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ci
ot, Pd
Oeſterreichs Handel
dlteren Zeiten.
Vor
Sranzgurz,)
regul. Chorherrn und Pfarrer gu St. Florian:
Lin z, A
ben Cajetan HSasglingier
1822.
tuto
——
Ate GT
VYorerinnerung.
Die Uiberzeugung, Daf ſich viel leichter je-
mand zur Ausarbeitung ciner Geſchichte der
Negenten unſers Vaterlandes, alg der Dar
ftellung des inneren Zuſtandes und der zuneh—
menden Cultur Deffelben entſchließen merde,
bat mid bewogen, meine hiſtoriſchen Beſchäf—
tiguingen cine längere Zeit bindurd ganz allein
der letzteren zu widmen. Ich Babe mir wahrlich
den mühevollſten Theil unſerer vaterländiſchen
Geſchichte erwählet, denn vergeblich ſucht man
da Vorarbeiten; ſogar an den unentbehrlich—
ſten Quellen erſcheinet allenthalben ein großer
Mangel. Hätte ich nicht ſeit einer langen Nei
he von Jahren in Städten, Märkten und
Schlöſſern noch unbekannte Urkunden aufge—
ſucht, ſo wäre ich nicht im Stande geweſen
den Verſuch zu wagen, je einmahl den Anfang
zu einer ſo nothwendigen und nützlichen Unter—
nehmung gu machen.
Ich beginne Oeſterreichs Culturgeſchichte
mit der Darſtellung des — wohl wiſ⸗
— —
IV Vorerinneruna.
fend, Daf von Diefem allein die Ausbildung
cines Volkes nicht abbange. ber dDort, mo
der Handel blüht, merden ſich bald mande
Künſte und Wiſſenſchaften, Bekanntſchaft und
freundſchaftliche Verbindungen mit dem Aus—
lande, cine gemächlichere und feinere Lebeus—
weiſe, und noch viele andere heilſame Verän—
derungen als ſeine Gefährten einfinden. Der
Geiſt einer handelnden Nation ſchwingt ſich
ſchnell und raſch empor, während cin ſtumpf⸗
ſinniges Volk, das ſich alles Nöthige von
Fremden herbeybringen laͤßt, immer in tiefere
Armuth und Traͤgheit verſinkt. Ohne Kennt⸗
niſſe und Kunſtfertigkeiten verlebt es in roher
Unwiſſenheit wie die Thiere des Feldes ſeine
Tage, bis es zuletzt deg liftigen Negra
Beute wird.
Die gegenwärtige Darffetlung des Defter: i
reichifchen Handels ſehe man al$ cine Vorar⸗
beit an, welcher nod gar vieles an der nothi:
gen Volftandigfeit mangelt. Möge ſich der
felben ein Anderer bedienen, dem noch meh—
rere Hulfsmittel als mir zu Gebothe ſtehen.
Wie viele urkundliche Schätze, die mir unbe-
kannt geblieben find; mögen ſich in der Reſi⸗
denzſtadt Wien und im ganzen Lande unter der
Enus noch vorfinden! Meine Lage geſtattete
mir es nicht, dieſelben aufzuſuchen und zu be⸗
nützen. Dagegen wird es Den ſpäteren Lieb—
Vorerinnerung. Vv
habern der Geſchichte fhwerlih gelingen, im
Lande: ob der Enns cine bedeutende Nachleſe
von alten Urfunden, die meiner Sammlung
nicht ſchon einverleibt waren, balten gu können.
Zur höchſten Beglaubigung Der gegenwär—⸗
tigeu Handelsgeſchichte zeige ich meinen Leſern
die vorzüglicheren Quellen an, auf welchen
dieſelbe beruht. Sie ſind theils Originalur—
kunden, theils Urkundenſammlungen, die ſich
in ſogenanuten Gedentbudhern dev Stadte und
ten, deuen alte Privilegien in i
bſchriften bepliegen. Auch in alten Urbarien
baben ſich manche merkwürdige Notizen erhal—⸗
ten, Die zur Geſchichte des Handels und zur
Culturgeſchichte des Landes Oeſterreich liber:
haupt erwünſchte Aufſchlüſſe geben. In unſern
inländiſchen Chroniken erſcheinen Handelsnach—
richten äußerſt ſparſam und ungenügend, wo—⸗
von die Folge iſt, daß ſich der Geſchichtſchrei—
ber des Oeſterreichiſchen Handels vorerſt ent—
ſchließen muß, das Geſchäft eines Quellen—
ſammlers zu übernehmen, bevor er ſich an die
Geſchichte ſelbſt wagen darf. Es gewährt mir
ein hohes Vergnügen, die Nahmen derjenigen
dankbar zu nennen, welche durch bereitwillige
Deffnung ihrer Archive und Mittheilung alter
Handſchriften mein Unternehmen ungemein be:
fördert und mich in den Stand geſetzt haben,
7
VI Vorerinnerung
cine Handelsgeſchichte Oeſterreichs gu verſu—
chen. | —
Der Hoch- und Wohlgeborne Herr Hein—
rich Graf von Starhemberg, Beſitzer der
Herrſchaften Wildberg, Lobenſtein, Riedeck
rc. ꝛc., Der mir in früheren Jahren mit zuvor—
kommender Gute zur Geſchichte der Baueru—
kriege und Oeſterreichs unter K. Friedrich dem
Vierten ſchon ſehr viele Urkunden mitgetheilet
bat, iſt auch jetzt wieder cin hülfreicher Gön—
ner meiner neuen hiſtoriſchen Unterſuchungen
über Den Handel unſers Vaterlandes gewor—
Den. Gu ſeinem reichen Archiv zu Riedeck were
Den viele Foliobände aufbewahret, in denen
ſich Abſchriften von Privilegien der Städte,
Märkte, Herrſchaften und ihrer Landgerichte,
der bürgerlichen Innungen, und unzählige
Proceßacten über verſchiedene Gegenſtände be—
finden. Die meiſten dieſer dicken Bände wur—
den im ſechzehnten und ſiebzehnten Jahrhundert
auf. Veranſtaltung der berühmten Familien—
häupter des Starhembergiſchen Geſchlechtes
zuſammengeſchrieben zur Belehrung der Mit:
glieder deffelben und ibrer Beamten, Ich ba:
be cinige noch) vorbandene Originale mit die:
ſen Abſchriften verglichen, und lebtere im Gan
gen genau befunden, nur ift die Orthoaraphie
Des Original8, mie Dief ben ſpäteren Abſchrif⸗
ten beynahe immer, fogar aud in Veftati:
Vorerinneruna. VU
guugsdiplomen der Landesfiirften und RKaifer
Der Fall ift, in Die damahls übliche abgeän—
dert worden. Diefe merkwürdige Urkunden
ſammlung ſchränkt ſich aber beynahe ausſchlie—
ßend nur auf Oberöſterreich ein. Um auch von
Unteröſterreich bisher noch unbekannte Notizen
an das Tageslicht hervorbringen zu können,
mußten andere Quellen aufgeſucht werden.
Ein gutes Schickſal führte mich in das Stift
Seitenſtetten, das unter der Leitung des hoch⸗
miirdigften Abtes Columban feit wenigen Fab
ren in wiſſenſchaftlicher Hinſicht cine ganz neue,
höchſt erfreuliche Geſtalt bekommen hat. In
der dortigen ſehr reichhaltigen Bibliothek mach—
ten mid meine verehrten Freunde: der vor:
mahlige Bibliothekar , Herr Wolfgang Mit:
ter, jebt Pfarrer in Aſpach; und der jebige
Ardivar, Herr Pius Pfeiffer auf zwey
Handſchriften aufmerkſam, die einen köſtlichen
Schatz für die Culturgeſchichte Oeſterreichs
enthalten. Zwey ziemlich dicke Bände, in klei—
nerem Folio auf Papier zu Ende des fünfzehn⸗
ten Jahrhunderts in Wien geſchrieben, ent:
halten den Schwabenſpiegel, einſtens Die Richt⸗
ſchnur der Gerechtigkeitspflege i in Oeſterreich,
viele Geſetze und Privilegien unſerer Landes:
fürſten, Verordnungen des Magiſtrates in
Wien, Verträge mit auswärtigen Fürſten
und Städten, Zollverordnungen und Beleh—
VII Vorerinnerunga.
vungen über den damabligen Münzfuß, über
Mafe und Gewichte. Gie gleiden vollfommen
Den zwey Handſchriften in der Vibliothef des
Freyherrn von Prandau, ang welchen uns der
gelehrte Adrian Rauch, mein unvergeßlicher
Freund, ſo viel Merkwürdiges mitgetheilet
hat *). Mehrere Urkunden davon enthalten
auch, nur mit veränderter Orthographie , die
benden Handſchriften von Seitenſtetten, zu:
gleid aber and noch viel Unbefanntes. us
mebreren Stellen geht bervor, daß diefe koſt—
\ bare Sammlung fiir cine Magiftratsperfon in
Wien ift.verfaft worden. Mit der größten Be-
teitmwilligfeit erlaubte mir der hochwürdigſte
Herr Abt Die uneingeſchränkte Benützung die
fer ſchätzbaren Sammlung, und bende Folio:
bande wurden mir nad St. Florian nachge—
ſchickt, wo id alles noch Unbefannte zu mei
nem Gebrand abſchrieb. Die gegenmirtige
Handelsgefhichte verdantt diefer giitigen Mit
theilung febt viel, und and) die folgenden Bäu—
de liber Defterreihs Culturgeſchichte werden
ihr noch manchen Bentrag verdanfen.
Wenn vom Reichthum an Originalurkun⸗
Den Die Rede iſt, fo gebührt vor allen Stad:
ten und Marften Oberöſterreichs der Stadt
*) Rauch, Scriptores, T.III. p. 1. Hos binos Codices
Jurium medii aevi Auftriacoràm promptuarium ap-
pelles, etc.
f
Vorerinnerung IX
Enns unſtreitig der Vorzug. Privilegien ang
den Zeiten der Steyriſchen Ottokare haben ſich
nicht erhalten; aber vom Jahre 1212 angefan⸗
gen finden ſich alle Urkunden, nur ſehr weni—
ge unbedeutende ausgenommen, im Originale
noch vor. Das Mangelnde bat uns cin Urkun⸗
den: oder Stadtbuch anfbemabret, das ein
dortiger Rathsherr ju Ende des vierzebnten
Jahrhunderts verfaft Bat *). Was die VBor=
fabren mit lobenswerther Sorgfalt gum Ge-
branch ihrer Enfel und zur Erbaltuna der wich⸗
tigen Vorredte dieſer Stadtgemeinde an Ur—
Funden erbalten baben, theilten mir die benden —
auf: einander folgenden Viirgermeifter : die
Herren Joſeph Reitter und Johann Rain,
mit großer Freygebigkeit wohlgefällig mit,
und trugen dadurch vieles zur Ergänzung der
vaterländiſchen Geſchichte bey. Dieſe reichhal⸗
tige und zugleich höchſt reine Quelle habe ich
in meinen Geſchichtbüchern ſchon oft benützt );
*) Diefes Urfundenbud, auf Pergament geſchrieben, ſagt
am Ende Folgendes aus: „Daz Pued dat geſchriben
Hanns von Munfpad Petreins des Herifinger Aidem
ae Enns di geit Uiner Des Nati Dafelbs durò aller meie
mer Herren pett millen Anno MCCCLXXXXVII in
der vaften gott laſſ fein fell'im Simmel bei im raften
ſprecht all Amen liebm Herren durch got: 4 — Die Ure
funden deg funfzefnten und ſechzehnten Jahrhunderts
baben fpatere Schreiber diefer Sammiung einverfeibt.
**) Defterreih unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht; un:
ter HD: Rudolph dem Vierten; unter Kaiſer Friedrich
bem Vierten, u. f. w. Ginige Urfunden, Die id dem
x Borerinnerung.
ſie bat mir and ben der gegenwärtigen Han⸗
delsgeſchichte ganz vorzügliche Dienſte geleiftet.
Die Stadt Wels hat faſt alle Originale
der alten Urkunden durch Unglücksfälle, vor—
züglich in den Bauernkriegen verloren. Ein
prächtiges Diplom, welches K. Rudolph der
Zweyte den dortigen Bürgern am 27. März
1582 verliehen hat, hält uns dafür größten-
theils ſchadlos, denn faſt alle Urkunden von
Wels, die ſich damahls noch vorfanden, ſind
demſelben nach ihrem ganzen Inhalt einver⸗
leibt worden. Ein ſolches Beſtätigungsdiplom
heißt in der diplomatiſchen Sprache cine Pan—
charta. Unter den vom K. Rudolph beſtätigten
Urkunden iſt die älteſte vom Jahre 1128. Der
Biſchof Embrico von Würzburg ſpricht darin
Alle, welche künftig liber die Bruͤcke zu Wels
gehen, von der bisherigen Abgabe frey.
Micht fo glücklich waren die Städte Linz
und Freyſtadt, wo die Originale ebenfalls
größtentheils zu Grunde gegangen, und viel
ſpäter, erſt im ſiebzehnten Jahrhundert,
Sammlungen der damahls noch vorhandenen
Freyherrn don Hormayr aus dem Ennfer Archiv mitge—
theilet habe, hat derſelbe in ſeinem Taſchenbuch 1812
bekannt gemacht. Oben an ſteht H. Leopolds Stadtrecht
fuͤr Enns, das mit vollem Rechte im Taſchenbuch 1822
genannt wird — „ein Epoche machendes Diplom in der
Hiſtorie des Staͤdteweſens und des dritten Standes in
Oeſterreich.“
Vorerinnerung Xi
Privilegien veranſtaltet wurden. Das Archiv
von Riedeck hilft einigermaßen dieſem Mangel
ab. Eine Paucharta haben dieſe Städte nicht
aufzuweiſen. Für die Stadt Steyr hat zu
gutem Glücke Preuenhuber noch früher geſor⸗
get, als die Documente durch Bauern und an—
dere Unfälle zerſtreuet und zu Grunde gerich
tet wurden.
Die Märkte auf der Nordſeite der Donau
ſtanden den Verheerungen der wüthenden Huſ⸗
fiten, und ſpäterhin der raſenden Bauern of—
fen; vieles ging auch durch Feuersbrünſte und
Mangel an nöthiger Aufſicht verloren. Die
wenigen Uiberbleibſel habe ich ſorgfältig ge—
ſammelt, um ſie dem gänzlichen Untergange
zu entreißen und zu ſeiner Zeit davon Gebrauch
qu machen. Möchte doch recht bald Aehnliches
auch im Lande unter der Enns geſchehen! An
tauglichen Männern, die einem ſolchen hiſtori⸗
ſchen Geſchäfte gewachſen find, iſt dort wabre
lich kein Mangel. |
Sh glande nicht guirren, wenn id dafür—
alte, unferer vaterländiſchen Geſchichte durch
Die Bekanntmachung der in Den Beylagen ent:
baltenen Urfunden einen nützlichen Beytrag
geliefert zu haben. Sie Ddienen nicht nur der
gegenmartigen Handelsgeſchichte Oeſterreichs
zur Grundlage, ſondern werden auch in der
Zukunft noch dazu dienen, über manchen Ge—
xit motertaneritt \
genſtand unſerer vaterländiſchen Geſchichte di
helleres Lit zu verbreiten. Von einigen Ure
kunden haben fi nur jingere Abſchriften er:
balten, in melden die Orthographie der Ori⸗
ginale nicht mehr benbebalten war. Diefe news
erdings mieder buchſtäblich gu geben, wäre ei⸗
ne unnütze Genauigkeit. Sie erſcheinen alſo
eben ſo, wie alle jüngeren Urkunden des ſieb—
zehnten und achtzehnten Jahrhunderts, zwar
wörtlich genau, aber nach unſerer jetzigen
Rechtſchreibung.
Findet mein gegenwärtiger Verſuch Bey⸗
fall, ſo werden ihm noch mehrere Abhandlun⸗
gen liber Den innern Zuſtand Oeſterreichs wäh—
rend des Mittelalters nachfolgen, wodurch die
Culturgeſchichte dieſes Landes — se *
winnen muß.
Einleitung
Defterreid® fnipetter' Handel und älteſte Gandelagefetze.
£ ebensbedurfniffe, Hang nach größerer Bequemlich⸗
keit, Mangel an hinlänglichen Mitteln zur Selbſt—
vertheidigung oder zum Angriff der Feinde oder mil:
der Thiere; und noch mehr als dieß alles die Reitze
eines erhöhten Sinnengenuſſes, zu dem ſich eine
kindiſche Eitelkeit und Vorliebe zu einem auffallen—
den Putze geſellen: alle dieſe Dinge drängen auch
die roheſten Naturmenſchen ihre Wildniſſe zu verlaſ⸗
ſen, und entweder als Räuber oder auch als friedli—
che Nachbarn mit den eultivirteren Anwohnern in ei⸗
nigen Verkehr zu treten. Bald wird ein gegenſeiti⸗
ger Austauſch mit rohen Naturerzeugniſſen oder auch
mit Menſchen und Thieren ſich einfinden: der erſte
Schritt zu einem Handelsverkehr. Lernen ſpäterhin
ſolche ungebildete Volker den Werth des Geldes und
die Reitze eines genußvolleren Lebens kennen: ſo wer—
den ſie mehr und mehr ihre Rohheit ablegen, und
mit den benachbarten Nationen ihres eigenen Vor
theiles halber engere und freundſchaftliche Verbin⸗
dungen eingehen. Dieß war in den früheſten Zeiten
den unfern Altvordern der Fall, als ſie noch in un:
abfebbaren Wäldern wohnten. Dic Deutſchen an
den Granzen der Nömer ſchätzten fribzeitig Gold
und Silber megen des Handel8; Die weiter entferne
, 1
e I QI ,
ten Stamme blieben noch [Anger der alten Sitte ge
treu, und tauſchten Waare gegen Waare aus: ge
wiß nicht immer zu ihrem Vortheile *). co
Die Römiſchen Legionen trugen viel ben zur Ente
wilderung der befiegten Gallier und Deutſchen. Der
| Nomern verdankten dieſe robén Völker cine ausge:
bildete Sprade, und durd) diefe ibmen ganz neue
Kenntniſſe. Herrliche Tempel, geſchmackvolle Lande
häuſer und volkreiche Städte nahmen die Stelle öder
Wildniſſe und elender, aus Holz und Lehm erbauter
Hütten ein; Künſte, Wiſſenſchaften und Handel
wurden ein Eigenthum der überwundenen Nationen,
welches ſie mit ihren neuen Oberherren gemeinſchaft⸗
lich theilten, Und doch waren ſie keineswegs glück⸗
lich, denn mit Nömiſcher Bildung kamen auch Rö—
miſche Laſter nach Deutſchland: cine ſchändliche Ent:
artung der Sitten, Lift, Betrug, ſchamloſe Hab⸗
ſucht, grauſame Unterdrückung der neuen Untertha—
nen. Die freyen Deutſchen wären in den Stand der
niedrigſten Selaverey verſunken, hätten ſie ſich nicht
ermannet, die ſchmachvollen Ketten zerriſſen und die
entnervten Weichlinge aus dem Deutſchen Vaterlan⸗
de vertrieben. Zum Unglück file die Menſchheit bra:
chen aus Aſiens Steppen und den rauhen Ländern
des Nordens große Völkerſchwärme hervor, und
*) Tacitus, de moribus German. C.5. El videre apud
illos argentea vafa, legatis et principibus eorum mu-
neri data, non in alia vilitate, quam quae humo fin-
guntur: quamquam proximi ob ufum commerciorum
aurum et argentum in pretio habent, formasque quas-
dam nofirae pecuniae agnofcunt atque eligunt; inte»
riores fimplicius et antiquius permutatione mercium
‘ utuntur,' — Cap. 15, Jam et pecuniam accipere dò»
cuimus. die
nes. 3 meo
pertilgten bis auf iwenige Spuren die vorige Eultur
Deutſchlands. Städte, Palläſte und Kirchen mure
den zertrümmert, die alten Bewohner des Landes
erſchlagen, und was der Metzeley entging, verfiel
in cine unglückliche Knechtſchaft. Unſer Vaterland
Oeſterreich ward durch Heruler, Sueven, Rugier,
Longobarden, Hunnen, Avaren ſchrecklich verwüſtet,
und der Menſchen beraubt neuerdings zur Wilde
niß; es mußten aus anderen Ländern neue Anſied⸗
ler herbeygerufen werden, um die Einöde wieder
zu bevölkern.
So verderblich dieſes Drängen der wandernden
Volfer für den Handel geweſen iſt, ſo findet man
dennoch in Oeſterreich während rubiger Zwiſchen⸗
räume immer einigen Verkehr mit den anwohnenden
Nationen. Der berühmte Oſtgotiſche König Theo—
dorich erlaubte ſeinen Unterthanen im Moricum, mit
Den Alemannen einen Viehhandel zu treiben*). Nach
dem Zeugniß des Biographen des h. Severin linder—⸗
ten Rhätiſche, mit Lebensmitteln beladene Schiffe
die Hungersnoth, die in Faviana, dem heutigen
*) Cafsiodor. Variar. L. III. epift. 50. Edit J. Garetii,
- T.L p. 56. Provincialibus Noricis Theodoricus Rex. ..
‘praefentibus decernimus, ut Alemanorum boves, qui
videntur pretiofiores propter corporis grauditatem ,
ed itineris longiriquitate defecti funt, commatari vo-
bifcum liceat, minores quidem membris, fed idoneos
Ad labores; ut et illorum profectio fanioribus anima-
libus adjuvetur, et veltri agri armentis grandioribus
inftruantur. Die Afemannen fupeten alfo mit Ochſen
Tauſchwaaren ind Noricum, und fuden dort eine neue
Fracht auf. Noricum mar einftens eine Provinz von
grofem Umfang. Es laͤßt fid nicht beftimmt angeben,
ob die Verordbnung Theodorichs aud dem peutigen Des
ſterreich einen Handelsvortheil verſchafft habe.
1 *
o 4 | va
Wien, geherrſcht bat *). Die Bürger von Paffaw
bathen den heiligen Mann, ihnen bey Febanus,. Rbe
nig der Rugier, die Erlanbnif auszuwirken, mit
dem beutigen Unteröſterreich Handel treiben zu dira
fen *). Aud Jahr⸗ oder andere Marfte bat 08
unter den Rugiern gegeben, welche von vielen Mens
ſchen beſucht wurden *#*). Ja ſelbſt die rauberiz
ſchen Avaren und ihre hart bedrängten Unterthanen,
die Wenden, trieben einen Zwiſchenhandel mit Waa⸗
ren, die von Conſtantinopel kamen und Donau auf⸗
wärts verſendet wurden **). Als Carl der Große
dem Reiche der Avaren ein Ende gemacht, kehrte
in unſer Vaterland und in die benachbarten Provin⸗
gen cime längere Nube und größere Sicherheit zue
rudi, und der: fraftvolle Regent — * 4a
*)Eugipii, Vita f. Severini, apud Pez, SF. da * 67. Ra-
tes plurimae de partibus Rhaetiarum, mercibus onu:
fiae quamplurimis ... — copias fame laborait- -
tibus detulerunt,
;:2*):Lo @ p..79. Interea beatum virum cives ‘oppidi 1 mes
morati (Batiabini) fuppliciter adierunt, ut pergeret
ad Febanum Rugorum Principem,.mercandi eis li-
centiam poftulare.
**#)L. c. p.70. Cum nundinis PIPE EAT —
P. 72. Cuidam praecepit transvadare Danubium, et
hominem ignotum in nundinis quaerere barbarorum.
Velſer hielt dafiir, daf unter nundinae ein Marktflecken
au verfteben ſey; aber die erite hier angefubrte Stelle :
cum nundinis frequentibus interefset, widerſpricht diee
fer Vermuthung.
$###*) Chron. Fredegarii, ad annum cur. apud Ruinart:
Gregorii Turonenfis Opera omnia. Luteciae Parifio-
rum, 1699, p. 626. Homo quidam, nomine Samo, .
natione Francus, de pago Sennonago, plures fecum
negotiantes adfcivit ad exercendum'negotium in Scla-
vos, cognomento Winidos, perrexit, etc.
lai 5 lesi
me Verordnungen für den Handelsoerkehr ſeinen neu
erworbenen Länder )
Die verheerenden Raubzüge der Ungarn —
ten zwar in den folgenden Lu sa den Zwiſchenhan⸗
del Oeſterreichs nach dem Orient und Morden; aber
vollends unterdrücken konnten ſie ihn nicht. An die
Stelle der alten Handelsſtadt Lorch, welche in
Trümmern lag, iſt Die neue Gränzfeſtung Enns—
burg gekommen, die den Kaufleuten Schutz und
Sicherheit gewährte. Die Flüſſe Donau, Traun
und Enns begünſtigten den Waarenzug nad allen
Richtungen; die Gegenſtände des Handels nennt
uns der Folltarif È. Ludwigs des Rindes, den er
in den erften ſechs Jahren des zehnten Fabrbunderts
fefigefegt bat **). Da uns: diefe Urfunde nicht nur
von der Zeit Der Regierung Ludwigs des Rindes,
ſondern aud von nodi früheren Jahren über den
Handel Oeſterreichs erwünſchte Aufſchlüſſe gibt, ſo
lohnt es der Müůhe, ben ihr etwas Linger zu verweilen.
KR Ludwig macht fund, daß ibm Baperns Biſchö—
fe, Aebte und Grafen cine Klage liber unbillige Folle
abgaben vorgebracht haben, die man den in die öſtliche
Granzmarf Reifenden abforderte. Ludwig befahl hier⸗
auf dem Oeſterreichiſchen — Arbo, mit den
Oꝛpiralare Caroli — — — 805: Capitul. IT. c. 7. lapsa
Baluz. T.I. p.425. ‘De negotiatoribus, qui partibus
n) Sclavorum et Avarorum pergunt, quousqua procedere
“cum fuis negotiis"debeant ... Ad Ragenifburg prae-
videat Audulphus, et ad Lauriacum Warnarius. Et ut
arma et brunias non ducant ad venundaudum. ot III,
-pi431.
pa Octele, Rer. Boic. Seripesioe: TUR pi 718. — C£. Aven-
tini Annal. Bojor, Ingolltad. 1554; p. 479. — Goldafî,
Confiit. Imperi! 'T.I.p. 210. Leftere zwey Autoren haben
den Originaltert nach ihrer Weiſe verſchoͤnert.
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Richtern der. Provinz die Sade ju unterſuchen, und
fandte zu diefer Commiffion den Erzbiſchof Dietmar
von Salzburg, den Biſchof Burchard von Paſſau, und
den Grafen Otachat, melde in feinem Nabmen alle
Ungebubr der Zölle abſchaffen follten. Viele der ame
gefebenften Bemobner der Provinz murden nad Nas
felftetten *) berufen und aufgefordert, die ihnen Des
Fannte Wabrbeit eidlich auszufagen. Sie ſchworen in
Gegenmart der kaiſerlichen Abgeſandten, und befrdfs
tigten auf die Frage des Markgrafen Urbo, daf feif
den Zeiten der Könige Ludivig amd Carlmann folgende.
BZollabgaben beftanden haben: (0. RIE
Schiffe, mele den Paſſauerwald vorbey fahren,
und irgendwo anlegen, zahlen eine halbe Drachme,
das ift, einen Seoter **), und fonnen dann nach Bes
Qi
*) Ben'Defele wird diefer Ort Madfolteftetun igenannt, In
Uften, einer Filialpfarre des Stiftes St, Florian, liegt an
Der Donau daè Dorf Nafelftetten, Dort murde febr mapra
ſcheinlich die Commiffion wegen der Verbefferung der Zoll⸗
geſetze gebalten, denn es bandelte fich von den Abgaben der
Schiffe, der Kaufleute und Neifenden, die entmeder auf der
Donau oder Traun, oder auch zu Lande uͤber Linzy Ebel8
berg und Enng ſich in die oͤſtliche Grinzmarf, das if, nad
Oeſterreich unter der Enns begaben, Rafelſtetten lag ſehr
bequem zu einer ſolchen Unterſuchung. Nicht ferne dabon
vereiniget ſich die Traun mit der Donau, und auch die
Landſtraße von Linz uͤber Ebelsberg nach Enns geht in
einer geringen Entfernung vorbey. — In alten Urbarien
wird Rafelſtetten immer Raffoltzſtetten genannt, welcher
Nahme dem alten Nasfolteftetun noch aͤhnlicher klang.
#*) Obvenit pra theloneo Semidragmam, id eft;Scotil, .
Es ift cine befannte Sache, daß das Earolingifche Pfund
aus 240 Pfennigen oder 80 Drachmen beftand. Ludwigs
Zollgeſetz beſtimmt den Werth eines Scoterg auf ‘cine
balbe Drachine, alfo auf cinen ganzen und halben Pfennig.
Der Nahme Scoter fommt nod in viel ſpaͤteren Beiten vor,
bezeichnete aber dann cine ganz andere Muͤnze. Der Hoch⸗
— € SA
lieben Handel treibenì Schiffe, die bis Linʒ herab fah⸗
ven, geben vom Salze drey halbe Metzen oder drey
Scheffel; von Selaven und andern Waaren wird dort
kein Zoll bezahlet. Wer dieſe Abgabe erleget bat, kann
dann ungehindert an allen Orten bis an den Böhmer⸗
wald ſeine Waaren feil biethen. Ein Bayer zahlt von
dem Salze, das er zu ſeinem Hausbedarf mit ſich fort⸗
nimmt, keine Abgabe. Derjenige, welcher betriegeriſch
Kaufmannswaaren verſchweigt, um der: Zollabgabe
zu entgehen, verliert dieſe ſammt dem Schiffe. Bayern
und Slaven, welche Lebensmittel einhandeln, find
ſammt ihren Pferden und Ochſen zollfrey. Fuhrleute
und Saumer, die auf der Straße über die Enns ſe—
tzen, ſind frey, ſo wie auch die Schiffe, die aus dem
Traungau oder aus Bayern fommen®). Die Mährer
und Boͤhmen geben von einem Saum Wachs einen
Seoter am Werthe. Eine Sclavinn wird einem männ⸗
lichen Pferde gleich geſchätzt; man bezahlt bey der
Einfuhr derſelben einen Drittelſchilling *) ; von
einem Sclaven, und von einer, Stutte eine Sai—
ga ). Die Salzſchiffe, die vor dem: Paffauere
meiſter Winrich, der 1382 geſtorben iſt, ſchlug eine neue,
ſehr gute Muͤnze, Scoter genannt, deren zwoͤlf auf einen
Undgariſchen, acht auf einen Rheiniſchen Gulden gingen.
o. Aogebue, Preußens aͤltere Geſchichte. Th IN. E. 238. —
© Birngibl verftand'unter'Scoter einen guten Didpfennig ;
(TR cin Weftenrieders Beytraͤgen, Th. VIT.'S. 8.
—*) Defterreid) unter K. Friedrich dem Schoͤnen, S. 441, n. f.
* De'una ancilla'Tremifamia IL, de'‘caballo mafenlo fimi-
iter: Das Tremilamia iſt wohl nichts anders; als ein tre-
— mifsus oDer triens: der Dritte Theil eines Schillings.
In den Capitularien) I. V. c. 98) heißt er transmifsus ;
apud Baluz., T.I. p. g61. |
*6%) Leges Bainuariorum, uberfegt von Joh. Mederer: Ingol⸗
ſtadt 1793. Tit. IX. c. 2, ©. 149. Una faica, id et III.
ì
se 8 —
wald vorbey herabfahren, dürfen ihre Ladung nicht
früher verkaufen, als dis ſie in Eperaspurch (Ebels⸗
berg *) angelangt find. Wer mit den Mährern
Sandel treiben mill, zablt von einem Schiffe einen
Sdilling. Jüdiſche Rauflente, fie méogen woher im⸗
mer kommen, zahlen von Waaren und Selaven einen
billigen Zoll.
Der K. Ludwig, der dieſe Zollgeſehe —
und ſeine Nachfolger auf dem Deutſchen Throne
mußten alle Kräfte aufbiethen, um ihr Reich gegen
die Anfälle der ſchrecklichen Ungarn zu ſchützen. Die
öſtliche Gränzprovinz auf beyden Seiten der Donau
war ihnen ſchon zur Beute geworden; aber damit
noch nicht zufrieden, ſetzten ſie auch über den Enns—
fluß, und verbreiteten zu verſchiedenen Mahlen in
dem heutigen Oberöſterreich Tod und Verderben 1),
Der Raifer Otto reftete im Fabre 055 Die Kriegs«
ehre der — Prato auf dem * *
denarios. ehalich aber iſt Saiga eben ſo viel ale ein
Pfennig. C£. le. S. 150, et Schilteri Gloſsarium, Do
Saiga. Weitlaͤufiger bandeln von diefem Gegenftande Huͤll⸗
manné vortreffliche Werke: Deutſche Finanzgeſchichte des
Mittelalters, S. 182; u. f.; und desſelben Geſchichte des
Byzantiſchen Handels, S. 74, 0, U. f.
Ebelsberg liegt freylich nicht an der Donau, * nicht
weit von der Muͤndung der Traun in den Hauptfluß. Ein
altes Privilegium dieſer einſtens wichtigen Burg ſicherte
derſelben ein Stapelrecht zu, wodurch die auf der Donau
herabfahrenden Schiffe genoͤthiget wurden, dort anzulegen
und ihre Waaren feil zu biethen. Aehnliches finden mir in
den ſpaͤteren Jahren bey Enns. Alles Salz, das von Gmun⸗
den auf der Traun verfuͤhrt wurde, mußte von der Donau
in die Enné, Strom aufwaͤrts, gebracht, und in der Stadt
abgeleget merden. i
**) Beytraͤge zur Geſchichte des Landes Patenti ob der
Enns, Th. HI, S. 213, u. f.
Augsburg, ind zwang die bart gezüchtigten Ungarn,
ſich mit ihrem Lande zu begnügen. Die öſtliche
Gränzprovinz ward wieder hergeſtellet und eigenen
Markgrafen anvertrauet, welche mit hohem Hel
denmuthe das Land gegen Raubzüge nicht nur ver⸗
theidiget, ſondern auch die Gränzen desſelben bis
an die March und Leitha erweitert haben. Mit der
erkämpften Nuhe und Sicherheit nahm die Zahl
der Bevölkerung gu, und mit dem vermehrten Feld⸗
bau und Gewerbfleiß begann von Neuem der lange
unterbrochene Handel älterer Zeiten zum Theile mit
Oeſterreich ſelbſt, noch mehr aber der Zwiſchenhandel
durch dieſes Land mit dem Norden, Oſten und Wes
fien. sUrfunden des zwölften Sabrbunderts frellen uns
einen ſchon meit ausgebreiteten Zwiſchenhandel Oe⸗
ſterreichs dar, von welchem wir das Merkwürdi⸗
—* unſern Leſern mittheilen.
Die Stadt Enns gehörte noch zu Ende des
zwoölften Jahrhunderts gum Herzogthume Steyer⸗
mark. Sie hatte ſchon frühzeitig das Stapelrecht
und einen Jahrmarkt erhalten, auf welchem ſich
Kaufleute von Regensburg, Ulm, Coln, Aachen und
aus den Niederlanden eingefunden haben. Der
Steyriſche Markgraf Ottokar der Fünfte, der vom
Jahre 1129 bis 1164 regierte, hat ſchon die Vors
rechte des Jahrmarktes in Enns, und die Zollabga⸗
ben der fremden Kaufleute beſtimmet; ſein Sohn
Ottokat der Sechſte, der zu einem Herzog erhoben
ward, beſtätigte im Sabre 1101 die Anordnungen
ſeines Vaters, und fugte wahrſcheinlich manches
Nene hinzu 9. Der Snpalt diefer Urfunde fagt aus,
+ Scheid, Origines Guelt, T. III. praef. 30: ri Carl Theo:
dor Gemeiner, Reichsſtadt Nege nsburgiſche Ehronit. Th. L
daß H. Ottokar auf die Bitte der Regensburger ihnen
und allen übrigen ausländiſchen Kaufleuten die alten
Vorrechte erneuere, die ihnen ſein Vater früher ſchon
ertheilet hat. Dieſe beſtanden aber darin. Die Schiffe,
die am Vorabend vor Mariä Verkündigung in die
Enns kamen, durften weiter fahren; diejenigen
aber, welche ſpäter anlangten, mußten dort bis zum
Ende des Jahrmarktes verweilen, der am Montag
in Der Bittwoche anfing, und am Vorabend vor
dem Pfingſtſonntag endigte; übrigens durfte von
dieſen aufgehaltenen Schiffen keine Abgabe gefor—
dert werden. Schiffe, die mit Wein und Lebensmitteln
beladen waren, konnten bis zum Georgitag ungehin⸗
dert vorüber fahren; ſpäterhin mußten ſie anlegen
Nach Beendigung des Jahrmarktes wurden die Füh⸗
rer der dort befrachteten Schiffe von. dem Regens—
burgiſchen Hansgrafen *) und den Magiſtratsperſo⸗
nen von Enns **) um die Ladungen befragt, und
mußten von jedem Centner zwolf Pfennige Zollgebühr
erlegen, die Fracht mochte dann aus Wachs, aus
Häuten oder aus was immer für Waaren beſtehen
Wollten die Magiſtratsperſonen der Stadt den
Auüsſagen der Schiffer nicht vollen Glauben bey⸗
———
S. 280, u. f. ⸗Das Original dieſer Urkunde it im dorti⸗
gen Stadtarchiv noch vorhanden. Die Nachlaͤſſigkeit des
Urkundenſchreibers, welcher ri oo ſtatt 1191 geſchrieben
hat, ſchadet der Echtheit der Urkunde nicht, denn ihr Inhalt
wird durch andere Urfunden und hiſtoriſche Nachrichten
vollkommen beftatigeto o; © ———
*) Von der obrigkeitlichen Perſon, welche Hansgraf hieß, wird
in einem der folgenden Abſchnitte weitlaͤufiger gehandelt.
**) Die Judices der Urkunde find jene Magiſtratsperſonen
groferer Stibdte, die allgemein unter dem Nahmen der
Genannten, Nominati, vorkommen. Bon ibren Units:
geſchaften wird in der Folge Erwaͤhnung geſchehen.
— |] <«e
meſſen, fo ftand es dieſen frey, ibt Vorgeben mis
einem Eide zu befraftigon: Schiffe, welche während
der Dauer des Jahrmarktes Getreid oder Wein
herzu brachten, zahlten von einem Muth oder einem
Fuder 9 zwölf Pfennige. War der Jahrmarkt zu
Ende und der Hansgraf der Regensburger von Enns
abgereiſet, ſo zahlte ein Wagen, welcher Waaren am
Ufer ablud, pool Pfennige; und ein jeder Wagen,
der über die Brücke fubr, ſechzehn, ohne daß feine
Ladung berückſichtiget wurde. Der Kaufmann, der zu
Pferde ſeinem Laſtwagen folgte, war von aller Ubs
gabe frey; ritt er aber allein über die Brücke, ſo gab
er einen Obolus, mochte er dann was immer für eine
Waare bey ſich tragen. Für ein Saumpferd wurden
ſechs Pfennige bezahlet. Die Wagen, heißt es wei⸗
ter; welche nad Rußland gehen oder von dorther
zurückkommen, geben ſechzehn Pfennige, und dürfen
nicht aufgehalten werden **). Wagen, welche zu
Enns befrachtet werden, zahlen zwoͤlf Pfennige. Die
Regensburger dürfen um Gold und Silber ungehin⸗
dert kaufen und verkaufen. Die Kaufleute von Cöln
und Maſtrich geben dem Herzog ein Quart Wein,
zwey Pfund Pfeffer, ein Paar Schuhe und ein Paar
Handſchuhe; auf den übrigen Stationen erlegen ſie
Die Abgabe, die ſchon zur Zeit der Regierung Mark⸗
graf Ottokars des Fünften * hat. Wird die
” Modius heißt bald ein Metzen, bade ein Muth; letzteres
enthaͤlt noch heut zu Tage bey uns Drenfig Metzen. Die Ab:
gabe von zwoͤlf Pfennigen von einem modius meifet ſchon
auf ein griferes Quantum bin. Bey fluͤſſigen Dingen mach⸗
ten dreyßig Eimer ein Fu der, carrada, zwanzig einen
Dreyling.
#0) Plnnfri: in Ruziam vel'de Ruzia tendentia XVI. denarios”
perfolvant, nec retineri debent.
ac 12 eretti
gegenwärtige Ordnung uͤbertreten, fo find die Nes.
gensburger dem Herzog in eine Geldſtrafe von *
dert Pfund Silber verfallen.
Eine zweyte Urkunde erhielten die Regengburi
ger gum Vortheil ibres Handels in Oeſterreich im
Fabre 1192 vom Herzog Leopold dem Tugendhaf—⸗
ten, der ihnen ganz vorzüglich gnädig war und die
Zollabgaben, die ſie in Oeſterreich bisher hatten
entrichten müſſen, verminderte *). Zugleich ſchützte
er ſie gegen den Unfug, welchen ſich ſeine Beamten
gegen ausländiſche Kaufleute erlaubten, und ſchrieb
ſeinen Richtern beſtimmte Verhaltungsregeln vor,
wie ſie ſich gegen die Regensburger benehmen ſoll⸗
ten; wenn dieſelben wegen Geldſchulden, Verbrechen
oder kleinerer Vergehungen bey ihnen angeklagt wür⸗
der. Da derley Gegenſtaͤnde nicht hierher, ſondern in
die Rubrik: Form der alten Gerichte, gehören, ſo
übergehen wir ſie mit Stillſchweigen. In Rückſicht
des damahligen Handels in Oeſterreich enthält die
Urkunde einige bemerkenswerthe Stellen... Der H—
Leopold erlaubte den Regensburgern einen ganz un⸗
eingeſchränkten Handel mit Gold, mit Häuten und al⸗
len ihnen beliebigen —— nur das Einhandeln
è
*) Scheid, l. c. P. 31 et leq. Inde eft, —* nos pid fideli
obfequio eivium Ratisponenfium, quod Serenitati noftre
fepe numero preftiterunt, dignum duximus, €08 plus
ceteris honorandos, quorum pre ceteris devocionem
evidentibus rerum argumentis totiens experti fumus,
De jufticia itaque noftra que nobis folvebatur de re-
bus, quas in terram nofiram venales adduxerunt ,efo-
lita liberalitate partem ipfis, remifimus, et contra in-
folentiam eorum, qui officiis noftris prefunt, ‘eos ve-
luti familiarius nobis obligatos, fiabili jure protega-
mus inpofterum. — Gemeiner, a. a. O. S.282. Das.
Original iſt nud in Regensburg vorpanden.
neo 13 ——*
des Silbers ward ibmen verbothen. Die Urſache das
von läßt fi) leicht erratben, und fpatere Urfunden
geben fie unumwunden an: der Herzog. bedurfte
des Silber8 zur Auspragung der Wienerpfennige,
weßwegen auch nur die Hausgenoffen, nämlich die
Münzer, und Die mit ibnen verbundenen Goldare
beiter das Vorrecht hatten, Gold und Silber einzu⸗
wechſeln. Goldmünzen wurden damahls in Defterreidy
noch nicht gepraget, defimegen mard das Gold dere
RKanfleuten von Negensburg zum Cinbandeln mod
frey gegeben; in den folgenden Jahren murde die
allen Sn und Auslandern ſtrenge verbothen,
Ferner werden in der Urfunde H. Leopolds colnis
ſche Tücher ermabnet, die nad Oeſterreich eingeführt
wurden. Von einer Ladung, welche Wagengwant ge⸗
nannt wurde, zahlte ein Wagen drey Pfund *); von
hundert Häuten gab man fünfzig Pfennige. In Maut⸗
hauſen, Melk, St, Polten, Stein, Tuln und Wien
mufife man für eingeführte Waaren, unter welchen
Kupfer, Zinn, Glockenſpeiſe und Häringe genannt
werden, eine beſtimmte Zollabgabe entrichten. Den
Kaufleuten ward auch die Freyheit zugeſtanden, ihre
Waaren zu Waſſer oder zu Lande nach Oeſterreich zu
*) De onere plauftri, quod in vulgari dicitur ein Wagen-
giwant, fi fanibus circumligatis a Colonia ducitur, tria
talenta folvantur.... Ad quantitatem pannoram, qui
de Colonia ligativeniunt. — Unter Gemand, veftimen-
tam, welches Wort in Ddiefer und in andern paufigen Ur-
funden vorFommt, ift ein jedes Gemebe, cin jeder Zeug,
er mag aus Garn, Wolle oder Seide verfertiget fepn, 3u
verftepen, menn er zu Kleidungsſtuͤcken beſtimmt ift. Die
Gemand: und Tuchſchneider find Kaufleute von geringerer
Urt, welche Leinwand, Tuͤcher u. f. w. im Kleinen nad der
Elle verfauften. Man huͤthe fio, darunter einen Kleider
macher gu perfteben.
ono 4/) n
bringen. Die Rußlandshändler zahlten auf ibrer
Durchreiſe hinein zwey Pfund; auf ihrer Rückkehr
cin halbes Pfund *). Durch diefe Stelle erhält obige
Urkunde H. Ottokars die Beſtätigung, daß in Oeſter⸗
reich ein Waarenzug nach Rußland ſchon im zwölften
Jahrhundert in vollem Gange war, mas auch durch
andere alte Schriftſteller bekräftiget wird **). Daß
ſich aud Defterreicher an die Regensburger ‘ange:
ſchloſſen und Untbeil an ibrem Handel genommen
| baben,fagengzivar die Urfunden nicht aus ; saber höchſt
wahrſcheinlich find fie nicht fo ftumpffinnig gemefen,
| Daf fie Caravanert von ausländiſchen Rauflenten
gleichgültig duro) ihr Vaterland zieben, und mit ge-
wonnenen Schätzen zurück kehren geſehen hätten,
ohne ſich zu gleichen Unternehmungen anreitzen zu
laſſen. —Die Lobſprüche, welche H. Leopold der
Ru⸗arii, quocunque tempore vadant, duo talenta fol-
© vant; et in reditu ex Ruzia dimidium talentum.
*#) Bern, Pez, Tliefaur. anecdot. T.I, P. III p. 175: Hart-
‘wric nomine, habitans in regione Rufciae, ‘in ‘civitate
Chiebe dicta. — Vita B. Mariani, in Actis SS. ad g Fe-
bruarii, p. 369. Tum quidam de Fratribus loci ejufdem
(vom Soottenflofter in Regensburg) nomine Mauricius è
ad regem Rulliae perueniens, ab eodem Rege ac Princi-
pibus.urbis ditiffimae Chios (legendum Chiof) de ferinis
pellibus pretiofis valentibus centum marcas recepit , at-
, que eafdem vehiculis ferens, cum negotiatoribus Ratis-
bonam pacifice peruenit. , Dief geſchah im. Unfana det
zwoͤlften Jahrhunderts, gu welcher Zeit fon Kaufleute
von Negensburg nad Kiow reifeten. Daf Die Deutſchen
mit den Ruſſen ſchon frubseitig Handel getrieben, ift cine
allgemein befannte Sade. Georg. GSartorius, Geſchichte
«des Hanfeatifhen Bundes. Th. GS. 194, U.f. — Fried:
rid Chriſtoph Fonatpan Fiſcher, Geſchichte des teutſchen
Handels. Th. J. S 515. Hier iſt aber nur vom Zwiſchen⸗
handel durch Oeſterreich nad Rußland die Nede,
— 15 neo
tteuen Ergebenbeit der Regensburger ertheilte, und
das Anrühmen ibrer erſprießlich geleifteten Dienſte
laſſen uns auf ergiebige Geſchenke an ihn, oder auch
auf Gemeinſchaft des Handels mit ſeinen Unterthanen
ſchließen.
Den lebendigen Handel und reichen Waarenzug
durch Oeſterreich nach allen Richtungen fon während
des gmolften Jahrhunderts können mir. auch gum
Theile aus dem Zolltarif abnehmen, den der H.
Leopold fur Die Mauth in Stein erlaſſen bat *). Die
darin feftgefebten Zollabgaben beftanden nod ju En .
de des dreyzehnten Jahrhunderts *), menn gleich
manche Abänderung während eines ſo langen Zeit⸗
raumes mag Statt gefunden haben.
Das älteſte Stadtrecht in Oeſterreich, das ſich
bis auf unſere Zeiten erhalten hat, iſt jenes, das den
Wienern im Jahre 1198 vom H. Leopold dem Glor⸗
reichen iſt ertheilet worden *XX). Diefer hochberühmte
Regent beſtimmte entweder zuerſt, oder erneuerte
vielleicht nur alte Gewohnheiten, wie man mit der
Verlaſſenſchaft verſtorbener Ausländer in Wien vere
fahren ſollte. Dieſes war deſto nothwendiger, da ſich
die Anzahl der fremden Kaufleute alldort immer ver⸗
mebrte. Gs konnte nicht fehlen, daß ſich zwiſchen die:
ſen ſelbſt, und auch zwiſchen ihnen und den Wienern
nor 5 Zwiſt und Rechtsſtreit erheben ſollte.
= Ranclì. Rerum Aufiriac. Scriptores. T. II. p. 106.
et) Deßwegen wurde diefer Bolltarif dem Rationarium Au»
firiae, welches Rauch befannt gemacht bat, unter È. Rus
dolph oder Albrecht dem Erften einverleibt.
##*) Lazius: Vienna Auftriae. Rerum Viennenfium Com-
mentarii. Bafileae Libro II. p.73. — Dagfelbe in Deut-
ſcher Sprade: Abermann, Hiftorifde Befpreibung der
Hauptſtadt Wien. 3tveptes Bud, S. 85:
CO 10 TO
Für ſolche Falle ſchrieb der Herzog beſondere Verhal⸗
tungsregeln vor und ſetzte feſt, daß ſich weder ein Aus⸗
länder gegen einen Bürger von Wien, noch auch dieſer
gegen jenen eines Unterkäufers *) zur Zeugenſchaft
bedienen dürfe; vor Gericht ſollen angeſehene und
unbeſcholtene Männer, zu welchem Range gewöhnliche
Unterhändler ſich nicht aufgeſchwungen haben, als
Zeugen auftreten.
Um die Handelsgeſchäfte möglichſt zu ſichern und
allen Streitigkeiten ben Kauf und Verkauf, ben Vers
yfandungen und Schenkungen vorzubauen, befabl der
Herzog die Wahl von bundert Genannten, von denen
wenigſtens zwey als. Zeugen zugegen ſeyn mufiten,
wenn etwas verkauft, verpfändet oder verſchenkt
wurde, deſſen Werth ſich auf drey Pfund belief.
Auf falſche Maße, Gewichte und Ellen ward eine
Geldſtrafe von fünf Pfund geſetzt
Dieſe Einrichtungen waren für den Handel al⸗
lerdings von großem Nutzen; nur fingen auch jetzt
ſchon einige Beſchränkungen desſelben an, welche
der Monopoliengeiſt der Bürger von Wien ſehnlichſt
gewünſcht, und H. Leopold aus Mangel der nöthi⸗
gen Umſicht zu voreilig gut geheißen hat. Bey Stra⸗
fe von zwey Mark Goldes ward es fremden Kauf—⸗
leuten unterſagt, ihre Waaren ſelbſt nach Ungarn zu
verführen. Dieſes Vorrecht ſollten nur die Bürger
Wiens genießen, und ſich durch dieſen Handel berci:
chern. Noch verderblicher als dieſes waren für den
freyen Handel in Oeſterreich die verkehrten Maß—
regeln, die den fremden Kaufleuten verbothen, ſich
în Wien länger als zwey Monathe mit ihren Waa⸗
9 Von den Unterfiufern , Unterhaͤndlern oder —5
wird weiter unten die Rede ſeyn.
uo 1 »
ren aufzuhalten, und diefe jemand anderm als einem
Burger von Wien zu verfaufen. Zugleich durfte fein
Fremder Gold oder Silber cinbandeln / was noch vor
wenigen Jahren erlaubt.mar; und befaf er derglei:
chen edle Metalle, fo war 8 ibm verbothen, ſie
einem Andern zu verkaufen, denn dieſen Handel be—
hielt ſich die herzogliche Kammer bevor. — Solche,
und noch weit ärgere Handelsgeſetze und Privilegien
waren vielmehr geeignet, den Verkehr mit dem
Auslande möglichſt zu erſchweren als ihn zu beför⸗
dern, und nur der vortheilhaften Lage des Landes
hatten es die Oeſterreicher zu verdanken, daß unge—
achtet eines ſehr ſchweren Druckes der Zwiſchen—
handel dennoch fortdauerte, und die Landeserzeug⸗
niſſe Abſatz fanden.
Wir haben die wenigen Notizen, die über den
dlteften Handel. unfers. Vaterlandes einiges Licht
verbreiten, vorausſchicken wollen, denn die erſten
rohen Verſuche, den Handel zum Vortheile des
Staates und der Unterthanen zu beleben und zu
ordnen, dauerten, ſo unglaublich es ſeyn mag, doch
einige Jahrhunderte als unübertreffliche Muſter noch
fort, und das Mittelalter gefiel ſich darin gar ſehr,
beym Alten ſtehen gu bleiben, nicht leicht etwas
Neues aufkommen zu laſſen, um nur nicht weiſer
und klüger werden zu müſſen. Die Belege hierzu
wird die folgende Geſchichte liefern.
Wir reden zuerſt von den Hinderniſſen des
Handels während des zwölften und der folgenden
Jahrhunderte, und dann von Geſetzen, Privilegien
und Anſtalten, die zum Ziele hatten, ihn zu beför—
dern und ubreiten⸗
do
uo 18 “due
Allgemeine Hinderniſſe des Handels
vorgtiglioh, aber file fremde Kaufleute.
Erſter Abſchnitt. — nevi
Zollerpreſſungen hai T
Di Grundherrlichkeit war in den alten eite der
gefährlichſte Feind der Freyheit. Alles mas ſich im
Gebiethe und auf dem. Boden eines. Grundberrn
befand , fab" diefer fue fein Cigentium an: die
Maäenſchen eben fo wie das Vieh. Und gab es gleid
viele Abſtufungen zwiſchen den Unfreyen und Höri⸗
gen, ſo war doch für Alle, die ſich eine längere Zeit
im Gebiethe eines Grundherrn aufhielten, die per⸗
ſönliche Freyheit eben ſo verloren wie für jene, die
auf demſelben ſchon unfrey geboren wurden. In den
früheſten Zeiten des Frankenſtaates bildete ein jeder
Beſitzer eines freyen Eigenthumes gleichſam einen
Staat im Staate, und herrſchte innerhalb der
Gränzen desſelben mit unumſchränkter Gewalt
Dem Anführer des Volkes, der ſchon frühzeitig Kb—
nig genannt wurde, war er zu keiner Abgabe ver⸗
pflichtet, und in den Krieg begleitete er ihn nur
dani, wenn ein Volksbeſchluß denſelben genehmiget
hatke. Eben fo wenig erkannte der alte Franke einen
Richter uber ſich. Hielt er ſich für beleidiget, ſo ver—
ſchaffte er ſich vermöge des Fehderechtes ſelbſt Gel
nugthuung. Trieb er's gar zu arg, ſo fielen ſeine
Nachbarn oder auch der König üher ibn ber, und be—
dienten ſich ebenfalls des Fauſtrechtes, um dem Un⸗
weſen ein Ende zu machen; mod) öfter aber wurde
i cin Meuchelmord verübt, um ſich von einem läſtigen
“ue 19 n°
oder gefürchteten Gegner zu befrenen*). Diefer wil⸗
de Zuſtand, in welchem das Recht beynahe nichts,
Gewalt aber allenthalben gegolten und entſchieden
hat, dauerte ſo lange fort, bis es den Königen ge—
lang, auf verſchiedenen Wegen eine Uibermacht
über die unbändigen Franken zu gewinnen, und
ihnen mit Uibereinſtimmung der Großen Geſetze
vorzuſchreiben.
Der gemeine Freye war nun gedemüthiget und
durch häufige Geſetze an eine Ordnung gebunden,
die ihm die Willkühr barbariſcher Könige, oder an
ihrer Stelle der Uibermuth der königlichen Haus—
mayer und des Adels auferleget hat. Daf ben die
ſer Umformung alter Verhältniſſe die Mächtigen
auf Koſten der gemeinen Freyen ihren eigenen Vor—
theil gut bedachten, und keine Gelegenheit, ihre
Macht zu erweitern, unbenützt vorbeygehen ließen,
darf man nicht nur vermuthen, ſondern man kann
es auch aus unzähligen Stellen der Urkunden und
alter Geſchichtſchreiber unwiderleglich beweiſen.
Schon vor mehr als tauſend Jahren finden wir
große Grundeigenthümer mit ungemeiner Macht
und hohen Vorzügen ausgerüſtet, auf welchen das
ganze Syſtem der ſogenannten Immunitäten der
Grundherrſchaften beruhte. Aus den von Königen
verliehenen, oder auch nur angemaßten Vorrechten
der Grundherrlichkeit gingen alle jene Hinderniſſe
hervor, welche dem Aufblühen des Handels durch
*) Dergleichen Unthaten findet man beynahe auf jedem Blatt
in der Geſchichte Gregors von Tour. Eine vortreffliche
Uiberſicht uͤber einen Theil der altdeutſchen Verfaffung
verdanken wir dem Herrn Konrad Mannert: Freyheit
der Franken. Adel. Sklaverey. Nuͤrnberg und Aftdorf.
1799. )
ì o %*
—
fr 20 cow
viele Jahrhunderte immer mit codici Kraft fi ne |
entgegen geſtellet baben.
Wie ben den meiften alten Volkern, * ſah man
auch in Deutſchland Fremdlinge für Feinde, oder
doch wenigſtens für verdä ächtige Menſchen an an
freundſchaftliche Verhältniſſe mit auswärtigen Staa⸗
ten dachte man nur zur Zeit der Noth oder eines
augenblicklichen Vortheils: barbariſchen Völkern iſt
cin friedlicher Zuſtand verhaßt, denn Beute und
Sclaven verſchafft mir der Krieg. Daher fam: es
auch, daß der Reiſende, welcher fremde Länder be⸗
ſuchte, immer ein ſehr gefährliches Wageſtück unter⸗
nahm, und fidy einer Plünderung, der Sclaveren
oder gar dem Tode ausſetzen mußte **). Mit dem
Chriſtenthume hörten dergleichen Gewaltthaten re
Theile auf; ganz verdrangen fonnte es -diefelben >
nicht, denn die Grundherrlichkeit — —
ihre alten Vorrechte.
Allerdings geſtatteten die “Grimbbdritit: den |
Fremden freyen Zutritt auf ihr Gebieth, ſuchten
aber von ihnen für dieſe gnädige Erlaubniß alle
nur erdenkbaren Vortheile zu erpreſſen. Hielt ſich
ein Fremder ein ganzes Jahr hindurch im ——
*) Bey den Roͤmern mar holls die Benennung eines zeindes
und auch eines Fremdlings. Bey den Deutſchen hieß der
herrenloſe Auslaͤnder ein Wilder. Im Latein Des Mittel:
alters nannte man ſolche Fremdlinge Albani. Cf. Du Fref*
ne. Daber tag jus albanagii, welches dem Landesfuͤrſten
‘oder dem Grundherrn Die Verlaſſenſchaft eines verſtorbe⸗
nen Fremden zueignete, worauf aber die Herzoge von
Defterreidh ſchon fruͤhzeitig Verzicht gethan haben.
**) Im Sabre »012 fing man den frommen Pilger Colomann
zu Stoderau, deffen Sprache man nicht verftand, als einen
verdadtigen Grembdling, und ping ihn an einen cao
auf. Pez, Scriptor. T. J. p.97 et feq. i
se 21 ——
eines Grundherrn auf, ſo ward er deſſelben höriger
Diener, und man übte gegen ihn das Wildfangsrecht
qus'*); die Luft, hieß es, mache eigen. Ram der
Fremde als Fußgänger an, fo zahlte er für die Be—
tretung des Bodens dem Grundherrn eine Abga—
be **).; cin Gleiches geſchah für Pferde und Wa:
gen da) Aud für die Erlaubniß, auf dem Waſſer
> bor feinem Grunde vorben zu fabren, dort anzulan:
den, oder liber cimen Fluf zu fegen, mufte man
verſchiedene Zolle entrichten. Die grundberrlichen
tn, Pfeffinger, Vitriarius illuftratus. L. TIT. Tit. XII. c. 22.
p- 145. Jus Wildfangiatus, eft jus in numerum homi-
num propriorum cooptandi extra legitimum matrimo=
nium natos, et adventitios, qui (ua (ponte ad loca, ubi
advenas hujusmodi inter homines proprios poft certum
tempus cenferi mos eſt, fe conferunt, et ibidem domi-
cilium figunt. Das Wildfangorehi hieß auch attractus.
tag Hier ſollen nur die Nahmen der Zollabgaben ſtehen; die
Erklaͤrung derſelben findet man bey mehreren Soritiel⸗
lern. Wir nennen ganz allein den vortrefflichen Huͤllmann:
Deutſche Finanzgeſchichte des Mittelalters, S. 223, u. f.
Pedagium, pedaticum, viaticum, pulveraticum, tran-
ſtura oder tranfitura.
1) Rotaticum, temonaticum , volutaticum , plateaticum,
filvaticam, pontaticum , portaticuam, Thorgeld. Sag-
maticum vel faumaticum , falutaticum, cine Natural:
abgabe von YWaaren; mutaticum, Mauth. Zu Waffer
ward gefordbert: navaticum, barganaticum, Barken⸗
oder Kahngeld; ‘tranaticum , ripaticum È cefpitaticnm,
Raſengeld fuͤr die Erlaubniß an gruͤnen Platzen anzufah⸗
ren, laudaticum, nautum. — Hierher gehoͤrt die Stelle
Des Zollpatentes H. Leopolds, apud Rauch, T. II. p. 109.
‘Duo Franzones (granfen , die in Der Stadt Stein anfan:
den, dent unum denarium cholonienfem; pueri uero
eorum qui funt infra XII. annos nihil dent, — Bepnahe
alte oben angefuͤhrte Nahmen der Zollabgaben finden ſich in
einer Urfunde È. Ludwigs des Frommen fur die Strafi=
burger Kirche, apud SchoepMin, Alfatia diplom. I. 799.
—XR 22 se»
Forderungen an Neifende arteten bald in eine ſcham⸗
lofe Geldgierde, und fogar auch in offenbare Naubs
ſucht aus. Stand irgendwo cine Brücke, fo nöthigte
man die Neifenden uber fie gu geben, wenn es gleich
bequemere. und fiirzere Wege anderswo gegeben
bat *); ja man mar unverſchämt genug, ganz unnö⸗
thige Brücken, fogar auf trodfenem Felde anzulegen,
um nur unter einem vorgeblichen Vorwand einen
ergiebigen Brückenzoll erbeben zu fonnen **). Uiber
Flüſſe wurden Seile gefpannt um die Schiffe 3u
givingen an das Land zu fabren, und den Grundherrn
mit mancherley Abgaben. zu bereichern ***). So vie
ler und fo grofier Unfug wurde unter der fraftvollen
Regierung Carl8 des Großen getrieben und durch
wiederhohlte Befeble firenge unterfagt; aber unter
feinen Nachfolgern friegen die Zollerpreffungen der
Srundberren auf den höchſten Grad. Bald ſchwach—
ſinnig, bald durch Noth gedrungen verlieben fie Liebe
) Capit.I, Caroli M. anno g09.c.19. Utmullus cogatur ad
pontem ire ad flumen tranfeundum propter telonei cau-
fam, quando ille in alio loco compendiofius illud flumen
tranfire poteft. Cf. Capitul. Ludovicii Pii, anno.819+
C..17. fi!
*).Capit. II. Caroli. M. anno g09 , 6. 9. Similiter in plano
campo , ubi nec pons nectrajectus eſt, ibi omnimodis
praecipimus ut non teloneum exigatur,
#*#) Cap. II. Caroli anno 05, c. 13. De teloneis. Nova five
injufia, ubi vel funes tenduntur,, velcum navibus fub
pontibus tranfitur, few his fimilia, in quibus nullum
adjutorium itinerantibus praeftatur ; ut non;exigantur.
Similiter etiam de his qui fine negotiandi canfa fubftan-
tiam fuam de una domo [na ad aliam, aut ad palatinm
Seu in exercitum ducunt. Die neu errichteten Bollftàtte
ſchaffte Carl ganzlic ab. Cap. V. anno 806, c. 11. De telo-
neiset cifpitacis ... utubi antiqua confuetudo fuit, exi-
gantur; et ubi nova fuerint inventa, defiruantur,
lingen und. aud) gefürchteten Magnaten häufige Zoll⸗
privilegien entweder nach Launen umſonſt, oder auch
gegen bare Bezahlung. Den privilegirten Großen
eiferten bald Andere nach, und erſchlichen oder ers
trotzten ſich ein gleiches Vorrecht, big zuletzt, vore
züglich während des langen Zwiſchenreichs, das eine
wahrhaft goldene Zeit für das Fauſtrecht und für Une
maßungen und Gewaltthaten aller Art geweſen iſt,
an unzähligen Orten cine Zollſtätte errichtet wurde
zu großem Nachtheile des Handels und aller Gewer—
be. Und ſtand einmahl ſo ein Haus der Erpreſſung,
ſo ließ es ſehr ſchwer, dasſelbe wieder abzuſchaffen,
denn cin jeder Mißbrauch, jeder Unfug, jede Ges
waltthat, nur einige Mahle verſucht und glücklich
ausgeführt, ward ſogleich gu einer alten, wohl here
gebrachten guten Gewohnheit und zu einem Vorrech⸗
te, auf das man nur nothgedrungen wieder Vere
‘ gilt that *).. |
Dieſes Unweſen vermehrte ſich in den folgenden
Jahrhunderten nach der Auflöſung der alten Gau—
verfaſſung noch um Vieles, denn ein jeder Verwalter
eines königlichen Gutes oder Amtes ſah daſſelbe bald
für Eigenthum und für eine Erwerbsquelle an, die
ibn in kurzer Zeit bereichern und auf ſeine Abkömm⸗
linge forterben ſollte. Schwache Regenten konnten
keinen Widerſtand leiſten und mußten dieß alles un:
geahndet geſchehen laſſen; mehrere von ihnen theil—
ten mit den zugreifenden Magnaten die wenigen
Uiberbleibſel noch vorhandener Neichsgüter und Re:
*) Baluz, T. II. p. 41. Capit. Caroli Calvi anno 847.
Tit. IX.-c. 6. Ut rapinae et depraedationes, quae
quafi jure legitimo hactenus factae funt, penitus in-
terdicantur, et nemo fe impune poft haec eas praefu-
. mere poſſe confidat.
galien, und. eigneten die Beute ihrem eigenen
Stammbaufé zu, ;
So viele Benfpiele in allen Provinzen Deutſch⸗
land$ reigten aud den Oeſterreichiſchen Adel zur
Nachfolge, und ſchon H. Leopold fand es für nöthig,
dem alten Landrechte ein Verboth gegen Errichtung
neuer Mauthen einzuverleiben *). Deſſen ungeachtet
nahmen ſich mehrere Grundherren in Oeſterreich die
Freyheit heraus, Reiſenden neue Zölle aufzubürden,
was vorzüglich während der allgemeinen Verwirrung
nach I. Friedrichs des Streitbaren Tode und in den
legten Sabren der Negierung È. Ottofars geſchehen
ift. Der È. Rudolph ſchaffte dieſen Unfug im Fabre
1270 in allen Oeſterreichiſchen Provinzen mieder
neuerdings ab **). Dod) auch diefer kaiſerliche Befehl
Fonnte das Mibel nicht mit der Wurzel ausrotten,
denn es gab Zollfrationen in Defterreid) , welche cin
Eigenthum altadeliger Geſchlechter maren, amd ſeit
undenklichen Jahren mit Bewilligung der Kaiſer be
ſtanden ***). Wir machen nur von einer der vorzüg⸗
*) Senkenberg, Vifiones diverfae de collectionibus Legnm
Germanicarum, Lipfiae, 1765. Es ſoll auch niemant meder
auf maffer nod auf fand newe Maut legen noch nemen in
ain rechren gefmornen fandfrid an da man gu Recht mauten
fol es fey dann das Ims der Landesherr erfaub . Wer es dar:
uͤber tut da fol man gegen richten als gen ain Strafirauber.
**) Cambader, Oeſterreichiſches Interregnum. S. 119 im Un:
bang. Item auctoritate Imperiali tollimus et finaliter irri-
tamus omnes mutas , thelonia, Vectigalia et pedagia de
novo impofita per aquas et terras, antiquis fecundum
tervarum confuetudinem, ab antiquo hactenus obferva-
tam in fuo robore duraturis. Alioqui contra faciens fe
fciat noftra gratia cariturum, et fecundum quod nofîra
providentia dictaverit puniendam.
##*) Supplementum Codicis Auftriaci. Leipzig, 1748. S. 3
und 4. Im Lande unter der Euns gab es fieben und fiebaig
ne 26
lichſten Meldung, von welcher der Waſſertransport
nach Oeſterreich geſperrt werden konnte. Dieſe war zu
Aſchach im Lande ob der Enns.
Neich an Beſitzungen und mit mehreren regierenz
den Häuſern verſchwägert waren die unmittelbaren
Neidhsgrafen von Schaumberg ). Ihr Hauptfig
war das gleichnahmige Schloß oberbalb Efetding;
im Mühlviertel befafien fie die ſehr fefte Burg Neu:
haus. Dort fliefit die Donau von hohen Bergen einge⸗
engt in manchen Krümmungen vorben: eine bOdf
giinftige Lage für Frenbeuter, welche Kaufmannsgü—
tern auflauerten, die von oben herab nach Wien und
nach dem Orient, oder von dorther nad) Paffau, Re
gensburg, und meiter nad) Weſten verführet wurden.
Zu Aſchach, welcher Marftfleden in alten Urfunden
ſehr oft Aſchau genannt wird, batten die Grafen die
geſetzliche Befugniß, den vorbenfabrenden Schiffen
einen Zoll abzufordern, welches Vorrecht ſie aber
nad der Sitte der damahligen Zeit ſehr oft miß—
brauchten. Der Zoll wurde willkührlich geſteigert, die
Donau bey Neuhaus mit Seilen geſperrt und man:
ches Schiff, das mit foftbaren Waaren beladen mar,
weggenommen und fur cin Eigenthum der Grafen ere
klärt: und dieß alle8 aus feiner andern Urfache, als
iveil es diefen mächtigen Herren fo beliebte. Selbſt
feyerlich abgefchloffene Vertrage ſchützten nicht vor
ſchreyenden Ungeredtigfeiten. sigla
Dieß baben die Blirger von Regensburg erfah—
ret, welchen cin reid) beladenes Schiff von den Gra:
fen ift meggenommen worden. An einen oberricterli:
Zollfationen , die cin Eigenthum adeliger Geſchlechter und
verſchiedener Gemeinden waren.
NOeſterreich unter H:Nudolph dem Vierten. S. 7, u. f.
ee 26 na
cen Ausſpruch, der die Grafen zur Genugthuung
verpflichtet hätte, mar damabls gar nicht. zu denken;
man nabm alfo feine Zuflucht ju Unterbandlungen,
die nad) mebreren Jahren die Folge hatten, daf die
Grafen im Sabre 1332. ihr begangenes Unrecht bee
Fannten, und einen Erſatz von funfhundert Mark
Gilber8 verfpracben. Bis zur Erlegung diefer Sum
me verbiefien fie, fich mit der alten Zollabgabe begnü⸗
gen gu molle, die von einem jeden beladenen Schiffe
in zwey und dreyßig Pfennigen, zwey Pfund Pfeffery
given Dauben und; men Hutſchnüren beftand *). Unges
achtet diefe$ Bertrage8 und eines neuen Verſprechens
des Grafen Heinrich im Fabre 1345, das den Kauf⸗
leuten von Cöln, Gmünd und Augsburg volle Sicher⸗
beit des Handel zu Waffer und zu Lande verbürg—
te**), wurden dod) wieder Schiffe der Regensburger
und Eolner 1361 ***) und 1382 angebalten, und un:
ter manderlen nibtigen Vorwänden bey Neuhaus an
der Fortfebung der Reife gehindert ****). Der Grof
Heinrich wird in den alten Ehronifen als cin milder
Räuber gefchildert, der ſein Zollreht zur Plünderung
Der Kaufleute und zur Beeinträchtigung des ganzen
Landes ſchändlich mifbraudte *****). — Mebrere
*) Gemeiner, Epronif. Th.I. S. 557, u. f.
**) Gemeiner, Th. II.S. 45,
1A 1. D. S. 119.
nine) Y. a. ID. S, 205. —
#*#**) Pez, Scriptor. T.I. p.1161. Appendix ad Chron. Hageni,
ad annum 1381. Des jar friegt Hertzog Ulbredt mit bem
Gratten von Schaumberkh, der nam ben Choͤlnern zwoͤlf
Sewm gwantzß (Tucder), und andere habe wol auf taufent
pfunt, und raubt gu Land und maffer, das dem Land ſcha⸗
den bracht, und lie fein mein auf den Land, Das det mein
fo wohlfail ward, das fein nyempt acht, und trug der an:
dern jars chaum halben Vngelt in dem Land. — Chron.
Klöſter erhielten gu verſchiedenen Zeiten von den Gra:
fen cine Zollfreyheit zu Aſchach *).
Aber nicht die Adeligen allein thaten durch ihr
Zollrecht dem Handel großen Ubbrud ; auch die Lan⸗
desfürſten der damahligen Zeiten hemmten die Fort:
ſchritte desſelben durch häufige und übermäſſige Zoll⸗
abgaben. Beynahe ein jeder Herzog ſteigerte ſie ohne
jede andere Rückſicht, als nur ſeinen Finanzen aufzu—
helfen. Dabey wurde nur ein geringer, oft auch gar
kein Unterſchied zwiſchen inländiſchen und auswärti—
gen Producten gemacht. Und um dieſe Geldquelle
recht reichlich fliefien zu machen, ergriff mandas vers
Febrte Mittel, den Zollimmer zu erboben, und wähnte
ſich dadurd) eines reichlicheren Ertrages bemeiftern
gu fonnen. Aus diefem falſchen Grundſatz ging die
Folge bervor, dafi die Zollſtationen bis gum Unglaub⸗
lichen vermehret wurden, denn man fette voraus, daß
der Furft defto mebr Einkünfte bezoge, je Ofter die
Zollabgabe wiederholet mirde. Die Belege biervon
liefern baufige Zollpatente vom drenzebuten bis zum
ſiebzehnten Jahrhundert, von welchen im gegenwärti⸗
gen Buche an gehörigen Orten weitläufiger Erwäh—
nung geſchehen wird. Von der Menge der Zollſtatio—
nen in Oeſterreich zeugen die Urkunden. Kaufleute,
Die gu Waſſer oder zu Lande von den Boyeriſchen
Thomae Ebendorfer, lc. T.II. p.218. Erat (Dux AL
bertus) tardior ad iram, provocatus tamen vix placari
potuit. Quod et Henricus Comes de $Schaumberg medul-
litus fenfit pro eo, quod a fuis praedis in Aùftria fe non
.cohiberet, etc. x
*) Die Urfunden pieriber finden ſich in Monumentis Boicis,
im Archiv des Klofters Wilbering, u. f. w. Fuͤr das Kloſter
VBaumgartenberg find eine Urfunde von 1523, und zwey
Beſtaͤtigungen derfelben theils abgedrudt, theils angezeigt
in meinen Beyträgen, Th, II. S. 433, u. f.
” tro 28 ezine
Gränzen bis nad Wien ihre Waare verführten, hate
ten davon nicht etwa cinen Straßen⸗ fondern eigentlich
cinen Waarenzoll an folgenden Orten zu entrichten:
in Aſchach⸗ Wels, Linz, Enns, Mauthauſen, Emmer—⸗
ſtorf, Ios, Stein, Melk, St. Polten, Tuln, Wien.
Die meiſten dieſer Zollſtationen kommen ſchon im
zwölften und dreyzehnten Jahrhundert vor *), beſtan⸗
den noch in den folgenden Zeiten, und wurden ſogar
mit mehreren neuen vermehret. Zu den vielen Zoll⸗
ſtationen des Landesfürſten und der Grundherren ka—
men mod) eben fo viele andere hinzu, als es landes—
fürſtliche Städte im Lande gab, denn alle, und auch
die meiſten landesfürſtlichen Märkte, erlangten das
Vorrecht, von den durch⸗ oder vorbeygeführten Waa⸗
ren eine beſtimmte Abgabe zum Beſten der Gemeinde
zu fordern. Durch ſo viele Beyſpiele aufgemuntert ſich
mit leichter Mühe zu bereichern, wagten auch die Bes
ſitzer eines Landgerichtes den Verſuch, durchziehenden
Kaufleuten cine Zollabgabe unter dem Vorwande ab-
zufordern, weil ſie fue die Sicherheit der Straßen zu
wachen hätten. Den ſchlechten Zuſtand der öffentlichen
Sicherheit für reiſende Kaufleute während des Mit—
telalters kennen wir genugſam. Deſſen ungeachtet
drangen die Landgerichtsherren einen langen Zeit—⸗
raum hindurch mit ihren Anmaßungen durch: Gewalt
hat für Recht gegolten *).
Noch drückender wurden dieſe häufigen Zollabga:
ben durch die Habſucht der Zollbeamten, die ſich Er⸗
preffungen aller Art erlaubten. Schon H. Leopold der
*) Gn den oben angefuͤhrten Urkunden und in dem Stadtrecht,
welches H. Albrecht 1287 den Buͤrgern von Stepr verlie⸗
ben bat. Preuenpuber, S. 36.
#*) Die Beweiſe davon merden an einem anderen pete vor⸗
kommen.
ua 209 “0%
; Slorteide fab ſich bewogen zu befeblen, daf betriegeri:
ſche Zollbeamte mie die Rauber beſtraft werden folle
ten*). Daf es wirklich dergleichen verworfene Beamte
bey den berzoglichen Gerichten und Zollftationen ge:
geben, erbellet aus dem Privilegium, welches ©. Leo:
pold 1102 den Blirgern von Regensburg verliehen
bat**). Aehnliche Befehle find aus ſpäteren Zeiten
noch baufige vorhanden: cin Beweis immer wieder⸗
hohlter Uibertretungen derſelben RNy. Betriegereyen
der Zollbeamten hatten damahls auch einen weit
freyeren Spielraum als ſpäterhin. Um läſtigen Une
terſuchungen ben fo vielen Zollſtationen zu entgehen
und nicht lange aufgehalten zu werden, mußte ſich der
Kaufmann zu manchem Opfer bequemen. Und da es
noch Sitte mar, einen Theil der Waaren anſtatt des
Geldes als Zollabgabe auszuliefern, ſo war es den
Beamten ein Leichtes, einen Zank zu erregen, und
nad dem Beſſeren zu greifen. Manchmahl mögen
que) die Kaufleute ibre Fracht nicht redlich angegeben
haben. Mit einem Worte: Ben Zollämtern, woman
gewöhnlich ſehr willkührlich und habſüchtig verfuhr,
bei man die hoch PARE alte — und
— 5 — Vifidn: p. 957. Bir * vnd gente das
kain Mautner noch kain Zollner kain vnrecht Maut noch
Zol nem. mer das daruͤber tut den fol man vicpten als uber
ain rauber,
**) Scheid | l.c. Contra —— eorum, qui officiis no-
| firis prefunt, cos familiarius nobis obligatos'ftabili j jure
protegamus inpofterum.
* Gemeiner, Chronik, Th. J. S. 479. Im Jahre 1311 ſchrie⸗
ben Deputirte von Negensburg dem dortigen, Magifirat
"aus Wien: „Wir tun iv unt. daz ir grozzen gebreften
baben von den Mavtendern bienieden je Wienne . des mir
e vngewon fin gemefen . Daz vns die Mavtenaer anſuchent;
Die tvellent vns vnſeriv ret brecben, u. f. 10.‘
30 22
Treue nicht ſuchen. Die Regensburger und Cölner
haben in Aſchach und Wien, und die Bürger der
Städte Oeſterreichs in ihrem eigenen Vaterlande
davon ſehr traurige Erfahrungen gemacht. Erlaubte
man ſich gegen letztere, die doch ſehr begünſtiget
wurden und von unſeren Landesfürſten durch häufige
Privilegien genugſam geſichert ſchienen ), grobe
Erpreſſungen; wie wird man ſich erſt gegen Auslän⸗
der und andere gemeine Leute benommen haben? Der
Unfug wurde fo weit getrieben, daß man ſich bey Zoll⸗
ſtationen ſogar das wilde Recht herausnahm, Ne:
preſſalien gegen Vorbeyreiſende auszuüben, welches
K. Leopold 1605 den Zollbeamten ſtrenge verbothen
hat i i Mena _
Der ſchwere Drud der Mauthen laftete grofi:
tentheil8 nur ‘auf fremden Kaufleuten und auf dem
gemeinen Volfe des Landes. Den Adel hat ſchon
Das alte Landredt von aller Zollabgabe von Le:
bensmitteln freni geforocben ***); die Klöſter und
Stadte zablten son einigen Dingen einen Fleimeren
*) Aus vielen ſchon befannten und noch unbefannten Bey:
fpielen nur Eines. Die Stadt Enns bat 1244 vom Herzog
Friedrich, und 1276 vom Kaifer Rudolph eine vollfomme-
ne Mautbfrepheit erbalten. Hormayrs Taſchenbuch fuͤr
1812, S.54. Oeſterreich unter den Konigen Ottofar und
Albrecht, Th. II. &. 180. Und doch wurden die dortigen
Buͤrger von verſchiedenen Zollbeamten durch unbillige
: Gorderungen gequaͤlet. Es waren neue Befehle nothig, wel⸗
— che die Bepfage Nro, J.enthaͤlt.
**) Quarient, Cod. Aufir. Th. U. S. 10. Von den Repreſſa⸗
lien handelt ein eigener Abſchnitt, der meiter unten folgt.
Vorzuͤglich arg benahmen ſich die Juͤdiſchen Paͤchter auf
Zollſtationen. È. Ferdinand der Zweyte ſchaffte ſie 1627 ab.
Quarient, TI.I. S. 564. —
**#) Senkenberg, Vilion. p.263. So fol auch kain edlmann
nicht Maut geben weder auf Wasſer nod auf Sand was er
22231 —--
Zoll, von andern waren fie gänzlich zollfren erkläret.
Um die landesherrlichen Gefälle zu vermehren, fing
man ſchon im Fabre1544 an, die Zollfreyheiten der
landesfürſtlichen Städte einzuſchränken *). Erſt den
ſpäteren Zeiten blieb der Ruhm vorbehalten, die bere
große Zahl der Mauthſtationen beträchtlich zu ver—
mindern, und Einheimiſche und Fremde vor Placke⸗
> * der Zollbeamten möglichſt zu ſchützen.
8weyt er Abſchnitt.
Straßenzwang.
Behy der übergroßen Anzahl von Zollſtätten, die
ſich in allen Gegenden Oeſterreichs vorfanden, muß
es deſto mehr befremden, daß man den Kaufleuten des
In und Auslandes mit großer Strenge die Straßen
bezeichnete, auf denen ſie ihre Waaren fortbringen
mußten. Wer außerhalb derſelben ertappet wurde,
verlor ſein Kaufmannsgut, und verfiel noch überdieß
in eine ſchwere Geldſtrafe. Eine freye Wahl der
Straßen, auf welchen Handelsleute ihren Waarenzug
einleiten wollten, wurde von den Regenten nicht ge
ſtattet; ſie mußten ſich gar oft weite Umwege gefallen
laſſen, um nicht ſtraffällig zu werden. Die Urſache
dieſes Zwanges waren gewoͤhnlich die Stapelrechte
begünſtigter Städte und Märkte, welche vorbey- oder
durchreiſenden Kaufleuten die Pflicht auferlegten, ihre
Waaren dorthin zu bringen und einige Zeit hindurch
den Bürgern feil zu biethen. War diefes geſchehen, fo
durften ſie wieder fortziehen. Es hat aber auch in vie⸗
în ſeim haus esſen oder trindfen wil das fol er vmb des
lanndesherrn diemen mit (einem ſchilt.
*) Quarient, a. a. I. S. 543, u. f.
— 59 sso.
Ten Gegenden cin Straßenzwang beſtanden, ohne daß
dieſelben ſich eines Stapelrechtes zu erfreuen hatten,
wovon wir mehrere Beyſpiele aus Urkunden anzuge⸗
ben im Stande ſind. In ſolchen Fällen konnte demſel⸗
ben keine denkbare vernünftige Urſache zum Grunde
Viegen, als die Verhinderung des Schleichhandels oder
Die Begünſtigung landesfürſtlicher Städte und Märk—
te, welche an den vorgeſchriebenen Straßen lagen, und
aus dem Durchzug der Reiſenden mancherley Vor:
theile zogen; der Regent gewann und verlor dabey
nichts.
Zur bequemeren Uiberſicht der großen Laſt, die
der Straßenzwang den Handelsleuten zu ihrem Scha⸗
den aufbürdete, werden wir von dem großen —35
an Urkunden, von welchen der größte Theil noch nic
bekannt gemacht worden, nur diejenigen anfilbren
welche Oeſterreichs berühmtere Städte und Marfte
von den Herzogen erhalten haben, und die uns den Una
fug des alfen Straßenzwanges in feiner ganzen häßli⸗
chen Geftalt zeigen. Wir fangemvon Wienan.
| Den älteſten, uns befannten Strafienzivang zum
Vortbheile der Wiener enthalt das Privilegium, das
ihnen H. Leopold 1198 verliehen bat. Dent fremden
Kaufleuten murde befoblen , ihre Waaren dorthin gu
bringen, fie aber ja nicht weiter nach Ungarn gu vere
führen *). Diefe Berfiigung wurde vom Kaifer Rus
dolph 1278 mit dem barten Zuſatz ermenert, daß die
Kaufleute ibre Waaren nur auf der Landftrafie, und
nicht zu Waſſer nach Wien zu bringen verpflichtet
ſeyn follten; nach Ungarn ju bandeln ward ihnen
#)Lazius, lc. p.74. Nulli civium de Suevia vel de Ratis-
bona vel de Patavia liceat intrare cum mercibusfuis in
Hungariam. "
— 33 ——
neuerdings unterſagt *). Es dauerte aber nicht lange,
daß eine leidige Erfahrung die Wiener belehrte, welche
ſchädliche Folgen ſo ein Uibermaß von Privilegien
nach ſich zöge, denn ſie mußten ja die Waaren, die
man ihnen auf der Achſe aus entfernten Ländern zu—
führte, deſto theurer bezahlen. Der damahlige Landes:
verweſer H. Albrecht, der Adel und die Bürger von
Wien bathen den Kaiſer um Milderung eines höchſt
verderblichen Straßenzwanges, und dieſer ſtimmte
ihren Wünſchen ben. Den Kaufleuten ward 1281 die
Freyheit ertheilet, ihre Waaren nicht nur auf der
Landſtraße, ſondern auch auf dem Waſſer nach Wien
gu bringen *. Post
Im vierzehnten Jahrhundert wurde das Syſtem
des Straßenzwanges durch viele Verordnungen zum
Vortheile einzelner Städte, aber auch zum Schaden
der übrigen Landesbewohner und zur Beeinträchti⸗—
gung des Handels überhaupt erweitert, und den Kauf⸗
leuten verſchiedener Gegenden genau die Strafe be
ſtimmt, auf welcher ſie nach Oeſterreich kommen, und
aus dieſem Lande wieder in andere Provinzen fortwan⸗
dern mußten. Gleiche Befehle ergingen auch für die
einheimiſchen Kaufleute und für den Handel im Sn:
+) Lambacher, im Anhang, S. 156. Nulli homini de Suevia,
vel Ratis bona, vel Patavia, vel de terris aliis quibuſcun-
que liceat intraro cum mercibus fuis in Hungarian, fed
| wiaregia in Viennam procedat tantummodo.
2%) Lambacher, S. 191. Gn der Urfunde Albrechts heißt es :
“Band uns und unfern.. Rat ouz den purgern ge Wien:
men Der vorgenant Sag und der Urtifel den Ehouffeuten
geften(fremben) ge ſchwer deucht, nu bab mir in den por:
genatiten rat... alfo geleit undgefazi, Das Die vorgenanten
Choufleut, die in daz Lant ze Defterreid) arbeitent (Handel
treiben) mitir Choufſchatz diegemeinen firazze ouf Wazzer
und ouf Lante fuͤr fich gen Wienne ſchulen varen.“
J
> SA ce
nern Des Landes; um ſchädlichen Privilegien mancher
Orte nicht zu nahe zu treten, durften alte, bequeme,
wohl erhaltene Straßen nicht mehr befahren werden,
oder blieben doch für gewiſſe Reiſende und Waaren
gänzlich verbothen. Auf Zeitverluſt durch weite Um:
wege, und auf größere dadurch verurſachte Frachtko—
ſten wurde keine Rückſicht genommen. —
Uiber den Straßenzwang nach Wien hat der K.
Albrecht eine Verordnung erlaſſen, welche H. Albrecht
Der Lahme 1351 erneuert bat *). Im Jahre 1361
verboth H. Rudolph allen Kaufleuten, die Straße
über Zeyring in der Steyrmark zu befahren, weil ſie
ausſchließlich nur den Bürgern der landesfürſtlichen
Städte im Lande ob der Enns angewieſen ſey. Die
Straße vor Laybach vorbey zu fahren war allen Kauf⸗
leuten verbothen **). Etwas vor Wien vorbey, und
nicht in die Stadt hinein zu bringen, ward 1364
neuerdings unterſagt Xx). — Der H. Albrecht der
Dritte hatte es einigen ausländiſchen Kaufleuten er—
laubt, auch auf anderen Straßen, als die ihnen bisher
vorgeſchrieben waren, durch Oeſterreich zu ziehen, wor⸗
*
*) Rauch, T. II. p.73. Wir wellen ernfifichen pey onfern
bulben, das aller kaufſchacz von wann er gefurt wirt, Uuf
dem fand oder auf dem mwaffer Fn vnfer landt gen oſterreich
die rechten ſtraſſen fuͤr ſich gen wienn gefurt werde, u. ſ. 1
**) Rauch, 1. c.p.g1. Der Codex, deffen ſich Rauch bediente,
bat Die Stelle: „das chain gaft weder von Wehem von ‘Br:
gern oder von andern lannden nad chainer vnſer purg fur=
baz mer ziech mit feiner chaufmanfoafft vber die zeyrik denn
nur allain vnſer purger in vnfern ſteten ob der Enns —
Der Coder von Scitenftetten bat Die richtigere Lefeart:
1 —
„Das kain gaſt weder von Behem, von Vngern oder von
anndern landen, Nod kainer vnnſer purger fuͤrpas mer
Bio ..Vber die Zeyrigk.“
*#*)L.c.p.94.
neo j5 «se
‘ diber ibu aber die Wiener mit Klagen uber die Verle—
gung ibrer Frenbeiten fo lange beſtürmten, big er ib:
nen 13609 fein Wort gab, ibre Privilegien Funftig beſ⸗
fer pu achten und zu ſchützen *).
Im Fabre 13608 entftand ein Streit zwiſchen den
Bürgern in Wien und den Bürgern von Pettau. Leg=
tere gaben vor, die Frenbeit ju beſitzen, Waaren von
Venedig über den Karſt führen zu dürfen. Dagegen
ereiferten ſich die Bürger von Wien und von mehreren
Steyermarkiſchen Städten gar ſehr, und riefen wider
ſolchen unausſprechlichen Frevel und Beeinträchtigung
ihrer theuren Privilegien den landesfürſtlichen Schutz
an. Der H. Albrecht befürchtete von dieſer Straßen—
freyheit der Pettauer ſchlimme Folgen fur ſeine Ge
fälle und auch für die Kaufleute der übrigen Städte,
wollte aber doch keinen übereilten Ausſpruch thun, oh⸗
ne ſich von dem Vorgeben der Pettauer überzeugt zu
haben. Er forderte alſo die Städte im Lande vb der
Enns auf, Bericht zu erftatten, ob die Burger von
Pettau mirflidh das Vorrecht befafien, Waaren von
Venedig liber den Rarft zu führen, und fie an der Drau
nad Ungarn zu verfenden. Die Bürger von Linz,
Enns, Stepr, Wels und Frenftadt betheuerten ben
ibrer Tote daß die Pettauer nie cin ſolches Borredt
befeffen haben; morauf H. Albrecht durd einen Ur:
theilsforud) dem Streit cin Ende machte und den
Kaufleuten die Strafen bezeichnete, auf melden
ſchwere und leichte Kaufmannsgüter verführt, und
das Schlachtvieh getrieben werden ſollte *). Später⸗
bin, im Jahre 1386, verboth H. Albrecht den Kauf—⸗
leuten, die nach Venedig Handel trieben, ſich der
*) L.c.p.110- Senkenberg, Selecta juris. T. IV. p. 464.
®*) VBenfage Nro. II
LI
CES 50 osa
Straße über Den Rarft gu bedienen, und befahl, daß
ſie ſowohl hinein nach Venedig, als auch von dorther
zurück nach Oeſterreich über den Semering und durch
Villach reiſen ſollten; nur den fünf Städten im Lande
ob der Enns *) ward die Straße über Zeyring nach
dem Inhalt ihrer Privilegien zu befahren erlaubt,
wenn fie nach Venedig Handel trieben **). Da unge⸗
achtet mehrerer Verbothe doch noch immer Einige
Die Strafe nad Pettau benützten: fo erging 1389
cin neuer Befebl, alle Raufleute, die auf dieſem Wege
betreten würden, fammt ibren Waaren anzubalten,
daruber dem Herzog Bericht gu erftatten, und weitere
Verhaltungsbefeble abzumarten 9
Als die Stadt Grätz 1393 ein Stapelrecht für
alle Kaufmannsgüter, die von dort nad) der Windi:
ſchen Mark, oder von derfelben na) der Stepermarf
gebracht wurden, auf fieben Jahre erbielt: fo febte
H. Albrecht die ausdrückliche Bedingung hinzu, daß
dieſe neu verliehene Freyheit weder dem Stapelrechte
der Stadt Wien, noch auch dem Handel mit Venedig
einen Nachtheil bringen dürfe. Zugleich wurde den
Bürgern von Grätz aufgetragen darüber zu wachen,
daß auf den Straßen über den Karſt und über den
Hartberg gegen Pettau und nad) der Mark kein Hans
del getrieben mirde. Träfen fie auf dieſen beyden
Strafen DanaeiSguter an, fo follen fte diefelben zum
Î
*) Diefe funf Staͤdte waren: Linz, Enns, Steyr; Mela
und Freyſtadt. Voͤcklabruck ift ivaprfdbeintio damahls per:
pfindet gemefen. Gmunden obgleich cine alte Stadt;
erſcheinet viel fpater alè cine freye fandesfiirfifiche Stadt.
Damahls mar fie es ſchon, batte aber wahrſcheinlich Dafe
felbe Loos, mie Vöcklabruck.
#*) Beylage Nro. IT,
#**) Beylage Nro. IV.
non 357 su
Vortheil des Herzogs und ihrer Stadt hinwegneh⸗
men. Kämen aber Ungariſche Kaufleute mit Waaren,
die ſie nach Wien verfuͤhren wollten, oder mit Frach⸗
ten von Wien nad) Ungarn in die Gegend von Grätz:
fo dürfte man fie nicht zwingen, Diefelben wegen des
neuen Stapelrechtes in der Stadt abzuiaden *).
Spatere Patente iber den Strafenzivang zum
Vortheil Der Stadt Wien enthalten nichts Merfe
würdiges; wir übergehen ſie daher mit Stillſchwei⸗
en #9).
} Bevor mit in der Geſchichte des Strafienzmanges
das Land unter der Enns verlaſſen, miiffen wir noch
von cimem Marftfleden Erwähnung fhun, der wegen
feines hohen Alters und feiner Borredte unfre Auf
merffamfeit verdienet. Es ift dieß der Markt Aſpach
in einer geringen Entfernung vom Kloſter Seitenſtet⸗
ten, welchen vor mehr als tauſend Jahren Kaiſer Carl
der Große nebſt anderen Gütern dem Biſchof Walde⸗
rich von Paſſau — hat **). Aſpach war ſchon
) Beylage Nro. V.
#*) Guarient, Th. II. S. 320. Dort findet man Patente uͤber
den Straßenzwang von den Kaiſern Maximilian II., Ru—
dolph II, Serdinand IIT., Ferdinand III. und Leopold. ange⸗
zeiget.
Hanfiz, Germania Sacra, TI, p.114 et 155: K. Ludwig
der Fromme fagt in einer Urfunde fuͤr den Biſchof Reginar
im Jahre 823: Genitornofter beatas memotiaè piillimus
Imperator Carolus...; quaedam loca adveandem Eccle-
fiam Sti Stephani, ubi tune Wialdaricus Venerabilis Epi-
fcopus pracerat, tradidit,,.in terra Hunnorum Zeyfen-
murum, Trasmam... Afpach. — Bey der Ermeiterung
des dortigen Rathhauſes im Sabre 1821 fand man Trim:
mer Roͤmiſcher Denffteine. Die Uiberbleibfel der Inſchrif—
ten bat mein verebrter Freund, Herr Wolfgang Mitter,
vormahls Bibliothekar in Scitenftetten, nun Pfarrer in
Aſpach, geſammelt
cd 58 beta
im dreyzehnten Jahrhundert mit einem eingeſchraͤnk⸗
ten Stapelrecht und einem Privilegium des Straßen⸗
zwanges begabt ): cin ſeltener Vorzug eines. Markt⸗
fleckens in ſo früher Zeit.
Linz, die Hauptſtadt im Lande ob der Enns, hatte
nie ein Stapelrecht, oder eine ſogenannte Waarennie⸗
derlage, was auch die Urſache iſt, daß es dort keinen
ſtrengen Straßenzwang gegeben hat. Die Bürger von
Linz und den übrigen Städten Oberöſterreichs unter—
lagen aber ſelbſt dem Zwange, daß ſie auf keiner an⸗
dern Straße als über Zeyring nach Venedig Handel
treiben durften *). Indeſſen unterlagen Weine, die
bey Linz auf der Donau hinaufgeführt wurden, wenn
nicht alle, doch ganz gewiß einige, dem ſonderbarſten
Straßenzwang. Sim Jahre 1504 gab der Kaiſer Fer
dinand den Landſtänden Oberöſterreichs und dem
Magiſtrat von Linz einen Verweis über ihre Sorg⸗
loſigkeit, die Landesprivilegien aufrecht zu erhalten,
und befahl ihnen, die Neuerung nicht [Anger ju geſtat⸗—
ten, daß der Erzbiſchof von Salzburg und der Propft
von Berchtesgaden den alten Frenbeiten des ganzen
Landes und auch der Stadt Linz zuwider, ihre Weine
auf dem Waſſer vor Der Stadt vorbenfubren. Die
Weine follen funffig wieder nad alter Gewohnheit
niedergelegt, und auf der Achſe nad Salzburg und
*) Meichelbeck , Hiftoria Frifingenf. T.II. p.84, n. 139.
Daz chorn oder ſaltz, daz man feurt oberhalb Ardader, oder
niderhalb Erlach, daz man furfeuren welle, daz ſol man
feuren ze Aſpach, und ſol ez da vail haben.
**) Jun der Beylage Nro.IIT. geſchieht ſchon 1386 Ermibnung
von aften Briefen, nad deren Inhalt die funf Stidte ob
ber Enns uͤber Bepring nad Venedig handeln bdurften.
Vielleicht gebort der Urtbeilsfprud 5. Albrechts des Drit⸗
ten in der Beylage Nro. II. darunter. Sn der Beylage Nro.
VI. ift diefe Anordnung ausdruͤcklich enthalten.
avo 39 ee
Berchtesgaden verfubrt werden *). — Der Urfprung
Diefer vorgeblich alten Gewohnheit iſt uns unbekannt;
er verräth aber deſto mehr eine feindſelige Gefintung
gegen die genannten geiſtlichen Vorfteber, da wir cin
gleiches. Benehmen gegen andere Cigenthumer der
eine, die vor Linz vorben auf der Donau ins Aus»
land verfubrt wurden, in den Urfunden nicht finden.
Die Stadt Linz bat 1360 vom I. Albrecht, und
4477 vom K. Friedrich das Recht erbalten, vom
Wein cine Abgabe zu nebmen**); daf aber die Lande
ſtände und der Magiftrat von Linz die Befugnif hate
ten gu fordern: man folle den Wein dort aus den
Schiffen nebmen, und auf der Achſe nah Bayern und
Sal;burg verfubren — darüber hat ſich noch feine
alte Urfunde vorgefunden **).
Auf der NMordfeite der Donau in Oberöſterreich
übten die Bürger von Frenftadi, durch landesfürſtli⸗
che Privilegien dazu hevollmächtiget, über das ganze
obere und untere Mühlviertel einen äußerſt druͤcken⸗
den Straßenzwang aus, wodurch aller Handel in der
dortigen Gegend ungemein erſchweret wurde. Die erſte
Veranlaſſung dazu bat È. Rudolph gegeben, der den
dortigen Burgern im Sabre 1277 ein Stapelredt
verliehen bat ****), das durch ſpätere Privilegien der
*) Das Datum iſt: Geben in Vnſer Statt Wien, ant 20 tag
Martii, Anno ꝛc. 64.
Beylage Nro. VII.
#1) Vergebens ſucht man im ninditgen Archiv diefes Privile-
gium. Reichard Strein, der in feiner noch ungedrudten
Landhandveſt des Erzherzogthums Defterreid viele Privi:
legien gefammeft bat, fannte es ebenfalls nicht.
#44) Hefterreid unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht. Th.
IT. S. 262. Hanc gratiam concedimus, ut finguli Merca-
tores, undecunque venientes, ibidem abano deponere
merces fuas,
an 40 =©%
nachfolgenden Negenten bis zur Ungebühr erweitert
mard. Der H. Nudolph erneverte ihnen 1359 dDa8
Stapelrecht in einer Lateinifohen Urfunde *). Da aber
Diefelbe der fremden Sprache balber zum täglichen
GSebraud und zur Beweisführung gegen widerſpän⸗
ftige Kaufleute nicht wohl gecignet mar, fo bathen ihn
die Bürger, ihnen die Urkunde über ihr Stapelrecht
in Deutſcher Sprache auszuſtellen. Rudolph erfüllte
1363 ihre Bitte, ließ ſeine Lateiniſche Beſtätigung des
Stapelrechtes in die Mutterſprache überſetzen, und
fügte noch neue Freyheiten hinzu. Dieſe beſtanden
darin, daß innerhalb einer Meile im Umkreiſe von
Freyſtadt niemand Wein, Meth oder Bier qusfdene
ken dürfe, wenn er dieſe Getränke nicht von einem dor⸗
tigen Bürger gekauft hat, und daß alles Salz und alle
Kaufmannsgüuter, die zwiſchen den Wäldern aus dem
Lande unter der Enns herauf, oder auch in dasſelbe
binab geführt werden, nad Frenftadt gebradt und
Dorf niedergelegt werden follen **), Es mar ein une.
- — —
*) Veplage Nro. VITI,
**) Um Ende der verdeutſchten Urkunbe 5. Rudolphs peift
es: Darzue baben wir vnfern ehe genandten VBurgern von
der Grepitatt Die gnadt gethan, von Neuen dingen fuͤr vns,
vnſer Brueder, Erben vnd Nadfummen, Vnd thuen aud
wiſſentlich mit dem Brieff durd fundern nug vnd frumen
derſelben vnſer Statt, Das Niemandt mer er ſey EdI oder
vnedi, Inner ainer Meyll vmb die Statt khainen mein,
Meth noch Pir ſchenckhen ſoll, Er hab es dann gekhaufft
von ainem Burger in Der Statt daſelbs Was man auch
khaufmanſchafft fuͤr die Stat zwiſchen den walden auf oder
Nb ſierdt, Es ſey Saltz Groſſes oder khlaines, oder wie die⸗
ſelb khaufmanswar genandt iſt, die fol man in ber Statt
Niderlegen ohne widerredt vnd geuaͤhrde. Wer aber barivi:
Der thett, der ſoll verfallen ſein der Peen vnd des wandls,
die darvor geſchriben ſtuendt. Diſer ſachen ſeyndt gezeugen
die Ehrwirdigen Paul zu freyſingen vnd Fridrich gu Res
| na dA se.
glücklicher Gedanke Rudolphs, den Bürgern von
Freyſtadt auf Koſten des halben Landes ob der Enns
und aller durchreiſenden Kaufleute ein ſo auffallend
ſchädliches Privilegium zu ertheilen; und doch ward
es auf eine unbegreifliche Weiſe dreyhundert Jahre
hindurch von ſeinen Nachfolgern in der Regierung
immer neuerdings beſtätiget und mit vieler Streuge
in Wirkſamkeit erhalten. Wollten die an Kloſter
Schlägel, an Weißenbach und Leonfelden angränzen⸗
den Boͤhmen Salz oder andere Oeſterreichiſche Waa⸗
ren einkaufen, ſo durfte man ihnen dieſe Bedürfniſſe
nicht auf dem nächſten geraden Wege von Linz über
Ottensheim, Neufelden, oder auch St. Martin, mo
cine alte Strafe nad — vorbeyging #); *
genſpurch Sſwef, pifi getreuen Lieben, Steffan von
Meiſſau .Difer brief it geben e mienn an Sant Peters.
vnd Pauls tag der zwelf Potten. Nach Lhriſtes Gebuerth
da dreytzechen hundert Gar, vnd darnach J In dem drey vnd
sr ſechtzigiſten Far. Vnſers Alters in dem vier vnd Zwaintzigi⸗
‘fem, vnd vnfers gwalts in dem fuͤmfften Far.
PE Wier der vorgenannt Hertzog Ruedolf ſterkhen difen
Brieff mit der Vnnderſchrifft vnſer ſelbs Hannden.“ — Aus.
dem Riedecker Codex. Diefe Urkunde iſt auch ſpaͤteren Be⸗
faaͤtigungen einverleibt worden. Die Richtung der Straßen
wwiſchen den Waͤldern zeigt die Beylage Nro. XIT.
#) In einer Urkunde, welche K. Conrad 1142 dem Kloſter St.
Slorian verliehen pat, heißt es: A pofenbach ufque in
uiam que dicitur regia uiaiuxta ecclefiam faneti Nicolai,
Letztere war die nun abgebrochene Filialkirche von St. Mar⸗
tin im oberen Muͤhlviertel. Die Strafe durch den Haſel-
graben nad Boͤhmen wird in der Urfunde des Biſchofs
Wolfker von Paffau 1198 ſchon erwaͤhnet, alè derfelbe die
Herrſchaft Wildberg den Starbembergen gu Leben gegeben
pat. Hoheneck, Genealogiſch⸗hiſtoriſche Befbreibung der |
Stinde. Th, II. S. 511, A CafiroWildperch ad orientem
eft quaedam antiqua via Savinfiraze (Gaumftrafe) —*
gariter appellata, quae ducit verſus Bohemiam..
no 42 mes
nicht durd den Gafelgraben iiber Helmonsed nd
Leonfelden zuführen: fondern man mufte fie von Linz
querfi nad Freyſtadt, und von dort uber ungebeure
Berge und «auf elenden Strafien durch meilenmeite
Umwege nach Leonfelden, Haslach oder Rohrbach
bringen, um nur nicht das Stapelrecht der Frey:
ſtädter gu verlegen. Eben fo mühevoll und foftfpielig
wurde durch diefes verderbliche Vorredt der Waaren⸗
transport aus denti Lande unter der Enn8 ber Weytra
und Kloſtẽr Zwettel herauf. Durd den Königswieſer
Wald ging ſchon frühzeitig eine gut erhaltene Straße
über Pierbach, Pregarten und Wartberg nad) Maut⸗
hauſen, aber ſie nützte den Kaufleuten nur wenig,
denn kamen ſie in Pregarten an, ſo durften ſie ihre
Reiſe mit den Waaren nicht bis gum nahen Mauthau:
ſen, und von dort nach Enns und Steyr fortſetzen,
ſondern mußten ſich bequemen nach Freyſtadt zu wan⸗
dern, und dann den nähmlichen Weg zurück zu ma—
chen, oder über Linz und Enns nach Steyr gu fom:
men, um dort Eiſenwaaren zu kaufen und die mitge—
brachte Ladung abzulegen. Hatten fie endlich ihr Ziel
erreicht, fo fing die alte Befchwerde mieder von vorne
an. Sie durften keineswegs den nächſten und bequeme⸗
ren Weg von Stepr über Enné nad Mauthaufen,
Pierbad und Ronigsmiefen sur Zurückkehr nach Un:
teröſterreich einſchlagen, fondern mufiten guvor wieder
nach Frenftadt, um den dortigen Bürgern durch den
Stadtzoll und Aufentbalt in einem Gaftbaufe cinen
Vortheil zu verfhaffen. Von, einem Verfauf der
Waaren fonnte feime Rede fenn, meil man fie ju ci-
genem Bedarf nad) Unteröſterreich führte.
Man ſucht vergebens nach einem vernünftigen
Grund, aus welchem dergleichen ſonderbare Vorrechte
einer Stadt gefloſſen ſeyn moͤchten, denn ſie beſchränk⸗
28 43 n
ten doch ungestveifelt nicht nur den Handel der Raufe
leute, fondern audi den Vortheil der Einfaufenden
auf cine unnütze Woeife. Man findet davon keinen
anderen Grund als nur die dbamablige verfebrte Une
ficht alles deffen, mas zur Emporbringung des Sane
dels taugen fonnte. Da ſich in Pregarten ohnehin
cine Filialmauth von Freyſtadt wegen des Biebtriea
bes aus den Waldgegenden nad Mauthaufen befand,
marum forderre man denn von Frachtwagen und
Saumtbieren nicht gleich auf der Stelle die beftimmte
Bollabgabe, fondern zwang fie nach Freyſtadt zu
gehen ? Uber dann batten die dortigen Burger man:
chen Vortheil, den fie von Neifenden zogen, entbebren
müſſen: cin hinlänglicher Grund mabrend des Mit—
telalters, daß LandeSfilrften zum Nutzen der Stadte
und Marfte, deren Grundberren fie waren, mit frey⸗
gebiger Sand Privilegien ausfpendeten, durd welche
alle ubrige Untertbanen und die Freyheit des Hans
dels gar febr beeintradtiget wurden, denn je meitere
Ummege die Waaren nebmen muften, deſto theurer
famen fte den Käufern zu ſtehen. Häufige Urfundert
bezeugen es leider, daß ſo ganz verfebrte Mafregeln
felbft noch im ſiebzehnten Sabrbundert als koſtbare
und ehrwürdige Uiberbleibſel eines hochgeſchätzten
weiſen Alterthums immer erneuert und in voller
Kraft erhalten wurden. Als Belege führen wir einige
derſelben unſern Leſern vor.
Im Jahre 1376 verboth H. Albrecht, ein Salz
aus Oberöſterreich nach Böhmen auf einer anderen
Straße als durch Freyſtadt zu führen. Nach einigen
Jahren, 1393, wurde dieſes Verboth erneuert, und
auch auf alle übrige Kaufmannsgüter erweitert, mel:
che aus Oeſterreich nach Böhmen, oder von dorther
nach Oeſterreich verführet wurden. Vorzüglich wurde
see 4, ==.
den Rauffeuten die nähere und bequemere Straße von
Linz durch den Haſelgraben nach Böhmen unterſagt.
Solche auffallende und willkührliche Beſchränkungen
des Handels reitzten zum Ungehorſam, und das obige
Verboth muß oft übertreten worden ſeyn, weil es in
den Jahren 1395 und 1598 wieder neuerdings tp)
ſchärft wurde”).
Segen cimen fo drückenden Straßenzwang po
ffanden ba dnfige Klagen und langmierige foft{pielige
* \SProceffe. ‘Vorziiglidh fanden ſich die Bürger der gros
fieren Marfte im oberen Mühlviertel gefranft, daf ſie
ihre Straßen nicht benützen durften, ſondern Waaren
und auch ſogar manche —— nicht von dem
nahen Böhmen oder auch von Linz, ſondern von der
weiter entfernten Freyſtadt auf ſehr beſchwerlichen
Wegen mit großen Koſten abhohlen ſollten. Wir über⸗
gehen Streitigkeiten einzelner Märkte mit Freyſtadt,
Die mit einem Verbothe der Regierung in Ling fi ogleich
wieder abgethan waren, mit Stillſchweigen, und ver⸗
weilen bey den häufigen Proceßacten des Marktes
Leonfelden mit Freyſtadt, aus welchen der harte
Druck, der auf den Handel Jahrhunderte hindurch la⸗
ſtete, genugſam erhellet.
Nach langem Zwiſte, in welchem ſich die Bürger *
von Leonfelden auf ihre uralte Straße nach Böhmen,
die deutlich genug einen vormahligen Waarenzug an⸗
deutete, und auch auf die wirkliche Benützung derſel⸗
ben; die cdr aber fich auf ihre Privilegien be
riefen, ſprach der H. Albrecht 1428 das Urtheil, daß
alle Handelswaaren und auch das Salz nach dem
Stapelort Freyſtadt müßten geführet werden se
uu
*) Beylage Nro, IX.
**) Beylage Nro. X.
neo /15 2
Die bequeme Strafie von Linz über Hellmonsed war
für fie alfo wieder nuglo$ vorbanden. Sn den Fabrett
| 14501480, nd 1405 wurde der Waarentransport
auf der Leonfeldbner Strafe immer neuerdings verbo:
then, bis es endlich den Burgern von Leonfelden 1406
gelang, vom: È. Marimilian eine Linderung des firene
gen Stapelrechtes der Freyſtädter zu erlangen, Der
KRaifer entſchied den neu entftandenen Zwiſt liber die
Frenbeit der Strafien nad Bohmen auf folgende
Weiſe: Alle eigentliche Kaufmannsgüter: Tuder,
Häute, Eiſen, Wachs, Honig, u. ſ. w. ſollen mie gue
vor nach Freyſtadt gebracht werden; die Lebensmittel
hingegen: Fiſche, Weitzen, Roggen, Hafer, Schmalz,
Bier und andere Eßwaaren kann man aus Böhmen
nach Oeſterreich ſowohl über Freyſtadt, als auch über
Leonfelden einführen *). Kaiſer Ferdinand beſtätigte
dieſe Entſcheidung ſeines Großvaters im Jahre 1533,
und verboth den Unterthanen bey Neichenthal, Schen⸗
kenfelden, Weißenbach und der ganzen dortigen Ge—
gend, mit Gütern oder Eßwaaren eine andere Straße
zu befahren, als die uber Freyſtadt oder Leonfelden. —
Mit dem freyen Durchzug der Lebensmittel hat der
Markt Leonfelden auch an der Zollabgabe von denfel:
ben gewonnen, die zwar ſchon früher beſtanden hat,
aber ſich nur auf Waaren erſtrecken fonnte, die von
Freyſtadt ber für den Bedarf der dortigen Gegend ge
bracht wurden.
So gering der Vortheil war, den Der Raifer da
durch den Bürgern von Leonfelden verlieben bat, fo em⸗
porte ſich doch dawider der Monopoliengeift der Frey
ſtädter und es waren mebrere landesfürſtliche Befehle
und eine große Strenge nöthig, die Widerſpänſtigen
9— Beylage Nro. XI
DON 40 iva
gum Geborfam gegen kaiſerliche Gebothe zu zwingen.
Wie weit ihr Trog gegangen, und welcher Mittel fie
ſich bedienet baben, um den vom K. Marimilian be:
milligten Waarenzug von Lebensmitteln über Leonfel⸗
den gu hindern, fagt cine Urfunde K. Ferdinand$ vom
Sabre 1533 aus. Die Frenftadter, heißt es in derfel:
ben, zogeninnabmbafter Unzabl zu Roß und zu Fuß
mit Büchſen und Harniſchen bewaffnet aus, und lager:
ten fich) auf dem Grund und Boden der Herrſchaft
Waxenberg, die eben damahls dem Hoffangzler Nico:
laus Nabenbaupt verpfandet mar. Dorf fielen fie die
Kauf- und Fubrleute an, obne zu unterſuchen, ob fie
verbothene oder erlaubte Wuaaren über Leonfelden
herführten. Sie drobten auch legteren fo fürchterliche
Dinge und verbothen ibnen fo ernſtlich die Strafe
über Leonfelden, daß es niemand mehr wagte diefelbe
qu befabren. Weil ſich denn, fegt die Urfunde binzu,
Feine8megs gebubrt fo gu bandeln und ju thun: dem:
nach find die Vielgedachten von der Frenftadt ſchuldig,
die Gerichtsfoften und den verurſachten Schaden den
Leonfeldern gu erfeben, mit angebangtem ernſtlichen
Befehl, daf bende Partheyen ſich in der Zufunft ge-
nau nach der Entſcheidung K. Marimilians balten
follen: alles ben ſchwerer Strafe *).
Da ein ſo wilder Frevel fo gelinde beftraft wurde,
wuchs den Frepftadtern der Muth, Aehnliches noch
öfter zu wagen. Um unnöthige Weitläufigkeiten zu
vermeiden, uͤbergehen wir mehrere dergleichen Zwiſte
Der Freyſtädter mit ihren Nachbarn mit Stillſchwei⸗
gen, und erwähnen nur einige Vorfälle, die ſich auf
*) Diefe Urkunde beſindet ſich im Archiv des Marftes Leonfel:=
den. Der Schluß lautet: „Geben in vnſer Statt Wien am
22 tag des Monaths Aprilis nach Chriſti Geburt 1535.“
N
ihrer Mautbftation in Pregarten, wo fie mebrere
Zollaufſeher unterhielten, ereignet haben, denn aus
ihnen geht ein eckelhaftes Bild des damahligen Stra⸗
ßenzwanges hervor.
Ueber Königswieſen ging eine wohl erhaltene
Straße nach Pregarten und Mauthauſen, auf wel⸗
cher vorzüglich viel Schlachtvieh zur Donau herauf
getrieben wurde. Von einem Pferde und von einem
Ochſen wurde dort ein Pfennig, von einem kleineren
Vieh ein Heller bezahlt; die Frachtwagen mußten
alle ohne Ausnahme von Pregarten nad Freyſtadt
fabren und dort den Zoll entrichten. Im December
1550 kamen mebrere, mit Woeigen beladene Wagen
an, konnten aber des tiefen Schnees halber unmöglich
nad Freyftadt fommen. Die Subrleute ſchickten den
feſtgeſetzten Zoll durd) einen cigenen Bothen nad
Freyſtadt, und fubren auf der mehr gebabnten Strafie
nach Linz fort. Dadurch fanden fid) die Frenftadter
an ibrem Stapelrechte fo ſehr gefranfet, daß ſie den
Wagen nacheilten, und fie fammt der Befpannung è
für cine gute Prife erflarten. Da aber der Weitzen
für das faiferlide Rammergut eingefauft und nach
Gmunden è beftimmt mar, erlief der Vizdom in Linz
am erften Jänner 1551 den Befehl, Pferde und Was
gen ſogleich wieder loszugeben, und fie an ibrer Reife
nicht weiter zu bindern.
Erlaubte man ſich, felbft gegen kaiſerliche Made
renguiter das Stapelrecht mit der größten Strenge
auszuüben, fo läßt ſich daraus leicht ſchließen, wie man
mit dem Privatgut eines Bürgers werde verfahren
ſeyn. Rupert Schuh, Bürger zu Gmunden, kaufte
1558 achtzig Centner Eiſen, die er auf vier Wagen
lud, und über Enns nach Mauthauſen und Pierbach
führte. Dort wurde er aber von den Aufſehern der
48 «o
Freyſtädter an ſeiner weiteren Neife Uber Königswie⸗
ſen nach Unteröſterreich verhindert und angehalten.
Vergeblich entſchuldigte er ſich mit ſeiner Unwiſſenheit
der Freyſtädter⸗Privilegien, und er mußte ſich noch
glücklich ſchätzen, daß er nicht den ganzen Transport,
fondern nach dem Urtheil des. Kaiſers nur die Hälfte
desfelben verlor; deffen ungeachtet mufite er. nodh
über dieß dreyßig Pfund Pfennige zur Strafe bezah—
Ten. — Der Burger Wolfgang Grünbäck von Weitra
wollte given mit Schmalz beladene Wagen über Kde
nigswieſen nach Linz führen. Weil er nicht nad Frey⸗
ſtabt gekommen war, wurde er in Pregarten angehal⸗
ten, und erſt nach einer langen Unterſuchung ſprach ihn
die Regierung von der Confiseation ſeiner Fracht los,
weil es erwieſen ward, daß er von dem Straßenzwang
nad Freyſtadt nie cime Kunde erhalten babe. — Wolfe
gang Millauer, Bürger zu Weitra, kaufte 1572 gu
Steyr verarbeitetes und robes Eifen, fubr uber Enns
und Mautbaufen nad) Zell, wurde dort von den Auf:
ſehern der Freyſtädter angebalten und fammt feinem
Gifen verbaffet. Es dauerte ziemlid lange, bis die fais
ſerliche Eutſcheidung anlangte, daß er — „aus Gna:
den, unangeſehen ſeiner Unwiſſenheit Entſchuldi⸗
gung“ — nur die Hälfte ſeiner Fracht verlieren foll.—
Georg Hochſtraßer, Bürger von Wien, führte 1575
fünfzehnhundert Ungariſche Schaffelle über Konigs:
wieſen, Zell und Pregarten nach Linz. Bey Pregarten
ergriff man ihn, und hielt ihn ſammt ſeinen Fellen in
Verhaftung. Weil er aber gar nie von dem Straßen⸗
zwang nach Freyſtadt gehört hatte, begnadigte ihn der
Kaiſer, und verwandelte die Confiscation der Pferde
und des Wagens in eine Geldſtrafe von vier Pfund
Pfennige. — Da ſich der nähmliche Fall mit Fuhr⸗
leuten von Wien febroftercignete, fo darf man annebe
ne 49 nua
men. dafi fich die Strafe aus Unteröſterreich über
Konigswiefen nad) Linz in cinem befferen Zuftande
| befunden babe al8 die andere von Wien liber Sf.
Polten nad Enns.
Eine fo bequeme Strafe lud die Rauflente ein,
ſich derfelben zu ihrem Woaarentransport zu bedienen.
Ge mehr aber derſelbe zunahm, deſto heftiger wider—⸗
ſetzten ſich die Bürger von Freyſtadt und wollten es
durchaus nicht geſtatten, daß Kaufmannsgüter auf
der Straße über Königswieſen nad Pregarten ge:
führt wurden, wenn man ſie gleich von dort dem Sta—
pelrechte gemäß nach Freyſtadt brachte. Es entſpann
ſich zwiſchen den Bürgern von Freyſtadt und Pregar⸗
ten cin Proceß, der mebrere Sabre hindurch mit gro—
fier Erbitterung geführt wurde. Ein Urtheilsſpruch
endigte ibn *).
Zwiſchen Frenftadt und Pregarten mar die Nube
durch die Landesregierung bergeftellet; aber zwiſchen
dieſer Stapelſtadt und dem Marfte Leonfelden ent:
ftanden immer fort noch neue Zivifte. Sim Fabre 1548
machten die Frenftadter die Entdedung, daf die Bür⸗
*) Er fautete woͤrtlich: „Beede Thail haben dasjenig, fo
ibnen pieuor durch Ergangen abſchiedt vnd khay. Declara=
tion zu ermeifen Auferlegt worden, genuegfamb bewißen,
derbalben bleibt erſtlichen denen von frevitatt die befreite
Niederlag nd die bandtierung an der Straf der beſchlag—
nen wahrn oder khauffmanßhandlung Alain, vnd dann
fuͤrs ander denen von Pregarten der gebrauchten Straß
durch den Khuͤnigswißerwalt mit Victualien vnd andern
fuern, ſouil wilkhierlich dahin khombt, billichen. Es ſein
auch die von der Freyſtatt die Victualia, die bey Inen
durchgefüert werden, vnaufgehalten paſſiren zu laſſen ſchul⸗
Dig. Die Expens vnd Vncoſſten fein gegen einander com=
penſiert und ‘aufgebebt. Actum Lynnz, den 23 November
Anno 89.
