermögen'^). 

3Kan erwartet in biefen Salären ^läne gar nid^t mel^r, toie bie, 
gu benen ben $aj)ft alle biei §in- unb ^erüberlegen feinei SSorti^eill, 
biefe Hinneigung gu granfreid^, bie er bod^ gu berl^eimlid^en fud^te, 
am ßnbe gefül^rt l^at. 

trouve tr^s raisonnables. — 3(rtifet unb Örflärung fanb i^ in ber Ä. 33i6I. 
gu ^ariö. MS. Bethune 8541 f. 36. 

1) S3urgo ben 11. ^tugufl, a. a. O. p. 101. 

2) Depesches de l'eveque d'Auxerre ambassadeur pour le roi 
Fran^ois I pr^s le Pape Clement 11. Sept., 28. Oct., 4. Janr., 20. Mars. 
Bibl. Koyale. MS. Dupuis nr. 260. 






5Borfd^rägc Steinene VII. 315 

• 

3m 5Kai 1532 lie^ er bem Äönig gerbinanb ben SSorfd^Iag 
mad^en, Ungarn, toie er e5 noä) Befi^e, bem SQäoitDoben ju üBerlaffen 
unb fid^ bafür in Stauen unb jtoar im SBenejianifd^en ju entfd^ö^ 
bigen. SBie ganj öergeffen l^atte er bod^ bie Seigre, bie SKnbere an^ 
bem Kriege ber Siguc öon ßambrat gejogen. 35er SBoitDobe, ben er, 
t>h\t>of)l gel^eim öor bem SRid^terftul^I be^ ©etüiflen^, bon Jenen 6en- 
furen Befreit l^atte, bie er einft, ben öftreid^ifd^en SSrübern ju ©unften, 
auggef))rod^en, foHte fid^ je|t mit benfelben h)iber 3Senebig berbinben, 
älud^ ber^önig bon ^ranfreid^ fottte baö tl^un. 3)afür foHte er 
ben größten %\)^xl öon 3KaiIanb unb einen "J^l^eil bon $iemont Be- 
fommen. fjranj Sforja fottte jum §erjog bon ßremona gemad^t 
itnb mit einem auig mailänbifd^cn unb benejianifd^en 93efi^tl^ümern 
gebilbeten ®eBiete Befriebigt toerben. 3n ber 3^l^at, ganj ein 3[n= 
fd^Iag im ©inne feiner legten )3olitifd^ fo unrul^igen 3Sorfal^ren. STuf 
\)a^ ©onberBarfte l^atte fid^ ber SBunfd^ öerl^üttt, ben Äönig bon 
granlreid^ nod^ einmal in Italien mäd^tig ju feigen ^). 

SBirlEIid^ l^at man barüBer unterl^anbelt: ben Sebottmäd^tigten 
gerbinanbö unb toal^rfd^einlid^ aud^ il^m felBft fam bie Baä)^ nid^t 
fo ganj unannel^mBar bor; aBer inbe^ näl^erte fid^ ber 2lnfatt ber 
ber Domänen: atte 21ufmerlfamleit muj^te auf bie 2lBtoel^r berfelBen 
geloenbet ioerben: unb inbe^ toaren bie Umftänbe beränbert. 

Stuf ber Stette erfd^ien aud^ ber Äaifer felBer toieber in ^[talien. 

®g mag loal^r fein, tt)a§ man Bel^aujjtet, ba^ 3KangeI an f)m 
reid^enben ©elbmitteln il^n Beh)og, ba^ grojje $eer loieber aufjulöfen, 
unb feinen Sruber nur mit unjureid^enben Gräften jurütfjulaffen: ein 
anbereö SJlotib lag aber ol^ne 3^^if^I barin, bajj ^erfönlid^e Unter- 
l^anblungen mit bem>518a})ft nod^ einmal fel^r bringenb getoorben 
ioaren. 2lm 12. ©ecemBer traf er ju einer neuen Swfammenfunft 
mit bemfelBen in Sologna ein. 

3Sor aUem mn^U l^ier bie Sad^e be§ Gonciliumö borgenommen 
ioerben. 2)er Äaifer tou^te längft, ba^ ber 5Pa})ft, aud^ auf granf^ 
reidft geftü^t, eö bermeibe *). 3lBer er mod^te i^off en, feine })erf önlid^e 
©egentoart, erneuerte ,9Sorftettungen üBer bie Sage ber 35inge in 
3)eutfd^Ianb, namentlid^ bie ©efal^ren einer SRationalberfammlung, 

1) SCnbrea« bc Surgo an ben (St. ö. Orient 23. 2«ai 1532, feJEiv au«* 
fü^rlt(i^; tgl. bie @d^rct6en öom 29. 2(ug. unb 14. ^tpt. 

2) @d^on am 29. 3uli 1531 fd^rieb er bie« feinem trüber: Plus va 
l'on aTant, plus Ton apper^oit que Ye pape ny (für ba9 (Soncil) a vou- 
lentö et que le roy de France luy ne veult deplaire, pensant par ce 
moyen le tenir gaigne. (5lr(^. ju Trüffel.) 



316 Sed^etce «uc^. Siebentel dapM. 

tDürben bem $a))ft bod^ ettx>a^ aBgelDtnnen. Unberjüglid^ Begannen 
bie Sonferenjen; ber $a))ft Bilbete eine (Kongregation bafüt, bte au^ 
ben ßarbinälen eJamefe, 6ejt^, 6am}3eggi, unb jenem ©rjBifd^of ton 
33rinbift, äleanber Beftanb; ßonfiftorien tourben barüber gel^altcn. 
S)ie ^rage loar, oB man ba^ ßoncilium bepnitib Berufen ober erft 
ben SSerfud^ mad^en tooKe, bie nod^ oBfd^toeBenben t$einbfelig!eiten 
jtoifd^en ben d^riftKd^en fjürften Beijulegen. 2)enn mit biefen 3toif% 
feiten t)flegte ber $aj)ft feine Serjögerung gu cntfd^ulbigen. Sn bem 
erpen (Sonfiftorium erflärten fid^ in ber 2^l^at bie ßarbinäle für unöet' 
jüglid^e ^Berufung : benn gu ioeit auigfel^enb fei ber 3Serfud^ jener Set? 
föl^nung. 2)er 5Pa})ft berfd^oB bie Sefc^Iu^nal^me Bi^ auf bie näd^fte 
6i^ung. ^n biefer, am 20. SDecemBer, fiel bann bie ßntfd^eibung 
im Sinne be^ 5ßaj)fte^ auö. 2)ie ©timmenmel^rl^eit erllärte, baj bor 
ber SSerföl^nung baö ßoncilium nid^t gel^alten, ja fogar feine gemein« 
fd^aftnd^e SKa^regel gegen bie 2:ürfen ober gegen bie Sutl^erancr 
genommen ioerben fönne*). 6ö lä^t fid^ benfen, toie mißvergnügt 
ber Äaifer l^ierüBer toar. 2Kan fud^tc nur ben ©d^ein ju retten, 
erließ ©rflärungen, baß baö 6onci(ium auf jeben %ail gel^alten hjer* 
ben folle, fd^iite 2(Bgeorbnete, um e§ fd^einBar borjuBereiten, nad^ 
Seutfd^Ianb: ba^ toar aBer, toenn id^ mid^ biefe^ älu^brudfd Bebienen 
barf; aHeö ©|)iegelfed^terei. ßrnftlid^ BeaBpd^tigte man burd^ biefc 
3Kifftonen nid^t^ loeiter, aK ben 2)eutfd^en ben ©ebanfen beg 9la« 
tionalconcilium^ augjureben. 2)arin attein berftanben fid^ fiaifer 
unb ^ap^t% 

hierauf fam bie (Srl^altung beS ^ieben^ in Italien jur BpxCii)t 
2)er Äaifer glauBte einen 2lngriff ^ranj* I auf ®mua erioarten ju 
muffen: unb fein ©nttourf toar, benfelBen burd^ ein gcgenfeitige^ 
33ertl^ibigung^Bünbniß aQer italienifd^en <Btaattn ju bereuten. ätUein 
aud^ l^ieBei fal^ er fid^ bon bem ?5aJ)ft nur toenig unterftü^t. 3« 

1) !Dtefe ^^ac^rid^ten ftnben fxdf freilid^ ntd^t Bei ^aHabicini, aUetn fte 
ftnb aut^entifd^. 3ci^ entnahm fte am bem @c^retben bed franjBftft^en @e' 
fanbten, ©ifd^of bon SCujerrc, 24. 3)cc. 1532 : Sire, au premier consistoire, 
une partie des Cardinaux opina, qu'il falloit pourvoir da fair ung con- 
cille tan^ pour obvier aux Lutheriens que au Türe, disant que la chose 
seroit trop longue de vouloir k cette heure appoincter les princes ehre- 
tiens'/ fut par notre st p^re la ehose remise k eorrecture jnsqu'au 
proehain eonsistoire, que fut vendredi demier, auquel fut eonclu par sa 
S^^ et k la pluralitö des voix que sans aeeorder lesd. princes ehretiens 
ne se pouvoit faire ny eoneille ny pourvoir au Türe ny auxd. Lutheriens. 

2) ^u$3ug an9 ber 3nflruction für ben ^untiud Ugo* d^angoni ^ei 
^JaDabicini lib. m, e. Xni (V. I, p. 327). 



3ufanxmen!unft in ©ofogna 1532. 317 

©egentoart be§ Äaiferig ^pxad) fid^ Giemen^ tpol^l für biefen 33uttb 
au^, aBer in§gel^eim lie^ er ben öenejianifd^en ©efanbten toijfen, h)aö 
er ba geäußert, l^abe er nur aU bie SReinung be^ Äaiferig g^fflgt, 
nic^t aK bie feine, er möge babon ber Slejjublif öorfid^tige SWelbung 
t^un^). 3)ie SSenejianer erllärten; il^r SSerl^ättni^ ju ben Digmanen 
^inbere fte in ein SBünbni^ ju treten, baö ^u ©unften 2lnbrea S)oriaiS 
gefd^Ioffen h?erbe. Sine anbere ©d^toierigfeit maä^ten bie SWi^ber- 
^ältnifje be^' ^ajjftei mit ^errara. 5Rur mit großer 9Jlül^e fonnte 
ßlemenö bai^in gebrad^t hjerben, bem §erjog auf 18 SWonate ©id^er- 
^eit jujufagen*). (Snblid^ toarb benn ber S3unb gefd^Ioflen: e^ lüur= 
ben bie Seiträge beftimmt, bie ein jeber befonberö im %oXi beö Arie-' 
geg ju leiften l^abe. 2lber fd^on bie SSerl^anblungen jeigen, h>ie h^enig 
Sufammenl^altenbe Äraft bemfelben innetüol^nen fonnte. fjranj l^atte 
el^er ben 3Sortl^eiI babon, bajj er ©elegenl^eit fcefam, fid^ übet bie 
?5einbfeligfeit be^ Äaiferö, bie fid^ in biefen 3Sorfel^rungen auöfjjred^e, 
ju beflagen. 

Unb l^ätte ber Kaifer gel^offt, burd^ eine 2lbfunft biefer Strt bag 
3Ser^äItni§ jtoif d^en bem ^ap^t unb bem Äönig aufjulöfen, fo toäre 
er in einer fd^lüeren 3!äufd^ung befangen getvefen, ©egen eine fo 
e^renboHe gamilienberbinbung tote bie borgefd^fagene, bermod^te feine 
Gintoenbung ettoaö auigjurid^ten. 

3m folgenben $erbft mad^te ftd^ ber ^ßajjft ))erfönlid^ auf ben 
SBeg, um feine SRid^te nad^ ^ranfreid^ ju fül^ren. Qn 3WarfeiIIe l^ieit 
er eine 3wf<i^n^^^^w^ft wtit Äönig %xani, bie ol^ne 33ergleid^ tüid^s 
tiger geioorben ift alö bie le^te mit bem Äaifer. 

S)te 5Ratur ber ©ad^e bringt e^ leiber mit fid^, ba bie SSer^ 
^anblungen münblid^ gepflogen iDurben, ba^ h?ir feine Slufgeid^nungen 
finben, bie unö barüber eine autl^entifd^e Äunbe ju getoäl^ren öer^ 
möd^ten. 

Slllein toie man ben Äaifer bon 9lom auö loarnte, benn e^ fei 
nic^t anber^ möglid^, aU ba^ ber Sßa})ft mit bem Äönig et)n)a§ gegen 
'M Dorl^abe^), fo. berftd^ern \xn^ bie florentinifd^en Vertrauten be^ 

1) „que ce qu'il avoit dict present l'empereur, il Pavoit dict comme 
opinion de l'empereur, mais non pas comme la sienne, et qu'il le fis, 
entendre saigement ä la S"^." L'eveque d'Auxerre 1. Janv. 1533. 

2) SBergl. (Saicciarbini (barnal« ^icelegat in SSofogna unb gu ben Son* 
ferenjen gugegogen) lib. XX, p. 109. 

3) @(j^rciBen bei ©anbobal XX, § 20 : que no se descuydasse, porque 
flo era possible, sino que el papa y el rey avian tramado algun negocio 
contra el. 2>er Äaifer feffep fprid^t öon ben 2)ingcn „que Ton y voudroit 



318 @cd^8te« SBud^. ©tcBcntcö (So^itcL 

5ßaj)fle^, unb ein fo fd^arfcr unb guter Scobac^ter, tüie ber öene^ 
jianifd^e ©efanbte, einftimmig, ba^ bieö gefd^el^en fei. 

3n 3KarfeiIIe tourben nid^t allein franjöfxfd^e ßarbinäle er- 
nannt; bei tDeitem mel^r l^atte ju bebeuten, ba^ ber 5ßaj)ft fid^ ent- 
fd^Io^, feinen 3luntiuö in ber ©d^meij, ben Sifd^of öon 3SeroIi, 
toeld^er für faiferlid^ gefxnnt galt, auf Sitten beö Äönigö juriicf: 
jurufen ^). 

93alb aber ftettte fid^ noc^ toeiter l^erauig, h)a§ jtoifd^en ben 
beiben dürften öerabrebet fein mod^te. 

Ser §erjog öon Crleanö, ®emal^l ber Stid^te bei ^ajjfte^, 
'ntad^te auf Urbino 2lnfj)rud^, toeld^ei baö ©rbtl^eil feiner ©emal^Iin 
fei, unb ber päp^Üiä)^ Siuntiuö in SJeutfd^lanb berl^el^lte nid^t, ba| 
ber $a})ft benfelben unterftü^en toerbe. OTerbingi fei il^m burd^ bie 
^ractate verboten, Steuerungen aninfaxiQm, aber unmöglid^ !önne 
man ei eine Steuerung nennen, toenn S^manb bai ©eine jurädtfor- 
bere. Sei bod^ Urbino ein Seiten ber Äird^e: geit?i^ toerbe ftd^ ber 
Äaifer feinei t)äj)ftlid^en SSaf allen gegen biefelbe anmf)mm^). 

2)ai befam aber eine nod^ toeit l^öl^ere Sebeutung, ali aud^ 
ber Äönig feine 3lnf))rüd^e . auf 5Dlailanb balb barauf ftdrf er aU 
biil^er erneuerte. 6r forberte, bä^ Sforja burd^ ein ^al^rgelb ab- 
gefunben unb 3Kailanb il^m auf ber ©teile eingeräumt toerbe^). 

Semerlen tüir nun, ba^ biei bie ©ti^julationen bei ®]^ebertrag§ 
h)aren, fo loirb lool^l l^öd^ft toal^rfd^einlid^, bajj bie 95ef})red^ungen in 
5Karfeitte , eben bie Sottjiel^ung beffelben jur 2lbftd^t i^atten. SBie 
foHte ei nid^t anä) bem ^ap\t ertoünfd^t fein, feine 9Kd^te ali mäd^- 
tige italienifd^e ^ürftin ju begrüben? SÖiailanb in ben Rauben ber 
^ranjofen, 3ltapd in 33efi§ ber ©})anier: barin fd^ien mand^emStfl- 
liener bie Unabl^ängigleit bei Äird^enftaati unb bie ©id^erl^eit ber 
3Jlebici in gloreng gu liegen*). 

2)en Äaifer bxau(f)U ber 5ßaj)ft toegen feiner Slnnä^erung o,n 

practiquer au prejudice des /choses traict^es entre ledict Sr. Roy et 
nous." Papiers d'^tat de Granvelle II, p. 73. 

1) ©and^eg bei md}cli^ IX, 122. 

2) ©d&reiSen bc8 ©rgbifd^of^' öon ?unben an ©ronöella, 15. ge6r. 1534. 
S)er Üfiunttug l^atte gcfagt: scire se, ob id bellum futurum in Italia et 
pontificem auxilia daturum duci Aurelianensi contra quoscunque pro re- 
cuperatione dicti ducatus. 

3) @jrcer:|)te bei ^Jaumer iöriefe an$ ?Jariö I, 262. 

4) «ard^i XIV, 507 f^rid^t mit öieler ^efiimmtl^cit ton einem ^iejU 
bei jener 3nfammenfunft gefd^loffcnen ^erjicnbmß. 



35€rabrcbungen jtoifc^cn (Sternen« unb Jranj I. 319 

%xantxd^ niä}t fogleid^ ju fürd^ten: toir toerben feigen, tote er beut- 
fe(6en burd^ ßrfüttung feiner SBünfd^e in ber englifd^en ©ad^e bod^ 
toieber bie §änbe banb, \a feiner ^olitif eine anbre Stid^tung ju 
gefien fud^te. 

Gi fragte fid^ nur, h)ie man il^n in ben italienifd^en Slngele^ 
genl^eiten jur 9lad^gieBigfeit nbtl^igen tooHte, ob burd^ offene (Setoalt 
ober burd^ inbirecte SKitteP). 

3)ie 35erftd^erung be§ benejianifd^en ©efanbten ift, ba^ ber '^ap\i 
ba§ Grfte abgelel^nt, aber ju bem S^i^tm feine 3uftimmung gegeben l^abe. 

5Rad^bem bie })oIitifd^e Dj)t3ofition gegen ba^ ^an^ ^Deflreid^, 
toeld^eö bem fatl^olifd^en (^nxopa jule^t ntit. ben SQBaffen feinen 
Sitten aufgenötl^igt l^atte, einen 2lugenblicf befd^loid^tigt getoefen, 
ertoad^te fie loieber, unb nal^m bie alten 5ßläne auf. 3)er (Sebanfe 
be§ ^a|)ftcö unb be^ Äönigö toar, fid^ junäd^ft frember g^einbfelig« 
feiten ju il^rem S'^^ic gu bebienen. 

35er benegianifd^e ©efanbte urtl^eilt, ba^ in 9Karfeitte aud^ bon 
einer Setoegung bon ©eiten ber Domänen bie Siebe getoefen fei, 
bod^ toiH er e^ nid^t bei)anpUn^j; ol^ne allen S^^if^l öerfid^ert er, 
ba^ eine (Srl^ebung ber SBaffen in SJeutfd^Ianb l^ier beratl^en loorben 
fei. 2lud^ ©uicciarbini bel^au^Jtet, ba^ ber Äönig bem 5Pa})ft feine 
JfBftd^t, bie beutfd^en dürften gegen ben Äaifer in Seloegung ju 
fefeen, mitgetl^eilt l^abe^). 

1) S5on biefer ©eitc nal^m ber Äaifer felbfl ettt?a« f|5äter bie @ad^e. 
Seinem ©efanbten trSgt er, nad^ bem Stuöbrud^ ber lanbgräfifid^en S3en)cgung, 
auf, bem ^önig gu erflären: qne ces moiens qu'il semble estre pour aous 
Toaloir contraindre sont bien loing du chemin etc. Pap. d'^t. de Gran- 
velle U, 109. 

2) (gg ift bo(3^ getoiß. 2)er ^ap\t felbfl, ber bie 2lufmer!fam!eit beö 
Äaifer« ba^in gu ndjiten »ünfd^te, Qah bem Äaifer baöon ^aäfxidft L'em- 
pereur au comte de Reux 19. acut 1535. Pap. d'et. du C* de Gran- 
velle II, 341: que le roy de France luy avoit i-espondu, en parlant de 
la defension et provision ä. Pencontre dudit Turcq, que non seuUement 
icelluy roy de France n'empescheroit sa venue contre ladit chrestiente, 
mais la procureroit. 

3) Belatione di Francia di M. Marino Giustiniani, 1535: Giudico, 
che Pintelligentia coi Turchi fusse medisimamente deliberata in Mar- 
siglia con Clemente Pontifice, €ome fu ancora quella di Germanio. 
Gaicciardini XX, 111: havendogli (al papa) communicato il re di Fran- 
cia molti di suoi consigli, a specialmente il disegno che haveva di con- 
citarecontro a Cesare alcuni dei principi di Germania, massimamente 
il landgravio d'Hassia. »gl. ©anboöal lib. XX, § 20. @ie trennten fx6) 
^icrouf in t?oMommencr @ati«factton öon einanber. 



320 ®ed^«te« ^näf. ®iel6entc3 (Kapitel. 

^ä) finbe nid^tö, toa« biefen 3Serft(i^erungett il^re ©laubVoürbig? 
feit nel^men, il^nen mit Oninb entgegengefe^t toerben fönnte. 

35ettn junäd^ft toaren bie SSerbinbungen, toeld^e ber fiönig mit 
ben bmtfd^en ^rften unterJ^ielt, bod^ lebiglid^ ^olitifd^cr Slatur. 

aSor allem unterftü^te er ben Wxhex^pxnä) gegen bie 9Bal^I 
Sönig gerbinanbg. 311^ fid^ bie o^^jonirenben gfürften im SKai 1532 
enger ^vereinigten unb fogar eine förmlid^e Ärieg^berfajfung bera6= 
rebeten^ mad^te ftd^ fjranj I Derbinblid^, für ben gfatt be§ ßrtegeö 
100000 Äronen bei ben ^erjogen tjon Satem nieberjulegen. S)te 
fü^nften imb umfaffenbften 5ßläne tau^tm juhjeilen auf: j. S3, im 
gebruar 1533 eine^ SlnfaKig ber ^anjofen auf bie Sep^tl^ümer 
ßarig, unb jugleid^ ber beutfd^en dürften unb S^tJoI^aig auf gerbi- 
nanb*). Unaufl^örlid^ burd^jogen lönigfid^e 3Igenten, befonber^ ©er- 
t)aftug SQSain, ein gebomer SWemminger, unb SEBill^elm t)on SelTa^, 
ba« beutfd^e Sleid^, um bie D}j})ofttion in ®ang gu erl^alten, biefe 
gäben enger ju Inüjjfen. 

9tod^. lüid^tiger aber aK bie SBal^I tüurbe balb bie toürtember- 
gifd^e Slngelegenl^eit. 



©eit bem S^age, an toeld^em ber ^erjog bon SBürtemberg au^ 
feinem Sanbe getrieben toorben, l^atten aud^ bie SBerfud^e begonnen, 
il^n toieber l^erguftetten. Unjäl^Iige 3Serl^anbIungen unb SSerabrebungen 
l^atte man barüber gepflogen*), bod^ \oax nod^ atteö an ber entfd^ie- 
benen geinbfeligfeit be^ fd^toäbifd^en SBunbe^ gefd^eitert. Stuf bem 
9leid^gtag ^on 2(ugigburg toar S^^binanb iwn feinem ©ruber auf 
ba^ geierlid^fte mit SQSürtemberg belel^nt hjorben. 

3m Saläre 1532 trat nun ein ®reigni^ ein, ba« allen Stn- 
f))rüd^en beö ?Jürftenl^aufe^ einen neuen SRad^brudf gab, 

Slad^ ber SSerjagung ^erjog Ulrid^g h>ar aud^ beffen ©ol^n, 
ßl^rifto^)]^, ein fünfjäl^riger Änabe, auö SBürtemberg • toeggefül^rt hjor* 
ben. 3Ban erjöl^Ite ftd^, bei feinem legten 9lad^tlager im Sanbe l^abe 
er mit einem Samm gefj)ielt unb bieig bann beim 2Ibfd^iebe bem 
SBSirtl^ bringenb emjjfol^len: \Dmn er toieberfomme, toerbe er il^mbie 

1) ©tum^)f, Saicrnö ^jolitifd^c ®e[(i^i(i^te, I, 94 

2) 3* ^» bie ^er^anblungen gtoifd^en Sanbgraf $^in^|) unb ^crjog 
©einriß ^on S3raunfd^n)eig im Saläre 1530; bie f^)äter in ben ©treitfc^riften 
auöfü^rlid^ erörtert h?orbcn fitib. 



e^riflo^l^ bon SBürtcml&crg. 321 

Semül^ung vergelten. SDiefer linbifd^e 2iraum foHtc jebod^ lange un- 
erfüllt bleiben. 3)er Änabe toud^g in 'Sn^brudE . unb $Reuftabt unter 
ber Dbl^ut ^erbinanb^ auf. SDlan i^at ba nid^t immer. aufig Sefte 
für il^n ©orge getragen: Weniger bießeid^t auig üblem SEBiffen, al§ 
toeil bie ^ofl^altung ixbttf)aupt mä)t ganj in Drbnung toar: er l^at 
jutoetlen SKangel gelitten: er fagt felbft, fein 3wftö«^ l&^be Ui 
Sebermann 5UlitIeiben erregt: er jft fogar einmal in ©efal^r geratl^en, 
ijon ben 2^ürfen toeggefül^rt gu toerben. 3lber frül^e^ SJKi^gefd^idf 
ift einem dürften oft nü^li^er, aU ber SKüfftggang unb bie 
©d^meid^elei be^ §ofe^: i^m hjollte ba§ ©lüdf in ber $auj)tfad^e 
bodj tool^I. 6r bef am einen Seigrer, ber gute SBiffenfd^aften befa^ 
unb ftd^ mit öotter Eingebung an xf)n anfd^lo^, 3Kid^aeI 2^ifernuig. 
2)a^ ©d^idffat biefeiS 3Kanneg öergegenh^ärtigt un^ uä)t ben 3uft<*^b 
jener Seiten. 211^ Äinb h^ar biefer SRid^ael i)on ben 2^ür!en it)eg= 
gefül^rt h)orben, man tou^te nid^t öon tüo, bod^ flauen fie il^n jule|t 
iüieber liegen laffen. 9Kan brad^te ben armen ^nbling nad^ 2i^bein, 
3)uino, iDobon er feinen 5Kamen füi^rt, unfern \>on %m^t; ba ift er 
t)on guten SKenfd^en auferjogen, barnad^ in ein ßollegium ju SBien 
gebrad^t unb bort gebitbet hjorben. 3n jener ©tunbe ber ©efal^r 
batte er ]^auj)tfäd^lid^ feinen 3ögling gerettet. Unter feiner Seitung 
gebiel^ Gl^rifto))]^ nun öortrefflid^. Unb aHmäl^Iig gog man il^n aud^ 
an ben ^of, benn nid^t unfürftlidj toollte man il^n l^altett: er ioar 
1530 mit bem Äaifer in 3Iug^burg. S)a mujjte fid^ il^m aber aud^ 
bie S33elt auffd^Iie^en: e^ lonnte nid^t an Seuten f eitlen, bie il^m feine 
Slnf^jrüd^e in ©rinnerung brad^ten. 2Bie mod^ten il^n bei jener S3e= 
fel^nung gerbinanbö bie gal^nen öon SSürtemberg unb %ei in beffen 
^änben anfel^n! 2)a§ ©efül^I feine« Siedete« erh)ud^g in il^m mit ber 
äunal^me feiner männlid^en ^af)xc unb Gräfte: bod^ mn^U er e« 
jurüdfbrängen, öerfd^loffen l^alten. Unb in biefer gefjjannten ©tim^ 
mung nun toarb il^m angemutl^et, ben Äaifer, mit bem er ganj g^rn 
nad^ ben 3lieberlanben gegangen Joar, je^t aud^ burd^ Stafien nad^ 
Sjjanien gu begleiten. 6S liegt h)ol^I fel^r nal^e, bajj er baju leine 
Steigung emjjfanb. $atte man bod^ aud^ einft balb nad^ ber SSer- 
treibung feine« 3Sater« ben ©ebanlen gel^abt, benfelben nad^ ©Jjanien 
ju bringen! Gl^riftoj)]^ toar ol^nebie« entfd^loffen, „feine ®ered^tig== 
feiten in S)eutfd^Ianb" nid^t ju uerlaffen : er fagt fel^r einfad^, e« fei 
nid^t« für il^n, mit nad^ ©Jjanien ju reifen. 3tl« fid^ ber faiferlid^e 
§of nad^ bem 3:ürfen!rieg im §erbft 1532 burd^ bie Stt^jen nad^ 
Stauen Begab, fanb er mit feinem Sei^rmeifter ©elegenl^eit ju enU 
fliel^en. Unbemerlt Verloren fte ftd^ an^ bem ©efolge unb f dringen 

». »laufe'« ÄBcrfc m. 21 



322 @C(i^«te« 33ud(>. Siebente« (iapM. 

ben SBBeg nad^ Salzburg ein. SSon toegefunbigen Säuern tüurben jle 
gefül^rt, unb toarcn fd^on toeit entfernt, afö man fte öermifete unb 
il^nen nad^eilte. SBSenn e§ jtd^ fo öerl^ält, toie man nod^ im fed^ö- 
gel^nten -gal^rl^unbert-auöfül^rlid^ erjäl^H l^at, fear il^rc ^lud^t mit 
mand^erlei ©efal^r \)cxtmp\t: baö eine i^rer ^ferbe erfranfte il^nen: 
um baburd^ nid^t üerratl^en ju Serben, entfd^Ioffen fte ftd^, e^ in 
einem "See ju erfäufen; hJäl^renb bann ber junge %iXx]i auf bem am 
bem feigen Verfolgern entging, berbarg [xä) S^ifernuiS bor il^ren 
Sälirfen im l^ol^en SRoi^r^). ®enug, fte berfd^toanben öom ^of, unb 
man glaubte iool^I, fte feien im l^ol^en ©«birg burd^ nad^giel^enbe 
Äriegöbanben ober Säuern umgefommen*^). 2lber inbe^ toaren fte 
an einen fidlem Svi^ud)t^oxt gelangt, toal^rfd^einlid^ unter bem ©d^u^e 
ber §erjoge bon 93aiern; unb Don ba erfd^otten nun J)lö|lid^ bie 
Älagen &f}xx\iopf)^, ber fein Erbe gurüdfforberte, in alle SBelt'). 

6g toar an ftd^ ein bebeutenbe^ ©reigni^, ba^ ein ^ürft bon 
aSürtemberg toieber erfd^ien, mit geredeten unberjö^rten 2lnf))rüd^en, 
bon bem alten Stamm unb 3lamm, ber bie 3wneigung ber ange- 
bornen Untertl^anen befa^. gür ben 5Woment befam eö aber erft 
baburd^ redeten Slad^brudf, ba^ aud^ bie §erjoge öon S3aiern, benen 
ber Sater l^öd^ft totbertoärtig getoefen, beren Sereinigung mit bem 
fd^tüäbifd^en Sunb l^au^)tfäd^Ud^ bie Sertreibung beffelben betoirft 
l^atte, bem ©ol^ne il^re Unterftü|ung getoäl^rten. 

Ueberl^auj)t ftanb ber fd^toäbifd^e Sunb bereite auf bem fünfte 
fid^ aufaulöfen. @in SJlotib baju toar bag alte, ba^ ft^ bie gürften 
nid^t getoöl^nen fonnten, bem Sunbe^rati^ untertoorfen ju fein, in 
toeld^em Prälaten unb ©täbte fo biel h?ie fie galten, ein ge- 
fd^idfte^ SKitglieb bie ©ntfd^lie^ungen gutoeilen nad^ feinem ©utbün* 
len lenfte*). «Reffen, 2:rier unb $falg trafen 1532 eine befonbere 

1) S)ie @runb(agc biefcr (Sr^ä^fung ift ©abclfofcr, ejccr^irt Bei ©attlcr 
unb $fiper: ©crgog Sl^riflo^^. Sfiur muß man eö nid^t glauben, njcnn bei 
^fijler p. 80 gefagt toirb, (jarl fei in SBien auf (S^tiflo^l^ aufmerffam gc* 
njorbcn, l^abc i^n bann nad^ S3onomen gu einer 3ufammcnfunft mit $a* 
brtan YI mitgenommen. Slber aud^ ^e^b (^ergog Utrid^ II, p. 332) \d)tmt 
mir in toeit gu ge^en, menn er au« ber ^eugerung (Sl^nflo))^«, er l^abe feit 
bem ^ug«burger 9^etd^«tag feinen ^ngelegenl^eiten nad^gefragt, fd^liegen n>iff, 
ber junge gütfl fei gar nid^t in Slugöburg getoefcn. 

2) ©d^reiben Cl^rifio^^« an feine iühitter 18. Cct., bei $e^ II, 339. 

3) 2)ae erflc ©d^reiben t)om 17. iRoJ). ©attler 11, 229. 

4) Saubgraf ^J^ili:^^ fagt in einem f^ätern ©d^reiben (25. 3)cc. 1546): 
„©cfinben, tote ee im fii^toäbifd^cn 53unb gugangen, ha^ Dr. @df, fo oft tx 
getocUt, ba« ä^el^rer l^at maä^tn fiJnnen, e« fe^ gfetd^ ben anbern ©tanben 



auflöfung bce ft^wäbifc^cn «unbc«. 323 

Seretntgung, in ber fte einonber t)erf})rad^en, in bie Erneuerung bei§ 
Sunbei^ nid^t ju toiUigen*). 316er aui) bie Stäbte toaren mi§ber= 
^nüQt, namentlid^ über bie ftreng fatj^olifd^e Haltung beö Sunbeg» 
gerid^tö: Ulm, Slug^Burg unb 9türn6erg feigen toir ftd^ unter einanber 
felbft ju gemeinfd^aftlid^er 3Sertl^eibigung bereinigen. 3)ie öornel^mfte 
SerfHmntung jebod^ betüirlten eben bie SSerl^ältniffe öon SBürtemberg. 
^m -Saläre 1530 h^ar SBürtemberg mit aüm SSorred^ten Don Deftreid^ 
begabt, fogar au^ ber Äammergerid^t^matrifel n)eggelaffen hjorben; 
aHer Saften beö Sleid^e^ foHte e^ überl^oben fein. Unb inbeffen hjaren 
bem Sunbe bie Ärieg^foften, bie er 1519 bei ber (Eroberung aufge= 
irenbet, noc^ immer nid^t erftattet*). 2)er Äaifer unb ber Äönig 
fallen tool^l ein, h)ie Diel i^nen für ben 93efi| be^ Sanbeö baran 
liege, ben lüol^rgeorbneten , frieg^feöigen Sunb in bie SEBaffen 
rufen ju fönnen: il^r SeboIImäd^tigter , ber Sifd^of öon Slug^Burg, 
^ab fxd) im ^'^ül^jal^r 1533 äße mögliche SKül^e, il^n jufammen^u^ 
l^alten*). Stber fd^on ba jeigte fid^ ber ®rfoIg fel^r ^iDeifell^aft. Sei 
ben obtoaltenben Umftänben toottte 9iiemanb mel^r bie SSertl^eibigung 
3Bürtemberg§ für gerbinanb übernel^men. Saiern erflärte, eö l^alte 
bie ©ad^e be^ §erjog^ ßl^rifto})!^ für feine eigene. 

Sm 3)ecember 1533 toarb notf; ein Sunbe^tag ju Slug^burg 
gel^alten, um bie ©ad^e befinitiD ju entfd^eiben. 

3)er arme, beraubte, faft öerfd^ollene junge JJüuft erfd^ien je^t 
mit einer glänjenben ©d^aar Don Seiftänben, Statinen Don 6l^ur= 
fad^fen, Sraunfd^toeig, Süneburg, §efj|en, SKünfter, ^üU^, SWedflen^ 
bürg, ^reu^en. 2)ie Gommiffarien ^erbinanbö fallen fid^ fogleid^ in 
ber !Rotl^h)enbigfeit, mit il^m ju unterl^anbetn , eine (Sntfd^äbigung 
anzubieten, 6itti ober ©ör^ ober 9leKenburg. S)er junge .^ergog 
ging jebod^ nid^t mel^r barauf ein. Sr fül^rte an, ber SSertrag, auf 
ben fid^ bie^ ßrbieten grünbe, fei niemals erfüllt toorben unb baburd^ 
aufgelöft*). UeberJ^aujjt betrug er fid^ mit Umfid^t unb Älugl^eit. 

gelegen ober ungelegen getoefen, njelc^eö auäf teruvfa^t, ba« ber fci^n>äbifd^e 
^unb barüber gerriffcn njorben.'' 

1) greitag nad^ 33ern^arbt. 2)ie Einigung im ^^rierifd^en %x^{'o gu 
Scbleng. 

2) gerbinanb an Sari 27. 5(^r.: V. M^ sabe la dicha liga no quire 
mas servir en esto hasta ser pagados dello que por ello les fue pro- 
metido y esto al presente por mi parte tengolo por impossibile. 

3) 3m «rüffeler 5lrd^ib finb 3nfiruction unb ^Relation. 

4) 35gl. ©egrünbete Siberlegung ber «ertrSge, refetcr Xag SnU 1533. 
^ortleber I, in, VIL 

21 ♦ 



324 ©cci^eteö ©U(^. Siebente« dapittl 

Gr lautete ftd^ tool^I, bie Urfad^cn, Yoe^f)alb fein SSater öctjagt toor* 
bcn, ju berül^ren: er blieb nur babei fielen, ba^ feinem $aufe, unb 
bann auä) tl^m befonberö, bem man nid^t^ bon allem gel^alten, h)a§ 
il^m bebungen toorben, ein unerl^örteö Unred^t gefd^el^en fei. @r gab 
bie SJerfid^erung, ba^ er bei atte bem bod^ niemals baran benfen 
hjerbe, an ben Sunbe^ftönben ju räd^en, toa^ pe feinem ^aufe an- 
getl^an. 3)affelbe Derfid^erten bie l^effifd^en ©efanbten im Siamen 
feineig Sater^. Unter biefen ©inbrürfen lonnten bie ßommiffarien 
leinen ©d^ritt bortoärtö lommen. StK bie SSerfammlung au^einanber^ 
ging, fal^ ^ebermann, ba^ b^r gro^e Sunb, auf tüeld^em bie 9Rad^t 
\jon Deftreid^ im obem 35eutfd^Ianb. gröjjtentl^eifö beruhte, fid^ auf* 
löfen hJürbe'). 

9lud^ ein franjöfifd^er ©efanbter toar bei biefer SSerfammlung 
jugegen. SBir l^aben bie J^atl^etifd^e Siebe übrig, bie er bort ju 
©unften ^ergog ßl^rifto^jl^ö gel^alten l^aben tüiH*). SQäol^I nod^ me^r 
alö feine Serebtfamfeit toirfte bie einfädle 2:i^atfad^e, ba| ber gro^e 
benad^barte Äönig fid^ für ben jungen ^Jürften bertüanbte. 

3u berfelben S^it gefd^a^ baö, at^ ber Äönig unb ber ^ap\i 
in 3Karfeitte beifammen toaren. ©otoie ber 5ßa^)ft fid^ entfernte, eilte 
ber Äönig, bei^ 6int)erftänbniffeö mit 9lom fidler, bie ®unft ber Um- 
ftänbe ju einer entfd^eibenben SSetoegung gu benu^en. 

3m Januar 1534 fd^Iojj er in ber ^aci}e ber SBal^I einen nod^ 
engem Sunb mit ben beutfd^en dürften. Sluf ben %a\i, ba^ c^ um 
berfelben toillen gum Ärieg fomme, t)er))fKd^tetc er fid^, ben britten 
3^l^eil ber Soften ^u übemel^men. ^e^t erft ga^lte er jene 100000 
©onnenf rotten , bie bei ben §erjogen öon Saiem. niebergelegt 
tourben. 

IXnb nod^ unmittelbarer mu^te il^n bie fjörberung ber toürtem- 
bergifd^en ©ad^e, auf bie er in bemfelben Slugenblidf einging, jum 
3iele fül^ren. 

1) 2(u8güge au8 ©abclfofer Bei ^fifter, ^crjog (S^ri|!o^^ I, 102—116; 
- auöbrücfli* bemerft c8 SBaut ($c^b II, 424). 

2) 2)er $ring tüerbc auötoanbcrn: in ber grembe tucrbe man bann mit 
^gingern auf il^n hjeifcn, unb fagen: ha9 ifl ber, hjcld{>er cinfhnal« — »clever 

jc^t — toetd^er o^ne feine <©d5>utb — er toffcnbete biefc @äfee ntd^t, benn er 
Jcfe, fagte er, in ben S3Ii(fen ber ^erfammtung, ha^ fie t^ren Snl^aft fü^lc. 
Discours de Mr. de Langey, im SCn^ong gu ben SWcmoirc« öon SettaV, 
Coli. univ. Tom. XVIII p. 356 (bei «ßetitot XVIII p. 224). dx l^atte 
übrigcnö ben Stuftrag p. 274 (218) „d'essayer tous moyens possibles ä 
faire que ceste ligue de Suave ne se renovast, mais que de tous poiucts 
eile se dissolust." 



3wf<iiwin«»'"wft itt ^arlcbuc. 325 

Sd^on längft i^attc fid^ Sanbgraf 5ßl^tli}))) — bem ^erjog UI-- 
rid^ t)on SÜBürtemberg pex^bnliä) gugetl^an unb bem ^aufe Deftr.eid^ 
au^ mand^erlei (Srünben nod^ abgeneigt — entfd^Ioffen, bei bet erften 
günjitigen @elegenl^eit bie 9leftauration bei^ Verjagten ^aufe^ ju unter- 
nel^men. 6g 4T>ar ein §aut)tgeftc^tg))unlt feinet gefammten 5PoIitiI 
alle biefe Saläre bal^er. ^e^t lagen bie Umftänbe günftiger al^ Je- 
mals. @g fel^lte ii^m an nid^t^, al^ an @elb, um ben Sd^lag fo 
biel lüte möglid^ rafd^ unb ol^ne l^emmenbe SSetbinbung mit anbern 
beutfd^en dürften au^fül^ren ju lönnen. 

$aut)tfäd^Iid^ burd^ ben ©rafen aOBill^elm öon ^ürftenberg, einen 
jener Ärieg^anfül^rer, bie jtd^ balb ber einen, balb ber anbern Partei 
anfd^Ioffen, ber, nad^bem er bem §aufe Deftreid^ nod^ im Qa^re 1528 
gebient, fid^ je^t auf bie frangöfifc^e ©eite geworfen l^atte, h)arb bie 
Serbinbung gtoifd^en Äönig ^ranj unb Sanbgraf ^i^ili})}) Vermittelt. 

33on 3WarfeiIIe begab fid^ ber Äönig nad^ ben öftlid^en ©renken 
feineig Sleid^e^; im ©eleite beö ©rafen öon ^ürftenberg *) erl^ob fid^ 
bann aud^ Sanbgraf ^pi^ili^)}) öon ßaffel: er nal^m feinen SÖBeg über 
3U)eibrüdfen : am 18. 9[^nuar finben tt)ir il^n in ©t. Siicola^ an 
ber 3Reurt^e. 

Unmittelbar l^ierauf fanb bie ä^fammenfunft jh)ifd^en bem Äönig 
unb bem Sanb^rafen öon Sarlebuc ©tatt.- @g ift l^ier Don allen 
obfd^toebenben t^^^^Ö^" bie Siebe getoefen, bem ßoncilium unb ber 
SBa^I, ben l^effifd^maffauifd^en, ben nieberlänbifd^sgelbrifd^en^ntereffen; 
-— ber Äönig äujjerte fid^ über jebe alö ein ^Jreunb ber beutfd^en 
Unab^ängigfeit unb im ätUgemeinen anä) ber ^jroteftantifd^en gür; 
ften*); — l^au)>tfäd^lid^ aber tourbe, toorauf alle^ anfam, über bie 
Untemel^mung auf SBBürtemberg unterl^anbelt. 3)er Sanbgraf, bem 
eS an %xuppen unb Ärieg^mitteln nid^t gebrad^, forberte bor allen 
3)ingen @elb, um biefelben in Setoegung ju bringen. ®er Äönig, 
burd^ ben 2^ractat bon ßambrai auigbrürflid^ iDer^flid^tet, fid^ ber 
(Segner beö Äaifer^, unter anbern beö ^erjogg bon SBBürtemberg 
nid^t anjunel^men, trug bod^ S5ebenfen, fo in offenem 9Biberf))rud^ 
bamit burd^ förmlid^en Vertrag ©ubfibien ju beffen ©unften gu be^ 
billigen. 3Kan traf bie Sluigfunft, bie B^^^Iw^O ^iner ©umme bon 
125000 Äronentl^alern, ju ber fid^ ^tanj I berftanb, burd^ einen 

1) ©(^reiben ?5^ili^^8 an gürjlenl^crg bei SWünd^, gürfienbcrg II, p. 37. 

2) @d^reibcn be« Sanbgrafen an ben (S^urfürpcn, bei 9Jommcl III, 
p. 54; »eld^ee merfttjürbig ifl burd^ ba«, maö c8 fagt, fotoie »cgen beffen, 
n)ad ed berfd^toeigt. 2)er ^bnig f)üit ftd^ nur erbeten, gn^ifc^en ^ergog l\U 
ü^ unb gerbtnanb ju untcrl^anbeln. 



326 ^ec^^ted Suc^. Siebente« (EapM. 

Maufcontract über Wlömpd^axh, in tüeld^em bem ^erjog ba$ SRed^t 
bcö SÖieberfauf^ borbcl^alten toarb, gu DerftedEcn. Sn einer Stebcn- 
tjerfd^reibung erflärtc bann ber Ä'önig, ba^ er 75000 Äronen iJetn 
§erji>fl gerabeju fd^enle. 3(m 27. S^nuar tüarb ber 2)ractat abge- 
fd^Ioffen^); unöertoeilt mad^te fid^ ber Sanbgraf auf ben SRüitüeg, 
fd^on am 8. gebruar Irar er toieber in ßaffel. Unb nun fäumte er 
leinen Slugenblidf, atte^ ju feinem Untemel^men borjubereiten. 6r 
trug, h>ie fid^ öerftel^t, Sebenlen, fein ©el^eimnife bem 5ßa})ier anju- 
Vertrauen ; aber öon feinen Vertrauten Statinen l^atte er jutoeilen feinen 
einzigen ju §aufe, fo biet toerfd^irfte er fie; ju ben ßl^urfürften toon 
2^rier unb bon ber 5PfaIg begab er fid^ pex^bnlxä)^). knd) er na^m 
an bem Vertrag über bie 3&a\)l %\)c\l, aber inbem er bem Äönig 
bie ^Ratification beffelben überfenbete, bemerfte er il^m bod^, er toerbe 
auf bie J^ergoge bon Saiem nid^t toarten. Sd^on fei er befd^äftigt, 
für ftd^ an^ SBerf ju gel^n^). SDer Äönig h)ar glüdEKd^ über bie 
Slusfid^ten, bie fxd^ il^m eröffneten. ä{m Dftermontag 1534 fagte er 
ju einem 2lgenten beig 2öoitooben, ber bei il^m h)ar, ber fd^toäbifdbe 
35unb fei aufgelöft; er jal^Ie (Selb nad^ 2)eutfd^Ianb unb l^abe \>kU 
greunbe bafelbft/ 35unbe§genoffen, bie aud^ fd^on in ben SBaffen 
feien:, balb toerbe S^pol\)a einen ^rieben erlangen fönnen, tpie er 
il^n nur iDünfd^c*). 

9lod; ®ine ©efal^r l^atte ber Sanbgraf ju befeitigen, el^e er lo^- 
brad^. Qene ßl^urfürften, tücld^e g^erbinanb getoäl^lt, lonnten fürd^ten, 
ba^ ein glürflid^er Äriegöjug gegen ben Äönig aud^ il^nen fj)äter^in 
berberblid^ Irerben bürfte: eö fd^ien fel^r möglid^, ba^ fte fid^ beöl^alb 
beö Äönig^ annel^men möd^ten, toie benn toirflid^ bereite ein ß^ur- 
fürftentag nad^ ©elnl^aufen anbexaumt Irorben. 33ei jener Steife toax 
eß ül^ne 3^^>^if^I ^pi^ili))))^ bomel^mfte ©orge, 3:rier unb ^falj l^ier- 
über ju berul^igen. Statt an einen Ärieg ber SBal^I l^alber gu ben- 
len, legte man je^t bielmel^r ben ®runb jur Beilegung biefer Sad^e. 
33aiem berfj)rad^, iDenn nur SBürtemberg Irieber in bie $änbe be^ 

1) S'Zoüjen l^icrübcr bei 9loirtmcI II, p. 298; e8 toarc »o^I gu toün* 
fd^cn, bog ber ©ertrag felbfl abgcbrudt tt>ürbe. 

2) Tellement que luy meme en personne a et6 contrainet d'aller 
devers rarcheveque de Treves et le comte Palatin. Lettre du chancelier 
du landgrave ä Langey. MS. Bethune 8616 f. 55. 

3) Sommes dejä pres de conduire le tout en effet. Cassel 9. Mars. 
MS. Bethune 8493. 

4) ^ud bem ©erböre (&a^a\V§ unb (Sorftnt'dr bie man 1535 in Ungarn 
fcflgenommen unb inqnirirte. 3m S3rüffelcr Slrd^it). 



a)eutf^c -^Jolitif. 327 

angeftamntien $aufe^ fomme, bie äBal^l nid^t h>eiter anfed^ten ju 
toolten; l^ierauf bcrfj)tad^ett Stanbenburg, 6öln tinb ?ßfalj, bem Sanb^ 
grafen in feinem Untetnel^men nid^t entgegen ju fein. Srier berftanb 
fid^ fogar ju einer $ülfi8jal^lung *). 

3Bie fal& ftd^ Äönig fjerbinönb })töpd^ fo ganj ifolitt! 

SDer Äaifer hjar entfernt, ber Äönig bon granfreid^ feinbfeltg, 
ber 5Pa^ft, irie fid^ bafb nod^ naiver au^Wk^, l^öd^ft jtüeifell^aft. S)te 
alte geinbf eligfeit , iDeld^e ben f^toäbifd^en 33unb jufantmengel^alten, 
Wax öerlofd^en; ^ergog Ulrid^ beftättgte feierlid^ bie SSerfid^erungen 
be^ Sanbgrafen, ba^ bie ©täbte nid^t« t)on xf)m ju fürd^ten l^aben 
Würben. SBeber bie SBal^rberjjffid^tungen ber Gl^urfürften, nod^ bie 
religiöfen 3)ifferenjen h)oßten je^t ju feinen ©unften hjirfen.. 5Die 
(Setftlid^en h)aren fo gut gegen il^n, h)ie bie SßJeltlid^en*). 

3)enn ba^ ein alte^ beutfd^eig gürften^uö feinet ©rbtl^eifö fo 
gang unb gar berfuftig gelten foffte, fonnte bod^ toon feinem anbern 
gürften gebilligt toerben. 

SDie SBittenberger S^l^eologen, bie eignen Untertanen toarnten 
im Sanbgrafen: fte meinten, er ioerbe §effenlanb inö SSerberben 
bringen, ^aft fd^erjenb entgegnete er: für bieömal loiH id^ @ud; 
nid^t öerberben: er Überfall bie Sage ber 3)inge beffer ate fte, unb 
fül^Ite fid^ feiner ©ad^e fidler. 

3lur mit gerbinanb, unb jtoar nur mit bejfen h)ürtembergifd^en 
Gräften l^atte er ju tl^un: benen fül^Ite er fid^ tool^I geload^fen. 

aSBäl^renb er felbft l^au^tfäd^Iid^ eine ftattlid^e Sleiterei um fid^ 
fammelte — bie SBaffe, burd^ toeld^e 5Rieberbeutfd^Ianb im fed^i^jel^n- 
ten S^^^^w"^^^* ^^^ übrigen Europa überlegen toar — , auS $Pom= 
mem unb SWerflenburg, SSraunfd^toeig unb ®id^igfelb, ben toeftj)l^äli- 
fd^en Siigtl^ümem unb ben cölnifd^en ©tift^Ianben, beren Äem feine 
eignen l^efjifd^en Safatten bilbeten, ol^ne 3h>eifel bie Sel^ngmannfd^aft, 
bie bamal« in S)eutfd^Ianb am ^ufigften aufgeboten toarb unb bieig« 
mal nid^t fel^r gern fjolge leiftete, brad^te ®raf SDBill^elm bon fjürften- 
berg am Dberrl^ein unb im 6lfa^, too bie beften SanbSlned^te ben 
SBinter über auf ben Äriegöruf gekartet, nid^t ol^ne §ülfe ber ©tabt 
Strasburg, 24 gäl^nlein ju %\i^ jufammen. ®ie Bereinigung beiber 



1) @d^reiben «ß^iti^^)« bei @tum^f 9(n^. nr. 14. S3gt. ein anbere« 
feiner k^äfxtiUn on Dr. da, beffen @tmn^f im Ztp p. 153 gebenft, 

2) ©olfgang ©ranbner ^atte fd^on im 3uU 1533 bie ©ad^c bem ÄiJnig 
jiemtid^ rid^tig bargeflettt. ©ud^olft IX, 76. 



328 @ed^«ted $u(^. ■ eiebented (iapM. 

Raufen gcfd^al^ ju 5ßfuhgftabt am Dbentoalb. 35ienftag, ben 5. 9Jlai, 
traf bte SRad^rid^t ein, ba^ aud^ ber gfeinb eine ftattlid^e üJlad^t in 
Stuttgart gufammengebrad^t l^abe unb ftd^ ol^ne S^eifel in offenem 
Selbe entgegenfteffen h)erbe. Slßei^ loat freubig unb Iamj)fbegieri0. 
aWitthJod^, ben 6., glcid^ nad^ SRittemad^t, brad^ man auf. 3)cr 
Sanbgraf ju $fetb, felbft feinen 9lennf})ie^ in ber §anb, nmftertc 
bie 2^ru))j)en. 3Soran jogen bie SBageh mit 3Kunition unb Seben^- 
mitteln, bon fed^Staufcnb Säuern gefül^rt, atte« felbft ftreitbaren 
Seutcn. 3)ann folgte ba« 3lennfäl^nlein, l^ierauf bag ®efd^ü$, bar- 
nad^ bie gro^e ©d^toabron ber gejjanjerten Sleiter unter ber ^avilpi- 
fal^ne, loeld^e ber ßrbmarfd^att bon Reffen trug; l^ierauf bie gu^- 
böifer, fotool^I bie, loeld^e ber Sanbgraf mitgebrad^t, al§ bie ober* 
länbifd^en, ju benen nod^ ber ®raf ®eorg Don SBürtemberg eine 
nid^t unbebeutenbe SSerftärlung flogen lie^. Q^ toaren ungefäl^r 
20000 $!Kann ju %\x^, 4000 ju 5ßferb, ein $ecr> itoar bei toettem 
nid^t ba^ größte, ba« man in biefen 3^*^ gefeiten / bod^ für einen 
einzelnen 3leid^i8fürften, ber bem Stange nad^ nid^t einmal jur erften 
ßlaffe gel^örte, über ©rtoarten jal^Ireid^ unb babei trefflid^ au^gc^ 
ruftet, mit äffen Ärieg^bebtirfniffcn auf baö befte öerfel^en. SRan 
l^atte fid^ angelegen fein laffen, befonberS et)angelifd^«geftnnte 5litts 
meifter unb ^anptlmU ju toerben: bei ben ©emeinen l^errfd^te biefe 
©efmnung ol^nel^in bor. ©ig toar ba« erfte §eer reIigiöig'})ontifd^cr, 
euroj)äifd^»beutfd^er Dj)J)ofition gegen ba$ §au$ Deftreid^, ba§ im 
JJelbe erfd^ien. 

2)em gegenüber l^atte fid^ nun aud^ bie öftreid^ifd^^iDürtem: 
bergifd^e Slegierung gerüftet. 2)te 'Stann^' unb ^auenf (öfter, Stifte, 
3luralca})itel l^atten Seil^ülfe geleiftet, bie Stäbte eine Ärieg^ftcuer 
gejal^It. Sie alten Äriegigbefel^Iiger au^ ben italienifd^en Scibjügen, 
6urt bon * SBemmelberg , 6a!8|)ar ^runböberg, 9Jlarj bon ßberftein, 
S^l^ami^*), genannt §emftebe, l^atten SanbSfned^te ^ufammengebrad^t; 
nod^ einmal l^ören toir bie ©egner §effen^ au§ bem Sidfingenfd^en 
Äriege nennen: $ild^ bon Sord^, bie Söl^ne Siiingen^, 3)ietric§ 
S})ät. 2)er Äönig felbft erfd^ien nid^t. Seine Steffe bertrat ber 
Stattl^alter bon SBürtemberg, ber bei ber 33ertl^eibigung bon SBicn 
fid^ einen 9?amen ertoorben, ^ßl^ilij)}) bon ber 5ßfalj. Dblbol[>I bie 
Xxnppm an 3^1^! bem Sanbgrafen nid^t getoad^fen toaren — fte 
mod^ten 10000 2Kann gäl^Ien, mit ßinfd^Iu^ einer 2lnjal^I bon Söl^= 

1) 3fl c^nt Sttjctfcl ber uon Z\^M^ in bem ?ieb Ui §e^b : @(i^(a(^t 
t>cn kaufen. * @. 88. 



fricgegug Janbgraf ^i^iüpp^ 1534. ©d^Iad^t bei kaufen. 329 

mm — , fo i^atlen fie bod^ 3R\iti) genug, il^n auf feinem SSBege, bei 
Saufen am 3teiax, im offenen gelb ju ertoarten. 3tid^t einmal ben 
Uebergang über ben gfu^ trugen fie ©orge il^m ^u erfd^tüeren. 

2)aö erfte B^f^mmentreffen fanb am 12. ÜMai ftatt. 35ie Äönig« 
lid^en l^ielten ben SKngriff, ber auf fie gefal^, giemlid^ gut aud. 2lber 
fte f)aam nxd)t aKein bag Unglüdf, ba^ il^r Stnfül^rer, ber Sanbgraf, 
bertounbet lourbe, fonbem ei8 enttoidfelte fid^ aud^ eine fo entfd^ie^ 
bene Uebetlegenl^eit be^ Sanbgtafen, ba^ ftc erfannten, fie hjütben 
i^n, ipie fte toaren, l^ier am Drt nid^t beftel^en Mnnen. SRod^ in 
ber 3iai)t hxai) 2)ietrid^ ®pät auf, um mel^r Sleiterei ju Idolen. 
2)a^ J^eer felbft fud^te beö anbern S^age^, am 13., frül^ am 9Jlorgen, 
eine feftere ©tettung ju gewinnen. 

©ottte il^nen aber ber feurige Sanbgraf bieiS geftatten? 3n 
biefem ä(ugenblidf iDar aud^ er fd^on in 93en)egung. Xnxä) leine 
SSibcrrebe lie^ er fid^ abl^alten, er fal^ tool^I, toeld^ ein 3Sort^ei( e^ 
für il^n h)ar, mit feiner Ueberjal^I an SReiterei unb feinem guten 
®cfd^ü$ ben geinb fo im SRoment be^ 2lufbrud^ö 'anzufallen, ©o 
iöarm einft bie ftreitbaren Raufen ber Sauern befiegt toorben. 3)ag 
öftreid^ifd^e $eer l^atte jtoar geübte Sanbigfned^te, tajjfere 2lnfül^rer, 
aber ber 3RangeI an $Pferben brad^te e^ in biefelbe mi^Iid^e Sage, 
bie jene Sauern ^u beftel^en gel^abt. 3)urd^ einen SWeiterangriff in 
ber glanfe l^ielt Sanbgraf ^ßl^ilij))} bie Slbjiel^enben an einem SSBeim 
garten fo lange auf, bi^ fein ®efd^ü§ l^erangefommen. ®r eilte 
bann jurüdf, um aud^ bie gu^öölfer jum entfd^eibenben Slnlauf l^erbei 
^ufüi^ren. Slber el^e biefe nod^ angelangt, batten 3leiterei unb ®e 
fd^ü^ fd^on fo gut gufammengetoirft, ba^ ber JJeinb in öotte Unorb 
nung geriet!^ unb über bie ©teige Sibembad^ jurüdEtoid^. 2)ie toeni 
gen Sleiter, bie tx nod^ l^atte, nal^men il^ren SBeg nad; bem Slöjjerg 
ba? fJu^boH loarb auöeinanbergef^jrengt; 3SieIe fanben im 3iedfar 
i^ren ^^ob^). 2)er Sanbgraf tounberte ftd^ felbft, ba^ fo naml^afte 
Snfül^rer fo loenig ©tanb gel^alten. 