4
suo 50 so!
ger von Leonfelden in die ihnen nächſte Böhmiſche Gee
gend Gifen verfauften. Nach cinem zweyjährigen Pros
ceß entſchied der Kaiſer, daß die Burger von: Leonfele
den nur uber Freyſtadt, alfo durd einen ungeheuren
Umweg, Gifen nad) Böhmen verfubren dürfen. Dod
nach wenigen Jahren erſchollen neuerdings Klagen der
Freyſtädter über manche Verletzung ihres Stapelred=
tes und über Benützung verbothener Straßen. Wir
machen von ihnen keine Erwähnung. Um alle Strei⸗
tigkeiten gänzlich zu beſeitigen, erließ K. Maximilian
1571 einen Befehl, der den Kaufleuten genau die
Straßen vorzeichnete, auf welchen ſie durch die beyden
Mühlviertel ihre Waaren verführen follten *). Der
Statthalter Erzherzog Ernſt ſah das Nachtheilige
dieſes Straßenzwanges ein, und erlaubte 1876 zur
Beförderung des Salzhandels mit Böhmen, daß ſich
die Kaufleute der Straßen uber Leonfelden und Has:
lach bedienen durften **); aber È. Rudolph bat dieſe
Freyheit der Straßen ſchon im folgenden Jahre wie—
der eingeſchränkt XX5). Ben dieſer letzten Verordnung
blieb man ſtehen, und K. Leopold der Erſte erneuerte
ſie 1000 mit dem Beyſatz, daß die Herrſchaften im
Mühlviertel darüber wachen ſollten, daß ja keine neue
Seitenſtraße angelegt, und auch keine ſchon beſtehen—
de mit Kaufmannsgütern oder Lebensmitteln befah—
ren werde, wenn ſie unter der Zahl der verbothenen
ſteht ***). Erſt dem achtzehnten Jahrhundert war
*) Beylage Nro. XII.
e*) Beylage Nro. XIII.
e*%) Benlage Nro. XIV.
na1*) Als der — die Freyheit der dortigen Straße
wenigſtens fuͤr die Verfuͤhrung der Lebensmittel erhalten
hatte, eiferte dieſer Vortheil die Buͤrger des nahe gelegenen
Marktes Schenkenfelden an, ſich ein gleiches Vorrecht zu
mes 51 ---
dei Ruhm vorbehalten, den Handel im Innern und
nad Aufien von fo unmilrdigen Feſſeln des Mittelale
ter8 zu befreyen. Der verderbliche Strafenzmang
ward aufgeboben, und an die Stelle des leidigen Vers
bothes, keine neue Strafie anzulegen, trat der Befebl,
fie zur Belebung und Forderung des Handels und zur
Bequemlichkeit und auch gum Vortheile der Untertha:
men möglichſt zu vermebren. Wahrſcheinlich wird es
miemanden geben, der den alten Straßenzwang, eine
Mifgeburt des Mittelalter8, der neueren Handels—⸗
frenbeit vorziehen möchte, und mare er auch der innigſte
Verehrer der lieben alten Zeiten.
In der Geſchichte Oeſterreichs erſcheinet im Ber:
gleich anderer Viertel diefes Landes bas Mublviertel
im dunkelſten Hintergrunde als cine beynahe unbe—
kannte Gegend. Die Urſache davon iſt, daß von die:
ſem Theile Oberöſterreichs bisher noch äußerſt wenige
Urkunden und hiſtoriſche Notizen ſind bekannt gemacht
worden. Dieſem Mangel abzuhelfen und eine beträcht⸗
erwerben. Sie baueten eine Straße, und errichteten ſogar
eine Zollſtaͤtte. Dadurch fand ſich der Pfandinhaber der
Herrſchaft Waxenberg, Nicolaus Rabenhaupt von Sue⸗
«her, Hofkanzler, an (einem Vorrechte gekraͤnkt, denn Leon:
felden gehoͤrte zu ſeiner Herrtſchaft Waxenberg. Auf ſeine
Klage entſchied die Regierung in Wien am 20. November
1531, Daf dieſe neue Straße von keinem Kaufmann befah⸗
ven werden duͤrfe; Fuhrleute und Saumer folle man an:
balten. Die Burger von Schenkenfelden finnen zwar
ibre Hausbedirfaiffe auf diefer Strafe heimfuͤhren, alles
Uibrige muͤſſen fie aber auf den zwey erfaubten Straßen
uͤber Frepftadt oder Leonfelden herzu oder nad Boͤhmen
bringen. Die woblverdiente Strafe wurde ihnen jedoch
vachgeſehen — „in Bedenkung ihres grofen Verderbens,
ſo ihnen juͤngſtlich und vor durch Brunſt und in ander Weg
zugeſtanden.“ — Der Raifer beftàtigte diefen Sprud der
Regierung.
h *
neo 52 seo
liche Lücke im unferer vaterländiſchen Geſchichte mig:
lichſt auszufüllen, iſt der ſehnlichſte Wunſch des Vers
faſſers des gegenwärtigen Buches. Daher kam es
auch, daß die Geſchichte des Straßenzwanges von
Freyſtadt weitläufiger abgehandelt, und durch mehrere
—9 — noch unbekannte Urkunden beglaubiget wurde.
Wir wenden uns nun zur Stadt Steyr. Da auch
diefe Stadt das Privilegium eines Stapelrechtes oder
| einer, fogenannten Niederlage, wenn gleid) einge—
ſchränkter als Frenfradt, befafi, fo gab es auch dort
fur die Umgebungen cinen Strafienzivang. Dir fon:
nen uns darüber kürzer faffen, da mir Preuenhuber's
Steyriſche Jahrbücher im Drucke befiben. Nod Un:
bekanntes läßt ſich nicht vieles hinzuſetzen, da leider
alle alten Urkunden dieſer cinft ſehr wichtigen Stadt
zu Grunde gegangen find.
Das erfte, uns bekannte Stapelredt auf Gol *
Eiſen hat die Stadt Steyr 1287 vom H. Albrecht
erbalten *). Ein jeder, melder Diefe W>aaren zum |
Verkauf in die Stadt bracdte, mufite dort drey Tage
vermeifen und'abmarten, ob fie ibm cin Bürger um
einen billigen Preis abfaufen würde; erſt am vierten
Tag durfte er damit weiter reifen, ohne auf einen Er-
fab der Koften, die ibm cin dbrentagiger Aufenthalt
verurſachte, Anſpruch machen zu Fonnen. — Zu die
fem Vorrechte gefellfen ſich nach damahliger Sitte
immerfort neue Freyheiten der Bürger von Steyr,
*) Preuenhuber, S. 36. Quicunque ferrum vel ligna duxe-
bit ad civitatem vendenda, per tridunm ‘ibi remaneat,
ligna fua et ferrum, quod attulit, civibns memoratis foro
‘et aeflimatione commani, conditione priùs pofita, vendi-
turus. Quodfi cives iidem infra dictùm tempus merces .
ipfiusemere non curarint, liceat venditori cum rebus
fuis, impedimento remoto, quo voluerit declinare,
so 53 «sc.
welche einer weitläufigen Umgebung ‘su großem Nach⸗
theil gereichten und die Freyheit des Handels außer⸗
ordentlich hemmten Kann man gleich die Zeit, in wel⸗
cher ſolche Privilegien ertheilt wurden, aus Mangel
der Urkunden nicht immer angeben, ſo erhellet doch ihr
früheres Daſeyn unläugbar aus ſpäteren Streitigkei⸗
teri; Die ſich darüber erhoben haben.
WVorzüglich freygebig mit dergleichen Vorrechte
bat ſich H. Rudolph det Vierte gegen die Steyrer bee
wieſen. Nachdem er ihnen 1350 den Holzvorkauf in
den nahe gelegenen Wäldern eingeräumet, erließ er an
ſeinen dortigen Burggrafen und die übrigen berzogli:
chen Beamten 1300 den Befehl, daß ſie darüber wa⸗
chen ſollten, daß das Eiſen auf keiner andern Straße
als über Steyr verführet werde ). Die Aufſicht, daß
Venetianiſche Waaren nicht auf verbothenen Straßen
über den Pyrn, über Raſtatt oder durch andere Orte,
ſondern nur ganz allein über Zeyring eingeführt wer⸗
den, hat H. Albrecht 1370 den Bürgern von Steyr
anvertrauet und'fie bevollmächtiget, alle Uibertreter
dieſes Straßengebothes ſammt ihren Waaren zu ver⸗
ope o mp pro st È doi gen
Um den Eiſenhandel der Steyrer möglichſt empor⸗
qubringen, wurden zum Nachtheil aller Nebenbuhler,
die doch ebenfalls Oeſterreichiſche Unterthanen waren,
die ſonderbarſten Befehle erlaſſen. In Waidhofen an
der Ips gab es ſchon frühzeitig Eiſenarbeiter verſchie—
dener Art. Um ihrem Handel Einhalt zu thun, erließ
H. Albrecht 1571 die Verordnung, daß die Bürger
von Waidhofen aus Eiſenarzt nur ſo viel Eiſen aus:
führen ſollen, als der Bedarf ihrer Stadt fordere.
*) L.c. p.56.
**) L. c. p.57.
—
dui 54 0
Zugleich wurden ibnen alle Verfendungen ibret Fas
bricate an andere Orte, Steyr und Enns ausgenom⸗
men, firenge unterfagt; würden fie diefes Geboth uber
treten, fo ſollte ihnen zu Eifenarzt gar fein Eiſen mehr
geliefert werden, und überdieß noch cine andere Strafe
folgen. Zugleich bat Albrecht die Cinfubr des Böhmi⸗
ſchen und Bayeriſchen Eiſens in Oeſterreich gänzlich
verbothen*). Sogar der Handel nach Venedig wurde
der Stadt Waidbofen mir mit gemiffen Einſchränkun⸗
gen erlaubt, anfiatt daß man ihn möglichſt befordert
batte **).. , prole Î
Zu dieſen verFebrten Unftalten, welche allem Han⸗
del großen Abbruch thaten, geſellte ſich noch ein arger
Straßenzwang für die Ausfuhr des rohen Eiſens.
Daſſelbe mußte vom Bergwerk nach Reiffling ge—
bracht, von dort auf dem Fluß Enns nach dem ſoge⸗
nannten Kaſten, und dann erſt nach Steyr und Enns
verfubrefmerden ***); andere Straßen, wie z. B. die
Strafie uber die Heide nad Waidhofen, waren det
Eiſenfuhren eben fo, mie den mit Venetianiſchen Waa⸗
ren beladenen Wagen gänzlich unterfagt; es mar ib-
nen die Strafe nad Stenr angemiefen 99), Die .
fem Strafenzmang und aucd dem Stapelredte der
Stenrer unterlagen die Bürger von Weyer eben fo
wie Andere, obgleich ſie näher am Erzgebirge lagen
*) Lic. p.61. Der Tert ift hier dunkel: „Ingleichen ſollen
die von Waithoven nicht mehr Kauffmannſch afft gen Vene:
dig fuͤhren, alè mas ſie zu ihrer Stadt bedurffen.// — An⸗
ftatt, gen, muß geleſen werden: von Venedig. Dieſes er=
bellet aus fpateren Urfunden. Albrechts Verordnung ift
vom K. 13572.
**#*)L.c. p.61. VomF.1373.
*4**) L. c. p.63.Bom J. 1379.
— — 55 22
und häufige Eiſenarbeiten lieferten. Einen Streit
zwiſchen ihnen und den Steyrern legte H. Albrecht
1384 durch folgenden Ausſpruch bey: Wenn die
Bürger von Weyer Eiſenwaaren gu Waſſer oder gu
Lande gegen Steyr heraus bringen, fo find ſie vere
pflichtet, diefelben dren Tage bindurd in der Stadt
feilzubiethen, und fie um den Schätzungswerth, vel:
chen zwey ebrbare Rathsbürger beftimmen werden,
einem Bürger von Steyr zu verfaufen. Erft am vier⸗
ten Tage ſteht es ihnen frey, ihre Waaren an ihnen
beliebige Orte weiter zu führen *).
Von dieſem harten Zwange wurde der Handel
mit Eiſen und Venetianiſchen Waaren auch im fünf—
zehnten Jahrhundert nicht befreyet, ſondern durch
neue Verordnungen immer noch mehr beſchränket.
Zur Begünſtigung der Steyrer wurde 1410 den
Kirchdorfern der Vorkauf und die Verführung Vene⸗
tianiſcher Waaren über Zeyring und überhaupt auf
allen Straßen, fo wie auch des Eiſens über die Burch—
au und über den Pyrn bey Confiscationsſtrafe verbo⸗
then **). Aehnliche Befehle erließ K. Friedrich 1443.
Er verboth den Waidhofern, mehr Eiſen und Venetia:
niſche Waaren nach Hauſe zu bringen, als ihr eigener
Bedarf fordert; Handel damit zu treiben, ward ihnen
und den Bewohnern des Dorfes Hollenſtein never:
dings unterſagt, und zugleich der alte Straßenzwang
wieder eingeſchärft ***). — Eine zweyte Verordnung
K. Friedrichs vom Jahre 1449 ſetzte den Zoll feſt,
Der für Das aus der Steyermark abgehende Eiſen be⸗
*) Lc. p. 66.
#*)L.c. p. 78.
+) L.c. p.95. Diefe Verordnung wurde 1460 vom H. Al⸗
brecht ernerert. Ibid. p. 113.
222 56 ur
zahlt werden mußte; zugleich ward befohlen, daß das
Eiſen von Vordernberg ohne Ausnahme nach Leoben,
jenes von Innernberg aber nach Oeſterreich verhandelt
werden müſſe. In Vordernberg wurden vom Kaiſer
nur vier Eiſenhämmer, und jedem derſelben nur Eine
Feuerſtätte erlaubt; in Innernberg verboth er die
Eiſenhämmer zu vermebren*). Me
Sn allen diefen Urfunden geſchieht zwar von dem
wilden Monopolium der Steprer keine Erwähnung,
welches fie gefeglich in Snnernberg ausübten, und doch
var es ſchon lange vorbanden. Die dortigen Sammera
und Radmeiſter durften ibr rohes und geſchlagenes
Gifen niemanden als nur den Bürgern von Steyr
verfaufen; legtere Famen nad Smnernberg, erbobett
Die vorbandenen Vorrathe, und leifteten auf der Stelle
Die Zablung dafur. Diefe8 Vorrechtes bedienten ſich
Die Steyrer, fo lange fieim Stande waren, das Eiſen
in Innernberg zu gablen und zu verfubren. Als aber
mwabrend der letzten Jahre der unglücklichen Regierung
K. Friedrichs ganz Oeſterreich von Ungarn, Boͤhmen,
Freybeutern und auch vom eigenen inländiſchen Adel
durch Raub, Mord und Brand ſchrecklich verheeret
wurde, ſank der vorige Wohlſtand der Stadt Steyr,
Die daben vorzüglich gelitten hat **), fo tief, daß die
verarmten Bürger nicht mehr ſo viel an Vermögen
beſaßen, das vorräthige Eiſen in Innernberg auszu:
zahlen und zu verführen. Dadurch geriethen die dorti:
gen Hammermeiſter in eine große Verlegenheit; ſie
durften ihr Eiſen nur allein den Steyrern verkau—⸗
fen, und dieſe hohlten die aufgehäuften Vorräthe nicht
ab. Um-diefem Nothſtande zu entgehen, wendeten ſich
*) L.c.p.97, î
**) Defterreid unter È. Friedrich IV. Th. IL S. 73, u. fi
die Hammermeiſter an den Raifer und bathen um
Hülfe. Diefer that gu Gra folgenden Ausfprud :
Den Steyrern bleibt ihr altes Einkaufsrecht des
Gifens in Innernberg unverletzt, fo lange ſie im
Stande find, alles dort vorrathige Eiſen zu bezablen
und fortzubringen. Werden fie aber durd) ibre Ver
mögenszuſtände daran verbindert, fo baben die Rads
und Sammermeifter die volle Frenbheit, ibr Eifen mem
immer zu verfaufen, In dieſem Falle bort aller Zwang
auf, das Eiſen in der Stadt Steyr niederzulegen;
esfannungehindert vorbengefubrt werden. Uibrigens
foll'diefe Einſchränkung des alten Kaufs⸗ und Stra:
fenzivanges der ‘ Steprer mit dem gegenmartigen
Kriege wieder aufhören, und mit dem Frieden tritf
ihr Privilegium neuerdings in feine vorige Kraft;
nur müſſen dann die Steyrer nad) alter Sitte wieder
monathlich das vorrathige Eiſen abboblen und auf der
Stelle bezablen *) Da der Krieg mit den Ungarn
und mit den viclen adeligen Frepbeutern im Lande
mabrend der legten Regierungsjabre È. Friedrichs
fein Ende nahm: fo gemann dadurd) die Freyheit
des Eifenbandels immer an Ausdehnung und Kraft,
und das alte ſchädliche Monvpolium der Stenrer
mabete ſich ſammt dem damit verbundenen Straßen⸗
zwang feimem wohlverdienten Ende.
Aud der Stadt Waidbofen gelang es nad) einem
hundertjährigen Streite, ſich eine grofere Freyheit
ihres Handels zu erringen. Bis gum Sabre 1501
muffe fie den Stahl und das Eiſen, wenn der Vorrath
deffelben den Bedarf der Bürger uberftieg, auf der
beftimmten Strafe nach Steyr und Enns liefern ;
zugleich durfte ſie aud) nicht mehr Venetianiſche Waa⸗
*) Preuenhuber, S. 134
CTS 58 PRA, i
ten einführen, al8 die eigenen Bürger gu ihrem tig?
lichen Gebrauch nöthig hatten: der Handel mit Stahl,
Eiſen, und ausländiſchen Waaren außerhalb des
Stadtgebiethes mar den Waidhofern ſtrenge verbo⸗⸗
then. Was ſie ſeit langer Zeit ſehnlichſt gewünſcht,
haben ſie endlich, wiewohl nicht vollſtändig, doch we⸗
nigſtens zum Theil erhalten. Eine kaiſerliche Commiſ⸗
ſion in Linz ſicherte ihnen die Befugniß zu, innerhalb
eines Bezirkes von drey Meilen gegen Amſtetten und
Blindenmarkt den Bewohnern deſſelben Eiſen, Stahl
und Venetianiſche Waaren zu ihrem eigenen Bedarf
verkaufen zu dürfen; unter letzteren werden ausdrück⸗
lich ſüße Weine, Specerenen, Debl, Scife, Feigen,
Mandeln, Weinbeeren und Fafttagsfpeifen, das ift,
Seefiſche genannt *). Der Unfang mar einmahl ge:
macht, und es fonnte nicht feblen, daß ein Glied nach
Dem andern von den Feffeln ſich unmerklich auflöſete
oder auch mit Gewalt zerfprengt murde, unter melden
der Handel viel gu lange geſchmachtet hat. Es danerte
indeffen Dod) mod) ein Paar Fabrbunderte, bis die
alten Stapelredhte ciniger Stadte und der damit vers
bundene Straßenzwang in Oeſterreich gänzlich vers
ſchwanden, und einem freperen, lebendigern Handel
Plag machten.
Da der Straßenzwang gewöhnlich die Folge
eines Stapelrechtes gemefen ift, das ciner Stadt
entmeder ‘auf : alle Kaufmannsgüter oder nur auf
cinzelne beftimmte Sandelsartifel verliehen wurde:
fo ift e8 an der Ordnung, von: dieſem vorzüglichen
Hinderniß des freyen Verkehrs zwiſchen In— und
Ausländern Erwähnung zu thun.
*) Lic. p. 170, 176 und 177.
as. 509 ae
Dritter AbfOnitf
e elrechte und Verboth eines laͤngeren Aufenthaltes fuͤr freui⸗
e Kaufleute Dieſe duͤrfen auch nur mit den Buͤrgern in
den Staͤdten Handel treiben.
Das Stapelrecht mar die Befugniß, die durch—
oder vorbeyziehenden Kaufleute zu nöthigen, ihre
Waaren auf cine beſtimmte Zeit abzulegen, und ſie
den Bürgern zum Verkaufe anzubiethen *). Sehr
frühzeitig wurde dieſes Recht nicht nur gegen die
Kaufleute, die durch einen Stapelort zogen, ange—
wendet, fondern auch auf ſolche ausgedehnet, die in
einer beträchtlichen Entfernung von einigen Meilen
vor demſelben mit Waaren vorbeyreiſeten. Beyſpiele
davon haben wir bereits in dem Abſchnitt über den
Straßenzwang bey Wien, Freyſtadt und Steyr zur
Genüge vernommen.
Was K. Ludivig das Kind in ſeinem Zolltarif file
die Salzſchiffe, die von oben herab famen, verordnet
bat, fiebt einem Stapelrechte febr ähnlich; fie durfe
ten, wenn fie den Paſſauerwald vorbengefabren wa—⸗
ren, nicht früher Salz verkaufen, als bis ſie Ebelsberg
erreicht hatten *5). Gn der Urkunde H. Ottokars fur
die Regensburger erſcheinet 1190 ſchon ein offenbares,
wenn gleich nicht uneingeſchränktes Stapelrecht der
*) Pfeffinger, I.c. L. III. Tit. II c. 46. p. 71. Stapula eſt fo-
rum feu locus publicus in urbe defignatus, quo, Impera-
toris ſeu Ducis privilegio, merces exonerandae et venum
exponendae funt, antequam alio devehantur. — Dieſes
Vorredt wurde aud jus emporii, frepe Niederlage,
Soiff = oder Anlandungszwang genannt.
®*) Oefele, lc. T.I p.718: Naves falinariae, ut fylvam Pa-
tavienfem tranfierunt, nusquam vendant; donec Epe-
ragspurch veniant.
Na
eo 60 es.
Stadt Enns, welches derfelben fiir die Dauer des
Sabrmarftes verlieben war. Siffe, die am Vor—
abend des Feſtes Maria Verkündigung ankamen,
konnten ihre Reiſe nach Belieben fortfetzen; war der
Morgen dieſes Feſttages angebrochen, fo durfte kein
ankommendes Schiff weiter fortfahren, ſondern muß⸗
fe das Ende des Jahrmarktes abwarten *). Die
Verordnung im Stadtrechte, welches H. Leopold
1108 den Wienern gegeben bat, daß kein ausländi⸗
ſcher Kaufmann mit ſeinen Waaren von Wien hin⸗
weg nad) Ungarn fortwandern dürfe **), deutet eben⸗
falls ſchon auf ein Stapelrecht hin, und die beynahe
wörtliche Erneuerung derſelben K. Rudolphs vom
Jahre 1278 läßt uns hierüber keinen Zweifel mehr
übrig ***. Gn Steyr mußten Gol = und Eiſen⸗
bandler drey Tage hindurch ihre Waaren den Bür⸗
gern zum Verkauf anbiethen, und durften erſt al8=
dann mit denfelben weiter ziehen Xx).
3
*) Scheid, l. c. Forma renovationis hec eſt, ut in Annuncia-
tione beate Marie virginis queque navis Anafum ve-
niens , ibi maneat usque ad terminationem fori, et nihil
ab ea exigatur, hoc excepto, quod si in prima vespera
venerit, transeat, si vero mane, non procedat. i
€*) Lazius, l. c. p.74. Nulli civium de Suevia, vel de Ratis-
bona, vel'de Patavia liceat intrare cum mercibuò fuis in
Hungariam.
#0) fambacder, im Anhang, S. 156. Nulli homini de Suevia,
vel Ratisbona, vel Patavia, vel de terris aliis quibùfcun-
que liceat intrare cum mercibus fuis in Hungariam, fed
via regia in Viennam procedat tantummodo, et deponat-
ibi per fingula merces ſuas; quicanque contrarium fe-
cerit, folvat civitati duo talenta auri.
4443) Preuenhuber, S. 36. Fn der Beſtaͤttigung der alten privi⸗
legien der Stadt Steyr ſagt H. Albrecht im Jahre 1287:
Quicunque ferrum vel ligna duxerit ad civitatem ven-
denda, per triduum ibi romaneat, ligna fua et ferrum,
-
TOS 61 ma
Anftatt dergleidjen ‘alte Stapelprivilegion zur
Erleichterung des Handels einzuſchränken oder gang
aufzuheben, ernenerten fie unfre Herjoge in Deftere
reid) immer nenerdings, und ertheilten noch nene bin:
gu. Im Sabre 1340 befabl H. Albrecht ganz nad
Dem Beyſpiele feiner Vorfabren, daf man es keinem
fremden Kaufimann geftatten foll, feine Waaren von
Wien nad) Ungarn zu verführen, fondern er foll dies
felben in der genannten Stadt niederlegen und fie
dort verfaufen *) ; Ungariſche und Italieniſche Weine
durften innerbalb des Burgfriedens gar nicht einge:
führet werden **). Eben fo murde die Stadt Enns
1558 mit cinem neuen Privilegium begnabdiget, wel⸗
ches alle Niederlagen von Waaren zwiſchen Sindle
burg und Ebelsberg unterfagte ***).
quod attulit, civibns memoratis foro et aeftimatione
communi; conditione prius pofita, venditurus. Quod fi
cives iidem infra dictum tempus merces ipfius emere
non curarint, liceat venditori cum rebus fuis, impedi-
|| mento remoto; quo voluerit declinare,
*) Rauch, T. II. p.52. Ouch fol dbainem manne, von Swa⸗
‘ben, oder von Negenfpurd, oder von Pazzow, oder von
fivelbem andern Lande, vrlaub fein gen Vngern je uaren,
mit feinem choufſchatz, Sunder er fol varen den redten
weg, gen Wienne, vnd hab da niderleg.“ — Gn dem Bolle
privilegium, das È. Friedrich den Wienern 1320 verliehen
bat, werden noch mebrere auslaͤndiſche Kaufleute angege:
ben: „Alle Smoben «alle Negenfpiirger . Alle Aber . alle
Megier. Alle Maftrireri: Lc. p. 20,
#*) Lic. p..58. Verfaufte jemand ſolchen verbothenen Wein,
ſo befabl das Geſetz: „Daz man in nider ſlach (ausrinnen
laffe) auf die erde, oder in daz fpital gebe.
#4*) Wir Aloredt . . enbeuten vnfern lieben getreton, allen
Hawbtlewten, Purgrafen und Pfegern, den der brief ge=
zaigt wirt, vnnfer gnad vnd alles gut . Wir gepieten euch
vnd wellen gar ernſtleich, daz Ir zwiſchen Sundlwurg vnd
Eblſperg khainer Niderlag mir khainer Khaufmanſchaft me:
CESSS 62 “©
Um der verarmien Stadt Geimburg wieder aufe
subelfen, verlieben ihr die Herzoge Albrecht und Leo-
polòd auf fünf Fabre ein Stapelrecht, und befreyeten
die dortigen Burger, welche Handel trieben, auf drey
Sabre von aller Mauth*). Die Stadt Wels erbielt >
1372 cin neues Stapelredt fur allen Holzhandel
auf der Traun und den andern naben Flüſſen auf:
und abwärts **); auf der Enns und Steyr und in
den dortigen Gegenden übten die Bürger von Steyr
daffelbe Necht aus, und waren im alleinigen Befige
des Holzhandels. Die Bürger des Marktes Aſpach
hatten ein Stapelrecht auf alles Eiſen, das in ihre
der auf waſſer noch auf Lanndt geſtattet, denn in vnſer
Statt ze Enns, dahin ſolch durch an vnſer Mamt khomen
fol, als es von Alltter herbracht iſt Geben ze Wienn an
Greptag vor fandi Ugnefen tag (am 19. Jaͤnner) anno
domini M. CCC.L. actauo.// — Aug dem Ennfer Ar=
civ. — Hier bedeutet das Wort Niederlage fein Stapel=
redt im eigentliden Sinne des Wortes, denn ein ſolches
war zwiſchen Sindlburg und Ebelsberg ohnehin nicht vor=
banden; man muf Ddarunter ein Waarenlager oder ein
Waarenmagazin verfteben, welches Kauffeute în derfelben
Gegend zum Abbruch des Handels der Ennfer nicht anfe:
gen durften.
*) Senkenberg, Selecta juris, T. IV. p. 239. Vir Albrecht
und Leuppolt..becennen... da; wir genedeklich angeſe⸗
hen haben manigualtig gepreften vnd befmerung, die un:
fern purgern und der fiat je Haimburg anligent, davon fi
groͤslich abchomen und bechrankt find, undbabenin... die
gnad getam. daz Die egenante purger in der vorgenan:
ten unfer ftat je baimburg Niderfegung allerley fauf=
manſchaft, mie die genant ift, haben fullen fiinf gan—
cze Far... alfo mannen und von melfen fanden die da:
bin chumpt, es fei auf waſſer oder auf fande, daz man
Di daſelbs niderlegen und vercouffen fol an —
clich widerrede.
**) Beylage Nro: XV.
cu 63 —-
Naäͤhe Fam, feit undenflifen Zeiten *). Die Städte
Stein und Krems erbielten zur Belobnung der Treue,
die fie dem Raifer Friedrid) ermiefen haben, während
er in der Burg zu Wien belagert murde, 1463 das
Stapelrecht, deffen ſich zuvor die Bürger von Wien
gu erfreuen hatten **).
Freyſtadt war einſtens als Gränzfeſtung und als
Handelsſtadt berühmt. Die dortigen Bürger übten
das Stapelrecht, das ihnen 1277 K. Nudolph verlie⸗
hen und die ſpäteren Landesfürſten fort und fort er⸗
neuert haben, mit großer Strenge aus, wie mir die—
ſes bereits vernommen haben. Ganze, und noch dazu
ſehr beſchwerliche Tagereiſen mußte man nutzlos, ja
zu großem Schaden nur dazu verwenden, um dem
Stapelrechte dieſer Stadt Genüge zu leiſten. Man
werfe nur einen Blick auf eine Specialcharte des
oberen und unteren Mühlviertels, und man kann ſich
leicht von dem ſchweren Druck der Handelsleute
überzeugen, die man nöthigte, von den weit entfern⸗
ten Gränzen Oberöſterreichs mit ihren Waaren nach
Freyſtadt zu kommen. Dieſem unleidlichen Zwange
waren auch die Böhmen unterworfen, die nad) Ober⸗
öſterreich handelten; ſie mußten ſich bequemen, in
Freyſtadt ihre Waeren abzulegen und ſie den Bür⸗
gern zum Kaufe anzubiethen. Durch die Vortheile,
welche die Burger von Freyſtadt aus ihrem Stapel⸗
rechte von den Böhmen zogen, aufmerkſam gemacht,
ertheilte der Kaiſer Carl ſeiner Stadt Budweis im
Sabre 1351 das nähmliche Vorrecht und verordnete,
Daf alle Sandelsleute, die von Freyſtadt nad Böh⸗
*) Meichelbeck, 1. e. T. IT. p.84. Swaz vfené man furt durch
i di perge, Daz bat Niderlege daz ge Aſpach.
**) Rauch, T. III. p. 371, i
ses 6A nu
— men kämen, gehalten ſeyn follten mad) Budweis ju
fabren, und dort drey Tage bindurd ibre Waaren
feil zu biethen So erſchwerte cin Land dem an:
dern durch unbefonnene Privilegien den gegenfeitigen
Handel, und: eben dadurd) auch das Emporfommen.
des Kunſtfleißes und der Landescultur. i dis
Der Marft Mauthaufen batte cin Stapelrecht
ganz cigener Art. Waaren, die zu Waſſer dorthin ge
bracht wurden, fonnten auf den Siffen frey und
ungebindert an jedermann verfauft werden; fie aber
an'8 Land gu bringen und dort zu verbandeln, war
verbothen, denn dieß ware cin Eingriff in die Hans
delsvorrechte der Bürger des Marftes gemefen. Um
die naben Umgebungen zu sivingen, ibre Bedurfniffe
den Bürgern von Mauthaufen abzufaufen, bat ſchon
5. Albredht der Lahme verbothen, ‘im Marfte Au
Waaren aus den Soiffen an's Land gu bringen oder
Magazine für diefelben zu errichten ; fein Sohn, H.
Albrecht der Dritte, dehnte diefes Berboth aud auf
das nahe Dorf Albern aus. Ga was noch mebr ift:
Sagar den hoch begiinftigten Bürgern von Freyſtadt
war aller Handel nad Mauthaufen zu Lande unter
fagt; wollten fie dort Waaren verFaufen, fo mußten
fie diefelben auf Schiffe bringen, und ohne fie aus:
quladen, dem alten Vorrechte der Maufhaufer gemafi
quf dem Waſſer verbandeln **).
*) Pelzel, Kaiſer Earl der Vierte. Th. J. S. 331.
#*) Beplage Nro. XV. A. Die Originale der Marfturfunden
von Mautbaufen find bepnabe alfe verforen gegangen. Zu
gutem Gluͤcke haben ſich Abſchriften davon in einem ſoge—
nannten Markibuche erhalten, das im Anfange des adt:
zehnten Jahrhunderts iſt geſchrieben worden. Aus dieſem
werden die hierher gehoͤrigen Privilegien und Notizen auf⸗
gefuͤhrt. —
e 65 nau
Mancherley nenere Privilegien über die Stapele
| — übergehen wir mit Stillſchweigen/ denn ſie ent⸗
halten nichts Merkwürdiges *). In einem derſelben
vom Jahre 1568, in welchem vom Handel mit Häu⸗
ten und Fellen die Rede ift, wird Ce: Linz eine Nie⸗
derlagftadt genannt **).
Dasß È. Heinrich der Vogler zur Ausbildung der
Stadteverfaffung einen neuen Grund geleget, und
eben dadurch aud den Gemerbfleif und Handel der
Deutſchen befordert bat, ift eine Thatſache, die feines
Bemeifes bedarf. Die Stapelredte der Städte wa—
ren eine Folge davon. Man hat fie als ein Meiſterſtück
der altdeutſchen Staatsflugheit ſehr hoch angeprieſen.
Für die Zeiten des Beginnens der bürgerlichen Frey—
heit und ihrer höchſt erſprießlichen Folgen, zu denen
auch der Handel gehört, waren Stapelrechte eine vor⸗
treffliche Einrichtung, fingen aber in ſpäteren Zeiten
bey ganz veränderten Verhältniſſen an, einen ſchädli⸗
chen Monopoliengeiſt zu ernähren, der Freyheit und
Regſamkeit des Gandel Abbrud gu thun, und der
grofieren Anzahl des Volkes cine drückende Laft ju
werden, Viel zu lange bat der Stapelzwang auf unfe-
ren Vorfabren gelaftet; freuen ivir uns, daf uns.
dieſes alte Handelsjoch nicht mehr nöthiget, unfre
Bedürfniſſe an beſtimmten Plätzen kaufen zu müſ—
ſen stone 1
Um Auslander moglichft einzuſchränken und ib:
nen die Vortheile des Handels zu entreifien, erfann
man das fonderbare Mittel, ibmen mur einen kurzen
*) Guarient, Th. II. S. 57, u. f.
*) A. a. O E. 80.
e) Fiſcher, Geſchichte des Handels. Th. I. 6.4 413,4. f. Und
Th. I. S. 314, 4. f.
5
ao 06 o
Uufentbalt in Oeſterreich während eines Sabres gu
geftatten. Dadurd molte man fie zwingen, ibre wich⸗
tigſten Geſchäfte den Bürgern in Stapelſtädten an⸗
zuvertrauen, und legterem deſto gewiſſer ein ſehr
ſchädliches Monopolium einräumen. Dieſe elende
Erfindung war keineswegs neu, denn in Conſtantino⸗
pel hat man, um die dortigen Bürger geſchwinde zu
bereichern, ſchon viel früher den Ruſſen verbothen, in
dieſer Stadt zu überwintern. Durch dieſe ſchlechte
Handelsfpeculation ward aber der ſehr einträgliche
Zwiſchenhandel in Conſtantinopel zu Grunde gerich—⸗
tet, und die klügeren Venetianer eilten, den Ruſſen
am Duieper die Waaren entgegen zu bringen, die
erftere quvor in Conftantinopel aufgefauft haben *).
Un ähnlichen Privilegion feblte es den Stapelftadten
in Oeſterreich nicht ; daf fie feinen fo großen Schaden
wie in Conſtantinopel anrichten fonnten; batte unfer -
Vaterland der flugen Umficht der Bürger zu verdan⸗
fen, die ſich dergleichen Begünſtigungen verbatbett,
meil fie als Handelsleute es beſſer verſtanden, daß
unwürdige Feſſeln, die man auswärtigen Kaufleuten
anlegen wollte, auch dem eigenen Handel unausbleib⸗
liche Nachtheile zuziehen wurden.
Die älteſte Urkunde, die ein Verboth eines fort:
dauernden Aufentbalte8 in Defterreid für auslandi:
ſche Kaufleute enthalt, ift Das Stadtrecht von Wien,
welches H. Leopold 1198 erlaſſen hat. Zwey Mona:
the im Jahre vergönnte Leopold fremden Kaufleuten
in Wien gu bleiben, und dort ihre Waaren den Bur
gern zu verkaufen, mit Andern war ihnen aller Han⸗
del gänzlich verbothen. Zugleich ward ihnen unter⸗
ſagt, Gold oder Silber in Wien zu kaufen; pren
9 Hůülmann, Geld. des Byzʒantiſchen Handels, S. 121.
fie aber edle Metalle, fo durfidi fie diefelben miemante
den al8 nur der herzoglichen Rammer verfaufen*).
War nur cinmabl cin Privilegium vorbanden, fo
ward es auch beynahe immer von den nadfolgenden
Landesfurften al8 eine ehrwürdige Gabe des Vorfahrs
angefehen, und ohne meitere Unterfudung der guten
oder ſchlimmen Folgen gnädigſt erneuert, oft auch
mit neuen Zuſätzen vermehret. H. Friedrich der
Streitbare glaubte den Bürgern vom Heimburg eine
koͤſtliche Gabe zu ſpenden, da er fremden Kaufleuten
verboth, ſich mit ihren Waaren eine längere Zeit hin—
durch in derſelben Stadt gu vermeilen**). Der vor:
ſichtige und fluge Kaiſer Rudolph ging bey Neuerun—
gen in Oeſterreich febr bedächtlich zu Werke, und ließ
die alten Privilegien dieſer neuen Unterthanen ſeines
Hauſes, um ſie nicht zum Widerſtande aufzureitzen,
gänzlich unangetaſtet, und beſtätigte ſie. Wahrſchein⸗
lich war er von den Vorurtheilen ſeiner Zeit in Nude
ficht des Handels eben fo mie die übrigen Fürſten be:
fangen, denn auch er verboth 1278 fremden Kaufleu⸗
ten langer als zwey PMonathe in Wien zu vermeilen,
und ermenerte wörtlich die alten Verordnungen H.
Leopolds vom Fabre 1108, welche Auslandern ein
unerträgliches Joch aufburdeten ***). Dod ſchon
nach drey Jahren faben es die Defterreicher cin, daß
unter einem ſolchen Drud der Handel mit dem Uuss
lande nicht gedeiben fonnte. Der Landesvermefer und
*) Lazius, l. c.p. 75. Nemo etiam extraneorum mercator
moreturin civitate cum mercibus fuis ultra duos men-
*. fes,nec vendat merces quas adduxit extraneo, fed tantum
civi, et non emat aurum et argentum . Si habeat aurum
vel argentum, non vendat nifi ad cameram noftram.
#*) Senkenberg, Vifiones, p. 280.
#**) fambader, S. 156.
5 *
ne. 08 ce
nachmahlige Herzog Albrecht, der Adel des Landes
und die Bürger Wiens bathen Rudolphen, ein ſo
ſchädliches Privilegium aufzuheben, und dieſer gab
ihren Vorſtellungen cin geneigtes Gehör. Alrecht
machte eine neue Handelsordnung für Wien bekannt.
Das Stapelrecht wurde aufrecht erhalten, aber den
fremden Kaufleuten erlaubt, nach ihrem Belieben oh⸗
ne Zeitbeſtimmung ihre Wohnung in Wien aufe
ſchlagen, und nicht mit den dortigen Bürgern allein,
fomdern mit Alen ohne Unterſchied, mit Sn- und
Austandern, bandeln zu dürfen. Zugleid ward ihnen
verſtattet, ihre Waaren entmeder auf der Landfirafie
oder aufdem Waſſer — legteres war bisher auf eine
unbegreifliche Weife verbothen — nad) Wien zu brin⸗
gen 9
Aus dieſem erhellet, daß ſich dem Raifet, feinem
Sohne Albrecht, dem Udel Defterreih8 und den
Bürgern von Wien cine traurige Erfabrung des
bisherigen ſchlechten Zuſtandes, und mit dieſer eine
hellere Anſicht über die unentbehrlichſten Bedürfniſſe
eines blühenden Handels aufgedrungen und ſie genö⸗
thiget haben, einen Schritt vorwärts zu thun. Damit
glaubten ſie aber ſchon am Ziele zu ſeyn und ihrer
Pflicht vollkommen Genüge gethan zu haben. Sie
ſind zu bedauern, die Kurzſichtigen, deren Blick nicht
weiter reichte als bloß nur auf das Nächſte und Auf:
fallendfie; das wahre, innerfte Weſen Des Handels,
fein eigentliches Leben: die möglichſte Freyheit, durch
)e.p. 189 et leq. Der Epoufman ſchol do fein mit ſeinem
Choufſchatz als lang er will, und ſchol ſeinen coufſchatz,
den er her ze Wienen bringet, ze coufen geben an trug, und
an boße liſte allen Leuten, purgern, und Geſten ſi ſein inner
Lants oder auzzer Lants prive von Vngern, oder von
Swane fi ſein.
cen (0)
keine unnützen oder gar ſchädlichen Monopolien—
Vorrechte beengt, blieb ihren Augen verborgen, ihren
beſchränkten Einſichten unerreichbar. Nicht einmahl
ſo weit konnten ſie ſich aufſchwingen, daß ſie das,
was ſie für die Stadt Wien als ſchädlich erkannten,
auch für das ganze Land Oeſterreich abgeſchafft batten.
Ein neues Privilegium für Wien, wodurch ein Theil
eines älteren abgeſchafft wurde, mar alles mas erfolg⸗
tei die übrigen Städte durften mie zuvor mit ihren
Slabelrechren den ſchändlichſten Unfug treiben.
Indeſſen war es doch gut, daß wenigſtens in
Wien ein Beyſpiel einer größeren Handelsfreyheit
aufgeſtellt wurde, denn dort ſtand es fremden Raufe
leuten frey fo lange zu verweilen, als es ihre Gee
ſchäfte forderten, und dort durften ſie ihre Waaren
Allen ohne Unterſchied verkaufen, mochten ſie Bir
ger von Wien ſeyn oder nicht; ſogar Fremden war
es geſtattet, mit anderen Fremden Handel zu trei⸗
ben: cime höchſt ſeltene Freyheit im Mittelalter, ge⸗
gen welche ſich eine jede Stapelſtadt in Oeſterreich
möglichſt gu verwahren ſuchte, um den Bürgern den
Alleinhandel zu ſichern. Deſto mehr muß es auf:
fallen, daß der alte Mißbrauch zu Ende des fünf—
zehnten Jahrhunderts neuerdings einen hohen Ver—
theidiger gefunden hat. Kaiſer Friedrich, deſſen Dene
kungsart und Benehmen für ſein Zeitalter nicht
mehr paßten, und der fo manche Befehle gab, die ci
nen Geiſt früherer Jahrhunderte athmeten und mehr
ſchadeten als nützten, kam im Jahre 1471 nach
Steyr. Dort beſtürmten ihn die durch ununterbro—
chene Kriege verarmten Bürger mit Klagen und ba-
then um Hülfe. Es ſey mit ihnen, ſagten ſie, ſchon
ſo weit gekommen, daß mehrere Häuſer in der Stadt
von ihren Bewohnern verlaſſen worden und nun
ese 70) ---
öde ſtünden. Der wahre Grund des allgemeinten Vers
falles fen darin gu ſuchen: Ein jeder Bürger, wenn
er auch fein Hauseigenthümer ift, treibe Handel und
ſchenke Wein aus; der Frevel gehe ſchon fo meit, daß
man obne Seu die alten Stapelrechte verlege:
fremdbe Kaufleute handeln mit Fremden mider das
uralte Serfommen zum Untergange der Burger:
cinem fo grofien Unbeil fonne und molle die Macht
und väterliche Gute des gelicbten Landesfiirften
mwebren*). Das Mittelalter mufite bedrangten Gea
meinden nicht leicht auf eine andere, und dazu aud
auf cine wohlfeilere Weife aufzubelfen, als durd Pri
vilegien, wobey eg nur den Vortheil einer einzelnen
Stadt oder eines Marftfledens im Auge batte, obne
das offentliche Wohl des ganzen Landes ju beachten.
Vom Raifer Friedrid) lief ſich obnebin nichts Beffes
res erwarten, als eben nur die Aufredthaltung ver:
rofteter Uiberbleibfel eines roben, untviffenden Alter⸗
thums; daber fam es auch, daß er zum Trofte der
Biirger von Stenr folgenden Befehl erließ: Rein
Bürger diefer Stadt, der nicht ein eigenes Haus
befibt, darf Handel — oder Wein ausſchenken.
Allen Fremden iſt die Treibung eines Gewerbes, ſo
wie auch aller Handel mit Fremden unterſagt; nur
zur Zeit eines Jahrmarktes iſt volle Freyheit des
Handels vorhanden. Eben ſo iſt es fremden Kaufleu⸗
ten verbothen, in Steyr ein Waarenlager, und dabey
einen Handelsdiener zu halten; ein Monath iſt die
längſte Friſt, während welcher ſie in Steyr verbleiben
dürfen; nach Verlauf dieſer feſtgeſetzten Zeit müſſen
ihre Maaren verfauft 5 und ſie ſelbſt die Stadt
wieder verlaſſen.
*) Preuenhuber, S. 127.
è Zi soa
Die vermöglicheren Bürger und überhaupt alle
— Hauseigenthümer in Steyr prieſen die Weisheit und
überſchwänkliche Gute ihres Erretters, der ſie von der
Theilnahme der drmeren Mitbürger und auch der
Fremden an ihrem Alleinhandel wieder gnädigſt be:
frente: Dagegen erſcholl die laute Klage der unbe
hauſſten Bürger, daß ihnen cin Machtſpruch nicht nur
den Handel, ſondern ſogar auch die Befugniß, ein
Gewerb zu treiben, entriſſen habe; ohne Erwerb
und bey gänzlicher Nahrungsloſigkeit ſey es ihnen
unmöglich, ſich und den Ihrigen das tägliche Brod
zu verſchaffen. Sie wendeten ſich an den Urheber
ihres hoffnungsloſen, höchſt traurigen Zuſtandes, und
bathen ihn um die Zurücknahme ſeines unſeligen Pri⸗
vilegiums, welches Tauſende ins Verderben ſtürzen,
und nur Wenige bereichern würde. Die Wahrheit der
Klage lag fo offenbar vor Augen, daß ſich Friedrich
nicht füglich weigern konnte einen Mißgriff zu ver:
beſſern, deſſen er ſich ſchuldig gemacht hatte. Am 21.
Junius 1472 milderte er ſeine drückende Verordnung
wieder und ſetzte feſt, daß cin jeder Bürger und In⸗
wohner, der ſich ausweiſen kann, auf liegenden Gu:
tern vier und zwanzig Pfund Pfennige angeleget zu
haben, ungehindert Handel und Gewerbe treiben kön⸗
ne, nur müſſe er auch die Laſten der Stadt getreulich
mittragen helfen. In Rückſicht der fremden Kaufleute
blieb es beym vorigen Befehl: ſie durften nicht mit
Fremden, ſondern nur mit den Bürgern von Steyr
Handel treiben; jedoch wurde der Termin ihres dorti—
gen Aufenthaltes auf zwey Monathe verlängert,
nach deren Verlauf ſie fortziehen mußten, ohne in ihrer
Abweſenheit cin Waarenlager halten zu dürfen.
Ob man auch in anderen Städten Oeſterreichs
die fremden Kaufleute ſo ſchnöde behandelt und ſie
se 79) se
genöthiget habe, nach cinem Aufenthalt von wenigen
Wochen wieder fortwandern zu müſſen, ſagen die
bisher bekannt gewordenen Urkunden nicht aus. Sehr
wahrſcheinlich iſt es jedoch, daß ſich die Bürger der
Stapelſtädte dem herrſchenden Monopoliengeiſte ge—
maäß eifrigſt werden beſtrebt haben, ein fo köſtliches
Privilegium zu erringen. Bothen ſie, wie wir geſehen
haben, alles Mögliche auf, den Straßenzwang auf—⸗
recht zu erhalten, ſo läßt ſich auch ein vollgültiger
Schluß darauf machen, daß ſie ſich werden bemühet
haben, alle Fremden nur geſchwinde wieder aus ihrer
Stadt zu entfernen, um ausſchließend allein Meiſter
alles Handels zu bleiben. Dieſer Wunſch wurde deſto
leichter und gewiſſer erfüllet, da es, Wien allein ſeit
Dem Jahre 1281 ausgenommen, cin allgemein ange⸗
nommener Grundſatz im damahligen Handelsſyſtem
geweſen iſt, daß Fremde mit Fremden, die Zeit der
Jahrmärkte ausgenommen, gar nicht, ſondern nur mit
den Bürgern der Stadt oder des befreyten Marktes
Handel treiben durften, wohin ſie ihre Waaren zum
Verkauf brachten. Dieſes Handelsgeſetz war in Dee
ſterreich ſo, wie allenthalben in ganz Deutſchland ver⸗
breitet, und bedarf keiner weitläufigen hiſtoriſchen
Ausführung, da die Urkunden aller Handelsſtädte
übereinſtimmend davon Meldung machen. Um jedoch
in gegenwärtiger Abhandlung uͤber den Handel in
Oeſterreich keine Lücke übrig zu laſſen, wollen wir
auch darüber einige Belege liefern. PÒ
Die given alteften Handelsprivilegien, welche H.
Ottokar 1100, und H. Leopold 1192 den Regensbur—
gern verlieben baben, madben von dem Zwange noch
keine Ermabnung, daß dieſe ausländiſchen Raufleute
niemanden als nur den Bürgern von Enns oder von
anderen Städten Oeſterreichs ihre Waaren ſollten
nes 23 eo
verkaufen dürfen; vielmebr wird ihnen cine vollkom⸗
mene Handelsfreyheit zugeſichert*). Das Stadtrecht,
welches H. Leopold 1108 den Wienern ertheilet hat,
enthält aber ſchon die ausdrückliche Vorſchrift, daß
fremde Kaufleute ihre Waaren nur allein den Bür—
gern von Wien verkaufen dürfen **). Die folgenden
Regenten erneuerten dieſes Privilegium, und ſelbſt
der È. Rudolph wähnte, durch die Beſtätigung deſ⸗
ſelben den Wienern cine große Wohlthat zu erwei⸗
ſen **, bis man ibn eines Beſſeren belehrte und mit
ſeiner Einwilligung den fremden Kaufleuten die Frey⸗
heit einräumte, mit Allen ohne Unterſchied Handel zu
treiben ****) Dod nad wenigen Jahren bat man
ibmen diefe Bewmilligung mieder abgeſprochen, denn
1312 erließ O. Friedridh den Befehl, daf es kein
frembder Raufmann, der in Oeſterreich nicht bausfafe
fig iſt, wagen folle, mit einem andern Frembden zu
bandeln; zugleich erbielten die inländiſchen Kaufleute
die Weifung, in Wien feinen Kauf mit Ausländern
*) Sttofar fagt: Quioquid emere vel vendere cum auro
vel argento voluerint, poteftatem habeant, Und wenn eg
in der Urfunde H. Leopolds heißt: Si aliquis eorum (Ra-
tisponenfium) uni de civibus mercimoniaqualiacunque
vendiderit, (o erbellet klar daraus, daß fie nicht verpflich⸗
tet waren, mit den Buͤrgern allein gu handeln⸗
®*) Lazins, 1, c. Nec vendat merces; quas adduxit, extraneo,
fed tantum civi.
‘04*) fambader , S. 156. Nemo extraneorum mercatorum.,
« vendat merces fuas, quas adduxit, extraneo, fed tantum
tivi, ita fi civis ealdem emere voluerit pro foro compe-
tenti etc. *
#44) Lambacher, S. 192. Der Choufman... fool do ſein mit
feinem Choufſchatz als (ang er mill, und ſchol (ibn) se chou⸗
fen geben an trug, undan bofe lifte allen Leuten, purgern,
und Geften, fi ſein inner Lants oder auzzer Lants gefezzen
von Vngern, oder von Swane fi fein.
>>> 7) ——-
gu ſchließen, denn dieſes Vorrecht war nur den Mies
nern verliehen. Handelten inländiſche Kaufleute zur
Wien mit einander, ſo durften ſie von allen vorhan⸗
denen Waaren nicht weniger als einen Vierteleentner
kaufen, damit der Kleinhandel der Wiener nicht be—
einträchtiget würde. Die Herzoge Albrecht der Zweyte
und Dritte erneuerten 1348 und 1375 dieſe Verord⸗
nung H, und die nachfolgenden Regenten traten⸗ in
ihre Fußſtapfen.
Demfelben Zwange unterlagen auswärtige Ran.
leute qud in den Stadten des Landes ob der Enna;
fie durften nur mit den dort anfdffigen Bürgern, und
ja mit keinem Fremden Handel treiben, damit das
Monopolium der Stadte unverletzt erbalten miirde:
Das Haufieren auf dem Lande mar ihnen gangli
verbothen, und in Marftfledfen und Dörfern mar
ihnen der Handel nur mabrend eines. Jahrmarktes
erlaubt *). Spaterhin erſchien 1426 vom H. Al⸗
brecht eine Verordnung, die den fremden Kaufleuten
auch — eines Jahrmarktes den Waarenaus⸗
*) Rauch, T. II. p.121 —126. He Friedrich “ feſt:
„Wir wellen vnd gebieten veſtichleichen, daz dhain Gaſt,
oder vroͤmder Chaufman, der in dem lande ze Oſterreich
nicht hauſe hat, oder daſelbe nicht geſezzen iſt, dhain recht
oder gewalt habe in der Stat ze Wienne chauffens, oder
verchaufens, ain gaſt wider den andern gaſt, ez ſei in ſeiner
herberge oder auzzerhalb der herberge Wir ſetzen auch vnd
gebieten, daz die Purger vnd Chaufleute die ſint geſezzen in
den ſteten in Oſterreich ainer von dem andern ze Wienne
chauffen muͤge Chaufſchaͤtze uͤber ein virtail eines Centen,
vnd nicht darunder, ez ſei parchant, Scheter, Pfeffer, oder
ander dinch die man verchauffet mit der wag, mit der gal,”
oder mit der mazze. Bnd fulfen die felben chaufleute dhai⸗
nen chauff haben oder treiben in der Stat ze Wienne mit
Geſten die auzzerhalbe vnſer Lande n nt geſezgen
9 Beylage Nro, XVI.
222 75 PRA
ſchnitt unterſagte, denn nicht nad) Ellen, ſondern
nur in ganzen Stücken durften ſie dieſelben vers
kaufen *). ssd i
‘Man follte. glauben, dieſe und nod) viele andere
Einſchränkungen und Bedrudungen würden austin
diſche Raufleute abgebalten haben, ibr Glück in De:
fterreid) zu verſuchen; und doch waren die Blicke auch
ſehr weit entfernter Handelsleute immer nach dieſem
Lande gerichtet: cin Beweis, daß es dort viel zu ge⸗
winnen gab. Der wahre Kaufmann iſt ſehr erfinde⸗
riſch, um ſich die Wege zu ſeinem Ziel zu bahnen und
alle, ſelbſt auch die ſchwerſten Hinderniſſe zu beſeiti—
gen oder glücklich zu überwinden. Zeigt ſich ibm ir
gendwo ein reichlicher Gewinn, ſo ſcheuet er keine
Gefahr, keine Mühe, und opfert freudig einen Theil
deſſelben auf, um ſeine Wünſche erfüllet zu ſehen.
Sehr willkommen kam den ausländiſchen Kaufleuten
die damahls ganz gewöhnliche Geldnoth der Fürſten
und die Habſucht ihrer Räthe ſchon auf halbem Wege
entgegen; um Geld konnte man ſich kaiſerliche, könig—
liche und herzogliche Privilegien aller Art verſchaffen.
Dieſes allgemein bekannte Geheimniß verſtanden die
Kaufleute in allen Theilen der Welt, alſo auch in
Oeſterreich vortrefflich zu benützen. Schon H. Leopold
ſprach 1192 dankbar und liebevoll von erſprießlichen
Dienſten, die ihm die Regensburger zu verſchiedenen
Mahlen erwieſen haben **). Eine gleiche oder ähn—
liche Sprache führten ſeine Nachfolger in Urkunden,
Beylage Nro. XVII.
**) Glorie principis interest propenfius obfequentes am-
pliori affectione diligere, et eorum utilitatibus curam
adhibere efficacem. Sic enim rite dignitatis fue privilegio
fungitur, dum bene meritos itaremunerat, et ad bene
merendum alios invitat. eto.
* 76 | o
die ſie ansa artigen Kaufleuten verliehen haben;
und geſchieht im manchen derſelben auch keine Er:
wähnung von ſolchen geleiſteten Dienſten, ſo darf
man ſie dennoch billig vorausſetzen, denn ohne Nutzen
pflegte man Ausländern nicht zu ſchmeicheln, ſie nicht
vor eigenen Unterthanen zu begünſtigen. Alte Stadt⸗
rechnungen geben ſogar die Summen an, um welche
man ſich Privilegien erkauft hat. Wir führen einige
Beyſpiele davon att.
H. Friedrich der Schöne begnadigte die Negens⸗
burger 1309 mit einer Urkunde, die ihnen in ſeinen
Ländern Schirm vor unrechter Gewalt und Genug=
thuung gegen Schuldner vor ſeinen Gerichten ju
ſicherte *). Nach wenigen Jahren erhob ſich ein bluti⸗
ger Kampf zweyer Gegenkönige um die Deutſche
Krone, während deſſen der Handel der Regensburger
in Oeſterreich ſehr gefährdet wurde. Um größerem
Unheile vorzubauen, wurden 1317 Abgeſandte nach
Wien geſchickt, die mit fo vieler Gewandtheit unter⸗
handelten, daß ſie für ihre Stadt im folgenden Jahre
eine Beſtätigung der vorigen Urkunde mit neuen
vortheilhaften Zuſätzen erhielten. Die Koſten dieſer
Abſendung und die Geſchenke am Hof zu Wien be—
liefen ſich auf die anſehnliche Summe son zwölf—
bundert Pfund **). Nadh È. Friedrichs Tode im
Sabre 1330 ward cine Veftatigung der Privifegien
von den neuen Negenten Oeſterreichs nothig. Sie
fam auf fieben und ſechzig Mark Silbers zu ſtehen,
obgleich fi H. Ulbredt febr grofmitbig bewies;
defto gelbgieriger maren feine und feines Bruders
Otto Rathe, unter welchen ſich des — Sa
deli
n Genteiner, Ehronif, TI. LL S. 471.
1*)U. 1. O. S. 501 UNd 502.
ne VAL “=® ,
bewahrer vorzüglich auszeichnete *). Auch H. Rudolph
ließ ſich 1364 ſeine den Regensburgern verliehene
Gnade bezablen *) Ob auch ſpätere, den Regens⸗
burgern verliehene Begünſtigungen erkauft werden
mußten, wird zwar nicht angegeben, läßt ſich aber
nad) damahliger Sitte vermuthen *X). Ohne Zwei⸗
fel haben dieſem Beyſpiele der Regensburger auch
andere Städte gefolget; vorzüglich gegen Nürnberg
ſind unſre Herzoge Rudolph, Albrecht der Dritte
und ihre Nachfolger in Ertheilung verſchiedener Vor—⸗
rechte ſehr freygebig geweſen ****). Es iſt unnöthig,
hierüber noch mehrere Beyſpiele anzuführen; das
Benehmen der Fürſten gegen ausländiſche Kaufleute
war ſich überall / gleich, um Geld ertheilten ſie ihnen
Schutz, Gerechtigkeit, Begünſtigungen des Handels.
In mehreren Urkunden und Handelsgeſetzen werden
auch ſogenannte hofbefreyte Handelsleute erwähnet.
Dieſe fonnten Sn oder Ausländer ſeyn und erhielten
bald aus vorzüglicher Neigung eines Fürſten, bald
A. a. O. S. 548. Gemeiner erzaͤhlet aus den Acten Fol-
gendes: „Zwey Stud Bruͤßler Tuch, die der Abge=
ordnete sur Verehrung Dargebotben, murden alè ein
ſchimpfliches Gefhenf ausgeſchlagen. Ein Pfarrer, der
des Herzogs Otto Siegelbemabrer gemefen, lief fid die
landesfuͤr ſtliche Gnade bezablen. H. Albrecht bewies mehr
fuͤrſtliche Großmuth.“ — Gn Jaͤhren 1331. und 1337
erhielten die Regensburger ein zweytes Privilegium, S.
556, und Th II. S. 11, 1
**) Gemeiner, Th.II. S. 135. Den Tert Diefer Urfunde
findet man bey Senkenberg, Selecta, T. IV. p. 255.
1*4) A. a. O. S. 192. Fm Fabre 1379 beftitigten die Herzoge
Alhrecht und Leopold den Regensburgern das Niederlags⸗
recht in Wien; und 1398 die Herzoge Wilhelm und
Albrecht den ungepinderten Handel in Defterreid ,
S. 358.
"*2*) Jonatban diſcher, Geſchichte, Th. II. S. 242, 258.
«ne 7 5 sh
auch gegen Erlegung einer anſehnlichen Summe Gel
Des das Privilegium, Handel treiben ju dürfen, obne
zur Gilde der Kaufleute zu gehören. Da ibre Unzabl
ſich qu febr vermehrte, fab ſich È. Leopold 1660 ver:
anlaft, diefem Unfug Einbalt zu thun*).
Gegen dergleichen Begunftigungen erboben die
inländiſchen Kaufleute, vorzüglich die Wiener, zu vere
febiedenen Zeiten laute Rlagen und bewogen dadurch
Die Negenten, mit Handelsprivilegien gegen Auslän—
Der fparfamer zu werden, und die ſchon ertheilten mög⸗
lichſt einzuſchränken *H. Sahen fie ibre Wünſche
erfüllet und allen Handel beynahe ausſchließend in
ibren Händen, fo trieben fie es ſo arg, daß ein allge=
meine Murren über die erkünſtelte Theurung vere
ſchiedener Gegenftdnde unter dem Volfe faut wurde,
was die Herzoge bemwog, dem Monopolium der Bür—
ger durd Ertbeilung neuer Handelsfreyheiten an
Auswärtige Einhalt zu thun. Von der freyen Zufuhr
Des Brodes und Fleiſches nach Wien werden mir ant
cinem anderen Orte ſprechen. Wegen der übergroßen
Theurung mard 1602. die Einfubr fremder Weine
und uberbaupt alles Getranfes, und fogar auch frem-
den Dandwerfsleuten der Verfauf ibrer Fabricate auf
den Wochenmärkten in Wien gnadigft erlaubet ***).
Cine ähnliche Frenbeit ertheilet È. Leopold 1684 allen
ausmartigen Handwerksleuten, vorzüglich ſolchen, de:
ren Hände man zur Wiederherſtellung der von den
Türken zerſtörten Gebäude bedurfte. Zimmerleute,
*) Guarient, Th. J. S. 476, u. f. Aud gum Handel nad
Venedig wurde Einzelnen ein Privilegium ertheilet, wo—
von H. Albrecht in einer Urfunde 1372 Meldung machte,
die in der Beylage Nro. VI. zu finden ift. he
1)Ua. O. S. 452.
#**)Xa. DS. 457.
* 0 o
Maurer; Schloſſer, Tiſchler, Töpfer, n. f. 0. wurden
aus allen Gegenden eingeladen, nach Wien und in
die Umgebungen zu fommen, ohne den beftebenden
Zunftgeſetzen unterworfen gu ſeyn 9.
Wenn man einmahl ſchon überzeugt war, daß
man dem Handel eines Landes nicht beſſer emporhel⸗
fen könne als durch alle erdenkbare Einſchränkungen
ausmartiger Kaufleute: fo ſollte man glauben, daß
der innere Handel zwiſchen den eigenen Unterthanen
würde möglichſt begünſtiget, und ihnen gegen Leiſtung
der vorgeſchriebenen Zollgebühren die größte Dan:
delsfrenbeit unter ‘cinander cingerdumet worden fenn.
Dod das Mittelalter, viel zu lange ein Bedrücker
des gemeinen Volfes, batte auch bierin feine eigenen
fonderbaren Anſichten, und begunftigte durch Privile:
gien nur eine geringe Anzahl von Unterthanen auf
Koſten vieler Tauſende, und beſchränkte auch den inne⸗
ren Handel auf vielfache Weiſe.
—— —— —ñ— — ——
Hinderniſſe des Handels fuͤr die einheimi⸗
ſchen Kaufleute im Inhern des Landes.
J9J— — und Stovetreibte
drückten Oeſterreichiſche Unterthanen i in ihrem eigenen
Vaterlande eben ſo ſehr wie die auswärtigen auf⸗
leute. Das Verboth eines längeren Aufenthaltes im
Lande, welchem Fremde unterworfen waren, ausge⸗
nommen, trug der Oeſterreicher mit dem Ausländer
ben Handelsgeſchäften beynahe gleiche Laſten, ſtand
ihm ſogar in manchen Begünſtigungen noch nach,
*)A a. DS. deg
pera 80 *
was ibm deſto ſchmerzlicher fallen mußte. Der Grund
ſolcher verkehrten Maßregeln iſt ebenfalls in der
übergroßen Vorliebe der Regenten für die Bürger
——— Städte, Märkte, und ſogar auch für
die Bewohner der Dörfer zu ſuchen, deren Landesfür⸗
ſten und Grundherren ſie zugleich geweſen ſi ſind. Dieſen
allein konnten ſie damahls willkuüͤhrlich Steuern auf⸗
erlegen; dieſe wurden alſo auch mit einträglichen Vor—
rechten vor allen übrigen Unterthanen reichlich begabt,
\ um die verlangten Abgaben deſto gewiſſer leiſten gu
können. Wir heben nur die zwey vorzüglichſten Hin⸗
derniſſe aus, welche dem innern freyen Verkehr unter
den Oeſterreichern ſelbſt im Wege ſtanden. Dieſe wa⸗
ren: ausſchließendes Handelsbefugniß der Bürger
und Meilenrechte.
/
/
|
Vierter Abſchnitt.
Ausſchließendes Handelsbefugnif der Buͤrger.
Daf Auslander mit niemanden, als nur mit
den Bürgern in Stadten und befrenten Marften®)
° bandeln durften, fagen häufige Urkunden aus, von
welchen wir bereits mehrere in den vorhergehenden
Abſchnitten unſern Leſern mitgetheilet haben *.
tà biefen die Marktflecken, die cin Handelsvorrecht be⸗
| fagen.
**) Urfunde . Leopolds fiir Wien vom Jahre 1198: Nemo
extraneorum mercator..vendat mercès, quas adducit,
extraneo, fed tantamcivi. Der È. 2 wiederhohlte
dieſes woͤrtlich 1278; bey Lambacher, S. 156. — Schon
fruͤher hat H. Friedrich der Streitbare daſſelbe Privilegium
der Stadt Heimburg verfieben; apud Senkenberg, Vi-
fiones, p.280, Spaterbin erſcheinet es als ein allgemei⸗
nes Vorrecht der Staͤdte und Maͤrkte.
uno 81 nuo
Dem naͤhmlichen Verbothe unterlagen in Oeſterreich
auch die Eingebornen auf dem Lande, dic nicht fo
glücklich waren, Mitglieder einer Stadt: oder befrey⸗
, fon Marftgemeinde zu ſeyn. Die allgemeine Negel
⸗
lautete fo: Die Jahrmärkte ausgenommen, darf auf
dem Lande fein anderer Handel, al8 nur mit den
täglichen Lebensbediirfniffen getrieben werden; alles
Uibrige mufte man ſich aus einer Stadt oder aus
cimem privilegirten Marfte, deren e8 aber in früheren
Zeiten noch menige gab, herbeyſchaffen, und es dort
nur ganz allein von Bürgern faufen *). Selbſt
Bürger, die ſich in einer andern inländiſchen Stadt
‘mit Waaren verfeben wollten, waren an-diefe Negel
gebunden, und durften nur mit dortigen Bürgern
Kaufsverträge ſchließen **). Cine Dorfgemeinde
mochte noch fo zahlreich fenn, fo mar ihr doch aller
Sandel unter ibren Mitgliedern, ja auch alle Aus:
übung eines Gewerbes, auf das ein Bürger audi nur
Den entfernteſten Anſpruch machen fonnte, firenge
verbothen. Da aufierbalb der Stddte Krämer und
Kleinhändler damahls noch) äußerſt felten vorfommen,
und auch das Haufiren nicht erlaubt var, fo lag das
Monopolium der Burger in Städten und privile:
girten Märkten deſto ſchwerer auf dem gemeinen
Landvolk. Aus häufigen Belegen, die ſich hierüber
*) Die Beylagen Nro. VI. XV. XVI. XLII. und viele Han:
delsgeſetze bey Guarient, von welchen in Der Folge noch
Ermabnung geſchehen mird, enthaften Bemeife davon.
**) VPreuenhuber, S. 65. Hierber gehoͤrt das Privilegium H.
Albrechts fur Stepr, in welchem er 1382 verorduete, daß
dieſe Stadt gleides Vorrecht mit Linz, Mel, Enns und
Freyſtadt haben foll, naͤmlich: Alle Waaren, melche die
Burger der genannten Staͤdte nad Steyr bringen, duͤrfen
fie nur den dortigen Burgern verkaufen.
(6)
tei 82 n.
noch vorfinden, mwablen wir nur cin Paar aus, die
uns die fraurige Lage der unterdrückten Dorfbewoh—
ner fattfam ſchildern.
Die Bewohner von Traundorf ben Gmunden
mwurden1360 als Verletzer der Frenbeiten der benach⸗
barten Stadt angeflagt, und H. Nudolph verboth
ihnen allen Handel, alle Gemerde, fogar auch Schnitz⸗
arbeiten aus Holz. Unterſtünden fi) die Traundorfer,
Diefem Verbothe zumider gu bandelu, fo follen Gmune
dens Bürger dem Burggrafen des Schloſſes Ort
ibre Klagen vorbringen; und murde Ddiefer fiumen,
ibnen Genugthuung zu verfbaffen, fo ertbheilte ihnen
Rudolph — „volle und ganze Gewalt, dafi fie das
ernſtlich und feſtiglich beſſern, mebren: und mender .
von Unfertmegen *): — ein ſchlimmer Beweis von
ciner ſchlechten Gerechtigkeitspflege, welche gemeinen
Bürgern die Selbſthülfe gegen Dorfbewohner ge⸗
ſtattet
In einem ganz gleichen Falle, wie die Traundor⸗
fer, befanden ſich die Bewohner der Ortſchaft Ufer,
In der Urfunde H. Rudolphs heißt es: „daß von alter
Gewohnheit herkommen ſey, daß die Leut gemainiglich
in demſelben Dorf enhalb der Traunbruck kainer Arbait
noch Wandlung mit Kaufmanſchaft da pflegen ſollen, weder
mit Brodbacken, noch mit Leutgeben, noch mit Schneid—⸗
werk, noch mit Schnechwerk (ſchnegern iſt: aus Holz
ausſchneiden, ſchnitzen) noch mit kainerley ander Hands
werk noch Wandlunge, wie das genannt ift, ohne Gefaͤhr—
de, und daß auch diefelben Leut fain Freyung da nicht ha-
ben folten in fainen Meg. Davon wollen sir ernſtlich, feit
ſich das alſo vor uns erfunden hat... Und geben ibnen
daruͤber zu Urfund diefen Vrief perfiegelten mit unferm
flainen anpangenden Inſigel, der geben ift zu Vecklapruckh
an unferSrauenabend gu der Schiedung (am 14, Auguft)
nad Chrifti Geburt dreyzehenhundert Jahr und darnach
in dem ſechzigſten.“
ao 85 not
Linz gegenuber, vormabls Urfarſchad, Urfarſchar,
dann Urfar genannt, und erft vor wenigen Jahren
nad der von den Franzofen erlittenen Zerftorung*)
gu cinem Marfte erboben. Da noch Feine Brücke uber
Die Donau vorbanden war **), fo mufite es ſich oft
fiigen, daß viele Neifende ſich gendtbiget faben, in
Ufer zu übernachten, oder gar cimige Tage zu verwei—
Ten. Pan erricbtete alfo Gafthaufer, ſchenkte Wein
aus und fing an, mit Getreide, Gol, Salz und ande:
ren Sachen einen Handel zu treiben. Dief war in
den Hugen der Bürger von Linz cin großes Verbres
chen. Sie flagten im Fabre 1485 dem K. Friedrich,
der eben in Linz anweſend mar, uber den Frevel der
naben Dorfbewohner, uber Beeinträchtigung ibrer
Stadtfrenbeiten, wodurch fie in großen Nachtheil
geriethen, und bathen ibn um ſchleunige Abhülfe fo
grofer Befhmerden. Was fid leicht vorausfeben
ließ, ift gefcheben. Der Raifer verboth den Bewohnern
Ufers Wein zu ſchenken, Gäſte für Geld zu beher—
bergen und zu bewirthen, und mit Getreide, Holz,
Sal} oder mit was immer fur Waaren Handel zu
treiben ***). Der Notbftand, in welchen die Haus
befiger in Ufer duro) diefes Verboth geriethen, reigte
fie zum Ungeborfam; fie fingen bald mieder an,
Fremde gu bewirthen, und heimlich mit verſchiedenen
Dingen zu handeln. Auf die erneuerten Klagen der
Linzer befahl 1406 È. Maͤximilian dem Landeshaupt⸗
mann, Georg von Loſenſtein, darüber ſorgfältig zu
*) Gefchichte der Landwehre in Oeſterreich ob der Enns Tp.
II. S. 253.
**) Eine Bride uͤber die Donau zu bauen, pat A. Marimilian
den Buͤrgern von Linz erfî im Jahte 1497 erlaubt. Beplage
Nro. XVIII.
##*) Benlage Nro. XIX.
6*
nea 84 nua:
— daß in bem Dorf Urfarſchad Linz ja kein
Wein ausgeſchenkt oder irgend ein Handel getrie—
ben werde, weil dadurch ſeine Stadt Linz in großen
Schaden käme, — ,, dann Wir das nit erleyden mü ⸗
gen‘ 9.
Ein Dorf mit ſtädtiſcher Handelsf reyheit begabt,
iſt in Oeſterreich eine höchſt ſeltene Erſcheinung. Ein
Beyſpiel davon, vielleicht das einzige im ganzen Lande,
finden wir an Iſchel, welches noch als Dorf im Jahre
1302 gu folder Ehre gelangte. Die Salzarbeiter zu
Sallftatt und Laufen erboben ans uns unbefannten
Urfachen einen Aufſtand, aber die Lente zu Iſchel vere
Barrten in der pflichtgemäßen Treue, und bewieſen ih⸗
rem Landesfürſten einen unwandelbaren Gehorſam.
Dankbare Anerkennung der Verdienſte gemeiner Leu⸗
te um ihre Negenten war im rauhen Mittelalter nicht
allgemeine Sitte, denn alles, was jene thaten, und
alle Opfer treuer Grgebenbeit wurden gewöhnlich nur
eines kalten Blickes gewürdiget, und file weiter nichts
als für ſtrenge Schuldigkeit geachtet, deren Erfüllung
keine preiſende Erwähnung verdiente; freundliche
Danfbarfeit gegen arme Landleute ſchien den Fürſten
entehrend oder doch übel verſchwendet zu ſeyn. Viele
der Oeſterreichiſchen Fürſten, milde, leutſelige Väter
ihrer Unterthanen, machten von dieſer wilden Sitte
ehrenvolle Ausnahmen, würdigten Verdienſte auch in
armen Hütten, und ſprachen laut und freudig ihre
Dankbarkeit aus. H. Albrechts Güte gegen die Bess
wohner von Iſchel war ſo überſchwänklich, daß er
ihnen zum Lohn ihrer — ſtädtiſche Freyheit der
*) Die Urkunde bat das Datum: ,,Geben gu Augſpurg am
Mituchen nad) Sant Paulus tag Conuerſionis (den 27.
Jaͤnner), Anno Domini etc. 90.
= 85 neo
Gewerbe und des Handels verlich*). Zu einem
Markt wurde das Dorf Iſchel erſt im Jahre 1400
vom K. Friedrich) cerboben #*).
Da die Landesfilrften ſelbſt die Monopolien sa
Bürger in Stadten und Marften fo ſehr deguinftig=
ten, fo mußte die Lage der gemeinen Landleute rima
mer: drückender werden... Die. geringften Gewerbe:
Weber, Schneider und Schuſter ausgenommen,
durfte man keines in einem Dorfe ausüben; waren
doch ſogar Gaſthäuſer verbothen, und in der Nähe
einer Stadt para es niemand — de zum
*) Gn der urkunde beige es: Wann un⸗ * die Und:
borfamen und Aufpruche, die etliche Unfer Hellinger. von
Hallſtatt und Lauffen zu Diefen Beiten gerban haben, Unſer
armen Leut in Dem Dorf zu Ifſchel — Unſer Veſt
gu Wildenſtain, ſunder Gehorſam und Trewe beweiſet
haben, daß wir darum durch billich Dankbarkeit denfelben
Unfern getreuen Leuten zu Iſchel die. Gnad und Recht
gegeben haben, und geben auch mit dem Brief, daß ſi ie nu
fuͤrbas haben ſollen alle die Recht auf Waſſer und Lande
mit aller Urbeit und Handlunge, Die Unſer Stadt ob der
Enné baben ungerabrlid affo, daß diefelben Unfer Leut
von Iſchel auch hinfuͤr ſolich Treu und Dienſt ſtaͤttlich an
uns und Unfern Erben thun und halten Und dieſer Unſer
Gnad zu Urkund geben Wir den gegenwaͤrtigen Brief
verſiegelten mit Unſerm Inſiegl. Der geben iſt zu Wien an
Pfingſtag nad ſand Gilgen Tag (am ‘5. September).
Nach Chriſtes Geburt dreyzehenhundert Japry Darnad in
dem zwey und neungzigiften Fapr. 00%
05 Das Datum diefer Urfunde iſt: Geben ju der Neuftadt,
VU amgrentag vor dem Suntag Letare in der Faften (am 14.
Maͤrz) 1466. Die netten Vorrechte, welche Iſchel dadurch
— tele, waren: Marft= und Buͤrgerrecht, ein Woden=
markt, Burgfried, eigene Gerichtsbarkeit, die ein erwaͤhlter
Marktrichter uͤber alle Uibelthater ausitore. Verbrecher,
‘Die mit dem Tode beſtraft wurden, mußten jedoch dem
— Landrichteren * is ag ausgeliefert
merden
Verkauf zu baden. Fa mas noch mebr ift: fogar det
Handel mit Getreide murde den Erzeugern deffelben
unterſagt, und den Bauern ftand es nicht fren, daffelbe
Allen ohne Unterſchied zu verkaufen. Bald wurden fie
von ibren Grundherren gendtbiget, ibnen das Bore
kaufsrecht zuzugeſtehen *), bald geboth ibnen der
Landesfirft, alles verkäufliche Getreide in die nächſte
Stadt auf den Wochenmarkt zu bringen **); met
cines bedurfte, mufite es von einem Stadt = oder
Marktbürger fanfen, und nur dieſe hatten das Bore
recht, von den Bauern in ihren cigenen Häuſern Ges
treide zu faufen. Dergleichen Privilegien find traurige |
Velege eines gänzlichen Mangels einer weiſen Geſetz⸗
gebung über Handelsgegenſtände, die man in früheren
Jahrhunderten freylich nicht erwarten darf; aber zu
bedauerm iſt es, wenn man lieſet, daß ſolche allgemein
ſchädliche Vorrechte einiger Wenigen zum Nachtheile
der weit größeren Anzahl der Unterthanen auch noch
vbn einem K. Maximilian im Jahre 1496, und von
*) Guarient, Th. . S. 387. Nod im Jahre 1662 ſagte K.
Leopold: „Uns kommt mißfaͤllig vor, daß theils Obrigkei⸗
ten ſich unterſtehen, ihre Unterthanen zur Anfailung ihres
Getraids zu noͤthigen und zu verbiethen, daß ſie daſſelbige
nicht anderwaͤrtig verkaufen doͤrffen, u. ſ. w.“ Dieſes mar
auch in den Bauernunruhen des ſechzehnten Jahrhunderts
eine der vorzuͤglichſten Klagen des gedruͤckten Landvolkes,
Daf die Herrſchaften ihre Unterthanen mit dem Vorkaufs⸗
rechte bey Getreide und Hornvieh quaͤlten, und ihnen alle
verkäuflichen Sachen abnoͤthigten Dazu geſellte ſich noch
Der Muͤhlenzwang, vermoͤge deſſen die Unterthanen ver-
pfiichtet wurden, ibr Getreide um einen willkuͤhrlich geſetz—
ten Preid in der oft weit entfernten Hofmuͤhle mahlen gu
laffen: K. Rudolph der mente bat diefen Untfug 1591, und
È. Leopold 1661 nenerdings wieder abgeſchafft. Guarienty
Th. IL..S. 16; und Th. I.S. 107. i
#*) Beylage Nro. XLII. 1
une 87 20
vielen feiner Nadbfolger gutgeheißen, ermenert, und
in ibrer vollen Wirffamfeit erbalten murden *).
Um den Landleuten, die nicht Burger waren, alle
Gelegenbeit zu benehmen, Wein, Getreide oder
andere Dinge vom jemanden ‘andern als von cinem
Burger gu faufen, murden baufige Befeble erlaffen,
daß Dergleichen allgemeine Bedurfniffe ja nirgends
als in ciner Stadt oder in einem privilegirten Markte
abgeladen, und dort in Magazinen aufbewahret were
den follten **). Sogar dazu war cin Privifegium |
nöthig, um das Brenn⸗- und Baubolz irgendivo aus
*) Beylage Nro. XX.
**) Die Herzoge Leopold und Ernft ſchrieben 410 dem fans
Deshauptmann Reinprecht von Walfee: „Wir mollen
ernſtlich, daß du ſchaffeſt, daf zwiſchen Sindlburg und
Ebelsberg kain Niederlegung ſey mit kainerley Kaufmann⸗
ſchaft, weder auf Waſſer noch auf Lande, denn in unſerer
Stadt zu Enns, und daß man auch kainen Wein nindert
abziehe, denn in dem Engenhagken zu Enns, wann ſolch
Haͤndel an unſer Mauth zu Enns kommen ſollen, als von
Alter herkommen iſt. Geben zu Wien, am Freytag nach
dem Pfingſttag (am 16. Map) anno domini ete. Quadrin-
gentelimo decimo. — Diefen Befehl erneuerten H. Al⸗
brecht 14:18, und KR. griedrid 1451. Leptererfagt: „Uns
baben unfer Getrewen Fieben, unfer Burger zu Enns, vor»
bringen laffen, mie ju Walſee, am Peſumoldach zu Mauts
baufen, am Duͤrnfeld und an andern Ende n ungewoͤhnliche
Ladſtaͤtte gehalten, Wein, Getreid und ander Kaufmann—
ſchaft da angenommen und abgelegt, in die gewoͤhnliche
Ladſtatt daſelbſt hin gen Enns nicht kommen, und uns da:
durch unſer Mauth und Gerechtigkeit unſrer Stadt daſelbſt
entzogen werden.“ — Er bevollmaͤchtiget dann die Buͤr⸗
ger von Enns, ſolchen Unfug abzuſtellen. — „Geben zu
Wien, am Samſtag nad St. Veits Tag (am 19. Junius)
1451.14 — Diefer Befehl wurde noch oft erneuert. —
Die Ladſtaͤtte heißen in Urkunden auch Laſtaͤtte und Lag=
fatte, vom Aufladen und Niederlegen.
it 88 —⸗
Schiffen oder von Wagen abladen und Holzſtöße
errichten gu dürfen H.
Daß unter fo häufigen Verordnungen, welche die
Handelsfreyheit beſchraͤnkten, nicht doch einige wenige
lobenswerthe ſollten erſchienen ſeyn, iſt nicht denkbar.
Dahin ſind vorzüglich die Verbothe zu rechnen, die
allen landesfürſtlichen Beamten und derſelben Dienſt⸗
bothen, ſo wie auch allen Pfarrern das Weinſchenken
und allen Handel unterſagten. Von vielen dergleichen
Verordnungen heben wir nur inige aus. H. Albrecht
der Lahme verboth ſchon im Jahre 1338 allen ſeinen
Beamten im Salzkammergut und ihren Dienern, ſich
mehr Wein, Getreide oder andere Dinge anzuſchaffen,
als ſie zu ihrer eigenen Hausnothdurft nöthig hätten,
um ja nicht als Kaufleute oder als Kramer zu erſchei—
nen *). Aehnliche Verbothe ergingen1300 Und 1412
an die landesfürſtlichen Beamten in Linz und in an:
Deren Städten, und wurden von de nachfolgenden
*) Die Buͤrger des einſtens landesfuͤrſtlichen Marktes Grein,
der ſpaͤter vom Kaiſer Friedrich zu einer Stadt erhoben
wurde, hatten das Vorrecht einer ſogenannten Laſtatt fuͤr
Holz und andere Dinge vom Schloße Werfenſtein ange⸗
fangen bis zur Laſtatt des Marktes Perg. Hieruͤber find
Urkunden vom 1400 big 1491 vorhanden.
®') Bir Ulbredit.. entbiethen atten unfern Amtleuten, Schrei—
bern und Hoffdreibern gu Gmunden. und an der Hallftatt
unfer Gnad und. alleé gut. Wir. mollen und gebiethen es
euch gar ernſtlich, daß idr, nod euer fainer, noch Fainer
euer Diener oder Knedt icht fertige mit Wein oder mit
Traid, und mit fainer Kaufmannſchaft ichtes habe zu
ſchaffen, denn als viel er in ſein ſelbs Haus bedarf,
wann mir das nicht geſtatten mollen.. Der Brief ift ge—
ben zu Wien, am Mittichen nad dem heiligen Kreuztag
(am 6. Map) anno Millefimo trecentefimo trigefimo |
octavo.
222 89 >
Negenten erneuert ): cin — daß man fi ie ſchlecht
befolget hat. — Noch preiswürdiger war eine Ver⸗
ordnung H. Albrechts vom Jahre 1423, welche die
Pfarrer auf ihre Berufsgeſchäfte aufmerkſam machte
und ihnen verboth, Gaſtwirthe und. Kaufleute zu
fepn ita) atea mu es, daß ſich die Biſchöfe von
*) Zu der allgemeinen Beſtaͤtigung aller der Stadt
Linz fuͤgte H. Albrecht 1596 noch hinzu: „Auch thun wir
* denſelben Burgern ju Linz wiſſentlich die Gnad und mapa
nen, Daf furbaffer fain unfer Amtmann au unfer Mauth
daſelbs, weder Mauther, Gegeuſchreiber noch Zahler mit
denſelben unſern Burgern in der Stadt kainerley Kauf⸗—
mannſchaft noch Arbait treib, noch handl in dhainem Wege,
als das von After iſt herkommen, ohn Gefaͤhrd. Daſſelb wir
auch gu gleicher Weis unfern Juden daſelbs ſetzen und ge:
biethen, daß ſie auch mit denſelben unſern Burgern kainer⸗
ley Arbaiten der Stadt thun noch treiben ohn Gefaͤhrde
Geben zu Wienne, am Montage vor St. Michels * (am
25. September) 1396.
“) Wir Albrecht. . embietben den ebrbaren, unſern lieben
andadtigen, allen Dedanten unferé Lands ob der Enng,
Den der Brief gezaigt wird, unfer Gnad und alles Guts.
Vir babenvernommen, mie daf mance Pfarrer in euren
Dechanteyen gefeffen, offenTafern haben auf dem Gau, und
treiben ihren Gemerb mit Weinſchenken und ander Kauf—
mannſchaft, das fie nit angebort, und daraus unfern Staͤd⸗
ten ob der Enns merklich Schad geſchaͤhe Empfeblen mie
euch und begehren ernſtlich, daf ihr das derfelben Prieftera
ſchaft, die fol) Handel treiben, verbiethet und nicht geftato
et, Daf fie das binfitr thun Geſchaͤh aber bag nit, ſo wollten
wir felber fchaifen und darzu thun, damit eg unterſtanden
tverde . Geben zu Wien, am Pfingftag vor Judica in der
Gaften (am «7. Marg) Anno domini etci Vicefimo ter-
cio.l/— Wir muͤſſen hier die Bemerfung beyfuͤgen, daß
die Befugniß, Wein auszuſchenken, verſchiedenen Dechan⸗
ten und Pfarrern von den Landesfuͤrſten ſelbſt durch Privi—
legien iſt ertheilet worden. Dergleichen Urkunden und Be—
ſtaͤtigungen derſelben finden ſich noch in verſchiedenen Ar—
chiven. So, 3-B. beflatigten die H. Albrecht und Leopold
dea 90 TS
Paffau bey fo groben Mißbräuchen des Clerus fehe
gleichgültig benahmen, und ihre Pfarrer ganz unges
ahndet allen öffentlichen Anſtand verleben ließen. Leis
der dauerte dieſer Unfug ungeachtet wiederhohlter
Verbothe an manchen Orten bis in das achtzehnte
Jahrhundert noch fort.
Ungeachtet die Landesfürſten ſich äußerſt angele—
gen ſeyn ließen, den Bürgern von Städten und Märk—⸗
ten allen bedeutendern Handel ausſchließend zu ſichern,
fo würde man ſich doch irren, wenn man glauben woll⸗
te, dieſelben hätten überall in ihrem eigenen Lande,
und auch ohne Unterſchied mit allen Waaren handeln
dürfen. Zu einer Zeit, in welcher nicht allgemeine Ge⸗
ſetze, ſondern einzelne örtliche oder perſönliche Privile—
gien der Regierung und den Unterthanen zur Richt⸗
ſchnur ihres Benehmens dienten, konnte es keine noch
ſo einfache Regel ohne häufige Ausnahmen geben, die
ſich freylich gar oft einander widerſprachen, und eben
dadurch wieder ein neues Privilegium nöthig machten,
das dieſen Widerſpruch aufheben ſollte. Stapelrechte,
gewiſſe hoch befreyte Bezirke, Privilegien für ein Mo⸗
nopolium eines beſtimmten Waarenartikels, und auch
der Straßenzwang beſchränkten ebenfalls die Handels⸗
freyheit der Bürger; wollte man fie von dieſer Ein:
ſchränkung befreyen, ſo ward ihnen zur Begünſtigung
ein Privilegium ertheilet, das alle privilegirten Hin—
derniſſe aufhob und eine größere Freyheit herſtellte.
Als Belege davon führen wir einige Beyſpiele an.
Die Bürger von Steyr hatten cin Stapelrecht
auf Holz und Eiſen. Dieſes erregte den Neid oder die
Eiferſucht der Bürger von Enns, welche ſich durch das
1375 dem Dechant in Krems dieſes alte Vorrecht; im
Jahre 1596 wurde es wieder erneuert.
se 01 so
Borredt der Nachbarn fur beleidiget und beeinträch⸗
tiget bielten, denn ſchwer fiel es ibnen, das ihnen noe
thige Holz nicht vom erften Eigenthümer deffelben,
einem Bauer, fondern von cinem Burger in Steyr,
und noch dazu um einen höheren Preis kaufen ju
müſſen. Sie mendeten ſich alfo an det He Albrecht
mit der Vitte, fie von dieſem Zwange gu befreyen.
Diefer wollte bende Theile ſchonen und verlieh 1356
den Ennſern cin Privilegium *), im welchem er die
Verſicherung ertheilte, daß die Frenbeiten beyder
Staͤdte unverletzt bleiben follten; zugleich drückte er
den väterlichen Wunſch aus, daß Nube und Freunds
ſchaft ungetrübt unter ihnen erhalten werden möchte.
Um dieſes zweyfache Ziel zu erreichen verordnete er,
daß es den Ennſern erlaubt ſeyn ſollte, Brenn-⸗ und
Zimmerholz zu ihrem eigenen Bedarf in Steyr auf⸗
Wir Albrecht . enbieten vnſſern getrewn dem Richtter vnd
dem Rat vnd den Purigern ze Enns vnſſer gnad vnd alles
gut. Wand mir nicht wellen, daz zwiſchen em vnd vnſſern
getrewn den Purigern von Steyr ſtoſſ oder vnvrewnſchafft
ſey, vnd daz ir bei ewrn allten rechten vnd guten gwonhai⸗
ten, vnd auch die von Steir bei irn brieffen beleiben, ſo
main mir vnd wellen, wenn ir zymerholcz oder brennholez,
des ir ſelb weduͤrffet, dacz Steir chawffen wellet, daz ir daz
tun ſchult mit irm willen, vnd des ſullent ſy ew gunnen an
irrung, vnd haben in auch daſſelb geſchriben, vnd auch
vnſſerm getrewn lieben Fridreichen von walſſe von Enns,
vnd Janſſen dem Schecken purgraff ze Steir enboten, daſ
ſy ew paidenthalben darzu halten ſullen von vnſſer wegn,
daz ir daz alſo tut, vnd auch miteinander wol vnd gutleich
lehet Geben ze wienn an ſand Vlreichs tag (am 4.
Julius) anno domini MCCCL fexto. — Strenger fiel
ein Urtheilsſpruch H. Rudolphs zu Gunſten der Stadt
Wien aus. Er verboth 1359, daß ohne Erlaubniß des Ma⸗
giſtrates kein Floß und uͤberhaupt kein Holz von Wien mei
ter verfuͤhrt werde. Rauch, T.III, p.gsi iL
de 02 neo
faufen zu dürfen. Den Steprern wurde anfgetragett,
Diefes ungeachtet ihres Stapelrechtes ohne Swenge
geſchehen zu laſſen.
Den AÄlleinhandel mit Getreide und Ba buben
mebrere bundert Privilegion den Bürgern zugeſichert;
aber andere Privilegien ſchränkten ibn wieder auf ge:
wiſſe Bezirke cin: auf die Granzen der Provinz oder
auch der Umgebungen ciner vorzüglich begunftigten
Stadt. Wollte cin bürgerlicher Handelsmann and in
folchen Begirfen Getreide und Wein abfegen, fo war
ibm ein neues Privilegium nothig, das er gewöhnlich
mit leichter Mühe erhielt, wenn er ein begünſtigter
Liebling des Fürſten, oder auch nur ein Mitglied einer
bedeutenden Stadtgemeinde war. Um öfteſten geſchah
es, daß ganze Städte mit ſolchen Vorrechten degna:
diget wurden. Die Städte Gmunden und Vöckla—
bruck beſaßen von jeher, vie die übrigen Städte Ober—
öſterreichs, Das Recht des Alleinhandels mit Wein
und Getreide in ihren Umgebungen, als ſie ploͤtzlich
durch die Kunde überraſcht wurden, daß die Bürger
von Enns 1358 das Privilegium erhalten haben,
Wein und Getreide dorthin verführen zu dürfen *).
Dagegen mußten es ſich die Bürger von Enns eben⸗
falls gefallen laſſen, daß ihr Weinhandel durch ein
Privilegium des Stiftes Kloſterneuburg beeintrüchti⸗
Wir Albrecht .. enbieten vnſſern getrewn, dem Richtter
vnd Purigern ze Vecklapruk vnſſer gnad vnd alles gut Gir
ſein des vberain worden, daz vnſſer puriger von Enns mit
wein vnd mit getraide ſullen aribaiten vncz hinez dem Stadl
(ben Lambach), vnd dann reiten gen Gmunden oder gen
Veclapruk, vnd denſelben wein oder getraid daſelbs ver—
chamffen. Gebieten wir ew gar ernſtleich ond wellen, daz ir
ſy daran nicht enget noch irret in dhainem meg. Beben ze
linez am Phineztag vor Johans waptiſte (am 214 Junius)
anno MCCCL octavo,
dea 93 nes
FÀ
‘get wurde, indem daffelbe die Frenbeit erlangte, jähr⸗
lich fünfzehn Fuder Wein in Enns auszuſchenken,
den übrigen Vorrath davon aber in Fäſſern zu vere
Faufen *). Die Bürger von Stockerau batten ſchon
frühzeitig die Frenbeit erlangt, Holz, Getreide und
ein auf: und abwärts verführen zu dürfen, was
ihnen K. Friedrich 1327 neuerdings beſtätigte. Das
Vortheilhafteſte für dieſe Stadt und das ganze Land,
nähmlich der Handel mit dem Auslande, ward ihr je
doch, ſonderbar genug, gänzlich verbothen *).
© QUollten die Bürger einer Stadt in Unteröſter—
reich ihren eigenen Bauwein in cine andere benach—
barte Stadt oder gar in das Land ob der Enns zum
Verkauf bringen, ſo mußten ſie durch ein Privilegium
dazu berechtiget werden, weil ſie dem Monopolium
der dortigen Bürger dadurch einen Abbruch thaten.
Hier öffnete ſich der damahligen Privilegienſucht ein
weites Feld; auch war des Streitens der Bürger
über den Weinhandel kein Ende. Aus einem ſehr
zahlreichen Vorrath von Urkunden, die hierüber er—
laſſen worden, wählen mir nur das Wichtigſte aus.
Den Bürgern son Heimburg ertbeilte È. Frie-
drich der Schöne das Vorrecht, ihren Baumein allent:
balben in feime LAnder, und duro) diefe auch ins Aus:
land verfubren zu durfen, nur mard es ibnen unter:
*) Mar: Fifher, Merfmirdigere Schickſale des Stiftes und
Der Stadt Kloſterneuburg. Wien, 1815: TIT. S. 186.
Das erfte Privitegium pieruber ertheilte H. Friedrich der
GStreitbare im Fabre 1231. K. Friedrich der Schoͤne beftà-
tigte 1310 diefe Srepheit, S. 549. — Aus Danfbarfeit fuͤr
7 geleiftete Freundſchaftsdienſte ertbeilte der Wiener Magi=
firat 1288 dem Stifte die Befugniß, jaͤhrlich vierzig Fuder
Wein einzufupren, und innerpalb des Siadtbezirkes zu
verfaufen. S. 2092. s
**) Ludewig, Reliquine Manuferiptorum, T. IV. p. 238.
| uno 04 Seo
fagt, ihn in die Stadt Wien ju bringen. Den Bürgern
zu Bruck an der Leitha verlieh er das Privilegium,
daß fie benm Handel mit ibrem Bauwein diejelbe
Begiinftigung baben follten mie die Bürger von Heim⸗
burg. Lebteren wurde dieſes Vorrecht vom H. Ru:
dolph dem Vierten, und 1440 neuerding$ vom Rai:
fer Friedrid) beftatiget *). In Ddiefen und in vielen
anderen Privilegien wurde Wien immer ausdrücklich
ausgenommen; den dortigen Bürgern follte das Mos
mopolium des Weinbandels innerhalb des ganzen
Stadtbesirfes unverlebt erhalten werden. Es gab nur
cine cinzige Ausnabme von diefer Regel, welche feit
undenflichen Zeiten zu ciner gefeglichen Gewohnheit
geworden, und darin beftand: Bom Michaelistag
angefangen ſtand es big Martini allen Weinbauern
und Weinbandlern fren, Weine nad Wien zu brin—
gen, und fie dort auf dem Plag am Hof in Faffern
oder auch in fleimeren Maßen zu verfaufen; nad
Martini mar e8 jedoch allen Ausmartigen, die nicht
gur Burgergemeinde geborten, firenge verbothen,
Wein in die Stadt zu bringen, nicht einmahl eine
*) Die eigenen Worte in der Urkunde Friedrichs fauten fo :
„Das diefelben vnnfer Burger gemainigelic zw Pruckh Fr
Pam Mein, die in Jaͤrlich Wachſen, in vnnfer Giirften=
| tbumb Hefterreid vnd Daraus, mie Spy das guetbedundht,
auſgenumen in vnfer Statt Wienn, fuͤern, vnd Gren fru—
men damit fchaffen follen vid mugen, vnd ob Yemandt folche
Sr Pam Wein von In chaufft, das der diefelben Wein aud
fuͤern vnd vertreiben mag in den Redten, Alls Sp
felb8.// — Gm Sabre 1463 erfaubte er ibnen, — „Ire
Paw Wein, fo nen pe zu Beiten auf dem hungriſchen
Wachſen, an Die Ladſtat zw fitern, vnd daſelbs aller der
Freyhait und gerechtigfait, mie ſich das haiſchet, zu gebrau⸗
cen! — K. Maximilian beſtaͤtigte ihnen dieſe Freyheiten
1494, Und K. Ferdinand 1521.
pera 05 2°
Itiederlage, cin bleibender Vorrath in Rellern wurde
ibnen innerhalb des Stadtbezirkes geduldet.
Dieieſes außerordentliche Privilegium der Wiener
in Rückſicht des Weinhandels beftritten die Burger
von Neuftadt und mollten ſich die Frenbeit heraus
nefmen, das ganze Sabr bindurd in einer eigenen
Taberne ibre Weine auszuſchenken. Sie ſtützten ſich
auf alte Privilegien, welche ihrer Stadt für benfpiele
loſe treue Anhänglichkeit, die für ihren bedrängten
Landesfürſten kein Opfer für zu theuer hielt, zu eini⸗
gem Erſatze ſind ertheilet worden Y. Die Wiener
konnten freylich keine ſo ehrenvollen Beweiſe erprob⸗
ter Treue gegen ihre Regenten aufweiſen, aber zu
ihrem Glücke waren die Privilegien der Neuſtädter
in allgemeinen Ausdrücken abgefaßt, die Freyheiten
der Stadt Wien drückten ſich aber hingegen uber cine
zelne Gegenſtände des Weinhandels ganz deutlid und
beftimmt qus. Es fam zwiſchen benden Städten zu
einem Procef, welchen der neue Landesfurft, der erft
feit wenigen Wochen die Negierung angetreten batte,
Ohne Zweifel deuteten die Neuſtaͤdter vorgiiglid auf die
Urfunde H. Friedrichs bin, die er ihnen 1239 verliehen hat.
Er erfaubte ihnen einen ganz zolifrepen Handel in allen
Oeſterreichiſchen Provinzen, Hormapr's Taſchenbuch fur
die vaterlaͤndiſche Geſchichte, 1812. S. 74 Significamus.
‘quod nos burigenfibus Novae civitatis, et ipli civitati
‘pro fide et conftantia, quam circa nos habuerunt, quum
imperium et fere totus mundus nos manu valida invafe-
rit, etpro eo, quodipfi ultra omnes burigenfes, quiea
fide, ficutipfi, nobis tenebantur, fideliter et conftanter
adftiterint, hanc gratiam imperpetuum et jus conceffi-
mus obfervandam, ut per omnes terras nofîras et difiric-
tum de mercimoniis ipforum nullam mutam folvant,
fed eis femper liceat loca, mutarum libere pertranfire,
hoc tamen annexo, ut mercimonia fibi non attinentia
absque folutione mutae fiatuta ac debita non tradi:cant.
ded 00 242
der junge $. Rudolph im Jahre 1358 feyerlich zu
Gunſten ſeiner Hauptſtadt entſchied *). Die Neuſtäd⸗
ter mußten ihre Taberne in Wien wieder aufgeben
und ſich damit begnügen, daß ſie dort ihre Weine wie
die übrigen Landleute von Michaelis bis Martini auf
dem Platz am Hof verkaufen durften. Das ſtrenge
Verboth H. Albrechts des Lahmen, das alle Einfuhr
nicht nur ausländiſcher, ſondern überhaupt aller aus—
wärtigen Weine unterſagte, deren Eigenthümer keine
Bürger von Wien waren, hat H. Albrecht der Dritte
1369 erneuert. Traf man dergleichen Weinfäſſer ine
nerhalb des Burgfriedens der Stadt an, ſo befahl das
Geſetz ihn ausrinnen zu laſſen oder an ein SI ab⸗
zugeben **). | |
Zinfter Abſchnitt.
| Meilenrechte.
Groß waren die Vorrechte der Bürger in landes⸗
fürſtlichen Städten und Märkten, von denen wir bis—
her geſprochen haben, und doch begnügten ſie ſich damit
noch keineswegs. Dem Rechte, daß nur ſie allein im
Lande Handel treiben durften, ſchien noch immer etwas
»
2) Ungeachtet der Urtbeilsforud H. Rudolphs einen betraͤchtli⸗
chen Raum einnimmt, ſo hielt man die Urkunde in mancher
Ruͤckſicht fur merkwuͤrdig genug, ſie nach ihrem ganzen
Inhalt in der Beylage Nro. XXI. mitzutheilen.
* Rauch, T.IMT. p.112. Wir ſeczen das niemant chainen
vngeriſchen weynn oder welyſchen weynn oder froͤmden
weynn an die ende der Stat furen ſchol zeuerchauffen noch
zeuertuen vnd wo man in ynndert vindet in dem purkchfrid
oder in der Stat Da ſchol ander puezz nicht zugehoren
dann das man in niderſchlach auf dy erden oder in das
Spital geb.
22* 97 uo
qu mangeln, fo lange es in ibrer Mahe Leuté gab, die
cin eintragliches, und für den Lebensunterbalt ganz
unentbehrliches Gewerbe trieben; Neid und Habſucht
ſpornten ſie an, auch diefe Gewerbe an ſich zu reiſſen,
und viel zu nachgiebige Fürſten erfüllten ihre zudring⸗
lichen Bitten. So entſtand das höchſt verwerfliche
Meilenrecht, vermöge deſſen innerbalb einer Meile
um einen privilegirten Ort niemand cine gewiſſe Nah⸗
rung treiben durfte. So ein Verboth erſtreckte ſich
gewohnlich auf Speiſe und Trank; manchmahl murs
den aber auch in dem Umkreis einer Meile gewiſſe Ure
beiten der Handwerker unterſagt, um den Bürgern
begünſtigter Städte und Märkte cin vollkommenes
Monopolium zum Verderben ihrer Nachbarn zu fi:
cherm. Gewöhnlich waren dort, ino es cin Stapel⸗
recht gab, auch Meilenrechte vorbanden, obgleid
man letztere an cinigen Orten auch ohne die erfteren
findet. Wer {ich im Befige eines mit einem Moeilenz
rechte verbundenen Stapelrechtes befand, erſchien in
den Augen des Mittelalters als der glücklichſte Kauf⸗
mamy denn er war nicht nur Herr uber den Waaren⸗
zug und uber den Sandel Foftbarerer Dinge, fondern
in feiner Gemalt befand ſich auch die tägliche Nabrung
der Menſchen in einem Umfreis ciner Meile: Brod,
Fleiſch, Bier und Wein. Diefes Monopolium mufite
auf die Käufer defto verderblicher wirken, da ſich die
damablige Polizenin dem elendeften Zuftande befand,
und nod) dazu bon eben denfelben Bürgern vermaltet
wurde, Deren Sntereffe es forderte, von ibrem Mei:
lenrechte den möglichſten Mugen zu ziehen. Die Art
und Weiſe, mie die Frenftadter gegen die Bürger von
Leonfelden ibren alten Straßenzwang auch dann noch
mit bemaffneter Hand frogig vertheidigen wollten, als
er ſchon vom Landesfürſten abgeſchafft mar, läßt uns
i
n 98 pero
cin gerechtes Urtbeil fallen, mit welcher barbariſchen
Rohheit damabls privilegirte Blirger ibre Vorrechte
werden ausgeübt haben. Wir wollen einige Verleis
burigen Des Meilenrechtes naher betrachten.
‘Ben dem grofien Mangel ſtädtiſcher Urkunden in
Oeſterreich können wir erſt vom dreyzehnten Jahr⸗
hundert angefangen, Beyſpiele eines verliehenen
Meilenrechtes aufführen. Das älteſte darunter von
*
einem H. Leopold, wahrſcheinlich dem Glorreichen,
iſt jenes, das dem Markte Aſpach in Unteröſterreich
iſt verliehen worden. Wenn damahls ſchon ein Markt
mit einem ſolchen Vorrechte begabt erſcheinet, fo kann
uns nichts hindern für ausgemacht richtig anzuneh⸗
men, daß zur nämlichen Zeit auch mehrere Städte
die Vortheile eines Meilenrechts genoſſen haben,
denn dieſe lagen dem Landesfürſten näher am Herzen,
und gaben als die Klügeren und Mächtigeren unter
dem gemeinen Volke vorzüglich in Handelsgeſchäften
den Ton an. Innerhalb einer Meile um Aſpach durfte
man nichts feil haben und auch kein Handwerk trei⸗
ben. Von dieſer Regel waren jedoch ausgenommen
die Pfarrorte und die Burgen des Herzogs . —
Die Stadt Enns erbielt 1244 cin Meilenrecht vom
H. Friedrich dem Streitbaren, welches alle Gaſt—
wirthe abſchaffte und ibmen geboth, ihren Wohnort
in der Stadt aufzuſchlagen und dort ihr Gewerbe zu
treiben. Dem nahen Ennsdorf wurden nur zwey ae
cfer und ein Gaftgeber vergonnet**).
*) Meichelbeck, T.IT.p. 84. Di haben gefeit, das Ufpad
der Marcht alfo geftift fi; von dem Hertzogen Liupolden,
| Daz eimer meil fol nicht vails finan Bedingefteten , und da
ze pharren. Gn der meil fol aud debein hantwerch fin, an
Da je pharren, und daz des Hertzogen Burgen,
*#) Hormayr, Tafhenbud, 1812, S. 54. Nec Caupones
fint infra Miliare. Sicut hactonus confueuerunt, necin
— re
Dieſer Unfug des fi indlichſten Druckes der are
men Landleute bat im vierzebiiten Jahrhundert nod)
grofere Fortſchritte gemacht, und die Negenten fpene
deten mit frengebiger Hand ibren vielgeliebten eige—
nem, und auch menigen anderen Bürgern, die der
Herrſchaft eines begunftigten Höflings untermorfen
waren, Privilegien über Meilenrechte aus. Im
Jahre 1356 verboth H. Albrecht alles Weinſchenken
innerhalb einer Meile um Steyr, und nahm davon
nur diejenigen Gaſtwirthe aus, welche ſchon von je⸗
her dazu befugt geweſen ſind *). Daß H. Rudolph
den armen Bewoͤhnern von Traundorf ben Gmunz
den allen Handel, das Brodbaden und Weinſchen-⸗
ken, und fogar audy alle Arbeiten in Hol, nämlich
das Schnitzen hölzerner Figuren und die Berfertis
gung bolzerner Werfzeuge und Baumaterialien (da$ |
Schneidwerch und Schnechwerch) ſammt allen Sands
werken 1360 verbothen babe, ift ſchon weiter oben ere
zählet worden; er mollte dadurd das Meilenrecht
der Bürger von Gmunden aufrecht erhalten, Auch die
Linger verdbanften ibm ein ſolches Vorrecht. In einer
. Urfunde, die er ihnen 1302 verliehen bat, verboth
er innerhalb einer Meile alle Schenkhäuſer **). Seine
Brüder Albrecht und Levpold beftdtigten 1300 dieſes
villa que Enssdorf dicitur ex panificibus nisi tantium duo
resideant et unus caupo, nec extra murum aliqui cau-
pones resideant, Sed intrent comuniter civitatem , et ibi
suas nendiciones exerceant more debito et consueto.
#) Preuenhuber, S.52, lieferte von diefer Urfunde nur ei:
nen kurzen Uuszug. Sie hat das Datum: Wien, Ertag
vor Palmarum (am 17. Yprif) 1356. i
**) „Auch baben wir gefabt vnd ſetzen mit difem brieff, Das
Riemandts vmb Lyntz Inwendig einer gantzen Meili wegs
dhain Schenkhauß hab.“ — Von dieſer Urkunde wird wei—
ter unten die Rede ſeyn. Beylage Nro, XXXVI.
1
ese 1()() «--
Meilenrecht, und die fpateren Regenten folgten ih—
rem. Benfpiele *).. Von dem barten Urtbeile, das
È. Friedrich 1485 gegen die Bemobner des Ufers
bey Linz ergeben ließ, ift fon weiter oben Ermabe
mung geſchehen. Derfelbe hochgeprieſene H. Rudolph
hat 1363 Das Unheil deg Meilenrechtes auch in der
Umgebung von Frenftadt verbreitet. Innerhalb einer
Meile durfte dort niemand Wein, Meth oder Bier
ausſchenken, ausgenommen man hatte dieſe arco i
cinem Dortigen Burger abgefauft**)
Die landesfürſtlichen Märkte a den Stadten
in Rückſicht des Handels, und wahrſcheinlich alfo auch
in Rückſicht des Meilenrechtes gleich gehalten. Krie⸗
ge, vorzüglich aber die Nebellionen der Bauern und
Die Unachtſamkeit der bürgerlichen Behörden, welche
unverſtändliche und unleſerliche Schriften als unnütze
Dinge ganz unbekümmert ihrem Schickſale überlie—
ßen, haben die alten Urkunden zu Grunde gerichtet
und vertilget. Einige wenige ſind im Markte Perg
vom Untergang errettet worden. Das Privilegium ,
welches K. Ottokar den dortigen Bürgern 1269 apr
HAlhrechts und Leopoldé Vefratigung bat das — An
Gant Johanns Abent gu Sunwenden.“ — Ladieélaus er:
neuerte ſie: „Wir Laslaw .... thuen khundt offentlich..
das in ainer Meilwegs vmb Lynb Niemandt khain ſdenck⸗
hauß habe, das von hertzog Albrechten vnſern vrehnen vnd
hertzog Leopoldten ſeinem brueder beſtaͤtt it... Gebén gu
Wienn, am ſant Erafm tag (am 3. Junius), Nod Chriſti
geburt 1453-44
**) Die Beweisſtelle iſt ſchon oben beym Straßenzwang von
Freyſtadt vorgefommen · „Das Niemandt wer der ſey, Edl
oder vnedl, Inner ainer Meyll vmb die Statt khainen
mein, Meth noch Pir ſchenckhen fol, Er hab es dann ge:
> Fpaufft von ainem Burger in der Statt dafelbs.
sec 101 —-
liehen bat *), wurde ihnen von den Gerzogen Albrecht
und Otto 1335 erneuert **). Der Inhalt deſſelben
betrifft freylich nur die Mauthfreyheit ihrer eigenen
Bedürfniſſe, aber im dieſem Vorrechte werden ſie
ausdrücklich den Bürgern der Städte gleichgeſtellt.
Die ſogenannten Ladſtätte, die den Landleuten außer—
halb der privilegirten Märkte unterſagt waren; bür—⸗
gerliche Gewerbe und uneingeſchränkter Handel, wie
ihn die Stadtbürger trieben, waren eben ſo in den
Bannmärkten wie in den Städten die hohen Vorrech—
te der Bürger, welche von unſern Landesfürſten vom
dreyzehnten bis sum achtzehnten Jahrhundert ſehr vft
find ermenert worden ***), Nur daran könnte man
*) Heft. unter den Konigen Ottokar und Albrecht, Th. I. S.49.
#*) Wir Albr (lic) ind Dit, von gottes gnaden Hertzogen je
Oſterr. vnd ze Steyr. Veriehen vnd tun hunt offenfiden
mit Difem brief, allen den, Die inanfebent, fefent, oder
horent fefen, daz wir mit guter gewizzen und chuntſchaft,
des mol beweiſet ſein, vmb die Leut ze Perge, daz die alleu
die reht habent ze verfuren ir wein, ir Getrayd vnd andreu
dinch, der fi bedurfent, auf wazzer vnd auf Land,
als vnſer Purger ze Ens vnd ze Lyntz, vnd ander vnſer
Leut in vnſern Steten recht habent, vnd wan die vorge⸗
nanten Leut von Perg ir brief, die ſie vber diſelben reht
habent gehept, verloren habent, beſteten wir in dieſelben
reht, von beſundern gnaden alſo daz ſie die fuͤrbaz an atte
ſeumung vnd irrung haben ſullen in aller der weis als vnſer
burger ze Ens, ze Lintz, vnd ander vnſer Leut in vnſern
Steten habent, vnd daz in daz alſo ſtete vnd vntzebrochen
fuͤrbaz beleibe, geben ir diſen brieff ze einem offenn vr—
chund vnd ſtetichait, beſigeltn mit vnſern anhangunden In⸗
figelm . Der je Lintz geben iſt, do man zalt von Chriſtes ge.
burd taufettt. brevbundert Kar, barnad in den funf vnd
Dreizzigiften Sar, Des nabiten Samztages vor fand Phi-
lipps vnd fand Jakobs tag (am 29: Upril). — Zwey anban:
gende Siegel.
#**) Lon den Ladfiatten der Buͤrger von Perg geſchieht in den
Urfunden von Grein oͤfter Erwaͤhnung. Vom Handel der
zweifeln, ob die Blirger der Marfte Oeſterreichs eben
fo wie die Bürger der Stadte nad Venedig bandeln
Durften. Urfunden darüber find bisher noch nicht aufs |,
gefunden worden; deſſen ungeachtet fann man die
Moöglichkeit nicht anftreiten, denn zur Zeit, im wel⸗
‘ Mer das ganze Negierungsfnftem nicht auf meifen,
allgemein verbindlichen Geſetzen, fondern nur auf
Willkühr und Privilegion berubte, famen die fonder:
barften Dinge zum Vorſchein. Wenn es gleich wirk—
lich irgend einen allgemeinen Grundfag als Richt⸗
ſchnur gegeben bat, fo verſchwand die Befolgung def:
felben beynahe ganz durch Verleihung unzabliger Pris
vilegien, die demfelben widerſprachen. So , z. B. be
fafen in den fruberen Zeiten die Bürger der Stadte
ausfohliefiend das Recht, Handel und Gewerbe zu
treiben; doch fpaterbin nabmen auch die Bürger der
landesfürſtlichen, und fogar and der, verſchiedenen
Herrſchaften untertbdi.igen, Marfte Antheil an die:
ſen Vorrechten, und das Dorf Iſchel mard in diefem
Stücke den Stadten gleicigeftellt. Der Handel nad
Venedig wurde nur den Städtebürgern erlaubt; aber
unfre Derzoge fügten in den Urfunden hierüber ſogleich
den Beyſatz binzu, daß fie ſich das Recht vorbebalten
mwollten, aud Undere nach Belieben mit diefer Dane
delsfrenbeit zu begnadigen. Es mogen Viele fo ein
Privilegium erbalten haben, nur find die Urfunden
hierüber verloren gegangen.
Sechſter Abſchnitt.
Einſchraͤnkungen der Kaufleute in Ruͤckſicht der Kraͤmer.
Solange es einen Handel gab, hat es auch Kauf⸗
leute und Krämer gegeben, das heißt, Leute, die im
Buͤrger in Maͤrkten ſpricht È. Marimilian in der Verord⸗
© nung vom Jahre 1496, welche in der Beplage Nro, XX.
abgedruckt ift.
ue 1()3 22
Ganzen oder Großen bandelten, und Undere , welche
die Waaren im Kleinen, nad Ellen und Pfunden,
verFauften. Da auch unter den Waaren ein unges
mein großer Abſtand fil vorfindet, fo mar es der
Sitte des Mittelalters und dem allgemeinen Hange,
fich an feines Gleichen anzu —— —— ⸗
mai, daß ſich ſchon fruhzeitig die Kaufleute nach dem
Unterſchiede der Waaren, mit welchen ſie handelten,
von einander trennten, und verſchiedene Innungen
bildeten: es gab dann Kaufleute, Kramer und Tändler.
Nicht ſoviel koſtbare Waaren: feine Tücher, Sammet,
Seidenzeuge, u. ſ. w., ſondern eigentlich der Handel
im Großen oder Kleinen erzeugte den Unterſchied zwi⸗
ſchen Kaufleuten und Krämern, obgleich es unter
letzteren wieder verſchiedene Abſtufungen gegeben hat.
Die Innungen der Kaufleute und Krämer frane
den geſchloſſen da, aber noch waren zwiſchen ihnen
die Graͤnzen nicht beſtimmt, mo der Handel der einen
aufhoren und der andern anfangen follte. Die Kauf—
leute bandelten nad) ihrem Belieben bald im Großen,
bald verſchmähten ſie aud den Kleinhandel nicht,
und thaten dadurch den Krämern einen empfind—
lichen Abbruch. Es entſtanden Klagen, welche den
H. Friedrich den Schönen veranlaßten, durch eine
Verordnung im Jahre 1312 genauer zu beſtimmen,
was für Kaufleute und Krämer in Wien Rechtens
ſey. Es wurde von ihm zu ihrem Vortheile feſtgeſetzt,
daß ausländiſche Kaufleute miteinander durchaus nicht
handeln ſollen. Inländiſchen Kaufleuten wurde der
Handel mit Ausländern in Wien ebenfalls unterſagt,
aber ſie ſelbſt durften miteinander Handel treiben, je—
doch mit der ausdrücklichen Bedingniß, daß die Waa⸗
ten wenigſtens einen Viertelcentner am Gewicht be—
tragen mußten, man mochte ſie dann nach der Wage,
mea 104 2%
nach der Anzahl oder nach einem gewiſſen Maß vere
kaufen. Die Aufſicht über die Stadtwage blieb wie
zuvor Den Kaufleuten und Krämern zugleich über—
laſſen *). —
Dieſe Verordnung, welche in den Jahren 1348
und 1375 erneuert wurde, trug auffallende Gebre—
chen an ſich, denn da die Gränzlinie zwiſchen Groß—
und Kleinhandel nach dem Gewichte eines Viertele
eentners beſtimmt wurde, fo fielen koſtbare und gang
gewöhnliche, theure und wohlfeile Waaren in eine
Claſſe zuſammen. Dazu fam noch, daß die Kauf—
leute, deren Handel dadurch gar zu ſehr eingeſchränkt
wurde, häufige Auswege fanden, zum Schaden der
Krämer den Handel ſowohl im Großen als im Kleinen
gu treiben. Die Klagen der bedrängten Krämer wur—⸗
den endlich ſo laut, daß ſie zu den Ohren H. Albrechts
kamen, der ſich 1432 entſchloß, die Sermetra grane
ben Unfug der Reichen zu ſchützen, und die Granzen
der Befugniffe der Kaufleute genquer zu beſtimmen.
Seine Verordnung enthält Folgendes **):
Der Herzog hat den Kaufleuten und Krämern ein
Verzeichniß von Waaren übergeben laſſen, in mel
chem das Quantum bezeichnet iſt, nach welchem ſich
der Handel der Kaufleute richten müſſe; weniger,
als dieſer Maßſtab ausweiſet, von irgend einer Waare
— *
*)Ranch, T.TII p. 123. Wir ſetzen auch vnd gebieten, daz
die Purger vnd Chaufleute die ſint geſe zzen in den ſteten in
Oſterreich (von Buͤrgern der Maͤrkte geſchieht noch keine
Erwaͤhnung) ainer von dem andern ge Wienne chauffen
muͤge Chaufſchaͤtze uͤber ein virtail eines Centen, vnd nicht
darunder, ez ſei parchant, Scheter, Pheffer, oder ander
dinch die man verchauffet mit der wag, mit der tzal, oder
mit der mazze.
**) Beylage Nro. XXII.
2 105 28
zu verkaufen iſt ihnen verbothen, denn dort fängt der
Kleinhandel der Krämer an*). Der Handel mit ge⸗
goſſenem Wachs bleibt ausſchließend den Wachsgie⸗
ßern vorbehalten und wird den Kaufleuten ſowohl als
den Krämern unterſagt. Mit Sammet und Damaſt,
welche die Krämer nach der Elle verkaufen, können
die Kaufleute nad Belieben handeln. Ein Eonfect
von Venedig nach Wien zu bringen, iſt den Kaufleu—
tenunterfagt, und fie und die Krämer dürfen es nicht
feil baben und verfaufenz mas fie aber davon zu ibrem
cigenen Hausbedarf nöthig baben, ift ihnen berbenzue
bringen erlaubt. Der Handel mit Eonfecten fommf
ausſchließlich den in Wien anfaffigen Apothekern gu,
welche Confeete bereiten und verkaufen *). Unge⸗
—
*) Dieſes Regiſter hat ſich leider nicht mehr vorgefunden, wes⸗
wegen ein Paar Stellen in der Urfunde dunfel bleiben.
par Das Vort: Confect, bedeutet uͤberhaupt aus oder mit Zu⸗
cker gebacfene Speifen, oder mit Zucker eingemachte efibare
Dinge. Es ſtammet von dem Lateiniſchen Wort aus dem
Mittefalter, Confectio, ab, tvorunter man eiti Urzenen=
mittel verftand; daher Confectionarius, ein Apotheker.
Mit confectio find Confectae verwandt, welches in Zucker
cingemadte Frudte bedeutete. Du Fresne: confectae:
Fructus faccharo conditi, Gall. confitures: Soon im
Sabre 1333 hießen confectaeZuderbaderenen , alfo auch
die Bueferbader: Apothefer. Ben dem Worte camer-
lengus, Kaͤmerer, mird fofgende Stelle angefuͤhrt: Ma-
jor Chica lengus, fi praefens fuerit, fuum debebit offi-
| cium perfonaliter exercere , videlicet figillum noftrum
i fecretum portare... fpecies et confectas, et fructus, cet
fimilia ad officinm Apothecarii pertinentia, quae extra
menfam comederemus, facto gustu nobis minifirare,
etc. + Cf. Cod. Aust, T. ITI, p.271. Ypothefer Ordnung
vom Fabre 1689. In diefer beifit e8 : ,,Bon etlichen Con:
fecten , oder mit Zucker uͤberzogenen Arznepen , u. f. m ‘4
Soon È. Friedrich IL. erließ Berordnungen fur die eigente
lichen Apotheker. Fiſcher, Handelsgeſchichte, I. 792. —
db 106 cao
bleichte Leinwand und Zwillich dürfen mur die Lein⸗
wandhändler nach Ellen und Stücken kaufen und ver⸗
kaufen; gebleichte oder gefärbte Leinwand und Zwil⸗
lich gehören aber nicht mehr zu dem ihrer Innung zu⸗
geſtandenen Handel. Die Krämer dürfen nicht nach
Venedig fahren, reiten, oder jemanden um Waaren
dahin ſchicken; was ſie von Venetianiſchen Waaren,
die ihnen zu verkaufen erlaubt ſind, nöthig haben,
müſſen ſie von den privilegirten Kaufleuten in Wien
einhandeln. Wollte cin Kramer ſelbſt nach Venedig.
fahren und ſich dort Waaren einkaufen, ſo müßte er
aus der Krämerzunft austreten, ‘cin Kaufmann mere
den, und auf die Krämerey Verzicht thun. Eben ſo
müßte der Kaufmann, der nicht nach Venedig reiſen
und ſich mit dem Kleinhandel abgeben wollte, die
Kaufmannſchaft aufgeben und ein Krämer werden.