1) Sf^euc 3«itung tocn beö iPanbgrafcn Bon Reffen Ärieg^l^anblung, bei 
$)orttebcr I; ©. III, c. 12, ijl bcä) lieber anfd^auUd^, nod^ aud^ gutoerlSffig, 
be(onbcrg in ber äeitred^nung. 25ie fid^erfic SluShinft gctoä^rt ba« ©(^reiben 
$Hli^^d an feine mt^t bei Stommel II, 319. "Slodi) unbraud^barer al9 bie 
5'Jeuc Leitung fmb aber bie anbern ©erid&te. Soöiu« lägt ben ^falggrafcn 
am 2^age ber ©d^Iad^t felbjl toertounbet hjerben, toa^rfd^einlid^ bloß beö (Sffect« 
»egen (Hb. 32, p. 128). Sf^icolauö Slöcte^iu« 33atbatu« legt ®en)id^t barauf, 
bog ber !?anbgraf ton $effen angegriffen „ea manu quae hostium numero 
vix responderet" : natürlid^ fonnte er nid^t mit aßen feinen S^ru^ipen juglei(i^ 
öngrcifen, büd^ »ar feine Uebermad^t cntfd^ieben. !^e§tingcr mad^t eine ganj 



L_ 



330 @cc^«te« ^nd^. Siebente« dapittU 

@m ©d^Iad^ttag ift in ber Siegel auä) be^l^alB merfitjütbig, toeil 
ba bte gefantmten 39Zomcnte bct innem ©nttoidfelung gufantmengr«^ 
fen unb fid^ gegeneinanber üerfud^en. Sanbgraf ^i^ili})^ l^otte bte 
glütflid^fte ßombination ber euto})äifc^en aSerJ^öItniffc, bte gel[>eime 
ober offene Swptnttnung Uon ganj 3)eutfd^Ianb, bte religiöfen ©^m- 
|)atl^ien.für fid^; gerbtnanb toar auf fici^ attein angeh[>tefen, bcrfod^t 
nur ein jloetfell^aftejg JRed^t unb unj)0j)uläre Sbeen, er blieb in bent 
fianbe, ba^ er befa^, ber ©d^toäd^ere. 

2)tefer ©d^Iad^ttag berbient nun aber aud^ feiner folgen toegen 
aße Slufmerlfamfeit. @r entfd^ieb über ba^ ©d^itffal eineig ber loid^^ 
ttgften' beutfd^en gürftentl^ümer. Xa^ Sanb fiel ol^ne SBeitere^ bett 
Siegern anl^eint. ^erjog lUrid^ erfd^ien nad^ fo langer Stbloefeni^eit 
toieber; nat^bem er ben 2^übinger 3?ertrag beftatigt i^atte, l^ulbigte 
il^m bie Sürgerfd^aft feiner §auj)tftabt ©tuttgart auf einer ®iefe 
an ber ©tra^e nad^ ßanftabt; il^rent S3eif^)iele folgten bie übrigen 
©täbte unb Stemter. ^uä) bie ©d^Iöffer l^ielten fid^ nid^t für gerbt- 
nanb. (gntloeber toaren bie Sefel^lSl^aber in il^rem §erjen bem jurüdf- 
fel^renben Sanbe^fürften gebogen, ober fie fürd^teten für il^re (Süter, 
bie ben ©iegem bereite in bie §änbe gefallen loar^n, ober jte iDur- 
ben mit ©eloalt genötl^igt. Slud^ ber Sl^Jjerg ergab fid^ am 2. ^ml 

©0 loarb SSBürtemberg toieber loürtembergifd^. §^Jog Ulrid^ 
Voar t)on feinen ©egnern tool^l mit bem ©}3ottnamen „ber Sefen- 
mad^er" belegt loorben: man fd^erjte je^t bon ber anbem ©eite, nun 
fei er gefommen, um bie ©|)inneh:)eben im Sanbe au^jufegen. 3Rit 
greuben fal^ man ba§ Sögerl^om loieber, nad^ bem man.fid^ fo lange 
gefeij^nt; bie Sieber ^)reifen ba^ ®lürf be^S Sanbe^, ba^ il^m fein an- 
gebomer gürft toieber überantwortet fei. 5ßolitifd^ Wax e§ ein großer 
ßrfolg, ba^ ein ^ürft, in h)eld^em bie Dj)J)ofitton gegen Deftreid^ 
burd^ aHe^, n>a§ borangegangen, nun erft re^t geftetgert loorben, in 
ber 9)litte öon Dberbeutfd^lanb auftrat. 6^ lonnte bei feiner k- 
lannten (Sefinnung tool^l bon Slnfang an feine «Jrage fein, toeld^e 
Haltung er aud^ in religiöfer ^inftd^t nel^men loürbe*). 

ungefäl^re ^efd^reibung : t}on equitum fremitus, armorum crepitus strepi- 
tusque, koad )u gar nici^td fül^rt. 3n ber fleißigen äl^OHogra^l^te bon $ebb 
„2)ic ©c^tacj^t öon teufen '\ ©tuttgart 1834, ftnbtt fid^ nod^ bad gragment 
etned anbem ©einreibend t>on $^t(t:p:^, bad mit bem erfien überetnfiimmt^ unb 
eine red^t gute ©teile ©abelfofcr« («eil. III, V), bie ba« Obige betätigen; 
ncbfl einigen frifd^en ?anböfned^«(icbern, hit fcl^r toillfommen fmb, 

1) $(ud einer gel^eimen CEommiffton f^erbinanbd an ben (Sr^bifd^of t)on 
Slunben ergiebt fui^, bag er ben flärfften SJerbad^t gegen ben ^a^fl felbfl ge* 



(gc^Iad^t bei Saufen. 331 

aRerftoürbig aber, tote ftd^ 5ßaJ)ft ßremenö VII l^iebei betrug. 
Set ©efanbte Äönig gerbinanbö erfud^te i^n im Auftrag feinet 
^txxn um 33ei]^ülfe in einer fo großen Oefal^r, bie aud^ für bie 
^ird^e fotoie für Stauen überouö brol^enb Serben lönne. SBirllid^ 
braute ber $a))ft bie Slngelegenl^eit im näd^ften ßonfiftorium jur 
Qpxaä)r, er toieberl^olte bie SBorte beö ©efanbten, fteigerte felbft 
feine Sluöbrüdfe; über bie §ülfe aber, bie bem Äönig ju leiften fei, 
tnad^te er nid^t einmal einen 3Sorfd^Iag. hierauf lief ein ©d^reiben 
gerbinanbig an ben ^ap\t felbft ein: hod^ einmal toarb bie ©ad^c 
im ßonpftorium ):)orgenomm^n. 3l6er ber 5Pa^ft toäl^lte biefen Slugen- 
Blicf, um gugleid^ bie gorberungen be^ Äaiferig in S3ejug auf ba^ 
ßoncilium, bie ber ßurie fo l^öd^Iid^ öerij^a^t toaren, in Stnregung 
3U bringen: bie S^Ige h)ar; ba^ man bie ^ülf^gelber aufjäl^Ite, bie 
bem Äaifer unb bem Äönig fd^on getoäl^rt Sorben, ben nenen 2(n- 
trag aber ju toeiterer SBeratl^ung einer Kongregation übertoie^. 33er 
$a))ft fagte, ber Sönig liege an einer Äranfl^eit bamieber, in ber 
ibm feine leidste ärgnei, nid^t etloa ein B\)xup, fonbem nur ein 
ftarfe^ Heilmittel nüiim fönne. SDemgemä^ entfd^ieb bie ßongre- 
gation: ba man nid^t im Staube fei, bem Sönig eine bebeutenbe 
Subfibie ju geloäij^ren, fo fei e^ beffer, il^m gar leine ju bewilligen. 
3um 3Serbru^ be^ ©efanbten toar bie 9tad^rid^t eingelaufen, ba^ 
ber Sanbgraf bei feinem Eintritt inö £anb nid^tö gegen bie Äird^en 
tl^ue. 2)er 5ßaj)ft erflärte l^ierauf, bie ©ad^e fei ein 5ßrit)atfrieg, auf 
ben er fid^ nid^t einlaffen tooHe; follten aber bie ^einbe bie Äird^e 
beleibigen, bann toerbe er baran bcnfen, ^ülfi^gelber ju jal^len. S)er 
©efanbte bemerlte mit aller Sebl^aftigfeit, bie feine ©i^rerbietung ge- 
ftattete, toie biel an ber ©ad^e liege, toie tl^euer fte bem römifd^en 
©tul^le gu ftel^en fommen fönne, ja felbft ber ©tabt SRom unb ganj 
Italien. 3(ber aud^ ber $a)3ft toarb lebl^aft unb beinal^e jomig; 
er fragte, h>o benn ber Äaifer fei, loarum er nid^t fjürforge getra^ 
gen: er, ber ^aj)ft, l^abe il^n ja längft fd^on auf bie Setoegung, bie 
t)on bem Sanbgrafen ju ertoarteij fei, aufmerffam gemad^t *). ©enug, 

fa^t l^atte. Toda esta maliciose pratica procede del Rey de Francia y 
fle Inglaterra (unb in ber Xf^at ^>at fi^ gefunbcn, baß $cinri(i^ VIII einen 
^^eil ber Sofien trug) — plegue a dios, que no proceda de ordinacion. 
del papa. Per esta via los dichos Papa y reyes aseguran sus reynos 
y senorios y los Aleifianes entre si se romperän la cabeza. 2)öllinger9 
»eiträge I, ii. 

1) ©crid^t beö Wnigl. ®efonbten @and^ej an gerbinanb 15. 3um 1534 
(3uli ifl tool^l ein et^reibfe^er) bei «ud^ol^ IX, 247. Söobei mir nur auf- 



332 ©e^ötc« «ud^. (Siebente« dapxttU 

ber ?5a^)ft foax ju feiner %i)e\lndf)tm ju bringen, nid^t ber geringften. 
6r iDoffte crft öon bem Siuin ber Äird^e l^ören, el^c er ettt)a§ ba- 
gegen tl^ue; junäd^ft fal^ er bie ©ad^e lebiglid^ öom J)ontif(l^en 
©tanbjjunft an. 35ie beutfd^en fJM*^*^/ h)i^ ^^iOQ ®eorg öon 
©ad^fen, mad^ten bem 5ßaJ)ft Sortoürfe, ba^ er mit bem Äönig ein- 
berftanben fei, 3)eutfc^lanb in Unrul^e ju Italien, nur um nid^t ^um 
(Soncil fd^reiten ^u muffen^). 

2)iefe Sage ber 35inge fd^ien nun aKerbingö bem Äönig bon 
granfreid^ bie gro^artigfte 2luöfid^t ju eröffnen. 

3lm 18. 3uni ftanben bie ©ieger gu 2Iaugenborf an ber öftrrid^i- 
fd^en ©renje: „3Beine greunbe", fagte %xani I, „f)aben SBürtemberg 
erobert, nur mel^r! toeiter!" ^nbeffen toar aud^ SSarbaroffa in 6ee 
erfd^ienen, l^alte bie nea})oIitanifd^e Äüfte toeit unb breit ge})lünbctt 
unb fid^ bann auf 2^unig gcftürjt, ba« in feine $änbe fiel, ßr 
nal^m, toie toir toeiter berid^ten toerben, eine für ©})anien überaus 
brol^enbe ©tettung bafelbft an. ^ranj I meinte, ba^ ber Äaifer 
unter fo mannid^faltiger ©efal^r feineö §aufeö il^m nad^geben toerbe. 

faffenb \% bag ^ud^ot^ bamit meine ^nna^me, ber $a^fi ^abe um bie ^af 
fener^ebung bed !?anbgrafen im Sorau« getougt, gu koiberlegen meint. @r 
l^at aUed, toa9 ber $a^|i bem ^untiud gu feiner ^erul^igung greunbücleä 
fogte, unterflrid^en, glcid^ a(ö ob ba« SWinbefte barauf anfomme, unb nitjt 
öielmebr ber ©iftorifer nur nad^ bem SJerfa^ren gu urtlfieiten l^abe. Scner 
@and;eg njar aber in ber Zf)at nid^t fo bcöot, tcit unfer SBud^oI^. (5r ergä^ft 
feinem ©errn ben* ® erlauf ber 2)inge „ut melius M* V™ istorum mentes 
et cogitatus intelligat, quibus thecnys parent isti rem longius difPerre". 
(Sr bat S3erbad&t: suborta mibi fuit suspectio, S^*"* S. non satis efficaci 
fervore procedere; er gerätb über bie %n^fliiä)ttf bie man maä^t, in ^m': 
dolore et indignatione quadam accensus replicui cum tamen reyereotia 
debita; unb übergeugt ftd^ am @nbe, bag nic^t« gefci^e^en iDerbe: opinor 
Papam daturum nobis bona verba. ^enn id^ übrigen« f^ithti nod^ eine 
^ermutbung magen barf, fo n>äre e« bie, bag ^önig grang toirflid^ bem $a)}ji 
ba« Sort gegeben f^'dtttf bag bie Unternebmung be« Sanbgrafen feine Hx^' 
lid^en t^i^^d^n nad^ ftd^ gieben follte; xo'xt ba« in ben Briten be« breigigja^' 
rigen Kriege« immer bie ©ebingung ber Könige öon granfreid^ bei ber Unter* 
ftü^ung ber ^rotefJantcn n^ar. Sag eine fold^e 35erfid^erung nid^t gehalten 
* Jrerben fonnte, lag jebot^ befonber« M bem Sifer jener erflen Briten ouc^ 
am 2^age. 

1) L'empereur au comte de Nassau 29. Aoüt: Papiers d^6tat du 
C Granvelle U, 171: Se sont indignez les 61ecteurs, princes et aultres... 
k l'occasion de la responce falte par le dnc Georges de Saxen au sunce 
du pape, lä oü il le touche (le roi) grandement avec ledit st. pfere de 
non chercher autre chose que d'entretenir ladite Gennanye en trouble, 
et s'entendre avec ledit st. p^re pour empescher le consille. 



gransöpWe Wdnt. - 333 

@r forbertc @enua, SDlontferrat, unb auf bcr ©teile toenigften^ einen 
Sll^eil Don 51KaiIanb ^). 35ie ^piäne auf UrBino regten ftd^. 

3« 2)eutfd^Ianb fd^ien ein ^euer angejünbet ju ,fein, toeld^eig 
nid^t fo leidet toieber gelöfd^t tüerben lonnte. 

©0 toie ber Äaifer SRad^rid^t erl^ielt, fd^idEte er auf ber ©tette 
einen ©efanbten mit nid^t unbebeutenben ©elbmitteln ab, um ein 
§cer in§ ^elb gu bringen unb ben Sanbgrafen ju ftrafen*), SRid^tö 
l^ätte ber 3lbftd^t feiner fjeinbe beffer entf})red^en lönnen. 

3[n 33eutfd(>Ianb aber toar man bod^ tüeber toon ber einen, nod^ 
bon ber anbem ©eite geneigt, bie ©ad^e fo toeit fommen ju laffen, 

Sie angreif enben dürften fül^Iten ftd^ nid^t im ©tanbe, ben 
Ärieg lange l^injujiel^en. Sfm h>enigften tooHten fte ftd^ für ein frem- 
be^ Sntereffe fd^Iagen. 

§atte granj I bie beutfd^en geinbfeligfeiten für ftd^ ju benu^en 
gebadet, fo loar e« aud^ il^re Slbfid^t gen)efen, mit franjöfifd^er ^ülfe 
^utn 3^^* i^ fommen: nid^t^ toeiter. 

Slllerbingg h>ar in bem SJertrag toegen ber SBal^Ifad^e au^- 
getnad^t, ba^ fein 2^l^eil ol^ne ben anbem ^rieben fd^lie^en bürfe: 
aber, toie ^Pl^ili})^) bon Reffen erinnerte, biefer Srieg toar gar 
nid^t jum SluiBbrud^ gefommen^). 9lod^ el^e er ju ben SBäaffen 
griff, ^atte er bem t)orgebaut. Sie §erjoge Don S3aiern flauen 
fid^ ftiff berl^alten: unbenu^t lag ba^ franjöfifd^e 2)et)ofitum in 
i^ren Äoffem. 

S)ie ganje ?5rage toar, ob Äönig gerbinanb fid^ entfd^Iie^en 
lönne, SEBürtemberg aufjugeben. ^ 

Slber aud^ für biefen loar bie Sage ber SDinge l^öd^ft bebenflid^. 
Sollte er, um baö einmal SSerlome ioieberjuerobem, aUe^ in ©efal^r 
fe^en, ioag er mit befferm unb unjtoeifell^aftem Siedete befa^? Wart 
erinnerte il^n, toenn er nid^t in ein paax ^Cagen fd^Iagfertig fei, toerbe 
er aHeö gefäl^rben. ©eine dl'dti}e SHogenborf, §ofmann unb ber 
Sifd^of öon 2^rient, bereinigten ftd^ ju bem Qintad)Un, bafe er fid^ 
entf(^lie^en möge, auf SBürtemberg SSerjid^t ju leiften. 

1) aWan fielet baö au8 ber Snflruction bc8 Ädfcrö für ben ©rafcn ijon 
i«affau 12. Sluguji 1534, ttjeld^e ö. SÄaumcr (»riefe au8 $ari8 I, 262) ej* 
itxpixt l^at; feitbem in ben Pap. d'6tat du C* Granvelle gebrudtt, II, 15. 

2) 2öir l^aBen l^icrüber einen auöfül^rUd^en S3crid^t beö S3i[<^of« toon 
Sunben, ber an ben rl^einifd^en $öfen l^tn* unb l^erjog, um bicfc ©ad^e in« 
SBcrf an fefeen, Dom 1. Stugufl 1834 im «r. %xä}i\>. 

3) „aacbictocü man ber tcaU fad^cn l^alBcn nid^t friget". Snflruction 
^^ili|):|>« für feine ©cfanbtcn an ben Äönig, bei dtommtl III, 65. 



334 ©ed^etc« «uc^. Siebente« Ca^itcl. 

©d^on U)at um bicfer unb anberer 2)ingc iDißcn eine SSerfamm- 
lung beutfd^er (dürften in ännaberg eröffnet. 

Um Jjerfönlid^ an ben UnterJ^anblungen 2^l^eil nel^men ju fön= 
nm, begab fid^ Äönig ^etbinanb felbft in bie 9läl^e, naä) 6abau, 
einem Meinen Drte jtoif d^en Saai^ unb STnnaberg. 

2)aju jh)ar berftanb er fid^ nid^t, SBüftemberg ganj unb gar 
aufzugeben: benn auf baig feierlid^fte, bei berfammeltem Sleid^^tag, 
fei er bamit belel^nt iDorben, fein Sruber l^abe felbft bie ^^l^ne an- 
gefaßt: er lönne unb tooffe fid^ biefe ©ered^tigleit nid^t entreiBen 
laffen. 3lttein er toittigte ein, baß $erjog Ufrid^ SBürtemberg al^ 
ein äfterlel^n öon Deftreid^, jebod^ mit (Si$ unb Stimme im Seiche, 
befi^en fotte *). 3)amit toar Sanbgraf ^l^ilij)j), am 6nbe aud^ §er= 
gog Ulrid^ aufrieben. 

35agegen erflärte fid^ nun aud^ ber Gl^urfürft bon Sad^fen be* 
reit, ^erbinanb aU römifd^en Äönig anjuerfennen. 6r geftanb barum 
nid^t JU, baß er Unred^t getl^an l^abe, er forberte bielmel^r einen 
Bufa^artifel jur golbenen 93utte mit fold^en Seftimmungen für fünf- 
tige SäHe, baß fein SSerfal^ren im gegenlDärtigen im ©runbe gut^ 
gel^eißen toarb*). StHein biefer SBorbel^alt l^inberte il^n nid^t, ft* 
bod^ fd^on am 27. S^ni nad^ ßaban gu begeben unb feinem bi^- 
l^erigen ©egner alle einem römifd^en Könige julommenbe 6l^re ju 
ertoeifen. 2(ud^ feine Slnl^änger, benen fein SBiberf^rud^ allein einen 
legalen ®runb jur 3?erh)eigerung ber Dbebienj gegeben, l^ätten bic^ 
felbe nun nid^t länger öerfagen fönnen. 3?ad^ unb nad^ fügte 
fid^ atteig. 

©0 ^bm f)aiU ber ©efanbte Äaifer ßarlig feine Unterl^anblungen 
toiber ben Sanbgrafen am SRI^ein begonnen, alö biefe Stad^rid^t ein- 
lief, unb er fie einftetten mußte. 

3nbem Äönig %xani täglid^ bon h)eitern eJ^inbfeligfeiten in 
S)eutfd^Ianb ju l^ören l^ofjie, toar fd^on ber griebe gefd^Ioffen. Son 
biefer ©eite toenigften^ burfte er toeiter nid^ti^ für bie italienifd^en 
33erl^ä(tniffe erwarten. 



1) ©einreiben Sorgen öon (Sarlottjife bei batikt III, Utf. p. 104. 

2) „!2)ad fünffttgUd^ , n>ann bei (eben ain« 9e6m. ^aiferd ober Bm^ 
ein ^tim. Sti^nxQ foH erloelt, aUt S^urfürflen aut)orfamen befci^atben tverben 
hat>on gu reben, ah urfacben gnugfam tor^anben unb bem dfeid^ fürtreglii^ 
fei? oinen SRöm. Äönig — gu ertoel^ten unb toann fle fid^ be« öcrainigt, ba« 
alöbann unb nid^t el^er bie (El^urfürflen gur föniglid^cn ^atff erfcrbet »erben". 
5Woingtf(ä^ Mäc^fifc^c« «ebenfcn ibid. p. 101. 



gricbc ton Saban. 335 

Sielmel^r jeigtc fid^, ba^ ha^ Unternel^mm beö Sanbgrafcn, ju 
iDeld^em e^ nur bermöge einer euroJ)äifci^en GomMnation gefommen, 
büd^ junäd^ft feine Slürftoirfung auf bie attgemeincn SJeri^ältniffe 
^aben toerbe; feine ^Jo^Ö^** toaren auf bie beutfd^en ©renjen bc- 
fc^ränft; l^ier aber feine^toeö^, tote man erwartet, (ebiglid^ ^jolitifd^, 
fonbcrn jugleid^ öon l^ol^er Sebeutung für bie SReligion. 3lod^ einige 
anbere Stijjulationen tourben in Gaban getroffen, bie für ba^ Se^ 
fte^cn beö ^Proteftanti^muig für immer öon ber größten SBid^tigfeit 
getüorben jtnb, aber gu einem anbern Greife bon Greigniffen gelberen, 
ben \v\x nunmel^r betrad^ten. 



mu5 4mut. 
%ott\dfnit ber ^nl^enrefonnatton in ben ^ai^ttn 1532-34. 

6^ leud^tet ein, h)ie feij^r bag reformatorifd^e ^rincil) in ben 
©ebieten, h)0 eö in golge beg Seid^gfd^Iufleö bon 1526 bie §en= 
fd^aft erlangt l^atte, fd^on burd^ ein ßreigni^, toie ber Slümberger 
griebe toar, befeftigt unb entiüirfelt h)erben mu^te. 

3)ie 5ßroteftanten l^atten ftd^ bafelbft bie bifd^öffid^e Suti^biction 
nid^t iüieber aufbringen (äffen: burd^ bie 3wfage beö Äaiferig glaub- 
ten fie gegen bie 5{5roceffe be^S Äammergerid^t^ unb ntitl^in gegen 
hie jtöd^ften geinbfeligfeiten ber in bemfelben au^gef^rod^enen SJlebr- 
l^eit ber Sleid^^ftänbe gefid^ert ju fein. 

hierauf trug ber fäd^fifd^e Sanbtag, ber gegen ©nbe 1532 ju 
SBBeimar Derfammelt tüorben, fein 33ebenlen hjeiter, bie SOSieberauf- 
nal^me ber in ben 3^iten, too atteö fd^toanfte, natürlid^er SBeife unter- 
brod^enen aSifitation ber Äird^en ju genel^migen ^). 

9iun erft toarb bie SÖJeffe, bie fid^ nod^ an einigen ®teUm ge^ 
l^alten, bottenb^ überall aufgel^oben; bie Jjaar Älöfter, bie nod^ be- 
ftanben, auf bie ebangelifd^e Seigre angetoiefen; man Verbot il^nen, 
SRot)ijen aufjunel^men. Unter ftänbifd^er SWittoirlung toarb eine all- 
gemeine ©equeftration ber Äloftergüter angeorbnet. 2)ie ©tänbe 
beaBfid^tigten mit bem Ertrag einige ber bringenbjlen Sebürfnijfe 
be^ dffentlid^en ^an^i)alU^ gu erlebigen, namentlid^ bie Sanbe^- 
fd^ulben jü tilgen, h^ogu fie fo eUn überbie^ eine Steuer bewilligten. 
2Bie fie fid^ aber l^ierüber fel^r befd^eiben au^briidfen, fo ba^ fie fogar 

1) 5lu8aüge au8 ben SJifitationöactcn bei ©cdcnborf III, §. 25. Add. III. 
2)ic Snflruction i|l Dom 19. 2)ecembcr 1532. 



(Stnrt(^tungen in ben ebangeltfc^en Sänbern. 337 

eine SRtidfjal^lung, \ottin e^ notl^toenbig toerbe, in Sluöftd^t ftettten^), 
fo l^ob' her gürft faft nod^ eifriger bie SiotJ^toenbigfeit l^eri>or, ben 
urf^rünglid^en ^totd ber @tiftting im äluge )u bel^alten. S)a tarn 
e^ nun boraHem auf eine älu^Bftattung ber Pfarren an. 2>ie 3^ee 
toar anfangg, ba^ 'ftd^ bie Pfarren mit ben Meinen Stiftungen, 
Srüberfd^aften, ßalanbg, ©eelgerätl^en , unb too biefe unjureid^enb 
feien, mit neuen Slnlagen auf bie (Semeinben toürben auöfkatten 
(äffen. älKein ba^ jeigte fld^ gan} unau^fül^rbar. 9tamentUd^ erinnerte 
man bie ßJemeinben, Sürger unb S3auem fo gut h)ie ©belleute, nur 
bergebenö, toie biel il^nen frül^er 3Mejfeftiftunge« unb Sfbla^ gefoftet; 
jte anttoorteten: je^t feien anbre 3«i*^- ®^ mu^te bal^er ein guter 
Sl^eil ber Äloftergtiter, bie überbieig, iDenigften^ im Anfang, too man 
noä) gar mand^en 3Rönd^ }U berforgen unb eine foftf^ielige SCbmini- 
ftration einjurid^ten l^atte, feine befonbern Erträge abwarfen, für bie 
?$farren bertoenbet toerben*). 6^ ift faft unglaublid^, toie bemad^^ 
laffigt man fie fanb. Qnbefien mit ber 3^* gelangte man ivm 
3iele. „3Dlit großer ©orge, 3Rü]^e unb Strbeit", Derftd^ert Wl\)coniu^, 
felbft einer ber SSifitatoren, „fei bod^ erreid^t toorben, ba^ jebe Pfarre 
il^ren Seigrer unb il^r getoibmet 6in!ommen l^abe, jebe ©tabt il^re 
Sd^ulen unb h)a^ gur Äird^e gel^ßre^)". Die SSifttation erftredfte 
ftd^ je^t aud^ über bie reuffifd^en unb fd^toarjburgifd^en Sefi^ungen. 
Sei b«x ©eiftlid^en, bie man bafelbft fanb, jeigte fid^ Weniger SBiber^ 
fe|lid^feit, afe Üntoiffenl^eit unb ©ittenlofigfeit: man fonnte fie nid^t 
Bel^alten, fo gern fie geblieben^ toören: faft überall traten 3<^9K«9^ 
ber SBittenberger Sd^ule an il^e ©teile. S)iefe felbft, bie 3Retro= 
))o(e beö 5ßroteftanti^muiS, toarb je^t ein toenig beffer au^geftattet*). 

1) ,,3" ""« gürfircdung unb SMitl^üife, jcbod^ bergeflalt^ ba§ fDtcJ^« 
ber S^iotturft unb ©ctcgen^eit nad^ toicber ergängt ttjcrbc''. ?anbtag«toer^anb* 
lungen gu 3ena @r^arbi 1533. 

2) (gin «eistet fei bie ^J3farre gu Um^ferflebt. SDer SBefd^tug ber SJifi* 

tatorcn lautet: „Ä(0 tt>iv befunbcn, ba^ bie ^farl^e gu um^fcrftebt unb 

toigenborf gur unterl^altung eined ^farl^erd bafl gu toenig li^ett, fo l^alben mir 
terorbent, nad^bem ba« 2)orf Um^fcrftcbt bcm Cloftcr Okrtoe^mar an äffe 
mi^ttet unb e^gent^ümtid^ gugetl^an fe^n foff, ha9 einem iben Pfarrer gu Um:|>fer' 
f^ebt t>on gebadetes (Sloflerd . gu Obertoe^mar ©utern gugelegt unb gegeben 
toerben fcff eine« ^eben 3a^re« ein Slder ^olg famt bem (Slofler^olg gu 2)roflct, 
ein %dvc ober anbert^alb ungefä^rtid^ SBifemad^« gu 9ieuenborf unb ein Ijjatb 
toeimarifd^ maltet fornd bon ^bam 9toflen gu Weimar, bon beiben Dörfern 
bie 3)ecimation". 

3) 8et Somma^fd^ Narratio de Myconio p. 55. 

4) 3)ie gcfammten @in«lnfte betrugen 2811 ®u(ben 11 O^rofd^cn: fte 

to. Stanle'« aßetTe III. 22 



338 &t^iM «itd^ tld^te« Sa^ttcL 

ZHe alU Drbnung ber Singe in i^rem eignen Sonbe l^tte {te nun« 
mel^r boUfommen gef))rengt. ®ie felbft ftonb an ber @))i$e ber 
neuen Aird^e. Sie l^otte bie 2)octrin gefunben unb aufgefite&t, auf 
bie mcoi bereitig anfing bie Ißtebiger ju ber|)flid^ten *) ; bon ben geijl« 
lid^en Stitgliebem bet Uniberftt&t gingen bie Drbinationen au^. 

Unb biefed Softem hnirb nun oud^ faft unbetfinbett auf $ejfen 
öbetgetragen, too jener erfte @ntft)urf einer auf bie 3bee ber ®emeim 
gegrünbeten jtird^enberfaf(ung längft befeitigt toorben tuar. Sifitatio« 
nen tourben gel^alten: bie ^arrcn, tt)ie ber ganbgraf rül^mt, bcffer 
in ©tanb gefegt, al« fte jental« getoefen: ®ut)erintenbenten einge« 
fül^: bie gi>tte^bienft{id^en (Sinrid^tungen nad^ ber SBittenberget Sri 
unb SBeife getroffen. ®en bomel^ften Unterfd^ieb mad^te , ba^ bie 
Äird^e in Reffen Bei toeitem reid^er au^eftattet toar, ate in bem 
d^urfürftlid^en ^l^flringen unb @ad^fen. 3!)a]^er tonnte e^ bort ju 
einigen großen Stiftungen {ommen. ^ ^al^re 1532 tourben bie 
filöfter SSetter unb Häufungen mit @infünften, bie man einer Keinen 
®raffd^aft gleid^ gefd^ä^t l^at, }ur ^u^^tattunQ ablid^er f^raulein, im 
Saläre 1533 bie $äufer ^aina unb SRer^l^aufen, Balb barauf au(^ 
$ofl^eim unb Gironau ju Sanbedl^of))itäIem beftimmt. 2)er Uniberft- 
tat Harburg tourben nad^ unb tuiäf gel^n* ßlöfter aus bem obern 
unb niebem ^rftentl^ume gerabel^in eintjerleibt, unb t)on fünf an- 
bem ein Stntl^eil an ben ©inlünften getoäl^. 6in tl^eologifd^e^ 
Seminar toarb auf Seiträge bei^ f^rften uttb fämmtlid^er Sürger^ 
fd^aften beS Sanbeö gegrünbet*). 

3ln Stineburg ^aiUn jtd^ fonft bie S^^^^ictionen bon Sternen, 
Serben, SRagbeburg unb ^Ubedl^eim getl^eUt. 2)ie oberfte Su^er- 
intenbentur über alle biefe Sanber toar jje^t, nad^ Sefeitigung btefer 
gurisbictionen, bem Urbanuig Sll^egiug aufgetragen. 6r l^ielt eS für 
feine 5PfIid^t, in biefer mül^eboffen unb fetbft nid^t ganj gefaijrlofen 
Stellung )U t)erl^arren, aud^ aU man il^n toieber nad^ bem OBer- 
lanb berief, bon too er ftammte. 2Rit tl^ätigftem @ifer ftanb il^m 
fein Surft, §eQog @mft, genannt ber Selenner, jur Seite. SBir 
feigen il^n in Sßerfon mit feinem Sanjier unb einem ober bem anbem 
5ßrebiger in ben Älöftem erfd^einen unb bie Sad^e ber Sleform m- 
t)f eitlen: ol^ne alle Sd^toierigfeit traten bie' %^htc unb StiftSl^enen, 

tourben mit 1900 @. toermel^tt. Sut^er lEK^te bt9 bal^in 200 <^. t^efer&mtd 
Qiffaht: er Mam nunmehr 300 ®. 

1) ^naipp Narratio de lusto lona p. 17. 

2) (g^cer^tc au« ben bieten bei 9?ommcI I, jx. 191 unb b. 9?ote. 






8(i^miengreiten ia $m{ic^t (»er 9erfaffung. 339 

nad^ einigem 393iberfb:eben aud^ bie $riorinnen mit il^ren Spönnen 
jur et^angelifd^en Seigre übet. 3^^^^" i^atten bie Stifter ein gleid^eiS 
3nteref[e mit bem ^erjog, g. S. in Satbetoif, tva^ ber Srjbifd^of 
l^on äSremen mit Sterben Dereinigen tooKte. älUmäl^lig tt^urben bie 
fäd^ftfd^en f^ormen l^ier tpie in Reffen Dorl^errfd^nb; aUe 3<t^^^ ^^^^ 
eine Äird^enbifitation gel^altei^'). 

ättd^ in bem fränfifd^en Sranbenburg ful^r man fort, bie Älöftcr 
fürftlid^er SJertoaltung gu unterwerfen. 3loi) gab eö jebod^ an l>ielen 
Orten SKönd^e; jutoeilen "f^attm fte gfrauen genommen; l^ie unb ba 
^atte bie« ber Äbt felbft getl^an«). 5Reue SCebte unb Stebtifftnnen 
burften jebod^ nid^t mel^r getoäl^It Serben: l^öd^ften« SSertoalterinnen 
finben toir nod^ eintreten, h)ie S)orotl^ea bon ^irfd^l^arb in bem 
Srouleinfttft 85irfenfelb. S« ioarb eine Äammerorbnung ' enth)orfen, 
nodji toetd^er ber Ucberfd^u^ ber Äloftertertoaltung ju einer ©efammt« 
faffe, einem 3Sorratl^ aufgefj)art toerben fottte für irgenb einen %aU 
ber 3ltif), in toeld^e ba« gange ^ürftentl^um gerati^en bürfte. SHle« 
aber, loa« öon anbem Stiftungen unb gur (griebigung lommenben 
^frönben auffomme, fottte jum Unterl^alt ber Pfarren unb Sd^ulen 
bienen. 3lm Qal^re 1533 toarb eine Äird^enorbnung entworfen, ge^ 
meinfd^aftßd^ mit 9lümbfrg, nad^ loeld^er Äird^en unb illöfter fid^ 
richten foQten'). 

SHe« loar nod^ im SDäerben, nod^ giemlid^ formio« : an eine be- 
feftigte Äird^enberfafl[ung toar nod^ nid^t ju benfen. SRur fo biel 
fe^en toir, ba^ ba« ^rincij) be« hjeltlid^en ©tanbe« überJ^aujjt einen 
großen SSortl^eil über bie geiftlid^e Seite babontrug. 

6in 2:i^eil ber geiftli(^en ©infünfte fam entloeber bem dürften, 
ober bem 2lbel, ober aud^ ben St&bten, ober ber ©efammtl^eit be« 
fianbe« ju ®ute. Ueberatt trat eine ®eiftlid^!eit, bie il^re Stettung 
unb SSebeutung ben Stnprengungen unb bem 6ifer ber fürftKd^en 
©etoalt berbanfte, an bie Stette einer anbem, beren SRed^t ftd^ Ijon 
ber bifd^öflid^en Slutorifation l^erfd^rieb. 

SBie toenig pd^ aber ber ioeltlid^e Stanb aud^ biefer neuen 



1) ^i^reiben be« Urbannd ^{^cgiud an bie ^ugd))urger 14. 3uli 1535 
bei ödd^ XVII, 2507; ögl. ©d^legcl U, 51. 95. 211. Urbonu« »^egiu« 
Wt ben ©runbfat^ Auf: toeil ber (SIerud fo gut tote bie Saien ber toetttic^en 
3urifibiction untertoorfcn feien, fo feien üü(S} feine ®üter ber ofcrigfeitlici^eii 
©ctoalt möft entgegen. S^gl. §eimbürger Urfcanuö 9i{>cgiu8 156. 

2) «erif^t M (£.orneau6 @ttenift8 p. 498. 

3) Üang U, 42. 

22» 



340 ^ec^dte« ^uc^. %^tt^ (EapittU 

©eiftlid^fcit gu untethjerfcn geneigt toat, babon jeugt unter anberm 
jene nürn6ergifd^=branben6urgifd^e Äird^enorbnung. 

Sie ©eiftfid^en toünfd^ten l^ier bie Sffiiebereinfül^tung be« Äirii^en^ 
bannet: bie nümbergifd^en trugen fömtlid^ barauf an; bie branben^ 
burgifd^en ti>aren t^enigften^ nid^t bagegen, in il^rem ®utad^ten füllten 
fte öielme^r Orünbe für ben SRu^en »efe« Snftitut« auf. allein fte 
fonnten nid^t burd^bringen. 3)ie äBeltlid^en toollten ftd^ biefem S^an^ 
nid^t toieber untertoerfen. Sei ber ^ubtication ber Äird^enorbnung 
toarb ber ^axaQxap\) toeggelaflen, ber babon l^anbclt*). 

SEBar man bod^ aud^ in SBittenberg felbft nid^t bafür! Sut^et 
fanb*), ju bem öffentlid^en Sann toerbe eine t)orl^ergel^enbe Untet= 
fud^ung, unb l^emad^ aUgenteine ^Reibung be« ©ebannten gelberen : 
jened laffe fid^ nid^t iDol^l einrid^ten, biefed n>erbe namentlid^ in 
großen ©täbten 38erh)irrung öeranlaffen. ®r fal^ tool^I ein, ba^ bie 
Sleligion nid^t baju ba ift, burd^ irgenb eine eigene gtoang^anftalt 
äußere Drbnung ju j^anbl^abe^t, toa^ \a tbm in ba$ ©ebiet be^ 
BiaaU^ gel^ört. 35ie Äird^e in SBittenberg begnügte fid^, öffentlid^ 
greblem ba^ ©acrament gu berfagen, bod^ ol^ne ba^ baburd^ bie 
bürgerliche ©emeinfd^aft gel^inbert tourbe, 3^ ber 5ßrebigt öerbammte 
jnan bie Safter unb emtal^nte bie Dbrigfett, fie nid^t ju bulben. 

SBeiter fam man aud^ anberhJärtiS nid^t. ^n Strasburg toarb 
im ^cä^xt 1533 eine 5ßrobinjia%nobe eingerid^tet, toeld^e aber neben 
ben geiftlid^en aud^ mel^rere toelttid^e Elemente in fxd^ einfd^lo^, eine 
ßommiffton be« SRatJ^e«, bie fogar ben SSorft| fül^rte, bie ^Pfleger 
ber ©tabtfird^en, bie Soctoren ber freien Äünfte unb Seigrer. Sn 
ben Slrtifetn, toeld^e fie annal^m, toarb toor allem ber Dbrigleit ba^ 
2lmt jugei>rod^en , ben Sdfterungen unb bem äußern Stergemi^ ju 
n>el^ren ^). S^x ©infüi^rung eigentlid^er Äird^enjud^t toottte fid^ jebo* 
ber Slatl^ nie berftel^en. Qn ©ad^en be« (Slaubenö fafje fl(| mit 
©eboten nid^t^ auSrid^ten: ba man ^e bod^^nid^t ju l^anbl^aben im 
©tanbe fei, fo jiel^e man ftd^ nur Serfuft be« Stnffl^en^ ju, h)enn 
man fte auffteHe. ^ür ba^ einjige aui^fül^rbare 5KitteI l^iielt man 
eine tabellofe 3luffül^rung ber (Seiftlid^en, — bie man fel^r ernftli*, 



1) SBebenfen ber marfgräflici^cn Zf^tolo^tn über bie Äirt^cnorbnung bei 
<StvobeI iDlifcellaneen II, p. 148. ^o^ 1741 toagte t9 ber gute ^au^mann 
ni(i^t, über biefe ®a^t gu fagen, mad er ho6f kou^e. 9auömann hti ^^eng« 
Icr p. 55. 297. 

2) öebenfen bei. be 2S. IV, p. 389. 

3) SDie @ed^93e^n flrtifel ber ^t^nobe t)Qn 1533 bei mt^xiä^ U, 253, 
befonber« 3lrt. 15. 



Srntngen mit bem ^atnmergcrt(^t. 341 

einen jcben pcxiünUä) ermal^nle, — gutei^ Seifjjicl ber 3Sornel^mett, f 

ÜlnmaJ^nungen ber Uebrigen burd^ bie Slmmeiftct in bcn Sänften*). 

Ston Betrad^tete bie jtird^e als ein ^i^ftitut gut Sinfül^rung ber 
.Religion, jebod^ nid^t fotooi^I einer &u^em aU ber innerlid^en. Ttan 
t)ermieb nod^ aUe^, loaS gu nal^e an baS $a))fttl^um ftreifte. ®id^ 
öon ber S^angSgetoalt bei^ geiftlid^en ©tanbeö loSjurei^ett, bie, hjenn 
fte m^ei^it h)urbe, unenblid^ brüdCenb, unb toenn ntan fid^ babon 
entbanb, für bie SRoralität berberblid^ toax, barin lag eine ber bor- 
nc^miien 2^enbengcn ber gefammten Seioegung. SKan tooHte ben 
ßinflu^ unb bie geiflKd^e SKad^t ber l^ol^en Prälaten nid^t mel^r: aber 
bem öon bem l^ierard^ifd^en Softem ausgetretenen niebem ßleruS 
öertoanbte Siedete ju übertragen, fül^tte man aud^ Sebenfen. S)er 
gorberung einer ftrengen Äird^enjud^t fe^te ftd^ fogleid^ bie Sbee ent- 
gegen, ba^ baS d^riftlid^e Jßrincij) bur^ angeregte ^eitoittigfeit bie 
§erjen burd^bringen, nid^t burd^ ©etoalt unb 3*^öng fte entmeber 
unterjod^en ober entfremben fotte. 

3nbem man nun aber mit biefen ®inrid^tungen unb lieber^ 
legungen "befd^äftigt toar, benn t)oIIfommen gefid^ert glaubte man fid^ 
burd^ bie 3wgeft&nbnif|e bon Slümberg, fo jeigte fid^ bod^, ba^ baS 
nid^t fo ganj ber %aü {ei: bie l^ol^e ®eiftlid^!eit ber fatl^olifd^en 
Äird^e l^atte in ber Sleid^Söerfaffung eine attju ftarfe 9le)3räfentation, 
in bem SReid^Sred^te einen ju ftarf auSgef^jrod^enen Slüdfl^alt, um il^re 
Sad^e fofort aufzugeben. 

SltterbingS toieS ber Äaifer, bon 9Kantua an^, am 6. 9lot)ember 
1532, baS Äammergerid^t an, atte S})ane unb Sprüngen, Sad^en 
ber Sieligion belangenb, biS.duf feinen loeitem Sefel^l einjufteffen *). 

©d^on toar bei bemfelben eine ganje Slnjal^l bon 5ßroceffen 
anl^ängig, Strasburg, ßoftni^, Sleutlingen, 3Kagbeburg, 93remen, 
'Jlürnberg toaren fämmtlid^ bon ber l^ol^en ©eiftlid^f eit berflagt ; nid^t 
minber einige gürften, ioie ®mft bon Süneburg, Oeorg bon S3ran= 
benburg. 3ReifienS tourben eingebogene ®üter jurüdfgeforbert; gu- 
h)eilen iourben aber aud^ tool^l einem 6aJ)ite(, einem ftäbtifd^en 
Stifte bie il^m gel^örenben 3wfen borentl^alten; ober bie berel^elid^ten 
"iprebiger follten abgefd^afft, in einer J)roteftantifd^en ©tabt lat^olifd^- 

1) (SrRävung be« ^at\}t9 t>on 1534. $et mi^xxä) n, p. 41. 

2) jpar^j^red^t V, 295. ©ine fä^ftfc^c ©efanbtfd^aft tt>ar bort ange«* 
langt, um bie 'Baä^t gu betreiben. «Sd^retben bon $(ani^, ä^antua, 7. !S)ec. 
3)iefe Bef am burd^ $elb bie Slnttoort, „unb fo »eit bie gorberungen am 
v^antmergeric^t unb ju 9{ot§n)ei( belangen t^ut, »ügte ftc^ 3. äRt. h)o^I )u 
ftinnem beö 35ertrag8" 2c. 



342 et6f9iH 9uf^. %äfM ^at)ite(» 

eifrige 5ßriefter eingefe^t toerben, toa^ fid^ bicfe nid^t gefattm laffen 
WoUU. 

2)te $votefianten glaubten tDOl^l, burd^ btefe SBeifung auf immer 
gefid^ert ju fein. 2)a$ fiammergerid^t tvav jebod^ nid^t biefer SRetnung. 
^ 6^ roaX' auf bie Seobad^tung beg äugi^burger Stbfd^iebi« toer- 
))flid^tet; eS hou^e fel^t ivol^l, ba^ bie SRajorität x^m bie Ariegfüi^« 
rung tDiber bie ^rpteftanten aufgetragen: Stiemanb auf @rben lä^t 
fid^ gern Sefugnifje entreißen, bie il^m 3Dlad^t berieij^en. 2)urfte e^ 
aber \üof)l auf ber anbem Seite einer SBeifung be^ ÄatferiS tpiber^ 
f))red^en, öon bem fxd^ fein ©erid^tiSgtoang l^erfd^rieb, in beffcn Slamcn 
feine Urtel ergingen? 

^a§ ^amntergerid^t ergriff ben ä(ui^U>eg, ju erflären, bie fd^toe- 
benben ^rocefje feien leine Sad^en ber SReligion, e^ feien Sanb- 
frieben^brud^s, @})oIien^©ad^en, ei^ fei bon Uebertretungen beö Steic^ö- 
abfd^iebö babei bie SRebe. 

3unäd^ft in ben §änbeln ber ©tabt Strasburg über bie Slenten 
unb JWeinobien bei Stiftet ärbogaft fam biefe Unterfd^eibung jur 
®t)rad^e. 3)er Slntoalt ber ©tabt, Dr. Werter, i^atte bie Älage gegen 
Strasburg für eine 6ad^e atter 5ßroteftanten erflärt, bie aber au^er« 
bem bie 9leIigion anbelange unb bal^er nad^ bem nmen laiferli^en 
erla^ je^t nid^t erörtert toerben fönne, SDer SCntoalt be« Sifd^ofi^ 
entgegnete, fein gnäbiger §err J^abe mit ber ©efammtl^eit ber ^tjok-- 
ftirenben nid^t« ju fd^affen: bie ©ad^e betreffe aud^ ganj anbete 
3)inge, aH bie Sieligion. 2)ie l^roteftanten ipanbten ein, an einem 
grieben, toie il^n ba^ ©erid^t berftel^en tootte, fönne il^neit nid^t^ 
liegen: barum njürben fte ©. SRajeftät nid^t bemül^t i^aben: ber 
©tittftanb fd^Iie^e gugleid^ 5ßerfonen, ®üter, ßonbeJ>enbentiett ein. 
3Rit attebem erreid^ten fie toeiter nid^t«, al* ba^ man befd^Io^, ben 
Äaifer um ^xnc ®riflärung feiner ©orte ju erfud^. 

2)er ^aifer toar nod^ in Bologna, g(eid^fam im $aufe be^ 
$a^fte^, in täglid^en Unterl^anblungen mit bemfelben begriffen, aU 
x^m biefe S^age borgelegt loarb, er burfte ben ?Pa))ft, ber oJ^nei^in 
fd^toanlte, nid^t auf« neue beleibigen; er burfte aud^ bie SWöjorität 
ber ©tänbe nid^t beriefen. Unb bod^ lonnte er aud^ feinen Stille 
ftanb nid^t jurütfnel^men. 6r gab eine ©ntfd^eibung, bunlel toie ein 
Dralelf})rud^. „3)ie SBorte unferer 3lbrebe", fagt er, „erftredfen fid^ 
nur auf SReligion^fad^en; h)a§ aber SReligiongf ad^en ftnb, barüBer 
fann feine beffere (Srläuterung gegeben toerben, afö'ftjie e« bie ©ad^en 
felbft mitbringen»)". SBaHd^einlid^ l^at ^elb, ein alter Äammer^ 

1) 26. Januar 1533. ©ar^^rcd^t V,- 300. ] 



Errungen mit bem -^(«nmergcric^t. 343 

ferid^äbdfi^/^ ber ben ßaifer in SSoIogna Begleitete, biefe SrUä- 
xun^ au^gef onnen. @o buntel fie ift, fo lä^t fte bod^ an il^rer 
3:enbeti) nid^t jn^eifeln. Wtan to>itnfd^te bad @eri(i^t in feinem Ser^ 
fal^ren ju l^efiärlen. 

3)al^in tvirfte bann aud^, ba| ein^e @ommiffton, bie im 3Rai 1533 
ba^ @erid^t t^ifitirte, bie SRitgßeber beffelten awf^ neue anlüic^, ben 
3l6fd^ieb Mon älugi^burg befonbet^ in ^infid^t auf bie Steligion }U 
beobad^ten ^). 

auf biefen ioppdim änl^alt geftü^t, fannte nun ba8 Äammer^ 
getid^t feine Stüdftd^t U>eitet. 3)ie klagen tDurben angenommen unb 
re)>rpbucirt ; bie (SiniDenbung. ber Sellagten, ba^ ba$ ^ammergetid^t 
in Sleligiondfad^en fein oirbentlid^er äiid^ter fei, mad^te feinen Sin- 
bnidf; bie Kläger btad^ten bie 3lttentatf(age ein; e^ fonnte nid^t on^ 
betfif gelten, bie äd^t mu^te erfolgen. 

Ratten fid^ bie §Proteftanten bie^ gefaUen laffen, fo toäre il^rc 
ganje äSetbinbung unnü^ getoefen. 

Suetß toanbten fie ^d^ — nad^ Sefd^Iu^ il^rer SBerfammlung 
3u (Sd^malfalben im 3uli 1533 — an bie Gl^urfürften bon $fal) 
unb ^ain); bie ben t)fneben betmittfit unb bod^ |e|t burd^ il^ce 
MÜ)t an bem Slbfd^ieb ber SJifitation 2^]^eil genommen. 3)ie Qffux-^ 
fürften öerfid^erten , ba^ il^nen berfelbe nid^t jur Jßaft gelegt toerben 
fönne. hierauf gingen bie $ßroteftanten boj^ ©etid^t felbft an. Um 
ju fcetoeifen, ba^ bie fd^toebenben ^ßroccffe 3leligion«fad^en feien, 
eiinnerten fte an ba^ ^erfommen ber römifd^en jtird^e, fraft beffen 
atteiS für geiftlid^ gelte, too* eine 5ßfrünbe betreffe. S^t^^ Stbfid^t bei 
bem Sieben fei allein bal^in gegangen, M ber Älagen ber ®eift= 
lid^en gu ertoel^ren, ba^ fte bei äenberung ber Seigre einer ober ber 
anbem SRu^ung beraubt Sorben. Ueberbie^ aber J^abe man il^nen 
bamal^^ bie Abteilung be^ ©tra^urger ^roceffe« au^brüdflid^ ber« 
l^|en. ©ie brangen auf eine lautere (Srflärung^ ob ba^ Äammer- 
gerid^t faiferlid^em äSefel^le gemäjj in bem $roce{fe ftiH ftel^en tooUe 
ober nid^t, 3)ie birecten 2(nth>orten beö ®erid^t« toaren bunfel, alii^^ 
toeid&enb: befto beutlid^er toaren bie inbirect«n, tj^otfäd^lid^en. ^m 
Sioioember 1533 to^urben 9Reifter unb Slatl^ öon ©tra^burg für 
fd^ulbiö erflärt, ben gerid^tlid^en Ärieg ju befeftigen. SDer ^nioaü 

1) „bem ^Ibfc^ieb ))on ^gdhtrg, fonb^rltd^ ber 6}xifiiidiftn Steltgion unb 
©tauBenö ^a(6er, nadfigufommen unb ftradf« gu gcleben". (5« folgen nbd^ 
anbete SJerfflgungen : übet bie ^rofentation bet Beipfeet, toenn bie Äteife 
faumig fmb; übet bie SPbfütgnng bet fangen mtinbltd^cn «ottrage, i&dt^^tec^t 
fannte biefen «bfÄieb vid^t. 3d^ faM^ii im.Seim. 9l. 



344 eed^«tc« I3u<^. Hc^te« (S,apittU 

hex Stabt toanhU au\§ neue ein, e$ fei nid^t me^r eine &ai^ bon 
®tra^ur0, fonbent aKer ^roteftanten. 2)et älntoolt be^ 9i(d^ofi 
fragte ben dämmerndster @rafen k>on Seid^Iingen , ol^ @. (Snoben 
feinen oi^ne S^f^i init gutem 93ebad^t gegebenen Sefd^^ i^ fo 
unbiUiger 98eife h>oUe anfed^ten laffen. * Stid^ter unb Sendet exüaX' 
im nad^ furjem 33er)ug, u>enn fid^ binnen 14 Xa^m 9liemanb Don 
Seiten ber @tabt Strasburg ein(a{fen looKe, fo toerbe auf bod Se- 
gel^ren be$ bifd^öflid^en SlntoaltiS ergel^en, ft>ad Siedet fei. 

i^n ^ benfeÜen Sagen tourben bem ^roteftantifd^ ^rootrator 
$elf mann toibertoärtige @d^tt)ierigleiten gemad^t , toeil er . ben 6ib 
für ©efäl^rbe nur ju ®ott, nid^t aud^ gu ben ^ligen fd^tooren tPoDte. 

Xk $roteftanten fallen, ba^ ba$ im SSertrag gu Stümberg er- 
ioorbene Bufl^f^änbni^ il^nen unter biefen Umftänben nid^t^ mel^r 
l^elfen toerbe. S^^beffen toaren fte toeit entfernt, il^ren SCnfjjrud^ fallen 
)U laffen. 9(m 30. S^nuar 1534 fd^ritten {te gu einer formiid^en 
Slecufation be^ Aammergerid^ti^. 

^ai Slegiment ipar aufgel^oben; ber ßaifer entfernt; ^önig 
t^erbinanb bamali^ nod^ nid^t ju boSer Dbebien; gelangt; unb man 
iDeigerte ftd^, bie ^bminiftration, bie il^m ber fiaifer übertragen, an- 
guerfennen. ^a tam i^ nun ani) bal^in, ba^ ba^ ©erid^t, ba^ npd^ 
allein bie @inl^eit bei^ Sleid^i^ re))räfentirte, i)ön einem großen ^ii^eil 
ber Stäube öertoorfen it)arb. 

Q^ liegt am Sage, it)ie fei^r biefe Sprüngen ju ber Serftim^ 
mung beitrugen, U>eld^e ben rafd^en @rfoIg be^ Sanbgrafen ^ffüipp 
in bem toürtemberger Äriegigjug fo toefentlid^ beförberte. 

@o gel^örten fte benn aud^ ju ben tt>id^tigften ©egenftänben, 
über bie man in älnnaberg unb ßaban berl^anbelte. 

(Sin $au))tgrunb für ben 6l^urfürften Don Sad^fen, in ber 
äSaJ^Iangelegenl^eit nad^gugeben, lag barin, ba^ Aonig f^erbinanb, 
Don bem \a fonft nid^t^ als toibrige @intt>ir{ungen auf baS @end^t 
gu ertoarten getoefen toären, fid^ anl^eifd^ig mad^te, „nad^bem ein 
5Wi^berftanb liegen be« nümbetgifd^en gfrieben« borgefallen", ben 
in bemfelben Gegriffenen eine toirflid^e (Sinftettung ber bisl^er lotber 
fie eingeleiteten 5ßrocef|e ju öerfd^affen. 3Ran mn^ biefe SBorte tool^I 
erto&gen. ^a^ ©eftänbni^, ba^ ein ÜRi^berftanb vorgefallen, ba^ 
98erfj)redSen einer toirflid^en Slbftellung, finb offenbar beftimmt, bie 
bon bem Äammergerid^t borgebrad^te ®intoenbung, fo biet an bem 
Äönige liegt , gu befeitigen. So berftanb man e§ aud^ bon Seiten 
ber ?proteftanten ^). SBir fennen bie SBeifung nid^t, bie ber Äönig 

1) @äd^fif(^fe« «ebenfeit gur äufammenfiraft m Sien 1535. 2)ie gür* 



triebe i^on (Saban in religiiJfer 9egtel^ung. 345 

j^ierouf an ia^ fiantmergerid^t erlajf en l^aben toxxi : aber in ber Xf)at 
flnben toir auä) feine Äfagen über ein meitereö SSorfd^reiten biefe^ 

2)a6ei 6Iie6 t§ aUerbingiS, ba^ bie äSol^Itl^t be$ StiUfitanbeS 
nur benen )u ®ute fommen foQte, h>el(l^e in bem nümbergifd^en 
^eben namentlid^ aufgefül^vt iDorben: allein }ugleid^ tüatb bod^ aud^ 
in 6aban eine anbete Seftimmung getroffen, toeld^e eine ber toefent= 
lid^ften ©rtoeiterungen beö 5ßrotejiantiömu)g möglich mad^te. 

Äönig fjerbinanb l^atte ben §erjog i>on SBürtentberg in bem 
(^rieben anfangt nid^t aKein ber^flid^ten tooUen/ ba$ Sanb Don il^m 
ju Selben gu em})fangen, fonbem aud^ feine SJeränberung in §infid^t 
ber äleligion Dorjunei^men; ein äCrtifel n>ar in Sorfd^lag gebrad^t, 
ba^ ber $ergog in ^inftd^t ber Sfteligion einen jeben in bem üBefen 
lajfen foffe, toie er il^n gefunben*). Seftanb aber ^Jerbinanb, ioie 
mir toiffen, unerfd^fttterlid^ auf ber erften ^orberung, fo bel^arrte ber 
El^urfürft eben fo feft auf ber 3wrü4toeifung ber jioeiten, benn un^ 
möglid^ fönne er gugeben, ba^ ba^SSßort @otte^ nad^ feinet feligen 
Sater^ unb feinem Sefenntni^ nid^t gejjrebigt toerben fotte: er fönne 
ben Sauf be^ Qbangelium^ nid^t l^inbem: er ioerbe e^ nid^t tl^un, 
felbft tomn eö ber ^erjog betoittigen follte: el^er loerbe er aud^ in 
ber ffial^lfad^e gurüdftreten. 3ener Ärtifel mu^te iüirflid^ geftrid^en 
loerben*). äl^bann toarb ber $erjog mit tJreuben benaci^rid^tigt, er 
l'oQe be^ GHauben^ l^alber unt)erftridt bleiben unb ®etoalt l^aben, 
c^riftlid^e Drbnung mit feinen Untertl^anen borjunel^men ^). 9lur in 
§infid^t berjenigen, toeld^e mit Siegalien au^e^tatUi, nid^t eigentKd^ 
ate feine Untertl^anen ju betrad^ten feien, toarb il^m eine geioiffe 
Sefd^rönfung auferlegt. 