Das Wagehaus behalten die Kaufleute und Krämer
unter ihrer Aufſicht, wie dieß von jeher gewöhnlich
war; ſie erwählen vier Wäger und Unterkäufler,
ſtellen ſie dem Stadtrathe vor, und laſſen ſie von dem⸗
ſelben beſtätigen. Die Gefälle, welche auf dem Wa
gehaus eingehen, werden zum Beſten der Stadt vere
wendet. Die Urkunden, welche die Kaufleute und
Beckmann, Beytraͤge zur Geſchichte der Erfindungen, Th.
II, S.502,0faat: „Es ſcheint, daß man anfaͤnglich nicht
vermuthet bat, daß die Apotheker bey ihrem Gewerbe ſich
ſobald und leicht, als jetzt moͤglich iſt, bereichern wuͤrden;
deswegen hat man ihnen noch mancherley andere Vortheile
zugewendet, vornehmlich Den Handel mit Confect und Zu
ckerwerk, worin die beſten Delikateſſen damals beſtanden.
Von dieſen Leckereyen mußten ſie an vielen Orten, quaſi
pro recognitione, dem Magiſtrat ju einem Feſte Geſchenke
machen, und vermuthlich ſchreiben ſich daher, die Neu:
jahrsgeſchenke an Zucker, Magen-Marſeille, Marzepa—
nen, u dgl. her.“ —————
sno 1)7 «se.
Kramer über ihre Privilegien erbalten haben, milffett
auf dem. Rathhaus abgegeben und dort aufbemabret
werden; haben fie cine oder mebrere derfelben nöthig,
ſo gibt man fie ihnen heraus, aber fie muffen getreus
lich wieder zurückgeſtellet werden. Die Berfammluns
gen der Mitglieder der Innungen in der Stadt find
ſchon feit Langer Seit verbothen, ausgenommen fie
werden auf Dem Raͤthhaus in Gegenwart ciner oder
zweyer Magiftratsperfonen gebalten. Diefes Verboth
muß aucd von den Kaufleuten und Krämern gehalten
- werden; ſie dilrfen meder auf dem Wagehaus no
andersmo cine Verfammlung veranftalten,, wenn
nicht cime oder 3iwen Magiftratsperfonen, die nicht
gum Handelftand geboren, derfelben benmobnen. Die
Uibertreter diefer gegenmartigen Berordnung wird der
Herzog firenge beſtrafen.
iefe Berordnung mar nach dem eigenen Geſtänd⸗
niß H. Albrechts die Frucht einer reifen Uiberlegung
und eines langen Berathſchlagens mit feinen Mini:
ſtern und andern teifen Mannern; und dod fab er
ſich ſchon im dritten Fabre genöthiget aufrichtig zu
gefteben, daß er cinen Mifigriff gemacht, und darin
Manches zu hoch, Manches zu niedrig angeſchlagen
habe: ſo ſchwer und unklug iſt es, dem Handel alle
Schritte, die er gehen ſollte, genau vorſchreiben,
und ihn, aller Freyheit beraubt, immer am Gängel—
band führen zu wollen *). Der Handel zwiſchen Su:
und Ausldndern gerieth in fo grofie Verlegenboeiten ,
daß cime ſchnelle Abhülfe nöthig wurde. Det H. AL
brecht hatte 1435 eben einen Feldzug gegen die ſchreck⸗
*) Der goldene Denkſpruch: Lailsez nous faire, war damahls
noch nicht, freylich zu großem Schaden des Handels, mes.
der gedacht, noch weniger ausgeſprochen.
dee 108 =
ichen Huſſiten angetreten, und befand fi in Brini}.
aber felbft fo wichtige und gehaufte Geſchäfte konnten
ihn nicht abbalten, dem Uibel , das feine obige Vere
ordnung erzeugte, fogleid) cin Ende ju maden, und
Den Handel von den ſchweren Feffeln, die er ibm ange⸗
legt batte, wieder zu-befrenen. Er befahl nun, daß
man ſich bis zu feiner Zurückkunft aus dem Lager ine
deſſen an folgende verbefferte Ordnung halten follte®) a
Den Raufleuten iſt es erlaubt, Waaren, die nad
Der Wage hingegeben werden, pfundiweife zu verkau⸗
fon; weniger als cin Pfund davon zu veräußern if
ihnen verbothen. Waaren, die nach der Elle wegge⸗
hen, dürfen ſie nur in ganzen Stücken verkaufen;
ausgenommen ſind Seidenzeuge, Sammet, Da—
maſt, Atlaß und alle Zeuge, in welchen eingewirktes
Gold oder Silber erſcheinet: ſolche Waaren können
Die Kaufleute auch ellenweiſe, aber nicht in noch klei—
nerer Größe verkaufen; und eben ſo auch ganze Spu⸗
len Golddraht, aber nicht weniger. Den Kaufleuten
wird auch erlaubt, mit Oehl und Wachs zu handeln;
jedoch darf beym Verkauf das Gewicht davon nicht
geringer als ein Vierteleentner ſeyn. Da durch dieſe
Anordnung die Krämer in manchen Stücken beein⸗
trächtiget wurden, fo ward ihnen zum Erſatz die Be—
fugniß ertheilet, ſelbſt nach Venedig zu fahren, oder
durch Stellvertreter ſich von dorther Waaren kommen
zu laſſen, und alles, was nach der Wage hingegeben
wird, im Großen und Kleinen zu verkaufen. Krämer
mußten zuvor an einem beſtimmten Plage ihre Waa⸗
ren feil biethen; nun wurde ihnen erlaubt, in ihren
eigenen Häuſern, wenn ſie eines eigenthümlich beſa—
ßen, nad der allgemeinen Vorſchrift Handel ju trei⸗
*) Beylage Nro. XXIII.
— 109 **
ben. Die Hinderniſſe, die man den Krämern bep dem.
Wagehaus und aud fonft ben ibrem Handel in den
Weg legte, verfprad der Herzog ben feiner Zurück—
kunft aus dem Felde gu befeitigen, und cine unver—
brüchliche Handelsordnung bekannt zu machen. —
Spaͤtere Anordnungen über den Handel der Kauf—⸗
leute und Krämer übergehen wir als unbedeutende
Menerungen v) Ci
‘Was 5. Albrecht fpaterbin in Rückſicht des Ganz
dels verordnet babe, ift uns unbefannt. Das beftan:
dige Wechſeln in Aufftellung verſchiedener, ſich wi⸗
derſprechender Handelsordnungen war die Folge der
gänzlichen Unbekanntſchaft mit dem wahren Geiſte des
Handels. Damahls wahnte man noch, daß es gu ſei⸗
nem Flor nicht genüge, ihn durch eine geräuſchloſe
Oberaufſicht ganz unmerklich zu leiten; man hielt es
für unentbehrlich, ihn durch mzehlige Befehle und
Privilegien hervorzurufen, ju befördern und für fei-
ne Dauer zu ſorgen. Wenn es nur um Befehle zu
thun wäre, fo würde der Handel gewiß in allen Lana
dern vortrefflich gedeihen, was doch keineswegs durch
die Erfahrung beſtätiget wird. Er blühet nur dort,
wo ihn eine weiſe, uneigennützige und väterliche Auf⸗
ſicht des Fürſten vor rauberiſchen Angriffen ſchützt,
von allen unnützen Feſſeln befreyet, und ihm die
möglichſte Freyheit geftattet. Ben Straßenzwang und
haäufigen Stapelrechten, bey übermäßigen Zöllen und
unausſtehlichen Monopolien verläßt der Handel ein
unglückliches Land, und ſucht ſich eine ruhigere, mehr
gaſtfreundliche Stätte, wo ſich ein freyeres, reges
Leben findet.
*) Guarient, Th. IT.S. 65. Vertrag zwiſchen den Niederlaͤ⸗
gern und “Raufienten in Wien wegen des Kleinhandels,
‘ pom Fapre 1671.
nes 110 fede
Noch muf die Bemerfung bengefiget werben
daß man das Wort: Krämer, nicht in unſerem heu⸗
tigen, ſondern im damahligen Sinne nehmen und
verſtehen müſſe, wo es im Gegenſatze der Großhänd⸗
ler nur Raufleute bedeutete, die den Kleinhandel nad
der Elle und nad dem Pfunde, jedoch felbft mit den
Foftbarften Waaren trieben. Sn den nachfolgenden
Sabrbunderten murden unter den Handelsleuten noch
ſchärfere Linien des Unterſchiedes gezogen. Die alter
Krämer ſchwangen ſich zur Würde der Kaufleute, und
überließen ihren Namen der ärmſten und niedrigſten
Claſſe unter ihnen, welche ſich mit dem Handel der
unbedeutendſten Dinge abgaben, die man ſogar in
Döorfern ohne Widerſpruch der Städtebürger verkau⸗
fen durfte. — Da Wien den übrigen Städten bey in:
neren Einrichtungen faſt immer als Muſter voranging
und den Ton angab: fo dürfen wir mit vieler Wahr⸗
ſcheinlichkeit annehmen, daß obige zwey Handelsord⸗
nungen allenthalben als eine allgemeine Regel befoh⸗
len oder doch ennen wurden.
Siebenter Abſchnitt.
Einſchraͤnkungen der buͤrgerlichen Handwerker in Ruͤckſicht
des Handels.
Alle Handelsprivilegien, von melden bisher die
Rede geweſen iſt, find den Bürgern der landesfürſt—
lichen Städte und Märkte und noch einigen wenigen
Begünſtigten verliehen worden, ohne daß ein Unter⸗
ſchied zwiſchen ihnen in Rückſicht ihres Gewerbes ge⸗
macht wurde: ein jeder Bürger hatte die Befugniß
Handel zu treiben. Die älteſten uns bekannten Urfune
den, in welchen vom Handel in Oeſterreich Erwäh—
nung geſchieht, machen keinen Unterſchied zwiſchen
— 7 11 —
Blirgetn, und im drenzebuten Sabrbunderte noch war
ganz gewiß cin jeder bansgefeffener Bürger berechti=
get, mit allen ibm beliebigen Dingen:Dandel zu treie
ben, denn vom Gegentheile erſcheinet auch nidjt die
mindefte Spur, und die Stadtprivilegien machen
hierin zwiſchen Bürgern keine Ausnahme. Erft das
vierzehnte Jahrhundert ſtellte hierüber neue Grund⸗
ſätze auf, theilte die Bürger nach ihren Gewerben in
verſchiedene Claſſen ein, machte einen Unterſchied
zwiſchen Handwerkern, Gaſtgebern und anderen be—
hauſeten Bürgern, und beſtimmte einer jeden dieſer
Claſſen den Antheil, den ſie an den verliehenen Han—
delsvorrechten zu nehmen befugt ſeyn ſollte. H. Al⸗
brecht der Lahme geboth im Sabre 1340, daß kein
Gaſtgeber in Wien zugleich Kaufmann ſeyn ſollte; er
ließ aber den Bürgern die freye Wahl, welchen Stand
ſie von. diefen beyden ergreifen mollten*). Sn Linz
wurde Diefer Unterſchied zwiſchen Handwerkern und
anderen Bürgern erſt 1390 geſetzlich beſtimmt, und
nur letzteren, wenn ſie Haͤuseigenthümer waren,
der Handel mit Salz und Wein, erfteren aber bloß
mit ibren Fabrifaten und Allem, was zu ihrem
Handwerk gehörte, von dem Landesfürſten zugeſtan⸗
Den *). Dieſe neue Einſchränkung war den bürgerli⸗
chen Handwerkern äußerſt läſtig, und wurde ungeach⸗
tet einer neuen landesfürſtlichen Beſtätigung ſchlecht
befolget. Die Bürger beriefen ſich auf ihr neues aus—
ſchließliches Vorrecht, und die Handwerker auf ihre
*) Rauch, T. III. p.53. Swelich purger gaſtgeb iſt, der fol
weder innerlandes, noch auzzerlandes dhain choufman⸗
ſchaft nicht treyben. Er fol bei der ainem bleiben, vnd ſei
gaſtgeb, vnd nicht coufman/ oder er ſei choufman, vnd
nicht gaſtgeb.
**) Beylage Nro. XXIV.
*
222112 -+-=
Handelsbefugniß, die fo alt als die Stadt wäre.
Beyde Theile mendeten ſich an den RK. Albrecht, und
dieſer that 1438 den Ausſpruch, daß es bey der Sands |
delsbefMranfung der Handiwerfer verbleiben follte;
aber letzteren dürfen es die Bürger nicht verwehren
Wein und Salz zu ihrem eigenen Hausbedarf von
wem immer zu kaufen. Der Handel mit Allem, was
zu ihrem Handwerk gehört , bleibe ihnen frey, und
mabrend der Jahrmaͤrkte in Linz dürfen fie in ihren
cigenen Häuſern felbft Wein ausſchenken oder von
anderen Hauseigenthümern ausſchenken laffen, nur
muffe diefer Wein nicht von Auswärtigen, fonderti
von Den Burgern in Linz erfauft werden Zugleidh
ſprach Albrecht den Handwerkern die Befugniß zu,
daß ſowohl Bürger von Linz als auch Auswartige in
den Häuſern derſelben waäͤhrend der Jahrmärkte ihre
Waaren ablegen und verkaufen dürfen. Zur Auf—
nahme der Rechnungen über Steuern und andere
Forderungen und zu Berathſchlagungen über allge—
meine Angelegenheiten der Stadt ſollen immer drey
oder vier der tauglichſten Handwerker beygezogen were
den und auch dem Schrannengerichte beyfitzen, wenn
ſie mit den nöthigen Kenntniſſen begabt find. Geheime
Verſammlungen und Bündniſſe ohne Wiſſen und
Willen des Magiſtrates ſind ihnen verbothen; haben
ſie gegründete Klagen, ſo ſollen ſie dieſelben dem
Stadtrichter und den Räthen vortragen; würde man
ihnen dort nicht Abhülfe leiſten, ſo ſteht ihnen der
Weg offen, den Landesfürſten oder ſeinen Anwalt um
Beyſtand anzurufen*).
Den eigennützigen Bürgern, die kein Handwerk
trieben, iſt es gelungen, die Handwerker bene von
*) Beylage — XXV.
so 115 nova
allem Handel zu entfernett, und auf diefe Weiſe ihr
Monopolium immer mehr gu ſichern. Uber nad) eini⸗
gen Jahren lehrte die Erfahrung, daß ſich die Lana
desfürſten, welche den bandelnden Bürgern derglei:
chen Privilegien ertheilten, geirret, und anftatt ih—
rem Borgeben gemafi den Stadten dadurch aufzubele
fen, denfelben einen auffallenden Schaden verurfacht
haben: Wenige bereicherten ſich, die grofiere Unzabl
der Bürger verarmte, und die Landesfürſten ſahen
ſi ch genöthiget, dem wachſenden Uibel —* eine ſchleu⸗
nige Abhülfe Einhalt zu thun, und die Strenge unvor—⸗
ſichtig ertheilter Monopolienrechte zu lindern. Selbſt
K. Friedrich, der doch feſt an allem Alten klebte,
fand die zu große Einſchränkung der Handwerker in
Rückſicht des Handels ungerecht, und befreyete ſie
wieder in manchen Stücken von dem harten Drucke
ihrer habſüchtigen und immer weiter um ſich greifen⸗
den Mitbürger. Er verordnete im Fabre 1401, daß
es den bürgerlichen Handwerkern wieder erlaubt ſeyn
ſollte, Wein zu ſchenken und mit ihren Erzeugniſſen
freyen Handel zu treibeni Die nämliche Befugniß
ward von ihm auch den Rathsmännern und allen
übrigen Bürgern erneuert, Verehelichet ſich, heißt
es weiter, ein Bürger oder Bürgersſohn mit der
Witwe oder Tochter eines Handwerkers, ſo iſt er
befugt, alle Rechte deſſelben Handwerks auszuüben.
Eben daſſelbe gilt auch, wenn Handwerker oder ihre
Kinder in die Familien der Bürger heirathen, die
kein Handwerk treiben. Begebrt cin Handwerker in
die Zabl der Bürger aufgenommen zu werden, fo
darf ibm der Magiftrat die Verleihung des Burger
rechtes nicht verweigern. Dem Adel Haufer oder
Grundſtücke innerhalb des. Burgfriedens der Stadt
zu verfaufen ift verbothen. Geheime Zuſammenkünfte
te]
ne 17 4 nes
und Widerſpänſtigkeit gegen die Hbrigleit Diete pid
Handwerkern unterfagt 3).
K. Marimilian erleichterte neuerdings 1408 das
Schikſal der Handwerker in Linz, und erlaubte ihnen
den Getreid⸗ und Salzhandel. Die, Befugniß, Wein
zu ſchenken, ſollten ſie während der Jahrmärkte, wäh⸗
rend der Anweſenheit eines Landesfürſten, und jabre
lich vom Weihnachtstage angefangen bis gum erſten
Sonntag in der Faften mie dic übrigen Burger ausü—⸗
ben und von dem Zwange befrenet feyn, deri Woein,
den fie ausſchenken, von niemanden als nur vori einem
dortigen Buͤrger kaufen zu dürfen. Wollen Handwer⸗
ker dieſe vortheilhaften Freyheiten genießen ſo müſſen
ſie in Linz ein Haus eigenthümlich beſitzen. Zu der
Berechnung und, Austheilung der jährlichen Stadt⸗
ſteuer miiffen drey oder vier taugliche Handwerker
beygezogen werden, welche ein ganzes Jahr —
Beyſitzer des Stadtrathes verbleiben**).
Da deſſen ungeachtet zwiſchen den Burgen und
Handwerkern in Linz immer neue Streitigkeiten über
Dinge entſtanden, welche in den vorhergehenden
Stadtordnungen nicht genau beſtimmet wurden, ver⸗
nahm È. Ferdinand bende Theile, ſah ihre alten Pri⸗
vilegien ein, und machte 1530 folgenden Ausſpruch:
Nach den Verordnungen K. Friedrichs und K
Maximilians iſt es den Handwerkern erlaubt, zur
Zeit der Jahrmärkte, der Anweſenheit Des Landes:
fueften, und von Weibnachten bis gum erſten Sonn⸗
tag in der Faften Wein und Bier zu ſchenken. Wir
erlauben ihnen, fagt Ferdinand , aber auch für ande⸗
re. Zeiten des Jahrs, fo oft ifmen dieß qui und vor⸗
*) Beylage Nro. XXVI.
#*) BeplageNro XXVII.
ne 115 >
theilbaft erſcheinet, Wein und Bier im Aus⸗ oder
Inlande zu faufen, in ihre Häuſer zu bringen, und
big zur oben beftimmten Zeit des Ausſchenkens liegen
gulaffen. Handwerker, welche cigene Weingdrten be
fiben, fonnen ibren Bauwein gleich nad) der Lefezeit
oder nach iprem Belieben zu cimer andern gelegenen
Beit in ihre Haufer nad) Linz bringen, jedoch darf
Die Mauth für Feinen Fall binterliftig umgangen mer
den; mer ſich dieſes Vergehens ſchuldig madt, wird
lebensldnglich Diefer hier verliehenen Gnade verluftig,
und verfallt noch über dieß in eine befondere Strafe.
Buͤrger und Handwerker ſollen ohne gegenfeitige Sin
derung ihre Gewerbe wie bisher ruhig forttreiben, ſie
mögen dann klein oder groß genannt werden. Haben
Handwerker ihre Häuſer an Inwohner verpachtet, ſo
haben ſich bisher die Bürger das Recht herausgenom⸗
men, die Ausübung der Gewerbe, die auf ſolchen
Häuſern hafteten, zu verbiethen, und den wahren
Hausbeſitzern alle Handelsrechte abzuſprechen, tele
cher Unfug nach der Verſicherung des Kaiſers zum
Verfall vieler Häuſer und gum Schaden des gemei:
nen Stadtweſens vieles beygetragen hat. Deswegen
befahl nun Ferdinand: Wenn ein Handwerker ſein
Haus, oder wenn er mehrere beſitzt, ſeine Häuſer,
anz oder gum Theile Bürgern gegen einen Zins
uͤberläßt, ſollen letztere, ungeachtet ſie nur Inwoh—
ner ſind, keineswegs gehindert werden, bürgerliche
Gewerbe zu treiben. Der Bürger, der in ſeinem ei⸗
genen, oder im Hauſe eines anderen Bürgers oder
Handwerkers wohnt, genieße immer gleiche Rechte.
Eben fo wenig verliere der Handwerker fein Haus
recht, wenn er einen Theil ſeines Hauſes oder auch
das ganze Zinsleuten überläßt; weder die Bürger
der Stadt, noch ſeine Inwohner oder auswärtige
8 Li
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Handelsleute koönnen oder dirfen ibn hindern, ſich
der Keller, Gemolbe und anderer Gemächer ſeines
Hauſes nad) feinem Belieben zu bedienen, und dort
Meine und andere Saden aufzubewahren. Um
Schluße diefer Berordnung forderte der Kaifer von
Bürgern und Handwerfern die genanefte Befolgung
Derfelben, und drohte den Uibertretern feine8 Be—
fehls die kaiſerliche Ungnade und cine {were Strafe
an). J—
Um nicht weitläufig zu werden, begnügen wir
uns mit den angeführten Verordnungen, welche es
deutlich genug ausſprechen, welch unſeliger Monopo⸗
liengeiſt unter der höhern Claſſe der Burger in Linz
herrſchte, und mie ſich dieſe beſtrebte, die Handwer—
ker immer tiefer in den Staub zu drücken und von
allen Handelsvortheilen auszuſchließen. Der bürger⸗
lichen Würden und Aemter batten ſie ſich bereits be—
meiſtert; deſto leichter mußte es ihnen gelingen Pri⸗
vilegien zu erſchleichen, welche ihren Anmaßungen
geſetzliche Kraft gaben. Dieß dauerte fo lange, bis
die Folgen der Kurzſichtigkeit der alten Fürſten, wel⸗
che voreilig zum Schaden der größeren Bürgeran—
zahl Privilegien verliehen, und auch die Folgen der
Herrſch-⸗ und Geldſucht der in der Stadt regierenden
Oberzunft ſo anffallend wurden, Daf ſich die fpateren
Regenten entſchloßen, dieſes Unmefen nicht Langer
mebr zu dulden, und die ſchädlichen Borredte eini—
ger Beglinftigten zu beſchränken oder gänzlich abzue
ſchaffen.
#) Das Datum dieſer Urkunde iſt: „Geben in des heilligen
Reichs fiat zu Augſpurg den zwelifften tag des Monnats
Sepiembris nad Chriſti geburdt in funfzehenhundert vnd
dreiſſigſten Jare.“
È i no 117 «--.
In den früheren Zeiten genofi jeder, welcher in
einer Stadt cin Gewerbe trieb, ſich und die Seini⸗—⸗
gen ehrlich ernährte und die Laſten des ſtädtiſchen
Geimeinweſens mittragen half, Bürgerehre und Bür—
gervortheile. Man kennt ja den Urſprung der Städte
und den Stand ihrer erſten Bewohner: Leibeigene
und Horige machten die größte Anzahl derſelben aus,
und man nöthigte ſogar die Handwerker der nahen
Umgebungen, ihre Wohnung in der Stadt aufzu—⸗
ſchlagen, um dieſelbe mit allen nöthigen Arbeitern
genugſam zu verſehen, wie wir dieſes aus einer Enne
fer Urkunde vernommen haben. Leibeigene, die ſich
im Städte flüchteten und dort ein Jahr zubrachten,
erhielten die Freyheit, und wer Bürger werden molle
te, wurde mit Freude aufgenommen. Damahls gab es
noch keinen Unterſchied zwiſchen Bürgern und Hand⸗
werkern; als ſich aber Einige zu größerem Reichthum
aufſchwangen und Beſitzer anſehnlicher Häuſer wur—
den, da ſahen ſie bald auf die ärmere Claſſe ihrer
Mitbürger, nähmlich auf die Handwerker, mit Ver—⸗
achtung herab und wähnten, daß nur ſie die Bir
gerſchaft eigentlich vorſtellten und würdig wären, die
Vorrechte auszuüben, welche die alten Fürſten den
Bürgern verliehen haben. An Privilegien, welche dieß
alles beſtätigten, hat es damahls den Begüterten nie
gefehlet: die Landesfürſten ſind mit dieſer Waare
ſehr freygebig geweſen. Zuvor mar es, um cin voll:
Fommener Bürger gu fenn, keineswegs nöthig, ein
Haus in der Stadt zu beſitzen; auch Inwohner, die
ein bürgerliches Gewerbe trieben, ſind Bürger gewe—
ſen. Späterhin forderte man den Beſitz eines Hau⸗
ſes von Allen, welche an dem Handel Theil nehmen
wollten. Als die reicheren Bürger in den meiſten
Städten dieſes erwünſchte Ziel erreicht hatten, wag—
*
e 118 cv
fen fie 08, einen neuen Unterfchied zwiſchen den
Hausbeſitzern einzuführen: und bald ſprach man da»
von, ob die Hauseigenthümer, welche Handwerke
treiben, wohl auch in allen Stücken den eigentlichen,
nicht arbeitenden Bürgern könnten gleichgeſtellet wer⸗
den, Die Antwort auf dieſe Frage fiel mit Bewilli—
gung der Fürſten verneinend aus; mur waren einige
derfelben noch billig genug zu befeblen, daß ſich der
Magiſtrat nicht weigern dürfe, einen bürgerlichen
Handwerksmann, der mit Hintanſetzung ſeines Sez
werbes ein vollbürtiges Mitglied des erhabneren
Bürgerſtandes: ein Gaſtwirth, Krämer oder ein
Kaufmann werden wollte, ſogleich als einen vollfom-
menen Bürger gelten zu laſſen und anzuerkennen.
Da von dem Beſitz eines Hauſes fo große Bore
rechte abhingen, ſo konnte es nicht fehlen, daß nicht
einige Rechtsfragen über dieſen Gegenſtand aufge—
worfen wurden. Eine derſelben verdient ſammt ihrer
Auflöſung hier angeführet zu werden; von anderen
ähnlichen, die über die Vorrechte der Häuſer der
Handwerksleute entſtanden find, iſt in den gleich vor⸗
hergehenden Urkunden die Nede geweſen. Der H—
Albrecht Batte eine Verordnung erlaſſen, daß nie:
mand, als nur die Hausbeſitzer mit Salz, Wein und
anderen Dingen ſollten Handel treiben dürfen. Die⸗
fer Grundſatz ſchien auf die minderjährigen Bürger—
kinder, die bey ihrer Volljährigkeit ein Hauseigen⸗
thum antreten würden, von großem Nachtheile zu
ſeyn, denn man ſetzte voraus, daß beym Mangel
eines großjährigen Eigenthümers das Vorrecht des
Hauſes gar nicht ausgeübt werden dürfe. Albrecht eta
theilte 1414 auf den hierüber erſtatteten Bericht fol:
genden Ausſpruch: Während der Minderjährigkeit
ſolcher Kinder üben die Handelsgerechtigkeit mit Wein,
+
ev 1109 ‘me
Sal und anderen Dingen die Vormünder ans, dee
men die Obforge über fie anvertrauet ift*). Zugleich
entſchied Albrecht, daß der Bürger, welcher zwey
Häuſer beſitzt, eines davon, in dem er ſelbſt nicht
wohnet, einem andern Bürger zur Aufſicht und Be—⸗
nützung überlaſſen könne, in welchem Falle letzterer
val fo wie andere Mitbürger Handelſchaft treiben
ar de
Aehnliches, wie in Linz geſchah auch in anderen
Stadten. Dieſes dürften wir vorausſetzen, wenn ſich
gleich keine Urkunden, die dieſes beweiſen, erhalten
hätten, denn im Mittelalter eiferte man Vorgängern
in Erlangung gewünſchter Vorrechte mit großer Ha⸗
ſtigkeit nach, und die Landesfürſten ließen ſich bereit⸗
willig finden an einem Privilegium, das ſie einer
Stadtgemeinde verliehen haben, auch die übrigen
Städte Antheil nehmen zu laſſen. Wir führen eini⸗
ge Beyſpiele davon an.
Die Stadt Enns hatte am Ende des vierzehnten
Jahrhunderts durch widrige Zeitumſtände ſehr viel
von ihrem vorigen Wohlſtand verloren. Sie muß
auch am der Bevölkerung und an den nöthigen Arbei⸗
tern Mangel gelitten baben, weil H. Albrecht im
Sabre 1377 allen Gandiverfernim Lande die Befuge
niß erthcilte, aus anderen Städten, Marften und
Dbrfern mad Enns auszumandern, und dort ohne
‘alles Gindernif wie die alten Handwerksleute in der
Stadt ihre Gemerbe auszuüben, ausgenommen cini-
ge der letzteren wären mit Privilegien verfeben, die
einen ſolchen neuen Zuwachs an Mitarbeitern unter
:1*S0, glaube id, muͤſſen die Worte der Urkunde verftane
den werden, welche in der Beylage Nro. XXVIII. ju fin⸗
den ift.
nes 0) *
fagten*). Durch die Unfunft einiger Handwerker
Founte fid die verarmte Stadt freylich nicht in wenis
gen Jahren erboblen, und es gab fogar cinige Sdus
ſer ohne Bewohner, deren Beſitzer niemand ſeyn
bolte Um ihrem gänzlichen Verfalle vorzubauen,
ſchritt H. Albrecht 1413 zu dem damahls gang ge:
wöhnlichen Mittel. eines Privilegiums. Er verboth
allen unbehauſeten Inwohnern und allen Handwer—⸗
kern überhaupt, Wein zu kaufen, auszuſchenken,
oder auf eine andere Weiſe zu verhandeln. Die In⸗
wohner, ſagte er, ſollen ſich Häuſer kaufen, und die
Handwerker ſich mit ihrem Gewerbe begnügen **).
Es bedarf keiner Erinnerung, daß denjenigen, mel:
chen aller Weinhandel unterſagt war, deſto mehr
die Handelſchaft mit anderen Waaren verbothen blieb,
denn Die Schenkgerechtigkeit hatten in früheren Zei⸗
ten alle Bürger ohne Unterſchied, bis ſpäterhin die Gute
wohner und Handwerker, bald zum Theile bald auch
ganz, von dieſem Vorrecht ausgeſchloſſen wurden. —
Der H. Albrecht. bat ſich von obigem Privilegium
fur die Stadt Enns wahrſcheinlich ſelbſt nicht den be—
ften Erfolg verfprochen, und hielt es deswegen für
räthlich, ein wirkſameres Mittel zu ergreifen, um den
Ennſern einen neuen Wohlſtand zu verſchaffen. Er
verſprach ihnen in einem zweyten Privilegium, künf⸗
tig keine unerſchwingliche Steuer von ihnen fordern
gu wollen***),
Auf cine furze Zeit ward die Nube zwiſchen den
Bürgern in Enng bergeftellet; da aber die Grund:
urſache Des Mißvergnügens nod) fortdauerte , und
*) Beylage Nro. XXIX.
**) Beylage Nro. XXX,
***) Beylage Nro. XXXI,
eso 121 co
die Fleifigen den Mifiggangern, wie man fie mann:
fe, nachfteben mußten, fo erneuerte ſich immer der
alte Zant, und wurde länger als cin ganzes Fabr-
bundert unter manderley Wechſel mit grofier Er:
bitterumg fortgefebt. K. Marimilian machte endlich
durch cine neue, von ihm eingefubrte Bürgerordnung
auf ſeinem Sterbebette in Wels dieſem Unweſen ein
Ende. Er nahm die bürgerlichen Handwerker gegen
die Bedrückungen der übrigen Bürger und des Ma—
giſtrates in ſeinen Schutz; die Scheidewand, mel
che der Stolz und die Huͤbſucht Der Reicheren einge⸗
führt und die Privilegien der Landesfürſten als ge—
ſetzlich erkläret hatten, konnte auch von ibm nicht
gänzlich niedergeriſſen und beſeitiget werden, ohne
die beſtehende Ordnung plötzlich zu ſtören und noch
größeres Unheil zu ſtiften. Es iſt dieſes ſchon ein
preiswürdiges Unternehmen geweſen: Dem zuneh—
menden Uibel Schranken zu ſetzen, und dem Mifie
brauch der Gewalt und des Eigennutzes Einhalt zu
thun.
Die neue Stadtordnung für Enns, welche K.
Maximilian am zehnten December 1518 erlaſſen hat,
gibt uns manche erwünſchte Aufſchlüſſe über die da—
mahlige verderbte Verfaſſung der Bürgergemeinde
und uber die vom Kaiſer verſuchte Heilung ihrer Ges
brechen; fie verdient alfo der Vergeffenbeit entriffen
und befannt gemacht zu werden. Wir beben hier aber
nur diejenigen Urtifel aus , die den Handel zum Gea
genſtande haben FA und berfparen die ubrigen an einen
anderen Ort *). In diefer Stadtordnung heißt es:
Da die Bürger, welche Handwerker find, und
auch die ubrigen, welche fein Handwerk zu treiben
*) VBevlage Nro, XXXII.
verftehen, ſich von ihrem Handwerk oder von det
Handelſchaft allein den nöthigen Unterbalt nicht vera
ſchaffen können, fo: foll man ſich Funftig an folgende
Regel balten: Die Bürger ohne Handwerk ſind be⸗
fugt, Handelſchaft zu treiben mit. Venetianiſchen
Waaren; mit Tüchern, die ſie nad der Elle vers
kaufen Durfen; mit Leinwand, Getreide und Salz;
auch ift ihnen der Ochſenhandel überlaſſen. Der Sane
del mit Diefen genannten ſechs Stücken ift den bür—
gerlichen Handwerkern gänzlich verbothen; in allen
anderen Stücken genießen fie aber mit erſteren gleiche
Kaufmannsrechte.
| Die Bürger ſtreiten den Handwerkern bas Recht,
Wein zu ſchenken, gänzlich ab, und geben als Grund
zwey Privilegien der Könige Albrecht und Ladislaus
an, deren Juhalt iſt, daß ſich das Recht des Wein:
ſchenkens durch Nichtgebrauch verloren, und die Ver⸗
jabrung bereits eingetreten ſey. Deſſen ungeachtet
verordnete È. Maximilian, daß zwar die Burger,
die kein Handwerk treiben, das ganze Jahr hindurch
mit Wein und Bier handeln, dieſe Getränke aus:
ſchenken, und in Fäſſern kaufen und verkaufen kön—
nen; die Handwerker hingegen ſollten nur ein halbes
Jahr, nämlich vierzehn Tage nach Oſtern angefan—
gen ſechs und zwanzig Wochen hindurch, mit Wein
handeln und ihn ausſchenken dürfen. Die Zeit, wann
ſie ihn kaufen, nach Enns bringen und in den Kellern
bis zum Termin des erlaubten Verkaufens und Aus—
ſchenkens aufbewahren wollten, wurde ihnen freyge—
ſtellet; nur mußten ſie einen jeden ankommenden
Transport dem Ungeldsbeamten und dem Stadtrich—
ter anſagen, und erſterer noch einen Rathsburger
als Zeugen zu ſich nehmen, damit die Anzahl der
Eimer unpartheyiſch aufgeſchrieben werden konnte.
eso 123 «-- ‘
Kam alsbann die Zeit des Handels und Ausſchen⸗
kens der Handwerker beran, fo war es Pfliht dice
fer dren genannten Commiſſäre, genau gu unterſu—
chen, ob die Handwerker von ibren Lageriveinen nicht
vielleicht gu verbothener Zeit etwas verfauft, und das
durd dem kaiſerlichen Zoll einen Abbruch gethan
baben. Raufen die Sandmwerfer cin Marzenbier ,
‘ um Daffelbe auszuſchenken, ſo muß das Nämliche,
wie oben ben dem Wein, daben beobachtet merden.
Der Wein, der zum Ausfüllen der Faffer verloren
geht, muf von der ganzen Summe abgerechnet
werden. fo ]
Will cin bürgerlicher Handwerker ſein Gewerbe
aufgeben und nicht mehr arbeiten: fo zeigt er Diefe$
dem Stadtrathe an, tritt dann mit Wiſſen und Wil⸗
Ten deffelben in die bobere Claffe der Burger, und
bat die Beſugniß, mit Wein, Bier, und mit allen
Ubrigen ibm beliebigen Waaren Handelſchaft zu
treiben. . I
Sollten die Handwerker, wie man vorgibt, ges
gen die übrigen Burger Bündniſſe und Vereiniguns
gen errichtet und mit ibren Siegeln befraftiget baben :
fo werden diefe für aufgehoben und ungiiltig erflaret.
Bisher haben Uneinigfeit und Zwietracht unter ihnen
geherrſchet, und fie haben cinander verfolgt und vere
achtet; von nun an foll fie cin enges Band der
Freundſchaft umfolingen, und mif vereinter Kraft
werden fie fich beftreben, Ordnung, Rube und Ges
Borfam gegen die Obrigfeit in der Stadtgemeinde
aufrecht zu erbalten. Gine ſcharfe Ahndung marfet
auf Alle, welche Uneinigfeit unter den Bürgern ans
getteln, und dem gegenmartigen kaiſerlichen Befehle
nicht Folge leiften werden. Entſtünden zwiſchen den
Bürgern und Handwerkern neue Streitigfeiten, {o
% Gee 124 22%
müſſen bende Partheyen sor dem Stadtrichter und
dem Rathe erfebeimen. Kommt vor diefer Behörde
kein gütlicher Vergleich zu Stande, ſo muß das Ge⸗
richt ein Urtheil ſprechen, und mas Rechtens ſey ent⸗
ſcheiden. — Dieſe Verordnung ſcheinet nicht lange be⸗
ſtanden zu haben, denn im Jahre 1646 ward den
Handwerkern in Enns das Weinſchenken ſchon wie⸗
der unterſagt, und vom K. Leopold 1670 nur gue
Heit cines Sabrmarftes erlaubt*).
Dem Bepfpiele der Linzer und Ennſer folgten
die Bürger von Wels. Aud) ſie Flagten über Verfall
ihres Wohlſtandes, gaben als Urſache davon das
Weinſchenken und den Handel der bürgerlichen Hand⸗
werker an, und bathen den R. Friedrid um Abhülfe.
Diefer ließ die Bevollmächtigken bender Partheyen
an fein Hoflager nach Neuftadt abrufen, fie von feie
nen Räthen vernehmen, und that 1466 den Aus⸗
fprud) **): daf die bürgerlichen Handwerker in Wels
weder mit Wein, nod auch mit irgend einer ande⸗
ren Waare Handel treiben dürfen, ſondern ſich mit
dem Verkauf der Erzeugniſſe ihres Handwerks be—
gnügen ſollen. Die nöthigen Materialien dazu kön—
nen ſie ungehindert einkaufen, ſo wie auch den Wein
zum Hausbedarf; aber es bleibt ihnen unterſagt Den:
ſelben auszuſchenken oder in Fäſſern zu verfaufen,
Um die Sandiverfer vor allen Eingriffen in ihre ob-
nehin befchranften Nechte gu ſichern, verboth der
Raifer den bandelnden Bürgern, cin Handwerk zu
freiben; fie follten ſich bloß durch Handelfdhaft den
*) Guarient, Th. I. S. 297. i
**) Die Urfunde bat das Datum: Geben zu der Nemnftat,
Jie Sambftag dem gie Pfingitabent (am 24. Man)
1466
— 125 cs.
weihigen Unterhalt verſchaffen. Dieſe neue Verord⸗
nung, ſetzte der Kaiſer binzu, ſoll die nächſten zwey
Jahre, und dann bis zu ſeinem eigenen oder ſeines
Nachfolgers Widerruf genau befolget werden; „doch
behalten Wir Uns vor, dieſelbe in den bemeldten
zwey Jahren, ob des Noth würde zu ändern, zu
verkehren, oder ganz abzuthun⸗⸗: ein Beweis, daß
Friedrich mit ſich ſelbſt nicht einig war, mas er be—
fehlen ſollte, und was denn eigentlich geeignet wäre,
den Wohlſtand der Bürger zu vermehren. — Zuletzt
wurden auch in Wels wie allenthalben die e Berfamms
lungen der Gandwerfer, Bündniſſe und Innungsge-⸗
fege ohne Wiffen und Genehmigung des Magiſtrates
verbotben *) und ibnen aufgetragen, alle. Rlagen
und Beſchwerden dem Nichter und dem Stadtratbe
vorzutragen und von ihnen die geſetzliche Entſcheidung
—
Glücklicher war die arbeitende demere Claſſe der
Bürger in Steyr. Dieſe Stadt hat während des
verderblichen Bruderzwiſtes zwiſchen K. Friedrich
und: H. Albrecht, und auch in dem Kriege mit den
Böhmen und ihren Unbangern in Oeſterreich aufere
ordentlich viel gelitten: 06 ftanden auch dort wegen
—* Die eigenen Worte der Urfunde Gute ſo: „Es fotlen auch
nun hinfuͤr die obgenannten Hanndwercher „vnd andre,
khain ſundere Beſamung noch Puͤntnuß vnder In ſelbs in
Iren Zechen haben, machen, noch fuͤrnemen, auch mit
Aufſatzung von Peen, Pueß, vnd in ander Weg wider
vnſers Richters ynd Raths daſelbs, mer die pe gu Zeiten da
ſeyn werden, Gewaltſam vnd gerechtigkheit, vnd on Ir
Wiſſen vnd willen nichts fuͤrnemen noch handlen, vnd ob
Sy icht gebrechen hieten oder gewunnen, die ſollen Sy
sa “i dieſelben ynfer Richter vnd Raͤth bringen ,
u. ſ. m.
neo 120 =
der unerſchwinglichen Laſten mebrere Haͤuſer unbe⸗
wohnt und verfallen da. K. Friedrich fam 1471 in
die verarmte Stadt, und war Augenzeuge ihres
efenden Zuftandes. Unter anderen Klagen trugen
ibm die Burger auch diefe vor: Daf auch diejenigen
ibrer Mitbürger, die feine Hausbefiger find, eben
fo Wein ſchenken und Handelſchaft treiben, wie die
Eigenthümer cines Haufes. Friedrich verboth hierauf
allen Inwohnern zu Steyr das Weinſchenken und alle
andere Handelſchaft *). Aber diefer Befehl erregte
ben der. zahlreichen ärmeren Elaffe der Bürger cine
grofie Unzufriedenbeit, die beynahe in cinen Aufſtand
gegen die reicheren Hausbeſitzer ausgebrochen mare.
Die bürgerlichen Inwohner machten dem Raifer fo
eindringliche Vorftellungen gegen feime, ihnen vers
derbliche Verordnung, daf er ſich im folgenden Fabre
beivogen fand, diefelbe dabin abzuandern, daß es
allen Bürgern und Inwohnern, welche cin Vermö—
gen von vier und zwanzig Pfund Pfennigen aufweiſen
könnten, erlaubt ſeyn ſollte, Wein zu ſchenken und
eine beliebige Handelſchaft zu treiben. Da aber dieſe
Summe Geldes auf einem unbeweglichen Gut mußte
angelegt ſeyn: fo ward es zur geſetzlichen Gewohn—
heit, daß dieſelbe von einem jeden, welcher Bürger
werden wollte, bey dem Magiſtrate hinterlegt wur⸗
de, bis er ſich innerhalb des —— ein Haus
oder cin Grundſtück kaufte. Sn den folgenden Jahren
murde Diefe Summe auf zwey und dreyßig Gulden
feftgefebt. Wer ſich mit ſeinem Handwerk allein ſchon
begnügte, und keinen Anſpruch auf die Handelsge—
rechtigkeit machte, hatte nicht nöthig, obige Summe
ben dem Magiſtrate zu erlegen.
Preuenhuber, S. 127 und 128.
neo 127 ---
Dieſe neue Einrichtung beftand.aud im Anfang
des ſechzehnten Jahrhunderts noch in voller Kraft,
denn als die ärmeren Bürger wider die Reichen und
auch wider den Magiſtrat ‘immer neue Klagen ere
hoben und eine ausgedehntere Freyheit, ſo wie auch
einen größeren Antheil an dem Stadtregiment vere
langten, erwiderte ihnen der Rath unter andern:
Sie ſollen bedenken, daß nur wenige Städte in den
Oeſterreichiſchen Provinzen anzutreffen ſeyen, in
welchen die Bürger ohne Unterſchied die Befugniß
haben, Handwerke und zugleich Handelſchaft nad
Belieben zu treiben. Nur in Steyr könne jeder Bür⸗
ger, welcher vier und zwanzig Pfund Pfennige an:
liegend auf einem Gut im Burgfrieden beſitzt, er ſey
ein Handwerker oder nicht, Wein ſchenken, und auch
mit Venetianiſchen und allen übrigen Waaren Handel
treiben, obgleich es beſſer wäre, wenn der Handwer⸗
ker bey ſeiner Handarbeit, und die übrigen Bürger
bey ihren Gewerben blieben *). — Steyr machte ale
fo cime Ausnahme von der beynahe allgemeinen Nes
Gel: Um Handel treiben zu können, müſſe man cin
Haus in einer landesfürſtlichen Stadt'oder in cinem
befrenten Marfte beſitzen und kein Handwerk treiben,
Die grofie Unzabl der Feuerarbeiter in Steyr, die
beym dbamabligen Stocken des Handels Feine Arbeit
und keinen Unterbalt fanden, mag Diefe feltene und
für fie günſtige Ausnabme nöthig gemadt haben.
Da diefes im anderen Städten keineswegs der Fall
gemefen ift, fo muß es defto mehr befremben, daß
die alfen Landesfürſten gar fo off ihre Uiberzeugung
in Urfunden ausſprachen, es fen nicht leicht miglio) ,
Daf ſich die bürgerlichen Handwerker von ihrer Hand⸗
) Preuenhuber, S. 177.
arbeit allein den täglichen Unterbalt follten verſchaf⸗
fen können. In dieſer Vorausſetzung ließ man ſie
neuerdings doch einigen Antheil an der Handelſchaft
nehmen, von Der man ſie ſeit einiger Zeit dem alten
Brauch zuwider zu entfernen geſucht hat
Die alten Verfaſſungen der Deutſchen Reichs⸗
und Handelsſtädte dienten in einigen Stücken den
Oeſterreichiſchen Städten allerdings zum Vorbilde,
aber in vielen weſentlichen Dingen wichen ſie von ein⸗
ander gar ſehr ab, denn letztere hingen doch größten⸗
theils von dem Willen des Herzogs und von ſeinen
Privilegien ab. Was in Reichsſtädten die Patricier
warett, find bey uns die Bürger ohne Handwerk ge
mefen, nur fam es in Oeſterreich leicht an, ſo cin
edler Bürger zu werden; man durfte nur der Hand⸗
arbeit entſagen, ſo ward man ſchon ein Bürger höhe⸗
ren Ranges, cin privilegirter Getreid- und Wein⸗
händler, cin Kaufmann, und konnte cin Mitglied
des wohlweiſen Rathes, Richter und Bürgermeiſter
werden. Da ein jeder Bürger, und zum Theile auch
die Handwerker Bier und Wein ausſchenken durften
und dieſes fur vortheilhaft hielten: fo muß es ſehr
viele durſtige Gäſte gegeben haben, denn ſonſt hätte
es der Mühe nicht gelohnet, um die Befugniß des
Ausſchenkens fo lange Proceſſe zu führen. Db der
Handel durch die Menge der Verkäufer — alle Bürger
waren Kaufleute — wahrhaft gewonnen habe, müſ⸗
ſen Sachkundige entſcheiden; der gewaltige Druck
der privilegirten Monopolien iſt ohne Zweifel doch ei
niger Maßen dadurch erleichtert worden. — Daß der
Wohlſtand verarmter Städte durch das Ausſchließen
der Handwerker vom Handel wieder ſoll hergeſtellet
worden ſeyn, läßt ſich ſchwerlich begreifen, obgleich
zur Erreichung dieſes Zieles viele Privilegien, die
dieſen Grundſatz ausſprechen, ſind ertheilet worden.
—
"798 129 cc
Achter Abſchnitt.
Unſicherheit der Perſonen und des Eigenthums.
Soll der Handel eines Landes blühen und dente |
felben grofie Bortheile verſchaffen, fo miiffen vorzüg—
lid) die Perfonen' und Güter der reifenden Raufleute
auf den Heerſtraßen und aud im ibren Miederlaffun:
gen moglichft gefichert fenn. Un Befeblen der Landes:
furften bat es in diefem Sfide nie gemangelt; aber
eben aus den unzabligen Wiederboblungen derfelben
gebt leider hervor, daß fie zu allen Zeiten gar ſchlecht
find befolget worden. Unter den baufigen Gebrechen
des ganzen Mittelalters ragt vorzüglich das unbändige
Fauſtrecht und diemit ibm engeverbundene Raubſucht
bervor, Die ſich an Alles wagte und der gar nichts heilig
mar. Gin Diebftabl entebrte unfre roben Altvordern,
weil er Feigheit verrieth, und deswegen wurde er aud
ſchimpflich beftraft; der Räuber bingegen verrieth
einen hohen Muth, eine bemundernsmerthe Unerſchro⸗
ckenheit: Grund genug, daß ſelbſt der Adel nach einem
Ruhme haſchte, der noch dazu jede Mühe, jedes Wag—
niß reichlich belohnte. Den Bauern geſtattete man ſo
grofie Freyheit, Reiſende anzufallen und auszuplün—
dern, aus der doppelten Urſache nicht, weil ſie nicht
waffenfähig und des Antheiles an der Beute nicht
würdig waren, die ſich ihre Grundherren vorbehalten
wollten; dieſe aber genoßen Waffenehre und geitzten
nach dem Nuhme, im Schlachtengetümmel eben ſo,
wie im Handgemenge mit Vorbeyreiſenden als wackere
Ritter zu erſcheinen, und Ehre und Beute zugleich
einzuernten. In romantiſchen Zeiten befleckte ſo etwas
die Ehre des edlen Rittermanns nicht, und ſelbſt
Biſchöfe und Herzoge paßten Kaufleuten und Wande⸗
rern auf, warfen ſie nieder, und führten die Geplün—
Sg 9
neo 130 +
Pd
derten in ibre Vurgen, mo fie dieſelben bis zur Erle⸗
gung eines Lbfegeldes in finſteren Kerkern ſchmachten
liefien®9). Heut zu Tage ift diefer poetiſche Nebel vere.
ſchwunden, und mir erblicken mit proſaiſchen Yugen
anſtatt ritterlicher Helden rohe Räuber, aus deren
Herzen alles Menſchengefühl und der reine Sinn für
wahre Ehre gewichen find. Was mir an den Afrikani⸗
ſchen Raubſtaaten verabſcheuen, iſt einſtens allgemeine
Sitte in ganz Europa geweſen.
Einige Fürſten widerſetzten ſich zwar ſolchem Un—
weſen mit großer Kraft, und thaten der Raubſucht des
Adels Einhalt, denn ein zahlreicher Waarenzug brach⸗
te ihnen große Summen an Zollabgaben ein; aber
die meiſten derſelben waren nicht im Stande, hren
Adel mit kraftvollem Arm im Zaume zu halten; fie
mußten geſchehen laſſen, was fie nicht hindern konn—
ten. Es iſt unnöthig, uber allgemein bekannte That—
ſachen Beweiſe zu führen; und eben ſo bekannt iſt es,
daß ungeachtet häufiger Verbothe der Kaiſer und Rd
nige, ungeachtet eines beſchwornen und ſehr oft er⸗
neuerten Landfriedens und des im eilften Jahrhundert
eingeführten Gottesfriedens **) die Kaufleute den
* Da unfre eigene vaterlaͤndiſche Geſchichte kein fo arges
Beyſpiel aufſtellet, fo werfen mir unfre Blicke auf ein
benachbartes Land. Die Leute des Herzogs Chriſtoph von
Bayern zogen auf Raub aus, und pluͤnderten einen Strafi:
burger Kaufmann. Chriſtoph ſelbſt, ein ſehr beruͤhmter
Ritter, lauerte dem ihm verhaßten Grafen Nicolaus von
Abensberg auf der Straße auf, und ermordete ibm.
Lipowsky, Herzog Chriſtoph. GS. 56 und 73. — Gu
Gemeinets Chronik von Negensburg erfebeinet ein dor—
<p Biſchof, der feime Seute auf Raub ausſchickte. Th. I.
358.
** Sonatban Fiſcher, Th. I. S. 236, 557 562, und piele
andere Autporen.
o 131 -——
noch) niemahls vor den adeligen Naubern vollfommen
ſicher waren. Zabllofe Nitterromane baben mod) vor
cinigen Jahren unfre Deutſche Jugend uber diefen und
andre ähnliche Gegenftande ciner fraftvolleren Vorzeit
binlanglich belebret, und beynahe fommtmanin Ber
ſuchung zu glauben, daf recht Viele unfrer Zeitgenof:
fendiefe goldenen Jahrhunderte mit allen ritterthume:
lichen Eigenheiten wieder zurückwünſchen.
Bey der allgemeinen Verwirrung der Begriffe
über wahre Ehre und Schande, über Recht und Une
recht, wurde auch Oeſterreich von dem Strom der
Zeit mit fortgeriſſen, und auch hier wurden Reiſende
und Kaufleute angefallen und geplündert. Doch muß
man es zur Ehre unſrer Landesfürſten bezeugen, daß
in unſerem Vaterlande, einige Zwiſchenräume all:
gemeiner wilder Zerrüttung abgerechnet, die öffent—
liche Sicherheit mehr als anderswo gehandhabt
wurde.
Wenn einheimiſche Urkunden und Chroniken von
der Unſicherheit der Wege und Straßen, vom Nieder—
werfen und Ausplündern der Reiſenden Meldung ma⸗
chen, ſo müſſen wir jederzeit vorzüglich die Kaufleute
darunter verſtehen, denn Räuber lauern am liebſten
denjenigen auf, welche große Güter mit ſich führen.
Manchmahl werden die Kaufleute auch ausdrücklich
genannt, die auf ihrer Reiſe durch Oeſterreich von ade⸗
ligen und gemeinen Räubern find ausgeplündert wor⸗
den. Von der Unſicherheit der Straßen zeugen auch
häufige Urkunden, welche den Kaufleuten, oft gegen
Erlegung beträchtlicher Summen, ein ſicheres Geleit
zu leiſten verſprechen, was ganz unnöthig geweſen wä⸗
re, wenn es keine Räuber im Lande gegeben hätte.
Wir führen als Belege nur wenige Beyſpiele aus den
fin ſtern und raubſüchtigen Jahrhunderten des Mittel⸗
z
9
Re 1 52 an
altersan; wollte man fie alle fammeln und erzablen,
fo würde fi ie ein dickes Bud nicht faffen.
Dem Riofter Garften frand vom Fabre 1111 dis
1142 Dermeit berühmte Abt Berthold vor. Zu diefem
flüchtete ein Naubritter, Leo, dem das Urtbeil ſchon
geſprochen war, daß er/feine groben Verbrechen und
verübten Graufamfeiten am Galgen büßen follte.
Sogleich befahl Berthold, ibm die Haare abzufdee
ren und das Ordenskleid anzulegen, und nabm ibn als
Eonventbruder auf. Raum mar Ddiefes geſchehen, fo
langten auch ſchon die Gerichtsleute an, und verlange
ten feime Auslieferung, die ibmen aber verfagt wurde,
meil der Räuber bereits ein reumitbiges Ordengmite
glied gemorden mar *). Ein zweyter Räuber, der bey
Ausplinderung der Kaufleute cine ſchwere Wunde
erbalten batte, befebrte ſich ebenfalls, mard cin Ora
densbruder, und fubrie cin benfpielvolles Leben, ob⸗
gleich ihm die Fahigfeit mangelte , etwas Wiffene
ſchaftliches zu begreifen **).
Als Herzog Friedrich der Streitbare 1230 die
Negierung Oeſterreichs antrat, zeichnete ſich die erfte
und mächtigſte Familie unſers vaterländiſchen Adels
Cani \
*) Pez, Scriptor. T. II. p. 97. Feftinus advolat miles quidani,
Leo nomine, qui praèdis et latrocintis, plurimisque cru-
delitatis operibus vitam demeruerat, pofitusque in per-
fecutionem etiam fententia fufpendii damnatus erat...
Continuo ad poenam requifitus eft, fed exauditi non funt
inquirentes , quia jam fibi eum fociaverant gii,
Deo famulantes.
**) L. c. p. 102. Alium quendam, nomine Einwik, de latro-
cinio et ipfis, ut ita dicam, mortis faucibus ereptum, Do-
mino bene converfumconfignavit et fanctum. Ifte, cum
negotiatores alflumptis fibi concionibus gnafi depraeda-
turus invaderet, oppido vulneratus eft, et inde femivivus
afportatus, etc.
ceo 155 ce»
durch Widerſpänſtigkeit und rauberifche Heldenthaten
aus. Die Brüder Heinrich und Hadmar von Chunring
trotzten auf ihre weit ausgebreiteten Beſitzungen, auf
die große Anzahl ihres reiſigen Volkes und auf ihre
Burgen, deren einige, wie Dürrenſtein und Aggſtein,
für die damahlige Belagerungskunſt als unbezwingbar
erſchienen. Wenn die Erzählung des Abtes Ebro von
Zwettel vollen Glauben verdient *), ſo bediente ſich
der He Friedrich) der bekannten Raubluſt Hadmars von
Chunring, um dieſen ſeinen gefürchteten Gegner zu
bändigen, und ihn zur Unterwürfigkeit gegen den Lane
desfürſten zu zwingen. Ein vom Herzog gedungener
Kaufmann führte ein Schiff von Regensburg vor
Hadmar's genannten Feſtungen vorbey, das mit koſt—
baren Waaren, vorzüglich mit feinen Tüchern beladen
war. Was man vermuthete, iſt geſchehen. Hadmar eil⸗
te mit ſeinen Raubgeſellen herbey; das Schiff ward
mit leichter Mühe erobert. Man fing an, einen Theil
der Waaren aus demſelben fortzuſchaffen, als auf ein
gegebenes Zeichen die Schiffsknechte plötzlich vom
Lande ſtießen, und aus dem unteren Theile des Schif⸗
fes mehrere wohl bewaffnete Soldaten hervorbrachen.
Hadmar, der ſich ſelbſt auf dem Schiffe befand, ward
gefangen und nach Wien fortgeführt. Seine Solda—
*) Link, Anna], Claravallenſ. in libro fundationum ad an-
num 1232. T.I. p.299. Cum Duci Auftriae Triderico
rebellarent, et civitatem Chremenfem, quae adhue lig-
neis tantum inftrumentis, et non muris circumcincta
erat, fortiter devaftarent, omnesque in navigio Danubii
defcendentes famuli eorum atrociter fpoliarent, etc. —
Cf. Chron. Pernoldi, apud Hanthaler, T.I. P. II.
pi 1313. — Der Abt Ebro, der dieſes erzaͤhlet, ift ſchon
im Jahre 126. Priefter geweſen; fein Zeugniß iſt alfo
beynahe gleichzeitig. Deffen ungeachtet macht Hanthaler,
S. 797, dagegen Einwendungen.
oso { 54 <=
ten verloren durch das Mißgeſchick ihres Herrn ſo ſehr
den Muth, daß Aggſtein von Friedrichs Truppen er⸗
obert und zerſtört, und ſogar der feſteſte Thurm der
berühmten Feſtung Dürrenſtein durch Wurfmaſchinen
zerſprengt wurde und einſtürzte. Die Chunringe büß—
ten den begangenen Frevel mit dem Verluſt mehrerer
Schlöſſer, leifteten Schadenerſatz und wurden Degne
Diget.
i Nad dem Tode H. Friedrichs herrſchten Graͤuel
und Verwüſtung in dem herrnloſen Lande *) ; um
Ruhe und Sicherheit des hartbedrängten Volkes war
es geſchehen. Oeſterreich glich einer Räuberhöhle,
denn zu Waſſer und zu Lande ſammelten ſich ganze
Scharen von Freybeutern, und lauerten den Reiſen⸗
den auf. Bey Krems nahm die Zahl der Schiffe täglich
gu, denn niemand durfte es wagen, die Reiſe fortzu—
ſetzen, weil aus allen Schlöſſern Raubritter hervorbra⸗
chen und keines Menſchen verſchonten. Endlich erſchien
ein Retter in der Noth. Albero von Chunring, des
berüchtigten Hadmars Sohn, erbarmte ſich der Bee
drängten, und leiſtete den Schiffen ein ſicheres Geleit.
Es koſtete ihm aber manchen harten Kampf gegen die
Raubritter, deren mehrere ſeinem Schwerte erla⸗
gen **). Die Gegenden, die kein Albero ſchütte,
blieben ihrem Schickſale überlaſſen.
) Chron. Pernoldi, 1. c. p. 1319. Poft ejus mortem ineffa-
bilis calamitas venit fuper Aufiriam, etc,
**) Chron. Garfienf. ad annum 1247, apud Rauch, T. Î.
| P: 35. Albero de Chunringe. . videns multitudinem
nauium, vino et annona copidiivi onuftarum, pofitam
apud Chrem[f auftrie ciuitatem, mifertus illorum inopie,
ad quos ipfe naues pertinebant, in danubio ducatum
prebuit eildem ante caftraet munitiones quaflibet rapere
acimpedire volentinm.fi valebant. Qui Albero cum fua
multitudine, quam ducebat, ita militarem gladium ho-
ceo 155 2
ui 21 dent letzten Jahren der graufamen Regierung
KR. Ottofar$ ſtürzten ähnliche Ereigniffe unfer Vatere
land in den Abgrund eines ſchrecklichen Verderbens,
denn ſowohl fur den Böhmenkönig, als aud für ſei—
nen hohen Gegner Rudolph von Habsburg befehdeten
ſich gegenſeitig die Großen Oeſterreichs, und wütheten
da mit Feuer und Schwert. Das wildeſte Fauſtrecht
hatte ſo ſehr zugenommen, daß Rudolphs hoher Ernſt
und kaiſerliches Anſehen nöthig waren, demſelben
Einhalt zu fun. Nicht nur aus den Burgen der Gra⸗
fen und Nitter, fogar aus den Schlöſſern der Biſchöfe
zogen Raubgefellen aus, und lauerten den Vorbeyrei⸗
fenden auf, rvovon wir ein Benfpiel an dem Schloße
Marsbad im oberen Mühlviertel haben, welches K.
Rudolph 1288 aus diefer Urfache filr cin dem Reiche
Beimgefallenes Gut erflarte, und feinem Sohne AL
brecht zu Lehen übergab .
Wabrend Albrechts des Erſten eigenſinniger Nes
gierung griffen Mißvergnügte öfter zu den Waffen,
aber die Ruhe wurde in kurzer Zeit wieder hergeſtellet.
Dieß war auch der Fall, als ſich einige Edle wider den
H. Friedrich den Shonen nad) dem Tode ſeines Va—
ters empörten. Der Aufruhr war bald gedämpft, aber
in kurzer Zeit häuften ſich gemeine und adelige Räuber
norauit, quod et quoſdam rebelles in nono et ligneo
perchfr ido ad nocendum fabricato — et Wacidie
in ore gladii; etc.
‘ *) Defterreid unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht. Th. IT.
&. 207. Cum iamdudum Caftrum Morfpach propter ,
varias et iniuftas offenfas; depredaciones et fpolia, de
ipfo Caftro pro diuerfitate temporum violenter illatas
tranfeuntibus . . nobis et Imperio fit addictum, etc. Von
der Berftirung der Raubſchloͤſſer Falfenberg und Rauhen—
ed, deren fepteres den Wienern grofien Schaden zufuͤgte,
ift der Th. I. S.226 — 229 nachzuſehen. |
vo 130 ⸗*
und Diebe fo febr, daß alle Sicherheit im Lande zu
Grunde ging. Friedrich nabm feine Zuflucht zu einem
außerordentlichen Mittel, um das beillofe Gefindel
ſchnell ju vermindern, denn ausrotten konnte man es
nicht, ſo ſehr hatte es ſchon an der Zahl zugenommen.
Im Jahre 1312 truger ſeinem Marſchall / dem edlen
von Pillichdorf, auf, im Lande herumzureiſen, und den
Adel eben ſowohl als das gemeine Volk aufzufordern,
ihm eidlich zu offenbaren, welche Räuber und Diebe
ihnen bekannt wären. Die Bezeichneten ließ er auf der
Stelle enthaupten, an den Galgen hängen oder auf
cine andere Weiſe tödten; die Mächtigen, von. vel:
chen cin Widerftand zu beforgen war, überließ er dem
Herzoge felbfi, um an ibnen Gerechtigkeit auszu—
iiben *). Die Unficherbeit muß damahls einen ſehr bos
hen Grad erreicht haben, denn um cinem mit Wein
und Lebensmitteln beladenem Schiffe, das dem Kloſter
Alteich gehörte, auf der Reiſe durch Oeſterreich nad
Bayern Sicherheit gu verſchaffen, wendete ſich nicht
nur der Abt Bernhard, ſondern ſogar auch der Herzog
von Bayern ſelbſt mit der Bitte an unſeren Herzog,
das Schiff und die Beute deſſelben vor aller Cere
that zu ſchützen *.
*) Chron. Clauſtroneoburg. apud Pez, T,I, p. 482. Dux ex
inftinetu Baronum terram volens mundare a furibus et
fpoliatoribus, quibus abundabat, Dominum Dyttricum
Pilichtarfarinm. . mifit, hujuscemodi malefactores in-
quirendos et auferendos a terra, quod etiam pro. pofse
adimplevit...Caeteros autem, qui commode invadere
non potuit, intitulatos Duci detulit puniendos.
#*) Pez, Cod. diplom. epift. P, IF. p. 206, Der Herzog von
Bayern ſchrieb: Cum navis nutrimenti Fratrum ,. jam
fit, prout dicitur, in afcenfu: Amicitiam veftram roga-
mus omni ftudio et affectu, quatenus res et homines
exiftentes in illa, veltra fpeciali protectione et gratia
“> 157 noe©°
Unter der vdferliden und weiſen Negierung Al⸗
breht8 des Lahmen murde dem Fauftrecht und dem
Rauben des Adels Einhalt gethan. Aud fein Sohn
Rudolph wachte mit ſeinem gefürchteten Ernſt fue
die allgemeine Sicherheit; deſſen ungeachtet fand er
es doch räthlich und nothwendig, im Jahre 1305 ale
len Herrſchaften zu befehlen, daß ſie den Profeſſoren,
Studenten und ihren Dienern, die durch ihr Gebieth
auf die neu errichtete Univerſität nach Wien reiſen
würden, das Geleit geben, ſie vor Angriffen ſchützen
und vertheidigen ſollten; würde jemand durch ihre
Saumſeligkeit beſchädiget, oder verlangte man von
denſelben für den geleiſteten Schutz eine Belohnung,
ſo müßte alles erſetzt und zurückgegeben werden *).
Wenige Jahre nach Rudolphs Tode erwachte
das Fauſtrecht wieder mit voller Kraft, und mit dem⸗
ſelben kehrten Unruhe und Unſicherheit für das Leben
und Eigenthum in das unglückliche Land zurück. Das
Schloß Schönberg im Viertel Obermanhardsberg
diente adeligen und gemeinen Näubern zum Zufluchts⸗
ort. Sie trieben ihr Handwerk fo arg, daß ſich H. Leo⸗
pold, Bruder Albrechts des Dritten, entſchloß, das
Raubneſt zu belagern, und cin abſchreckendes Bey⸗
ſpiel an den Bewohnern deſſelben aufzuſtellen. Nach
der Eroberung des Schloßes kam die ganze Beſatzung
ohne Unterſchied des adeligen oder gemeinen Stan⸗
a
foveatis, etc. Der Brief des Abtes an unfern Herzog findet
ſich p. 210, n, 12.
*) Steyerer, Comment. p. 419. Idem Clerici, Magiftri,
Studentes vel Scolares, eorum fervitores, famuli vel
nuncii ,. conductum poftulare debent et exigere a no-
firis Principibus .. Comitibus, Baronibus.. vel ceteris
nobilibus.. circa 7 ii quam prenotati ad dictum fiu-
dium procelferint,
seo 41 58 <<
des an den Galgen; die Burg aber wurde zertrüm⸗
mert *). — Gin gleiches Schickſal batte das fefte
Schloß Leonftein binter Steyr. Der Beſitzer deffele
ben, der Naubritter Wilhelm Robrer, trieb die Fred:
Beit fo meit, daß er ſich damit nicht begnügte, die
ganze dortige Gegend ausgeplündert, und den Bore
bepreifenden ihre Habe genommen zu haben, er ergriff
fogar Abgeſandte des Erzbiſchofes von Salzburg an
den H. Albrecht, führte ſie gefangen nach —
und forderte ihnen cin Löſegeld ab. Der Herzog fonnte -
dieſen Frevel defto weniger ungeftraft hingehen laſſen,
da die Ubgefandten unter feinem cigenen ſicheren Ge⸗
— Teite reifeton, umd fo ſein gegebenes fürſtliches Wort
durd den Naubritter auf die ſchändlichſte Weiſe ver⸗
letzt wurde. Leonſtein murde belagert, miderftand aber
cine geraume Zeit bindurd allen Angriffen und der
Kriegsfunft der herzoglichen Truppen. Endlich ge:
Tang es dem Nitter Zacharias Haderer cine Felfen-
fpige zu befeBen, von der aus mandas Schloß fo ſehr
angftigte, daß ſich Rohrer dure einen verborgenen
Weg aus demfelben flüchtete, worauf ſich die Befa:
tzung ergab. Die Feftung wurde dem Erdboden gleidh
gemacht. Ben der Belagerung diefes für unüberwind⸗
lich gebalfenen Schloßes bediente man ſich fon des
Schießpulvers, deffen Wirfung man ben dem Unblid
*) Pez, Scriptor. T.I. p. 1150. Pezʒ irrte, da er diefes Shin:
berg fiir das Schaumburg bey Eferding hielt. — Ebendor:
fer erzablet das Naͤmliche, 1. è. T. II. p.g10. Leopoldus'
Dux intelligens, in caftro Schoenberg ;. quod non mul-
tum a Cremfa diftat, quosdamlatrunculos et ftratarum
publicarum fpoliatores delitefcere, fe propria in perfona
contra eos accinxit, caftrum praefatum obfidione cinxit .
et in deditionem accepit, atque quos inibi reperît, ad
furcas fufpendio damnavit.
sea 139 ue —
der ungeheuer grofien Rugeln bewunderte, pelde
Mauern und Thürme zertrümmert haben *).
Bon den Räubereyen der Grafen von Schaum⸗
berg ift ſchon in dem Abſchnitte von den Zollerpreffuna
gen Meldung geſchehen. — Ein Staatsvertrag,
1375, zwiſchen den Herzogen von Oeſterreich und von
Bayern gut Sicherheit der Kaufleute beyder Länder
abgeſchloſſen, iſt cin vollgültiger Beweis vorausge:
gangener Gewaltthaten „die an Reiſenden verübt
worden ſind; mati mollte diefelben fue die Zukunft
verbindern +), Sn dem namlichen Jahre murde von
Raubrittern in Oeſterreich eine Schandthat verübt,
die uns die grobe Rohheit des damahligen Ritter⸗
thums in ihrer vollen Verworfenheit darſtellet.
Als H. Albrecht mit Beatrix, Tochter des Burg⸗
grafen von Nürnberg ſich zu verehelichen beſchloſſen
batte, bond er den Bifebof iaia von Paffau cin,
#) Gbendorfer L c. p.813, ſetzt die Eroberung Leonfteing
irrig auf das Jahr 1388; fiemuf auf 1380 oder hoͤchſtens
3381 zuruͤckgeſetzt werden. Der Freyherr Reichard Strein
fuͤhrt in ſeinen noch ungedruckten Annalen cine Urfunde
von 1382 an, die dieß bemeifet. Der H. Albrecht kaufte dem
Ritter Wolfgang Rohrer, wahrſcheinlich einem Bruder des
obigen Wilhelm, den Antheit ab, der ihm von dem zerſtoͤr⸗
ten Leonſtein gehoͤrte. Gn der Urkunde Wolfgangs heißt
es: „Den thaill an der veſſten Leonſtein, die derſelb mein
herr vor batt niederbrochen.“ — Die neuere Chronik von
Zwettel ſetzt den Vorfall gar auf das Jahr 1390, apud Pez,
TI. p. 544. — Genauer erzaͤhlet dieſes Preuenhuber,
&. 6.4. Dort findet man aud die Inſchrift, melche Baron
Strein ju den Kugeln verfertiget bat, die ihm Wilbelm von
Zelking, nachmahliger Befiger ded mieder erbauten Leon⸗
frein, gefchenfe, ev aber auf feinem Schloße Frended bat
eimmauern faffen. Mit diefen Kugeln ift Leonftein beſchoſ⸗
fen worden. /
**) Beylage Nro. XXXIII.
ne 140 222
nach Wien zu kommen, um dem hohen Brautpaar
die prieſterliche Einſegnung zu ertheilen. Als ſich der
Biſchof auf ſeiner Reiſe in Begleitung eines zahlrei⸗
chen Gefolges der Stadt St. Polten in Unteröſter⸗
reich näherte, brachen die Brüder Otto und Heinrich
von Ehrenvels aus einem Hinterhalt hervor, nahmen
den Biſchof und ſein Gefolge gefangen, und führten
ibn auf ihr Schloß Chamer in der Steprmarf} mo er
beynahe ein ganzes Jahr als Gefangener ſchmachtete,
bis er nach langen Unterhandlungen ſammt ſenes
Gefolge wieder die Freyheit erhielt *).
Damahls fehlte es auch nicht an — ——
Räubern, die aus frommen Eifer für die liebe Gerech⸗
tigkeit vorbeyreiſenden Kaufleuten auflauerten und
ſie ihrer Güter beraubten. Zu dieſer Claſſe gehörte
Hans von Traun, ein im Lande ob der Enns begliter:
ter Herr und Befiger des gleichnahmigen Schloßes.
Von dem Gerichte der Stadt Regensburg wurde in
einer Rechtsſache, Die Hanſen von Traun ganz fremd
war, ein Urtheil gefallet, dem er ſeinen Benfall vere
fagen zu muffen glaubte. Sogleich entſchloß er fio,
als Vertheidiger der gefranften Parthey aufzutreten,
*)Chron. Salisburg. apud Pez, T.I. p.423. Albertus epi-
fcopuùs volens parere mandatis Alberti Ducis Auſtriae,
cum proficifceretur in via tendens Wiennam, cum perve-
nit prope civitatem Sancti Ypoliti, litam in Auftria, con»
tigit, ut ab Ottone et Heinrico, dicti Ernvelfer, Minifte-
riales Stiriae, cnm fuo exercitu eft captivatus indebite,
quia non ſuſpicabatur eos fibi adverfari ; et deductus
in caftrum, dictium Chamer , fitum in Styria Diocefis
Salzpurgenfis, inclufus fere per annum .Quapropter. .
praedicti Ernvelfer cum fuis complicibus... funt ex-
communicati et publice pronunciati .. Tandeni ultimo
/ idem Albertus Epifcopus Patavienfis cum fuis familiari»
bus olt per placita abeorum captivitate liberatus,
ne» 143 *
und alle Kaufleute von Regensburg als ſeine eigenen
Feinde zu behandeln. Seine ritterliche Hitze riß ihn
aber fo fehr dahin, daß er alle Kaufleute, die ihm aufe
friefien, ungeachtet alles Widerſpruchs und aller Be⸗
theurungen für Negensburger anfab und fie als feine
Gegner bebandelte. So geſchah e6, daß Kaufleute von
Nürnberg, Franffurt und Negensburg ibres Gutes
beraubt wurden. Vorftellungen des Magifirates von
RNRegensburg blieben fruchtlos, und felbft cin Befehl
H. Albrechts vom Sabre 1304 an den Landeshaupte
mann Reinprecht von Walfee brachte feine andere
Wirkung bervor, als daß ſich Sans von Traun ente
ſchloß, die genommenen Sachen von den Cigenthiie
mern ſich ablofen zu laffen *). Hätten unſre Herzoge
jede Beſchimpfung, welche fil Nanbritter gegen dies
felben erlaubten, jeden Ungeborfam gegen die Landese
fürſten, jede Gemaltthat, die gegen In- und Austin:
der verübt worden, nad) Gebühr abuden und geſetzlich
abftrafen wollen, fo batten fie ſich genöthiget geſehen,
die meiften Schlöſſer ibres Herzogthums mit großem
Aufwande zu belagern und zu zerſtören; dazu langten
aber ihre damabligen Hülfsquellen nicht aus. Welche
Mühe koſtete es, den Ritter Robrer und die Grafen
von Schaumberg zu demüthigen! Um die Kraft des
Staates nicht gegen Einheimiſche zu erſchöpfen und
auswärtigen Feinden die Spige biethen zu Fonnen,
mußte man ſich begnigen, einzelne abſchreckende Bey⸗
ſpiele aufzuſtellen, und gar oft Widerſpänſtigkeit,
Trotz und Raubſucht des mächtigen Adels ungeahndet
hingehen zu laſſen. Die Herren von Ehrenvels, Hans
von Traun und noch ‘viele Andere ſolchen Gelichters
haben ihr Unweſen mit vieler Frechheit und gutem
*) Gemeiner, Chronik, Th. IT. S. zie und 313.
see 142 22*
Erfolge getrieben, und find doch aller höheren Ahn⸗
dung entgangen. i
Das finfzebnte Sabrbundert zeichnete fi durch
eine allgemeine Barbaren und Verfehrtheit, fo mie
quod durch höchſt unglückliche Ergebniffe aus, derglei:
chen Defterreich in ſolchem Mafie und einen fo langen
Zeitraum hindurch nod) nie getroffen haben. Blutige
Zwiſte im Negentenbaufe felbft, ſchwere Kriege von
außen und mod) verderblicdere Febden im Innern des
— Landes folgten auf cinander in einer beynahe unune
terbrochenen Reibe. Um das Mafi der höchſten Bere
Febrtheit voll zu machen, rief man ju den zahlreichen
Nauberbanden, die das Land ſchrecklich verwüſteten,
fogar mod Austander berben, und gab ihnen anftatt
Der Löhnung die Habe der unglücklichen Untertbanen
Preis. Dem Räuberhandwerk ergaben ſich bald Tau:
fende wüſter Menſchen, jogen als Fleine Kriegsheere
herum, und nöthigten zuletzt zu ewiger Schande une
ſers Vaterlandes öfter als einmahl den Landesfürſten
und die Großen, den Frieden um Geld von ihnen zu
erkaufen *). In dieſem unglücklichen Jahrhundert gab
es keine Sicherheit der Perſonen, des Eigenthums,
des Handels.
Erndlich ging fur Oeſterreich und auch file ganz
Deutſchland ein glückliches Geftirn auf. È. Marimi:
lian, cin Nitter befferer Art, madite dem ritterlichen
Unmefen ein Ende, und ſchaffte das unfelige Faufte
recht durch feimen emigen Landfrieden auf immer ab.
Da nun alle Selbfthulfe wider mabre oder mur citt
gebildete Beleidiger und Gegner ftrenge verbothett
“) Defterreid unter È. Friedrich bem Vierten. Beynahe nur
9— ſchaudervolle Graͤuelſcenen find der Inhalt diefes
uches.
— 143 —
war, Fonnte es Feinen Vorwand mebr geben, Neifene
den als Feinden aufzulauern, fie ju fangen und zu
phindern ; anftatt der Fauft follte Das Geſetz herrſchen
und miemand fein eigener Richter fenn. Wer dagegen
thun murde, follte als Friedensftorer und Räuber
bebandelt werden. Viele von Adel bedauerten den
Verluft eines ſo alten, fo köſtlichen Vorrechtes, und
Fonnten den Gedanfen und die Schmach nicht ertra:
gen, nun auf Febden und Frenbeuteren verzichten ju
ſollen: mur die unausbleibliche Strafe Dielt fie zum
Theile vonnenen Verbreden zurück. Einige fonnten
jedoch dem alten Ritterhange nicht ganz widerfteben,
und wagten neue Angriffe auf Perfonen und Güter.
K. Ferdinand der Erſte fand beym Untritt feiner
Regierung ‘der Oeſterreichiſchen Provinzen für nd:
thig, befannt zu machen, — „daß er feine Mubeund
Koften ſcheuen merde, alle Schnapphähne und Gedfene
reiter, deren Unzabl ſich ſeit kurzem mieder vermebret
batte, in feinen LAndern zu vertilgen.“ — Um feinen
Befehlen mebr Nachdruck zu geben, ward an einem
vermeffenen und feimen Stand entebrenden Nitter
gue Warnung für Andere die geſetzliche Strafe voll-
ogen. —
Auf dem Schloße Schwertberg im unteren
Mühlviertel hauſete der Ritter Bernhard Zeller,
weit und breit der Schrecken der Kaufleute und
aller Reiſenden, welche Güter mit ſich führten, und
ſogar auch der mehr bemittelten Hauseigenthümer,
welche er und ſeine Geſellen beſuchten, unter welchem
Ausdrucke man vormahls Raub und Plünderung
verſtand. Er hatte ſich deſto fürchterlicher gemacht,
da es allenthalben bekannt war, daß er viele, und
darunter auch wohlbegüterte Beſitzer von Herrſchaften
und Söhne angeſehener Familien in ſeinen Bund ge⸗
È 144 cueovu
zogen, die er in feimem Schloße beberbergte, wo audi
der Naub unter ibnen getheilet wurde *), Nicht mur
das umtere und obere Miblviertel waren det Schau⸗
platz des Krieges, den fie gegen Alle ohne Unterſchied
führten; aud an den Bayeriſchen und Mähriſchen
Gränzen und in verſchiedenen Gegenden Oeſterreichs
wurden Thaten von ihnen verübt, welche das Anden⸗
ken an ältere, hoch geprieſene Ritterzeiten zu erneuern
vollkommen geeignet waren: ſeine Raubgeſellen haben
nicht nur wacker geplündert, ſondern auch ſich das
Vergnügen gemacht, brennende Häuſer zu ſchauen,
und ſich am Jammer unglücklicher Menſchen zu er:
quicken.
Schon lange hatte die allgemeine Stimme des
Volkes den Bernhard Zeller als den Anführer einer
Räuberbande bezeichnet, aber aus Mangel geſetzlicher
Beweiſe bat ibn K. Carl von dem Verdacht losge—
ſprochen und ihm volle Sicherheit ertbeilet. Als
aber einige ſeiner Raubgeſellen gefänglich eingebracht
wurden, und ihre eigenen und auch Zellers Schand⸗
®) Preuenhuber, S.217, erzaͤhlet die ganze Geſchichte aus
Den gerichtlichen Procefacten. Zeller nannte als ſeine Mit⸗
gehuͤlfen folgende Herren: Ruprecht Reuter von Weider:
ſtorf und Schoͤneck; Ottmar, Matthaͤus und Bartholomaͤus
Oberheimer von Marsbach; Georg Ohaimer; Ulrich Hoͤr⸗
leinsberger; Georg von Weißbriach; einen Edlen von
Berneck; Bernhard von Trautmannsdorf; einen Malo—
wiz; Leo von Hoheneck; Ebner von Rab, und noch meh—⸗
rere Audre. So angeſehene Herren brachten viele gemeine
Knechte mit, welche die Raubzuͤge mitmachten. Andre Ade⸗
lige, vie zwar ſelbſt nicht mitzogen, ſtellten doch Mann—
ſchaft und Pferde, wie z. B. Wolfgang von Loſenſtein und
Sigismund von Kaufeneck. Einer derſelben, deſſen Nah—
men Preuenhuber wahrſcheinlich aus Schonung ſeiner
Familie nicht angibt, hat zu Kirchdorf mit Feueranlegen
Schaden geftiftet.
ao 145 <e.
thaten befatinten, befabl der Erzherzog Ferdinand
dem Stadtgerichte von Linz, Den Ritter nad) Linz im
Verhaft zu bringen, und ihn dort als einen Criminal: ©
verbrecher gu unterſuchen, wozu auch ſtändiſche Mita
glieder zu erſcheinen den Auftrag erhielten. Auf der
Folter geſtand er ſeine Raubgenoſſen und ihre gemein⸗
ſchaftlich begangenen Verbrechen, vorzüglich aber, daß
ſie an den Mähriſchen und Bayeriſchen Gränzen, und
auch in der Gegend von Clam, einem Schloſſe im un⸗
teren Mühlviertel, viele Kaufleute und Güterwagen
geplündert, und die Beute in den Schlöſſern Schwert⸗
berg, Marsbach und Weiteneck getheilet haben. Im
Jahre 1521 ward über ibn das Urtheil gefället: er
ſollte enthauptet werden, was auch an ihm vollzogen
wurde. Soviel uns bekannt iſt, fiel Zeller unter den
Adeligen Oeſterreichs als das letzte Opfer einer unfe:
ligen Geiſtesverirrung, welche wähnte, daß der Adel
das unverjährbare Vorrecht beſitze, ſich ſeiner Uiber—
macht gegen Schwächere nach Willkühr bedienen zu
dürfen. Barbariſchen Zeiten kann man ſolche Rohheit
bedauernd vergeben; aber Ritter des ſechzehnten
Jahrhunderts ſind unmöglich zu entſchuldigen, wenn
ſie Straßenraub für ein heiliges Vorrecht ihres Stan⸗
des halten, und es auch wirklich noch ausüben.
Die Quelle eines fo wilden Unfugs iſt das Fauſt—
recht geweſen. Ein jeder Adelige, zuletzt auch die
nichtswürdigſten Menſchen und Abentheurer hielten
ſich fur berechtiget, einer Markt- oder Stadtge⸗
meinde, einem Güterbeſitzer, ja ſogar auch einem
Herzog, König und Kaiſer den Krieg anzukündigen,
oder ihm nach damahligem Sprachgebrauch auf
Raub, Brand und Mord abzuſagen. Wer dieß ge:
than hatte, der konnte ſeiner Ehre unbeſchadet dann
alle ihm beliebigen Verbrechen und Grauſamkeiten
10
% 146 ce
pertiben *). Indeſſen hielten ſich viele Nitter an diefe
Regel nicht, und fielen, um der Beute deſto mehr
ſicher zu ſeyn, ganz unvermuthet die Reiſenden an,
wovon man häufige Beyſpiele anführen könnte. Wir
können uns auf die gleich oben erzählten Gewaltthaten
Rohrers, der beyden Brüder von Ehrenvels und des
Hans von Traun berufen: weder den Salzburgiſchen
Geſandten, noch auch dem Biſchof Albrecht von Paſ⸗
ſau und den Kaufleuten von Nurnberg, Frankfurt
und Regensburg war der Friede abgeſagt, als ſie
überfallen, ausgeplündert und ins Gefängniß fortge—
führt wurden. Die Folge ſolches Unweſens war, daß
ſowohl der K. Maximilian der Erſte ben der Feſtſe—
tzung des ewigen Landfriedens, als auch ſeine Nach⸗
folger in der Regierung die ſogenannten Friedensbre⸗
cher oder Abſager wie die Straßenräuber zu behan⸗
deln befohlen haben, denn eine jede Fehde, ſie mochte
angekündiget ſeyn oder nicht, erzeugte unter dem
ſchuldloſen Landvolke Raub, Mord und Brand, und
unſäglichen Jammer und Elend. Ret
Dieſes Uibel bat feit vielen Jahrhunderten ſo tiefe
Wurzeln gefohlagen, daf es grofie Mühe und Une
firengung foftete, es zum Beſten der Menſchheit ganz
* Es if unnoͤthig, hieruͤber Belege anzufuͤhren. Gogar Leute
aus den unterſten Claſſen des Volkes ſchickten Abſagen, um
rauben zu fonmnen. Den Fehdebrief des Raubgeſindels, mel:
ches fi 1477 an die Lichtenſteine anſchloß, an den Kaiſer
Friedrich findet man abgedrudt in: Deftetreid unter È.
| Friedrid dem Vierten. Th. II. S. 256, — Ein [ediger Ge:
. felleines Meſſerſchmides, Sebaftian Mureifen, bat agio
der Stadt Steyr auf Raub und Brand abgefagt: Preuen⸗
huber, S. 193. Daffelbe that auch Ulrich Brandſtetter,
gin des Landed vermiefener Biirger von Steyr im Jahre
1512. Er bat ſich damahls in Böhmen aufgepalten , und
den Steprern auf Mord und Brand abgefagi: S.200.,.
noe 147 ——
auszurotten. Für Defterreih bat K. Marimilian in
feinem legten Cebensjabre, 1518, eine Verordnung
erlaffen, des Inhaltes: „Abſager, Straßenräuber
und Heckenreiter ſollen als Landverräther an Leib und
Gut geſtraft werden. Es ſoll auch ein jeder unter der
Strafe des Ungehorſams ſchuldig ſeyn, dieſelben mit
aller Macht zu verfolgen und ins Gefängniß zu brin⸗
gen, auch auf hierinfalls geſchehene Signalſchüſſe
oder Glockenſtreiche ausziehen, und ihnen mit ge
fammter Sand nachſetzen*).“ Ungeadtet diefer Stren⸗
ge, mit welcher Marimilian fur die Erbaltung des
allgemeinen Landfriedens wachte, erfrechte fid in
dem nämlichen Sabre ein gewiſſer Sigmund Ufaner,
eimen Abfagebrief zu ſchicken. Marimilian erflarte ibn,
feine Unbanger und Helfer und auch Alle, die fie bee
berbergen oder verbeimlichen würden, indie Acht und
Oberacht des Reichs, und gab der Leib, das Leben,
die Habe und Güter derfelben manniglich frep. — Als
ſich Sigmund Raufmud von Clumb 1533 einen gleis
cen Frevel gegen K. Ferdinand erlaubte, erging cine
ähnliche VBerordnung mit dem Beyſatze: Wer diefen
Kaufmuck lebend Seiner Majeftàt einliefert, erbalt
dreytauſend Rheiniſche Gulden; wer ibn getodtet eine
bringt, giventaufend. Auf die Berbaftung der Unhan:
ger Deffelben wurden zweyhundert Gulden für den
Kopf gefebt; file einen Getödteten hundert *). Nod
fpatere VBerordnungen ubergehen mir, und zeigen bloß
ihr Dafepn an ***).
‘*) Guarient, Th. I. S. 8.
#) Aa. O.
***) Aa. D. Die juͤngſte Verordnung ift vom Fabre 1555. Fn
der Landgerichtsordnung È. Ferdinands vom Fabre 1656
werden freylid nod Abſager genannt: A. a. O. S.690}
aber dieſes bemeifet nur die Moͤglichkeit diefes Verbredens,
welches damahls nicht mehr begangen murde.
10
dee 148 ESSEN
Wir haben nur wenige Beyſpiele aus vielen aus⸗
gehoben, aber fie genügen hinlänglich, um uns von
der Unficherbeit der Perfonen und des Eigenthums
während des Mittelalter8 bis gegen die lebte Hälfte
des ſechzehnten Jahrhunderts ju überzeugen. So oft.
Kaufleute cin feftes Schloß auf cinem Felſen erblick⸗
ten, — und deren gab es allentbhalben in Oeſterreich
viele —, ſo oft mußten ſie für ihr Leben und ihre
Waaren zittern, denn auf ſie und ihr Eigenthum wa⸗
ren vorzüglich die Blicke der Raubritter gerichtet, die
ihnen in Gebüſchen und Wäldern, auf offener Lands
ſtraße und auch auf dem Waſſer auflauerten, ſie nie—
derwarfen, plünderten, gefangen fortführten, und
nur gegen ein Löſegeld wieder freyließen. Die Staats⸗
verträge, die zwiſchen den Regenten Oeſterreichs
und Den benachbarten Landesfürſten zur Befordes
rung des Gandels find geſchloſſen morden, auf die
vir meiter unten im Verfolg der Geſchichte kommen
merden, enthalten immer den ftebenden Artikel, daß
fur die Sicherheit der Kaufleute gegenfeitig geſor—
get werden folle: ein deutlich ſprechender Beweis,
daß die Sicherheit der Straßen gar oft gefährdet
wurde. esta
Um fid vor ſolchen Unfällen zu ſchützen, gab es
zwey Mittel: Man begehrte gegen Bezahlung ein
ſicheres Geleit vom Landesfürſten und auch von dem
Grundherrn, durch deſſen Gebieth man reiſen woll⸗
te *); oder man zog, mie noch) heut zu Tage im Oris
ent, in zahlreichen Caravanen, um ſich defio leichter
gegen räuberiſche Ungriffe vertbeidigen zu können.
*) Pfeffinger, 1. c, L. 1, Tit.VI! 6. 10. p.1995 er L. HI.
Tit. II: 6. 40. p. 69. Dort wird weitlaͤufig von Geleitsrecht
gebandelt.
— 149 ta
Aber bende Mittel maren foftfpielig ), gar oft audi
unſicher und fruchtlos.
Den alten Reichsſatzungen zu Folge war das Ge⸗
leitsrecht ein Ausfluß der königlichen Gewalt; wer
daſſelbe gegen eine gewiſſe Abgabe Neiſenden geſetzlich
leiſten wollte, mußte vom Reichsoberhaupt die Ber
fugniß dazu erhalten haben *). Mächtige Grunde
herren bekümmerten ſich aber wenig um ſolche Reichs-
geſetze, handelten nach eigener Willkühr und nöthig⸗
ten Reiſende, während des Durchzuges durch ihr Ge⸗
bieth ein ſicheres Geleit zu nehmen und zu zahlen. Der
Schwabenſpiegel ſtellte es Wanderern frey, ob ſie mit
oder ohne Geleit ihre Reiſe fortſetzen wollten; im letz⸗
teren Falle liefen ſie jedoch Gefahr, ihr Gut zu verlie⸗
ren, das ſie mit ſich führten. Gab aber ein Grund⸗
herr ein ſicheres Geleit, ſo ſollte er auch für allen
Schaden gut ſtehen, welcher Reiſenden während ſei⸗
ner Geleitſchaft zugefügt wurde ***).. Fochten Zwey
mit einander eine Fehde aus, und ſtanden beyde oder
*) Tolner, Cod. dipl. Palat. p..65. Conradi, epiſe. Ratispon.
+ diplom. anno 1205. Conductum fimul praeftabimus s et
lucrum inde acceptum fimul dividemus , et quicunque
contra velle nofirum nliaupra: vel aligquos conducere vo-
luerit, etc... .
1 @2) Schilter, Thefaurus ia ap Teutonic. T. II. hi
append. Conftitut. Imperial. p. 13. Wir gepieten und fes
ten, das npemant den andern belait durd das Lande mind
fain gut, erbab dann das gelait von dem Reich.
4%) Sn ber Auflage : Durd Yntboni forgen. Augſpurg, 1480.
Vlatt 60: „Ein pegflid man. ift gelaptes frep. ob er ſein
gutt wagen mill. Iſt aber vnfrid in dem land. vnnd muttet
ein Fauffman gelaytes. dag mag jm ein herr mol geben . man
gebe dem herren dbarumb oder nicht . er fol doch dem kauff⸗
man feinen fehaden allegen . mer dem fauffmann gelayt
gibt. mag im ſchadens beſchicht. das foll der jm gelten der
in gelaptet. |
222 150 e
einer derſelben unter ſicherem Geleite: fo durffe foi:
ner von ibuen feimen Gegner auf offenter Strafe ana
greifert; im midrigen Falle ward er mie ein Straßen⸗
räuber behandelt *). In Oeſterreich hat erſt K. Fer⸗
dinand der Dritte 1056 die Ertheilung eines ſicheren
Geleites ſich vorbehalten *); in früheren Zeiten war
dieſes Vorrecht den Anmaßungen und der Gewalt der
Mächtigen überlaſſen. Albero von Chunring bat es
aus Mitleiden gegen die Schiffe bey Krems ausgeübt.
Daß Raubritter ſich um das ſichere Geleit des
Landesfürſten, und auch um das allgemeine Völker—⸗
recht, welches Geſandte in Schutz nimmt, wenig oder
gar nicht bekümmerten, haben wir aus dem Betragen
des Ritters Wilhelm Rohrer abnehmen können. Ein
gleiches Verbrechen hat der Ritter Oberheimer an
den Geſandten der Eidgenoſſenſchaft verübt, die durch
Oeſterreich sum König Mathias von Ungarn zogen: er
überfiel ſie, und beraubte ſie ihrer Habſeligkeiten )
Dazu kam noch, daß ſich Grafen und Ritter gar oft
das Recht herausnahmen, ſelbſt ihrem regierenden
Landesfürſten den Gehorſam aufzuſagen und ibm ei⸗
nen Fehdebrief zuzuſchicken, welche Beſchimpfung
*)Schilter, lc. p.5. Wo given miteinander urlewgent und
der gain oder fie paid gefait habent wer den gu laid die firafi
angreiffet mirt er Des zu recht uͤberzewgt riber den fol man
richten als uͤber ain Straßrauber.
*) Guarient, Th.I. S. 668. Fn dieſer Verordnung iſt aber
nur vom Geleit ſolcher Leute die Rede, die ſi ſich vor ein Ge⸗
richt ſtellen ſollten In fruͤheren Zeiten gaben in Oeſterreich
auch die Staͤdte ſicheres Geleit. Im Jahre 1434 erſuchte
die Herzogin Eliſabeth, Albrechts, des nachmahligen Kai=
ſers, Gemablin den Magiſtrat von Krems um ſicheres Gee
leit fuͤr Katharina Gundorfer. Das Datum diefer Urfunde
ift: Pfingſtag nach Mariaͤ Geburt.
#**) Oeſterreich unter K. Friedrich dem Vierten. Th. IT. S. 194.
ann 151 <—
vorgiiglià dem K. Friedrich dem Vierten während
ſeiner langen Regierung gar oft ift zugefügt worden.
Achteten dieſelben mabrend friedlicher Verbaltniffe
mit ihrem Regenten ſein ſicheres Geleit nicht, ſo ward
es zur Zeit einer Fehde mit ihm deſto gewiſſer ganz
nutzlos. Ein gleicher Fall trat noch weit öfter ein,
wenn Kaufleute von den Herrſchaftsbeſitzern ſich ein
Geleit verſchafften. Man hüthe fi, die alte Rittere
treue nad) der neueften Sitte, mie fie in Nomanen
poetiſch dargeftellt wird, hoch anzupreifen und ibr
ein unbegränztes Vertrauen zu ſchenken; die Geſchichte
liefert nur gar zu viele Beyſpiele vom Gegentheil.
Wie ſollte man auch vernünftiger Weiſe von Rdue
Bern erwarten können, daß ſie ihres gegebenen Wore
tes eingedenk, eine günſtige Gelegenheit nicht benü—
tzen, und eine reiche Beute unangetaſtet laſſen folle
ten? Und wenn mir gleich die, von neueren Dichtern
und Liebbabern des Mittelalters fo ſehr gerühmte
Rittertreue, der Geſchichte zum Trotz, als nie oder
nur höchſt felten verlegt annebmen mollten: fo traten
dem gegebenen fichern Geleite eines Grundherrn doh
immer neue BHinderniffe in den Weg. Die Grunde
herrlichkeit mar in fruberen Zeiten noch mebr als jet
getbeilet, und viele alte Burgen und Edelfige find
heut zu Tage verfallen oder zu Bauernbofen umgee
ftalfet, und groferen Herrſchaften einverleibt more
Den; zuvor wohnten dort eigne Befiber, die mit groe
fier Strenge. ihre grundherrlichen Rechte ausubten.
Wie viele ſichere Geleite maren cinem Kaufmann zu
einer cinzigen Tagreife nothig? Und mie leicht andere
fen ſich ploͤtzlich die friedlichen Verbaltniffe der benach=
barten Ritter? Ganz unvermutbet Fonnte ſich der
Kaufmann auf einem Gebiethe befinden, deffen Herr
eben cine Fehde ausfocht und defto weniger den Fremd⸗
noe 152 ano
ting ſchonte, der von der Heimath des benachbarten
Gegners berfam und eine reiche Beute mit ſich führte.
Da der Kaufmann nicht alle Grundherren, deren
Gebieth er betreten mußte, mit einer Abgabe für das
ſichere Geleit befriedigen konnte: fo blieb ibm nichts
übrig, als auf gut Glück ſeine Wanderſchaft anzutre⸗
ten, und ſich wenigſtens des Schutzes der mächtige-
ren Großen des Landes zu verſichern, die im cada
maren, die gewöhnlichen RNaubritter von Gewaltth
then abzubalfen. Albero von Chunring bat in det = i
| gebung von Krems allen adeligen Räubern ſich fürch—
terlid) gemacht. Gegen Ritter, mie Zeller und feimes
gleichen waren, und gegen mächtige Grafen, worun⸗
ter die Schaumberge gehörten, konnte xbnehin kein
Geleit ſichern.
Zahlreiche und wohlgerüſtete Caravanen, noch
dazu von Soldaten begleitet, verſchafften freylich
mehr Sicherheit als geſchriebene Befehle des Landes:
fürſten, Kaufleute ungehindert und ſicher fortziehen
zu laſſen; doch iſt dieſes Mittel nur dann anwendbar,
wenn der Handel zwiſchen Nationen und Provinzen,
oder auch zwiſchen berühmten Stapelſtädten ſchon im
Großen getrieben wird. Die Genueſer, Piſaner,
Venetianer und die Hanſeſtädte ſchützten ihren Handel
mit bewaffneter Macht; auch mehrere große Handels—
ſtädte im Deutſchen Reiche thaten dieß, und rächten
ſehr oft Beleidigungen, einem ihrer Mitbürger juge:
fügt, auf eine blutige Weiſe und mit Zerftorung der
Burgen, aus welchen Naubritter das Gut der vor:
benziehenden Sandelsleute angefallen haben. Wien
ausgenommen, gab es im Defterreid keine Stadt,
die im Stande gemefen mare, eine beträchtlichere
Fehde gegen einen mächtigen Grafen oder Ritter füh—
ren und aushalten zu können; nur durch cin allge—
nce 1535 nes
meines Aufgeboth der Provinz oder durd die Verei⸗
nigung der Stadte mit mebreren Adeligen fonnte mani
gefürchteten Räubern Widerftand leiffen, movon uns
Die Geſchichte einige Beyſpiele aus dem vierzehnten
und fünfzehnten Jahrhundert aufbewahrt hat. Von
Oeſterreichiſchen Caravanen, die ins Ausland zogen,
geſchieht keine Erwähnung; aber unſre einheimiſchen
Kaufleute ſuchten und erhielten von auswärtigen Für⸗
ſten und Städten ein ſicheres Geleit, wie wir dieſes
weiter unten vernehmen werden. Für die Sicherheit
des Waarenzuges durch Oeſterreich ſelbſt ſorgte man
fo gui, als es Zeit und Umſtände nur immer gus
ließen.
Neunter Abſchnitt.
Strandrecht oder Grundruhr.
Ein Zeitalter, in welchem ſich der Adel ein Raub⸗
recht anmaßt, iſt aller Schandthaten fabig. Daf dere
gleichen auch wirklich allgemein verübt worden, ere
hellet vorzüglich aus dem lange vertheidigten Strand⸗
recht und dem Rechte der Grundrubr *), Vergeblich
haben fid) cinige Schutzredner bemüht, Gründe zur
Vertheidigung einer ſchändlichen Sade, welche die
Menſchheit entebrte, aufzuſuchen, und durch dere
Schein cines Rechtes ju beſchönigen; kann es dem
vielleicht ein Recht geben zu rauben, zu morden,
ſchuldloſe Menſchen zu ewiger Selaverey zu verur⸗
theilen, und Unglückliche in das volle Verderben zu
*) Das Wort Grundruhr bedeutet eigentlich nichts anders,
als die Beruͤhrung des Grundes, der das Eigenthum ir=
gend eines Beſi igers it. Die Ruhr oder Frais des Waffer8
nti Den Alten fiir cine fanfte oder gemaltige veneaun⸗
eſſelben.
ee 15/ «se
friirzen? Man berief ſich auch in diefem Stücke nie
in vielen andern Dingen auf alte Gewohnheiten, fos
gar auf die Sitten der hoch bewunderten Griedjen
smer, und der alten Völkerſtämme Deutſcher und
Slaviſcher Abkunft, die im ganzen weiten Umfang
Europens ihre Wohnſitze aufgeſchlagen haben. Man
vergaß aber, daß nicht alles, was Griechen und Römer
gethan haben, Lob und Nachahmung verdiene, und daß
man noch viel weniger in die Fußſtapfen barbariſcher
Völker treten könne, ohne ſelbſt ein Barbar zu ſeyn.
Das Strandrecht war die Befugniß des Grund⸗
oder Eigenthumsherrn eines Ufers, die an demſelben
geſtrandeten Menſchen, Güter und Schiffe als ſein
Eigenthum anzuſehen und zu behalten. Das Strand⸗
oder Grundruhrrecht iſt eigentlich eines und daſſelbe;
indeſſen gebrauchten einige Schriftſteller die erſtere
Benennung bloß vom Geſtade des Meeres und von
den dort geſtrandeten Schiffen, letztere aber nur von
Menſchen und Gütern, welche ein ſolches Unglück
auf einem Fluß erlitten haben *). Wird man ſchon
durch die bloße Erklärung des Wortes Strandrecht
mit Unwillen gegen jene Barbaren erfüllet, die daſſel⸗
be als ein vorzügliches Befugniß ausgeübt haben ſo
muß ſich alles menſchliche Gefühl darüber empören,
wenn man lieſet, daß ſich dieſes ſchändliche Recht
nicht nur unter Heiden, ſondern auch unter den Chri⸗
ſten, und noch dazu bis zum Ende des ſechzehnten
*) Im Deutſchen hieß dieres Redt: Strandredt, Grunds
ruhr⸗ oder RNuprredt, von dem Morte Rubren , welches
Gliefien bedeutete; aut Fabr=, Grund = und Uferredt ;
letzteres druͤckte aber aud das Recht aus, Reiſende auf
Schiffen uͤber einen Fluß zu fuͤhren. Die Séiiffer dabep
hießen Foͤrgen. Fm Latein des Pittelalter8 bief das Strande
oder Grundruprredt Laganum.
sue 155 --
Jahrhunderts aud in unferm Vaterlande nicht nur
erhalten, fondern auch von Beit gu Zeit an Ausdeh⸗
nung und Graufamfeit zugenommen babe. Wir füh⸗
ren bier nur Weniges von dem, mas man alles aus
dieſem unmenſchlichen Recht als Folge ableitete, Bier
an, und vermeifen die wißbegierigen Lefer, die Diefen
Gegenftand nach feinem ganzen Umfang mollen Fennen
Ternen, auf größere Werfe, die ibn mit vieler Gelehr⸗
ſamkeit weitläufig abhandeln *).
Wurden Schiffer genöthiget, einige Güter zur
Erleichterung des Schiffes über Bord zu werfen, und
wurden dieſe durch die Wellen an das Land geſpielet:
fo gehörten ſie dem Grundherrn, und der Eigenthü⸗
mer hatte, wenn er ſich gleich vorfand, all ſein Recht
darauf verloren. Scheiterte ein Schiff, und retteten
ſich die Menſchen an das Ufer: ſo ergriff man ſie mit
den geretteten Habſeligkeiten, und ſie waren von dem
Augenblicke angefangen, als ſie den Grund und Boe
den eines Herrn betraten, ſeine Selaven; das Schiff,
welches auf einer Sandbank oder einem Felfen auffafi,
war mit allen darauf befindliden Gütern dem Herrn
verfallen, deffen Grund es berührte .
Vorzuͤglich verdienen gelefen zu werden: Du Cange, v.
Lagan feu Laganum. — Muratori , Antiquit, Ital, T. II.
P. 14 et feq. — Pfeffinger, |, c. L. III. Tit. 18, $. 59, Tom,
INT. p. 1471 et leq. — Fiſcher, Geſchichte des teutſchen
Handel8. TN. I. È. 728, u.f. — Die Bemibungen der
i Lanfeftidie , fi durch Privifegien gegen das Strandredt
zur Befoͤrderung ihres Handels zu ſchuͤtzen, erzaͤhlet Georg
Sartorius, in der Geſchichte des Hanſeatiſchen Bundes.
Th. J.S. 178, 312, und an vielen anderen Stellen. Eine
lange Reihe von Schriftſtellern, die uͤber das Strandrecht
geſchrieben haben, findet man bey Pfeffinger.
*) Chron. Alberti Stadens. apud Jo. Schilter, Scriptores
Rer. German. T. II, p. 261. Hujus Friderici (Comitis
ui ces 156 ‘2%
Dod damit wurde die ſchändliche Habſucht der
Grofien nod) keineswegs gefattiget, und' Negenten
und Adelige waren febr erfinderiſch, um das wilde
Grundruhrrecht auf häufige dalle ausdebnen, und
ſich recdt viel fremdes Gut zueignen zu fonnen. Ein
Schiff berührte, ohne Schaden zu Leiden oder figen zu
bleiben, eine Sandbank; und wehe dem Eigenthümer,
wenn dieß von einem auflauerndent Beamten bemerft
und begeugt wurde: das Schiff mar mit der ganzen
Ladung dem Grundberrn verfallen; die Leute liefiman
jedoch feit dem dreyzehnten Jahrhundert in den meiften
Gegenden fortzieben, ohne fie zu Selaven zu machen.
Fuhr cin Sdiff durd) cine Bride und beribrte nur
im mindeſten einen Jochbaum, fomard es fammt der
Ladung ein Eigenthum des Herrn der Brude, wenn
gleich das Schiff und die Brücke vollfommen unverletzt
geblieben maren. Das Nämliche geſchah, menn ein
SOI im Vorbenfabren cine Schiffmühle berührte.
Fiel ein noch ſo kleiner Theil von der Schiffsladung
ins Waſſer, ſo griff der Herr, der die Befugniß der
Grundruhr beſaß, nach beyden: Schiff und Ladung
ſind ſein Eigenthum geworden. Durch einen ſolchen
Zufall verloren die Regensburger im Jahr 1396 die
ganze Ladung eines Floßes, von dem ein Fäßchen
durch einen Stoß in den Fluß snai it). Nicht
Stadenfis) avia et mater de Anglia navigantes, in Comi.
tatu Stadenfi naufragium paffae funt, et fecundum prifci
‘ juris rigorem tam homines quam res regiae ditioni funt
—— Dieſes wird von Albert bey dem Jahr 1112 er⸗
zaͤhlet
e) Anſtatt den keſer mit haͤufigen Citaten zu plagen, die man
in den gleich oben angefuͤhrten Schriftſtellern ſelbſt nach⸗
ſchlagen kann, mache ich ihn neuerdings auf ein Werk auf⸗
grerffam r das bisher nod gu wenig ift benugt worden. Ge⸗
neo 157 sce i
minder Wandlich verfuhren die Grundeigenthümer ben
Waarentransporten über Land auf der Achſe. Gin
Wagen fiel auf der elenden Straße um, oder es brach
ein Rad, und die Ladung fiel auf den Boden: ſogleich
eignete ſich der Grundeigenthümer den Wagen und die
ganze Ladung zu; Die Befugniß dazu gab ibm die
Grundruhr. Ein Fäßchen oder ein kleiner Theil der
Fracht fiel aus dem Wagen heraus, und das Ganze
ging durò Grundruhrrecht verloren. Man trieb
Schweine, Schafe, Ochſen auf der Landſtraße, und
einige Thiere verließen die Heerde und kamen auf frem⸗
den Boden: der raubfüchtige Grundherr eignete ſich
dieſe und auch die übrigen zu, welches freylich ganz
folgerecht gedacht und gehandelt war, da ein kleines
Faßchen den Wagen und das ganze Shiff dem Grund⸗
herrn heimfällig machte.
Wer könnte ſolche Gräuelthaten leſen, ohne mit
Abſchen gegen ein Zeitalter eingenommen zu werden,
welches dergleichen Grauſamkeiten billigte, und ſogar
mit dem Nahmen eines Rechtes beiligte ? Die gangli:
che Verderbtheit der damahligen Machthaber, ihre
Fühlloſigkeit gegen Verunglückte und ihr verſtockter
Wille fallen deſto mehr auf, da fre, die man ſo fromm
und gutmüthig zu ſchildern pflegt, von heiligen und
hoch geachteten Männern: von Päpſten, Biſchöfen
und zahlreichen Kirchenverſammlungen gu allen Zei⸗
ten gebethen, ermahnet, auch ſehr zudringlich aufge—
fordert und mit dem Kirchenbann bedrohet wurden,
um ſie zu bewegen, daß ſie auf ein Recht verzichteten,
durch das die Menſchheit und das Chriſtenthum ente
meiner, in der Chronik von Regensburg, liefert viele
Beyſpiele des gegen dieſe Stadt ausgeuͤbten CI
rechtes; 3.8. Th.II, S. 171, 172, 477, 192, u. f.
neo 15) «-—-
ehret werden; fie predigten tauben Ohren. Man follte
giaubett, daß das Machtgeboth mehrerer Kaiſer auf
den rohen Adel einen größeren Eindruck würde gemacht
haben; das llibel hatte aber ſchon ſo tiefe Wurzel ge⸗
ſchlagen, daß es anch wiederhohlten Befehlen gefürch—
teter Kaiſer trotzte; durch ein allgemeines Gefeg konnte
das Strandrecht aus dem Deutſchen Reiche nicht vera
bannet werden; höchſtens gelang es einigen weiſen und
milden Regenten, daſſelbe durch Privilegien für ge⸗
wiſſe Städte und Märkte einzuſchränken, während
andere Fürſten, vorzüglich aber die Könige von Frank—
reich unverſchämt fortfuhren, die durch das Strand⸗
recht erworbene Beute mit den Grundherren zu thei⸗
len. Jahrhunderte verfloßen, bis es der Menſchlich⸗
keit, dem Chriſtenthume und einer beſſeren Cultur ge⸗
lang, den Sieg über die Barbarey zu erringen, und
verunglückten Reiſenden Mitleiden, Beyſtand und
Sicherheit der Perſonen und des geretteten Eigen⸗
thums zu verſchaffen. Ghit
Wir haben bisher von der Schändlichkeit des
Strandrechtes und der Grundruhr im Allgemeinen
geſprochen und den Unfug gezeigt, welcher damit al⸗
lenthalben getrieben wurde. Es darf nicht erſt erinnert
werden, daß auch Oeſterreich dieſem wilden Zeitgeiſt
des Mittelalters huldigte; nur erſcheinet auch nicht
die geringſte hiſtoriſche Spur, daß ſich unſre alten
Landesfürſten je einmahl ſo ſehr vergeſſen und enteh⸗
ret haben, daß ſie ihren Zeitgenoſſen geglichen, und
mit den Grundherren den Raub der Grundruhr ge⸗
theilet hätten. Kann man fie gleich nicht gänzlich ent⸗
ſchuldigen, daß ſie bey ihrer großen, beynahe unein⸗
geſchränkten Regierungsgewalt kein allgemeines Ge-
ſetz zur Aufhebung des Grundruhrrechtes erlaſſen ba
ben: ſo finden ſich doch mehrere Verordnungen, wel⸗
Pi
pren 159 a
che demfelben in Rückſicht verſchiedener Orte Einhalt
thaten; und von dieſen ſoll nun die Rede ſeyn. Viel⸗
leicht wird die Anzahl derſelben in der Zukunft noch
vermehret, wenn ſich mehrere Geſchichtsforſcher be⸗
mühen, die noch verborgenen Urkunden aus Archiven
an das Tageslicht zu bringen, und zur Ausfüllung
der Lücken in unſrer vaterländiſchen Geſchichte bekannt
zu machen.
Die älteſte uns bekannte Urkunde uber die Befrene
ung vom Rechte der Grundruhr hat K. Friedrich im
Sabre 1237 der Stadt Wien ertheilet. Ihm lag viel
daran, ſich des Beyſtandes der dortigen Bürger ge⸗
gent ibren geächteten Herzog Friedrich den Streitba⸗
ren qu verſichern, um Ddefto gemiffer feime eigennützi—
| gen Plane ausfubren zu können. Dieß war der Grund,
warum er Wien gu einer unmittelbaren Reichsſtadt
erhob, die Bürger von dem harten Joch des Herzogs
gu befreyen verſprach, und ihnen nebſt anderen gro⸗
ßen Vorrechten in hochtbnenden Ausdrücken aus der
Fülle ſeiner angebornen Güte und Gerechtigkeit auch
die außerordentliche Gnade erwies, daß ſie befugt
ſeyn ſollten, ihre Güter, die ihnen ein Schiffbruch
geraubt und Andere den Wellen wieder entriſſen ha⸗
ben, zurückzufordern, denn es ſey unbillig und vere
rathe ein hartes Herz, dasjenige ſich zueignen zu wol⸗
len, was mit genauer Noth dem reißenden Strom
entgangen iſt Im Jahre 1247 bat der Kaiſer nach
Lambacher, Interregnum, S. 13, im Anhang. De innata
quoque clementia Sedis noſtrae, quae pacem et juſtitiam
comitatur, dedernimus et mandamus, ut fi quando ali.
quis Wiennenfium Civinm nanfragii cafum incurrerit,
res fuas ab impetu torrentis manus hominis afportaverit,
libere poflit repetere, et habere a quolibet detentore,
cum indignum penitus cenfeamus, immifericorditer re-
ma 160 ceo
dem Tode H. Friedrichs diefe Gnade wörtlich erneu⸗
ert. Das Nämliche geſchah bey einer ähnlichen Ge⸗
legenheit vom K. Rudolph von Habsburg im Jah—
re 1278 *8; er wollte während ſeines Streites mit
dem Böhmenkönige Ottokar die Wiener bey gutem
Willen erhalten, und ſeinen Söhnen eine ruhige sp
gierung in Oeſterreich vorbereiten. > Lie
. Die Bürger der Hauptſtadt maren son dem un
heil des Rechtes der Grundruhr befreyet; die Li ge
Bewohner des Landes Defterreid, die nicht fo glück
lich waren mit einem ähnlichen Privilegium segna
gu werden, blieben der Grundrubr mie zuvor noch un:
— *2 was aus den — — sero
liquias naufragii detineri per RETE, s quibis auvii
rapacis taria unda pepercit. — N Psi LI
2) L.c. p.160, — Bey Rauch, Th. TIT. S.:6., lautet diefe
:. . Stelle Deutſch alfo : Vnd vonangeporner guetidiait vnſers
Stuels : der da nachvoligt frid vnd der gerechtichait. So er:
tail mir vnd gepieten. ob immer ettleich purger je penne
von der vrapfe der veltguffe him i in den val des ſchefuerder⸗
ben mit ſeinem guet vnd die im menſchen hant ab trueg
Daz er di vreyleichen muge geuodern vnd von einem iſlei⸗
chem aufhalden ze haben Wann wir ez ertailen gentzleich
vnpilleich vnd vnparmzichleich die Gueter di in ſchefuerder⸗
ben beleiben vnd von muettender vnde des Raͤupleichen
wazzer hin choment. cin menſch cufpava ſcholt. — Senken-
berg; Vifiones , p. 287, U. f. Gn dem Stabdtrecht , wel⸗
mes H. Albrecht 1296 verlieben bat, wird dieß deutlicher
ausgedruckt. „Seit daz rebt iſt nad got, daz ein iſleich mes
niſch ſein gut, daz im enpfuret, oder entragen wirt, ſpa
ez daz vindet, mit reht ol behaben mad . fo iſt noch pilli⸗
cher ; ſwen ſein gut von der vraiſe des giezzenten wazzers
wirt entragen, daz er das behabe mit ſeinem aide, fiva er
ez vindé, oder fiva 6} auf rinne. Wand wir erchennen nad)
got vnpillich, vnd ari parmunge fines ebenchriſtens, einen
iffichen meniſchen daz gut fein ze haben, daz dem raupli:
chem mazzer ovme entrinnet.
ee 101 ua
SGs iſt erfreulid), in grofier Finfternif von einem
Belen Glanz überraſcht gu werden. Eine ſolche Freude
gewährt uns im finftern Mittelalter cin Bertrag,
welchen die Herzoge von Oeſterreich und Bayern im
Jahre 1375 zum Wohl ibrer Unterthanen abgeſchloſ⸗
ſen haben. Eine vieljährige Erfahrung hat die Fürſten
auf ihren eigenen und ihrer Unterthanen Schaden
‘aufmerffam gemacht, der aus der Unſicherheit der
Straffen und dem verderbliden Rechte der Grund—
rubi nothwendig entfpringen mußte. Diefem Uibel:
ſtande abzuhelfen und den zu Grunde gerichteten
Handel wieder emporzubringen, ſind ſie über folgende
Artikel überein gekommen: Die Unterthanen beyder
Länder ſollen ungehindert und mit voller Sicherheit
gu Lande und ju Waſſer reiſen und ihre Handelsge⸗
ſchäfte beſorgen können. Uibelthäter, welche Reiſenden
einen Schaden zufügen, müſſen vollkommenen Erſatz
leiſten; die Herzoge werden dafür Sorge tragen und
mit firenger Gerechtigkeit darüber wachen, wenn ih⸗
nen über dergleichen Fälle innerhalb zweyer Monathe
nach vollbrachter That eine Anzeige davon gemacht
wird. Sie verbürgen ſich zur Genugthuung ſogar
unter der Verpflichtung des Einlagers ). Sie vere
Einlager, Einritt, Leiſtungsrecht find nur verſchiedene
Nahmen einer und derſelben Sade. Gm Latein des Mit⸗
telalters hieß fie Obftazium, Intrada, Jacentia. Das Ein⸗
lager war Diejenige Art der Geißelſchaft oder des Arreſtes,
nach welcher der Schuldner, in Ermangelung der Bezah—
lung, in ciner von dem Glaͤubiger oder auch von ibm ſelbſt
| angemiefenen dffentliden Herberge allein oder mit Mehre⸗
ren erfobeinen mußte, und nicht von Dannen geben durfte,
big er feinen Glaͤubiger befriediget batte. Waͤhrend Des
Einlagers mußte man auf cigene Koften gebren. Die res
gierenden Herren ernannten fur ſich Buͤrgen, welche ſich
zum Leiſtungsrechte verpflichteten. Die Udeligen thaten
11
men 102 ovo
pflichten ſich auch, in Rückſicht des Geleites und ande
rer Angelegenheiten des Handels keine Neuerung zu
geſtatten, wodurch die Sicherheit und Freyheit der
Kaufleute könnte gefährdet werden. Die Ruheſtörer
werden ſie mit vereinigter Macht nöthigen, die Artikel
dieſes Vertrages genau zu befolgen. Dann fügen die
Herzoge noch Folgendes hinzu: Auch ſind wir über—
eingekommen, und haben alle Grundrechte aufgeho—
ben, weil wir einſehen und es auch genugſam ſelbſt
erfahren haben, daß ſie dem Handel zu Waſſer ſchäd⸗
lich geweſen; deswegen wollen wir, daß künftig in
Rückſicht der Grundrechte an keinen Menſchen eine
Forderung gemacht, noch jemand an Leib oder Gut
beſchädiget werde. Entſtünde zwiſchen Oeſterreich und
Bayern ein Krieg, fo follen deſſen ungeachtet die
Straßen beyder Lander den Kaufleuten geöffnet blei—
ben, und ſie vollen Schutz und Sicherheit geniefien*).
So lange dieſer Vertrag gehalten wurde, genoßen
die Oeſterreicher im Herzogthume Bayern, und eben
ſo die Bayern in unſerem Vaterland eine damahls noch
ſeltene Sicherheit, und waren ſogar vom Rechte der
Grundruhr befreyet; aber leider waren im Mittelal—⸗
ter alle, fogar auch die feyerlichſt beſchwornen Vere
trage gewöhnlich nur von furzer Dauer, und wurden
aus ſehr geringfiigigen Urſachen leichtfertig verletzt
oder einſeitig wieder aufgehoben. Bald entzweyeten
ſich die Fürſten ſelbſt unter einander, bald waren fie zu
wenig Meiſter ihres unbändigen Adels, welcher auf
Verträge des Regenten nicht achtete, wenn durch die—
ſelben eines ſeiner alten Vorrechte beeinträchtiget ur
demſelben perſoͤnlich Genuͤge. Gewoͤhnlich hielt man das
Einlager in einem Gaſthof. SCA
*) Beylage Nro. XXXIII.
de; ‘unter welchen das Fehde= und Grundrubrredbt
einen: vorzüglichen Plag bebauptete. Nad menigen
Jahren entftanden aud) wirklich wieder laute Klagen
siber die Unſicherheit an den Gränzen Bayerns und
Oeſterreichs.
Da unſre Herzoge auch bey dem beſten Willen
und bey der helleſten Einſicht des Schadens, welchen
das Recht der Grundruhr erzeugte, eben ſo wenig als
andere Fürſten im Stande waren, daſſelbe in ihren
Provinzen abzuſchaffen: ſo thaten ſie wenigſtens, was
in ihrer Gewalt ſtand, um dieſem MUibel abzuhelfen.
Nicht ſo viel durch Geſetze als durch Privilegien wur—
den damahls die Länder regieret; durch Privilegien
wurde auch der Grundruhr Einhalt gethan. Freylich
wurden ſolcher Gnaden nur die begünſtigten landes—
fürſtlichen Städte und Märkte theilhaftig, und die
übrigen Unterthanen blieben ihrem Schickſale und
den drückenden Vorrechten gefühlloſer, räuberiſcher
Grundherren überlaſſen; aber gut war es doch, daß
Beyſpiele von Befreyung gegeben wurden, durch wel⸗
che der Adel in der Ausubung des Grundruhrrechtes
eingeſchränkt und ſtufenweiſe geleitet wurde, einer
beſſeren Cultur und billigeren, gerechtern Grund—
ſätzen den Eingang nicht gu verwehren.
Die Bürger von Wien haben zuerſt die Be—
freyung von der Grundruhr erhalten; ihnen eiferten
die Buͤrger der übrigen Städte Oeſterreichs nach,
wie dieß auch der Fall bey anderen Handelsvorrechten
geweſen iſt. Welche Stadt zuerſt nach Wien auf dieſe
Weiſe begnadiget wurde, und in welchem Sabre die
ſes geſchehen, laͤßt ſich aus Mangel der Urfunden nicht
angeben; nur von der Stadt Steyr und dem damab:
ligen Marfte Grein, welchen erſt K. Friedrich zu
Ende des funfzebuten Jahrhunderts zu einer Stadt
Rd”
ne 104 =%
erhoben pae; find wenige Drivilegion liber die Grund⸗
rubr den Untergang und der Vergeffenbeit entriffen
worden, Sm Sabre 1381 befreyete der ©. Albrecht
Die Bürger von Steyr im Lande ob und unter der
Enns von der Grundrubr und verordnete , dafi fie
niemanden irgend cime Abgabe zu entrichten ſchuldig
wären, wenn gleich ihre Schiffe und Flöße auf der
Donau oder Enns auf den Grund ſtießen; nur folle
ten ſie verpflichtet ſeyn den Schaden zu erſetzen, wenn
ſie eine Mühle durch das Anſtoßen beſchädigen wür—
den *). Eine zweyte Verordnung dieſes Herzogs vom
Jahre 1394 liefert den Beweis, daß ſchon früher
einige Milderung des wilden Grundrechtes in Oeſter⸗
reich iſt eingeführet worden. Albrecht ſetzte Folgendes
feſt: Reißt das Hochwaſſer auf der Enns oder Donau
einem Bürger von Steyr ſein Holz hinweg, und ſetzt
er demſelben nach: ſo iſt er demjenigen, auf deſſen
Grund es angeſchwommen iſt, nur eine gebührliche
Löſung, keineswegs aber den dritten Theil davon gu
geben ſchuldig *. Wo das Grundrecht in voller
Kraft beſtand, war alles, was den Boden berührte,
verloren; hier wird nur vom dritten Theil des ange—
fſhwemmten Holzes Erwähnung gethan, und ſelbſt
von dieſem werden die Bürger von Steyr gegen eine
kleine Erkenntlichkeit freygeſprochen. Dieſes Geſchenk
hieß Bergegeld oder Bergelohn:***), und wurde fo:
*) Preuenfuber , S. 65. F
**)L.c.. 70. to
***) Da das Wort, Bergen, cigeattià nichts anders sati
afs eine Sache oder auch Menſchen aus einem Schiffbruch
an das £and bringen und retten: ſo iſt auch die Bedeutung
von Bergegeld und Bergelobn Har. Der Begriff von
Schützen, Netten und unferm Verbergen findet cf d aud in
dem alten Worte: Halsberg, ein Panzer, der den dn
und die Bruſt dedite und ii
a < 165 ut
dii dent — einer Küſte dies Ufers, welcher
geſtrandete und geborgene Güter verabfolgen ließ, als
auch denjenigen zur Belohnung gegeben, welche ge⸗
ſtrandete Guͤter geborgen haben *).
Auch die Bürger des Marktes Grein, der. da⸗
mahls noch ein Eigenthum des Landesfürſten war,
ſind ſo glücklich geweſen, im Jahre 1400 von dem
Grundrecht auf der Donau hinab und Strom auf—⸗
wärts befreyet zu werden, ſie mochten dann mit Schif⸗
fen oder Flößen fahren. K. Friedrich hat ihnen 1491
dieſes Privilegium erneuert **).
Urkunden des ſechzehnten Jahrhunderts ſagen
aus, daß zwar mehrere Städte, und wahrſcheinlich
auch einige landesfürſtliche Märkte, von dem Grund—
rechte befreyet waren, daß auch mehrere Landesfure
ſten, der alten Barbarey abhold, zeitgemäße Verord—
nungen zur Befreyung aller Unterthanen erlaſſen ha⸗
ben, welchen ſich aber trotzige Grundherren, zu denen
ſich auch die Beſitzer der Landgerichte geſellten, unge—
horſam widerſetzten, indem ſie fortfuhren, auf geſchei—
terte Güter Anſprüche zu machen. Vergeblich wider—
ſetzte ſich der menſchenfreundliche Kaiſer Maximilian
der Zweyte dieſem Unweſen; ſein Sohn Rudolph
wurde neuerdings mit Klagen über die Hinwegnahme
oder über großes Loͤſegeld geſcheiterter, aber wieder
*) Pfeffinger, T. n. p. 1476. Probe notandum, aequitatis
efse remunerati èos, quorum periculis et anxilio nanfra-
‘gorumbona in falvam ducuntur, quod praeminm vulgo
| Barge-Geld, alibi Bergelohn, das Fapr:Redt, Gallis, le
droit des naufrages , vocari amat, quo foluto; cuncta
dimittuntur libera, etc.
#*) Veplage Nro. XXXIV. Diefe Urfunde findet ſich in einer
Privifegienfammiung verſchiedenen Inhalts, die im ſieb—
zehnten Jahrhundert geſchrieben wurde. Aufbewahrt wird
ſie im Archiv des Schloſſes Clam im unteren Muͤhlviertel.
22 100 ue
geborgener Güter beſtürmet. Er erneuerte alfo 15809
die Befehle ſeines Vaters, und unterſagte den Grund⸗
herrſchaften und Landgerichten die Vorenthaltung ge⸗
borgener Güter. Nur denjenigen, welche ſich bemüh⸗
ten, derley Sachen den Wellen zu entreißen und in
Sicherheit zu bringen, ward es erlaubt, einen mäßigen
Bergelohn zu fordern*). Aus der Wiederhohlung des
Befehles liber die Abſchaffung der Grundruhr, È.
Serdinands vom Sabre 1633, und È. Leopold 1687}
geht deutlich bervor, daß fich die Grundbercen durch⸗
aus nicht bequenten wollten, menſchlicher zu denken
und bandeln 9). So ſchwer ließ es, und fo viele
Zahrbunderte maren nothig, um cintief cingemurzele
tes Raub⸗ und Plünderungsſyſtem auszurotten, und
Biürger und Bauern vor der wilden Habſucht der
pont gu ſchützen.
Zebnter Nbf@nitt.
pfaͤndungsrecht oder Repreſſalien.
Kaufleuten, welche die habſüchtigen Zollbeam⸗
ten befriediget haben, und dem räuberiſchen Adel
und verderblichen Strandrechte glücklich entkom—
men ſind, drohte noch eine andere Gefahr, vor
welcher keine Behutſamkeit und auch nicht das
Bewußtſeyn ſchützen konnte, allen Geſetzen und
Verpflichtungen vollkommen Genüge geleiſtet zu
haben. Vor dem Pfändungsrechte ſchützte keine
Unſchuld, und vermöge deſſelben konnte man ſei—
ne perſönliche Freyheit und alle Güter verlieren.
Das Pfändungsrecht hatte im Mittelalter mehrere
*) Beylage Nro. XXXV.
**) Guarient, Thl. S. 258, und * II. S.282.
\
DI
CN 1607 new
Nahmen *), und beftand in dem Befugniß, ſich
wegen vermeigerter oder verfpateter Genugthuung
der Obrigfeit ſelbſt Recht zu verſchaffen durch Er:
greifung aller Perfomen und Güter, welche, mie
der Schuldner oder Beleidiger, zur nämlichen Herr⸗
ſchaft oder Gemeinde gehörten *). Dieſes graue
ſame Befugniß floß aus dem barbariſchen Rechte der
Selbſthülfe oder des Fauſtrechtes, ſtiftete unter dem
Scheine, jedem Gläubiger oder Beleidigten zu ſeinem
Rechte zu verhelfen, unſägliches Uibel, und ward noch
dazu nur gar gu oft auf die ſchändlichſte Weiſe gemiß⸗
braucht, denn es diente zum Deckmantel einer verkapp⸗
ten Räuberey ſowohl beym Adel als auch bey den
Bürgern der Städte und Marfte. Zugleich gibt uns
das Pfandungsredt einen unwiderſprechlichen Bee
weis von der höchſt traurigen Lage, in welcher fi
die öffentliche Vermaltung der Juſtizpflege damabls
befand. Fin Paar Benfpiele werden uns die Abſcheu⸗
lichkeit dieſes Rechtes deutlich vor unfre Augen frellen,
*) Daè Pfindungsredt bief aud Febde, Kummer, — daher
das oftmablige Verboth, niemand zu befiimmern —, recht⸗
lie Hemmung, Aufhaltung, gewoͤhnlich aber Nepreffalien
und Arre. Lateiniſch: Jus reprefsaliarum, talionis,
diffidationis, pignoracionis, clarigationis.‘ £eftere zwey
Benennungen find unſchicklich, denn fie vermirren die Bee
griffe, wie ſchon Pfeffinger darauf aufmerffam gemadt
bat. L. INI, Tit. III, 6. 6. T.I.p.92. Minus recte a Ponti-
fice, C. T. de Injur. in 6 Pignorationes appellantur, quan=
doquidem non tantum nocentes, utin pignorationibus
fit, fed et innocentes detinentur. Nec Clarigatio, accurate
loquendo, idem eft, quia haec publica eft, aptamque belli
denunciationem denotat, cum reprefsaliis non utamur,
ut bellum denunciemus,
**) YBeitlaufiger gandeln davon: Pfeffinger, l.c., et T.IIT.
p-377 — 579; Und Muratori, Antiquit. Ital. T.,IV.
p. 741 » et feg.; cine vortrefflide Abhandlung.
ane 168 ⸗
Gin Kaufmann von Negensburg bat einem Kauf⸗
mann in Wien fur empfangene Waaren zu einer bea.
ftimmten Beit ſichere Zahlung zu leiſten verſprochen,
iſt aber ſeinem Worte untreu geworden, oder Unfälle
hielten ihn ab, ſeinen Gläubiger zu befriedigen. Der
Regel gemäß ſollte der Gläubiger ſeinem Magiſtrate
in Wien eine Klage darüber vorbringen, und dieſer den
Magiſtrat in Regensburg auffordern, den Schuldner |
gur Zablung zu givingen. War: diefer faumfelig in
feimem Amte, oder fonnte er vom Schuldner wegen
feines Unvermogens die Zablung nicht erzwingen, fo
erbiclt der Glaubiger das Recht, ſich an allen Nes
gensburgerit ohne Unterſchied, und an allen ibren
Gütern, deren er habhaft werden könnte, ſchadlos zu
halten. Dod an ſolche gerichtliche Weitläufigkeiten
hielt man ſich damahls nur ſelten, und weit öfter griff
man ſogleich zu, nahm in dem angezeigten Falle einen
Regensburger, dem die Schuld ſeines Mitbürgers
ganz unbekannt war, auf dem Wege oder in der Stadt
Wien gefangen und behielt ihn ſo lange in Verwah—
rung, bis Anſtalten in Regensburg getroffen wurden,
den Glaubiger in Wien zu befviedigen, und dadurch
den gefangenen NRegensburger mieder in Frenbeit ju
fegen. Nod geſchwinder gelangte der Wiener zum
Ziele, wenn er fo glidlià mar, Regensburgiſches
Gigenthum irgendwo aufzufinden. Ging er glimpfe
lich zu Werfe, fo ließ er ſich durch ſeinen Magiftrat
fo viel dbavon zueignen, als feine Forderung be:
trug; gar oft aber griff man ohne alle Formalitàt
gu, und entſchädigte fidh nad) eignem Belieben.
Der auf dieſe Weife ausgeplünderte Raufmann ers
bielt die Weifung , von dem Schuldner oder von
ſeinen — in Regensburg Erſatz ju vere
lange.
228 469 nes
Klagte ein Unterthan ſeinem Grundherrn, daß ihm
ein Unterthan einer anderen Herrſchaft die ſchuldige
Zahlung nicht leiſte: fo trat der Grundherr als Klaͤ⸗
ger auf, und verlangte für feinen Grundbolden von der
Herrſchaft des Schuldners Genugthuung. Konnte
oder wollte diefe nicht geſchwind genug die Forderung
erfüllen, fo mußte fie fis gefallen laffen, wenn man
ibr einen anderen, ganz unſchuldigen Unterthan auf—
fing, ins Gefangnifi marf, und nur gegen die Bezah—
lung der Schuld wieder losließ. Ronnte man ein Ei:
genthum irgend eines anderen Unterthans der Herr=
ſchaft des Schuldners erhaſchen, fo nahm man e8
weg, und überließ die weitere Ausgleichung der Sade
dem Grundberrn. Die Gerechtigkeit des Mittelalters
blieb gleichgültig dabey, wenn anſtatt des wahren
Schuldners ein ganz Schuldloſer im Gefängniß
ſchmachtete, und fuͤr einen, den er oft gar nicht kannte,
mit ſeinem Eigenthum Erſatz leiſten mußte. Noch
übler erging es den armen Unterthanen, wenn ſich ein
Graf oder Ritter von einem andern an ſeinem Beſitz⸗
thum oder an ſeiner Ehre gekränkt wähnte, und nicht
nad Wunſch Genugthuung erbielt. Um dem Gegen⸗
theile recht wehe zu thun, bediente man ſich aller mög⸗
lichen Repreſſalien, fing Unterthanen ſammt ihrem
Viehe zuſammen, plünderte die Häuſer und zündete
ſie an: und dieß alles nach einem wohl hergebrachten
Rechte, gegen welches Kaiſer und Könige, Päpſte,
Biſchöfe und Coneilien vergeblich eiferten, ſo lange
der rohe Adel das Fauſtrecht für den weſentlichſten
aller ſeiner Vorzüge, und ſeine Unterthanen für eine
Sache hielt, mit der er nach ſeinem hohen Belieben
mit ungebundener Willkühr ſchalten könnte. Die Bür⸗
gergemeinden eiferten, bald freywillig, noch öſter aber
nothgedrungen, veda in diefem Stücke nach, und
Si 1 70 2
bedienten ſich ebenfalls der Repreffalien, um ihre
Srenbeiten, Gerechtſamen, und auch die Perfonen und
das Eigenthum ibrer Genoffen mit gleichen Waffen
gu vertheidigen. Der gemeine Landmann und frembde
Kaufleute wurden immer guerft die Opfer der Mächti—
geren, die ſich ſolchen Unfug erlaubten, theil$ um wah⸗
| re oder eingebildete Beleidigungen zu rächen, oder ſich
Schuldenerſatz zu verſchaffen, theils unter cinem que
ten Vorwand nach dem Eigenthum Anderer greifen
zu können. dita
Zu Ende des dreyzehnten Fabrbunderts war diefe
Barbarey nicht nurin Deutſchland, fondern auch auſ⸗
ſerhalb deſſelben ſo allgemein verbreitet, daß ſich der
Papſt Gregor und die auf einem Coneilium verſam⸗
melten Biſchöfe für verpflichtet hielten, derſelben durch
einen Beſchluß bey Androhung des Kirchenbanns und
Interdietes Einhalt ju thun *). Vergeblich hatten die
*) Annales Steronis, apud Freher, Rer. German. Scriptor.
Edit. III. curante Struvio. T. J. p. 563. Quia in partibus
Alemaniae, et forfitan in aliis etiam iniqua confuetudo
inoleuerat de pignorationibus, in quibus unus pro alio,
fine innocens pro nocente indobite praegrauatur, contra
impigneratores huiusmodi Papa Gregorius talem in
eodem concilio edidit decretalem : Etfi pignorationes,
quas vulgaris elocutio Repraefalias nominat, in quibus
alius pro alio praegrauatur, tanquam graues legibus et
aequitati naturali contrariae, ciuili fint inftitutione pro-
hibitae; ut tamen earum prohibitio in perfonis ecclefia»
fiicis tanto amplius timeatur, quanto in illis (pecialius
‘ inhibentur, eas concedi contra perfonas praedictas feu
bona ipfarum, aut quantumcunqne generaliter praetextu
cuiusuis confuetudinis, quam potius reputamus abu-
fum, fore concelsas : . diftrictinsinhibemus . etc. Ex hac
tamen falubri conftitutione modica prouenit utilitas, . »
quia a malis hominibus excommunicationis praecipî-
tium non timetur.
ave 17] «-©
Raifer ſchon früher Befehle gegen die Nepreffalien
erlaſſen, und vergeblich miderfegten ſich nun denfelbent
der Papft und die Biſchöfe, denn Gefege, mele den
Gingriffenin das frembde Eigenthum Schranken fegen
und Gemaltthaten verbindern mollten, wurden von
Grafen und Rittern für unziemliche und entebrende
Feſſeln gehalten, in welche ſich der Adel, ohne ſeinen
Stand ſchmachvoll zu entehren, nicht fügen dürfte.
Die Repreſſalien dauerten fort, und wurden ſogar ein
Gegenſtand gnädiger Privilegien, welche Könige und
Fürſten als koſtbare Gnaden bald zur Ausübung dieſes
abſcheulichen Rechtes, bald auch zur Befreyung von
demſelben verliehen. Beyſpiele davon ließen ſich aus
der Geſchichte aller Lander anführen *); doch mit
müſſen uns hier blofi auf Oeſterreich einſchränken, mo
ebenfall8 mebrere Jahrhunderte bindurd die Reprefe
falien gum Schaden des Handels und zur Unterdrit:
ckung des gemeinen Volfes als cin beiliges Vorrecht
von Adeligen und Bürgern ausgeübt wurden.
Ginigen Bürgern von Wien ift durch die Bürger
von Wels, Steyr und Linz ein Schaden zugefügt
worden. Anſtatt letztere zum Erſatz zu nöthigen, er⸗
laubte K. Rudolph den Beſchädigten, ſich des Pfän—
dungsrechtes gegen ihre Beleidiger zu bedienen, und
ertheilte ihnen die Freyheit, nach den Beſitzungen und
eigenthümlichen Sachen der Bürger der genannten
drey Städte zu greifen und ſie ſo lange zu benützen,
bis ihnen ein vollkommener Erſatz geſchehen ſeyn
wird. Nur hat Rudolph den Wienern verbothen,
einen Angriff auf die genannten Gegner und ihre
Güter auf den Landſtraßen oder auf ſchiffreichen
è) — Geſchichte des Hanſeatiſchen Bundes, Th.J.
S. 216 sb f.
see 4172 « a
Strömen ju machen, denn die Sicherheit der Reis
fenden auf offentlichen Wegen durfte feimem Befehle
gemaf in feinem Falle gefabrdet werden *). Wenn
der gute Vater des Volfes und der gerechte Negent
Rudolph anftatt als Nichter aufzutretten und Scha—⸗
denerſatz zu gebietben, den verlegten Wienern citt
Privilegium der Selbfthulfe durd Pfändung ets
Taubt : wie tief muffe diefe bofe Gemobnbeit einges
wurzelt haben; da ihr der höchſte Richter im Deutſchen
Reiche ſeine Pflicht und oberſte Gewalt zum Opfer
gebracht, und Selbſtrache der Beleidigten einem rich⸗
terlichen Urtheile vorgezogett hat?» di rig
. Dm Sabre 1287 hat der H. Albrecht den Bür⸗
gern von Steyr cin neues Stadtredt verliehen. Gin
vorzüglicher Artifel deffelben war, daß man den
Steprernibre Güter nidt aufhalten dürfe als mur in
Dem cingigen Falle, wenn der dortige Magifirat auf
eingebrachte Klagen die Genugthuung vermeigerte**).
) Bodmann, Codex epiftolaris Rudolfi I. Rom. Regis. Lip-
«——— fiae, 1806. p..238. Volumus effe notum, quod nos dilec-
torum..quorundam civium Wiennen. fuper bonis et
rebus eorum, per cives et homines de Welfa, Styra, et
Linza contra juftitiam ipfis notorie et evidenter ablatis,
indempnitati confulere cupientes, eiscdem plenam et-
liberam damus praefentibus facultatem, res, poffelliones,
et bona civium et hominum civitatum jam dictarum,
ubicunque locorum illa cives noſtri memorati repere-
rint, occupandi, ac fuistamdiu juribus et uſibus appli-:
candi, quousque de praefatis bonis ipfis ablatis indebite,
— fufficientem acceperint recompenfam. Stratae tamen
regiae et communis tranfitus libertate , quam tam in
‘terris quam in aquis ab omni violentia et offenfione
qualibet penitus exemptam et illaefam elle praecipimus,
| Semper falva.
#*) Preuenhuber/ S. 37, Praefentibus duximus adjungen-
dum, ut ad infiar aliarum Ciuitatum noftri dominii,
mos 175 no
Da zu einer ſolchen Befrehung von dem Pfändungs⸗
rechte ein eigenes Privilegium nöthig war, ſo erhellet
daraus das allgemein beſtehende Befugniß der Nes
preſſalien, das jedoch gegen die landesfürſtlichen
Städte ſehr eingeſchränkt wurde, as: aus den eige-⸗
nen Worten H. Albrechts erhellet.
Der Kürze halber übergehen mir mehrere der—
gleichen Beyſpiele mit Stillſchweigen, und wählen
nur einige der merkwürdigeren aus denſelben aus, um
die Fortdauer der Repreſſalien in Oeſterreich mabrend
des vierzebnten Jahrhunderts und auch noch in viel
“ {pateren Zeiten darzuthun. Der H. Stephan von
Bayern bat im Fabre 1348 dem Defterreidifchen
Herrn Dietmar von Lofenftein cin Pferd um vierzig
Pfund Regensburder Pfennige abgefauft. Da er ihm
am achten Jänner deffelben Jahres diefe Summe nicht
bezahlen konnte, verſprach er die Schuld am künftigen
Jakobi Tag abzutragen. Zu größerer Verſicherung
der richtigen Bezahlung räumte der Herzog dem Diet:
mar von Lofenfteim Das Pfandungsrecdt cin, wenn
derfelbe an dem oben beftimmten Tage das Geld nicht
erbalten mirde, und fügte noch binzu, daß weder
Dietmar noch ſeine Helfer dburd) die Ausübung des
i nisi die herzogliche Huld verlieren mere
den *). x
civès ipfi hujusmodi libertate frnantur; quod per ali-
quem vel aliquos ipfi vel bona eorum usquam arreftari
‘aut.conveniri non debeant, nifi prius requifita de ipfis,
coram Judice ſno, Juftitia fuerit denegata.
*) Wurmbrand , Collectanea genealogico — hiftorica, p.
229. Bir Stephan .. befennen offentlich mit diefem Brief,
daf Bir Dietmar Dem Lofenfteimer geben follen und ſchul⸗
Dig worden fepn vierzig Pfund Regensburger Pfenning um
cin Rof, dae er Una darumben gegeben bat, und follen
oo | TA ia
Die Stadt Linz murde von H. Rudolph im Sabre
1362, um das Wobl der Bürger zu befördern, in
einem Privilegium mit dem Pfindungs: und Meilen⸗
rechte zugleich begabt *); die Regensburger bat er
1304 in Oeſterreich davon befrenet **). Die berzog:
lichen Brüder Albrecht und Leopold ernenerten den
Linzern obige Gnade 1360 ganz nach dem wörtlichen
Inhalt der Urfunde ibres Vruders Nudolph #99).
Dod verdient bemerft zu merden, daß den Line
gern das Pfandungsrecht nur innerhalb deg Stadts
gebiethe8 und nur wegen folder Schulden, die aus
| Dem Handel in Ling felbft entftanden, cingerdumet
wurde, während die Wiener daffelbe uneingeſchränkt
ausüben durften.
| Ein dem Linzeriſchen ganz gleidhes Pfändungs
recht batte die Stadt Stenr, worüber im ſiebzehnten
Sabrbundert zwiſchen diefenbenden Städten ein hefti⸗
ger Streit ausgebrochen iſt Rx). — Schuldner durf⸗
ten von den Bürgern in Wels in ihrer Stadt bis zur
geleiſteten Zahlung angehalten und verhaftet werden,
ſie mochten dann als Unterthanen wem immer zugehö⸗
ihme dieſelben Pfenning geben auf St. Jacobs Tag ſchierſt
fommend Ob Wir das nicht thaͤten, fo bat er Gewalt Ung
darum zu pfaͤnden, und ſoll er, und wer ihm deß geholfen
iſt, darumb Unſer Huld nicht verfieren . Urkund dieſes
Briefs, der geben iſt zu Landshut am Erchtag nach dem
Obriſten (amg. Jaͤnner) nad Chriſti Geburt Anno 1348.
MBeylage Nro. XXXVI.
‘ #0) Senkenberg, Selecta, T. IV. p, 256. Wir tvellent aud und
gebieten, daz man dhainen purgervon regenfpurg fuͤr der
andern aufhabe noch phende oder irre.
#**) DiefeVeftitigung bat das Datum: Geben an Sant Jo⸗
banns Abent ju Sunwenden (am 23. Junius) 1369. Dies
ſes Sprivifegium murde von den nadfolgenden Negenten
immer evnenert.
#34) Prenenbuber, S.52, u.f.
ao 175 nuo
veti. Diefes Privilegium bat H. Rudolph 1360 der
Stadt verlieben *). — Die Bürger von Enns hat
H. Albrecht 1309 vom Pfändungsrechte befrenet: fie
felbft aber bedienten fi ch deffelben gegen Andere nod)
im Jahre 1555 auf eine auffallende Weife, wovon
der angefebene Frepberr Wilhelm von Volfensdorf,
der nächſte Nachbar der Ennfer, eine franfende Er
fabrung gemacht bat. Das Aetenſtück, welches den
Hergang diefes fonderbaren Vorfalle enthält, ift in
der Beylage zu finden **). — Die Burger von
Krems und Stein wurden von H. Albrecht 1300 von
der Ausübung des Pfändungsrechtes gegen fie gna:
dig befrenet ***),
pedi feto Candesfurften ihre Uiberzeugung von
der Rechtlichkeit der Nepreffalien fo oft in Urkunden
ausſprachen, und diefelben ibren Städten al8 eine be:
fondere Gnade verliehen: mer könnte es den Bürgern
verargen, daf ſie ſich dieſes Vorrechtes zu ibrem eige⸗
nen Vortheile mit aller Strenge bedienten? Nur
*) Wir Rudolf ...thuen fhundt, das wir vnfern getreuen, den
burgern gemainclif ze mell$ die gnad getban baben, vnd
thuen aud. Swer In idt gelten fol, des Sp Vrief vnd
prfpundt haben, oder def man Sn an faugen ift, Das Sp
den, er fep Der berren Holden oder nicht, daſelbs ze Wellß
aufheben vnd verpieten muͤgen als lang vntz das Sy Irs
geis genntzlich von Im gewert werden, nach der eh genann⸗
ten Irer Brief Sag. Mit vrkhundt dits briefs, geben ze
wellß, Un vnſer Frauen Abendt ze der Schiedunge (am 14.
Auguſt), nach Criſtus geburt Tauſſendt dreihundert Jar,
darnach In dem Sechzigiſten Jare.
*x) Beylage Nro. XXXVIII.
M Rauch. T.III.p.368. Wir melfen ernſtlich, daz Sr vnfer
purger von Stain vnd Krembs mit iren leib vnd gut
— allenthalben lazzet wandeln vnd aribaiten, vnd ſie weder
în Den ſteten noch auf dem lande indert aufhaltet noch per:
bietet mb bbainerfai ſachen in dbainem meg.
tea 176 2%
muß es cin jeder Menſchenfreund herzlich bedauern,
daß ein ſo grober Unfug, welcher Schuldloſe anſtatt
der Schuldigen ſtrafte, mit dem rohen Mittelalter
nicht aufhörte zu wüthen, ſondern lange noch ſein
Unweſen forttrieb. Ein Proceß, melden die Bürger
von Linz 1601 und im fegenden Jahre mit der
Stadt Breßlau und mit der Judengemeinde ju Proft-
nig im Mähren geführt baben, liefert die traurigen
Beweiſe, daf man das Unſchickliche und Ungerechte
der Repreffalien damahls ſchon vollfommen eingefe
ben bat, aber die Heiligkeit der Privilegien und alter,
moblbergebrachter Gemobnbeiten, mochten fie danni
noch fo unfinnig ſeyn, frellte ſich ihrer Abanderung -
oder gänzlichen Aufhebung als cin unüberſteigliches
Hinderniß enfgegen, big endlich cin gerechter Mo-
nard das Ungethüm mit ftarfem Muth zu Boden
ſtürzte, und feine Volfer vor fernerem Unbeil bewahr—
te. Da die Acten des Proceffes der Burger von Linz
mit den Brefilauern und den Mähriſchen Juden viel
Lebrreiches uber die damablige Zeit entbalten, ſo
wird cin Furzer Auszug aus denſelben unfern Lefern
nicht unangenebm fepn.
Einige Brefilauer und Prager Raufleute verſa⸗
ben fich in den Legten Sabrmarffen zu Linz mit vere
ſchiedenen Waaren, verfprachen im nächſten Gabr-
marft die ſchuldige Zablung zu leiſten, famen aber
‘ nicht, und ſchickten auch fein Geld. Der Magifirat
von Linz Flagte desmegen ben den Stadtmagiſtraten
von Breflau und Prag, und verlangte Geld oder
Stellung der Schuldner. Da keines von beyden er⸗
folgte, bediente man ſich des Pfandungsrecdhtes, nahm
mebrere Brefilauer und Prager, deren man habhaft
werden fonnte, gefangen, und verwahrte ſie in Ge—
fängniſſen. Zu gleicher Zeit wurden auch einige Ju⸗
%
mr 4177 a<%
den von Profinig gefänglich cingezogen, weil Mitges
noffen ibrer Gemeinde Schulden nicht bezablten und
das gegebene Wort nicht hielten, denn feit dem fie
mit geborgten Waaren Linz verlaffen haben, bat man
fie auf keinem Jahrmarkt mebr gefeben. Die Magia
firate von Brefilau und Prag drangen auf die Los—
laffung der ganz unſchuldigen Burger; das Nämliche
verlangte die Judenſchaft von Proßnitz für ihre ſchuld⸗
loſen in Linz verhafteten Mitglieder; aber die Linzer
beriefen ſich auf ihr Privilegium des Pfändungsrechtes
und betheuerten, daß die Gefangenen nicht eher die
Lora erhalten würden, als bis man ihnen die
Schuldner ausgeliefert, oder Die noch ausftandigen
Summen würde erleget haben.
Da freundſchaftliche Vorſtellungen und Bitten feis
nen Erfolg hatten, wendete ſich der Magiſtrat von
Breßlau an den Kaiſer Nudolph, und rief ihn um
Schutz an gegen das ungerechte, harte Verfahren der
Linzer, welche ſich das Recht herausnähmen auswär—
tige Kaufleute zu verhaften, die nichts verbrochen,
die ihnen keinen Kreuzer ſchuldig wären. Eben ſo bath
auch Carl von Lichtenſtein den Kaiſer um Schutz für
die in Linz gefangenen Juden, welche ſeine Untertha—
nen waren, und ſtellte als Gründe der Gewährung
ſeiner Bitte Folgendes vor:
Es haben ſich im Bezirk ſeiner Herrſchaft Proßnitz
einige Zeit hindurch Juden, die keine Hauseigenthü—
mer waren, aufgehalten, die Jahrmärkte in Linz,
Krems, und anderen Städten beſucht, und von den
dortigen Kaufleuten verſchiedene Waaren gegen das
Verſprechen geborget, daß ſie in dem nächſten Jahr⸗
markt wieder gewiß erſcheinen und die Schuld bezah—
len würden. Anſtatt dieſes Verſprechen zu erfüllen
ſeyen ſie aus Mähren entwichen, und haben ſich nad
12
«no 17) s--
Pohlen und in andere Lander begeben. In dem letzten
Oſtermarkte ſeyen andere Juden, welche Häuſer be:
ſitzen und ebenfalls Lichtenſteiniſche Unterthanen find;
der Handelſchaft halber nach Linz gekommen. Dieſe
wußten von den Schulden der aus Mähren entflohe⸗
nen Glaubensbrüder nichts, haben alſo auch für die⸗
ſelben keine Bürgſchaft geleiſtet; und dennoch wurden
ſie ſammt ihrer Habe auf eine Klage der Burger von
Linz verbaftet; und werden als Geißel für Flüchtlinge
gefangen gebalten , die kein Eigenthum im Lande gue
rückließen, und deren Aufenthaltsort man nicht anzus
geben wiſſe. Diefe offenbare Ungerechtigkeit habe noch
dazu ſehr nachtheilige Folgen für die ganz unſchuldig
Verhafteten, denn ſie werden an ihrem Handel, dem
einzigen Erwerbszweige der Juden, und am Beſuchen
der verſchiedenen Saprmartte verbindert, modurdy
ibre Familien nothwendig in Noth und Elend gerathen
müßten. Lichtenſtein folof mit der Bitte — ,jum
gnädigſte Hülfe und Abfiellung folder ungientiigen
Arreſte und Beſchwerung.“
Der Kaiſer wurde von der Wahrheit der Vorſtel⸗
lung Carl Lichtenſteins fo ſehr ergriffen, daß er am
dritten Julius 1001 ein Reſeript an den Landeshaupt⸗
mann aus Prag erließ, Lichtenſteins Beſchwerden
ihm anzeigte, und zugleich befahl, denſelben auf der
Stelle abzuhelfen Da dieſer Befehl fur Rudolphen
höchſt rühmlich iſt, und von ſeinen helleren Anſichten
alter Mißbräuche, ſo wie auch von ſeiner Gerechtig⸗
keitsliebe das ſchönſte Zeugniß gibt: fo können wir
uns nicht enthalten, den Schluß deſſelben mit den ei
genen Worten des Monarden berzufeben. Er lautet
fo: „Weil denn an ibme felbft unbillig it, daß je⸗
mand wegen frembder Schulden, für mele er nicht
Bürge geworden, die Schuldner auch der vorigen
ao 179 ue
Jurisdietion nicht mehr unterworfen, und bey ihrer
neuen Obrigkeit darum beſprochen werden koͤnnen,
alſo arreſtiret, bekümmert, und an ſeinem Gewerb
und Hantierung oder Nahrung widerrechtlich verhin⸗
dert werden ſoll: hierum fo haben Wir dich dieſer an
Uns gelangten Beſchwerung hiemit erinnern wollen,
gnädiglich befehlend, du wolleſt mit Ernſt daran ſeyn,
daß nicht allein die geklagte Aufhaltung und Arrefti:
rung obbemeldter angeſeſſener Judiſchheit zu Profte:
nitz, auch ihrer Hab und Güter abgeſtellt, ſie, die
Judiſchheit, hinfüro frey und ſicher negociren und
handeln, ſondern auch, da ſie aus gehörten Urſachen
mit einigem Arreſt oder Kummer belegt, deſſen als
bald ohne Entgelt relaxiret und ledig gemacht, und
die Handelsleute mit ihren Schuldforderungen an die
Selbſtſchuldner gewieſen werden. Hieran vollziehſt
du Unſern gnädigſten Willen und Meinung. Gegeben
auf Unſerm königlichen Schloß zu Prag am drit⸗
ten July 1601.
Ein ähnlicher kaiſerlicher Befehl erging an den
Magiſtrat in Linz; es ward ibm gebothen, Still:
ſtand zu halten und die gefangenen Breßlauer, Pra:
ger, und Juden ſogleich in Freyheit zu ſetzen. Deſſen
weigerten ſich aber die Bürger von Linz und gaben
vor, daß der Kaiſer durch einſeitige und falſche Bore
frellungen bintergangen, cinen Befehl erlaſſen babe,
Den er ganz gemifi wieder zurück nehmen merde, wenn
er, von der wabren Lage der Dinge beffer unterriche
fet, an die Vorrechte der Stadt Linz ſich gnädigſt
erinnert. Sie übergaben dem Kaiſer eine lange Gegen⸗
porfrellung des Inbaltes: Breflauer, Prager, und »
Suden ſeyen keineswegs widerrechtlich, fondern mit
gutem gefeglicen Befugnif ſammt ibren Gütern an⸗
gehalten und verhaftet worden, denn die Bürger von
Ia:
_ «a 180 see
Linz ſeyen vermbge allerhöchſter Privilegien, weiche
Die Landesfürſten bis auf den heutigen Tag in unun⸗
terbrochener Neibe beftatiget haben , zu dergleichen
Arreftationen und Pfindungen vollfommen beredhti:
get: Ließen fie cin fo wichtiges Privilegium von Aus.
| ivartigen ungeahndet verlegen, fo ginge aller Eredit
“unter den Kaufleuten verloren, die Sabrmarfte muf-
ten aufhören, die Stadt Linz würde zu Grunde ge—
richtet, und die kaiſerlichen Mautbgefalle erlitten cis
nen großen Verluſt. Einem unpartheyiſchen Beobach⸗
ter müſſe es auffallen, daß ſich die Breßlauer und
Carl von Lichtenſtein durch die Verhaftung ihrer
Leute für beleidiget halten können, da es doch allge⸗—
mein bekannt ſeyn müſſe, daß ſich dergleichen Fälle mit
Kaufleuten von Prag, Eger, Nürnberg und von ans
deren Städten ſchon oft ereignet haben; auch damahls
wurden Klagen gegen die Linzer erhoben, und den⸗
noch wurden ſolche „Repreſſalien“ von den regieren⸗
den Landesfürſten immer gutgeheißen, wie dieß aus
mehreren Hofsbefehlen erhellet, von welchen ſie die—
ſer ihrer gegenwärtigen Vorſtellung Abſchriften bens
legen *). Sie bitten auch jetzt wieder um den aller⸗
hoͤchſten Schutz, denn nur durch dieſen können alte,
wohl hergebrachte Rechte, welche Landesfürſten ihren
getreuen Städten verliehen haben, von dem Unter⸗
gange, die Städte ſelbſt aber von ihrem gewiſſen
Verfall errettet werden.
Dieſe Vorſtellung der Linzer brachte die unerwar⸗
tete Wirkung hervor, daß K. Rudolph dasjenige nun
wieder billigte, mas er in ſeinem obigen Befehl an den
Landeshauptmann für unbillig und widerrechtlich er⸗
—
Von dieſen Hofsbefehlen findet man einen in der Beylage
Nro. XXXVII. |
, o 181 neo
klaͤrt Batte. Letzterer erbielt folgendes Nefeript: „Nu⸗
dolff · Edler lieber getrener . Das Bürgermeiſter,
Richter und Rath Unferer Stadt Linz megen Niclafen
Leben und etlicher feimer Creditoren bey Uns bittweiſe
angebracht und gehorſamſt gebethen, das haſt du in
den Beylagen mit mehrerem zu vernehmen. Weil dann
die von Linz beſcheinen, daß ſie von unerdenklichen
Jahren um Schulden, ſo allda gemacht werden, auf
die Arreſta befreyt, und deſſen in Poſſeß ſeyn: als
haben Wir dir die obberührte Bitte zufertigen wollen
mit dem gnädigſten Befehl, daß du Ermeldte von
Linz bey ſolchen ihren alten poſſedirten Privilegien ih⸗
rem Begehren nach handhabeſt, inmaſſen Wir dann
bey Unſrer Böhmiſchen Hofkanzley Verordnung ge⸗
than, dießfalls die Prageriſchen Bürger hinfüro zur
Gebühr zu halten. Und thuſt hieran Unſern gnadige
ſten Willen und Meinung. Datum Prag, den ſie—
benten März 16002.“ — Aus dieſem Befehle geht
leider die volle Beſtätigung der traurigen Wahrheit
hervor, daß die Fürſten älterer Zeiten nicht nach
weiſen Grundſätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit,
ſondern größtentheils nach dem Inhalt vorhandener
Privilegien ihre Volker regierten, ohne zu bedenfen,
daß ſie ihre Machtvollkommenheit weit beſſer dazu
verwendeten, dieſen alten Sauerteig gänzlich abzu—
ſchaffen, als ihn noch länger beyzubehalten und zu
ſchützen.
Der Unfug der Repreffalien zwiſchen Privatleu⸗
ten hat durch den Ausſpruch K. Rudolphs eine neue
geſetzliche Kraft erhalten und wurde mit großer Stren⸗
ge ausgeübt. Endlich erwachte ſelbſt bey Gerichten ein
menſchlicheres Gefühl gegen unſchuldig Gequälte, und
moochte man noch ſo ſehr an allem Alten hangen und es
hochachten, verehren und preiſen: ſo ſah man ſich doch
henechiget zu geſtehen, daß das wilde Pfä ändungsrecht
zur Ehre der Menſchheit und der Gerichte müſſe abge—
ſchafft werden. Dieſer Ruhm war dem K. Ferdinand
dem Zweyten vorbehalten, der am 21. April 1632
ein allgemeine8 Geſetz befannt machen ließ, welches
für die Zukunft alle Repreſſalien und Arreſtationen
unſchuldiger Menſchen fur Schuldige ben Vermei—
dung der höchſten Ungnade und einer ſchweren Strafe
gänzlich unterſagte. Dieſer Unfug, ſagt Ferdinand,
darf nicht länger geduldet werden, denn er untergräbt
die öffentliche Sicherheit, ſtört den Handel und Wan⸗
del, und trifft immer nur Unſchuldige. Wer etwas
an einem Andern zu fordern bat, ſoll ſich an denfelben
oder an ſeine Obrigkeit wenden, und nicht nach dem
Gut oder nach den Perſonen ſolcher Menſchen grei—
fen, welche dieſe Forderung: gar nichts angebt*).
Traurig iſt es, daß man einſtens Pfändungsprivile—
gien als Gnaden ertheilte; traurig, daß man ſo ſpät
erſt ſie wieder aufhob; traurig, daß dieſes Verboth
K. Ferdinands auch in der folgenden Zeit noch ſchlecht
befolget , ja ſogar durch neue landesfürſtliche Privile—
gien neuerdings eingeſchränkt, und das Recht der Re—
preſſalien wieder zugeſtanden wurde, Als Belege hier⸗
von führen mir. einige Befehle unſerer Regenten an
Die Bürger von Linz bedienten ſich der Repreſſalien
mit ſo vieler Härte und Grauſamkeit, daß darüber
ſelbſt am Throne K. Ferdinands des Dritten laute
Klagen erhoben wurden. Der Monarch that hierauf
1650 folgenden Ausſpruch**) „Daß es bey denen ur⸗
alten hergebrachten Linzeriſchen Marltsfreyheitn nubi
*) Gm Archiv ju Enns it noch ein Hriginal Diefe8 patent
vorbanden. |
**) Guarient, Th. I, S. 786.
*24 185 “
derfelben von unerdenklichen Jahren her erſeſſenem ib
lichem Gebrauch verbleiben, die von Linz dabey ruhi
gelaſſen, auch gegen männiglich geſchützt und 0
gehandhabt werden ſollen. Demnach aber vorkom⸗
men, als ob die von Linz hierin bisweilen excedirt hät⸗
ten: ſo ſollen hinfüro dieſe nachfolgenden Punete in
Obacht genommen werden.“ Der gar zu großen Will⸗
kühr der Linzer in Ausübung eines grauſamen Rechtes
bat Ferdinand zwar Einhaͤlt gethan, das Pfändungs⸗
recht ſelbſt aber unangetaſtet ſtehen laſſen. — Der K.
Leopold ging mod) weiter, und erlaubte 1673 auf
Jahrmärkten in Unteröſterreich die Repreſſalien gee
gen Juden ohne Einſchränkung *). Derſelbe Monarch
bewilligte 1079 den Linzern gegen die Bürger von
Budweis das Pfändungsrecht, wenn eine Geldſchuld
nicht abgetragen würde *), wobey man ſich des Ge⸗
dankens nicht erwehren kann, daß es jedem auffallen
müſſe, warum denn der Kaiſer lieber die Selbſthülfe
den Linzern geſtattete, als daß er den Magiſtrat von
Budweis gendthiget batte, mit den dortigen Bürgern
geſetzlich zu verfahren. — Wenn K. Leopold 1665 den
Inhabern einer Zollſtation verbothen hat, ſich durch
Bitten von Gläubigern nicht bewegen zu laſſen, Nes
preſſalien gegen fremde Unterthanen auf den Mauth⸗
ſtätten auszuüben: ſo erlaubte er ſtillſchweigend die-
ſen Unfug gegen ihre eigenen Grundholden RX). —
Dieß alles beweiſet, daß man im Mittelalter und
auch noch ju Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts Kauf⸗
Ana. O. S. 564. Ihro Kayſ. Majeſtaͤt haben gnaͤdigiſt reſol⸗
virt und bewilligt . daß cin Gud fuͤr den andern iu ſeinen
Handlungen ſtehen ſoll, und alſo die Repreſſalien ohne
unterſchied gegen dieſelben gebraucht werden moͤchten.
*x) Guarient, Th. IL S. 246.
A a. D.S.10, ,
leute und gemeine Untertbanen für Sachen angeſehen
habe, die man wie Vieh oder Waaren auspfänden
könnte, um Schulden hereinzubringen, welche der
gleichen Unglückliche nicht gemacht, an denen ſie auch
nicht den mindeſten Antheil genommen haben.
Der Repreſſalien bediente man ſich nur gegen Ab⸗
weſende. Waren der Gläubiger und Schuldner in
der Stadt vorhanden, ſo wurde die Klage des erſte⸗
ren von dem Magiſtrat unterſucht und abgethan. Der
H. Albrecht der Lahme hat 1340 demſelben folgendes
Benehmen für die Stadt Wien vorgeſchrieben ):
Der Gläubiger und der Schuldner mußten ſich
einen Mann zu ihrem Beyſtand erwählen; zu dieſen
zwey Gewählten gab der Magiſtrat noch zwey Raths⸗
herren hinzu. Dieſe Vier unterſuchten und beratb=
ſchlagten mit einander, ob es nicht möglich wäre,
dem Gläubiger mit dem beweglichen Gut des Schuld⸗
ners vollkommenen Erſatz ju leiſten. Reichte dieſes da⸗
zu nicht aus, ſo wurde auch das Erbgut des Schuld⸗
ners mit in Anſclag genommen; und war auch dieſes
noch nicht hinreichend, die ganze Sub zu bezablen,
fo mußte der Schuldner dem Gläubiger das Stadt=
recht leiften, wie es von alten Zeiten ber gewöhnlich
geweſen ift**). Sat aber der Schuldner einen Theil
ſeines Vermögens verſchwiegen, und erhält der Gläu⸗
biger nicht einmahl den dritten Pfennig: ſo wird dem
meineidigen Schuldner die Zunge ausgeriſſen. Iſt je—
mand zwanzig Pfund oder noch mehr ſchuldig, und
weiß man es zuverlaſſig daß er nicht durch Räuber,
—
*) Rauch , T. IIT. p. 52.
*9) Id geftebe es aufrichtig, daf mir diefer —— Dem
Glaͤubiger das Stadtrecht leiſten, unbefannt ift. Vielleicht
wird dadurch die Abtretung der Beſitzungen, vielleicht ce
cine andere Verpflichtung verftanden.
Me 485 qua
Feuer, Uiberſchwemmung oder —* Unglücksfaͤlle,
ſondern durch Verſchwendung in Armuth gerathen iſt:
ſo ſoll er das Stadtrecht nicht leiſten, ſondern der
Magiſtrat ſoll ihn im Kärnthnerthurm *) fo lange
gefänglich bewahren, bis der Gläubiger zu ſeiner Los—
laſſung einwilliget. Stirbt er im Gefängniß, fo iſt
dafür niemand verantwortlich. — Da auch in Juſtiz⸗
ſachen keine allgemein verbindlichen Geſetze oder nur
äußerſt wenige vorhanden waren: ſo wurde auch hie⸗
rin nach Privilegien und Ortsgewohnheiten verfah—
ren, und obiges Geſetz H. Albrechts hat nur für Wien
als ein Privilegium gegolten. Welches Verfahren ge⸗
gen Schuldner in anderen Städten zur Regel diente,
ſagen die Urkunden nicht deutlich aus; ſehr wahrſchein⸗
lich war es an verſchiedenen Orten verſchieden.
Eilfter Abſchnitt.
Einſchrankung des Handels nad Venedig.
— Daß der Handel große Vortheile gewähre, ſahen
die Herzoge und die Bürger der Stadfe ein, denn
dieſe trachteten eigennützig nad ausſchließenden Pri⸗
vilegien, und jene ertheilten ſie ihnen mit freygebiger
Hand, Deſto eingeſchränkter erſcheinen uns die Unfids
ten der Herzoge, Die ſie von den allererſten und unent⸗
behrlichſten Grundfagen liber den Handel und Pelethet
Im Original ftebt : Eherner Tuerm. Hieruͤber migen die
Autboren zu Nathe gezogen werden, die uͤber das afte Wien
geſchrieben haben. Ben Abermann, in der Wiberfehung des
Lazius: Hiſtoriſche Beſchreibung der Hauptſtadt Wien,
Buch III. S.92, beifit es: „Das Kirner Thor, welches
in Steyrmarkt vnd Kaͤrnten weiſet.“ — Zu Anfang des
vierzehnten Jahrhunderts war der Nahme: Strata Karin-
thianorum, ſchon vorhanden. Chron. Zwetlenſ. —9—
Pez, T. Ep. 991.
eso 186 = %
Einfluß auf das allgemeine Wohl des Staates hat⸗
ten, ſonſt wäre es unbegreiflich wie es denn gekom⸗
men ſey, daß es nur den Bürgern landesfürſtlicher
Städte und einigen wenigen hoch Begůnſtigten erlau⸗
bet ward, nach Venedig, und zwar nur auf beſtimm⸗
ten Straßen zu handeln. Häufige Verordnungen,
welche die Ausfuhr inländiſcher Produete erſchwerten,
muß man file deſto ungereimter halten, weil es für
fremde Kaufleute, die nad Oeſterreich kamen, nur
ſehr wenige Einſchränkungen in Rückſicht ausländi⸗
ſcher Waaren, Die ſie einführten, gegeben hat.
Die Defterrcidher haben nach allen benachbarten
und aud) nach cinigen entfernten LAndern Handel. ges
trieben, vorzüglich aber nad und mit Venedig, mo
fich cine grofie Niederlage aller orientaliſchen Waaren
befand. Vergeblich ſucht man in unferen Ehronifen
beftimmte Nachrichten ber Handelsverbindungen zwi⸗
ſchen Oeſterreich und Venedig; nur die Privilegien
unſerer Städte machen von Handelsgeſchäften zwi⸗
ſchen dieſen beyden Staaten zufällig eine ſehr ſparſa⸗
me Erwähnung, und dieß erſt in ſpäteren Zeiten, da
der Handel nach Venedig ſchon in vollem Gange war.
Ganz daſſelbe iſt der Fall bey dem Handel der Regens⸗
burger und der ihrem Beyſpiele ſehr wahrſcheinlich
nachfolgenden Oeſterreicher nach Rußland, wie wir
dieſes bereits vernommen haben. Hätten ſich nicht ein
Paar Urkunden und cine kurze Lebensgeſchichte eines
Benedietiner⸗Abtes bis in die neueſten Zeiten erhal⸗
ten, ſo wüßten wir nichts von einem Handel durch
Oeſterreich nach Rußland. Die Stellen, in welchen
son dem Handel mit Venedig Meldung geſchieht, fee
gen mir nad) ibrer Zeitfolge ber; vielleicht gelingt es
fpaterbin, ibre Anzahl durch Auffindung, noch unbee
Fannter Urfunden gu vermebren.
nor 107 «>
0 Raufleute von Venedig, die nad) Oeſterreich fas
men, werden in einer Urfunde genannt, melhe $.
Griedrid der Streitbare 1244 den Bürgern von Neue
ftadt verlieben bat *). Dann ſchweigen die Urfunden
länger als bundert Fabre von dem Handel nad Bee
| medig; und machen fie in der Folge von ihm wieder
cine Erwähnung, fo geſchieht dief mur eines Streites
balber, melden die Wiener gur Einſchränkung des
fregen Sandels der Burger von Pettau angefangen
und ſiegreich ausgefochten haben **).. Die Procefiace
ten machen ausdrücklich Ermabnung von dem Stra
ßenzwang und von der engen Begrangung des Waa⸗
renzuges nad Venedig und von dorther zurück nach
Kain, Kärnthen und Steyrmark. Eben fo wenig
erfreulich fur die Beférderung des Handels nad Ver
nedig waren Die fpateren Verordnungen unferer Dere
zoge. Wozu follten die wiederhohlten Befeble taugen,
daß es memanden , als mir den Bürgern gemiffer prie
“pilegirten Stadte und menigen Begiinftigten, die ein
cigenes Befugnif erbielten, geftattet werden follte,
nach Venedig zu bandeln ***) 2 Warum verboth mat
denn ndbere, und für verſchiedene Gegenden ſehr ge-
legene Straßen, und nothigte fie, mit Zeitverluft
und grofierem Koftenaufmand weite Umivege ju mae
en ****)? Da die Strafen bis zum Uiberfluf mit
*) Hormayrs Tafdenbud fiir das Fafr 1812), E. 77. Itera
Veneti dabunt de Saum viginti quatuor frifacenfes dena-
rios, in reditu vero duodecim frifacenfes et triginta de-
narios Vienenses ad Wisode.
**) Beylage Nro. IT. und Nro. IV.
#**) Beplage Nro. VI. i
##**) VBeplage Nro. IT. und Nro. III. — Preuenbuber, S. 57,
wo ein Privifegium H. Albrechts vom Jahre 1370 zu Gune
ften der Steprer einen Straßenzwang vorſchreibt.
ua 186 e
Zollämtern befebt waren, fo folte fi der Staat
billiger Weiſe nicht cingemenget, und die Kaufleute
nicht gendthiget haben, daß fie eden nur über den Se:
mering nad) Wien, nur ganz allein über Zepring nad
Oberöoſterreich reiſen follten: lauter Maßregeln, die
dem Staate nichts cintrugen, den Handel nach Bones
dig erſchwerten und nur darauf ausgingen, einige Sta⸗
pelſtädte, nämlich Wien, Steyr und Enns, auf Roe
ften Anderer gu bereichern. RNA GLI ce.
Die wir beut zu Tage Kaufleute nennen, hießen
cinfteng Kramer, ‘unter welchen Nahmen man: alle
Handelsleute verftand, welche Waaren im Kleinen,
Das iſt, nad) der Elle und nach dem Pfunde, vere
kauften. Unfre Grofibandler wurden damahls mit dem
Nahmen, Kaufleute, bezeichnet. Gin Kramer in
Wien, cin Kaufmann im jebigon Sinne des Wortes,
Fonnte cin febr bedeutendes Handelshaus befiben und
doch ward es ihm verbothen, feine Waaren im Vene⸗
dig ſelbſt zu kaufen: ein kurzſichtiges Geboth nöthigte
ibn, ſie von einem Großhaͤndler in Wien abzuneh⸗
men, denn nur Die Gilde der Großhändler war befugt,
ſich ummittelbar von Venedig mit Waaren ju verſe⸗
ben *). Die nothwendige Folge davon war cine Pers
theuerung Ddiefer ausländiſchen Bedurfniffe, welche
durch das Monopolium der Grofibandler erzeuget
murde, Das Unſchickliche diefer Handelsverordnung
erregte endlich eine ſo große Unzufriedenheit und ſo
laute Klagen, daß ſich H. Albrecht bewogen fand, den
Krämern 1435 die Befugniß cinzurdumen, ſelbſt nach
Venedig zu reiſen, und ſich von dorther ihre Waaren
kommen zu laffen**).
—
Beylage Nro. XXIT.
*) Beylage Nro. XXIII
Anſtatt die Oeſterreichiſchen Unterthanen auf alle
nbgliche Weiſe aufzumuntern, die einheimiſchen Era
zeugniſſe ins Ausland, und vorzüglich nach Venedig
gu verführen, wohin fur ausländiſche Waaren jährlich
große Summen Geldes aus unſeren Provinzen wan⸗
derten, hielt man ſie vielmehr durch unkluge Verbothe
davon qb. Sogar einige landesfürſtliche Städte, die
doch von jeher mit außerordentlichen Handelsvorrech⸗
ten begnadiget wurden, mußten lange noch warten,
mußten große Opfer bringen und aus treuer Anhäng ·
lichkeit an ihren Monarchen Heldenthaten ausüben,
bis ſie mit dem Befugniß, nach Venedig handeln zu
dürfen, allergnädigſt beglückt wurden. Die getreuen
Städte Krems und Stein hatten 1458 gegen den
Bohmenkönig Georg mit unerſchütterlichem Muthe
für ihren Landesfürſten, den Kaiſer Friedrich, ge⸗
kämpfet. Um ihn von der Belagerung in der Burg zu
Wien 1462 zu befreyen, ſchloßen ſie ſich nun an deſ⸗
ſelben Bundesgenoſſen, die Böhmen unter dem Prin:
gen Victorin, an, bewirtheten fie gaſtfreundlich, und
exflarten den rebelliſchen Wienern nad dem damabe
ligen Fehderechte den Krieg *). Der aus grofien Ge
fabren errettete Raifer wußte die hohen Verdienfte der
braven Burger von Krems und Stein nicht beffer zu
belohnen, als daß er ihnen 1463 das Vorrecht ein⸗
räumte, Waaren nad) Venedig zu führen, andere
von dorther nad) Defterreid) ju bringen, und fie nad
ibrem Belieben allentbalben zu verfaufen; nur muß⸗
ten fie Davon Den gewöhnlichen Zoll entrichten, und
mit den Wienern und den übrigen Gegnern des Kai⸗
ſers alle Handelsgeſchäfte mit Venetianiſchen Waaren
Oeſterreich unter K. Friedrich dem Vierten. T).II. E. 49.
“2 190 2
vermeiden *). DA fogar die hochverdienten Bürger von
Stein und Krems den gewöhnlichen Zoll von den Vea
netianiſchen Waaren erlegen mufiten, fo läßt fich des
ſto weniger ein zureichender Grund auffinden, mwarum
man ibnen fo lange Zeit hindurch den Handel nach
Venedig nidt geftattet, endlich aber dod als deri
Preis feltener Verdienfte aus kaiſerlicher Gnade vere
lieben bat. — Bon dem eingeſchränkten Handel der
Stadt Waidhofen mit Venedig ift ſchon weiter oben
gefprochen morden.
Eine Wedfelbanf **), Wedfelbriefe, Poften,
SHeitungen, gut erbaltene bequeme Landſtraßen und
*) Rauch, T. III. p.373, et tea. Mir Friderid. Bechennen
fuͤr Vns, vnſer erben vnd Nachkomen, da; Wir vnſern
lieben getrewn, dem Richter, Rat vnd vnſern purgern ge»
mainklich zu Krembs vnd zu Stain von der getrewen vnd
gehorſam dienſten vnd beiſtandes wegen, ſo ſie Vns in ver⸗
gangenen leuffen vntz ber aufrichtigelichen wider vnſer wi⸗
derſacher, vnd beſunder ju vnſerm auskomen aus dem bd:
ſen, in vnſer purgk zu Wienn, darinn Wir mitſambt vn⸗
fer lieben Gemahl Efeonoren.. vnd Maximilianen vnſern
vnerzogenen Sun, durch ettlich vnſer Landlewt in Oſter⸗
reich und die von Wienn groͤblich, vnpillich vnd vngetrew⸗
lich furgenomen worden, bewaiſt baben.. . die gnad getan
vnd In erlaubt vnd vergunt baben .. daz ſie nun din fur mit
allerlai waar vnd chaufmanſchafft, daſelbs von Krembs
vnd Stain, die Straſſe fuͤr Zell vnd verrer durch Vnſer
Innere land .. binein gegen Venedig faren, handlen vnd
wandlen, vnd widerumb heraus andere venediſche chauf—
manſchafft vid waar, nach irem fueg, dieſelb ſtraſſen furen
vnd bringen laſſen, vnd die daſelbs zu Krembs vnd Stain
niderlegen .verchauffen vnd vertreiben muͤgen, u.f. w
#*) Supplement. Cod. Auſtr. S. 464. Banco del Giro; S. 497,
Wiener Stadt:Banco Inſtitutum, von den Jahren 1704
und 1706. — Daß das Wechſelweſen in andern Laͤndern
ſchon im vierzehnten Jahrhundert beſtanden habe, wiſſen
wir aus Beckmanns Beytraͤgen, Th. IV. S. 300. Fine De:
uu 191 =
Gaſthäuſer *) an denfelben gab es in den früheren gl
" ten des Mittelalter8 nirgends. Dazu fam nod) det
Mangel einer gleichen Munze, welcher die Raufleute
nöthigte, in jeder Provinz , und oft aud in jeder grö⸗
fieren Handelsſtadt dort gangbare Pfennige von den
Geldwechslern mit cinigem Verluſt einzutauſchen. Da
aber diefe Hinderniſſe des Handels nicht nur in Deftere
reich, fondern allentbhalben in Europa vorbanden mae
ren, fo Fonnen fie hier füglich mit Stillſchweigen
übergangen sita
— da aci) n eric
Befoͤrderungen des Handels.
Da im Mittelalter der Handel nibt nad Grund⸗
ſätzen, welche Vernunft und Erfabrung gutgeheifien
haber, geleitet murde , fondern nur allein von Pris
vilegien abbing, mele von ibren Ertheilern immer
als hohe Gnaden angepriefen murden, baben mir aus
den worbergehenden Unterſuchungen bis zum Uiber⸗
druß abgenommen. Bisher baben mir von Privilegien
ſterreichiſche alte Urfunde hieruͤber aufzuſinden, ift mir bis:
ber noch nicht gelungen.
*) Italien ging an Cultur jeder Art unferm Deutſchland vor⸗
aus, und doch war lange Beit fuͤr Reiſende ein großer Man-
gel an Gaftpaufern. Muratori, Antig. T. II. p. 581, etc,
MEI, Oeſterreich ward nidt ieich ein Gaſthaus in der Naͤhe
einer landesfuͤrſtlichen Stadt oder eines befrepten Marftes
geduldet. Man: erinnere ſich, was in einem der vorherge⸗
benden Abſchnitte von der Ortſchaft Ufer, Linz gegemiber ,
iſt erzaͤhlet worden. In dem Privifegium . Friedrichs des
Streitbaren fur Enns 1244 heißt es, bep Hormapr , Ta:
——— a 1 S. 54: Nec caupones fint infra Mi-.
mare
n 192 —
geſprochen, die dem Handel offenbar mehr geſchadet
als genützt haben, denn ſie ſchränkten denſelben bloß
auf einige vorzüglich begnadigte Städte und Märkte
gum Schaden des übrigen Landes cin, und dann be—⸗
guinftigten fie Monopolien zum Nachtheil der Ges
ſammtheit aller Unterthanen Oeſterreichs, welche pri:
vilegirten Innungen von Grofhandlern, Kaufleuten
und Krämern Preis gegeben murden. Aber fo wie die
Natur Gift und Gegengift erzeuget; eben fo brachte
das Mittelalter ſchädliche Privilegien bervor, that
aber ibren verderblichen Wirfungen durch entgegenges
fegte Privilegion wieder Einbalt, obne das Sonder⸗
bare cine8 ſolchen Verfabrens zu abnen, oder nad
Flugen und feften Grundſätzen etwas Galtbares und
Gemeinnitgiges bezwecken zu wollen. Die Fürſten frife
tefen durch ſich widerſprechende Privilegien viel Gus
tes, obne e8 gumiffen, und beynahe möchte man fas
gen, ohne es zu wollen, denn fie bandelten nur nad
Willkühr, und fvendeten verſchwenderiſch bald ume
ſonſt bald gegen Bezablung Gnaden, das iſt, Privi:
| Legion, aus, durch die ſowohl Monopolien, alè auch
ein frenerer Handel begiinftiget wurden, je nachdem
cine Gemeinde oder ein Giinftling eines von dieſen
benden gu erbalten wünſchte. | i
8wölfter Abfhnitt.
Tabr = und Wodenmirfte: |
Die häufigen Verbothe der Gerzoge, die allen
Handel auferbalb der landesfürſtlichen Städte und
‘ Marfte unterfagten; die Meilenrechte der Städte und
ibre fogenannten NMiederlagen von allen durchgehen⸗
den Waaren; und die Monopolien der Bürger, die
ſich fo tveit erfirediten, daß fremde Raufleute niemane
see 193 —-o
den als nur ibnen allein ihre Waaren verfaufen dufe |.
ten: alle diefe Einſchränkungen hätten der grofieren
Anzahl der Landesbemobner bey dem Einfauf unent⸗
behrlicher Dinge ſchwere Laften und grofie Unbequem⸗
lichFeiten aufgeburdet, wenn nicht Privilegien ciner
entgegengefebten Art diefen Mibelftand gemildert und
ertrdglicher gemacht batten. Es wurden nämlich nicht
nur Städten, fondern auch Marftfleden und Dörfern
Sabre: und Wochenmärkte erlaubt, an melden jederz
mann Die volle Frenbeit genof, Waaren aller Urt
berbenzubringen, und ohne Widerrede der Bürger oder
der ordentlid) privilegirten Kaufleute Allen ohne Unt:
terſchied zu verkaufen. Grundberren und Unterthanen
trachteten dergleichen Privilegien zu erlangen; jene,
unm von Den anfommenden Raufleuten den gewöhnli—
chen Marftzoll und oft aud eine Abgabe für den
Schutz oder das fiere Geleit abfordern zu können;
diefe aber, um bequemer und wohlfeiler cinfaufen zu
fonnen, denn dergleichen Sabrmarfte, die zu verſchiede⸗
nen Zeifen auch in Marftfleden und Dörfern gebalten
murden, machten das Reifen im entfernte Staͤdte una
nothig, und dann verſchafften ſie den Käufern durch
den Zuſammenfluß mehrerer Handelsleute und Hand⸗
werker, die ihre Erzeugniſſe zu Markte brachten, auch
geringere Preiſe der Waaren. Das Vorrecht, einen
Wochen-oder Jahrmarkt halten zu dürfen, mar im
Mittelalter von einem weit höheren Werthe als jetzt,
denn damahls fiel der Seltenheit halber die Wohlthat
eines freyeren Handels weit mehr auf als in unſeren
Tagen, mo alle Hinderniſſe deſſelben und alle Mono:
polien beynahe gänzlich Defeitiget find. Daher fam e8
auch, daß Landesfilrften auf dergleichen Privilegien
in frilberen Zeiten cinen ſehr grofien Werth legten.
Nur muf es auffallen, daß fie ben Ertheilungen der
153
2 194 *
Wochen⸗ und Jahrmärkte immer von den hohen Vors
theilen derfelben, von dem Frommen und Uufnebmen
der Stadte und Marftfleden und ihrer Umgebungen
fprechen, und dergleichen Privilegien, die ſie nichts fos
fteten, dbennod als cine fonderbare Gnade anpriefen.
Was allgemein als nuglid anerfannt ift, follte man
nicht erſt durch Privilegien wenigen Gemeinden era
lauben, ſondern allenthalben frey geben, und dieß
nicht aus Gnaden, ſondern aus Pflicht, um das
Wohl aller Unterthanen möglichſt zu befördern.
Um ohne Schwierigkeit die Ausdrücke der alten
Urkunden, welche Marktfreyheiten enthalten, zu
verſtehen, iſt es nöthig, die verſchiedenen Begriffe
des Wortes Markt genau zu beſtimmen. Markt iſt
ſehr wahrſcheinlich aus der Lateiniſchen Sprache in
die Deutſche aufgenommen worden, und deutet auf
Kauf und Verkauf, auf einen öffentlichen Handel *).
Der Platz, auf welchem zu gewiſſen Zeiten verſchiede⸗
ne Dinge gekauft und verkauft werden, wurde davon
Markt genannt; daher in Städten und Flecken der
Marktplatz. Auch der zahlreiche Zuſammenfluß der
Käufer und Verkäufer wurde mit dieſem Nahmen
bezeichnet: daher der Jahr- und Wochenmarkt. In
der engſten Bedeutung des Wortes wird darunter ein
Ort verſtanden, der ein Mittelding zwiſchen Stadt
und Dorf iſt, wo die Hausbeſitzer mehr oder weniger
*) Markt von mercatus, mercatum oder mercada. Du Cange
erffirt e Durd emporium, nundinae publicae, feriae,
Gallis Marché, foire. Cujacius ad tit. de Nundinis et
mercatibus, ait mercatus efse parvas nundinas, neque
adeo celebres ac nundinas; denique mercatum unius
civitatis aut vici, nundinas vero efse unius provinciae
aut Imperii. — Das Wort Forum ift in jeder Ruͤckſicht
gleichbedeutend mit Mercarus. Cf, Du Cange.
av 195 ove
befugt find, die Borredte der Biirger in Städten aus⸗
quuben, weswegen fie auch Bürger beifen : daber der
Nahme cines Marftes oder Marktfleckens. Endlich
muß noch bemerft werden, dafi in Oeſterreichiſchen Ur:
kunden eben fo, ie in den auswärtigen, die feilgebo:
thene und die gefaufte Sache, ja fogar der Preis dere
felben Marft genannt wird *), welche Nedensart
auch jetzt noch unter uns allgemein üblich ift.
Das Redt, die Befugnif zur Abhaltung eines
Marftes zu ertheilen, geborte in den dlteften Zeiten
unter Die Regalien, welche nur dem Könige zuftans
den denn auf den königlichen Villen undPfalzen,
mo fid) der Hof, die Großen des Reichs und ibre zahl⸗
reiche Dienerfdaft dfter aufhielten, fanden ſich des
gemiffen Abfages der Waaren halber bald mehrere
*) Born auswaͤrtigen Urfunden findet mani Beyſpiele bey Du
Cange, unter den Wortern foram und mercatus, daß fie
auch die auf dem Marfte gefauften Sachen bedeuteten ; der
naͤmliche Ausdruck erſcheinet ebenfalls in Oeſterreichiſchen
Privileglen, Aus vielen Stellen heben wir nur ein Paar
aus. In dem Stadtrecht, welches È. Rudolph 1278 den
Wienern verliehen hat, heißt es, bey Lambacher, S. 156:
Nemo extraneorum . . vendet merces fuas, quas adduxit,
extraneo, fed tantum civi, ita fi civis ealdem emere vo-
luerit pro foro competenti, etc. ©. 161: Teneantar
fub debito juramento omnibus rebus venalibus con-
gruum forum imponere; das ift: den Preis beftim:
men. — Und in der Urfunde H. Albrechts vom Fabre 1296
beift es, apud Senkenberg, Vifion; p. 290: „Si folit
mit geſworem aide allen vailen dimgen repten chauf, vud
tebten Mardi aufſetzen.“ — Pez, I. 535, fino 1312. An-
‘mona gravi foro oportuit comparari. — L.c. p. 735:
Fuerunt vina illo anno in bono foro. — L. c. p. 736.
Vinum fuit in caro foro. et p.737: Fuetunt' vina in
‘ caro foro, quia modicum crevit.
NEichhorn, Deutfde Staats⸗ und Rechtsgeſchichte. Gittin:
gen, 1818. Th.I. S.387 — 3809.
13."
>
co 106 Latine”
Kaufleute cin, und es entſpann fic an ſolchen Orfen
cin Handel, der ſich in furzer Zeit in einen privilegir⸗
ten Marft vermanbdelte, welcher an beftimmten Tagen
jährlich gehalten wurde. Die Ertheilung folder
Marftprivilegien fand defto meniger Schwierigkeiten,
da die Marfte als cine einträgliche Finanzquelle be—
trachtet wurden, Denn die Reifenden mufiten den Kde
nigen für die Erlaubniß, ibren Grund und Boden ju
betreten oder des Handels halber auf demfelben vere
weilen gu dürfen, cine gemiffe Abgabe bezablen, wozu
cine zweyte bingufam, welche die Raufleute für den
Polizenfhug mabrend ihres Aufenthaltes auf dem
Grunde des Königs erlegen mußten. Daber entfprang
die zweyfache Leiftung des Neife = und des Marft-
zolles *). Diefelbe Veranlaffung zu Markttagen und.
Marftprivilegien gaben auch hohe Fefte, diein Dome
kirchen und Klöſtern feyerlich begangen wurden. Da
ſangen der Biſchof oder der Abt das Hochamt; und
gab es in der Kirche zugleich hochverehrte Reliquien
‘eines berühmten Heiligen: fo mar das Zuſtrömen des
Volkes an dem Gedächtnißtage deſſelben deſto größer,
und die Kaufleute fanden reichlichen Abſatz. Daher
wurde der Jahrmarkt, der vorzüglich beſucht und mit
außerordentlichen Privilegien verſehen war, ebenfalls
Meſſe genannt *).
Huͤllmann, Geſchichte des Urſprungs der Regalien in
Deutſchland. S. 44, u. f. Deſſelben Deutſche Finanz⸗
Geſchichte des Mittelalters. S. 229, u.f.
#*) Pfeffinger, L. c. T. IIII p.167. Nundinae et Mercatus
folennes Synonyma funt; folennes enim nundinae; frepe
offene Meffen, nibil aliud funt, quam mercatus folennes
et privilegiati... quorum initium et finis plerisque în
locis campanae pulfu denunciatur. Gn Oeſterreich wird
noch jest der Jahrmarkt in Gleden und Doͤrfern Kirchtag
genannt.
> 107 222
Die Erfahrung hatte die Vortheile gezeigt, welche
ein Markt dem Grundherrn und auch dem gemeinen
Volke verſchaffte, weshalb ſich die Großen des Reichs
und auch Städte und Klöſter eifrigſt beſtrebten, vom
Konig cin Marktprivilegium zu erhalten. Bald fam
es unter Carls des Großen ſchwachen Nachfolgern
dahin, daß ſie ihren Magnaten eine verlangte Gnade
nicht verſagen durften; daher die häufigen Privilegien
von Marktrechten. Der König ſchickte ſeinen Gande
ſchuh einer Stadt zu, und gab derſelben dadurch das
Marktrecht, und gewöhnlich auch die Befugniß hinzu,
Münzen zu prägen *). Ein Kreuz oder cime Markt—
fame Fiindigte dem Volfe und den Handelsleuten die
erbaltene Marftfrenbeit, und den Raufern und Vere
käufern volle Sicherheit an **). Als ſich in den ſpäte⸗
ren Sabrbundertendie Erblibfeit der Reichslehen und
die cigene Landesbhobeit der Furftenin Deutſchland
vollfommen ausgebildet batten, befummerte man ſich
nicht mehr um kaiſerliche Marftprigilegion ; die neuen
Landesherren ertheilten ſie ihren Stadten, Marftfle:
*) Haltaus, glofsarium German. bep dem Worte Handzei⸗
. ben: Chirotheca, fymbolum manus. et. confenfus,
Glofsa Jur. Provine. L. IT. art. 56. Aud mag man feinen
Marft begen obn des Richters Urlaub. Fa, daß ſolches des
Reichs Wilte fen, foll'der Kaifer fein recht Handzeichen Defe
4° zu Urkund auf die Stadt darfenden. C£ Gifher, Th. J.
Lin De 557. i
*) Haltaus, bepden Woͤrtern: Creuz und Marftfabne. Creuz,
pacis publicae fignum, quod olim etiam in mercatu pub-
lico erigi folebat, et fecuram pacem pollicebatur com-
| meantibus eorumque rebus ac mercimoniis. — Marfts
fapne, Signum in foro hebdomadali autoritate publica
propofitum, quo forum efficitur bannitum et interdic»
tum, feilicet propolarum et extraneorum rapacitati,
vulgo ein gebegter Marft. Gn der Beplage Nro. XLII,
gefchiebt davon Erwaͤhnung.
ea 108 o
cken und fogar aud den Dorfern mit frengebiger
Sand. Zu den Gabrmarften famen fribzeitig Wo
chenmärkte binzu, und der Handel gemann dadurdh
immer einen meiteren und freyeren Spielraum. Der
Drud, welchen Stapel⸗ und Meilenrechte, welchen
Straßenzwang und Repreſſalien den Kaufleuten und
auch den Einkaͤufern auferlegten, milderten die vielen
Jahrmarkts⸗Privilegien in allen Gegenden des Lan⸗
des, und trugen zur allmähligen Abſchaffung deſſelben
vieles bey. Da es keinen Jahrmarkt ohne eigene Vor⸗
rechte oder Freyheiten gegeben hat, ſo müſſen wir auch
dieſe kennen lernen.
Unter den Freyheiten eines privilegirten Jahr⸗
marktes ſtand oben an das ſichere Geleit für die Pere
ſonen und auch für die Güter der Käufer und Verkäu—
fer ſowohl auf der Zureiſe zu demſelben, als auch auf
der Rückkehr: ein köſtliches Geſchenk zur Zeit einer
allgemeinen Unſicherheit vor gemeinen und adeligen
Räubern. Dieſes ſichere Geleit hob während der
Dauer des Jahrmarktes nicht nur das Recht der Res
preſſalien auf, ſondern unterſagte auch den Gläubi—
gern, nach ihren Schuldnern oder nach den Gütern
derſelben zu greifen, und ſie zu verhaften, um ſie zur
Bezahlung einer Schuld zu nöthigen, die ſie ſchon
früher und nicht erſt in dieſem Jahrmarkt gemacht
haben. Ob ſich dieſe Freyheit auch auf Schulden er:
ſtreckte, die erſt während des Jahrmarktes gemacht
wurden, blieb unentſchieden; aber allgemein ſtimm—
te man darin überein, daß es erlaubt wäre, ſich nach
dem Ausläuten des Jahrmarktes der Perſon des
Schuldners oder ſeiner Habe zu verſichern. Wollte
derſelbe durch die Flucht der Bezahlung ſeiner
Schuld ausweichen, ſo war es erlaubt, ſich des
Unredlichen auch noch während des Jahrmarktes
uo 199 neo
gu verfichern *). Daf diefe allgemeine Regel audi
in Oeſterreich gegolten bat, bemeifen die Ausnah—
men davon, melde unfre Herzoge mancder Stadt
als Privilegien verlieben, und dadurd die Pfans
dung und den Arreft des Schuldners geftattet ha:
ben **). Waren die Schuldner feine Kaufleute, fo
konnte man fich derfelben oder ihrer Güter auch wäh⸗
rend des Jahrmarktes bemächtigen und zum Arreſt
oder zur Pfändung ſchreiten, denn Jahrmarktsfrey⸗
heiten wurden nur zu Gunſten der Kaufleute ver⸗
liehen.
Nicht fo allgemein mar die Befreyung der Kauf—⸗
leute, die ſich auf einem Jahrmarkt einfanden, von den
Abgaben aller Art. Sn dieſem Punkte waren die faie
ſerlichen, und fpaterbin die landesfürſtlichen Priviles
gien keineswegs übereinſtimmend; vieles hing aud
von alten Ortsgewohnheiten ab. Bald wurde den
Kaufleuten ein eigentlicher Waarenzoll, bald wieder
keiner, dagegen aber cin Schutz⸗ oder Weggeld, oder
nur eines von beyden abgefordert. Wurde ihnen bey
entſtandenen Streitigkeiten ein eigener Richter aus
ihrer Mitte bewilliget: ſo war dieſes ein ſeltener
Vorzug und eine Begünſtigung, die nur Wenigen zu
Theile ward.
Wochenmärkte gehörten sum kleineren alltägli⸗
chen Handel; wurden alſo größeren Bürgergemein—
*) Pfeffinger, T. III. p. 102 et feq.
**) Stepr und Linz haben ſolche Privilegien erbalten. Bevlage,
Nro. XXXVI. und Nro. XXXVII. —, Gin Jahre 1382
befrente der H. Albrecht Alle, welche die zwey Jahrmaͤrkte
in Wien heſuchten: „das Sp auf dem Jarmarkt vmb fai:
nerlay erber ſach, oder ſchuld, die ſich aufferbalb des Jar—
markts vergangen bab, nicht beklagt noch befumert werden,
in bpain weis. Apud Rauch, T. ILL. p. 130.
pro. 200. “
den in Stadten und Marften ohne Schwierigkeit vere
liehen. Als in fpateren Zeiten baufige Dorfer zu
Marftfleden erboben wurden, ward es Sitte, ibmen
nebft der frenen Wahl cimes Marktrichters zugleich
auch einen Sabr: und Wochenmarkt zu bemilligen.
Jahrmärkte murden auf die Bitte der Grundherren
ſchon frühzeitig ſogar auch Dörfern verliehen. Daß
das Dorf Iſchel in Handelsbefugniſſen den Städten
gleichgeſtellt wurde, bleibt für Oeſterreich immer
eine einzige Seltenheit.
Hatte der Waarenzug einmahl eine beſtimmte
Richtung genommen, und fanden ſich die Kaufleute
an irgend einem Orte zu gewiſſen Zeiten immer wie—
der ein, ſo ſuchte der Grundherr, er mochte ein Geiſt⸗
licher oder Weltlicher ſeyn, oder auch cine Stadtge—
meinde beym König ein Zoll⸗ und Marktprivilegium
zu erhalten, und viele hundert Urkunden enthalten den
Beweis, daß fo eine Bitte gewöhnlich erfüllt wurde.
Für die Erlaubniß, ſich auf fremdem Boden aufhalten
und Handel treiben zu dürfen, mußten die Kaufleute
eine Abgabe bezahlen; dagegen verpflichtete ſich der
Grundherr oder die Bürgergemeinde, ihnen alle mog:
liche Sicherheit zu verſchaffen, und während des
Marktes für die Erhaltung der Ruhe und Ordnung
zu ſorgen. Dann fehlte gewöhnlich Eines noch: ein
Vorrath an gemünztem Gelde, das an dem Orte des
Jahrmarktes von Allen für gangbar erkannt und ane
genommen wurde. Dieſem Mangel halfen die Könige
Deutſchlands dadurch ab, daß ſie mit dem Zoll⸗ und
Marktrechte gewöhnlich auch das Munzredt verlie⸗
hen. Daher kam es, daß ſo viele Fürſten, Biſchöfe,
Aebte und Städte Deutſchlands ſchon frühzeitig das
Münʒrecht erhielten und ausübten, leider nur gar zu
oft auf eine ſchamloſe Weiſe und zum Verderben ihrer
neo 201 O
geplagten LtntertBanen *). Die Städte und Marftt
in Oefterreid) mwaren mit Zoll= und Marftredten
reichlich begabt; aber die Münze bebielten ſich unfre
Herzoge, mir menige Augnabmen fur Lieblinge aus
dem Adel und aus den Stadten abgerechnet, als ein
einträgliches Negale immer bevor.
Wir fennen nun die gewöhnlichen Befugniſſe der
Kaufleute auf Jahr⸗ und Wochenmärkten und. die
Befreyungen und Vorredte, die ihnen durch Marfts
privilegien zugefichert murden, Als Belege davon, und
gue Erganzung der Handelsgeſchichte ſollen einige
Marftprivilegien aufgefubrt merden, mele Stadten,
Marktflecken und Dorfern in Oeſterreich find erthei:
let morden.
Wels gehorte infruberen Zeiten den Grafen von
Wels und Lambach #*); nad) dem Erlöſchen diefes
madtigen Hauſes fam es an das Disthum von
Wurzburg, von dem es H. Leopold der Glorreiche
Faufte ***). Sn dem Stiftbrief des Kloſters Lambach
erſcheinet Wels noch) als cin Marftfleden ****); aber
*) Zum Beichen des ettheilten Muͤnzrechtes ſchickte der Kaifer
gewoͤhnlich feinen Handſchuh, welcher auch gar oft auf den
Muͤnzen erſchei net. Du Cange, v. Chirotheca. Speculum
Saxon. L, II art. 26.$.6. Nemini licet forum erigere,
vel monetam de novo inftituere fine confenfu ejus loci
Ordinarii feu Judicis. Etiam Rex in fignum fui confenfus
fuam ad hoc mittere debet ———— Cf. Senken⸗
berg, Reichsabſchied, Nro. XII. c. 14. p
**) Jofeph Moris, Kurze Geſchichte der Grafen. von gormbach,
Lambach und Putten. Muͤnchen, 1803.
®*#) Chron. de finibus Auftriae, apud Rauch, T.I. p. 249.
Herzog fempolt chawft mider den Pifhof Heinrid von
| Wiresburd'mels vnd die lewt und alles daz aygen daz da zu
der ſelben ftat gebort.
###) Vita beati Adalberonis epifcopi Herbipol. apud Pez,
Scriptor. T. IL p. 12, Una (filva) mercato Wels inferior,
alia fuperior.
nuo 202 2
im dreyzehnten Jahrhundert neunt es der H. Leopold
ſchon eine Stadt *), in welcher jedoch das Kloſter
Lambach immer noch die Gerichtsbarkeit und das
ZolUtedt ausübte, welche Befugniſſe es dem genann⸗
ten Herzog durch Tauſch abgetreten hat. Im zwolften
Jahrhundert gab es alſo wo nicht ſchon einen Jahr⸗
markt, doc) wenigſtens einen Wochenmarkt, auf mele
chem das Kloſter Lambach die Marktpolizey auslibte,
und davon die gewöhnlichen Vortheile bezog. Diefer
Wochenmarkt wurde am Samftag gehalten; aber
auf die Bitte der Burger verlegte ibn K. Friedrich
Der Schöne 1328 auf den Mittwoch. Diefe Anord⸗
nung bat aber nicht lange beſtanden, denn im funfe
gebuten Sabrbundert erſcheinet in Urkunden ſchon
wieder der Wochenmarkt am Samſtag, zu welchem
H· Albrecht 1412 einen zweyten am Dienſtag hin zu⸗
fügte **). Einen Jahrmarkt verlieh erſt È. Friedrich
der Schöne den Bürgern von Wels, welchen H.
Albrecht 1417 vom Philippitag auf Maria Geburt,
und K. Friedrich 1480 auf den darauf folgenden
Sonntag verleget bat ***).
Die Abgaben der Raufleute von Regensburg,
Ulm, Aaden und Con aufdem Fabrmarfte zu Enns,
*) Meine Veptrige, Th. IM. S.435. Fm Fabre 1061 defti»
tigte H. Heinrich dem Kloſter Lambach die Beſitzungen:
Bannum mercati in loco Wels, ete. Und in dem Tauſch⸗
inftrument fagt H. Leopold 1222, ibidem, p.451: Nos.
cum ecclefia Lambacenfi pro totis iuribus que de funda-
tione fua in civitate Wella libere polfidebat convenimus
Sub hac forma. Dedimus eidem ecclefie redditus viginti
| talentorum. et tam abbas quam fratres ĩpſius monafte-
rii proprietatem et omnia iura que habere in civitate
predicta non folumin theloneis fed et iudiciis nofceban-
tur, noftris manibus concorditer obtulerunt.
| 9%) Benlage Nro. XXXIX.
#**) Beplage Nro. XL.
sese 203 --.
fo wie auch ihre Frenbeiten bat ſchon der Steyriſche
Markgraf Ottokar der Fünfte, der im Jahre 1104
geſtorben iſt, genau beſtimmet, und ſein Sohn Otto—
far 1100 erneuert *), Um den Ennſern, die durch
Feuersbrunfte viel gelitten hatten, wieder aufzubels
fen, ertbeilte ibnen H. Friedrid 1244 unter anderen
Gnaden auch diefe, daf an Sonntagen kein Woden:
marft mehr gebalten merden durfte **). Diefe Stelle
der Urkunde H. Friedrichs iſt beym erſten Anblick ſehr
räthſelhaft, und 68 leuchtet nicht cin, wie denn dieſe
Anordnung zum Wohl der verwüſteten Stadt etwas
beytragen konnte. Irren wir nicht, ſo wollte der Her⸗
zog einen oftmahligen Zuſammenfluß der Menſchen
in Enns befördern. An Sonntagen kamen die Lande
leute ohnehin des Gottesdienſtes halber in die Stadt;
um ſie neuerdings wieder anzulocken oder zu nöthigen,
auch an einem anderen Tage die Stadt zu beſuchen,
verboth Friedrich allen Handel oder den Wochenmarkt
(denn beydes kann der Ausdruck der Urkunde bedeu—
ten) an einem Sonntage. — Der alte Wochenmarkt
wurde jeden Samſtag gehalten; der H. gd füg⸗
*) Scheid, Origin. Guelf. T. III. pracf. p. 30. Ut non alia
jura a Ratisponenfibus, Colonienfibus, Achenfibus, Ul-
mensibus exigantur, quam ea, quea prime inftitutionis
tempore, ordinatione patris mei.. Otacheri eis impofita
fuerunt.
**) Hormayr, Taſchenbuch, 1812. S. 54. Ad hec ut dicta
Ciuitas noftra que plerisque incendiis eft vastata . Solite
nofire gracie recipere debeat incrementum , Statuimus
et illibata inssimus obseruari; vt'omnia fora diebus do-
minicis de cetero conquiescant. — In einer Urfunde K.
Rudolphs vom Fabre 1279 geſchieht ebenfalls vom Wo-
chenmarft in Enns Meldung. Heft. unter Ottofar und
Albrecht, Th. II. S. 183.
e 204 na
te 1301 Dent zweyten am Dienftag hinzu *). — Der
alte Sabrmarft gu Enns bat aus uns unbefannten
Urſachen anfgebort; und muf viele Sabre hindurch
nicht mebr gebalten worden ſeyn, weil fogar das An⸗
denken anibn erlofchenift. Um die treuen Dienſte der
Ennfer zu belohnen und fie zu neuen anzueifern, vere
lieh ihnen H. Leopold 1407 das Recht eines. Fabre
marftes — „acht Tage vor St. Michelstag, mit
allen den Rechten, Freyheiten und guten Gewohn⸗
heiten, als ſittlich iſt, und als andre unſre Städte in
Oeſterreich und ob der Enns Jahrmärkte baben**).
Von einem ſchon früher beſtandenen Jahrmarkt ge⸗
ſchieht gar keine Ermabnung.
*) Mir Aldrecht .. Bechenen, daz wir angeſehen haben vnſerr
Statt gu Enns, und Land vnd leut darumb gelegen merk⸗
leich nutz vnd fromen, vnd auch vleiſſig pett alter vnſer bite:
ger daſelbs, vnd haben derſelben vnſerr Statt zu Enns von
gnaden gegeben, wiſſentlich aynen wochenmarkt, auf den
Eritag zuſampt dem wochenmarkt, der vor auf dem Sam—
ſtag auch da if ... Geben je Wienn an Phintztag vor fand
Symons und fand Judas tag der bailigen zwelfpoten (ant
26. Hcetober). Nach frifti gepurde dreupebenbundert Fare,
darnac in dem Ainen vnd neunpigiften Jare.“ — Aus
dem Original. Da die meiften Marftprivifegien nad den
naͤmlichen Kanzleyſtyl abgefaßt ſind, fo verdienen fie nicht,
ganz abgeſchrieben zu werden.
**) Gir £eupolt. . Bechennen fur vns, und den Hodgebornen
Gurften, Hergog Albrechten, der zu feinen befchaiden Farn
noch nicht fomen.ift, und den wir Junhaben, vngern lieben
Vettern. Da; mir angefehen vnd betracht haben die ge=
trewn Dienft ind geborfame, die vnser getreron lieben vnser
Vurger gemainfeid in vnser Statt gu Enns, vnsern Vor:
dern. getan babent. Darumb mir nad) billicher Danfoh:
perfeit gu Irem fromen gnediclich genaigt ſein Vnd baben
Sn, vnd derfelben vnser Stat Ddafelbà, gegeben.. Minen
offenn Jarmarkch un fiirbaffer ewiclich dafelb8 zu baben
Acht tag vor Sand Midbelstag, u.f. m. Geben ze Wienn
an Ppingtag vor Sand Erafmen tag (am 2. Junius) 1407.
ì
\
n 205 ue
1 Viel fodter als Enns erbielt die Stadt Linz den
Bartholomäus Jahrmarkt. Der H. Albredt begnae
digte fie mit diefem Vorredt erftim Jahre 1382, und
verboth dem Udel, feinen Beamten und allen Untere
thanen, die Käufer und Verfdufer, die diefen Sabre
marft befuchen milrden, an ihrem Leib oder Sut ju
beſchädigen. Zugleich befahl er ihnen, den Zureiſen⸗
den, wenn ſie es bedürfen, ein ſicheres Geleit ju ge⸗
ben, und ſie bey den Marktsfreyheiten zu ſchützen *).
Uiber den Oſterjahrmarkt bat ſich keine Urkunde vore
gefunden; er iſt wahrſcheinlich jünger. Letzterer wurde
im Jahre 15602 auf Befehl des Römiſchen Königs
Maximilian, aber nur allein fur daſſelbe Jahr, von
Linz nach Enns verleget. Ein königliches Patent vom
15. März machte dieß ſowohl den Inländern als auch
den auswärtigen Kaufleuten bekannt. Als Urſache da:
von. gab Maximilian Folgendes ans „Wir haben
Uns fammt Unferer freundlich geliebten Gemahlinn
und Kindern im verfloſſenen Winter wegen der zu
Wien eingeriſſenen und noch fortwährenden Sterbe
läufe mit Unſerer Hofhaltung hierher nad) Linz bege=
ben, und könnten vielleicht noch eine Zeit lang allda
verharren.“ — Diefer Bekanntmachung wurde bey⸗
gefügt, daß dieſe Verlegung den Freyheiten des Jahr⸗
marktes nicht den mindeſten Eintrag thun werde, und
daß alle Handelsgeſchäfte in Enns für dießmahl nach
der Elle, dem Maß und Gewichte von Linz müſſen vor⸗
genommen werden. — Einen Wochenmarkt batte
Linz eben ſo wie die Stadt Wels ſehr wahrſcheinlich
noch früher, als es eine landesfürſtliche Stadt gewor⸗
den, welche Wohlthat den dortigen Bewohnern erft
damahls zu Theile ward, als der H. Leopold Linz mit
2) Beylage Nros XLI.
LOS 206 22
allem, was dazu gehörte, von dem edeln Gotſchalk
von Hinzberg gekauft hat *). Alle Dienſtage wurde
in Linz ein Wochenmarkt gehalten, zu dem H. AL
brecht im Sabre 1395 den zweyten am Samjtag bine
gufugte **). vi
Die Stadt Steyr war feit langer Zeit mit einem
Jahrmarkt begabt, murde aber aus uns unbefannten
Urſachen deffelben verluftig. Der H. Albrecht verlieh
den dortigen Bürgern 1347 cin neues Privilegiun
hierüber ***),
*)Rauch, T.I. p. 249. Der Gitfhalib von hinczperg gab
herczogen lewpolten lincz vnd alles das aigen daz darzu ge—
hort ber zu tal von dem Rinderholcz.“ — Was Lazius,
und aus ibm Hoheneck, Th. I. S. 641, von diefem Kauf
des Herzogs erzaͤhlen, iſt offenbar ganz unrichtig, denn die
Herren von Hinzberg oder Haunsberg maren meder Gra=
fen von Kirnberg, tod aud Stifter des Kloſters Wilhe—
ring. Man febe hieruͤber die Urfunden der Stiftung nad:
in meinen Veptrigen, Th. IV., S. 524, i. f. Dort werden
verſchiedene Edle non Hunesberg unter den Zeugen aufge=
fubret: 1146 Friedrich und Gotſchalk; 1154 Gotſchalk
und fein Sohn Friedrich: S. 526,529, Und 531 — Bey
Wurmbrand, Collectanea geneal. hift. p.237, fommt ein
jungerer Gotfhalf von Huenfperd vor, der ſein Schloß
Wildberg dem Bifhof Wolfker von Paffau uͤbergab, damit
eg diefer dem. Gundacker von Steyr oder Starbemberg als
ein Lehen einràumen fonnte, vas aud) 1 198 geſchehen ift.
#*) In der Originafurfunde H. Albrechts heißt e nad dem
gewoͤhnlichen Eingang: „Wir gunnen vnd erfauben in
auch wizzentleich mit dem brief, daz ſi ainen wochenmarkt
allweg auf den Samſtag daſelbs ze Lyntz gelegen vnd haben
muͤgen vnd fullen .... Gir maynen auch, da; der wochen⸗
markt, den wir In yetzund auf den Samſtag geben haben,
den wochenmarkt den ſi vor auf dem Eritag haben, dhain
ſchad nicht full ſein, noch den abnemen in dhainen meg...
Der geben iſt ze wienn an Samſtag vor ſand Veyts tag (am
14. Junius) Nach kriſti gepurd dreutzehnhundert iar, vnd
in dem fuͤmf vnd Newntzigiſten Fare,
#**) Preuenhuber, S. 50.
o 207 “>
Freyſtadt hatte bis gum Sabre 1430 feinen Fabre
marft und bedurfte aud) feinen, da e8 mit dem Recht
einer Niederlage und des Strafienzwanges verfeben |
mar. Als aber in fpateren Zeiten in den dortigen Ume
gebungen mebrere Marftfleden und Dorfer mit Fabre
und Wodemmnarften verfeben murden und dadurch
das Monopolium der Frenftadter in Abnahme fam,
ward aud) ben ihnen das Verlangenrege, den Nach—
barn.in diefem Stücke gleichzuſtehen. Sie bathen dere
K. Albrecht den Zweyten um zwey Fabrmarfte, und
erbielten fie auch: cinen am nächſten Sonntag vor
Katharina, den andern am Ghrifti Himmelfahrtstag,
immer acht Tage vor und nachher *). Als aber am
Katharinamarkte mebrere Sabre bindurd) äußerſt mes
nige Käufer erfebienen, verlegte ibn K. Friedrich 1405
auf die Bitte der Frenftadter auf den Tag Pauli Bes
Februng**). Wochenmärkte murden in Freyſtadt feit
undenklichen Zeiten zwey: am Montag und Freytag,
gehalten. Die alten Privilegien hierüber ſind im Krie⸗
ge 1452 und durch andere Unfälle zu Grunde gegare
gen; deſſen ungeachtet wurden die Wochenmaͤrkte
nad) alter Sitte fortgehalten. Im Jahre 1582 bathen
*) Wir Albredt von Gotte8 gnaden Roͤmiſcher Kibinig..
thun fund.., Daf uns unfer getreuen. « Die Burger ges
mainglic gu der Freinftatt fuͤrgebracht haben, mie fie unzt⸗
‘ ber feinen Jahrmarkt in derfelben unfer Stadt gehabt ba:
ben, und batben uns diemutbiglich, daß wir. , ilynen zween
Jahrmaͤrkt dabin gaben der Stadt und ibnen zu Aufnehmen,
und aud aller Landſchaft dafelbft um zu Nu und Fru:
men... Geben am Samftag vor fant Stephanstag Ins
ventionig (am 10. October) 1439.
**) Von Ddiefer inbaltélofen Urfunde verdient nichts al8 bas
Datum abgefbrieben gu werden: ,,Geben gu der Neuen:
ftat am SambRtag vor fand Johannstag Zu Sunemwenden
(am 22. Gunius) 1405,‘
no 208 ce
die Blirger den K. Rudolph um die Erneuerung der
Wodenmarfts-Privilegien und muften es dabin zu
bringen, daß er ibnen nicht nur die zwey Wochenmärk⸗
te, ſondern auch die alten Monopolienrechte der Nie—
derlage und des Straßenzwanges in ihrer ganzen
Strenge neuerdings beſtätigte. Getreid, Hopfen,
Wein und Vieh waren die vorzüglichſten Gegenſtände,
mit welchen auf dieſen Wochenmärkten Handel getrie⸗
ben wurde. Die Urkunde K. Rudolphs ſtellt uns ein
trauriges Gemählde von den vielen Feſſeln und dem
harten Drucke auf, unter welchen Käufer und Ver—
faufer damahls noch ſchmachteten; ſie verdient es in
bitter Rückſicht, der Bergeffenbeit entriffen zu wer⸗
den 7).
Von Freyſtadt, der einzigen landesfürſtlichen
Stadt im Mühlviertel, wenden mir uns zu den vore
züglicheren Martflecken deffelben Kreiſes, von deren
Sabr= und Wochenmärkten ſich noch einige Urfundere
erbalten haben. Königswieſen war mod) cin Dorf, al&
es 1270 vom K. Nudolph mit einem Wochenmarkt
begnadiget murde **). Rudolph mollte damit die
Verdienſte Ulrichs von Capellen, dem das Dorf ge:
borte, belobnen: ein Bemeis, welchen Werth man
damahls auf'eine foldje Begunftigung legte. Rudolph
verlieh dieſem Wochenmarkte die nämlichen Vorrechte
und Freyheiten, welche die Bürger von Enns auf
ihrem Wochenmarkte genoßen.
*) Beylage Nro. XLII.
**) Oeſterreich unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht. Th. IT.
S. 283. In villa Chunigefwife, utpote loco ad id habili
et apto, ebdomadale forum feria fecunda perpetuo duxi-
mus edicendum.. .frequentantes libera fecuritate gau-
deant, ‘ac eildem iuribus et libertatibus perfruantur;
quibus forum Ciuitatis Anafi elt dotatum.
ass 209 222
Den Bürgern von Mauthauſen bat K.Friedrich
1469 einen Jahrmarkt vierzehn Tage vor und nach
Magdalena *); È. Maximilian 1514 einen zweyten
acht Tage vor und nad) dem Veitstag verlieben**).
Der Marft Leonfelden batte mit vielen anderen
Fleden und Dörfern das Unglück, von den Huſſiten
durd) Fever vermiiftet zu werden, wobey alle alten
Urfunden gu Grunde gegangen. Zum Glide wurde
im landesfürſtlichen Schloße Wachſenberg, welchem
Leonfelden unterthänig mar, ein Urbarium errettet,
in welchem Abſchriften der alten Freyheiten des Mark—
tes enthalten waren. Dieſe wurden 1435 in das neue
Marktbuch eingetragen, und ſpäterhin fügte man alle
jüngeren Privilegien und wichtigeren Proceßacten
hinzu ***). Von den Jahrmärkten enthält dieſes
Marftbud Folgendes:
*) Geben zu der Newnſtat an Samſtag nad) aller Heiligen (am
4. November) 1469,
##) Geben in vnnser Stat Lynntz, den Newndten tag des
Monats Marcy 1514.
*#*) Im Archiv zu Leonfelden mird cin Urbarium aufbewahret,
Das den Titel fuͤhrt: „Vermerkcht den dienft vnd alle quilt
Im Ambt vnd geticht gu lonuelden verſchribn zu Sannd Mi:
chels tag Anno domini 0! XXXV.“ — Vor den Artikeln
der Pontadung heißt es: „Vermerkcht dye Rechten des
Markchts Lonuelden So durch vns Hernach geſchryben
Richter vnd Burger In eehafftn tayding berechtent ſein,
Nachdem vnd der Markcht durch dye Huſſrey verprennt iſt
worden, Diefelbnn rechten dann In dem alten Markcht
puech fo verprunnen iſt geſchryben geweſen der yeder man
gedacht hat vnd nach geſchaͤfft auch mit willen vnd wiſſen
Vnſers Genadigen Herrn Herrn Reinprechten von Walſſe
aus dem Vrbarpuech Waͤchſennbergk vernewt ſein worden
Sn gegenwurt des Edlun Caſparn Hager dyeſelb zeit phle—
ger daſelbs geſchechn Nach Chriſti gepurdt Tauſent vierhun⸗
dert vnd Im fuͤnff vnd dreyſſigiſten Jaren.“ — Reinprecht
14
— 210) —
Der alte Jahrmarkt, der ſchon vor der Huſſiti⸗
ſchen Verwüſtung beftanden, murde feit derfelben bis
zum Fabre 1485 nicht wieder gebalten, bat fid) alfo.
durch den Nichtgebrauch des fruberen Privilegiums
gänzlich verjähret. Die Häuſer maren mieder hergeftel:
let und der Marft fogar mit Feftung8merfen nad) das
mabliger Sitte verfeben; aber von feinen alten Vor
ziigen febite nod) immer der Jahrmarkt. Um Ddiefem
Mangel abzubelfen mendeten ſich die Burger an den
damahligen Pfandinhaber der Herrſchaft Wachſen—
berg, Chriſtoph von Lichtenſtein, und bathen ihn als
ihren Grundherrn, ihnen durch ſeine Fürſprache beym
Kaiſer ein neues Jahrmarktsprivilegium zu erwirken.
Chriſtoph verwendete ſich 1485 in dieſer Angelegenheit
auch ſogleich an den Kaiſer, bath ihn ſchriftlich um die
gnädige Erneuerung des Jahrmarktes und machte ihn
zugleich auf die Vortheile aufmerkſam, die dadurch
dem Aerarium zu Theile würden, da Leonfelden zum
landesfürſtlichen Kammergut gehörte. Um noch ſiche⸗
rer zum Ziele zu gelangen, bath Chriſtoph auch den
Liebling des Kaiſers, den Freyherrn Sigmund von
Prueſchenk, Marfdall, Kämmerer und Erbtruchſeß
von Steyr, den Leonfeldnern zur Erfüllung ihres ſehn⸗
lichſten Wunſches verhülflich zu ſeyn Obgleich noch
vor wenigen Jahren ein dem Kaiſer höchſt verhaßter
Gegner *), fand Chriſtoph von Lichtenſtein jest doch
ein geneigtes Gehör, denn er bath nicht ſoviel zu ſei⸗
nem eigenen, als zum Nutzen des Kaiſers ſelbſt. Die⸗
ſem ließen die Leonfeldner durch ihren Agenten, Hanns
von Walſe, von dem hier Meldung geſchieht, war damahls
Pfandinhaber von Wachſenberg. Spaͤterhin folgten in die⸗
ſer Eigenſchaft die Herren von Lichtenſtein nach.
*) Oeſt. unter K. Friedrich IV. Th. II. S. 126 — 128.
Matſchacher, eine Bittſchrift überreichen, in welcher
ſie ihre traurige Lage und auch die Vortheile ſchilder⸗
ten, die ihrem Grundherrn, dem Kaiſer, und auch
ihnen ſelbſt durch einen oder zwey Jahrmärkte würden
verſchafft werden. Nach wenigen Tagen ward ihre
Bitte erfüllet: der Kaiſer begnadigte ſie mit zwey
Jahrmärkten. Wie theuer ihnen dieſe Gnade zu ſtehen
gekommen, und wieviel ſie einem jeden bezahlen muß⸗
ten, haben die ehrlichen Bürger eben ſo, wie den Brief
Lichtenſteins an den Kaiſer, ihre Bittſchrift, und auch
das neue Jahrmarkts⸗-Privilegium in ihr Marktbuch
cingetragen*). Ohne Zweifel batte Leonfelden auch
einen Wochenmarkt, von dem aber keine Erwähnung
geſchieht.
Der Markt Rohrbach im oberen Mühlviertel hatte
ſeit langer Zeit einen Wochenmarkt und zwey Jahr⸗
märkte, die aber ſeit der Huſſitiſchen Verwüſtung def-
ſelben ebenfalls, mie in Leonfelden, nicht mehr gehal—
ten wurden. Da auch alle alten Privilegien der Landes⸗
fürſten bey dem unglücklichen Brand zu Grunde ge—
gangen ſind, ſo waren Erneuerungen derſelben nöthig,
welche der H. Albrecht auch willfährig den verarmten
Bürgern im Jahre 1450 ertheilte, um ihre Noth mög⸗
lichſt gu lindern. Der Wochenmarkt am Montag, und
zwey Sabrmarfte wurden von ibm den Bürgern von
Rohrbach neuerding$ mieder verliehen**). Cinen die:
fer Sabrmarfte, der am St. Jacobstage gehalten
murde, verlegte K. Nudolph 1582 auf den nächſten
Sonntag nad) dem Fefte der Erſcheinung, meil er zu
nahe auf das Rirdmeibfeft fam, das am Sonntag
nad Sf. Ulrich gefenert wurde. —
*) VBeplage Nro. XLIII.
**) VBeplage Nro. XLIV.
ceo 21 2 an
Die Marfte Haslach ib Sarleinsbadj unterlagen
gleihfall8 der Wuth der Huffiten: Häuſer und Urfune.
Den wurden ein Naub der Flammen. Diefi war die Urs
fache, daß die fpateren Landesfürſten auch den dorti-
gen Bürgern Wochen? und Jahrmärkte auf dieſelbe
Weiſe, wie ben Leonfelden und Rohrbach, erneuer⸗
“ten, um ihre vorigen Nahrungsquellen nicht ganz
derfiegen gu laſſen.
Wir verlaſſen das Mühlviertel, deſſen Wochen⸗
und Jahrmarktsurkunden uns zugleich einige erwünſch⸗
te Beyträge zur Geſchichte des Huſſitenkrieges in Des
ſtterreich liefern, und wenden uns zum Salzkammer⸗
gut, welches als Eigenthum unſrer Landesfürſten mit
Handelsprivilegien ganz vorzüglich iſt begünſtiget wor⸗
den. Um nicht weitläufig zu werden, ſchränken wir
uns auf das Merkwürdigſte ein.
Auf dem Wochenmarkt zu Gmunden war es von
jeher Sitte, daß der Nachrichter eine Abgabe erhob:
mabr{beinlich cine Belobnung fur feine Aufficht gue
Erbaltung der Sicherheit und Ordnung, mie dief
nod) heut zu Tage an vielen Orten als eine alte Ges
mwobnbeit für die Gerichtsdiener beſteht. Darüber
klagten aber die Bürger von Gmunden und gaben
vor, daß ihr Wochenmarkt dadurch beeinträchtiget
würde. Auf ihre Bitte hob H. Albrecht 1379 dieſen
Zoll des Nachrichters auf, behielt ſich aber ſeinen ei-
genen bevor, der im dortigen Mauthhaus auch ferner
noch mußte bezahlet merden*).
*) Beylage Nro. XLV. In den Staͤdten batten der Nachrich⸗
ter und der Gerichtsdiener gewoͤhnlich einen Antheil an den
Strafgeldern. So 3, B. in Heimburg, apud Senken-
berg, Vifiones, p. 280, befamerfterer cin halbes Pſund,
und fepterer dreyßig Pfennige, menn der Stadtribter
ein Strafgeld von einem Pfunde erbob. Fn der Urfunde
sso 913 «s-s
Es gab feit langer Zeit cimen Streit zwiſchen den
Salzfertigern von Gmunden, Iſchel, Laufen und
Hallſtatt eines Theils, und dom Abt von Lambach,
den Naufergen, Steurern, Salzleckern und Meiſter⸗
knechten am Stadel ben Lambach andern Theils. Die
ſen Streit endigte È. Albrecht 1430 durch eine neue
lange Ordnung , die von niemanden durfte überſchrit—
ten werden. Das Gange ift fur die Geſchichte nicht
merkwürdig, nur bemeifet cine Stelle, daß man
ſchon dbamabls den Traunfall mit Schiffen paffiren
Fonnte *).
Den Bürgern von Laufen bat ſchon K. Rudolph
von Habsburg alle Rechte und Freyheiten der Bürger
von Gmunden ertbheilet**), und Hallſtatt iſt von der
Königin Elifabeth 1311 zu einem Marft erboben, und
mit den Frenbeiten von Laufen, Gmunden und den
übrigen Städten in Oberöſterreich zu Waſſer und gu
Lande begnadiget morden***). Iſchel bat die volle
Gandelsfrenbeit der Stadte 1302 noch als Dorf ere
halten; den Vorzug eines Marktes, einer frenen Nich—
terwahl und Gerichtsbarkeit aller Vergehen, die nicht
H Leopolds filr Wien vom Jahre 1108, bey Lazius heißt
es: Pro quacunque canfa judex civitatis lucretur unum
talentum, fubjudex et praeco abeo, quiillud dederit,
‘habeant triginta denarios. È) i
Item von jeglicher Kuͤrchleutzillen, die durch den Fall ge:
fubrt wirdet, fulten ben Naufergen gevallen fiinf und Vier=
zig Phenning... Geben am Mittichen nach ſanckt Peter vnd
paul tag der heiligen zwoͤlfboten (am =. Julius) Nad
Chriſti Geburt vierzebenpundert Far vnd darnad in dem
neun vnd Drepfigiften Far...
**) Deft. unter K. Sriedrid dem Schoͤnen, S. 462. ,,Daz ſeu
alle die redt, gnad, und vrepung baben fullent , die vnfer
Purger von Gmunden paben.
*) Defterreid unter È. Friedrich dem Schoͤnen. S. 462.
sue 214 22
mit dem Tode beſtraft wurden, und eines Wochen⸗
marktes am Montag bat K. Friedrich den neuen dor⸗
tigen Bürgern im Jahre 1460 verliehen *).
Wir haben von den Wochen- und Jahrmarkten
Oeſterreichs ob der Enns gefliſſentlich ausführlicher
geſprochen weil von dieſer Provinz bisher noch gar ſo
wenig Geſchichtliches bekannt gemacht worden, und die
Urkunden, die ſich bis auf unſte Zeiten in Städten,
Märkten und Schlöſſern in geringer Anzahl noch er⸗
halten haben, wahrſcheinlich bald größtentheils dem
Untergange ſich nahen. Möchte ſich doch auch im Lan⸗
de unter der Enns jemand der urkundlichen Uiberbleib:
fel ähnlichen Inhalts erbarmen, fie ſammeln, befannt
machen, und dem künftigen Gðlſchiiſchreiber will⸗
kommene Materialien liefern! Indeſſen begnügen wir
uns mit wenigen Hinweiſungen auf gedruckte Urkun—
den, in welchen von Wochen- und Jahrmärkten im
Lande unter der Enns Meldung geſchieht.
Dort erſcheinet urkundlich zuerſt Neuſtadt mit ei⸗
nem Jahrmarkt begabt, melden H. Friedrich 1239
e) Gn A. Friedrichs langer Urkunde heißt es: „Wir haben an⸗
— geſehen der Obbenannten von Iſchl fleißig Bette, und ha—
ben ihnen dadurch und von ſundern Gnaden, auch ihres
Nutz und Aufnehmens wegen, aus zeitigem Rath und mit
rechtem Wiſſen als Herr und Landsfuͤrſt das vorgenannt
Dorf von neuem zu einem Markt erhebt, und die obbe—
meldten unſer und ander Leut, darin geſeſſen und wohn⸗
thaft, zu Burgern geſchoͤpft und gemacht, ihnen Burgere
recht und alle Gerechtigkeit in allen Handeln , fo andere
unfer Burger und unfer Maͤrkt in unferm Fuͤrſtenthum Des
fterrei ob der Enns gemobn(ic haben, gegeben, aud mo=
chentlib an dem Montag cinen Wochenmarkt dafelbft gu
Iſchl gu halten vergunt , u. f. w Geben zu der Neuſtadt,
am greptag vor Dem Sonntag Laͤtare in der Gaften (ant
14. Marg) 1466.
meo 215 «—-
den Bür gern gum Lohn ihrer feltenen, unverbrüchli⸗
cen Treue verliehen bat*).
Wien, ſchon frühzeitig mit dem Nahmen einer
getreuen und lieben Stadt beehret , erhielt erſt im
Jahre 1278 vom K. Rudolph zwey Jahrmärkte ***),
welche ſein Sohn Albrecht**x) und die folgenden Lan:
desfürſten beſtätigten. Das Privilegium H. Albrechts
des Dritten vom Fabre 1582 verdient eine ausfubrli:
chere Ermabmung *****). In demfelben werden die
zwey Jahrmärkte zu Wien beſtätiget. Der erſte 3—
A) Hormapr » Tafbenbud. 1812. S. 75. Tusuper damus cis
in subsidium et promotionem, ut omni anno in festo
nativitatis beatae Mariae Virginis habeant forum annale,
quod nundinae appellatur,, et illud per. tres septimanas
continue observabunt.
®*) Gm Fabre 1278 wurde Wien vom K Rudolph zum dritte
Mable gu einer frepen Reichsſtadt erboben : Et ipfa civitas
inter fideles et dilectas Civitates Imperii fpecialiter com-
putetur: ben Cambader, S. 59. In der Deutſchen ili:
berſetzung fautet diefe Stelle: „Die Stat fool funder
geczalt werden vndern andern getrewn vnd fieben fteten deg
Reiches“ Apud Rauch, T. III. p. 4. In unſern Tagen
wurden diefe Ehrennahmen der Staͤdte vorzuͤglich in Frank⸗
reich Vee
*e*) Lambacher, S. 165. Ad haec regia largitate volentes ho-
norem praedictae civitatis honorabiliter amplius hono-
rare, liberalitate etlargitione perpetua indulgemus , ut
> in eadem civitate bis in aunò folemnes et publicae nun-
dinae frequententur. . in aeftate fefto beati Jacobi Apo-
ftoli quatuordecim diebus contiguis nundinae celebren-
tur. Item ante feftum Purificationis gloriofae Virginis
- Mariae feptem diebus, et poſt, — diebus nundinae
fimiliter frequententur.
1008) Senkenberg s Vifiones, p. 294. ©. Albrecht bat in feiner
VBeftitigung 1296 die Stelle iber die Jahrmaͤrkte woͤrtlich
aus der gleich angefiibrten Urfunde ſeines Vaters eninom⸗
men, fic aber in Deutſcher Sprache gegeben. .
#*##*) Rauch; T. HI. p.129.
PETS 210 22*
vierzehn Tage vor und nach dem Auffahrtstage; der
zweyte eben ſo lange vor und nach dem Tage der heili⸗
gen Katharina dauern. Allen, welche dieſe Jahrmärkte
beſuchen, wird der landesfürſtliche Schutz zugeſichert.
Sie find auch gänzlich von dem Pfändungsrechte bee
frepet, und dürfen wegen feiner Sade oder Schuld,
Die ſich nicht von dem gleichzeitigen Jahrmarkt bere
ſchreibt, angeflagt oder gepfandet werden, Wer dies
ſes Geſetz verletzt, mird als cin Storer der öffentlichen
Ruhe beftraft. Criminalverbrechern kann jedoch diefe
Marktsbefreyung nicht zu gute kommen, denn dieſe
müſſen zu jeder Zeit verfolgt und beſtraft werden. Al⸗
len verkäuflichen Dingen, ſie mögen nach der Zahl,
oder Elle, oder einem Maße hingegeben werden, ſetzt
der Stadtrath einen beftiminten Preis. Um Käufer
und Verkäufer vor Unrecht und Beſchädigung mög—
lichſt zu bewahren und die Freyheiten der Jahrmärkte
aufrecht zu erhalten, hat der Herzog dem Stadtrichter
den Hofmarſchall bengefellet, damit bende gemein:
ſchaftlich für die öffentliche Sicherheit während der
Jahrmärkte ſorgeten. Beging jemand, der im Dienſte
des Herzogs ſtand, oder cin Freyherr, Ritter, Edel:
knecht oder ein Diener derſelben eine Uibelthat: ſo
halfen der Hofmarſchall und der Stadtrichter zuſam—
men, den Schuldigen zu verhaften, worauf er nach
Hofrecht unterſucht und verurtheilet wurde. Uibelthä—
ter aus dem gemeinen Volke blieben dem Gerichte des
Stadtrichters überlaſſen. Für dergleichen ſchädliche
Leute hob der Herzog alle Zufluchtsorte (Aſyle) auf,
deren es damahls ungeachtet einer früheren Einſchrän—
kung H. Rudolphs IV.*) noch mehrere gab: bey den
Schotten, zu St. Stephan und St. Clara, in den
*) Defterreidh unter 5. Rudolph dem Vierten. S. 127.
nes 21 7 22
Freyhäuſern der Landherren und in einigen andern be⸗
freyten Orten. Allen Menſchen ſteht es frey, Waaren
jeder Art zum Verkauf auf die Jahrmärkte zu bringen;
nur bleibt es verbothen, Weine in die Stadt —8
ven, denn dadurch würde das Privilegium des Wein:
handels der Bürger von Wien beeinträchtiget. Von
den Waaren, die während der vier Wochen zum
Jahrmarkt herbeygeführt wurden, durfte bey keinem
Stadtthor eine Mauthabgabe entrichtet werden; den
herzoglichen Waarenzoll wird der Landesfürſt “nad
Vernehmung feine8 Nathes und des Stadimagiftra»
tes beftimmen. Die fogenannte Burg - und Wagen⸗
mauth fammt dem Zoll wird man in Einem Haufe zu⸗
gleich einfordern, um den Kaufleuten unnotbige Gan
ge und Zeit zu erſparen. Auch foll zur Zeit eines jeden
Sabrmarftes ein Pferderennen gebalten werden. Am
Biele bangt ein Scharlachtuch, das derjenige als Sie
gespreis erbalt, welcher am erſten dort anlangt. Die.
Rennpferde, die zu dieſer Beluftigung herbeygeführt
merden, find in allen Oeſterreichiſchen Propinzen vom
Strafienzoll befrenet,
Das Pferderennen nad) einem Scharlach oder
Mantel war im drepzebuten Fabrbundert und in den
folgenden Zeiten eine wiederbergeftellte Volfsbeluftie
gung in Italien, welche bfter mit dem Wettlauf der
Menſchen mechfelte, und ſich nicht immer innerhalb
der Gränzen eines geziemenden Anſtandes und einer
lobenswerthen Sittſamkeit gehalten hat . —
#) Muratori È Antiquitat. Ital, T. IT. p. 850 et feq. In AAA
to Populi Mutinenfis anno 1327 decretum fuit: Ut in
fefto S. Michaelis equi currant ad Scarletum, etc. — An-
no 1289 Florentini victores moenibus Arretinae Urbis
inftantes, teltante Joanne Villanio : Fecionvi correre il
Palio per la felta di San Giovanni, et rizzaronvi più
es 218 =. %
ſcheinlich bat man diefe Italieniſche Sitte in Oeſter⸗
reich nadigeabmet, um defto mele Fremblinge zu den
Sabrmarften berbenzuloden. Späterhin wurde an -
vielen Orfen in der nämlichen Abfiht cin Scheiben⸗
ſchießen angeordnet, zu dem jedermann freyen Zutritt
batte, was fich big auf unfere Zeiten erbalten bat. Zu
diefer Beluftigung mag der Raifer Marimilian vieles
bengetragen baben, denn er war felbft ein berühmter
Schütze, und deforderte an vielen Orten die Schützen—
geſellſchaften. Dadurch fand ſich aud der ebrfame
Stadtrath in Steyr bewogen, im Jahre 1506 dine
Schützengeſellſchaft zu errichten. An einem Sonntag
wurde mit Scheibenbüchſen, an dem folgenden immer
wechſelweiſe mit Armbrüſten nach dem Ziele geſchöſ—
ſen. Anſtatt des Scharlachs ward ein Hoſentuch zum
erſten Preiſe beſtimmt *).
Die Stadt Krems erhielt ihren erſten Jahrmark
1359 vom H. Rudolph IV. **), und den zweyten
von, den Herzogen Wilhelm und Albrecht im Fabre
1402 #9),
difici, e manganaronvifi Afini con la. mitra in capo per
rimproccio del loro Vefcovo. — Anno 1325 Caftruccius
Lucenfinm Princeps..in contemtum Florentini Populi
tria certamina edenda jufsit, praemiis unicnique propo-
fitis. Primum fuit curfus equorum: fecundum peditum:
tertium curfus meretricum, CK
*) Preuenpuber, S. 173. „Darzu aemeine Stadt ein Hofens
Tuc zum beften zu geben gewilliget“
**) Rauch, Lc. p. 363. Fn diefer Urfunde fommt der hochtra⸗
bende Ausdrud vor: „Von faiferfider Madt volchomen⸗
bait, die Wir von dem heiligen Nei baben in vnferm
fannde zu Oeſterreich.“ — Diefen Jahrmarkt verfegten die
Serzoge Wilhelm und Afbredht im Fabre 13596 von dem
Jakobitag auf den Apofteftag Simonis und Fudéd.
#**)L.c. p.568 et feq.
22 219 ua
Schon K. Carl der Große bat cine Verordnung
befannt gemacht, welche die Wocdhenmarfte an Sonn:
| —* unterſagte *). Indeſſen erlaubte er ſie auch an
onntagen dennoch denjenigen Orten, wo dieſelben
von jeher an dieſen Tagen find gebalten morden**),
Dergleichen Befehle murden in den folgenden Jahrhun⸗
derten öfter erlaffen***), und als Urſache angege:
ben, daß es febr unfohicflid) und der Fener des Sonne
tags geradezu entgegen fen, ibn durch Handelsge—⸗
ſchäfte zu entbeiligen. Uber einige Fürſten, melche
Wochenmärkte vom Sonntag auf einen anderen Tag
verlegten, ſprechen in ihren darüber erlaſſenen Urkun⸗
den keineswegs von der Entheiligung des Sonntages,
ſondern geben als Grund davon ihre Güte und Gnade
an, die für die Vermehrung des Wohlſtandes einer
verarmten Stadt väterlich ſorgte. Um der durch Feu—
ersbrünſte verarmten Stadt Enns wieder aufzubel:
fen, verboth H. Friedrich 1244 die Haltung der Wo⸗
*) Capitulare primum anni 809, apud Baluzium, T. I.
p- 466. De mercatis, ut in die dominico non agantur,
fed in diebus quibus homines ad opus dominorum fuo-
rum debent operari,
ne) Capitulare fecundum, l. c. p.471. Ut mercatum in die
dominico in nullo loco haberi nifi ubi antialifino fuit et
legitime elle debet.