6ben bie«J fmb nun aber bie SSeftimmungen, toeld^e be^ ^rieben 

nienbung bed ^ammergeric^td , aU ne^me ed feine ^eügiondfacf^en t)or, fei 
tnx(i) ben Vertrag abgefd^nitten, „inbem bad ftci^ ^. Mt Dvcpiiiä^ttt ^at, ob« 
njofil uf berürtcn nürnbergifd^en grieben ttxoa^ SWiß^jerflanb, — ttjerci^er äÄiß* 
»crpanb eben bc« Äammergcri(i^t« ©egenfftrwcnbung ge»e|i, — fürgefatten, 
fott er boc^ aufgehoben fe^n". 

1) 2)a« ift o^ne S^^f^^^ ^^^ ®in" ^^r etn>a« bunfeln Söorte; „ba« 
"per^og Utrtd^ einen jebern in bem gfürflentl^umb Sßirtemberg ber dtt\i(^mx9^ 
iwSftn i}atbtx in bem fßefen toxt fic bi« uf fein (ginnefimcn (getoefen), t>er* 
folgen, unb gugefleflt toerben". 

2) SBir fennen biefe Unterbanblungen au^ einem «Sd^reiben bed difnx^ 
fürfien toiu @a(!^fen an- ben Äönig, bei ©attler III, p. 129. %\x ben 3Ianb 
jene« 3lrtifelö warb gefc^rieben: „@ott auffen ^leiben". 

3) Duxäf S>an« ton X'6m ©^reiben Ulric^« ibid. 124. 



346 eed^dte« SÖn^. %äfit9 daptitU > 

t)on. Q^aian für bie 9IeIigion fo toid^tig ntad^en. äBir fallen, ba^ eS 
bei bet toürtemBetgifd^en Untetnel^mting nid^t barauf abgefeilfen tpat, 
bie ))roteftontifd^ett jl^eologen baöon nid^tö i^offten, ber SßfH)ft nid^t^ 
f ürd^tete. SQIein , DoUjogen i>on einem ber Dberl^äu^ter ber eban^ 
gelifd^en Partei, }u ©unften eine^ dürften, ber {td^ n^öi^renb feiner 
äSerBannung mit gleid^en @eftnnungen burd^brungen i^atte, unb unter 
ä3ebingungen jum S^d gebrad^t, ioie bie angefül^rten , Uvaüt fte 
gar nid^t anberS c^I^ eine ))oIIIommene SJeränberung be^^ religi()fen 
duftanbed in äBürtemberg nad^ fid^ jiel^en. 

9(ud^ toax burd^ ben @ang be^ @reijgnif(eS getpijferma^e^ fd^on 
bie ^orm borgefd^rieben, toeld^e bie ^Reformation i^ier ne]|«nen wu^te. 

35Bäre bie SBieberl^erfkeffung beö §erjog^ frül^er, bieffeid^t burd^ 
eine jener |)oIitifd^en ßombinationen, toeld^e 3ö>ingli beabfid^tigte, Be? 
loirlt toorben, fo tofirbe Joal^rfd^einlid^ befjen SCuffaffung aud^ in 
bem f^ftrftentl^um bai^ Uebergetoid^t getoonnen l^aBen. 

Se^t aber, ba ber 'Ärieg burd^ Reffen gefül^rt, ber griebe butd^ 
Sad^fen betoirlt toorben, nad^ ber Stieberlage b^ Sd^toeiger unb ber 
9(nn<il^erung ber Dberlänber an baiS fäd^fifd^e Sefenntm^^ toar bdl 
nid^t mei^r gu ertoarten. SSielmel^r eignete fld^ ber ^jog je^t bie 
STui^bruddtoeife an, iveld^e feit jener 3(nnäl^erung borloaß^e: er 
mad^te betannt, er toerbe 92iemanb bulben^ ber eitocS anbere^ aU 
bie toal^re ©egentoärtigleit bed toal^ren Seibe^ unb SSIuted Sl^rifiti 
in bem 92ad^tmal^I ))rebige. 2anttte bod^ ein älrtüel be^ €abanfd^en 
griebenS auSbrüdflid^ loiber bie ©acramentirer *) ! 

5u gleid^er 3rit berief er einen ber angefel^enften oberlänbifd^cn 
3^l^eoIogen, ä(mbroftu$ ^(aurer, (vertrauten ^reunb 93u^erS, unb ben 
HMarburger ^ßrofeffor ßrl^arb @d^nej)f, einen entfd^iebenen SlnJ^onger 
Sutl^er^, um bie ioürtembergifd^e ^ird^e einjurid^ten. @ie begannen 
bamit, fid^ ju einer fjormel ju Dereinigen, bie il^nen beiben genug- 
tl^at. §l^re aSereinigiing bejei^net bie ftd^ bilbenbe ©inl^ett ber beut- 
fd^en ebangelifd^en Äird^e*^). 

hierauf übernal^m 33laurer bie Sieformation be^ Sanbe^ oBer-- 



1) ^äfxiibtn an ^lauter 22. SDecemBer 1534. 2)er 3ufa^ tM^ (Su($ 
benn fetber aKed n>o]^( koiffen ifl^' Bett>eifl, ha% Utrid^ ftij^ t>on Anfang nic^t 
anberd audgebrücft l^atte. 

2) @ie Be!annten Betbe: Corpus et sanguinem Christi vere, i. e. 
substantialiter et essentialiter, non autem quantitative aut qualitative vel 
localiter, praesentia esse et exhiberi in coena. (Sine ^ormelr btxtn fd^o« 
laftifd^e Raffung »itUxi (St>angettf(i^en. nod^ anfU^gig n>ac. 



StefotmoHen in fBiUtemBerg. 347 

ifoih, (B^mp^ miex^alh ber @taig^). S)ie ^rieftet tourben nid^t 
mel^r na^ ben Ibidl^erigen 9luTa(ca))iteIn, fonbem nad^ ber h>eltlid^en 
SlHI^eiluttg ber 3(mteien juf ammenberufen, nnb nad^bem tl^nen bte 
^ott^tt^unfte ber el^angelifd^ Seigre )>orgel^alten txwrben^ aufgefor^ 
bert, fid^ ju erHären, toa^ man tion ifyxtn }u ertoarten l^abe. 9tad^« 
bem bie öftretd^ifd^c Slegierung fo bief SBlül^e angetoenbet, bie SdeK* 
giott^ebicte aufredet }u erl^alten, fanben fid^ bod^ felbft unter ben 
$farrem nod^ immer eine ganje 9(n)al^i, bie auf ben erften Stuf ben 
Sbangelifd^en Beitraten. 3m Tübinger ä(mt toaren e^ fieben: bie 
übrigen jtoölf baten fid^ 33ebenljeit au^*). Unter biefen Umftänben 
iDUtben bie Zeremonien ol^ne ade @d^Unerigfeit geänbert. 3)ie ^ef(e 
toarb an fielen Orten bon felbft unterlaf|en, an ben anbem auf 
Sefel^I abgefd^afft. @d^ne^f fteSte eine ^orm be^ 9lbenbmal^I^ auf, 
mit ioeld^r aud^ bie Dberlanber. gufrieben h)aren. 

SDann griff man ju ben ^löftem. ^erjog Ulrid^ l^atte gar !ein 
^1^1, ba^ er bie @flter ,,)ur SSejal^lung ber Sanbedfd^ulben unb 
^tnlegung obliegenber, unträglid^er Sefd^toerben'' ju bertoenben ge^' 
benle. S)a er fo lange au^er Sanbe^ geh>efen, bie @d^u(ben f^erbi- 
nonbd an ben fd^to&bifd^en S3unb übernommen, !ann man fid^ nid^t 
lüunbem, loenn er fid^ in ber größten ©elböerlegenl^eit bef anb, ber 
et nur auf bicfe SBeife abl^elfen fonnte"). 

SDurd^ bie in ben Sabanfd^en Rieben aufgenommene 93efd^räm 
fung lie^ er fid^ babei nid^t l^inbem. S)ie dftreid^ifd^e Slegierung 

1) 3n <^(i^nurrerd Erläuterungen ber S. ^. unb 92ef.«@ef(i^. lieft man 
p. 127 a(8 ein gactum : manci^er, ben @df>nc:pf al« jmeifet^aft jurüdgetoiefen, 
fei ein paar Wltiitn totittx gett)anbert unb ton 8(aurer angenommen n)örben. 
©(i^tturrer Beruft fi^ baBci auf g^'^i"^ Epistolae Reformatorum p. 99. 
^a findet fld^ nun ein ©d^reiBen ^aUtxe an SuOinger, ttyoün jener nad^ 
^erid^ten $:^omad ^laurerd fd^on im Suguft 1534, alfo Beim erfien Anfang, 
bon ber 3^i^fi<^^ B eiber ^arteten ergäl^It: quam male conyeniat Wirten- 
bergensibus ministris, ba bie @d^ne^ftaner fel^r auf bie @d^n)ärmer fd^elten, 
et dum de quibusdam, a Schnepfio periculum sit, cum ad ministerium 
apti sint, quum prima prope sit interrogatio de eucharistiae causa, si 
Lutheranus fuerit, qnantumvis alioquin indoctus admittatur, sin minus, 
rejiciatur et ab Ambrosio recipiatur. SD^an fte^t, Xf^cma^ iBIaurer f^ra^ 
bat>oH nur al^ t)on einer ^efal^r, einer Wl'6giidfh\U (SBenfo meinte n^ol^I auc^ 
3ac. <Sturm : „@d^ne^f fd^fil^e bie unfern, totxit hit in ^nfleHung ber ^ird^e 
mciben." 2)ag aber gStte, mie fie ©d^nurrer borauefefet, »irWid^ borgcfom* 
nten, loäre nod^ erfl ju Behjeifen. 

2) Serid^t ^mBrofti 9(aurerd, toad er mit ben $faffen ^fiBinger ^mt« 
au^gerid^tet, bei Rattler III, »eil. nr. 16. . ^ . 

3) @d^nurrer (SrlSuterungtn p. 149 nr. 1. . . 



348 Stafette Sßüäf. %äfM (EapiUl 

l^atte il^m barin feI6ft vorgearbeitet: {te l^atte aui) über Stifte itoeifel- 
J^after Untertl^änigfeit lanbeSl^errlid^e 9led^te geltenb gemad^t, unb 
fonnte ntd^t t)iel eintoenben, tpenn nun il^r Stad^folger baffelbe tl^at. 

60 h)arb ba^ ganje £anb in !ur}em umgebilbet. ^erjog Ulrid^ 
crtoarb fid^ ba^ SSerbienft, ber Uni^erfttät befonbere Sorgfalt )u 
totbmen. Unter ben Seigrem finben toir gar balb berül^mte Flamen; 
naci^ bent SRufter bon i^ef[en toarb bad Sti^enbientoefen eingerid^tet, 
baiS l^ier iool^l nod^ größere Sßirffamleit enttoitfelt l^at aU bort; 
Tübingen tourbe aÜmäl^Iig eine ber bornel^mften ^flanjftätten pto- 
teftantifd^er Oelel^rfamfeit. 

SSürtemberg toar eine @roberung be^ ^roteftanti^mu^ auf ben 
(Srunb be« alten @rbred^tS beutfd^cr gürften: — eine Eroberung 
, bon^ hopp^ltem SBertl^, ba fie gerabe in benfelben ©egenben toolls 
bxad)t toarb, h)o biöl^er ber fd^toäbifd^e Sunb bie ebangelifd^en Äe-- 
gungen niebergel^alten l^atte^). 3n äffen Dberlanben erl^oben fid^ 
bief e(ben nun auf ^ neu^ : im @Ifa^, too ber Sinflu^ k)on @tra^6urg 
nid^t.l^ingereid^t; in ben benad^barten b^naftif d^en (Gebieten — 3Karf- 
graf Serni^arb tjon 95aben, ®raf 5ßl^iliJ>J) IV bon $anau, Subtoig 
bon ^alfenftein, unb ber SKitanfül^rer im ioürtembergifd^cn Äriege, 
SBill^elm Don ?fürftenberg, reformirten nad^ unb nad^ in il^ren Xm- 
torien — ; in Keinen unb großen SReid^^ftäbten. Äaum fonnte bic 
Stad^rid^t bon ber Sd^Iad^t bei Saufen erf d^otten fein, f 0* fteffte SRidJacI 
Äre^, ^Pfarrer in 3B3ei^enburg im SBa^gau, bie 3Rejfe ein (3uni 
1534): ber 9latl^ toar mit il^m einberftanben, unb jögerte nid^t, bie 
mi^bergnügte 2)ienerfd^aft be^ Stifters an^ ber ©tabt ju bertoeifen. 
3)en größten ßinbrudE aber mad^te e«, ba^ enblid^ aud^ Slug^burg 
förmlid^ übertrat. SDie reformirte Seigre ioar l^ier längft in Stuf- 
nal^me:xbod^ Ratten aud^ bie alten SQflemungen nod^ mäd^ige Se- 
fc^ü^er, j. 93. bie (^ugger. $ätte man ettoa^ gegen 99ifd^of unb 
@at>itel unternommen, fo toürben biefe bei bem fd^toabifd^en äSunb 
red^tlid^e ober factifd^e $ülfe gefunben l^aben. @i§ liegt ober am 
2!age, ba^ ber 3#ftitb, ber unter biefen Umftänben eintrat, ioo bie 
©eniütl^er täglid^ burd^ entgegengefe^te ober feinbfelige ^^rebigten 
entjtoeit iourben, fid^ in einer Commune, bie aud^ ettoa^ im ätetd^e 
bebeuten tooffte, nid^t l^alten^lie^: tbm bie S)ifferen)))untte bilbeten 
je^t ben toid^tigften 2^l^eil ber öffentlid^en Slngelegeni^eiten. Unter 
ben Jjolitifd^en 6inflüf(en ber bamaligen ^exi befam nun bie ebon- 

1) Ooflaru« bei SWencfcn I, p. 1798: fie fei gefd^e^en „non sine totius 
Sucviae pfafforum monachorumque consternatione.^^ 



3teforination in ?(ug«burg, Jianffurt, Sln^ott. 349 

gelifd^e @efinnung, bie fd^on lange bie üRajoritöt l^atte, auä} ben 
"Stnif) l^atte, il^re Siedete geltenb ju mad^en *). 3)er ©eiftlid^fett toarb 
eine S)id|)utation angeboten. ®a fte fid^ batauf enttoeber gar ntd^t 
einlaffen lüottte, ober bod^ nur un^er Sebingungen, toeld^e bie Stabt 
l^tntoieber ntd^t annel^men fonnte, fo fa^te aud^ ol^nebieö ber gro^e 
unb Heine SRatl^ unter ber Seitung beö Sürgermeifterö SEBoIf SRel^^ 
Knger ben Sefd^Iu^, ba^ feine ^ajjiftifd^e $rebigt toeiter gugelaffen, 
feine SKeffe, au^er in ben unmittelbar bem Sifd^of jugel^örigen Äird^en, 
gebulbet toerben fotle. 3)ieö gefd^al^ am 22. Qluli. hierauf tourben 
bie meiften (Sonetten g^ft^I^ffen; ein 3:i^eil ber ©eiftlid^Ieit berliefe bie 
Stabt ; ein anberer f d^Io^ fid^ um f o enger an Sifd^of unb 6aj)itel an. 

3?al^e öertoanbte SRotibe beö innern ft&btifd^en Sebeni^ betoirften 
in benfelben S^^^ b^ f örmlid^en Uebertrttt bon ^anlfurt , obgfeid^ 
ol^ne fo entfd^iebenen ®influ^ ber Jjolitifd^en (Sreigniffe*). 

Ueberl^aujjt bebarf e^ ioeiter feiner Erörterung, ba^, toenn bie 
rcligiöfe 5IKeinung burd^ ben ®ang ber 5ßoIitif begünftigt tourbe, il^r 
boti^ aud^ an unb für fid^ eine gro^e ©elbftänbigJEeit jufam: [ie 
l^atte bie ©reigniffe borbereitet, burd^ toeld^e fte l^inioieberum ent= 
Bunben toarb. 

5Jod^ n^ar fie fräftig genug, ftd^ juh)eilen in gerabem SBiber- 
fjjrud^ mit bem, toa^ bie J)oIitifd^e Sage ju forbem fd^ien, geltenb 
ju mad^en, loie bag eben bamaB in 3tn]^alt gefd^al^. 

3)enn toaö fonnte mol^I für bie SKel^rl^eit ber anl^altifd^en 3ür= 
ften, für loeld^e ber fine öon il^nen, gürft Qol^ann, ben SReid^öab- 
fd^ieb bon Slug^burg unterfd^rieben, gefäl^rlid^er fein, al^ l^iebon 
jurüdfgutreten, in 2Biberfj)rud^ mit ben mäd^tigen 3lad^barn, beren 
®unft pe nid^t entbel^ren fonnten, bem ^erjog ®eorg t)on ©ad^fen, 
bem Sl^urfürften ^oad^im bon Sranbenburg unb bem ©rjbifd^of 211= 
bred^t. S)er eine bon ben 93rübern, ^ürft ®eorg, toar geiftlid^, bereits 
3)om))roj)ft in 9Ragbeburg unb in 3Rerfeburg: feine 3"Jw"f^ f^i^^^ 
an bag Seftel^en ber römifd^en Äird^e gefnüj)ft ju fein. ®ben 2)iefer 
aber trug jur SSeränberung gerabe baS 3Reifte bei. ®r berfid^ett, 
aud^ il^, fo nal^e er gctoefen, -i^abe man bod^ bie lutl^erifd^e ©od^e 
fo ungünftig als möglid^ borgefiettt, gleich aU feien barin gute 
SBerfe berboten, gute Drbnungen umgefto^en, affeS und^riftKd^e SBefen 
jugelaffen. Slttein gar balb l^abe er fxd) eineig anberen übergeugt. 



1) (Saffaruö o. a. O. ©tetten 335. 3a|jf Scbcn (Btab'iom @. 82. 

2) Äirti^ner @ef(j^id^te bon grantfurt II, 84. 3(uf bcibc @täbte fominc 
ic^ Surüd. 



350 Bzäf9ttß 9uf^. %^M (Eileiter. 

@r f)cibt gefunben, ha^ bd ben ^tote^nten ber ^eUtgcn Sd^ttft, 
ber alten unb fogar ber rdmifd^ fiitd^ gema| gde^ toerbe'). 
3tai) ttnb nod^ toatb er mit feinen Srübem fo eifrig, ba| fie e§ 
nid^t niel^r bulben tooUten, ol^ mn grünen 3)onnerftag beS 3^re^ 
1532 ein 3)ominicaner ftd^ auf il^rer Jtongel in 3)effan in ^en 
Su^brütfen toiber ben @ebraud^ beiber ®e{talt Mmel^men Iie|. @ie 
erfe^ten il^n burd^ einen ^eunb Sutl^ers^, 9tiHad ^om^mann. ^etjog 
@eorg Derfaumte nid^t, fte an bie tlngnabe he& ftoiferö gu erinnern, 
t^nen Ungebei^en gu ft)eif(agen: er meinte, ^rft ®eorg toerbe nun 
nid^t mel^ baju gelangen, toogu er \oof)l frnift i^offmmg gehabt; ober 
er mad^te tueber mit Setrad^tungen biefer 9(rt, nod^ mit boctrineOen 
Sintoenbungen Sinbrudf bei il^en^). ©etroft fu^en fte fort. Unb 
ba l^atte eiS nun eine befonbere ^ebeutung, ba^ l^ier ein HRitglieb 
beS fürftlid^en ^^ft^ jugleid^ eine ffof^t geiftlid^e BuUt in ber W-- 
cefe beHeibete. ältö ätrd^ibiaconuiS unb 2)om)»n)))ft ber mogbebur- 
gifd^en ßird^e glaubte ^rft @eorg eine regelmäßige geiftlid^e 9(utori: 
i&t in feinem ®ebiet m^übm }u lännen. Stuf ben ®runb einet 
biei^mal Dereinigten geiftlid^en unb meltlid^en ©etoalt tourben bie 
@eiftlid^en ber anl^altifd^en Sänber am 16. 3Rär} 1534 jufommem 
berufen unb angetoiefen, in 3«^wnft ba^ äbenbmal^l unter beiberlei 
®eftalt au^jutl^eilen '). ^er @r}bifd^of Sarbinal tpar bamit, n>ie fu^ 
beuten läßt, nid^t juf rieben, aber t^rft @eorg beftanb barauf, baß bie 
geiftlid^e 3uri^biction junäd^ft il^m, bem ätrd^ibioconu^, juftc^e, toobei 
bem Sarbinal bie ergbifd^i^flid^e äluffid^ t)orbel^alten bleibe. @r lie^ 
fid^ nid^t abl^alten, nad^ unb nad^ bie Darren bieffcit ber 6l6e mit 
©d^ülern Sutl^er^ ju befe^en. ädiS nun aber bie äteform aud^ in 
bem jenfeitigen (Sebiete beginnen foHte, h>o bie S^ri^iction bem 
8ifd^of Don Sranbenburg juftanb, änberte fid^ ba$ SSerl^ältniß. Sn« 
fang^S erfud^te gürft (äeorg ben Sifd^of, bie ^riefter ju orbiniren, 
bie er il^m jufenben tooffe. 3taiMtdf lo^igerte fid^ biefer, f)ex^v 

1) «Schreiben Öeorg« an ben Äaifer, in gürjl ®eorg« ©d^riften unb 
^^Jrebifiten p. 368. 

2) (Sd^retbeu bed prpen Soad^im an ©eorg ibid. 384. 2nt^tx freut 
ftd^ biefed ^nfangd, „etiam si id factum sit non sine magno pericnio, 
magnis principibus coutrarium suadenübus, insuper etiam minantibus.'* 
^öfXixUn an bie bret trüber 3o^ann, ®eorg unb Soa^im, in Sinbnerd 
SWitti^eilungen an« ber Slnl^altifd^en ©efd^ici^te, $eft II, too fici^ einige ©riefe 
finben, bie bei be Sette festen. 

3) 3n^nctton für bie ^efanbten Sol^annd unb 3oa(i^tm9 tcn %nf}alt 
an ben (grgbifd^of. {%x^\ti gn 2)effau.) 



Äeformatton in ^ommern. 351 

xaüjttm ^tieftem bte SBcil^en bet fatl^oli^en Ätrd^e ^u fleBen. 3lBer 
au4 %^t\i ®eorg trug fein Sebenfen iueiter, feine Ganbibaten naä) 
SBitten^erg gu Sutl^er ju fd^idfen, bet fie Jjrüftc, unb toenn er fanb, 
ba^ fte ber reinen Seigre jugetl^an feien, il^nen barüBer ein 3^"9^i^ 
auBftelfte unb fie orbinirte. 

®in Olticf toar e§ auf jeben ^aK, toenn bie Sad^en irgenbtro 
fo in Wul^e ^ enttoitfelten. 

3[n anbem Sänbem, toie in 5ßommem, fam e« bagegen ju ben 
^eftigften innem Ä&mjjfen. ^ier hjaren bie (Segenfä§e fd^on immer 
üBeraU^ l^efttg geiDefen. ^ ben Sürgerfd^aften toar eS l^ie unb ba 
ju Bilberftfirmerifd^en Unrul^en gefommen; mit toeld^em §af[e il^nen 
We 3lnl^Änger be§ ?ßa})fttl^um^ bafür Begegneten, babon geugen il^re 
®d^im|>f lieber, bie un^ übrig finb. SCbel unb 6Ieru§ bei^ ganjen 
Sanbeg l^ielten ben Stäbten gegenüber jufammen. S)ie beiben dürften, 
(Seorg unb Samim, entjtoeiten fid^. 3Son (Seorg fürd^teten bie ^ros 
teftanten nod^ 1531 tl^Stige S^l^eilnal^me an bem Äriege, ber fte 6e« 
brol^te. äfber Barnim, berfelbe, ber an ber SeiJ)jtger SDi^J)Utotion 
2^1 nal^m, lie^ ben Sunb toiffen, h>o fein Sruber aufgebtete, tooffe 
er nicbergebieten *). ®r l^ätte aud^ barum Sl^eilung ber Sanbfd^ftften 
unb getrennte Slegierung geh)ünfd^t, um bie refigiöfe Steuerung gu 
unterftü^en. ^ biefem 5Moment aber ftarb §erjog ®eorg: unb 
bejfen ©ol^ ^Si^iR^^/ — jung, lernbegierig, unb gegen feine fatl^o- 
lifii^e Stiefmutter el^er in Dj)})oftttott, — h)ar nun leidster gu ge« 
toinnen. Sßal^rfd^einKd^ i^aben fxä) Sarnim unb ^pi^ili^Jj) auf einer 
gufammenfunft ju ßammin im ätuguft 1534 bereinigt, toa« fo biele 
Stnberc Qtt^an, nun aud^ in il^ren Säubern gu untemel^men. Sluf 
einem Sanbtag ju a^reJJtoU) im folgenben SDecember legten fte einen 
Sleformattonö'Snttoutf bor, ber eigentlid^ auf einen Sorfd^Iag ber 
Stftbte gegrünbet ift, unb bei biefen — einige Äleinigfeiten abge« 
red^net — bie freubigfte Slufnal^me fanb. S)er trefflid^e ?ßomeranuö, 
SJoctor Sugenl^agen, toarb l^erbeigeruf en ^ um eine Äird^enbifttalion 
im Sinne bon aSittenberg gu untemel^men. 2lber um fo l^eftigem 
SBiberfjjrud^ erl^oben nun ßleru^ unb 2lbeL a)er Sifd^of bon 6am= 
min, ben man gebeten l^atte, bie SBeränberung gu leiten, ioiei^ ba^ 
toeit bon fid^; "ber Slbt \ion SKtencamj) brad^te ein SWanbat be§ 
Äammergerid^t^ au§, ba^ ben ^ergogen jebe SReuerung unterfagte. 

1) «er^anbfung gu @d^wal!arbett, 3ubtca 1531. (Sr lehnte ben beitritt 
jum f^malfafbtfc^cn 8mtb ab, „mit er nod^ mit feinen 33rübcrn in ungc* 
t^eiften Gütern fttjc," 



352 (Btäf9U9 9u^. St^ted (Sagtet. 

3)te 9{itterfci^aft h)arb üBetsrebet, ei^ fei auf einen Sunb )tt>if^ ben 
^rften unb ben @tabten abgefel^en, ber nur ju il^rem SSerberben 
au^fd^Iagen Idnne, unb lie^ ftd^ nid^t bie minbefte Xl^eilnal^me abge^ 
toinnen ^). 

2)aiS toar ixbexf^anpt ber 3#<^)tb ^^^^ großen S^eild i»on 
9?ieberbeutf(I^Ianb. 2)em ^erjog ^einrid^ ^on SRedHenburg, ber 1534 
bad 3(benbma]^I unter beiberlei ®efta(t genommen, ftanb fein Sruber 
Slbred^t mit bem größten Xl^eile ber £anbfd^aft entgegen. SBelcbe 
D))^ofttion bie Umh)anb(ung in ^olftein noc^ immer fanb, bett>et[t 
ein @(i^reiben Sanbgraf $l^ilif>f)!^ an ^erjog ßl^riftian aber bie 3RitteI, 
ben äbd für biefelbe ju geiüinnen. fjaft überall finben h)ir 6a^)itcl 
unb Slitterfd^aften mit ben reformatorifd^en 'Senbenjen ber ©täbte 
in SBiberftreit. SHamentlid^ in SBäeft^l^alen toar fo eben ber l^eftigfte 
Ramp^ au^gebrod^en. 

^n ben h>eft))l^älifd^en @täbten fe^te fid^ bie 93eh)egung fort, 
toie fie in ben nieberfäd^fifd^en begonnen. Sutl^erifd^e Sieber tourben 
Don ben Änaben bdr b^n Xffüxm, öon SJlännem unb gfrauen inner* 
l^alb ber Käufer, erft bei äbenb, bann bei Sage gefungen, lutl^erifd^e 
^räbicanten 'erfd^ienen. §ie unb ba löften fid^ bie Älöfter öon feBft 
auf, ioie in §erborb; ^ater unb ©üfterl^auö, loeld^e Beftel^en BRe« 
ben, nal^men bie Sieformation an*). Qn Semgo fanb fid^ ber?Pfar 
rer $iberi|, lange 3^^^ ^i^ Slni^änger bon Sodann @d(, enblid^ bitrd^ 
bie @egenfd^riften überzeugt, reifte nod^ einmal nad^ Sraunfd^toetg, 
unt bie %xt unb SBeife ber 3Seränberung ftd^ anjufel^en: afö er 
toieberlam, trat er aU ebangelifd^er 5ßfarrer auf unb reformirte bie 
©tabt. Der alte SBürgermeifter %lMm, ber bie l^ierard^ifd^en Drb- 
nungen betounberte unb fte für bie einzig juläfftge 3)arftellung be$ 
ßl^riftentl^umö l^ielt, mu^te enblid^ ben Sleuerem toeid^en, loeld^e bie 
fd^olaftifd^en S)octrinen au« ber 6t)iftel an bie SRömer toiberlegten'). 

®^ ioaren jjebod^ nur gtoei, brei Orte, too bie 93etoegung im 
(Sanjen fo frieblid^ abging; in anbem !am e^ barüber }U getoalt- 
famen 6reignif|en, j. S. in ©oeft unb in 5ßaberbom. 



1) ©d^rciben be« SlBt« Sodann ©ut« (8. Sunt) unb ber :|)ommerWen 
aeitterfd^aft (25. October 1535) bei SKebem (^t\äf. ber (Sinfül^rung ber ebangef. 
?e]^re in Sommern 197. 231. 

2) „2BoIte'\ fagt Sut^er, ,,ba6 bie ttöfier äffe fo ernftUd^ ®otte« ©ort 
tt»oIten beten unb l^alten," 

3) 3)er anbre bamalö ausgetretene «ürgermeifier toar Änbrea« Äfein* 
forg, ©roßöater bc8 ©erl^arb öon Äleinforgen, ber eine totfipffdli^^t Äitt^en* 
gefci^td^te im !atl^oUfd^en @inne tjerfaßt l^at. 



»Icformdtioit in SBcflrt^^cn. @ocft. 353 

Sn ©oeft hjaren bie Säürgermeiftcr unb 9latl^!§l^ert€tt toibcr il^ren 
SSiKm gcnotl^igt toorben, bie lutl^erifd^c 5ßrcbigt ju gcftattm, bie 
9(ug^butgif(l^e Sonfeffton, eine ebangelifd^e ^ird^enorbnung anjunel^- 
tnen^). ®a jie iebod^ im 2(mte blieben, fonnte e3 an ^Reibungen 
jtoifd^en il^nen unb ben SBottfül^rem bet ebangelifd^en Sßartei in ber 
©emeinbe nid^t fel^Ien. 35efonberiS toax il^nen ein (Serber berl^a^t, 
be^ 3?amen^ @ä)laä}toxp, unb um xf)x toanlenbeö Slnfel^en toenigfteniS 
in bürgerlid^en 2)ingen toieberl^erjuftellen, ergriffen fie bie ®elegeh- 
l^eit, beim erften ßjce^, ben berfelbe mit ein paax Sfnbern beim 
SBeine beging — fte ifattm ba eigentlid^ nur tapfer gef(i^im})ft — 
il^n feftjunel^men, bor ©erid^t ju fteSP^en, unb, \va§ 3liemanb ertoar^ 
UU, er felbft am toenigften, benn fonft l^ätte er leidet entfliel^ett Uta 
nm, mit ben Uebrigen jum %oi>e ju üerürtl^eilen. S)a l^alf nun 
feine ßinrebe über bie ©eringfügigfeit beö SSergel^enö, feine ^ürbitte: 
ber %aQ ber ^inrid^tung toarb feftgefe^t. Um biefen Stet ju fd^ü^en, 
Vertraute ber 3latl^ ben ergebenden unter ben ^Bürgern, bie nod^ gum 
2^l^eil fatl^olifd^ ioaren, bie SBaffen an. SBBir finb genötl^igt, ba^ 
6d^Iad^toJ)fer auf bag ©d^affot ju begleiten. 31K er bal^in fam, 
tpenbete er fxd^ nod^ einmal an bie 9Kenge ber ebangelifd^ geftnnten 
SSürger, bie fid^ überaus jal^Ireid^, aber unbetoaffnet öerfammelt 
l^atten, unb inbem er betl^euerte, ba^ er nur um ber SdeKgion toitten 
fterben muffe, ftimmte er baö Sieb an, „3Jlit grieb' unb greub* fal^i;* 
\i) bal^in": bie ganje Sülenge fiel ein. 3Jlan tou^te tool^l, ba^ bem 
armen SDlanne ©etoalt gefd^el^e, aber ber SRatl^ l^atte nun einmal baö 
SRed^t bei^ ©d^toert^: man ^ielt fid^ nid^t für befugt, in baffelbe ein= 
jugreifen. S)er genfer fragte, n)er bon ben 38erurt^eilten juerft fter- 
ben h)olle. ©d^lad^tor^ forberte biefe (Sl^re für fid^, fa^ auf bem 
ärmenfünberftul^l nieber, lie^ fein ^emb abftreifen unb bot feinen 
3laim bem ©treidle bar. SDa tooHte nun ba^ ®lüdf, ba^ ber gen- 
fer benfelben nid^t rid^tig fül^rte, nid^t ben §al5 traf, fonbern ben 
9lü4en, fo ba^ ©d^lad^^torj) mit bem ©tul^l umfd^lug, eine furd^tbare 
SBunbe emjjfangen l^atte, aber nod^ lebte. S)er anbere .genfer fam 
l^erbei, l^ob il^n auf, unb rid^tete il^m fd^on ben ^al^ ju bem toieber* 
l^olten ©d^lag .auf. Snbem aber ^atte ©d^lad^torj) fein Seiou^tfein 
loieberbef ommen ; er meinte, bem Siedete fein SRed^t getl^an ju l^aben 
unb ju nid^tig toeiter ber^)flid^tet gu fein: mit rafd^er 2Benbung, ob- 
tool^l il^m bie §änbe gebunben toaren, entriß er bem genfer bai^ 

1) 3)en fatji^lifd^en ©ciflUd^en toarb borgcfc^rtcBeit „ut honeste viverent 

abolita superstitione tantum**; fic toiäftn grögtcntl^cll« au8 ber @tabt. 

t.fRanU'^mnU UU 23 



364 ©ed^^te« «ud^. %dfM (Sa^ttel. 

fd^on ivieber gejütfie Stid^tfd^toert; unb l^telt ed mit einer burd^ bie 
a^obe^ttotl^ öerbt)})j)eltcn Äraft feft, fo lange hx^ er ben ©trid um 
feine ^änbe mit ben Salinen gerriffen l^atte, toorauf er bie mit cig^ 
nem 93Iut gefärbte SSaffe fo getoaltig um ftd^ fd^toang, ba| bie 
beiben $en!er il^m nid^t anlommp (onnten. 9lIIe^ ba^ 2BerI eine^ 
SRomenteiS; in toeld^em gugleid^ bie mit äRül^e jurüdgebrängte S^m- 
patf)xc be^ SBoße^ jum älu^brud^ lam. 3)er üRagiftrat gebot ben 
^enfern abguftel^n; bie 9Renge fül^rte ben ^laiftoxp, ber ia^ er- 
oberte Sd^loert in ben ^änben l^ielt, triumt)l^irenb nad^ ^aufe, $ier 
flarb er gtoar, in t^olge beiB 93(utberlufted, ber äBunbe unb ber ^n- 
ftrengung, am anbem 2!age; aber nie l^atte man ein fieid^begöngs 
ni^ erlebt toie ba^ feine. 3Ränner unb SBeiber, ä((t unb ^ung, 
@bangelifd^' unb $a))ftlid^'@efinnte ioaren in ber Segleitung: ^eben 
mann toollte ba$ 9lid^tfd^ioert feigen, bai^ auf bem @arge lag. 3Ran 
{ann fid^ beulen, ioie fel^r l^ieburd^ bie ©äl^rung ber ©emütl^er, ber 
aBiberlDitte gegen ben Slatl^ anload^fen mu^te: bei jeber ©elegenl^eit 
fal^ berfetbe ben ä[ufrul^r brol^en, unb l^ielt jule|t für ha^ Sefte bie 
©tabt ju berlaffen (Suli 1533). Xann trat ein neuer Slati^ ein, 
unb bie eüangelifd^e Drganifation toarb boEftänbig DoEjogen. 

9lud^ bie @reigniffe \>on ^aberborn filieren un^ an ein ^od^^ 
gerid^t, obtool^l fie ftd^ nid^t fo grauenboÜ enttoid(elten. SKud^ l^ier 
nemlid^ l^atte fxi) bie (Semeine, nid^t ol^ne Stuflauf, bie ^eil^eit ber 
$rebigt ertro^t, unb fd^on ein ^aar Jtird^ an ))roteftantifd^e ^ra- 
bicanten überliefert : feine Unterl^anblung be^ Sanbbro^en , leine Ser» 
orbnung be$ Sanbtagd l^atte fte babon gurüdfgubringen i)emu>d^t: (di 
enblid^ ber neugeioöl^lte ä^bminifitrator be$ ©tifte^, ^ermann bon SMn, 
mit ben SBomel^mPen be^ Sanbeö unb bewaffnetem ©efolge bafelbfl 
eintritt, um bie ^ulbigung anjunel^men. ^ermann toar öon 9latur 
lein ßiferer, loir ioerben il^m nod^ auf ganj anbem SBBegen begegnen, 
aber bie 3Sorftettungen ber ^oml^erren unb be« Statine«, fotoie einige 
Slid^tad^tung feiner Dberl^errlid^Ieit, bie er erfal^ren, betoogen ii^n je^t 
gu einem getoaltfamen ©d^ritte. SKod^ einmal, unb jioar, loie er 
fagte, um einen gnäbigen Slbfd^ieb ju nel^men, berief er bie Sürger- 
fd^aft nad^ bem ©arten be^ älbbinf^obifd^en filofter^: al^ fie a6er 
i^ier gufammengefommen, fal^ fie fid^ bon beioaffneten äRannfd^aften 
um^A^n: bie Slnfül^rer ber ebangelifd^en Partei iourben ergriffen 
unb ind ®efängni| geloorfen. 3Ran begüd^tigte fie bed Sorl^abenl, 
bie ©tabt an ben Sanbgrafen öon Reffen gu überliefern, unterwarf 
fie ber 3^ortur, unb fjjrad^ il^nen enblid^ bor bem berfammelten SSoB, 
im ängefid^t be§ ©d^affote^, ba§ fd^on mit bem ©anb beftreut mx, 



^ctoegungcn in ^aberBorn. 355 

ber il^r Slut trinfen foffte, ba« 2:obe§urtl^ciI. 3iaein l^tcr ging e« 
nid&t h)ie in ©oeft. J)er erftc ©d^arfrid^ter crllarte, bie Scule feien 
unfd^ulbig, er tooffe lieber f eiber fterben aU jte l^inrid^ten; au§ ber 
3Renge l^örte man einen alten SKann, ber begj^alb an feinem Biahc 
i^erbeigefd^Iid^en, aui^rufen, er fei fo fd^ulbig toie bie SSerurtl^eilten, 
er forbere ntit il^nen l^ingerid^tet ju toerben: unb inbem txatm auS 
einem naiven ^aufe bie t^J^^uen unb Jungfrauen ber ©tabt l^erbor, 
jene mit offener 33ruft, biefe mit gerftreuten §aaren, unb flel^ten um 
®nabc für bie ©efangenen *). ^em ßl^urfürften ^ermann, einem 
geborenen SBBieb, ber, toie ertoäl^nt, ©etoaltfamfeiten biefer 2lrt nid^t 
liebte, traten bie 2^l^ränen in bie 3lugen ; ba er aud^ feine toeftfid^en 
©ro^en erfd^üttert fal^, fd^enlte er ben SSerurtl^eilten ba^ Seben. SRur 
tarn bamit bie Seigre nid^t toieber emjjor. S)ie ®bangelifd^s©efinnten 
tüurben unter ftr^nger äuffid^t gel^atten, nad^ Sepnben mit @elb- 
ftrafe belegt, ßin 9lece^ toarb aufgerid^tet, burd^ toeld^en bie nm^ 
Seigre auf ba§ ©d^ärffte \>ctp'6nt toarb«). 

3flan fielet, toeld^e Äräfte l^ier in 9Beft))l^aIen mit einanber 
fäm^)fen: auf ber einen ©eite geiftlid^e dürften, SDomcaJjitel, Slitter« 
fd^aften, ©tabtobrigfeiten eng berbünbet: bagegen lebl^aft aufgeregte, 
burd^ eifrige 5jJräbicanten angefeuerte Stirgerfd^aften: bie ©inen fo 
geloaltfamer Statur loie bie STnbem. Jene tragen lein SSebenfen, 
il^re iuriSbictionellen unb oberl^errlid^en SRed^te mit äu^erfter §ärte 
gut Sämjjfung ber Seigre anjutoenben: biefe bagegen, gel^orfam, fo 
lange eg bai8 ftrenge Siedet gilt, finb bod^ augenblidflid^ ^um Sluf- 
rul^r fertig, fotoie baffelbe im minbeften öerle^t ju fein fd^eint. 2)er 
geiftlid^e^ ©taat, ber ^ier bie l^öl^em ßlafjen burd^ gemeinfd^aftlid^e 
Sntereffen jufammenl^ält, fielet ftd^ öon ben nnUxn, bie feine Sered^^ 
tigung leugnen, mit aller ^eftigfeit eineö beginnenben SlbfaH^ an- 
gegriffen. 

SKirgenb^ aber [tiefen biefe ©egenfä^e getoaltiqer auf einanber 
aU in bem 9Ritte(J)unft ber geiftlid^en Drganifation: bort, loo bie 
Sejeid^nung beS einft jur S^it ber ßinfül^rung be§ ßl^riftentl^umg 



1) ^antelmann Hist renati Evangelii in urbe Paderboma 1328, l^ter 
meine ^au))tquelle. 

2) „S&offen, bag nun unb l^infüro fein frember SD'^ann, f^rau, ^ned^t 
ober TlaQh, toel(^>c au« fold^cn (Stäbtcn unb gicden l^erfommen, bie ber neuen 
2c^re anl^ängig ober bcö^alb bcrüd^tigt fmb, ju S)ienfiboten in unfrer @tabt 
^abcrborn angenommen toerben^'^ 1532, 18. OctoBer. ^ei Äleinforgen 
»b. n, p. 364. 

23* 



356 ^tdfm9 9ud^. 9(^te« (So^ttet. 

an bet 9Ca geftifteten JUofter^ bie alten Stamm be^ Orte^ unb be§ 
&aue^ berbrdngt l^atte^ unb felbet jum Flamen ber @tabt unb be^ 
Sanbed getootben h)ar: in 3Rünfter. 

2)a l^attc jid^ ein lutl^erifd^er ?Jräbicant, ber fd^on einmal ent- 
fernt toorben tt)ar, Seml^arb Slottmann, bod^ toieber pi @t. SRori^ 
bor ber ©tabt feftgefe^t, unb ftd^ einen fold^en Seifatt ertootbcn, 
ba^ il^m enblid^ ber »ifd^of auf SCntrieb ber ftäbtifd^en ©eifttid^feit 
baö fidlere ©eleit auffünbigte. 35ie golge l^iebon toar jebod^ nur, 
baj5 il^n feine STni^änger in bie ©tabt felbft aufnal^men, h)0 fie i^tn 
anfangt eine l^ölgeme Äangel auf einem Äird^l^of errid^teten, gar 
ba(b aber, unb jiDar tool^I mel^r burd^ 9lnbrol^ung Don ®eioa(t a(^ 
burd^ Slnloenbung berfelben, bie Äird^e ju ©t. Samberti eröffneten *). 
hierauf loarb ein äuöfd^ujs ber Sürgerfd^aft ernannt, ber bie neue 
Äel^re gegen ßlerifei unb Slati^ bertl^eibigen fottte. ®g erfd^ienen nod^ 
onbere lutl^erifd^e 5Präbicanten, unb man Deranftaltete eine Dispu- 
tation, um bie SRi^brdud^e be^ bi«l^erig.en S)ienfteig ju h>iberle0en. 
3)a jtd^ Sliemanb red^t ju beffen SJertl^eibigung erl^ob, fo befam bie 
©efinnung ber ©emeinbe aud^ auf ben SRatl^ ©influjs, ber l^ier über* 
f^anpt ber alten 85erfaf[ung gemä^ einer tjojjulären ßintoirlung SÄaum 
gab, unb getoann jule^t bie 3Raj|oritot. S)ann f^ritt man ol^ne ju 
jögern, ju einer befinitiben ®inri^tung. Qfn feierfid^er SSerfammlung 
auf bem ©d^aul^auig h>urben bie fämmtlidj^en ^Pfarrfird^en Uon iRaif^, 
Dibemännem unb ©ilbemeiftern ben neu angelommenen ^ßrebigcm 
überliefert. S)ie ßlerifei fammt ber 5IRinorität beö 3latl^eig berlte^ 
bie ©tabt. 2)ie #religiöf e Umtoanblung toar, toie toir feigen, mit einer 
bürgerlid^en Seioegung Derbunben, toie fie in.jerfen S«itw fo ^'^H 
Dorfamen. 

5Rod^ weniger aber in 5Dlünfter aU anbertoärt^ l^ätten bie Ver- 
triebenen il^re ©ad^e aufgegeben: fie fanben an Slitterfd^aft unb Ga- 
piUl natürlid^e 38erbünbete. 2fud^ l^ier toarb ber ®intritt eineö neuen 
Sifd^of«, %xani bon SQBalbedf, benu^t, um affgemeine SDla^regeln be^ 
SanbeS gegen bie ©tabt l^erDorjurufen. 3)ie S^^^^^ toarb il^r oi'- 
gefd^nitten, il^re Siwfw wnb SRenten tourben jurüdfge^alten, bie Sür« 
ger felbft, h)o man fie betraf, gefangen. S)ie SCufl^ebung biefer 
Stoanggma^regeln fnüj)fte man an bie S5ebingung, ba^ bie alte 
SleKgion toieberl^ergeftefft toürbe. 

1) <Bo ergä^tt ber Sltefie emfad^fle ^ertd^t: 2)or^tud, toal^r^afte $tflorie, 
toit ha9 (Sbangeltum 3u äJ^nfler angegangen: „^o toaxh bie ätt^t, bag ntd^t 
gu Serman geriet)^, geöffnet." 



^Deformation in fßcfl^l^alcn. STOünflcr, 357 

3)ie Sloan^elifd^en aber, bie in il^rem Siedete )u fein glaubten, 
haaren nid^t ber SReinung, )U to>ei<i^en. Jlam c§ auf ©etoalt an, fo 
fäl^Iten aud^ fte ftd^ ftarl genug bagu. ®ar balb geigte fxä) il^nen 
bie befte ®elegenl^eit, einen lül^nen .@d^Iag au^juf ül^ren , ber ^Kei8 
entfd^eiben mn^U. 

©0 eben toar ber 8ifd^of mit ben Sanbfkänben ju feiner ^uU 
fcigung ju ^lelgte, eine $IReiIe bon SKünfter, eingeritten. SSon l^ier 
a\x^ fam, ben erftet^ SSeil^nad^tiSfeiertag 1532, ben S3ürgem jene 
Sfnmutl^ung ju, ber aften SleKgion toieber beijutreten. ©ie toaren 
fogleid^ entfd^Ioffen, toag fte tl^un füllten. 3n ber näd^ften 9?ad^t 
mai^Un fte fid^, 900 3Kann ftarf, jum 3:i^eil ftreitbare 33ürger, jum 
2^^eil gen)orbene ©olbaten, tnit ^anbgefd^ü^ unb ein j^aar Keinen 
Äanonen auf bierräbrigen Äarren, gegen S^elgte l^in auf. S)ag ®(üdf 
iDolfte il^nen fo it)ol^I, ba^ bie 9leiter^often beiS S3ifd^of^ bod^ nid^t 
auf fie ftie^en. ^n ber 3Korgenbämmerung langten fie bei 2^elgte 
an, [tiefen bie Sl^ore mit ^ebebäumen ein, befeftten bie ©trafen, 
unb brangen in bie Käufer, too il^re ^Jeinbe rul^ig fd^Iiefen. ©ie 
nal^men fie beinal^e äffe gefangen: bie Statine beig dürften, bie Dor« 
nei^mften SKitglieber beS S)omca))iteK, beig Slitterftanbeig, il^re eignen 
ausgetretenen Slatl^iSi^erren : ber gürft felbft toar ju feinem ffiilüdf 
@IM fd^on abgereift. S)ie 2lbgeorbneten ber Keinen ©t&bte liefen 
fie gelten; bie übrigen aber, eben äffe il^re alten SBäiberfad^er, fül^rten 
fte auf ein ^aar SEBagen nad^ SKünfter gurüd *). SEBte freubig rül^rte 
ber ©})ielmann bie S^rommel, als ber 3w9 "^^ ipol^IauSgefül^rtem 
Unternei^men , SKittag um 11 Ul^r, bie ©tabt toie im 2^rium))l^ 
toieber erreid^te. 

Unb l^ieburd^ nun gelangten fie junad^ft toirllid^ ju il^rem 3h)edf. 
3u einem eigentlid^en Singriff lonnte ber SSifd^of nid^t fd^reiten: l^ätte 
er aud^ bie Äräfte baju gel^abt, fo l^ätte er bod^ bie Slad^e ber Sür^ 
ger an il^ren ©efangenen fürd^ten muffen. aSielmel^r erfud^ten il^n 
bie beforgten 3Sertoanbten biefer ©efangenen, bie Seinbfeligleiten ein- 
jufteffen, bie fte einft felbft beranket l^atten*). Unter l^effifd^er SSer- 

1) 3nflruction unb i^erid^tung be« münperfd^en ^ax^ä)ati9 S^l^anne ^on 
öarbt in ben (£retoif(i^en Steten beö a)üffcrborfcr 2(rd^it>« erjä^^It. Unter^anb- 
lungen unb Singriff toie befannt: „alöbann etUdJ unfer getoaltigen ©errcn toon 
SWünfler, beggleid^en rebe, ijerorbente ein« S>omca:|)itel« unb ber Flitter* 
^apf of fomtge anber be« %M9, of fomige ton ben ©lebten gefenglid^ ge* 
nummen'' 

2) ©d^retben be« (Sonprmirten granj 17. San* 1533: „flnb toir bur^ 
e^Iid^e ©rafen aud^ ein trefflid^en Slbel unb 3Jern>anbte, funberßd^ ben t>on 



358 ^ ^ ©edf^dte« $dnäf. %6}M ^ud^. 

tnittelung tarn im f^^Bntat 1533 ein %xk\>k )U @tanbe, in tDeld^m 
ber ®tabt für il^te fed^$ $fart!irc^en in ^inftd^t ber ßetemonien fo 
flut h)ie ber ^ßrebigt bie ejteil^eit fletoäl^rt tourbe, ber Slug^burgifd^cn 
ßonfeffion ju folgen, nur follte fic bagegen aud^ bie 9(tt^getoanberten 
toieber jurüdffomtnen unb ben alten Slituö für 35ifc^of, 6a})itel unb 
©tift. Beftel^en laffen. SDer Sanbgraf al« äSermittler, Sifd^of unb 
6a))itel, bie äbgeorbneten ber SRitterfd^aft, unter il^nen ein Slae^.- 
felb, gtoei SDroften, ein SSüren, bie 3iatl^igl^ert;pt ber ©tobte untere 
geid^neten ben ^rieben. 3)amit fd^ien benn affe^ beigelegt. 3)cr 
Sifd^of erfd^ien in ber ©tabt unb naf)m bie §ulbigung ah; eine 
ebangelifd^e Äird^enorbnung toarb jJuBIicirt, in ber man aud^ für bie 
Slrmen ©orge trug ; man eröffnete bie Unterl^anblungen ü6er^ ben 
Eintritt in bej]i fd^mallalbifd&en 35unb. 

hätten biefe 3)inge SSeftanb gel^abt, fagt Äerfenbroif, fo toürbe 
bie münfterfd^e ßlerifei unter ein nie toieber ju l^ebenbeS 3od^ 
geratl^en fein. SBir bürfen l^injufügen, in ©tabt unb Sanb toürbe 
ber ^Proteftanti^mu^ nod^ l^eute l^errfd^en. ©d^on al^mten bie benad^- 
barten ©emeinben SDSarenborf, .Sedfum, 2lalen, ßoe^felb, ia§ Set^ 
fj)iel Don SWünfter nad^. 3)er SBifd^of felbft, ber fo toenig feft toax 
loie Hermann \>on 6ßln, toürbe jule^t mit fortgeriffen loorben fein; 
5ölünfter toürbe über ganj SQ3eftt)l^aIen entfd^ieben l^aben. 

Slffein eben an, biefer ©teile foHte fid^ toieber jeigen, treidle 
©efai^ren mit ber SSeränberung altgeiool^nter S^ftänbe nun einmal 
immer t>erfnü})ft ftnb. 

Ueber ganj SJeutfd^Ianb l^in hmr baö 5ßrinci|) ber SHeformation 
aufö neue in lebenbigem gortfd^ritt, in Sluöbreitung unb Eroberung 
begriffen; aber eben beigl^alb fe|te e^ fid^ aud^ überall in freie unb 
unbered^enbare Sejiel^ung ju ben Seftrebungen, Sebürfniffen, Seiben= 
f d^aften ber 3Kenf d^en. S^J^r l^atte ftd^ je^t in • ben 5ßroteftanten eine 
5rood^t gebilbet, bie bemfelben einen regelmäßigen Sluöbrudf gab, — 
einen fold^en, beffen Segalität unb SSereinbarleit mit ben Swf^«'^'^^ 
beg Sleid^iS fid^ ä[neriennung berfd^afft l^atte, toenn aud^ fürl 6rfte 
eine nod^ unöofflommene unb einfeitige; — allein aud^ an biefe 
!onnten fid^ bie Sieuerungen nid^t fo grabel^in anfd^Iießen. SDie SKit- 
glieber be^ fd^malfalbifd^en SSunbeö, benen ber fjriebe ju &uU hm, 
loaren namentlid^ genannt, unb nod^ toagten fie nid^t, fid^ mit än^ 
bem ju Jjereinigen. 2lIIerioart^ mußte fid^ bie Steuerung lebigfic^ 

2öucrn unb SWcngcrSl^ctm umb (Sribfung bcrfefben bie olfo in unferm 2)ten|l 
niebcrgelad^t, fcl^r ^cftig angcfoidjt.'' 



9^cfomation in aöcfH)^««. SWünflcr. 359 

mit eignen Gräften burd^fe^en: naiütlid^, ba^ fte babei auf unge- 
tooffnU, \)on ber fd^on gebilbeten ei^angelifd^en ^ird^e abioeit^enbe 
SBege getietl^. 

^ud) fci^on frül^er, in ben nieberfäd^ftfd^en Stäbten, l^atte ftd^ 
bie SBetoegung nid^t leidet bei ben 3lefultaten il^rer erften ©iege, bei 
ber bloßen ^eil^eit bed ©otte^bienfie^ nad^ neuem fftiUi^ beruj^igen 
tooUen. ^n äRagbeburg foax nod^ unter bem @influ^ ber S3äuem' 
unrul^en bon ber ®emeinfd^aft ber ®üter ge})rebigt toorben: nur ein 
fo entfd^Ioffener ffiiffe, tote Slmöborf«, ber gum ©uj)erintenbenten 
ber SRagbeburgifd^en itird^e berufen toarb, !onnte bie friebfertigen 
^Intentionen Sutl^er^ ba burd^Iäm^fen unb feftl^alten. ^n S3raun< 
fd^toeig tl^at ftd^ balb nad^ 9[uffteUung ber lutl^erifd^en ^ird^enorbnung, 
unter ben 5ßrebigem felbft, toeld^e biefelbe ^attm abfaf|en l&elfen, eine 
Steigung jum 3h>ingIianii?muS lunb : jte berhjarf en Drgel unb gigural» 
gefang, Dor aKem aber getoiffe Sieber it)äl^renb ber Kommunion, in 
toeld^en ber lutl^erifd^e Segriff aU!ggefj)rod^en toar: aber ber Slati^ 
ber ©tabt, befonber« ber Sijnbicuö Sebin bon 6mben, erßärten fid^ 
gegen iebe Steuerung: fte tDoUten nid^t bulben, ba^ man in äEBiber^ 
f^rud^ mit ber fo eben angenommenen ^ird^enorbnung loieber ettoa^ 
Sefonbereig anrid^te: fie fürd^teten ol^ne 3h>rff^I/ ^w^^ mnm Setoe^ 
gung nid^t fo balb toieber ein ^xA fe^en gu lönnen. 3n ®oi8lar finben 
toit biefelben @rfd^einungen. S^^ %f)M ioaren e§ bie bon Sraun» 
fd^toeig ber jagten Stoinglianer, bon benen fie l^errül^rten; aber audj 
l^ier toad^te Ämi^borf über bie toittenbergifd^e Örbnung: bie ©egner 
lourben aud^ l^ier entfernt. 

3n SJlünfter nun traten bertoanbte, aber bei loeitem ftärfere 
SRegungen ein. Qn ben 5|Jrebigem, bie in bem Äam})fe em))orge^ 
lommen, bon benett ber ©ifrigfte, Sflottmann, je^t bie Sluffid^t eine^ 
©u^)erintenbenten über bie anbem fül^ren fottte, jeigte fid^ nid^t allein 
Hinneigung ju ber jtoinglifd^en Sluffaffung ber StbenbmaJ^Klel^re, 
fonbetn toai bei ber 35erfled^tung ber SKeinungen in jener 3rit nod^ 
biel bebeutenber h)dr, eine ftarle Slbioeid^ung felbft bon 3h>ingli in 
Sejiel^ung auf ia^ anbere Sacrament: SRottmann öertoarf bie Äinber« 
taufe, äffe«, toa« in 3Rünfter bie SRul^e liebte unb fid^ mit bem 
Bereit« ßrloorbenen jufrieben fül^lte, erfd^raf l^ierüber; ber Statl^, fo 
bemofratifd^ er aud^ conftituirt toar, fe^te ftd^ bagegen: e« toarb eine 
S)i«j)utation beranftaltet, beren 3lu«faff eine förmlid^e (SrHärung 
toiber Slottmann jur ^Jolge l^atte. SKud^ bie SKarburger Uniberfität 
gab ein ©utad^ten gegen il^n, unb ein Jjaar l^effifd^e Xl^eologen er- 
fd^ienen, ben Slatl^ toiber bie SReuerer ju unterftü^en. WHit äffe bem 



360 @c(i^0te« «u(^. «d^te« (So^ttel. . 

\oax aBer ber neue Stai^, ber nod^ immer bie Xenbenjen bet lauft'- 
lifd^en Partei ju Beföm))f en f)aiU, nid^t ftarl genug, energifd^e Wta^- 
regeln ju ergreifen. Slottmann unb feine 9(nl^änger blieben in ber 
©tabt, unb l^atten eine um fo größere gel^eime SBirIfamfeit, je mel^r 
man il^re öffentlid^e befd^ränlen tPoUte. @iner h)eltlid^en ^el^örbe, 
bie bod^ il^r ®afein ber bon- il^nen geleiteten religiöfen Setoegung 
t)erbanlte, ioaren fie nid^t geneigt jtd^ ju untertverfen. 

3[n biefer Dj)j)ofition gerietl^en fie auf ben ©ebanlen, einem 
(&l^tnmt ber geiftigen Setoegung, bem fie jtd^ Bereit« genal^ert, — 
toir finb il^m fd^on öfter Begegnet, unb tüiffen, h)ie e« Don aller ge- 
feftmä^igen ®ett)alt auögefto^en unb berfolgt, bod^ immer fortfd^ritt 
unb eine untoiberftel^Ud^e 3Bad^t auf bie ©emütl^er an^üiU, — bem 
toiebertäufmfd^en, öffentfid^ Eingang in 5Künfter ju geftatten. 

@in (Sreigni^, bai^ jugleid^ eine allgemeine Sebeutung l^at. 

Xa^ reformatorifd^e 5ßrinci^j, toie e« fid^ Biöl^er ^eftaltet, fal^ 
auf« neue, h)ie in ben 3^ü^ ^^^ Sauerniriege«, 2^enbenjen neben 
pd^ auffommen, Don benen e§ felBer loieber jerftört loorben toäre. 

^atU eg pd^ auf ber einen ©eite gegen bie 9K&d^te ber ölten 
Äird^e unerfd^ütterlid^ aufgeftefft, fo mu^te eö nac^ biefer anbem l^in 
abermals ©efal^ren Beftel^n, bie bod^ aud^ SWomente i^aüm, too fte 
jtd^ fel^r brol^enb erl^oBen. 