12%) Spwabenfpieael, Augsburg, 1480. Blatt 6. Wir gebieten
das an den funtag niemant nicht fel hab wann eſſen vnd
trinfen. mer fein gaden auftut oder fein fraum. oder ſein
Feler daz er icht darauf verkauffen til der ift dem feutpriefter
funf (billing ſchuldig vnd dem richter auch fouif . Ein yegk⸗
lich feirtag den man mit dem bann gebeuͤt ze feiren der hat
das felt recht als der funtag vnd die drei hochzeit. weinaͤcht.
oftern vnd pfingſten.“ Diefes alteGefeb murde in Oeſter⸗
reich von den Kaifern Ferdinand dem Erften bis Leopold oͤf⸗
ter ernevert. Guarient, Th.I.S. 334, U, f.
Gua 220 PARI
chenmarffe an einem Sonntag *). Als KR. Ottokar
1256 den Wochenmarkt in Kloſterneuburg vom Sonn⸗
tag auf den Montag verlegte, gab er als Urſache davon
die Entheiligung des Tagesan**), mar aber ſchwach
genug, nad wenigen Jahren diefen ſeinen Befehl
wieder zurückzunehmen, und die Haltung des Wochen⸗
marktes am Sonntage zu erlauben, welcher Miß—
brauch bis zum Fabre 1276 fortdauerte, aber vom È.
Rudolph wieder abgeſchafft wurde. In der hierüber
ausgeſtellten Urkunde eiferte derſelbe gegen die Ente
weihung des Sonntages; aber aus ihrem weiteren
Inhalt geht klar hervor, daß es den Bürgern von Klo⸗
ſterneuburg, die durch Rudolphs Soldaten äußerſt
hart ſind mitgenommen worden, nicht ſoviel um die
Sonntagsfeyer, fondern um einen öfter wiederhohl⸗
ten Zuſammenfluß von Menſchen in ihrer Stadt zu
thun war, denn ſonſt hätte Nudolph unmöglich ſich ſo
ſehr vergeſſen und hinzuſetzen können, daß er ihnen
durch die Verlegung des Wochenmarktes vom Sonn⸗
tag auf den Montag einen Erſatz für den Schaden
leiſten wolle, den ſie durch ſeine Soldaten erlitten
i baben pene
*) Die hieher gehörige Stelle it fon tveiter oben bey den Wo⸗
chenmarft von Enns angefuͤhrt worden.
**) Maximilian Fiſcher, Merkwuͤrdigere Schickſale des Stif⸗
tes und der Stadt Kloſterneuburg. Th. IT. S. 241, Forum
quod aput Niùnburch ex parte clauftri die dominico.
qui lumen exiftit requietionis celeberrime. populus con-
fuewit hactenus aufu nefario frequentare,
#**) Um angefiibrten Orte, S. 265. Forum quod in Civitate
Niumburgensi ex dictatione principum Auftrie vfitatum
diebus dominicisab antiquo et de Rege Boemorum Otha -
caro in diem Lune ad laudem Dei tranflatum, et poftca
ab eodem ad quorundam peticionem diciturreuocatum
.. Precipue ad peticionem et clamorem dilectorum no-
Li
neo 22 1 ec
7 Um and von einem Wochenmarkt cine Marfte
flecfens im Lande unter der Enns ein Benfpiel anzue
fubren, erwähnen wir der Marftes Stillfried , der
in unferer vaterländiſchen Geſchichte immer ein ſehr
merkwürdiger Ort bleiben wird, denn im der Nähe
deffelben bat È. Nudolph den glanzenden Sieg über
den K. Ottofar erfochten, der dem Haufe Habsburg
den Beſitz der Oeſterreichiſchen Provinzen verſchaffte.
Stillfried erbielt vom H. Albrecht dem Dritten einen
Wochenmarkt *).
«Daf der Marft Ufpad) bereità im Unfang des
dreyzehnten Jahrhunderts ein Stapelredt beſeſſen
hat, haben wir ſchon weiter oben vernommen. Er war
aber auch mit einem Wochenmarkt am Dienſtage be⸗
gabt, den ſelbſt des Herzogs Grundholden, die am
Montag mit Feilſchaften vorbeyfuhren, abwarten und
beſuchen mußten. Aſpach gehörte unter die am meiſten
begünſtigten Marktflecken, denn er genoß alle damahls
höchſt erwünſchten Vorrechte des Straßenzwanges,
der Eiſenniederlage, der Befreyung von der Pfän—
dung des Meilenrechtes, und ward im Rückſicht der
Handelsbefugniſſe der Stadt Enns gleichgeſtellet **).
. ftroram Civium Ciuitatis ejusdem qui per inopinatum
nostri exercitus ingreſſum lefi fuerant grauiter et Attriti
. fin recompenfacionem etiam dampnorum ibi datorum,
; idem forum. ;in diem lune. . tranfferimus.
‘*) Senkenberg, Selecta, T.IV. p.309. .
**) Meichelbeck , Hiftor. Frifing. T. IL p.84, n.139. Di
baben geſeit, daz Aſpach der Marcht alfo geftift fi, von .
dem Herpogen Liupolden , daz einer meil fol nicht vails fin
an Zedingefteten, und da ze pharren. Gn der meif fol auch
debein hantwerch fin, an Da ge pharren , und Dar des Her=
togen Burgen , Daz di icht fur varen des Montags , -fi fu
cen den marcht an dem Eritag, ze Aſpach, daz felb reht,
daz bat des Tumput Siut, und marcht von fant Peter... .
und Daz fi auch Enfer rept haben , u. ſ. w.
K. Rudolph beftatigte 1277 zu Gunften des Biſchofes
Conrad von Frepfingen alle alten Privilegien des
Marftes Ufpadh*). sat
Wir balten es fur überflüßig, une noch länger
ben Privilegien der Jahr - und Wochenmärkte gu vere
weilen. Nus den angefubrten Urfunden erbellet zur
Gemige, daf durd Verleibung der Jahr- und Wo—
chemmarfte und durch die allmdblige Vermebrung dere
felben die privilegirten Monopolien immer mehr une
ſchädlich gemacht, die Bequemlichkeit und der Nugent
der Einkaͤufer auf dem Lande befordert, und die Bes
triebfamfeit und der Kunſtfleiß der Gewerbetreiben⸗
den im ganzen Lande aufgereget wurden. Uber Sabre
und Wodenmdrfte mirften guerft und unmittelbar
nur auf die Beforderung und Uusbreitung eines freye⸗
ren Handel$ im Inlande; für den Handel mit dem
Auslande forgten unfre Landesfiirften durch Staaté:
vertrage, von melden nun das Merkwürdigſte wird
ermabnet werden.
Drenzebuter AbfOnitt.
Staatsvertrige mit Auswaͤrtigen zur Befoͤrderung des Handels.
Unbefannt mit der Seele des Handels und gee
mobnt, nicht nur die gewöhnlichen fondern aud) die
höheren Geſchäfte des Staates durch Privilegien ab:
zuthun, nur für den gegenmartigen Augenblick, und
nicht fur das ganze Volf, fondern nur fur. gemiffe
Glaffen deffelben zu forgen: mie batten die Landes:
furften im Mitfelalter den Handel alé cine wichtige
Staatsangelegenbeit betrachten, und ibn als ſolche
befordern follen? Daber fommt e8 auch, daß mar
*) L.c. p. 83. Nos eidem Principi recognofcimus, ratum-
que habemus jus fibi concellum in foro Afpach, eto.
m
ne 223 n
unter den bdufigen Bündniſſen der damabligen Für⸗
ſten fo äußerſt felten einen Handelstraetat findet, mele
cher benachbarten Volfern alle billigen Vortheile eines
gegenfeitigen Handelsverkehrs zuſicherte. Und felbfi
Diefe menigen Handelstractate, die wir vorzüglich aus
dem vierzebuten Sabrbundert fennen, verratbennod
immer engherzige Grundſätze und eine ängſtliche
Furchtſamkeit, dem Syſtem der Privilegien und Moe
nopole ja nicht gu nabe gu treten, und alle Ausländer
von der Theilnabme andem Handel nah Thunlichkeit zu
‘ entfernen, meil man die Moglichfeit nicht einfab, daß
mebrere Lander zugleid aus gegenfeitigem Verkehr
Vortheile zieben fonnen. Von Handelstractaten mit
ausmartigen Furften zeugen folgende Urfunden:
Mit Regensburg muf fon unter H. Albrecht I
cin Handelsvertrag beftanden haben, meiler1287 den
Bürgern von Steyr die Zuſicherung gab, daß fiein Ne
gensburg nur given Pfennige Zoll bezablen durften*).
Der Kaiſer Ludmig der Baper ift aus einem Befe
tigen Gegner ein marmer Freund der Herzoge von
Defterreidh gemorden, um dem treulofen K. Johann
von Böhmen das Gleichgewicht balten zu können. Im
Sabre 1332 beſuchte ibn der H. Otto von Defterreich
in feiner Reſidenzſtadt München, und Ludwig bemigte
deffelben Gegenwart zum Vortheile der dortigen Bür⸗
ger, Denn auf Zuthun des Kaiſers ertheilte der Her
30g den Münchnern die Vorrechte, welche die Nes
gensburger bisher in den Oeſterreichiſchen Provinzen
als Raufleute genoffen haben **).
*) Prenenpuber, S. 36. Ratisbonae pro eo, quod compa-
raverit vel vendiderit Civis Styrenfis, duòs denarios
pro tlieloneo tantum folvat. )
M Roman Zirngibl, Ludwigs des Baiers Lebensgeſchichte.
Muͤnchen, 1814. &. 340, u. f.
ur 224 pra”
Im Sabre 1544 verlieh H. Ludwig sori Bayer
und Graf von Tnrol allen Raufleuten, welche aus
Defterreid fommen murden, vorziiglich) aber den De:
ſterreichiſchen Unterthanen die Freyheit, mit ihren
Waaren mit voller Sicherheit durch ſein — wan⸗
dern zu können *).
Der K. Carl, fein Bruder MarkgrafJ Johann von
Mähren und der $. Rudolph von Defterreid) ſicherten
1360 in ihren Ländern allen gegenfeitigen Unterthanen
und Kaufleuten einen freyen Durchzug und Sicherheit
der Perfonen und des Eigenthums zu. Den Kaufleu⸗
ten wurde verfprochen, daß man fie mit keiner neuen
Laft beſchweren, fondern nad alter Gewohnheit be
bandeln verde. Ein jeder, der fi ich cine Gemaltthat
gegen fie erlaubete, würde von den Landesfiirften als
Straßenräuber bebandelt und gendthiget werden, det
Beſchädigten vollen Erſatz zu leiften — Deſſen unge⸗
) Rauch, T. IL p. 65. Wir Ludmeig... Tun unt... das
wir ſicherhait vnd gelait geben haben mit diſem brief allen
chauflewten gemainchlichen von wan ſy durch vnſer lieben
Oheyms des herczogen von Oſterreich lant vnd herſchaft
varent in vnſer gepiet vnd herſchaft vnd beſunderlich pei na⸗
men alle dy chauflewt dy vnſern lieben obgenanten Ohaim
angehorent und die in feiner herrſchaft geſeſſen ſind, von
feinen fanden in vnfer herrſchaft, es ſey chaufmanſchaft
oder mit welcherlay ding das ſey, fi varn gen Tirol oder
durch kataufers durch den Mienffen oder wo ſy varent in vn=
fer gepiet, u. fm.
##) Steyerer, p.312. „Auch follen, und wollen Wir des vor⸗
genanten, unſers Eidem des Herzogen , und ſeiner bru⸗
dern Koufleute nicht beſueren mit dheiner neuer Strazze,
noch bſatzunge, ſunder wir ſullen, und wollen ſie beleiben
lazzen in allen unſern Landen, by ſulcher Wondlung, Straz⸗
gen, und guter gewonheit, als ſie mit unſern Vordern
von alter herkomen ſint.“ — Die gleichlautende Gegenur—
kunde findet man bey Dobner, T. IV. p.342, doch Mie
der irrigen Sapresangabe von 1353. sid
ove 27) «so
achtet gebt aus cimer fpaferen UrFunde H. Nudolphé |
vom Sabre 1364 hervor, daß er den Böhmen feines:
wegs einen freyen Handel in ſeinen Erblanden geſtat⸗
tete, denn er erlaubte den Bürgern von Prag nur vom
fünf und zwanzigſten Februar bis Weihnachten deſſel—
ben Jahres den Waarenzug durch Wien nach Vene⸗
dig, und von dort wieder zurück nach Prag % unterſagte
ihnen aber ausdrücklich, Italieniſche Weine einzu⸗
fubren*).
i Ginen ahnlichen Vertrag hat H. Rudolph mit
dem K. Caſimir von Pohlen 1502 abgeſchloſſen.
Es wurde in demſelben den Wieneriſchen Kaufleuten
der freye Zutritt in Pohlen und in der Stadt Cra:
cau; den Pohlniſchen im Gegentbeile die Handels—
frenbeit in Oefterreidh und Wien. gugéfichert und
qugleicd dem ſchändlichen Mißbrauch Einbalt gethan,
Deffen fich bende Nationen durd die Ausiibung det
Repreffalien fhuldig gemacht haben. Caſimir fam
mit Rudolphen überein, daf die gegenfeitigen Fordes
rungen der Poblen und Oeſterreicher von den Ma⸗
giſtraten in Cracau und Wien unterſucht, und die
Gläubiger nach einem geſetzlichen Urtheil befriediget
werden ra, 9
” — * der Vierte. dh: ILS. — im Urkunden⸗
bud. · „Wir Rudolf . Bechennen, das wir den erbern vnd
beſchaiden leuten Purgern von Prag erlaupt haben vnd
erfatiben ouch, daz fie mit irr chaufmanſchaft durch vnfer
Stad ze Wien gen Venedy entrichez her widerum von Ve:
nedy durch dieſelben vnſer Stat ze Wien varen vnd gihen
ſullen an geverde, vncz auff die wienachten dy nu ſchirſt
koment vnd nicht lenger, auzgenomen allerley welſchen
Weyn, den wir pn nicht erlaupt haben gu furen.
##) Rauch, T. III. p.92. Cazimirus rex polonie. recogno-
ſcimus, quod . Rudolfus quartus . . frater noſter cariſſi-
mus ‘ex vna, et nos parte ex altera, ex ciuium noſtrorum
15
è a We 220 nd
$. Rudolphs Beſitznahme der Grafſchaft Tirol
zog cinen Krieg mit den Herzogen von Bayern nad
fich. Der È. Ludwig von Ungarn ftiftete zwiſchen dere
benden Krieg führenden Mächten 1364 einen Waf⸗
fenſtillſtand, in welchem den Kaufleuten beyder Theile
während der Dauer deſſelben cine vollkommene Si
cherheit des Handels ausbedungen wurde ).
In einem Vertrage, welchen K. Carl mit dem
H. Albrecht 1308 abgeſchloſſen bat, ertheilte er den
Oeſterreichiſchen Kaufleuten die Freyheit, ungehindert
Weine durch Mähren nach Böhmen und Pohlen zu
führen; fänden ſie es vortheilhaft, dieſelben ſogleich
in Mähren zu verkaufen, ſo werde ihnen auch dieſes
geſtattet. Dagegen erhielten Carls Unterthanen die
Befugniß, mit Getreide aller Art nach Oeſterreich
gu handeln **). 130) RR
Der Vertrag, welchen Die Herzoge von Oeſter⸗
reich 1375 mit den Herzogen von Bayern zur Sicher⸗
heit ibrer Untertbanen in den benderfeitigen Landern
erricbtet baben ***), batte fur den Handel ſehr ere
ſprießliche Folgen haben, und zur Entwilderung des
Cracouienſium, ipſe quoque ex parte ciuium fuorum
VViennenfinm, omnem dillentionis materiam; contro-
uerfa impedimenta et arreftationes, que hinc inde inter
eofdem ex utraque parte a die et data prefencium ufque
in hodiernum diem viguerunt a retroactis temporibus,
totaliter amputare cnpientes, etc.
#) Steyerer, p. 394 et 305. Alfo, daz alle die, di fi und di iren
angehoͤrent, wie Die genant fein, di felben zeit des frides in
allen unſern land, und tvider daraus ſicherleich, und frei: -
leichn arbaitten und tvandellen futten, mit iren Chaufman⸗
ſchafft, und mit aller ir hab wandlung auf wazzer und auf
land an alles gevaͤrd.
**) Beylage Nro. XLV. A.
##*) Beylage Nro. XXXIII.
anse 427 "e
taubſüchtigen Adels vieles bentragen müſſen, wenn
die Landesfürſten Macht genug beſeſſen hätten, die
Großen ihrer Provinzen im Zaume zu halten und
ſie zu nöthigen, den Geſetzen und Staatsverträgen
den gebührenden Gehorſam zu leiſten. Aber unſer
Herzog Albrecht der Dritte und ſeine Nachfolger in
der Regierung ſahen ſich leider in die traurige Lage
verſetzt, gegen ihre eigenen Unterthanen, Grafen und
Ritter, zu Felde zu ziehen, die Raubſchlöſſer derſelben
zu belagern und zu zerſtören. Ja, was noch mehr iſt:
einige Fürſten unſers Regentenhauſes ſchwangen,
von Regierungsſucht verblendet, ſelbſt die Fackel des
Aufruhrs, zettelten verheerende Bürgerkriege an,
und gaben das unglückliche Land der Plinderungs:
wuth ibrer unbezablten Söldner Preis, um nur das
Zielibres Ehrgeiges durd mas immer für Mittel gu
erreichen. Vorzüglich ift das funfzeSnte Sabrbundert
für unfer Baterland fbreden - und jammervoll ge-
mefen. Nicht der Landesfürſt, nicht die Gefebe re:
gierten, fondern Gemalt, Fanft und Schwert. Wie
batte unter ſolchen Umſtänden der Handel blühen
ſollen ?
Die Lander Böhmen, Bayern und Schwaben
ſcheinen aber unſre Kaufleute bey weiten nicht ſo
angezogen zu haben als Italien; ihre Blicke und
Wünſche waren vorzüglich nad Venedig gerichtet.
Alles Köſtliche, wornach ſich die Prachtliebe und der
Gaumen ſehnen konnten, fand man dort. Daher kam
es, daß ſich unſre Kaufleute, von ihren Landesfürſten
unterſtützet, möglichſt beſtrebten, ſich einen freyen und
ſicheren Durchzug durch Görz und Friaul nad) Ve—
nedig zu verſchaffen. Es wurden mit den Grafen von
Görz und mit dem Patriarchen von, Aquileja Dane
delsverträge geſchloſſen.
15 *
— 228 ea
“Die Grafen Meinhard ib Heinrich von Ser —
haben 1351 dem H. Albrecht dem Lahmen verſprochen,
die Kaufleute ſeiner Provinzen auf der Durchreiſe
durch ihr Gebieth zu ſchützen. Würde deſſen ungeachtet
eine Gewaltthat an ihnen verübt: ſo würden ſie ihnen
zu einem vollkommenen Schadenerſatz verhülflich
ſeyn. Zugleich verhießen ſie, von den Kaufleuten keine
größere Zollabgabe zu fordern, als dieſelben nach
alter Gewohnheit bisher entrichtet haben. Den Wie⸗
nern verlieh Meinhard 1300 einen eigenen Schutz⸗
oder Geleitsbrief, der mit dem vorhergehenden grofi:
tentheils übereinſtimmt, jedoch den Beyſatz enthält,
daß er im Falle eines Unvermögens, die Wiener ſei⸗
nem Verſprechen gemäß zu ſchützen, dieſes ſogleich
dem dortigen Stadtmagiſtrat anzeigen, und deſſen
ungeachtet den genannten Schützlingen noch ſechs
Wochen hindurch ſicheres Geleit geben werde, damit
ſie ſich anbef@adiget aus feinem Gebiethe entfernen
können *).
Zwiſchen den Städten Wien und Venzone haben
ſchon frühzeitig Verträge beſtanden, welche den Bite
gern dieſer beyden Staͤdte Sicherheit der Perſonen
und ihrer Güter gewährten. Aus uns unbekannten
Urſachen entſpannen ſich zwiſchen ihnen Uneinigkeiten,
und die Wiener übten gegen ihre Verbündete von Ven—
gone das wilde Pfändungsrecht aus. Ein neuer Ver:
trag ſollte auf Zuthun der Landesfürſten beyder Städ⸗
te: des Herzogs von Oeſterreich und des Patriarchen
von Aquileja, das alte freundſchaftliche Verhältniß
wieder herſtellen; und dieſer Vertrag kam im Jahre
1343 auch wirklich zu Stande. Der Bürgermeiſter,
Der Rath und die Gemeinde von Venzone — *
*) Beylage Nro, XLVI,
CTS 220) ue
Deutſche Nahme dieſer Stadt war Ppeiſhebder
ſtellten den Wienern eine Urfunde aus, in der ſie den—
ſelben eine gänzliche Vergebung aller Unbilden zu⸗
ſicherten, welcher ſich der Bürgermeiſter, Richter und
die Bürgerſchaft von Wien gegen die Bürger von
Venzone den alten Verträgen zuwider ſchuldig ge—
macht haben; ſelbſt auf die Genugthuung thaten ſie
Verzicht, welche in dieſen Verträgen auf Beleidigun⸗
gen feſtgeſetzt ward. Ferner verſprachen ſie, künftige
Beſchaͤdigungen der Bürger von Venzone, die derte
ſelben in irgend einer Oeſterreichiſchen Provinz könn⸗
ten zugefüget werden, nicht durch Repreſſalien zu
rächen. Geſchähe letzteres, ſo verpflichten ſie ſich zu
einer Geldſtrafe von hundert Marf Silbers, wovon
die cime Hälfte dem Herzog von Oeſterreich, die ans
dere dem Beſchädigten geboren folli Dieſe Summe
Geldes foll von ibnen innerhalb eines Monaths nad
geſchehener Forderung erleget werden. Uiber dieß foll
alles, den Wienern abgenommene Gut zurückgegeben,
und aud noch Schadenerſatz geleiftet werden, Der
Patriardh Bertrand. beftatigte diefen Vertrag und
verfprad, die Bürger von Venzone zur genauen Er-
füllung deffelben anzubalten. — Die Gegenurfunder
H. Albrechts des. Lahmen und des Magiſtrates von
Wien baben ſich nicht vorgefunden. Daf fie mit den
Urfunden der Stadt Venzone und des Patriarden
Bertrand gleichlautend waren, darf man ohne Zwei⸗
fel vorausſetzen. Die Stadt Aquileja hieß dieſen Ver—
trag ebenfalls gut; iſt alſo wahrſcheinlich demſelben
beygetreten *).
Häufige Verträge ſchließen, aber bey der erſten
günſtigen Gelegenheit ſie wieder verletzen oder gang:
* Beylage Nro. XLVII.
Boo 230 sue
lich aufheben, war allgemeine Sitte des Mittelalters
Für die Sicherheit der Oeſterreichiſchen Kaufleute in
Friaul ſchien durch Verträge hinlänglich geſorget
worden zu ſeyn, und doch wurden ſie im Jahre 13501
ausgeplündert, und die Räuber weigerten ſich die er:
beuteten Güter guradpugeber H. Diefe Unbild rächte
H. Rudolph von Oeſterreich durch einen Krieg, der
dem Lande Friaul, noch mehr aber dem Patriarchen
Ludwig ein hartes Loos zugezogen bat *.
Ob unſere Herzoge zum Vortheil ihrer RKaufleute
mit der Republif Venedig befondere Vertrage abges
ſchloſſen, und worin diefe beftanden haben, ift uns un:
befannt. Da Venetianiſche Kaufleute ſchon frühzeitig
in Oeſterreich erſcheinen, und eben ſo in häufigen Ure
kunden von dem Handel der Oeſterreichiſchen Provin⸗
zen nach Venedig Erwähnung geſchieht: ſo darf man
mit vollem Rechte vorausſetzen, daß zwiſchen beyden
Staaten mancher Handelsvertrag werde beſtanden
haben. Vielleicht war dieß auch der Fall zwiſchen
Oeſterreich und dem damahligen Rußland. Die Ree
gensburger hatten in Chiow ſchon im zwölften Sabre
hundert eine Miederlaffung: wohl ganz gewiß nach
einer gepflogenen Unterhandlung mit dem dortigen
Fürſten und nad) einem gegenſeitigen Vertrag. Sehr
wahrſcheinlich ſchloßen ſich Oeſterreichiſche Kaufleute
an die Regensburger an, denn dieſe zogen mit ihren
0. Fran. deRubeis, Monumenta Ecclef, Aquilejonſ. in
append. p. 14. Applicuerunt DCCC. homines armigeri
in Forojulio apud Villam novam, quos Dux Rodulphus
Auftriae miferat ante fe... pro eo,... quia mercatores
Domini Ducis per illos de Prampergo, de Civitate et de
S. Daniele derobati fuerunt, et non fiebat eis reftitutio
bonorum ablatorum,
e*) Defterreidh unter H. Nudolph dem Vierten. S. 142, u. f.
\
* 25 ] —
Waaren là Oeſterreich und genoßen von jeher
ganz. /vorzügliche Begünſtigungen in unſerem Vater⸗
lande, von welchen wir nun das Merkwürdigſte an⸗
führen werden.
Vorrechte, welche unfere Landesfürſten den Bür⸗
gern auswärtiger Handelsſtädte verliehen haben, ge-
hören 5 im ſtrengſten Sinne zu den damahls
üblichen Privilegien, und können als bloße Gnaden,
als freywillige Gaben betrachtet werden. Deſſen une
geachtet kann man ſie doch füglich ebenfalls den Sane
delsverträgen beyzählen, denn gewöhnlich wurden ſie
gegen bare Bezahlung verliehen; und dann verpflich⸗
teten ſich die Deutſchen Reichsſtädte, in ihren Bezir—⸗
ken den Oeſterreichiſchen Kaufleuten eben dieſelben
Vorrechte einzuräumen, die ihnen als Ausländern in
Oeſterreich zugeſtanden wurden, wovon ſich noch meh—
rere Beyſpiele in Urkunden vorfinden. Gin Privile—
gium unſerer Herzoge für Kaufleute auswärtiger
Städte batte in denſelben cin ähnliches Privilegium
für die Oeſterreichiſchen Kaufleute zur Folge, was
man auch dann als wahrſcheinlich annehmen kann,
wenn gleich in den herzoglichen Privilegien davon keine
Erwahnung geſchieht. Reiche und mächtige freye Han-
delsſtädte konnten mit regierenden Fürſten auch ganz
füglich Verträge ſchließen; die Hanſeſtädte zwangen
gar oft Könige zur Verleihung geforderter Privilegien.
In einer Handelsgeſchichte Oeſterreichs verdient
vorzüglich Regensburg erwähnet zu werden. Sie lag
unter den übrigen freyen Reichsſtädten Oeſterreich
am nächſten, und die dortigen Kaufleute wurden auch
ganz beſonders von unſeren Herzogen begünſtiget,
was aus vielen Urkunden erhellet *).
*) Manches davon iſt zwar ſchon weiter oben im dritten Abe
ſchnitt vorgekommen, wird aber hier zur leichteren Uiber⸗
nce 332 «e
—
Der $. Ottofar von der Steyrmark erneuerte
1100 auf die Bitte der Regensburger die Vorredte,
die ibnen und den Kaufleuten von Coͤln, Aachen, Mas
ſtrich und Ulm ſchon fein Vater auf dem Jahrmarkte
gu Enns verliehen hatte *). Die Regensburger, die
Diefen Jahrmarkt beſuchten, ſtanden fogar auch dort
unter der Aufſicht ihres eigenen Handelsrichters, des
ſogenannten Hansgrafen, der ſie vor Beeinträchtigun⸗
gen der Stadtbeamten in Enns ſchützte **), tin.
Nod gnadiger benahm ſich H. Leopold gegen die
Negensburger, als er ihnen 1102 das befannte Pris
vilegium ihrer Frenbeiten in Oeſterreich verlieh. Die
treuen Dienfte, die fie ibm fon öfter gelciftet batten,
und die er danfbar belohnen wollte #3), fonnten in
nichts anderem beftanden baben ‘als int anſehnlichen
Geldfummen, die fie ibm für ſeine Begünſtigungen
freudig darbrachten, um daraus einen noch beträcht⸗
licheren Gewinn ziehen zu können, Aber weder darge⸗
brachtes Geld, noch auch Privilegien konnten ſie vor
ſicht und Ergaͤnzung der gegenwaͤrtigen Abhandlung geſtiß
ſentlich wiederhohlet.
*) Scheid, l. c. p. 30. Jura nundinarum Anasensis ville ad
inftantiam Ratisponensium . . renovavi. — Gemeiner ,
Regensburgifhe Chronik. Th. I, S. 280, u. f.
#*) L. c. Peracto foro et ibidem navibus oneratis, Comes
Ratisponenfis cumjudicibus de villa ad portum veniens,
a nautis inguirat, quid queque navis ferat, ete,
#**)L. c. p.31. Nos penfato fideli obsequio civium Ratispo-
nenfium, quod Serenitati nofire lepe numero prestite-
‘runt, dignum duximus, eos plus ceteris honorandos,
quorum pre ceteris devocionem evidentibus rerum. ar-
gumentis experti fumus. De justitia itaque nofira que
nobis solvebatur... partem ipsis remifimus et contra
insolentiam eorum, qui officiis noftris presunt ,. 608
veluti familiarins nobis obligatos, fiabili jure prote-
gamus inpoficrum.
are 2353 ---
einem neuen Unfall beſchützen, denn ſchon nach ſechs
Jahren erhielt die Reſidenzſtadt Wien das Vorrecht,
daß ſich kein auswärtiger Kaufmann dort länger als
zwey Monathe aufhalten, und ſeine Waaren nieman⸗
den als nur einem Bürger verkaufen durfte. Dieſer
harte Druck wurde den fremden Kaufleuten erſt im
Jahre 1281/abgenommen,. und dem Handel cine
gròfiere Freyheit geftattet *).
Späterhin wechſelten die Schickſale der Regens⸗
burgiſchen Kaufleute in Oeſterreich gar ſehr. Im
Mittelalter ſtanden Willkühr und Gewalt immer
oben an; den Schwächeren konnten weder Geſetze
noch anch Vertrage oder Privilegien vor Eingriffen
in feine Nechte bewahren: alles bing von Umftanden
ab und vom Willen Des Madtigeren. Oft bat dem
Handel der Regensburger in Oeſterreich Unheil und
Verderben gedroht, aber ihre Klugheit hat immer die
tauglichſten Mittel gewählet, ſich bey dem Beſitz wohl
erworbener Freyheiten zu behaupten.
Eine Urkunde H. Friedrichs des Schönen vom
Jahre 1300 ſicherte die Regensburger vor Gewalt⸗
thaten und verſprach ihnen geſetzlichen Beyſtand ge⸗
gen Schuldner **); nur veranlaßten ſchon nach zwey
Jahren Erpreffungen der Zollbeamten in Wien laute
Klagen und Bitten um Abhülfe #9), Nod ſchlimmer
verfube man in Oeſterreich mit den Gütern der Re-
gensburger in den folgenden Jahren, denn fie wurden
dort für Feinde angefeben, die ſich wider È. Friedrich
den Schönen an feinen Gegner, È. Ludwig den Baper,
angefoloffen haben. Eine Geſandtſchaft der Magenta
*) Davon ift im britten Abſchnue ſchon geſprochen worden.
#*) Gemeiner, Th. IL S. 471.
*—9 a. O. S. 479.
neo 234 +0
burger, die 1317 trad) Wien abgeordnet wurde, ſollte
grofierem Unbeile vorbauen und Friedriden die trau?
rige Lage der Stadt gu Gemüthe fubren, die es dere
Bürgern unmöglich made, benden Ronigen gleiche
und moblgefallige Dienfte zu erweiſen. Würden fie
fich als treue Unbanger Friedrichs erklären, fo ſtünde
ihnen von Bayerns Seite cin großes Unglück bevor;
und während ſie ſich nun gegen Ludwigen, um ihn
nicht zu Feindſeligkeiten aufzureitzen, beſcheiden und
geſchmeidig benehmen, werde dieſes in Oeſterreich
für ein Verbrechen angeſehen, und man nehme ihnen
zu Waſſer und zu Lande ihre Güter hinweg. Der ge—
rechte Friedrich fällte ein für die Regensburger gu:
ſtiges Urtheil, verſprach, ſie vor Gewaltthaten in ſei—
mem Lande zu ſchützeny und ſicherte ihnen volle Gerech⸗
tigkeit gegen ihre Schuldner zu. Dieſe Gnade kam
ihnen aber ziemlich theuer zu ſtehen, denn die Koſten
der Geſandtſchaft und verſchiedene Geſchenke, zu wel⸗
chen man ſich in Wien genöthiget ſah, wurden auf
zwölfhundert Pfund Pfennige angeſchlagen *).
Wurden gleich viele Privilegien von Kaiſern,
Koönigen und Herzogen auf ewige Zeiten verliehen,
ſo forderten doch ihre Nachfolger, und die Klugheit
rieth es auch, daß man dieſelben immer wieder von
dem neuen Regenten beſtätigen ließ. Die Ertheilung
oder die Beſtätigung eines Privilegiums gehörte gu
den Finanzquellen der Fürſten im Mittelalter; und
thaten auch einige derſelben großmüthig darauf Ver⸗
zicht, ſo traten ihre Kanzler und Hofräthe auf, und
verlangten drohend reichliche Gaben für ihre geringen
Bemühungen. Man mußte ſich in Die Umſtaͤnde file
gen, denn damahls bat größtentheils Gemalt für
*) I. a O. S. 501 Und 502,
ee 255 iaia
Recht gegolten. Diefes ift den Negensburgern und
aud anderen Handelsſtädten nicht nur in Oeſterreich,
ſondern auch in Bayern *) und in vielen anderen
Provinzen begegnet. Nach dem Tode È. Friedrichs
hat ſein Bruder Albrecht der Lahme in Geſellſchaft
He Otto's die Regierung in Oeſterreich angetreten.
Der Magiſtrat von Regensburg fand es für räthlich,
die alten Privilegien der Stadt von dem neuen Regen⸗
ten beſtätigen zu laſſen, und ſchickte 1330 Abgeſandte
nach Wien. Albrecht benahm ſich gegen dieſelben ganz
ſeinem Character gemäß: großmüthig und milde;
aber mit unverſchämter Geldgier forderten die Hof—
räthe reiche Geſchenke. Zwey Stück Brüſſler Tuch,
welche die Geſandten zum Geſchenke anbothen, wur⸗
den mit Verachtung zurückgewieſen, denn ſolche Klei⸗
nigkeiten geziemten ſich nicht für große Herren. Sogar
H. Otto's Siegelbewahrer, cin geiſtlicher Herr und
Pfarrer, mußte wie die Weltlichen befriediget wer—
den, ehe das erneuerte Privilegium fur die Regens—
burger ansgefertiget wurde. Die Beendigung diefes
Geſchäftes Foftete fieben und fedizig Marf Silber8,
wofür den Negensburgern neuerdings Sicherheit der
Perfonen und des Eigenthums verbeifien murde **).
*) Nur cin Paar Beyſpiele, mie es am Hofe È. Ludmiga jus
ging. Um ſich nur einen Butritt gu ibm zu verfcbaffen, war
Geld fitr feine Hofpetren unentbebrlid. Sind diefe befrie:
Diget worden, dann mufite man dem immer geldarmen
Kaiſer und aud feiner Gemablin grofe Anerbiethungen
machen, um ein Privifegium oder cin gnadiges Urtbeil in
einer Streitfade zu erlangen. Gemeiner, Th. II. S. 31,
32, 36,u.f. — n Zirngibl's Geſchichte dieſes Kaiſers fine
den ſich baufige dergleichen Bepfpiele. Diefe Sitte, ſich
Gnaden abfaufen zu faffen, war damahls in allen Laͤndern
herrſchend.
**) Gemeiner, Th. I. S. 548.
24 236 su’ ;
Im Sabre 1337 erhielten ſie cine zweyte Beſtätigung
ihrer Freyheiten *), deren Kraft erſt mit dem Tode
H. Albrechts erloſch.
Um die Ertheilung der Schuhzprivile gien fe
fremde Kaufleute noch cintraglicher zu machen, ſchritt
man unter der Regierung H. Rudolphs IV. zu einem
neuen Erwerbsmittel: man verlieh ſie nur auf mes
nige Jahre, um ſie deſto öfter erneuern zu können.
Rudolph nahm die Kaufleute von Regensburg am 25,
März 1364 gegen bare Bezahlung **) auf ſechs Saba
re in feinen Schutz, verſprach ihnen Sicherheit der
Perſon und des Eigenthums, ein gerechtes Urtheil
gegen ihre Schuldner, und Befreyung von dem Pfän⸗
dungsrecht. Würde er ihnen einmahl ſeinen Schutz
entziehen, ſo ſoll dieſes ihrem Magiſtrat angezeigt,
und ihnen noch vier ganze Monathe hindurch der Ge
nuß dieſes Privilegiums geſtattet werden RXH) Rue
dolphs Nachfolger beſtätigten 1379 und 1398 nicht
nur dieſes Privilegium nach ſeinem ganzen Inhalte,
ſondern auch das Recht einer Waarenniederlage in
Wien und eines freyen Handels im Herzogthum;
fogar von dem Zahlungsaufſchub, melden die Herzo—
ge Wilhelm: und Albrecht ibren eigenen Untertbanen
bewilliget haben, follten die. Negensburger keinen
Nachtheil zu befurdten baben****), Der einträgliche
Handel der Regensburger nad Oeſterreich lockte fie
an, cine neue Strafe nad) Wien einzuſchlagen, da⸗
gegen È. Ludwig der Bayer 1344 einer Regensbur⸗
giſchen Geſandtſchaft feines Vortheiles balber Vor⸗
ſtellungen gemacht bat *x—6x*).
*)A.a. O. S. 556.
*) Gemeiner, Th.IL S. 133.
**) Senkenberg, Selecta, T. IV. p. 255 — 257.»
+44) Gemeiner, Th. IT. S. 192 UNÒ 338.
— A. a. O. S. 41.
| i une 2537 n
8. Albrecht der Dritte fing an, ſeinen Privilegien
am Ende die Formel beyzuſetzen: ,, Dis an Unfer
Widerrufen.“ Seine Nadfolger in der Regierung
folgten feinem Benfpiele nad), und auf diefe Weiſe
wurden Privilegion nicht mehr, ivie guvor, fur cine
Ewigfeit verliehen, und fonnten fiir. das allgemeine
Beſte leichter abgeändert oder gar aufgebobenmerden;
aber defto nöthiger wurden auch die oftmahligen Er:
neuerungen derſelben, wodurch die Finanzen der Für⸗
ſten einen erwünſchten Vortheil erlangten.
Wie von Regensburg, fo kamen auch von vie:
len anderen Städten Kaufleute nad) Defterreid *).
Ohne Privilegien hätten ſie es nicht wagen dürfen,
bebeutende Geſchäfte dorthin zu unternehmen, ſonſt
hätten ſie ſich häufigen Gefahren ohne allen Schutz
blofigeftellet, und wären dem gänzlichen Verderben
kaum entgangen. Hätten wir auch von anderen Städ⸗
ten ſo vortreffliche Chroniken wie von Regensburg:
{o todren wir im Stande, cine vollſtändigere Geſchich—
te des Handels in Oeſterreich zu liefern. Das Einzige,
was ſich deſſen ungeachtet mit gutem Grunde voraus⸗
ſetzen laͤßt, iſt dieſes: Die Oeſterreichiſchen Kaufleute
werden in den auswärtigen Städten, welche von une
ſern Herzogen vorzüglich begünſtiget wurden, ähnliche
oder ganz gleiche Vorrechte genoffen haben; im widri—
gen Galle batte man ſich der Repreſſalien nad) allge—
meiner Sitte bedienet.
*) Der H. Ottokar nennt ſchon 1190 Kaufleute bon Regens⸗
burg, Coͤln, Aachen, Ulm und Maſtrich, Die den Jahrmarkt
in Enns beſuchten. Fn dem Stadtrecht, welches KeFrie—
drich 1320 den Wienern verliehen, werden noch viele
andere weit entlegene Staͤdte genannt: apud Rauch,
T. HI, p. 24. Die Venetianer nennt H. Friedrich der
Streitbare in einer Urfunde fur Neuſtadt.
ese 235j <-->
An Handelsverbindungen größerer Art mit See
mächten murde damahls noch gar nicht gedadt, vb:
gleich es an Benfpielen nicht gemangelt batte, daß
Landftadte des Reichs mie Negensburg und N,ürn—
bergy ibren Handel big in weit entfernte Linder aus:
gebreitet haben. Erft 1702 ward K. Leopold von ei⸗
nem ihm gemachten Vorſchlag beffig ergriffen: Es
follte der Fluß Oder vermittelft der Mard mit der
Donau verbunden, und dadurd) dem Oeſterreichiſchen
Handel eine mene tröſtliche Ausſicht eröffnet werden.
Sur Ausführung dieſes Projecte8 wurden fogleid) die
nöthigen Befeble-ertheilet, aber der Canal fam nicht
gu Stande, und man hat fid init der Hoffnung —
„der Beforderung der Comercien mit ausländiſchen
See-Potettzen“! getäuſchet ). |
\ 3 a | 5
—— —
Y $ QUI
Handels⸗Polizey.
Vierzehnter Abſchnitt.
Obrigkeitliche Perfonen: Die Genannten, der Hansgraf
und die Leihkaufer.
Ns dem bisher Gefagten erbellet zur Genüge, daß
ſich fomobl unfre Landesfürſten als aud) die Defterrei:
chifchen Sandelsleute, die mur aus Bürgern in Stade
ten und Märkten nebft cinigen wenigen vorzüglich
Begunftigten beftanden, cifrigft beſtrebet haben, na
ibren beſchränkten Anfichten den Handel zu beleben
und fefter gu begrunden. Daf cine fo wichtige Sache,
*) Supplement. Cod. Auftriac. p. 446.
namlich der Handelsverkehr zwiſchen den Untertha⸗
men ſelbſt, und auch zwiſchen dieſen und auslän—
diſchen Kaufleuten, einer obrigkeitlichen Aufſicht une
terliegen müſſe, bat man auch im Mittelalter eine
geſehen, wenn man gleich noch nicht im Stande war,
paſſende Maßregeln für verſchiedene mögliche Falle
anzuordnen und feſtzuhalten. Wir wollen ehen, wel⸗
che Polizeygeſetze fur den Handel damahls erlaſſen
worden, und welche Perſonen für die Handhabung
derſelben gewacht haben. Wir reden von letzteren
uerſt. —
Die ſtädtiſche Verfaſſung bat ſich in Italien früh—
zeitig ausgebildet, und die Bürger mehrerer dortigen
Stadte errangen, von Umſtänden begünſtiget, ſich
bald die Freyheit, in voller Unabhängigkeit von ihren
vorigen Lehenherren ein Stadtregiment nach eigenem
Gutbefinden einzuführen, und das Gemeindeweſen
ſelbſt zu verwalten. Gelang dieſes gleich auch vielen
Stddten im Deutſchen Reiche, fo gingen doch die
Italiener den Deutſchen in Rückſicht des Handels
und großer merkantiliſcher Unternehmungen gewöhn⸗
lich voraus, und gaben ihnen Muſter weiſer Anord⸗
nungen im Fache des Handelsverkehrs, bis endlich
nach der Gründung und Befeſtigung des hanſeatiſchen
Bundes die Lehrer von ihren Schülern übertroffen
wurden. Der Stadtmagiſtrat, aus der Mitte der
Bürger von ihnen ſelbſt gewählet, führte die oberſte
Aufſicht über das Wohl der Stadtgemeinde und ſorg⸗
te fur die Erhaltung der Nube und Ordnung. Sn
Gegenftanden von minderer Wichtigkeit Uberliefien
es unfere Herzoge der Einficht des Magifirates, zeit-
gemafe Anordnungen zum Beften der Bürger zu
machen; in wichtigeren Angelegenbeiten entſchieden
ſie aber als Landesfürſten ſelbſt, und erſetzten dadurch
ceo 240 ra
die Gebrechen ——— ſaumſeliger, manchmahl
auch gewinnſüchtiger Stadtbeamten.
n den früheften Zeiten gab es nur einen Stadt⸗
richter und Rathsherren (conlules); die Bürgermei⸗
ſter wurden viel ſpäter eingeführet, weil es den Stadt⸗
richtern bey Zunahme der Geſchäfte unmöglich ward,
für die Gerichtspflege und Oekonomie der Stadt zu⸗
gleich gui ſorgen *). Unter den Rathsherren gab es cia
men zweyfachen Nangi Die vornehmeren derſelben,
unter welchen ſich gewöhnlich Adelige und Wohlha⸗
bende befanden, machten den ſogenannten inneren
Nath aus, der die wichtigſten Geſchäfte der Stadt
beſorgte. Zum äußeren Rath wurden ärmere, minder
—5 Pesa ermablet, denen man verſchiedene
*) Von Bien ivi wir diefes aus detti — *— Den Buͤrgern
von Linz erlaubte K. Friedrich 1490. die erſte Wahl eines
Buͤrgermeiſters. In ber Urkunde hieruͤber heißt e8:
„Wann unſer Getreuen Lieben, N der Nidier, Rath und
unſer Vurget hie gu Linz dieſer Beit mit Den Kriegslaͤufen,
Gebaͤuen und ander Arbeit, die ſich taͤglich mehren merklich
beladen, deshalben unſer Richter daſelbſt von Manigfaltig=
kait wegen ſolcher Arbeit uͤber ſein Vermuͤgen beſchwert,
und darum niemands, fo zu ſolchem Amt tauglich, leichtlich
darzu ju bringen; darzu dieſelb unſer Stadt ain Haupt—
ſtadt unſers Fuͤrſtenthums Oeſterreich ob der Enns iſt, und
billichen fuͤt ander unſer Staͤdt daſelbſt geehret, und mit
ſondern Wuͤrden und Freyhaiten verſehen werden ſoll
haben mir ihnen die Gnad gethan, vergunt underfaubt.,
wiſſentlich mit dem Brief, daß dieſelben, Richter und Rath
und ihre Nachkommen nun fuͤran ains jeden Jahrs ain aus
biihnen, fo darzu tauglich iſt, gum Burgermaiſter und ain
aus ihnen gum Richter fuͤrnehmen und erwaͤhlen, u. fi w
Geben zu Linz, am Mittichen nach dem Sontag Reminiſee⸗
re in der Faften (ani 10. Marg) 1490.“ — In Steyr wur⸗
de 1499 mit Bewilligung des Kaiſers der naͤmlichen Urfa-
then balber der erfte Burgermeifter erwaͤhlet. Preuenpuber,
S. 161. — Gn Wels geſchah diefes 1569, In Krems1416.
*
neo QU1 *4
kleinere Geſchäfte anvertrauete. Ben Ereigniſſen von
der grofiten Wichtigkeit, welche einen allgemeinen Bee
ſchluß der ganzen Bürgergemeinde nöthig machten,
berief der innere Rath de äußeren zur gemeinſamen
Berathſchlagung, wobey letzterer die Geſammtheit
der Bürger vorſtellte und vertrat. Die Genannten
gehörten zu dieſer Claſſe des Stadtrathes, oder aus
ihnen beſtand eigentlich der außere Rath. Der Gegen⸗
ſtand ihrer Amtspflicht mar vorzüglich: Für Treue
und Glauben zwiſchen Käufern und Verkäufern Sorge
zu tragen, allen Betrug zu beſeitigen, in zweifelhaften
Faͤllen als Zeugen aufzutreten, und beym täglichen
Handelsverkehr die geſetzliche Ordnung aufrecht zu ere
halten. Eine eigene Obrigkeit für den Handel findet
man ſchon frühzeitig in Italien ) und Deutſchland;
in unſerm Oeſterreich erſcheinet ſie urkundlich zuerſt
im zwölften Jahrhundert. In der Folge änderten ſich
die Verhältniſſe der Amtsgewalt der Genannten zum
Stadtregiment an verſchiedenen Orten; der Nahme
der Genannten hoörte auf, und ihre Geſchaͤfte theilten
der innere und äußere Rath. Da in den älteren Deftera
reichiſchen Urkunden immer nur ein Stadtrichter mit
*) Muratori, Antiquit. Ital. T. II. p. 887. Multis in locis
invaluit mos creandi Confules Mercatorum, qui et ad-
huc Alicubi perdurat. Multa erat anctoritas ejufmodi mu-
nere fungentibus tum ad componendas ; aut dirimendas
mercatorum lites, tum etiam ad puniendos quor umdam
criminum reos yet ad foedera etiam cum exteris ineunda.
In Modena, Lucca und in anderen Staͤdten Italiens fome
men Majores Confules et Confules mercatorum vor: der
innere und aͤußere Rath. Muratori, Lc. — In Krems und
Stein erſcheinen 1477: Rath und Genannte. Rauch, TIT,
313 et 314. — Senkenberg, IV. 465. In Der Urfunde
H'!Rudolphè IV. vom Jahr 1364 heißt ed: „Der burger⸗
maifter , der inner und dev auffer rat.“
10
> 2/2 cs.
einem Stadtrath und die Genannten vorfommen, fo
irret man nicht, wenn man unter letzteren geradezu
den äußeren Rath verſteht. Als Beweiſe dieſer Ber
hauptung dienen folgende Stellen: ta;
Um minder Bemitfelte vor der Habſucht der Made
tigen gu ſichern, befabl ſchon gue Zeit der Frankenkö⸗
nige das alte Geſetz, daß cin Kauf nur dann gültig
ſeyn follte , wenn er vor Gericht in Beyſeyn tauglicher
Zeugen ift abgeſchloſſen worden *). Diefes Geſetz dau⸗
erte unter ciner mebr ausgedebuten Form and noch
in fpateren Heiten fort, denn es murde in Oeſterreich
feftgefett, Daf cin jeder Kaufscontract, deſſen Bes
trag fich uber dren Pfund Pfennige belief, vor wenig—
ſtens zwey Zeugen follte abgefebloffen werden. Zu die
fer. Zeugenſchaft waren die. Genannten beftimmet.
Sehr wahrſcheinlich find unter den Beamtender Stadt
Enns, mele in der Urfunde H. Ottokars vom Fabre
1100 Richter heißen, ſchon die Genannten zu verfte:
ben, denn diefelben waren den Handelsgeſchäften vor⸗
gefegt und wachten für die geſetzliche Zollabgabe auf
dembdortigen Sabrmarft 9).
*) Balu⸗ius, Capitularia, L. II, Cap. 32.T.T. p. 747. Prop-
ter provifiones pauperum, pro quibus curam habere de-
bemus, placuit nobis, ut nec Epifcopi, nec Abbates,
nec Comites, nec Vicarii, nec Judices, nullusque om-
nino fub mala occafione vel malo ingenio res paupernm
vel minus potentum nec emere nec vi tollere audeat; fed
quifquis ex eis aliquid comparare voluerit,, in publico
placito coram'idoneis teltibus et cum ratione hoc faciat.
Ubicunque autem aliter inventam fuerit , factum hoc
omnino emendetur per jullionem nofiram.
#+) Scheid, Origin, Guelf. T. 1II. praef. p. 30. Peracto foro
et ibidem navibus oneratis, Comes Ratisponenfis cum
judicibus de villa ad portum veniens , a nautis inquirat,
quid queque navis ferat...Si vero judices ville nautis
Do 2/5 e 1
| Mod deutlicher erſcheinen die Genannten und ihre
Amtsverrichtungen in dem Stadtrechte, welches H.
Leopold 1198 den Wienern verliehen bat. Er befabl,
daß aus allen Gaffen der Stadt bundert aus den mei:
feften Bürgern, deren Nahmen in einem befondern
Verzeichniß enthalten fenn und den Bürgern befannt
gemacht. werden müſſen *), ermwablet werden follten,
Deren Anzahl immer gleich erbalten, und nad dem
Tode eines derfelben durch cine neue Wahl wieder ere
gdngt merden muffe. Wir verorduen, fagt Leopold,
daß aller Kauf und Verfauf, jede Berpfindung oder
Sdenfung der Landgliter, Häuſer, Weingarten oder
was immer für Sachen, deren Werth drey Pfund
überſteigt, und ein jedes wichtiges Geſchäft, deffen
Verhandlung nicht in Vergeſſenheit gerathen darf,
vor zweyen oder mehreren dieſer hundert Männer ge:
ſchlichtet werden ſoll. Hat ein Bürger zwey derſelben
zu Zeugen und ſtirbt einer von ihnen, ſo genügt das
Zeugniß des Uiberlebenden in Geſellſchaft eines an:
dern glaubwürdigen Mannes. Weigert ſich einer aus
dieſen hundert Männern, vor Gericht als Zeuge zu
erſcheinen, ſo ſoll ihn der Richter dazu zwingen. Wäre
aus der Weigerung, Zeugenſchaft zu geben, ein Scha⸗
den entſtanden, ſo müßte der Halsſtarrige Erſatz
non crediderint, de quibuscumque sos impecierint,
naute juramento fuo fe defendant. Die Genannten fonn=
ten fuͤglich auch Richter heißen, weil fie nicht nur in Han:
delsſachen, fondern auch in anderen Geſchaͤften dem Stadt:
gericbte beyſaßen.
*) Obne Zweifel biefien fie daber die Genannten, weil ipre
Nabmen verzeichnet und allen Bewohnern der Stadt be:
fannt gemacht wurden, damit man fid in Handelsangele=
gendeiten ohne vieles Nadfragen an diefelben menden und
fie ju Beugen nehmen fonnte.
10.*
+
no 24 —
leiſten ). Dieſes Geſetz H. Leopolds wurde von ſeinen
Nachfolgern bald wörtlich wiederhohlet, bald mit ei⸗
ner Verminderung oder Vermehrung der Anzahl der
Genannten ernenert, und aud auf andere Stadte
des Herzogthums Oeſterreich ausgedebmet.
‘Qu einer Zeit, als die Schreibekunſt auch in
Städten unter den gemeinen Bürgern immer noch ete
was Seltenes war, und die meiften Vertrage münd⸗
lic) abgeſchloſſen wurden, mufiten nothwendig wegen
des Mangels geſetzlicher Beweiſe manche Streitigkei⸗
ten entſtehen, die ſich nicht leicht entſcheiden ließen,
da ſich weder glaubwürdige Zeugen noch ſchriftliche
Aufſätze vorfanden, auf welche der Richter fein Ur
theil hätte gründen können. Um dem Betrug unred⸗
licher, und dem Gezänke gewinnſüchtiger Menſchen
Einhalt zu thun, war obiges Geſetz vom H. Leopold
den Wienern gegeben, und hatte gewiß ſehr heilſame
Folgen. Eine gleiche Wohlthat bat er 1212 den Bür⸗
gern von Enns erwieſen, im welcher Stadt ſechs des
eidigte Männer über den Handel und über alles, was
der Bürgergemeinde zur Ehre und Wohlfahrt gerei⸗
chen konnte, wachen mußten; ihren Beſchlüſſen durfte
ſich der Stadtrichter keineswegs miderfeben**). Bere
*) Lazius, J.c. p..73. Statuimus in civitate Centum viros
fideliores de fingulis vicis prudentiorum,, quorum no»
mina in chartula Speciali notata juxta privilegium hoc
Semper: habeantur; et fi unus illoram moriatur, alter
fiatim in locum fuum communi.confilio fubftituatur.
Nos ad hoc inftituimus, ut omnis emptio et venditio ,
pignoratio, donatio predioram, domorum, vinearum,
vel quarumcunque rerum, quae aeftimatae fuerint ultra
tria talenta, et quodlibet negotium arduum et memoria
dignum coram duobus vel pluribus illorum Centumvi.
rorùm celebretur et agatur, etc.
#*) Hormayr, Taſchenbuch fiir das Jahr 1812. S.52. Sta-
tuimus, ut fex ydonei ciues iuramento confirment,
ne- 3/5 ---
muthlich bat der Herzog Leopold auch noch anderen
Stadten Aehnliches vorgeſchrieben, aber die Urfune
Den find verloren gegangen. Seine Berordnung diente
in den folgenden Jahren den Regenten Oeſterreichs
gum Mufter. Mit ganz gleichen Worten verordnete
fein Sohn H. Friedrich der GStreitbare , daß zwanzig
Bürger in der Stadt Heimburg über alle Handels—
verträge Zeugenſchaft geben ſollen*). Für die Stadt
Wien verordnete der K. Rudolph im Jahre 1278
bundert**), und H. Albrecht der Lahme im Fabre
13540 zweyhundert Bürger ju diefem Geſchäfte **).
quod disponant de mercatu et de univerfis que ad hono⸗
rem et utilitatem ciuitatis pertinent. Die altdentfche Mi:
» berfeBung diefer merfmirdigen Urfunbde findet fim in: Des
tore unter den Konigen Ottofar und Albrecht. Th. IT.
i ‘251.
*) Senkenberg, Vifiones, p. 278. Wir fehen zwaintzich man
in der ffat Die tewriſten auz allen gazzen vnd die meififten ,
der namen in cinem befondern prief geſchriben ond gemercht
pei diſer bandfeft ze aller zeit bebalten werden ... Dife hab
mir Darzo gefagt.. daz cin jegleich auf pnd verchauf oder
bingebung der apgen . der Haufer oder der Weingarten
oder ſwerherlay gut ez fei, die vber drev phvnt geacht fein
.. fretichfeich gefcheben vnd getan werden vor zwain oder
menigerin Der gensuten, u.f. m.
Lambacher, S. 154, Statuimus centum viros in civita-
te, vel plures ,..ut omnis emptio vel venditio, pigno-
ratio, donatio domorum...coram duobus vel pluribus
illorum denominatorum legitime celebretar, .. Denique
quicunque illornm denominatorum etc. Die denominati
find die Genannten ; fo merden fie aud in der Urfunde
D. Friedrichs fuͤr Heimburg aufgefuͤhret.
#**) Rauch, T, III. p. 48. Wir ſetzen Zway Hundert man, oder
mer, ob fein durft i, der getremiften, vnd der weiſeſten
auz allen firazzen, der namen fullen fein gefchriben bei di:
fer Hantfeſt .... daz fol ſtetichlich geſchehen vor zwain
oder vor menigern der genanten, u. ſ. w.
Sn dem Stadtrechte H. Ulbredht6, das er 1206 dett
Wienern verlieben hat, ift nicht von den Genannten
oder vom differen, fondern vom inneren Stadtrath
die Nede, welcher feimem Willen gemäß aus zwanzig
Mitgliedern beſtehen ſollte. Dieſen ertheilte er die
Volimacht , alfen verkäuflichen Dingen gewiſſenhaft
einen Preis zu beſtimmen, der den Zeitumſtänden
angemeſſen, und für Käufer und Verkäufer billig pon
folte *)..
Die fpateren Urkunden bezeichnen dic Genannten
und ihr Amt fo deutlich, daß uns kein Zweifel übrig blei⸗
ben kann, daß Genannte und äußerer Rath ganz gleich—
bedeutende Worte ſind. Preuenhuber erzählet aus den
alten Urkunden der Stadt Steyr, daß in den frühe⸗
ren Zeiten jährlich um Weihnachten ein Richter und
ſechs Rathsherren aus den tauglichſten und angeſe⸗
henſten Bürger find erwählet worden. Als ſich ſpä—
terhin die Volksmenge vermehrte, hat man beyläufig
fünfzig Burger aus den Gemeinden Steyr und Steyr⸗
dorf erwählet, welche Genannte hießen. Sie wurden
in Eidespflicht wie die Rathsherren genommen und
in den Stadtrath berufen, um bey wichtigen Vorfäl—
len im Nahmen der ganzen Burgergemeinde mitzu:
ftimmen. Was alsdann von dieſem zuſammengeſetzten
Rath befobloffen wurde, mufite ohne Widerrede von
allen Stadtbemohnern befolget werden. Als e8 ſich
fpaterbin aber seigte , daß es ſchwer liefie, von fo vie:
*) Senkenberg, Vifiones, p. 289. Wir haben auch geſetzet
.daz von Der gemaine Der ſtat zu dem rat werden erwelt
zwainzik man in der gefelteftbefte fei der Nichter von der
ftat.... Si fvln auch mit cefivorem aide allen vaifen Dingen
rebten auf, vnd rebten Mardt auffeben. daz dem auf:
far, vnd dem verchauffer nad der geſtalt der geit und auch
durftichait merde behalten.
Ten Rathsmännern einen cinftimmigen Schluß zu
erbalten, fo ward die Einrichtung getroffen, daf die
urſprünglichen ſechs Rathsherren mie zuvor von der
Bürgerſchaft ermablet wurden; aber diefe Rathsher⸗
ren erbielten die Vollmacht, feb andere Bürger zu
ifren Mitgliedern zu ermennen. Die jährlich austrea
tenden ſechs Rathsherren übernahmen das Umt der
Genannten, welches zuvor von fünfzig Bürgern ver⸗
waltet wurde, und ſtanden den Rathsherren i in ih⸗
ren Verrichtungen bey . — Gn Enns beſtand der
Stadtmagiſtrat aus einem Nichter, acht Rathsher—
ren und vier und zwanzig Genannten **). Sn der neuen
Bürgerordnung „welche È. Ferdinand am vier zehn⸗
ten October 1548 den Welſern vorgeſchrieben bat,
murde fefigefebt, daß ihr Magiſtrat aus einem Stadt:
richter, aus acht Nathsherren und zwölf Genannten
beſtehen ſollte. Erſterer wurde jährlich, letztere wur—
den nach zwey Jahren erwählet. Alle mußten dem
Kaiſer ſchwören ihr Amt getreulich zu verwalten. Der
Stadtrichter und die Rathsherren traten ihre Würden
erſt nach erhaltener Beſtätigung des Kaiſers, die Ge⸗
nannten aber ſogleich nach ihrer Erwählung an ***).
In dem Privilegium, welches È, Friedrich 1463 den
Städten Krems und Stein zur Belohnung der ihm
bewieſenen Treue verliehen hat, werden genannt:
Bürgermeiſter, Richter, Rath, Genannte und Gee
meinde der Stadt 99),
Ob die Genannten ganz alleitt den dufieren Nath
einer Stadt ausmachten oder nebft diefem cine eigene
*) Preuenpuber, S. 161.
**) Beylage Nro. XXXII,
***) Das Original diefer langen urkunde * fd im Stadt⸗
archiv zu Wels.
#4) Rauch, T, III. p. 378.
dritte Abtheilung im Stadtregimente bildeten, läͤßt
ſich im AUgemeinen nicht bejahen, nicht verneinen.
Als die Handwerksinnungen anfingen, einen Antheil
am Stadtregiment zu fordern und nicht eher ruhten,
als bis einige ihrer Genoſſen in den Rath aufgenom⸗
men und verſchiedener Stadtämter theilhaftig wur⸗
den, geſtaltete ſich die neue Verfaſſung in den Städ⸗—
ten auf eine verſchiedene Weiſe. In Regensburg gab
es ungezweifelt einen inneren und äußeren Rath, und
nebſt letzterem noch Genannte und Vierziger ). Sn
anderen Städten machten die Genannten den äuße—
ren Rath aus ), was auch in Oeſterreich nach der
Ausſage der angeführten Urkunden beſtanden zu haben
ſcheinet, denn ein äußerer Rath, und nebſt dieſem
noch Genannte als cin fur ſich beſtehender Rathskör—
per, werden nirgends angegeben. Sin Wien, mo die
Genannten in den Urfunden zuerſt erſcheinen, geſchah
von ihnen im ſechzehnten Jahrhundert keine Erwäh—
nung mebr***), da ſie doch in anderen Städten Ober⸗
öſterreichs, in Enns, Steyr und Wels, unter der
alten Benennung noch fortgedauert haben. Im ſieb—
zehnten Jahrhundert verſchwand allgemach der alte
Nahme der Genannten, und es gab allenthalben nur
einen inneren und äußeren Rath in Städten und
Märkten, deſſen Mitgliedern die verſchiedenen Ge—
ſchäfte der Gemeindeverwaltung anvertrauet waren.
Es war nöthig, von den Genannten weitläufiger
gu ſprechen, weil ſie bey dem allgemeinen Handelsver—⸗
kehr im Lande eine wichtige Rolle als Vorgeſetzte ge—
fpielt baben. | i
*) Gemeiner, Chronif. Th. T. S. 324, uf. i
#*) Karl Friedrich Eichhorn, Deutſche Staats - und Rechtsge⸗
ſchichte Gittingen, 1819. Th. II. S. 280 — 284.
#**) Ubermann, Bud IN. S. 91.
ne 249 eco
Um viele Sabre fpater als die Genannten erſchei⸗
met in unfern vaterlandifchen Urfunden eine obrige
keitliche Perſon, welche Hansgraf genannt ivird.
Diefes Wort, das aus Hanſa oder Hanſe und Graf
gufammengefegt.ift, bezeichnet einen Handelsrichter,
welcher Streitigkeiten zwiſchen Käufern und Verkäu—
fern zu unterſuchen, und für die Beobachtung der be⸗
ſtehenden Handelsgeſetze, ſo wie auch für die Sicher⸗
heit der Kaufleute zu wachen hatte *). Er war im ei⸗
gentlichſten Sinne nach unſerem heutigen Sprachge⸗
brauch der Polizey-Director in Sandel8gegenftane
den, batte Unterbeamte und Auffeber, die ibm Ber
rit erftatten muften, und war der Vorſteher des
Hansgrafenamtes. Dieſe Magiſtratsperſon hat man
in Oeſterreich ſehr wahrſcheinlich vom Ausland her
kennen gelernet, für den Handelsverkehr ——
gefunden und in Wien zuerſt eingeführet.
Ein Hansgraf von Regensburg wird ſchon in der
Urfunde ermabnet, welche der Steyriſche Herzog Ot⸗
tofar 1190 den Bürgern von Enns für den dortigen
Sabrmarft verlieben bat**). Gatte damahls fon
auch in Defterreid ein Hansgrafenamt beftanden, fo
ware in den vielen Privilegien der Stadte gewiß da⸗
*) Georg Sartorius, Geſchichte des Hanfeatif(den Bundes.
Th. S. 109. Da alte Wort Hanfa oder Hanfe bedeu⸗
tete uͤberhaupt eine Geſellſchaft und auch einen Bund. Spa:
terbin murde e6 bloß von. dem Bunde Der Handeleftadie
und von einzelnen Handelsgeſchaͤften gebraucht. Das Wort
Graf bezeichnete einen Richter uͤber einen gewiſſen Bezirk.
Hansgraf iſt alſo ein Richter, der die Streitigkeiten in
Handelsſachen unterſucht und entſcheidet. — Jonathan Fi⸗
ſcher, Th. J. S. 528, uf.
*) Scheid, L c. Peracto foro et ibidem pavibus oneratis,
Comes Ratisponenfis cum judicibus de villa ad portum
veniens, Ck Gemeiner, Th. I. S. 280, 296, 325, u. f.
+
222250 ⸗
von Meldung geſchehen; aber in denſelben erſcheinen
nur die Genannten, welchen die Aufſicht über den
Handel anvertrauet war. Indeſſen iſt es wahrſchein⸗
lich, daß am Ende des dreyzehnten Jahrhunderts in
Wien ein Hansgraf über die Befolgung der Handels⸗
geſetze gewacht babe, denn im vierzehnten Jahrhun⸗
dert reden unfre vaterländiſchen Urkunden von ſeinem
Amte wie von einer alten Sade. Dieß geſchieht vore
züglich in den Polizey-Verorduungen, welche H. AL
brecht der Lahme 1350 für die Wiener erlaſſen bat®).
Von derſelben Zeit angefangen erſcheinet bis zum acht⸗
zehnten Jahrhundert herab in häufigen Urkunden ſo⸗
wohl in Wien als auch in Linz ein Hansgrafenamt ay
Nur muß bemerft werden, daß in ſpäteren Zeiten
das Wort Sansgraf in Handgraf ift verwandelt
worden ***),
Hansgrafenämter gab e8 nur in den siven Faupt
ſtädten Oeſterreichs: in Wien und Ling. Die vorziig=
*) Rauch, T. IT, p.70. Es fol auch ain yeglicher vnderfenffel
Dem Sannfgrafen geborfam fein... Als das von alter her⸗
komen ift. i ba È;
**)Senkenberg, Selecta, T. IV. p. 240. — Pez, Codex
diplom. P. III. p.433. — ————— Buch II. S. 2.
Guarientt, Codex Auftriacus, T. I. p. 101,108, 115,127,
129, 153, 455. T.II. p. 256, 540. — T. IIT. p. 221) 308,
449,476. Gn Diefen und noch mehreren andern Stellen
wird vom Handgrafenamt in Wien und Lin; Meldung ge⸗
macht.
#4») Der Mangel einer geregelten Orthographie und die Unkennt⸗
niß des alten Stammwortes Hanſe ſind die Urſachen, daß
das Wort Hansgraf in Handtsgraf, und zuletzt in Hand⸗
graf verwandelt wurde. Nach Adelung iſt letzteres aus Han⸗
delsgraf zuſammengezogen. Vielleicht wurde Hansgraf in
Handgraf veraͤndert, um dem veraͤchtlichen Nebenbegriff
auszuweichen, welchen der Taufnahme Sans in vielen
Sprachen bekommen hat. Man ſehe hieruͤber: Adelung,
bey dem Worte Hans.
— 251 — 2
lichſten Gegenſtände, welche der Aufſicht cine Hans⸗
grafen in Oeſterreich anvertrauet waren, gab ſchon
Lazius im Anfange des ſechzehnten Jahrhunderts an:
Er batte ins beſondere über den Viehhandel, und
über Maß, Elle und Gewicht gu wachen *). Die Des
ſterreichiſchen Gefege, welche Guarient gefammelt
bat, beftimmten ibn auch gum Einnehmer gemiffer
Taren und Zollabgaben, und zum Auffeber liber ge⸗
miffe Kaufe und Berfdufe. Bir führen aus baufigen
Verordnungen nur einige wenige an,
Sn der Verordnung $. Albrechts des Labmen
vom Fabre 1350 erſcheinet der Hansgraf als Vorge⸗
ſetzter der Unterkäufler **). Da aller Viehhandel un:
ter der Aufficht des Hansgrafen geftanden, fo wurde
nach alter Gemobnbeit, mie 68 in einer Verordnung
vom Sabre 1017 heißt, ben jedem Ochſenmarkt in
Wien die Fahne des Hansgrafenamtes ausgeſteckt.
So lange diefe mebte, batten die Fleiſchhauer vor
Wien das Vorkaufsrecht. Ein Unterbandler oder ein
Dolmetſcher durfte auf dem Viehmarkt iniemand fepn
alg nur die becidigten Unterfaufler Des Sansgra:
fen ***). Ohne Erlaubnißſchein des Hansgrafenamtes
durfte aus dem Auslande kein Zug⸗ oder Schlachtvieh
nach Oeſterreich gebracht werden, damit die Abgabe
davon deſto gewiſſer ——— würde. Um allem Ber
*) Abermann, Bud I. S. 2. Der Batbegravei. ift fondere
lich uͤber den Viech-⸗ oder Ochſenhandel, deren man daͤrlich
ein groſſe Anzahl auß Vngern durch Oeſterreich in das
Teutſch Landt wegtreibt: Item uͤber der Verkaͤuffer Ge—
wicht vnd Maß, mie fie dieſelbige ret haben ſollen, ge—
ſetzt. Vnd hat auch hierinnen ſeine Mitgehilffen, Rathgeber
vnd Diener.
**) Rauch; T. II. p.68— 70,
***) Guavient, Th. IL S. 78 und 79.
— 252 —-
truge hierin vorzubauen, wachten an den Granzett
Oeſterreichs, vorziiglid gegen Ungarn und die Steyr⸗
mar, die Offiziere und Auffeber des Hansgrafen,
welchen man an verfchiedenen Orten gar übel begeg:
nete*). Sn Unterofterreidh gab es mebrere Zoliftatio:
nen, wo das fogenannte Viebauftriebgeld und der
Viehaufſchlag dem Sansgrafenamte entrichtet werden
| mufite **). Diefes mar die Urſache cimer Verordnung
vom Sabre 1611, welche geboth, alles Vieh, el:
‘.a es gum Verfauf forfgetrieben wurde, ohne Vers
heimlichung benm Hansgrafenamte anzuzeigen***).
Das Namlide mar in Rückſicht des Pferdebandel8
gebothen. Der Tauſch und Kauf eines Pferdes mufite
benm Hansgrafenamte angemeldet, und dafilr cine
Tare erleget werden ****). Von Ddiefer Negel waren
mur die Prafaten, Serren und Ritter, aber ſonſt nie
mand, fogar aud die Kriegsleute nicht ausgenommen.
Wier die Anzeige davon zu machen unterliefi , verlor
das Pferd und verfiel noch in eine andere Strafe.
Nebſt der Ubgabe des Viehaufſchlages und des Pfers
dehandels murden vom Hansgrafenamt auch einges
nommen: der Fleiſchaufſchlags-⸗Pfennig *****) und
der Fleiſchkreuzer ******): ber Getreid = und Pa:
pierauffchlag mar ebenfalls deffen Aufſicht anvere >
trauet *******) Maß, Elle und Gewicht wurden vom
Hansgrafenamt geſetzlich unterſucht und mit einem
Zeichen beglaubiget; Betriegereyen von demſelben ge⸗—
*)L.c. Th L.S 128 — 132, .
**) L. 0, Th. ILS.378, und Th. TIT. S. 221, 449.
*) Ara.O. S. 377.
e A. a. O. S. 256 — 258; und Th. I. S. 132 — 134.
##4*)A. a. O. Th. INT. S. 389.
sant’) Ya. DI. Th. J. S. 101-105.
e*x***) A. a. O. Th. I. S. 108 und 115.
firaft*). Die Aufſeher in den Städten und auf dem
Lande, Zimenter genannt, waren dem Hansgrafen
untergeben, und mußten bepm Antritt ibres Amtes
einen Eid ablegen, daffelbe getreu zu vermalten. Sn
früheren Zeiten ftanden fie unter dem Stadtrath **).
Aus den angeführten Urfunden, die vom ſech⸗
zehnten bis in das achtzehnte Jahrhundert herab rei:
«Men, erbellen die Pflichten cines Hang: oder Sand:
grafen, die ganz gewiß nach Zeit und Umſtänden cie
men engeren oder weiteren Wirfungsfreis batten. Der
Getreid: Papierz und Fleiſchaufſchlag und der Fleifh=
kreuzer waren in Den fruberen Zeiten ganz unbefannte
Dinge, fonnten alfo auch nicht der Auffidht des Hans:
grafen unterliegen; dagegen beftanden damahls noch
die. firengen Stapelgefege , der Straßenzwang und
YA. a. I, Th. III. S. 476. 5 9
**) Der Seitenftetter Coder enthaͤlt aus dem fuͤnfzehnten Jahr⸗
bundert folgende Eidesformel, mele unter dem Konig
Mathias Corvinus nad der Eroberiung Wiens von einem
Zimenter ift beſchworen worden.
„Des Bymenter aid. in prefericia Regie Maieftatia
Gregori Holnbrunner , des Rats der ftat.
Sr merdet ſchwern, vnnserm allergenedigiften Hern
Dem Konig getrem ju fein, Das Iymentambt Im Land
Oſterreich rechtlich ju banndeln, Die gewicht nach demRed=
ten vater (fc) abtenben, ainem yeden, der des begert, gus
gebn mit aufflaben der zaichen, So darauff gehorn So Jr
auch die gewicht pe gu geiten aufheben, (ond) Ellen vnd maß
befeben mellet: Das tut mit miffen ains Burgermaifter8
vnd raths hie, Defigleichen in anndern fteten Fm fannd .
Bnd mas Ir penuell findet, Die anfagt, als offt ſich das be—
gibt, Domit feiner fon. genad daran nit enfogen merde,
Sunder des balben fein genad vnd anndern, wie von alter
ift berfomen, beſcheche Aud den germit( (fic) fon von den
gewichten, fo Ir abteifet, von ainem yden nemet, vnd
dawider npemanté beſweret, Sunder es damit baldet auch,
vie von altter it berfomen, treulich und vngeuarlich.“
one $5/ «--
das Vorrecht der Burger in Städten, daß nur fie mit
Fremden Handel treiben durften. Uiber die genaue
Befolgung diefer Handelsgeſetze mußte der Hansgraf
wachen: ein Eid verband ihn dazu, den er dem Lane
desfürſten ben feinem Amtsantritt ſchwören mufite*).
Aus diefem Eide geht aber aud) die volle Gewißheit
Bervor, daß fidj die Umtsgemalt eines Sansgrafen
im funfzebnten Jahrhundert bey; weiten nicht auf fo
viele Gegenſtände erſtreckte als in den ſpäteren Zeiten,
Wir werden nicht irren, wenn mir annehmen,
daß Der Hansgraf die Verpflichtungen der alten Ges
nannten ‘auf fi nahm, von melden im den Haupt⸗
ſtädten Oeſterreichs fpaterbin Feine Ermabnung ge
ſchieht; in den Provinzialſtädten dauerte ihr Amt noch
länger fort. Sn Regensburg ernannte den Hausgra⸗—
fen der Stadtrath; in Wien war er ein Beamter
der Hofkammer, wurde alſo vom Landesfürſten er—
nannt**). Manchmahl verfuhren ſie eigenmächtig und
verletzten die Rechte Anderer, wurden aber vom Nes
genten ernſtlich ermahnet, ſich genau an die ihnen
gegebenen Befehle zu halten ***).
—
Beylage Nro. XLVIII.
**) Abermann, Buch III. S. 2. „Die ander Obrigkait (nad
der Regierung) wuͤrdt der Fiſcus, oder wie wir pflegen zu
fagen, die Cammer genande.. Unter dieſen ſeynd zway an:
dere aͤmpter, als, wie mans nennet, das Handtgraven
vnd Waſſer Mautner Ampt.“
***) Ein aͤlteres Beyſpiel findet ſich in den ſtaͤndiſchen Acten des
Sabres 16.3. Die drep oberen Stinde flagten dem Kaiſer
Mathias..,,WBir feindt in dem gum hoͤchſten beſchwert, daß
Eur Khayſ. Mapeftit Handtgraf ſich vnderſteht, Ime feines
gefallens felbften aigne geſatz vnd ordnung zu machen, vnd
die Fleiſchhackher, So bin vnd wider im fanndronder vnß
Seßhafft, vnerſucht Ihrer erften Inſtantz Obrigkheit onder
ſich zu ziehen, u. ſ. w.“ — Hierauf erfolgte die Reſolution:
—ar 255 ——
Zuletzt muf nod) bemerft werden, daß der Gange
graf der Negensburger die dortigen Kaufleute ing
Ausland begleitete , um Ordnung unter ibnen bande
qubaben und ihre Perfonen und das Eigenthum der-
felben an fremben Orten möglichſt zu ſchützen. So
finden mir ibn in der Urfunde H. Ottofar8 auf dem
Sabrmarft in Enns. Aehnliches wird vom Hansgra:
fen Wiens nirgends erzablet. Er blieb als Auffeber
über Handelsgeſchäfte in Wien, batte aber an ver:
ſchiedenen Plagen des Landes Unterbeborden, mo
fogenannte Sandgrafenamts-Offiziere und Uiberreiter
für die Beobachtung der vorgeſchriebenen Handelsge⸗
ſetze wachten. Bey Abermann kommt ein Obriſter
und Richter der Kaufleute in Wien vor ): wahrſchein⸗
lich ein Hansgraf. RT
Zur Bequemlichkeit der Raufleute und zur ſchnel⸗
leren Beförderung Des Handels gab es ſchon im
zwölften Sabrbundert privilegirte Unterbandler oder
Unterfdufer **), welche in den Urkunden Litkau—
„Dem Handtgranen molle Ire Maveftit ernſtlich verſchaf⸗
fen laͤſſen, das Er bey ſeiner Inſtrüction verbleibe, vnd
darwider nichts fürneme.“
* Bud I. S. 95. „Ladislaus Edlasperger, deren Kauff
Leuth Obriſter vnnd Richter, vnnd Beyſitzer der Oeſterrei⸗
chiſchen Raͤth.“
#*) In Der Urfunde H. Leopolds vom Jahre 1192 fuͤr die Re-
gensburger bey Scheid beifit e8 : Si rorte querimonia de
conventione mercationis eorum orta fuerit, hii, qui
vocantur Litcofare, contra eos nonadmittantur in te-
fiimonium; verum honefti viri, qui appellantur hospi-
tes, item Wirte, et quibus merito credi debeat. — In
dem Stadtrechte, welches H. Leopold 1108 den Wienern
verlieben hat, fagt er; Statuimus etiam, ne advena ali-
quod teftimonium pofsit ferre fuper civem, nec civis fu-
per advenam, cum his qui dicuntur leykhauf. Lazius
ans 956 COS
fer *), Leitkaufer *#) LeibFaufer oder Unterkä ufler ***8)
astri * Es gab beeidigte, —* ——* —*
hat hier * Zweifel das alte Litcofar in * neuere Stipe
faufer feiner Beit permandelt. .·
*) H. Leopold fuͤr die Regengburger 1190, apud Scheid 1.0»
Sì forte querimonia de conventione mercationis eorum
orta fuerit, hii, qui vocantùr Litcofare, contra eos non
admittantur in teltimonium.,— Sormapr, Taſchenbuch fuͤr
das Jahr 1842. S. 50. In dem Stadtrecht fuͤr Enns 1212.
befiehlt H. Leopold. Volumus etiam, ne aduena aliquod te-
fiimonium pofsit facere fuper ciuem, neque civis fuper
aduenam, cum hiis qui dicuntur Litchovffaere. So frebt
ee buchſtaͤblich im Original. Der einfaltige Uiberſetzer diefer
- Urfunde verftand Diefes Wort im vierzehnten Jahrhundert
nicht mehr, und ſchrieb leithawſſer bin. DHefterreich unter
den Konigen Ottokar und Albrecht. Th. II. S. 257. — Die
Abſtammung und Vedeutung des Mortes Litfaufer erklaͤret
Adelung bey dem Worte: Leibfauf, Lid oder Lith bief ein⸗
ftens cin berauſchendes Getrinf. Das ganze Wort, Litkof,
Leibfauf, bezeichnet die alte Gemwobnbeit, daf unter den
gemeinen Volk nad) geſchloſſenem Handel ſowohl der Kaͤu⸗
fer als Verkaͤufer ein Geld zuſammenlegten und es mit eins
ander vertranfen. £eibfauf bedeutet aud das Angeld, das
der Kaufer bem Verfaufer zur Sicherheit des geſchloſſenen
Handels entribtet. Die Sade und das Wort befteben noch
peut su Tage ben uns. — Senfenberg, Selecta, T.IV.
p.244; ivret, dDa er fagt: Exprimitur Laudemium per
Leitckouf. Nimirum leit derivatur a leiden , confentire,
ferre ut aliquid fiat. Unde Leitchouf emtio , confenfus ,
quod eft ipfum Laudemium. Letzteres paft nicht auf Kaͤufe
unter bem Volfe, wo bey geringeren Sachen der Leibfauf
_ ben Dienftbothen gegeben mird. In alten Beiten hieß er
Mercipotus, welcher Ausbrud ſehr bezeichnend mar.
##) Senkenberg, Vifiones, p. 280. In dem Stadtrecht fuͤr
Heimburg verordnete H. Friedri Der Gtreitbare: „daß
dbain gaft gen einen purger mod dbain purger auf cinen
gaft icht mug erzeugen mit den die da beizzent leitchaufer“
###) Rauch, T. III p.51. H. Albrecht febte 1340 felt: „daz
dhain purger icht mug ergeugen mit den, di da baizzent
leichouffer oder vnderchouffel.“
* 257 22
und von der Obrigkeit beſtätigte Unterkäufer, welchen
H. Albrecht der Lahme eigene Verhaltungsregeln vor⸗
geſchrieben bat *). Unter ihnen befanden ſich auch Ju⸗
den **). Die Unterkäufer waren dem Hansgrafen uns
tergeben, vor dem ſie ſich nach alter Gewohnheit alle
Mittwoche ſtellen mußten. Aus der herzoglichen In—
ſtruction für dieſelben ergibt ſich, daß ſie zugleich das
Amt geheimer Aufſeher uͤber die Kaufleute und auch
über die gemeinen unbeeidigten Unterkäufer verwaltet
haben. Ihre geſetzliche Einnahme von den durch ſie
beſorgten Handelsgeſchäften waren vier Pfennige von
einem Pfund des Kaufſchillings. Selbſt Handel zu
treiben oder mit einem Kaufmann in eine Handelsver⸗
bindung zu treten war ihnen ſtrenge unterſagt; auch
durften ſie nicht mit fremden Kaufleuten auf dem
Lande herumziehen, noch ſie in das Ausland begleiten.
Das Recht, Unterkäufer zu ernennen, ſtand den
Bürgern und Kaufleuten zu, welche es wahrſcheinlich
durch ihren Stadtmagiſtrat oder doch mit Vorwiſſen
und Bewilligung deſſelben ausübten. Daher läßt es
ſich erklären, wie es gekommen ſey, daß der Stadt:
magiſtrat von Enns den dortigen, öffentlich angeftell
ten und beeidigten Unterkäufern 1330 mehrere Geſetze
vorgeſchrieben, und den Uibertretern ſchwere Strafen
angedrohet bat **). In Wien find ſie nach den ange⸗
führten Zeugniſſen ſchon lange vorhanden geweſen;
als endlich H. Albrecht der Lahme ihrer Innung eine
genauere Ordnung vorgeſchrieben hat. Im Jahre
1348 ſchränkte er ihre Anzahl auf Sechs ein — was
*)L.c.p. 68 — 70, |
**) Senkenberg, Selecta. T.IV. p. 292. Wir Albrecht Tun
funt daz mir folman dem vnderkeuflern unferm Juden ge
mienn die gnad getan, u. f. w.
a#*) Beylage Nro, XVI.
17
lieti 258 uo
nur von den beeidigten gui verſtehen iſt — und überließ
ihre Ernennung den Buͤrgern und Kaufleuten; jedoch
fügte er die ausdrückliche Bedingniß hinzu, daß zu
Unterkäufern nur ehrbare und verläßliche Leute ſollten
erwählet werden, welche ihr Geſchäft getreulich beſor⸗
gen, und deren Eigenthum wenigſtens fünfzig Pfund
am Werthe beträgt. Beſäße einer nicht ſo viel, ſo tag
er Lot Diefe Summe einen Bürgen ftellen®)..
Uibrigens wiederhohlen wir aud ben den Leih⸗
sii Unterkäufern die ſchon öfter gemachte Bemer—
kung, daß ſich ihre Zahl und auch die Vorſchriften,
die ſie bey ihren Geſchäften zu befolgen hatten, ohne
allen Zweifel zu verſchiedenen Zeiten werden geän⸗
dert haben; nur ſind wir aus Mangel der Urkunden
nicht im Stande, Diefe Veränderungen durch cinige
Jahrhunderte anzugeben. Die Geringfilgigfeit des
Gegenfiandes lohnet auch nicht der Mühe eines lane
gen Nachſuchens. Zur Sprade mußte er dennoch
gebracht werden, um die alten Ausdrücke: Litchouf⸗
fare, Underdyouffel, u. ſ. w. unferen Lefern —
zu machen.
—— Abſchnitt.
Map und Gewicht.
Ohne geſetzliche Mafie, Gewichte und Ellen fann
an Feimem Orte der Handel gedeiben, denu ohne diefe
#) Rauch; T.IIL, p. 124. „Die felben purger vnd fauffent
Mugen feczen Sechs vnder fenffel, u. f. w.“ — Die Unter=
fiufer geht aud an, mas Friedrich der Shine 2312 für
den Handel in Wien verordnet hat: Le. pi 123. „Wir
melfen auch, daz dhain Purger durch leichauf noch durch
dhainen poſen liſt mit dhainem Gaſt chauffen noch ver:
chauffen ſulle da den vorgenanten Chaufleuten von Wienne
ir recht mit ze brochen werde.“
ſchwebten der Kaufer und Verfdufer fortwährend in
Gefahr, fi) cinander nicht zu verſtehen und übervor—
theilet zu werden. Ein gefeglihes Maf und Gewicht
gewähret benm Handel Sicherheit und Bequemliohfeit
den Käufern, befeitiget Mißverſtändniſſe und thut
Streitigfeiten Cinbalt. Iſt diefes fur einen jeden
einzelnen Handelsplatz unentbehrlich nothwendig, ſo
wird es einem ganzen Lande ſehr vortheilhaft und
wünſchenswerth ſeyn, wenn der Regent deſſelben al:
len ſeinen Unterthanen ein ganz gleiches Maß und
Gewicht vorſchreibt, und dadurch für das Wohl des
Handels und ſeines Volkes väterlich ſorget. Seit den
Zeiten Carls des Grofien *) fehlte es auch keines⸗
wegs in Deutſchland an häufigen und oft wiederhohl⸗
ten Befehlen, daß die Mafie und Gewichte einer Pros
vinz an allen Orten gleid) ſeyn follten, man findet aber
leider durch alle Jahrhunderte berab, daf fo beilfamen
Verordnungen feine Folge geleiftet wurde, und dafi
beynahe cin jeder bedeutender Ort, ein jeder mächtiger
Grundherr cin eigenes Maf und Gewicht hatte.
In Oeſterreich ſchrieb ſchon das alte Landrecht
vor, Daf ſich Alle eines gleichen Metzens **), Eimers
und. einer gleichen Elle bedienen follten ***); aus
®) Baluz. , T.I. p. 238, de anno 789. Ut aequales menfuras
et rectas, pondera jufta et aequalia omnes habeant five
in civitatibus, five in monafteriis, five ad dandum in
illis, five ad accipiendum.
) Man mige mir guitiglt eine kleine Unregelmifigfeit verge⸗
ben, die ich mir gegen Adelungs Woͤrterbuch erlaube. Man
ſollte ſchreiben und ſagen: Die Metze; aber dieſes Wort
waͤre in Oeſterreich manchem auffallend, manchem gar
anſtoͤßig.
e) Senkenberg, Vifiones, p. 238 et ſeq. Wir ſetzen vnd gepie⸗
ten das man uͤberal in dem land haben ſol ainen metzen ain
Emer ain Elln vnd ain geloͤt.
———
*
* 260 me
baufigen Urkunden und fpateren Verordnungen geht
jedoch hervor, daf zu keiner Beit cin ganz gleiches
Maf in unferm Vaterland beftanden babe. Wir füh⸗
ren nur einige Beyſpiele davon an.
In dem Verzeichniß der Abgaben an uni Lane
desfürſten, welches zu Ende des dreyzehnten Jahr⸗
hunderts verfaßt worden, kommen verſchiedene Ge⸗
treidemetzen vor: große und: fleine Metzen; Burge
und Kaſtenmetzen; Megen nach Tulner: St. Poltnere
Kremfer = und Neuburger:Maf *). Das Namlidhe
findet ſich auch in Rückſicht des Eimermaßes: Wien,
Tuln, Krems, u. ſ. w. hatten verſchiedene, größere
oder kleinere Eimer *). Ganz daſſelbe war auch in
Oberöſterreich der Fall. Anſtatt häufiger Stellen, die
uns Die Urfunden der Städte und Schlöſſer darbö—
then, laffen mir das Patent ſprechen, welches È. Mas
— rimilian der Zweyte 1570 erlaffenbat ***). Sn dem⸗
felben erflart der Raifer feinen Willen auf folgende
Weife: Wir wollen, daf beym Getreidehandel im
Oberöſterreich Fein anderer Metzen gebraudt merden
foll als der Megen der Stadt Stepr; jedoch muß
Derfelbe fo cingerichtet werden, daß das nene geftri:
cene Maß eben fowviel Srthati als das alte aufge⸗
*) Rauch, T.IT. p: 20. Modius anenae minoris inenfurae. —
p-21:)Sex dienſtmut frumenti. Hoc ſunt XL purchme-
izen. — p. 30: Tres metretas chafltmetzen. — p.23:
modios auene Tulnenfis menfure. Ibidem: Modium
> auene Ipolitenfis menfure. — p.76. Modium Niunbur-
genfis menfure.
#*) L. c. p. 24. XVIII urnas vini Wiennenfis menfure. —
Ibidem: Carradam vini menfure Tulnenfis, — p: 29:
Carradam vini Chremfenfis menfure. E8 mare ein Leich⸗
tes, dieſes Verzʒeichniß zu vermehren; doch die angefuͤhrten
Beyſpiele genuͤgen zum vollſten Bemeife.
#*) Guarient, 9. ILS. 344.
haͤufte, denn das Aufhäufen des Megens muf ab
geſtellet werden. Um aber ben diefer neuen Einrich—
‘fung weder den Herrſchaften, ben denen man ſich zum
Ausmeffen des Zins- und Dienfigetreides verſchiede⸗
ner Metzen bedicnet, die bald grofier bald Fleiner als
der Steyriſche find, noch aud den Unterthanen ein
Unrecht zuzufugen, erlauben wir ben den genannten
herrſchaftlichen Getreidbeabgaben die Benbebaltung
der alten gebräuchigen Megen; beym Kauf und Vere
fauf des Getreides mufi man fich genau an den neuen
Landmetzen balten. Wir ermabinen zugleich die Land:
ſtände dafür zu forgen, daß die herrſchaftlichen Metzen
nach Thunlichkeit auf das Maß des neuen Landme—
tzens gebracht, und die neuen Erbbriefe der Untertha—
nen ſo eingerichtet werden, daß die vorigen Getreide—
abgaben ohne alle Vergrößerung nach dem Maße des
neuen Landmetzens in denſelben ausgedrückt erſchei⸗—
nen. Ein Kalk⸗ und Kohlenmetzen enthält auch künftig
wie bisher einen doppelten Getreidemetzen. Da die
Linzer Elle weder die größte noch kleinſte, und doch
unter den ine und ausländiſchen Kaufleuten die befanne
tefte und gebräuchlichſte iſt: fo mird fie zur allgemein
guiltigen Elle erhoben; alle übrigen müſſen aufhören.
Das Linzer Gewicht, welches mit dem Wieneriſchen
übereinſtimmt, wird beybehalten; eben ſo auch die
Holzklafter. Zur Erzielung einer Gleichförmigkeit
müſſen in jeder Stadt ein geſetzlicher Metzen und
eiſerne Ellen und Klaftern vorhanden ſeyn, und allen
Beſitzern von Maßen, Ellen und Gewichten ſteht es
frey, dieſelben gegen Erlegung der Taxe mit einem
Brandzeichen verſehen, und ſie dadurch für geſetzlich
erklären zu laſſen. —
In der Oeſterreichiſchen Geſetzſammlung hat ſich
eine Vergleichung der Maße von zwey und dreißig
Marften und Stadten gegen das Wienermaß erbale
ten *), in welchem jedoch viele Orte mit Stillſchwei⸗
gen ubergangen werden, von deren Metzenmaß in den
Urfunden Erwähnung geſchieht. Nehmen mir noch die
verſchiedenen herrſchaftlichen Metzen hinzu, ſo geht die
volle Gewißheit hervor, daß ungeachtet wiederhohlter
Verordnungen an keine Einförmigkeit der Maße und
Gewichte im Mittelalter und auch noch in den neueren
Zeiten gu denken iſt. Und mer könnte bey einer fo alle
gemeinen Verwirrung etwas Beftimmtes herausbrin⸗
gen, in welchem Verbaltnif der Megen verſchiedener
Sabrbunderte ju unferm jegigen ſtehe?
Aus dem Gefagten erbellet, dafi in den dlteren
Zeiten an cin gefeglich cinformiges Landmafi in De-
ſterreich gar nicht zu denfen ift. Der Magiſtrat eines
jeden mehr bedeutenden Ortes forgte nur dafür, daß
in dem Bezirke deffelben das vorgeſchriebene oder alt
bergebrachte Maß getreulidà gehalten murde **),
worüber auch unfere Landesfilrften mebrere Befeble
erlaffen baben, H. Leopold unterwarf alles, was den
Handel betraf, im Jahre 1198 dem Stadtmagiſtrat
von Wien: alſo auch ganz gewiß Maße, Gewichte
und Ellen, was in ſpäteren Urkunden ausdrücklich
bekräftiget wird n. Zugleich verurtheilte er jeden,
ben dem man cin falſches Maß, welches damahls
Ham ****) genannt wurde, oder fo ein Pai oder
*) Codex J Sh. UI. S. 42.
#*) Diefes Aufſichtsrecht heißt in den aften dateiniſchen Urkun⸗
nd Wargaria oder Wagaria, von Dem Deutſchen Worte :
age.
ge. * T.III. p.56. Die mazze weins, metes oder pires,
als Die purger aufſetzent.
#+4*) Das Wort Ham druͤckt einen Betrug, eine Hinterliſt, cine
verſteckte Bosheit zum Schaden Anderer aus. Unfer Hide
miſch ſtammt davon ab.
sno 265 -—»
eine Elle fand, zu einer Geldſtrafe son fünf Pfund )
Seine Nachfolger in der Re gierung: H. Friedrich der
Streitbare **), K. Rudolph ***) und H. Albrecht der
Lahme ernenerten dieſes Geſetz; letzterer verſchärfte,
wahrſcheinlich wegen häufiger Uibertretungen, die
Strafe unrechter Maße und Gewichte, und verord—
nete: Wird jemand gum vierten Mahle als Maßver—⸗
fälſcher überwieſen, fo ſoll ihm der Daumen abge—
hauen und das Getränk weggenommen werden *—**),
#) Lazius, l.c. Apud quemcunque in civitate inventa suerit
injufta menfura, quae dicitur Ham, vel injufta ulna, vel
injuſtum aliquod genus ponderis, judici folvat quinque
| talenta. È
#*) Senkenberg, Vifiones, p. 280. Stadtredt fuͤr Heimburg.
Daz mem in Der ftat vnrecht mazz fonden mirt daz Die Han
baizzt. anderò Denn mirg geſatzt haben oder ein vnrechte
ellen oder welcherlay vnredt demdg . der geb dem ridter
phunif digg
er) Lambacher, S. 157. È. Rudolphs Stadtredt fuͤr Wien
vom Jahre 1278. Apud quemennque injuſta fuerit men-,
ſura inventa, quae hamm dicitur, vel iniufta ulna, vel
aliquod injuftum genus ponderis, judici folvat quinque
talenta. Es fann feinem genauen Beobachter entgeben, daß
die alten Hefterreichifchen Stadtredte immer auf einem
dlteren beruben, und dieſes ift das bisher befannte Stadt:
redt H. Leopolds fur Wien vom Fabre 1198. Vielleicht
batte auch er ein not fruͤheres Stadtredt vor Augen.: Die
jungeren Stadtrechte ermeiterten und anderten fi nur
nach den Bedurfniffen der Zeiten.
#***) Rauch, T. III. p.54. H. Albrechts Stadtrecht fur Wien
vom Fabre 1340. Datz wem in der Stat erfunden wirt ein
vnrecht mazze, ez fei bam, oder vnrecht etten, over ſwelicher
flat vnrecht mazze, oder mag, oder geloͤt, der geb dem Rich—
ter fumf phunt. Iſt aber er ein fogtin man, daz er ce vmb
diefellen tat puezmirdig ift marden oder gemefen, der fol
allez dinges des Gerichtes weitz leiden vnd mefen vnder=
“ tan‘/ Des Gerichtes weitz, oder Beitze, iſt die Strafe
deſſelben, welche, 1. c. p. 56 et 57, angegeben wird: „Die
mazze weins, metes oDer pires, alè di purger auffegent,
ave 204 evo
Aber auch cime fo ſchwere Strafe ſchreckte nicht ab, |
oder wurde vielleicht aus Nachläſſigkeit der Stadtpos
lizey nicht vollzogen, denn H. Nudolph der Vierte
fagte es im feinem Ungeldspatent unumwunden, daß
die Schenkwirthe bisher nad) ibrem Belieben durch
falfche Mafie betrogen baben ). Sn Enns, mo der
Magiftrat eben fo, wie in allen andern Städten, die
Aufficht über rechtes Maf und Gewicht fubrte **),
verfubt man mit den fogenannten Maßbrechern gelina
Der, denn dort zablte der Weinſchenk, der ſich eines
falſchen Maßes bediente, cinem Beſchluße des Ma:
gifirate8 zu Folge nur die Geldfirafe von given und
dreifig Denaren **). Wir übergehen fpatere Verord⸗
nungen der Landesfürſten und einzelner Städte mit
Stillſchweigen, denn alle gehen auf das Namliche
bingus: den Magifiraten, und fpaterbin aud dem
Hansgrafenamte, unter welchem die Zimenter oder
Auffeber diber Mafie und Gewichte ftanden****), mar
die Sorge fur die gefeglicen Mafie und Gewichte
angerteguet, und Befeble uber die Einformigfeit dere
Swer die zepricht ained, zwier oder drei ftund (das ift :
drepmabl) als oft geber dem Richter ein halb phunt phen=
ning, vnd an die Stat cin balbphunt, Pridt er eg ge dem
vierdDen mal an einem vazz, fo fol man dem, Der vor dent
vazz figet, den dDaumen abffaben, und den mein niderffa=
Beni, der da vailift, auf die erde, oder man geb in in das
fvital.4/
*) Defterreidh unter H. Rudolph dem Vierten. S. 323.
Vnd beleibent die leut vnbetrogen pon den leitgeben, die
vormals nach irm mutmillen geſhenchet haben.
#*) Hormayr, Tafdenbud, 1812. S.52: Sex ydonei cines
iuramento confirment, quod disponant de mercatu.
*x) Beylage Nro. XVI.
*##*) Die CEibesformel eines Bimenters enthift die Beylage
Nro. XLIX.
#
— 265 es
felben wurden oftgegeben aber nie befolget, worüber
uns K. Leopold der Erfte ein unverwerfliches Zeug⸗
nif durd) feine fimfmablige Erneuerung deffelben Geo
bothes vom Sabre 1607 dis 1700 gegeben bat *).
Mit vollem Rechte werden die Lefer des gegen—
martigen Aufſatzes erwarten, daß ihnen das Verhält⸗
niß eines alten Metzens, Eimers oder Pfundes zu
unſerem gegenwärtigen angegeben werde. Der Vers
faſſer dieſes geſteht aufrichtig ſein Unvermögen, die
ſe Erwartung zu erfüllen. Was einem hochverehrten
Anton nicht gelungen **), und was der tiefgelehrte
Lang bey cimem ungebeuren Vorrath von Urfunder
nur gum fleinften Theile fir Bayern gu Stande
brachte***), barf man von demfelben fur Defterreidh
keineswegs ermarten. So lange fein altes Megen:
oder Eimermafi von irgend einer Stadt aufgefunden
wird, ift von ciner Vergleichung deffelben mit dem
unfrigenfeime Nede; und felbft in diefem Falle wüß—
ten wir nur das Verhaltnif des Megenz oder Eimers
mafie derfelben Sfadt allein, aber nicht auch der
übrigen Stade, Marfte und Schlöſſer, denn überall
bediente man fich eines cigemen, dort üblichen Maßes.
Sind die Megen und Rlaftern in Oeſterreich noch
heut zu Tage nidit gleid), fo darf man dief noch menie
ger im Mittelalter ermarten. Wir feben uns alfo ge?
nöthiget, cimen Metzen und Eimer vorauszufegen, der
Dem unfrigen mebroder weniger mag gleichgekommen
ſeyn. Sn den Urfunden und andern alten Schriften
*) Guarient, Th. II. S. 540 — 542.
**) Karl Gottlob Anton; Geſchichte der teutſchen Landwirth⸗
ſchaft. Gorliz, 1802. Th. NI S. 234 — 237.
*#*) Karl Heinrih Ritter von Lang, Baieriſche Jahrbuͤcher.
Unsbad, 1816. S, 366, u. f.
2% 260 @
kommen aber aud tod andere grofiere und kleinere
Mafe vor, deren Verhältniß zum Metzen oder Eimer
angegeben wird. Von diefen muf nothwendig Erwäh⸗
nung geſchehen, um unfre Lefer in den Stand zu
fegen, wenigſtens zum Theile über dergleidjen Dinge
urtheilen zu können. Nur muß auch hier wieder die
Bemerkung beygefügt werden, daß ſelbſt die ſehr be⸗
ſtimmt angegebenen Verhältniſſe kleinerer Maße zu
größeren ſich auch während eines kurzen Zeitraums
nicht gleich blieben, ſondern hald mehr bald weniger
von einander wieder abwichen und an verſchiedenen
Orten verſchieden maren.
Wir ſchöpfen unſere Angaben aus Quellen des
dreyzehnten und vierzehnten Jahrhunderts, die Allen
zugänglich find, weil ſie der um die vaterländiſche Ge—
ſchichte hoch verdiente Adrian Rauch durch den Druck
bekannt gemacht hat. Es ſind dieß die Verzeichniſſe
der Abgaben, welche die Grundholden der Herzoge
von Oeſterreich und der Grafſchaft Steyr an ihre
Herrſchaften zu entrichten hatten. Durch die Unacht—
ſamkeit des alten Schreibers ſind einige Stellen in
den angegebenen Rechnungen verderbt ivorden ; und
dann muf noch die ſchon von vielen Sohriftftellern
gemachte Bemerfung beygefügt werden, daß ſich die
alten Rechner um kleine Bruchtheile nicht immer be—
kümmerten, ſondern gar oft ſich mit einer runden,
obgleich nicht ganz richtigen Summe begnügten.
In den genannten Verzeichniſſen der Abgaben
kommen folgende Maße und ihre Verhältniſſe zu
einander vor:
Große und kleine Metzen werden in denſelben als
bekannt vorausgeſetzt; daſſelbe geſchieht auch von dem
ſogenannten Oſtermetzen. Mebſt dem Metzen fommen
auch Metzel vor, deren beynahe zwey und ein halbes
os 207 «--«
cinen Offermeben ausmachten *). Metreta und Mo
dius waren die gewöhnlichen Lateinifchen Benennune
gen cine Metzens; Modius bedeutete aber auch gar
oft ein Muth, welches dreißig gewöhnliche Megen
enthielt, mas aus mehreren Urkunden und alten Rech—
nungen erhellet. In dem Privilegium, welches H. Ot⸗
tofar 1190 den Regensburgern für den Jahrmarkt
in Enns verliehen hat, wird ihnen zu Gunſten der
Zoll für einen Modius Getreide auf zwölf Pfennige
angeſetzt **). Wer könnte wohl anſtehen, hier den
Modius nicht mit Metzen, ſondern mit Muth zu über⸗
ſetzen? Ein Metzen um zwölf Pfennige im zwölften
Jahrhundert wäre, eine Hungersnoth ausgenommen,
ein unerhörter Preis geweſen; wie hätte man alſo
cime fo große Summe als Zollabgabe fordern fore
nen? Im Jahre 1224 wurde zwiſchen dem H. Leopold
und dem Kloſter Gleink ein Tauſch abgeſchloſſen. Der
Herzog erhielt dadurch mehrere Beſitzungen des Klo—
ſters, trat dafür andere ab, und fügte zum gänzlichen
Erſatze noch das Privilegium hinzu, daf das Riofter
jährlich fünfzehn Fuder Wein und dreifig Modios
*) Rauch, T. I. p. 391. Zwainzich metzel babern . die tuent
fiben megen oftermazze. — p. 302. Vier vnd zwainzich
Metzel habern chlainer mazze . oder geben Mefen offer
mazze.“ — Es heißt aber aud auf derfelben Seite:
„Zwen Mettzzen horn, oder vier metzel chlainer mazze.“
**) Scheid, lc. Quecunque etiam navis vinum vel frumen-
+ tum fertin tempore fori, tum de modio frumenti, tum
de carrada vini XII, denarios perfolvat. Man bemerfe,
daß von einem Muth Getreide, das breifig Meben, und
von einem Fuder Wein, das dreißig Eimer entbielt, ein
gleich grofier Boll bezahlt werden mufte. In Dem moblfei:
en Sabre 1515 Foftete ein Metzen Roggen vier, *
zwey, hoͤchſtens drey Pfennige: Chron, Clauſtroneoburg.
apud Pez, T. I.p. 482. Man darf — daß er ria
noch weniger gefoftet babe.
0% 208 ce
Getreide ohne * Zoll auf der Donau hinauf zu
ſeinem Hausbedarf führen durfte *). Bon fünfzehn
Metzen kann hier unmöglich die Rede ſeyn, denn ſo
eine Kleinigkeit lohnte nicht der Mühe, eine Urkunde
zur Erleichterung des Kloſters auszuſtellen, da in der
Zollordnung deſſelben Herzogs ausdrücklich für einen
Modius Getreide nur eine Abgabe von vier Pfennigen
feſtgeſetzt war **). Zu Ende des fünfzehnten Jahr—
hunderts enthielt das Muth in Oeſterreich ganz gewiß
dreißig Metzen **xx), was auch heut zu Tage noch
beſteht.
In alten Urbarien kommen nebſt den Muthen auch
Muthel vor. Vier und achtzig Muthel, heißt es, ma:
chen vierzehn Muth großen Maßes **); alſo beſtand
ein Muth aus ſechs Mutheln. Indeſſen geht aus vielen
*) Beytraͤge zur Geſchichte des Landes Oeſterreich vd der
Enns. Th. IH. GS. 336. De uictualibus eorum per aquam
afcendentibus, fcilicet de XV. carradis nini et frumenti
XXX. modiis maioris metrete .. uectigal non requi-
ratur. i
*#) Forma minoris mutae in Stein, apud Rauch, T. IL.
p.107. De modio frumenti III. denarios.
wi#) Der (on oft erwaͤhnte Coder von Seitenftetten erklaͤret
die verſchiedenen Mafe und Gemichte feiner Zeit. Von dem
Muth mird Folgendes ermwabnet: „Hie wis, das mon
dreißig metzen Rait fuͤr ain mut// — Hanthaler, Recenfus
diplom. genealog. T.II. p. 144, geſtand zwar, daß Mo:
dius ſowohl ein Muth von dreißig Metzen, als auch einen
einzeinen Metzen bedeuten koͤnne, fuͤhrte aber fuͤr erſteres
keine Beweiſe an. — Philibert Hueber, Aufiria ex archi-
vis Mellicenfibus illuftrata, p. 261, bezeuget es aus Ur=
funden feines Kloſters: Modius..continet triginta me-
tretas (Metzen) nofiratis Vindobonenfis menfurae, Ar-
chiv. Mellic. et Urbaria noftra Mellicenfia de 13, 14 et
15 faeculo pafsim.
vu##) Rauch, T.I. p. 409. Vier vnd ohzich Muttel Die machent
uierzehen mutte der grozzen mazze.
--. 269 _.*
anderen Stellen bervor, daß an vielen Orten ein Mus
thelzu finf, an anderengar gu vier Megen angeſchla⸗
gen wurde. Zu funf Megen erſcheinet cin Muthel in
folgenden Berechnungen: Drey und ſechzig Muthel
und zwey Metzen machen zehn Muth und ſiebzehn
Metzen *). Sechs und fünfzig Muthel und cin Mes
tzen machen neun Muth und eilf Metzen *. Siebzehn
Muthel und zwey Metzen machen drey Muth, weni⸗
ger drey Metzen ***). — Zu vier Metzen wird ein
Muthel gerechnet in folgenden Stellen: Hundert
zwölf Muthel machen fünfzehn Muth weniger zwey
Metzen ****). Acht und dreyßig Muthel und ein Mes
tzen machen fünf Muth und drey Megen*****), Wenn
es in einer Stelle heißt: Sieben und zwanzig Muthel
machen vier Muth und zwölf Metzen ******), fo iſt
dieß wohl ganz gewiß ein Drud oder Schreibfehler;
es follte vier Mutb, weniger zwölf quit heißen.
*) L. c. p. 410.
**) L.c. p. 416.
) Lic. p. 424. Sibenzehen muttel. und zwen metzen. Die
machent drei mutte. am Drei metzen Der grozzen.“ —
Das Woͤrtchen: an, ift gleidbedentend' mit: opne ,
oder weniger. Die Stellen: p. 409, 422, 431, ftimmen
mit der angegebenen Berechnungsweiſe uderein. Nur
muf bemerft werden, daß S. 422 der halbe Mepen bey
den ſechs und fiebzig Mutbeln in der Rednung ſcheinet
weggelaſſen gu ſeyn.
sn) L, c. p.441. Hundert muttel vnd zwelf Muttel. Die
machent funfzeben mutte. an zwen meben. der aronen
mazze.
####*) L.c. p. 444. An zwai vierzich (das iſt acht und dreißig)
muttel und ein metzen . Die micheni funf mutte vnd drei
metzen Der grozien mazze.
*n88#*) L.c. p. 445. Siben und zwainzich muttel, Die machent
vier mutte vnd zwelf metzen Der grozzen mazze.“ — Lie:
fet man anftatt: vnd zwelf, an welf metzen, ſo iſt die
Rechnung richtig.
ona I7() «——-
Gs fommen aber aud Stellen vor, in welchen
serfleinerte Megen erſcheinen, welche Megel genannt
werden nach derfelben Weife, mie Muthel von Muth.
Manchmahl machen zwey Metzel —— einen Me⸗
tzen *); in anderen Stellen kommen 29 oder auch
27 Megel auf einen Megen gu rechnen #9).
Ein Schaff beftand aus ſechs Megen ***). Bald
werden drey Schaff ****), bald wieder fünf einem fo:
genannten Burgmuth gleich geſchätzt *****). Dieſe
Unverläßlichkeit alter Rechnungen iſt entweder den un⸗
gleichen Maßen verſchiedener Orte, oder wahrſchein⸗
licher noch der Unachtſamkeit der Schreiber beyzumeſ⸗
ſen 5 Sechs Dienſtmuth werden zu vierzig
*) L.c. p.392. 3wen Metzzen chorns. oder vier metzel
chlainer mazze.
#*)L.c. p. 391. Zwainzich metzel babern . die tuent ſiben
metzen oſter mazze. — p.392. Bier vnd zwainzich Me:
Bel babern chIaimer mazze . oder zehen Metzen ofter
mazze.
##*) L.c. p. 392. Vier Schaf habern. oder vier vnd zwain⸗
zich metzen. — In einem Urbarium des Kloſters St.
Florian aus dem vierzehnten Jahrhundert wird geſagt:
VI metrete faciunt unum cumulum. Ein fchaphium
und ein cumulus waren affo gleiviel.
####) Rauch, T.II. p.51. III fchaphia faciunt bene unum
paletti
«**##) L. c. p. 37. V fchaphia faciunt unum purehmut.
*#4*#**) Rauch, T.I. p. 427. Neun muttel. vnd drei metzen.
Die machnt zwen mutte vnd drei metzen.“ Wenn man
den Dienſthafer des Amtes Raumnich, von S. 424 big
427 zuſammenzaͤhlt, fo fommen, fuͤnf Metzen auf ein
Muthel gerechnet, richtig neun Muthel und Drep Metzen
beraus, welches acht und vierzig Metzen betriige. Aber
dann fann obige Berechnung: die madnt given mutte
vnd drei mepen, keineswegs beftehen, und Diefe Stelle
ift offenbar verderbe. Daper muß entiveder ein Muth
und achtzehn Meben, oder zwey sega weniger zwoͤlf
Metzen gelefen werden.
Burgmetzen angefchlagen *); dren Kaſtenmuth made
ten cin Burgmuth **). :
“Man muf darauf Verzicht thun, die alten Mafie
genau beftimmen gu wollen, denn je mehr Daten mart
hierzu fammelt, defto grofier wird die Verwirrung.
Mochten die Megenmafie Jon einander auch nodi
fo febt abmeiden, fo ſorgte man dod an jedem des
trächtlicheren Orte dafilr, daß Das Maß des dort
einmabl üblichen Megens von allen Bewohnern ben
Raufen und Verfdufen bepbehalten würde: Es gab
cinen geſetzlichen Stadt: Marft und Schloßmetzen,
der den cingelnen Hausbeſitzern zur Richtſchnur diente.
- Dabin gielen die vielen Verordnungen der alten Herz
zoge unſers Vaterlandes und aud der Stadtmagi:
firate, von welchen ſchon weiter oben die Rede geme:
fen: 08 follte an allen Orten von eigens dazu beftellten
Beamten über das geſetzliche Maf eine ſtrenge Auf:
ſicht geführet werden. Es find aber auch Urkunden
vorhanden, welche ausdrücklich eines Stadtmetzens
als einer alten Sache erwähnen. In Steyr bewahrte
ihn dem Befehl H. Albrechts J. gemäß der dortige
Brückenmeiſter. Den einheimiſchen Bürgern mußte
er das Getreide, das ſie zu ihrem Hausbedarf nöthig
hatten, unentgeldlich meſſen; die andern Verkäufer
zahlten ihm von einem Metzen einen Pfennig, welche
Abgabe zur Erhaltung der Brücke ſollte verwendet
werden ***). In Wien war der Stadtmetzen einem
*) Rauch, T. IT. p, 21. Sex dienſtmut frumenti. Hoc ſunt
XL purchmetzen. FI
**) L.c. p. 28. VIS modios avene. chaftmut . quorum II.
faciunt unum purchmut.
#4) Preuenhuber, S. 37.1. Albrechts Privilegium vom Jahre
1287. Statuimus, ut nullus'in ipfa civitate propriam me-
tretam teneat, cum magifter pontis îmetretarum omniuna
due 972 —
Beamten anvertrauet, der davon den Nahmen: Metz⸗
ner, erhalten hat. Der Bürger zahlte für das Meſſen
eines jeden Metzens einen halben Pfennig; cin Frem⸗
der für ein Muth eben ſoviel. Auch hier, wie in Steyr,
mußte der Verkäufer die Metzenabgabe leiſten *),
Uiber die Maße flüſſiger Körper iſt im den Urkun—
den noch weniger angemerft als über das Getreide—
maß; wir bleiben hierüber ebenfalls, wie über den
Metzen, in einer großen Ungewißheit.
Das Wort Modius fommt in manchen ——
ſowohl beym Mafie des Getreides als auch des Wei⸗
mes vor **); heißt alfo bald cin Metzen bald cin Gi-
mer. So wenig man aus den angegebenen Urſachen des
ſtimmen fann, mie viel der Megen in ſich entbalten
babe, eben fo menig läßt ſich uber den alten Eimer
etwas Beſtimmtes angeben : er war an verſchiedenen
Orten bald grofier bald fleiner. Wir ſehen uns alfo
wie beym Megen auch hier wieder genotbiget, einen
Eimer vorauszuſetzen, deſſen Inhalt mir nicht bee
ſtimmt anzugeben wiſſen. Sehr wahrſcheinlich bezeich⸗
net das alte Wort Urne einen Eimer ***); man bedien⸗
te ſich deſſelben ſowohl in der Lateiniſchen als auch in
der Deutſchen Sprache. Im fünfzehnten Jahrhundert
efse debeat unicus conſervator, qui indigentibus ipfis
concedat, de modio menfurato unum denarium, de di-
midio vero obulum ad pontis aedificationem recepturus
de manibus venditoris.
*) Rauch, T. III p. 21. Stadtrecht È. Friedrichs fur Wien,
vom J. 1320. Iſt daz ain Purger entnimt ain metzzen von
Dem mefner. fo geit er ein halben phenning von dem me—
Ben. Etvi vil er von ainem wagen mifet. i
®*) Anton, Th. III. S. 306.
ve) Dieſes erhellet vorzuͤglich aus vielen Stellen des —
rium Auſtriae et Styriae, apud Rauch, T. II. p.24, —*
152.
sò Q275 ne
erſcheinet jedoch in mebreren Zollserordinungen nur
mehr der Eimer und mandes grofere oder fleinere
NMa * “
| Siad langem vergeblichen Suchen über die Mafe
flüſſiger Dinge gab der Codex von Seitenſtetten eini—
ge nähere Aufſchlüſſe, die hier den Leſern mitgetheilet
werden. Bey dem Weinmaß wird dort Folgendes ange⸗
merkt: Sechzehn Pfund machen ein Quart; vier Quart
machen ein Begnitz, und vier Begnitz cine Ampher *).
Nur ſcheinet das Wort, Pfund, ein damahliger Kunſt—⸗
ausdruck geweſen zu ſeyn, denn gewöhnlich haben
Pfunde mit der Beſtimmung des Maßes für flüſſige
dörper nichts gemein. Das Zeichen des Pfundes
muß alſo mit einem andern uns unbekannten verwech⸗
felt werden **). — Der Coder ſetzt ferner hinzu:
Dreifig Eimer machen ein Fuder, und zwanzig citten
Drepling ***). Aus det Rammerrednung des Stiftes
——— ss
*) pie foltu miffen, das XVI 46 macht quart. Item vier
quart macht = wegnig . Item pier wegnitz machen ampffer.
Sn der VBeplage Nro. L. mird die Ampher su cilf Wiener
Gimern gerechnet. SA ;
#*) Gemeiner, Chronik, Th. IT. S.77.,,Der chopf balber ift
genant cin trinchen, deffelben gen ein balbes pfunt din den
Emer.“ Es muf auffallen, daf auch in Regensburg die
Theile des Eimers nach dem Pfundgewicht beftimmt wurden.
#**) Hier merckh, Das XXX emer machen i Fuder. Jtem XX
emer machen 1 drepling.!/ — Das Lateiniſche Wort Car-
rada heißt im Deutſchen immer Fuder. Uiber letzteres Wort
iſt Wachters Glofsarium Germanicum nachzuſehen, und
Du Freſne, v. catrada. — Ternarius mar ein Dreyling.
Philibert Hueber , 1.c.p.280, ſtimmt mit dem Seiten:
ftetter Eoder nicht uberein, Da er fagt: Ternarius vini,
Auftriacis noftris vulgo Ein Dreyling Wein, id ef, Vin-
dobonenfis noftrae menfurae triginta urnae; uti ex no-
ſtris manuforiptis Originariis confiat, — p. 258: Carrara
vini..quadraginta urne,
in
ano 97/ ess
Kloſterneuburg erhellet, daß im vierzehnten amd finfe
zehnten Jahrhundert ein Fuder Wein aus zwey und
dreißig dortigen Eimern beſtanden, und ein Karn ge—
heißen babe*). — Aud Tafernig wird ohne nabere
Beſtimmung als cin Weinmaß im dieſem Codex an:
gegeben **); aus dem Stadtrechte, welches H. AL
brecht 1340 den Wienern verlieben bat, gebt bervor,
Daf es beplaufig aus vier Eimern beſtanden babe ***),
Acht fogenannte Wiener Mak machten 1372 ein
Viertel ****),
Von den — Maßen, in welchen Wein,
Meth und Bier ausgeſchenkt wurden, nennt das
Ungeldspatent H. Rudolphs IV. ein Viertel, einen
Stauff und noch kleinere Gefäße, in welchen Getränke
e tigri tmurden***#*) ; auf feinen Befehl mußten alle
diefe Mafie um den zehnten Theil verfleinert, deffen
ungeadhiet aber son den Käufern fo bezablet werden,
als ivdre mit ibnen keine Veränderung vorgefallen. —
Ein Achtering enthielt ju Ende des ſiebzehnten Jahr⸗
hunderts vier Seitel ******); in Oeſterreich nennt
man ibn jetzt ſchlechtweg eine Maß.
Da mit den benachbarten Ländern und Reichs⸗
ſtädten unſre Landsleute von jeher einen ſtarken Sane
*) Gn einer Urfunde des Stiftsarchives von 1340 heißt es:
Je given vnd Dreizzioi Emmer weins fur ain Fuder.
**) Ein Gaft...furt er Weliſchen mein berau8, fo geb er
von 1 Tafernit 24 Pfennige. i
***) Rauch, T.ILI.p.58. Wir erfouben einem erbern man:
ne, der fein wert iſt, ain Tafernig, nuer ge virr urn,
oder minner, in feinem hous felb ze trinchen.
#***) Rauch, lc. p.116. Sie ſullen weinſchenkchen vnd ver
chauffen pei ainer mazz, Der achtt cin virtail fuͤllent vnd
machent, dieſelb mazz genant iſt die wienner mazz.
##R4*) Oeſterreich unter H. Rudolph IV. S. 322.
** e*xx) Codex Anuftriacus, Th. III. S. 317.
275 — —
del getrieben haben, ſo darf man mit den Nahmen
der gewöhnlichſten ausländiſchen Maße benachbarter
Staaten nicht ganz unbekannt ſeyn. Man findet ſie bey
Anton, Lang; Gemeiner *), und vielen anderen
Schriftſtellern.