^ie aSal^n freier geiftiger Äämt)fe ioar nm einmal eröffnet: 
man follte inne loerben, ba^ bie Siege in biefen SRegionen nid^t 
leidet erfod^ten ioerben. 



föiebertäufet ju äRänfter. 

SdUd auf bic ffitebertäufer int SHIg-cmctncn« 

2Bie l^ätte {td^ in einem SlugenBIidf e , n)o ba^ gro^e fird^lid^e 
^ftitut, Weld^ed bie Ueberjeugungen fo Diele 3<i^^^unberte ballet 
ntit mcf)X ober minber toittfürlid^en ©a^ungen gefeffelt l^atte, erfd^ftt^ 
Uli, 3unt Xl^eil geftüY)t, feinei^ @influffe^ beraubt tDurbe, überl^au^t 
beulen (äffen, ba^ bie @eiftet fxä) bod^ it)ieber fämnttlid^ ju gleid^en 
^ofttiDen SReinungen bereinigen toürben? 

3(^ iDunbere ntid^ Weniger, ba^ eiS nid^t boUft&nbig Btatt fanb, 
atö barüber, ba^ e$ nod^ in fo l^ol^em ©rabe gefd^al^, n>ie ei^ ge« 
fd^el^cn ift, 

i^e^t aber foSten bod^ nod^ einmal bie @egenfä^e ftd^ getoaltig 
eri^efcen. 

98ir fa^en, h>eld^en 9ßiberf))rud^ fotool^I 3^ing(i aU Sutl^er in 
einer brüten Partei fanben, loeld^e bie ßinbertaufe bertparf. S)ort 
brmerften tt)ir jebod^ )ugleid^, ba^ biefe SSertoerfung {einedtt)eg^ bie 
auiSfd^Iie^enbe ttnterf^eibungi^Iel^re, fonbem nur ba^ SEBal^rjeid^en 
einer Partei aui^mad^te, bie no^ in unjäl^Iigen anbem S)ingen ah 
toid^ unb in ftd^ felbft bie mannid^faltigften 9Serfd^iebenl^eiten tnt- 
toid^elte. 

@d loäre tuol^I ber SRül^e U>ertl^, biefen e^centrifd^en ^Übungen 
toeiter nad^guforfd^en, bie feltenen ©d^riften, in benen fie jtdj aa^: 
gef))rod^en \ahm, jufammenjufud^en, il^rem innem 3uf<tntmenl^ang 
nad^jufjjüren ^). 

1) @o bie er^e ^«gabe. ©ettbem l^at (Sorneliu« : i^t\d)xäftt httTt&n* 
^tt]6)tn, 53b, II, eine fel^r ffeigigc unb unterric^tenbc 3(rbcit gcbrad^t 

\ 



362 eec^dted 93u(^. ^^eunted (iapittl ■ 

©0 toeit id^ bie ©ad^e überfeinen lann, finbe id^ in.^ittfidnt ber 
Seigre )h)ei, oBtool^l Don bemfelben fünfte audgel^enbe, bod^ gan} 
tjetfd^iebene Slid^tungen ber 3Reinung. 

Sa^ 9)ogma S^on ber Sled^tfertigung Befd^äfttgte bie SBieber« 
tauf er fo gut toie bie anbem S^tgenoffen; fie f(i^ritten babon tociter 
fort ju ben ^agen über bie Staturen in ßl^riftu« unb bie Kräfte 
ber ©eele. ©ie Blieben lool^I fämmtlid^ Don ber greil^eit be^ SBillen^ 
übergeugt, unb toiberfe|ten fid^ in biefer ^infid^t ben Sel&ren Sutl^erg; 
allein fie gogen barau^ Derfd^iebene ©d^Iüffe. 

2)ie ©inen meinten, bie ©ad^e fei überaus einfad^. ©er fTOcnfd^ 
fönne burd^ gutei^ SSerl^alten unb eignet SBirlen afferbing^ bie 
©eligfeit üerbienen : Gl^iftuö fei nid^t f olool^I unfer ©enugtl^uer, afö 
unfer ^el^rer unb SSater. 33efonberö l^at ^an^ S)enl, ein übrigen^ 
auiggejeid^neter junger 3Kann, geleiert, bieber, aud^ befd^eiben — er 
hdannU toenigftenS, \oa^ beinal^e fein 3lnberer an^ biefem Äreife 
gugeftel^en tooffte, ba^ er aud^ irren lönne — , biefe 9Keinung auö- 
gebilbet. @r ging baDon au^, ba^ @ott bie £iebe fei, ioeld^e ^leifd^ 
unb 35Iut nid^t begreifen toürben, toenn er fte nid^t in einigen 
SRenfd^en barftettte, bie man göttlid^e SKenfd^en, ©otteö Äinber nenne. 
3n ßinem aber i^abe fid^ bie Siebe am l^ödi^ften betoiefen: in S^fw ^^^ 
Slajaretl^: ber l^abe in ©otteig 2Seg nie geftraud^elt: er fei nie un= 
einö mit ®otf geloorben. 6r fei ein ©eligmad^er feinet SBoßeö: 
benn er fei ein Vorgänger aller berer, bie feiig loerben fotten. 35a^ 
tooHe eig f agen, loenn e^ l^ei^t : alle foßen burd^ (Sl^riftu^ f eKg toerben ^). 

Sn enger 38erbinbung mit §an§ 3)enf ftanb Subh>ig $ä|er 
fte i^aben mit einanber einen S^l^eil ber ^Projjl^eten inö SJeutf^e über 
fe^t. 5Rur fd^ritt §ä|er, toie er in feinem Seben^loanbel auSfd^toei 
fenber bar, fo au^ in feinen SDoctrinen biig ju ben öu^erften 6on 
fequenjen fort, ©r toar ber (Srfte in biefer S^od^e, ber bie ©ottl^eit 
ßl^rifti leugnete. 3)od^ fönnen h>ir nid^t fagen, toie er ju biefer 
SReinung lam, mit toeld^en (Srünben er fie t^ertl^eibigte: ba? SJud^, 
bag er barüber gefd^rieben, ift nie gebrudft h>orben ; bai le^te i^anb* 
fd^riftlid^e 6jem))Iar l^at Slmbroftu^ 35Iaurer Derbrannt. 

3n einem Dertoanbten ©inne erllärte fid^ aud^ $an§ Rani} bon 
Sorfenl^eim ju SBormig. 6r meinte, 3«fui8 ßl^riftuig \>on Slajaret^ 

1) (Steffen au6 feinem ^üäf ^on ber SieBe bei Kmotb I, 1305. 3n 
feinen äßeinungen BUeB er fid^ tool^I nid^t gltid^» DtMampahm9 (Epp. Zw. 
et Oec. p. 169) U\favipttt, er ^aBe furj toor. feinem S^obe toiberrufeUr — 
„etiamsi nee iUa purgatissüna erant". $erg(. Fabian an ^toid Ui ^i^SIii^ 
^Beiträge V, 397. 



S3iebertäufertf(^e Seilten» @a(s(urger ©ärtnerBrüber. 363 

crißfe unö bann, toenn h)ir feinen gu^ta^fen nad^fplgen: tuet an- 
bete leiste, mad^e einen 9l&gott an^ ü)m^). 

Unb man follte nid^t glauben, loie toeit biefe Slnftd^ten ftd^ Der- 
Breitet l^aben. 3Bir finben fie unter anbem in Salzburg, ol^ne ba^ 
füix fagen fönnten, tt)ie fte bal^in ge!ontmen. @ine ©emeinbe t)on 
armen Seuten liegte fie, bie'fid^ Don allem ©otteöbienft lo^fagten, 
in ©inöben jufammenlamen, burd^ gemeinfame Seifteuem 3Jdiber* 
fd^aften errid^teten: jte nannten ftd^ (Särtnerbrüber. ©ie meinten, ber 
©eift, ©uteig gu tl^un, fei allen 9Renfd^en angeboren: eö fei fd^on 
genug, h>enn man nur baiS ©efe| erfülle: benn eben baburd^ jiel^e 
un^ ©Ott an ^xä), ba^ man äu^erlid^ 9led^t tl^un muffe : (Sl^riftui^ fei 
leine^loeg^ ber ßrfütter bei^ ©efe^eS, fonbem ein Seigrer d^riftlid^en 
Sebenig*). SSei^aujjtungen öon ni^t fel^r tieffinniger, aber toal^rl^aft 
unfd^äblid^er SRatur. Stn biefen armen Seuten tourben fie aber furd^t- 
bar geftraft. ßinige Don il^nen loaren auf einer il^rer SBerfamm* 
lungen in bem §aufe eineö ^ßfarrerig entbedft toorben unb l^atten 
iein Sebenfen getragen, aud^ bie abtoefenben iOlitglieber il^reg ^un-- 
be^ ju nennen, hierauf tourben fie fämmtlid^ bem ©erid^t über^ 
liefert. S5ie ©lauben^fd^toäd^eren , bie fid^ jum SBiberruf betoegen 
liefen, tourben erft mit bem ©d^toerte gerid^tet, bann Verbrannte man 
il^re Seiber. 3)ie, toeld^e nid^t toiberriefen, tourben auf bem tJtol^n« 
l^ofe bei lebenbigem Seibe bem ^euer übergeben. „S)ie l^aben lange 
gelebt", fagt eine gleid^jeitige Slad^rid^t, „unb ©ott l^art angerufen, 
ift gar erbärmlid^ ju l^ören geioefen". Ober man brad^te fie in bag 
^an^, loo fte l&äufig il^re S^fammenfünfte gel^alten unb unter ein- 
onber ^e^rebigt fjattm, fj)errte fte l^ier ein unb jünbete ba^ ^au^ 
an. „2)ie l^aben", fäl^rt jene 3lad^rid^t fort, „jämmerlid^ unter ein^ 
anbet gefd^rien, jule^t il^r Seben aufgegeben, ©ott l^elfe il^nen unb 
unö aUen'\ Unter SInbem l^atte ein- junges fd^öneS ^räulein bon 
16 ^ai)xm auf feine SBäeife jum SBiberruf gebrad^t loerben lönnen: 

1) mkvidf^ ®cfd^. ber §Äcf. im (Stfaß I, 338. 3luf i^n begießt fid) too^r 
3ix>tnglt in bem Elenchus contra Catabaptistas, trenn er fagt: apud Van- 
giones Denkii et Hetzen cum Cutiis nescio quibus nihil obacure plenam 
perlitationem per Christum negant, quod nihil aliud est quam noTum 
testamentum conculcare. Schulth. III, 370. 

2) ^ttct 3ci?ttung öon ben toibberteufern unb i?l^rer @ect 1528. SCu* 
ge^>angt fmb 13 Slrtifel, ,,toel«e flc für toa^r^aftig galten". 3. «. „@« fe^ 
ein innige^ gleiten bed ^aterd, bamtt er und gu t^l^m gte^e, bad fe)^, tuenn 

man lere rcd^t t^un J)on auffen". „@ic mögen ®ut« t^un öon i^l^nen 

fetbft tt)ie fie erfd^dffen". 



364 @cci^«tc« ^näf. Sf^eunte« (Sa^itcl. 

tote benn in biefem 2lfter bie ©eele ber ftärfften unb fd^touttabottfien 
moralif^en ^ingebunfl fäl^ifl tfl; getoi^ toar fie ber S)ittfle, beten 
man fie anKagte, f(i^u(big, dBet übrigen^ mit bem 93ett>u^tfein unb 
bent aiuSbrucf ber reinen Jlnfc^ulb. ^ebermann Bat xm il^r Seben. 
S)er SRad^rid^ter na^m fie auf ben SCmt, trug fie an bic Slo^tränle, 
taud^te fie unter bag SSBaffer, fo lange big fie ertrunfen toar, bann 
gog er ben entfeelten Seib lieber l^erDor unb übergab il^n bem 
geuer*). . 

2luf ganj Jjerfd^iebene Folgerungen tourben nun aber anbete 
Don benfelben ^Jragen über ®rlöfung unb Sled^tfertigung ge^l^rt. 
6ie nal^men eine burd^greifenbe 2^rennung jtoifd^en ®eift unb t^Ieifd^ 
an. Biatt ju fagen, ber SKenfd^ fönne burd^ eigne Äraft ba^ (Sute 
tl^un, er ioerbe burd^ Jled^tti^un felig, ha^ fei bie Seigre ßl^rifti, Be- 
IfaupMm fie bielmel^r, nur ba^ ^leifd^ fünbige, ber (Seift toetbe 
bat)on nid^t Berül^rt, er fei Bei bem ©ünbenfatt nid^t mitgef allen. 
3)urd^ bie SGBieberbringung loerbe ber ganje 9Renfd^ fo frei toie Dot 
bem Satte, ja nod^ freier. 3«bem fie nun ßl^rifto biefe 3Bieber^ 
bringung jufd^rieben, leierten fie bod^, ba^ beflen SKenfd^l^eit bon 
Befonberer 2lrt geloefen fei. 6r l^aBe Bei ber ©eburt Don feiner 
SKutter nid^t§ angenommen: in il^m fei ba§ reine SSort gleifd^ gc« 
toorben : benn 2lbam§ ^Ui^^ fei DerPud^t. Sel^r Verbreitet toaxen 
aud^ biefe STnfid^ten: loir finben loiebertäuferifd^e Äirc^enlieber, in 
benen fie unumtounben auggefJ)rod^en finb?). SBai^rfd^einlid^ ftnb fie 
Don Saf^ar @d^toen{feIb ausgegangen, ber ebenfatti^ bte conftituirte 
Äird^e unb bie Äinbertaufe Dertoarf, unb bie ßreatürlid^feit beS Seibe^ 
ßl^rifti leugnete, benn ber fei eine gnabenreid^e, Don ®ott entf^)run9ene 
©ubftanj, ein ^Jleifd^ ber toiebergebrad^ten $Ratur'). SSBol^I nidjt 
ol^ne STnfto^ Don ©d^ioenffelb l^at fid^ aWeld^ior §offmann fo Diel 
mit biefen Seigren ju fd^affen gemalt, ^offmann erflärte pd^ an- 
fangt füi^ bie unbebingte ©nabentoal^I: \päUx U^aupUU er bagegen, 

1) Sflttct äc^ttung. 3n Saunet« SalgBurgct (S^tonif (V, 119) finben 
fidiff obtool^I il^m jene Sftad^xiäft unbefannt geblieben i^, t>cä) fonfl einige er^ 
gängenbc Stetigen übet jenen ^farret u. f. to. 

2) Xa9 2itb a* ^-r ba« in ben ü^ünfietift^en ©efd^id^ten unb @agen 
p. 291 mitget^eitt ip. 2)et befangene »itb ha geftagt, ob (S^tifhi« ^on 
3«ariä greifd^ unb «lut fei. 

,,^a« l^ab xäf nie gelefen, \}db id^ )oox il^nen befannt, 
Sie foI[ bet t)on @rbe toefen, ben (Bott un« f^at gefanbf 

3) ^uUinget an Fabian fagt toon @d^&>en!fe(b: Hoffmanni dogma de 
came Christi coelitus delata primus invenit, etsi jam dissimulat. Sn^ei 
giebt il^m bie gange Siebertäuferci @t^ulb, Epp. Ref. p. 112, 



SBtcbertauferiWe ?c^ren. 365 

ein ^eiex fönne ber ®nabe tl^eill^aftig tperben: Verloren fei nur 
ol^ne ©rbarmen ber, toer einmal erleud^tet, aföbann tüieber abhjei^e. 
S(([e bie, an toeld^en fid^ eine @t>ur ber ®nabe jeige, badete er burd^ 
bie SBiebertaufe gu ©iner ©emeinbe ju bereinigen*). 

3loi) \>xd mannigfaltigere SSetfd^iebenl^eiten jeigten ftd^ nun aber 
unter ben SBiebertäufem in §infid^t beö Seben^ unb ber ®ebräud^e. 

S)ie @inen l^ielten bie Ainbertaufe nur für unnü|, bie 3(nbem 
für einen ®reuel. 2)ie (Sinen forberten bie ftrengfte ©ütergemein^ 
fd^aft, bie STnbem blieben h^ ber ?ßflid^t gegenfeitiger Unterftü^ung 
ftel^en. 2)ie (Sinen fonberten ftd^ fo bottfommen h)ie möglid^ ab unb 
gießen e^ felbft für und^riftlid^, ben ©onntag ju feiern, bie 2(nbem 
erllärten ed für unerlaubt, fo fielen Sefonberl^eiten nad^jugel^en. 
85ei ©ebaftian fjrönl, ber fte fel^r h>ol^l fannte unb felbft ju il^nen 
gered^net toarb, finbet ftd^ ein langet SBerjeid^iii^ öon Slbtoeid^ungen, 
bie er unter il^nen tüal^rgenommen*). 

3)a fonnte nid^t fel^Ien, ba^ fte nid^t auf mand^erlei SBeife mit 
bem ®iaat in 3BiberfJ)rud^ geratl^en toären. 

3uerft fatten unö S)ieienigen auf, tpeld^e Äriegöbienft unb (Sib 
Dertoeigerten. 3« tobten l^ielten fte in jebem gall für ein 38erbred^en, 
)u fd^b)5ren für unerlaubt unb fünblid^. Unmöglid^ lonnte man fid^ 
ba^ in ben ©tobten gefallen laffen, too man nod^ immer auf SSer« 
tl^eibigung burd^ bie eignen Slrme ber SBürger angehjiefen toar, ober 
too ftd^, toie in ©tra^urg, ber ganje ®el^orf am an ben 93ürgereib 
fnü})fte,' iDeld^er an bem jal^rlid^en ©d^toörtag geleiftet toerben mu^te. 

SBeiter nel^men toir Slnbere toal^r, bie ftd^ ettoa für berufen 
l^ielten, bie 6l^e ju reformiren, benn nur eine fold^e fei gültig, bie 
im ©eifte gefd^loffen toorben. 3)er Äürfd^ner Q,lau9 g^ei l^attc fein 
ßl^etoeib toerlaffen unb jog mit einer anbern burd^ bie SBelt, toeld^e 
er „feine einjige redete geiftlid^e ©l^efd^toefter" nannte^). 

2llle •fanben ba^ Äird^enregiment, toeld^eS burd^ SKagiftrate unb 
5Prebiger Dereinigt aufgerid^tet toorben, unerträglid^: einen Qeben 
follte man t)rebigen laffen, bann toürbe leihe ©^jaltung fein. Sie 
erfl&rten, bie (Sinrid^tungen ber ©üangelifd^en feien eben nid^tö an« 
bereit, afö ein neueö 5ßaj)fttl^um. 

%nä} hoaren fie übetgeugt, ba^ ei^ bamit nid^t lange bauern 
fönne. ßinö ber toefentlid^ften ©tüdfe il^reiS ©lauben^ ift bie apo-- 

1) 9(u9gug aud fetner 'JCudlegung bed 12. (£a^tte(d 2)amelid bei ^o^n 
&i\äfx^tt ber SöiebertSufer (nur SWctd^. ©offntann«) p. 90. 

2) 2)ie britt (S^ronüa $on ben $2i^flen unb getflUd^en ^^nbetn p. 165. 

3) mifxiäf n, 93. 101. 



366 2^tä}9M euäf. ^tnnm (EapiUU 

M\)ptx^6)^ (Srtpartung einer Balbigen Umfel^r ber ^inge, eines boD^ 
lontmenen ©iegeg, loelS^e fd^on ÜJlünget unb ©tord^ genäl^rt. 3la(| 
beren 35etfj)iel l^attm ani) bie mtem Dberl^äuj)ter bie gro^artigften 
ßinbilbungen, ein jeber bon fid^ felbft, mit benen fie jtd^ toenigften^ 
Sei il^rer näd^ften Umgebung Singang t)erfd^afften. 

$ubma^r Derglid^ 3l\loUpnxQ, h)o er Bei einem Sid^tenftein 
Slufnol^me gefunben, mit Smmau^*), h)ol^in fid^ ß^riftuS jurücfgc' 
jogen, „benn eS fange an 3lai)t ju toerben, unb bie le^te 3^it fei 
Dor ber %f)ixx'\ 

3[ener SKeld^ior $offmann, ein toanbember Äürfd^ner, ben toir 
nad^ unb nad^ im Slfa^, in ©todfl^olm, in Sieflanb, in Äiel, in 
Dfkfrieiglanb pnben, balb mit mäd^tigen gürften in enger SSerbinbung, 
balb im Oefängni^ fd^mad^tenb, begab jtd^ enblid^ toieber nad^ bem 
®l^a% naä) ©tra^urg, tco er meinte, ba^ ber ©i^ beö neuen S^ru« 
falemiS fein folle, bon Wo, nad^ 2[J)olaI^})fe 14, l^unberttaufenb unb 
bierunbbierjig taufenb jungfräulid^e 9l^ofte( mit il^m aUiSjiel^en Far- 
ben, um aHe älu^ertoäl^Iten ©otteö in ben ©d^afftatt gu fammeln. 

Slttmäl^Iig regte fid^ nun aber oud^ bie 3bee tüieber, einen 3"' 
ftanb biefer Art mit ®eh)alt j^erbeigufül^ren. 

^an^ ^nt meinte au^ ÜRofe^ unb ben ^xopf^etm beh^eifen )u 
fönnen, ba^ bie SBiebertäufer alö Äinber ®otte§, toie einft bie 
Sftaeliten, beftimmt feien, bie ©ottlofen auöjurotten: @ott fettfi 
toerbe ^e bagu aufforbem'*). 

3lm SBürtembergifc^en befannte im ^al^re 1528 ein ©efangener, 
ber 3«6er]^an^ auig bem ©d^omborfer 2lmt, ba^ er mit anbetn 
©laubigen befd^loffen, lünftige Dftern- jur Il^at ju fd^reiten: 700 
9Rann ftarf toottten fie fid^ bann in Sleutlittgen bereinigen, junäd^p 
in SBürtemberg bie Dbrigfeit abfd^affen, bie ?Jf äffen tobten, eine 
affgemeine Stenberung betüirfen'). 

ÜReld^ior §offmann brol^te nid^t f elbft ba« ©d^toert in bie $anb 
ju nel^men: aber er toar üBerjeugt, ba^ eig ergriffen toerben tnüffe, 
@r l^atte eine 3^itlang mit ^önig ^^iebrid^ I bon 2)änemarl in ptx- 
fönlid^en SSerl^ältniffen geftanben. 6r meinte j|e^t, ber toerbe ber 
eine ber Beiben Surften fein, burd^ loeld^e, toenn bie 3«^ gefommen, 
benn nod^ fei ^te nid^t ba, äffe ©rftgeBurt Sreg^})ten^ erf dalagen 
iDerben muffe, Big ba^ baö toal^re ®bangelium bie ®rbe einnehme 

1) Sa(irfd^etnli<i^ l^iett andf er bad €mmau^ be9 neuen 2:eflaniente9 
für bae festere «Ri!o|joIt«. 

2) @cbafl. granf p. 169. 

3) @attler ^crgögc II, p. 174; 



SicbcrtouferiWe Je^rcn. 367 

itnb bte ^od^g^it bei^ Samme^ erfd^etne. SDod^ \oatm nxd)i alle feine 
@d^öler fo gurüdi^oltenb tote er. ßinige meinten, bte S^ii fei in 
ber Z^at fd^on eingetreten, unb ftd^ f eiber l^telten fte für beftimmt, 
baiS ©d^toert ju ergreifen, 

@o erl^eben fid^ biefe ÜReinungen Don einem mel^r fonberbaren 
als gefal^rlid^en ^articularii^mud ber @tillen im Sanbe gar balb 
bis jur entfd^iebenen g^inbfeligleit entl^ufiaftifd^er SBeltberbefferer. 

Stile beutfd^en Sanbfd^aften toaren aber Don biefen flüd^tigen 
9l)>ofteln, bolb ber einen, ba(b ber anbem @ecte burd^jogen: man 
iou^te nid^t, bon too fte famen, lool^in fle gingen. 3^^ ^^^^ ®^^^ 
toar ber fjriebe beö ^erm, an toeld^en fte bie Seigre Don ber Slotl^« 
toenbigleit brüberlid^er ©emeinfd^aft in äffen Singen tnüpfUn. 2)ann 
famen fte auf ba^ 33erberben ber SBelt ju reben, bie ®ott jjebod^ 
nun im Segriff fei ju gtid^tigen, toie benn in ber ©etoalt, bie er 
bcn 2Jürfen Derflatte, fd^on ber Anfang fold^er Sö^tiö^^Ö ^^H^' 
treten. @ie lel^nteir fid^ an bie bamal^ fel^r toeit Verbreitete Srtoar^ 
tung Don einer beDorftel^enben m^ftifd^en Umtoanblung affer 3)inge« 
3?ott Dften l^er Derlünbigte man bie unter Seid^en unb SBunbem 
Don afferlei 3Crt }u 93ab^Ion bereite gefd^el^ene ©eburt bei^ ä(nti« 
d^riftS, ber je^t fogar fd^on erioad^fen fei unb aU ein @ott Derel^rt 
toerbe*). 3n bem SBeften l^atte l^ie unb ba ba« ®Iüd Äaifer 
ßarfö V bie augfd^toeifenbften Hoffnungen erregt. ®r toerbe Qerus 
folem erobern unb bag (Sebot aui^gel^en laffen, einen Qeben auf 
®rben gu tobten, ber ba^ ^reug nid^t anbete: bann toerbe er Don 
einem @ngel ©ptte^ gefrönt toerben, unb in ben 9(rmen Sl^rifti 
fterben^). ^ie unb ba ertoartete man affe^ @mftei^ ba^ @nbe ber 
SBäelt, toofür man %aQ unb ©tunbe feftfeftte. Sin ^Iräume biefer 
3lrt {nü))ften nun aud^ bie äBiebertäufer il^re $ro))l^ejeil^ungen an. 
Sie Derlünbigten, fd^on feien bie Soten ®otteS in ber SBelt, um 
bie äluigerloäl^lten @otte^ mit bem SSunbei^geid^en )u Derftegeln. @ei 
bie 3^it gelommen, fo toerbe bie ©d^aar ber äSerftegelten fid^ Don 
ben Dier @nben ber Sßelt Derfammeln, bamt ioerbe Gi^riftud, il^r 

1) (Sin Don ben dt^obifern im 3a(ir 1532 Derbretteter Srtef in (Sorrobt 
®t^äfiö}U be« (Sl^madmud IH, p. 20. ©eine Wlntttx ^teg Sead^uma (bie 
(Sriannerin). Sil« er geboren toarb (5. 9WSrg), erfd^ien bie @onne Bei 9'Jad^t 
— öerfd^toanb barauf am folgenben Xa^t. @8 regnete ?Jer(en, loa« ba« 35otf 
bebeutet, ba« ftd^ eibliib Der^fltd^tet, tl^m gu folgen* 

2) Antonius Pontus. Hariadenus Barbarossa, 6ei Wlaitf^äi Analecta 
veteris aevi I, p. 1, nennt t9 „ut valgatissimum ita antiquissimum ver- 
bum divinum". 



368 ©ec^dted Sud^. ^tnnM (SiapM. 

StonxQ, unter fte treten unb il^nen ba§ Sd^ioert in bie ^anb geben. 
9CKe ©ottlofen tverbe man t>erti(gen: ben 9luderh)&I^Iten aber fei ein 
neueiS feligeS Seben befd^ieben, ol^ne ®efe|e, nod^ Obrigf eit/ no(i^ ®f)^, 
in ber ptte be« Ueberflüffeö *). 

3Bir feigen h)ol^(: bie SEBiebertäufer gingen bon ©runblel^ren 
aui^, bie balb ntel^r Dpn m^ftif d^er , balb mel^r Don rationaliftifd^et 
3^enbenj toaren; immer aber trafen fte in^ bem SSebürfni^ engjier 
SSereinignng unb bem ftoljen ®efül^I be« StuiScrlDäi^Itfeing jufammen, 
toag benn fofort ju tiberfd^toenfllid^en ftnnlid^en mefftanifd^en §off* 
nungen fül^rte* SReu fear e$ nid^t, loa« fte öorbrad^ten. 6iS toaren 
im ®runbe nur biefelben SBerfjjred^ungen, bie 'ber Saintub ben gläu- 
bigen Swben mad^t: ba^ am @nbe ber a^age alle SSößer Vertilgt 
toerben ober ben 2lugerU)äl^Iten bienen, unb biefe ®ered^ten nun in 
il^rer ^errlid^Ieit SSel^emotl^ unb Sebiatl^an fd^maufen follen. ä6er 
bie allgemeine ©äl^rung ber ©emütl^er betoirlte, ba^ fte bamit bo(^ 
eine geloiffe SBäirfung l^erborbrad^ten. ©ie toenbeten ftd^ bieömal 
nid^t an bie Säuern, fonbem an bie §anbh)erfer. 3)ie mül^eüoKen; 
aber bem ©eifte bod^ ju eitler getoiffen Sefd^aulid^feit 9laum kffcnben 
bunflen SBerlftätten tourben ^lö^Iid^ bon biefen 5Keteoren eitler naiven 
feligcn 3wfunft erleud^tet. Unloiberfiel^Iid^ griff biefer SSBal^n um fid^. 

2)ie beutfd^en Slegierungen bon beiberlei S3efenntni^, burd^ 
Sfteid^öconftitutionen baju t)er})flid&tet, unterließet^ nid^t, fie mit aller 
Strenge ju i)erfoIgen. 

S3ei ben 5ßroteftanten fül^lte man ftd^ jutoeilen in SBerlegenl^eit: 
auf ben fd^malfalbifd^en 3Serfammluhgen finb tool^I bie Sfteid^iScon' 
ftitutionen für ju ftreng erllärt h>orben*), unb man l^at ben 9e« 
fd^Iuß gefaßt; an ben Seuten nid^t ben ©lauben ju ftrafen, fonbem 
nur ba^ SSerbred^en, bie aufrül^rerifd^e Seigre, ©g.ejiftirt ein Heiner 
aSäittenberger 2)rud(, ioorin biefe Unterfd^eibung naiver aui^gefül^rt 
toirb; bem Serliner (Sjemjrfar beffelben l^at ein SBiebertäufer an- 
merfungen an ben 9lanb gef daneben, in benen er babei hlÄhi, ba^ 
bie SBBiebertäufer mit bem Slufrul^r nid^t^ ju fd^affen i^aben'). ÄBer 

1) !^er SBibertauffer (ere unb gel^eimntg aud f). @j$nft toibertegt, bm6} 
3u|tum aWeitium; in ^utl^erö SBevfen-SBittenb. %u9^abt IL, 262. 

2) ,ti^ gefd^toinbe." Slbfd^ieb ber S3erfamm(ung ju Jranffurt S^rtm* 
tati« 1531. 

3) 2)a8 weltrici^c Oberfeit ben SBtebertSuffern mit tctMid^cr ©träfe a« 
loel^ren fd^ulbig fe^ , etlid^er S5eben!en ju SBitcnbcrg 1536. 3n ben ^tnmer^ 
fungen lüirb befonber« ben r^SWauId^riflen'' ber Ärieg gemacht, bie cöangelifc^e 
Seigre toirb nid^t getabelt. 



^erforguitgen ber ©iebcrtöufer. 369 

bie Sd^toicrigfeit lag tooi^I eigmtlid^ nur barin, biefe ineinanbcr ber^ 
fKe^enbcn Senbenjen flel^örig gu fonbern. Qn ©ad^fen l^ielt man 
baran feft, bie Sel^rfä^c eine« ^ehm ju unterfud^en unb il^n bemge^ 
ntä^ jii bel^anbeln ^). Sanbgraf 5ßl^Uit)J) bagegen jog immer bie 
milbem aJlajjregeln t)or: 2Biebertäufer öon offenbar aufrtil^rerifd^en . 
@runbfä|en begnügte er ftd^ gefangen ju leiten. 2)arauf geftü^t 
erf (arten anä) bie oberlänbifd^en Slegierungen, il^re ^änbe nid^t mit 
bem SSIut ber armen Seute beftedfen ju tooffen. Sn Stra^urg l^at 
man ft>of)l bie Äinber fieben Qaf)xc alt toerben laffen, ol^ne ilj^re 
Altern anjul^alten, fie taufen gu laffen*). 

3n ben latl^olifd^en Sönbcm bagegen, h)0 man nid^t affein ben 
3lufrul^r, fonbern bor attem bie Ä^^erei ftrafte, tourben ©yecutionen 
in 3Waffe t>erl^ängt. 35ie GJärtnerbrüber tourben in SKünd^en fo 
ftrenge bel^anbelt, toie in Salzburg: „einige an ben ©liebem ge* 
ftümthelt, anbem ber Äoj)f abgefd^Iagen, anbere in bie 3far geftürjt, 
nod^ anbere auf bem ©d^eiterl^aufen lebenbig Verbrannt", ^n $ßaffau 
tourben ä^nlid^e ©trafen berl^ängt. ^i)xex brei^ig mußten im @e- 
fängnijfe öerfd^mad^ten '). 3« au^fül^rlid^en ßrjäl^Iungen ift gu lefen, 
toie ®eorg SBagner ju SKünd^en, §ä^er gu (Sonftanj, ^ubmai^v ju 
®ien ben 2ob im §euer erlitten. 2Bag ift ba^ für ein fläglid^e^ 
§ülf^gefd^rei, ba^ 3acob §utter erl^ob, afö bie SBiebertäufer, toeld^e 
fid^ unter ben Sd^u^ mäl^rifd^er Ferren geflüd^tet, nun aud^ Don ba 
toieber berjagt toerben fottten: „SBir finb in ber SSÖüfte, auf einer 
toilben §aibe, unter bem li^itn ^immet"; aber aui^ ba tooffte man 
fie rtid^t bulben*). 

3Kit allen biefen SSerfofgungen jebod^ fam man nid^t jum 3i^f^f 
unb jloar am toenigften bort, loo fie am l^ärteften toaren, h)ie in 
ben 9?ieberlanben. äSon 3lnfang an l^atten l^ier bie lutl^erifd^jen 
5Reinungen in h?eiten Äreifen Seifall gefunben: fo geloaltfam fie 
aud^ jurüdEgebrängt tourben, fo l^ören loir bod^ im Qal^re 1531 bag 
8e!enntnij5, ba^ aßeö SSoII il^nen beifallen loürbe, Wnn ber S^^ng 
aufhören foffte. Q>bm biefe^ 3w^^ütfbrängen ber reformatorifd^en 
3!enbenjen bereitete nun aber ben S3oben für bie Seigren ber SBieber- 
täufer am beften t)or. Ein Sd^üler ^offmann^, ^an SHatt^^ig, 
Sädfer ju Seiben, berbanb mit ben fd^loärmerifd^en Steligion^anfid^ten 

1) ^Mandfi})on in ben 53nefen ?ut^erö bon Siubncr p. 24. 

2) Sattler III, 44. mf^xit^. 

3) SBinter ©efd^it^te ber boierft^cn Söicbcrtäufer p. 35. 

4) ©enbbrief Sacob ©utter« an ben !üanbe«^au^tmann gu SKä^rcn; 
Annales Anabaptistici p. 75. 

t. ^anU'9 Sßerle UI. 24 



370 ®cd^«tc« ©u(^, S'^cuntcö Satjitcl. 

be^ £el^ret§ jugleid; bie 3Keinung, ba^ bie aBiebetbringung atter 
S)inge in furjem beborftel^e , unb mit bem ©d^iüerte l^erbeigefül^rt 
iDerbfn muffe. @r felbft erflärte fid^ für ben ©enod^, ber biefe 3«= 
fünft anfünbigen. foffe, rid^tete \xä) feine J)ro}jl^etif^e lQau^a^ivi^ 
ein unb fd^icfte ^iüölf 9lJ)ofteI nad^ ben fed^^ ben(^d^barten ^robinjen 
au^, bie nun überall ^rofel^ten mad)tm unb mit bem 93unbei^)eid^en 
ber SBiebertäufer fie berfiegelten. Unter anbern begleiten \t)\x $an 
Sodelf on bon Seiben nad^ SSriel, SRotterbam, Slmfteriam, ©nt 
j^u^fen, Sllfmar: überall tauft er unb ftiftet Heine ©emeinben j)on 
10, 12, 15 ©laubigen. Qn §oIlanb unb grie^lanb regt fid^ an 
bielen Stellen ein ftarfe^ iDiebertäuferifd^eig (Slement, ia^ für bie 
h)eitere Entfaltung feiner ^triebe einen freien 9laum ju getüinnen fud^t. 
2)a gefd^al^, ba^ bie 3)inge in SKünfter fid^ auf eine Seife 
enttoidfelten , ba^ il^nen 5ßrebiger unb SKitglieber ber ®emeine Sluf- 
nal^me ju getpäl^ren geneigt iüurben. 



@m))orfommen ber SBtebertäufer in Syiünfter. 

(£^ iüar nid^t ba^ erfte Mal, ba^ fid^ bei ben ^rebig^rn, bie 
fid^ mit bem 9)larf ber eJjangelifd^en Seigre genäl^rt i)attm, eine äl^n- 
iid^e Hinneigung jeigte. Unter anbern bemerlen h>ir fte eine 3^'*' 
lang bei (Sapito in Stra^urg, obhjol^l iiefer fie burd^ reiflid^ere^ 
5?ad^benfen übertoanb. 

2)aj5 fid^ il^r aber ber bi^l^erige ^ül^rer ber ^Reformation in 
5!Künfter; Seml^arb Slottmann, bollfommen ' ergab , l^atte, toenn toit 
einer Slad^rid^t, bie bon SKeland^tl^on ftammt, glauben, nod^ folgen- 
ben fel^r ^jerfönlid^en ®runb. 

^n 3Wünfter lebte ein ©^nbicug SBigger^ an§ Seijjjig, ein 
braber, el^rentoertl^er Wtann, aber mit einer g^rau bon jtoeibeutiger 
Sluffül^rung berl^eiratl^et. SSon ben Sd^ranfen, in toeld^e ©itte unb 
^Religion bie gefd^lec^tlid^en 3Serl^ältniffe einfd^lie^en, lie^ fie ftdj 
nid^t feffeln: unb babei befa^ fte jenen unloiberftel^lid^en unb «ner- 
flärlid^en 3<*wber, ber juloeilen ani) geiftig entioidelte SRänner ex- 
greift unb feft^ält. Sie fal^ fid^ täglid^ in il^reig 3Jlanne§ ^aufe 
unb ®arten bon leibenfd^aftlid^en 3Serel^rern umQcUn, Unter »benen 
erfd^ien nun aud^ Sernl^arb Slottmann, unb fel^r balb entfjjann fidj 
jtt)ifd^en beiben ein 3Serl^ältni^, ba^ fte toie il^n böUig in 8efi§ 
nal^m: afö i^r 50JÄnn in furjem ftarb, fagte man gerabeju, pe f)ak 



9?ottmann in aWünftcr. 371 

i^n t^ergiftct *). SRottmann toerl^eiratl^eU fxi) mit il^r. ©d^on au^ 
ben ©erüd^ten, bie barüber umliefen, toenn fte ani) nid^t ade ge= 
grünbet finb, lä^t fid^ ertlären, ba^ 3Dlännet, tueld^e an Smft unb 
6^r6arfeit feftl^elten, jid^ bon Slottmonn entfernten, ^a^ l^atte aber 
nur iüieber bie t^o^Ö^/ ba^ Slottmann burd^ eine auffaffenb ftrenge 
Haltung feinen Sluf toieberl^erjufteffen fud^te.^ ®r fing an, bon bem 
Serberben ber SBelt, öon ber Sflotl^tDenbigleit ber SBerfe ber 33arm]^erjifl= 
feit ju reben, unb jeigte fid^ nid^t gufrieben mit bem burd^ bie Iutl^e= 
rifd^ Sleform l^erborgebrad^ten 3wftanb. 2lud^ in §infid^t beiS 35ogma^ 
toid^ er immer toeiter ab; h)ar e^ nun Ginflug ber l^eimlid^ umj^er= 
jiel^enben Söiebertäufer, ober fam er t)on felbft barauf: nad^bem er 
ben 9iitu^ be^ 2lbenbmal^lö berdnbert^), begann er bie 3led^tmä^ig= 
feit ber Äinbertaufe gu beftreiten. ©o h)ie bie SBiebertäufer jal^l- 
reid^er tourben, fd^Io^ er fid^ il^nen offen an. Slottmann unb feine 
Stmtggenoj^en loaren fo eben mit bem 3latl^ in bittere ©treitigfeiten 
geratl^en; fie Ij^atten fürS Srfte nad^geben, fid^ jurüdfjiel^en muffen. 
SSeld^ befjere SSerbünbete aber fonnten fie pnben, al§ bie neuen 
'?5roj)l^eten, beren SSerl^eigungen unb S)octrinen fid^ überall einen fo 
mutigen 6influ^ ijerfd^afften? ^a§ lutl^erifd^e ©^ftem fj)rad^ ber 
U)eltlid^en ®etoaIt, aud^ ben ftäbtifd^en 3Kagiftraten eine gro^e SKad^t 
ju. SDenn in b^r 2(nerfennung ber ©elbftänbigfeit be^ toeltlid^en 
6tementi§ lag eben fein SÖSefen. Die toiebertäuferifd^e SJoctrin ba- 
gegen loar bemf elben entfd^ieben feinbfelig: fie ftrebte felbft nad^ einer 
jebe anbertoeite 3D?ad^t auöfd^Iie^enben 2(lleinl^errfd^af t : ben 3Jlünfteri= 
\i^en $Prebigem fonnte nid^t^ toittfommener fein. ®iner bon il^nen 
giebt in feinem SSerlj^ör alö ben 3^^df, gu toeld^em man ben ^ro- 
^Ijeien angenommen l^^abe, an: bamit er berfünbige, toie e^ l^ier l^ei^t 



1) Locorum communium coUectanea a Johanne Manlio excerpta 
p. 483: Habebat conjugem mirabilem, quae coepit insanire amore Rot- 
manni, qiiapropter et virum veneno interemit. ^ei Äcrfcnbroif ift baS 
ni(]^t fo unbebingt gcftjiß. 2)agcgen finbet fid^ in ber Postilla Melanch- 
thoniana eine fogar nod(> ^>ärtere SSerfion ber nemlid^en ©cfd^id^te. (Sjrcer^jjirt 
bei ©trobcl t>on ben SJerbicnften WManä)tf)on9 um bie ^eil. ©d^rift 
1773. p. 89. «gr. tam^fd^uUe: ©efd^ic^tc be« ^rotefiantiömu« in SBcft- 
*)^alen 149. 

2) 3)or^iu5, Uja^rl^afftige ©iftorie n?ie ba« (Söangelium gu SJJünftcr an* 
gefangen, 55og. C. „^rad^ fcmcl in ein große breite fc^üffel, goö tocin bar« 
auff, unb nati^bcm er bie SBort be« §errn i?om nad^tmal bagu gef^)rod^cn ^att, 
iie« er bie, fo beö @acrament8 begertcn, gugreiffen unb cffen: baton i^ er 
©tuten SSeml^arb genonnt »orben, bcnn femel ^eißt ouf ire f^rad^ fluten''. 

24* 



372 @cci^«tc« S3u(^. Sntüntt9 dapM. 

„bortoittige", ba^ ®ott ber §crr in 5IKünfter bie ^t&tU teinigen 
unb bie ®ottIofen batau^ öerjagen tDotte^). 

2)artn liegt nun eben ba^ ßreigni^, ba^ ber in §olIanb emjjor' 
gefommene 2lnabaj)tigmuig bei feiner SBerü^rung mit SKünfter in 
einen g^itJJW'^ft ^<^f/ ^^ bie ^olitifd^^teligiöfe 93eh)egung nod^ fein 
3iel gefunben unb eine faum jurücfgebrängte 5ßartei fid^ ju neuen 
Äöm|)fen gegen ba§ nod^ SefteJ^enbe rüftete. 2)ie ^ül^rer berfelben 
ergriffen il^n, jum 2^l^eil au^ Ueberjeugung , jum 2^beil al^ ein 
!D?itteI: er fonnte atte feine Äraft in einer jal^Ireid^en ©emeinbe ent- 
h)icfeln. 

2lm 6nbe beö S^l^reö 1533 unb in ben erften 2agen bei 
folgenben^) füHte fid^ fünfter mit tDiebertäuferifd^en ä[j)ofteIn au§ ben 
SRieberlanben. 6in angefel^ener Sürger ber ©tabt, SSernl^drb Änijj)3er- 
boHing, ber, einft aug SKünfter öerhjiefen, in ber grembe, namentUd^ 
in ©tocfl^olm, mit ben SBiebertäufern 35erbinbung gefd^Ioffen, nahm 
einen unb ben anbern bon i^nen in "fein ^au^ auf. 2)ie ^rernb^ 
linge nun, in il^rer abgefonberten Haltung, in ber fte aber bie 
tieffte innere ©emeinfd^aft unter ftd^ felbfl funbgaben, tüie fie einan^ 
ber erlannten unb- begrüßten, ixbexf)aupt in il^rem bertüegenen unb bod^ 
bie Sanbeöart amnutl^enben SSefen, mad^ten in SKünfter einen großen 
ßinbrudf, 9iod^ tvax bie religiöfe 3)ieinung in lebl^aften ©d^toingungen 
begriffen, fie fal^ nodb nad^ neuen fingen au^. 6^ ift fel^r begreiflid^, 
ba^ grauen, juerft Älofterfrauen, öon Seigren fortgeriffen tourben, bie 
ein J^eilig^finnlid^eö Seben in naiver 3wJ"nft ertuarten liegen, ©ieten 
SRonnen au^ bem Slegibienflofter liegen fid^ auf einmal taufen; bie 
$Ronnen Don Dberrat folgten il^hen nad^. 3>ann fd^lid^en fxd^ aud^ bür= 
gerlid^e grauen in bie 3SerfammIungen ber Käufer unb brad^ten tool^I 
alö baö erfte $fanb il^rer (Srgebenl^eit bem ^rojjlj^eten il^r (Sefd^meibe 
mit. 2tnfangö tx>aren bie 9Jiänner entrüftet, fjjäter tourben fte felber 
nad^gejogen. 9?ad^bem bie ^ßrebiger ber ©tabt bie 2^aufe juerft ent- 
J)fangen, bottjogen fie fxe f elbft ^). SBefonberig h?arf fid^ JRottmann mit 

1) ©efenntniß beö gefangenen SBiebcrtäufer^räbicanten 2)ion^fiue boii 
3)ieP, genannt SSi^nne, in S^iiefertö SJiünflcrifci^cr Urfunbcnfammlung I, p. 48. 

2) 'Sflati} bem S3efenntni6 löon Änt^|)erboßing (Sei SorneUu«) famcn 
,,uff 3[bent ber (i. 3 ^oningf gttjci, einer genannt iöart^olomcue bon 3)et>ent2r, 
ber onbere SBH^elm, ein ^ottcnber"; — Sodann öon Seiben fcIBfl ersäuft, 
hai er mit feinem alten ©efä^rten ®crit octava regum a. 34 in SWiinfler 
anfam, toon Sol^ann ^att^\f9 geft^ieft. 

3) ^Ql ©reöberfe 53end^t ber SBieberto^cr bei (Somcitue 53eric^te ber 
STugcnjcugen 12. 



Sm:|)orfommen bcr Siebertäufer in SWünfier. 373 

alle bem Xalent unb alle bem Gifer, bie et frül^er ber Sieformation 
cjeiüibmet, in biefe neuen 2)octrinen unb berfünbigte fie mit bem 
größten Srfolge. 3Bar eö nid^t biefelbe ©timme, bie einft juerft 
bon ber römifd^en Äird^e abgefül^rt l^atte? 3tiemanb lonnte il^r 
ioiberftelj^en. "SHan erjäl^Ite fid^, er fül^re einen ^g^^^'^^^^^^^^? ^^i f^^^^ 
mit tpeld^em er einen i^^ben, ben er taufe, auf immer bafür feft^ 
Banne. 

Unb l^ieburd^ trarb er nun balb fo ftarf, bem Statine, ber il^n 
ju bel^^^rrf^en, in Sd^ranfen ju galten gebadete, Xtoi^ bieten ju 
fönnen. grauen ftettten ben 33ürgermeifter pix SRebe, ba§ er einen 
l^effif d^en ^rebiger begünftige, ber nid^t einmal SKünfterifd^ fjjred^en 
fönne; 9ionnen fd^alten auf i)ffentlid^em SKarft auf ben l^efftfc^en 
©Ott, ben man effe. Sed^^^el^njäl^rige 3Wöbc^en riefen SEBel^e über 
bie Safterl^aften. 3!)ie Sd^miebegefeBen jtoangett ben 9?at]^, einen 
ber Ql^ren, ben man feftgenommen, toeil er get)rebigt l^atte, ij^vauß-- 
jugeben. 

3?od^ toaren fte nid^t bie §erren, aber fte faxten 3Kutl^, e§ 
}u ioerben. 

Unter ben angefommenen ^Jremben bei toeitem ber einflu^reid^fte 
Wax bamalg 3an 3Kattl^^ö, berfelbe, ber im ©egenfa^ mit §off- 
mann bie Söiebertaufe ol^ne 3Serjug auszubreiten unternommen l^atte 
— benn ber SBal^r^eit gel^e jebe anbere SRüdffid^t Dor — , unb bor 
allem bie Se^re berfünbigte, ba^ man loiberftrebenbe Dbrigfeiten mit 
bem Sd^tperte bdämp^m bürfe^). 

2lm 8. gebruar fam eö in ber Stabt ju einem Sluflauf, in 
toeld^em bie 2öiebertäufer ben 9Karft))Ia^. einnal^men, fei eS nun, 
ba^ eine toirflid^e ober eine eingebilbete ©efal^r fie baju ijeranla^te, 
ber 9latl^ unb bie -Rid^ttoiebergetauften bagegcn Mamixi unb Sl^ore 
befe^ten, ^ ®S jeigte ftc^ loo^I, ba^ bie le^tern baS Uebergeloid^t ber 
^niaijl unb ber 3Kad^t befafeen; fie ful^ren Äanonen an ben 3^= 
gangen gum 3}JarIt^3(a^ auf; unb 3SieIe meinten, ba^ man l^eute ein 
6nbe mad^en, ben 3Karft})Ia^ einnel^men unb bie SBiebertäufer, t)on 
bcnen fo biele ol^nel^in grembe Iraren, bertreiben müjfe. 6in Jjaar 
Pforten tourben ben I)roften beö SBifd^ofS unb ben l^erangegogenen 
Sauern geöffnet. Sd^on tuaren bie Käufer ber Siid^ttoiebergetauften 
mit ©tro^fränjen bejeid^net, um fie bei ber beborftel^enben ^lünberung 

1) S3efenntni6 3o^ann3 öon Reiben; ber Sodann SWatt^i?« fei ber, bcr 
onfenfHcJ^ ben ®ebrei(^ beö fmertö unb ®eft)alt njibber bie Oberic^eit ^atte in*= 
öcfort unb gefurbert. SBgl. (Sorneliuö 53b. II, 236. 



374 @ec^«tc« Suc^. 9kuute« (S.apiitl 

fd^oncn ju lönnen. 3" i^^^i SBicbcrgetauften auf bem ?IRar!tt)Ia^ 
bagegen brachten (äntJ^ufia^mu^ unb Sefürd^tung, 3Rutf) unb ©efal^r 
eine ejaltirte ©timtnung l^ertoor, in ber jtc tüunberbare ©rfd^einungen 
ju erblicfen tnetnten: — feurige SBoßen, bie ftd^ um unb über ber 
©tabt erl^oben, gletd^ afe ftelj^e J)om unb ©tabt im geuer; einen 
5Dfann mit golbner Ärone, baö ©d^tpert in ber einen, eine Slutl^e in 
ber anbem §anb ; eine anbere 5Kanne^geftalt, bie ^auft bott Ij^erau^- 
tröjjfeinben Sluteö, ben SReiter mit bem^Sd^tuert auf hjei^em SRo^ 
au^ ber ^pota^pU^)* ©ottte man nun aber fo abenteuerliche 
©d^tDärmer mit Äanonen angreifen? ^ener l^efjtfd;e fo eben berun- 
glimj)fte ?Prebiger, Sftameng gabriciuig, tuanbte aüm feinen ©in- 
flu^ an, bieö ju bereuten: er ermal^nte bie jum Äamjjfe bereiten, 
beö bertoanbten Slute^ gu fd^onen. ^Slud^ in einigen ÜKitgliebern 
beö diai^e^ regte fid^ 3Ritleiben, toenn nid^t gel^eime Uebereinftim- 
mung. 9Jlan bebad^te bod^, ba^ man aud^ SBiberftanb finben, ba^ 
ijietteid^t in bem attgemeinen (Setümmel ber Sifd^of ftd^ jum §erm 
ber ©tabt mad^en lönne. ®enug, ftatt gum Eingriff ju fd^reiten, 
fnüjjfte man Unterl^anblungen an. SeboKmäd^tigte tüurben ernannt, 
(Seif ein gegenfeitig gegeben: enblid^ fe^te man feft, ba^ ein 3^^^^ 
©lauben^freilj^eit genießen, jjebod^ ^rieben l^alten unb in toeltlid^en 
SDingen ber Dbrigleit ßJel^orfam leiften folle*). 25ie SBiebergetauftcn 
l^ielten il^re ßrrettung nid^t mit Unred^t für einen ©ieg. 3n einer 
ilj^rer ©d^riften, ber SReftitution, l^ei^t e^: „bie Slngeftd^ter ber ^l^riften" 
— benn biefen Flamen legten jle fid^ auigfd^lie^Iid^ bei — „tourben 
fd^ön i)on ^arbe". 2luf bem 3Karfte toeiffagten felbff bie Äinber 
Don fieben 3<i^^^"- /#2Bi'^ glauben nid^t, ba^ latiaU eine größere 
greube auf ©rben getoefen ift". 

Unb in. SBa^rlj^eit toar bieö bie ©tunbe, bon toeld^er an fte 
nun 2^ag für 2^ag big jur entfd^iebenen Uebermad^t fortfd^ritten. 

©ie h>aren je^t in 3Künfter jum erften 3J}aI in ber SBelt ju 
einem gefe^Iid^ anerfannten 2)afein gelangt. SSon .allen ©eiten 
ftrömten bie ©leid^gefinnten bafelbft jufammen: SKonner ol^ne i^re 
grauen, ^auen ol^ne il^re 9Ränner: aud^ ganje gamilien. SRottmann 

1) ©cffut^rebe ber SWcflitutien, jucrfl betannt getoorbcn burd^ Sfrnolb 
(Äird^en* unb Äefecr^iflorie I, 994). S^ergr.- ba« SScfenntniß öon 3aco6 $uf* 
fc^mibt bei ^liefert p. 155. 3n einer älteren (Srja^^Iung l^cißt c« nur: 3)er 
Slttmcd^tig l^at mit fid^ttid^em SBunber unfere 3Seinb gefd^Iagen. 

2) 2)or^)iu« D. III. „ba8 ein jcber fottt frei fein bei feinem @fau6c« 
ju Bleiben, foltcn atte hjibbcr ^icim, ein jeber irt fein l^au« jie^en, fricben 
Ifiaben unb IS^atten". 



em^)orfommcn bcr Siebertäufer in 9Wüu(!er. 375 

l^atte jebem, ^er fid^ einfinben toürbe, jel^nfältigen 6rfa^ affe^ beffen, 
h>a^ er bcrlaffen, bcrfjjrod^en. • Set bem 2lnblidf berlie^en bie retd^en 
Sürger bie ©tobt, um il^re 35aarfd^aft ju retten, aber baburd^ toarb 
ber Umfd^toung in berfelben nur um fo rafd^er. 2tt« e« am 21. ^e^ 
Btuar gu einer neuen dtaü}^\odffl tarn, ö^h>annen bie SBiebertäufev 
bie Dberl^anb. Sd^on bie SBal^ll^erren tourben nid^t mel^r nad^ bem 
gleifd^, fonbem nad^ bem (Seift geh>äl^It: eig toaren lauter erleud^tete 
^anbh)erfer: fxe befe^ten, toie fid^ berftel^t, alle öffentlid^en ©teilen 
mit il^ren ©lauben^genoffen. ÄniJ)J)erboffing toarb jum Sürgermeifter 
geh)äl^It. 2)ie ganje ftäbtifd^e ©etualt ging über in bie $änbe ber 
SBiebertäufer. 

Unb biefe h>aren nun nid^t gemeint, toa^ \>on il^ren (Segnern 
nod^ antDefenb h)ar, gu fd^onen, jumal ba man bereite einen Eingriff 
ber ©eiftlid^en unb bei? 93ifd^ofig ertoartete: fie toottten bie SSerbün- 
beten il^rer geinbe nid^t neben fid^ bulben. Sfm 27. gebtuar toarb 
eine gro^e SSerfammlung betuaffnetet SBiebertäufer auf bem SRatl^^ 
l^aufe gel^alten. Eine 3eitlang brad^ten fte im &eitt gu: ber ^Pro- 
'pf)et fd^ien lüie in ©d^Iaf Verfallen: })lö^Iid& aber ful^r er auf unb 
crflärte, man muffe bie Ungläubigen, h>ofem fte fid^ nid^t befel^rten, 
fofort berjagen, ba^ fei ber SBilte ©otteig. @r berbarg nid^t, tDorauf 
e^ gunäd^ft abgefel&en toar. „^intoeg mit ben Äinbem (Sfauig", rief 
er, * „bie ©rbfd^aft gel^ört ben Äinbem Sacob«". 3nit bem (Sntl^uftag^ 
mu^ bereinigte ftd& bie ^abfud^t. hierauf erfd^off ba^ (Sefd^rei 
„l^erau^ il^r ©ottlofen" furd^tbar burd^ bie ©trafen. 6^ toar ein 
ftümiifd^er S^ag be« fj)äten SBinter«. 35er ©d^nee, ber nod^ fel^r l^od^ 
lag, fing eben an gu fd^melgen: ein l&eftiger SBinb jagte Siegen unb 
©d^nee burd^ bie Sä[tmof))l^äre. 2)ie Käufer h)urben mit ®eh>alt er- 
öffnet, unb Sllle Don il^rem beerbe toerjagt, bie il^re S^aufe nid^t 
Verleugnen tDottten. 6in 2lugengeuge l^at ben fläglid^en StnbÜdf ge- 
fd^ilbert, h)ie bie SKütter, il^re l^albnadEten Äinber auf ben 2lrmen, 
nid^tö tüeiter mit fid^ nel^men burf ten, aU eben biefe : h)ie bie Keinen 
Änaben neben il^ren ©Item mit bloßen gü^en burd^ ben ©d^nee 
toateten: h)ie man ben alten 9Kännem, bie an il^rem ©tabe bie 
©tabt berlie^en, unter bem Il^ore nod^ ten legten 8^f)xpfennxQ ab- 
nahm, ben elenben 3left bon bem ©rtoerbe eine« langen arbeitfamen 
geben«'). 2)ie SßJiebertäufer l^ielten e§ nod^ für eine ^anblung ber 

1) ^erfeitbroif, Historia anabaptistica MS.; benn e9 bleibt immer 
not^toenbtg,' mit ber bcutfd^en Ucberfe^ung biefe« Sßerfe« 1771 ba« Origittal 
gu berglei^en. 2)er SIbbrud bei SWencfen umfaßt faum ein ©rittt^etl bcr 
Urfd^rtft, unb gtoar feilten eben bie ^au^tfad^en. Dr. (So.rnrfiu«, de fon- 



376 ^i^m9 ^ud^. iReunted CEa^ttcL 

®nabe, ba^ fie il^re offenbaren ®egner, bie bod^ nur gegen jie ratl^en 
unb J^elfen toürben, bat)onjtel^en lie^rti. 

©0 tourben bie SBiebertäufer ntd^t allein bie Ferren in ber 
©tabt, fonbern aud^ il^re atteinigen Snl^aber. 9Ba§ il^re ©egner an 
il^nen ju tl^un ftd^ gefd^eut, Dottjogen jie nun an biefen mit fanati^ 
fd^er Segier. SDie gaction ber ^ßrebiger, ber mit il^nen einberftan^ 
benen 33ürger unb ber ^remblinge bel^ielt ben ?pia^ unb tl^eiltc bie 
©tabt unter jtd^ an^. 2)ie berfd^iebenen- SanbiSmonnfd^aften nal^mm 
bie geiftlid^en (Sebäube ein. 3)ie fal^renbe $abe ber 3SertrieBenen 
toarb auf bie Äanjiei jufammengebrad^t: 9Rattl^^^ begeid^nete fieben 
2)iaconen, h>eld^e biefelben ben ©laubigen, einem jeben nad^ feinem 
aSebürfni^, nad^ unb nad^ öertl^eilen follten. 