Uiber das Gewicht, wie es zu Ende des fünf—
zehnten Jahrhunderts beſtanden haͤt, gibt uns der
Seitenſtetter Codex eine erwünſchte Aufklärung,
wenn gleich manches noch für uns dunkel bleibt, wie
dieſes bey einem ſo verworrnen Gegenſtand auch nicht
anders möglich iſt. Wir führen die eigenen Worte des
Eoder in einer beſonderen Beylage an**) und freuen
uns, über die verſchiedenen Gewichte: Meiler, Ster,
Meder, Karg, u. ſ. w. belehret zu werden. Dem Vere
faſſer des Codex war es ſehr darum zu thun, die Le—
fer in den Stand gu ſetzen, über Mafie und Gewich—
te, fo wie auch uber den Werth der Münze Defter:
reichs und benachbarter Lander richtig gu urtheilen:
cin angenehmes und unentbehrliches Geſchenk für ſei⸗
ne Landsleute, die Wiener, die einen ausgebreiteten
Handel, vorzüglich aber mit Venedig trieben. Letzte—
res iſt die Urſache, warum ſich der Verfaſſer des Co—
dex ſo ſehr bemühte, recht viele Handelsnotizen über
Venedig zu ſammeln.
Wenn von Gewichten die Rede iſt, ſo darf der
Saum nicht mit Stillſchweigen übergangen werden.
*) Da die Kaufleute von Regensburg in Oeſterreich vorzuͤglich
begiinftiget waren, fo fonnte es ſich leicht fuͤgen, daß in
Wrfunden aud von ibren Mafen und Gewichten Erwaͤh—
nung geſchaͤhe. Viele derfelben werden in Der vortrefflichen
Chronik Gemeiners erflaret. Ben dem Weinmaf zu Negens=
burg erſcheinen die: Viertel, Kopf, Trunf. Th. IL S.77.—
Gin Ohm enthielt fuͤnf Eimer; ſechs Ohm madten ein Fu—
der im Kloſter Prum. Anton, Th. III. S. 306.
#4) Venlage Nro. L. i
18;
22 276 at
Als Gewicht bedeutet ein Saum 1 gewöhnlich die Laſt,
welche ein Thier tragen kann. In einer weiteren Be⸗
deutung iſt ein Saum ein gewiſſes Maß von flüſſigen
und auch von anderen Dingen, welche in Gebirgen
und auch auf dem flachen Lande aus Mangel fabrba:
rer Strafien durch Laftthiere fortgeſchafft werden.
Dieß war in früheren Zeiten aud) im Defterreid) die
Urſache, marum man fich bey Waarentransporten fo
haufig der Säumer bediente. Sn Zolverordnungen
gefchieht febr oft.Ermabnung von der Ubgabe, die
von einem Saum entrichtet werden mufite, obne das
Gewicht deffelben nad Pfunden zu beftimmen. K.
Friedrich fette 1320 das Gewicht deffelben auf vier
Gentiter *). Aber ſchon die Matur der Sade, indem
nicht alle Thiere gleiche Laften ju tragen vermogen;
und dann Die allgemeine Erfabrung, daf and die
gleichnahmigen Mafe und Gewichte nirgends gleich
waren, laffen uns den folgerechten Schluß ziehen,
daß man ben dem Worte Saum bald an ein größe—
tes, bald wieder an ein kleineres Gewicht denken mufe
fe. Urfunden beftatigen dieſes Urtheil vollfommen.
Nichts mar gewöhnlicher, als cine gemiffe Anzabl
ganzer Stücke Tuch einen Saum ju nennen, und ded
fand es KR. Friedrich der Schöne im Fabre 1320 fur
nothig, die Unzabl der Stücke , die einen Saum aus:
*) Man ſehe hieruͤber die gleich ſolgende Note. Ganz anders
bat È. Ferdinand 1523 das Gewicht eines Saums beftim= —
met. Cod. Aufîr. T. III p.10et11 ,,Der obangeseigten
Venediſchen Waar thun drey Centner cinSaimb... Die
Nuͤrnberger und andere Kaufleute ſagen ihre Zicher nach
dem Land Saͤmb any und derfelbe Saͤmb haͤlt einer 24 oder
26 Stuͤck, dieſelben rechnet man hier gu Emerſtorf in Waſ⸗
fer: Saͤmb, und machen 16 Stuͤck Tuch einen gantzen Waſ⸗
ſer⸗Saͤmb. i
neo D77 n
machten, genau gui beftimmen, wobey er, wahrſchein⸗
.. Toh wegen ihrer Feinbeif und des groferen Werthes,
vorzüglich darauf Nudficht genommen bat, in welcher
Stadt fie verfertiget wurden. Acht Stud Scharlach,
zehn Stud von Gent, zwölf von Ypern, ſechzehn
von Hoy, zebn ſchwere und vierzehn geringere von
Thorn, achtzehn von Aachen, u. f. m. galten ben der
Zolfration in Wien fur cinen Saum*); und mie
verſchieden mag der Saum noch bey anderen Waaren
gemefen ſeyn? Defto mehr muf es auffallen, daß
K Friedrich in eben derfelben Berordmung der Saum
cimmabi nad der Unzabl der Stücke Tuches, und
dann wieder nad) dem Gewichte von vier Centnern
fefigefest bat. Seinem Beyſpiele ift H. Nudolph IV.
nadgefolget. Er bat im Sabre 1364 einen Verfrag
mit der Stadt Nürnberg abgeſchloſſen, in welchem
beſtimmet wurde, wie viel Tuch von jeder Sorte auf
Rauch, T.IIT. p. 23. Bur Bequemlichkeit derjenigen mei:
ner Leſer, welche das Werk des gelehrten Rauch nicht zur
Hand haben, ſetze ich die merkwuͤrdige Stelle aus Frie—
drichs Stadtrecht fuͤr Wien ganz ber. „Fuͤrt ein man chram⸗
gewant von paiern der geit von dem ſaum zwainzich phen⸗
ninge . Iſt daz cin man an Der wider vart pringet ain uarwes
(gefaͤrbtes) gewant. von wannen er daz furt ., fo geit er von
dem faum ie vierbid vbenninge. Furt er minner, fo geb.
alè iz nach dem faum gepurt.Beben tuͤch von gent ift ain
faum . Acht ſcharlach ift ain faum . Zwelif tuͤch von enver ift
ain faum. Sechzen td von Hoy if ain faum. Zehen tuͤch
Swere von dorn ift ain faum Vierzehen mitterev von
Dorn ift ain Saum . Achzenev von ad ift ain faum . Sed:
genev von Diredundey ift ain ſaum. zwelfe von Bruͤchſel iſt
ain faum. Sechiene bepifem ift ain faum . Vnd fvaz
Chramgewantzs von Golſche oder fivi fo daz genant it oben
ab ber chumpt des macht immer vier Centen ainen Saum.“
Ich geſtehe aufrichtig, Daf ich cinige der hier genannten
‘ Stidte nad ibrent jetzigen Napmen nicht fenne.
ose 278 ſ
einen Saum follte gerechnet werden ). atte der
Saum allentbalben für ein gewiſſes, allgemein ans
genommene8 Gewicht gegolten, fo mar es unnöthig
Die Anzahl der Stücke von verſchiedenen Tüchern ju
zablen, darüber Befehle zu erlaffen oder Vertrage zu
ſchließen. — Wie grofi die Laft einer fogenannten
Wagengmant gemefen ſey, Lap ſich nicht ausmit⸗
veln 1
So wie es allenthalben einen offentlichen geſetzli⸗
chen Stadtmetzen gegeben, eben ſo war auch eine
Stadt: oder Frohnwage ***) vorhanden. In Wien
mar fie feit den frilbeften Zeiten den Raufleuten und
Krämern anvertrauet ****); jedoch fand es H. Albrecht
1432 fur räthlich zu verordnen, daß die vier Wäger
und Unterfaufler von dem Stadtmagiftrat befraftiget,
und die Einnahme vom Wagehaus zum Beften der
Stadt follte vermendet werden *****), Aehnliches fine
*) Friedrich Chriftoph Fiſchers Geſchichte des teutſchen Hans
dels, Th.II. S.328.
#*) Scheid , l.c. Urfunde D. Leopolds pon 1192. De onere
plauftri , quod vulgari dicitur ein Wagengiwant, fi fu-
nibus cireumligatis a Colonia ducitur, tria talenta fol-
vantur. Si vero teloneario vilum fuerit, veſtes (Tuͤcher)
ejusmodi onus plaufiri, de quo dictum efî, excedere, etc.
Spaterbin fab man nicht mebr auf cine Wagenlaſt, fondern
auf die einzefnen geladenen Waaren. Rauch, T. II. p. 22.
et feq.
*#*) Das alte Wort Frobn bedeutete nicht nur heilig, vie bey
Frohnleichnahm; nicht nur grof und hoch, mie bey Fropn=
altar; fondern auch obrigkeitlich und herrſchaftlich: daber
Frofngemalt , Frohndienſt.
oHRauch,; l. o. p.123. In der Urfunde H. Friedriche vom
Sabre 1312 heißt ed: „Darzu wellen wir auch daz die -
Vron wage ze Wienne, die di vorgenanten chaufleute vnd
Chramer mit alter gewonhait ber bracht habent auch furbaz
in ir gemalt beleibe.“
*xxxx) Beplage Nro. XXII,
— 279 ce
den wir in Urkunden der Städte und Marfte im
Land ; mur wachte dort der Magifirat, eil es keine
Raufmannsgilde gab, für die geſetzliche Wage.
Von dem Verhältniß des alten Ellenmaßes zu un—⸗
ſerm heutigen findet man in Urkunden nichts aufge—
zeichnet. Durch den Handel mit Venedig wurden die
Wiener mit den Venetianiſchen Maßen, Gewichten
und Ellen bekannt. Letztere nannte man in Oeſterreich
Bretſchen: fo verdeutſchte man das fremdbe Wort
braccio, Der Codex von Seitenftetten gibt kein Vere
hältniß der Bretfhen zur Wiener Elle an, ſondern
macht nur darauf feine Lefer aufmerkſam, daf Tücher
und Zeuge, Die man von Venedig brachte, cine vere
ſchiedene Lange und Breite batten*).
Sechzehnter Abſchnitt.
Merkwuͤrdigere Polizeyverordnungen uͤber den Handel.
Ein aus der Mitte der Burger gewählter Magi-
firat, welchem die Vermaltung des Gemeindeweſens
anvertrauet war, ift der vorzüglichſte und unentbehr⸗
lichſte Beſtandtheil einer frenen bürgerlichen Verfaf:
fung im Mittelalter gemefen. Die Gerechtigkeitspfle—
gein peinlichen Fallen handhabte der Rider; für al
les Uibrige Pra der SpA it pl Der innere md
9 Merck von n der Ellen mas. Mis, Das alle parchant, dicke
vnd duͤnne Lofd (vnd) rauche Sariat haben XXV: pretſchen
an der Seng vnd ain pretſchen an der prait, Item ain prait-
ter waldackin ift fieben pretfden fangf vnd zway pretſchen
prait..Diefelb feng vnd prait habent Zigatoni , kamaka,
Torroſin, purpur, maromat. Item Taffanta vnd farafmat.
find XVIII. pretſchn fangf vnd vier viertail prait . Hie
merckh, Das mon von wullein tuch nicht maß gehaben mag,
mann fie habend manicherlai fenge vnd prait.
&
dufere Rath. Zu den Hauptgeſchäften der letzteren
gehörte die Marktpolizey oder die Aufſicht über den
Handel *). Die älteſten Stadtrechte, die ſich bis auf
unſre Zeiten erhalten haben, enthalten die klarſten
Beweiſe, daß unſere Herzoge die Magiſtrate der
Städte, und bald hernach auch der vorzüglich begiine
ſtigten Marktflecken mit der Vollmacht ausgerüſtet
haben, Verordnungen in Handelsſachen zu erlaſſen,
und über die Befolgung derſelben zu wachen. Lange
ten die Einſichten oder Kräfte des Stadtrathes nicht
aus, fo erſetzten die Herzoge ſelbſt die Mängel def:
felben , verbefferten alte Gebrechen und Mißbräuche
und beftrebten ſich, nad ibren obgleich noch febr cin
geſchränkten Anſichten die Wohlfahrt ibrer Untertha:
nen durch) einen blubenden Handel zu befordern. Als
Belege führen mir nur einige Stellen an, in welchen
die oberfte Aufſicht ber den Sandeldem Stadtmagi:
firate von den Herzogen anvertranet wird. Der H. Leo:
pold verorduete im Sabre 1108, daß der Stadtrath
von Wien aus vier und ;manzig Mitgliedern beftehen,
und daß man fie aus den vorzüglicheren Bürgern nebe
men follte. Diefe mufiten ſchwoͤren, nach ihrer beften
Einſicht RE den Handel und iii für das Wobl
*) — fuͤr tin Rechtzwziſenſchaſt, heraus ge⸗
geben von Savigny, Eichhorn und Goͤſchen. Berlin, 1816.
Band IT. S. 206, u. f. Fn der vortrefflichen Abhandlung
Eichhoͤrns uͤber den Urſprung der ſtädtiſchen Verfaſſung in
Deutſchland wird dargethan, „daß der Inbegriff gewiſſer
den Staͤdten verliehener Vorrechte, den man im zehnten
Jahrhundert libertas Romana nannte, nichts anderes als
die Policeigewalt einer eigenen Behoͤrde in dem Umfange,
wie fig Die Coͤlniſche Richerzechheit durch ihre Amtleute aus⸗
uͤbte, bezeichnen kann, u. f. w.“ In der angefuͤhrten Stelle
iſt vom Marktrechte und von der Marktpolizey eines Stadt⸗
magiftrates die Rede.
2 e
der Bilrgergemeinde zu forgen; dem Stadtrichter
ward verbothen, ſich in diefes Geſchäft cinzumengen*).
Mit den namlichen Worten wurde auch der Stadtrath
in Enn8 1212 und nad) wenigen Jahren der Stadfe
rath von Heimburg bevollmächtiget, das Nothige ber
den Handel zu verordnen**). Häufige Urfunden enthal⸗
ten die Beweiſe, daß Die Stadtmagifirate von jeber
dieſes Recht aud) wirklich ausgeübt, und leider nur gar
gu oft Sandelsbefeble erlaffen haben, aus melden
nicht nur keine Weisheit, fondern Selbſtſucht und
Neid gegen andere Handelsorte hervorleuchten.
Der erſte Mißgriff den man ſich mit landes⸗
fürſtlicher Einwilligung erlaubte, mar die Feſtſetzung
beſtimmter Preiſe aller Waaren, die zum Verkauf zu
Marfte gebracht wurden. Der Hwang, den man da:
durch) den berbenreifenden Raufleuten anlegte, mußte
Defto umertraglicher ſeyn, da es' legteren firenge ver-
bothen mar, mit jemanden andern als nur mit einem
dert einheimiſchen Bürger ju bandeln. Wollte der
*) Lazius, J.c. Statuimus, ut XXIII civium, qui po-
tentiores in civitate inveniri potuerint, juramento con-
firment, quod difponant de mercatu et de univerfis,
quae ad honorem et utilitatem civitatis pertinent > ficut
melius (civerint. Et quidcunque iidem in hoc a agant et
disponant , judex civitatis nullo modo audeat irritare.
#*) Hormayr, Taſchenbuch fuͤr 1812. S. 62. Statuimus ut
fex ydonei ciues inramento confirment, quod disponant
de mercatu et de nniuerfis , que ad honorem etc. — Sen-
kenberg, Vifiones, p. 281. Stadtredt fiir Heimbura :
„Darnach fezzen mir Der purger vier die in der ftat die wei⸗
fiften fonden mugen werden daz die mit irm apd bemeren .
daz alle chaufmanſchaft vnd alles daz Daz gu ere vnd gu nu=
ben Der ftat gehoͤrt ſezen vnd dar zu raten als aller peſte
chvnn vnd mizzen . nd waz dieſelben daran tuent vnd
ſchaffent. daz Der ſtatrichter chainn weis daz tuͤrr (duͤrſe)
wider ſprechen.
COS 292 Lula
fremde Kaufmann feiner Waaren {08 werden, fo
mußte er fich bequemen , diefelben um den Preis bin
zugeben, welcher von dem Ortsmagiftrate aus Ne—
denabſichten wohl nicht immer mit großer Redlichkeit
iſt feſtgeſetzt worden: gegen die hoch geprieſene alte
Treue und Verläßlichkeit treten die alten Geſetze und
taufend wilde Thatſachen auf. Von der Feſtſetzung ci:
nes beſtimmten Waarenpreiſes im Allgemeinen —
denn von Fleiſch- und Brodſatzungen wird weiter un⸗
ten die Rede ſeyn — ſprechen folgende Urkunden: das
Privilegium K. Rudolphs, in welchem er Wien nach
dem Beyſpiele K. Friedrichs IL im Jahre 1278 ju
einer Reichsſtadt erhoben ); das Stadtredt, mele
ches fein Sohn Ulbredt der Erfte 1206 **), und das
Privilegium, welches H. Albrecht der Dritte 1382
den Wienern verliehen hat ***). Wir übergehen meh⸗
*) Lambacher, S. 161. Mandamus, ut de tota univerfitate
civitatis viginti viri, Deum habentes prae oculis, fa- .
pientiores, fideliores, et utiliores de potioribus pro
- confulibus (Rathsherren) eligantur... teneantur fub de. .
bito juramento omnibus rebus venalibus congruum fo-
rum (Preis) imponere, et fimiliter omni mercatori -
emptiones et venditiones inftituere, ita ut vendenti et
ementi juxta necefsitatis et temporis exigentiam cavea-
tur. — Deutſch beifit diefe Stelle ben Raucd, T. II p. 8,
fo: „Vnd ſchullen auch pen irem ſchuldigen apd Recht
maͤrcht vnd chaͤuf auflegen vnd auf ſeczen allez chaufen vnd
verchaufen an allen chaufleichen dingen nach der natdurft
vnd der czeit begier.
**) Senkenberg , lic. p.290. Gi ſoln auch mit geſworem aide
alfen vaifen dingen rehten diauf, vnd rebten Marcht auffe=
Ben, vnd auch allem chanffe. ze chauffen vnd ze verchauffen
affo auflegen, Daz Dem dauffir vnd dem verchauffer nad
der geftalt der jeit und auch der duͤrftichait merde behalten.
#*#*) Rauch, T.III. p. 150. Albrechts Urfunde bandelt von den
Freyheiten der Gaprmarfte ju Wien. Die hieher gehorige
neo 285 nese
rere dergleichen Zeugniffe mit Stillſchweigen und fila
gen mur die Bemerfung ben, daß fich diefer Unfug,
auf Wodhen < und Jahrmärkten die Waarenpreife zu
beſtimmen, bis in die zweyte Hdlffe des fiebzebuten
Sabrbundert8 an einigen Orten erbalten bat, denn
K. Leopold der Erfte ſchaffte ihn 1668 in dem Marfts
flecfen Scheibs und in der Stadt Waidhofen an der
Ips ben firenger Ahndung ab*). Sebr wahrſcheinlich
haben die Magifirate anderer Stadte und Marffe
ſchon viel früher freywillig auf ein fo arges Vorrecht
verzichtet, deſſen Schädlichkeit für den Handel jeder
einſehen mußte, det ſich von Eigennutz und unklug ere
theilten Vorrechten nicht leiten und verblenden ließ.
Deſto mehr muß es auffallen, daß man in alten
und neueren Zeiten die Polizeyaufſicht über den Han⸗
del und Wandel der Unterthanen ſo weit trieb, daß
man ſich berechtiget glaubte, nicht nur den Taglöh—
nern, ſondern auch den Handwerkern und ihren Ge—
ſellen den Taglohn, und allen möglichen Fabrikaten
den Preis zu beſtimmen, um welchen ſie verkauft wer⸗
den ſollten. Ein fo arger Mißbrauch der Polizeyge—
walt, der die fo nöthige Handelsfreyheit gänzlich uns
terdrückte, und Induſtrie und Vervollkommnung der
Stelle lautet ſo: „Es ſullen auch auf denſelben Jarmerkten
all kewf, die vmb alle vaile Ding da geſchehent, gegeben
werden mit der zal, mit der maß, vnd mit der Wag, nach
Rechter ſatzung des Rats der Stat ze Wienn, durch das
ainem yegleichen hingeber, vnd kauffer, vnd pedem Mann
da Recht geſchech angeuer.
*) Guarient, Codex Auftriacus. Th. IT. &.5. Wir haben
Uns allergnaͤdigſt refolvirt, Daf es bey deren von Scheibs
Erbieten, daß fie nemblich feinem feine Waar oder Pfenne
merth gu tariren , oder femands an Wiederhinwegbringung
deffen, fo nicht verfauft wird, gu bindern begebren...
fein Verbleiben haben ſoll.
Erzeugniſſe lähmte, würde uns heut zu Tage als une
glaublich erſcheinen, batten wir die Gefebe, die ihn
begiinftigten, nicht vor unferen Augen. Für die ver:
ſchiedenen Arbeiter in cinem Weinberg beftimmte
H. Albrecht im Jahre 1352 funf und höchſtens ſechs
-Pfennige Taglobn. Der Bürger, welcher einen hoͤhe⸗
ren Arbeitslohn gegeben hätte, wäre in eine Geldſtrafe
von fünf Pfund Wiener Pfennige verfallen. Unter—
fängt ſich, heißt es weiter, der Weinzierl, ohne Bee
fehl des Eigenthümers dieſes Geſetz zu überſchreiten,
ſo bezahlt er ebenfalls fünf Pfund; hat er nicht ſo viel
Geld, ſo wird ihm zur Strafe eine Hand abgehauen.
Verlangt ein Arbeiter einen größeren Lohn, oder metis
gert er ſich um den geſetzlichen in einen Weingarten zu
gehen und überläßt ſich dem Müßiggange: ſo muß
man ihn ergreifen und als einen ſchädlichen Menſchen
behandeln *). Wenn ein Haushälter, um die nöthigen
Arbeiter deſto gewiſſer zu bekommen, mehr als ſechs
Pfennige Taglohn gibt, und bloß deswegen eine Hand
verlieren ſoll: ſo ſchaudern wir zurück und wenden
unwillig unſre Blicke von einem barbariſchen Zeitalter
hinweg, das ſelbſt einen weiſen, gütigen, allgemein
verehrten Fürſten mit ſich fortriß, und zu einem ſo
graufamen Polizeygeſetze verleiten konnte. Das Hand⸗
abhauen haben menſchlichere Grundſätze und eine beſ⸗
ſere Verſtandescultur abgeſchafft, aber man hat es
auch noch im ſiebzehnten Jahrhundert für eine Pflicht
einer guten Polizen gehalten, den Hauern **), Tag:
löhnern, Maurern und Zimmerleuten einen Arbeits⸗
*) Rauch, lc. p. 75. Als offt es aber der weinczuͤrl an ſeines
berren gefchefft vnd gehaiffen vberuert, in meliben tvegen
Daz iſt, Der fol daſſelb mandel geben, bat er der phennig
nicht, man flach im ab ain pant.
**) Supplementum Codicis Aufiriaci, S. 515.
lohn ju beftinimen*) und denjenigen ſchwere Strafen
anzudrohen, die ſich weigern wurden um denfelben gu
arbeiten. ©»
Aber damit hat ſich die viel zu geſchäftige Handels⸗
polizey noch keineswegs begnüget: ſie bat beynahe ale
len erdenklichen Erzeugniſſen der Handwerker noch im
Jahre 1689 einen Preis beſtimmet in der Uiberzeu—
gung, daß nur auf dieſe Weiſe dem Wucher Einhalt
gethan und eine fortdauernde Wohlfeilheit erhalten
werden fonnte. Das Patent hierüber füllet achtzehn
klein gedruckte Bogen, und ift fogar mit einem Rus
pferſtich ausftaffiret, der den Schuhmachern die Form
anſchaulich machen follte, die der Polizen ben Beftim:
mung Der Preife verſchiedener Schuhe vor Auger
ſchwebte **). Diefes on ift pugleioh i der klarſte Bea
*) Guarient. Th. II. S. 324 — 328.
**) um den Lefern, welche den Suppfementband det Geſetz⸗
ſammlung Guarients nicht zur Hand haben, einen Begriff
von dieſer ſonderbaren Verordnung zu geben, ſetzen wir
aus derſelben nur Weniges her. Sie findet ſich am ange—
fuͤhrten Orte, S. 290 — 359: Preife werden beftimmniet :
allem Bauholz und hoͤlzernen Gefaͤßen; den Erzeugniffen
der Binder, Brunngraber, Flintenmader „Buchbinder,
Buͤrſtenbinder, Decken- und Kotzenmacher, Glaſer,
Guͤrtler, Schneider, Toͤpfer, Hutmacher, Kupferſchmide,
Lederer, Riemer, Seiler, Sattler, u. ſ. w. u. ſ w. Ein ein⸗
ziger Artikel aus der Rubrik: Gewandſchneider, genuͤ—
get, um uͤber das Ganze urtheilen gu finnen.— „Ein gro:
fer, von Brunauer Tuch, anderthalb Ellen fang, mit einer
palben Tuchweite und Taſchen, voͤllig gefutteter und ausge»
machter Mannsrocd, worzu fie drey Ellen Tuch, viertebalb
Ellen Boy, und zehen Dugend Knoͤpfe nebmen follen,
fammt dem Macherlohn per fieben Gulden dreifig Kreu—
zer.“ Und fo geht es durch alte Gattungen Der Kfeidungs:
Rude fort. Die Dauer ſolcher Berorduungen mird kurz,
und ibre Befolgung feblecht geweſen fenn. Es lohnte nicht
ano 290 an
weis von den Damabligen noch äußerſt beſchränkten
Anſichten und Vorurtheilen über den Handel, denn
man wähnte, ihm durch unzählige Befehle und durch
gänzliche Unterdrückung aller Handelsfreyheit aufhel⸗
fen zu können.
Der gemeinſte Mann urtheilet ganz richtig daß
eine Waare deſto wohlfeiler zu ſtehen kommt, je gro:
ßer der Zuſammenfluß der Handelsleute iſt, welche
dieſelbe zum Verkauf anbiethen. Von dieſer Wahrheit
überzeuget, erließen die Herzoge und der Stadtma—
giſtrat von Wien viele heilſame Verordnungen, mel:
che den freyen Verkauf der nöthigſten Lebensmittel
beförderten und allen Handelsleuten erlaubten, ſie
ungehindert nach Wien zu bringen. Der Stadtrichter
in Wien hatte ſich das Recht herausgenommen, den
Krebſen- und Aalenhändlern einen Zoll abzufordern,
mas gue Folge batte, daß die beyden genannten Eß—
waaren febr fparfam zu Marfte gebracht wurden, wo—
durch ibr Preis in die Höhe frieg. Auf die lauten Kla:
gen, welche die Burger hierüber erboben, erſchien
1568 cin Befehl der Herzoge Albrecht und Leopold
und auch des Magifirates von Wien, welcher die Ub-
gabe an den Stadtrichter abfdjaffte, und. den Kreb—
ſen⸗ und Aalenbandel den Bürgern und auch cen
martigen obne Unterſchied Preis gab, um der Theu⸗
rung Einhalt zu thun *). Deſto auffallender iſt das:
jenige, was eben dieſelbe Verordnung über die Futte⸗
rer feſtgeſetzt hat. Die Futterer bildeten in Wien eine
Der Muͤhe ſie gu verfaſſen und durch den Druck bekannt zu
machen.
#) Rauch, lc. p.106, Nyemant geturft kreuzzen noch Allen
hin geben denn ſie hetten es von Im peſtanden da von groſſe
tewrung erſtanden.
uo 2 87 neo
eigene Zunft und hatten das Vorrecht, die dortigen
Büurger mit Hafer, Gerſte, Heu, Stroh und Holz
gu verſehen *). Ein allgemeines Murren gab die über—
große Anzahl derfelben als die Urſache einer drücken⸗
den Theurung der genannten Gegenſtände an. Um
dem Uibel abzuhelfen ward beſchloſſen, die Zahl der
Futterer auf ſechzig herabzuſeten; fände der Magi⸗
ſtrat es vortheilhaft, dieſe Zahl noch mehr zu min:
dern, fo ſollte er nach Gutbefinden bandeln**). Es
iſt gar nicht glaublich, daß ſo verkehrte Maßregeln
ſollten zum Ziele geführt haben. Der È. Leopold be⸗
ſtimmte auch den Futterern den Gewinn, den ſie von
einem Metzen Gerſte oder Hafer auf eine erlaubte
Weiſe haben durften ***). Aehnliches hat ſchon H. Al⸗
brecht 1340 verordnet ****). |
Beyfallswürdiger waren manche andere Polizey⸗
geſetze uber den täglichen Handelsverkehr, die zwar
nur für die Stadt Wien erlaſſen wurden, aber auch
den übrigen Städten und Marktflecken in Oeſterreich
zum Muſter dienten, welches begierig nachgeahmt
wurde, ſoviel es Zeitumſtände und Ortsverhältniſſe
mur immer geſtatteten.
Allen verkäuflichen Dingen war ein gewiſſer
Marktplatz angewieſen, auf welchen ſie gebracht, und
wo ſie ausſchließlich verkauft werden durften. Von
dieſer Regel waren in den früheren Zeiten weder Kauf⸗
leute und Krämer, mod) and Handwerker und Land:
— die mit Lebensmitteln in die Stadt kamen, aus⸗
*) Cod. Aufiriac. T. III. p. 505.
*#) Rauch, l.c. Des erften das groß ſchaden isla und er:
ftuenden von der menig vnordenunge der fuetrer ze wienn,
der gu viel mere da von groffe terorung auf erſtannden ift.
#**) Cod. Auftr.l. c.
**#*) Rauch; lc, p.56.
sso 288 ceo
geromimen : ein jeder Verkäufer mußte ſich auf dem
Plage einfinden, der ſeiner Waare von dem Magie
ſtrat ift angemiefen worden. Die anſehnlicheren —
leute bothen in Lauben, das iſt, in Haller, Lager:
oder Kaufhäuſern ihre Waaren feil, und hießen davon
Laubherren *); aber dieſe Lauben oder Hallen follten
einer alten Satzung gemaf auf einem beſtimmten Pla
ge an cinander liegen. Der alte Nabme: unter den
Tuchlauben, dauert iti Wien noch fort. Die Hands
merfer von cimer Zunft batten ebenfall8 einen gemein⸗
ſchaftlichen Plag, ivo fie auf Seriiften oder Bänken
ibren Waaren zum Verfaufe ausftellten; daber der
Nabme: Brodbdnfe, Fleifhbanfe, u. ſ. w. Die öf—
fentlich gemeinſchaftlichen Marftplage erbielten von
den Waaren, Die dort verfauft wurden, ibre Benen—⸗
nung: Fleifh = Mehl- Rien: Fiſchmarkt. Spdtere
hin erlangten die Kraͤmer Erlaubniß, ihre Waaren in
ihren eigenen Häuſern gu verkaufen **). Es ſcheint
auch kein bloßes Ungefähr zu ſeyn, daß ſich Handwer⸗
ker gleicher Art in einer Gaſſe oder Straße an einander
niederließen; wahrſcheinlich vollzogen ſie auch hierin
einen Magiſtratsbefehl, durch den die alte Sitte mög⸗
lichſt ſollte beybehalten werden, daß cime jede Waare
auf einem beſtimmten Platz feilgebothen würde, um
der Stadtpolizey cine bequemere Uiberſicht und leich—
tere Erhaltung der öffentlichen Ordnung, den Käu—
fern aber eine Auswahl unter zahlreicher Waare und
einen billigen Preis zu verſchaffen. Gaſſen und Stras
ßen erhielten ebenfalls gar oft von den vielen dort
#) Rauch, 1. c.P. 54. Die hauſgenozzen vnd die loubenherren.
®#) Beylage Nro. XXIII. Urkunde H. Albrechts vom ‘Fabre
1455: Welcher kromer ein aigen Haus hat: Der ſol
freye wal haben, in demſelben ſein haus ein krom zu machen
vnd zehaben, vnd ſein Handel darInn gu treyben.“
eso I 89 tes
wohnenden Handwerkern ibre Nahmen: Nagler⸗
Sohinid a Fdrber: Weißgärbergaſſe. Aus häufigen
Belegen, die ſich für die Wahrheit obiger Bebaup:
tung anführen ließen, heben wir nur einige aus, denn
diefelbe Einrichtung fand ſich allgemein in den vorziig:
licheren Handelsplätzen, und beſteht Pag Theile noch
în unſeren Tagen R.
Von den Bänken oder Tiſchen in Neuſtadt und
von ihrem Standplatz geſchieht Erwähnung in der Ur⸗
kunde, welche H. Friedrich 1244 den dortigen Bite
gern zu einem öffentlichen Zeugniß ſeiner Dankbarkeit
und gum Lohn ihrer unwandelbaren treuen Ergeben⸗
heit verliehen hat **). Als H. Albrecht 1340 Allen
ohne Unterſchied erlaubte, Brod, Fleiſch und andere
Lebensmittel nach Wien zu bringeny fugte er ausdrude
lich die Bemerfung hinzu, daf eine jede Waare auf
den für fie beftimmten Plag gebracht und dort verfauft
werden follte***); Gin Nathsbeſchluß vom Jahre
1357 wies den Tuchmachern und Tuchbereitern von
Wien und von Tuln die Plätze an, auf welchen ſie ib:
re Waare verkaufen ſollten Me, Die Inhhandler
Siittimann — Geſchichte des Urſprungs der ‘Stinde in
Dettfohfand. Eh. II S. 132. — Zeitſchrift fuͤr ge—
ſchichtliche Rechtswiſſenſchaft. Tp. II, S. 213.
) Hormayr, Tafhenbud, 1812: S. 79. Stationes menfa-
‘rum fecundum quod * initio locate fuerint, ——
permanebunt.
* Rauch, |. c. p.54. Wir wellen ouch, ſwaz man zu der Stat
fuert, daz man daz gu dem rechten marcht fuer, vnd da ver⸗
chouffe, als von alter gewonhait herchomen ift.
##**) Rauch, l. c. p.g2 und 85: Affo Das die felben tuch peraitter
vnd die loden würcher von vien mitallemivem giant An=
derſwo nyndert ften ſullen noch vail haben dann auf dem
Sait haus an dev ſtat — Wachter, Glofsarium, v. Loden,
pannus hirfutus.— Wurfen oder WurFen ift gleichbedeu⸗
tend mit Machen. Lodenwurcher if alfo ein Tubmader. —
. 1 9
0% 290 it
‘hat noch 1580 È. Nudolph der Zweyte Laubherren
genannt*). Sie geborten alfo zur Claſſe der eigentli⸗
chen Kaufleute, die im Großen verfauften; im Ge
genfage von ibmen erfcheinen Die Redmer,? nämlich
die Kleinhändler, welche von ihren Hütten » in denen
ſie auf dem beſtimmten Marktplatz ihre Waaren ver:
kauften, auch Wandkrämer genannt wurden ). Bon
Den Marftplagen verſchiedener anderer Handelsleute
und Handwerker wird in den folgenden Polizepgefegen
Meldung gemadt merden.
Unter allen Sandwerfern zogen vorzüglich die Bd.
der und Fleifcher die Aufmerffamfeit der Polizen auf
fi. Um Woblfeilbeit des Brods und Fleiſches, um
das geſetzliche Gewicht, und zugleich um die gute Be⸗
ſchaffenheit deſſelben haben ſich unſre Landesfürſten
und die Ortsobrigkeiten von jeher bekümmert; dieß be⸗
weiſen häufige Verordnungen, deren große Auzahl den
Leſern läſtig fiele, wenn wir ſie alle der Reihe nach
anführen tene: Wir beben nur die merkwürdigſten
fi
Cudipindier, Handſchneider genannt, hatten in Krems
ſchon im dreyzehnten Jahrhundert eine Laube, und geno⸗
ben mancherley Handelsfreyheiten woruͤber eine merk⸗
wuͤrdige Urfunde vom J. 1305 nachzuſehen iſt, apud
Rauch, L c. p.362. Inciſoribus pannorum fub lubio
apud Crembfam, qui valgariter Hant{neyder nuncupan-
tur..jura fua confirmamus. . mandantes, quod nullus
ciuium Crembfenfium pannos, qualefcunque fuerint,
incidere aut vendere per ulnas prefumat, nifiinipforum
confortium , . all'umatur et ftet fublubio (£aube), locum
ab ipfis receptum in confortium:confueto or dine occu-
pando. Sancimus etiam quod nullus aduenarum panitos
nobiles, qui amuar vulgari vocabulo nominantur, vel
pannos lombardicos vendere per ulnam —
audeat, eto.
*) Guarient, Th. S. 759. „Laubherren oder Zuͤchler.
*) Beplage Nro. XXII,
vo 29 | 2
aus, denn der Geift der damabligen Sefeggebung
ſpricht ſich in diefen ſchon deutlich genug aus.
Unm dem gewinnſüchtigen Monopolium der Bde
cker⸗ und Fleiſcherzunft Einhalt zu thun, erlaubte
H. Albrecht der Lahme 1340, Daf das ganze Jahr
hindurch Fleiſch, Brod und andere Eßwaaren in die
Stadt Wien durften eingeführt werden; nur ſollte
alles auf den dazu beſtimmten Platz gebracht und dort
verkauft werden. Einem jeden Bäcker, der vom Lande
in die Stadt ziehen und die Laſten eines dortigen Bür⸗
gers übernehmen wollte, ſtand es frey, alle Arten
Brodes zu backen und zu verkaufen, nur mußte es das
geſetzliche Gewicht und den Preis haben, welchen die
Brodſatzung des Magiſtrates vorſchrieb. Fügten ibm
die alten Stadtbäcker aus Zunftneid irgend einen
Schaden zu, ſo ſollten ſie ihre Bosheit an ihrem Leib
oder Gut büßen. Den bürgerlichen Stadtbäckern ere
laubte der Herzog aus befonderer Gnade, daf fie künf⸗
tig wochentlich ein balbes Muth, aber nicht mehr, vere
backen durften, was ihnen bisher aus uns unbegreifli⸗
chen Urſachen verbothen war. Die Strafe der Bäcker
var nach altem Fürſtenrechte das Schupfen, was Al⸗
brecht neuerdings beſtätigte und was bis ins achtzehn⸗
te Jahrhundert ſowohl in Oeſterreich als auch in den
benachbarten Ländern als eine Buße beybehalten wur⸗
de, durch welche das durch die Bäcker betrogene gemei⸗
ne Volk Genugthuung erhielt und zugleich nach ſeiner
Weiſe köſtlich beluſtiget wurde. Die Vergehen der
übrigen Handwerker wurden mit Geld und andern
üblichen Strafen gebüßt >).
*) Rauch, p. 54: Die pekchen fol man ſchuphen, alè von altem
fuͤrſtlichen recht herchomen ift, vnd fullen dbain ander wan⸗
del nicht geben 44 — Diefe Strafe war auch in Regensburg
uͤblich: Gemeiner, Ehronif, Th. I. S. 480, 509, 4. f. —
Mt 202 ae
‘ Eine viel größere Mühe Foftete es den Regenten
und den Ortsobrigfeiten, die Derbbeit, Geminnfudt
und Haleftarrigfeit der Fleiſcher zu zähmen und fie
gu motbigen, ſich in die vorgeſchriebene Ordnung zu
fugen. Ihre Frechheit bat einen ſehr hohen Grad er
reicht: dieß bezeugen die vielen VBerordnungen, welche
gue Abhülfe der grofien Noth, in die das Wienervolf.
durch die Fleiſcher verfebt murde, find erlaffen worden,
Diefe Zunft batte es ſchon fo weit gebracht, daß fie.
ſich das Recht herausnahm, Handwerksgeſetze zu ent⸗
werfen, wodurch die Macht des Landesfürſten und
des Magiſtrates gelähmet der Alleinhandel mit
Fleiſch und auch mit Fiſchen idr für beſtändig gefichert,
und die ganze Stadt in Rückſicht der Fleiſchpreiſe von
ihr abbangig gemacht werden ſollte. Dieſer wilde Une
fug hatte bereits ſo tiefe Wurzeln gefaßt, daß er nicht
plötzlich, ſondern nur allmählig und mit ausdauernder
Kraft der Landesfürſten konnte abgeſchafft werden:
Zu einer Zeit, in welcher nicht allgemeine Geſetze ſon⸗
dern unzählige Privilegien und alt hergebrachte Ge⸗
crv herrſchten, konnte jeder Mißbrauch ein
Die ſonderbare Stelle in Albrechts Urkunde lautet ſo:
„Die purger pekchen ſullen nicht vailes proͤt pachen, danne
iv (on proͤt, daz ſint ouch wekke fur zwen phenning, vnd
durch merer gnad, fo erlouben wir, ir igleichem ze pachen,
einen halben mutt, ze der wochen, vnd nicht mer. mer
daruͤber mer puech, der muez daz wandel geben, als ez der
Rat, von der Stat aufſetzet.“ — Was ſoll man denn unter
dem Loͤhubrod verfteben ? Gn den vielen fpateren Verord
nungen werden die Obrigkeiten immer ermahnet, uͤber das
geſehliche Brodgewicht zu wachen, und Die Betriegereyen
Der Baͤcker unnachſichtlich mit Areſt, Ausſtellung auf der
Schandbuͤhne, und endlich mit dem Schupfen zu beſtrafen,
wenn keine Beſſerung erfolgen wuͤrde Guarient, Th, IL.
S. 325: Th. ILS. 920 und 935. Fn Dérfern durften die
Baͤcker auch mit einer Geldfirafe belegt werden.
ene 20 3 c--
gefegliches Unfeben erhalten; deſſen ungeachtet kann
man den Magifirat nicht entſchuldigen, durch defe
ſen Sorglofigfeit das Uibel fo ſehr zugenommen bat,
Daf e8 cime grofe Unftrengung koſtete, demfelben
Cinbalt zu thun. Die Mittel, die man fpaterbin er
griffen, batte- man viel fruber anvenden, und das
Volf von dem ſchändlichen Drud der Fleifher be:
— frenen follen. Die folgenden PolizengefeBe über den
Fleiſchhandel frellen uns den Fuheren Uibelſtand
deutlich vor Augen.
Arme und Reiche erhoben in Wien laute Klagen
über die Fleiſcher, und bathen die Herzoge Albrecht
und Otto um Abhülfe der großen Beſchwerden. Ihre
Bitte wurde gnädigſt erhört und 1331 verordnet, daß
es den auswärtigen Fleiſchern auf dem Lande wochent⸗
lich zwey Mahle, mamlid auf den Wochenmärkten
Dienſtags und Samſtags von Michaelis bis Georgi
erlaubt ſeyn ſollte, Fleiſch in die Stadt zu bringen
und auf dem alten Fleiſchmarkt zu verkaufen. Blieb
ihnen an den Wochenmärkten noch ein Fleiſch übrig,
ſo konnten ſie es in den Zwiſchentagen am Heupüchel
nach alter Sitte verkaufen. Den Stadtfleiſchern mur-
de zugleich verbotben, auf dem hohen Markt einen
mit Fiſchen beladenen Wagen oder cin mit Fiſchen
gefulltes Schaff von einem Uusmartigen zu Faufen,
ausgenommen er mollte die Fiſche außerhalb der
Stadt verfaufen ; auf der Herberge der Fiſchhändler
wurde ihnen diefes jedoch geftattet. Un hohen Marft
batten Fiſcher und Fleiſcher die volle Srepheit mit
Fiſchen Handel gu treiben *).
Sn dem Sabre 1340 fand H. Albrecht für Veg
cine neue Fleiſcherordnung file Wien feſtzuſetzen. Sie
*) Ranch, Le.p. 52.
entbalt folgende Artifel ): Einem jeden ifi es das
ganze Jahr bindurd) erfaubt, friſches, eingeſalzenes
oder geräuchertes Fleiſch in die Stadt zu bringen und
feil zu haben. Unterfingen ſich die Fleiſcher der Stadt,
die Zufuhr deſſelben zu hindern oder einem Fleiſch⸗
| bandler einen Schaden zuzufügen, und würde dieß
erwieſen: ſo ſind ſie dem Nichter nach dem Urtheil des
Stadtrathes mit Leib und Gut in eine Strafe verfal⸗
len. Wünſcht jemand in die Fleiſcherzunft aufgenom:
men gu werden und verpflichtet er ſich, die Verbindlich⸗
Feiten eines Bürgers gegen die Stadt gu erfüllen: fo
darf man ibm fein Gefud nicht verfagen, fondern er
ibt dem Richter und auch der Zeche der Fleiſcher cin
Dfund Pfennige, und tritt fogleidh in ihre Nechte cin.
Vermeigerten ibm aber die Fleiſcher die Aufnahme in
ibre Zunft, fo ſoll er diefen Frevel dem Stadtrathe
Flagen, der ibn ſogleich der Fleiſcherzunft einverleiben
muß, ohne zur Zeche das fonfi vorgeſchriebene Pfund
qu bezahlen; der Richter ift jedoch auch in diefem Falle
berechtiget, fein Pfund zu fordern; die Fleiſcher vere
fallen megen ihrer Widerſetzlichkeit i in die vorgeſchrie⸗
bene Strafe. Sobald im Sommer zur None gelkutet
wird, müſſen die Fleiſcher ibre Bänke öffnen und fitt:
fam ibr Fleifh verkaufen; im widrigen Falle ſtraft ſie
der Stadtrath, Finniges Fleiſch zu verkaufen iſt nur
unter folgenden Einſchränkungen erlaubt: So ein
Fleiſch muß abgeſondert von dem geſunden auf einen
Tiſch geleget, und den Leuten, die es dennoch kaufen
2) L.c. p. 55. Davon wurde and ſchon geſprochen in: Des
ſterreich unter H. Rudolph dem Vierten. S. 137. — In
den Urkunden von Mauthauſen wird finniges Fleiſch ein
ungerechtes Fleiſch genannt. Es mußte von den buͤrgerlichen
Fleiſchbeſchauern weggenommen, in die Donau geworfen,
oder auf eine andere Weiſe vertilget werden.
CES 205 sua
wollen, ausdrücklich gefagt werden, daß diefes Fleiſch
mit Finnen behaftet ſey. Wer ein finniges Fleiſch auf
eine andere als dieſe vorgeſchriebene Weiſe verkauft,
dem nimmt es der Richter weg, und der Stadtrath
kündiget ihm die gebührende Strafe an. — Die Une
ſchädlichkeit eines finnigen Fleiſches file die Gefundbeit
der Menfden hat in den neueſten Zeiten einige Ver—
theidiger gefunden; deſſen ungeachtet wird man nicht
anfteben, einer Polizeyverfügung den Vorzug zu ges
geben, welche alles Ecfelbafte befeitiget und der mög⸗
lichen Gefabr guvorfommt, die für die Gefundbeit der
Menſchen daraus entſpringen könnte, wenn es erlaubt
würde ein krankes Vieh zu ſchlachten und das Fleiſch
davon öffentlich zu verkaufen. Die Gränzen des mehr
oder weniger Schädlichen find i in ſolchen Fallen ſchwer
qu beftimmen.
Daf die Fleiſcher dieſer Verordnung Albrechts
den Gehorſam verſagt und ſich erfrecht haben, nach
eigenem Belieben Zunftregeln ju entwerfen, die file
das gemeine Weſen der Stadt ſchädliche Folgen er:
zeugten, erhellet aus einem zweyten Polizeygeſetze
deſſelben Herzogs, das im Fabre 1350 iſt bekannt ge⸗
macht worden *). Darin wird feſtgeſetzt, daß jeder
Fleiſcher ſo viele Ochſen, Schweine und Schafe
ſchlachten könne, als ibm gut dünkt, ohne daß er ver:
pflichtet werden könne, irgend cine Abgabe zur Flei⸗
ſcherzunft zu leiſten. Den Fleiſchern wird verbothen,
einen eigenen Zunftrichter einzuſetzen, und von gro⸗
ßem oder kleinem Vieh einen Zoll zu fordern. Alle
Verbindungen unter ihnen ſind aufgehoben; nur
Zwey dürfen ſich in eine Geſellſchaft zu gemeinfamen
Gewinn und Verluft miteinander vereinigen. Solche
#)L.c.p. 67,
% 296 ea i
Zwey können einen mit Hauſen oder Schuppenfiſchen
beladenen Wagen kaufen und theilweiſe oder im Gan⸗
gen verfaufen. Früher, als dieſes geſchehen iſt, bleibt
es ihnen verbothen, einen zweyten Wagen kommen zu
laſſen. Die Zufuhr des Fleiſches von dem Land in die
Stadt iſt das ganze Jahr hindurch ungehindert er:
laubt; den Eigenthümern dieſer Waare iſt es jedoch
unterſagt, derſelben einen Preis feſtzuſetzen; beym
Einkauf haben Reiche vor den andern Armen kein
Vorrecht. Geheime Verbindungen und ein eigener
Zunftrath ſind den Fleiſchern verbothen, denn daraus
könnten für die Stadt ſchädliche Folgen entſpringen.
Die Fleiſcher dürfen ohne Mitwiſſen des Magiſtra—
tes keinen ihrer Knechte oder Handwerksgenoſſen aus
der Stadt fortſchaffen. Aus der Zunfteaſſe darf ohne
Wiſſen deg Stadtrathes kein Geld sum Handel ge
nommen, noch dürfen auch Schulden anders woher
auf dieſelbe gemacht werden; der Gewinn, welchen ein
erlaubter Geldvorſchuß einbringt fällt an die Caſſe
zurück. Die Fleiſcher ſollen zu rechter Zeit auf den
Viehmarkt kommen. Einer Geſellſchaft, welche aus
Zweyen beſtehen durfte, ward nur erlaubt zwölf Stück
auslaͤndiſches oder acht Stück inländiſches Vieh nach
Wien auf den Markt zu treiben. Alles Vieh, welches
in den Burgfrieden von Wien gebracht wird, muß am
Freytag auf dem Wochenmarkt jedem, der es verlangt,
ohne Widerrede verkauft werden. Da mebrere Flei⸗
ſcher im Gefängniß ibre Vergehen gebüßt haben, fo
müſſen diefelben verſprechen, dieſes an niemanden zu
rächen. Ein Fleiſcher, der ſich dieſer landesfürſtlichen
Verordnung widerſetzt, verfällt mit Leib und Gut in
Die geſetzliche Strafe. —
Die Mißbräuche der Fleiſcherzunft, — 8
Albrecht mit wenigen Worten andeutete, enthüllt uns
È ero 207 ce
fein Sohn Nudolph vollkommen. Beſtürmt mit neuen
Klagen des Magiſtrates von Wien über den Unfug der
Zünfte, entſchloß er ſich, nach dem Beyſpiele vieler
alten Regenten dem Unweſen ein Ende zu machen, und
bob zuerſt 1301, und dann zum zweyten Mahle 13604
alle Zünfte in Wien auf H. Ein vorzüglich ſtrenges
Gericht iſt wider die Fleiſcher ergangen, denn der
Druck ihres Fleiſchmonopoliums hat den Magiſtrat
und die Bürger Wiens zum höchſten Unwillen gegen
ſie aufgereitzt. Vergebens hat ſich der gewaltige H.
Rudolph 1301 dem Zunftdeſpotismus entgegenge⸗
ſtellt; ſchon nach drey Jahren erboben ſich die alten
Klagen gegen die Fleiſcher neuerdings wieder, und der
Herzog erließ während der Belagerung des Baperi:
ſchen Marktes Ried im heutigen Innviertel cine lange
Verordnung, welche folgenden Inhaltes iſt **):
Einem Landesfürſten geziemt es, das Wohl ſeiner
Unterthanen zu befördern und für Reiche und Arme
gleiche Sorgfalt zu tragen. Vorzüglich muß deſſelben
Aufmerkſamkeit auf die täglichen, allen Menſchenelaſ—
ſen unentbehrlichen Lebensbedürfniſſe gerichtet ſeyn.
Ungeachtet Wir in einer für die Stadt Wien ſehr beil
famen Verordnung alle Zechen und Cinigungen der
dortigen Handwerker und die Zunftfagungen, die fie
ſich eigenmächtig zum Nachtheil der ganzen Bürger⸗
ſchaft entworfen, auf immer abgeſchafft haben, fo ver
nehmen Wir doch von dem innern und äußeren Stadt:
rath, daß dieſer Unfug immer noch fortdauert, und daß
ſich die Zünfte unterfangen gewiſſe Handwerksregeln
vargiſchreiben die nur ihnen nützlich, allen Uibrigen
2Oeſterreich unter H. Rudolph dem Vierten, S. 126—1 39
und 368.
#*) Senkenberg, Selecta, T.IV. p.465 et feq,
vo 298 ce
aber ſehr nachtheilig ſind. Um alles daraus entſpringen⸗
de Unheil zu verhüten und die Volkszahl und den
Wohlſtand der Bürger zu vermehren, haben Wir Fol⸗
gendes beſchloſſen:
Wir erklären durch gegenwärtige Verordnung aus
landesfürſtlicher Macht alle Zechen, Einigungen und
Geſellſchaften der Handwerker in Wien, ſo wie auch
ihre Satzungen, Ordnungen und Zunftgebothe, die
ſie eingeführt haben oder noch einführen könnten, für
aufgehoben und kraftlos, Nur der Bürgermeiſter und
der Stadtrath ſind bevollmächtiget, den Zünften
Ordnung und Geſetze vorzuſchreiben, was ihr Amt
ſchon mit ſich bringt und auch unſre Vorfahren in der
Regierung verordnet haben. Da Brod und Fleiſch die
gewöhnlichſte Nahrung der Menſchen ausmachen, ſo
haben der Bürgermeiſter und der Stadtrath von Wien
fur dieſe beyden Gegenſtände heilſame Anſtalten ge
troffen, die Wir vollfommen gutheißen und beftatigen.
Dem zu Folge befeblen Wir} daß kein Fleiſcher je
manden, er ſey ein Zunftgenoſſe oder nicht, auf dem
Viehmarkte hindern dürfe ein Vieh zu kaufen; auch
ſoll keiner es wagen, einen Viehhändler liſtiger Weiſe
zu nöthigen, ſein Vieh unter dem Werthe deſſelben zu
verkaufen. Ein jeder Fleiſcher kann zu einer ihm belie⸗
bigen Zeit ſo viel Vieh ſchlachten als er will, ohne ſich
um die bisherigen Zunfteinſchränkungen zu beküm—
mern; nur müſſen alle Ochſen und auch anderes Vieh,
wovon das Fleiſch in den gewöhnlichen Fleiſchbänken
verkauft wird, auf der allgemeinen Schlagbrücke beym
rothen Thurm an der Donau geſchlachtet werden. Kein
Vieh darf dort geſchlachtet werden, bevor es nicht von
den geſchwornen Beamten, die der Magiſtrat jährlich
ernennt, iſt unterſucht worden; erklären dieſe ein
Stück für preßhaft, ſo muß demſelben der Zagel
eq 209 ce
Schweif) abgehauen werden, um es dadurd) als ein
gum Fleiſchhandel untaugliches Vieh zu erflaren.
Ohne wichtiges Hinderniß darf der Meifter feinen
Stellvertreter in die Fleiſchbank ſchicken; er foll in eis
gener Perfon das Fleiſch aushauen. Witwen und
Waiſen Fonnen durch Andere das Handwerk treiben;
| der Fleifhverfdufer darf aber niemahls außerhalb fei-
ner Banf fteben. Finniges Schweinfleiſch muß außer⸗
balb der Fleifehbanf feilgebotben werden, damit es
jedermann für unrein erkennen könne. Das Fleiſch vere
ſchiedener Thiere muß an verſchiedenen Orten abgefone
dert liegen, damit der Käufer nicht Bockfleiſch für
Schaffleiſch bekomme. Zwiſchen Oſtern und Michae—
lis darf kein Vieh am Vormittage geſchlachtet werden.
Langer als zwey Tage darf man ein Fleiſch nicht feil⸗
haben. Alles Fleiſch muß nach der Wage, und nicht in
ganzen Stücken nad dem Yugenmaf verfauft mer
den; das Gewicht muß mit dem Stadtzeichen verſehen
ſeyn. Würde ſich ein Fleifcher im dieſes Geboth nicht
fügen, ſo müßte er auf ein Jahr die Stadt verlaſſen
und verlöre ſeine Handwerksgerechtigkeit. Den Preis
für ein Pfund Fleiſch ſetzen der Bürgermeiſter und
Rath alle Quatemberzeiten, erhöhen oder vermindern
ihn, je nachdem das Vieh theuer oder wohlfeil iſt, und
ſorgen immer dafür, daß Reiche und Arme das Fleiſch
um den nämlichen Preis erhalten, daß aber auch dem
Fleiſcher für ſeine Mühe noch ein Gewinn verbleibe.
Köpfe und Füße von Nindern und Schweinen können
die Fleiſcher, ohne ſie zu wägen, um einen ihnen belie—
bigen Preis verkaufen.
Es iſt verbothen ein Kalb zu ſchlachten, ohne es
zuvor von den Fleiſchaufſehern unterſuchen zu laſſen;
und auch dann darf ein Kalb nur geſchlachtet werden,
wenn es vier Wochen alt iſt. Ein Kalb, was über zehen
avo 200 “è
Wochen alt ift, darf gar nicht geſchlachtet werden. Be
leidigungen, die ſich Fleifcher in ibren Banfen gegen
Käufer erlauben, werden mit einer Geldbuße beſtraft.
Will jemand das Fleiſcherhandwerk ausüben, ſo darf
er von den alten Meiſtern daran nicht gehindert wer⸗
den, denn das Zunftgeſetz iſt aufgehoben, vermöge
deſſen niemand Fleiſch aushauen durfte, der nicht ſelbſt
cin Fleiſcherſohn, oder doch wenigſtens der Ehemann
einer Fleiſcherstochter war. Den Fleiſchern aller Orte
ift es erlaubt, das ganze Jahr bindurdh ungehindert
Fleiſch in die Stadt Wien cinzufubren. Bon Oſtern
bis zum Beiligen Kreuztag im Herbfte (dem vierzehn⸗
ten September) iſt es Pflicht der Fleifcher, die Bänke
fogleich zu Offnen, fobald zur None gelautet wird;
nach dem Kreuztag müſſen fie diefelben dem ganzen
Tag bindurd) offen halten, damit die Leute gu jeder
Stunde fonnen befriediget werden. — Dic ſpäteren
Verordnungen *) entbalten nichts Merkwürdiges,
werden alſo mit Stillſchweigen übergangen. — e)
Im Cingange der eben angefubrien Verordnung
macht H. Rudolph von Bäckern amd Fleiſchern Er—
wähnung, übergeht aber im Verfolge die erſteren, und
beſchäftiget ſich nur mit letzteren: ein Beweis, daß
ſich dieſe ganz vorzüglich einer Ahndung würdig ge—
macht und Urſache gegeben haben, ihre Zunftmißbräu—⸗
che neuerdings zu rügen und gänzlich abzuſchaffen. So
heilſam zum Theile die Verordnungen für Bäcker und
Fleiſcher zur Abſchaffung der allgemein ſchädlichen
Monopolien dieſer beyden Zünfte geweſen find, fo
waren ſie doch nicht im Stande, den freyen Handel mit
Lebensmitteln im Lande ſelbſt von allem Drucke zu
befreyen. Dieſer für den Bauersmann unſchätzbaren
1*) Guarient, Thel. S365 — 571.
I]
2 301 uo
Wohlthat ſtanden noch immer Vorrechte adeliger
Grundherren im Wege, die ſich aus der rauhen Zeit
einer allgemeinen Knechtſchaft der Unterthanen bis
ing ſiebzehnte Jahrhundert herab erhalten haben.
Wollte der Bauer ein Schlachtvieh oder ein Getreid
verkaufen, ſo war er verpflichtet, es zuerſt ſeiner Herr⸗
ſchaft anzubiethen, welcher es damahls nicht an Mit⸗
teln mangelte ibn zu nöthigen, ſeine Waare um einen
ihr beliebigen Preis hinzugeben. Darin beſtand das
Vorkaufsrecht der Herrſchaften. Dazu gefellte fich der
Mühlenzwang, welcher den Grundherren das Recht
einräumte ihre Unterthanen zu zwingen, daß ſie ihr
Getreid in der Hofmühle mußten mahlen laſſen: lau—
ter — — welche die Freyheit des Handels ein⸗
ſchrankten, die Lebensmittel vertheuerten und den ar:
mon Ackersmann in tiefer Armuth und Knechtſchaft
hinhielten. Den Mühlenzwang ſchaffte È. Nudolph IL
1591, jedoch vergeblich *); den Getreidvorfauf der
Herrſchaften gar erft 1001 K. Leopoldab **). Als ein
trauriger Beweis einer ſehr beſchränkten Anſicht und
Kenntniß des Handels und als cin gewaltiger Miß—
KEY MD. Da ci. II. S.16. Nadbem Uns . . mit fonderer Be:
ſchwaͤr angebracht worden, daß etliche Herrſchaft und Obrig=
keiten ihre arme Unterthanen benoͤthigen, ihr ſchlechtes
Getraid auf derſelbigen of: oder andere ihre eigene Muͤh⸗
len wider ihren Willen zu fuͤhren und allda ſchratten und
mahlen zu laſſen ungeacht daß ſie wohl naͤhere Gelegenheit
haben und mit geringen Unkoſten abfommen moͤchten, dar:
aus dann nicht allein erfolgt, daß die armen Leut die Zu—
fuhr oͤfters mit hoͤchſtem Nachtheil und Schaden, und bey
Haus Verſaumnuß des ihrigen weit und viel Meil Wegs
ſuchen muͤſſen; ſondern auch wegen Verfuͤhrung des Mahl⸗
ters oder Mangel des Waſſers, zumahlen Winterszeiten,
lange Beit aufgehalten werden: fo wollen Wir aus gnaͤdig⸗
und vaͤterlicher Wohlmeinung, u. ſ. m.
A 0. Th. J. S. 387, u. f.
nu 302 ne
griff frebt die VBerordnung K. Ferdinands da, in vele
cher er 1623 Allen ohne Unterfdied den Unfauf alles
Schlachtviehes und aller Häute unterfagte, und aus:
ſchlie ßlich cine Geſellſchaft, welche den Nabmen det
Landverleger erhalten bat, mit dem Monopolium des
Vieh⸗ und Häutehandels berechtigte. Sogar anf den
öffentlichen Viehmärkten durfte es niemand anderer
als ein Landverleger wagen, Schlachtvieh zu faufen.
| Und diefes, mabnte K. Ferdinand, würde dem gemei:
nen Wefen, vorzüglich bey der damabligen Viehtheu⸗
rung, gue Woblfabrt gedeiben, und ganz gewiß allent
Fleiſchmangel abbelfen *).
Der vielen Faſttage halber, an welchen der Genuß
der Fleiſchſpeiſen verbothen war, gehörten einſtens die
Fiſche zu den vorzüglicheren Lebensmitteln. Dieß war
auch die Urſache, warum die Polizeyordnungen über
den Fiſchhandel fo Vieles feſtſetzten. H. Albrecht det
Lahme ſagt 1340 *9: Den verderblichen Vorkauf
treiben vorzüglich die Fiſcher. Um dieſem Uibel Einhalt
zu thun, gebiethen wir ernſtlich, doß ein jeder Fiſcher,
welcher grüne Fiſche, nämlich ſolche, die nicht cingefale
zen oder geräuchert ſind, auf dem Markte feilbiethet,
ohne Mantel, ohne Hut, und überhaupt ohne alle
Kopfbedeckung auf dem Platze ſtehen ſoll, damit ihn
Sonne und Regen, Kälte und Hitze nöthigen, deſto
eiliger feine Fiſche um einen geringeren Preis ju ver⸗
kaufen. Iſt cin Fiſch zwölf Pfennige oder noch mehr
werth, und der Fiſcher kann ihn am erſten Markttage
nicht verkaufen, ſo muß er ihm den Schweif abhauen.
Wird dieß vom Fiſcher unterlaſſen, ſo bezahlt er dem
Richter ſechzig Pfennige zur Strafe. Den Fiſchern iſt
*) Guarient, Th. II. S. 376.
**) Rauch, l.c.p. 66. ’
—
— 3503 «--»
es auch verbothen, auf dem Marktplatz cinander Fifhe
guverfaufen, und fie dann fogleich mieder anderen Lene
tenfeilzubiethen; aber vor der Stadt oder ben cinem
Fluß fannjedermann nad Belieben faufen. Wer diefe
Fiſcherordnung ubertritt, muf mit Weib und Rindern
die Stadt auf cin ganzes Jahr verlaffen.
Im Jahre 1350 vermebite H. Albrecht diefe Fi
ſcherordnung nod mit cinigen Zuſätzen *). Er mies
ciner jeden Sorte von Fiſchen den Plag an, auf mel:
chem fie verfauft werden follte. Ungariſchen Fiſchhänd⸗
lern, welche die Deutſche Sprache nicht verftanden,
mußte ein Dollmetſcher beygegeben werden, der aber
mit ihm in keiner Handelsverbindung ſtehen durfte.
Die Ungarn brachten Hauſen, Schuppen⸗ und auch
eingeſalzene Fiſche nach Wien. Nach einem alten
Rechte durften Bürger und Auswärtige vierzehn Tage
vor dem Faſching Hauſen und andere Fiſche feil haben,
jedoch nirgends ſonſt als auf dem hohen Markte. In
dem Heiligenkreuzer und Zwettler Hof wurden nur
ganze Hauſen oder Stücke von größerem Gewichte von
Ausmartigen verfauft. Sn der nämlichen Fiſcherord⸗
nung gefchiebt auch Meldung von gemafferten Gaufen,
und auch von gemafferten und gefalzenen Häringen,
worüber mir den Kennern der Kochkunſt das Urtbeil
anbeimfiellen. Seefiſche durften nur auf dem Plag am
Sof verfauft werden. — Daf audh) die Fleiſcher einen
Fiſchhandel treiben durften, baben mir bereits vernom:
‘men, als weiter oben von ibnen die Nede gemefen,
Wahrſcheinlich genoßen ſie diefes Vorrecht zu einigem
Erſatz, weil ihrem Fleiſchhandel durch die vielen Faſt⸗
tage, vorzüglich aber durch die vierzigtägige Faſten
ein großer Abbruch geſchah.
) L. c. p. 70 et leq.
tei 304 no
Um die Fiſche zu ſchonen und die zu grofie Ab
nabine derfelben, woraus nothwendig eine Theurung
entfteben müßte, moglichft zu verbindern, murden .
mebrere febr heilfame Verordmingen, beſonders für
Oberöſterreich erlaffen. Aus der oftmabligen Erneue⸗
rung derſelben, vom ſechzehnten bis in das achtzehnte
Jahrhundert, geht aber die volle Gewißheit hervor,
daß es ſchwer ließ, die Fiſcher zur genauen Befolgung
derſelben gu nöthigen. Um die Brut zu ſchonen, wurde
den Fiſchern die Größe der Spiegel ihrer Netze genau
beſtimmt; und wurden deſſen ungeachtet kleinere Fi⸗
ſche durch Ungefähr mit den größeren herausgezogen,
ſo mußten dieſelben wieder in den Fluß geworfen wer⸗
den. Die Länge und Schwere der edeln Fiſche gaben
die Fiſchordnungen an, wenn ſie behalten und auf den
Markt gebracht werden durften. Auch die Zeit wurde
beſtimmet, während welcher gewiſſe Fiſche gar nicht
durften gefangen werden. Eigene Aufſeher unterſuch⸗
ten die Fiſchbehälter, und waren auf den Fiſchmärkten
zugegen, um über die Befolgung der beſtehenden Fiſch⸗
geſetze zu wachen *). Die Taugſamkeit derſelben bat
ſich erprobt, denn ſeit der Zeit, als man anfing ſie
nicht mehr zu beobachten, vermehrten ſich immer die
Klagen über den Mangel an Fiſchen, und wahrſchein⸗
lich werden unfre Enfel einen edeln Fiſch von beträcht⸗
licherem Gewichte als eine große Seltenheit an⸗
ſtaunen.
Wir haben bisher von den Polizeygeſetzen —9—
chen, welche den Handel mit Eßwaaren betrafen;
übriget noch, Weniges von den Verordnungen der |
Getränke zu erwähnen.
*) Sulla, KI. I. &. 353 — 364 — th: HI, S. 473
und 996.
—— 305 —
Weine aus dem Ausland nach Wien zu bringen,
blieb längere Zeit hindurch verbothen, wurde aber
endlich doch wieder, bald unter manchen Einſchränkun—
gen und dann ohne alles Hinderniß, den Wienern er⸗
laubt, wovon weiter unten die Nede fenn wird,
In den Urfunden fommen ſtädtiſche Beamten un⸗
ter dem Nahmen der Weinkoſter vor, welche zu den
Unterfduflern gehört gu haben ſcheinen. Ihre Umts:
verrichtungen werden nicht beſtimmt angegeben; nur
das iſt gewiß, daß ſich Auswärtige beym Weinhandel
mit Bürgern derſelben bedienten oder vielmehr bedie⸗
nen mußten, theils um geſchwinde zu erfahren, wo ſich
ein feiler Wein von einer gewünſchten Eigenſchaft vor⸗
finde, theils auch um einen geſetzlichen Zeugen über
den geſchloſſenen Kauf zu haben, wie es das damahlige
Geſetz vorſchrieb. Dem Weinkoſter gebührte von je—
dem gemachten Weinkauf eine beſtimmte Taxe *).
Durch einen Mißbrauch iſt es in Wien Sitte gewor⸗
Dent, daß ſich Die Weinkoſter als unentbehrliche Unter=
händler aufdrangen und eine Abgabe forderten, wenn
in der Stadt ein Weinmoſt verkauft wurde. Dieſen
Unfug bat H. Albrecht der Dritte im Fabre 1368 auf
immer abgeſchafft **). Ob die Weinkoſter nicht viel⸗
leicht über Weinverfälſchung zu wachen hatten, ſagen
die Urkunden nicht aus **).
Für die Schenkhäuſer beſtanden folgende Polizey⸗
verordnungen 9): Dic Bürger müſſen fur Wein,
Meth und Bier ein beſtimmtes Maß feſtſetzen. Wer
ſich in dieſem Maße einen Betrug erlaubt, gibt bey
9 Beylage Nro.XVI..
*) Rauch,.l. c. p.107. STAI AR
#**) Man vergleiche: Beckmann, Beytrige, Th. S. 103, nf.
444) Li Cc. P. 56 50-40 58:
20
442 306 o
den eriten drey Mibertretungen dem Richter und auch
der Stadt cin balbes Pfund Pfennige; wird er gum
vierten Mable des nämlichen Vergehens iberiviefen
und ſitzt er vor dem Faße, aus welchem das Getranf
in einem falſchen Maße verkauft wird *), ſo muß ibm
der Daumen abgehauen, das Faß aber zerſchlagen,
und der Wein auf die Erde ausgelaſſen werden, oder
man gebe ihn dem Spital zu einem Geſchenke. Das
Getränk mag im Gaſthauſe oder außerhalb deſſelben
genoſſen werden, ſo muß man es in dem vorgeſchriebe⸗
nen geſetzlichen Maße ausſchenken, worüber die dazu
eigens beſtellten Aufſeher zu wachen haben; dieſe has
ben die Pflicht, die Maße in den Gaſthäuſern und
außerhalb derſelben zu unterſuchen. Wird jemand von
ihnen als ſtrafbar erkannt, ſo muß ihn der Richter
ohne Gnade verurtheilen. Mit dem Zeichen der Bier⸗
glocke bort alles Ausſchenken der Getränke auf. Wel—
chem Getränke, es mag dann Wein, Meth oder Bier
ſeyn, die Bürger kein beſtimmtes Maß vorſchreiben,
deſſen Werth ſoll der Gaſtgeber ausrufen, und dabey
muß es verbleiben *). Welcher Gaſtgeber Wein,
*) Bey dieſer Stelle muß man ſich an die alte, ſchon weiter
oben erwaͤhnte Sitte erinnern, daß nur ſehr wenige Waa⸗
ren in Haͤuſern oder Kaufgewoͤlben, die meiſten aber auf
oͤffentlichen Plaͤtzen feil gebothen wurden. Daſſelbe geſchah
auch haͤufig mit Wein, Bier und Meth; letzteres Getraͤnk
wird auch noch peut zu Tage auf Jahrmaͤrkten in Huͤtten auf
freyem Platze gekauft und getrunfen. Einige dunkle Stellen
dieſer Urkunde werden durch das Ungeldpatent H. Rus
dolphs erlaͤutert und verſtaͤndlich gemacht. Oeſterreich unter
H. Rudolph IV. S. 321. i
+) Soll diefe Stelle mit dem Vorpergebenden in keinem Wi⸗
derſpruche ſtehen, fo muf man nothwendig annehmen, daß
hier von ganz vorzuͤglichen Getraͤnken die Rede ſey, die
nicht in den ſonſt gewoͤhnlichen Maßen, ſondern in eigens
ao J)7 «--
Meth oder Bier verheimlicht, und fo cin Getränk
quod gegen bare Bezablung aus feinem Hauſe nicht
will forttragentaffen, dem muf man das Faß einſchla⸗
gen, das Getranf auslaufen laſſen, ibn felbft aber
moch darüber firafen, menn er ſich beym Ausſchenken
Diefes verheimlichten Getranfes innerhalb feines eige⸗
nen Hauſes cines falſchen Maßes bedient hatte, denn
in Diefem Stücke muß der Grundfab feſtgehalten mer:
den: Das Getränk, welches der Wirth in feinem cige-
nen Hauſe den Gaften auffegt, muf auch Auswärtigen
um ibre Bezahlung verabfolget werden. F
Wird ein Aufſeher uber die geſetzlichen Mafie
überwieſen, daß er aus Nachläſſigkeit, Beſtechung,
Partheylichkeit oder unzeitiges Mitleiden ſeiner
Pflicht nicht Genüge gethan hat, ſo muß man mit
ibm defto ſchärfer verfahren, weil er den Eid, den er
bey ſeiner Anſtellung vor dem Stadtrathe geſchworen,
verletzte; dadurch hat er ſich unfähig gemacht, irgend
einem Amte der Stadt weiters vorzuſtehen. Ungari⸗
ſche und Italieniſche Weine *) darf niemand in dere
dazu beftimmten Flaſchen verfauft wurden, denn Albrechts
Geboth ſchrieb ja vor, allen Getrinfen cin Maf gu beftim:
men. Vielleicht ift in diefer Stelle von gekochten Weinen
die Nede, die man im Mittelalter ſehr hoch ſchaͤtzte Schon
zu den Beiten Earls des Grofen gab es Weinfieder. Der Ela:
ret, der aus Wein, Honig und verſchiedenen Gewuͤrzen
verfertiget wurde, und der Brombeerwein waren ſehr be:
liebte Getrinfe. Mepr dartiber findet man bey Unton, Ges
ſchichte der teutſchen Landwirthfchaft. TI. I. S. 415, und
E). III. ©. 329. — Pigmenta nannte man die ſuͤßen Weine
peer Fiſcher, Geſchichte des teutſchen Handels. Th. I.
284.
| *) Im Original ſteht: „Den vngeriſchen oder welliſchen
wein.“ — Das Wort Waͤlſch oder Walliſch kann freylich
im Allgemeinen etwas Fremdes oder Auslaͤndiſches bedeu⸗
20 *
qua 308 22*
Burgfrieden der Stadt zum Verkauf bringen ; wer
gegen dieſes Verboth handelt, verfällt zwar in keine
perſönliche Strafe, aber ſeine Weine verliert er, die
man entweder auf die Erde ausrinnen laſſen oder an
das Spital abgeben muß. Würde ſich ein Richter ſo
ſehr vergeſſen, daß er innerhalb des Burgfriedens det
Stadt den Verkauf ſolcher verbothener Weine zugäbe
oder dieſelben ſich zueignete, ſo zahlt er dem Herzog
und Der Stadt dreißig Pfund Pfennige zur Strafe.
Nur aus beſonderer Gnade des Herzogs iſt es ehrba⸗
ren Männern in der Stadt erlaubt, ein Tafernitz, zu
vier Urnen gerechnet, oder noch weniger, zu —
Gebrauch in ihren Häuſern aufzubewahren, von wel⸗
chem ſie zwar auch guten Freunden etwas zu einem
Geſchenke mittheilen, aber keineswegs um Geld gere
kaufen dürfen; und auch dann muß über dieß noch
der Stadtrath hiezu feine Einwilligung ertheilen,
— um Dergleichen Weine einführen zu dürfen. — Mad
° Dem Martinitag darf gar fein Wein mebr, fogar auch
nicht von den eigenen Weingärten der Bürger in die
Stadt eingeführt werden, es wäre denn, daf ſich die
Weinleſe fo ſehr verſpätete, daß ſie vor dem Martini—
tag nicht beendiget werden könnte; in dieſem Falle
muffen Die Bürger einen fpateren Tag Deftimmen und
querufen laffen.
Sn diefer und auch in anderen Polizehverordnun⸗
gen geſchieht Erwähnung von der Bierglocke. Sobald
dieſe ertönte, ſollte in den Gaſthäuſern kein Getränk
mehr verkauft werden, und —— war verpflich⸗
ten, wie 3.B. ein Waͤlſcher * Hier aber fn 4 in en⸗
gerer Bedeutung genommen werden, weil font das Wort
Ungariſch ganz unnuͤtz da ſtuͤnde, und wirklich viel Wein
aus Italien in Oeſterreich eingefuͤhrt wurde
A
tet, auf der Gaffe mit cinem Lichte verfehen gu ſeyn,
was ben dem Mangel einer allgemeinen Stadtbeleuch⸗
tung, welche erft 1687 vom K. Leopold befoblen wur⸗
de*), cine febr beilfame Verordnung geweſen ift 19).
Eine Vierglode wurde aus gleicher Urſache auch in
anderen Städten geläutet, und iſt ſehr wahrſcheinlich
in ſpäteren Zeiten Hußglocke genannt worden, nicht
der grauſamen Huſſiten halber, ſondern vom Befehle,
eiligſt das Gaſthaus zu verlaffen***),
Die Ungariſchen und die Italieniſchen Weine aus⸗
genommen, welche nur nicht in den Stadtbezirk von
Wien, aber wohl in die Oeſterreichiſchen Provinzen
durften eingeführt werden, findet man kein Einfuhrs⸗
verboth ausländiſcher Waaren in unſer Vaterland;
gegen Entrichtung der vorgeſchriebenen Zollabgaben
konnten ohne Ausnahme alle Erzeugniſſe fremder Lane
der nach Oeſterreich gebracht und dort verkauft wer—
den. Erſt nachdem die Königin Eliſabeth von England
zur Emporbringung des Handels ihrer Unterthauen
*) Cod. Auſtriac. Th. INI. S. 250. „Wir geben nt zu ver⸗
nehmen, was maſſen Wir Uns zu Abwendung und Verhuͤ—
tung aller, naͤchtlicher Weil eine Zeit her haͤufig in Schwang
gegangenen und noch befuͤrchtenden Mord und Diebereyen,
wiie auch zu Einfuͤhrung einer allgemeinen Sicherheit aller—
gnaͤdigſt entſchloſſen, daß alle Plaͤtze und Gaſſen Unſerer
Stadt Wien durch Auoſteckung gewiſſer Laternen beleuchtet
werden, u f. m.// — Uiber den Anfang der Beleuchtung
der Staͤdte und das Zeichen mit der Brennglocke iſt leſens⸗
werth, was Beckmann geſammelt pat: Th.J. S. 62, u. f.
Und Th. II. S. 439, Ul. f.
#**) Rauch, 1. c. p..46 et leq. Vnd ivirtein man, nach der
pvergloffen, auf der firazze an liecht geuangen, und iſt daz
wizzenlich, daz cin getewr man iſt, fo fei (er) dem Gericht,
nicht mer, danne zwen, vnd ſechtzig phenning auf gnad
veruallen, Hateraber ein fiecht, man fol in nicht vahen.
te) Gemeiner, Chronik, Tp. II. S. 287.
eee 3510 --= >».
alle Vorrechte des hanſeatiſchen Bundes aufgehoben
und alle Vorfrellungen dagegen fruchtlos geblieben,
bediente ſich 1507 Der Raifer Rudolph der Repreffa:
lie, und verboth im ganzen Deutſchen Reiche und
auch in den Oeſterreichiſchen Erblandern die Einfubr
aller Engliſchen Waaren *). È. Leopold verordnete
daſſelbe 1074 für Franzöſiſche Waaren, welche nur
zur Befriedigung des Luxus dienten **), nachdem er
ſchon im Sabre 1059 die Einfuhr verſchiedener Luxus⸗
artikel, deren Ankauf ungeheure Summen Geldes dem
Vaterland entzogen, gänzlich verbothen bat***). Die
oftmahlige Wiederhohlung dergleichen Verbothe iſt ein
klarer Beweis, daß ſie gar ſchlecht ſind befolget worden.
Die Polizey älterer Zeiten hat ſich des gewöhn—
lichen Verſehens ſchuldig gemacht, daß ſie ſich um gar
gu Vieles bekümmerte. Tuchmacher und Tuchbereiter,
ſo wie auch Zeugfabrikanten und Handwerker aller
Art ***) erſcheinen ſchon in Urkunden und Chroniken
*) Guarient, TI. 1, S, 296,
4) Aa. DS, 374.
*) A. a. O &.408. Verbothen waren: „Goldene und ſilber⸗
ne, oder mit Gold und Silber eingetragene Borten, Spitze
und Galtonen. Ganz goldene und ſilberne Stud, auch ans
dere mit Gold und Gilber eingetragene Zeuge. Die mit
Silber und Gold geſtickte Wehrgehaͤnge, Handſchuhe und
Hutſchnuͤre, mie auch allerley andere Gaͤlanterien, alè
Kaͤſtel von Schildkrot, Ohrgehaͤnge, Halsbaͤnder und an—
dere Bierathen, ſeidene Spitzen, reiche Band von Gold
und Silber ; ingleichen das Silber von getrieberier und ans
derer kuͤnſtlicher Arbeit; die ganzen, halben, und viertel
Caſtorhuͤt, austindifde falſche Borten und Hutfbnur,
Stuͤtzel, Meffer, Sporn, allerley geſchmelztes Glasmerf,
Schreibtafeln, und alles was von falſchem Gold gemacht,
mie aud die weißen Niederfindifhen Spitz.“
#4) Gine lange Neibe derſelben erſcheinet bep pe Pez,
T.III. p. 566 et ſeq.
neo 511 ---
des drengebnten Jahrhunderts, und ohne Zweifel ha⸗
ben ſich ausländiſche Künſtler in den folgenden Zeiten
im Oeſterreich niedergelaſſen )Y. Wer konnte auch
unſern alten inländiſchen Handwerksleuten das Vers
mögen abſprechen, ſich in ihrem Fache während eines
Zeitraums von drey Jahrhunderten zu vervollkomm⸗
nen? An Muſtern, die zur Nachahmung aneiferten,
fehlte es bey der freyen Einfuhr fremder Erzeugniſſe
nicht. Eine vorſichtige Handelspolizey batte die gün⸗
ftigen Zeitumftande benützen und die Fabrifanten auf⸗
muntern ſollen, die in Oeſterreich viel geſuchten Ges
genftande in geboriger Menge und Gite gu liefern,
und dadurch alles Ausländiſche moglichft entbebrlih
gu machen. Uber anftatt deffen ift man auf den un
glücklichen Gedanken verfallen, das ganze Defterrei=
chiſche Volf in viele Elaffen zu theilen und einer jeden
pünktlich vorzuſchreiben, welcher Tücher und Zeuge
ſie ſich zur Bekleidung bedienen dürfe. Nichts zu ſa—
gen von dem zweckloſen Zwange, welchem man die
Leute unterwerfen wollte, ſo muß man doch geſtehen,
daß ſolche Polizeyyerordnungen der Induſtrie und
dem Handel ganz gewiß geſchadet haben. Dergleichen
vielmahl abgeänderte erläuterte und verbeſſerte Po—
lizeyordnungen über Luxusartikel und Kleiderpracht
haben vorzuͤglich K. Marimilian der Zweyte und K.
Leopold der Erſte bekannt gemacht **). Letzterer iſt fo
weit gegangen, daß er den unteren Volkselaſſen ſogar
gewiſſe koſtbarere Speiſen zu gelließen ben Strafe
NHieher gehoͤren die vielen Stellen der Urkunden de drey⸗
zehnten und vierzehnten Jahrhunderts, welche allen Une
koͤmmlingen in Staͤdten, die ſich dort niederlaſſen wollen,
vollkommene Freyheit und das Buͤrgerrecht zuſichern.
*#) Guarient, Th. U.S. 147, 4, f.
444 3 12 «se
verbothen Bat, hingegen ift von ibm der Luxus in
Kleidungen gegen eine gewiſſe Abgabe wieder erlaubt
worden; Perucken und ſogenannte geſchopfte Hauben
erbielteni ebenfalle ein ähnliches Privilegium —
Gedeihlicher für den Handel und eines Geſetzge⸗
bers würdiger war die Verordnung H. Albrechts im
Jahre 1340, welche dem Stadtrathe befahl Aufſeher
zu beſtellen, die über Waarenverfälſchung wachen
ſollten. Entdeckten ſie einen dergleichen Betrug, ſo
mußten ſie die verfälſchte Waare auf öffentlichem
Markte verbrennen laſſen; der. Richter war in einem
ſolchen Falle nicht befugt, den ci uber dieß
noch mit einer Strafe qu belegen *).
Gewinnſucht verleitet die Kaufieute nur gar zu
oft zu Bevortheilungen der Kaufer , woraus ſehr
leicht verwickelte Prozeſſe entſtehen. Für ſolche Fälle
hat ſchon der H. Leopold in dem Privilegium für die
Regensburger 1192 Folgendes verordnet: Entſteht
eine Klage über einen abgeſchloſſenen Kaufsvertrag,
{o dürfen die Leihkaufer nicht zur Zeugenſchaft zuge—⸗
laſſen werden, ſondern man rufe glaubwürdige Män⸗
Aa. I. ES. 166. "Ber cine Paruquen, Fontange oder
ſchopfte Hauben , es mogen die Hauben non Spi oder oh⸗
ne Spig, geftidt oder mit Banden geziert ſeyn, tragen
mill, foll die erfte Claſſe ſechs Gulden, die anderte drey
846 die dritte einen Gulden dreyßig Kreuzer, die
vierte fuͤnf und vierzig Kreuzer bezahlen, tvorauf fodann
Diefe Trachten auf cin Jahr denen bezahlenden Partbeven
verfiattet ſind.“
&#) Rauch, Lc, p.55 Und 56. Swer under den ſaitchouffern,
valſchen fait wurchet, der ſol dem Michter darumb nichtes
ſchuldig ſein, aber die purger, Di dartzue geſchaft ſein von
Dem Mat, Die ſullen daz fait haizzen verprennen offenlichen
an dem marce. — Ich mage es nicht, die Bedeutung des
Wortes Gait anzugebén.
e 51) »-
ner gu Zeugen auf, fiemogen dann Ausmartige oder
einheimiſche Hauswirthe von Wien ſeyn. Verkauft ein
Regensburger einem Bürger von Wien cine Waare,
und führt ſie dieſer ohne weitere Unterſuchung aus der
Stadt fort, ſo iſt der Verkäufer keineswegs mehr
verantwortlich, wenn gleich ſpäterhin eine Klage über
den Unwerth einer Waare entſteht. Erſcheinet cin vere
borgener Mangel an der Waare nach abgeſchloſſenem
Kauf, und der Verkäufer trägt den Schadenerſatz an,
ſo hat ſich der Richter nicht einzumengen. Wenn ein
Fremder einem Bürger ein Stück Tuch verkauft, von
dem ſchon ein Theil iſt abgeſchnitten worden, und erftes
rer ſchwört, daß er dieſes nicht gewußt hat, ſo iſt er von
aller Geldbuße frey; weigert er ſich aber zu ſchwören,
fo zahlt er dem Richter ein halbes Pfund, dem Frohn⸗
bothen zwoͤlf Pfennige *). Dieſe Verordnung H.Leo⸗
polds ſcheinet H. Albrecht der Lahme vor Augen ges
habt und erneuert zu haben; der verderbte Text hin⸗
dert uns aber, piepiiber etwas Gewiſſes vorzubrin⸗
gen *9
Im Grunde fi nd der Straßenzwang, die Sta:
pel- und Meilenrechte, die Nepreffalien und alle üb⸗
rigen alten Einrichtungen, welche den Handel eine
ſchränkten oder beforderten, ebenfalls Polizepverord=
nungen liber den Handel. Alle diefe Gegenſtände find
aber in den vorhergehenden Abſchnitten bereits weit⸗
läufiger abgehandelt worden und bedürfen keiner Wie⸗
derhohlung. Eben fo übergehen wir manche Verord—
nungen der Handelspolizey des ſiebzehnten Jahrhun⸗
derts mit Stillſchweigen, denn ſie enthalten nicht viel
Rider noch weniger aber etwas —
#) — le.
**) Rauch, p.51.et 52.
ass 314 222
ches, und erfüllen die Leſer gewöhnlich mit Une
muth und Bedauern gegen ein Zeitalter, das ſo viele
zweckloſe oder ganz unnütze Handelsverordnungen er⸗
zeugte. |
Verzeichniß der vorzuͤglicheren Waaren,
mit welchen in Oeſterreich gehandelt
wurde.
Siebzehnter Abſchnitt—
Ausfuhr inlaͤndiſcher Producte.
O ie Beantwortung der Frage, mit melden Waa—
ren in Defterreich vorzüglich Handel getrieben wurde,
ift weit größeren Schwierigkeiten untermorfen als die
Erorterung der vorbergehenden Abſchnitte uber Sane
delsgefege und Polizenverordbnungen, welche in⸗ und
ausländiſchen Kaufleuten in Defterreid) zur genauen
Befolgung find vorgeſchrieben worden. Wenige Sanz
delsprivilegien ciniger Stadte und Marfte ausgenome
ment, fteben uns uber diefen Gegenftand keine anderen
Quellen zu Gebothe al8 cin Paar Zollverordnungen,
melche die Abgaben für verfchiedene Waaren beftime
men. Die Chronifen find mit Madriditen über den
Handel fo fparfam, daß ſie als biftorifhe Quellen
uber denfelben bennabe gar nicht in Betrachtung fome
met. Pan ermarte bier alfo ja nicht einen reichhalti—
gen, erſchöpfenden Bericht über alle Waaren, mit
denen in Oeſterreich Handel getrieben wurde; dieſe
Aufgabe mag cin glücklicherer Geſchichtſchreiber genü—⸗
gend löſen, welchem mehrere noch unbekannte Han-
4
| ee 315 —
delsurkunden und Notizen zu Gebothe ſtehen als dem
Verfaſſer des gegenwärtigen Buchs.
Zur leichteren Uiberſicht ſprechen wir zuerſt von
jenen Handelsartikeln, die aus Oeſterreich in fremde
Lander ausgeführt wurden, und dann von der Ein⸗
fubr fremder Waaren in unfer VBaterland.
Wenn won dem Handel Oeſterreichiſcher Erzeug⸗
niſſe die Rede iſt, ſo kann in früheren Zeiten von ete
ner Ausfuhr des Salzes keine Meldung geſchehen,
indem das Salzbergwerk zu Iſchel wohl ſchon zu Ende
des zwölften Jahrhunderts beftanden*), aber nur ei⸗
ne geringe Uusbeute geliefert bat, Die ſegensreichen
Salinen zu Galftatt lie erft die Königin Elifabeth in
den erften Jahren des vierzebnten Jahrhunderts auf
ibre Koften bearbeiten**), aber aus Mangel berga
männiſcher Renntniffe war lange Zeit bindurd die
Benützung eines unermeßlichen Reichthums des Ber
ges nicht groß, fonft würde man ſich in Oeſterreich
nicht genöthiget gefunden haben, ſich mit ausländi⸗
ſchem Salze zu verſehen. Und batte auch dieſes Hime
derniß nicht obgewaltet, ſo wäre der Vortheil für unſre
Landesfürſten doch immer ſehr gering ausgefallen,
weil ſie den Salzhandel den Bürgern der landes—
fürſtlichen Städte und Märkte als ein Monopolium
übergeben haben ***). Zu allen dieſen Mängeln fam
noch der Uibelſtand hinzu, daß die benachbarten Lan:
der, Böhmen und Mähren allein ausgenommen,
mit Salz im Uiberfluß verſehen waren; und dieſen
9 Diplomatarium Garſtenſe, illuſtratum ex collectaneis
—— R. P. Sigismundi Pulch. Viennae, 1754.
hai. — 9 unter K. Friedrich dem Schoͤnen. S. 458, u. f.
x) Nus haͤufigen Urkunden werden nur einige auserkoren und
in der Beylage Nro. LI. aufgefuͤhrt.
— 316 -
beyden Laändern wurde aus Bayern, Salzburg und
Berchtesgaden das ihnen nöthige Salz mitten durch
Oeſterreich zugeführt.
Die Durchfuhr fremden Salzes in Oeſterreich zu
verhindern, ſtand in früheren Zeiten nicht in der Macht
unſrer Herzoge, denn kaiſerliche Privilegien ſchützten
den Salzhandel der Reichsfürſten. Vorzüglich ließen
die Erzbiſchöfe von Salzburg nichts unverſucht, den
Bau eines neuen Salzbergwerkes im Oeſterreich zu
bintertreiben *). Die Ronigin Glifabeth eröffnete
durch die Salinen in Hallſtatt unſerem Vaterlande ei⸗
me neue Quelle des Wohlſtandes, und ſchon im vier—
zehnten Jahrhundert erbellet aus mebreren Urfunden
der Vorſatz unfrer Landesfurften, durch das Verboth
der Einfuhr alles ausländiſchen Salzes den Handel
mit dem inländiſchen zu beben**). Sinderniffe mander
Art traten jedoch der Ausführung diefes beilfamen
Planes in den Weg. Bald notbigten Zeitumſtände
unferen Derzogen Vertrdge mit Bayern und Sal
Burg ab, welche dem fremden Salze die Einfuhr nach
Oeſterreich pra offneten, meri waren fie mit
_*) Defterreich unter den Koͤnigen Ottofar und Albrecht. Th. I.
S.164, 201. IH, S. 211,
#*) Um 24. Auguf 1396 erging cin herzoglicher Befehl an den
Magiſtrat in Krems, kein Salz von Hall und Scellenberg
vorbeyfuͤhren zu — aber dieſes Berboth befoͤrderte den
Handel mit inlaͤndiſchem Salze nicht, denn das Haller und
Schellenberger Salz durfte mam einem Privilegium gu »
Folge bis Krems fitbren, dort aber mußte es niedergelegt
und verfauft tverden. Die Burger von Korn euburg waren
von diefer Regel ansgenommen , und Durften auslaͤndiſches
Salz vor Krems vorbeyfuͤhren, welche Frevbeit ihnen 1396
mieder beſtaͤtiget wurde. — Ob das Saf}, mit dem 1526 in
Wien Handel getrieben wurde, cin infandifhes gemefen
ſey, laͤßt ſich nicht beftimmen. (Cf. Ranch, T. III. p.2 1.
nm 617 ca
Ertheilung von Privile gien für den Salzhandel der
Auswärtigen zu. freygebig *). Hätte man in Deftere
reich ſich darauf verſtanden, mehr Salz zu erzeugen
und im Handel gleichen Schritt mit Bayern, Salz⸗
burg und Berchtesgaden zu halten, und hätte man
ſtrenger auf die genaue Befolgung häufiger Verord⸗
nungen gedrungen, welche die Einfuhr fremden Sal:
zes unterſagten: fo batte man im Salzhandel den
Auswärtigen gewiß den Vorſprung abgewonnen.
Erſt im Jahre 1706 ward allem ausländiſchen Salze
der Eingang in die Oeſterreiſchen Provinzen gänzlich
verwehret, welches Unternehmen der Spaniſche Erb⸗
—— gar ſehr erleichtert und — bat **).
ì ” Gof. Ernft von goch Sternfeld, Geſchichte des Fuͤrſtenthums
Berchtesgaden und ſeiner Salzwerke Muͤnchen, 1816
Buch II. S. 15. Die Herzoge Albrecht und Dito ertheilten
denm Stifte Berchtesgaden 1353 die Erlaubniß, vierhun⸗
dert achtzig Fuder Sal} gegen cine jaͤhrliche Meſſe zollfrey
zu Linz vorbeyzufuͤhren. —Hierher gehoͤren auch haͤufige Ur⸗
kunden, die von unſern und auch von auswaͤrtigen Landes⸗
fuͤrſten den Kloͤſtern in Oeſterreich uber Die zollfreye Zufuhr
des Salzes gu ihrem Hausbedarf find verliehen worden. C£.
Hanthaler, Recenſus, T.1. p:221 et leq. Aehnliche Pri⸗
vilegien finden ſich in allen Kloͤſterarchiven. Baumgarten⸗
berg erhielt die Zollfreypeit des Salzes von. den Biſchoͤfen
in Paſſau, und zu Aſchach von den Grafen von Schaum⸗
berg: Meine Beptrige zur Geſchichte des Landes Oeſter⸗
reid ob der Enné, Th. II. S. 429, 433. Dem Kloſter
Schlaͤgel 58 I. Maximilian von Bayern noch int
Jahre 1614 die alten Privilegien ſeiner Vorfahren, daß es
aus dem Erzſtift Salzburg jaͤhrlich „ain Pfund des weiten
und pier Pfund des elainen Pandt Salzes“ zollfrey durch
Burghauſen und Schaͤrding fuͤhren durfte.
*Hormayr, Hiſdriſch⸗ſtatiſtiſches Archiv fur Suͤddeutſch⸗
land. Th.II, S.94, u f. — Uiber den Salzhandel im Inne—
ren des Landes finden ſich bey Guarient mehrere Verordnun⸗
gen. Th. II, 6. 260, Miber die Salzausfupr aus der Stepr:
ev 51} e.
Giner der vorzüglichſten Handelsartikel, welche
aus Oeſterreich ausgeführt wurden, war der Wein.
Er wurde nicht nur nach Bayern, Mähren und Bob:
nen, fondern fogar auch nach Ungarn verfubret *).
Die Einfuhr fremdber Weine aus Stalien und Ungarn
nach Wien ift von mebreren Herzogen firenge unter:
fagt worden, um den Weinbau in Defterreich zu bee
fordern; aber der -Privilegien, melche Ausnahmen
von diefer allgemeinen Regel geftatteten, maren bald
mieder fo viele, daf die Einfuhr Italieniſcher Weine
doch von grofier Bedeutung ſeyn mufite. Im Fabre
1340 verboth H. Albrecht Ungariſche und Italieniſche
Weine in den Burgfrieden der Stadt Wien einzufüh⸗
ren, nabm aber alle ehrbaren Männer, die des Vors
zugs, ausländiſche Weine zu trinfen, werth waren,
won dieſem Verbothe wieder aus *R). Aus andern Ur⸗
kunden erhellet, daß ähnliche Verbothe ausländiſcher
Weine auch für die übrigen landesfürſtlichen Städte
marf nad Unteroͤſterreich S. 270, ber die Einfuhr des
Salzes, u. f.to. Den Handel damit trieben die Buͤrger,
aber es gab allentbalben landesfuͤrſtliche Zollftationen , mo
fuͤr das Sal; eine Abgabe mufte entrichtet werden. Man
findet jedoch auch Beyſpiele, daf Udeligen eine Salzmauth
geftattet murde. Der Graf Ehriftoph Leopold von Thuͤrheim
befaf fo ein Vorredt bey feiner Herrfdaft Weinberg in dem
Marktflecken Kafermarft im Jahre 1669. Cod. Auftr.
T.III. p. 199. Warum das Sal} 1703 viel theurer gewor⸗
den ) findet man Th. IT, S. 298, u. f: angegeben.
) Rauch, T. III. p.21 et feq. Iſt daz ain Purgergein vngern
farn wil oder gen pairn auf dem wazzer, fo geit er... gmerr
phenninge, an von getraide vnd von mein alfein. Cf.
p..25 et 25. :
#*) L.c. p.58. Dod von befundern gitaden, fo erlouben wir ei:
nem erbern manne, Der ſein wert it, ain Tafernig, nuer
gu vier vrn oder minner, in ſeinem hous felb ge trinchen,
oder vereren, und nicht vmb phenning ge geben.
È va 510 see
in Oeſterreich, und um foviel mebr fur die kleineren
Marfte und Dorfer find erlaffen morden; aber bald
mufte man fil Ausnabmsprivilegien zu verſchaffen
und erhielt die Erlaubniß, Italieniſche Weine einzu⸗
führen. Ein ſolches Privilegium hat H. Albrecht 1368
den Bürgern von Enns ertheilet, ſie aber auch zugleich
verpflichtet, daß ſie von dieſen Weinen den vorgeſchrie⸗
benen Zoll entrichten, und dieſelben auf der Straße
über Zeyring einführen follten*). Der Mangel be:
ſtimmter Begriffe über die Natur des Handels und
der Erforderniſſe, das Wohl des Staates auf feſten
Grundlagen zu ſichern, brachte dieſes Schwanken der
Geſetzgeber in ſich widerſprechenden Handelsverord⸗
nungen hervor. Vergebens hatte der H. Rudolph noch
im Jahre 1364 befohlen, daß man vorzüglich auf frem⸗
de durchreiſende Kaufleute ein obachtſames Auge ha⸗
ben muffe, damit ſie nicht ausländiſche Weine ben ib:
rem Durchzug in den Oeſterreichiſchen Provinzen ab:
legem und verfaufen fonnten**); fein Bruder und
Nacdfolger in der Regierung, Albrecht der Dritte,
mar viel zu wankelmüthig, als daß er das Ziel feines
Vorgangers verfolgt batte. Sin Jahre 1368 erlaubt
er, wie mir gleid) vernommen baben, den Burger
von Enns, Stalienifhe Weine nad Hefterreid) ju
. bringen, und im folgenden Sabre ernenerte er das
Verboth feine8 Vaters, ausländiſche Weine in den
Burgfrieden von Wien cinzufiibren***). Defto mehr
fällt die Erlaubniß auf, die er 1370 den Wienern er:
theilte, cine Taberne qu errichten, in welcher alle Hat-
tungen auslandifcher Weine verfauft werden durf-
*) Beylage Nro, LII.
#*) Pelzel, K. Karl der Bierte. Th. II, 6.536.
. #**) Rauch, lic. p.iaas;
uv 320 vu
ten*). Da ſowohl das Verboth als audi die Erlaub⸗
nif, ausländiſche Weine einzuführen, vom ©. UE
bredt als cine befondere Gnade zur Aufnabme und
Woblfarth der Stadt Wien gegeben wurde, fo fann
fein Zweifel übrig bleiben, daß man noch keineswegs
mit ſich ſelbſt einig war, ob man durch Einſchränkung
oder Freyheit des Handels mit gewiſſen ausländiſchen
Waaren das Wohl der Unterthanen mehr befördern
könne. Unter den damahligen Regierungsgrundſätzen
behauptete das Zollweſen den erſten Rang; dieſem
mußten alle andere Rückſichten weichen.
In den folgenden Zeiten wurde die Einfuhr aus—
ländiſcher Weine bald verbothen, bald wieder erlaubt.
Letzteres geſchah vorzüglich aus der Urſache, um der
Theurung und den hohen Preiſen des Weines Ein—
halt zu thun**). Die Verbothe Ungariſcher Weine
wurden auch ſpäter noch ernenert***). Vom Brannt⸗
wein kann in früheren Zeiten keine Erwähnung geſche⸗
Ben, da er cine ſpätere Erfindung iſt Rex),; aber ge⸗
*)L.c.p.i14. Wir haben durch Ir (der Wiener) und der
Stat nucze vnd frumen millen In die genad getan, das fi
furbas in Der Stat je wienn ein gemain offenn taffern baben
ſchullen ind mugen welſch weynn oder anderley fromd
weynn wie Die genant ſind, ewigleich der Stat ge nucz dar
in ſchenkchen vnd verfauffen. J—
**) Guarient, Th. J. S. 457. Verordnung È. Rudolphs des
Zweyten vom Jahre 1602. Er befahl, „daß insgemein
maͤnniglichen die freye Ein = und Zufuhr Der Ungariſchen,
Oeſterreichiſchen, und allerley ober=-und auslaͤndiſchen
Meine... erfaubt ſeyn ſolle.““ Man ſehe auch Th IL
S. 418. Ì En
#4) Guarient, Th. IL. S. 422. Verordnung È. Ferdinands
des Dritte vom Fabre 1649. *
uri) Beckmann, Beytraͤge, Th. I. S. 33, tf. — ENI
S. 277. — Uiber das Branntmein Verfertigen aus Ge-
treide, — „aus Holler, Obft, Attih und andern dem Metis
da
4 as 3521 sea
kochte Weine bat man audi in Oeſterreich zu bereiten
> gerftamden*). 00 o
Daß der Handel mit fremden Weinen cine lange
Zeit bindurd in Defterreid) verbothen mar, batte als
Terdings feine gute Urfade. Daf man aber den Unters
thanen auch fogar den Handel mit inländiſchen Wei
men febr erſchwerte, läßt ſich gewiß nicht billigen. Zum
Soaden und zur Bevortheilung Des ganzen Volkes
batten nur die landesfürſtlichen Bürger und menige
Begünſtigte das Redt mit Wein zu bandeln. Die
Herrſchaften ubten mit den Getränken aller Art ein
| mod) weit ſchlimmeres Vorredt aus, indem fie in ibe
ren BezirFen den Gaſtwirthen Wein und Bier um ei:
men ihnen beliebigen Werth aufnotbigten und es ihnen
ſcharf unterfagten, andersmo cin Getränk zu faufen.
Dieß nannte mandamabls das Vorlegrecht. DerWein⸗
bandel mar alfo wieder cin Monopolium Des Udels
und der Bürger, welche forgfaltig dariiber wachten,
daß ja niemand aus der Fremde, wenn er gleich ebent
{o , mie fie, ein Oeſterreichiſcher Unterthan mar, es
wagte, einen Wein in ihr Gebieth zu bringen und ibn
ſchen ſchaͤdlichen Krautern und Samen, fonderlid aber zu
hitzigen Fiebern und Infectionszeiten“ — finden ſich Ver:
ordnungen von 1594 big 1699 bey Guarient, Tp. I
S. 223), inf.
#) Cod. Aufir. Th. II. S. 244. Die Bubereitung der Wei:
ne — „von Quitten- Margaranten: Weinſchaͤrling- und
Ribefelfaft// — mar ein Gegenftand der Apothekerkunſt.
Daber mag auch der Napme, vinum medicinale, gekom—
‘ men fepn. Cf. Denis, Codices manufcripti bibliothecae
,Palatinae. P.I. p. 852. — Obne Zweifel kannte man auch
in Defterreid Weine, die mit Honig und Gewuͤrzen guberei:
tet waren; ihre Nahmen maren : Elaret, Pigment, und Hip⸗
pocras : ein Lieblingsgetranf der Nitter. Do Sainte Palaye,
Das MNittermefen des Mittelalterd, uͤberſetzt von Koh. Lud⸗
wig Kluͤber. Nuͤrnberg, 1786. Th. I. S. ab.
21
Pit
22 322 Pea
dort gu verfaufen. Wer fo cin Handelsgeſchäft untere
nebmen wollte, bedurfte mieder eines befonderen Pri⸗
vilegium$, wovon mir cin Paar Benfpiele anführen
mollen, K. Friedrich der Schöne erlaubte 1319 Dem
Stifte Kloſterneuburg, jährlich fünfzehn Fuder Wein
in der Stadt Enns auszuſchenken oder auch in Fäßern
zu verkaufen *). Dagegen erhielten die Burger von
Enns 1358 Die Freyheit, nad Gmunden und Vöck—
labruck mit Wein und Getreide zu handeln**). Die
Bürger von Stockerau durften zwar vermöge eines
alten Privilegiums, das ihnen K. Friedrich 1327 ere
neuert hat, mit Wein, Getreide und Holz in Oeſter⸗
reich ſelbſt, aber keineswegs in das Ausland Handel
treiben **). Auf dieſe Weiſe geſchah es auch bey dem
Weinhandel, daß ſchädliche, ein Monopolium begun:
ſtigende Privilegien durch andere Privilegien wieder
gehindert wurden, einen gar gu großen Schaden an
zurichten.
*) Mar. Fifcher, erfmirdigere Schickſale des Stiftes und
der Stadt Klofterneuburg. Im Urfundenbud, S. 349.
#) Wir Albrecht. . enbieten vnſern getreton, dem Ritter vnd
Purigern ze vecffapruf vnfer gnad vnd alles gut. Wir fein
Des vberain fvorden, Daz vnfer puriger von Enns mit mein
vnd mit getraide fullen aribaiten vntz ping deitt Stadi fober:
halb Lambach) und dann reiten gen Gmundn oder gen vecla⸗
pruf, und denfelben mein oder getraid daſelbs verchamffen.
» Gebieten wir em gar ernſtleich vnd wellen, daz ir fp daran
nicht enget noch irtet in dbainem meg. Geben ge lincz ant
Phineztag vor Johans maptifte (den 21. Junius) anno do-
mini MCCCL octauo.“ — Eine zweyte ganz gleichlauten⸗
de Urkunde wurde an demſelben Tage an die viper von
Gmunden ausgefertiget.
#4*) Ludewig, Reliqu. MSS. T. IV. p. 238. Manches was
den Weinhandel aͤlterer Zeiten betrifft, iſt ſchon weiter
oben in den Abſchnitten uͤber das ausſchließende Handels—
befugniß der Buͤrger und uber die Meilenrechte vorgetra:,
gen worden.
* 325 due
10 Daf unfre Ultvordern den Wein liebten und def:
fen Anbau mit grofem Fleife beſorgten, wird ihnen
hoffentlich niemand verargen. Daß ſie aber auch in
ſehr kalten Gegenden Oeſterreichs, und ſogar im Nor⸗
Den des Landes ob der Enns, welchen der rauhe, uns
wirthbare Böhmerwald umzingelt, Weinberge anlege
ten und ſich mit cimem effigfauren Safte erquiditen,
verräth Feinen guten fondern einen ſehr abgeftumpften
Geſchmack. Schon im achten Jahrhundert erſcheinen
Weingärten in den Umgebungen von Aſchach oberhalb
Eferding, von welchen ſich einige Miberbleibfel big auf
den heutigen Tag erhalten haben. Rechnen es Wein⸗
kenner unter die martervollen Strafen, ſo einen Wein
trinken zu müſſen: was für ein Urtheil würden ſie erſt
über Weine fällen, die auf den rauhen kalten Bergen
des oberen Mühlviertels einſtens gewachſen ſind? Und
doch hat man auch dort, wo nur wenige Obſtſorten ge⸗
deihen, ſchon vor tauſend Jahren Reben gepflanzt.
Herzog Thaſſilo ſchenkte dem von ihm neu geſtifteten
Kloſter Kremsmünſter zwey Weingärten zu Aſchach,
und drey am Rotelfluß im heutigen oberen Mühlvier⸗
tel, und K. Carl der Große beſtätigte dieſe Beſitzun—
gen demſelben in einer eigenen Urkunde *). Im drey⸗
zehnten und vierzehnten Jahrhundert machen Urkun⸗
den verſchiedener Klöſter von Weingärten; und Urba:
rien mehrerer Herrſchaften und Pfarrhöfe von Wein—
zehenten in dieſer kalten Gegend noch häufig Erwäh—
nung. In den wilden Bergen der Pfarren Walding,
St. Gotthard, St. Martin und Feldkirchen beſann
man ſich endlich doch eines Beſſeren, rottete die Dein:
reben aus und ſäete Rocken an, der dort vortrefflich
*) Rettenpacher, Annal. monaſt. Cremifan. p. 26. Tra-
dimns ad Aſcha duas wineas, et ad Raotula tres, et
totidem vinitores. C£. p. 29.
—
e 352/ <«-n
gedeiht. Str den flachen Gegenden um Feldkirchen
wurden erſt in unſeren Tagen die Weingärten in Korn⸗
felder verwandelt, was im unteren Mühlviertel um
ein Paar Jahrhunderte früher geſchah.
Beynahe das Nämliche gilt auch vom Tranne und
Hausruckviertel, mo es in früheren Zeiten ebenfalls
Weingärten gegeben bat, mas aus alten Zehentregi⸗
ſtern hervorgeht. Den Weinzehent in den Pfarren
Linz und Tabirsheim bat 1111 der Biſchof Udalrich
von Paffau dem Rlofter St. Florian geſchenkt 9.
Aber auch dDort wurden ſchon frühzeitig die Weingär⸗
ten in Ackerland verwandelt, was wir aus einer Ver⸗
ordnung K Friedrichs des Vierten abnehmen können.
HIn der noch —— Urkunde heißt es: ——
uini tota in duabuf parrochiif' Tabirfheim et Lintze, et
ad Atha tref uineal in facrificitm altarium ipfius mona-
fierii contulimufi — Tabirsheim, Tauersheim oder Tae
versheim ift Die Pfarre St. Peter in der Bizlau zwiſchen
Ebelsberg und Linz, einſtens die Mutterkirche der Filiale
St. Magdalena im Hafefgraben auf der Nordfeite der
Donau, unterhalb des Marftes Ufer bey Linz. Das Dorf
Tauersheim hat bis jetzt den alten Nahmen behalten. Vor
einigen Jahren wußte id dieſe Pfarre nicht anzugeben.
Man vergleiche meine Beytraͤge, Th, II. S. 480 — 483.
Daf die Mutterfirde auf dem rechten, die Filialkirche auf
dem linken Donauufer liegt, darf uns nicht befremben. Die
Pfarrbezirfe erfirediten ſich ja nody in unferen Tagen big _
ur neuen Pfarreintheilung gar oft uͤber die Donau pimiber.
‘Im Sabre 1682 gehoͤrten Bauernhoͤfe ben Luftenberg ober=
halb Stenred noch zur Pfarre St. Florian. — Von Wein—
garten im Dorfe St. Florian ſelbſt macht der Vifchof Alt-
mann im Fabre 1071 Ermahnung. Gn feiner Reftanra-
tiong-Urfunde heißt es: Villam in qua ipfum monafte
rium fundatum ef. cum.omnibus ad eam pertinentibus,
agri( fcilicet et uinetif. ete. Die Granzen des Dorfes St.
Gfovian gibt cine Urfunde vom. J. 112: an: In fummitate
montif defcendit per feptentrionem ufque —* terminum
uinearum ad orientem.
X
Dieſer Monarch war zu Ende des fünfzehnten Jahr⸗
hunderts für den Weinbau in Oberöſterreich noch fo
ſehr eingenommen, daß er Allen, welche i in der Gegend
von Linz Weingärten anlegen würden, grofi Begün⸗
ſtigungen zugeſagt bat *). Sn den Weinländern bat er
14409 das Bierbrauen und Schenken ganzlid) verbo:
then; nur den Hausherren und ibrem Gefinde erlaubte
er in ibren eigenen Häuſern Bier zu trinfen *). —
Das fogenannte Märzenbier war in Oeſterreich ſchon
im fünfzehnten Jahrhundert als eine alte Sache be—
KAann
Ein ſonderbares Privilegium H. Albrechts erlaub⸗
te den Bürgern von Enns im Sabre 1379, daß ſie
jährlich zwiſchen Lichtmeſſen und Georgi Tag ſechzig
Dreyling Bier bräuen und ausſchenken durften, aber
nicht mehr. Zu dieſem Geſchäfte ſollte der Stadtrath
ſechs Männer beſtimmen, welche in der Stadt ſeßhaft
und gu einer ſchweren Arbeit untauglich ſind *x*).
*) In dem Stadtarchiv zu Linz findet ſich folgender Negie:
rungsbefehl an die dortigen Buͤrger ohne Jahresangabe:
„Allenn vnd yeglichen ſey ze wiſſen. Der allerdurchlewchti⸗
giſte Fuͤrſt vnd Herr Friderich Roͤm. Kaiser vnnser allergne—
digiſter Herr erlawbt allen vnd yedem, Welh weingartpaw
auf Iren gruͤntn zu ainer Meyl weyt vnd prayt vmb die
Stat Lynntz von New wellen Pawn vnd arbaitn Lassen,
Sat fein fan. genad dieſelbn grundt fuͤran gefrewdt, Das
Sy Zedenndt Stewr vnd Perigkhrecht frey ſein ſullenn.“
HGuarient, Th. J. S. 217.
***) Beylage Nro. XXXII.
vst) Mir Albrecht von gots gnaden Hertzog ze Oeſtereich .. Be⸗
chennen vnd tun kunt offenlich mit diſem Brief, Daz die er—
bern vnſer getreton .. Die Purger von Ens für vns komen
vnd chlagten vns, mie Si grozze vnd manigerlay gepreften
hieten, von des Pier prewn wegen, davon Si vnd diſelben
vnſer Stat ze Ens in kunftigen zeiten ze merklichen vnd
nemlichen ſcheden komen mechten, Nu haben wir angeſehen
vnd betracht diſelben ir klag vnd gepreſten, vnd haben in die
4% 520 sua
Aus Mangel der Renntnif der naberen Umſtände und
Verbaltniffe bleibt uns der Inhalt diefer Urfunde
dunkel.
In den Urkunden von Freyſtadt und einigen
Märkten des Mühlviertels geſchieht Erwähnung von
der Ausfuhr des Biers nach Böhmen, die aber uns
moglid von grofer Bedeutung gemefen fepn fann,
denn das Bier der Böhmen und ihr Handel mit diefem
Getranf find feit den früheſten Zeiten allgemein ans
geriibmt worden. Fubrten deffen ungeachtet die Des
ſterreicher ein Bier in das angranzende Bohmen,
fo fann dieß nur von einer Zeit der Noth, und von we⸗
nigen nod) deren Gegenden am Böhmerwald gelten.
Moglich mare es auch, daf man den Böhmen ein
Marzenbier aus Oeſterreich zugeführt batte.
Von der Ausfuhr des Getreides in die benachbar⸗
ten Provinzen machen mebrere Urkunden und Zollpas
tente Meldung; von grofier Wichtigkeit fann aber der
Getreidebandel in das Ausland nicht gemefen fenn,
Dent Die angranzenden Lander: Bayern, Bopmen,
Mähren und Ungarn famen von jeber an Fruchtbar⸗
Feit des Bodens unferem Defterreid) gleich oder über⸗
trafen es noch. Nur eine plogliche Noth, durch Hagel:
gnad getan, und tun aud, daz Si ierlich zwiſchen vnfer
framntag ze der Lichtmeſſe, nnd dem neften (fic) fand For:
gen tag Darnach Premn verſchenken vnd vertun fuln vnd
mugen Sechtzig Dreiling pier, ez ſey in grozzen oder in
klainen vefilein und nicht mer, Vnd fol der Nat daſelbs fe
Ens Sechs darzu alle iar memen vnd fepen, die ge End ges
ſezzen vnd fefbaft fein und die grojzer vnd anderer arbait
nicht pflegen noch treiben fiinnen noch verbringen alt das
von alter ber fomen if, mit vrfund dig brifs Geben ze
mienn an Suntag alz man finget Oeculi in der vaften (am
15. Marz) nad friftà gepurde Dreutzehen Hundert Far
darnac in dem Newn vnd Sybenpigiften Fare.
ass 35)7 eco
ſchlag, Rriegsverbeerungen oder Mißwachs herbey ge⸗
fuͤhrt, konnte die genannten Völker zwingen, in Oeſter⸗
reich Abhülfe ihres Mangels zu ſuchen, wie dieß auch
in den neueſten Zeiten ſchon öfter der Fall geweſen iſt.
Gewöhnlicher geſchah aber das Gegentheil; es wurde
aus dem Ausland Getreide aller Art nach Oeſterreich
zugeführt ). Eine ſolche gegenſeitige Aushülfe war
damahls deſto nöthiger, je groͤßer in allen Ländern die
Sorgloſigkeit der Regierungen für die Herbeyſchaf—
fung der Lebensmittel zur Zeit der Noth geweſen iſt.
Das gemeine Volk blieb ſich in ſolchen Fallen ſelbſt
überlaſſen und hülflos, konnte ſich des ungeheuren
Preiſes halber kein Brod anſchaffen, und wurde leider
nur gar zu oft dem ſchrecklichen Hungertode Preis ge⸗
geben. Was dieſem entging, ward ein Opfer der nach—
folgenden Seuche, die unter den Armen große Verhee—
rungen anrichtete *).
Wichtiger iſt ohne Zweifel der Eiſenhandel Oeſter⸗
reichs in das Ausland geweſen. So gewiß wir dieſes
vorausſetzen dürfen, ſo ſind die Nachrichten hierüber
dennoch ſehr ſparſam und ungenügend. Die Stadt
Steyr genoß ſchon ſeit den früheren Zeiten das
Vorrecht einer Eiſenniederlage und einer gänzlichen
Mauthfreyheit für alles Eiſen, das in die Stadt
eingeführt wurde ***). Aus dem Zollprivilegium,
*) Rauch, J. c. p. 29. Gin igleich gaſt auzzer landes, welcher⸗
laie er herfuͤrt getraide, der geit von dem wagen zwen phen⸗
ninge. — p. 25: Ein gaſt der getraide fuͤrt her von vn⸗
gern, der geit von dem mutte given phenning. — Man ver:
gleiche damit auch die Beylage Nro. XLV. A.
®*) Gine allgemein befannte Sade bedarf nicht vieler Bemei-
fe. n den Ehronifen bey Pez, T.I. p.375 et482; T. II.
p- 262, 785, und an vielen anderen Stellen geſchieht von
Sungersnoth Mefdbung.
#3*) Preuenhuber, S. 36. Quicunque ferrum vel ligna duxerit
ad civitatem vendenda, per triduum ibi remanat.
lati 328 2*
⸗
welches H. Albrecht 1287 den Bürgern von Steyr
verliehen hat, erſieht man auch, durch welche Gegenden
ihr Waarenzug gegangen iſt: über Claus, Rotten⸗
mann, Katzling oder Zeyring nach ————
und Venedig *); auch nad Regensburg und Mine
chen**); nach Wien, Böhmen und Mabren***). Der
Gifenbandel im Inlande war den Steyrern mit den
Bürgern der übrigen Stadte gemein, Aud in Waids
bofen an der Ips wurde viel Eiſen verarbeitet; daff
aber Stepr meit mehr begunftiget war, erbellet aus
dem Verboth 5. Albrechts vom Sabre 1371, da
nach Waidbofen nicht mehr Eifen, al$ man dort gue
Arbeit nöthig babe, dürfe gebracbt werden; alles an:
Dere mußte man nad) Steyr und Enus bringen, da:
mit das Monopolium der dortigen Bürger aufrecht
erhalten wurde. Die Einfubr des fremden Eiſens war
ganz unterſagt ****),
In Wien gab es Eiſenarbeiter verſchiedener Art,
welche das Privilegium hatten, keine Wagenmauth
#) L. c. In Claufa de rebus ſnis, quas ibidem traduxerint,
nullum folvant teloneum five mutam, in Rotenmono
vero, in Kazling et apud Dietmanfperg de Sauma folve-
re pro muitta duos denarios teneantur. . In Ratisbona de
eo, quod comparaverit vel vendiderit civis Styrenfis,
duos denarios pro thelonio tantum folvat. Vom Handel
der Oeſterreichiſchen Staͤdte nach Venedig iſt ſchon weiter
oben Erwaͤhnung geſchehen. Preuenhuber ſpricht vom Han⸗
del der Steyrer dorthin S. 57.
*) Da H Otto, mie wir an einem andern Orte vernommen
haben, den Muͤnchnern einen freyen Handel nad Wien ge—
ftattet hat, ſo verftebt ſich von ſelbſt, daß den Oeſterreichern
dieſelbe Freyheit in Muͤnchen ertheilet wurde.
«**) Man erinnere ſich an vie oben angefuͤhrten Handelsvertraͤ⸗
ge zwiſchen Boͤhmen und Oeſterreich. Von dem Eiſenhandel
nach Boͤhmen geſchieht auch Meldung in den Urkunden von
Freyſtadt und Leonfelden.
#44) Preuenhuber, S. 56.
oo 029 n
für ihre Waaren zu erlegen, wenn fie diefelben in das
Ausland verführten ). K. Friedrichs Mauthgeſetz
vom Jahre 1320 macht nur in allgemeinen Ausdrü⸗—
cken Meldung von dem Eiſen, welches dort von Aus⸗
ländern gekauft und ausgeführt wurde **). Die fpates
ren Verordnungen über den Eiſenhandel enthalten
nichts Merkwürdiges ***). Die Oeſterreichiſchen Sen:
ſen und Sicheln ſind auch außerhalb unſers Welttheils
bekannt; indeſſen müſſen ſie doch ſpät einen hohen
Grad der Vollkommenheit erreicht haben um Aufſe—
ben zu machen, denn von unſern Senſenſchmieden ge⸗
ſchieht in Urkunden erſt im ſechzehnten, und häufiger
noch im ſiebenzehnten Jahrhundert Erwähnung.
Daf man Leinen⸗ und Wollenwaaren son Ober⸗
öſterreich nach Wien, und von dort noch meiter vere
führte, fagt K. Friedrichs Mautbprivilegium vom
Sabre 1320 für diefelbe Stadt aus ****). Eben daf=
ſelbe fegt es aufier Zweifel, daß man mit Häuten von
Wien nad) Venedig gehandelt bat 99944),
Daf der Hopfenbau einſtens in Oeſterreich mebr
als jebt getrieben wurde, erbellet aus vielen alten Ur
*) Rauch, l. c. p.24. Iſt daz ain Hantwercher der bie in der
ftat gefezzefì ift, erfei ein fimit, ſchlozzer, oder ein fporer,
oder welcherlaye eiſenwerch iz fei, daz er felbe wuͤrchet, mil
er iz vzzer landes fitrn, fo fool er nicht wagenmaut geben,
denne fein purdmaut, zwen phenninge an dem tor.