Unb nun h>ürben toolj^I bie SßJiebertäufer fofort baju gefd^ritten 
fein, il^re ^errfd^aft aud^ nad^ au^en auszubreiten, l^ätte fid^ nid^t 
ber Sifd^of, bieSmal Don ben benad^barten dürften unterftü^t, mit 
einer gang ftattlid^en 3Rad^t um fte l^er gelagert. 

3;n ßlebe unb 6öln l^atte man anfangt gejtoeifelt, ob man bloi 
baS eigene Sanb rein l^alten, ober ben Sifd^of unterftü^en fotte. 
35ie Setrad^tung, ba^ aud^ ber Sänbgraf bon Reffen il^m ju §ülfe 
lommen, unb ba^ unter beffen ©inftu^ nad^ bem ©iege irgenb eine 
Seränberung mit bem Stift überl^aujjt berfud^t toerben fönne, behjog 
bod^ bie betben loeftlid^en Slad^bam, ebenfalls Slntl^eil ju nel^men^). 
Sie fanben, ber SSifd^of fei gar ju fd^Ied^t gerüftet, fd^Ied^t beratl^en; 
fie fallen, toie gefälj^rlid^ e§ toerben fönne, toenn c^ ben SBieber^ 
täufern etloa gelingen fottte, an6) bie fleinern ©täbte, bie anbern 
Untertl^anen beö ©tifteS an fid^ gu jiel^en: unb fo befd^Ioffen fte, 
juerft mit ©efd^ü^ unb ^u^toolf , bann aud^ mit JReiterei ^ülfe ju 
leiften: immer jebod^ unter ber Sebingung, ba^ baS* ©tift il^nen 
bereinft il^ren STufloanb bergüte. §ier ftrengte ber Sifd^of alle feine 
Äräfte an, 6§ h>urben 'neue ©teuern auSgefd^rieben ; fämmtlid^e 

tibus historiae seditionis Monasteriensis 1851, ^at auf -bie unleugbaren 
SD^ängel biefed ^erfed aufmerffam gemacht, ^od) entölt e6 aud^ fe^r er« 
n^ünfd^te Informationen, unb man n^ürbe ed ntc^t entbehren fönnen. $on 
großem SBertl^ fmb bie bon (SorneUud herausgegebenen ^Sertd^te ber ^ugen« 
geugen, namentlid^ SWeiper ^cinrid^ (Sreöbedf« ^erid^t t?on ber Siebertaufe. 
1) ^rotocoß einer cletoifd^en ^at^gfitjung gu 53cr3 (3)äffelb. St.) : „^adj^ 
bem gu beforgen, baS $effen mit unberfouffen, unb t^telteic^t eine berennbe^ 
rung ber piffte gefd^een mod^tc", Sauge, ?eben imb Xi^cAtn $^ili^|>i SÄagna* 
mini, fud^t befonberö ben Slnt^eif ?5^ili^^« an ber ^eföm^fung ber SBiebertaufer 
in« 2\^t gu petten, tjergl. @. 28K 



Äletttobien au^ ben Äitd^en fottten ium Ärieg öertoftnbt toerben ; bie 
3Safattcn be« Stfd^ofig ^rfd^ienen auf eigene Äoften im gelbe. 3m 
2lj)ril unb 3Rai 1534 tuarb bie ©tabt auf aUen ©eiten eingefd^lojfen* 
fßienn man, ba fie mit Äriegöbebütfniffen fe^r gut berfel^en tüar, 
fxä) niti^t fd^meid^ein burfte, fie fogleid^ ju erobern, fo erreid^te man 
bod^, h>o§ fd^on lein geringer JBortl^eil toor, ba^ bie 95eh)egung, bie 
fonft ba« £anb ergriffen l^aben toürbe, in SKünfter eingefd^Ioffen toarb. 
^a i^ot e« nun ein nid^t geringe« ^ntereffe, ben ®ang berfelben 
nod^ toeiter ju begleiten. ®in religiöfe« Clement, toie e« in ben 
lird^Iid^en 33eh)egungen mel^r al« (Sine« Sal^rl^unbert« auf eine ober 
bie anbere SBeife Ijieröorgetreten ift, enttoidfelt fid^ l^ier in engem 
Äreife, aber innerlj^alb beflelben. in bolter greil^eit, unb entlabet fid^ 
in ben merftoürbigften ^l^änomenen. 



3Sor allem tooHte bie ©ecte, fotoie fie jur ^errfd^aft gefommen, 
burd^ ben Sieg in il^rer natürlid^en S3ef darauf tl^eit berj^ärtet, nid^t 
aßein nid^t« um ftd^ bulben, toa« il^r tviberf^rod^en l^ätte, fonbern 
aud^ nid^t«, toa« il^r nur nid^t felber eigen angel^örte. Slffe 35ilb= 
toerfe am S)om unb auf bem 3Karft tourben jertrümmert. SEBenn 
bie SJenfmale ber toeftjjl^älifd^en 3KaIerfd^ule , toeld^e fonft einen 
5pia^ n^Un ber ßölnifd^en Uf)aupUn h)ürbe, für bie SRad^iüelt bei= 
nai^e ganj berfd^tounben finb, fo rül^rt bie« ol^ne S^^^if^I ^on 
bem fd^nöben Uebermutl^ l^er, mit bem fie in unferer 6})od^e i)er- 
nid^tet tourben. Slubolf Don Sangen l^atte in Italien eine l^errlid^e 
Sammlung alter 2)rudfe unb ^anbfd^riften jufammengebrad^t, an bie 
fid^ ba« 2lnbenfen ber großen literarifd^en Umtoanblung fnüjjfte: fie 
lourben i^^t feierlid^ auf bem 3Rarfte öerbrannt ^). ©elbft mufifa^ 
lifd^e S'^ftrumente ju bertiigen l^ielt man für nöt^ig. @« fottte nid^t« 
übrig^ bleiben, al« l^öd^ften« bie Sibel, untertDorfen bgr 3lu«Iegung 
be« 5Prot)l^eten. 

Unter ben SBiebergetauften felbft aber foffte nun Slffe« gemein 
fein. 2)ie 3Ka^regeI, bie man in ^inftd^t ber ®üter ber SSertrie« 



. 1) ÄerfenlBroif: In campum dominicum cum incredibilis librorum 
multitudo perlata esset, qui etiam ultra viginti millibus ilorenorum vale- 
bant, — incomparabilem urbis thesaurum flamma subita absumit. 



378 ^ec^dte« 9uc^. 9leiinted, (S,ap'tttl 

bencn getroffen/ toarb gar hali aud^ auf bie ^abe ber ©laubigen 
erftrecft. Sei ©träfe be§ %oie^ tourben pe angel^alten, i^r Oolb 
unb ©über, ©d^mudf unb Saarfd^aften , bie fte befajjen, jum attgc- 
meinen ©ebraud^ auf bie ßanjiei ju liefern. Sffiir fönnen fagen, e§ 
toar eine STrt bon ©t. ©imoni^ntuö, h>a^ ntan einrid^tete. 3)er Segriff 
be^ @igentl^mi$ l^örte auf; aber gleid^lDol^I foKte ein ^ch^x fein 
©efd^äft treiben. 335ir l^aben bie ©a^ungen übrig , in toeld^en bie 
©d^ul^fned^te, bie ©d^neiber namentlid^ bejeid^net toerben: bie le^tem 
foDten gugleid^ bafür forgen, ba^ leine neue 3^rad^t fid^ einfd^leid^e; 
ebenfo bie ©d^miebe, bie ©d^Ioffer; jebeö $anbh>erl toarb jugleid^ 
a(^ ein 9(uftrag, al§ ein 9(ntt betrad^tet. Son aKen ©efd^äften ba^ 
bomel^ntfte h>ar, toie fid^ berftel^t, bie Sertl^eibigung. Sluc^ bie Rna- 
ben tourben babei angetoanbt, unb im 5ßfeilfd^ie^en — benn nod^ 
immer toar bieö neben bem fjeuerrol^r in ©ebraud^ — ertoarben fie 
pd^ eine aufeerorbentüd^e ^ertigfeit. 2)ieienigen, toeld^en ein bcfon- 
bereö älmt übertragen tt)ar, tourben bafür bon bem SDienft ber 3Bad^ten 
freigeft)rod^en. 6^ toar alte^ eine eingige religiö^Jriegerifd^e ^amilie, 
%üx ©Jjeife unb 3lranl toarb auf gemeinfd^aftlid^e Soften geforgt. 
Sei ©aftmal^Ien fa^en bie beiben ©efd^Ied^ter, ,,Sräber unb ©d^toeftem", 
\>on einanbcr abgefonbert: fd^toeigenb a^^n fie, toäl^renb ein Gaj)itet 
ber Sibel beriefen tourbe^). 

Q^ (iegt am ^age, ba^ ein fo l^öd^ft eigentl^ümlid^eiS ©emein- 
toefen nid^t mit ben gormen einer ©tabtbertoaltung, felbft nid^t einer 
fold^en, bei ber Sürgermeifter unb SRatl^gl^erren ©rleud^tete toaren, 
beftel^en fonnte. 2)er 5ßrot)l^et Qan ^atti})i)^ gelangte aud^ fel^r Balb 
in Sefi^ einer Ij^öd^ften 3lutorität. 3)ie 3^itgenoffen fd^ilbem biefe 
al^ toa^rl^aft löniglid^, unbebingt^); er gab bie ©efe^e unb toar 
über bie ®efe|e. STber fd^on gegen Dftem 1534 fam aRattl^^§ um. 
Sei einem äuöfaH^ too er boran toar, benn fein ganati^mu^ toar 
toenigftenö nid^t feige, tourbe er getöbtet. 



1) ^erfenbrotf fol. 218: Ordinatio politici regiminis a 12 senioribas 
recens mtrod«cta. § 9. Ut in cibis administrandis legitimus seFvetur 
ordo, praefecti ejus rei, officii sui memores, ejusdem generis fercula uti 
hactenus fieri consuevit singulis diebus fratribus sororibusque in dis- 
junctis et disparatis mensis modeste et cum verecundia sedentibus ap- 
ponent. (g« f^eint tro^I, aU oh ft^ bie« boraug«tt>cifc auf bie bei ber Ser* 
t^cibigung Sefd^äftigten bejogen l^abe. 

2) ^ortenpud p. 401: Joannes Matthias hanc autoritatem sibipa- 
rarat, ut unus jam inde supra leges esset, unus scisceret, juberetque 
quae viderentur, antiquaret abrogaret leges, aliasque pro libidine conderet 



gnttoidfelungcn be« 2Kün|lcrifc^cn fCnaSo^ti^mu«. 379 

3Rtt il^m \t>ax, toie berwl^rt, ^an Socfelfon nad^ 3Jlünftcr gc^ 
lommcn, geboren gu Seiben, ©ol^n eine^ ©d^uljen bort in ber 5läl^e 
mtb einer leibeignen 2BeftJ)l^älin, bic bann bon il^rem SWanne loigge« 
fauft toorben loar'). 2lfö ©d^neibergefette h>ar er in ßnglanb unb 
glanbem auf ber SBanberfd^aft getoefen, unb l^atte ftd^ enblid^ ju 
Seiben niebergelaffen, nal^e am S^l^or, h)o ber 3Q3eg nad^ bem l^aag 
fül^rt. 2)a l^atte er jebod^ nid^t lange ©efatten an feinem §anb-' 
toerf gefunben, bielmel^r e§ borgejogen, mit feiner %xavi, ber Säiitttoe 
eineö Sd^ifferiS, eine muntere Verberge ju eröffnen unb fid^ in fauf^ 
männifd^en ©efd^äften gu berfud^en, bie il^n bon Siffabon nad^ Sübedf 
fül^rten, in benen er jebod^ nur aSerluft erlitt. 3« $aufe ioar fein 
©l^rgeij, in bem J)oetifd^en SSerein, ben Seiben fo gut toie bie meinen 
anbem nieberlonbifd^en Stäbte befa^, ber Äammer \)an Sll^etor^fe, 
ju glängen. ©eine SRefere^ne flofjen am leid^teften: feine ©d^üler 
lernten am gefd^toinbcften: in ben ©d^auf))ielen, bie er entn>arf, 
spielte er n>ol^I felbft eine SloHe: fd^on ba mag er ftd^ mit bem Seift 
ber Dj)t)ofition gegen bie ^ird^e burd^brungen l^aben, ber ben ri^e- 
torifd^en Äammem überl^au))t eigen toar. ©o traf il^n bie Setoe- 
gung ber SBiebertäufer unb ri^ il^n an ftd^. Sr loarb t)on ^an 
SWattl^^^ felbft getauft unb la^ bie ©d^riften bon $offmann; er 
ertparb fid^ eine jiemlid^e Äunbe ber l^eiligen ©d^rift, toobei er aber, 
ft>ie biefe autobibaftifd^en ^anbirerf^Ieute ))flegten, nationale unb reli- 
giöfe Elemente bermifd^te, unb toaö er mit feuriger S^agination 
ergriffen, mit allen gufdlligen 9lebenbejiel^ungen auf bie gegenwärtige 
SBSelt antoanbte. 6r befa^ eine glütflid^e äußere Silbung, natür^ 
lid^e 2Bol^Irebenl^eit , geuer unb 3«9^fe^)J bereit« unter ÜRattl^^« 
fpielte er eine SloHe; ate biefer gefallen (er bel^aut)tete, e« borl^er* 
gefagt ju l^aben), trat er an feine ©teile. Unb ioenigften« an RiÜ)n- 
l^eit ftanb er feinem Vorgänger nid^t nad^. ©d^on erl^ob fid^ bie 

1) ©efcnntniffe 3an ©ocfelfon'«: „t>n Sater genannt ©odel unb ifl ein 
©c^ulte getoefen bi^nncn ©eöcn^agen" — „eön onber ©d^oltet to Soeben* 
^aöen." Äerfenbroif nennt t^n ^rätor in ^rct)en^agen. 3)ie SÄutter tt>ax 
eine leibeigene ber @(!^ebcUcf> au« ä^tfe im ^mtc SDoborf im SWünflerfd^en. 
Sodann war t>on i\)x geboren, Ȋ^rcnb fein S5ater nod^ in einer anbcrn 
@^e (ebte. 

2) „2)od^ finb idf öon jenem in 2:rucf auegegangen, baß er öon %n-^ 
gefiti^t, ?5erfon, ©eflalt, SJernunft ein rebfpred^, ra^tweiß, anfd^tegig, an S5e* 
l^enbigfeit, micr^rorfcnem potjen ®emüt, bon fünen a:aten unb Slnfd^(egen ein 
fbct hJO^Tgefc^tdft unb tounberborric^ SRann fct? getoefen." ©ebaflian granf 
bie anbere S^ronif 266. 



380 €ed^0te8 ^nd). «neunte« dapM. 

^Kcinung, ba^ man ani) in Bürgerlid^en S)ingen nad^ leincr SKen- 
fd^enfa^ung, fonbern BIo^ nad; (Sottet SBort fid^ l^alten bürfe: bag 
50g nun ber neue ^tojjjj^et in Setrad^t. 3flad^bem er einige Zacft 
gefd^toiegen, toeil ©ott il^m ben SKunb berfd^löfien l^aBe, erflärte er 
enblid^, ba^ man in bem neuen gfrael jtoölf SIeltefte l^aben muffe, 
Wie in bem alten, bie er fogleid^ bejeid^nete. SRottmann berjid^erte 
aud^ feinerfeitö ber ©emeinbe, ba^ bieg ber SBitte ®otte§ fei, unb 
ftettte ilj^r bie &etüaf)lUn bor. 2)al^in toar eö bereite gefommen, ba§ 
ber ^rebiger unb ber 5ßro})l^et bie SBorftel^er ber ©labt ol^ne 'alle 
SBal^i ernannten: ^ebermann fügte fid^ unb nal^m fte an. ©e(§^ 
t)on i^nen foHten immer frülj^ unb Slad^mittag ju (Serid^t fi^en: toaö 
fie ft)red^en toürben, ba^ foHte ber 5Pro^)l^et ^an 35odEelfon ber ganzen 
ifraelitifd^en ©emeinbe anfünbigen: Änit)J)erbotting fottte il^re Sjjrüd^e 
mit bem ©d^tpert bolljieljien. 

6ö tüarb eine ©efe^tafel berlünbigt, bie auf lauter Stellen 
ber ©d^rift, bef onberig ■ ber 33üd^er 3Kofe, berul^te. 

Unb fogleid^ fottte fid^ nod^ Leiter jeigen, ju toeld^ abenteuer* 
lid^em SWi^braud^ biefe Slntocnbung ber ©d^rift füljiren lönne. 

San 3}latth\}^ l^atte feine fd^on ältere ^au berlaffen, ftd^ mit 
einem jungen fd^önen SRabd^en, genannt S)it)ara, bie er überrebcte, 
baö fei ber Sffiitte beö ^immefö, ber^eiratl^et, unb biefe mit nad^ 
3Rünfter gebrad^t. ^an Sodfelfon trug Verlangen, h>ie nad^ bem 
3lmte fo aud^ nad^ ber grau feinet 3Sorgängerg; ba er aber bereite 
berl^eiratl^et toar, ftettte er bie SeJ^auJjtung auf, ia^ e^ einem 5Dlanne 
je^t fo gut ioie in ben Seiten beö alten Sunbeö erlaubt fein muffe, 
mel^rere grauen gu nel^men. Slnfangg toar S^t^^^^'w^'^^^ ^^^ J^ö^ör- 
lid^em ©efül^l bagegen. Sffiir erinnern uni, ba^ aud^ Sutl^em einft 
äl^nlid^e SEBünfd^e borgetragen Sorben finb: ber l^atte fie aber mit 
feinem ©runbfa^, ba^ bie ®l^egefe^e eine Ba(i)e ber ioeltlid^en Drb^ 
nung feien, ber man (Se^orfam leiften muffe, gurürfgetDiefen. 3" 
fünfter berad^tete man äCrgumente bief er 9(rt : man gebadete burd^au^ 
nad^ ben SCntoeifungen ber ©d^rift ju leben. 2lud^ Slottmann ^re- 
bigte bie neue Seigre ein paar S^age lang auf bem 2)oml^of'). So 
toeit aber toar eö nod^ nid^t gefommen, ba^ eine fo fd^reienbe Set- 
l^öl^nung ber ©itte unb bei8 el^rbaren §erfommeng nid^t aud^ unter 
ben obloaltenben Umftänben 2öiberf})rud^ gefunben l^ätte. ©igentlic^ 



1) 3a einer gleid^geitigen '^oti^ in ©^afatin Annales Reformationis 
p. 302 finbet fid^, bog auc^ 9?ottmann 4 @{;e»eibev na^m. 



©nttotdelungen bc« SKünflerifd^en 2(nal6a^ti«mu«. 381 

l^ierüber ift eö nod^ einmal ju einem offenen Äamjjf in SWünfter ge^ 
fommen. 6in frül^erer DIbermann, ^JloHenlj^ö!, unb ÄnijjJ)erbotting 
gerietften ouf ofjfener ©tra^e in SBorttoed^fel barüber ; ber (Srfte fagte 
laut, füa§ man ba bomeljime, SSieltoeiberei unb ©ütergemeinfd^aft, fei 
unred^t; ber Slnbere beftanb borouf, bag ei§ red^t fei; 3Rottenl^öf toem 
bete feine Stugen gen ^immel unb rief ©Ott inm ©d^ieb^rid^ter an. 
Eine anfel^nlid^e 5ßartei in ber Stabt fd^aarte fid^ um il^n, tueld^e bie 
Slbfd^affung ber Slelteften unb il^reö SRegimenteg, ber 3Sielh)d&erei 
unb ber ©ütergemeinfd^aft forberte; aUe^ follte toieber toerben, toie 
frül^er, ober fie tooHten bie ©tabt aufgeben, ©ineö 2^ageg gelang 
e§ il^nen, ben $roJ)l^eten felbft, Änij)})erboffing, unb bie bomel^mften 
^räbicanten in il^re ©etoalt ju bringen; fie erl^oben fid^ al^bann 
fclbftänbig unb nal^men mit einer Keinen ©d^aar Sanb^Ined^te ben 
9Rarft)3la^ ein. SBären fte in S5efi| eineö 3:i^oreg gelangt, fo Wür- 
ben fie toal^rfd^einlid^ bie SBelagerer eingelaffen unb ber ©ad^e ein 
ßnbe gemad^t ^aben. Slber unter ben bürgern gab e« aud^ eifrige 
3lnl^änger ber neuen Drbnung ber 2)inge; ein anberer früi^erer 
Dlbermänn, Slebedfer, unb ein frül^erer 33ürgermeifter, Slilebedte, bie 
fid^ ju ben äd^ten SBiebertöufern l^ielten, riefen bie bewaffnete 3Radbt 
berfelben jufammen. ©ie beftanb l^au))tfäd^lid^ au^ §oßänbern unb 
^tiefen: benn ber frembe SBlann, toie ©re^bedf fagt, ^atte bie ©tabt 
inne. S^bem biefe bie 2:i^ore forgfältig befe^t Ij^ieften, fo ba^ il^re 
©egner innerl^alb ber ©tabt eingefd^Ioffen tDurben unb gleid^fam 
fd^on il^re ©efangenen tuaren, rüdte il^r größerer §aufe nad^ bem 
SlRarIt})Ia^. Xk aSolfömenge fammelte fid^, toar jebod^ unentfc^ieben 
unb Joottte Warten, Wie bie ©ad^e ablaufen Werbe, äfuf ber ©teile 
fallen bie SWottenJ^öf fd^en , ba^ fte bie ©d^Wäd^eren Waren: fie jogen 
fid^ nad^ bem Slat^i^aug jurüdE: — aber aud^ l^ier Waren fie balb ge^ 
nöll^igt, bie unteren Släume gu üerlafjen, fo bajj bie gefangenen 
ä[nabaj)tiften befreit Würben ; bann Würben Heine ®ef d^ü|e gegen fte 
aufgefal^ren , bie jum X^M bon SBeibern l^erangejogen Worben finb, 
nad^ bem obem ©todWerf gerid^tet unb befd^offen bag ©ebäube; nur 
eine für je 3^it Wel^rten fid^ bie ©ngefd^Ioffenen: bann reid^ten fie il^re 
§üte JU ben ^Jenftern l^inauö unb ergaben fid^. 6^ Waren il^rer l^unbert 
unb jWanjig. 2(nfang^ Warb bie Slbftd^t gel^egt, fte fämmtlid^ um= 
jubringen: bann mad^te man einen Unterfd^ieb jWifd^en benen, Weld^e 
ben Auflauf angefangen, unb benen, Weld^e fjjäterl^in jugetreten. ®ie 
©rften, man jäl^lte il^rer fed^^unbfed^jig , würben jum 2^obe berur= 
t^eilt. Unbarmherziger Würben nie UeberWuttbene belj^anbelt, aU 
biefe, bon benen, bie nod^ fo eben il^re Srtiber im (Seifte geWefen 



382 ^tä^^m ^üäf. 9?eunte« (üapittl 

tvaxtn. äSiele h)urben an 93äume gebunben unb erfd^ojfen. „^a 
ben erften ©d^u^ t^ut", rief SSodelfon au^, „crtreift ®ott einen 
2)iettft bamit." ®ie onbem entl5>am)tete man^). 

Xxc fanatifd^e SSefd^ränfti^t, mit ber man nid^td anerlannte, 
ate bie eigene Seigre, erl^oö fid^ auf eine neue Stufe, inbemmanjebe 
2lbtoeid^unö mit * %oi unb SSerberben beftrafte. äuig ber atte^ am 
bere negirenben Qbee erl^ebt jid^ notl^toenbig unb affemal ber Sd^redfen. 
Sei ber Sefanntmad^ung jener (Sefe^tafel h>ar einem Qeben, ber ba- 
toiber berftoje, bie Slu^rottung auig bem 3SoTfe ©otteö angebrol^t. 
Unb tüel^e bem nun bottenb^, ber bie göttlid^e Sered^tigung ber 
5!Kad^tl^aber antaftete. Sd^on SDlattl^l^^ lie^ einen el^riid^en ©c^mieb, 
SDleifter 2^ruteling, ber il^m ein geringfd^ä|ige^ SBort gejagt, bafür 
mit bem ^obe beftrafen. ^ni^^erboUing empfing bie ®^tvalt, einen 
3eben, ben er bei einer Uebertretung ber nmen ®efe|e betroffen, 
auf ber ©teile, ol^ne atte^ ©erid^t, umzubringen: benn baö Söfe 
muffe auiSgerottet Serben auf ber 6rbe. SSon öier 3^rabanten bc- 
gleitet, ba^ blo^e ©d^twert in ber ^anb, ©d^redfen erregenb jog er 
burd^ bie ©trafen. 

2Bie nun aber aud^ ba^ öon ber Siegel Slbtoeid^enbe bod^ toieber 
bem Staturgefe^e folgt, unb bie 2^riebe feinet ßntftel^enö boUftänbig 
an^ Sid^t ^u bringen ftrebt, fo trat, nad^bem ber 2Biberf|)rud^ in ii^rer 
3läf)t befeitigt toorben toar, aud^ biefe Grfd^einung in bie Ui^Un 
©tabien il^rer ßnttoidfelung ein. 

Der Slnf^)rud^ ber ^rebiger, im ÄamJ)fe mit ber toeltlid^en Dbrig- 
feit, burd^ bie ^ro^jj^eten öerftärlt, l^atte fid^ guerft gur getoaltigen 
Dj)t3ofition erl^oben, aber eine 5ßartei gebilbet, bie, gu ben SBaffen be- 
reit, ben §errfd^enben bie Bp'xi^e bot, biefe burd^ 3Kajorität ftürjte, an(S) 
im toeitem Äam)3fe bie Dber^anb bel^ielt, atte ©egner Vertrieb ober 
t)ertilgte. 33ei einem Slegiment, baö baburd^ iu ©tanbe fam, foUte e^ 
aber fein Setoenben nid^t 'l^aben. 2)ie Sl^eofratie toirb meiftenig monar- 
d^if d^ fein ; benn fie f e^t immer eine ))erf önlid^e S5ek)or jugung, Segnabi- 
gung borauö. 2)er bomel^mfte 5ßrojjl^et mod^te ftd^ nid^t begnügen, blo^ 

1) Ne ex crebris bombardarum tonitruis hostes oppidanos inter se 
dissidere suspicentur neque tantam pulveris jacturam faciant, decretum 
est reliquos sexaginta sex gladio ferire, quae poenae executio Knipper- 
dollingo committitur, qui singulis diebus aliquot pro arbitrio suo pro- 
ductos et tandem ad unum omnes capite plectit, uisi quod propheta 
Interim animi et exercitii causa in nonnullos animadverterit (^'erfenBroif.) 
«ei ®rc8bec! pnbct fid^ baö nid^t loörtüd^, bod^ \}at er ^in paav @eiten früher 
eine ä^nlid^e siotij gebrad^t. — ^orfte^cnbe ©ci^ilberung l^abe id} a\i9 Beiben, 
benn jle ergangen einanber, gufammengefetjt. 



@nttt)i(!elun()en be« üf^ünfterifc^en ^naba|)ti«tnu^. 383 

ben SBißen ber ätelteften, obtoof)l er auf iljire (Ernennung ben größten 
©influ^ gel^abt, bem ifraelitifd^en 33oIfe ju toerfünbigen: er fa^le bie 
Sbee, Äönig biefe^ 9SoI!ö gu fein. 

©in anberer ^ro^jj^et, ber neben il^m aufgeftanben, I)ufentfd;uer 
bon SBarenborf, frül^er ein ©olbfd^mieb, erfj)arte il^m bie 5iRü]^c, bie^ 
felbft erilären gu muffen. 3)ufentfci^uer berfünbigte eineö Xa^e^, ®ott 
l^abe ii^m offenbart, 3*>^<**^" bon 2eiben fotte Äönig fein. Diefer 
felbft fd^rie auf, ba^ aud^ if)m eine fold^e Offenbarung ju 3;i^eil ge= 
h)orben fei, unb ba^ er ®ott um Vernunft unb Sffieiöl^eit bitte, ba§ 
33oIf gu regieren*). 2)ie ^räbicanten, tDeld^e ^ier immer, bie ej- 
tremften Sbeen berf ödsten, ft)rad^en fid^ fofort bafür auö: ^o- 
^ann felbft berfid^ert, o^ne il^re §ülfe tüürbe er iüeber bie 3iiel- 
toeiberei eingeführt, nod^ bie ©rrid^tung beiS Äönigtlj^um^S burd^gefe^t 
l^oben. 3fud^ lie^ er fte an feiner @eit)alt I^l^eil nel^men. 311^ bai^ 
3SoIf feine neue SEBürbe gebilligt l^atte (jebermann lie^ fid^ auffd^rei^ 
ben), erflärte er, nid^t allein fönne er in bem Sltterl^eiligpen berl^ar- 
ren: bie ©emeinbe möge ©Ott mit il^m bittm um ein guteö ^auö-- 
gefinbe. 9iad^bem atte^ 33oIf gebetet, erfd^ien SRottmann unb (a^ 
toon einem 3^**^f bie Stamen berer, bie burd^ göttlid^e Eingebung gu 
ben l^ö^eren SBSürben beftimmt toorben. ßiner ber toomel^mften toar 
er felber. 6r toar SBortl^atter , toie jene ^oortl^altenben Sürger- 
meifter in ben freien ©täbten; Äni>)|)erbotting, ber felbft oft })rot)l^e- 
tifd^e Gntgüdfungen l^atte, tourbe Stattl^alter; Jilebedfe, ber in bem 
legten Strauß baö 33efte getljian, fein ^ofmeifter: fo toar aud^ ber 
gcl^eime Slatl^ beö Äönig^ an^ ^räbicanten unb ben naml^afteften 
eJanatifem gufammengefe^t, S^lebedfer erl^ielt barin eine Stelle; ba§ 
geiftKd^=fanatifd^e 5Princi>) geloann nun erft in ber eJorm ber mon- 
ard^ifd^en 2^l^eofratie feinen botteren Stuöbrudf. 

SSergegenloärtigen toir \xn§ noä) mit einem SÖort ben Ärei^ 
il^reö 3Keinenö unb 2)enfen^. 

3!)a^ Unterfd^eibenbe ift, ba^ fie bon ben ©runbübergeugungen 
abtoid^en, iofld^e bie ältere Äird^e in langen ÄämJ)fen fid^ gebilbet, 
2(tl^anaftuö unb 2luguftin auggefj)rod^en l^atten, unb toeld^e bie fUe- 
formatoren nid^t allein f eftl^ielten , fonbern in ilj^rem urf})rünglid^en 
©inne loieberl^erjufteHen fud^ten. S)ie SBiebertäufer ioottten bon bet 

1) 39cfenntni6 ^cru^arb Äred^tingö: „2l(«6alb ficng ber Äciüngf an gu 
fd^rien unb gcfaci^t, h)lc jm bae gteid^crmaaß ^icBctjer offenbaret njar, atcr 
er banf^ct bem 3Jatcv, ha9 er fuld^e burd^ einen anbcrn ber ©emcin^eit ^attc 
angeigen laffen." SBcnn ^ol^ann (eugnet, eine Offenbarung gehabt gu ^laben^ 
fo fann ba« nid(it beftteifen, baß er e^ nid^t ijcrgegeben l)au 



384 @eci^«tc« ©uc^. 9leuntc« (Sa^itd. 

tüal^ren SKenfd^l^eit bc^ (Stlöfcr^, Don feiner Slbftammung t>on SDaöib 
unb 3Raria nid^t^ l^ören: benn h)ie foffte, [agten fie, eine Unreimg- 
leit mit ber anbem abfleh)af d^en toerben ? 2)a^ toal^re 333ort, ©ottc^ 
©ol^n, fei auf h)unberbare SSJeife ^f^ifd^ getDorben, um bie-©ünbe 
ber ßreatur ju tilgen. S)iefe 3^i(gung aber erftrecfe fid^ nid^t toeitet; 
aU auf bie Äranf^eit be§ %Ux^ä}^, toag fie ben erften %oi nannten: 
fte mad^e frei bon ber Untoiffenl^eit, aber für fpätere Vergeltungen 
gelte fie nid^t. Ungefäl^r tüie bie ^jSelagianer bie ©rlöfung in ba^ 
SSerf^red^en ©otteö festen, bie 9Jlenfd^en ju 3Kiterbett feinet ßinge* 
borenen gu mad^en, h)enn fie nemlid^ fortan feinem SBiKen folgen'). 
S)ie SBiebertäufer bertoerfen bie laufe Heiner Sinber ate un^ 
d^riftlid^: benn fie fei eben bie Slettung au^ ber Untoiffenl^eit; nur 
benen gelj^öre fie an, toeld^e unterrid^tet unb gfäubig feien; fie fei 
ba^ S^i^^^ ii^rer 2lufnal^me in eine l^eilige ©emeine. 3)a^ 9)l^>fte= 
rium berfd^h)inbet il^nen im Sacrament; ioeld^ ein Qrrt^um fei e§, 
bei bem 9iad^tmal^( barüber ju ftreiten, inloiefern ba^ 93rob ber Seib 
beig §errn fei; fie bermieben bei ber ?5eier bie @inf e^ung^toorte : alle^ 
lag il^nen an ber l^öd^ften ©emeinfd^aft. '^an muffe fid^ nur beffen 
erinnern, toaö ber §err für bie 3Jlenfd^en getlj^an l^abe, unb fid^ ent* 
fd^Iie^en, feinem S3eif})iel ju folgen, feinen SBitten ju t^un. 3)enn 
ben SBitten ©otteig mit ber X\)at gu tjoßbringen , ba§ gel^öre }ur 
©eligfeit. 3ltte jene ©treitigfeiten über bie greil^eit be^ SBittenö, 
in benen fid^ ^roteftanten unb fiatl^olifd^e beloegten, erfd^ienen i^nen 
unnü^. 3)enn chen baö fei ber ©inn ber 2:aufe, ba^ 6l^tiftug ben 
©laubigen bie SWad^t gebe, feinen SBitten ju t^un: er i)erbinbe fie 
mit fid^ ju einem einigen ^eiligen SSolfe. ©o fatten bie beiben 2)i- 
rectionen ber Slnfid^t, bie fid^ in ben Dereinjelten 3teu^erungen geigen, 
bei ben Söiebertäufern in 3Jlünfter jufammen. 3)od^ lam eg l^ier 
nid^t fo fel^r auf bie Soctrin an fid^ an, man legte unberjüglid^ 
§anb an, bie ©emeinfd^aft ber ^eiligen, toie fie im 2lnfang geloefen, 
in SWünfter loieberl^erjuftetten: barauf grünbete fid^ jene^ commu* 
niftifd^e SBefen. SBir l^aben, fagt Slottman, unfere ©üter unter ber 
§anb ber 5Diaconen gemein gemad^t; bei unig ift in Äraft ber ©e- 
meinfd^aft aUe^ gef allen, Voa^ ber ©igenfud^t unb bem ©igentl^unt 
bient; Äaufen unb SSerfaufen, 2lrbeiten um ©elb, SRente unb SBuc^er: 

1) (S^nc 9?epitution obber @inc njcbberPcIIinge redetet unbe gcfunbcr 
d^ripiifcr leer, geloöcnö unbc Icöenö: SWünfler, Octobcr 1534 (toon ^ott* 
mann). 3)ic S33orte: „Sffet njar, bat (Sl^rijiuö nid^t l^bclif tt)a«: bann toant 
\^t I^bcn tootbc, ^ö l^e It?bcU! geworben", erinnern an bie ©(j^toicrlgfeitcn, 
mit benen Sl^ottinari« in feiner 3luffaffung ldmp\U 



@ntn)t(!etungen bed Wtün^tti^^tn %nabapti9mvi9. 385 

Tti^hvauä) ber 3lrBeit beiS Släd^flen iVLtn eigenen ® enu^ : toir tDtfJen, 
mit fofd^em D})fer Bel^agt man bem ^erm, unb toürben lieber ben 
2;ob leiben, afö ju bem 2llten jurüdffel^ren. SKan begreift e5, luenn 
il^r (Sebanfen^ang jte nun aud^ "gu einer anbem SSorftettung t)on ber 
@l^e fül^rte. ©ie Uffauptm, ba^ bie ©emeinfd^aft beig ©laubenö gu 
berfelben gel^öre, ba^ ©laubige an bie 6l^e mit Ungläubigen ni^t 
gebunben feien. Qf« ^i«^^^ frül^em ©d^rift*) tueifen fte aUeö, ft)aö 
man toeiter öon il^nen fage, afö SJerleumbung gurüdf; in ber Stefti^ 
tutton bagegen toirb bie 2)octrin bon ber SSieltoeiberei offen ge^re- 
bigt. ©ie feigen biefetbe aU eine ^Jotge ber biiSl^er ganj berbunfelten 
tJreil^eit unb SBürbe beg ?l!Kanneg an. SDer 3Kann, fagen fie, fei 
©Ott unmittelbar unterworfen, &otU^ ®l^re unb 2lbbilb; bie %xau 
bagegen fei bem 9Ranne unterworfen: Wie ©ott il^m, fo fei er ber 
grau ein $err unb ^anpt SBaö bann ben 3lltt)ätem, wie man in ber 
©d^tift Tefe, ben l^eiligen' ©ottei^freunben, erlaubt geWefen fei, ba§ 
lönne aud^ ben ©))äteren nici^t Verboten Werben^). SBie fie bie reli= 
giöfen ©runbanfd^auungen DerWarfen, fo unb noci^ mel^r festen fie 
fid^ ben fittlid^en ©runblagen entgegen, auf benen bie menfd^lid^e 
®efettfd^aft berul^t, unb bie eben in ben germanifd^en SSöIIem auf 
ba^ Sebenbigfte Wurzelten: fie l^oben bie ^nbamente be§ bürgerlid^en 
Sebenig auf. Qnbem fie bie l^öd^fte ©emeinfd^aft ju realiftren iJor= 
gaben, traten fie au^ ber ©emeinfd^aft beg 2eben^ unb 2)enfenö ber 
aSBelt l^erau^, ober öielmel^r, fie Warfen fid^ in eine beWu^te S^inb^ 
feligfeit bagegen. ©ie erifärten e^ für einen 5EBal^n, ba^ bai JReid^ 
ßl^rifti erft nad^ bem jüngften 2^age eintreten folfe; nod^ l^abe eg 
SRiemanb gewußt, aber ilj^nen fei e« ffar. Wenn ßl^riftu^ ^önig fein 
n)offe, fo muffe baö nod^ auf ©rben gefd^el^en: ©otte^ SSoII muffe 
bie SOSelt nod^ bei biefer S^it iune ^aben. 

3)ie 2Biebertäufer fanben ben Verborgenen ©inn ber ©d^rift 
barin, ba^ burd^ ©otteö SBort im Sfnfang alle 35inge gut gefd^affen: 
aber fie feien nid^t gut geblieben: bie Drbnung ©otte^ forbere il;re 
SBieberl^erftettun^ burd^ baö 9Sort. Meö aber l^abe „in breien", 
in brei ^ßerioben, feinen Verlauf, neben bag @ine trete ein 2lnbere^, 
fo bafe ba^ aSorige bon bem ©egenWärtigen Derbunfelt Werbe, bi^ 
jule^t ein ©rittet, nämlid^ baö erfd^eine, \üaß nid^t Weiter möge 
beränbert Werben. 

Sie erfte Seben^geit ber SEBelt l^abe mit ber ©ünbflutl^ geenbet. 
Se^t ftclj^e fie in il^rer jWeiten ©Jjo'd^e. 2)a l^abe ©ott mannid^fa^ 

1) ©cfenntniß bc§ ©loben« unb ?cbcn8 ber ©cmclnc S^rijü ju 3Konpcr. 

2) 35crgL 4)afc: neue fxop\fzHn @. 253. 

t). »ante'« ^nU III. 25 



386 @ed^0te« ^ud^. "SltunM (Sa^ttel. 

tigc 50littel ergriffen, bic 3Kenfci^^n gu pd^ gu belel^ren, 2l6ral^am unb 
bie 5ßroJ)l^cten erfd^einen laffen, SBunDertl^aten Betoiefen, fein SBort 
fd^riftlid^ 8^9^^^"/ enblid^ feinen einigen Sol^n gefenbet, aber aUc^ 
t)ergeben^: ber SJlenfd^ tooSe bie ®ere(i^tig!eit nid^t bei fx6) bulben, 
öiel iüeniger fie über ftd^ l^errfd^en laffen: ia muffe benn ber ®rimm 
©otte^, eben toie bei ben Seiten 3toä, au^gel^en unb ftd^ auf ben 
Ropf ber ©d^ulbigen entlaben. 3)enn el^e ßl^riftuig toieber erfd^eine, 
müfje feinen geinben bie SWad^t genommen, bie ungered^te ^errfd^aft 
be$ SBiberd^riftS begtoungen, baS Sleid^ ber @ered^tig{eit aufgerichtet 
toerben. SSor allem raüffe ber ©tul^I ®abib^ fid^ toieber erl^ebcn, 
bie (Jeinbe ©otteö bemütl^igen, unb haß SReid^ bereiten, baö ber Oe- 
falbte be^ $errn, ber friebenreid^e ©alomo eingunel^men l^abe; inil^m 
erfd^eine bann bie britte 3^i^ wnb ber ganjen SBelt Soffenbung ^). 

3Son einer anbern Seite griff Slottmann in feiner ©d^rift über 
jeitlid^e unb irbifd^e ©etoalt bie Sad^e an; bod^ läuft eö auf 
baffelbe l^inau^. 

6r fagt, ©otte^ 3Biffe fei getoefen, ba^ atteö nur unter il^m 
ftel^e, fid^ brüberlid^ »ertrage, beftänbig unb luftig unter il^m lebe. 
2lber burd^ ben ©ünbenfaff fei bie göttlid^e Drbnung erlofc^en unb 
eine irbifd^e ©etoalt notl^toenbig geworben. 3)od^ aud^ biefe toibme 
fid^ ber Ungered^tigleit, fei böfe unb h^erbe immer böfer, SSier ^Ron- 
ard^ien l^abe ©Ott bon SJlnfang an beftimmt. 3>ie erfte l^abe SDaniel 
toenigften^ mit einem 3:i^iere öerglid^en, bod^ nid^t bie le^te: biefe^ 
le^te feierte Ungel^euer l^abe toegen feiner blutbürftigen S^rannei 
feinet ©leid^e^ ni^t auf ®rben. 2lber fd^on fei aud^ beffen 3«^ 
gelommen: an feinem ©rlrad^en l^öre man bereite, toie nal^e fein 
%aU fei: all fein Sleid^tl^um folle bem treuen ^auögenoffen jur 
33eute toerben^). 



1) ^on SJerBorgen^cit ber fd^rifft bc« ^J^fe« CE^riflt, mibe Mix bcm 
2)ag^e beö ^eren Sa^. V; bei SCrnoIb Äird^en* unb Äe^crgefd^id^te I, 977. 
<B(i)ahtf boß bie (c(jten ficben (Saipitct, um ein ^aarjölattcr gu f^jaren, ttjcg* 
gc(affen »orben; fie fmb nid^t minbcr mcrfmürbig M bie frül^crcn. 

2) Slottmann 'oon t^btifer unb irbifd^er ©etoart: J^anbfd^riftUd^ in 2»ün- 
jier; cjcer^)irt in Sod^mu« ©efd^id^tc ber SBiebertäufer, p.l88. SOiaii öerg(. 
g^obeö^ierre« 9lebe am gefl beö ^öd^flen Söefen« 8. 3uni 1794: L'auteur 
de la nature avait tous li6 les mortels par une chaine immense d'amoar 
et de felicitö; p6rissent les tyrans qui ont ose la briser I Fran^ais t& 
publicains, c'est ä vous de purifier la terre qu'ils ont souill^e, et d'y 
appeler la justice qu^ils en ont bannie! Buchez et Roux histoire parle- 
mentaire XXXIII, p. 179. 



@ntn)t(!e(ungen bed 3)>{ünflertf(i^en ^na6a)}tt«mu9. 387 

'^an lann haß nid^t Icfen, ol^ne l^ie unb ba an bie S^een ber 
^erfteCung ber SBelt unb il^rer utftjrünglid^en ßJcred^tigfeit burd^ 
getoaltfame Sleinigung erinnert gu trerben, toie fte ber revolutionäre 
©ntj^ufia^mu^ einer fj)äteren ßjjod^e berRinbigt i)at STud^ nod^ an^ 
bere 2(nf länge, toie toenn man in ÜMünfter aufprte, ben ©onntag 
^u Begcl^en, bie ©trafen unb 2^l^ore naä) ben SBeltregionen Benannte, 
laffen ftd^ Bemerlen: jte erfd^einen farifirt in ber 3SerfIeinerung. SBie 
bort bie claffifd^en ©rinnerungen, fo l^errfd^ten l^ier bie altteftament- 
lid^en bor. 33er Äönig gab ben Sleugeborenen in ber Stabt il^rc 
9lamen, nad^ ben 9?amen ber Slftbäter ober nad^ bent 2CIj)l^abet. 

2)ie SBiebertäufer l^ielten bafür, ba^ ber 3Jtoment ber SBelts 
emeucrung borl^anben fei unb ergriffen toerben muffe, bamit eg nid^t 
aud^ ben ßl^riften gel^e toie einft ben Quben, toeld^e bie S^it il^rer 
^eimfud^ung nid^t lüal^rgenommen. 

2)ie ßintoenbung , ba^ ßl^rifti Sleid^ nid^t bon biefer SBelt fei, 
tou^ten fte auf il^re Söeife ju befeitigen ^). Sie unterfd^ieben ein 
geiftlid^e^ Sleid^, iaß in bie 3^it be^ Seibeng gel^öre, unb ein Ieib= 
lid^e^ 9ieid^ ber ©lorie unb ^errlid^feit, ioeld^e^ ßl^riftu^ mit ben 
Seinen in biefer SBelt l^aben f oKe , taufenb Saläre lang ^). Sie 
toaren überzeugt, ba^ il^r 9leid^ in SKünfter bi^ jum Slnbrud^ biefe^ 
taufenbjäl^rigen 9leid[|e§ bauem unb ei§ inbe^' im Silbe barfteffen 
fotte. 3)ie Belagerung, bie fie bulbeten, fanben pe notl^loenbig. 
"^mxi haß Dt)fer in ber SBüfte müfje bollbrad^t ioerben, ba^ SBeib 
il^ren Streit leiben, ber SSorl^of fid^ mit Siebten erfüllen. ©Ott aber 
toerbe nid^t allein bie ©eioalt abtoel^ren, fonbern ol^ne SSerjug aud) 
feinem 3Solf ba§ Sd^iDert in bie §anb geben, ju bertilg^n atte^, 
\oaß SSo^l^eit treibe auf ber ganjen (Srbe. Slottmdnn fd^lie^t eine^ 
feiner 33üd^er mit bem &cUt, ba^^ber §err ber §eerfd^aaren feine 
§anb auigftredfen, feinen 35abib unb beffen 3SoIf ftreiten leieren, unb 
il^re ?5inger jum firieg gefd^idft mad^en möge. 

Qn biefen Slnfid^ten lag aud^ ber m^ftifd^e ®runb, toe^l^alb fie 
fid^ einen Äönig festen. 33ie 5pro|3l^ejeiungen gebadeten borgüglid^ 
eineö Äönig^, ber bann §err auf ®rben toerben folle. 3)ufentfd^uer 
rief ^an Sodfelfon gum König ber ganjen SQSelt auß. 

1) (Sine $roBe i^rer (S^egefe getoä^rt bad ^efenntnig bed efiemaltgen 
Pfarrer« 2)icfl: „S^ripuö ^pxtdt, mt^n rife ift md^t toan bufcr tocttt, l^eft 
bufen S3erjianb: <£^rif!u8 rid ifl ein ritf ber ©cred^tid^eit unb ber SBair^cit, 
bat rifc aöcrö bufer njerlt ifl ein rife ber boöl^eit unb ungcred^ti^cit.^' 

2) SScrgt. bo8 @ef^>räd^,bcö 3o^ann bon Seiben mit (Eorbinu«. 

25* 



388 @cd^«tc« ^u^. iRcuntc« (HapM. 

©iefer junge J)l^antaftifd^e ^anbtoerfer QlanhU nid^t anberg, aU 
ka^ bie 3wlw«ft ber SQSelt auf il^m berul^e, @r nannte fxä) ^o^ann 
ben geredeten Äoninf in bem nmen %^mpeU in feinen 33erorbnungen 
fagt er, in il^m fei ba§ öon (Sl^tiftug öertünbigte Sleid^ untotber^ 
^pxeä}tiä) borl^anben: er fi|e auf bem ©tul^le S)at)ibig*). Sin einer 
golbenen R^tie trug er bag 3^i«^^n ber ^errfd^aft am ^aU, eine 
golbene SEäeltfugel, burd^ bie ein golbene^ unb ein filbeme^ ©d^lDert 
ging: über beren ^anbgriffen erfd^ien ein Äreuj. 2)afjelbe Slbjeid^en 
trugen feine 2)iener auf grünem Slermel; benn grün toar feine ^ar6e. 
®r liebte al^ ein ®mj)orIömmIing bie ^jJrad^t. dreimal in ber SBod^e 
erfd^ien er mit Ärone unb RetU auf bem 3Jlarft, fa^ nieber auf 
feinem %f)xon unb l^ielt ©erid^t: eine ©tufe tiefer ftanb Äni})})er- 
bolling mit bem ©d^tüert. 2Benn er burd^ bie ©tabt ritt, gingen 
poei Knaben neben il^m, ber eine mit bem alten "^eftament, ber an- 
bere mit bem bloßen ©d^h?ert: toer il^m begegnete, fiel auf bie Sniee*). 
3lid^t immer Ij^ielt er fid^ in biefer ftoljen gerne. 3Ktt feinen ©d^ü^en 
unb SWeitern rannte er mit bem 3iennfj>ie^ nad^ einem auf einer 
©tange aufgel^ängten SRoi^marinf ranj ; in bem 2)om l^ielt er ged^t^ 
Übungen mit allen Slnbern; er trug ben 5ßrei^ im Saufen baUon; 
einmal, fo Diel man U)ei^, erlaubte er aud^ einen %ani auf bem 
fRati}fyin§ unb eröffnete il^n felbft mit feiner Königin; bie grauen 
fonnten ftd^ nid^t fättigen an bem lang entbel^rten Vergnügen. 3« 
ber Äird^e gab eö jutoeilen ©d^aufj)iele, in benen bie SKeffe öer^ 
fjjottet, ober aud^ ein ©leid^ni^ ber l^eiligen ©d^rift^) bargeftettt 

1) (Sineö feiner ©efe^c, öon ^crfenferoif unb etmaö abtocid^cnb öon 
$er«ba^ (ateinifd^ mitgctbeift, ftnbct fid^ in bem 3(rci^ii) gu 2)üffeIborf beutfd^. 
^8 fängt felfir d^arafteriftifd^ an: „ÄunbUc^ unb c^enbar f^ allen ?ief^eb6ercn 
unb 2:ofienbcrn ber SBar^eit unb gotlid^er ©ered^tid^eit, fon?ol ben Unbor* 
ftenbtgen, al8 in ber ^erborgcn^ieit ®otte8 ^erfiänbiqen. @o unb in »et* 
maten be (Sl^rtflen unb cre S^ojlenbere ftrf unber bem panier ber ©cret^^t^cit 
a(8 toarc Sfraeliten in bem n^en 2^em^el in jegenitjerbid^eit bee ^i^9, bor* 
lange« tjerfeen, burd^ ben muntl^ ber ^roipl^eten belobet, bermt^ (t>ermittc(|l) 
(Sl^rifium unb feiner 2l:|jofleIn in ^raft be8 @eif!e8 angefangen unb geo^en* 
baret, unb nu an Sodann ben ©ered^ten in bem ©tu^re 3)at)ib8 gelofffid^en 
unb intt)ebcrf|)red^lid^en borl^anben, fd^idfen tt?anbern unb l^aben fotten" 

2) Ant. Corvinus de miserabili Monasteriensium anabaptistarum 
obsidione ad 6. Spalatinum, ap. Schardium II, 315 : Aulam praefecturis 
ac officiis ita inBtituerat, ut si natus rex fuisset, prudentius non po- 
tuerit. Fuit enim in excogitandis iis quae regalem pompam decebant, 
mirus artifex. 

3) ©re^Bedf: @o l^eft ber Äoningf taten mafen eine Stellinge mit 
^arbinen umbl^e bel^angen, vüp bed.(Sl^oir in bem S)oem, bair bat l^oge^Itair 



aecnbma^r in SÄünflcr. 389 

tourbe. S)ie alten rl^ctorifd^en S))iele toaren noi) nid^t öetgeffen, 
aber babci Ke^ er fid^ an feiner SDBürbe nid^t^ abbred^en. ©inige 
feiner friefifd^en unb J^oBänbifd^en greunbe l^atten ben ßJebanlen, ba^ 
man neben ben toeltlid^en ÄiJnig nod^ einen geiftlid^en fe^en ntüf[e: 
er Kc^ fte in^ ©efängni^ toerfen: toären e^g ®inl^eimifd^e getoefen, 
fo toürben fte nid^t mit bem Seben babongefommen fein. 6r trotte 
barauf, ba^ er nid^t getoäl^It, fonbem bon ©Ott jum Äönig gefegt 
fei. SQ3ol^I gab e^ ßinige, bie an feinem $om)), an ber Sal^I feiner 
SBeiber, beren er immer eine über bie anbere nal^m, ben golbenen 
unb filbernen ^ctUn feiner 3)iener, aJli^f allen äußerten. ,,$fui über 
eud^!" rief er a\x^, „abex xdS) toitt über eud^ i^errfd^en unb über bie 
ganje SBelt, eixd) jum ^ro$!" Äm})})erbotting fa^ bie ©ad^e nid^t 
ol^ne Sronie an. Sluf bem 3Raxttpla^ fd^toang er fid^ einmal über 
bie bid^tgefd^aarte 3Kenge empor, um einen jeben mit bem ®eift an- 
gublafen. 6r fül^rte bor bem Äönig unanftänbige Xänje auf, unb 
fe^te fid^ auf beffen Stul^I, benn er fei e§ ja, ber il^n jum Äönig 
gemad^t l^abe. 618 loar il^nen, toie man Don ben SEäal^nfinnigen fagt: 
ein tiefere^ S3elt>u^tfein bon ber Untoal^rl^eit il^rer ©inbilbungen 
fonnten fie nid^t übermeiftern. Äni})j)erboIIing entjtoeite ftd^ lool^l 
einmal ernftlid^ mit bem Äönig : bann aber Derf öl^nten fie fi^ lieber : 
ÄnijjJjerboHing tl^at Suge, unb atteö feierte in baö ©eleife be« ein^ 
l^elligen ©lauben^ unb ©el^orfam^ jurücf. ^m Dctober 1534 feierte 
bie ganje ©tabt bag älbenbmal^l in folgenber ©eftalt. ®^ tvaren 
2^ifd^e aufgerid^tet für atte eriDad^fenen grauen, beren bei toeitem 
mel^r al§ 3Ränner toaren, unb für bie Scanner, toeld^e nid^t auf 
ber 9Rauer SPad^t l^ielten, 4200 ©ebedfe; Sol&ann Don Seiben unb 
feine ©emal^Iin S)it)ara erfd^ienen mit il^rem §ofgefinbe unb btenten 
bü %x^ä) ; ein "förmlid^eö 3Kal^I toarb gel^alten. hierauf nal^men fte 
SBeijenfud^en, genoffen juerft babon unb gaben il^n ben anbern, ber 
Äönig bag S5rob, bie Königin ben SEBein: „Sruber, ©d^toefter nimm 
l^in; toie bie SBeijenfömlein jufammengebadfen unb bie Trauben ju= 
fammengebrüdft, fo ftnb ani) Wix eing." 35arauf fangen fte ba§ 
Sieb „Mein ©Ott in ber pö}) fei (gj^r"*). 3n ber Il^at, man 
UnnU bieg religiös, unfd^ulbtg finben. aber man l^öre. Sei biefem 

fieit bo ein jjcber umb^er tl^ofad^, bo f:|)Uben fic bat \p'il bon bem rifcn man 
unb bon l^a^arud. ^an ber xidt man ein ^pxnt gebain ^abbe mit IBa^aru^, 
fo flunben bencben ber fieKingc brt? ^i^)er0 mit toer«:|)i:|)en unb f:|)clben ein 
<Stucf mit brei jlimmcn. 2)an fo f^jracf ber rife man toiebcr an, unb bann 
fo f:|)ielben bie ^i^jerö ttjicbcr an. 

1) ^leuftc 3«itung bon ben SBiebertäufern ju SDJilnjler 1535. 



390 @e(i^«tc8 ^vl6). ^tmM CEa^itcf. 

2tbenbmal^l ndf^m bcr Äöntg unter ben Seinen einen gremben toaf^x, 
„ber fein j^od^jeitlid^eg Äleib anl^atte." 6r Bilbetc fid^ ein, ba§ fei 
ber Qubaö, Ke^ il^n f)man^fixf)xm, ging felbft unb entl^au})tete il^n: 
er glaubte einen Sefel^I ®otte« baju in fid^ emj)funben gu l^aben: 
um fo fröl^Iid^er lam er ju bent ©elage jurütf*). 

SSon. allen ©rfd^einungen einer fo ungel^euren SSerirrung ift biefe 
SSermifd^ung bon ffrömmigf eit , ©enu^fud^t unb SSIutburft bie toiber* 
iDärtigfte. ^n bent gur ®ett)alt gelangten ©d^ipärtner bringen geift^^ 
lid^er ^od^mutl^ unb ungegäl^mte ©enujsfud^t, trüber 2Bal^n unb l^alb- 
tjerftanbene flexible 2)octrin, Slol^eit unb Sd^toung eine feltfame, man 
ntöd^te fagen, grote^Ie ©eelenmifd^ung l^erDor, bie aU |)f^d^oIogifd^ei§ 
SRaturJjrobuct nterltoürbig ift. 

Q§ toar ju ?iJlünfter ein SBeib, baö ftd^ gerül^mt, fein 9Rann 
^ tDerbe fie bänbigen fönnen: eben bie^g l^atte ben ^an bon Seiben 
gereijt, fie unter bie S<^¥ friner SBeiber aufjunel^men; aber nad^ 
einiger 3^i^ toar fte feinei^ Umgangs überbrüffig unb gab il^m feine 
©efd^enfe jurüdf. SDer h)iebertöuferifd^e Äönig l^ielt bieS für baf 
äu^erfte aller 3Serbred^en, fül^rte fie felbft auf ben '^Slavtt, entl^au})tete 
fie ba, unb ftie^ ben Seid^nam mit ben ^ü^en bon fid^. hierauf 
ftimmten feine übrigen SBeiber baS Sieb an „Slllein ®ott in ber 
§ö^ fei e^r". 

SBie contraftirt biefeS SBefen fo entfe^lid^ mit ber Unfd^ulb, in 
ber ftd^ jene ©artenbrüber, bie flein^ Secte in Salzburg, barfteHen. 
Unb bennod^ feffelte eö bie SWenfd^en: man famjjfte bafür mit 
mit äu^erfter 6rbitterung.> 

eine ?5rieSlänberin t>on Sneef, ^ille S^ife, bie nad^ 5Künfter 
gegangen, um, loie fie fagte, il^rer ©eele ©eligfeit bei bem SBorte 
®otte§ ju fud^en, fül^lte fid^ burd^ bie ®efd^id^te ber ^ubitl^, bie fxe 
einft bei Sifd^ beriefen l^örte, angetrieben, biefem Seift)iel nad^ju- 
folgen, ©ie ging in ber ^il^at l^inauö, fo gut toie möglid^ l^erauS- 
ge!t)u|t , mit ©d^mudf, ben man il^r au^ ber ßanglei mitgegeben, unb 
mit einigem ®elb berfel^en. 3lber eben fd^on il^r ungelool^nter Sluf- 
gug erregte SSerbad^t. ©ie toarb nid^t ix^ gu bem Sifd^of gelajfen, 
ben fie burd^ il^re Steige gu feffeln uub bann gu tobten im ©inne ge^ 
l^abt l^atte. ^n bem SSerl^ör befannte pe il^r SSorl^aben unb ftarb bafür *'^). 