%*) L. c. p. 19. Alle geft, die irn chaufſchatz hie verchauft habent,
ond andern chaufſchatz von hinnen furn mellent , iz fei
Chramgemant, iveinftain, Eifen, oder wie iz genant ift,
geit Der gaft fein phontmavt, fo ifter ledich an dem tor.
8%) Guarient, Th.I. S. 317 — 321.
#44) Rauch, l.c. p.20. — Gm Jahre 1715 erließ È. Carl eine
fange Verordnung fiir die Zunft der Weber, denen neuer:
dings erfaubt wurde, Loden, Miſchling und Bauerntuch zu
verfertigen und felbft zu malfen. Cod, Aufir. Th. III
GS. 792.
»*##)L, c. p.24. Man pergleidhe die Beylage Nro, LIII,
ee 33() «è
barien verſchiedener Herrſchaften. Diefem ftimmet K.
Friedrichs oft genanntes Privilegium bey, welches
vom Hopfen Meldung macht, der aus Oeſterreich nach
Bayern und fogar auch nach Böhmen verführt wur—
de *); darunter mag ſich aber auch ausländiſcher
Hopfen befunden haben.
Ein Verzeichniß der Zollabgaben für verſchiedene
Handelsgegenſtände zeigt uns die Waaren an, die im
fünfzehnten Jahrhundert aus Oeſterreich nach Vene—
dig ausgeführt wurden **); aber darunter befinden
ſich offenbar fehr viele ausländiſche Producte, mit
welchen in unferm Vaterlande nur cin Zwiſchenhandel
getrieben wurde, als: Kupfer, Finn, Queckſilber ***),
1. ſ. w. — Dieß ift alles, was ſich in den älteren
Seiten von der Uusfubr Oeſterreichiſcher Waaren ins:
Ausland mit voller Gewißheit fagen last.
*)L. c. p. 17 et 24. Vom Hopfen und dem fruͤhzeitigen Ge-
brauch deffelben zur Verfertigung des Biers handelt veck
mann, Beytraͤge, Th. V. S. 206, u. f.
***) Beylage Nro. LII.
) Vom Queckſilber, das durch — nad Venedig ge⸗
fuͤhrt wurde, geſchieht oͤfter Erwaͤhnung. Bey Guarient,
Th. II. S. 198, findet ſich eine Verordnung È. Ferdinands
vom Sabre 1526, in welcher es heißt: „Wir tragen nicht
Zweifel, euch ſey gut wiſſend und kund gethan, wie und was
geſtalt Unſer Bergwerk in Idria durch Uns und die Gewer⸗
ken daſelbſt erhebet, in Aufnehmen und Weſen gebracht und
erhalten worden dermaſſen, daß darvon das Queckſilber
und Zinnober eine Zeit hero in gutem Werth verhantiret,
verfuͤhrt, und alſo Uns und denen Gewerken merklich daran
gelegen iſt, damit ſolches Bergwerk in Weſen und Werthen
behalten merde. Nun ſeyn Mir aber berichtet, wie an dem
Boheimermald außerhalb Unferer erblichen Landen auch ein
Bergwerk aufgericht, darin jetzt jaͤhrlichen in zweyhundert
Centner Queckſilber und Zinnober gemacht. und durch
unſere Lande in Italien und andere Ende zu verfuͤhren ſich
unterfteben ſollen.“ — Deswegen wurde die Durchfuhr
gaͤnzlich verbothen.
no 351 ⸗
Achtzehnter Abſchnitt.
Einfuhr fremder Waaren nach Oeſterreich.
Mögen die Oeſterreicher gleich noch viele andere
inländiſche Produete ausgeführt haben, ohne daß wir
ſie nahmentlich angeben können, ſo blieb ihr Handel
doch immer weit zurück, wenn wir ihn mit dem Handel
der Ausländer vergleichen, welche fremde Waaren
nach Oeſterreich brachten. Lebensmittel, vorzüglich
Schlachtvieh und Fiſche mancher Art; verſchiedene
Metalle, nur das Eiſen ausgenommen; Tücher und
Zeuge; endlich auch mancherley Luxusartikel wurden
in Sefterreid) in fo grofier Menge eingeführt, daf
ſich unfre Landesfurften, freylich etwas fpat, genöthi—⸗
get faben, VBorfebrungen zu treffen, daf nicht alles
Geld ins Ausland manderte und der Staat nicht gänz⸗
lib erarmte. Luxusverbothe und Kleiderordnungen
halfen, was ſich leicht vorausſehen ließ, dem Uibel
nur wenig ab, und beſchränkten gar zu ſehr die Frey⸗
heit der Unterthanen, des Kunſtfleißes und der Ges
werbe. Un die Errichtung der Fabriken, welche die
nöthigen Produete im Inland erzeugten, hat man
erſt in den letzten zwey Jahrhunderten gedacht *).
*) Die Wollenzeng-Fabvif in Linz nahm gu Ende des ſiebzehn⸗
ten Sahrbunderts ibren Anfang und madte grofies Auffe-
ben. Guarient, Th.I. S. 271, und Eh. IT. S. 780 und
858. Andere Fabrifen verdienen faum genannt ju werden,
mie 3.B. Adam Ignatius Hoͤger's Fabrif, in welcher aus
Weinkoͤrnern ein Oehl verfertiget wurde, und die 1708 ein
Privifegium erbalten hat. A. a. I. S.593 und 634. —
Sranz Clari 309 aus den gepreften Weintrauben eine
Quinteffenz, und wurde 1624 mit einem Privilegium be⸗
gnadiget. Guarient, Th. IT. S. 198. — Fur die Seidenfa=
brifanten erlief K. Leopold 1669 cin ermunterndes Privi=
legium. S. 295.
ne» 352 live
Auf diefe Weiſe blieb Oeſterreich lange Zeit hindurch
von fremden Kaufleuten abbangig, die ibre Waaren
mit reichlichem Gewinn dort abfebten und Wigebeure
Summen mit fi fortſchleppten.
Wir übergehen die Gewuͤrze, deren Gebrauch in
früheren Zeiten weit ſtärker als ſpäterhin war *),
mit Stillſchweigen, und führen nur die merkwürdi—⸗
geren ausländiſchen Handelsartikel an, welche fremde
Kaufleute nach Oeſterreich brachten. Unter dieſen
nahmen Tücher und Zeuge den vorzüglichſten Platz
sit).
2) Sogar alé Zollabgabe und in Kriegen und Fehden als
Brandſchatzung wurden Gewuͤrʒe gefordert. Der H. Otto⸗
kar ſagt in der Urkunde fuͤr die Regensburger 1190, apud
Scheid, l c. Mercatores ultra terminos venientes, vidéli-
cet de Mastrichet, idem de Colonia dimidium fertonem
vini, libras piporie tres, duos calceos et.cyrotecas duas
nobis dabunt, — In der Fehde mit dem È Friedrich 1477
begehrten dieBritder Heinridh und Epriftop ph von Lichten⸗
ftein vom Alofter St. Florian alè Brandfdagung tauſend
Ungariſche Gulden .. vier Pfund Saffran, zehn Pfund
Pfeffer, zehn Pfund Ingber, u. f. w. Oeſterreich unter È.
Friedrich dem Vierten, TO. TI, S. 127. — Fn der Beplage
Nro. LIT. heift eg ebenfalls: „Was ein purger auff wagen
— son Venedig furt, Da gent ervon ein Pfund pfeffer.“ —
Die NMeaengburger bezablten im vierzebnten Fabrbundert
den Grafen von Schaumberg fuͤr ein jedes Schiff als Zoll⸗
abgabe zwey und dreißig Pfennige, zwey Pfund Pfeffer,
u, ſ. w. Gemeiner, Chronif, Sh.I. S. 557, u. f.
*) Zu leichterer Verſtaͤndlichkeit der alten Woͤrter in Urkun—
den, die von Tuchern und Zeugen aller Art Meldung ma:
chen, bemerken wir, daß Wat, Wad, Wand und Gewand
sein Gewebe aus Garn, Seide oder Wolle bedeute, befon:
ders aber fo fern es gu einem Kleidungsſtuͤcke beſtimmt ift.
Sn engerer Bedeutung bezeichnet es ein wollenes Gewebe,
ein Tuch, und auch cin Kleidungsſtuͤck. Ein Gemandfdnei-
‘ber war cin Kramer, welcher berechtiget mar, mollene Tui-
cher und Zeuge auszuſchneiden oder nad der Elle gu per:
Tuchfabrikanten fommen in Defterreid zu Wien
amd Krems ſchon frilbzeitig vor; es mar ihnen dort
ein eigener Marktplatz angewieſen, wie wir dieſes
ſchon weiter oben vernommen haben. Im fünfzehnten
Jahrhundert werden Tücher von Tuln genannt, welche
von ſehr gemeiner Art müſſen geweſen ſeyn, da man ſie
qu Kleidungen armer Leute beſtimmte *). Dieſe Tuch⸗
macher⸗Innungen reichten aber bey weiten nicht aus,
Oeſterreich mit den nöthigen Tüchern zu verſehen, und
noch viel weniger waren ſie im Stande, feine Tücher,
wie ſie der damahlige Luxus verlangte, zu erzeugen.
Wollten Fürſten, Grafen und Ritter in voller Pracht
erſcheinen, ſo ſahen ſie ſich genöthiget, zum Auslande
ihre Zuflucht zu nehmen, und ſich von dorther feine,
ſchön gefärbte Tücher und Gold: und Silberſtoffe
kommen zu laſſen. Ausländiſche Kaufleute ſorgten
reichlich dafür, daß an dieſen Waaren in Oeſterreich
kein Mangel erſchien, und aus Italien, aus den Nies
derlanden, und aus vielen damabls blubenden Gan:
delsftadten murden and aus meiter Entfernung grofe
Vorrdthe von Tüchern und reichen Heugen berbenges
ſchafft. Nus vielen Belegen heben wir nur cinige qus,
um unfre Behauptung zu erproben.
Sn den Urfunden, welche H. Ottofar 1100, und
H. Leopold 1192 den Regensburgernverlieben haben,
werden Rauflente son Coͤln, Aachen, Um und Ma:
faufen. Daher Jus incidendi pannos ad ulnam, incifor
‘ ‘pamni, pannicida. Cf. Wachter, Glofsarium, v. Wad ct
© Wand.— Haltans, v. Gewandfchnitt.
*) Hopened, Genealogiſch-⸗hiſtoriſche Beſchreibung der Stin-
de. E). UI.S. 597. Der Nitter Hans von Norbad vers.
ordnete 1435 imfeinem fonderbaren Teffamente unter ans
dern Dingen Folgendes: „Bey feiner Begraͤbniß foll'man
anvep und dreyßig armen Leuten, jedem funf Ellen Tulner
Tuch, und drey Pfenning geben.“
ose 33/ «-
ſtrich, und unter ihren Waaren ausdrücklich Tücher
erwähnet *). Die verſchwenderiſche Pracht, welche
in der erſten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts
bey Ritterſpielen in Oeſterreich herrſchte, beſchreibt
uns Ulrich von Lichtenſtein *). Um von Rittern nicht
übertroffen zu werden, bothen die Fürſten alles Mög—
liche auf, in einer unerreichbaren Glorie zu erſcheinen.
Im Fabre 1261 feyerte È. Ottokar die Vermählung
ſeiner Nichte Kunigunde mit dem Prinzen Vela von
Ungarn mit einer außerordentlichen Pracht und Vere
ſchwendung. Von koſtbaren Tüchern und Seidenzeu⸗
gen, die man dabey bewunderte, nennt uns Horneck
folgende: Den Rittern, die zum Turnier auserwählet
wurden, gab K. Ottokar Hüuͤte, die halb mit rothem,
halb mit weißem Zendel überzogen waren. Die Sitze
fur die hohen Gäſte waren mit breitem Sammet, mit
Paltikein und Pliat bedeckt ***). Der Brautrock wurde
*) scheid, Lc. Si pannum inciſum hospes uni civium
dederit, ete. Ad quantitatem pannorum, qui de Colonia
ligati veniunt, etc. Currus vellium. di
®*) Frauendienft, perausgegeben von Ludwig Tieck. Zehntes,
fuͤnfzehntes, achtzehntes, cin und zwanzigſtes, und fiinf und
zwanzigſtes Capitel: In diefen und auch in mebreren andern
Stellen geſchieht Ermabnung von foftbaren Tuͤchern, Zeu—
gen und furusartifeln.
#**) Apud Pez, T. I.p. 78 et 79. Der yegleichen ward gefannt
Nin vberczogen Huet, von Zenndal, der waz gut Gebalbirt
weis und rot. — Dew geſidel er entmurffe, Als ev fem haben
wolde, Aus Silber und aus Golde Hiez er alle berait Wur=
chen gem und gerait: Scharlach und Prunat, Paltifein
und GSiglat, Grab Sermein und punt, Mer den umb
zwainczkeh tamfend phunt.“ — Yuf der 79. Seite wird
daffelbe miederbobfet. Mandem meiner Lefer mird es ,
erwuͤnſcht feyn, die Erflivung unbefannter Worter hier
bepgefeht zu finden. Zendel oder Sendel ift jetzt eine ge:
ringe Urt Taffets; einſtens gehoͤrte er gu den vorguigliche:
ren Seidenzeugen. — Paltifein, Patifein, Palczigin, Bal
> 335 ——.
aus Purpur — Perlen aus Arabiſchem Gold
blendeten durch ihren Glanz die Augen der Zuſchauer.
Der Mantel Kunigundens prangte mit Gold und
herrlichen Stickereyen. Germelin, ſchwarzbrauner Zo-
bel, Perlen, Edelſteine und goldene Spangen vollen⸗
deten den hoch bewunderten Putz der Braut *).
Daf dieſe koſtbaren Dinge nicht inländiſche Pro⸗
duete waren, darf nicht erſt erinnert werden, und bey
der Erzählung der Vermählungsfeyer des Markgra⸗
fen Hermann von Brandenburg mit der Oeſterreichi⸗
ſchen Prinzeſſin Anna im Sabre 1205 bemerkt Hor⸗
neck ausdrücklich, daß der Vater der Braut, H. UL
brecht der Erſte, grauen und bunten Hermelin aus
Italien, Tücher aber aus Flandern habe kommen
laſſen **). Von Tüchern war ibm cin deſto größerer
defin, ift ein ud aus Seide mit eingemengtem Gold. Cf.
Da Frefne, v, Baldakinus: Pannus omnium ditiffimus,
cujus utpote ftamen ex filo auri, fubtemen ex ferico tegi-
tur, plumario opere intertextus, fic dictus, quod Bal-
dacco feu Babylone in Perfide in occidentales provincias
deferretur. — Pliat oder Blpand iiberfebt Pez aus einem >
alten Woͤrterbuch: Edel Seidengewand. Es bedeutet —
auch uͤberhaupt ein gewiſſes Kleidungsſtuͤck. Du Freſne, v
Bliaudus.
#) L. c.p.g0. Den Rokch den man an Ir vant, Der waz ein
Phele von Tyrant .Manig Tirel chlain als ein Glaim Auf
dem Ppele mas gepolt Von Arabifhen Gold.“ — Phele ift
Purpur, manchmahl aud feine Leinwand. Phellol, pal-
lium, apud Schannat, Glofsarium, h. v.
. cip. 585. Gra Hermein und Punt, Dez hiez er an der
Stund Genug von Walben pringen, von Flandern und
von Charlingen Envollen man dem Furften bolt, Waz er
Gemants haben ſolt.“ — Wiber die Pelzffeider und Vers
- bràmungen mit foftbarem Rauchwerk it Beckmanns ge:
febrte Abbandiung im funften Band feiner Beytraͤge nach—
zuſehen. S. 51: Mus ponticus iſt wahrſcheinlich Anfangs
der Sifel, dann das Eichhorn und der Hermelin geweſen. —
dee 9 3 6 eee
Vorrath nöthig, da er ſich bey Vertheilung praditiger
Hochzeitskleider außerordentlich frengebig bezeigte —
Die Krönung K. Wenzels von Bohmen im Sabre
1297 übertraf an Pracht und Verſchwendung noch
weit die hier erwähnten Feſte. Juwelen ließ er in
Italien aufkaufen, und da ihm die Flandriſchen Tite
cher nicht genügten, wurden Gewänder aus. dem
Orient geboblet *): cin böſes Beyſpiel für Pracht⸗
luſtige feiner und der folgenden Zeit. — Zur Krö—⸗
nung der Ronigin Elifabeth, Albrechts Gemablin,
murden Edelfteine und foftbare Zeuge von Venedig
herbeygeſchafft; legfere find in heidniſchen Landern
verfertiget, und in Wien noch mit — pati i
reyen verſchönert morden**).
S. 55: Verſchiedene Benennungen des Hermelins 30:
bel ward fpater befannt.
*) Horned, 1. c. p. 596. Darnady fand man meit Ynd in vere
rem Sant Nad fogetanen Gemant, des man zu Flandern
vindet nicht In fo choſtleicher Angeſicht, Als Gemant Sey⸗
den, Czendel und Platigen, Sameyt und Siglat, Phelle
und Plyat, Achmartein und Tuch von Taſme, Als man
bringet vber See.“ — Eine genau beſtimmte Bedeutung
laͤßt ſich von den meiſten dieſer Woͤrter nicht angeben. Aus
dem Zuſammenhang erhellet, daß dadurch koſtbare Gewebe
angezeigt werden.
#)L.c. p. 631. Auf manigen Sawmern furt man den Venes
digern Gold und Silber zu. . Dafuer man bermider nam . .
manche reiche Klaynat Von Gold der peften Wat Man aus
der Haydenſchaft prat, Der man lang pe gedadt. Dy
Maifter weis und dard Manig tamfent March Vmb Edel=
geftain gaben.. Aud kawfften fp da punt Hermlin und
gra.. Was man gu Derfelben Stunt Gn den Lant Solher
Lewt erchant, Es ver Weib oder Man, Die fich der Chunſt
namen an, Daz ſy auf Frawen Wat Mit Reyhen oder mit
Der Nat, Mit Strichen oder mit Snayſßen Von Perl Ther
Walayſßen chunden wurden Maiſterleich, Die wurden
gemacht reich.“ — Sn der letzten Beylage, Nro. LIII.
evo 357 eco
Horneck macht Meldung von Tüchern, die aus der
Geidenfciaft liber das Meer nad Venedig gebracht
wurden. Diefe wurden in Sndien, Perfien, Griechen⸗
land, und aud in Afrifa und Spanien verfertiget,
und durch Kaufleute von Venedig, Genua und Pifa
nach Stalien und Deutſchland verführet *). Durch
Die Kreuzziige wurden Europens Volfer mit der
Pradt und Schwelgerey des Orients befannt und
ahmten ſie nach, was zur Folge batte, dafi man feines
Geldes fonte, um Prunffleider und Lecferbiffen von
dorther zu erhalten. Diefer Lurus weckte die Betrieb⸗
famfeit der Abendländer fo febr, daf fie feine Mühe
fparten dabin ju gelangen, ähnliche Erzeugniffe aus
ibren cigenen VWerfftatten ſelbſt liefern zu fonnen.
Stalien brachte es frühzeitig zu einer grofien Kunſt⸗
fertigfeit, webte feine Tücher und reiche bunte Zeuge
aller Art, und führte ſie nach Deutſchland und Oeſter⸗
reich aus. Eine Urkunde H. Rudolphs des Dritten, die
er 1305 der Stadt Krems verliehen bat, erwähnet
ſolcher koſtbaren Waaren und Lombardiſchen Tü—
cher **). Da Rudolph ausdrücklich fagt, daß er nur
beifit es: „Samat von venedig vnd Sammat von ——
oder von Haiden land.“
*) Muratori, Antiquitat. T. II. p. 599. De textrina et ve-
ſtibus ſaeculorum rudium. Eine vortreffliche Abhandlung
nicht nur fuͤr Italien, ſondern auch fuͤr die panico "tia
Provinjen,
**) Rauch, T.III. p.362. Uniuerfa et fingula iura ted) qui»
bus temporibus illufirium principum quondam Leo-
poldi et Friderici dutum Auffrie funt gauifi, liberaliter
approbamus...Sancimus etiam, quod. nullus aduena-
rum pannos nobiles, qui amuar vulgari vocabulo nomi.
nantur, vel pannos lombardicos vendere per ulnam ali-
quatenus, andeat , fed ipfos integros exponat et prebeat
ad vendendum. — In der Forma minoris mutaein Stein
werden latini panni erwaͤhnet. L.c. T. II. p.107.
22
sr
re 906 “n
die diteren Privilegien feimer Vorfahren, der Herzoge
Leopold und Friedrich, ernenere, fo liegt der flare Bee
weis da, daß Defterreid ſchon im dreyzehnten Jahr⸗
hundert mit Italien einen Tuch- und Seidenhandel
getrieben hat. K. Friedrich der Schöne nennt in ſeinem
Privilegium für Wien 1320 noch) viele andere Stade
te, welche Oeſterreich mit Tüchern, unter denen fio
auch Scharlach befand, verſehen haben i (0
Das Verzeichniß der Zollabgaben zu Neudorf
und Salchenau macht uns mit verſchiedenen Tüchern
und Zeugen bekannt, die von Venedig nach Wien
gebracht wurden **). Man verlange aber ja nicht eine
Erflarung der Nahmen baufiger Waaren, die feit
Jahrhunderten nicht mehr verfertiget merden. Was
cinMuratori und viele andere hoch berühmte Schrift⸗
fteller zu leiften nicht im Stande maren, würde man
jegt noch vergeblicher zu unternebmen wagen.
Die jüngeren Verordnungen über den Handel mit
Tüchern und Zeugen fagen nichts Merfmurdiges aus.
Den Engländiſchen Kaufleuten und Waaren bat K
Rudolph 1597 — den Eingang in Deutſchland
*)L. c.p. 25.et 24. Gurt ein man chramgewant von —
der geit von Dem ſavm zwanzich phenninge.“ — Kram oder
Chram hießen alle verkaͤufliche Waaren; Gewand bedeutete
Tuͤcher und Zeuge zu Kleidungsſtuͤcken, mie wir dieſes be-
reits angedeutet haben. Haltaus, Glofsarium, v. Kiram:
Mercimonia, res quae emuntur et venduntur. Nur fiiprte
das Wort Aram den Nebenbegriff des Kleinhandels mit fio.
. Gn Der gleich angefuͤhrten Urkunde KeFriedrichs beift es
weiter: „Zehen tuch von gent iſt ain ſavm Acht ſcharlach
iſt ain ſavm Zwelif tuch von epper.. Sechzehn tuch von
HO. . Zehen tuch Swere von dorn ift ain ſavm, u. f. w.“—
Von dieſer merkwuͤrdigen Urkunde iſt ſchon weiter oben bey
den Maßen und Gewichten die oi gemefen.
**) Beylage Nro. LII
seo 339 222
unterſagt *). Derſelbe Kaiſer verboth auch 1502 den
Ausländern, ihre Tücher auf Wochen- und Jahrmärk-
ten in Oeſterreich nach der Elle zu verkaufen, welche
Verordnung K. Mathias 1614 mit Dem Beyſatz er
neuerte, daß ſchlechte, von den Beſchauern nicht gut
geheißene Tücher gar nicht ins Land gebracht, im Be-
tretungsfalle aber hinweggenommen werden folle
ten **): *
Unter den auslaͤndiſchen Waaren, die in Oeſter⸗
reich eingeführt wurden, nennt K. Friedrichs Privi:
legium vom Jahre 1320 nebſt Honig, Wachs, Syro⸗
montan und vielen anderen Dingen auch Fiſche vers
ſchiedener Art, und ünter dieſen: Haͤuſen und Satin
ge ***), Verdiente det verrufene Geſchichtſchreiber
Aventin Glauben, fo batteri ſich die Bürger von Tüln
im zehnten Jahrhundert den Hauſenfaug widerrecht—
lich zugeeignet, aber die Großen des Landes hätten
dieſes Vorrecht auf einem Landtage zu Tuln dem Bi⸗
ſchof von Paſſau zuerkannt. Leider vergaß ſich aber
Aventin ſo ſehr, daß er Männer zu Gerichte ſitzen ließ,
die ſchon vot längerer Zeit von dem Schauplatz dieſer
Erde abgetreten waren ****). Dieſer Umftand ; und
die allgemein anerkannte Unverläßlichkeit Aventins
hinderten jedoch keineswegs, daß viele Bayeriſche
Schriftſteller auf das Zeugniß deſſelben ſich ſtützend
von dieſem Tulner Landtage mie von ciner ausgemacht
— TRE gefprochen, und daraus manche
matt mesi
*) — i. I; S. 296.
**) Guarient, Th. IT. S. 352
#9) Rauch, Lc.p:15—-51.
) Haùifiz, German. Sacta ; T. I; p. 296. Reliqua, quae
Aventinus narrat; èjus fide ; quoniam alia defunt, refe-
rimus. — Cf, Calles, Annal. Aufiriae, T. I. p. 2754
at feq.
22 *
so 3 40 no
eben fo unbaltbare' Folgerung gezogen haben »)
Für uns ift diefer Landtag eine Erdichtung, rund die
Verhandlungen deffelben taugen nichts zu einem Bee
meife, Daf man in Tuln je einmahl einen bedeutenden
Haufenfang und Haufenbandel getrieben babe. Nah⸗
men ir dieſes für wahr an, ſo ließe ſich ſchwer erfla:
ren, wie der Abt Gozpert von Tegernſee, der zu der⸗
ſelben Zeit lebte und im Lande unter der Enns beträcht⸗
liche Güter beſaß, dem Grafen Meginhelm ſchreiben
konnte, daß er den Hauſen erſt durch deſſelben g Frey⸗
gebigkeit habe kennen gelernet ). Im vierzehnten
Jahrhundert kannte man dieſen Leckerbiſſen in Bayern
ſchon beſſer. Der Abt Bernhard von Alteich forderte
ſeinen Verwalter der Kloſtergüter in Oeſterreich auf,
ihm für die Faſtenszeit Hauſen zu ſchicken. Dieſer
antwortete ihm, daß bisher noch wenige dergleichen
Fiſche nach Oeſterreich ſind gebracht worden; aber un⸗
geachtet der Seltenheit und ihres hohen Preiſes cre
feine Wünſche dennoch erfiillet merden***),
*)Nad einer langen Reihe von Vorgisdero trat. 8 ein
ganz neuer Schriftſteller in ihre Fußſtapfen: Herr Ignatz
Rudhart, in ſeiner Geſchichte der Landſtaͤnde in Bayern.
Im Th. J. S. 16, geſchieht and nicht mit Einem Worte
eine Erwaͤhnung, daß man gegen den Landtag in Tuln mit
vollem Rechte manches einwenden koͤnne.
*x) Pez, Cod. diplom. P. I. p, 124. Vix potuimus ſcire,
quid else. pifces, quos Hufones nominant, nifi elemo-
fyna veltri. ;
#**) Pez, Lc. P. II. p. 213. Der Ubt Bernhard fohrieb: Ca.
rere non pofsumuns, quin. nobis Efoces quatuor: tranf-
mittatis. Unter den vielen Lateinifhen Nahmen des Hau—
ſens war einfteng auch Efox, welcher jebt einen andern
Fiſch bezeichnet. — Der Vermalter antwortete feinem Praͤ⸗
laten: Licet adhuc pauci Efoces ad Aufiriam fint dela-
ti... ideo nec pifcium raritas, mec pretii gravitas, nec
aliqua efficiet difficultas , quod veftrae contrarier volun-
ee 54 ] —-_-
Der Haufen murde immer, und dieß mit vollem
Rechte, unter die köſtlichſten Fiſche gerechnet. H. Ru⸗
dolph der Vierte ſchickte dem Papſte J Stnocenz , um
ibm ſeine Ergebenheit zu bezeigen, dergleichen Fiſche
von Oeſterreich nach Avignon, wo man zuvor noch nie
einen geſehen batte*). — Es iſt allerdings möglich,
daß man in früheren Zeiten auch in Oeſterreich einige
Hauſen gefangen habe; der Verwalter des Kloſters
Alteich ſagt jedoch nichts davon, ſondern bedient ſich
des Ausdruckes: Obwohl bisher noch wenige Hauſen
nach Oeſterreich ſind gebracht worden. Sie wurden
aus Ungarn nach Oeſterreich verhandelt, wovon in
mehreren Polizeyverordnungen über den Fiſchhandel
Erwähnung geſchieht, wie wir dieſes ſchon weiter oben
vernommen haben. Im ſechzehnten Jahrhundert und
in den folgenden Zeiten gehörte es zu den größten
Seltenheiten, wenn ein Hauſen in Oeſterreich gefan—
gen wurde **).
Nebſt den Hauſen wurden auch Häringe in Oeſter⸗
reich eingeführt, und von da noch weiter verfendet.
tati, — Ad in Defterreid wurde Der Haufen efox ge-
nannt. Dieß erbetlet aus der Zollverordnung H. Leopolds
fuͤr die Stadt Stein, apud Rauch, T. If. p.108: De
efoce integro. VIII denarios: De haufenwampe ITil Jde-
narios. — Von Wien aus wurde nad Venedig cin Handel
mit Haufen und Haringen getriében. Beylage Nro. LIII.
*)Edmundi Martene et Urfini Durand Thefaurus novus
Anecdotorum. T.II. p.g11. Der Papft danfte dem Her:
$0g: Ufones tuos, novum apud partes iftas genus pi-
fciùum,... eo gratius fufcepimus, quoexenii novitas et
— terrarum plus ſecum complacentiae afferebant.
€*) Fn dem Werfe des beruͤhmten Aldrovandus : De pifcibus,
edit. Bononieuf. 1658, L.IV. c. 12. p. 534. findet ſich fol⸗
gende Ynecdote: Memoria teneo, Antaceum (Hauſen)
duobus milliaribus fapra urbem inclytam Viennam cap-
tum pifcatoribus magno miraculo.
a 3 42 >
Dieſer Gandelsartifel fomnt in allen groferen Zoll⸗
ordnungen und in Hufigen Polizeygeſetzen vor, die
über den Handel i im Innern find erlaffen morden. Der
$. Albrecht der Labme bat in feinen Polizenverord:
nungen von gefalzenen und auch von ausgemafferten
Häringen Meldung gemacht*). Daf der Harings-
* „das Einſalzen, Packen und Verſenden dieſes
Fiſches viel älter ſind als man einſtens vorzugeben
pflegte, und daß Wilhelm Beukelſon nicht der Erfine
der, ſondern nur der Verbeſſerer der Kunſt des Eine
ſalzens der Häringe geweſen, haben mehrere Schrift⸗
ſteller mit überzeugenden Gründen dargethan**).
In dem Mautbprivilegium für die Stadt Wien,
von welchem mir oben ausgegangen find, mennt K.
Friedrich auch Was, Rauchwaaren und Felle vere
ſchiedener Thiere. Kupfer und Zinn, das von Ungarn
berauffam, mar zollfren; fubrte man e8 aber aus
Poblen herbey, fo mufiten vom Centner drey Pfenni:
ge bezahlt werden. Nach Oeſterreich brachte man fer
ner Schlachtvieh aller Art, auch geſalzenes Fleiſch
und Getreide; Oehl, Seife, Feigen und Obſt; Hül⸗
*) Ranch, T. HI, p. 71. Man ſol auch all haͤring geſalczen
oder geweſſert nynnder alſwo vail haben dann vnder den an⸗
dern fleiſch penckhen.
**) Sartorius, Geſchichte des Hanſeatiſchen Vundes. Th. I
E. 209; u. ti — Bilpelm Robertſons Geſchichte der Regie—
rung K Carls des Fuͤnften, uͤberſetzt von Julius Auguſt
Remer. Im fuͤnften Abſchnitt, wo vom Hanſiſchen Han⸗
del die Nede iſt, heißt ed: „Es iſt jetzt uͤberall als Irr⸗
thum anerkannt, daß der Niederlaͤnder Wilhelm Beukelſon
am Ende des vierzehnten Jahrhunderts zuerſt die Kunſt er—
funden babe, Haͤringe einzuſalzen.“ — Bey Rauch, T.IF
p- 108, kommen ſchon gu Ende des zwoͤlften, oder gleich
im Anfang Des dreyzehnten Jahrhunderts Haͤringe in Des
ſterreich vor: De namero allecium qui dicitur laſt, XL
denarios.
no 545 22
ſenfrüchte und verſchiedene andere Lebensmittel; end⸗
lich auch Pferde. — Da ſich dieſes Mautbprisilegium
mit der Aufzablung der verſchiedenen Waaren, die
nach Oeſterreich eingeführt wurden, nicht befaßt,
fondern den Boll: größtentheils nad Schiffs- und
Wagenladungen oder nad) Saumlaften beftimmt: fo
erſcheinen auch nur einige Benennungen der vorziige
lichſten ausländiſchen Handelsartikel. Das Verzeich⸗
niß derſelben kann aus andern älteren und jüngeren
Urkunden noch ſehr vermehret werden *).
Gold in Oeſterreich einzuhandeln hat H. Leopold
1192 den Regensburgern erlaubt, den Ankauf des
Silbers aber unterſagt. Nach acht Jahren bat er al:
len ausländiſchen Handelsleuten auch den Ankauf des
Goldes verbothen, und ſeine Nachfolger i in der Regie⸗
rung haben dieſes Verboth bis in die neueren Zeiten
herab erneuert **), Edle Metalle durfte jedermann
nach Oeſterreich bringen, aber ſie niemanden als nur
ganz allein der herzoglichen Kammer, zu der auch die
Hausgenoſſen oder Münzer gehörten, verfaufen.
Dieſe Anordnung wirkte deſto verderblicher auf den
Handel und gab deſto mehr Gelegenheit zu häufigem
Hieher gehoͤren die alteſten Zollverordnungen der Herzoge
Httokar und Leopold fur die Negensburger von Den Jabren
\ 2190 Und 1192; H. £eopoldg Forma minoris mutae in
Stein, apud Rauch, T.IL p.106— 109; die Waſſer⸗
mauth der Stadt Heimbura , Lc. T.I. p. 206. Fn diefen
uUrkunden werden haͤufige Waaren genannt, mit welchen
im zwoͤlften und dreyzehnten Jahrhundert in Oeſterreich
Handel getrieben wurde. Bon dem Handel mit auslindi:
ſchen Producten waͤhrend des fuͤnfzehnten Jahrhunderts
gibt uns die Beylage Nro. LITI. manchen erwuͤnſchten
Aufſchluß.
**) Rauch. T.IIT. p.52,101, und in vielen anderen Stellen.
Aehnliches findet ſich auch bey Guarient.
22 344 DIES
VBetrug und gu. Umgehung der Geſetze, da die ſchäd⸗
lichen Privilegien der Münzer viel zu lange während
des ganzen Mittelalters beſtanden haben. Diefe Pri⸗
vilegien räumten ihnen das Vorrecht ein, Gold, Sil—
ber und alte Münzen einzukaufen und Geld zu wech⸗
ſeln, wobey es größtentheils der Ehrlichkeit oder
Willkühr des Münzmeiſters und ſeiner Genoſſen
überlaſſen blieb, den Preis der Metalle und der alten
oder fremden, in Oeſterreich nicht gangbaren Mina
zen gu beftimmen*).
Aus dem, was wir bisher vom Handel in Oeſter⸗
reich unfern Lefernsaus unverwerflichen Urfunden mit=
getbeilet baben, erbellet deutlidy, daß fich die merfan:
tilifchen Begriffe derfelben Zeit noch nicht viel uber
ibre erfte Kindbeit erboben haben, denn alleò, mas
den Handel betraf, berubte nod auf Privilegien, auf
unfeligen Stapel= und Meilenrechten und auf der
moglichften Hintanbaltung Aller, die nicht das Glück
hatten, Mitglieder einer Brirgergemeinde in landes=
fürſtlichen Stadten oder Marften zu ſeyn. Nur Giinft:
linge oder ſolche, welche Vermögen genug befafen
um ſich cin koſtbares Handelsbefugniß Faufen ju kön⸗
nen, durften im Handel mit den Bürgern gleichen
Sdritt halten. War einer irrigen Meinung zu Folge
durch baufige Zollftationen fur eine reichliche Aus—
beute des Landesfürſten, und durch Monopolien für
‘einen muthmaßlich boben Gewinn der Bürger gefor:
get: fo glaubte man für den Handel ſchon genug be—
foblen und geleiftet zu baben; höher fonnte fid die
Handelsweisheit des Mittelalteré nicht aufſchwingen.
Ganz anders verhielt es ſich mit dem Handel gro⸗
ßer Reichsſtädte und aller derjenigen, die dem Hanfeae
.) C£. Herrgott s Nummotheca. P.I, p. 254 — asd;
co 545 ce
tiſchen Bunde cinverlcibt maren. Freyheit der Pero:
men, Sicherheit des Eigenthums und die möglichſte
Beförderung und Ausbreitung des Handels waren die
erften und vorzüglichſten Gegenſtände, auf welche die.
VBurgergemeinden ibr Hauptaugenmerk richteten. In
dieſen Städten wurde der Handel nicht mit Engher—
zigkeit und neidiſcher Eiferſucht alb ein Erwerbzweig
einzelner begünſtigter Bürger, ſondern als Gemein⸗
gut des ganzen Bürgerſtaates angeſehen. Daher kam
es auch, daß die Magiſtrate derſelben mit benachbar⸗
ten und auch weit entfernten Ländern Handelsverträge
abſchloßen, oder auch um große Geldſummen der Bür⸗
gerſchaft ſehr vortheilhafte Handelsprivilegien in dens
ſelben verſchafften. Der Gemeingeiſt in dieſen Städten
ging fo weit, daß die Bürgerſchaft einzelnen Kaufleu⸗
ten ſogar den Schaden erſetzte, den ſie auf fremdem
Boden durch Kriege, Fehden oder Räubereyen erlit—
ten haben. Eine Beleidigung eines der Mitbürger ward
für eine Beleidigung der ganzen Stadt angeſehen und
blutig gerächet, wenn nicht eine zu große Macht des
Gegners auch die —— Rache zurückhielt. Wäh⸗
rend die meiſten Landesfürſten dem Handel ihrer Un—
terthanen durch verkehrte Maßregeln und mancherley
Mißgriffe Einhalt thaten und mit ewiger Geldnoth
qu kämpfen batten, blühte der Handel in den freyen
Reichsſtädten und in den großen Städten Italiens
herrlich empor, und in ihren Gemeinden häuften ſich
ungeheure Schätze und Reichthümer an. Nur die Bates
ger diefer Stadte baben die Grundſätze des mabren
Handelsgriftes aufgefafit und denfelben gemäß Ges
ſchäfte unternommen, die unifre Bemunderung vers
dienen. Deſto auffallender erſcheinet die Unbehülflich⸗
keit vieler Fürſten im Mittelalter, die ſich darauf nicht
verſtanden, das gegebene Beyſpiel sn grofien Handels⸗
eo 540 es
ſtädte nachzuahmen, fondern vielmehr ihre Untertha-
nen abhielten, die ſchon betretene Bahn zu verfolgen,
und ſich aller möglichen Handelsvortheile nach dem
Muſter berühmter Städte theilhaftig gu machen *).
Zum Beſchluße der gegenwärtigen Abhandlung
muß noch bemerkt werden, daß man ſich in Deftere
reich mehrere Jahrhunderte hindurch des Wortes:
Arbeiten, bediente, wenn vom Handel die Rede mat.
Die Burger arbeiteten mit Salz, mit Woein und mit |
verfebiedenen anderen Waaren, das beift: fie trieben
Handel damit **). Und weil die Bürger das ausſchlieſ—
fende Recht, ſich durch Handel ju bereichern, ganz ale
lein befafien, dagegen aber auch dem Befteurungs:
rechte der Landesfiirften unterlagen, und aud für die
Erbaltung und. Vertheidigung ibrer Stadte forgen
mufiten: fo mar die Verfügung gewiß ſehr billig, daß
Alle, die in Städten das Bürgerrecht erhalten und
Handel treiben wollten, verpflichtet ſeyn ſollten, die
allgemeinen Laſten der Stadt mittragen zu helfen,
worüber ſich viele landesfürſtliche Befehle in den Ure.
Anſtatt vieler einzelnen Beweisſtellen fuͤhren wir nur ein
Paar Werke an, die das Geſagte vollkommen bekraͤftigen.
Geſchichte des Hanſeatiſchen Bundes von Sartorius, und
Regensburgiſche Chronik von Gemeiner,
*) Haͤufige Urkunden enthalten den Beweiß davon; mehrere
derſelben ſind auch im gegenwaͤrtigen Buche aufgefuͤhrt. Der
H. Albrecht ſagt in einem Privilegium fuͤr Linz im Jahre
1590: „Daz nu fuͤrbaz kain vnſer burger, noch nymand
anders daſelbs ze Lintz, wer der iſt, weder mit wein, noch
mit Saltz nicht aribaiten ſol noch muge in dhainer weis, er
hab dann daſelbs ain aigen Haus. — Diefer Ausdruck
wurde auch im Lateiniſchen beybehalten. Bey Rauch, T. II.
p. 93, fagt der È. Caſimir von Pohlen: Ciues noſtri Cra-
couienfes ac alii de regno noſtro polſint et valeant ad
praedictum ducatnm auftrie, et A pecialiter ad ipfam ci-
uitatem Wiennenfem laborare.
ses 54T —
chiven der Städte noch vorfinden *). Sogar die erſte
Magiſtratsperſon, der Stadtrichter, — die Bürger⸗
meiſter wurden ſpäter eingeſetzt — war davon nicht
ausgenommen *).
Dergleichen Befehle haben sorgiiglith den Adel
getroffen. Grafen, Barone und Ritter kauften fi
Hdufer in den Städten, nicht um Handel zu treiben,
was fie cinftens entebret haben mirde , aber theils su
ibrer Sicherheit, um zur Zeit eines Krieges oder ei⸗
ner Fehde einen ſichern Zufluchtsort für ihre Fami⸗
lien und beſſern Habſeligkeiten zu haben, theils auch
gu ihrem Vergmigen, Ungeachtet ſie nun Beſitzer bür—
gerlicher Häuſer waren, wollten ſie dennoch zu den
Bedürfniſſen der Stadt nichts beytragen, und entzo—
gen ſich allenthalben den gemeinſamen Laſten der Bür⸗
ger, mit denen ſie doch die Vortheile des Stadtlebens
genoßen. Dieß gab zu häufigen Klagen der Bürger
und zu oft wiederhohlten Befehlen der Cognento
*) Wir Alber vnd Ott. von Gots gnaden pergola —
ſterreich ze ** vnd ze Chernden Tun chuͤnt offenlich, mit
diſem prief, daz wir wellen, wer der iſt, der vnſer Stat
ze Lyntz Statrecht haben wil, vnd da mit arbeiten wil, als
ander vnſer Burger daſelbs, daz auch der, mit vnſern VBure
gern trage, vnd leide, an ſtewr vnd an andern ſachen, als
ander vnſer Burger, Tet er dez nicht, ſo ſol er ouch der Stat
recht, daſelbs nicht haben. Mit vrchunde dig priefs . Der
geben iſt, ze Wienn, an ſand Andres tag (den 30. Noe
vember) Anno domini M. CCC. XXX. Sexto.
*) Wir Abredt...thuen khundt, bag wir wellen, ſwer vnſer
Richter iſt ze Wellß, Das der mit der Stat vnd mit den
burgern daſelbs ze Well diennen foll alè ein ander burger.
Mit vrchund dits briefs geben je Wellß am Eritag vor vnn⸗
fers berrn leichnamstag (am 5. Junius) Anno Domini
Millefimo trecentelimo quinquageflimo fecundo. — Die:
fen Befebl ernenerten Albrechts Nadfolger: H. Rudolph
1559, Und 5. Albrecht 1395.
Anlaß: Abgaben und andere Leiftungen in Städten
follten ohne Unterſchied der Perſonen auf den Haus
fern baften, und in Rückſicht der Hausbefiger feine
Ausnahme geftattet werden, Bey fortdauernder Wi⸗
derſetzlichkeit des Adels kam es endlich ſo weit, daß
den Bürgern verbothen wurde, künftig einem Adeligen
ein Haus in einer Stadt ju verkaufen. Der Adel bee
quemte ſich zuletzt, der unausweichlichen Nothmenz
digkeit zum Theile nachzugeben, und die Bürger, ih—
res Vortheils eingedenk, erhoben keine Klagen dage—
gen, daß der Adel fortfuhr, ſeine Häuſer in Städten
mit Bewilligung des Landesfürſten von mancher bür—
gerlichen Laſt zu befreyen. Der Handwerker und
Kaufmann konnte bald die Bemerkung machen, daß
die Anweſenheit eines begüterten Adels ihrer Stadt:
gemeinde mancherley Vortheile gewähre und die Ab—
nahme ihrer Fabricate und Waaren befördere. Dazu
kam noch, daß es ein Raubritter, der ein Haus in der
Stadt beſaß, in welchem ſich ſeine Familie oder koſt—
bare Habſeligkeiten befanden, nicht leicht wagen durf⸗
te, Die Kaufleute derſelben zu plündern. Der Adel
hörte auf, den Bürger zu verachten, und gewöhnte
ſich in Städten an ein geſelligeres Leben; und die
Bürger beeiferten ſich, durch eigene Runfterzeugniffe
und Herbenfhaffung ausländiſcher Waaren den Gro—
fien des Landes den Aufentbalt in ibrer Mitte mög—
lift angenebm zu machen. So murden Runfifleif
und Handel befordert.
AO [ —
Biglage Nro. ti.
$. Dito befieblt, die Buͤrger von Enns in Gre 4 zu *
trachtigen. 1336. Aus dem Original:
ir Dt von gotes genaden ... Enbieten vnffern
getremn dem Richter vnd dem Mattter ze Ms vnffer
gnad und alles gut. Wir wellen und gepiefen em ernſt⸗
leich nd veſtichleich bei vnſſern Hulden, daz ir von den
Newn vaffen, die vnſſer puriger von Enns. binab i in daz
leſen furent, chain Mawt nempt nod mit nichtew
weſweret, vnd auch weleiben laſſet an allen ſachen bei
irn altten rechten, des ſie preff Und vrchund von vnſ⸗
ſer vodern felign habent. Des wellen wir nicht en⸗
pern. Geben zu Steir an fand Mathias abent Anno
MCCCXXXVI.
Zwey andere aͤhnliche Befeble. Ud. S:
‘Wir Alber. .enbietn vnffern getremn Nuedolffen
von Lyechtenſtain vnd feimem vettern Nuedolff Otten
von liechtenſtain vnſſer gnad vnd alles gut. Wand vnf:
fer Puriger ze Enns alle di recht habend, di vnſſer Pu⸗
riger ze Steir habend, wellen wir vnd enphelichen ew
ernſtleich, daz ir diſelben vnſſer Puriger ze Enns bei
den rechten an der Mawt ze Cheezlingen weleiben laſ⸗
ſet di vnſſer Puriger ze Steir da habent vnd ſi nicht
verrer nöttet. Mit vrchund des brieffs geben ge wienn
am Eritag vor dem Auffert tag Cam adten Man)
anno MCCCXLVMI.
ar 352 -n®
Wir Albrecht enbieten unffern getremn Arnolten
und dem Wucherlein vnſſern Mamttern ju Ratene
mann (Sic) ynffer gnad und alles gut. Wir gebieten ew
vnd mellen ernſtleich, daz weder ir noch ewr Anwalt
vnſſer getrew die chawffläwt von Enns nicht irret an
der Mawt ze Trieben, vnd ſew weleiben laſſet bei der
gwonhait vnd dem rechten, als ſie herchomen ſind.
Tät ir icht anders, daz war ganczleich wider vns.
Gebn zu Lynez am Eritag vor Sunewenden (am 17.
Junius) anno MCOCOXLVIII.
Der H. Rudolph bat 1358 dieſen Befehl erneuert.
n — è © » © ©
4 Beylage Nro. II.
Der H. Albrecht fordert die Staͤdte ob der Enns auf, ihm Bee
richt zu erſtatten, welcher Straßen ſich bisher die Pettauer be⸗
® dienet paben. 1368. Aus de Codex von Seitenftetten.
Mi Albrecht von gottis genaden Hertzog Zu Oſter⸗
reich. Empiten vnnſern getrewen Richttern Räten
Vnd den purgern gemainiglich in allen vnnſern ſteten
ob der Enns vnnser genad vnd alles gut. Es ſind für
vns kumen Die purger von pettaw, Vnd haben vns
geſagt, Wie ſie von altter herbracht haben, Das ſie
Ir kaufmonſchafft von weliſchen lannden füren ſullen
vber den karſt Vnd pey der Tre (Go; fpaterhin heißt es im:
mer Tra) gen Vngern hinwider gen Walhen. Da ent⸗
gegen haben wir verhört vnnser purger vnd kaufflewt
zu wienn vnd ander vnser ſtet in ſteyr, dy ſprechen
vnd haben vns beweiſt vor vnsern Hern, Das die ege⸗
nanten purger von pettaw dieſelben ſtras nicht Recht
haben zu uarn. Wann ſoltten ſie dy varn, Das wer
vns an vnſern embttern vnd auch an vnſern land vnd
ee 35535 —--—
lewtten groſß ſchad. Nur allain die ſtet pen derTra(fc),
Die follen füren Sr kauffmonſchatz pen der Tra, vnd
quod) nicht mer, Dann fi dem lannd.zu frener verfaufe
fen mugen; Vnd mas fie in dem land ju Steper nicht
verkauffen mugen oder enmellen, Dad fullen Sie fi:
ren die ober ſtras gein Gudenburgh vber den pergkh,
der da Baiffet der femering, die gerechtten firas gen
ivienn. Dauon empbelben mir em gar ernſtlich Vnd
mellen, das Sr vns miffen laffet, mwes Sr darumb
gedencket, Vnd was darinn nuez oder ſchad ſey, und
uns auch das zu wiſſen thut vnd verſchreybt an ewern
offen brieff bey ewern trewen. Geben zu Wienn am
phintztag nach ſand Jacobs tag (am 28. Julius) anno
etc. LXVIII.
Antwort der Stadt Enns.
Dem Edeln Hochgeporen furſten Vnſerm Lieben
genedigen Hern Hertzog Albrechtten Zu Oſterreich,
zu Steyer, zu kernden vnd zu krain, Graff zu Ty—
roll, Empiten Wir, der Richter vnd der Rat vnd die
gemayn Der Stat zu Enns vleiſſiglich vnſern dinſt
mit gantzen Trewen. Genediger Herr, Als Ir vns
vnd andern Ewern Steten Ob der Enns geſchriben
habt von der petauer wegen vmb die Stras von vene⸗
dig. Thun wir ewern furſtlichen genaden zu wiſſen,
Das mir all vnser tag des gedenckn, Das alle weli⸗
ſche Sab von Venedig herauß komen ift Durd den ka—
nal und durd den Nams, vnd nye vber den karſt,
Vnd auch fuppffer vnd zyn vnd quedfilber Zu aller
zeyt von wienn gen venedig vber den Semering ge⸗
gangen iſt, Vnd alſo nicht dann nur allain die petauer
mugen vben den karſt vieh treibn, Ochſſen, ſchwein
und ſchaff, Vnd herwider aus vber den karſt mugen
ſie gefüren Rainual (ein Wein), der hieuor Wechſt,
25
n 554 < deu
vnd chain ander Welſche hab nicht, Vnd ſie auch, die⸗
ſelben petawer, zu allen Zeytten von beſundern vr
laub vnd gunft geuaren baben in Emern Landen al-
fo, das fie an die maut gen Sand Vent fumen Muef:
fen, Sp füren auf waffer oder auf lande. Vud das
fagen mir pen vnſern tremen, Das mir des alfo von
altter her gedenden. Verfigelt mit vnßer der fiat auf:
gedrucktten Gufigl.
Pit den naͤmlichen Worten erſatteten ihren Be⸗
richt and) die Städte Linz, Wels, Steyr und Frey:
ſtadt. Gmunden und Vöcklabruck murden nicht be:
fragt. — Nach diefer vorausgegangenen Unterfus
chung erfolgte cin Befehl des Herzogs:
„An die Städte in Steyr, Karnthen und Krain.
Wir laſſen euch wiſſen, als Ir vns Empoten
habt, wes die Stet in Steyer, vnd in kernden vnd Sn
krain Recht habend, Des wir vns erfarn haben, Das
die ſtet in krain mit Irem vich vber den karſt gen vene⸗
dig mugen arbaiten (handeln), Aber kain ſchwere
Hab, die von vngern kumbt, als kuppffer, waxs 20. 20.
(Sc) ſullen ſie nicht vber den karſt füren. Vnd ſullen
heraus nicht mer kauffmonſchatz furen⸗ Dann yede
Stat bedarff, Vnd fol auch nicht Sen (Sc) vngern
gefurt werden. Vnd mas ſie vbrigs vber pede Stat
notdurfft furen, Das ſullen Sie heraus vber den Se—
mering furen vnd das verkauffen, wo ſie es zu Recht
verkauffen ſullen.
Vnd ſullen auch alle ſtet in kernden der Tra nach
gen venedig arbaiten mit Irem vich, aber chain ſchwere
hab als kuppher, wars ꝛc. 20. Die von vngern kumbt,
ſullen ſie nicht furet, Sy furen ſie dann vber den Se⸗
mering, Darüber die ſelb ſchwer hab von recht geen
ſchol. Vnd ſol yede Stat heraus von venedig furen
als uil, als ſie bedarff, Vnd was ſie vbrigs furen,
n 555 ne
das follen ſie vber den Semering furen vnd verfauf:
fen, wo fie es zu Recht verfauffen fullen; Aber an das
vngriſch fol die felb kauffmonſchatz nicht komen.
Item alle Stet in Steyer ſullen mit Irem viech
gen venedig arbaiten der Tra vnd der Mur nach, (nach)
heder ſtat gelegenhait, Uber cain ſchwere hab ſullen
ſie nicht furen, die von vngern chumbt, Dann ſie fu:
ren ſi vber den Semering, darüber ſie zu Necht geen
ſchol, Vnd yede ſtat ſol Ir nottdurfft gen venedig fu⸗
tem, vnd das die ſelb chauffmonſchatz nicht gen vngern
fum, vnd das vbrig vber Ir nottdurfft fol vber den fe
mering beraus fumen als vor benannt iſt
Item beſunderlich die ftat pettato (mag) mit Irem
vied mad der Mur gegen venedig arbaiten, Aber
cain ſchwere hab von vngern fullen fie furen Dann
vber den femering als uor, Vnd follen auch beraus
nicht mer furen, Dann Gr nottdurfft, Bud das die
felb chauffmonſchatz nicht gen vngern fom. Furtten ſie
aber Vbrigs, das fie auch vber den Semering furen
als vor bertirt iſt. — Ohne Datum.
Unmittelbar nad) diefem berzoglichen Befehl ent
balt der Codex Folgendes: >
Vermerdt, mp fid die von Wienn mit Der Hut baltten follen
auf dem farft. î
Item e8 fol nyemant farn mit fainerlai kauffmon⸗
ſchatz von pettam gen venedig, nodi von venedig gen
pettam., mod) von pettaw gen vngerit. Wo man das
anfumbt, bas mag mon ſicherlich anuallen, Es fen
Innerhalb pettam (oder) auff der firas, die von fens
firig gen pettam geth. Sfem und ob pemant Fauffinone
{Mag von venedig heraus furet, oder von Soders*),
%
* Soderè, Saders, Suders, ift Bara in Dalmatien.
———
A 550 uo
oder von. Zeng, oder von allen welliſchen Lanndn;
welcherlai kauffmonſchatz das mere, Das mag mon
freyhlich amuallen Zu obern leybach oder zu nydern
lepbad „oder mo das mere.
Item Es fol auch kain gaft weder von vngern
mod von pehen (lch, noch von polan mit ſeinem
wechſſel die Straß kaine Hin ein nicht varen oder
reytten, Es ſey ſilber oder ander wechſſel. Wo mon
das ankumbt, das mag mon freyhlich anuallen.
Item es mag auch yede Stat danne gearbaiten
mit getraid, mit viech, mit Ranual (fc) oder mit an⸗
derm Wein, Gin frat oder marckhe zu der andern, als
uil vnd Ir nottdurfft iſt.
Item es mag auch ein yeder mon varen mit ge⸗
wand von einer ſtat oder marckh zu der andern.
Item es ſol nyemant von vngern gein venedig farn
mit wachs, kuppffer, Queckſilber, Hewtten, Noch mit
gewand vber den karſt. Auch wiſt, Das es den von
wienn vnd den von der Newenſtat auch verpoten iſt.
— —— — — — —— — —— — — — —— — ——
Beylage Nro. III.
H. Albrecht tveifet den Kaufleuten die Straßen an, auf welchen
fie nach Venedig und wieder zuruͤck reifen follen. 1386.
Aus dem Seitenft. Coder.
Bi Albredit von gots genaden Hertzog zu Offer
rei... Empieten vnferntieben getremen, Dem bur—
germaiſter, Dem Richtter vnd dem Raft vnd den
purgern gemainiglic ju wien vnser genad vnd alles
gut. Wir laſſen euch wiffen, das mir die Straffen von
venedig vber den karſt, Ynd alle ander vngewonlich
Stras abgenomen baben, Vnd meinen, das die firas
gein Venedig vnd heraus fur. Billadh ond vber den
{ neo 355/ —-@
Semering außher Richts (Sic) gein wienn als uon
alltter berfomen ift, Aufigenomen vnser fünff Stet
ob der Enns *), Die vber die Zenrid varen mugen
nach Grer brieff laut. Dauon'emphelben Wir euch
ernſtlich vnd wellen, das. Sr das Alles auch alfo bal:
det, Bud all annder firas verpiettet vnd werett. Vnd
wo darüber dhain chauffmonſchatz gefüret wurde , das
Ir dy nemet guonfern hannden. Yann mir das ernſt⸗
lich mainen. Geben ju pogen an Sand Niclas tag >
(am ſechſten December) anno domini MCCC vnd Im
LXXXVI. Jare.
—— — — — ——— —
Beylage Nro. IV.
H. Albrecht befiehlt, daß alle verbothene Waaren, die nad
Pettau gefuͤhrt merden, ohne Ruͤckſicht auf den Eigenthuͤmer
gu nebmen, follen — werden. 1389. Seitenſt.
oder.
Mi albrecht von gots genaden Hertzog gu Oſter⸗
rei... Empieten vnſern Lieben getrewen, vnſern
ambtleuten in Steyer, in fernden, in frain, Vnd allen
andern ynfern ambtleuten, Landbern vnd Nittern vnd
chnechten, phlegern, purdfgraffen, Richttern, Maut—
tern, zolnern vnd andern vnſern vntterdanen, Den der
brieff gezaigt wirt, vnser genad vnd alles gut. Wir
gepieten euch ernſtlich, Ob hyemant were, er wer Landt⸗
mon oder gaſt, der verpottne kauffmonſchatz gen Petaw
*) Aud hier werden Voͤcklabruck und Gmunden nicht zu
den freyen landesfuͤrſtlichen Staͤdten gerechnet; deſſen
ungeachtet durfte Gmunden doch nach Venedig handeln,
denn die dortigen Buͤrger haben dieſelbe Urkunde er—
halten, die in der Beylage Nro. VI. ſteht. Das Nim-
lie gilt aud von den uͤbrigen Stidten.
eco 358 «sibi
+
gefüret hiet oder noch füret wider vnser gepot, das wir
darauff geſchafft haben ze thun, Das Ir die mitſambt
derſelben kauffmonſchatz auffhalt, nyderlegt vnd hefftet
gu vnſern bannden vntz an vns, vnd des nicht laſſet,
Wann wir das gar Ernſtlich mainen, aufgenomen
den purgern von petaw Ir ſelbs nottdurfft zu wienn,
Das wir In gern gunnen, Als auch vnſern ſteten
und mercktten erlaubt. Geben ju wienn, an Sun⸗
tag fand Jacobs tag (am 25. Julius), anno domini
MCCCLXXXVIIII. i
— —— — — — — —— —— — ——— —— —— ——
Beylage Nro. V.
H. Albrecht verleihet der Stadt Graͤtz auf ſieben Jahre ein
eingeſchraͤnktes Stapelrecht. 1393. Seitenſt. Coder,
Wi Albrecht von gote genaden Hertzog zu Oſter⸗
reich.. Bechennen fur uns ond fur vnser Lieben vete
tern und erben, Das mir angefeben vnd betracht haben
Die mercklichen vnd manigfaltigen gepreftenz So yne
Ser Stat vnd purger zu Gretz anligund find, Vnd da:
durch, das diefelben vnſer purger smuerdorben pleiben
und binder vns gefiben mogen, haben mir under ege⸗
nanten fiat gu Greg und auch dem Richter vnd dem
Rat vnd den purgern dafelbs Die genad gethon vnd
thumauch mwiffentlich mit dem Brieff, Das ſy dafelbs gu
Gre dy nachſtkunfftigen ſiben Jar * einander, vnd
nicht lenger, cin niderleg haben ſullen In Solher mas,
was man hab, guts vnd kauffmonſchatz da durch Hin
ab an die Marckh (vnd) herauff in vnser land gen
Steyr fürtt, Das mon die alle daſelbs zu Greg nider⸗
legen, vnd das damit werd gebandelt mit verfauffen
vnd andern Sachen, Als folber nyderlegung Recht ift,
Doch der niderlegung vnser ſtat hie zu wienn vnd der
2 359 XR
ſtraß gein Venedig an allen Iren Rechtten gantzlich
vnſchedlich. Dieſelben vnser purger zu Grätz Sullen
auch die egenannte sent Die verpoten Stras vber den
farfi, Vnd die Straffen vber defi Hardperg gen petaw
vnd in die Marckh behuten vnd beſorgen, So peſt Sie
mugen nach Iren trewen an geuärde, Das die nyemant
var noch arbeyt. Wer aber, das ſie auf Denſelben
Zwain verpoten Straſſen icht venediſche hab oder
kauffmonſchatz ankomen, Die mugen ſie wol vnd
freylichen zu vnsern vnd der Stat hannden nemen vnd
anuallen. Sie ſollen auch dieſelbn ſiben Jar kainen
gaſt von hungern, Der mit ſeinem kauffmonſchafft (Sic)
gen wienn, vnd wider von dan gen hungern wolt varn,
gen Graitz (fic) nicht noten zu uarn. Darumb emphel⸗
hen wir vnſern getrewen vnd lieben Hertneiden von
Lichtenſtain, vnſerm Haubtmonen in Steir, oder wer
vnſer Haubtmon doſelbs iſt, Vnd wellen Ernſtlich,
Das (ſie) die obgenanten vnßer purger pey diſer vnser
genad vmb die niderlegung Das vorgenant Zill auß
(nämlich ſieben Fabre hindurch) veſtiglichen beſchir—
men vnd haltten von vnſern wegen, Vnd nicht ge⸗
ſtaten, Das Gn da wider Imant (Gc) kain Irrung
oder pewegung thue in chain Weg Datum zu wienn
an frentag vor lichtmeß (am 31. Sanner)y | anno do-
mini MCCCLXXXXIII. —
———— ——— —— — ⸗
Beylage Nro. VI.
H. Albrechts Verordnung uͤber den Handel in Oberoͤſterreich.
1572. Us dem Original.
MB, Albrecht von gots gnaden Hertzog ze Oeſter⸗
reich ze Steyr ze Kernden vnd ze krain Graf ze Tyrol
Tun kunt, Wan wir wol beweiſet ſein, Daz man auf
ne. 3600 ue
den Gewmarkten ob der En, in den Dorffern und
bey den kirichen, Dain kaufmanſchaft haben fol, der
alain auf redten Merkten vnd kirichtagen, do das von
alter ber beſchehen ift, Vnd daz man alle faufimane
ſchaft in vnſern Stetten ob der Ens haben, kauffen
und verfauffen fol, Dauon durch befundern frumen
derfelben vnſer Stette wellen mir, und mainen ernſt—
lich, daz furbaz auf dem Gem, noch vor den kirichen,
kain faufmanfdaft vayl gehabt merde, vnd daz man die
alain in vnſern Stetten ob der Ens kauff vnd verkauffe,
vnd nicht anderſwa, an geuer, auſgenomen alain ſolich
koſt, die man ezzen vnd trinken fol, vnd die man allent⸗
halben vail haben vnd verkauffen mag als das von alter
ber komen iſt. Wir wellen auch, daz nyemant vber die
zeirek gen Venedi arbait noch kaufmanſchaft füre, nur
vnſer egenant Stett ob der Ens, vnd auch die, den wir
das mit vnſern beſundern offnen briefen gegunnen vnd
erlaubt haben. Davon gebietten wir vnſerm Houbt⸗
man, vnſerm Lantrichter, vnd allen andern vnſern
amptleuten vnd vndertanen ob der Ens, den diſer
brif getzaigt wirdt, Daz ſi vnſer Stat ze Eng, ond alle
ander vnser Steet ob der Eng ben denfelbeniren Ned:
ten, nd vnſern gnadn veſtiklich balten, vnd in daran
keinen ingriff von nyemant tun, noch beſchehn lazzen,
in dhainen weg, Mit Vrkund ditz briefs, Gebn ze
Wienn, an Phintztag nach fand Thomas tag des zwe⸗
lif botten (den 23. December), Nach kriſtes gepurt
dreutzehnhundert iaren, darnach in dem * vnd Si⸗
bentzgiſten Jare.“
Eine wörtlich gleiche Urkunde von bla demfelben
Tage bat auch Linz erhalten, Von den übrigen Stade
ten Oberoſterreichs darf alfo das Nämliche ohne allen
Zweifel vorausgeſetzt werden,
— 361 «—--
Beylage Nro. VII.
H. Mbredt erlaubt der Stadt Linz einen 304. 1369. Aus
dem Riedecker Coder,
Bi Albrecht von Gottes genaden Herbog... Bes
khennen vnd thuen fhundt offentlich mit difem briefe,
Wann mir moll und Aigentlich bemeifet ſein, daß vnſer
Statt zu Long an Thuernen vnd Mauren, an graben
vnd an Undern werlichen Pauen Bey Langen Zeiten
bero großlich Abgenomben vnd zergangen fei, So ve.
rer man ir khürzlich nit zu hülffe khommet, das denne
daßelb Pamgar sergee undnidergelig, Vnd mann das —
vnß, Landt vnd Leutben gar ſchedlich were, Darnad
alß dieſelb vnſer Statt an vnſern gemerken gelegen iſt.
Darumb nach gueter vorbetrachtung, vnd zeitigem
Rathe vnſers Raths, haben wier den Burgern derfele
ben vnſer Statt gegunnen vnd erlaubt, gunen vnd er:
lauben auch mit füerſtlicher Macht, das ſie daſelbs zu
Lyntz ain Zoll haben vnd Aufnemen mügen, Auf waſ—⸗
ſer vnd auf Lande, In ſolcher maſſe, alß hienach be—
ſchaiden iſt, von Jedem fueder weins, zwelf phenning,
von dem Dreyling weins, Acht phenning, von ainem
muth Khorns, zween phenning, vnd von Jedem Roff
zween wienner phenning, vnd ſollen denſelben zoll da
haben, einnemben vnd veſſen, vntz an vnſer, oder vnſers
Lieben Brueders hertzog Leopolts widerrueffen *).
Waß auch dauon geuellet, das ſollen ſie mit ainer
) Buvor mar es Sitte, daß alle Privilegien auf ewige
Zeiten ertheilet wurden, wenn ſie gleich ſehr oft wie—
der ſelbſt von den Ertheilern gebrochen oder aufgeho—
ben wurden. H. Albrecht der Dritte fing an, behutſa⸗
iter zu Werke gu gehen, und fegte gewoͤhnlich bey:
Bis auf Unfer oder Unferer Erben Widerrufen. Seine
Nachfolger ahmten fein Beyſpiel nad.
—R 362 n
gueten Khundſchafft vnſers haubtman ob der Ennf,
wer der Je zu den Zeiten iſt, Anlegen vnd begehren
zu dem Pau der egenanten vnſer Statt, an Thuernen
vnd Graben, an Mauren und an ander merli Pau,
da es allerNotduerfftigift ift, Une geuer. Darumb
gebiethen wir allen... Geben zu mienn, Un Sannt
peters und St. Pauls Ubent der heyligen zwelfpoten
(am 28. Junius) Nach Ehrifti gebuert drepzechen
i bunbert Sars darnach in dem Neun und SUSA
Gare.
Im Jahre 1477 ‘enfant È. Friedrich der Stadt Linz
einen Weinzoll.
_ Bier Friderid von gottes. genaden Römiſcher
khayſer ... Befhennen, das wir vnſern getreuen lie—
ben N. dem Richter, Nath, vnd onfern Burgern zu
Lyng die funder genad gethan, vnd Inen erlaubt vnd
vergunnet haben wiſſentlich mit dem brief, das Sy
nun hinfüran, vntz auf vnſer widerrueffen, verrer
geſchäfft vnd Beuelchen, zu behüettung onſers gſchlos
zu Lyntz, von Aim Jeden Dreyling wein, ſo daſelbs
für Lyntz gefüehrt wierdet, zwen vnd dreiſſig Pfening,
vnd von dem mehrerm vnd myndterm Panndt, auch
nach derſelben Anzahl, daſelbs zu Lyntz, zu Auflag
nemen mügen. Dauon gebieten mir allen... Geben
zu Wienn, am Mitwochen vor Sand Margrethen |
tag (am neunten Julius). Nach Criſti gebuerth vier⸗
zechenhundert vnd im Siben vnd fibenbigiften....
— 565 --
Beylage Nro. VIII.
5. Rudolph IV. beſtaͤtiget den Buͤrgern von Freyſtadt alle
aften Privilegien uͤberhaupt, nahmentlich aber K. Rudolphs
Stapelrecht. Am 2. October 1359. Aus dem Riedecker
Coder.
Nos Rudolphus Quartus. Dei gratia Palatinus
Archidux Auftriae. Stiriae et Carinthiae. Princeps
Sueuiae et Allatiae. Dominus Carniolae. Sacri Ro-
mani Imperii Supremus Magifter Venatorum. Vni-
uerfis et lingulis praefentibus et futuris ad quorum
notitiam praefentes deuenerint in perpetuum uolu-
mus efse notum, quod accedentes ‘ad noftri principa-
tus praefentiam fideles noſtri, dilecti Ciues noftri de
Freiftat nobis-humiliter fupplicabant, quatenus gra-
tiam ipfis a piae memoriae Domino Rudolpho olim
Romanorum rege, noftro Proauo indultam, nec non
conditiones, libertates etJura, quas et quae ab incly-
tae recordationis Illuftribus Leopoldo et Friderico
quondam Ducibus Auftriae tenuerunt, Confirmare,
approbare, et innouare dignaremur iuxta continen-
tiam litteraram fibi per dictum nofirum proauum
datarum defuper, quarum tenor fequitur in haec
uerba , Rudolphus Dei gratia Romanorum Rex, —
Nun folgt wörtlich K. Rudolphs Urfunde vom Sabre
1277, die ſchon befannt ift.
Nos attendentes puritatem conftantis fidei et
gratorum obfequiorum promptitudinem, quibus dic-
ti noftri Cines nobis et noftris progenitoribus femper
immarcefcibiliter aftiterunt, gratiam, Conditiones,
libertates et Jura comprehenfas in fcriptis litteris,
quas in feriptura et figillo omni fufpicione carentes
Vidimus, noftro, Friderici, Alberti et Leopoldi Du-
cum et domirorum dictarum terrarum nomine, quo».
fe 304 2
rum his diebus plenam poteſtatem gerimus, de noftri
principatus beneuolentia maturo confilio praehabito
ex certa fcientia approbamus, confirmamus, ac wigo-.
re praefentium innouamus, etc. Viele Zeugen. Da-
tumetActum Viennae in ducali noftro palatio. Sexto
Non. Octobris. Anno natiuitatis Domini Millefimo
Trecentefimo quinquagefimo nono. Anno aetatis
noftrae Vicelfimo, Regiminisuero Secundo, indice
ne Duodecima. 7
‘Rudolphus Dux praedictus hac fubfcriptione
manus noftrae praehabita roboramus.
— — ——— — — —⸗
Beylage Nro. IX.
H. Albrebt Befiente, das Sali aus Defterreid nad Gitmen
auf feiner anderen Strafe, ala nur riber Freyſtadt qu fuͤh—
ren, * 24. Maͤrz — Aus dem Riedecker
Co er.
Bi Albrecht von Gottes genaden Hertzog gu Dee
ſterreich .. Embietten vnfern getrenen Lieben, Hain⸗
rich von ivalfee, Haubtmann ob der Enns, vnſer gnadt
vnd Alles quets. Wir Empfelden dir gar Ernfilih
vnd mellen, Das du Niemandt Sal von Lynz gen
Behaimb die vngewendlich Straß Lajfeft fieren. Vnd
das das Saltz khlainß vnd groſſes gen vnſer Statt
Freyſtatt khume, allß von Allter herkhomen iſt, vnd
ſy bey den gnaden vnd Rechten, die ſy von vnſern
voruordern vnd von vns haben, beleiben laſſeſt nach irr
Brief ſag, vnd ſy darauf veſtiglichen Schiermeſt.
Wann wir das Ernſtlich alſo mainen. Geben zu wienn
Am Montag nach dem Sonntag alß man ſyngt Letare
qu Mitterfaſten. Anno 20. LXXVI.
| n 365 “=
Gin zweyter Befebl vom Jahre 1393, daf der Waarenzug
nach Boͤhmen, und auch von dort heraus nur uber Frey⸗
ſtadt gehen ſoll.
Wir Albrecht ... Embietten vnſern Lieben ge—
treuen, Reinprechten von walſee, vnſerm Haubtmann
ob der Ennß, oder mer ye vnſer khunfftiger haubt—
mann. da wirdt, vnſer gnadt vnd Alles guets. Wir
laſſen dich wiſſen, das an vns khumen iſt, wie das
etliche, die von hinen gehn Behaimb, vnd herwiderumb
aus, mit Sallz vnd anderer khaufmanſchafft arbaitent,
die Straſſen vber den haſlpach, vnd ander vngewend⸗
lich Straſſen faren, alſo das ſie nicht faren die Rechten
landtſtraſſen für die freyſtatt vnd an vnſer Mauth da⸗
ſelbſt, Alß vorher khumen iſt, das nf nit geuelt.
Daruon Empfelchen wir dir, vnd wellen Ernſtlich,
das du die Ehegenannt ſtraſſen vber den haſlpach, vnd
ander vngewendlich Straſſen veſtiglichen wahreſt vnd
auch ſtecheſt *), vnd Ernſtlich ſchaffeſt von vnſertwe⸗
gen, das Sy die Rechte Straſſe für die Freyſtatt,
vnd an vnſer Mauth hinein vnd herwider aus faren.
Welche aber darwider thetten, das du derſelben haab
vnd khaufmannſchafft, wo du daran khumeſt, zu vnſern
handten verhaffteſt vnd niderlegeſt. Das iſt genzlich
vnſer Mainung. Geben zu Lynz am Erchtag vor
Sant Dioniſien tag (am 7. October). Anno Domini
Millefimo Trecentefimo Nonagefimo tertio,
Gin dritter Befehl vom J. 1395, aͤhnlichen Inhalts.
Wir Albrecht von Gottes Genaden zu
Defterreid ... Embietten vnſern Lieben getreuen,
Gundtaggern von Starchemberg onfer Gnadt vnd
*) Das Verwahren und Stechen der Straßen heißt wohl
nichts anders, als dieſelben verrammeln und abgraben.
neo 36 6 nu
alles guelts Vns haben fürbracht vnſer getreuen N
die Burger Hu der Freinſtatt, das alle khauffman⸗
ſchafft von Sallz vnd andern dingen, die zu Linz auß—
Hiv pngemendliche weeg durch den haßlpach vnd an:
Dere Stetten geben vnd gefiebrt werden, wider die
Brief die Sp darumb haben. Daentgegen wier an
vnſern Meuthen vnd Hellen, vnd fn an ierer rechten
Niderlegung groß abgang vnd ſchaden nemen. Em⸗
pfelchen wier dier vnd wellen gar Ernſtlich, das du das
von vnſertwegen wereſt vnd vnderſteeſt, vnd auch nit
geſtatteſt, das yemandt ander weege, mann die Alten
gewendlich Landtſtraſſen, fare noch baue, Darmit wir
bey onſern Meuthen vnd Zellen, vnd auch vnſer Bur⸗
ger gu det Freinſtatt bey ieren Nechten nach ter Brief
fage beleiben, das ift genzlicdhen onfer Mainung! Ge
ben gu wienn am Sonntag Nad Sant Jörgen Tag
(am 25. April). Anno ete. Nonagefimo quinto. Lita
SEs iſt auch noch cin vierter Befehl vom I. 1308
vorbanden. Die Herzoge Wilhelm und Albredt be:
fablen dem Heinrich von Wildenegg, ihrem Pfleger
in Freyſtadt, darüber ju wachen, daß Raufmanng=
güter und Salz weder nach Böhmen hinein, noch auch
heraus auf verbothenen Straßen durch den Haſelbach
(jebt ſagt man Haſelgraben) oder durch Ottensheim
gefubet merden; fondern nur allein durch Freyſtadt.
Im Uibertretungsfalle — ,,foltu das Saltz oder die
Fhauffmanfdbafft zu vnſern handten Nider Legen vnd
verhafften. Das Mainen mir ernſtlich. Geben ze
wienn am Erchtag Nach Sant Veitztag (n 18. Sus
— Anno etc. Nonagefimo octauo.
PA
> 567 -—
Beylage Nro. X.
Di Albrecht entſcheidet einen Streit wegen der Freyheit der
Leonfeldner Strafe ju Gunſten der Burger von Frepftabdt.
* Am 25. April 1428.
Bi Albrecht . <... Befhennen pon der Stoff ind
Zwayung wegen, die da gemefen findt zwiſchen on:
fern getrenen Lieben N. den Burgern gemainelich ju
der Freinftattaines thailß vnd den Burgern zu Lobne
felden des andern, von der Straff vnd Niderlegung
wegen, Darumb ſy bederfeits auf heut alls auf deri
Benennten Tag, den wir ien Beſchaitten betten, file
vns khumen. Vnd da diefelben Burger vonder Frein
ſtatt fürlegen, wie ſy von meillendt onfern Vorfordern
herzogen von Oſterreich Löblicher gedächtnus Begnadt
ſindt, das man khauffmanſchafft fuer die Statt, zwi⸗
ſchen den wälden auf oder ab fiere, es ſey Saltz gros
oder khlains, oder wie dieſelb khauffmanſchafft genannt
iſt, die ſollen in der Statt Nidergelegt werden, Vnd
lieſſen darauf hörn der Ehegemelten vnſer fordern
gnadenbrieff vnd vnſern Beſtätt Brief darüber, vnd
Batten bei ſolchen gnaden vnd Freyhaiten gehalten zu
werden. Dagegen aber die Burger von Lohnfeldt
füergeben, wie ſy in der Freyſtätter brieff vnd freitum
nichts weſten ze reden, Aber es wer von Allter her auch
ain gemaine Straff füer Lohnfeldt gangen, vnd gieng
auch noch darfüer, vnd mer dieſelb Straſſ mit ſeiner
khauffmanſchafft farn woldt, der mecht das woll ge—
thuen, vnd baten darbei gehalten zu werden, wann es
wider der Freinſtetter Brieff vnd Freyhaiten nicht
wer. Vnd wann ſich baidt obgemelt Thaill nach meniger
Irer Redt vnd wider Reth der ſachen lieſſen zu dem
rechten, habent vnſer herrn vnd Rath, die dazumall
bei vns ſaſſen, nach vnſer frag zu Necht erkhent, waß
nes 368 e
man khauffmanſchafft füer die Statt zwiſchen den
Walden auf oder Abfierdt, Es ſey Salltz groß oder
khlains, oder wie dieſelb khauffmanſchafft genant iſt,
Die ſoll man in der Statt niderlegen ane widerredt
vngeuerhrlich, alß das die obgemelten Brieff außwei⸗
ſen, vnd ſollen wier die obgenanndt vnſer Burger von
der Freinſtatt darbey halten vnd ſchiermen. Mit vr⸗
khundt des Briefs geben ze wienn am Sonntag Nach
Sant Jorgen Tag. Nach Chriſti gebuerth viertzehen
Hundert Jar, darnach in dem Acht vnd Zwainzigi⸗
ſten Jar.
Dominus Dux in confilio.
+ Diefe8 Urtheil wurde durch offene Briefe allen
Gerren, Rittern, Stadten und herzoglichen Beamten
im Lande befannt gemacht.
Im J. 14509 beſtätigte H. Albrecht den Freyſtäd⸗
tern in allgemeinen Ausdrücken überhaupt ihre alten
Privilegien, ſetzte aber wegen ihrer Niederlage aus⸗
drücklich hinzu: „Wir haben in der obgemelten Vn⸗
ſerer Vorfordern Brief geſehen, daß die ehgerürten
Vnnſer Burger gemainglich zu der Freinſtat begnadet
ſein, Vnd durch ainen Fürſtlichen Spruch herbracht
haben, Alß wan die Leute in der Landſchaft in Vnſern
Landt Enthalben der Thonaw, zwiſchen Lynz vnd der
Freinſtatt allenthalben Salz bedörffen, daß ſollen vnd
mögen Sie zue Lynz kauffen, Vnd daß in vnſerm
Landt verthuen vnd vertreiben, doch allßo, daß Sie
daß auf vnſerm Landte gen Beheimb nicht ferer ver⸗
kauffen noch verthuen in kainem weeg, Aber alles an:
der Salzs groſſes vnd klaines vnd all ander Khauf—
manſchaft, ſo zue Lynz über die Thonaw, vnd zwiſchen
den Wälden auf oder abgeführet werden, daß ſoll alles
gehen vnd kommen an die rechte Niderlage gen der
noe 309 PETS
Freinſtatt, und fain ander firaffen nidjt. Es * auch
vnßer Burger von Lynz kain Salz uber die Thonaw
den Behemben, die daß auß vnſern Landten führen
wolten, nicht verkauffen in kain weiß; ohn alle geuer⸗
de.... Geben ze Lynz, am Freytag nach Sanet Pauls
tag der befberung (am 26. Sdnner), Nach Chriſti
Geburt Vierzebenbundert und in dem Neun vnd Funf:
zigiſten Jahren.“ — Diefe Urfunde wird im Archiv
der Bürger gu Freyſtadt aufbemabret.
1489. K. briedrichs Befehl, mit allen Waaren nach Freyſtadt
zu fahren.
Wir Fridrich .. Empieten onſern getreuen Lie⸗
ben N. dem Burgermaiſter Richter vnd Rath zu der
Freinſtatt gegenwertigen vnd khunfftigen vnnſer gnadt
vnd alles guets. Allß ier vnnß VYetzt durch cur Erbar
Podtſchafft Eur Priuilegi vnd Freyhait habt fuerbrin⸗
gen Laſſen, darin ier von vnſern Vorfahrn Fuerſſten
von Oſterreich gefreidt ſeit, das alles Sallz, groß vnd
khlainß, auch Venediſche vnd annder wahr vnd khauff⸗
manſchafft, ſo aus vnnſerm Landt ob der Ennß geen
Beheimb oder von dann in daſſelb vnnſer Landt ge
fierth wird, die Straffen auf diefelb vnnſer Freinftatt
vnd Mauth dafelbft bracht, da Nidergelegt, und fonft
fhain ander Straffen zwiſchen den Walden auf no
ab gefierdt, das auch in giner Meillwegs vmb die be
melt vnnſer Statt khain mein, Meth noch Pier vom
Zapffen geſchenkht merden fol, Es feim dan die von
euch khaufft, Vnd von denfelben vnnfern Vorfaben
Jarmarckht vnd wochenmarckht babt, und vnß darbei
Bericht, wie euch an ſolchen Eurn Freihaiten mit Ses
bung anderer vnd frembter Straffen durch den Haßl⸗
bach auf Lohnfeldt vnd vber den Roßberg, vnd ander
ende damit die obgemelt georndt Straß zu Euch vmb⸗
24
esse 370) adria
gefaren, und vnnſer Maut ind Zoll bon ſolcher wahr
vnd khauffmanſchafft nit geraicht. Auch von den vmb⸗
ſeſſen des Adels vnd andern in ainer Meillwegs vmb
euch Wein vnd Pier aus vnſern Fuerſtenthumb Oeſter⸗
reich vnd Behaimb gefierdt vnd da außgeſchenkht,
Darzue eur Jarmarckht vnd Wochenmarckht von fin
khauffens wegen der täglichen Pfennbert, ſo auf dem
Landi daſelbſt wider Allts herkhumen beſchechen dar⸗
mit deſthalben bey euch Teurung erwachſen, in Ub
nemen khumen vnd vnbeſucht Beleiben zuſambt vber⸗
flerung vnnſer Mauth, vber vunſer Schreiben deß⸗
halben Außgangen, Mercklich Irung Thann, vnd
eur Narung entzogen worden, Vnd vnns diemiettige⸗
lich angeruefft vnd gebetten, Euch darin gnedige wen—
dung ze thuen, vnd ben den beſtimbten Eurn Freyhai⸗
ten handtzuhaben. Nun haben wir vnnſern Lieben ge⸗
treuen Gottharten von Starchemberg, vnſern haubt⸗
mann ob der Ennß, Auch Chriſtoffen von Zelckhing
vnſern Rath ond Pfleger daſelbſt zu der Freinſtatt
geſchriben vnd befolchen offentlich berueffen zu laſſen,
Das Niemant ſolch frembt Straſſen, ſonnder auf die
Freinſtatt, alß vormalls beſchechen iſt, fare, vnd euch
bei derſelben, vnd andern Euren Freyhaiten bandtze:
haben, alß ier ob onnſern offen brieffen vernemen wer⸗
det. Empfelchen wir euch ernſtlich, vnd wellen, das
ier ſambt den Benannten von Starchemberg vnd
Zelckhing, oder wie euch das am fueglichiſten ſein
wierdet, allen fleis Thuet, das ſolchen berueffen nach⸗
gangen, die frembten Straſſen, vnd dem khauffen
mein Meth vnd Pier auſſerhalb eur, mit ſambt den
fuerkhauffen gewerth vnd vnderkhumen merde, Dar⸗
mit ier bei denſelben Freihaiten vngeirt beleiben mügt,
Welch aber das oberfieren, dieſelben, wo ier die an:
khumbt, zu vnnſern handten gefenklich annemet, ier
obi -——
wahr vnd khaufmannſchafft nemet, ind ont auf vane
fer verer geſchäfft vnd Beuelden baldet, vnd die Rof,
die das fieren, gu euren nutz gebrauchet. Bud nachdem
eud gu vorderift ſolches nutz vnd guett khumbt, darin
khain vleiß Sparet, alß euch das zu Thain gebiert.
Daran Thuet ier vnnſer Ernſtliche Mainung. Geben
zu Lynz am Erchtag Nach Sant Andres tag (am 30.
November). Nach Chriſti gebuert Ain Tauſent vier⸗
hundert Neun vnd Achtzig...
Commifsio Domini Imperatoris propria.
È. Maximilian beftdtigte 1495 im Allgemeinen
die Privilegien der Freyſtädter, — „ond darzue den
Endtſchiedt, fo der gemelt vnnſer Herr vnd vatter
Khayſer Friderich zwiſchen Innen (den Freyſtädtern)
an ainem, vnd Dem Richter vnd vnnſern Burgern zu
Lohnfelden anders thaillß, von wegen der Straſſen,
ſo von Linz durch den Haſlbach auf Lohnfelden vnd den
Roſſberg gebraucht worden, Allſo lautendt, das fue—
ran zu khunfftigen Zeiten albegen vnd vnwiderrueflich,
alle wahr vnd khauffmanſchafft, wie die genanndt ſindt,
nichts Außgenomen, ſo aus dem Landt Behamb in
vnſer Fuerſtenthumb Oſterreich ob der Ennß zwiſchen
den walden vnd widerumben von dann aus dem ſelben
vnnſerm Landt ob der Ennß daſelbſt hin gehn Behamb
gefierdt, auf die bemelt vnnſer Freyſtatt Mauth vnd
Niderlag daſelbſt bracht, vnd damit khain ander Straſ⸗
ſen weder durch den Haſlbach auf Lohnfelden, noch
über den Roſſberg, noch ander vngewendlich weeg
oder Straſſen gebracht noch gefiehrt werden ſollen.
Es ſoll auch das ſaltz gros vnd khlain Pandts, Stachl
vnd Eiſen von den bemelten vnnſren Burgern zu der
Freinſtatt khaufft, vnd gehn Behaimb, als von Allter
herkhumen iſt, gefiehrt vnd da verkhaufft werden AA
24
seo 372 «se
Geben gu Worbms , am Samftag vor Sant Lauren:
zen tag des Heiligen Marterers (am 8. Uuguft), Nach
Chriſti gebuerth viertzehen hundert, vnd Im fun vnd
neunzigiften.. Jar.“
Die nachfolgenden Kaiſer wiederhohlten dieſes
Privilegium wörtlich; Ferdinand im Sabre 1522,
und Marimilian 1505.
CL — — — —— — — — — — — — — — — — — —
dj i *
Beylage Nro. XI.
K. Maximilians Entſcheidung wegen der Leonfeldner Strafe.
Am erſten October 1496. Aus dem Leonſeldner Archiv.
i Marimilian... Bekhennen offentlich mit difem
Drief. Alß weilendt vnfer lieber. Herr und, vatter der
Romifd Kayſer — gedechtnuß zwiſchen vnſern
getrewn lieben N. Ricbtern, Reten, vnd Burgern zu
Der Freinſtat und zu Lanfelden, wie es mit den Straſ⸗
ſen durch die Wäldt vnd über den Nosberg füran ge—
halten werden ſoll, darumb Irrung zwiſchen In ge—
weſen iſt, ainen Entſchiedt gethan, des ſich die ge—
melten von Lanfelden aus allerlay vrſachen beſchwert,
deßhalben vnſer haubtman, Stathalter, vnd Regent
ten zu Wienn die genanten Partheyen zu bederſeit für
ſich ervordert, dieſelb ſachen nach der Leng verhört,
vnd darinen erfunden, daß durch ſolchen Entſchiedt,
wo Der in Weſen beleiben ſoll, der Markht Lanfeldett,
daran vnß vnd gemainen Landt nicht klain gelegen iſt,
gantz verderbt vnd vergenklich wurde, vnd darumb
nach vnſern Geſchefft vnd beuelch, mit zeitigem Rate
aus den obberürten vnd andern vrſachen über den ob⸗
beſtimmten Entſchiedt ain erklerung getan, alſo, daß
nu füran alle beflagen vnd gewogen Pfennbert mit
* 3735 -..
ſambt Tüchern, Hewten, Eiſen, wachs, bonig vnd
anderm, ſo für kaufmansguet geſchetzt wird, die
Straſſen auf die Freinſtat, vnd nicht auf Lanfelden;
vnd dagegen alles das, ſo von Behamb heraus zu
Speis vnd notturft vnſers Lands gefürt würdet, als
Viſch, Waitz, Korn, Habern, Schmalz, Pier vnd
andere Speis, auf yegliche der obberürten Straſſen
gen der Freinſtat oder Lanfelden, weliche dem Kauf⸗
man oder Furlewten am beſten fuget, gefürt vnd durch
die von Der Freinſtat vnd St Nachkomen, noch nye—
mands andern daran khein verhinderung gethan wer—⸗
den ſull, getreulich vnd vngeuerlich. Vnd gebieten da—
rumb den obgemelten Richtern, Reten vnd Burgern
daſelbß zu der Freinſtat vnd Lanfelden bei Vermei—
dung vnſerer vngenadt vnd Straff ernſtlich, vnd wel⸗
len, daß Sp Die vorgeſchriben Ordnung vnd Erele⸗
rung in allen Iren Punkten nd Artieln ſtet vnd on:
zerbrochen halten, vnd der ſtrachs on all waigrung
vnd außzug nachuolgen, vnd dawider nit thuen, noch
nymandts von Iren wegen zu tun geſtatten in dhain
weif. Daran tun Sy vnſer ernſtliche Maynung. Mit
vrkhundt des briefs, geben am Sambſtag nach St.
Michaelß tag nach Criſti geburde viertzehen hundert
vnd im Sechs vnd neuntzigiſten. Vnſer Reiche des Rö—
miſchen im Aindlefften vnd des Hungeriſchen im Sic
benden Jare.“
Daß der Markt Leonfelden auch eine Zollabgabe
von den durchgeführten Lebensmitteln erhalten hat,
geht aus einem Privilegium K. Maximilians vom
Jahre 1506 hervor. — „Wir Marimilian. .. Be—
khennen, daß für vnß khommen ſein vnſer getrewen
lieben NM. Richter vnd Nate vnſers Markhts Lanfele
den, in vnſer herrſchafft Wechſſenberg gehörend, vnd
gaben vnß zu erkhennen, wie Sy von vnſern Vorfahrn
ui 374 uo
Fürſten von Oeſterreich loblicher gedechtnuß, mit den
hernach geſchriben Artikheln begnadt geweſen, der Sp
von Alter her, vnd noch alſo in beruelichen gebrauch
ſein, vnd Inen aber die brief, ſo Sy von den gemel⸗
ten vnſern vorfahren darum gehabt, in der jüngſten
Prunſt des gemelten vnſers Markhts —— ver⸗
dorben vnd verprunen waren. Vnd ſein das dieſelben
Artickl, nemblich welicher Burger oder einwoner das
ſelbſt zu Lanfelden, oder frembder vnd Außlender
durch den Markt, oder daſelbſt auf der Straſſen bey
Dem Markht Salk, wein, traidt oder annder Pfenn:
bert fürfüret, der fulle von ainer heden groffen khuef⸗
fen Salk zwen Pfenning, vnd von aimem Pfundf
Flaimer khüeffel zwen vnd drenffig Pfenning, von ai:
nem Emer mein ain Pfenning, vnd von aimem Mes
gen Traidt ain Haller, vnd von andern Pfennberten
gin zimblichen Zoll nad gelegenbeit derſelben güter
geben. Bnd baten unf diemutigelich, daf wir Sn die
neggemelten Artikl als Herr vnd Landsfürſt von neuem
gu beſtetten genedigelich geruhten Haben wir angeſe⸗
hen die notturft des berürten vnſers Markhts, ſo an
den Grenitzen gelegen, vnd etweuil Weer vnd huet
ben Tag ond nacht nottürftig iſt, auch der obgenanten
vnſer Burger zimblich bete, u. ſ. w.“ — Hier folgt
die Beſtätigung des Zolles mit dem Beyſatz, daß die
Einnahme davon — „zu Paw, weer vnd huet des
beſtimmten vnſern Markhts jerlich angelegt werden
fol. +. Geben zu Lynz am Andern tag des Moneds
January nach Chriſti gepurde funffzechen hundert
vnd im ſechſten . Saren.
nese 57) ⸗
Beylage Nro. XII. tà
Auszug aus dem gedruckten Patent K. Maximilians des Bivene
ug in welchem er den Kaufleuten die Straffen beſtimmte, die
fie durch Hefterreid na Boͤhmen, oder von dorther nach
Oeſterreich einſchlagen muften. 1571.
Wovoh von Unſern Vorfordern vom Haus Oe⸗
— auch Röm. Kaiſern und Khünigen Unſere
Freyſtadt im gedachten Unſern Erzh. Oeſt. ob der
Enns gelegen, gnädigiſt dahin beguadet vnd befreiet,
auch durch Uns gleichfalls bei ſolchen Freyhaiten ge⸗
laſſen wurde, daß alle Kaufmannswaaren, wie die
genannt find, darzu auch diejenigen Speisnothdurf⸗
ten, fo man aus oder durch Unſer Land ob der Enns
bringt, und. darinnen micht verbraucht, die von oder
durd Böheim und Defterreid unter der Enns zwi⸗
fohen den Walden in Deft. ob der Enns, oder von
dannen in Bopeim oder Deft. unter der Enns gebracht
werden wollen, allein in die recht Niederlag zu Frey⸗
ſtadt gebracht, und dafelbft ohne Widerred nieder ge
legt werden follen, die aber deme nicht geleben wur—
den y in landsfürſtliche Ungnad, und darzu hundert
Pfund Goldes ju Wandl, halben Thail in Unſer lands—
fürſtliche Cammer, und der ander halbe Thail denen
von der Freyſtadt als Beſchwerten verfallen ſeyn ſolle,
darüber auch Wir als regierender Herr und Landsfürſt
Inhalts Unſerer vom 25. Tag Martii nächſt verſchie—
men ſiebenzigſten Jahrs in der Kron Böheim und Erzh.
Oeſt. publizirten Generalien männiglich gemeſſene
Ordnung vorgeſchrieben, welche Straſſen, und mit
was Sorten ein jeder, fo aus Böheim oder Deft. un:
fer der Enns in das Land ob der Enns, oder daraus
Dabin fabren, und gemelbte becde Machland- und
Mühlviertel berühren mill, beſuchen und fommen
follen; darneben — unſern Mautnern und mad
ea 376 can
ſchlägern zu Linz, Mauthhauſen und Englhartszell
gnadigft auferlegt und befoblen, alle und jede Waa—
ren und Gattungen, die allein auf Frenftadt zu brin:
gen geborig find, mann die ben ibnen anfommen, und
die Kauf- und Fubrleut aus der Mauth zu der Frey:
ftadt feine Polletenzettel, daß ſolche Waaren auf or
dentlider und benennter Straß dabin fommen, und
mit rechter Anfag die Mauth davon gerichtet, fürzu⸗
legen haben, ‘als kontrabantiſches Gut zu Unferer Ca:
mer cingezogen merden folle:
So fommt Uns dod anfego glaubwürdig vor,
daß zuwider Unfern Generalien und der Stadt Frey:
ſtadt Frenbeiten, der Niederlag dafelbft gu grofiem
Abbrud, auch Schmählerung Unfers Camerguts,
an beeden Mäuthen zu Frenftadt und Linz, und über⸗
dieß zur Entziehung der Gegenfubr auf berührte Mie
derlag und Mautbftatte, desgleichen zur Verhinde—
rung der Proviant = Beforderung, und fonften Ung
und dem Land in viel mehr Wege folcden Unfern Gee ©
neralien zuwider und entgegen gebandelt werden foll.
Dieweil Uns aber ſolches ferner zu geftatten nicht ges
meintift: fo haben Wir demnad angeregte Unfre Ge
- mevalien biemit wiederum vernenert und mollen gnd:
diglich, Daf manniglich alle beſchlagene Waar und
gemegen (Gc) Pfennmwerth mit ſammt Tüchern, Häu⸗
ten, Gifen, Wachs, Honig und'andern, fo für Kauf⸗
mannsgut geſchätzt, und aus Defterreidh in Böheim
geführt wird, die Straße von Linz aus entweder auf
Gallneukirchen, Spatendorf, Straßldorf gegen Frey—
ſtadt, oder aber von Linz aus durch den Haſlgraben
auf Helmannsöd, Schenkenfeld gegen Freyſtadt, und
alſo beede Straßen hinaus gen Linz; von Mauthhau⸗
ſen aber nach Marbach, Pregarten oder Wartberg,
Weinberg gen Freyſtadt, von dannen durch Rainbach,
neo 377 «o
Kerſchbaum, Unterbaid, Kaplitz, Welſchin, Staina⸗
kirchen und Budweis; oder auf der rechten Hand von
Freyſtadt aus nach Lichlenau Paßberg, Zetwing, Be:
neſchau, und von dannen gen Schweinz, Wittingau,
Strobnitz oder Gratzen, und alsdann weiter. Alſo
auch was von Bobeim heraus, wie nächſt bemeldt
wurde, fur Kaufmannsgüter und Sorten, oder der—
ley Speiswaaren und Nothdurften, ſo in Unſerm
Land nicht verbleiben, ſondern ferner daraus in Bairn
und ander Orten verführt werden, allein in die jetzt
benannten Straßen auf Freyſtadt, und nicht gen Leon:
felden, Saslad oder ander Wege; dasjenig aber, fo
zu Speis nothdurft Unfers Landes aus Böheim geführt
wirdet, entweder die vorbemeldt Straß auf Freyſtadt,
oder aber auf Leonfelden hernach folgende Straßen:
als von Budweis aus, es ſey durch Kaplitz, Unter⸗
haid, oder anderſtwo auf Oberhaid, oder durch Krum⸗
mau; Hohenfurt, Kaltenbrunn gen Leonfelden, von
dannen durch Hellmannsöd auf Linz, welche der er—⸗
nannten Straßen gen Freyſtadt oder Leonfelden mit
ſolchen Speiswaaren zu Nothdurft des Landes denen
Kauf⸗ oder Fuhrleuten zu beſuchen gelegen ſeyn wird;
Außer derer aber als ordentlichen Landſtraßen keines
andern Weges zu gebrauchen zugelaſſen ſeyn ſoll. Und
dann aus Niederoſterreich von Gmündt oder Weitra
nach Strobnitz, Beneſchau, Meinhardsſchlag, Zet⸗
wing, Paßberg, Lichtenau. Item von Zwettl auf Sas
ckenbach, Englſtein, Perchtolds, durch den freyen
Wald auf Rauchenöd gen Freyſtadt; oder aber auf
Germus, Liebenſtein, Weitersfelden, St. Oswald
gen Freyſtadt; item auf Napoltenſtein, Arbesbach,
Weitersfelden, St.Oswald gen Freyſtadt. Vom Kö—
nigswieſer Wald aber auf Pregarten, und von dannen
wieder durch berührten Wald wollen Wir allein denen
ceo 978 Pas
Saumern Traid und Salz, auch den Viehtrieb, ge⸗
richt auf Unſer Filialmauth zu Pregarten zu kommen,
und allda die Mauth davon ju verrichten hiemit verwil⸗
liget, ſonſt aber keine beſchlagene oder gewegn Waar,
noch ainicherley Kaufmannsgüter und Speiswaaren
von berührten Orten auf Pregarten zu bringen ſon⸗
dern damit allein Unſere Freyſtadt, wie obgemeldt,
zu beſuchen zugelaſſen haben, in allweg aber von allen
Waaren und Gütern die gebührlich Mauth mit ordent⸗
licher Anſag desjenigen, fo ein jeder führt, unweiger—
lich bezahlt werden ſolle.“ — Zur Gewißheit der ge
nauen Befolgung dieſer Verordnung mußte ein jeder
Fuhrmann bey den Ausbruchſtationen ein Zeugniß
von Linz oder Freyſtadt vorweiſen, daß er auf der vor⸗
geſchriebenen Straße gereiſet ſey. Den Uibertretern
wurden die Wagen ſammt der Fracht wegge
und zur landesfürſtlichen Kammer eingezogen. —
„Geben in Unſer Stadt Wien den achtzehnten Tag
Juny Anno 2c. im Ain und ſibentzigiſten. “
Aus dieſer merkwürdigen Urfunde lernen mir den
ungemeinen Drud Des Stapelredte8 von Frenftadi
auf das Mühl- und Machlandviertel, und auch die
Nichtungen der dbamabligen Strafienfennenz von meh⸗
reren derſelben ift feine Spur mehr vorbanden. Es
ift doch unbegreiflich, mie man ſehr bequeme Strafien,
3. B. die von Pregarten, mo ſich cine Zollftation be:
fand, für Frachtwagen verbiethen, und fie nur den
Saumern und Viehtreibern erlauben fonnte, Auffale
len muß auch der Unterſchied, den man zwiſchen einge⸗
führten Lebensmitteln machte. Diejenigen, die im Cane
De verzehrt wurden, durften auch über Leonfelden einge⸗
führt werden; die andern aber, die weiter ins Ausland
gebracht wurden mußten alle nach Freyſtadt fommen.
di 370) —
Beylage Nro. XII.
Der Statthalter Erzherzog Ernſt bebt den Straßenzwang bei
Leonfeldben und Haslach auf, und erklaͤrt fie allen Kaufleuten
fur gedffnet. 1576.
Mi Ernſt von Gotte8 genaden Ertzherzog gu Des
fterreid) ... Empieten N. allen vnd heden der Rom.
Kan. Mjt. Vnſers genedigften geliebten Herrn vnd
Bruders Unterthanen, geiſtlichen vnd weltlichen, weſ⸗
ſen Standes oder Weſens die allenthalben, vornem⸗
lich aber in Machland und Mühelviertel des Erzh.
Oeſt. ob der Enns wohnhaft ſein, und ſonderlich die
Obrigkeit, Gericht, oder derſelben Verwaltung im
gemeldten Erzherzogthum haben, fo mit dieſem uns
ſern General-Mandat angelangt, erſucht oder derfele
ben gu wiſſen gemacht werden; auch allen Kauf⸗ San:
dels = und Fuhrleuten, fo ernennte beede Viertel mit
ibren Waaren, Roß und Wagen befuchen und be:
rühren, unfer Gnad, und geben euch gnädiglich gu
vernemben. Als meilend der allerdurbleucbtigift. .
Herr Herr Marimiliam der Under. . bievorim verſchie—
nen gin und fiebenzigften Jahr auf N. Burgermaifter,
Richter und Rath der Stadt Freyſtadt im gedachten
Erzh. Def. ob der Enns gelegen , unterthänigſtes
Anlangen und Bitten gnädigſt bewilliget, daf alle
Kaufmannswaaren, wie die genennt werden, darzu
auch diejenigen Speisnothdurften, ſo man aus oder
durch Land ob der Enns bringt, und darinnen nicht
verbraucht, die von oder durch Behaim und Oeſter⸗
reich unter der Enns zwiſchen den Walden in Oeſt.
ob der Enns, oder von dannen in Behaim oder Oeſt.
unter der Enns gebracht werden wollen, allein auf
die Niederlag Freyſtadt, und nicht auf Lanfelden,
Haslach oder ander Straſſen gebracht und geführt
see 35Y}0) se
werden ſollen, und deswegen fondere General-Man⸗
dat ausgehen haben laſſen: Wir aber ſider (ſeither)
ber in gewiſſer Erfahrung befunden, daß Ihrer Mjt.
ſolche Sperr der Straßen auf Lanfelden und Haslach
in mehr Weg, ſonderlich aber in Ausgang und Ver:
führung Ihrer Mit. Hallſtätter und Iſchler Salz in
Behaim zu merklichem Nachtl und Abbruch Ihres
Camerguts geraicht hat, derwegen Ihre Mjt. gar
nicht gemaint, angeregte Sperr der Straßen auf
Lanfelden und Haslach länger zu gedulden oder zu
pene „fürnemlich darumben, daß Ihr Mit. gna:
| Digft geftimmt und entſchloſſen find, nu furobin Ihr
Hallftatter und Iſchler Sal in grofer Unzabl auf
allen Strafien foviel müglich in Behaim eingehen und
verfubren zu laſſen. So mollen Wir demnad aus
geborten Urfaden berührte, bievor Anno im ain und
ſiebenzigiſten Jahr ausgangen General = Mandat vor
Ihr Mit. wegen hiemit wieder relariret, aufgehebt,
abgethan, und entgegen die Wiederdffnung der Stra:
fien auf Lanfelden und Haslach, wie von Alters her
gebrauchig gemeft, gnädigſt zugelaſſen, erlaubt und
bemilligt baben. Und gebiethen hierauf allen Ihrer
Mijf. Landmarſchalchen, Landshauptleuten ... und
fonderlidh denen, die der Enden Gericht, Gebieth
und Obrigfeiten haben, ernſtlich und mollen, daß
ihr ob folcher Unferer Bewilligung mit Eenft bal
tet, die Kauf⸗Handels- und Fubrleut mit ibren
Waaren ju Lanfelden und Haslach, mo fie fonften
nicht auf Die Frenftadt zu fahren mollen, ungeirrt
und unaufgebalten dem alten Gebraud nad durd=
kommen und paffiren laffet, darwider ſelbſt nicht hand⸗
let, noch andern zu thun geſtattet. Daran vollzieht
ihr höchſtgedachter Kan. Mjt. und Unſern ernſtli—
chen Willen und Mainung. Geben in der Stadt
n 381 *
Wienn ben 25. Oetobris, Anno im Sechs und Si
bentzigiſten.
— — — — — — — — — — — — —— — — — — — — — — — — N
Beylage Nro. XIV.
K. Rudolph beſchraͤnkt wieder die frepe Faprt nad Leonfel:
den 1577. f
Bi Nudolph der Under.. Embieten N. allen vnd
yeden onfern Vnterthanen, geiſtlichen vnd weltlichen,
was. Würden, Stands oder Weſens die allenthal—⸗
ben“, u. ſ. w. —, wie in der vorhergehenden Urkunde
des Erzh. Ernſt. —
„Wiewohl der durchleuchtig hochgeborn, unſer
freundlicher lieber Bruder und Fürſt, Ernſt, Erzher⸗
zog gu Oeſterreich, durch offne Patenta vom 25.
Oetobris verſchienen 76 Jahrs die Generalien, welche
auf Anhalten N. Burgermaiſter, Richter und Rath
unfer Stadt Freyſtadt durch vnſern geliebten Gerin
und Vater, weilendt Kayſer Marimilian der Under...
ausgehen laffen, darinnen Ihr Ranf. Mit. gebothen
und befoblen haben, daf alle Raufmannémaaren,
u. ſ. w. (mie in der vorigen Urfunde) —. So feind
Vns doch fiederbero andere und neue wichtige Beden:
Fen und. Bewegnuſſen fiirgefallen, in Kraft deren
Wir die Wirfung vorbemelten Unfer$ Bruders und
Gurftens offne Mandata bis auf Unfere weitere Res
folution dergeftalt aufſchieben, nämlich, daß gleich—
wohl diejenigen, {o zu Linz und in andern Salz⸗Lag⸗
ſtätten groß Kuffenfalz laden, mit demſelben Unſern
Salz jedes Gelegenheit nach auf Lanfelden, Haslach
oder Freyſtadt zufahren mögen, und auf ſolich Unſer
Salz allain zu verſtehen, ihnen die Lanfelder und
Haslacher Straßen nicht geſperrt ſeyn ſollen. Was
dae 390 ne
aber fonften andere Waaren in gmain, desgleichen
die Victualien anberührt: in dem laſſen Wirs aller:
dings ben Unfers geliebten Heren und Baters im 71.
Sabr den 18. Juny ausgangen offnen Generalen dere
seit verbleiben; denenfelben follen ſich Rauf= und
Gubrleut, In- und Auslander, gemaf verbalten.
Mer aber ſich folchen Generalien zugegen betreten lie
fe, den mugen die von der Freyſtadt pfanden sund
qu gebührlicher Straf bringen. Das iſt alfo Unfer
gnädiger Willen und Mainen. Geben in Unfer Stadt
Wienn am 23. Tag Marty Unno im fieben und fies
bengigiften... |
Beylage Nro. XV. J
Die Herzoge Albrecht und Leopold verleihen der Stadt Wels
ein Stapelrecht fur den Holzhandel. Um 28, April 1572.
Aus dem Welfer Ario.
Bi Albrecht und Leupolt brüder bon gotes gnaden
hertzogen ze Deft.. . Befbennen und thuen fhundt ofe
fennlich mit difem brief, Das wir angefeben haben die
gebreften, die unnfer Stat ze Wellß manigualtigelich
anligundt find, und haben den burgern gmaingelich
dafelb8 se Wellß die genad geton und thuen auch,
Swaß man Holtzes oberhalben Well auf der Traun
oder auf andern waſſern, wie die genannt findi, ab:
wertz vnd enawe (fonft heißt es gewoͤhnlich nauwaͤrts; daher
der Nauferg) füert, das daſſelb Holtz nicht verrer ſolt
gefüert werden, danne geen Wellß, vnd nicht fürbaß,
vnd das egenant holtz mügen vnd ſollen die vorgenen⸗
ten vnſer burger von wellß danne khauffen, vnd ander
niemant, vnd damit fürbaß wandin und fügn an alle
Irrung, als lanng vntz wir beede, oder vnſer Ainer
ce 5}3 --—-
das tviderrueffen. Mit vrkhundt difs brief geben ze
Wienn am Mitichen nad Sannt Georgentag. Anno
Domini Millefimo Trecentefimo Septuagefimo Se-
cundo, i
Beylage Nro. XV. A.
SL. Albrecht beftatiget den Buͤrgern von Mauthauſen zwey
alte Privilegien. 1402.
Gir Albrecht von Gottes Gnaden Herzog gu Des
ſterreich befennen und thun Fund offentlidà mit dem
Brief, daß fur Uns fommen Unfer Getreuen, der
Richter und die Burger gu Mauthauſen, und legten
Uns für und meifen uns auch mit Unſern Städten ob
Der Enns und Unfer8 Mauthner zu Linz Briefen und
Kundſchaften, Wie derfelb Unfer Marf zu Maut—⸗
Baufen und fie von weiland Unfern Vordern (ob:
licher Gedächtnuß fold Recht, Gnad und Freybeit
von Alter ber hätten bracht und gehabt, als ber:
nad geſchrieben ftebt. Und wann ibnen die Briefe,
Die ihnen diefelb Unfer Vordern feliger darüber batten
geben, ungefährlich verbrunnen mwaren, davon fo ba:
then fie Uns diemüthiglich, daß Wir ibnen die gemeld⸗
ten ihre Net, Gnad und Frenbeit von Unfer Gna:
den geruben von neuem Ding zu geben und beftatten.
Bon Erften, daf fie vor allen Unfern Mauthſtätten bey
der Donau mit allen ibren Waaren, Getreid, Sal
und andern Haben, mie fie die dabin bringen, alle die
Freyheit, Genad und Recht haben, die ander Unfer
Burger aus unfern Städten ob der Enns mit ibren
einen, Getreid, Sal; und andern ibren Haben,
wann ſie die dahin bringen, haben, ohne Gefabr.
Item tas jemand, derin dem ebgenannten Markt
è
ass 350) «se
mit wohnhaft oder ſeßhaft ift, feiner Habe auf dem
Waſſer in Schiffung dabin bringt, es ſey Wein, Gee
treid oder andere Habe, der mag die auf den Schiffen
wohl verkaufen und verthun, wenn er will; wollt
er aber ſolch Wein, Getreid, Salz oder andere Habe
daſelbſt in Keller oder an das Land legen und es dann
verkaufen und verthun: des ſoll er nit Gwalt und
Macht haben, ſondern die Gmain Unſer Burger mö—
gen es wohl unterſtehen und verwehren, als von Al—
ter berfommen ift, ungefährlich. Nun baben wir ans
gefeben derfelben Unfer Burger fleifige Bitt und Bee
gier, und haben dadurd und durd) gmaines Nutz,
Srommens und Aufnehmens millen deffelben Unſers
Marfts und aller Unfer Untertbanen, darinne gefefe
fen, ihnen und allen ibren Nadfommen die obbes
ſchriebene Freyheit und Gnad, als fie von Wort gu
Wort darvor geſchrieben ſteht, und auch all'ander ih⸗
re Recht, Frehheit und löblich Gewohnheit, die ſie
pon Alter herbracht und gehabt haben, verneuet, be⸗
kräftiget und beſtätt; verneuen, bekräftigen und be—
ſtätten ihnen auch die von fürſtlicher Macht wiſſent—
lib... Geben zu Wien am St. Nicolaus Tag (am
6. December) nad Chriſti Geburt vierzebenbundert
Jahr, darnach in dem andern Jahr. uv
Nur gu Mauthauſen, und nicht gu Au -und Albern, foll eine
Niederlage ſeyn. 1378.
Wir Albrecht und Leopold von Gottes Gnaden
Herzogen zu Oeſterreich . befennen und thun kund
offentſich mit dieſem Brief. Als Unfer lieber Herr und
Vater, ſeliger Gedächtnuß, den Burgern gemainig-
lich zu Mauthauſen ſeinen Brief geben bat, daß das
ſelbſt zu Mauthauſen, da man Unſer Mauth nimmt,
all Niederlag feyn ſoll, und kein Niederlag ſeyn ſoll
neo 385 e
gu Au; als mainen Wir und wollen ernſtlich, daß es
> bey demfelben Brief bleib in aller der Maßen, als
derſelb Brief von Wort zu Wort geſchrieben ſteht.
Darzu baben Wir fie durd) ihr rechter Nothdurft il:
Ten ſonderlich begnadet, daß gu Albern auch fein Nies
derlag ſey gu gleicher Weis alè zu Au. Davon gebie—
then Wir ernſtlich Unſern lieben Getreuen, den Haupt—⸗
leuten ob der Enns, gegenwärtigen und künftigen,
Grafen, Freyen, Landherrn, Rittern und Knechten,
Burggrafen, Richtern und Mauthnern, und allen
andern Unſern Amtleuten und Unterthanen, den die—
ſer Brief gezeigt wird, und wollen ernſtlich, daß ſie
die vorgenannten Unſer Burger zu Mauthauſen bey
derſelben Unſer Beſtätigung und Gnad beleiben laſſen
und dawider nicht thun in kein Weg. Wer es aber
darüber thät, der wär gänzlich wider Uns. Des geben
Wir zu Urkund dieſen Brief beſiegelt mit Unſerem
Inſiegel, der. geben iſt zu Wien am Samftag vor
dem Sonntag, als man ſingt Oculi in der Faſten
(am 20. März), nad Chriſti Geburt dreyzehenhun—
dert Jahr, darnach in dem acht und ſiebenzigſten
Jahr.
Brief Eberhards von Capellen an den Herzog, in welch em
er bezeuget, Daf Die Freyſtaͤdter keinen Handel in Maut—
J hauſen treiben duͤrfen. 1392.
Dem Durchleuchtigen, hochgeborn edlen Fürſten,
Herzog Albrechten, Herzog zu Oeſterreich, zu Steyr,
zu Kärnthen und zu Crain, Graf zu Tyrol.
Mein willig Dienſt war allzeit bevor. Lieber
- Herr; Wie Eure Burger hie gu Enns, und die Stadt
und Die ganz Gmain dafelbft verſchreibent, als laß
ih Euer Gnad auch wiſſen, daf id) jebund und and)
vor, als lang id Euer Hauptmann gu Enns gemefen
25
ETC 39 6 ace
bin, gedenk, daß Fein Frenftadter mit Recht bat an
den Stätten, nod in den Rellern binzugeben noch zu
faufen, wann es Eur arm Leut ju Mautbaufen ihr
maifteNMabrung ift, mit Wein und Traid da verkau⸗
fen und bingeben. Sollenda ander Leut mitſammt fie
das Recht haben, verſteht Euer Grad wohl, daß e8
ibr Verderben idr. Geben ju Enns, am St. Lucas
Tag (den 18. October) anno Domini vete. LXXXX.
Secundo, ‘
Eberbardt von Khappelln.
Ein zweytes ſolches Zeugniß von Linz. 1392.
Dem Durchleuchtigen, Hochgebornen Furften,
Unferm Gnädigen Lieben Herrn Herzog Albredht zu
Oeſt., 3uStenr... entbiethen mir, der Richter, der
Rath und quitaindlid) Euer Burger der Stadt zu Linz
unfer willig Dienft mit ſtetem Gehorfam. Gnädiger
Herr! Wir thun Euer Fürſtlichen Gnaden zu wiffen,
daß die Mauthanfer für uns kommen ſeynd, und bas
ben uns zu wiſſen gethan, wie die Freyſtädter mit
ihnen arbeiten wollten, des ſie doch nicht Recht hiet⸗
ten, und bathen uns, unſer Kundſchaft, als wir ſein
gedächtig wären, zu fagen. Da verborten wir etlich,
Die vor Seiten Mauthner und Schreiber der Mauth
dafelbfi gemefen ſeynd. Die fagten ben ibren Ayden
und Treuen, und baben es aud von andern ebrbaren
Leuten wohl vermommen, daß die Freyſtädter mit de:
nen Mautbaufern nicht andere Rechten habent zu
arbeiten, denn was fie auf Schiffen daſelbſt hin gegen
Mauthauſen bringent von Wein und Getreid und fol:
cher Kaufmannſchaft, das mögen fic auf dem Waſſer
und an der Zilln wohl verfauffen wem fie wollen;
‘aber daß fie es auf dem Land und aus den Rellern da:
felbft zu Mauthauſen verfaufen follen, des haben ſie
CILS 38 7 ne
nit Necht. Beſchloſſen unter unſrer Stadt Inſiegl.
Geben zu Linz, om Sonntag nach Lucas (den 20. Oe⸗
tober) Anno Dni etc. LKXXX, Secundo.
Beyhlage Nro. XVI.
Urkunden, welche beiveifeti, daf fremde Kauf—
Tenute aucd im Lande db der Euns eben fo wie un:
ter der Enn8 mit niemanden, als nur mit den
Burgern in Stadten Handel treiben durften.
Statuten des Magiſtrates der Stadt Enné. Am 24. April
1550. Aus dem Driginal.
Sir ſtent geſchriben. dié Uuffeb . die der Nat. unt
Die Gemain bat aufgefagt . der Stat ze nug . vnd ze
eren. Daz erft iſt daz dller fürchauf verpoten iſt.
darnach ſchol alleu Mazz geleich féin . befunderlid an
Wein. den man fent iti die Stat, Als öft der Wein⸗
ſchench. die weinmazz pribt. daz er ſei niht vollichlich
ſent in die Stat. ſo iſt derfelb. ze wandel . vernallen.
Zwen ont Dreizzich pherining : demi Nibter. ont dem -
Nabribter. fo ſchol verpoten fein. allen weinchöſtern.
ont allen onder Chauffern daz fi . init niht dehain
wandlung febullen haben zwiſchen allen Geften .
dann als vil. da; der Weinchoſter deri Gaft ziie dem
Purger ſchol pririgen. der iveiti wil chauffen. vnt
waz der Gaft . weins chauft. bom derit Purger. fo ſchol
Der Purger. vor iedem Dreiling weins geben zehen
phenning wienner munzze dem Weinchoſter . ont de-
hain Gaſt tibt . brit waz der Gaft. weins geit ge
chauffen » dem Purger. fo fol . der Purger geben
vier phenning wienner munzze dem Woeinchofter .
ont der Gaſt niht vnt waz der vnder chauffel dem
n0."
naso 37} cs» -
Purger dauff . oder verdauft . iz fei Trait . Sals.
oder Gilber. fo ſchol der Purger . von iedem Stukch
geben. ain phenningh. ont der Gaft nibt. fo ſchol der
WMeincdofter . oder die Vuderdauffel. auf debain
Zulle nibt gen . iz ge. Dann ain Purger mit im. der
von dem Gaft chauffen iwelle ſwer den aufSatz pribt.
den die Weinchoſter vnd die Vnderdauffel mit irm
And gefivarn habent je pebalten . demfelbenifi verpo⸗
ten. ain Sar . die Stat. ont dem Purger ift aufge—
fagt.daz er. dem Weinchoſter oder dem Vnderchauf—⸗
fel. fol nibt mer geben dann Zeben phenning . von
iedbem Dreiling weins oder von iedem Dreiling
weins. den er. im chauft. ton dem Gaft . vier phen:
ning . oder von iedem Stukch. i} fei. Drait. Saltz.
oder Silber + ain phennind) . ont nibt mer. vond ſweli⸗
cher Purger. Dazfelb Pot nibt ſtät pebalt. daz er im
mer geit. vie daz genant ift . dann aufgefagtift. dere
felb'iftvernallen. ains phunt phenning . an die Stat. -
vnt von dem felben phunt phenning . {bol man geben.
Sehtzich phenning. dem Ribter . Wir haben ouch auf
gefagt. daz ein illeich purger. mitmibt. dehain wand:
lung ſchol baben Zwiſchen allen Geften. ſwer daz niht
ſtät hat. der iſt veruallen. ains phunt phenning . an
die Stat. bater . der phenning nibt. fo fchol . in. der
Ribter in vandnuffe baben in einem Turn nad) der
Purgerrat. i; ſchol ouch dehain Gaft. niht weins inle⸗
gen. fwelidjer Purger. ſich darvber. vnder windet
Des weins ze pebalten. dem Gaft . fo ift der Purger.
veruallen Fiinf phunt phenning wienner mungge . ant
die Stat. Daz die red. ont die aufSatz ſtät ont un
uerchert peleib. darvber geben mir. den offen brief ge
einem warn Gezeug mit hern Perihtoltz Sthefoltz
zter zeit Stat Rihter ze Ens. Anhangundem Snfigel
beſtaͤtigt. Der brief iſt geben do von Chriſti geburd.
neo 389 ——
warn ergangen. Drebzehen Hondert. Gar. in dem
Dreizzigſtem Sar. * Eritages an ſanet Geo
gen fag.
Ausmartige Kaufleute Dilefen nur mit den Buͤchern von Enns
bandeln. Am 16. Maͤrz 1379. Aus dem Original.