1) S)or:|)iu«: „unb gefiel im fetbö fo »ol über bicfen morb, ha9 er 
fein noc^ lachet." 

2) ©cfanntniffc ©^tten ge^fen aen p)^n am gre^bag nadf S'latttitati« 
3o]^. ^a^)ti|l<i. - ^J^ntig S3e!anntmffe ^i^Öen ge^fcn am ©aterbag na 3. ©. 



Belagerung t>on SÄünflcr. 391 

SlBer e^ tft 3^i^/ ^<^^ ^i^ ^ud^ h>iebft bev äSelagemben unb 
uttb il^ter Untemel^munaen gebcnfen. 



Belagerung ntib ^»Berntig ttm Sanfter. 

Wlan f)aite crtoatten fotten, nad^bem eine burd^ atte SReid^öab* 
fd^icbc [o ftteng öer^)öntc SReinung in einer bebeutenben Stabt jur 
^errfd^aft gelangt unb baburd^ aud^ an fo i)xcl anbetn ©teilen ju 
neuem Seben ertoad^t h)ar, ba« gefammte 3leid^ toerbe jtd^ in feiner 
Äraft erl^eben, um ftd^ biefer jeben ©tanb bebrol^enben ©efal^r ju 
erlebigen. 

Sie ©ad^e tourbe bennod^ lange 3^it lebiglid^ bem 33ifd^of bon 
9Wünfter unb beffen })olitifd^en fjreunben üBerlaflen. 

aSir fallen fd^on, toie bor allem bie ©iferfud^t auf §ef{en unb 
bann bie eigene ©efal^r 6öln unb Siebe betoogen, bem SSifd^of ju 
§ülfe ju !ommen. > 

3uerft fenbeten fie jeber einiget ®efd^ü^, jebod^ auf SSerfid^erung 
be^ QapxUl^, unb fogar unter ber 35ebingung, ba^ ber ©d^abe, ber 
baran gefd^el^e, h?ieber erftattet h)erbe. SDann lamen bie ßölnifd^en 
unb ßlebifd^en Slätl^e jufammen, Weitere 5IKa^regeln ju öerabreben. 
3u Drfo^, am 26. 3Rärj 1534, Befd^loffen fte, bem Sifd^of mit 
Seuten ju l^elfen, nid^t mit ®elb; jeber gürft l^abe auf feine Soften 
bemfelben 2 gäi^nlein Äned^te ju fd^idfen. 2lm 7. $IKai gu 5Reu^ 
fügten fie l^inju, ba^ ein jeber überbieiS aud^ 200 gerüftete 5ßferbe 
bor 9Münfter l^aben foDe, um auf ben ©türm gu toarten. ©d^on 
l^atte ber $ergog bon ßlebe feinen Sanbfaffen befol^len, feine fremben 
3)ienfte ju nel^men unb beren nel^men ju laf[en, big biefe ©ad^e 
abgetl^an fei. 

Stber mit Seuten allein fonnte ber Sifd^of ben Srieg nid^t f ül^ren ; 
er firaud^te (Selbmittel, bie er auö feinem Sanbe nid^t aufbringen 
fonnte; unaufi^örlid^ brang er auf 3)arlel^n „einer ta})feren ©umme 
©elbeg". 3uerft badete man, il^m 10000 ©. burd^ »ürgfd&aft ju 
berfd^affen. 3)a fid^ bieg aber enttoeber alg* untl^unlid^ ober bod^ 
ungenügenb ertoieg, fo h)arb auf einer neuen 3wfömmenhinft ber 
5Künfierfd^en SRätl^e mit ben ßölnifd^en unb ßlebifd^en ju 9ieu^ am 
20. Suni ber »efd^lu^ gefaxt, ba^ bon jebem 2:i^eil 20000, jufam= 

©ei Wcfert I, 40. 44. ®re«be(f : „ein ^ollenber« Söief, nod^ ein jun! fonber* 
lic^ fBned ä^enfd^''. 



392 ©ec^^te« Su(^. ^tnnM dapittU 

mm 60000 (äolbgulben aufgcbrad^t tocrben fottten, — toobei fid^ 
aber ber Sifc^of t)ert)flid^tete, ben beiben anbem nad^ bet Srobentng 
il^r XaxUf^n toiebcrjuerftattcn, — um atte^ toorjubereitcn, toaö ju 
bem ©türme notJ^tDcnbig fei*). 

2lm 30. Slußuft 1534 toagten eö bie betfammelten %xnppcn, 
bie @tabt ju [türmen. SlUein l^ier h>ar man auf bad 93efte vorbe- 
reitet, fie ju em))fanaen. 6in Äem bon ta|>fem 3Rannf(i^aften ftanb 
auf bem 5Karfte, um unter ber ^üJ^rung be« Äönig^ immer ber^ 
jjenigen Stette, bie am meiften bebrol^t fein toürbe, gu $ülfe gu 
fommen. Änbere toaren l^inter ben 5Kauern ring^l^er in ben Saum^ 
gärten aufgeftellt. 35ie $auj)tmad^t erwartete unmittelbar auf ben 
SBäHen ben geinb: jh>ifd|en ben 3Dlännem ftanben Änaben unb 
grauen, jene mit Sogen unb 5Pfeü, biefe mit großen Äeffeln, um 
barin, toie pe fagten, ba^ SWorgeneflen für bie geinbe px lod^en. %xiä) 
um ijünf gab in bem Sager bie gro^e HPf^^ Eartl^aune, genannt 
ber Xeufel, ba^ S^xä)en: gegen fed^^ berfd^iebene QUUcn auf einmal 
festen fid^ bie Sanb^Ined^te in äSeioegung: eS gelang il^nen toirtlid^, 
über bie (äraben unb 3äune ju fommen: bann legten fte bie Seitern 
an: fd^on Jjflanjte ber eine unb ber anbere fjal^nenträger fein Qd^feti 
auf ben SßaUen auf. 3Jlan l^atte fte aber Am barum rui^ig lom- 
men laffen , um fte in ber 5Rcll^e befko fidlerer ju toerberben. 3e$t 
erft fd^lug bad @efd^ü^ in bie bid^tgefd^aarten beranbringenben Rau- 
fen ein. 3)ie SBeiber loarfen ben §erauf{limmenben brennenbe^Sßed^* 
fränge um ben ^al^^), ober pe goffen ben Äalf, ben fte in ben 



1) r,3)a« ein jeber gürfl, (Söttn, (SIeöc unb iWünper. 4000 ©olbe 5u 
Unber^altung ber ^nec^t fo i^o ^ox ä^ünfler liegen unb 1000 ®xähtx ein 
iD'^onat lang barftreden unb Befolben (toa9 eine ©umnte ton 12000 ^ned^ten 
unb 3000 ©d^anagrabern giefct) unb bancben femmtlid^ 10000 ßmBber &üU 
ben gu ®efiellung $ulüerd gum allerfürberUd^fien erlegen füllen, n>eld^« gu 
jebed ^ed^td unb ®rä6er$ @o(b auf 4 (Smbber ®. gerechnet, famt ben i^igen 
30000 @. ®. fid^ jufammen in ber @umma 70000 @. ®., bie bann eoOOO 
®olbg. mad^tUf ertregt; alfo ein jeber (£^urf. unb gürft 20000 @. bargu* 
ftredfen angenommen." 

2) ^odf ein Seif^iel t}on £erfenl6rotf9 ©d^tlberung: Piceas Coronas 
adhibita face incendunt, atque ita fragrantes furculis quibusdam ferreis 
in ascendentium colla injiciunt, qui horrendis flammis ipsa arma pene- 
trantibus miseris modis excniciati sorsum deorsumque corsitant majori- 
que motu flammas exsuscitant et frustra chirotecis e crassioribus femoram 
pellibus ad hoc comparatis ardentia serta eximere tentant, ita enim fra- 
granti pice et resina contrahuntur ut manus inde retrahere nequeant: 
tandem quidam^eorum proni concidunt, seseque in terra algenti prae 



«ert^eibigung. 393 

^effeln gdod^t, glül^enb über ^e l^er: ber @tutm h)arb t^oUft&nbig 
abgefd^Iagen , ol^ne ba^ eiS ber Xl^etlnal^me ber toeiter jurüdf 9(ufge' 
fteKten Beburft l^ätte: bie ©intool^ner l^atten eine ©d^lagfertigfeit Be- 
toiefen, toeld^e ben £anb^!ned^ten ben 3Rntf) }u einer SBieberi^oIung 
ii^reiS älnfaKe^ benal^m. 

Ser gürft unb feine beiben aJerbünbeten mußten ftd^ begnügen, 
bie ©tabt mit Slodl^äufern ^u umgeben: fd^on Diel, toenn fte bie 
bajtt nötl^igen Äoften aufbrad^ten: für ben Sifd^of beburfte e3 baju 
einer neuen ©teuer. 

SRotl^toenbig toud^^ nun aber burd^ einen fo glänjenben Sieg 
ber SKutl^ ber SBBiebertäufer. 

3nt Dctüber, nad^ jenem SCbenbmal^I, tourbe einigen ©laubigen 
aufgegeben, fid^ in bie näd^ften ©täbte ju toerfügen unb bie 9Q3unber 
auszubreiten, bie bei il^nen gefd^el^en feien, ^n berfelben ©tunbe, in 
ber il^nen biefer SBefel^l angefünbigt toorben, mad^ten fie ftd^ auf, 
ii^n auöjufül^ren. ©ie fielen gro^entl^eite ben bifd^öflid^en Seuten 
in bie ©änbe unb bü^tm xf}x 3Sorl^aben mit bem JEobe. 3(ber aud^ 
auf bie SanbSfned^te felbft l^offte man gu toirlen. SKan toarf 6jem- 
plaxe beS Sud^ei^ t>on ber Sleftitution in baS Sager ober ftedfte beren 
auf langen ©tangen in ber Släl^e ber SSIodEl^äufer auf.' 

'^enn leinen 3lugenbHdE liejs Sol^ann Don Seiben feine hjeltum^ 
faffenben $Iäne faKen, unb obgleid^ um(agert, toax er bod^ nid^t 
ganj ol^ne 2luöjtd^t. 

2Bir erinnern unS, toeld^e allgemeine ©äl^rung bie uniw^ äSoIfS^ 
flaffen, hamentlid^ bie §anbtoerfer, in ben beutfd^en ©täbten ergrif* 
fen l^atte unb ft)ie baö toiebertäuferifd^e 3;reiben gerabe in biefem 
©tanbe getoaltig SBurjel fd^Iug. ^n biefem Slugenblii begegnen 
h)ir bemfelben faft in allen beutfd^en Sänbem. ^n ^ßreu^en genoffen 
bie SBiebertäufer ben ©d^u^ eines ber mäd^tigften 9Wänner im Sanbe, 
Sriebrid^S üon $eibetf , ber in l^ol^en ©naben bei §erjog' Sllbred^t 
ftanb, ein ^aar ©laubige an^ ©d^fepen mitbrad^te, il^re Sudler t)er= 
breitete , f ogar einen %^dl beS 3[belS für fie geloann ^). ©o biel 
i^rer aud^ auS 9Käl^ren flüd^teten, fo begegnen fie un^ bod^ nod^ 
immer ju ^^aufenben bafelbft. 3)ie fad^pfti^en SBifitatoren fanben 
im Saläre 1534 baS obere SBerratl^al üon il^nen angefüllt; in (Srfurt 

intolerabili cruciatu ita volvunt, ut herbae circumquaque flammas emar- 
cescerent: hinc magno clamore animam evomunt: alii vero conceptas 
flammas restincturi in fossad proruunt et pondere armoram depressi 
subsidunt. 

1) «acjfo IV, 219. 



394 @e(^dte« ^uc^. iReunUd daptUU 

\oaxi hdanni, 300 ^xop^Hm feien audgefenbet, um bte 3Be(t }u 
Bdel^ren*). ®ir treffen 1534 einzelne ßmiffotien in Stnl^alt, im 
ftänlifd^en Sranbenburg : l^ier legte man bie 2^aufregifter aud^ be^^ 
f)alb an, um fid^ ber SBiebettaufe )U ent>el^ren. ^m 38ärtem(ergi: 
fd^en getoäl^rte il^nen ber ßrbmarfd^att be« §erjogö, ein %l}vmi bon 
Sleuburg, SSertoanbter ©d^toenlfelb^g, in feinen 85ep^ungcn im 3lem^= 
H)al eine S^ÜaxiQ B^flud^t*). 3n tUm glaubte man SJleinung^aB- 
tüonblungen, bie fid^ ben toiebertäufetifd^en nur annäherten, toie 
©ebaftian ^ranfö ober ©d^toenlfelbö, fürd^ten )U muffen; in ber 
©egenb Bei SCug^gBurg taud^te ein SBieberläuferfönig auf. ^n ber 
@d^ioei} Bemerlte man fie nod^ immer aud^ in ben {^roteftantifd^en 
(Sebieten: in Sem Benu^te ber eifrige Rätter il^re ßrfd^einung, benn 
BefonberiS ba^ Böfe £eBen ber angeBIid^en (Sl^riften foax t^, foa^ fte 
tabelten, um eine Beffere Äird^enorbnung burd^jufe^en'). 3n ©tra^- 
Burg liefen fid^ SSiele ben ©lauBen nid^t nel^men, J^offmann toerbe, 
t)on ^errlid^ifeit umftral^It, an^ feinem (äefängni^ l^eröorgel^en; fie 
fügten biefem il^rem @Iiad aud^ einen l>ermeinten $enod^ l^inju. S)en 
ganjen SRI^ein l^inab regten pd^ biefe S^enbenjen. 3n ßöln unb 6Iebe 
fie^ man baö £anb Don einigen SCru})^)« leidster Sleiter burd^ftreifen, 
um toiebertäuferifd^e Swf^w^w^^'^ö^^^fl^Ji 8" i^erl^üten *). 3[6er bei 
toeitem am ftärfften toaren fte bod^ in ben 9iieberlanben. Qln ärnfter- 
bam, too loor lurjem ein (Smiffar bon 3Künfter eine gro^e Sfnjal^I 
5Prof elften gemad^t Jj^atte, toagten fie jtd^ mel^r afö einmal öffentlid^ 
l^ertoor. 31I§ ber gel^ime SRatl^ ber Slegentin, ®raf §oogftraten, im 
DctoBer bal^in fam unb einige ftrengere 9Ma^regeln gugleid^ gegen 
Sutl^eraner unb SBiebertäufer burd^fül^ren toottte, entftanb ein näd^t- 
lid^er 3(uflauf, ber leidet bie fd^Iimmften folgen l^älte l^aBen fönnen*). 
Unb unaufj^örlid^ toar feitbem Don ber SlBfid^t ber SBBiebertäufer, 
ftd^ ber ©tabt ju Bemäd^tigen, bie Siebe. Qn Seiben glaubte man 
S3ranbftiftung unb 6m})örung bon il^nen fürd^ten ^u muffen*). 3m 
®röningerlanb fanb im Slnfang beö Sal^reö 1535 eine SSerfammlung 
bon nal^e an taufenb S33iebertäufem (Statt, bie ber ©tattl^alter mit 

1) ©edcnborf Eist Luth. III, §. 25, p. 71. 

2) ?ang II, 33. ©attter m, p. 104. 

3) Gatter unb grcd^t bei Ottiu« p. G9. 81. 

4) ^at^pxotocoU i)om 3Worg 1534. 

5) Sambertu^ ^ortenftu9 Tumultuum Anabaptistarum über imus, Ui 
©d^arbiu« Scriptt. rer. Germ. II, p. 306. 3)iefc nieberlfinbifd^en iRac^rid^ten 
fmb bei $ort. ba« Sid^tigfle. 

6) ajranbt Histoire de la reformation I, p. 50. 



^erbrettuns ber ^tebertäufer. ^emegung in ben dlteberlanben. 395 

fcctoaffneter flRad^t jcrftrcuen mu^te *). Qn Dfifrie^Ianb ^ptaä^ ein 
$ro)j]^ct bie Hoffnung an^, ganj Dberbeutfd^Ianb unb Siicberbeutfd^'- 
lanb toerbe fid^ erl^cben, toenn nur erft ber Äönig mit feinem ge= 
toaltigen Sanncr au^jiel^e. STud^ SRid^tetnberftanbene meinten tool^f, 
toenn So^ä»^« bon Seiben nur ein paar glütflid^e ©daläge bofffül^re, 
h)erbe er änl^änger genug finben unb bieffeid^t bie 3BeIt in S3eh)e== 
gung fe|en, toie einft bie Songobarben ober bie ^ranfen*). SBir 
toijfen, Qol^ann Don Seiben nal^m bie ganje SBelt alg Sefi^tl^um in 
^n^pruä). 2)ie benad^barten Sleid^^fürften bel^anbelte er ate feinet 
©feid^en. Qn einem Sriefe an Sanbgraf 5ßl^iK})j) bon Reffen rebet 
er il^n „lieber Sij)g" an, toie tool^I beffen Vertraute fürftlid^e SSBaffen^ 
brtiber ju tl^un preßten '). Er erfud^te il^n, bie Sibel jur §anb ju 
nel^men unb befonberö bie Keinen ^ProJ^lj^eten ju ftubiren: ba loerbe 
er finben, „ob toir un^'\ fagt er, „felbft gum Äönig aufgeworfen, 
ober ob bieö bon ©Ott ju ei^foa^ anberm angeorbnet ift". 

©eine Domel^mfte Hoffnung loar auf bie Sanbgleute unb ®Ieid^= 
gefmnten in ben 9?ieberlanben gerid^tet. S^^&^^^n berfünbigte, ba^ 
fte bei l^unberttaufenb 9Jlann ftarl !ommen Mrben, il^n ju entfe^en 
unb mit il^m gemeinfd^aftlid^e ©ad^e ju mad^en. ^n ber ©tabt fon- 
berte man bereite biejjenigen, toeld^e mit au^jiel^en, Don benen, toeld^e 
ju öaufe bleiben, 3Wauem unb SBäffe bel^aujjten foHten. S)ie grauen 
fottten an ber SSertl^eibigung regelmäßigen Sfntl^eil nel^men: fie tour^ 
ben nad^ ben ^Pforten bertl^eift; juloeilen fd^Iug man Särm, um ju 
felj)en, ob fie ndd^ il^ren ©ammel^jlä^en fommen loürben. 2)ie anberen 
tourben in fünf gäl^nlein, in einen gewaltigen unb einen Verlornen 
Raufen georbnet unb auf bem 2)oml^of militärifd^ eingeübt. 5Rur 
bie 33oK!ommenften foHten an bem äluöjuge 3)l^eil nel^men. 2lud^ 
bei breil^ünbert ^auen l^atten ftd^ baju gemelbet: man Wa^lU fünfzig 
Don il^nen au^, Weld^e mit §attbarben betoel^rt auf bem SDoml^ofe 
erfd^ienen. ®ie Slbpd&t toar, fo Wie man Suft l^abe, fid^ guerft be§ 
Stifteig 5!Künfter gu bemäd^tigen, bann ber ©tifter DönabrüdE unb 
6öln, bann beS ^ferjogtl^umiS GleDe: Don l^ier an^ fottte bie Sffielt^ 
eroberung unternommen Werben. 

3n ben SRieberlanben fam e« in ber %l)at ju ber Derfj)roci^enen 

1) ©einreiben bcö ©tattl^altcr« Don gric^Ianb on ben 53lfd^of i>on iWünfler, 
?ett)orbcn 25. 3anuar. (®üff. H.) 

2) @cBaftian granf, onbre (S^ronif p. 267. 

3) 14. San. 1535, gebrutft in ber Weinen ©d^rift: Sfcta, ©onbtungen, 
Negation unb ©d^riftcn, fo burc^ Sanbgraf ^^iti^^jfen in ber SKünftcrfd^en 
©o^e gef^^el^en, 1536, «og. II. 



396 ^tä}9tt9 $u<^. yitunM (Sa^tteL 

Slcgung. 2)a^ ©efd^rci erneuerte ftc^, man muffe ^Pfaffen unb Ferren 
tobt fd^Iagen; man fügte l^inju, bie einzige redete Obrigleit in ber 
SBelt fei ber Äönig bon SKünfter^). Segen Dftern 1536 toaren fie 
äffe in Setoegung. 2)ie SBeftfriefifd^en nal^men DIbenllofter unfern 
©neef ein ; bie ©röninger mad^ten pd^ auf ben 3Beg nad^ bem Älofter 
ju 3Barfum; bie ^offanber, mel^rere Xaufenb ftarf, festen nad^ Ober- 
^jfel über: in bem SSergflofter in ber ©egenb öon Raffelt badeten 
pe mit anbem ©laubigen jufammenjutreffen. ®^ ift, afö l^älten fte 
geglaubt, toon ben Älöftern l^er, toon h>o einft baö ßl^riftentl^um auiS- 
gebreitet toorben, ba§ £anb mit ber Sffiiebertaufe gu erfüffen unb 
alöbann il^ren bermeinten Sönig auf jufud^en. allein bie organifirte 
betoaffnete SKad^t toar in biefen ^Probinjen ftärler, ate biefe unge= 
orbneten Raufen. 2)ie ©röninger unb ^offänber tourben ol^ne 5Dlü^e 
nod; auf bem SBege jerftreut*). DIbenflofter, ba§ bie SBiebertöufer 
bereite eingenommen, leiftete 2Biberftanb: e^ fonnte nid^t ol^ne an- 
ftrengung unb 3SerIuft iviebererobert toerben. 9iod^ fj)äter mad^ten 
fie einen 3Serfud^, Slmfterbam für ben Äönig 3ion§ eingunel^men, unb 
festen jid^ loirflid^ einft bei $Rad^t in S3efi| be§ 3latl^l^aufe§, tt)ie- 
tool^I nur für eben biefe 9lad^t^). . ©ie loofften bie Sebingungen 
nid^t bemerlen, unter beneit e^ il^ren ©laubenggenoffen in 9Künftcr 
gelungen loar, jur ©etoalt gu gelangen: unb fd^rieben il^r bortigc^ 
©lüdE einer tounberbaren SSeranftaltung ©otte^ ju,*bie pe nun aud^ 
anberloärtö erh?arteten, aber, toie ftd^ berftel^t, DergebeniSr Unauf= 
i^örlid^ l^atte ber $rot)l^et ba« aSol! auf bie ^ülfe feiner Sanb^Ieute 
öertröftet, toeld^e fein Sd^toert nod^ Xob, toeber Sffiaffer nod^ geuer 
abl^alten toerbe, burd^jubringen, um H)xm Äönig ju feigen; e^ toar 

1) „@Ian boot alle SWonnifen mtb ^o:|>cn unb aUt Oöerid^eit be in ber 
ttjerlt fint, »cnt aHemie unfe Äoninf \9 be redete Otocrid^eit". ©eninga 
^ijioric öan Ooflfricölanb, Bei SWattl^äuö Analecta vet. aevi IV, p. 680; too 
fiä) anä} üUx^anpt einige d^arafteripifd^c S'iad^nd^tcn finben. 

2) Extraict de ce que Maistre Everard Nicolai conseiller au grand 
conseil ordonn^ ä Malines escript k son fr^re Mr. Nicolas Nicolai: Les 
Anabaptistes par instigation et massaiges se sont esmeus et rassembläs 
en nombre de plusieurs mille sur la coste de la mer d'Hollande pour 
dela neviger au pi^s d'Overyssel oü ils devaient ä certain jour prefix 
tenir communication de lenrs affaires dedans un monastere qui s'apelle 
Bergklooster aupr^s de la ville de Hasselt; etc. Nicolai mar Aü9bxMi^ 
ba^fin gegangen, um fie gu Befel^ren. ^laäf i^m tcaün ed 20 ^^a^r^euge unb 
3000 SWenfd^en getoefcn. @r fanb jcbo^ nur nod^ 5 9Kämtcr unb 13 ^tihtx, 
bie er bcnn Balb öon i^rem 3rrt^um übergeugte. 

3) $ortcnfiu3 Tumult. Anabaptistarum, Bei (gc^arbiug II, 310. 



4»ülfe bcr Äreife, toon 0ad^fen unb Reffen. 397 

bie gro^e SBenbung feinet ©d^idffalö, ba^ fid^ feine 5ßtoj)l^ejeiungen 
nid)t Betoäl^rten *). 2)enn inbeffen nal^tn aud^ bk Belagerung eine 
ernftere (Seftalt an. 

®ie brei berbünbeten fjürften bef d^Ioffen , toa« fc^on immer in 
aSorfd^Iag gehjefen, ftd^ an bie näd^ftgefeffenen Greife ju tüenben unb 
biefe l^erbeijujiel^en. 6öln gel^örte ju ben d^urrl^einifd^en, ber $erjog 
bon 6let)e toar Dberfter be^^ h)eftj>l^älifci^ --nieberri^einif d^en Äreife^. 
3um erften 5KaI im legten 2^ürfenlriege l^atten bie Äreife ange- 
fangen, eine toefentlid^e SBirffamfeit au^uübm: bie dürften toaren 
burd^ bie Sleid^^abfd^iebe bered^tigt, aud^ in einem §alle h>ie bcr 
bamalige, bie SUittoirfung berfelben gu forbem. 

3uerft in SBlainj auf einer SSerfammlung beS d&urrl^einifd^en 
Äreife^ fam bie Qa6)t jur ©|)rad^e. 6öln unb ßfeöe bered^neten 
il^re Soften unb forberten, h)ie eine ©ntfd^äbigutig bafür, fo befon- 
berö eine unmittelbare 2^l^eilnal^me ber übrigen Ärei^ftänbe. Slffein 
ber ©rfolg toar nur, ba^ man fie, fo fel^r pe aud^ toiberfjjred^en 
mod^ten, ju fernerer (Srl^altung ber Slodfl^äufer t)ert)fKd^tete, übrigen^ 
aber bie Sefd^Iufenal^me in ber (Sad^e auf eine allgemeinere SSer- 
fammlung berh)ie§*). 

3lm 27. Dctober traten bann aud^ bie Stäube beö nieberrl^eis 
nifd^=n)eftJ)l^äKfd^en Äreife^ im 5PrebigerfIofter ju 6öln jufammen. 
3)a eine allgemeine 3wfammehfunft bereite in 2lu§fid^t geftellt toar, 
fo erft)artcn fie fid^, eine bel^arrlid^e $tilfe ju befd^Iie^en. 2lber um 
für eine eilenbe in jebem 9lugen0IidE gerüftet ju fein, famen pe über^ 
ein, pd^ mit fo öicl (Selb ju berfelben, alö ein monatlid^er 2tnfd^Iag 
für ben legten Sürlenfrieg betragen l^abe. 

3DlittIerh)eiIe toaren aud^ entferntere ©tänbe, toie ©ad^fen unb 
Reffen, l^erbeigejogen toorben. ©äd^pfd^e Sldti^e famen STnfangö Sio^ 
öember mit ben 6ölnifd;en unb Glebifd^en ju ©ffen, bie l^efpfd^en balb 
barauf mit ben Statinen öon 5ßfalj, 3Kainj, SIrier unb SBürjburg 
gu Dbertoefel jufammen. 2Ba« il^ren Seratl^ungen 5Rad^brucf gab, 

1) mt X^bongen an ben (grgb. ti)o (Sollen, ißiefcrt p. 198. ^ad^ 
einem ©(^reiben bc8 gelb5au:|)tmann« öom 7. iWai eraSl^lt ein aufgefallener 
Äned^t, c« fei große 5lrmutl^, bie ©cntcitic murmurirc, bcr Äönig mit feinem 
^n^ang fud^e nur ben $(ufrul^r gu toermetben. 

2) 3lu«aug au8 bem Slbfd^ieb gu SWaing im SDüff. Slrd^.: „3((i^tcn bie 
(i^urfürpl. 9iet^e für ben nüfeeflen unb fürtreglid^flen tt>eg, baö anber gürflen 
unb ©tcnbc bc« SÄeici^«, ol8 ncmlid^ neben i^rem ber (Sl^urfürflen ^reiö beö 
rl^einifc^ (oberr^.) nicber(enbtfd^en unb »oeftfelifd^en Ärei^, gu biefem $anbel 
gegogen toerbcn". 



398 @cd^«tc« ^VL^. ^tmM ^apittU 

toax bie ^mqt, ha^ ber Sifd^of ^ttoa haß ^au^ Surgunb ^ur 
$ülfe rufen unb bieg Bei biefer (Selegenl^eit ftd^ aWünfterg bemä^- 
tigen möd^e: toic benn ÜMaria in ben TOeberlanben bon il^rcn Sani- 
ftöttben fd^ott ^ülfc für SDlünfter forbcrte. Xa t>cr})flid^tete M 
©ad^feit, bod^ lieBer fclbft an ben Äoften jener Slolabe gle^mä^ig 
Slntl^eil ju nei^men. ©J^rgeijige 5|8Icine toaren aud^ l^ier im Qpkl: 
bod^ trieb bie gegenfeitige (Siferfüd^t einen jeben immer toieber in bie 
gefe|lid^en Sd^ranlen. 

gm ©ecember fam 'jene in 5!Kainj befd^Ioffene 3wfÄ»n»w«n^«nft 
ber brei Greife — ber beiben fd^on ^mannim unb beö oben^eini^ 
fd^en — in ßoblenj ju ©tanbe. ©ie liefen fid^ bereit pnben, bie 
Äoften ber ferneren 33Iofabe gemeinfd^aftlid^ gu tragen. 6^ foBten 
3000 9Kann i)or SKünfter gel^alten, unb ju bem @nbe 15000 ©. 
monatlid^ aufgebrad^t toerben. 6in gelbl^au^tmann, ®raf SBl^ric^ 
t)on SJI^aun, toarb ernannt; öier ^rieg^rätl^e, Don 6öln, Syrier, ßleöe 
unb ^eflen, fo Uten il^m jur ©eite ftel^en; ha§ Ärieggt)oIf fottte ben 
Ärei^ftänben fd^toören^). 

3Ran fie^t jebod^, ba^ aud^ bie^ mel^r eine aSertJ^eibigung^mal- 
regel gegen ettoanige Slu^fätte ber belagerten toar, ate ba^ pd^ bie 
ßroberung ber ©tabt babon l^ätte ertoarten laffen, S)iefe ju betoeri- 
ftelligen l^ielten aud^ bie Äreife pd^ für nid^t mäd^tig genug: fte te- 
fd^Ioflen, bag gan^e 9leid^ ju $ülfe m rufen. 

3)er ®ang biefer ©ac^e giebt re^t eigentlid^ ben ßl^arafter be^ 
beutfd^en ©emeintoefenö ju erfennen. 9iid^t ba^ Äaifertl^um fe^te 
fid^ in Setoegung, um eine in offmbarer SlebeHion begriffene Stabt 
ju bejtoingen, fonbern ber gürft, bem fie gel^örte, unb beffen näd^fte 
5ldd^barn mußten e^ lange Seit allein berfud^en, bi§ bie toad^fenbe 
(äefal^r immer toeitere Sejirle unb enblid^ bie ©efammtl^eit, toietool^I 
nid^t ol^ne 2BiberfJ)rud^, i^erbeigog. 

@g tüar einö ber erften Sleid^iggefd^äfte Äönig ^erbinanbö naä) 
feiner Stnerlennung, ba^ er auf bie Sitte ber brei Äreif« einging 
unb auf ben 4. Sljjril eine allgemeine SSerfammlung nad^ SBorm^ 
au^fd^rieb, 

3tüar erttärte fid^ nid^t ig^bermann bamit einberftanben: ber 
ßl^urfürft bon SSranbenburg j. 35. bel^au^tete, bie brei« Greife feien 
allein im ©tanbe; ben SBiebertäufem ein @nbe ju mad^en, unb 
tüeigerte fid^, an allgemeinen 3Sorfel^rungen gu biefem S^^^ ^W 

1) 25er (Soblenger Sl^fd^ieb pnbct ftd^ nur bei Äcrfenbroif. 3n (JoMenj 
unb in 2)üffcIborf fuci^te id^ i^n JjergcBcnö. 



§älfe bcr Ärcifc. iKipänbc in Ä^ünflev. 399 

gu nel^men. Slttein Bei toeitcm bie meifteti Stänbc fd^tdten bod^ i^re 
Slbgeorbncten. 3)cr SSefd^Iu^ toarb gefaxt, IV4 ?Dionat ber legten 
Sleid^igl^iilfe auf alle Stänbe be^ Sfteid^^ auigjufd^reiben. S)er Ertrag, 
ber ft4 l^ietoon ertoarten lie^, tüar lüo^l nit^t fo anfe^nlid^, um eine 
bebeutenbe aSermel^rung ber Streitmad^t ine "Selb ju [teilen. 2)er 
3Sort]^eiI beftanb nur barin, ba^ man nunmel^r fidler tourbe, bie 
33IofAbe bis gu einem entfd^eibenben ®rfoIg fortfe^en ju fönnen. 
SDer gu ßoblenj aufgeftettte gelboberft tüarb bon SReid^Stoegen be- 
[tätigt: nur [ottten il^m [tatt jener öier bon je^t an fed^g Statine jur 
©eite [teilen; nad^ ber Eroberung ber Stabt follte öon Äaifer unb 
©tänben über il^re ©inrid^tung Verfügt toerben. 

@S toäre nun fcl^r überflüfftg, bie 3^l^aten biefeS Keinen $eere§ 
ougfüJ^rKd^ JU erörtern. ®ie ^au})t[ad^e i[t, baj5 bie 33Iorfl^ciu[er 
burd^ ©d^anjen ringSuml^er berbunben tourben, an benen bie £anbiS= 
fned^te bei 2^ag unb SRad^t gut ^ad}c l^ielten, [0 ba^ eö gelang, 
ber ©tabt alle 3"fwi&t abgufd^neiben unb jle auöjul^ungem. 

§ier ixaUn alebann bie Singe . in^ ein neues ©tabium ein, 
toeld^eS il^ren Gl^arafter nod^ red^t eigen in baS Sid^t [teilt. 3ene 
Sbee einer tüirflid^en ©leic^l^eit unb ©ütergemeinfd^aft toar bod^ nid^t 
tjottfommen auSgefül^rt toorben. ©0 oft aud^ bie 3)iaconen bie 
§äu[er nad^ ben berborgen gel^altenen SebenSmitteln burd^fud^ten, [0 
gab "eS nod^ immer Seute, toeld^e inSgel^eim für [id) mal^len unb 
bacEen liefen. 2)er Äönig l^atte reid^e SBorrätl^e an 3ßein unb @^« 
ledfereien. ©0 toaxzn anä) [eine SRätl^e unb 5|iräbicanten, ^aupU 
leute unb 2)oj)})eI[ölbner jiemlid^ gut ber[el^en. 2)er Äönig gab il^nen 
aud^ ©d^mau[ereien , j. 33. als er eS nötl^ig gefunben, an jeber 
Pforte einen SSefel^lSl^aber aufjufteHen, benen er ben l^erjoglid^en 
ittel ertl^eiite; aber inbem bie gaction, bie bie ©etüalt in S3e[i§ 
genommen, jtd^ nod^ gütlid^ tl^at, ber[d^mad^tete baS SSoII. 35ie 
Sinnen erl^ielten nod^ eine S^itl^^g S3rob au^ ber ©emeinl^eit, balb 
l^örte aud^ bieS auf unb ber 2RangeI nal^m aHmäl&lig auf unerträg- 
lid^e SBeife überl^anb. S)ie ©laubenSfd^toäd^ern begannen an biefer 
©ad^e JU berjloeifeln, unb Derlie^en bie ©tabt. S)aS Sager tüieS 
fie anfangs jurüdf: h)ir finben grauen mit il^ren Äinbern, bie nid^t 
aufgenommen loerben, [id^ an bem ©raben an baS Qtai^t [e^en, 
too il^nen bann mitleibige SanbSfned^te etiüaS ju e[j[en l^inauSreid;en ; 
unmöglid^ aber lonnte man ganje §au[en tüieber in bie ©tabt trei= 
Ben. ©ie boten einen 2lnblidE bar, ber bie geleierten 3«tgeno[j[en an 
©agunt unb 5Rumantia erinnerte, lieber bem nadten ©ebein ge- 
tunjelte $aut, ein §alS, ber ben Äot)[ faum tragen fonnte, [J)i|e 



400 ©ed^^te« Sduäf. SfltmM (iapxtth 

2ippm, bünne, burd^jtd^ttge SBangen: atte öott Orauen üBet ben 
ouiggeftanbenen junger: mit 9Rül^e l^ielten fie fx^ aufredet, allein 
Siele toaren bod^ auä) entfd^Ioffen, toie ber Äönig ftd^ augbrötfte, 
„ni(S}t tüieber naä} 3leg^j)tenlanb jurüdf jufliel^en". a)ic ä[ufforberungen 
beö gelbl^aujjttnann^ toiefen fie noä) im Sfnfang beg ^uni mit einer 
Slrt red^tgläubiger ßntrüftung bon fid^. B^^r öerl^el^tten fte ftd^ 
nid^t, ba^ jte öieUeid^t auä) nod^ t)on ben ^5^^^»^ ^^^ legten bantcli- 
fd^en Ungel^euer^ jerftarnjjft toerben toürben; allein fie l^irften an ber 
Hoffnung feft, halb toerbe baffeI6e nid^t^beftominbet f>on bem ©tf* 
ftein jertrümmert, «nb ia^ 9leid^ ben ^eiligen beö ätterl^öd^ften 
übergeben toerben. ©ie foffen bie Slbfid^t gel^egt l^aben, tt)enn alfe§ 
Derloren fei, bie Stabt anjujünben unb jtd^ ben t^nblid^en ©e^ 
fd^ü|en entgegenjuftürjen. 

Unb bielleid^t iDäre e§ in ber %f)ai fo toeit gelommen, l^ätten 
fid^ nid;t unter ben 2lu§getretenen ein paax tool^tunterrid^tete &mk 
gefunben, toeld^e ben Belagerern bie Sefd^affenl^eit ber 3Sert]^eibi' 
gungölüerfe auf baö genauafte angaben unb il^nen SWutl^ mad^ten, 
einen -3Serfud^ ber Ueberrafd^ung ju toagen. SBenn man nur nid^t 
mit Söatt unb ®efd;ü| ju fäm^jfen l^atte, fo lorinte ber ßrfolg nid^t 
l^tüeifell^aft fein. Sei ben erften t)orläupgen Sefid^tigungen fanb 
man bie Sefeftigungen faft unbetpad^t. S[B ben Sanböfned^ten ber 
?pian eröffnet unb bag SSerf^red^en gegeben iDurbe, ber Dberft fammt 
Slbet unb §auj)tfeuten toerbe öom baran fein, jeigten jte ftd^ toittig; 
benn bie S^it iräl^rte il^nen auf il^rem ©trol^ in ben 336ttlt)erifen aud^ 
ju lange. Sil ift lein erfreulid^er 2lnblidf: biefe abenteuerlid^en, ge^ 
hjaltfamen, ju SSerbred^en fortgeriffenen, je^t auögel^ungerten, jur 
33erjh)eiflung gebrad^ten ') ^ nod^ immer entj^ufiaigmirten $l^antaften, 
unb bagegen bie mül^fam jufammengel^altenen, Tangfam unb o^ne 
©nergie öorfd^reitenben , erft alö an bem ©rfolg fein S^d^d fein 
lann, ju ber entfd^eibenben Untemel^mung entfd^Ioffenen Sanbgfned^t^* 
l^aufen. Sie ti)ären aud^ bann nid^t baju gebrad^t h)orben, l^ätte 
il^nen ber Sifd^of nid^t bie ^älfte ber fßmU jugefagt. 3« befonber^ 
ruI^mtDürbigen S^^aten fonnte eg ba nid^t lommen. 3n ber beftimm- 
ten ©tunbe, in ber Qol^annignad^t, gingen ein paax $unbert Sanb^- 
fned^te unter ber ?Jül^rung jener Uebergetretenen unb mit il^rer ^ülfe 

1) Corvinus, ad Spalatinum: vidi ipse multos ibi libros, quorum 
detracta coria victum miseris suppeditarant — immo scio pueroß quos- 
que comesos ibi esse, id quod ab iis auditum mihi est, q^ii in reliquias 
quasdam capta urbe ejus rei testes inciderunt. ©reöBed: 3cfen ^ebBe beö 
ntd^t gefeiten; me^r it id n>ot tl^o gebeten, bat et gefd^el^en ig. 



SroBcrung^. * 401 

über ben äußeren ©raben unb erftiegen mit il^ren Seitern bie 333äIIe, 
too fie am niebrigften toaren. Sie lannten bie Sofung ber SBieber^ 
tauf er, täufd^en bamit bie ©d^ilbtoäd^ter unb [tiefen fie bann nieber: 
fo nal^men fte ein SSoHtoerl am 3toinger 'ein, unb bringen bi^ auf 
ben 2)oml^of; bann, ol^ne erft lange il^rer ßameraben ju harten, 
fd^rieen fte Serman unb rül^rten bie S^rommel. S)ie SBiebertäufer 
f^rangen au^ il^ren Setten unb fammelten fid^ jur ©egentoel^r. ®i3 
gelang il^nen, bie bereiti^ eröffnete 5ßforte toieber jujufd^Iagen: nur 
mit ben (Singebrungenen, ^Vtoa bierl^unbert an ber ^(ä^l, unter bem 
einen ber beiben fjül^rer, Henning bon ber ©trafen, l^atten fie ju 
fäm!t)fen» ©ine SBeile jagte man fxd^ bie ©äffen auf unb ab, unb 
fd^Iug fid^ auf ben 5ßlä^en: bie SBiebertäufer f ödsten mit großer Er- 
bitterung : Slottmann f ott fid^, um bem §ol^n ber ©ef angenf d^aft nid^t 
aujggefe^t ju toerben, in ba^ bid^tefte ©etoül^I geftürjt unb fo ben 
%o\} gefunben l^aben. 3)ie Sanb^fned^te erlitten nod^ einmal bebeu^ 
tenbe SSerlufte: aber enblid^ auf bem 3)om]^of befamen fie bie Dber^ 
j^anb. 2)ie SEBiebertäufer l^ielten fid^ nur nod^ l^inter einer 2Bagen= 
bürg auf bem 9JlarIt, bie aber bem Äönig feine redete ©id^erl^eit 
barbot, fo ba^ er fid^ mit einem SJ^eil feiner ©etreuen nad^ feinem 
feftem SoHloerl, einem ber öerfd^anjten Sonore jurüdfgog. Qn biefer 
Stellung lonnte er felbft nod^ unterl^anbeln: bie ^a\x)^ÜmU ber 
Sanb^fned^te beh)ittigten il^m unb ben ©einen ©efangenfd^aft; bie 
Sürger foHten in il^re Käufer gelten, bi^ "ber Sifd^of jur ©tabt 
läme. S^bem aber — eö loar bereite gegen SWorgen — tüarb ein 
3^l^or öpn innen l^er eröffnet, burd^ toeld^eö nun ber gro^e §aufe 
ber Selagerer einbrang. 6ö fd^eint, oX^ l^abe fid^ nod^ ein 3:i^eil 
ber Bürger l^inter jener SBagenburg gel^alten, benen man bai§ 2thtn 
unter ber Sebingung augenblidflid^er SRäumung jufagte. ©etoi^ l^at 
man benen, tüeld^e nod^ bie SBaffen in ber §anb l^atten, 3Serfj)red^um 
gen gemad^t: aber fie ftnb nur fd^Ied^t gel^alten toorben. 2)ie burd§ 
il^re SBerlufte erbitterten Sanböfned^te ftürgten ben Slbjiel^enben in 
bie Käufer nad^: man lonnte il^rer 3Jle^eIei nur mit SWül^e ©inl^alt 
tl^un, unb aud^ bann toarb ben $inrid^tungen lebiglid^ ettoa^ mel^r 
%oxm gegeben^). 

1) 3(^ folgte bei ber (Srjä^Iung ber Eroberung frül^er einer glugfd^rtfl: 
SBarl^affttger Berid^t ber tounberBarltd^en ^anblung ber 2)ueffer ju S^iünfier 
in SBepöalen, tt?ie fid^ aße fad^en nad^ eroberung ber jlot unb in ber (Srobe*» 
rung gugetragcn; bie nod^ toor ber (Sjecutton beö San bon Reiben gcfc^rieBen 
ijl, fie lj)at fein ©ilbnig in §oIa. iJiod^ unmittelbarer ift ber S3erid^t bc«* 
jenigen, ber an ber ^Vorbereitung beö ^reigniffeö ben größten ^Intl^eit l^afte, 
te, SRanle'« SBet!e III. 26 



402 ^töf^tte Sßndf. 92eunte« CLa^ttel. 

28ie bie 6ad^en nun einmal ftanben, fo barf man fid^ nid^t 
lüunbem, toenn auf eine üoHfommene SÄu^rottung beö toiebertäuferi- 
fd^en ©lementö gebadet toarb. 2Cud§ bie grauen tourben au^ ber 
©tabt Der jagt: iebermann, ber fte aufnel^me, toarb 6ebrol^t, ate 
3Biebertäufer Bel^anbelt ju toerben: man toei^ nid^t, tool^in fie ge- 
ratl^en finb. StUmäl^fig feierten bie auö ber Stabt SSerjagten h)iebcr 
in biefelbe jurüdf: eö toar ungefäl^r ein SJritttl^eil ber borigen 33e= 
Dößerung. 2)a jebod^ aud^ biefe nid^t ol^ne ©d^ulb toaren, fo mußten 
fte bem Sif^of für bie 3wrüdfgabe il^rer SBefi^tl^ümer eine Heine 
9flecognition jal^Ien. %ixx jeben, ber ber 333iebertaufe berbäd^tig toar, 
mußten, toenn er in bie ©tabt toieber aufgenommen toerben iooHte, 
400 ©ulben S3ürgfd^aft geftettt loerben. ©lebe unb 6öln fud^ten 
einen bie Sleaction milbemben (Sinflu^ auöjuüben; namentlid^ mi^* 
bittigten fte ben $ßfan, eine geftung in ber Stabt anzulegen ^); h)ir 
toerben f})äter feigen, h)eld^e ßntloürfe biefe 6eiben dürften in ^inftd^t 
ber Sleligion. liegten: ber Sifd^of fottte ftd^ im SSorauö il^nen anju- 
fd^Iie^en berf})red^en. 3lud^ eine 9leid^^bet)utation forberte toenigftenö 
eine SBieberl^erftettung ber ©tabt in il^re alten Siedete. 2lttein baran 
liefe fid^ nun nid^t mel^r benfen. Sifd^of, (Eapitd unb Slitterfd^aft 
iraren jioar nur burd^ bie §ülfe il^rer 9?ad^bam Don bem äufeerften 
aSerberben gerettet, unb in Äraft eine^ Sleid^^fd^Iuffeig toar ba^ §eer 
jufammengebrad^t toorben, ba§ il^nen ben Sieg berfd^affte, aber bie 

^cinric^i @re«bed« — hk Slcd^tfd^ceiSnng bc« S^iamen« unb beö Xittt9 ber 
©d^rift bariiren — , bie in ber Sammlung öon Dr. Comeliu« erfci^ienen ip. 
5Rad^ ®re«be(f toar ber ©ertrag, baß ber tönig, Änl^|)erbotting unb einige 
Slnbre gefangen fein fottten: „btc ^Bürger« mod^tcn in i&re genfer gain, »ente 
bat m. g. $r. öon iWonficr in bie @tat qttjeme''. 9^un crjl brang bit SÄenge 
ber Sanbdfneci^te ein; man fud^te bte Siebertäufer in i^ren Käufern, ,,(eb6en 
fte bei bem $are ut^ ben ^eufem gelogen, unb banad^ boit gcfd^Iagen n^ ben 
flraten-\ toaö benn aßeö mit ber glugfd^rift siemftci^ übereinjlimmt. 2)er offi* 
cieöc 33erid&t an bie a^ieid^öflänbe, ebenfall« gu jener Sammlung gcl^örig, Icibcr 
fel^r furg, läßt bie SBiebertäufer um ®nabe bitten „ba9 jnen na^ gc^a|)tem 
Olatl^e gebiel^cn unb fic al«balb gu ber @tat unb ?anb u«gett)iefcn". 3)amit 
ließe fiäf Äerfenbroif« SCngabe: Stiele feien nad^ $aufe gegangen unb weil fic 
bort bie 3«it tocrfäumt, toon ben ©olbaten ^pättx umgebrad^t toorben, atten* 
faß« bereinigen. 9'iad^ ben je^t öorliegenben 3cugniffen, bem officietten nnb 
bem (^re^bedfifd^en, !ann man nid^t anbers alt gtoei )}erfd^iebene Bufagen an« 
nehmen, n>ie id^ get^an l^abe. ^od^ befd^eibe i^ mtd^, baß ^ier toit oft in 
ä^nlid^en gätten, immer nod^ getoiffc 3tt)eifel mbglid^ bleiben. 

1) ^anblung auf bem Zaq gu SfJu^ß. 1535, 15. SuK. @ie toanbten 
ein, bagu gehöre bie (Sintoittigung toon/Äaifer unb 9ieid^, c8 laufe »iber bit 
^rit^ilegien ber ©tabt, man foffc lieber ben SBaß f^Ieifen unb bie ©räben füllen. 



Sol^ann ijon Seiben im ©efängniß. 403 

SSerhJoItung i^§ dtdd}^§ l^atte bei toeitem nid^t (Snergie genug; nun 
aud^ bte ©ad^e felbft in il^re $anb ju nel^men. 3SieImel^r benu^ten 
(Kapitel unb SRitterfd^aft bte ©elegenl^ett, bie bürgerlid^e Selbftänbig' 
feit ber ©tabt, bie il^nen längft öerl^a^t getoefen, nunmel^r boUftän^ 
big gu untetbrüdEen. 5Ero§ jener ®inrebe toaxh bod^ befd^loffen, eine 
^eftung in SJlünfter ju errid^ten, unb jtüar auf Äoften ber ©tabt 
felBft: bie §älfte il^rer ®infünfte foHte baju bienen: ber SSefel^Iö-- 
i^aber ber gefte foHte an^ ber einl^eimifd^en Slitterfd^aft genommen, 
nur mit (SintoiHigung bon 6aJ)iteI unb Stitterfd^aft ernannt toerben, 
aud^ biefen feinen ®ib (eiften ^), unb ben Sefel^I filieren, felbft ft)enn 
ber fjürft jugegen fei. 2(ud^ ber Slatl^ ber ©tabt foUte bon bem 
dürften in 3wfunft mit SSeiratl^ be§ 6aJ)iteI§ unb ber Slitterfd^aft er^ 
nannt toerben. §atte fid^ bie ©tabt einft ber ®iniüirlung bon 2lbel 
unb ©eiftlid^Ieit fd^on beinal^e entzogen gel^abt, fo gefd^al^ nun in ^ofge 
be§ Slufrul^r^, ba§ fte berfelben auf§ neue unterlag. Kapitel unb 
Slitterfd^aft festen fid^ bei toeitem mel^r alig ber g'ürft in 95efi^ ber ©e= 
lüalt; nod^ Sifd^of S'ranj foHte fj)äter il^re mäd^tige £)))))ofttion erfal^ren* 
6§ berftel^t fid^ gleid^fam bon felbft, ba^ bei biefem ©ange ber 35inge 
aud^ ber ^atj^olici^mu^ in aller feiner Strenge toieberl^ergeftettt toarb. 
Snbeffen ft)ar aud^ über ben gefangenen ÄJÖnig unb feine Statine, 
Äni))^)erboIIing unb Äred^ting, bereite ©erid^t gel^alten h)orben. 2!)er 
Äönig geigte fid^ anfangt fel^r tro^ig, bu^te ibol^I ben SSifd^of, fd^erjte 
mit benen, bie il^m feine 3Sietoeiberei boribarfen, berma^ fid^, ba^ 
er bie ©tabt niemals aufgegeben l^aben Ibürbe, unb h)ären ade feine 
SmU an junger geftorben. Slud^ in bem erften ©ef))räd^, baiS ein 
^aar l^efpfd^e 2^l^eoIogen mit il^m l^ielten, jeigtc er fid^ e]^er.ftarr= 
finnig. 2lber gar balb lie^ er felbft ein jibeiteö forbem, ibo er benn 
bemerfte, ba^ fie alle in 3Jtünfter bom taufenbiäl^rigen Sleid^e nid^t^ 
®eh)iffe^ gelbu^t, erft im ©efängni^ fei il^m bie ©infid^t babon ge^ 
fommen; er erflärte nun felbfl ben Sßiberftanb, ben er ber Dbrig= 
feit geleiftet, für unred^tmä^ig, bie 3Sietoeiberei für übereilt, fa felbft 
bie Äinbertaufe für eine $flid^t^). 6r berfj)rad^, ibenn man il^n ju 

1) ®ei ÄerfenBroif finben fiäf articuli de propugnaculo — bie in ber 
beutfc^en 9Jücfü6erfe^ung ntd^t ganj ri(^tig lauten. 3» ®» §• 4 neque hie 
sine capituli et nobilitatis consensu inauctorabitur neque exauctorabitur ; 
bie UeBerf etjung : er fotte ol^ne @intt)illigung beö (£a:f)itel8 tceber ein* nod) 
abgefetzt h^erbcn. 

2) ©ef^red^ ober ©ie^utation SCntonii Sorbini unb Sol^anniö ^^mci 
mit Sodann bon Scib'en. (^leid^jeitiger SBittenbcrger 2)rudf. 3m 53ogen ® 
pnbet fid) ein ^efenntniß bon 3o§ann bon Seiben „mit miner eig^ene ^anb 
onbertefent". 

26* 



404 ©ed^ötc« ^ndf. ^tmM ea^itct. 

©naben annel^me, mit SWeld^tor ^offmann unb feinen grauen alle 
3^äufer jum ©tittfd^toeigen unb jum ©el^orfam ju betoegen. (St 
blieb in biefer ©timntung, aud^ afö er fd^on toiffen lonnte, ba^ ftc 
il^m ni(I;tg l^elfen toerbe. S)em 6a})Ian beiS Sifd^ofg gepanb er ein, 
njenn er ben %oi gel^nmal erleiben lönne, fo l^abe er \\)n jel^nmal 
öerbient. ÄniJ)))erboIIing unb Äred^ting bagegen geigten ftd^ überaus 
l^artnädKg; fie erfd^einen ber tl^eotogifd^en Streitfragen lange nid^t 
fo funbig, h>ie ^ol^ann t)on Seiben, t)on minber burd^ebilbeter, aber 
Don um fo unbeugfamerer Ueberjeugung: fie blieben babei, nur ben 
SBeifungen ©otteö gefolgt gu .fein. Sie tourben fämmtlid^ öerur- 
tl^eilf, auf bem 5!KarIt i)on ?fRünfter mit glül^enben S^riQm gejtoidEt 
unb fo bom ä^bm ium ^^obe gebrad^t ju ioerben^). 

5ßroteftanten unb Äatl^olüen fa^en ber ßyecution gu, toeld^e 
ij^re t)ereinten 2Inftrengungen j^erborgebrad^t 2tber in toeld^er @txm'' 
mung toaren fte fd^on h)ieber. ®iner jener l^effifd^en ^il^eologen be= 
fd^reibt bem fäd^fifd^en §of})rebiger ba^ Vergnügen, baö \>ie §inrid^= 
tung ben 3We^J)rieftem gemad^t. ßinigen aber, fügt er l^ingu, fd^ien 
gur bollen ©enugtl^uung nur baö ju fel^Ien, ba^ bie Sutl^eraner nid^t 
aud^ auf äl^nlid^e SBeife abgetl^an Würben. 35ie Sutl^eraner i)er= 
bargen ftd^ nid^t, ba^ für il^re Seigre nun l^ier junäd^ft feine STugftd^t 
toeiter fei 2). 

2luf bie SBiebertäufer l^atte biefer 2lu§gang bie SBirfung, ba^ 
bie 5ßrinci^ien beö Slufrul^rig, toietobl^l fie nod^ immer SS^rfed^ter 
fanben, bod^ nad^ unb nad^ berlaffen tourben, unb bie milbere Sluf^ 
faffung ben 5ßla§ bel^ielt. ßg leud^tet tool^I ein, ba^ il^ncn ba^ 
nid^t fogleid^ biel l^elfen fonnte: fie tourben nid^t^ befto minber fel^r 
ftrenge unb blutig Verfolgt. . 

3)iefen ^p'dUxn Seiten gel^ören bie Sieber an, bie au^ il^en 
©efangbüd^em bon 3eit ju 3eit belannt geioorben fmb. SDarin lefen 
tüir lüol^l, toie fie fid^ auf beiben Seiten im Äamj)fe mit falfd^en 
Sd^langen fül^len: ber 3)rad^e l^at ftd^ aufgemad^t unb burd^reitet 
in feinem SReibe Seutfd^lanb: aber fte fmb entfd^loffen, ftd^ toeber 

1) 5De§ SJiünflcrifd^en Äönigrcid^ö an* unb aBgang, 53lut^anbet unb 
(Snb; ©arnflag nad^ (ScBaftiani 5lnno 1536. ^orn fic^t «tan ben ^attibtxtu 
t^urm, mit eifcrnen Sorben, in bcnen bie entfcelten 2üf>tx aufgcftcttt tourbcn, 
ber Äöntg ettoaö l^ö^cr aU bie beiben anbern. 2)aö @d^riftd^en ifl nid^W 
afö eine Öcfd^id^te ber ^jcccution. 

2) Corvinus ad Spalatinum 1. L 319: Tante Anabaptistis iniquior 
8um, quanto certius comperi illorum malitia factum esse, ut vix mutire 
nunc audeant qui antea yeritati erant addictissimi. 



^p'dttxi SBicbcrtäufcr. 405 

I 

bon fjeucr, nod^ SBafier, nod^ ©d^hjert fd^redfen ^u laffen: fie toiffeit; 
iajß @ott feine reinen Äinber retten lann, ba^ er auf jeben %aU bie 
©eelc Bel^ütet, fottte ba^ ^Jleifd^ aud^ bluten, ^l^nen gegenüber er= 
fd^einen „S^^rannen Dom Burgunbifd^en $ofe", nel^men 3Känner unb 
grauen gefangen, unb legen il^nen ©lauben^fragen Dor. Sie jeigen 
^in einfad^sftanbl^afteö ©emütl^, fie tooHen ben nid^t Verleugnen, ber 
ba^ eU>ige &vit ift, unb ben (^lauhm an i^n mit il^rem Slute be= 
ficgeln^)« Unb fo muffen fie bann nad^ bem ©efängni^ tüanbern. 
©ie finb glüdflid^, benn fie feigen fid^ bon ben l^immlifd^en ^eer- 
fd&aaren, ben 3Kärt^rern, umgeben, fie erblidfen &ott in ber ©naben^ 
fonne unb toiffen tool^I, ba^ Dliemanb fie bon il^rem SSaterlanbe 
hannm ipirb, toeld^eö bei ©Ott ift. ©ie jiel^en bertoanbte ®reignif{e 
l^erbei, SBunber ber älteften 3Kärt^rergefd^id^te, bie fie in il^rem 
©inne Betrad^ten^). 6nblid^ aber bereiten fie fid^, ftd^ alö ©d^Iad^t= 
ojjfer auf ben 2lttar ju legen, nad^ ber SRid^tftätte gebrad^t gu ft)er= 
ben: bie flare JJontaine beö göttlid^en SBorte^ tröftet fie mit ber 
Hoffnung, ben ßngeln gleid^ ju ioerben^). 

3n SDeutfd^Ianb fonnten fie eg l^öd^ftenä in il^ren milbeften 
formen ju einer SKrt bon 2)ulbung Bringen. 

3;n bemfelBen SlugenBIidE aBer, loo fte in 3Rünfter eine fo gro^e 
SZieberlage erlitten, BaBen fid^ SSiele, an S)eutfd^Ianb bergtoeifelnb, 
nad^ ©nglanb getoenbet. §ier nal^m unter ben ©türmen beS fieb- 
gel^nten ^[al^rl^unbertg bag Bajjtifttfd^e SBJefen nid^t allein eine l^ijd^ft 
merltoürbige gorm an, ioie benn 3. 33. in ber SeBen^toeife ber 
Dualer fid^ gar Dieleä bon bem toieberl^olt, ioaig Suftug 9Jleniu§ an 
ben beutfd^en SBiebertäufern berioarf, fonbern e^ eröfjfneten fid^ il^nen 
aud^ bie norbamerifanifd^en ßolonien. SBofür in einer conftituirten 
©efettfd^aft, auf toeld^e il^r 3Serfud^ nur jerftörenb ioirfen fonnte, 
fein 5pia$ toar, ba« lie^ fid^ bort, in einer ganj bon neuem einju= 
rid^tenben SBelt, el^er au^fül^ren. Qn 5ßrobibence unb 5ßennf^Ibanien 
l^aben bie ^beeft ber äBiebertäufer, intoiefern fie bon religiö^^fittlid^em 
Snl^alt toaren; erft i^re ©ntioidEelung'gefunben. 

1) 5SergI. baö Sieb bc8 gefangenen Sötebcrtäufer«, bie gtoei Sungfraucn 
bon SSerfum^ O lieBer ^ater unb $ergog milb; in ben SWünftcvifd^en ®e* 
fd^ic^ten unb @agen p. 277 f. 

2) ^ergr. $ura, im SBunberl^orn I, 146, unb Sirgertuö eBenba p. 353. 

3) Slbfc^ieb 'com Jüeben, iWünfterifd^e ®efd^. unb ®agcn p. 284. ' 



2)er ^rgermeifter SnOetttoeBer in ^Bti. 



3)te iüiebcrtäuferifd^en Unrul^en toarcn nxäjt bie einzigen, toeld^e 
ben regelmäßigen ©ang ber beutfd^en SReform bebrol^ten. Slod^ an= 
bere SSetoegungen, bie fid^ in fel^r abtoeid^enben SRid^tungen ergojfen, 
entfj)rangen auö benfelben Duetten. 

Sei ber 9leigung jum Stufrul^r, bie fid^ in ben ©täbten fd^on 
feit bem Slnfang be^ Sal^rJ^unbertö funbgegeben, bei bent großen 3[n- 
tl^eil femer, ben bie (Semeinben an bem 2)urd^fe^en ber Sleform 
nal^men, fonnte eig,,ii)ie h)ir fallen, gar nid^t anber^ fein, aU baß 
fid^ bemofratifd^e Siegungen mit ben religiöfen bereinigten unb jur 
©eltung ju fommen fud^ten. 

2)a^ ^rinci}) ber beutfd^en Sleform toar jebod^, i>a§ polxti^i^ 
33eftel^enbe ju fd^onen. Sei toeitem in ben meiften ©täbten bel^ielten 
bie gefe^mäßigen Dbrigfeiten ben $Ia|, SSon ben großem Joaren 
cg im ©runbe nur jloei, in benen bie alten Statine öoßfommen 
unterlagen, 3Wünfter unb Sübetf. 

SDal^in aber ioarfen fid^ nun aud^ bie Dortoärtöbrängenben S^en- 
benjen, baö 3lmc fud^enb, mit atter Äraft. 

3n SKünfter, too bie ©eiftlid^feit t)on jel^er Dorgel^errfd^t, !am 
e^ ju bem tl^eo!ratifd^=fociaIiftifd^en SJerfud^e, ben toir e&m beobad^teten. 

3n SübedE, bem 3KitteI))un!te,ber ^anfe, gab eiS anbere Snterefjcn, 
laufmännifd^sfriegerifd^er 2lrt: unb ^ben biefe loaren e^ nun, toeld^e 
l^ier t)on bem bemofratifd^^religiöfen ®eift auf ba^ ßebmbigfte ange- 
regt tüurben; benn eine geiftige Seloegung, ber man il^ren Sauf 
läßt, loirb attemal bie eigentl^ümlid^ften 3^riebe beg Drgani^mu^, ben 
fie ergreift, in 2!^ätigfeit fe^en: e^ lam in Sübedf ju nid^t M 



!^te $anfe unb ^canbtnatsien üSerl^au^t 407 

Weniger merftoürbigen (Sreigniffen atein SWünftcr, otlpol^l pe öon 
ganj anbetet Statut ipatett. 

Um fte ju DetfieJ^H; l^aBen h>it tm§ etft auf bem »oben umju- 
feigen, Ipo fte i)0tfielen. 

®tinnetn h>it un« jubötbetft, ba^ bie SIRad^t bet alten ^anfe 
auf jtoei SKomenten betul^te, etftlid^ bet SSeteinigung bet fännntfid^en 
beutfd^en Äüftenftäbte öon Slatlpa Big nad^ Stügge untet ftd^, fobann 
bem SBetl^ältni^ bet ©ujjettorität, in ba§ fid^ bie mittleten Don il^nen, 
bie ' f ogenannten h>enbif(i^en Stäbte, ju ben fcanbinai)ifd^en SReid^en 
gefegt l^atten. 

3toä) in biefem Qal^tl^unbett tuat ©canbinabien füt il^ten ge= 
^ammUn §anbel öon bet gtö^ten SBid^tigfeit. 3« glei^jeitigen SBet- 
jeid^nifjen toitb aufgejäl^It, \oa^ bie ©eöitge bet gtofeen ^albinfel, 
bie 66ene bet Sotlanbe, unb ba^ 3Weet, ia^ fie umgiebt, bem SSet- 
lel^t liefetn: ba« ßifen unb Rupf ex Don ©d^ioeben, bie ^ßeltetie beiB 
SRotbet^ unb bie ?IJlaften be« @übetlanbe)8 Don SRottoegen, bie 5Pto- 
bucte bet 3Siel^jud^t unb beö Sanbbaue^ Don 2)änematf : bet ©eloinn, 
toeld^en bann Dot allem bet ^ang beö ^etingS abioitft, mit ioeld^em 
baig gange nötblid^e 2)eutfd^lanb big ©d^jpaben unb Raulen Detfotgt 
toitb: enblid^ bet SSottl^eil, ben bie ^ettfd^aft übet ben ©unb 
geloäl^tt*). 

9Bie nun abet übetatt Slegtetungen auffamen, ioeld^e bie natüt^ 
Kd^en ^ülfgqueHen il^tet Sänbet felbet ju benu^en badeten, fo finben 
toit fd^on lange bie notbifd^en Äönige unb ©eloaltl^abet gegen bag 
Uebetgetoid^t bet Stäbte antämpfm. 

- 3)ag h)ütbe jebod^ fo biet nid^t ju fagen gel^abt l^aben, l^ätte 
bet Sunb fid^ nid^t felBet entjtoeil. 3n bet Sel^be, in ioeld^e bie 
toenbifd^en ©täbte 1427 mit bem Uniongfönig 6tid^ getietl^en, fon= 
betten fid^ bie SKiebetlänbet Don benfelben ah, liefen fxä) befonbete 
$tiDiIegien geben unb Detfolgten ein eigentJ^ümlid^eö Snteteffe. ^\oax 
toat Sübedt in bem funfjel^nten ^al^tl^unbett nod^ ftati genug, fie nid^t 
bie Dbetl^anb geloinnen gu laffen, abet eg Detmod^te bod^ oud^ nid^t, 
tl^ten ®influ^ auf ben Dften Döffig ju untetbtüdfen. 

Snbem fid^ bet Ie|te Uniongfönig, ßl^tiftietn II, mit bet ©d^toeftet 
ßatfö V Detmäl^Ite, l^atte et nid^t allein bie Slbftd^t, fid^ })oIitifd^ 
mäd^tige SSetbünbete gu Detfd^affefi, fonbetn aud^ füt feine ^anbelg^ 
enttoütfe in ben SRiebetlänbetn einen nad^l^altigen Seiftanb ju et^ 
toetben. 

1) ^VLmmaxmm bon aQem, toa^ bie brei ^tiäft 2)5nemar!, ^d^toeben 
unb 9{otn>egen an tcffaxt unb anbetm Dertnügen; im %xäfi^ gu Büffet. 



408 @ed^$ted 8ud^. 3e^nte$ (So^iteL 

(gö l^ängt fei^r gut gufammen, ba§ ßl^riftiertt bei feinem Unter« 
nel^men auf ©d^iüeben bon ben Siieberlanben i^er — namentlid^ burd^ 
bie 2luöfteuer ber burgunbifd^en ^Prinjeffin — untcrftü^t teurbe, unb 
gleid^ barauf, atten SBerträgen jum 2^ro^, bie 5ßrit?ilegien ber $anfe 
5U loerle^en begann. §anfifc^e ÄaufCeute ipurben öon ©d^onen ange« 
Italien, ©d^iffe, bie öon 9liga famen, aufgebrad^t, ungetoöi^nlid^e 3ötte 
aufgelegt. Ser 6inn be^ ^dnigii tt)äre getpefen, fid^ gan} bon Sübedt 
gu emancit)iren , Ropcnf)aQm iixm großen Qtapdplai^ beiS norbifd^en 
$anbel^ ju erl^eben. ^ie @eeftäbte glaubten nid^t anberS, als „ia^ 
ber fiönig gegen SSrief unb ©iegel unb äffe feine ©elübbe aßein 
nad^ bem 35erberben ber Seeftäbte trad^te." 

Sebermann \t>ex% ipie lül^n ftd^ Sübedf bagegen jur SBel^rc fe^te. 
3tad) ©d^loeben fenbete eg bem UnionSlönig einen (Segner, öor 
, toeli^em fein ©eftirn Derbleid^en foffte, ®uftaö SBafa, unb unterftü^te 
i^n mit feinen beften Gräften. 3Hö ©todf^olm fid^ bemfelben unter- 
warf, h?urben bie ©d^läfl|el ber ©tabt ben beiden SRatl^Sl^erren ein- 
gei^änbigt, toeld^e bie Sübifd^e flotte fül^rten: biefe überlieferten fie 
bann bem neum Äönig, ber il^nen bagegen in ^bcn biefen Xagen 
einen i^errlid^en ^reil^eitöbrief jugeftanben l^atte^). 

(Sinen nid^t i)iel geringerrj Slntl^eil nal^m bie ©tabt an bem 
ttmfd^tüunge ber Singe in 3)öhemarf. 311« griebrid^ t)on ^olftein 
bie ii^m t)on ben ®ro|en biefeiS SReid^eS angebotene Ärone angenom^ 
mm l^atte unb ftd^ nad^ Äo^)enl^agen begab, begleitete il^n ein Sü« 
bedfifd^eS §eer ju Sanbe, unb jur ©ee toar il^m eine iBübedfifd^e 
glotte jur ©eite. 

©eberin 3torb^, ber bie flagge ßl^riftiemö II nod^ eine 3^^*- 
, lang in ber Dftfee iüel^en lie^, erlag am 6nbe öornel^mlid^ ben an- 
ftrengungen ber Sübedfer 3Karine, toeld^e feine ©d^iffe an ber Äüfte 
i>on ©d^onen Derbrannte. 

Unaufl^öriid^ bebro^te feitbem ßl^riftiern feine berlaffenen SReidJe 
mit einem Singriff. 6r trat mit ©nglanb in Sunb; brad^te mit 
§ülfe feiner SSertoanbten unb %xmnic ?lKannfd^äften in SJeutfd^lanb 
auf; fd^idfte bon ©eelanb unb 33rabant au^ ©d^iffe toiber bie hän- 
fen in ©ee : unb ba **er im gnnem ber Sänber 3?erftänbnifje l^atte, 
in ben ©täbten fid^ aud^ forttoöl^renb eine faiferlid^e 5ßartei i^ielt, fo 
toarb er immer gefürd^tet. Sübei geno^ bie erworbenen ^Pribilegien 
l^au^tfäd^lid^ aud^ beSl^alb fo ungeftört, Weit bie beiben Äönige bie 
^ülfe ber ©tabt gegen ben brol^enben ^einb nid^t entbel^ren fonnten. 

1) SRcghnann Sübifd^c (Kl^ronif, fonfl nur eine SBteberl^oInng beö ©onnu«, 
l^at l^ier einen etgentpmli(^en (eftättgenben S^\a^. 



^erl^inbung 2)änematf9 mit UUd. 409 

Unb nod^ enger \oaxh tl^re äSerBinbung, al^ Sl^tiftiem bem eban« 
gelifd^en Sifer, ben et frül^er betoiefen, ium %xoii hjieber gum RaÜ)olu 
ci§mn^ )urüd(getreten tüar, unb nun mit h^irlfamer Unterftü^ung be^ 
Aaifer^ auf feine 9lüc!fel^r 93ebad^t ncä)m. @$ liegt )h)ar am 2^age, 
ba^ gioifii^en beiben Sd^toägem nic^t immer ba^ befte SSemel^men ob- 
tooftete. SBäi^renb (Sl^riftiem in grieölanb rüftete, fud^tc ein laifer« 
lid^er ©efanbter eine äJermittelung jtoifd^en il^m, ^önig ^riebrid^ Don 
3)onemarf uub ben §anfen )u ftiften. Äönig ^ebrid^ erflärte, ba^ 
er fid^ einem fd^iebgrid^terlid^en ^pxuä) unterwerfen toottc, toenn auc^ 
ßl^riftiern fid^ baju entfd^Iie^e, unb bor »allem, toenn er feine ^einb* 
feligfeiten etnftelle: ber ©efanbte eilte nad^ fj'^eölanb unb mad^te bem 
berjagten Äönige in ber %^at biefen SSorfd^Iag. ßl^riftiem aber ant- 
toortete il^m nur mit l^eftigen Älagen, toie biel ^di)xt er nun fd^on 
bon feinem Sanbe entfernt fei, unb ba^ er nod^ nid^t bal^in jurüdf* 
feieren, nod^ immer nid^t gu feinem Siedete gelangen fotte^). ©tatt 
fein J^eer aufgulöfen, rüdEte er ol^ne SBeitereg in J&oHanb ein. SBaö 
man x^m nid^t in @üte geh^öl^rte, J^a§ ergtoang er ftd^ mit Qictoalt, 
©d^iffe unb ®elb. ®r tou^te, ba^ ber faiferlid^e §of, loenn aud^ 
nid^t im gegenwärtigen 2lugenblidfe, bod^ im ®anjen fein Unternel^men 
bittigte unb bemfelben ©rfolg toünfd^te. $atte bod^ ber Äaifer ftd^ 
oft genug fo erflärt, ate l^alte er bie Sad^e ßl^riftiemö für feine 
eigene. 3lieberlänbifd^e Äaufleute unterftü^ten ben Äönig freiloittig: 
bie Käufer $rei gu 6am))en, @d^uItiiS ju @n{l^u^fen, ä3ur gu älmfter^ 
bam, Statl^ ju Slßmar Werben alg bie bomel^mften Seförberer ge- 
nannt, ßl^riftiem gab il^nen bafür bortl^eill^afte unb glänjenbe ^ei- 
briefe. So gingen fie am 15. Dctober 1531 ju SRebenblif in ©ee. 

S)ie Sübedter öerftd^erten beim fd^malfalbifd^en Sunbe: eö fei 
babei aud^ jugleid^ auf eine 3^^ftörung beiS 5ßroteftanti§mu^ abge^ 
feigen, mit atten SBifd^öfen ein 6inberftänbni| gefd^lofjen. Äönig 
tJriebrid^ öerf^)rad^, mit feinen ©rblanben in ben fd^malfalbifd^en 
S3unb ju treten, wenn Wenigfteng bie bomel^mften 5KitgKeber beffel- 
ben, ©ad^fen, Reffen unb Süneburg, eine Weltlid^e 6inung aud^ in 
Sejug auf fein SBal^Ireid^ ^) mit il^m fd^ße^en Wottten; benn fo gut 

1) Literae Banneri ad Gaesarem de gestis apud Yandalicas elvi- 
tates, s. a. %xdfiiy ju SBrüffef. 

2) 2)cnn fo ifl bie Bi«]^cnge ^nnafymt gu . mobificiren. „gügen S. 8., 
ganj freunbUd^ gu n>iffcn", fagt Äönig gricbrid^ in einem ©d^rciben am Xä^t 
@t. 3oanni8 1531 an Sanbgraf $^ili|)^r r»i>«ö toir crnjilid^cn tool geneigt, 
und mit 3r unb unfern lieben Ol^eimen bem (S^urf. ^. @ac^fen famt bem 
^ergog )». ülüneburg ton unferer ^ti^ unb aud^ Q^rManbe n^egen funberli(i^ 



410 ^t^9U9 9iu^. 3e(nted (S,apxttU 

«bangclifd^ et fei, fo toerbe er bod^ hnxä} bte 5Wad^t feiner Sifd^öfe, 
bereu j|eber einen großen Änl^ang in ber SRitterfd^aft I^a6e, nod^ bcr^ 
l^inbert, bieö au^gufjjred^en. El^urfürft S^i^ann bon ©ad^fen iebod^ 
todffte Don einer gtoiefad^en ©igenfd^aft eine^ 9Ritgliebe^ beö feinem 
SBefen nad^ auf bie 9leIigion§fad^e gerid^teten SunbeiS uid^t§ l^ören. 
3)a§ angetragene 3Serftänbni^ tarn mä}t ju ©taube. SRod^ einmal 
tDurben bie mercantileu SJerl^ältniffe bie entfd^eibeuben. 

SDa^ gro^e Qntereffe üon Sübei loar, ben SSerlel^r jtoifd^en 
Dftfee unb Slorbfee hjenigfteuö gum 2^]^eil in feinen Rauben ju be? 
feftigen. ®)B ntad^te ben Reflänbifd^en ©tabten ba« 9led^t ftreitig, 
überl^au^jt burd^ ben ©unb nad^ SBeften gu fd^iffen: l^auJ)tfad^Kd^ 
aber beftaub e§ barauf, ba^ getoiffe SBaaren, au3 beut Dften 3Bad^g, 
Äuj)fer, 5ßelgtoerl, au^ beut SBeften befonberö |)o})^)eringifd^e, englifd^e 
unb anbere Salen il^re ©ta|)elgüter feien, bie man junäd^ft nad^ ber 
SCrabe füi^ren muffe. * SDie ^ottänbifd^e ©d^ifffal^rt in ber Dftfee fan^ 
ben fie überl^aujjt gefäl^rlid^ unb meinten nic^t neben il^r beftel^en ju 
lönnen. Samate auf il^re §ülf< angetoiefen, getoäl^rte il^nen Äöntg 
fjriebrid^ toirflid^, toenngleid^ in ber SBeife ber Seit in nid^t Doll- 
f ommen binbenben fjormen, ' einen Vertrag, fraft beffen bie ^oUonber 
lein ©taj)elgut burd^ ben ©unb filieren, unb dud^ in SSejug auf bie 
ofterfönbifd^en ©eefal^rten bie Qntereffen bon Sübedf toal^rgenommen 
Serben fottten^). ßl^riftiern toar im Slugenblidfe ber 6ntfd^eibung, 
im 2Rai 1532 in 5Rorh>egen angelangt, unb l^atte bieö ganje Sleid^ 
bi« auf Wenige fefte 5ßlci^e ol^ne SWül^e in feine §anb gebrad^t: aber 
fd^on toaren öier SüBifd^e Drlogfd^iffe in ©ee erfd^ienen, el^e bie Sä- 
uen felbft fid^ gerüftet flauen. 3)ie Sübedfer fud^ten Je^t l^ier ©d^iffe 
an ber Äüfte auf unb t)erbrannten fte, i)er))rot)iantirten Stggerl^u^, 
unb bilbeten ben Äem für bie größere 3Kad^t, bie fid^ nunmel^r fam^ 
melte, Slggerl^u^ entfette unb ßl^riftiem nötl^igte, gu unterl^anbefn, 
JU ca|)ituliren, fid^ enblid^ in bie &cfDalt feineig ?feinbe§ gu ergeben. 

unb alCetn in eine @tnung unb BerBünbnig toeltttd^er (Sad^en $enbel unb 
Stl^unö l^alber gu begeben.'' SBenn bicö ^©ünbntß öoHgogcn, „fein toix fol* 
genb bamad^ aud^ ntt nngemeint, fonbern toot ©emütd, al^bann mit allen 
anbem (S.%, %%., ©raten unb @tenben, bem @k>angelium anl^engig, unfer 
(irblanbe falben attcin (ginung, SJerflanb unb SJerbünbniß angunel^men.'' 2)er 
Sanbgraf l^offte, bag bann aud^ ^amburg^ dto^od, SBtdmar, @tabe eintreten 
würben. 

1) 2)en SScrtrag l^at ^öitfelb toning grtebrid^ ben gorfli« @. 346. 
SJergl. SBurm: eine beutfd^e (Solonte unb bereu SlBfaff in ©d^mibt« 3"** 
fc^rift VI, 121. Bai^, Bieter SWonatöfd^rift: ««ob. 1851. 



(S^rifltcrn II in 9fiortt)egen. 411 

©0 biel i^ finbe, tüar c3 ber Slbgeorbnetc loon SüBeÄ, todäftx ben 
Slatl^ gab, ßl^rifticm auf immer feftjul^alten. 

Uttb toie bag nvin eine 9iieberlage jugleid^ ber ^oHänber toar, 
fo befamen biefe auf ber ©teile bie folgen baöon ju emj)fittben. 
Stuf ben ©runb, ba^ nad^ ben alten SSerträgen jlpifd^en ben §ol- 
länbern, SJänemarl unb ber §anfe jebem Sl^eil Verboten gehjefen 
fei, bie geinbe be« anbem gu unterftü|en, mad^ten Äönig griebrid^ 
unb Sübedf auf einen ßrfa^ ber Äriegi^foften unb be^ ©d^aben^, ben 
ba^ le^tere Unternei^men üeranla^t l^abe unb ber benn fel^r l^od^ 
angef dalagen h)urbe, 2lnf})rud^ ; ba fid^ bie §oIlänber Weigerten, barauf 
einjugel^en, fo gen)annen bie Serl^ältniffe nad^ mand^erlei SSerl^anb^ 
lungen unb SSertrag^berfud^en ein friegerifd^eö Slnfel^en. 

3m ©ommer be« ^af}xe§ 1532 lagen über 400 Äauffal^rer in 
^ottanb ftitt; 10000 »ootöleute n)aren unbefd^öftigt; bie Saft ®e^ 
treibe ftieg auf bag doppelte il^re^ getoöl^nlid^en 5ßreife^'). (Sin 
faiferlid^er ©efanbter t)erfid^ert, ba^ fid^ Äönig S^ebrid^ mit 2übedf, 
Sloftotf, 2Bii8mar unb ©tralfunb in aller gorm bereinigt f)abe; um 
bie ^ollänber t)on ber Dftfee auöjufd^lie^en*): bie Sübedfer h)enigfteng 
tuünfd^ten eö jum Ärieg ju bringen , nal^men bie Äird^enfd^ä^e, bie 
fie eingebogen, au^ il^rer 2^refelammer unb rüfteten bamit ein ©es 
fc^toaber au^, ioeld^e^ fid^ im ^a^x^ 1533 in ben ©unb legte. 

hierauf rüfteten aud^ bie großen ©täbte in ^ollanb eine fjlotte 
jur Seftrafung berer öon Sübedf, „©einer aKajeftät 2lufrül^rer unb 
geinbe/' ©ie erinnerten an bie l^ol^e SBürbe, bie il^r Sanbei^fürft, 
ber Äaifer, befleibete, gleid^ al^ erload^fe il^nen barauö eine größere 
Sered^tigung. 

3loif{^en ben beiben Sl^eilen ber alten §anfe fd^ien e^ gu einer 
©ntfd^eibung mit ben Söaffen unb auf immer lommen ju f ollen: 
jumal b'a jene bemofratifd^e gaction in Sübedf, beren 6mJ)orftreben 
tüöl^renb ber religiöfen Errungen toir toal^rgenommen, je^t bafelbft 
an^ Sluber gelangte unb fid^ mit frifd^em ßifer auf biefe 3lngelegen= 
l^eiten h)arf. 

Sei ber (Srünbung bon Sübedf, in ben erften einfad^en S^i^^n, 
ba man e^ bort toie in 3Senebig alig eine Saft anfal^, an ber 3Ser= 
Haltung ber öffentlid^en Slngelegenl^eiten Sl^eil nel^men, in 9latl^ 
lommen ju muffen, toar ba§ ©tatut gemad^t toorben, ba^ eg einem 
Sebem, toenn er jtoei Qal^re barin gefeffen, freiftel^en folle, im britten 

1) SBagenaar nicberlänbifd^e ©cfd^ici^tc U, 423. 

2) 2>cnff(i^rift bc« erjbifcj^of« bon Sunben Ui 5anj 0taat«;[)a:|)ierc 119* 



412 ^täf^M Sdnäf. 3e]^nte9 (Sa^iteL 

I^erau«ju61ci6en *)• ©eitbem aber l^alte man fid^ longft getoöl^nt, 
biefc Safi afö eine ßl^re ju betrad^ten, unb ijerftanb ftd^ ungern 
baju, jte mit 2lnbem ju tl^eilen. Sennod^ legte bie aufftrebenbe 
gaction ba« Statut iaf)xa au§, ba^ Sliemanb länget (d^ jtoei gal^re 
im ^atf) jt^en bürfe, ba^ ßottegium bemnad^ alle ^^i^re ^vm britten 
3:i^eil erneuert toerben muffe. Sefonber^ hjarb biefe 3lu«legung t>on 
®eorg SBullentüeber burd^gefe^t, einem ber 3)irectoren ber ^unbert^ 
Dierunbfed^gjig: er mod^te e^ für ba^ befte ^Rittd l^alten, fid^ unter 
bem änfd^ein ber (äefe^lid^feit ber l^öd^ften ©etoalt ju bemäd^tigen; 
bie aufgeregte Sürgerfd^aft gab il^m Seifall, ^m gebruar 1533 
irarb ber 3lat^ erneuert, unb SBullenlpeber befanb ftd& unter ben 
(Srften, bie in benfelben eintraten; faum l^atte er 14 2)age barin 
gefeffen, fo toarb er (8. 9Kärj) jum Sürgermeifter ernannt*). 3loi) 
blieben biele 5!Ritglieber be^ alten SRatl^e«; bod^ gewann bie ^Partei 
ber Steuerung factifd^ baö Uebergetoid^t in ber Sertoaltung ber ©tabt. 
SBuHentoeber bereinigte nun bie 3Kad^t eine^ SSol!igober]^auf)te§ unb 
einer gefe^mä^igen Dbrigleit. ©eine gamxlie, bie, foexm ni^t ju 
ben angef eigenen, bod^ ju ben ad^baren ©efd^led^tem bon Hamburg 
gei^örte, l^atte fid^ bi^l^er mel^r bem faufmännifd^en ©etoerbe afö ben 
bürgerlid^en ©ef^öften getoibmet: feinen Sruber, ben Hamburger 
Dberalten Soad^im SBuHentoeber, finben ft)ir afö Sogt be§ legten 
Unionigfönigig auf 3=aröern') unb in mand^erlei ^jerfönlid^en SertoidE- 
lungen mit bief em ; ®eorg felbft l^atte f d^on an ben legten SSerl^anb^ 
lungen lebenbigen 3lntl^eil genommen: e§ fd^ien nid^t anberS, aß 
loerbe er ben i^oHänbifd^en Ärieg fofort mit aller 3lnftrengung filieren. 
3u biefem Sel^uf lie^ er bie großen Äronleud^ter au$ ber üRarien- 
lird^e loegnel^men unb ©efd^ü^ barauö gießen. 



1) „2)eö bribcn Saer« fol ^e fr^e pn bc8 ^aH, mcn l^c mögl^c ib bann 
mit ^ebbe öon emc ^ebbcn, bat ^c foefe ben 9?ab." Werfer II, p. 54. 3«$ 
lennc bie ©rünbe nt(^t, njorauf fxd) ^artftolb fiütjt, ttjcnn er in feinem 9luf* 
fatj ü6er Söuttentoeber in 9iaumer« Za^^tnbn^ 1835 p. 37 ha& ©tatut fo(^ 
genbergcfialt auflegt: e« foHc 9fiiemanb, länger ar& 2 3al^re im ^at^t 
ft^en, fatt« ntd^t bie ^Bürger auö befonbcren (Srünben auf eine ^rjlredung 
ber SSürbe antragen. 

2) @o bie alte 9lu8legung ber äeitgenoffen, beren 33erid^t« \tbo^f fotoic 
bie Är<i^ii)alifd^en 3lufgetd^nungen feI6ft, mancherlei Unflar^elten üSrig laffen. 
S3gl. bie geleierten Erörterungen öon Sßaitj über bie ^Ratl^gtoal^l bon 1531 in 
feinem Serfe: ?übe(f unter Sürgcn SuUcnttjeöcr I, 295. 873. 

3) ?a:|):|)enberg : Soad^im SBuHenttJC^er. 3«itft^rift be« SScrcinö für §ant' 
burgifd^e ©efd^id^te IH, 1, 413. 



Suacntocbcr , ^ürgermcifler in ?übe(f. 413 

Si^e er aber baju fd^ritt, traten SSeränberungen ein, iDeld^e feiner 
Sl^ätigfeit eine ganj anbere SRid^tung gaben. 

6i§ liegt an unb für fid^ in ber 9latur ber 3)inge, ba^'bie 
norbifd^en Slegierungen, be§ geinbeö entlebigt, ben fie fo lange ge- 
fürd^tet, ftd^ nid^t nxel^r fo enge an bie ftäbtifd^e 3Jlad^t anfd^loffen, 
toeld^c fie öor bemfelben befd^ü^t l^atte. ©ie fül^Iten je^t aufg mue 
ben ©tudf, ben biefe felbft ausübte, — bie Hemmung ber eigenen 
^anbdöregf amicit : in bem Siege Sübedfö über §oIIanb lonntm fie 
nid^t tnel^r fo fdjiled^ttoeg ben eigenen SSort^eil feigen. Unb toar nid^t 
bort jc|t eitle bemofratifd^e gaction gur $errfd^aft gelangt, gegen 
toeld^e fie eine natürlid^e 3lnti|)atl^ie l^atten? konnten biefe nid^t 
t)ertoanbte SRegungen in il^rer eigenen Umgebung erloetfen? 

35a ereignete fid^, ba^ Äönig griebrid^ im 3lJ)rU 1533 ju 
&ottoxp ftarb, unb eine ganje 2lnjaT^l 5ßrätenbenten ber bänifdj^n 
Ärone fid^ erl^oben. 3)ie ©öl^ne griebrid^ö, bon benen ber eine, 
ßl^riftian, J)roteftantifd^ gefinnt, ber anbere, S^l^Änn, im fatl^olifd^en 
&lanien ertoad^fen toar, l^atten jeber ja^Ireid^e 2lnl^änger, ber Se^tere 
befonberö in ber l^ol^en ©eiftlid^feit. ©inen 2lugenblidf l^at ber ©e- 
mal^I ber ©d^loefter ßl^riftiemö, ßl^urfürft Qoad^im bon Sranbenburg, 
an bie SWöglid^Ieit gebadet, ben jungem feiner ©öl^ne auf ben bfts 
nifd^en S^l^ron ju beförbern, er l^at babei nid^t attein an beffen 
fürftlid^c ©igenfd^aften, fonbern aud^ an bie §ülfe erinnert, bie 
er, ber Sater, bem bänifd^en SReid^e leiften fönne^). 2lnbere 
badeten gar an ben ßl^urfürften bon Sad^fen. 3lod^ toaren bie 
©rinnerungen an ßl^riftiern leineöloeg^ erlofd^en; fd^on eilte ba^ 
^au§ Deftreid^, an beffen ®tait einen n^ucn ^Prätenbenten aufju^ 
ftetten, ben Jßfaljgrafen ^iebrid^, ben ber Äaifer mit ber 2:od^ter 
ßl^riftiem^ tjermöl^lte. 

3n biefem allgemeinen ©d^loanlen glaubten nun aud^ bie Sü^ 
bedEer baö SRed^t ju l^aben, ein SBort mitjufj)redben, unb jugleid^ il^re 
3ntereffen tt)al^me]^men ju muffen. SBuffentoeber begab ftd^ nad^ 
Sot)enl(>agen, unb loanbte fid^ juerft in ben Slngelegenl^eiten be^ f)oh 
länbift^en Äriege^ an bie 3leid^örätl^e, bod^ fanb er leinen 2InIIang. 
6r toanbte fid^ an ben näd^ften ^roteftanttfd^en $Prätenbenten, §erjog 
ßl^riftian, unb trug il^m feine ^ülfe jur (Sriangung ber Ärone an: 
$erjog ßl^riftian aber l^atte fo biel Umftd^t unb Sw^^ütfl^altung, bie^ 
abjulel^nen. SBuKenioeber fal^ iool^l, ba^ e^ il^m nid^tl l^elfen lönne, 
ftd^ mit ^oHanb ju f dalagen, toenn er inbeffen S)änemarl berliere. 

1) Soad^im an SUbred^t öon 2We(!Ienburg 11. ^e^tcmbcr 1533, 



414 @c^«teö ^u6}. Sehnte« da^pxttU 

3)er SBiberftanb, auf ben er ftie^, berul^te öomel^mHd^ auf ben alien 
na^haxUä)m 6ntjh)ei'ungcn ber ©tabt mit bem j^olfteinifd^en äbel. 
2)ie SSürger l^atten gar mand^eiS ßajjttal ttt.§oIftein angelegt: aUx 
fie flagert; ipenn fie nun gefommen, il^re 3i^^f^ einjuf orbern, l^aBe 
man fie mit l^od^mütl^igen SEBorten abgetoiefen: ber l^olfteinifd^ Slbel 
fei eif erftid^tig auf bie Wlai)t Don Sübedf, f o oft i^m bief elbe avii) 
in 3^it^ ^^^ 9lotl^ ju Statten gefommen; er befd^toere ben reifenben 
Äaufmann mit ® ef ängniff en ; l^art bor ilj^ren 2!l^oren tl^ue er il^nen 
©eloalt: mit SRatl^ unb %f)at ftel^e er ben §oIIänbern bei: il^m ol^ne 
Stoeifel mu^U man gufd^reiben, ba^ toeber il^r ^erjog nod^ bie 
Sleid^örätl^e geneigt feien, öerf a^te SReceffe ju befiegeln; il^r ©inn fei, 
35änemarf unb ©c^toeben, benn aud^ mit Äönig ©uftab feien fte im 
SSerftänbnife, für bie ©tabt SübedE ju fd^lie^en, berfelben il^re 5Kal^' 
rung gu entjiei^en. 3n ber 2;i^at toaren im ©e^tember 1533 Ser^ 
träge ber bänifd^en Sieid^örätl^e unb be§ §erjog§ Don ^olftein mit 
ber ©tattl^alterin in ben 9?ieberlanben gefd^Ioffen, burd^ toeld^e fte 
in ber l^offänbifd^en ©ad^e gegen bie SübedEer Partei nal^men. SEuI- 
lentoeber unb feine ^eunbe fd^ralen bor biefen SSerbinbungen nid^t 
jurüdE^). ©ie faxten ben ©ebanfen, bie SSertoirruhg be^ 3Roment^ 
ju benu^en, unb bie ^errfd^aft il^rer ßommune im 9lorben burc^- 
greifenber al^ Jemals gu grünben. ©te glaubten l^iebei auf bie 
Xl^eilnal^me einer Partei im Snnern unb jugleid^ auf bie Untere 
ftü^ung einer euro})äifd^en 3ilaä)t red^nen ju fönnen. 

6in %i)exl jener SübedEifd^en flotte nemlid^, bie gegen bie $o(' 
länber in ©ee gegangen, toar an bie englifd^e Äüfte geratl^en: il^r 
ßajjitän, 3Rarcug SDleier, l^atte fid^ an ba^ Sanb getoagt, ol^ne mit 
einem ©eleitöbrief berfel^en gu fein, toar aber barüber aufgegriffen 
unb in ben S^otoer gebrad^t toorben. 6^ toar ia§ ju thm ber 3^'^^ 
in loeld^er J^einrid^ VIII — h)ie toir nod^ augfül^rlid^er gu erörtern 
l^aben — mit bem römifd^en ©tul^I bottenb^ gebrod^en unb fid^ ent- 
fd^Ioffen l^atte, bie ©eloalt be§ 5ßaj)fteg in feinem SReid^e aufjul^eBen, 
unb fid^ auf allen ©eiten nad^ SSerbünbeten umfal^, um ftd^ gegen 
benfeiben ju Dertl^eibigen. SBir l^aben einen SSefd^lu^ feinet gel^eimen 
9latl^e0[, nad^ loeld^em ju biefem S^^^ "titer anbern aud^ eine Se- 
fanbtfd^aft an bie ^anfeftäbte gefd^idft, eine SSerbinbung mit iljnen 
angefnü})ft toerben f ollte *). Sei bem toad^f enben 3Ri^berftänbni^ mit 

1) ^nga^g unb «erid^t öon UUä, m\i\)fhx üi S^orbcii« ^ijioric in 
©rctoefeibenö Stib. Obenfe 1850, 51 @. 184. 

2) Propositions for the Kings Council, Bei ®tri?^5e Memorials ec- 
clesiastical I, 238. Statepapers I, 411. 



9{t(i^tun9 BuUentveber^ ton :£)änemar!* SO^arcu^ Titkx. 415 

Um fiaifer lonnte ei$ ben (Snglänbern ol^nei^in nid^t gleichgültig fein, 
06 ber bänifd^e Xf^xon im burgunbifd^en S^tereffe befe^t toerbe ober 
in einem entgegengefe^ten. Äein SiBunber, toenn ber Äönig ben 
6a})itän einer glotte, h)eld^e gegen bie 3flieberlänber in See ge- 
gangen, ^tatt xf}n ju beftrafen, an \\ä) l^eranjog unb mit il^m unter« 
i^anbelte. ©0 biel h)ir finben, berfj)rad^ i^m SKarcuö SWeier, im 
Jlamen feiner Sßartei unb feiner ©tabt, ba^ fein gürft ben bänifd^en 
S^l^ron befteigen fotte, ben §einrid^ VIII ni^t bittige; §einrid^ jeigte 
fxä) bagegen bereit, Sübedf in feinem Unternel^men gu unterftü|en: er 
badete aud^ ben Äönig bon S^anfreid^ bafür ju gehjinnen. 

®anj erfüttt öon biefem l^öd^ft unertoarteten ®rfoIg feinet 
3ugeö tarn ber Saj)itän nad^ &ühei jurüdf. 

SKarcu^ 3Keier l^atte frül^er gu Hamburg ba^ ^anbtoerf eine§ 
§uffd^miebio getrieben; f^äter l^atte er ^rieg^bienfte genommen. 6r 
biente juerft in jenem abenteuernben $eer, baö ßl^riftiern II in ^rie^=^ 
lanb gufammenbrad^te, nad^ §ottanb unb bann nad^ Siorioegen fül^rte. 
§ier geriet)^ er in ©efangenfd^aft, affein er benu^te biefelbe fogleid^, 
um ftd^ SJienfte bei Süberf ju berfd^affen. 3)er 3uftanb biefer gäl^' 
tenben Commune hjar gerabe ein Soben für il^n: er fd^Io^ fid^ an 
bie em^jorlommenben QäupUx ber Sürgerfd^aft an; fd^on im Qal^re 
1532 toarb il^m bie 2lnfül^rung ber ju bem 2;ürfenlriege^ he^ixmmUn 
3Kannfd^aften anvertraut, unb er burd^jög auf bem ^in-* unb SJüdE« 
toeg ba§ beutfd^e Sleid^ an ber ©})iie berfelben; bann ioar er, gleid^ 
fertig ju beiberlei Ärieg,' auf bie %iott^ gegangen; je^t fam er, mit 
einer englifd^en ©nabenfette gefd^müdft, gum Slitter gefd^Iagen, nad^ 
Sübedf jurüi. §ier fing er nun an eine gro^e Stoffe gu f|)ielen. 
6r l^ielt ^ferbe unb Äned^te in Ueberflu^; auf bie nod^ ettoag bar« 
barifd^e SJBeife biefeig Qai^rl^unbert^ trat er immer fo foftbar toie 
wöglid^ l^erau^ge!()u^t einiger *) ; er toar nod^ jung, ein fd^öner 50lann, 
unb tajjfer: er gefiel ben Slugen ber Dornel^men jungen 93ürgerU>eiber. 
Snbem er ftd^ balb na^ feiner Slüdffunft mit ber reid^en Sßitttoe be^ 
bor furjem öerftorbenen SSürgermeifter^ Sunte öermäl^Ite, fa^te er 
Su^ unter ben einl^eimifd^en ©efd^Ied^tem. 3ln feinem 3Sermäl^Iung§« 
iflge i^olte il^n ber Hauptmann ber Stabt, \>on reitenben 2)ienern 
umgeben, bei bem §oIfteiner 2;i^ore ein. 

3Son jel^er loar 2Reier mit SBuffenioeber in Vertrauter Serbin« 
i'ung geioefen: nod^ enger fd^Ioffen fie fid^ je^t an einanber. 3luf 
i>en §anfetagen erfd^ienen fie an ber ©^)i^e eineiS jal^Ireid^en ©e« 

1) ©ajkoto I, 115. 



416 (Btäf^U^ lQ3ud^. 3e^nte« (S,apM: 

folget, xjt glänjenbem ^amifd^, blafenbe %xom!peUx Dorauf. S)0(i^ 
tDaren fte ba nod^ fo tpenig fetten unb Reiftet tote in SülbedE 
felbft. 

2luf ber SBerfamtnlunß öon Hamburg Slnfang 3Rärj 1534 fanb 
bie gegen 3)änentarl unb ^oKanb }ugleic^ gerid^tete $olitiI äSuUen^: 
tDebeti^ einen äBiberftanb, bei bent man jugleid^ auf eine Sleaction gegen 
bie in Sübed ^vorgenommenen SReuerungen S3ejug nal^m. 2)ort loäre 
SDSuIIentoeber niemals burd^gebrungen; aud^ fein ))erfönlid^eS SBerl^alten 
tief aSibertoitten unb 2l«griffe gegen il^n l^etüor. 6r ergriff ben 
leden @ntfd^[u^, eigenmäd^tig bon fetner @efanbtfd^aft nad^ Sübedf 
jurüdfjulel^ren unb ftd^ Dor aU^m feine @teDung gu ftd^em. ^n ber 
allgemeinen Slufregung ber ^Parteien, bie feine Slnlunft erregte, Berief 
er eine aSoIfööerfammlung nad^ ber SKarienfird^e, in ber er felbft bie 
Äanjel beftieg, um bie geinbfeligfeit, bie er erful^r, jugleid^ aU eine 
JBerbinbung mit ben (Segnem ber ©tabt unb il^rer großen 3«terefjen 
barjuftetten. 6r tou^U ftd^ nid^t allein ju red^tfertigen, fonbem bie 
aSerfammlung für ftd^ ju entl^ufiaömiren. S)ie 3SolKgemeine bittigte 
feine 5ßoIitif unb f orberte il^re SluSfül^rung ^). SDie auögef^)rod^enften 
©egner l^ielten eg l^ierauf für ba« 33efte, ju fliel^en. ©inige tourben 
feftgenommen: Slnbere il^reö ÜlatJ^^ftanbe« entfe^t. 3)ie unauöbleib« 
lid^e ^olge ^loar bann, ba^ bei ber ßmeuerung be« dtatf)^, Dftem 
1534, bie 3BuffenloeBerfd^e 5|8artei i)oKfommen bie Dberl&anb bei^ielt, 
unb feitbem bie ftäbtifd^e ©etoalt re))räfentirte. 

©Ben bamate ioaren bie SBiebertäufer in SKünfter burd^gcbrun- 
gen. Slud^ in SüBedf fül^Iten fid^ bie lutl^erifd^en 5Prcbiger jioar nid^t 
in il^rem Sefenntni^, aber in il^rer fird^lid^sjjolitifd^en Haltung ge= 
franit S)er @u))erintenbent Sonnu« toottte e« nid^t länger mit an- 
feilen, ba^ man bie DBrigleit antafte, abfege, ivertoeife*): er f orberte 
unb erl^ielt feinen SlBfd^ieb. 

3)iefer Slnalogie ium 5Ero| loar bod^ ber tlnterfd^ieb unermefelid^« 
Sort loarf fid^ bie Seloegung auf bie 35urd^fül^rung einer neuen ^orm 
be« religiöfen Seben«, an bie man a))o!aI^))tifd^e Hoffnungen Inü))fte: 
l^ier ergriff fte ein unmittelbar üorliegenbei^ ^raftifd^e«, auf ber alten 

1) 2öic e« in bcm «crid^t bc8 öremif(i^en Oefanbten (12.— 15. SWara) 
l^eißt: 2)at l^e fuKenfomne Tlaäft l^eBBen fci^olbe, be fafen jegen be ^oU 
lanbcr utl^t forcnbe" (bei SBaifel, 403). @o toarb tocnigflcnö „groffroerbtc^ 

gefcd^t"). 

2) $ermanm ^onni ©d^rtft an ben unorbentltd^en ^aiff, 4. ^ai 1534. 
©ei ©tardfe Sübedifd^e ^ird^en-^iporie I, «cilage nr. V. 



Oa^rung in 2)äncmorl!. 417 

maritirneit QtdlunQ berul^enbeig S^^tercRe; SBuIIentoeBer fonnte auf 
Sunbcögenoffm t>on unmittelBaret j)oIitifd^er SBirffamfett im öä«?^« 
Siotben red^nm. 

3n bcn bänifd^en ©täbten, ja felbft in bet fd^toebtfd^en ^aupU 
ftabt, gab e« eben fo ^ut toie bicffett ber Dftfee Stirgctfd^aften, bie 
m6) S3efretuna bon einer fie befd^ränfenben Slriftofratte trad^teten. 

3n S)änemarf l^atten bie Sütger im Saufe ber 3rit erifannt, 
ba^ ßl^rtfliem II ntd^t iJ^nen gum §eil bertrieben h>orben toar, SCtte 
®rleid^terungen, bie il^nen biefer Äönig getoäl^rt l^atte, tourben nad^ 
unb nadji gurüdfgenommen. Sefonberig h)aren fte entrüftet, ba^ ber 
Slbel, ber fo gro^e SBorjüge genieße, ftd^ aud^ ben SSortl^eil ber 
Äaufmannfd^aft anmaße ^). SDie Sürgermeifter ^oxq Äod^, genannt 
SK^nter ober 3Künjmeifter, ^u aJlalmöe, unb Slmbroftuig SSogbinber ju 
Äojjenl^agen, beibe 3)eutfd^e, tl^eilten bie bemofratifd^en Stbftd^ten 
SButtentoeberg bollfommen. Roä} l^atte unter bem ©d^trme ^rieb^ 
rid^ö bie Sleformation in 5IKalmöe eingefül^rt unb hjottte fte nid^t 
toieber unterbrüdfen laffen,.h)ie ber Steid^^ratl^ borjul^aben fd^ien. ©ie 
berf^jrad^en ben Stibedfem, fdbalb il^re Drlogfd^iffe in ber 5Räl^e er^ 
fd^einen toürben, bon bem SReid^^ratl^ abzufallen, unb fid^ offen auf 
tl^re ©eite ju fd^lagen. @iS fd^eint, aU ob bie Siebe baöon getoefen 
fei, ba^ beibe ©täbte bem $anfebunbe beitreten foKten: bod^ ift 
man barüber nid^t bollftänbig ein^ getoorben. 

Unb fel^r äl^nlid^e Slbfid^ten liegte in ©todEl^olm ber SWünjmeifter 
ainbreag ^anbfon. SJie ganje beutfd^e Sürgerfd^aft unb ein ^l^eil 
ber fd^loebifd^en fd^einen mit il^m einberftanben geioefen gu fein. Äönig 
©uftat) l^at bel^aut)tet, unmittelbar il^m f eiber l^abe man an baö 
2^hm gelten toollen: unter feinem ©tul^l in ber Sird^e l^abe 5ßulöer 
gelegen, im Slngefid^t ber berfammelten ©emeinbe l^abe er in bie 
Suft gefjjrengt loerben follen. 

Erinnern loir nn^ nun, ba^ in atten l^anfifd^en ©täbten, ja in 



1) @d^rct6cn ber ©emcinbc i^on ^c^ptnf^a^m an Königin Tlaxia 
5. ayjai 1535 {%x6f. gu Trüffel) fü^rt bie ©rünbc auö, toeö^alb man fic^ 
em^ljört: „barum baö bicfeö ^iä)9 fRaiht unb ber 3lbel, über baö fte unfern 
redeten ^Bnig — cntfe^t, btöl^er ntit ntanigfattiger unreblid^er unteiblid^er S3e* 
ftöerung niäft li^eniger uns benn alle anbcrn @tette unb gemeinen Tlann im 
gangen dtti^ fon unfern d^ripiid^en %xti\}tittn unb ©ered^tigfeitcn gegtoungen, 
bie Äaufmannfd^a^ l^intDeggenontmeh" u. f. to. 3)a« te^te Ttommt fü^rt 
aud^ Rerum Danicarum chronologia, bei Subetoig Reliquiae MSS. II, p. 70, 
auf: Notabilitatis osores gravissimi ob negotiationes quas exercebant 
ditiores. 

M. maxaei mnu m. 27 



418 ^tdfßM fßu^. Be^nted diapittU 

Qani fRieberbeutfd^Ianb o^nlid^e 93e{ire(ungen ^ regten, unb tüo |ie 
aud^ fürs @rfie jurüdEgebrängt ioorben, bod^ letne^egS töSig unter- 
brüdft toaren; f äffen toir bomit gufammen, ioeld^ SeifoQ nun nad^ 
SSeften ffin bie SBiebertaufe fanb, bie baS bemolrotifd^e $rinci^ nur 
reßgtdS umffeibete, fo feigen toir tool^I, loeld^e getoaltige Siegung nod^ 
einmal bie norbifd^^germanifd^e SSett ergriffen l^otte. ®$ ift eine 
@al^rung beinal^, n>ie bie beS Sauemaufrul^riS, ber in ^'^orbbeutfd^- 
lanb nid^t l^atte einbringen Kxmm, fonbem an beffen ©renken ge^ 
fd^tert toar. 3e|t aber, 10 3<^re ft)äter, toar 9lieberbeutfd^Ianb 
in einer nid^t Diel geringem ä(gitation. ^amaU, an bem Säuern- 
Iriege, l^atten fd^on einige @täbte SlntJ^eil genommen, j[e|t toaren fte 
bie SSorläm^fer. £ü6edf, toie S3onnud fagt, eine $au))tftabt ber 
@ad^fen)unge, gab nur ben %on an. 3Sa^ Iie| fid^ ertDarten, \omn 
ia bie Üti^nen 2)emagogen ben $Ia$ bel^ielten, il^re $Iäne burd^^ 
fül^rten! — 

3Bie ober einft bie 33auem, fo fonnten aud^ ][e|t bie @täbte 
eines ritterlid^en ä(nfü]^rerS nid^t entbel^ren. @ie gewannen ben 
®rafen 6l^rifto|)l^ bon DIbenburg, ber gtoar 2)oml^err in 6öln, ober 
nid^tSbeftominber fel^r friegSfertig unb ein fel^r eifriger ^roteftant 
toar. Sei feinem Seigrer ©d^iffl^otoer l^atte er einft öiel ^iftorien 
gelefen; bann l^atte er fid^ an ben §of ^j^ilijjjjg i)on §effen begeben 
unb mit ber friegerifd^sreligiöfen SinneStoeife burd^brungen, bie bort 
l^errfd^te; er l^atte bie 33auem befämjjfen, SBien befreien l^elfen; er 
toar nid^t ol^ne innei:n ©d^loung unb ein tajjferer S)egen. 

Unmöglid^ aber tonnte ein SRitglieb beS olbenburgifd^en $aufeS 
bie ^el^be einiger Sürgermeifter ol^ne guten ®runb, ober toenigftenS 
ol^ne einen Sortoanb, ber fid^ nennen lie^, ju feiner eignen mad^en* 

SDie SübedEer entfd^Ioffen ftd^ ju bem Sorgeben, ber gefangene 
Äijnig ßl^riftiem, ben früi^er 3liemanb l^eftiger gel^a^t unb toirifamer 
befel^bet l^atte als ebenfie, foUe burd^ fie befreit unb toieber auf ben 
S^l^ron gefegt toerben. (^Un biejenigen ffoitm xffn je^t in Sertoal^s 
rung, in benen fie il^re öomel^mften fjeinbe fallen; öier bänifd^e 
Sleid^Srätl^e, öier l^olfteinifd^e Sanbrätl^e unb ber §erjog fül^rten bie 
Sluffid^t über baS ©d^o^ ©onberburg, ioo ber ©efangene in bem 
® etoölbe eineS 2;i^urmeS f eftgel^alten toarb ^). ©ine getoiffe Sejiel^ung 
l^atten fte infofem ju ßi^riftiem, als junäd^ft nid^t bon ben mercan= 
tilen Sntereffen bie Siebe toar, in benen fid^ ßi^riftiem il^nen ent^ 
gegengefe^t, fonbem bon ben anti?ariftoIratifd^ett, bie er immer ge^ 

1) S^rifliani ©d^reötoig l^oipcinifd^c ®efd^i(^tc II, 46. 



(if)Xx^opff )9on Oldenburg im !Dten|!e iühtde* 419 

tl^eilt l^atte. ^(er bod^ mcfjx auf il^rm, ol^ auf be^ Königs SSor^ 
4etl toax bie^ Unternel^n)ien beced^net. @raf Sl^riftot)]^ berf))racl^, 
tocnn er ficgc, bcn £ü6ecfem ©otj^fanb, ^clfingborg unb ^clftngör 
ju übetlaffcn. 33aburd^ toürbcn jie il^r Uebergetoid^t in ber Dftfcc 
unb im @unb auf immer Befeftigt l^aben. ^a er gaB il^nen jugleid^ 
bie 3Serfid^erung , il^nen Äönig Gl^rifttem üBeranltoorten ju lüotten, 
fo6aIb er xf)n erlebigl l^abe '). SEBeld^e ©etüalt über bie brci fcanbi^ 
nabifd^en Sleid^e mu^te eö il^nen berfd^affen, toenn fie ben legitimen 
Äönig berfelben in il^re §änbe befamen! 

S)enn aud^ ©uftab 98afa tt^oUten fie nid^t in ©d^toeben bulben. 
Sie badeten barauf,*il^m ben jungen ^i>anU ©ture entgegenjufe^en. 

3)urd^ einen StiBftanb auf bier ^al^re, ben fie mit ben ^lieber« 
lanben bor fiurjem eingegangen unb in toeld^em S)änemar{ unb 
^olftein begriffen toaren, füi^Iten fie jtd^ nid^t gebunben. Sei ber 
älotification liefen fie bie ßlaufel biefer ©infd^Iie^ung h)eg*), unb 
bei ber Unterl^anblung l^ierüber l^atte bie 5Parteilid^feit ber §oIfteiner 
für bie Siieberlänber il^ren SBäibertoitten aufg mm aufgeregt; ^hm 
gegen ^olftein rid^teten fie gunäd^ft il^re SGBaffen. 

3m 3Kai 1534 erfd^ien ®raf ß^riftoj))^ im gelbe. SDie 2Ibfid&t 
ber SübedEer tt)ar bor allem, fid^ ber ®üter beg ^od^ftifteg ju be^ 
mäd^tigen, bie fte nad^ bem 2^obe be^ SSifd^of^ böttig einjujiel^en 
gebadeten, dl^rifto})]^ nal^m ol^ne biele 5!Bül^e Eutin ein. 2lber er 
griff aud^ l^olfteinif d^e ©d^Iöff er an , 2^rittoto , 5piön , bie er eroberte, 
unb ©egeberg, nid^t gerabe, um fid^ $oIfteinö ^u bemäd^tigen, biel- 
mel^r um ettoag Don §erjog ßl^riftian in §änben ju l^aben, il^m gu 
fd^affen ju mad^en, unb inbe^, ungeirrt bon il^m, in SDänemarf ium 
3iele gu gelangen^). 

2)ie firieg^mad^t, toeld^e §erjog ßl^riftian aufbrad^te, unb bie 
brol^enbe Stellung, bie er fogletd^ annaf)m, flimmerte fie loenig. 
ei^e toir il^m X^rittoh) toiebergeben, toag er forbert, unb el^e toir bom 
3ug nad^ 3)änemarf abftel^en, fagt Sßuttentoeber, tootten loir lieber 
nod^ l^unberttaufenb ©ulben berfel^ben; toir tootten un§ toal^ren unb 



1) Sluöjagc SBulIenloebcrö in feinem Snterrogatovium , Befiätigt öon 
©eb^arbi ü, 135. Urfunbe ber «erf^)red^ungen Suni 1534 Bei Sai^ II, 259. 

2) 3n|iruction bei tiJnigin Tlaxxa bei ?ang (StaatepaJ|)icre 147: Le 
dicts de Lubeque y avoient ost6 clause par laquelle les royaumes lui 
(le duc) et ses pays etoient comprins en icelle treve. 

3) 2öuttentt>eber öerfid^ert, bie SlBfid^t fei nur auf 2)änemarf gerichtet 
getoefen. 

27* 



420 ©ed^^ted ^nd^. Bel^nted dapittl 

i^n reiten laffen. 2)ie ^l^rer meinten, feit taufenb 3<*^^^ f^i J^i«^ 
fo flute ©elegenl^eit getoefen, ftd^ S^änentarfig unb ©d^toebenö ju be^ 
ntad^tiflen, toie je^t. ^m 19. 3uni 1534 fling ®raf (Sl^riftoj)^, 
Begierig, bag gro^e SBBerl ju boHbringen, mit 21 Drlogfci^iffen in 
Sirabemünbe in ©ee, 

Unb nie fanb tool^I ein einfaUenbeö $eer ein Sonb Beffer ju 
feinem empfange tJorBereitet. 35er Sürgermeifter 9K^nter tarn ber 
§lotte mit ber 3taä)xiä^t entgegen, ba^ er 5JRaImöe in Slufrul^r ge^ 
fe^t, bie GitabeHe ber ©tabt, bie er l^emad^ jerftörte, in feine ^anb 
gebrad^t l^abe. hierauf ging ßl^riftoj)]^ einige 3ReiIen bon Äojjcn^ 
i^agen bor SKnIer. ©o h)ie er fid^ jeigte, Maä) ber 2lufftanb in 
©eelanb auö,' ju bem atte^ fertig unb ber, h)ie jener beutfd^e, jugleid^ 
gegen ©eiftlid^feit unb SIbel gerid^tet toar. ^n Slofd^ilb ^lünbcrte 
bie SKenge ben Bifd^öflid^en ^of, unb überlieferte bie Stabt. Slllers 
toärtö überfiel man bie Sd^Iöffer be^ 2lbelö unb fd^leifte fie. 9lur 
um if)x Seben ju retten, entfd^Iofien [lä) bie ßbelleute jum größten 
%f}dl, il^ren alten ©d^tour an ßl^riftiem II, unb gtoar in ungetool^n= 
ten formen, ju erneuern. 2lm 15. Quli ging bann Ropex(f)a^en 
über; Saalanb, fiangelanb, galfter jögerten nid^t, bem Seif))iei bon 
©eelanb ju folgen. @ö beburfte nid^tö, al^ ber 2lnfunft be^ ©rafen 
in SRalmöe, um ganj ©d^onen fortjujiel^en. Qn günen lonnte e§ 
einen StugenblidE fd^einen, ate toürbe ber 2lufrul^r ber Sauern, ber 
\xä) unberjüglid^ erl^oben l^atte, Don Sleid^igratl^ unb STbel gebäm})ft 
toerben; eine mäßige §ülfe be^ ©rafen reid^te jebod^ l^in, um ben 
33auem ben ©ieg gu berfd^affen unb ben Verjagten König anerfennen 
ju mad^en. (So toar nid^tg übrig alö 3"^Iäw^- ©i'^ ©eeröuber, 
5Rameng ßlemint, ber ftd^ einft in SDJalmöe an ©raf ßl^rifto})]^ an- 
gefd^Ioffen, überfiel Slalborg unb fammelte bie jütifd^en Säuern um 
ftd^, mit benen er ben Slbel unb beffen fd^toere Sleiterei gar balb 
an^ bem gelbe fd^lug. 

Snbem man t)on biefen ©rfolgen l^örte, burd^jog ber ©^nbicu§ 
Don Sübedf, S)octor Dlbenbor}), eine§ ber iüirifamften 3Witglieber ber 
JJartei ber Steuerung, ein „"^ann bon unftillem ©emütl^e", toie ber 
alte-Äan^oh) fagt, bie ioenbifd^en ©täbte, um fie jur Sl^eilnal^me 
an bem großen Untemel^men einjulaben. 6r hjar an fxi) ein SRe^ 
Jjräfentant ber bemofratifd^en S'ttereffen unb fd^lo^ je^t bie glänjenb= 
ften STuöfid^ten auf, bie man jemals f äffen lonnte: man tann benfen, 
ioie er öon bem 33oI! emjjfangen toarb. $ie unb 'ba lüiberfe^ten 
fid^ bie alten Slatl^igl^erren, aber bergeblid^. 2)ie ©tralfunber festen 
il^ren Sürgermeifter ßlauö ©miterloto gefangen, fül^rten ia^ SBaffer- 



gortf(^ritte (SJriflo^?^«. 421 

s 

gefd^ül in bie Drlogf^iffc unb to&I^Iten einen neuen Slatl^. 2)ie 
Soften beg Äriege^ follten burd^ gegtoungene Seiträge ber SReid^ften, 
ol^ne 3«t^wn b^^ Soße«, aufgebracht toerben. 3n Sloftodf tourben 
bie alten Sürgemteifter mit ©etoalt genötl^igt, bie Äriegörüftung 
gutjul^ei^en. SlUe ©täbte ber umliegenben Sänber faxten SKutl^ ju 
großen Singen; aud^ Slebal unb Sliga leifteten §ülfe: maix l^örte 
Don nid^tö alg bon Sübedf. „SBore t^ ben ©täbten gelungen, toie 
fie l^offten", fagt ^an^oto, „eS l^ätte nirgenbg ein (Jürft ober 6bel= 
mann bleiben fönnen"*). 

Unb inbe^ betfäumten bie Sübedfer nid^t, il^re SSerbinbung mit 
ßnglanb gu Jjflegen. 3lm 30. 3Kai fd^idEten fie brei il^rer 3latl&i§* 
Ferren na^ ©nglanb, um bem Äönig il^re 5Dleinung in feiner @treit= 
fad^e mit bem ^ßa^jft ju eröffnen, il^m il^ren Sunb toiber ben römi« 
fc^en ©tul^I anjutragen, unb il^n jugleid^ um Seiftanb unb §ülfe 
in il^ren eigene;! Slngelegenl^eiten ju erf ud^en^). 

SDBir l^aben bie 2lbfd^rift eine§ SSertrageg xn §8nben, nad^ 
ireld^em fie bem Äönig nod^ au^erbem freie 3)iöJ)ofition über bie 
firone t)on 2)änemarl gugeftanben, fottte er fie nun felbft annel^men 
iDoKen, ober aud^ nur einen 2lnbern baju em|)fe]^ren'), -^ biefer 
bagegen il^nen äffe il^re alten Privilegien beftätigte, fogleid^ eine 
Summe ©elbeS t)orftredfte unb nod^ toeitere Unterftü^ung berfjjrad^.^ 
S^ erl^eHt nid^t mit ©etoi^l^eit, ob biefer 33ertrag in aller fjorm 
öolljogen toorben ift, aber eine SRid^tung ber 5{5oIiti!, in ber ftd^ bie 

1) Äanöctü« S^rontf ton Sommern in ber forgfäftigcn SlnögoBc »on 
55ö^mcr p. 211. 

2) Oratores missi per Senatores villae de Lubicke, bei SÄi^mer Foe- 
dera VI, ii, 214. 5Son einer gortfe^ung ber ©tate^a^erö läßt fi^ »eitcrer 
5lufft^Iu6 über biefe 3lngctcgen^>eit ermarten. 3nnä<$ji ifl mcrfroürbig, baß 
ber ^önig ftc^ aud^ mit Hamburg t)erbtnben teoQte „for the redressing and 
amending of the injaries doon tho bis majestie by thebishop of Kome^*; 
es n^erben t^nen ^rtifel ))orge(egt, bie fte anuel^men foHen: g. ^. against 
Goddes prohibitions the dispensation of the bishop of Borne or of an 
other man is utterlie nought and of no valne: biefelben, bte aud^ ben 
?übc(fern vorgelegt »urben, unb außerbem noc^ einige anbere auf ba« bifd^Öf* 
Hd^e ^Regiment begügltd^e; fie follen bem tiJnig mit 12 ©d^iffen gu 4)ülfc 
fommen, unb i^m für feine Äojlten 10000 2»ann öerfd^affen, 3000 m. g. ^f. 
unb 7000 g. g. Slbgebrudft in bem Report of the Rec. commission app. C, 
unb bei ?a^|)en6erg : Seitfd^rift b. 35. f. ^amburgifd^e ©efd^id^te III, 2, 198. 

3) SBürbe er feine« bon Beibem »ottcn, benn nodj {latte er fld^ nid^t 
entfc^Ioffen, fo ber:|)flid^teten fie fid^, i^m feine 3lnlei(ic gurüdfguga^ten. 2)er 
55ertrag »ar mir auö 53remen mitgetl^eilt unb ifl jefet in ben Slftfl^ffcr gcbrucft. 



422 @ec^0tc9 ®U($. 3ct;"te9 (^a^tel. 

j^anfcatifd^cn unb bie englifd^cn ^ntctcljen bereinigten, unb bic eine 
Seitlang botl^etrfd^t , ift barin ol^ne S^Jeifel au«gef))roci&en. ^ic 
Sübecfet emjjpngen am 2. aiuguft 1534 toon bem Äönig, ber fein 
®clb nid^t h)egjuh)erfen })flegte, 20000 PJoIbgulben: SöuIIentüebcr 
h)irb bon bcmfelben al« fein Slngel^öriger, fein^iener 6ejeid{>net; ber 
®eban!e einer gemeinfd^aftlidjen ^JJoIitif in ben bänifdjen 2)ingen ev^ 
fd^eint f))&tcr nod^ einmal in einem entfd^eibenben Slugenblidf. 

SBeld^en Einbrudf biefeß SBerl^ältni^ fogleid^ in ßuro))a l^erDor^ 
brad^te, fe^en h)ir unter anberm auö einem Sd^reiBen beö Grjbifc^of« 
bon Sunb, in h)eld^em er ben Äaifer aufmerifam mad^t, wa« eine 
SBerbinbung ber ^anfe mit Gngfanb auf fld& l^abe, n)ie leid[)t bann 
^oHanb angefallen, ein 2(ufftanb bafelbft beranla^t h)erben fönne, 
unb benfelben jule^t befd^tvört, etU)ad bagegen }U tl^un. äSenn ber 
Äaifer felbft fid^ burd^ feine Verträge mit bem ^aufe DIbenburg 
gebunben glaube, fo möge er ben Ärieg im SRamen ^riebrit^« bon 
ber $)SfaIj unb ber jungen S)orotl^ea anfangen. S^ Sübedf l^ielt fid^ 
ein getoiffer ^o>)fenfteiner auf, frül^er in ^ienften beö ffirjbifdbof« 
bon SBremen, ber bem laiferlid^en 9{at^ aud^i be^l^alb, h)ei[ ba$ 
!aiferlid^e 3>^tereffe in ben ^anfeftäbten nod^ immer biel Söertidfpd^^* 
tigung pnbe, eine Unternel^mung biefer 9lrt al« fel^r leidet barfteUte. 
^er Srjbifd^of bon Sunb erbot ftd^, im SWotl^fatt ben Ärieg in feinem 
eigenen Flamen ju fül^ren^). 

ffil^e fid^ aber ber faiferlid^e $of ober bie nieberl&nbifdEie SRegie^ 
rung ju einer SDla^regel fo entfd&iebener 2lrt entfd^lo^, l^atten bie 
Sttbedfer im Storben felbft einen SBiberftanb gefunben, ber fid^ il^nen 
immer gefäl^rlid^er cntloidfelte. 

^erjog Sl^riftian bon {tolftein gel^i^rte ju \^mx{ rul^igen norb^ 
beutfd^en Staturen, tbeld^e f^d^ nid^t kid^ regen, aber u>enn fie fic^ 
einmal baju entfd^loffen l^aben, i^re ®ad^e mit aDer äluiSbauer unb 
Umfid^t ind äBerl fe^en. 98ad er bermbge, l^atte er fd^on burd^ bie 
glttdfUd^e Sinfül^rung ber SHeformation in ben ^erjogt^ümern gegeigt 
Sr loar überl^au))t burd^brungen bon bem religiöfen unb moralifd^en 
©femente ber beutfd^en Sleform: bie lutl^erifd^en Sieber fang er fo 
eifrig, toie irgenb ein el^rfamer ©anbn)erKmeifter in einer Sleid^«« 
ftabt: ben ßibbrud^ belegte er mit neuen, gefd^ärf ten Strafen: bie 
©ibel gu lefen, t^iftorien ju l^bren, bei 3;ifd^e einen ®otte«gelel^rten 

1) Literae Archiepi8C0{\i ad Cacsarem rt D*" de Granvella in bem 
brltten ©ante ber ÖJeformboc. ju^riiffcl. «efonbcr* merfioürblg ba« ®(Jrcu 
iben bom 1. Kuj^ufl 1534. 



(£^TtfHan Don ^etfttia bor 2ühtd. 423 

mib etacd^mawx }u f^^red^, ben afttonomifd^m Sntbedhtngen ju 
folgen, \oax fein SBergnügen. Seine }>oIitifd^e unb feieg^mannifd^e 
Zl^ätigleit fd^fo^ eine i^dl^ere geifüge Xenbenj nid^t m§, fonbem 
tDorb t)ielmel^r baburd^ Belebt^). 

SMefem prften nun l^otten bie Sübedfer SolI^f%er, ioie toir 
berül^rten, angeboten, il^ ^im Aonig ju nrnd^en: er l^atte e^ abge^ 
hfyxt, ioeti er feine Rrone ber ®etoaIt nid^t t>erbaidfen iooDte: eben 
i^ ^attm fie bafut juerft angegriffen; er aber, min erfl aufgeregt 
unb toie Don feinen Untert^anen, aud^ ben 9{orbftranbem, fo bon 
feinen 9tad^bam, Dor aOen bem Sanbgrafen Don Reffen, unterftü|t, 
er^ob ftd^ enblid^ mit SRad^t inS ^elb, um ben SübedFem il^e %tM>' 
feligleiten }u t>ergelten^). ^m @et)tember 1534 erfd^en er bor ber* 
@tabt unb fd^ritt, um fie Dom 3)teere abjufd^eiben, ol^e fanget 
3ogent }u bem entfd^eibenben Setfud^e, bie 2rat>e ju f)>erren. 9Warj 
3Reier berma^ ftd^, ba^ i^ ba^ nun unb nimmermel^r gelingen f olle. 
aOein bie Slnorbnungen 3ReierS betoiefen nur feine llntud^tigfeit in 
einem emfllid^en RavXpfe. 3)ie ^olfteiner nalj^en juerft bie Ufer 
ber 2:raDe bei ^remSndil^le in Seft^; bann festen fie fid^ aud^ an 
bem gegenüberliegenben, auf bem Surgfelbe feft, unb nun Derbanben 
fie beibe burd^ eine Srüdfe, toeld^e ben $(u^ ioirtlid^ fd^Io^. 2>ie 
£übe(fer Dermod^ten mit !einer 9l[nfh:engung, ioeber auf bem %lv^, 
nod^ )u £anbe bie Srücfe toieber )u erobern: bor ben Slugen il^er 
Sßeiber unb Ainber tourben fie ju toieberl^olten 9RaIen gef dalagen; 
aud^ nod^ einige anbere tarid^tige fünfte mu^en ^ aufgeben. 2)ie 
Stabt, bie ben 9lorben an fid^ ju bringen befd^aftigt toar, fal^ ftd^ 
unmittelbar bor il^ren Sl^oren bon ber @ee abgefd^nitten. 

Sor aKen ^ngen nun tm^e fid^ £übedf bon biefer nad^ften 
^nbfeligleit befreien. Sd^on jeigten ftd^ SRi^berftanbniffe in ber 
Stabt, bie Sürgerfd^aft ioar un^ufrieben, bie ^unbertbierunbfed^jig 
iavitm ab, felbft in bem 9lat^ fanben bie @eb>altl^aber neuerbingS 
SBiberftanb. ©ie mußten gu Unterl^anblungen mit ^olftein fd^eiten, 
ioobei fie fd^on nid^ me|r ganj nad^ il^ren SBünfd^ berfal^ren 
burften. lieber bie innem Seioegungen in ber Stabt jtnb ioir nid^ 
fo gut unterrid^tet, um fte gu burd^fd^auen; au§ ben llnterl^anblungen 
ergiebt fid^, ba^ ^e fotool^l bie bänifd^en aU bie l^olfteinifd^en Ser^ 
j^dltniffe betrafen, unb ba^ man einanber jiemlid^ nal^e lam. Sl^riftian 

1) dragind, Historia Christiam 111, p. 395. ^enrnttng, Oratio fone- 
bris ad calcem historiae Cragianae. ^ 

2) (S^^trau«, Eist. Sax. p.408. 2anit: geben ^liipp ä^agnantmi 288. 



424 ^z6fm9 ßvL^. Bel^nte« (Sa^ttel. 

fd^ien )u einigen Soncefftonen geneigt, unb SßuQentoeBer bel^au^tet, 
er toürbe auf biefelben ^rieben gefd^Ioffeiii l^aben, l^ätte il^n ni^t 
2)octor DIbenborJ) baran öerl^inbert. 3tid)t jugleid^ über bie bänifd^en, 
fonbern nur über bie l^olfteinif^en Stngelegenl^eiten öerftanb «tan |id^: 
bie Sübedfer gaben l^erau^, tüa§ fie nod^ bon ^olftein in Sefi| l^atten, 
6in fonberbarerer ?f riebe ift tool^l niemals gefd^loffen toorben: inbem 
man fld^ über $oIftein bertrug, bel^elt jeber X^nl \xä) bor, ben an- 
bem in ben bänifd^en 2lngelegenl^eiten mit aller Äraft ju bdämpfttt *). 

2lud^ für biefe toarb nun bie ^erfönlid^feit ber ^erjogiS ßj^ti- 
ftian entfd^eibenb. 

3n ben 35ebrängniffen, in toeld^e fxi) bie bänifd^en ©tänbe burd^ 
'Singriff i)on au^en unb @mj)örung im Innern gefegt fallen, l^atten 
fie fid^ enblid^, obiüol^I nid^t ol^ne ftarlen SBtberf^)rud^ bon ber geift^ 
iid^en,©eite, entf d^Ioff en , ben $erjog ju il^rem Äönig ju n)äl^Ien. 

Saburd^ gcid^al^ nun einmal, ba^ bie ^roteftanten, bie in bem 
SÄeid^e fd^on fel^r ftarl toaren, feine Sefürd^tungen toegen il^re^ SSe^ 
fenntnijfeS toeiter ju liegen brandeten. SBenn bie Sübedfer in il^rem 
3Kanifefte bie ßinfül^rung ber reinen Sleligion al§ ben bomel^mften 
3tbedE il^reö Untemel^meniS bejeid^net l^atten, fo berlor ba§ feine S5e- 
beutung, unb alle B\^mpati)k, bie fte aui biefem ©runbe finben 
lonnten, fiel ibeg. 

2lber überbieö trat nun aud^ ein fo ioadferer 3Kann afö SSer- 
tl^eibiger ber bänifd^en -Sntereffen auf. 3Q3ie er im Sager bor Sübetf 
bieUeid^t ®inigeö nad^gegeben l^ätte, fo lie^ er fid^ aud^ nod^ ^paUx 
ju glimj)flid^en Sebingungen l^erbei ; er l^atte ben Sübetf ern tool^l tl^re 
5ßribilegien aufö neue erloeitert^), attein fte tooHten über ba§ SReid^, 
über bie Ärone felbft berfügen: nur mit bem Sd^toerte fonnte über 
biefen Slnf^jrud^ entfd^ieben toerben. Dl^ne 3^it ju berlieren, toanbte 



1) Tlit bem Snterrogatorium SuKenlrcbcrö ftimmt bie S^ront! 9lc9f> 
mann0, trenn man fic nur genau onfte^t, p. 176, fe^r gut überchi. 5Rur 
fhibcn fld^ bei 9icgfmann nc^ einige SBermut^iungen, g. SB. öon ben g^inbcn 
Sullenn)eber9 fei il^m nid^t gegi^nnt n^orben, bag SüBecf bur^ j^n großer 
werben foUte. 

2) 'iflaäf einem ©d^rciben bon ©o^fenfleiner 20. Saituar 1535 i^erf^ratj 
ber ÄiJnig 1) gute Unterl^altung beß gefangenen (S^rifliern; 2) äufriebenflef* 
(ung bcS ©raten S^rifio^l^; 3) (grflaltung bon bem, toa9 ?übe(f „bei feine« 
^crrn Spater« Seiten" auf ba« Äönigreid^ 2)änemarf bertoanbt ^at; 4) in 
ben Äönigrci^en 3)änemar! unb Sflortoegen, fo joic bem gürflcntl^um toiel mcjr 
iJrei^eit unb Oered^tigfeit, alö fic biei^er Qtf^ahtf unb fogar einige ©tabte 
gum Unter^fanb; — „jebod^ fie baran nid^t getouttt." 



$tM^ CE^ttfHan ni in iDanemar!. 425 

ftd^ Sl^riflian mit feinen ftegreid^en %xuppm bon SüBed nad^ igüt- 
lanb« !Rod^ im 3)ecem6er 1534 gelang e^ il^m, Slalborg iDieber ju 
nel^men, bie ganje Sßrobinj in ^rieben ju fe^en. ©eine beiben 
@4it>äger, ber ^önig Don ©d^toeben unb ber $er)og \>on $reu^en, 
rüfieten für il^n, jener jur See unb ju Sanbe, biefer toenigfteng gur 
©ee. SCud^ fein Sd^toager, ber ©erjog bon 5ßommem, fenbete ii^m 
^ülfiggelber, bie eben im redeten Moment anlangten. @in paax 
l^efftfd^c gäl^nlein toaren fd^on bor 2ü6eÄ bei il^m geloefen unb jogen 
mit il^m nad^ Siorben. 3[n einem großen X^exl bon Slorlüegen toar 
er bereite onerfannt. 

dagegen gewannen bie SüBedfer nod^ in biefem ä(ugenblidfe 
einen 93unbedgenoffen bon Sebeutung an bem $ergog ällbred^t Don 
^edElenburg. 

3n bem meilenburgifd^en $aufe toar e§ nod^ nid^t Dergeffen, 
bafe einft bie fd^toebifd^e Ärone in feinem 35efi$ getoefen; §erjog 
ällbred^t ftanb burd^ feine ®emal^Iin, eine 9tid^te Sl^riftiern^ , mit 
biefem in naivem Derloanbtfd^aftlid^en SSerl^ältni^ unb toibmete feinem 
Sd^idfal lebenbige Sll^eilnal^me: überbieö geljörte er unter ben beut* 
fd^en Surften einer SunbeSgenoffenfd^aft an, bie ber entgegenftanb, 
ju ^h)eld^er ber §erjog öon^^olftein ftd^ l^ielt. 35a l^atte fid^ il^m 
Dor einiger 3^it SBuIIentoeber genäl^ert. Sin unb für fid^ l^aben fie 
ibenig gemein, benn nod^ lonnte ber §ürft Don bem ^atj^olici^mu^ 
nid^t lajfen unb ber Sürgermeifter toar ber eifrigfte ^roteftant, aber 
bie Sage ber norbifd^en älngelegenl^eiten, in benen nod^ aUe^ möglid^ 
fd^ien, Derbanb fte mit einanber. 2lud^ äUbred^t jeigte einen uner^ 
me^lid^en Sl^rgeig. ©id^ auf ©d^toeben antoeifen ju laffen, toorüber 
mannid^f altige UnterJ^anblung ge))flogen iourbe, toar il^m nid^t ge^ 
nel^m: toenn er in ^änemarf etioa^ leiften foKte, fo tooUte er aud^ 
bafelbft belol^nt fein; mit ber ©riebigung ßl^riftiem^ loottte aud& er 
jur Wlaä)t gelangen. Sänge fträubte jtd^ Sübed^, aud^ au^ SlüdEfid^t 
auf ®raf ßj^riftoj)!^; in ber 3^it t>^^ ©efai^r gab e^ nad^. ®^ bil- 
ligte juerft eiU; ba^ Sllbred^t ^änemarl fo lange inne bei^alten möge, 
big aud^ ©d^toeben erobert fei: bann möge er felbft jtoifd^en beiben 
Sleid^en toäl^Ien: f^jäter, in einem SSertrag, an bem SloftodE unb 
SBi^mar %f)cH nal^men, erflärte eö fid^ bamit eiuDerftanben, ba^ 
ailbred^t bei Sebjeiten 61^riftiertt§ ©ubernator Don SJänemarf fein, 
nad^ beffen 2^obe aber bafelbft ium Äönig geioäl^It toerben möge: 
benn aud^ ben bänifd^en ©täuben loerbe e^ am liebften fein, beim 
^aufe 3Ke(fIenburg gu bleiben. 2tlbred^t Derftd^ert, bafe er babei auf 



426 ©ed^dted SBud^. 3e^nte9 dapittl 

bie §ülfc fetner beutfd^en SSettoanbten ted^nen fönne, bie 2)änemat{ 
nid^t an ben anbem ii^eil lommen laffen iöofften'). 

2)abei latn man aud^ auf bie äSetbinbung mit @nglanb iwAi, 
beffen Unterftü^ung am toenigften entbel^rt Serben fonnte. Sllbred^t 
geigte fid^ geneigt, im Slamen ßj^riftiemi? ju berf|)ted^en, ba^ ber- 
felbe niemals (Snglanb Befel^ben, nod^ mit i|en geinben bon ßnglanb 
gßmeinfd^aftlid^e ©ad^e maäjm toerbe; unter einem SBorbel^alt, toie 
er einem beutfd^en ^rften giemte, fid^ fogar ju einer SCrt i>on Unter- 
toürfigfeit ju berftel^en, \omn er felbft gur Ärone gelange; fein Ärieg^j 
boll fottte nad^ bottbrad^ter Unternel^mung bem Ä5nig \>ün ßnglanb 
ju S)ienften ftel^en. 

S)ie 2:i^eilnal^me be^ dürften fd^lo^ bie bemofratifd^en Seftre- 
Bungen nid^t au«. S)er SSürgermeifter \>on 5fKaImöe fd^rieb il^m, er 
möge nur fommen, man toerbe ba§ ganje Sanb für il^n in Setoe- 
gung fe|en. ßiner feiner eignen ^Beauftragten f)'dlt e§ für notl[|lDeni 
big, ben §erm DmneS, tüie er fid^ auöbrüdtt, b. i. bie 9Renge, für 
il^n aufgutoedfen unb ben SReid^igratl^, ben er ali ein Unfraut bejeid^- 
net, auszurotten. 

Sel^r auffaffenb unb fonberbar, hjaS nod^ in euro})äifd^en fingen 
möglid^ erfd^ien. 9Retflenburg, nid^t ^ojffein, mit ©canbinaDien ber- 
einigt, bad bänifd^e ^önigtl^um nid^t auf geiftlid^e nod^ toeltlid^e 
SReid^örätl^e, fonbem auf bemolratifd^ organifirte ßommunen gegrün- 
bet, biefe felbft mit ben ebenfo conftituirten §anfeftäbten unb Dor 
attem mit Sübedt in engem SSunbe bereinigt; SübedE auf^ neue in 
Sefi| ber ^errfd^aft über bie Dftfee; bie SRieberlanbe bon berfelben 
auggefd^Ioffen : bagegen (Snglanb mit einer Slrt bon Dberl^errlid^feit 
über 3)änemarf unb bie §anfe felbft aui^geftattet. 

3uerft fd^iffte ber ©raf 3>ol^ann gur ^o^a aK oberfter gelb- 
l^aujrtmann, im Flamen beö dürften unb ber ©täbte, mit SReiterei 
unb gu^boll ndd^ Äo^enl^agen. 2lud^ SBuIIentoeber ging l^inüber 
unb ertoarb fid^ ba§ Sßerbienft, ben ®rafen bon DIbenburg gur 3(it- 
nal^me einer. 3Sereinbarung mit §erjog SKbred^t gu bermögen'). 

• 

1) ©einreiben bon SüSed : 12. Oct. «.ertrag ber @täbtc bom 14. 9Joö. 
mj^^thx 200. 221. 

2) ©d^reiben >unb Snfiruction, S(!tfl. 372. 

3) 'iflacf} ben 2(uefagen SButtcntocbcr« berf^radj man il^m nur, t^n balbei 
3u fd^ü^cn, h)a« er bon tönig (£]^ri|iicrn fid^ toerfd^affe, h)ic fid^ bie« »örtlich 
in ber 3ufage be« ®rafen (S^riflo:|)^ pnbet (-SCftjl^Her 312). 2)ic ©eeflabte 
brüdften fid^ um biele« Beflimmter ou3, jeboc^ bie <^SBeIebinge (Sl^rifliernö unb 
ber ©tenbe 3)ennemarfen" bef^telten pc atterbing« öor. ^aäf $o^)fcn|leiner 



UeSeretnfunft ^(Srec^td t)on SD'^ecflen^urg. 427 

S)iefer felbff ging am 9. 3l))ril Don SJBamemfinbe in See. (Si toar, 
aK tootttr er immer in Sänemarl bleiben, ©eine ©emal^Kn, -bie 
guter Hoffnung toor, feinen $of, ja felbft 3&ger unb §unbe, um 
ber Qagbiuft in ben bid^ten SEBälbem bon SDänemart auf beutfd^e 
SQBeife gu genießen, fül^rte er mit ftd^. 3)ie Streitlräfte, bie er l^in^ 
überbrad^te, toaren nid^t grof;: aber ettoaS trugen fte bod^ auS; aU 
ein toefentfid^er ®eh)inn erfd^ien e^, bajj ein naml^after Dleid^gfürft 
ftd^ ber ©ad^e annal^m: feine Autorität geijiörte ba^u, bie fd^on unter* 
einanber entgleiten gül^rer jufammenjul^alten. Salb barauf füi^rte 
ein neuei^ ©efd^toaber lübifd^er ©d^iffe fernere SSerftärlung unter 
bem ©rafen toon 3^eIIenburg ^erbei. 

Unb inbe^ l^atte aud^ Sölar^ 9Jleier, ber nad^ ©d^onen gefenbet 
tDorben toax, fid^ bort toadfer geregt. 6r fül^rte ba einen feiner ber^ 
toegenften ©treidle an^. Sag UnglüdE, in ©efangenfd^aft gu geratl^en, 
benu^te er, um eim baö ©d^Io^, h>o man U)n feftl^ielt, S93arburg 
in ^aHanb, in feine $änbe ju bringen. 

SBir feigen: bie beiben ^Parteien mod^ten einanber tDol^I getoad^fen 
fein, bietteid^t l^atte bie ftäbtifd^e fiübifd^e nod^ immer bie größere 
Slnjal^I bon 2mtm. 

S)arum l^anbelte e^ fi^ nid^t mel^r, toie bieKeid^t frül^er, ob bie 
fird^Iid^e Sleform 3)änemarl ergreifen toürbe: beren ©d^idffal toar 
burd^ bie 2^l^ronbefteigung eines ))roteftantifd^en Äönigi l^inreid^enb 
gefid^ert. 6s galt je^t bie IJrage, ob bie 2)urd^fül^rung ber fird^* 
lid^en Sleform mit einer bolitifd^en Umtoälgung berbunben fein, ob 
jene ©rl^ebung beS bemofratifd^en 5ßrinci))S, bie bon Sübedf auS fid^ 
über ben Siorben berbreitet l^atte, ben ©ieg babontragen loürbe ober 
nid^t: biefelbe S^age, bie, feit fte in ben Garlftabtifd^en S^^^ juerft 
in SBittenberg ftd^ geregt, erft baig obere unb nunmel^r aud^ ia§ 
niebere 3)eutfd^Ianb in ©äl^rung gefegt l^atte, bie fo eben aud) in 
SKünfter entfd^ieben tourbe, 

8ln biefer entfernten ©tette beö SforbenS loar je^t bie ganje 
Äraft be§ bemofratifd^en 5ßrinci)3S bereinigt. §ätte eö gefiegt, fo 
toürbe eg auf SJeutfd^ilanb nod^ einmal eine gro^e Slüdftoirfung auB^- 
geübt l^aben. 

26. iWoto. 1534 toäxt bie SWetnung ber SüBerfer gctocfen, löenn Äönig (£^ri* 
piern Befreit toerbc, fottc ^ergog ^ihxtcS}t gteid^too^t fRegent in 3)änemar! 
bleiben, ber ÄBnig bteffcid^t in ?ü6e(f nad^ feinem 9?ange unferl^alten toerben, 
mib pe atte bie ^ort^eile genießen laffen, bie fic fd^on immer in 9lnf^)rud^ 
genommen, ^elpngBr unb §e(f!ngBorg mit bem 3"^, ©otl^tanb, bicttciti^t felBfi 
Palmar unb fd^toebift^e ©ergtt)er!e. 



428 !«emttcö ^nä}, Sehnte« (S,apittU 

2lm 11. Suni 1536, auf günen, unfern Slffenö bei bem Dpe- 
bifß, — hjo etnft Dbin mit Dpfexn berel^rt toorben, ©agcn bon ber 
®röfie beö ^aufeiS DIbmburg, ba« nur burd^ feine ^^ietrad^t ge« 
läl^mt tüorben, il^ren Bx% l^abcn — , fam e§ ju biefer ©ntfd^eibung. 
3(uf Reiben Seiten toaren 2)eutfcl^e unb 2)änen. ®ie löniglid^en 
tourben bon ^onig SRan^au angefül^rt, ber fid^ nod^ ben 3litterf(§iag 
bon Qerufalem gel^olt, ganj (Europa burd^jogei\ unb tool^I noä) in 
i^öl^erem GJrabe alg fein $err ^jroteftantifd^en (Sifer, ©inn für ßultur 
unb SEBiffenfd^aft ^) mit (Sefd^idtKd^feit im ^ati) unb %apfettdt im 
Selbe bereinigte ; bie ftäbtifd^en bom ^©rafen bon §o^a. 9lan|au 
ftegte, toie Sanbgraf ^i^ilij)}) bei Saufen, h)ie bie fjürften im Säuern- 
frieg, burd^ bie Ueberlegenl^eit ber Steiterei unb be^ ®efd^ü|eö. (Sr 
l^atte ben 3Sortl^eiI, ba^ ber ^einb il^n nid^t erwartete, fonbern felBft 
einen Slnlauf mad^te unb babei in Unorbnung geriet!^. S)ie beften Seute 
beö ftäbtifd^en $eereg fielen: eö erlitt eine öollftänbige 9lieberlage*). 

Sn benfelben Sagen toaren aud^ bie glotten bei Soml^olm 
jufammengetroffen. SDie löniglid^e beftanb gugleid^ au§ fd^toebifd^en 
unb t)reu^ifd^en, bie Sübetfifd^e gugleid^ an^ SHoftodEifd^en unb ©trals 
funbifd^en ©d^iffen: e^ fottte ftd^ entfd^eiben,-ob bie ^Jürften ober 
bie ©täbte- fortan baig 3Reer bel^errfd^en toürben. a)ie ©d^Iad^t l^atte 
fd^on begonnen, afö ein ©türm fte auiSeinanber trieb. Offenbar toar 
barauf bie %lotU ber dürften im Uebergelüid^t: ber bänifd^e Slbmirat 
©fram, ber fte commanbirte, nal^m affentl^alben an ben Süften bie 
^ SübedEifd^en ?jal^rjcuge loeg. 

$ieburd^ belam nun ßl^riftian III ju Sanb unb jur ©ee baö 
Uebergetoid^t. giinen l^atte fid^ il^m fofort unterwerfen müflen: er 
em^)fing bte ^ulbigung gu Dbenfee. SKit $ülfe ber flotte, bie ge» 
rabe in biefem SJlugenblidf anlangte, ging er bann nad^ ©eelanb 
über: ber 3lbel nal^m il^n mit ^Jreuben auf. SJie ©d^oninger l^ul- 
bigten il^m, fo toie er erfd^ien. ©d^on lüar aud^ SBarburg toieber 
^mommm unb gu einem ^fanb ie$ S5unbe^ jtoifd^en SJänematf unb 
©d^ioeben gemad^t toorben. 3m Slnfang be^ 2luguft 1535 toar bie 
ftäbtifd^e Eroberung toieber auf 3KaImöe unb ÄoJ)enl^agen befd^ränft. 

33ei attebem l^ätte ber 95eft$ biefer beiben 5Punfte tool^I nod^ 
immer eine 3WögIid^fett gur SBieberaufnal^me ber alten 5ßläne bargeboten, 
ioäre nid^t inbejfen in Sübei felbft bie bei ber erften Ungunft be§ ®e« 
fd^idEe§ begonnene 3Serftimmung ju einer boffen Ümtoanblung gereift. 

1) (S^i^träuö: oculus nobilitatis eruditae in Ms terris fulgentis- 
simus. »ergl. (S^riftiani 9^. ®cfd{>. öon ©d^Iefitoig unb ^olflcin I, 479. II, 54, 

2) Sragtu« Historia Christian! III, p. 95. 



@tege (S^rifliand III. llnf(^mung ber ^inge in HUd. 429 

@nblid^ nemlid^ griff anä) bie 9letd^€geh)alt, h>ie biei^ bie laifer^ 
fidlen Ocfanbtcn fd^on bor fioei ^df^xm geforbert l^atlen, cmftlid^cr 
in bie im^tn Sübecfifd^en ätngelegenl^eiten ein. @in ^anbat be^ 
Äammcrgerid^tg h)ieö bie ©tabt an, bie aufgetriebenen 33ürgermetfter 
unb atte SRat^gglieber, bie fid^ feitbem entfernt l^atten, toiebereinju- 
fe^en. Stn unb für fid^ l^ätte bie« SBanbat tool^I nod^ nid^tg mU 
fd^teben. äCber e^ ff)rad^ eine f^orberung an^, bie ftd^ je^t aud^ in 
faft allen anbem nieberbeutfd^en ©täbten geltenb gemad^t l^atte unb 
t)on benfelben unterftü^t tourbe. STuf einem $anfetag im 3uK «nb 
aiuguft 1536 tourben t)on aHcn Seiten Sitten unb ftürmifd^e SSe^ 
fd^toerben gegen Sübedf erl^oben, fotool^I toegen ber ®clt)altfamfeit, 
mit ber e^ feine Stnfjjrüc^e aud^ gegen bie Sunbeögenoffen l^atte 
burd^fe^en tDoEen, al^ gegett fein unorbentlid^eiS Stegiment. 3)ie 
meiften Stimmen, einen 2lrti!el be§ SRanbatig bal^in auölegenb , for« 
berten einen Slüdftritt ber burd^ bie bemofratifd^e Selüegung tn'ben 
Satl^ eingebrungenen SWitglieber; l^ierauf, am 15. Sluguft 1535, 
h)arb bie fd^on burd^ il^re Unfälle bereite erfd^ütterte ©emeinbe ju= 
fammengerufen unb baö fammergerid^tlid^e SKanbat il^r t)orgeIegt. 
SBol^l nid^t ol^ne älbftd^t l^atte man l^iegu ben älugenblidf getväl^It, 
in toeld^em SBuUentoeber auf einer ©ef^äftöreife nad^ 3Dledflenburg 
begriffen tpar. 3)ie (Semeinbe überjeugte fid^ su^tft, ba^ in bem 
HWanbat nid^t bon ber ^erftellung ber alten Äird^enformen bie 
3lebe fei; l^ierauf erflärte fie fid^ bereit, bcmfelben ?JoIge ju leiften 
unb alle Sieucrungen in ioeltlid^en Singen abjuftellen. Sei ber 
näd^ften SRatl^öfi^ung erl^ob fid^ ©eorg bon §öbelen, ben man UJiber 
feinen SBitten jum Sürgcrmeifter gemad^t l^atte, unb fe^te fid^ an 
feine alte ©teile unter ben 3tatl^öl^erren. 3)ie bon ber ©emeinbe 
eingefe^ten SRatl^öl^erren fallen ein, ba^ aud^ fie unter biefen Umftän^ 
ben fid^ nid^t bel^au})ten würben: fie berlie^en ben Statl^i^ftul^l unb 
berjid^teten auf il^re SEBürbe. SBie fel^r erftaunte Sffiullenlbeber . al^ 
er gurüdfam unb biefe burd^greifenbe SSeränberung gefd^el^en fanb! 
©d^on länger befa^ er bie (Sunft ber ©emeinbe, bie xfjn frül^er ge= 
l^oben, nid^t mel^r: fein 3Serfud^, fie toieber ju erh>erben, l^ätte il^m 
5ßu^en fd^affen fönnen : aud^ er mu^te abbanfen. 3Son ben SBürgern 
jurüdEgerufen, bon 150 alten ^reunben unb ben ©efanbten bon 6öln 
unb SSremen eingel^olt — benn eben in Sübedf felbft hjar bie §anfe 
beifammen — feierte SRicolau^ Srömfe ^urüdf^). ©in Stece^ toarb 

1) SBcrffer ©cfd^id^tc i)on ?übe(f, au3 -Ü^cintar Äod unb ÜamBert bon 
2)oIen, n, 91—95. 



430 ^td)ßUe ^ndf. Bcl^ntc« (SapiteL 

gemad^t^ Iraft beffen bie £el^re be^ Sbangeltumd hdU^altm, ahtt 
m<S) ber Statl^ in feine alten ®ered^tfame toiebet l^ergefteQt tDetben 
foQte. 2)a^ lutl^erifd^e $rinci^, ba^S ftd^ mit einer Umgeftoltung ber 
geiftlid^en 93erl^ältnif[e begnügte, bie tt)e(tlid^en aber^ fo toeit e^ 
irgenb mSglid^ toax, befleißen lie^, bel^ielt auf bie £e|t aud^ l^ier 
ben $Ia$. 

@^ liegt am Sage, ba^ ftd^ mn !eine eifrige ^ortfe^ung be^ 
bänifd^en Äriegeig Leiter ertoarten lie^. 2)er Sergefal^rer ®ert Äorb- 
mad^er, ber nod^ einer Untemel^mung nad^ bem @unb beib>ol^nte, 
berid^et mit Unmutig, tpie h)enig ®mft babei betDiefen h?orben. 

äSie fd^Ied^t aber aud^ immer , fo ging ber Krieg bod^ fort; 
jutoeilen inüt)ften fid^ fogar neue, n)eitaU]Sfel^enbe $Iäne baran. 

SQienn man ba^ SSeri^ör äSuQentoeber^ lieft, fo foKte man für 
unleugbar l^alten, ia% er f eiber nod^ einmal baran gebadet l^abe, 
feine @ad^e toieberaufjunel^men. @^ ftanben bamal^ einige Raufen 
Sanböftted^te unter bem Dberften Uebeladfer, im 3?amen beö ©rafen 
bon DIbenburg jufammengebrad^t, im Sanbe fabeln. 3« bencn 
mad^te fid^ 3BuIIentoeber auf ben 393eg. 3n feinem SSerl^ör i^at er 
au^gefagt, feine äbfid^t fei getoefen, biefe %xuppm bei Soi^enburg 
über bie ßlbe unb unbertoeilt öor bie ^an^xn bon Sübed ju fül^ren: 
feine Slnl^änger toürben il^m ia§ 5Ko]^Ientl^or eröffnet, er toürbe ben 
Stati^ gefttirjt unb baö entfd^iebenfte bemolratifd^e ^Regiment, ja bie 
SQBiebertaufe eingerid^tet l^aben. ©d^on in bem 3Serl^ör erfc^einen 
jebod^ biefe 5ßläne ate nod^ nid^t böttig gereifte ©ebanlen*): bor 
feinem 2obe l^at fie Sßäullentoeber boHenb^ abgeleugnet: namentlid^ 
l^at er alle ^jerfönlid^en änfd^ulbigungen bon SKittoiffenf d^af t , toeld^e 
man if)m abgejjre^t i^atte, jurüdfgenommen. 6^8 ift fd^toer, ein 8e^ 
tenntni^ ju bertoerfen, ba^ bod^ in feinem h)efent{id^en Xl^eil ol^ne 
bie Dual ber Tortur abgelegt n>orben, aber gan} unmöglid^ ift e^, 
fx^ auf eine 2lugfage ju grünben, bie ber 2lngef tagte im 9Komente 
feinet S^obe« toiberrufen l^at. Unb fo mag bie Slealität biefer 
^läne, an toeld^e man jebod^ bamate toeit unb breit geglaubt l^at*), * 
auf immer bal^ingeftettt bleiben, ©ie fonnten leinen anbem 6rfoIg 
l^aben, aK ben, toeld^en fie ioirllid^ l^atten. SBBuHenloeber geriet!^, 
toobor er getoamt toorben, auf ber Sfleife in bie ©etoalt eines feiner 
bitterften geinbe, beS Srjbifd^ofö bon Sremen, ber il^n, ioeil er aö 

1) Wctihi 31 fagt er: „fte l^aBen bte ^anbtung bed ^tbbertaufd ntt 
Qtnilidf befci^Ioffen, fonber eind tüüxht ha$ anbre tocl gebracht l^aben''. 

2) «crid^t ou« ?übcd bei Sai^ m, 469» 



^udgang SuHenme^erd. ' 431 

ein geiftKd^et $crr feine $&nbe nid^t mit 33Iut befubeln tooHte, 
feinem ©ruber, bem §erjog ^cinrid^ bon Sraunfd^lüeig , überliejj. 
2)a eben toarb 3Buttentoeber jenem 35erl^ör unterworfen^), öon S)änes 
marl unb Sübed jugleici^ axiQdlaQt, unb toeil er nid^t oQe^ ableug^ 
nete, toaö man il^m t)ortoarf, in ben formen beö alten beutfd^en 
9led^te^ gum Xobe berurtl^eilt. ^a^ el^rlid^e Sanb fanb bag red^t, 
„ba^ er nid^t ungeftraft bürfe getl^an l^aben, toa§ er getl^an". 6r 
h)arb entl^au^tet unb bann get)iert^eilt. 

SBuüentoeber fteHt red^t eigentlid^ ben öertoegencn (Seift in pd^ 
bar, ber fid^ in ben beutfd^en SSürgerf^aften jeneg ^af)x^^^cni^ regte. 
Er l^atte angefangen, toie fo Diele anbere SSottöfül^rer in anbem 
Stäbten; baig iaient, eine leidet angeregte Sürgerfd^aft nad^ feinem 
Sinne ju lenlen, unb bie natürlid^e Kraft beö ^)oIitifd^=reIigiöfen 
Sntereffeö trug il^n bi^ auf eine Stette emj)or, too er fid^ bermeffen 
Tjurfte, felbftänbig unter bie 3Wäd^te ber SBJelt einzugreifen. 3toäf 
einmal rief er ben ©eift ber alten §anfe auf, überrebete beutfd^e 
dürften gu feinen Kriegen, trat mit fremben Königen in SSünbni^. 
Semofratifd^e, religiöfe, mercantile unb rein=^3oUtifd^e 3Wotiöe burd^s 
brangen fid^ in if)m: er badete baö reformirte Sübed! ^um Dberl^au^t 
beg bemofratifd^m SlorbenS ju mad^en, er felbft toäre an ba^ Siuber 
biefer umgeftalteten SEBeJt getreten, allein biei§ Si^^ gerabeaug ^u 
Verfolgen, toar er unb toar feine ßommune bei toeitem ju fd^toad^. 
5lur einen Keinen S^l^eil beg alten ©täbtetjereinö bermod^te er mit 
ftd^ fortzureiten; inbem er-fid^ anbere Serbünbete fud^te, loar er ge- 
nötl^igt, ba§ SBerfd^iebenartigfte ju combiniren, SWittel anjutoenben, 
bie feinem 3^^*^ bod^ aud^ juiüiberliefen, tomn e§ auf bem eineil 
Sßege mißlang, einen anberen, oft cntgegengefe^ten, einguf dalagen. 
©eine Untemel^mungen finb ein meteorartigcö 2lufflammen beö alten 
maritimen ©täbtefriegeS ; bie beutfd^e ©efd^td^te toirb babei immer 

1) ^n Sicgfntanng (S^roni! iji eine '^aä)xici}t über feine (efete SlnHagc 
unb §inrid^tung, mit ein ^aar ©riefen au8 feinem ©efängniß, abgebrucft. 
®onbctbarer SBeife i|i berge j!a(t bie @ntf d^ulbtgung , aber nid^t bie 2ln!(agc 
Befannt gettorben. 2)iefe ifl in bem SSerlSiöre enthalten, ba« id^ im Seimar, 
5lrc^. unter ben SÖoIfenbüttelfd^en $a^icrcn fanb, unb baö mir im ©angen 
bed^ fel^r ertoünfc^t unb nütjlid^ getocfen i|!. iRur einige njenigc fünfte, unb 
eBen bie jtocifel^aftcflen l^at SEButtcniceber unter ber $cin ber S^ortur be!annt. 
3)agcgen ifl i>iete8 anbere ol^ne unmittelbaren ©epg auf bie ^eintid^e 3(nttage, 
mcl^r l^ifiorifd^er S^latur, unb eö tt)irb §ie unb ba burd^ njeniger gctoürbigte 
Stellen ber d^ronijlen ober i)ergeffenc 2)ocumente auffallenb beflättgt @« 
^crjiel^t fiäf öon felbft, baß id^ nid^t« angenommen, n?a8 SuIIcntoeber öor 
feinem 2:obe toieber geleugnet l^at. 



432 ©ed^ötce Sdn^. Sehnte« (S^apittl 

mit Icbenbiger 2^l^ci[nal^me berlücilen, aber ba^ ®e))r58c be^ ®eniu§ 
tragen fte nid^t. @!g fel^Ite iJ^tn an SKä^igung, SSorftc^t, gebiegener 
©runblage; feine ©etoanbtl^eit ntad^t ben ©inbrucf ber Unjutjcr- 
läfftgfeit; er ift ein Talent, aber fein ßl^arafter. 3Rit feinen toelt- 
untfaffenben planen ftie^ er auf untibertoinblid^en SBiberftanb; bie 
3?ieberlagen, toefd^e bie SDemoIratie überall erlitt, toirften aud^ auf 
feine SSaterftabt ein: fo berlor er ben S3oben unter feinen gü^en: 
er geriet!^ feinen ^einben in bie ^änbe. 3)a er ben Storben nid^t 
erobern fonnte, fo gefd^al^ il^m, ba^ er auf bem ©d^affot umlam. 

®g ift überl^aujjt eine merliüürbige ©eneration, bie loir l^ier 
in ÄamJ)f bertüidfelt finben. Äül^ne Demagogen, bie fic^ f eiber ein* 
gefegt, unb jäl^c $|8atricier, bie il^re ©ad^e feinen 3lugenblidf auf- 
geben: dürften unb Ferren, bie ben Ärieg im Äriege fud^en; anberc 
bagegen, tüeld^e ün fel^r beftimmte^ S^^l feft in^ 9luge f äffen unb 
mit bel^arrlid^em Gntfd^Iu^ Verfolgen: atteö fräftige, getoaltfame, ein* 
allgemeine^ S^terefje mit bem befonbern SSortl^eil berfnüjjfenbe, l^od^- 
ftrebenbe Staturen. Siüifd^en il^nen, feinem anbern an gäl^igfeitcn 
nad^ftel^enb, ber alte Äönig, bem t)on SRed^titoegen bag 3Keifte Don 
bem gel^örte, Vorüber fie fid^ ftreiten, beffen SRame nod^ jutoeilen h)ie 
ein ©d^Iad^truf im ©etümmel erfd^attt, ber aber bie ©ünben feiner 
Qugenb in eitlem eloigen ©efängnt^ hü^t 2)er ©ieg toirft ftd^ 
immer bal^in, loo bie meifte Äraft ift. ^ier fbnnten il^n toeber bie- 
jenigen batjontragen, toeld^e il^re Sad^e bod^ nid^t burd^aug felBer 
öerf ödsten, nod^ aud^ bie, toeld^e fid^ an Seftrebungen angefd^Ioffen, 
bie il^nen fremb ioaren: ber ©ieg loarb bem jum Äönig ernannten 
^erjog ^u 3^l^eil, ber mit aller Slnftrengung für fid^ f eiber fod^t, 
unb ber burd^ feine 5ßoIitif mit bem Seftel^enben unb ber aSergangen^ 
l^eit, burd^ feine Steligion mit bem g^ortfd^ritt unb ber":3ulw^ft ö^^-' 
bünbet tt)ar. Sitte Umtriebe auStoartiger SKäd^te fd^eiterten. 6r bor 
atten l^at bie Bereinigung öon ^olftein, ©d^Ieöhjig unb 2)anemar! 
geftiftet. 3"^ ^<if)xt 1536 nal^m ßl^riftian III — toir hjerben no^ 
feigen, unter lt)eld^en Kombinationen — feine ^au|)tftabt ein unb be- 
l^ielt ben 5ßla^. 

2lbfe]^enb aber Ijon ben 5PerfönIid^feiten, barf man aud^ lool^I 
fagen, ba^ ia§ Unternel^men bon Sübedf nid^t mel^r an ber 3^^ 
toar. ^mt großen ©emeinfd^aften, loeld^e im SKittelalter atte Staa- 
ten burd^brangen unb berbanben, beren ©inrid^tung gerabe ju ben 
bejeid^nenbften ßigentl^ümlid^feiten jener 5ßeriobe gel^ört, toaren je^t 
in botter Sluflöfung begriffen. Einem attumfaffenben ^riefterorben, 
einem Slittertl^um, ba§ ben gefammten abenblänbifd^en 3lbel in eine 



«ßgcmme« »cr^jältniß im 5«orben. * 433 

STrt bon ä^nft i)erBattk, gut ©eite, lonnten anä) ftäbtifd^c SBünbe 
ben 2lnfJ)rud^ mad^cn, il^re $anbcfömonot)oIten über nal^e unb ferne 
9lei(I;e augjlibel^nen. Slllein mit jenen mußten aud^ btefe fatten. 
SJaig ?JrinciJ) ber neuern ©efd^td^te jielt auf eine gegenfettige Unab- 
i^ängigfeit ber i>erfd^iebenen SSöIfer unb Sleid^e in allen JJoHtifd^en 
Sejiel^ungen. 6ö lag ein toeltJ^iftorifd^er 2Biberft)rud^ barin, ba^ 
SübedE, inbetn eg fid^ t)on ber §ierard^ie logri^, iod) bie Dberl^err- 
fd^aft feinet §anbefö btf)a\ipten tooUte, unb jhjar nid^t burd^ baö 
natürlid^e Uebergetoid^t ber S3etriebfamleit, beö 6a})itafö ober ber 
SBaare, fonbern burd^ erjtüungene ©taat^berträge. 

SKan fönnte meinen, ba^ burd^ biefe ©reigniffe ber Ginflu^ 
Deutfd^Ianbg auf ben Siorben jerftört toorben fei. 3luf bem geiftigen 
©ebiete toenigftenS fear bag nid^t ber "S^Ü: ba toarb ber beutfd^e 
Ginflu^ je^t erft lüal^rl^aft ftarf. SBer toeife nid^t, iDeld^e 3Serfuc^e 
man in frül^eren S^^l^'^l^unberten gemad^t l^at^ ba^ ß^riftentl^um bon 
3)eutfd^ranb a\i^ im tRorben einjufül^ren? ßine nähere» SBetrad^tung 
leiert jebod^, ba^ bie« bamal« bei toeitem mel^r Don Gnglanb au« 
gefd^el^en ift. 2Ba« nun Slnfd^ariu« unb beffen 9?ad^f olger nid^t toer- 
mo(^t l^atten, eine eigentl^ümfid^e religiöfe 3Serbinbung jtoifd^en Gier^ 
manien unb ben norbifd;en Sleid^en ^u ftiften, ba« gefd^al^, iüietool^I 
in einem anbem ©inne, je^t burd^. bie ^Reformation. 2)ie Sefeitis 
gung be« ©influffe« Don Sübedf fd^abete bem ^roteftanti«mu« nid^t: 
faum l^atte Gl^riftian III Äo^jenl^agen eingenommen, fo fd^ritt er jur 
Ginfül^rung ber Seigre, toie fie in S)eutf(^(anb gejjrebigt loarb, unter 
ber -Leitung beffelben Sßiltenberger 2^l^eoIogen, ber fo biele nieber^ 
beutfd^e ©ebiete reformirt l^atte, be« S)octor Sugenl^agen. Siaburd^ 
aber, ba^ biefe Seigre l^ier ebenfo rafd^ unb tief n)ie in 2)eutfd^Ianb 
SBurjel fd^fug, loarb ber engfte S^fammenl^ang be« gefammten 
geiftigen Seben« im SRorben mit bem beutfd^en begrünbet. ©eitbem 
Ij^aben l^ier unb bort, iüie ba« bie nal^e SSertoanbtfd^aft ber Stationen 
an fid^ begünftigt, in ber SRegel biefelben ©trömungen unb (5nttüidf= 
lungen ber 3been Btait gefunben. 3lud^ in bem SRorben löfte fid^ 
ba« religiöfe unb fird^Iid^e SIement Don ben eigentfid^ ))o(itifd^en SBe= 
ftrebungen ab: feine SBirfung toar nur in ben geiftigen ^Regionen. 

SBir l^aben baffelbe SRoment in aUm 6reigniffen biefer legten 
S^^re toal^rgenommen. 

ätoingli, ber mit ber Steinigung ber Seigre jugleid^ eine Um. 
bilbung be« ©d^toeijer-Sunbe« beabfid^tigte, über^auj)t bie bemofra^ 
tifd^en Sbeen beförberte, fear gefatten; fein ))oIitifd^e« Unternel^men 
^ar mißlungen; in feinen legten 2^agen, bielleid^t SlugenblidEen, fonnte 

». manU'9 ©ct!c. »I. 28 



434 * @cci^«tc8 ^üäf. Schute« Ca^itcL 

«r fid^ nur nod^ ber Swlfwnft ber Äird^e köfteit SDa^ tüicbettäu- 
ferifd^c SIreibcn, ba^ eine fo bottfommene Umgeftaltung ber SEBelt in 
aiu^fid^t naffta, toar erbrüdt, in 3)eutfci^Ianb Demid^tet Worben. 3tud^ 
jene allgemeine S3en)egung ber mittleren klaffen in ben J^anbeltrei- 
Jbenben ©täbten, beren iüir gule^t gebadeten unb bie l^ic unb ba mit 
ben SBiebertäufem in 3Serbinbung geriet!^, erreid^te il^r 3*^^ wd^t, 
unb mu^te ftd^ nunmel^r berul^igen. @$ \oav, aU tonne bad reli- 
giöfe ^Princi}), baS fid^ in feiner eigentl^ümlid^en Äraft eri^oben, üBer= 
f)a\ipt feine fo nal^e SSerbinbung mit toeitau^fel^enben !|)olitifd^en Se^ 
ftrebungen bulben. 

3n bem SEBunfd^e, bie Seigre bor alten SKu^Iegungen, bie auf 
biefe abtoeid^enben S3al^nen fül^ren UnnUn, ju betoal^ren, liegt ber 
(Srunb ber ©nfül^tung ber f^mbolifd^en 93üd^er bei ben ^JJroteftanten. 
Um ftd& bor ber gort|)flan3ung anabajJtiftifd^er SReinungen fidler ju 
ftetten, erfannten bie jIBittenberger Seigrer bie Sefd^Iüffe ber alten 
Äird^entjerfammlungen, in toeld^en bie 2)ogmen bon ber Sreieinigfcit 
unb ben beiben ^atnxzn in ßl^rifto urf^rtinglic^ feftgeftellt toorben, 
auf^ neue feierlid^ an, tt)ie fte ba§ fd^on in ber 3luggburger 6om 
feffion auggefjjrod^cn l^atten. ©ie l^ielten für notl^toenbig, fbtt)ol^I bei 
ben tl^eologifd^en Promotionen an ber Uniberfität, alö bei ben 2lm 
fteffungen in ber Äird^e auf biefe Seigren ju i)erJ)fKd^ten ^). - 

SRid^t alö l^ätten fie namentlid^ bie 6onf efpon für eine auf alle 
3eit aufgeftettte 5Worm erüären tootten. ^n ben Unterl^anblungen, 
tüeld^e im Qai^re 1535 mit ®nglanb gej)flogen iporben, l^at man 
auöbrüdflid^ ben gaU für möglid^ erflärt, ba^ man in 3l})ologie unb 
ßonfeffion nad^ Sottet SBort cttt)a§ ju berbeffem finben lörnite^). 
Slud^ läfet fid^, toenn man ba« Serl^ältni^ ju ben ©d^toeigem inö 
2Iüge fa|t, nid^t in Slbrebe fteffen, ba^ bie Seigre felbft nod^ in U- 
benbiger ?jortbiIbung begriffen toar. ^n ber SSerbinbung, in toeld^e 

1) Statuta collegii facultatis theologicae bei görflcmann über de- 
canorum p. 152: Volumus puram evangelii doctrinam, consentaneam con- 
fessioni quam Augustae — exhibuimus, — pie proponi; — severissime 
etiam proliibemus spargi haereses damnatas in synodis Nicena, Constan- 
tinopolitana , Ephfesina et Chalcedonensi. Nam harum synodorum de- 
cretis de explicatione doctrinae, de deo patre, filio et spiritu sancto et 
de duabus naturis in Christo, nato ex virgine Maria, assentimur eaque 
judicamus in scriptis apostolicis certo tradita esse. 

2) Petitio illustrissimorum principum data legatis ser"*'**' regiae 
dignitatis 25. Dec. 1535. 3)er Äönig fott ijevfvrcd^cn, fid^ mä) (Sonfcffion 
unb 3l^oIogic gu richten : nisi forte quaedam — ex verbo dei merito corri- 
genda aut mutanda videbuntur. — 



@<^tu6. 435 

• 

t)ie Sad^fen mit ben OBetlSnbem getreten, ol^ne ba^ biefe. Bei aQer 
ätnnol^erung, ftd^ bod^ ganj angefd^Ioffen l^ätten, lag fd^on eine @in« 
imtfung il^red bogmatifd^en Segriff ed auf ben fad^ftfd^en: balb toerben 
tt)tr feigen, h)ie emftlic^ man nad^ bem QxtU einer boQftänbigen SSer« 
etnbarung ftrebte. 

3)em Seif^iele bon Sad^fen aber folgten gar balb bie nieber^ 
beutfd^en ©täbte. 3m 3l})ril 1535 l^ielten bie 5ßrebiger Don Sremen, 
-Hamburg, Sübedf, Sloftodf, Stralfunb unb Süneburg einen ßonbent, 
toorin fie befd^Ioffen, ba^ in S^Iw^^ft 3?iemanb jur ^Prebigt jugc* 
laffen toerben fottte, ber fid^ nid^t auf bie gefunbe Seigre üerj)flid^te, 
toeld^e in ber ßonfefpon unb ber 2lj>oIogie entl^alten fei. SRur fo 
weinten fte fid^ ber SQäiebertäufer unb anberer Äe^er ertoel^ren gu 
fönnen, toeldje fonft in ©taat unb Äird^e alle« in SSertoirrung fe^en 
iDürben *). 

Unb ent^pxaä) bie« nid^t in ber %f)at bem 5ßrinci|)e, Don bem 
bie ganje ä3eh)egung ausgegangen? 

S)ie ^ßroteftanten badeten nid^t baran, ber 9BeIt neue ®efe|e. 
t)or}ufd^reiben; man tüoEte bie ®runblagen be« einmal gebilbeten 
^)oIitifd^en unb bürgerlid^en £thm^ nid^t erfd^üttern: il^r ©inn ging 
nur bal^in, fid^ Don einer einfeitigen, Dertoeltlid^ten, unb bod^ eine 
unbebingte unb göttlid^e 3lutorität in 2[nfJ)rud^ nel^menben §ierard^ie 
ju emanci^iren. 

Sn biefem Unternel^men toaren nun bie gro^artigften ^ort« 
fd^ritte gemad^t ioorben: jebod^ tüar e« nod^ lange nid^t burd^gefül^rt. 
®« gab gegenüber nod^ mäd^tige Äräfte, toeld^e fid^ jeber 2!rennung 
entgcgenfe^en mußten: toir toerben nod^ Don emften Mmpfen unb 
mannid^faltigem ©d^toanlen ber ©ntfd^eibungen ju berid^ten l^aben. 

1) Bericht Don ctlid^cr großen ©cmeincn ^^rebigcr Untcrrebutig , in 
^d^rbbcrö ©öangelifd^em SWccflcnburg I, 301: „qui velut obliti humani no- 
minis omnia sursum ac deorsum miscent tarn in republica quam in causa 

christianae religionis ne dissimulatione malum irrepat atque ma- 

gistratus auctoritas labefactetur." — 



2)r«<I Don Sf. 81. »Totf^oue in «eipjtg.