Wir Albrecht von gots gnaden Hertzog ze Deftera
reidy... Bedhennen ond tun chunt offenlich mit difem
brief. Daz Wir den erbermonfern getremen.. den Pur⸗
gern gemaintid ze Eng, Darumb daz fi, vnd diefelbe
vnser Stat ze Eng, defter paz aufnemen, vnd gepeffert
‘werden, die gnad getan Baben, nd tun auch, Swas
man wein oder getraid dahin pringet, daz das chain
gaſt, ainer dem andern nicht verkauffen ſol, nur allain
vnſern Purgern daſelbs ze Ens, Vnd ſwas auch Geſte
ſind, die von obern Landen mit gewand dahin komend,
daz die daſſelbe gewand auch dhainem anderm Gaſt
nicht hingeben, noch verſneyden, Sunder ſi ſullen das
verkauffen den obgenanten vnſern Purgern, an alles
geuer, Pit orchund ditz briefs Geben ze Wienn, an
Mittichen vor dem Suntag als man ſinget Letare ze
mittervaſten, Nach kriſts geburdt dreutzehen hundert
Sar, darnach in dem Newn vnd Syhbentzigiſten Jare.
Gin aͤhnlicher Befehl fur die Stadt Linz. Am 10. Decem⸗
ber 1394. Mus dem Original.
Wir Albrecht von gotes genaden Hertzog ze De
fierreidh .. Befennen, daz wir vnſern getrewn lieben,
Allen vnſern Burgern ze Long von beſundern gnadere
die gnad getan baben ond tun aud) wiſſentleich mit
dem brief, daz Sy allerlan kauffmanſchaft auf dem
Lande kauffen vnd verkauffen mugent, wie In das
fügleich iſt, vnd daz auch all ander awzzer Leut, die
nicht in vnſern Steten ſitzent, noch damit leident,
dhainerley kauffmanſchafft auf dem Lande nicht alſo
I
mes 390 no
trenben noch bandeln fullent in dbbainen weg, denn in
vnſern Steten, Dod) vntz an vnfer widerruffen an ge⸗
merde. Dauon gepietten mir veſtiklich vnſerm gegen:
murttigen Sauptman ob der Eng, oder ver ye vnſer
Gauptman dafelbs ift, vnd auch allen andern vnßern
Herren, Rittern vnd knechten, Phlegern Purggraueg
Ricbtern, und andern Amptleuten Vndertanen vnd ge⸗
trewn, den der brief getzaigt wirdt, vnd wellen ernſt⸗
lich, daz Sy die egenanten vnſer Burger bey diſer
vnſer gnad veſtikleich halten vnd an Irrung vnd Hin⸗
dernuſſe dabey laſſen beleyben, Wan wir das ernſtlich
maynen. Mit vrkund dig briefs. Geben je Wels an
Phintztag vor Sand Lucien tag. Anno Domini Mille-
fimo Trecentefimo Nonagefimo quarto. i
Gin fur alle Mable wird Bier die Bemerfung bey:
geftiget, dafi man ja nicht glauben dürfe, al$ waren
Diefe und ähnliche Privilegien nur der gemannten
‘ Stadt Enns oder Linz verliehen worden; ſie wurden
gewöhnlich aud allen übrigen Stadten ganz gleich=
lautend, nur mit Aenderung des Nahmens der Stadt,
bald im nämlichen Sabre, bald auch etwas ſpäter ver⸗
liehen. Dieſes war auch der Fall bey den zwey letzten
hier angeführten Urkunden; auch Wels, Gmwunden
und Freyſtadt haben ſie erbalten. Es mare unnütz,
ſie von allen Städten abzuſchreiben; es genüget ein
Exemplar für alle, Die Statuten des Magiſtrates
von Enns vom Jahre 1330 enthalten viele merkwür⸗
dige Notizen, von denen am gehörigen Orte wird Ge⸗
brauch gemacht werden. Hier genüge uns die Stelle,
daß Auswärtige nur mit einem Bürger von Enns
Handel treiben durften.
naso 501 cut
Benlage Nro. XVII:
H. Mbrecht verbiethet den Austindern, auch waͤhrend der
Jahrmaͤrkte Waaren zu Kleidungsſtuͤcken ellenweiſe ju vere
faufen. Am 1, Marg 1426. Aus einem Linzer Coder.
Mi Albrecht von Gottes genaden Herzog zu De:
ſterreich Graf zu Mobren.. Embietten onfern lie
ben getreuen, allen vnſern Haubtleuten, Herrn, Rit⸗
tern und Knechten, Pflegern .. alles guets. Wir ſein
lauter vnderweiſet worden, daß der Gwandtſchnitt,
vnd Gwandt mit der Ellen zu uerkhauffen, den die
Geſſt etliche Zeit her auf den Jarmärkten in Stetten
vnd anderswo in vnſerm Landt nach ihren Willen ge
than habent, vnſern Khaufleuten vnd Inwohnern
vnſers Landts zu Oeſterreich vnd ob der Ens ju grof:
ſen vnd merklichen ſchaden kommen ſein, vnd hinfür
khomen mechten, wan damit die Geſſt den Gewin, der
dauon khombt, aus dem Landt zu ihrem Mutz füren,
des die vnſern, die mit vns vnd dem Land leiden müſ—
fen, entperen. Nu haben wir denfelben Gwandtſchnitt
den Geſſten abgenomben, vnd mainen, Das fie den bin:
füro nicht mehr thun follen; doch ong an vnſer wider—
ruffen. Dauon iſt onfer mainung, vnd empfelchen euch
ernſtlich vnd wellen, daß ihr allenthalben in onſern
vnd euren Gebietten in Stetten vnd auf dem Landt
offentlich ſchaffet zu beruffen, das nu fürbaſſer khain
Gaſſt, der nicht heußlich wonhaft in vnſerm Land iſt,
Gwandt in vnſerm Land zu Oeſterreich vnd ob der
Ens mit der Ellen verſchneide vnd verkhaufe, ſondern
welcher Gaſſt Gwandt in das Land bringt, vnd das
da verkaufen welle, daß er das ganz end nicht verſchnit⸗
ten mit der Ellen verfharife, mann wir mainen, daß
das nur vnſer Inwohner vnd Underſäſſen, vnd nie—
mandt ander im Land thun ſollen. Welcher Khaufman
ao 392 nu
das aber darwider fhet, den mollen wir ſchaffen, ſolch
fein Gmandt t zu onfern Handten zu nemben. Geben zu
Wien, am Freytag vor dem Suntag Oculî in der
Faften. Anno, Domini millefimo Quadringentelizno
vicefimo Sexto, ‘
Beylage Nro. XVIII.
e. Maximilian ertaubt den Buͤrgern von Lina, dibera die
Donau, cine Bride gu bauen. Am 3. Maͤrz 1497. Aus
dem Riededfer Coder,
Mi Marimilian,. Befhennen für vns vnd vnſer
Erben offentlich mit diſem brieff vnd thuen khundt Al⸗
lermennigelich, das wir gemainem nutz zu füerderung,
vnſern vnderthanen vnd Lannde ob der Ens zu guet,
vnſern getrewen lieben N. dem Burgermaiſter Richter
vnd Rath zu Lynz gegennt vnd in beuolchen haben,
wiſſentlich mit dem brieff, das ſy vber die Thuenaw
daſelbs zu Lynz, mo ſy am fueglichiften ond beſſten
bedundbt, aim Pruggen Pauen, die mit Polmerden,
fo dargue Notturfftig wirdet, verſorgen vnd bewah⸗
ren, die Paullich vnd weſſentlich halten, vnd von ainem
Jeden Menſchen, vnd aller khauffmannſchafft vnd
guet, ſo darüber gefüert, getriben oder getragen wirdt,
ain zimblich Pruggelt, dauon ſy Ir außgaben ond dar⸗
legen, das fn auf Pau, vnd bewahrung derſelben
Bruggen thuen, widerumb aufheben, vnd die In beu⸗
lichen weſen behalten, nemen mügen, darfür wir, noch
vnſer Erben Niemaͤndt freyen wellen. Wir haben auch
denſelben von Lynz zuegeſagt, Indie Jezt genannt
Pruggen in Ewig zeit nicht gu nemen, noch ſonſt nie⸗
mandt Andern Inzuhaben, vnd zu uerweſen beuelchen,
ſondern ſy vnd Ire Nachkhomen dabey berueblich, vnd
ohne Irrung bleiben, der gebrauden vnd genieffen zu
laſſen, ond das ſie auch alle die frenbait, vnd recht, wie
ander Pruggen In onferm fürſſtenthumb Oſterreich
darzue haben, vnd gebrauchen ſollen, von aller menni⸗
gelich vnuerhindert. Mit vrkhundt des brieffs geben am
freytag vor dem Suntag Letare zu Mittfaſſten, nach
Chriſti gebuert vierzenhundert, vnd Im Syben vnd
Neungigiffen., .Zabr,
Beylage Nro. XIX.
K. Friedrich verbietbet den Bewohnern des Dorfes Ufer,
Linz gegeniiber, das Weinſchenken, Gafbaufer und allen
Handel. Am 17. Map 1485. Nus dem Riedecker Coder.
IM ir Fridrid von Gottes genaden Römiſcher Khay⸗
fer... Befbennen, als zwiſchen vnſern getrewen liebere
N. dem Richter Rath end vnſren Burgern gemaines
lich zu Lynz, Ain, und N. den Leuten ond balten
(Solden)y Um Vrfahr zu Scharlynz gegen Lyn} vber
des Andern Thail8, von weinſchenckhs vnd anderer
handlung wegen, fo dieſelben leuth, dafelb8 am Vrfahr
geuebt, vnd etwas zwitracht vnd Irrung geweſt ſeyen,
vnd vns aber dieſelben vnſer Burger In beyweſen
Etlicher derſelben leuth, von der Gemain auß onßer
Erfordern darzue georndtnet, durch Jer Priuilegien
Freyhait, vnd Alts herkhommen, Inen von weillendt
vnſern vorfordern, fuerſſten von Oſterreich loblichiſter
gedechtnuß, gegeben, vnd durch vnß Genedigelich bee
ſtätt, Aud mit Iren Statt vnd Mauth Puechern ge⸗
nuegſamblich bericht haben, das den bemelten leutten
am vrfahr, weder weinſchenckhen, Gaſſtung noch ans
dere Handlung vnd wandlung, Es ſey mit Traydt holtz
ſaltz oder andere wahr, khaine aufgenommen, erlaubt
ESS 304 noe
wehre, ſondern das ſolche bandlung. alle ledigelich ben
derfelben vnſer Statt Die fein folle, vnd ob diefelben
Leuth am Vrfahr weder brieff, khundtſchafft noch Une
ders, dardurch ſy ſich wider fold der von Lynz Frey:
bait vnd Altß herkhomen bebelffen mechten, fuerbrad:
ten, daß wir Sn dazumahlen fo weinſchenkhen, Gaff
tung, Auch all ander handlung Abgethuen, vnd die
füro diſen tag nicht mehr zu gebrauchen noch zu üben
beuelchen, dem ſy dann von der ganzen gemain wegen,
daſelbs am vrfahr willigelich vnd gehorſamblich nach⸗
zukhommen erbotten, vnd zuegeſagt, wo aber das
nicht beſchäch, das wir denſelben von Lynz ſich bey ſol⸗
chen Iren Freyhaiten ſelbs zu handthaben vnd zu hal⸗
ten vergundt vnd erlaubt haben. Dauon gebieten wir
den Edlen onſern lieben getrewen, N. allen vnſern
baubtleuthen... Geben zu Lynz am Erichtag bor dem
beiligen Pfingfitag. Nach Chriſti gebuerdt, vierzehen⸗
hundert vnd Im fuͤmff vnd adgigiften... Jahr.
—
Nei
Beylage Nro. XX.
Verordnung È. Marimiliane : Der Handel mit Wein, Ges
treibe und anderen Dingen foll blof in den Stadten und
Marften, keineswegs aber unter der Bauerſchaft auf dem
Lande getrieben merdben. Um 13. December 1496. .
Nus dem Original.
MB, Marimilian von gots gnaden Römiſcher Ku⸗
nig.. Embieten vnnſerm lieben getrewn Georgen von
Loſenſtain vnnſerm Rate vnd Hawbtman ob der Enns
oder wer kunfftielich vnnſer Hawbtman daſelbs ſein
wirdet Vnnser gnad vnd alles gut. Vns haben vnnſer
getremn..pnnfer Stete vnd Panmerkht Burger def
ſelben vnſern Fürſtenthumbs ob der Enns anbracht.
:
Wiewol Sp von meilennt vnnſern vorfaren Fürſten
pon Oſterreich loblicher gedechtnuſs loblichen gefrent.
vnd von allter alſo herkomen were. Das der kaufflag
mit Wein Traid vnd annderm Gewerb allain in den
Stetten vnd Merkhten die ſunſt khain annder narung
hieten ſein vnd geübt werden ſollt. So merde doch dere
ſelb Hanndl durch den Pawrſman auf dem Gew, dem
das von Recht noch aus Freyhait nicht zugehöret, fo
gemainelich vnd dergeſtallt gebraucht das des der mes
rertail auf das Gew wuchſe mit dem Sp in ganntz vere
derben komen vnd die Stet und Merkht dadurch vere
see wurden, daz Sy vns fürbas fo ſtatlich als Sy biſ⸗
her getan heten nicht mer gedienen noch in Stewrn Au⸗
ſlegen vnd annderm Helffen möchten. Vnd vns als
Iren Herrn vnd Lanndffürſten vmb hilff diemutielich
angeruffen vnd gebeten. Vnd ſo vns nu gebürt, vnd
gemaint iſt, die vnnſern bey Iren Freyhaiten alltem
herkomen vnd Narung zu hanndthaben. Emphelhen
wir dir ernnſtlich vnd wellen ſo ferr ſolher hanndl vnd
Gewerb wider der genanntten vnnſer und ander Bur⸗
ger Freyhait vnd allt herkomen auf dem Gem ynzimlie
cher weiſe geübt wirdet. Daz du dann allennthalben
in vnnſer Hawbtmanſchafft deiner verweſung offennlich
beruffen vnd verbieten laſſeſt damit füran nymannd
auf dem Gew der nicht Burger oder des ſunſt gefreyt
ſey oder gerechtikait hab khainerlay Gewerb oder kawff⸗
manſchafft nicht vb oder treib Sonnder die widerumb
in die Stete vnd Merkht wie von allter herkomen iſt
gewenndet vnd daſelbſt geſucht Dadurch vns vnnſer
Camergut vnd Dinſtperkait nicht entzogen noch not
werde mit ſtraffen vnd in annder weeg hir Innen ju
handeln daran tuſt du vnnſer ernnſtliche mannung.
Geben am Eritag ſannd Lucientag ni 13. Decem:
ber) Anno domini etc, LXXXXVI., —
\ CIS 306 ce
Un eben demfelben Tage beſtatigte Maximilian
H. Albrechts Verordnung vom Jahre 1372, über den
Handel Oberoſterreichs, und foster mr woörtli ch.
Sie findet fi | inder —— Nro. VI
Beylage XXI
Di Nudolph entſcheidet einen Streit — din ——
von Neuſtadt und Wien wegen des Weinhandels in letzte—
rer Stadt. Am 10. November 1358. Aus dem Seiten⸗
di fierter Eoder.
Mi. Ruedolf von gotz genaden Hertzog 8 Oſter⸗
reich Tun kund, (bas) zwiſchen den erbern und wei⸗
ſen, vnſern lieben Getrewen, den Burgern gemainkch—
leichen Zw wienn an ainem tail, vnd den andern Bur⸗
gern ze. der Newnſtatt an dem andern fail geweſen
ſind Soleich mißhelung vid Stözz, als hienach ge—
ſchriben ſtett. Da iſt zu merkchen, das die vorgenanten
vnser Burger von der Newnſtatt aus den Hanndtue⸗
ſten vnd briefen, die ſy habent von vnſern vorvodern,
ſich vndertziechen wellen Soleicher recht, das ſy all ir
ein, wie offt, wie viel, vnd au zu welicher zeitt in
dem Jare fp: des Luſtett, fueren folten und machten
(möchten) in die Stat zu wienn, vnd das ſy diefelben
it wein da nyderlegen vnd verkauffen, Vnd ir offenn
Taffern vnd lewthewser daſelbs zu wienn haben ſolten
an alle Irrung in allen den Rechten als die Burger
ſelber zu wienn. Vnd zugen ſich des an die egenant Ir
Hanntfeſt, vnd chomen für ons ond für vnſern e
Das habent diefelben purger vom wienn widerſprochen
vnd gehennt (Sc) all gemainkleich, Das die vom der
Newnſtat bey allen Sren geitten kain offenn nod) kain
gemain Nyderlegung, noch Tafern, noch lewthewſer
—
de
iN
uo 597 are
gehabt habent noch ze recht haben ſullen; Das ſy and
kain Iren wein durch nyderlegung noch verkawffens
willen gen wienn füern ſullen, An alain zwiſchen Sand
Michels tag vnd Sand Merteins tag, So mugen fy.
mol ir wein fileren gen wienn auf den Doff, ALS ander.
vnſer landtlewtt tunt in derſelben zeitt, Vnd als es von
alter Her chomen iſt vngeuerlich. Vnd zugen ſich des
an dieſelben von wienn Auch an dy Hanntveſt vnd
brief, die vnnser voruodern bey alten zeiten geben ha⸗
bent den vorgenanten vnſern Burgern von der Newn⸗
ſtatt, vnd paten vns auch, das wir ſew vor der egenan⸗
ten nyderlegung zu Schirmen geruchen Genadigklei⸗
chen, Ob wir in vnſerm Ratt erfunden, Das es Necht
wer. Vnd wann wir nach volkomenhait des gewalts
fürſtleicher wirdigkait als ein vollaiſter des Rechttens
vnd ain guetter Mittler aller mißhelung den vorgenan⸗
ten vnſern Burgern von payden Stetten, vnd all'atte
dern vnſern getrewen Schuldig vnd gepunden ſein
ſchirmes vnd frides nach Beſchaidenhaitt Vnd dem
Rechten: darumb haben wir die vorgenanten vnser
burger von der Newnſtatt mit den egenanten Iren
Hantfeſten Vnd briefen an ainem tail; Vnd die Burs
ger von wienn an dem andern tail für vns vnd fur one
ſern Ratt gen wienn in vnſer purgf berueffet vnd betagt
wiſſentlich auf den tag, als diſer brief geben iſt. Vnd
ſein deſſelben tags nyder geſeſſen mit rechter wiſſen zu
vnſern Ratt, Dabei geweſen fein onfer lieber Ohaim,
der Hochwirdig Graue Albrecht von Hochenberg, Bi⸗
ſchoff zu Freiſing; Der Erwirdig vnser lieber freundt,
Abbt Pernhart von Reichenaw; Dartzw vnser lieb ge⸗
trewen, die Edln Reinprecht von waltſſee von enns;
Eberhartt von waltſee, vnser Haubtman ob der Enns;
Vlreich von waltſee, vnser Hawbtman In Steyr;
Vnd eberhartt von waltſee, Fridreich von Baltfee(fic),
‘eno 308 suo
des egenanten Vlreichs prueder; Graffyban von perns
ſtain; Fridreid von pettam; Nuedolf von Liechten⸗
ſtain; Purgfhartt der altt von Ellerwach (lic); Her⸗
man von Lanberg, vnſer Marſchalh in Oſterreich;
Ruedolf Von Stadegf; Hainreich von Hackenbergk,
vnser Hofmarſcharlich; Johanns von Titers vori Naus
chennegk; Fridreich von waltſee, vnser Camermaiſter;
Albrecht der Schennckch von Ried, vnser Hofmaiſter;
Maiſter Hanns von Platzhaim, vnser Cantzler, vnd
ander erber Herrn, Ritter vnd chnecht, die zu dem
malln bey vns warn. Vnd do wir vnd dieſelben vnser
Ratgeben verhorten vnd Ingenomen aigenlichen mit
gueten ſitten, gar wiſſenlich von payden Stetten, vnd
funderleich die egenanten btief, in die ſy ſich paidenthal⸗
ben Zugen: Da funden wir vnder andern Stukchen
an denſelben briefen Die Artigkel, damitt ſich die ob⸗
genanten Burger von der Newnſtatt behelffen wolten
Irer maynung vnd der vorgeſchriben Irer furgab.
Vnd dieſelben Artigkl, die in den vorgenanten Hant⸗
feſten Latein verſchriben ſind, Lautent In Dewtſch
alſo: Das vnſer vordern denſelben vnſern Burgern
von der Newnſtatt durch ſoleich beſundre trew vnd
nemleich (Sic) dienſte, die ſy an In Sunderleichen ber
alten zeitten vnd Newleich erfunden habent, Soleich
genad getan, vnd die recht vnd freyhaitt geben haben,
Das ſy vnd all ir nachkomen Ewigkleich in allen vn⸗
ſern Stettn vnd auf dem Lande zu Oſterreich mit aller
Irer kaufmanſchatz vnd kauflichen Dingen, groſſen
vnd chlainen, vnd mit allen Iren valen (feilen) gue—
tern wanndlen ſullen vnd mügen, mit allem verkawf⸗
fen vnd mit kawffen freyleich vnd ledigkleich an Maut
vnd an Zoll, vnd an all ander Irrung, Vnd das ſy
auch damit vben ir Recht, freyhait vnd gnad, die ander
vnser ſtet vnd Märkcht haben, dahin zu Wandlen an
co 1399 e
alles geuerde in difen vorgeſchriben punten vnd Stu
chen die egenanten Artickl nad) begaibenteicher krafft
vnd befunderr aigenſchafft der morter der Rechtten,
ale ſy in dem Rechten begriffen vnd gefebt find, Haben
mir vnd Die vorgenanten vnser Ratgeben, paide phafe
fen vnd layen, mit vleiſſiger vnd gueter vorbetrachtung
vnd beſchaidenhait erfunden vnd (nach) dem Rechten,
Das die vorgenanten vnser Burger ze der Newnſtatt
mit allen Iren guetern, kaufmanſchafft vnd verkawfli⸗
chen dingen, groſſen vnd klayn, die man in gewelben
vnd in kramen gewöndlichen vail hatt, vnd die man
auch gewöndlichen vail hatt an offen Merckchten,
Straſſen vnd plätzen: Als viech, viſch vnd ander ding,
vnd mit allen andern Stukchen, die in dem wertt der
kawfmanſchafft begriffen ſind, Die ſein groß oder klain,
wanndlen ſullen vnd mügen in allen vnſern Stetten
ond Märkchten frey vnd ledig vor aller Mawtt, vor
allem Zoll, vor aller ander Irrung, Bud an als ge⸗
uerde, Vnd ſullen auch damit in allen vnſern ſtetten
vnd Märkchten fürbas zu Ir ſelbs rechten Soleich
freihait vnd recht Haben Als ander vnser Burger. Das
aber die von der Newnſtatt Ir offenn Tafern oder
lewthewser, vnd ir Niderlegung mit Irn wein Zu
Wienn haben ſullen, Das kunden wir vnd dy vorge⸗
nanten vnser Ratgeben Nach den vorgeſchriben Ur
tikeln nicht erfinden, Sunderleich darumb, Wann
wein In vnſerm Land zu Oſterreich ein ſoleich groſs,
namhafts vnd Redleich Stukch iſt, Das ſich all vnser
Stett, vnd Sunderleich die Statt Zw Wienn aller
maiſt betragent, vnd auch nachent Ir aller groſſiſter
paw ond peſtew arbaitt iſt, Vnd auch in allen vnſern
Stetten von alten Zeiten her wol geſetzt vnd geordent
iſt, Wie ſy allenthalben Sunderleich mit allen Iren
wein wanndlen ſullen, Souerr das daſſelb Stukch
400 <-
auch pilleich begriffen ift und Sunderleich mit den
namen in den briefen ind Santueften, die bnfer voruo=
Dern Den egertanten Burgern von der Newnftatt ge:
ben Habent, wer (mare) balt ir maynung alfo gemefen. .
Yann aber des nicht geſchechen iſt, vnd Sunderleichen,
ivann nad) gemannem gotleichen Rechten fain groſs
nambaft noch) redleich Stufd in ainer gemainſchafft
begriffen werden mag, Vnd auch fain mynners das
merer nicht beſchlewſſet, Wie das mynner begriffen
mirt; Vnd mann qud) die vorgenanten Burger von
Der Newnſtat weder Tafern, noch lewthewser noch
Niderlegung Mit Irm wein in Rechter vnd geruebter
gewer, noch mit offner Noch Redleicher gewonhaitt
Sn der Statt Zw Wienn Nie gehabt habent:
Darumb nach erkanntnuſs vnſer ſelbs Vnd der vor—
genanten vnser Ratgeben, Vnd auch ir aller gemain
vnd ainhelligem Ratt Haben mir Vnderſchaiden vnd
gelewtertt die vorgenanten Hanntueſt vnd brief, vnd
auch die krieg, die vmb die egenanten ſach geweſen ſind
Zwiſchen den vorgenanten vnſern purgern von paiden
Stetten, vnd ſprechen, das die vorgenanten Burger
von der Newnſtaͤtt weder Taffern, noch lewthewfer,
noch kain Niderlegung Zw Wienn Haben ſullen, Vnd
auch kain wein durch verkawffens willen da hin füern
ſullen, An allain Zwiſchen Sand Michels tag vnd Sand
Marteinstag: Do mügen ſy wol ir mein auf vnſern
Hof füern ze wienn, Vnd den da Hin geben, verkawf⸗
fen vnd verſchennkchen in der egenanten Zeitt, als
ander vnſer Landtlewt gewondlich tuent, vnd als es
von alter Her komen iſt an als geuerde. Darumb wel⸗
len wir vnd maynen gar ernſtlichen, das die vorgenan⸗
ten vnser purger von wienn fürbas ewigkleich vnbe—
kumert beleiben von den Burgern von der Newnſtatt
in der egenanten ſach. Vnd darumb ge Vrkundt geben
OSS 401 2
wir den vorgenanten Vnſern Sulla Zw Wienn die
ſen brief verſigelt mit Vnſerm klainem gewondlichen
Inſigel vntz auf die zeit, das vnser groſs fürſtleich
Inſigel beraitt werd, Vnder dem ſy dann den *
nanten vnſern ausſpruch vernewet nemen ſullen In
aller der maſs als vor beſchaiden iſt. Das geſchach
vnd wart diſer brief geben Fm wienn Um Sambg:
tag nach aller Heiling tag, Nach Criſti geburt drewt⸗
zehenhundert Jar, Darnach in dem * vnd funf⸗
tzigiſten Jare.
— — — — — — — — — — — — — — — — — —— — — — — — — ——
Beylage Nro. XXII.
Di Albrecht entſcheidet einen Streit zwiſchen den Kaufleuten und
Kraͤmern in Wien, und bezeichnet die Graͤnzen ihres Handels.
Am 23. Junius 1432. Aus dem Seitenſtetter Codex.
Mi; albredit von gots genaden Hertzog zu Oſter⸗
reich .. Marckgraff zu merbern.. . Bechennen vnd
thuen funth offenlich mit dem brieff Als etlich zeyt
ber zwiſchen vnſern getrewen, Den Fauffleutn gemai⸗
niglichen an ainem tail, Vnd den kramern gemainig⸗
lich vnſer Stat Zu vo auf dem andern tail, Etwas
zwayung vnd mißhelung find geweſen von Irer kauff⸗
monſchatz, gewerbs vnd handlung wegen, So ſie zu
paiderſeit handeln, vnd die kauffleut gemein haben,
Das ſie in Iren gewelben verkauffen, vmb uil oder
vmb wenig hanndeln vnd verkauffen ſollten vnd mod:
ten, tie Sn die fuglich wer. Da engegen als die fro-
mer fürgeben haben, Das In mit folpen Henndeln
ond uerfauffen, als die kaufflewt vor in hietten vnd
menig gent ber alfo nicht gemefen fen, Daraus Sr pers
derben gegangen wer, vnd nod) gieng, Wann fo die
Fauffleut Sn Sren gemelben alle claine ding verfauff-
ten, Dievormaln die wenndkromer vnd die am lichten
20
so 402 Ss
fieg, Bieten verfaufft vnd gebandelt, So modten fie
fich nicht betragen noch generen, Vnd murden Wir,
nachdem vnd Sr bie uil gefeffen find, an vnſern ſtewern
vnd rentten mercklich abgangk baben gehabt, Als ſich
des in Warhait woll ervinden mocht. Vnd wann wir
die vnd ander meniger zweiung, die ſie vns zu peider
ſeyten haben erzelt, lauter vnd aigentlich haben ver—
numen: Haben wir wolbedechtlich vber die ſach gefefe
ſen, vnd nad) vnſerm Nat ond etlicher ander vnſer vnt⸗
tertan rat ein ſoliche ordenung zwiſchen in gemacht,
Setzen vnd machen auch die mit. dem brieff, als her—
nad geſchriben ſtet. Des erſten, das all Kaufflewt,
die in der egenanten vnßer Stat zu wienn geſeſſen ſind,
all Ir kauffmonſchatz in kainer myndern Sum nicht
verkauffen ſullen, weder uil mod) wenig in Iren ge⸗
welben, noch auſwendig Irer gewelb, Dann als in
vnſern beſigeltten Regiſter, der wir In ains, vnd den
fromern gu gleicher weis ains haben geanttwurt, be:
griffen iſt; aber hinüber über dieſelben Sum, als in
dem Regiſter iſt begriffen, mugen ſie verkauffen aller:
lay kauffmonſchatz, wie hoch, wie tewer, wie uil ſie
wellend oder mugen. Was aber ander phenwert ſein,
Die in demſelben Regiſter nicht begriffen ſein, Damit
fol gehandelt werden mit der wag, mas ond ellen,
vnd nach Irem wert, al andre ſolche phenbert, die
in dem vorgenanten Regiſter begriffen find, angeſchla—
gen merden, vngeuärlich. Item fo fegen mir, das we—
der kauffleut noch framer nod) pemand ander Hie goſ⸗
ſen wachs chauffen noch verfauffen follen, Dann allain
Die Wadsgieffer follen damit bandeln, vnd mit as .
mif) chauffen und verfauffen, wie das nad gelegen:
bait diefer war fugfam iſt, vngeuärlich. Item Samat
vnd Tamafd mogen die fauffleut, der die Fromer mit
oder pey der ellen bingeben, chauffen oder verkauffen,
eo 403 ceo
wy fie Des ftat vinden. Stem es follen auch die kauff⸗
leut chain connifect von venedig nicht berbringen, vnd
file, noch die framer das hie nicht pailbaben noch vers
kauffen, aufgenumen wes fie des Sn Iren hewſern
felber bedurffen, Das mugen fie felber darSnnen nu⸗
Ben; vnd nyemand andérn verkauffen, Sunder die
appoteder, hie geſeſſen, ſullen ſolch connfect machen
vnd damit handeln, als in zugepürt. Es ſullen auch
die kauffleut noch die kramer Alle Nobe leinbat, es
ſey zwilich, ruphen oder ander Robe leinbat, Stud:
weiß oder ellenweis nicht verkauffen noch kauffen,
Sunder die leinwater ſullen damit handeln vnd Ir ge⸗
werb damit treiben, als Srem handel zugepurd, are
geuer. Da entgegen ſollen die leinwater chain geuerbte
noch plaichte leinbat ſtuckweis, puo) mit der ellen nicht
vailhaben mod) die verkauffen. Stem fo mugen die fro:
mer hinder fagurig, dapey vnd binuber, als in vn—
fermi egenanten tegifter begriffen ift, gange ſtuck, vil
oder menig verkauffen mit der wag, mit der maß vnd
mit der ellen, wie ſie geluſt. Item es ſullen auch die
kromer nicht gen venedig varen, reitten noch ſchicken
nach kauffmonſchatz, die mon daſelbs kaufft, Sunder
nur ſolhe vorgeſchribne pfennwert, mas ſie der bedurf—
fen, Hie zu wienn kauffen, Vnd von den kauffleuten,
die hie Recht habend hin zu geben, vnd Fe verrer nicht
dringen noch beſwern, vngeuerlich. Item Welcher
kramer gen venedig faren wolt vmb kauffmonſchatz,
der ſey ein kauffmon vnd nicht ein kromer; der ſol
kein kramerey treyben. Zu gleicher weis, welch er kauff⸗
mon gen venedig vmb kauffmonſchatz nicht varn wolt,
vnd wolt kramerey treiben, Der ſey ein kromer vnd
nicht ein kauffmon. Vnd das wachßhaus *) fol gebalt=
*) Wachshaus; es muf ohne allen Zweifel Wagehaus gelefen
werden, welche Leſeart durch mehrere andere Urfunden
20
eno 404 su
fer werden als von alter ber fomen ift, Dod alfo,
das die Fauffleut vnd die fromer das Sumbaben, Vnd
Darzu vier Weger und vnnderfeuffel ainhelliglichen fe-
tzen vnd erwelen, Vnd die fur den Nat pringen, vnd
daſelbs Sr gerechtigfait thun fullen, vnd von dem
Rat aufgenumen vnd beftett werden als ander vnser
egenanten Staf geſetz, ordnung (und) gemonbait
iſt. Vnd was nub zu dem Wachßhaus genallen, Die
fullen der fiat gu gemeinem nug genallen vnd geraicht
werden, Es fen fel, meut oder mag, mie ſich das al:
les begent. Aud) meinen vnd fegen mir: was die
Faufflemt vnd auch fromer brieff vntz ber gebabt ba:
ben, die Sr frenbait vnd kauffmonſchatz beriirent, mie
die genant fein: Diefelben brieff alle Sullen fie in das
ratbaus legen gu Srer paider tail banden Sn ſolcher
maß, welcher taill der bedurffen wurde, Wenn vnd
mie offt deg not geſchicht, Das den die geantwurdt
werden, Vnd darnach wider dabin gelegt werden. Als
vor geit aufgefebt ift und gepoten, das chain fambnung
unndert in der ftat fein full'dbann in dem ratbhaus, Das
pen einer oder zween des rats fein: alfo Meinen vnd
feben Wir, Das die faufffeut vnd fromer fainerley
famung baben meder in waghaus (Sic) nod) anderſwo,
bekraͤftiget wird. Und felbft in diefer Urfunde geſchieht wie
der Meldung von den Einfiinften, mele von Strafgele
dern, von Den Mautben und von der Wage der Stadt an-
beim fiefen; und gugleich werden Verfammiungen auf dem
Wagehaus verbothen. Uiberbaupt band fib der Schreiber
deg Coder an gar feine fefte Rechtſchreibung; fromer und
framer, faufmon und fauffmann, u. f. tv. wechſeln bepnabe
auf jeder Zeile. CE Rauch, T. INI p. 124. H. Friedrich
ſagt 1312: Es iſt vnſer fage und gebot, daz Die Vron ma-
ge se Wienne die di vorgenanten chaufleute vnd Chramer
mit alter gewonhait ber bradt babent auch furbaz in ir ge-
walt befeibe.
ess /()5\--o
In verde dann einer oder givenn Des Rats zugeſchafft,
Die des Handels nicht ſein, an geuerd. Wer aber da⸗
wider thät, vnd die egenante ordenung vnd (geſatz)
nicht ſtet hielt vnd vberfur, es wer in ainem oder me⸗
niger ſtucken, Das wiſſentlich gemacht wurd, an ge⸗
uerd, Es wern kauffleut oder kromer oder yemand
ander: Den oder die woltten wir ſchwerlich darumb
ſtraffen vnd peſſern an leib vnd an gut an genad. Vnd
des zu vrkund geben wir In diſen brieff beſigelt mit
vnſerm fürſtlichen groſſen anhangunden Inſigel, Der
geben iſt zu wienn an Sand Johanns abent zu Sun⸗
wenden, nach crifti gepurd vierzehenhundert vnd dar⸗
nach i in dem zwayunddreyſſigiſten Jare.
——— — — — — — —— — —— —— —— - =
Beylage Nro. XXIII.
H. Albrechts verbeſſerte Handelsordnung fuͤr Kaufleute und
Kramer. Am eilften Julius 1435. Seitenſt. Codex.
Di Aufſchrift von außen lautete: Den Erbern
weyſen getrewn Lieben, Dem Burgermaiſter Dem
Richtter vnd dem Rat Zu Wienn.“
Erbern, weyſen lieben Hern, getrewn. Als ew
wiſſentlich iſt vmb die ſatzung, So wir zwiſchen vnſern
kauffleuten vnd kromern Zu wienn mit vnſern brieffen
vnd beſigilten Regiſtern gemacht haben, Hat vns nach⸗
malen ettwo uil angelangt, Wi die ſelb Satzung an
etlichen ſtucken zu hoch, vnd an etlichen zu uyder für⸗
genumen vnd gemacht ſey, Dadurch geſt vnd Inwo⸗
ner Ir Händel nicht mugen notdurfftiglich vben noch
treyben. Nun haben wir für vns genumen, ſolich ge—
prechen zu wenden, Doch mit ſolicher ordnung vnd
vnderſchaid, das kauffleut vnd kromer wiſſen, wes ſie
ſich zu peder ſeyt haltten ſollen, Vnd ſein der hernach
geſchriben fagung ainig worn, Vnd meinen und wel⸗
ten, Das ſich kaufflewt vnd framer der alfo baltten ,
Vus das mir dig vnſers geuertz (Heerfabrt) miderumb
gein wienn fumen, Damit Sr arbeit (Handel) ju pai
derfeit mit geften vnd mit Inwonern deſterpas mug ge⸗
triben vnd geübet werden. Vnd fo wir gein wienn cho—
men, fo wellen wir ong verrer im. den fachen eruarn.
Wurd dann verftanden etwas notdurfftiglich dar Inn
(zu) endern, darzu oder daruon Zu ſetzen: das wellen
mir thun, Vnd das dann da mit vnſern brieffen bee
ftaten, Damit das ein fürgangkhehab und beleiblich
ſey. Emphelhen mit cud vnd wellen ernſtlich, Das
Sr die egemelten vnser kauffleut vnd kromer an uer—
ziehen für euch vordert, vnd von vnſern wegen ernſtlich
mit In ſchafft, Das ſie die gegenburttig vnser Sa—
tzung alſo haltten Vnd daraus nicht treten, noch da—
wider thun in chain weg, Wann welich das vberfurn,
vnd dy gegenburttig ſatzung nicht hieltten, Die wolt—
ten mir ſchwerlich darumb peſſern an leib vnd an guet.
auch Iſt vnser mainung, das Ir der (von diefer) ord⸗
nung kauffleuten vnd kramern abgeſchriefft gebt, Das
ſie ſich zu paiderſeit darnach wiſſen zu richten. Vnd iſt
Das die egemelt Satzung: Die kauffleut ju wienn ſul⸗
len vnd mugen alle gewegne phenbert, ſchwer oder
Ringe, verkauffen mit dem phund oder hinüber; Aber
dahinder dem phunde nicht. Sie ſullen auch alle ge—
meſſne phenbert verkauffen ſtucksweyſe, vnd nicht mit
der ellen, Außgenumen guldine ond ſilbrine tücher,
Sammat, Tamaſch, attlas, vorſtat, vnd alle ſey—
dine tücher: die ſullen ſie mit der Ellen vnd hinüber
verkauffen vnd nicht dabinder: Sic ſullen auch goltz⸗
ſpulen gang ſpulenweis verkauffen vnd hinüber, wie—
uil ſie wellen; aber hinder einer ſpulen ſullen ſie nicht
hingeben. Es ſullen auch die kauffleut öl vnd wachs
ovo 40 T n
verkauffen mit einem viertel aims centtners. Da ent⸗
gegen mögen (fc) die kromer auch gen venedig varn
oder ſennden, vnd auch alle gewegne phenwert vere
kauffen vnd hingeben pey elain vnd pey gros, wy ſy
die ſtat vindent. Vnd welcher kromer cin aigen Haus -
hat: Der ſol freye wal haben, in demſelben ſein haus
ein krom zu machen vnd zehaben, vnd ſein Handel
dar Inn zu treyben, als dann ein kramer zugepürt.
Vmb das wagßhaws (lic), Aud vmb die eingriff, die
deri fromern von etlidjen in Irer Handlung befche
bendt, als mir vermemen, Wellen mir nach dem, vnd
wir onfer$ geuertz gein wienn kumen, auffundig ma:
chen, pey wem es dann furpas Darumb befteen full.
Geben zu brun, an montag vor Sand margrethen
tag, anno Domini ete. Tricelfimo quinto. ©.
Unmittelbar. mac) dieſer Berordnung ftebt im
Codex Folgendes: „Es fol fain kauffmon dI verfaufe
fen, dann mit dem pannt, Wie das öl genannt ift.
Es fol nyemant dI anftreidien, Dann die öler,
Schmerber, kertzumacher, als das Sr fürſtlich Brieff
ausweiſt.“
Anno domini MCCCCXX primo, Sub tempore
Rudolffi angeruelder Magiftro ciuium in Wienna Iſt
aufgefagt vnd gepoten nd geruefft von meinem Hernn
dem Hergogen und dem Nat der ftat gu wienn, das
kain vurger, kaufleut oder hantwercher , Was weſens
fie in der Stat fein, fain famung hinfür nicht mer
baben fullen, nod) zufamen fumen fullen, dann al:
Tain in dem Nathaus gu wienn, Da mögen fie einfue
men, Vnd dafelb8 purger, Fauffleut und hantwercker
Irer fad ainig werden, Dod alfo, da ne gu den
geifen won einem purgermaifter (oder) von einem Nat
aus dem Rath ainer oder Ziven Darzu gefhafff mer
den ynd geben. Wer dawider thet, der ift gem vnſern
se 40 8 ne
geneding Hern vngenad veruallen al8 cin snodi
famer..
li» © tf © "> è — — è — eee ae e —
Beylage Nro. XXIV.
In Linz duͤrfen nur die bebaufeten Birger mit Mein und Sali,
die buͤrgerlichen Handiwerfer aber nur mit ipren Erzeugniffen
bandeln. Am 16. Junius 1390, Aus dem Original.
Bi Albrecht son gote gnaden Hertzog ze efter:
rei... Bedennen, daz wir den erbern, vnſern ge:
tremn, dem Richter, dem Nate ond den burgern ge:
mainleich ze Ling , durch derfelben vnſer Statt gemai:
nes nutzes vnd frumes millen, die genade getan haben,
vnd tun auch) wiffentleich mit dem brief, daz nu fürbaz
Fain vnſer burger, mod nymand anders dafelb8 ze
Ling, mer der ift, weder mit mein, nod mit Salk,
nicht aribaiten fol noch muge in dbainer weis, er hab
dann daſelbs ain aigen Haus, Aber all Hantwerkleut
daſelbs, wie die genant ſind, mügen ir yegleicher all
kaufmanſchaft vnd Handlung, die ir Hantwerkch anrü⸗
rent, wol treiben vnd handeln nach irr notdurfft an all
irrung. Dauon emphelhen wir vnſerm lieben getrewn
Reinprechten von Walſſe, oder wer pe dann zu den
tzeiten vnfer Haubtman dafelbs ze Ling iſt, vnd mellen
ernſtleich, daz er die egenanten vnfer Burger dafelb$,
Arm und Reich, ben difer vnſer genad halte vnd ſchir⸗
me von vnfern megen, Dod vntz an ynfer, oder on:
fer erben widerruffen. Mit vrchund dig briefs. Geben
ze Wells an Phingtag nad Sand Vepts tag. Nach
Frifti gepurd Dreutz ehenhundert Jare, darnach in dem
Newntzigiſtem Jare.
ove 4009 222
Beylage Nro. XXV.
K. Albrecht entſcheidet den Streit ivegen des Handel8 zwiſchen
den Buͤrgern und Handwerkern in Linz. Um 30. Maͤrz 1438.
Aus dem Linzer Coder.
N. Albrecht von Gottes Genaden König zu Sun:
gern, Dalmatien vnd Eroatien, ermeblter König zu
Bebeimb, Herzog zu. Defterreid ... Befennen mit
Dem Brief. Als vnſer Getreuen, die ‘Gandwerfer ge
mainiglich zu Linz in der Sfatt nd vor der Statt ge-
feffen nd mobnbaftig, ſtößig gemefen find mit nfern
getreuen N. dem Rat vnd den Burgern dafelb8 von
den nachgeſchrieben Stud vnd Artifel wegen, die fie
Vns haben Klagmeis fürbracht, vnd darauf die Bur:
ger ihr Antwort baben getban. Diefelben Sachen all,
vnd etlich ander Zwiträcht, die zwiſchen ibnen mas
ren, ſie zu baiderſeits nach ihrem Fürbringen, Red
vnd Widerred, gänzlich zu vnſern Genaden geſetzt,
vnd vns angeruft haben, ſie darumben zu entſcheiden,
daß ſie wiſſen, mas ſich jedweder Thail hinfür ſoll bal:
ten: daß wir wohlbedächtlich vnd nach Rath vnſerer
Räthe durch vnſer Stadt vnd ihr Aller Nutz, Frum—
men vnd Aufnehmens willen ain ſolche Ordnung zwi⸗
ſchen ihnen geſetzt vnd gemacht haben; ſetzen vnd ma⸗
chen auch mit rechtem Wiſſen vnd Kraft dig Briefs,
als bienad) begriffen ift. Des Erften: als die Hand⸗
werker begehrt baben ihnen zu gönnen der gemainen
Arbeit mit Wein, Traid vnd Salz, bond auch ander
Gewerbung vnd Handlung zu treiben, die ihre Vor—
vodern zu Linz vnd ſie vom Anfang der Stadt gehabt
haben; dawider aber vnſer Burger vorgaben, wie die
Handwerker ſolcher Arbait vnd Handlung nicht Recht
hätten, mann das wider der hochgeboren Fürſten lob:
licher Gedächtnuß, Herzog Albrechts vnſers lieben
an 41 0 EeTa
Ennen, nd Herzog Albrechts vnſers lieben Herrn vnd
Vaters Gnadenbrief vnd Geſchäftbrief wär, damit
ſie die Stadt Linz fürgeſehen vnd begnadt haben; die:
ſelben Brief und ander Brief ſie dazumal fürbracht,
die wir auch gehört, vnd darauf geſatzt vnd geordnet
haben, alſo, was dieſelben vnſers Ennen vnd vnſers
Vaters Brief inhalten, daß ſich beyde Thail deſſen
halten vnd dawider nicht thun ſollen in keine Weis un⸗
gefährlich, doch mit ſolcher Unterſchaid, daß vnſre
Handwerker zu Linz in der Stadt vnd vor der Stadt
geſeſſen vnd wohnhaft, kainerlay Kaufmannſchaft oder
Handlung mit Wein vnd Salz nicht treiben ſollen,
ausgenommen was ihrer jeder Wein vnd Salz in ſeine
ſelbſt Behauſung zu Speiſung ſein ſelbſt vnd ſeines
Geſinds, ond nicht ferner zu verthun bedarf, das
mag er. kaufen vnd zuwege bringen um ſein Pfenn⸗
werth oder um Geld von Burgern oder Gäſten, wie
er des ſtattgehaben mag ungefährlich, und ſollen ihm
unſere Burger zu Linz kaine Irrung daran thun. Es
mögen auch alle Handwerker daſelbs, wie die genannt
ſind, und ihrer jeglicher alle Kaufmannſchaft und
Handlung, die ihre Handwerke anrühren, treiben
und handeln nad) ihrer Nothdurft ohne alle Irrung.
Item dieſelben unſer Handwerker mügen in den offnen
Jahrmärkten zu Linz, ſo lang dieſe währen, in ihren
eigenen Häuſern wohl feilen Wein ſchenken, oder ans
dern geſeſſenen Leuten zu Linz gunnen, feilen Wein
darinnen zu ſchenken, doch nur ſolche Wein, die von
unſern Burgern zu Linz, und nicht von Gäſten gehebt
werden, ohne Gefährde. Desgleichen mügen auch die⸗
ſelben unſer Handwerker andern Leuten gunnen, ſie
ſeyen Burger oder Gäſte, daß ſie in der Handwerker
cigenen Häuſern ihre Waare und Kaufmannſchaft in
den offnen Jahrmärkten ablegen und verthun, als
«> 411 a
des unſer Burger gu Linz in ibren Häuſern Necht hac
ben, ungefährlich. Wann aud) unſre Burger gu Ling
Steur und andre Forderung anfangend Raittung
thun oder aufnehmen, oder andre: gemaine Baden,
welche den Nath und Gemain berühren, vorbanden
haben: fo follen fie alliveg drey oder vier aus den
Handiverfern, die dazu nug find, gu ihnen fordern,.
die foldje Saden fammt ihnen bandelm nad Moth
durften, darinnen dann die Handwerker auch follen
ohne Widerred geborfam ſeyn, ohne Gefährde. Aud
follen die Sandiwerfer, die dazu vernunftig find, wenn
man Die gebaben mag, an die Schranne gefegt vere
Den, mie die Burger dafelbs. Es follen auch die Sands
werker, mod) jemand ander. Feine. befondere Befam=
mung oder Bindnuf unter ihnen felbft baben, machen
oder thun, ohne des Nichter8 und des Naths Wiſſen
und Willen; und ob fie icht Gebrechen batten, die
ſollen fi? guͤtuch an den Richter und Rath bringen,
damit ihnen dieſelben gewendet werden, als fer das
rechtlich ift, Würden ibmen aber diefelben nicht gewen⸗
Det, fo mugen fie die an uns oder unſern Anwald brin⸗
gen, mann mir mainen, daß die gegenmartige unfre
Ordnung hinfür merde gehalten, und daß auch aller
Unwill, wie ſich der bis auf diefen beutigen Tag zwi—
ſchen den Burgern und Handwerkern jugetragen und
verloffen bat, gänzlich verricht und hingelegt ſeyn
foll. Getreulich und ohne Gefährde. Wer auch dami:
der thäte in ainem oder menigen Stücken, das wiſſent⸗
lich gemacht würde ungefährlich, den wollten wir da:
rum ſchaffen zu beſſern an Leib und Gut. Und des zu
Urkund geben wir jedem Thail unſeren Brief gleiches
Lauts, verſi igelt mit unſerem Inſigel. Geben am Sonn⸗
tag Judiea in der Faſten, nad Chriſti Geburt 1438,
Unſers Reichs zu Hungern in dem erſten.“
eo 112 um
Ich hielt es für unnütz, die Abſchrift des Coder
buchſtäblich beyzubehalten, da er das Original zwar
wörtlich getreu liefert, aber die Orthographie deſſelben
in Die jüngere ſeiner eigenen Zeit verändert darſtellt.
Die Worte habe auch ich möglichſt in ihrer alten Form
beybehalten, aber zur Erleichterung des Leſers, des
Schriftſetzers und auch des eigenen Abſchreibens bin
ich der beſſeren Orthographie näher gerückt, mas uns
fer gleichen Umſtänden noch öfter geſchehen wird .
——— —— — — — —— — —— —— ——— —— —
Beylage Nro. XXVI.
K. Friedrichs neue verbefferte Buͤrgerordnung für Ling. Am
fiebenten October 1491. Aus Dem Riededfer Coder. |
Mis Friderich son Gottes Genaden Rösmiſcher
Kaiſer.. Bekennen, daß wir um Aufnehmens willen
dieſer unſer Stadt Linz, damit die mit Wein, Traid,
und andern Nothdurften deſter bas fürgeſehen, und
daran nicht Mangel merde, ain Ordnung und Sa—
tzung gemacht haben wiſſentlich mit dem Brief. Alſo,
daß fuͤran die Handwerker, ſo unſer Burger hie ſeyn,
Wein vom Zapfen zu ſchenken, und ander Händel
von ihrem aigen Guet, und daß ſie niemands damit
zu Hilf nehmen, zu treiben, als die andern unſer Bur—
ger des Raths und Handelleut, Burger daſelbs, zu
thun; desgleichen dieſelben vom Rath und Kaufleut
wiederum all Recht, Uibung und Gerechtigkait, ſo
die obbemeldten Handwerker gebrauchen, haben und
genießen ſollen. Und ob ſich derſelben Burger oder ih⸗
rer Kinder ains oder mehr zu ainer Wittiben oder
Tochter der beſtimmten Handwerk mit Heirath kehret:
ſo ſoll als oft denſelben die Recht, ſo daſſelb Handwerk
bat, gu gebrauchen zuſtehn und verfolgen. Desglei⸗
POT 413 224
chen, ſo die bemeldten Handwerker oder ihr Kinder zu
den vorgemeldten unſern Burgern deg Raths oder ans
dern Kaufleuten daſelbs heirathen: daß dieſelben ihr
Recht zu hantiren auch haben ſollen. Wär aber, daß
ain Handwerker Burgerrecht zu haben an Burgermai⸗
ſter, Richter und Rath hie begehren wurde, das ſollen
ſie ihm nicht verzeihen (verweigern), ſondern dazu
kommen laſſen, der ſich gegen ihnen als ander unſer
Burger daſelbs gehorſamlich halten ſoll. Es ſollen auch
kain unſer Burger noch Inwohner hie zu Linz, den
vom Adel, Häuſer noch ander Grind in dem Burge
fried hie gelegen nicht verfaufen, nudi) in ander Weg
in ihr Hand fommen, fondern ihren Genoſſen dafelbs
die wiederfabren laffen, darauf die obgenannten Hand⸗
werker dem bemeldten Burgermaifter, Nidter und
Nath hie von unfertmegen geborfam und gewärtig
ſeyn, und kain Befammung nod) Aufruhr wider fie
machen, da entgegen fie diefelben Handwerker gütlich
balten, und in unbillig Weg nicht dringen follen.
Welcher Thail aber diefen unfern Entſchaid nicht bal:
ten und dawider bandeln wurde, der foll zwainzig
Mark löthigs Golds, halb uns als Gerrn und Lands:
fürſten in unfer fürſtliche Camer, und den andern hal⸗
ben Thail der geborfamen Parthey verfallen ſeyn.
Zu Urfund bat jeder Thail ain ſolchen Vrief in glei:
cher Laut mif unferm anbangenden Inſiegl befiegelt.
Geben zu Linz, am Freytag nad fant Francifcen
Tag; nad Chriſti Geburt vierzebnbundert und im
aiin und neungigiften.. Saren,
K. Marimilian bat diefes Privilegium wörtlich
beftatiget. —“ Geben Zu Cöllen, am Montag nad
fannt Peter und Pauls der beilligen zwelf Potten tag
(am 30. Junius) 1404.
o 414 ee
Beylage Nro. XXVII.
K. Maximilians Buͤrgerordnung fuͤr Linz. Am 29. December
1498. Nus deu Niededer Eoder.
Wi, Marimilian von Gottes Genaden Römiſcher
Künig.. Bekennen, als ſich zwiſchen unſern getreuen
Lieben, unſern Burgern zu Linz an ainem, und den
Handwerksleuten daſelbs andern Thails Irrung und
Spänn halten, und aber dieſelben gütlich hingelegt,
quo) ferrer Mib; Koſt und Schaden, fo daraus ere
wachſen möchte, verhüt werden, baben wir aus
Obrigkait als regierender Herr, und Landsfürſt der
Billichkait nach ain Ordnung fürgenommen, die baid
Thail annehmen, und hinfür ohn alle Waigerung
und Aufzug halten ſollen, wie hernach folgt. Des
Erſten, * band Partheyen, Burger und Hands
merfer, Madt baben follent, nach ihrem Gefallen mit
Raufen und Verfaufen des Traid$s zu bandlen; aud
das Salz abzulegen, mie vormahls die Burger ge:
than baben, darin fain Parthey die ander irren noch
verbindern foll. Stem des Weinſchenkens balb mellen
wir, daß unſer Burger zu Linz laut ibrer Frenbait
der Handwerker halb unverbindert ſchenken mügen;
doch ſoll den Handwerkern zugelaſſen ſeyn, zu baiden
Jahrmärkten von Anfang bis gu End; desgleichen ju
den Zeiten, fo ain Landsfürſt zu Linz if, und darzue
des Jahrs von dem Chriſttag anzufaben bis auf den
Sonntag Snvocavit, an demfelben aufzuboren, gu
ſchenken in aller Map, wie die Burger ſchenken, der
Burger balben ungeirrt. Es follen auch die Handwer—
fer Macht baben, in den jeb gemeldten Zeiten Wein
nad) ibrem Gefallen, mo es ihnen füglich ſeyn mill,
nicht allain von den Burgern, ſondern aud von der
Gäſten gu faufen; doch ſollen die obbemeldten Urtifl
und Stud allain den Handwerkern, fo in der Stadt
Linz bebauft fenn, und alfo häuslich in der Stadt fi:
ben, zugelaffen fenn, und ſonſt niemands auferbalb.
Item fo jährlich die Stadtfteur zu Linz angelegt murs
de, Daf dann ſolches mit der Naittung und Unfegung
beſchehe Inhalt ibrer Frenbait von Künig Albrecht
ausgangen, wie dann folches von Alter ber gebraucht
ift alfo; daß die Burger. dren oder vier ju ſolchen ob:
gemeldten Sandeln aus den Sandmerfern, fo dazu
täuglich fenn, erfordern follen; und welche alfo er«
fordert werden), die follen das Jahr aus alfo für und
für ben ſolchen Handeln bleiben. Alles treulich und une
gefährlich. Mit Urfund dieß Briefs. Geben zu In—
forud am Samftag nach dem beiligen Chriſttag, nad
Chriſti Geburt Vierzehenhundert und im acht und
neunzigiſten; Unſerer Reiche des Römiſchen im zwölf⸗
ten, und Des Hungeriſchen im achten Fabre.
? Per Regem. Comifsio domini regis in confilio,
Stuerzl, Cannzler. Sm Sabre 1521. beftatigte Fer
dinand mortlid) diefes Privilegium. „Geben in onn:
fer Stat Grag, am 28. tag des Monats Oetobris,
nach Chriſti geburt 1521.
Per Principem. Ad mandatum Serenifsimi do-
mini principis Archiducis in confilio. Threit Saur
wein.
oo
Beylage Nro: XXVIII.
H. Albrechts Verorbnung uͤber die Handelsgerechtigfeit der
buͤrgerlichen Haͤuſer, mele unmindigen Kindern geboren. Am
14. October 1414. Aus dem Linzer Coder.
Wi Albrecht von Gottes Genaden Herzog zu Oe⸗
ſterreich.. Befennen, als wir nad Bitte unfer Bür⸗
è.» 4 1 6 ua
ger gu Linz vor Zeiten aufgefebt hätten, daß mit
Sal, Wein und ander Kaufmannſchaft in derfelben
unfer Stadt niemand arbaiten follte, er batt denn
ain aigen Haus. Iſt feitemalen- an uns bradt, daß
Derfelb Auffag den Burgerfindern, die nicht vogtbar
feind und aigne Häuſer habent, ſchädlich wäre. Davon
haben mir ibnen die Gnad gethan, und thun aud wife
fentlich mit dem Brief: Was Burgerfinder feind, die
nicht vogtbar feind, und die aigne Häuſer in der vor
genannten unfer Stadt habent, dafi die, den fie die:
felben ibre Häuſer hinlaffen oder empfeblent, in den:
felben Häuſern ihre Arbait mit Salz, Wein und an:
deren Kaufmannſchaft getreiben mügen als ander
Burger daſelbs thun, als lang, ung daß dieſelben
Kinder zu vogtbaren Jahren fommen, und diefelben
| ihre Haufer felber inhaben und verivefen. Aud mellen
mir, welcher Burger unter ihnen zwey Haufer bat,
daß er das ain Haus, darinnen er nicht wobnbaft ift,
cinem andern empfeblen und binlaffen müge, und daß
der, dem cr es binlaffet oder empfilchet, darin mit
aller obgenannten Kaufmannſchaft gearbaiten, und
ſein Gewerb getreiben müge, als ander unſer Burger
daſelbs Recht habent; doch untz an unſer Widerrufen
ohn Gefährde. Mit Urfimb dieß Briefs. Geben zu
Linz, am Sonntag nad St. Colmanns Tag. Anno
Domini Quadringentefimo decimo quarto.
— att
Beylage Nro. XXIX.
H. Albrecht erlaubt den Handwerkern in Oeſterreich, ſich in
Guns niederzulaſſen, und dort ihre Arbeit zu treiben. Um fie=
benten May 1577. Aus dem Original.
Mi Albrecht von gotes gnaden Hertzog ze Oeſier⸗
reich, ze Steyr, ze Kernden, vnd ze Krain, Graf ze
ico 412 ue
Tyrol. Tun hunt, Daz wir vnſern getrettin.. dett Pur⸗
gern gemainlich vnſerr Stat ze Ens die gnad getan
haben, vnd tun auch, Swelicherlay aribaitter ſich auz
andern Stetten, Merkten, oder Dörffern in die vor—
genant vnser Stat gen Ens ziehen, und daſelbes mos
nen wellent, es ſein ledrer, fleiſchhakcher, Schuſter,
oder ſwie ſi genant ſein, daz die freilichen in derſelben
vnſerr Stat ir aribait treiben vnd vben mügen, vnd
ſullen, an vnſer, vnd menichliches irrung, vnd hinder⸗
nuſſe, in aller der mazze, alz die andern, die vormalz
darinne geſezzen ſind, Ez ſey danne, daz dieſelben, die
vor da geweſen ſind, von vnſern vordern, oder von vns
ſölich brief, vnd vrchund haben, der Si in der ſache ge⸗
niezzen wellen, die ſullen ſi fürbringen, vnd vns die zai⸗
gen, wes fi dann recht habent, dabey wellen wir fi gerne
halten, vnd ſchirmen, alz das pillich iſt. Mit vrchund
ditz briefs. Geben ze wienn an dem heiligen Auffart
tag. Nach kriſtes gepurd Dreutzehenhundert iar, dare
nach in dem Siben vnd Sibentzigiſten Jare.
—— —————————— — ———
Beylage Nro. XXX.
Nar die Hausbeſitzer, die fein Handwerk treiben, duͤrfen in
Enne mit Wein bandeln und ihn ausſchenken. Ym 30.
May 1413. Nus dem Original.
Wi Albrecht Bon gotes gnaden Hertzog ze Seſter⸗
reich. Bechennen. Wan wir aigenleich Vnderweiſet
ſein, daz vnser Stat ze Enns von ſolher geprechen
wegen, die Sp ong bet manigualtieleich gehebt (Lic)
bat in grozz abremen kömen iſt, Bud menigere name
baffte Hewser da vngeſtifft vnd ode ligent. Haben mir
durch aufnemens millen, derfelben onfer Stat, Vnd
Pon fundern gnaden, onfern getremwn .; den Burgern
27
“> 419 20%
gemtainelei daſelbs, die grad getan, Vnd tun aud
wißentleich mit. dem brieue daz nu fürbazzer dhain
Inwoner, der nicht aigen Haus da bat, noch dhain
Hantwericher der ſein Hantwerich treibet, oder ar⸗
baittet, mit Weinkauffen, wein verſchenkchen, oder in
ander weg ze vertun, Da nicht arbaitten ſol in dhainen
weg, Sunder daz die, die alſo mit Wein da arbaitten
wellen aigne Hewser kauffen vnd darinn damit iren
gewerib treyben, als ander Burger in iren aignen
Hewſern geſezzen tunt. Vnd daz auch die Hantwericher
ir Hantwerich arbaitten vnd ſich der betragen angeuer.
Dod vntz an vnser widerruffen. Mit. ordunt dig
brief8. Geben ze Wienn an Eritag bor dem beiligen
Auffarttag Nach kriſti gepurde Viertzehen —
Jar, Darnach in dem dreyzehenden Jare.
—e—— ——
Beylage Nro. XXXI 0
H. Albrecht verfpridt, kuͤnftig von der Stadt Enns eine
geringere Steuer gu fordern, meil dort mebrere Haͤuſer oͤde
fiegen. Am 25: Junius 1413. Nus dem Original,
MW; Albrecht. + Befennen, vnd fun fune offerti
mit dem Brief. Man mir aigenleich vnderweiſet fein,
daz vnser Stat zu Enns, ettleich zeit ber, vaſt abge-
nomen bat, Alfo, daz menigere Hewſer dar Inn gele⸗
gen öd vnd abkomen find, dadurch vnser Burger ge:
maineleich daſelbs, die Summ der gewönleichen Lant⸗
ſtewr, als die vor zeiten auf Si gelegt iſt, hinenthin
(Gc) nicht vermügen, als vormalen iſt ber komen. Ha
ben wir In, die gnad getan, vnd tun auch mit dem
Brieue, wenn ſich gepüret, daz wir hinfür ein gemaine
Lant Stewr, auf vnser Land legen werden, daz wir In
denn nicht die Summ, als Sy vor geſtewret habent,
ESSCA 41 (9) 2%
nuflegen ivellen, Sunder cin ſöliche Summ, die Sp
vermilgen, vnd al wir andern vnſern Stetten ob der
Enns auflegen an geuerd. Dod) vng an onser wider⸗
ruffen. Mit orfunt dig briefs. Geben ze Wienn an
Suntag nad Sant Fohanns tag zu Sunemenden.
Nach frifti gepurd, Viertzehenhundert Sar, Darnach
in Dem pit pito Gar.
i —— Nro. XXXIL.
* è
È. Maximilians verbefferte Buͤrgerordnung fr Enns. Am
gebnten December 1518. Aus dem Original.
Wi Marimilian von gots gnaden Erwelter Nömi⸗
ſcher Kaiſer gu allen geitten merer des Rei)... Bee
khennen für vnns vnd vnnſer Erben vnd nadfommen
offennlich mit diſem brieff, Wiewol hieuor verſchinen,
vnnſer lieben getrewen Wolffgang Joörger vnnſer
Lanndſhauptman, vnd vnnſer Hauß Rete onſers File
ſtenthumb Oſterreich ob der Enns, Vnd wir nachmals
durch vnnſer HoffNete, in den Srrungen, Spennen,
vnd widerwillen, fo ſich zwiſchen vnnſern getretven
lieben. . onnfern Burgern zu Enns an ainem, Vnd
dann aber vnnſern Burgern, ſo Hanndtwerckher ſein,
vnd dieſelben Ire Hanndtwerckh treiben, am anndern
teil, ein lannge zeit her gehallten, ettlich Entſchid,
Ordnung vnd Lewtterung getan, ond gegeben haben,
Wie es hinfür zwiſchen Inen Irer Handthierung hal⸗
ben gehallten, auch ſonſt dieſelb vnnſer Statt Enns
mit gueter Ordnung vnd Regiment fürſehen werden
ſoll. Bud aber zwiſchen den vorgemelten vnnſern Bur⸗
gern, wie obſteet, allein der Burger Henndel betragen,
vnd dann der anndern vnnſern Burgern daſelbſt, die
tI”
** 420 ce -
Hanndtwerckher dancben fein, ſeidther weiter Irrung
vnd widerwertigkeit dermaſſen eingefallen, Wa wir
der pillichheit nach nit darein ſehen, das in kunfftig
zeit nichtz annderſt, dann mercklich abfall vnd verder⸗
ben derſelben vnnſer Statt daraus erwachſſen möcht,
Solhs ju uerchuetten, vnd damit Sp zu baiden Pare
theyen zu gueter Rue, Frid, vnd einigkeit komen, auch
nu hinfür in derſelben vnnſer Statt Enns ein gut or:
denlich Regiment vnd Pollicey gehalten werde, So
ſetzen, erkleren vnd Ordnen Wir, als Regierender
Herr vnd Landffürſt in Oſterreich wiſſentlich in krafft
dif briefs, Wie hernach volgt.
Vnd nemlichen zum Erſſten, Als vnnſer Burger
gu Enns biſher in gebrauch geweſſt, vnd noch ſein, das
Sy allwegen vber zway Far; vongeuerlichen vmb
Sandt Jörgen tag die Ratserwelung thun, mit Fünff
von Burgern, vnd vier Hanndtwerckhern, dar Inn der
Statt Richter begriffen ſein ſoll, Das Sy nu hinfür
allwegen einen aus dem Rat vnd den Genannten, der
cin Burger, vnd kein Hanndtwerckher iſt, zu Richter
erwelen, Vnd gu ſolher Wal eines yeden Richters,
auch der Antzal der Vier von Burgern, Vnd dann der
Vier von Hanndtwerckhern, Ratſgenoſſen, auch
Mautner, vnd annder der Statt Enns Ambtleutten,
ſament vnd ſonderlichen, wie ſich das zutregt, ſollen
alltzeit allein, die Inn oder vor der Statt im Burckfrid
Enns aigen Hewſer haben, erfordert, Ir Stym geben,
vnd von Inen aufgenomen werden, Vnd weiter hinfür
keiner mer, Er were von Burgern, Genannten, oder
Hanndtwerckhern, macht haben, ein ander perſon, Im
gefellig, ſo Er aus dem Rat abſteet, an ſeiner ſtatt, wie
biſher ein mißgebrauch geweſt ſein mag, in Rat zu er⸗
welen, ſonnder die welung in diſem fall, wie obſteet,
vnd ſonſt nit annderſt beſchehen. |
ne 2] <---
Item es follen auch Vierzeben aus den Bur:
gern ond zehen aus den Hanndtwerckhern ju Gee
nannten erwellt, vnd wie von allter her geſetzt
werden.
Item ſo auch einer mer aus dem Nat, oder
Genannten abfterben, follen Sy nad derfelben ab-
gang, nach vier Wochen ungeuerlich, Ein, oder mer,
mie es ſich begibt, in Nat, oder zu Genannten, mie not
angeigt ift, ermelen; vnd von Inen allen, vnd Sr ye—
Dem, tie von altem herkomen, Ratsphlicht aufgeno⸗
men werden.
Vnſer naynung iſt Das die Ihenen (Lic) fo
Burgerichaft pu Enns begeren, anzunemen, hinfür
nit allein durch ein Richter, ſonnder durd Richter onò
Regi angenomen werden: follen.
‘Berner ond diemeil ſich die Burger, fo Gambe i
—— ſein, Ires Hanndtwercks allein nit wol betra⸗
gen, vnd dauon erneren mögen, Dergleichen auch die,
ſo Burger ſein, vnd kein Hanndtwerckh kunden, ſich mit
Iren Henndeln vnd Hanndtierungen auch nit wol ent:
ballten:(Gc) kunden, ordnen vnd ſetzen mir, daß hinfür
von dato diß briefs anzuraytten, die nachfolgende one
derſchid zwiſchen Inen gehallten werden ſoll, Nemli—
chen ſo wellen wir, das vnnſer Burger zu Enns, die
kein Hanndtwerckh treiben, hinfür alle kaufmanſhenn⸗
del, Venedigiſche Waar, Tuchſchnit, Leynwat, Trait,
Salltz, vnd den Ochſſenhanndel haben, vnd ſich des
mit kauffen vnd verkauffen gebrauchen, Vnd dann
vnnſere Burger die Hanndtwerckher, ſollen ſich ſolher
kaufmanſhanndtierung in obangezeigten Sechß Stu⸗
cken gar entſlagen, vnd weiter nit gebrauchen, ſonnder
allein die Burgerlichen Henndl vnd Hanndtierung,
ſo hieuor nit antzeigt noch begriffen ſein, neben den
Burgern treiben.
* 422 22
Dann von wegen Irer Irrthumben, ſo Sy des
Weinſchenckens halben biſher gegen einander gehabt,
Setzen vnd Ordnen wir (dieweil die Freyheiten, der
ſich vnnſer Burger gu Enns von weilendt onnferm vor⸗
farn kunig Albrechten, vnd kunig laßlawen berüemen,
die da vermögen, das Sy allein, vnd keiner vnnſer
Burger daſelbſt, der cin Hanndtwerckh fan, Wein
ſchenken, ſonnder Sy Irer Hanndtwerckh betragen
ſollen, aus der Vrſach, das Sy derſelben Freyheit biſ⸗
her nit in völligem gebrauch geweſſt, beſeript (fic) vnd
verweylt genannt werden mögen) das hinfür, doch nur
bis auf vnnſer vnd vnnſer Erben wolgefallen, vnnſer
Burger zu Enns, ſo nit Hanndtwerckher ſein, durch
das gantz Jar mit dem Wein vnd pier handeln, Wein
vnd pier auſſchenken, vnd vnnder den rayffen kauffen
vnd verkauffen, Vnd dann vnnſer Burger, fo hanndt⸗
werckh können, vnd dieſelben prauchen, allein das halb
Jar, ond nemlichen allwegen vierzehen tag nach dem
heiligen Oſſtertag anzufahen, vnd Sechſundzwaintzig
Wochen nacheinander mit dem Wein hanndeln, vnnder
den Rayffen kauffen vnd verkauffen, vertreiben vnd
auſſchenken, Vnd denſelben Wein im Herbſt, vnd bis
auf die Zeit, ſo wir Inen, wie vorſteet, zu ſchenken
zugelaſſen haben, wann Inen das am gelegniſten iſt,
kauffen, füeren, vnd einlegen, Doch in der geſtallt,
Welher dieſelben Wein gen Enns bringet, det ſoll
ſolhs vnnſerm Phleger vnd verweſer vnnſers Vnn⸗
gellts gegenwurtigen vnd einem yeden künfftigen vnn⸗
ſerm Vngellter, auch Statt Richter daſelbſt anſagen,
Derſelb verweſer vnnſers Vngellts vnd ein Burger
von Nat, den der StattRichter dartzu verordnet, ſol⸗
len alſdann dieſelben Wein aigentlichen aufſchreiben,
vnd ſo die zeit kumbt, das Sy nach Innhalt obbe⸗
ſtimpts vnnſers Entſchids ſchenken mögen, Alſdann
ese 235 222
ſolh eingelegte Wein widerumb beſichtigen, damit
mitler zeit nicht dauon verkaufft noch auſgetrunken
werde, das vnns zu abpruch vnnſers Camerguts vnd
Vngellt raichen möcht, Es ſollen auch dic gedachten
Hanndtwerckher, die Mertzenpier zu auſſchenken kauf⸗
fen, mit anſagen vnd aufſchreiben derſelben, wie mit
den Weinen gehallten werden, Wes auch yeder
Handtwerckher für Wein einlegt, dem ſoll durch obbe⸗
melten Verweſer vnnſers Vngellts, vnd den, ſo von
Richter dartzu verordnet wirdet, die full zu den Wey⸗
ten, wes Er der bis auf die zeit, fo Gin zu ſchencken
erlaubt ift, vngefarlich bedarf, gemeſſigt, aufgeſchri⸗
ben, vnd an der Summa abgetzogen werden, Dod bin
widerumb vergonnen, vnd erlauben mir den gedachten
vnnſern Burgern, fo hanndtwerckher ſein, und Burger:
Recht zu Enns haben, Wa einer oder mer derfelben,
Irer Hanndtwerckh abfieen, vnd nit arbeiten wellen,
ſo ſollen Sy ſolhs einem Rat zu Enns antzeigen, vnd
mit wiſſen derſelben nachmaln mit dem Wein vnd pier
handeln, auſſchenken, vnd ſunſt alle annder kaufmanſ⸗
handtirung vnd burgerliche Handlung, wie annder
vnnſer Burger zu —— gleicherweiſe treiben vnd
degni
Zum letſten, nachdem vorgemelt vnnſer Burger
zu Enns, in obangegeigter ſachen gegen vnd wider Ire
Burger, ſo hanndtwercker ſein, ſonnder Pündtnus vnd
verainigung vnnder Iren Pettſchafften aufgericht ha⸗
ben ſollen, Soferr dann ſolhem alſo iſt, Wellen wir
ernſtlichen, das nego alſdann, vnd dann als yetzo, all
ſolh pündtnuß vnd verainigutig ; deßgleichen alle vn⸗
ainigkeit vnd Zwitracht, ſo Sy biſher zu vnd wider
einander geübt vnd gehandelt haben; gantz aufgehept,
abgetan, vnd tod ſein, Vnd keiner den anndern ferrer
vnuerſchulter ſachen verachten, Sonnder Sy ſollen
ass 52) «--
hinfür in guetem tvillen miteinander Leben, Vnnſer
StattEnns in gueterOrdnung;Negiment,ondPollicey
enthallten, und allbeit Sr Aid vnd phlicht, damit Spy
vnns al Irem Rechten Erbberren vnd Sanbffieften
verwandt fein, betrachten, dardurd weiter Pündtnuß,
Confpiracion, und vnainigfeit zwiſchen Inen zu baiden
teiln verhüet beleiben, als lieb Inen allen, vnd Ir
yedem ſey, vnnſer ſwer vngnad vnd ſtraff zu uermei—⸗
den. Wer aber ſach, das ſich pe Bu Zeitten auſſerhalben
obbegriffner Ordnung vnd ſatzung etwas frembder
Irrungen vnd beſwerungen zwiſchen vnnſern Burgern
vnd Handtwerckern zutragen wurden vnd anfielen,
Dieſelben ſollen für einen Statt Richter vnd ein gan⸗
tzen verſamelten Rat vnnſer Statt Enns fürgefordert,
vnd durch Sp fleiſſ fürgewendt werden, ſolh Irrungen
guetlich hinzulegen vnd zu uertragen, Wa Sy aber ein
Rat derhalben ye nit vergleichen möcht, vnd ſolhs bey
den Partheyen nit ſtatt haben wollt, So ſollen Sy die
von Rat das alltzeit an Ir Ordenlich Gericht gelangen
laſſen, daſelbſt zu Hinlegung derſelben Irer Irrthum⸗
ben gehandelt werden ſoll, was pillichen vnd Nedtift.
Vnd gebieten darauf obberürten vnd ainem heden
kunfftigen vnnſerm Lanndſ hauptman, vnd HauſReten
vnnſers Fürſtenthumb Oſterreich ob der Enns, vnd
dartzu einem yeden vnnſerm Phleger in bemelter vnn⸗
fer Statt Enns ernſtlich mit diſem brief, vnd wellen,
das Sy von vnnſern wegen ernſtlich darob vnd daran
ſeyen, damit ſolhem vnnſern gegeben Entſchid vnd
Ordnung von baiden tailn vnnſer Burger gehorſamli⸗
chen gelebt, vnd ferrer in ainen oder merern Artigkeln
hiewider weiter nit gehandelt merde, Alles ben vorbe—
rürter vnnſer ſweren vngnad vnd ſtraff, Das mainen
wir ernſtlichen, Des zu vrkhundt haben wir diſen Ent⸗
ſchid, given ingleicher laut, vnnder vnnſerm anhangen⸗
oo 425 -—
den Snnfigel verfertigonz vnd hedem teil ainen vberant⸗
wurten laffen, Geben im vnnſer Statt Wells am ze⸗
henden tag Des Monats Decembris, Mad Criſti vnn
ſers lieben herren geburdt, Fünffzehenhundert vnd im
Achtzehenden, Vnnſer Reiche des Nömiſchen im
Dreyunddreiſſigiſten, Ynd des Hungeriſchen ini
Newnundzwaintzigiſten Jaren. m⸗
Gee per Cefarem.
Diefe Unterſchrift ſcheinet Marimilians cigene Sand:
ſchrift zu ſeyn. on
— — — — — — —— — —— ——— —— —
Beylage Nro. XXXIII.
Vertrag zwiſchen den Herzogen von Oeſterreich und von
Bayern zur Sicherheit der Straſſen und Fluͤſſe. Das Recht
der Grundruhr wird abgeſchafft. Am dreißigſten April
1375. Mus Dem Original )
Bi Stephan der Elter mir Ulbredt fein Bruder
se Holland, mir Stephan der Fong wir Fridreich vnd
mit Johanns geprüder, dez egenanten, Herezog Ste⸗
phaus Sün von Gotes genaden, all Pfallenezgrafen
bej Rein vnd Herezogen in Bayrn bechennen vnd verie⸗
ben offenlich mit dem brif wann grozz gepreſten und
mankchveltig beſwärung, in vnſern Landen ze bayern,
vnd in der Hochgeporen fürſten, vnſerr liebenDebanm
Herezog Albrechts vnd herezog Leuppolz geprüder von
Oſterreich, irr land vnd läut ze Oeſterreich anligent,
von den Strazzen, di durch vnſerew vnd irew land gen
fullen di lang zeit Irtrung heten ettwivil öd vnd vngear⸗
bait, von ſumleichs vnfrides wegen gelegen ſind auf
*) Diefe Urfunde findet man aud in Hormayr's Ardio
fur Suͤddeutſchland, Th. I, S. 240.
so 426 neo
wazzer vnd duf Land. So daz di chaufläut und ander
arbaitter, die Darin vnd dDaraus geraift, vnd gemandelt
find, an leib vnd an Gut ſchaden namen bechumbert ge⸗
laidigt vnd beſchedigt wurden, mit gewallt an recht, des
wir vnd di vnſern auch vaſt engolten haben Darumb
ſein wir aynmutichleich mit den oben genanten vnſern
lieben Oehaimen den herezogen von Oeſterreich vber⸗
ain chömen, bedächtichlich vnd vnuerſchaidenlich, vnd
haben vns nach vnſers Raez Rat, vnd mit anweiſung
anderr vnſerr herren, vnd Steten in vnſern Landen
verpflicht, vnd hinfur des verpunden, fur vns vnd fur
vnſer nachkomen: vnd gehaizzen bei vnſern furſtleichen
trewn, vnd bei der heiligen waren gerechtichait. bei
dem erſten, wenn, oder als offt, daz geſchiht, daz
Chaufläut oder ander arbaitter ainer oder menigere in
vnſern landen ze Bayhern, an ir leib, oder an ir Gut auf
wazzer oder auf land, angevallen beſchedigt oder be—
ſwärt werdent, daz wir gebannt vnd vns daz chvnd ges
tan wirt, darezu vnuerczogenlich gegen denſelben Tae
term, vnd gein allen den di fem darczu behauſent hellf⸗
fent oder baiment, tun wellen vnd ſchullen, in der mazz
daz in widerchert ond fi vnchlaghaft gemacht werden:
dauon gepieten ond empbelben wir ernſtleich allen
vnſern Ambtläuten, Vieztumen pflegern Richtern und
allen andern, di wir in vnſern landen ye zu der zeit
haben veſtichlich bei vnſern genaden vnd hulden daz ſi
di Strazzen vberal alſo beſchirmen und ſichern ie
der aller manichlich niemt ausgenomen, vnd niemand
geſtatten vnd vndernuaren, daz die Chaufläut oder ar-
baitter. mer, oder von wann di ſeinn yndert gewalt
oder vnrecht geſcheh, vnd welher darezu fo er des gemat
wurd vngeuärlich an aufſchuf (Gc) nicht tät, al$ vere
in leib vnd gut mert, inder mainung als oben-begriffen
ift den wolten wir darumb pezzern baidew an leib vnd
n 42 7 ——
an gut: gar ſwärlich: dannod mainten vnd wolten
wir als wir daz verſprochen haben, den ſelben kaufläu⸗
ten oder arbaitern di verloren hieten: nach der fluſt
(fic) vnd in wideruaren war in den nachſten kunftigen
zwain Moneiden felb widerchern, vnd fem vnchlaghaft
machen: daz ſullen ſi haben daez vnſern furſtlichen
genaden vnd tremn. Täten mir das nicht So habent
vnſer vorgenanten Oehaym di bercgogen von Oeſter⸗
reich: oder ir ainer der di weil waltig iſt ong. oder
vnſerr aimen . Der diſelben zeit ze bayern waltig iſt dare
umb zu ze ſprechen vnd monen ze laiſten von der läut
wegen di in vnſern landen. auf der Strazzen beſchedigt
oder beſwärt wären vnd nach irr monung vnuerezogen⸗
lich an allew waigerung ſullen wir zehen erber diener
mit zwainezk pfärſten (Sic) gein wels in ir Stat in
legen vnd da laiſten, alſo in legens, vnd laiſtens recht
iſt: vnd nicht aus bechomen, vnez den flüſtigen läuten
alles daz geendet vnd volrecht wirt, daz oben an dem
brief geſchriben ſtet ze geleicher weis ſind vns vnſer vor⸗
genanten öhaym di herezogen ze Oeſterreich aller der
pünd vnd artikel ſchuldig ze volfüren ob ez in irem
Lande öſterreich geſcheh, So ſullen ſi vns laiſten in
der ſelben maſſ gein Prawnaw in vnſer Stat Auch ſein
mir namleich vber ain komen. daz mir nyemand dhai⸗
ner newung vnd gelaittes noch dhainer lai daz wider
dew ſicherhait der arbait vnd kaufmanſchaft wär: nin⸗
dert geftaten mwellen .. furbaz nad) dem vnd der brif
geben ift, Sunder verfpreden mir aud mit vnſern
tremn ongeuärlich: ob ſich nemand ſazt oder fralt ant
vnſern gemerkchten der do wider tät daz der gegenwur—
tig brief fagt, So ſullen mir, vnd vnſer lieb Debannt
von öſterreich getrewlid an cin ander gehollffen ſein
vnez wir di darezu bringen: und bendtten daz fi do
— bej beleiben fo di brief (auttent. di wir darumb an ein
on (28 —
ander geben haben, in ainer mainwng an geuär. Auch
werin (fic) wir, vnd ſein baidenthalben vber ain komen
Daz wir allew Gruntrecht abgenomen haben. wann
wir verſten: vnd wol emphunden haben, daz ſi der
arbait auf dem wazzer ſchedleich geweſen ſind, vnd
wellen daz furbaz niemand daruinb anigevodert noch
nindert beſwärt werd an leib noch an gut vnd in wel⸗
bem Land ez geſcheh, do fol ez diſelb herſchaft vnder
ſchaffen: wär aber daz wir, oder di vnſern chünftichlich
gegen ein ander ſtözzig oder ze chrig werden, wenn,
oder vmb wew daz geſchäh des Got vor ſei. So maia
nen vnd wellen wir doch, daz vnſer Strazz ze beden
ſeiten auf Land vnd auf wazzer zu der arbait vnd kauf⸗
manſchaft bei der ſicherhait vnd dem Schorm (fc) fur
ſich berubleichen beleiben, in der maff als oben an dem
brief begriffen und verſchriben ift Mit vrchund des
briefs, der beftgelt ift. mit vnfer filmfer der egenanten
Herczogen von Bayern grozzen anhangunden Inſi⸗æ
geln darumder mir. vns mit vnſern tremn: an aides
fiat verpinden für vns: fur vnſer eriben. vnd fur all
vnſer nachkomen ſtätichleich an allew geuär, Bad ju
einer geczewgnuſſ veftigung vnd merern bedächtichait
mit des Edln wolgeporen Johannſen lanntgraf ze dem
Lewtenberg vnſers pfleger in Nidernbayern: vnd mit
der erſamen vnſerr liben getrewen Görgen des wald⸗
ekker vnſers vieztumbs in Nidernbayern: Görgen des
Ahaymer vnſers pfleger ze Ried, Seiezen Törringer,
wilhalm des Maſſenhauſer Marſchalich in obern
baiern Inſigeln verſigelten: Geben an ſand phillipps.
vnd Jacobs abent Nach Chriſti gepurd dreuczehen⸗
hundert Jar vndi in dem fümf vnd Sihenezgiſten Sar:
nec 429 ——
Beylage Nro. XXXIV.
Der Markt Grein mird von den Herjogen Wilhelm und
Albredt von dem magre Der — defrepet. n
Mir: Wilhalm ond Albrecht Vettern, von Goltes
genaden Herzogen zu Oeſterreich . bekheunen. Alß
dann vnſer Vorfordern Fürſten von Oeſterreich löb⸗
licher Gedechtnuß vnſer Burger zu Grein gefreit, vnd
mit gnaden fürgeſehen haben, daß fp vor andern
Schiffungen vnd Arbait auf der Thuenau Gerechtig⸗
keit haben, vnd ſich der gebrauchen mügen, ſeyn Wir
mit demüthiger Bitte von In angelangt, In ſolche
ihr Priuilegy vnd Freyhait, auch ander Ire guet Gee
wonhait, ſo ſy bey vnſern Vorfordern löblich her—
bracht haben, zu beſtetten, des Wir auch alſo ge—
than.“ — Nun folgt die Beſtätigung ihrer Privile⸗
gien überhaupt, ohne eines nahmentlich anzugeben.
Dann heißt es weiter: — „Wir thun In auch die
ſondere Gnad, daß ſy, ihr Erben vnd Nachkhomben
mit Irer Laſtatt, ſo ſy haben, von dem Geſchloß Wer⸗
fenſtain vntzt gen Behaimb in Perger Laſtatt, was ſy
darauf füeren, in vnſer Fürſtenthum Oeſterreich ab⸗
wärts auf der Thonau, vnd wider das waſſer, es ſey
mit Flößen oder Schiffung, mie die genant ſeyn oder
| genennt mügen werden, der fhainerlai auggenomben,
als ob ſich begab, daß ainer oder mebr der bemelten
vnſer Burger zu Grein nu binfiiro künftiglich ab⸗
wärts, oder mider das Waſſer fcheitert oder auffubr,
es mare auf Haufen, Griesſtöck oder Stain, daf als
dann derfelb Grundrechtfrey fen vnd fenn foll, bon
meniglich vngebindert. Es mag and) derfelb Schiff—
gillen gu feim Guet nemben, wo ibm die am beſten
füegen, vnd er der mitdem geringiften befommen mag,
ceo 4530 oss
darin ibn auch niemands irren nodi nachlomben ſoll.
Wir begnaden fie noch mehr, daß ſie ſich Irer Viſch⸗
waid, ſo ſie haben, von dem bemelten Schloß Werfen⸗
ſtain enhalb und dißhalb der Thonau ontzt gen Dor⸗
nach ſich der üben und gebrauchen ſollen und mügen,
und anders niemands, auch von meniglich unvergriffen
und ungehindert. Davon empieten Wir den edlen un⸗
ſern lieben getreuen M., allen Landherrn, Rittern .....
Geben zu Wien am Freptag vor St. Untonien Tag.
Anno Domini Millefimo quadringentelimo. C
Im Archiv zu Clam findet ſich eine ſogenannte
Pancharta K. Rudolphs des Zweyten, vom ſechzehn⸗
ten Auguſt 1581, welche er der Stadt Grein verlie—
ben bat. Die alten Privilegien, die in derfelben morte
lid) entbalten find, fagen nidyt8 Merkwürdiges aus;
mur eines derfelben verdient in einem Auszug befannt
gemacht gu werden. Im Sabre 1491 machte È. Friee
drich befannt, — „daß für Uns fommen fenn die Ed:
Ten vnſer lieben getreuen , Siegmund Prueſchenkh,
Obriſter Schenk in Oeſterreich, auch Truchſeß in
Steyr, vnſer Hofmarſchalkh vnd Camerer; vnd Hain⸗
rich Prueſchenkh, Gebrüder, Freyherrn zu Stetten⸗
berg, vnſer Rath vnd Pfleger zum Sarmingſtain, vnd
haben vns zu erkennen geben, wie ihre Burger zu
Grein, ſo von Uns in Auswechſelweis an ſie khumben
ſeyn, und Wir yetzt gu ainer Stadt erhebt, menig Pri⸗
vilegi und Freyhait von Uns und Unſern Vorvordern
Fürſten von Oeſterreich gehabt, der ſie Uns ains
Thails fürbracht haben, und die andern in der Beſa—⸗
tzung daſelbs zu Grein vor etwas Zeiten von den Be⸗
haimbiſchen beſchechen, im Abbrennen von Grein, als
es ein Markt geweſen, verdorben wären; und haben
Uns demüthiglich gebethen, daß wir denſelben ihren
Burgern die bemelten ihre Privilegi und Freyhait und
löblich gut Gewohnhait gu erneuern, zu confirmiren
und zu beſtäten, beſonder dieſelben Freyhait, die noch
vorhanden, von Wort zu Wort darin begreifen zu
laſſen geruhten.“ — Nun folgt die gleich vorhergehen⸗
de Urkunde von 1400. Das Datum der Beſtatigung
Friedrichs lautet ſo: „Geben zu Lynz am Freytag
nach St. Bartholomes tag des heiligen Zwelfpoten
(am 26. Auguſt) nach Chriſti Geburt — ——
dert vnd im ain vnd neunzigiſten. “
Das Jahr, in welchem die Böhmen den Markt
Grein durch Feuer verwüſtet haben, läßt ſich nicht be—
ſtimmt angeben: Der Ausdruck: Vor etwas Zeiten,
ſcheinet doch einen Zeitraum von mehreren Jahren
anzudeuten. Weil Friedrich nicht, wie es ſonſt ſeine
Sitte war, die Huſſiten nennt, welche die beyden
Mühlviertel zu verſchiedenen Mahlen ſchrecklich vere
heeret haben, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß dieſes Un⸗
glück den Markt Grein während des Krieges mit dem
Böhmenkönig Georg getroffen habe: vielleicht bey
dem Einfall des königlichen Prinzen Vietorin , oder
bey dem Gefecht, in welchem der Oeſterreichiſche Adel
den Böhmiſchen ben Grein im Jahre 1476 überwun⸗
den hat **). Den Markt Grein hat K. Friedrich am
27. Auguſt 1491 zu einer Stadt erhoben, und derſel⸗
bennebft dem ſchon beſtandenen Jahrmarkt einen zwey⸗
ten, und auch einen Wochenmarkt verliehen. Geben zu
Linz, am Samſtag nach St. Bartholomes Tag.
Diee echten Huſſiten haben den alten Markt Clam
im Jahre 1422 ganz zerſtöret, das Schloß aber ver⸗
geblich belagert. Oftmahlige Feuersbrünſte verödeten
fpaterbin den Markt fo febr, daf nur cin elendes Dorf
+) Def. unter K. Friedrich dem Vierteni, Th. II S. 93
und 94.
) A. a. O.S. 121.
oso. 432 n--
fibrig Blieb , welches K. Ferdinand der Dritte neuer⸗
dings mieder auf die Bitte Sottfrids von Elam zu
einem Markte erbob. Der alte Marff batte. Privile⸗
gien von 1384 bis 1504 aufzuweiſen, bon a
ſich Abſchriften erhalten haben.
Das Unglid, von den Huſſiten zerſtöret gu werden,
hat auch Wartberg und Pregarten getroffen, was
durch folgenden Ablaßbrief bezeuget wird: Alexander,
divina miſeratione S. Laurentii in Damaſo S. Roma-
nae ecclefiae presbyter Cardinalis, Patriarcha Aquile-
gienfis vulgariter nuncupatus. .. Cupientes igitur, ut
parochialis eccletia S. Mariae Virginis gloriofae fupra
Warttberg prope Freinftatt, et S. Wenceslai, et S.
Annae in Pregarten, ejusdem ecclefiae filiae; Pata-
vienfis Dioecefis, quae quondam: per Hufsitas ignis
voragine combuftae ac devaftatae fuerunt; congruis
frequententur honoribus et. etiam conferventur, ac
ut Chrifti fideles eo libentius devotionis caufa con-
fluant ad easdem, et ad confervationem ac ſtructuram
ipfarum manus promptius porrigant ‘adjutriees.
omnibus vere poenitentibus , , duos annos indulgen-
tiarum.. . relaxamus. Datum Viennae Patavienfis
dioecefis . . die duodecima Menfis Decembris, Anno
Domini Millefimo quadringentefimo quadragefimo
tertio, Sacrofancta Synodo Bafileenfi durante,
Benlage Nro. XXXV.
K. Rudolph ſchafft das Recht der Grundrupr ab. Am i;
September 1589 *).
Mi Rudolph der Under von Gottes Genaden
ermabiter Römiſcher Raifer... Entbiethen N. allen
*) Guarient, Eh. IL ©. 282,
sue /33 —
und jeden, geiſtlichen und weltlichen, was Würden,
Stands und Weſens die ſeyn, ſonderlich denen Lande
gerichts⸗ und Grundobrigkeiten in unſerm Erzherzog⸗
thum Oeſterreich ob der Enns unſer Gnad und alles
Guets, und geben euch gnädigelich zu vernehmen, daß
uns durch unſer Städt berührts Erzherzogthums
Oeſterreich ob der Enns mit ſonder Beſchwer fürkom⸗
men: Obwohl hievor zu mehrmahlen, inſonders aber
durch weiland Kaiſer Maximilian des Andern, unſers
geliebten Herrn Vatern hochlöblichiſter und ſeliger Ge—
dächtnuß, gegebnen Reſolution wegen der geſcheiter⸗
ten, und auf der Obrigkeiten Gründen aufrinnenden
Gütern fürgeſehen vnd verordnet worden, daß name
lich dieſelb ertränkte und aufgefangene Gilter, in mas.
Landgericht ſoliches befchieht, durd den Auffacher
dem Landgericht angezaigt, drey Wochen nach cine
ander mit Nahmen offentlich verruft und auf den
Kanzlen verkündt, folgunds demjenigen, ſo ſie zuge—
hörig und ihme glaubwürdig beſcheint wirdet, gegen
Darraichung ainer Verehrung deme, ſo die Mühe ge⸗
habt und die Güter aufgefangen, wiederumben juge
ſtellt werden ſollen; Daf doch zuwider ſolcher Refo:
lution und Verordnung, ungeacht daß etliche Staͤdt
in denen Fällen, wann ſie mit ihren Gütern auf der
Enns, Donau oder andern ſchiffreichen Waſſern in
oder außer Gußzeiten und über Gewaſſern oder an:
dern Unfällen an Mühlen, Fiſchörhern (Fiſcharchen),
Bruck oder ſonſt ſcheitern und auf a oDer anfahren,
oder ihnen ibre Güter und Hol} in ander Weg ver:
rinnen, infonderbeif befrent ſeyn, berubrte unfre
Stadt, mie. auch andere Perſonen, da ſich derglei-
cen Fall gutragen, ain als den andern Weg dermaf:
fen beſchwert und benachthailt werden follen, daß
diejenigen, denen die Grind, darauf ſolche Güter
28
suo 434 o
zurinnen, oder Die Mühlarch und Bruden, daran
Die Beſcheiterung beſchehen, zugehörig, diefe geſchei⸗
terte oder ſonſten in Gußzeiten verrinnete Güter für
völlig einziehen wöllen, oder ſich hierumben mit ib:
nen zu vergleichen begehren, auch dieſelben geſcheiterte
und verinnte Güter deſthalben ihnen vorzuhalten vere
meinen, welches unſern Städten und Andern zum
höchſten beſchwerlich. Wann uns dann als Herrn
und Landsfürſten ſolche Beſchwerungen keineswegs
zuzuſehen gemaint, ſondern handzuhaben obberührte
hievor deſtwegen ergangene Reſolution, und bierin:
nen billiches Einſehen zu thun gebühren mill: Dem⸗
nad). fo wollen wir mehrgemeldte ergangene Nefolu:
tion hiemit wiederumben verneuert, und euch, Land⸗
gerichts⸗ und Grundobrigkeiten allen und jeden, alles
Ernſts befohlen haben, daß ihr derſelben künftig und
hinfüro in allen Punkten und Artikeln endliche und
gewiſſe Vollziehung laiſtet, wider ſolche ergangene
Reſolution in kainerley Weis noch Weg beſchweret,
noch jemand zu thun geſtattet. Daran vollzeucht ihr
unſern ernſtlichen Willen und Mainung. Geben in
unſer Stadt Wien, den erſten Tag Septembris,
Anno ꝛc. im neun und achtzigiſten.
Seyfridt Breyner Freyherr, Stathalter.
Sigmundt von ödt, Canzler. Helbmhardt Jörger
Freyherr.
Beylage Nro. XXXVI.
Privilegium H. Rudoiphs: Legen Geldſchulden baben die
Linzer das Pfaͤndungsrecht; und innerhalb einer Meile darf
fein Schenkhaus fepn. Am legten Februar 1562.
ir Nudolff der Vierdt von Gottes Genaden Erg:
berzog ge Oſterreich - » thun fund file uns und die
ns 435 «--
hochgeborn Fürſten, Friederichen, Albrechten und
Leopolden, Herzogen und Herrn mitſammt uns der
egenannten Lande und Herrſchaften unſer lieb Brit:
der, der aller als der ältiſt unter ihnen wir vollen
und ganzen Gwalt haben, und für unſer Erben, daß
wir unſern getreuen, den Burgern zu Linz, durch ihr
Nothdurft willen, und zu Beſſerung ihrer Stadt die
Gnad gethan haben, und thun auch wiſſentlich mit
dieſem Brief: was rechte Wandelung um dhainerley
Geldſchuld geſchieht in der vorgenannten Stadt zuLinz,
daß ſie wohl darum in derſelben Stadt mügen gepfän⸗
den und aufheben, und ſoll ſie niemands daran irren.
Auch haben wir geſatzt und ſetzen mit dieſem Brief,
daß niemands um Linz inwendig einer ganzen Meil
Wegs dhain Schenkhaus hab. Davon wellen mir
ernſtlich, daß all unſer Hauptleut, Landherrn, Nite
ter und Knedit r all Burggrafen, Amtleut und ander
unſer Untertban die egenannten unfer Burger von
Linz ben den vorgenannten unfern Gnaden und Gefeg:
ten ewigelich beleiben laffen ohn alle Srrung. Mit
Urfund dief Brief: Geben ze Wien, am Pfingfitag
vor Judiea in der Faften. Nach Chriſti Geburt drey⸗
zehnhundert Jahr, darnach in dem zwey und ſechzigi⸗
ſten Jahr, unſers Alters in dem drey und zwanzigi⸗
ſten, und unſers gewalts in dem vierten Jahr.
Wir der vorgenannt Herzog Ruedolff ſterkhen di⸗
ſen brief mit dir vnderſchrifft vnſer ſelbs handt.
29 *
Beylage Nro. i XXXVII
Nefeript Des Kaifers Ferdinand des Erſten an den MPogificat in
Linz, in welchem das Pfindungsredt Der dortigen Stadi. gutge:
heißen wird. Um fuͤnften April 1549.
erdinand, von Sottes Genaden Romſcher Raifer;
in Hungern und Böheim König. Getreue und Liebe.
Uns hat der edel unſer getreuer lieber Balthaſar von
Profing, Freyberr gum Stain, unfer Rath ind
Landshauptmann in Oeſterreich ob der Enns, euren
Bericht, Lorenzen Feihel, Burger ju Eger betref⸗
fend, neben Abſchriften eurer Privilegien in Untertha:
nigkeit überſendet, die wir auch mit Gnaden angehört
und erwogen haben. Und wiewohl wir befunden, daß
die Handelsleut der Contraete und Handlung halben,
ſo ſie bey euch üben und treiben, einander zu helfen
und aufzuhalten Fug haben; und damit aber die Hand⸗
lung zwiſchen dem Gifenvogt vonNurmberg und dem
Feihel bey euch zu Linz, da die ergangen und anhän⸗
gig worden, wie Marktsgebrauch it, zu End gehan—
delt und erörtert werde: haben wir denen von Eger
mit Ernſt auferlegt und befohlen, den Feihel wiederum
gen Linz in das Verboth, aus welchem er über ſein
Gelübd gewichen zu ſtellen, daſelbſt die angefangene
Handlung, wie ſich gebührt, auszutragen, oder wo
er Leibsſchwachheit oder anderer ehehaften Urſachen
halben je nicht erſcheinen möchte, doch ſeinen vollmäch⸗
tigen Gewalttrager gen Linz zu Erbrterung der Hand:
lung zu ſchicken, damit dafelbft dasjenig fo ſich ge
bührt und recht iſt, gebandelt werden möge; daß fie
ſich auch mit des Feihel Perſon dermaßen verſichern,
auf daß ſeines Nichterſcheinens, Entweichens oder
Ungehorſams halber der Gegentheil nicht zu Schaden
komme, und ſich wider ſie mit Fug nicht zu beklagen
ne 457 —
habe. Das wir euch zu Erinnerung unſers gnädigen
Gemüths und gnädiger Mainung nicht verhalten wol⸗
len. Und ihr thut daran unſern ernſtlichen Willen
und Mainung. Geben auf unſerm königlichen Schloß
Prag, den fünften Aprilis, im 49 Jahr.
Benylage Nro. XXXVIII.
9. Albrecht befreyet die Buͤrger von Enns und ihre Guͤter von
dem Pfaͤndungsrecht. Um 7. Maͤrz 1369. Aus dem Original.
Mi Albrecht .. enbietem vnſern getremn, allen
Richttern vnd Mawttern vnd allen andern pnfern
Amptlewten vnd vndertanen, den diſer brieff gezaigt
wirt, vnſer gnad vnd alles gut. Wir gepieten ew gar
ernſtleich vnd wellen vnd maynen auch, daz ir vnſer
Puriger von Enns, weder ſi ſelb noch ir hab nicht ver⸗
pietet noch hefftet weder auf waſſer noch auf land. Hat
yemant aber icht ze ſprechen, der fu daz an den reche
ten mawtſteten je lynnez, ze Ms, oder 3e Stain,
da man daz recht erchennen oder erfinden fol, als daz
vom Alter herchomen ift. Geben ze wienn am ‘Miti:
cen vor dem Suntag, als man finget Letare (am
7. Marz) ze mitter vaften anno domini MOCCLX
Nono.
Hieher geboren auch folgende Urfunden, movon
Die Originale ebenfall$ noch vorbanden find.
$. Albrecht befiehlt, daß kein Burger von Enns dem Richter
cine Strafe bezahlen ſoll, wenn er nicht im oͤffentlichen Gerichte
dazu verurtbeilet wird. Um 22. Map 1341.
Wir Albrecht von gotè gnaden Hertzog ze Oftere
reid ze Styr (bic) vnd ze ferndn. Tun dunt mit dis
fem brif. Daz wir unfern Purgern ze Ens di gnad
se 458 CES
getan haben. Daz der Purger chainer dhaines mani:
dels dem Richter veruallen fein fol. e; fei denne daz
dem Richtter daz wandel in der Schranne mit vrag
vnd mit vrtail vernalle: Darzu gebieten mir gar ernſt⸗
lichen vnd wellen aud. daz man onfern Nat ze Eng
in erenbab alz pilleich vnd recht iſt. Der in darvber
ichtes tet daz vnpillich wer mit marfen oder mit Ives
richen . Den mellen wir ſwerlichen darvmb pegzerm.
‘Der brif iſt geben. ze ivienn an Montag vor dem
Auffarttag Anno domini Millefimo. CCC. Quadra-
gefimo primo.
H. Rudolph beſtaͤtigte dieß, und erfaubte zugleich den Fremden
gegen Fremde in Enns das Pfaͤndungsrecht. Am zweyten
November 1358.
Wir Rudolf von Gottes gnaden Hertzog ze Oſter⸗
reich ge Steyr vnd ze kernden. Embieten vnſern ge
tremen.. dem Richter. dem Nat... nd den Pur:
gern gemainlich ze Ens vnſer gnad vnd all gut, Als
vnſers lieben Herren vnd vatters ſeligen, Hertzog Al⸗
brecht von Oſterreich mainung vnd will iſt geweſen,
Alſo mainen vnd wellen ouch wir ernſtlich, Swaz in
der vorgenanten vnſer Stat geſchiecht, welcherlay
das iſt, daz das daſelbs in der Stat ze Ens gericht
werde, Swelich gaſt ouch einem andern gaſte gelten
ſol, der mag in darumb in der egenanten Stat ze
Ens wol verpieten vnd aufgebaben, auf ein recht. Ge⸗
ben ze Wienn an freytag nach aller Hailigen tag.
Anno domini Milleſimo. CCC. L:Octauo,
Diefes Privilegium bat der H. Albrecht wörtlich
beſtätiget.“ Geben ze Ling an Suntag vor Pangracit
(am achten Man) Anno domini M. CCC. LXXIIII.
Der Seltenbeit wegen erwähnen mir ciner Ge:
richtsurkunde, welche der Landeshauptmann Bal:
thafar Freyherr vom Prefing am zwanzigſten Jänner
1557 an Den Magiſtrat von Enne ausfertigen ließ.
Da fie viel zu weitlaufig iſt, um ibrem ganzen Gue
balte nad bergefegt ju werden forgentige ein treuer
Auszug.
Der Freyherr Wilhelm von Volkensdorf ſchritt
nad) dem Tode ſeiner erſten Gemahlin im Jahre 1555
zur zweyten Ehe 9. Als Brautigam erſchien er auf
dem Landtag , der in demfelben Jahre zu Linz gehal
ten wurde. Dort waren auch al8 Abgeſandte von
Enns anweſend: Johann Winter, ein Rathsfreund,
und Wilbold Scholl, Stadtſchreiber. Dieſe Zwey
bathen den Herrn Wilhelm von Volkensdorf als ih—
ren nächſten Nachbar **), daß er der Stadt Enns
die Ehre erweiſen und ſeine Vermählung dort feyern
möchte; es würde gewiß alles aufgebothen werden,
um Dem geehrten Nachbar den guten Willen der Bür⸗
ger darzuthun. Volkensdorf nahm den Antrag freund⸗
lich auf, gab aber dennoch ſeine Einwilligung nicht,
ſondern wollte auch verſichert ſeyn — „vom Conſens,
Verwilligen, Zuſehen und Gedulden“ des Magi:
ſtrates von Euns. Der Richter ind Rath ſandten
deswegen den Wolf Widmayr und Ulrich Wipfinger
zum Herrn von Volkensdorf, um ihn einzuladen, ſeine
Hochzeit in Enns zu halten; letztere erbothen ſich auch,
für den Einkauf der nöthigen Dinge qu fotgen. Vol:
kensdorf übergab ihnen bundert Pfund Pfennige zu
dieſem Behuf, und vertraute ihnen Wein, > agli
*) Hoheneck /Genealog. und hiſtoriſche Beſchreibung der Her⸗
ren Staͤnde in Deft. ob der Enns. Eh HT. S 786.
**) Die Burg Volfensdorf fiand auf cinem Huͤgel in kleiner
Entfernung von dem Platz, auf welchem Tillysburg er
bauet wurde. Hefterreich unter den Kinigen Ottofar und
Afbredt. Th. L S. 80, u. f. —
“di 440 tea
ſchirr und andere in einer Truhe verwahrte Dingo. Gift >
jegt fandte Bolfensdorf feine Bothen mit —* Einla⸗
dungsſchreiben an ſeine Freunde aus, deren mehrere
ſich ſogar im Ausland aufhielten, beſtinmte ihnen Ren
Hochzeitstag und bath ſie, nad Enns ju fommen.
Als der Tag der Bermablung fon nabemar,
fam Widmayr ganz unerivartet nad) Volfensdorf, und
entboth dem Herrn Wilhelm im Nahmen des Stadt⸗
rathes von Enns: Wenn er einen Bauer, der ein
Unterthan des Spitals zu Enns iſt, und ſchon ſeit
längerer Zeit in ſeinem Gefängniß ſitzt, nicht ſogleich
in Freyheit ſetzt ſo wird ihm nicht geſtattet, ſeine
Vermählungsfeyer in Enns zu begehen. Aeußerſt be
troffen erwiderte Wilhelm: Er habe. den Bauer Fei:
neswegs unſchuldig, ſondern cines Verbrechens bal:
ber auf eine Klage des kaiſerlichen Forſtmeiſters und
auf Befehl des Landeshauptmanns verhaften laſſen;
vergeblich führte er ihnen zu Gemüthe, daß allen Ade—
ligen nach alter Sitte die volle Freyheit zukomme, an
cinem ihnen beliebigen Orte gegen bare: Bezahlung
cin Gaſtmahl zu halten: er befam zur Untmort, daß
e$ dem Widmayr und Wipfinger von dem Magiftrate
ſey verbothen worden, dem Herrn von Volkensdorf
in dieſer Angelegenheit noch länger zu dienen.
Der Hochzeitstag war ſchon ſo nahe, daß keine
Beit mebr übrigte, die meit entfernten Gafte gu be:
nachrichtigen, daß ſie fi nicht in Enns, fondern an
cinem andern Orte cinfinden möchten, Um dem Schim⸗
pfe gu entgeben, daß man fie in Enns nicht fortſchaf⸗
fe, entſchloß ſich Wilhelm son Volfensdorf zu einem
fur ibn gemif febr peinvollen Schritte. — „Des ans
dern Tag8, am letzten April, bat er auf gehorte ibre
Abſchlagung fie (die Ennſer) durd die wohlgebornen
Herren: Herrn Hannſen von Prag, Freyherrn zu
i 22 441 TOS
Windhag; Herrn Caſimirn Freyherrn von Polbaim
und Wartenburg; Herrn Hans Caſparn Herrn von
Volkenſtorf; und auch den edlen veſten Hilipranten
Jörger zu Brandeck und Ottensheim Beſchicksweiſe
erſuchen laſſen, daß ſie ibm ihr vorgehörtes Bewilli—
gen, Zuſehen und Gedulden nicht hindern, ſondern
das angefangene chriſtliche Werk bey ihnen, darauf
er inner und außer Lands den Tag ſchon ausgeſchrie—⸗
ben, und in ſolcher Kürze zeitlich nicht mehr abkünden
möchte, verbringen laſſen wollten. Hätten ſie alsdann
des gefangenen Bauern halber Sprüche zu ihm: die
ſollen ſie in ander gebührlich Wege erſuchen“. — Auch
dieſe wohl gegründeten Vorſtellungen blieben ohne
Erfolg, und der Richter und Rath verharrten darauf:
Entweder müſſe der Bauer gleich losgelaſſen werden,
oder der Herr von Volkensdorf dürfe in Enns ſeine
Hochzeit nicht halten. Letzterer fab ſich alſo genöthi—
get, mit neuen, ganz unnöthigen Koſten Eilbothen
an die geladenen naberen Gäſte auszuſchicken, und in
Linz Anßalten zur Hochzeitsfeyer zu treffen. Dadurch
war die Rechgierde der Eunſer, wahrſcheinlich wegen
anderer frühern Beleidigungen des Wilhelm von Vol:
Fensdorf , nod nicht erfattiget; fie bedienten ſich über
dieß noch des Pfändungsrechtes, — „ſo daß er auch
fein Silbergeſchirr, Wein und anders, fo ihren dar—
gu verordneten Mitbirgern durch ihne geben worden,
hier in Linz zum höchſten Schaden und Verkleinerung,
Schimpf, Schand und Spott entbehren mußte, alfo
Daf: er neben dem darauf gewendten Unkoſten und
Schaden, fo er hierdurch erlitten, noch dazu lieber
dreytauſend Ungeriſche Gulden getrathe⸗ (entbehren),
als ſolchen Unkoſten, Schaden, Simpy}, Schand
und Spott, Den ſie ihm hierdurch zugefügt haben,
gedulden wollte.“
442 ——
In der hierüber ausgeſtellten Gerichtsurkunde des
Landeshauptmanns heißt es weiter, daß der Herr von
Volkensdorf auf eine gütliche Weiſe von den Ennſern
Genugthuung verlangt, aber keine erhalten habe;
nicht einmahl ſeine ihm vorenthaltenen Sachen habe
man ihm ausgeliefert. Deswegen habe er ſich mit einer
förmlichen Klage an den Landeshauptmann gewendet,
und um einen gerichtlichen Ausſpruch gebethen. Die
Ennfer wurden zur Verantwortung nach Linz gefore
Dert, find dorf erſchienen, — „haben aber zu Ab⸗
lainung ſolch ſein, des Herrn von Volkenſtorf, La:
dung und Klag Erceptionsmeis fürbracht, daß ſie in:
halt ihrer Freyheiten vor dieſem Gericht im Rechten
zu antworten nicht ſchuldig fenn.... Darauf ich ſammt
den Beyſitzern des Landrechtens zu Recht erkennt:
Die von Enns ſeyn auf ihre fürbrachten Freyheiten
von des von Volkenſtorf Rechtsklag vor dieſem Gericht
ledig und müßig. Will aber der Herr von Volfenfiorf
Die von. Enns ferrer Sprüch nicht erlaffen, fo ſteht
ihme an den Orten als ſich gebührt, zu erſuchen bevor.
Nach Verlefung ſolches Urtels bat gedachter von
Volkenſtorf ſich beſchwert, und daſſelb ſar königlicher
Majeſtät Regierung der Niederöſterreichiſchen Lande
appellirt und gedingt, aber ſolche Aypellation wieder⸗
um fallen laſſen, und mich demaach angerufen und
gebethen, ihme def Gerichtsurkind mitzutheilen, des
ihme alſo mit Recht erkennt, and ich ihme hie mit mei⸗
nem anhangenden Amtsſeget verfertigt gib. Aetum
Linz, den zwanzigſten Tas January, Anno im ſieben
und fünfzigſten⸗
Das Exe dieſes Streites iſt mir unbefannt.
con Db
Beylage Nro. XXXIX.
®. Friedrich verlegt den Wochenmarkt gu Wels vom Samſtaß
auf den Mittwoch. Am 22. Jaͤnner 1528.
Wi Friedrich von Gottes Genaden Romiſcher Ku—
nig, alle Zeit ain Mehrer des Reichs. Thun kund
offentlich mit dieſem Brief, daß wir unſern getreuen
lieben N., den Burgern von Wels die Gnad gethan
aben, und thun auch mit dieſem Brief, daß ſie für—
as ihren Markttag zu Wels haben ſollen an dem
Mittichen in aller der Weis und in allen den Nech—⸗
ten, als fie ibn vor an dem Samftag gehabt haber.
Und davon gebiethen wir allermanniglich und wellen,
daß man denfelben Marft fürbas ſuche auf den Mite
tichen und nicht auf den Samftag. Und des ju ainem
Urfund geben mir ihnen diefen Brief verfiegelt mit une
ferm Foniglidjen Snfiegel. Der ift geben zu Wels am
Freytag vor Sanct Agnefen Tag, da man zählt von
Chriſtes Geburt drenzebenbundert Jahr, und darnach
in dem act und zwainzigiſten Jahr, in dem vierzehen⸗
ten Jahr unfers Reiches.“
Diefe und die folgenden Urfunden von Wels find
alle in der Pancharta È, Rudolphs wörtlich enthalten,
die er am 27. März 1582 den dortigen Bürgern ver—
liehen hat. Die erſten Originale davon ſind verloren
gegangen.
H. Albrecht verleihet den Welſern einen zweyten Wochenmarkt.
Um 25. Februar 1412.
ir Albrecht von Gottes Genaden Herzog zu O—
ſterreich, zu Steyr, zu Kärnthen und zu Krain, Graf
gu Tyrol. Bekennen, daß Wir unfern getreuen lie—⸗
ben N. den Burgern und der ganzen Gemain unſerer
Stadt ju Wels durch Frummen, Nutz und Unfueb:
— 44 —>
men ihr felb8, und derfelben unfer Stadt die Genad
getban haben, und thun aud wiſſentlich mit dem
Brief, daf fie nun hinfür bafer alle Wochen an dem
Eritag ainen Wochenmarkt i in derfelben unfer Stadt
baben follen und mugen ju dem Wodenmarft, den
Sie am Samſtag da haben, in ſolcher Maße, daß
jedermann ab (lic) dem Lande, wem das gefället,
Fleiſch, Brod, und alle Speiſe und Gewerb an dem⸗
ſelben Eritag dahin bringen oder führen mag in aller
Maße, als an dem Samſtag mit Alter herkommen
iſt. Es ſollen und mügen auch all Fleiſchhacker und
Bäcken, die ab dem Lande mit Fleiſch und Brod in
die Stadt fahren, und an demſelben Eritag und auch
an dem Samſtag über und über ſtehen, und Fleiſch
einſchroten und Brod hingeben von Handen, ohne
Irrung, als ihnen das weiland unfer lieber Better
Herzog Wilhelm ſeliger, mit ſeinem Brief auch er
laubt hat; doch unz (bis) an unſer oder unſer Erben
Widerrufen, ungefabelic. Mit Urfund dief Briefs, »
geben zu Wien am Sanct Mathias Tag des Zwölf⸗
bothen, nad Chriſti Geburt vierzehenhundert Jahr
und darnach in dem zwölften Jahr.
Beylage Nro. XL.
H. Albrecht verleget den Ppilippi Fahrmarft , welchen K Frie⸗
drich der Schoͤne den Welſern verliehen bat, auf Maria Geburt.
Am 20. Maͤrz 1417.
Mi; Ulbredit. .Befennen, als meiland der —
läuchtig Fürſt Friedrich von Rom, unſer Vorvorder
löblicher Gedächtnuß, unſer Stadt zu Wels begnadet
hat *), daß ſie jährlich am St. Philipps Tag ein Jahr⸗
*) Die Jahrmarktsurkunde K. Friedrichs bat ſich nicht vorge⸗
funden.
n 445 --
marft da haben follt; find bor Unſer getvefen die
Burger derfelben unfer Stadt, und haben uns flei⸗
ßiglich gebethen, denfelben Jahrmarkt ju verändern
und gu legen auf unfer Frauen Tag zu der Geburt,
mann der ibnen und derfelben unfer Stadt auf dem
vorgenannten Sanct Philipps Tag nicht nuglid nodi
füglich war. Nu haben Wir angeſehen Bethe und
haben dadurch, und auch durch Nutz und Frummen
und Aufnehmens willen der egenannten Stadt den
obgenannten Burgern zu Wels und allen ihren Nach—
kommen denſelben Jahrmarkt auf den egenannten un⸗
ſer Frauen Tag zu der Geburt, acht Tag vor und
acht Tag hinach, gelegt wiſſentlich mit Kraft dieß
Briefs alſo, daß ſie den nun fürbaſer jährlich auf
dieſelb Zeit da haben ſollen und mügen mit allen den
Rechten, Freyheiten und Gnaden, als fie den auf dem
vorgenannten Sf. Philipps Tag haben gehabt, und
als ander unfer Stadt auf ibren Jahrmärkten haben;
ohn Gefähr. Davon gebiethen Wir feftiglich allen une
fern Untertbanen und Getrenen , edlen und unedlen,
mie die genannt fenn, den diefer Brief gezaigt wirdet,
und wollen ernſtlich, daß fie die obgeſchrieben unfer
Burger ben diefer unfer Gnad laffen beleiben, und
ibiten die nicht brechen mod damider thun in dhain
Weiss. Wann mer das überführe, das war ſchwer—
li) wider uns. Und des zu Urfund biefien Wir dieſen
Brief bewähren mit Unſerm größeren fürſtlichen J In⸗
ſiegl, der geben iſt zu Wien, am Samſtag vor Letare
in Mitterfaſten, nach Chriſti Geburt vierzehenhun—
dert Jahr, darnach in dem ſiebenzehnten Jahr.
A. Friedrich verlegt dieſen Jahrmarkt auf den Sonntag nach
Mariaͤ Geburt. Am ſiebenten September 1480.
Friederich, von Gottes Genaden Römiſcher Rai:
fer.. Getreuen Lieben. Als ihr durch eur Bothſchaft,
fo ihr jetzt bey uns gehabt, an uns begehren und bits
ten babt laſſen, euch gu vergunnen, den Jahrmarkt,
fo vormahls am unfer lieben Frauen Tag Nativitatis
gu Wels gemefen ift, des Sonntag8 darnad ju bal:
ten, haben wir vernommen, und vergumnen Das. Em⸗
pfeblen euch auch ernſtlich und mellen, daß ibr num
fiiran denſelben Jahrmarkt ains jeden Jahrs auf den
bemeldten Sonntag haltet, inmaſſen ihr den vormahls
am unſer lieben Frauentag darvor gehalten habt, das
auch bey euch offenlich berufen laſſet. Geben zu Wien
am Pfingſttag unſer lieben Frauen Abend Nativitatis
Anno Domini LXXX. Unſers Kaiſerthums im neun
und zwanzigſten Jahre. *
Die äußere Aufſchrift lautet fo: „Vnnſern ge:
treuen Lieben N. dem Richter vnnd Rathe Ze Wellß.“
Beylage Nro. XLI. mia
9. Albrecht verleibet, der Stadt Linz das privilegium des
VBartholomai Faprmarftes. Am 27. September 1382.
Aus dem Original. 1
Bi Albrecht von gots gnaden Hergog ze Deftets
reich jeStept... Befennen ond tun chunt offenlich
mit Difem brief. Wan mir angeſehen haben die gebre⸗
fien die unfer Statize Lyng, von dirieges und ander
namlichen ſachen wegn, peg lang zeit angelegen ift.
Vnd haben vnſern Purgern dafelb8 je Lyntz, zu erge:
tzung der egenanten ſcheden, vnd ouch durch nutzes,
aufnemen, vnd beſunders frumes willn der vorge—
nantn vnſer Stat ze Lyntz, ainen ewigen Jarmarkt
geben, vnd in die genad getan, vnd tun ouch wizzent⸗
lid) mit Diſem brief. Dag fi auf ſand Bartolomes tag
alle are, ainen Jarmarkt daſelbs ze Lyntz haben, und
nu 447 sc
den da fudjen lazzen full, nach gemonbait des Landes
in Oeſterreich. Vnd fol oud da menibleid) , mer das
bin auf denfelben Sarmarft chumpt, gewonlich frey⸗
ung, als auf andern vnſern Jarmerkten in Oeſterreich
vmb all erber ſachen, viertzehn tag vor ſand Bartolo⸗
mes tag, vnd viertzehn tag hinnach, haben vnd niez⸗
zen, vngeuerlich. Darumbe gebieten wir vnſerm Haubt⸗
man ob der Ens, wer der pe zu den zeiten da iſt, ale
len vnfern Heren Rittern ynd knechten, purggrafen ,
pblegern amptleuten, Richtern Mauttern, Purgern
vnd allen andern Vnſern Vndertanen, oberhalb vnd
niderhalb der Ens, enhalb vnd hiediſhalb der Tunaw,
vnd wellen gar ernſtlich. Swer auf den genanten Jar⸗
markt oder von dannen, mit ſeiner choufmanſchaft
oder ſuſt, zeuhet, Daz it den ſicher leibs vnd guts
ziehen lazzet, vnd belaittet wo der des bedurffe, vnd
bey den gnaden vnd freyungen die vorgenant zeit be⸗
haltet vnd beleiben lazzet, vnd dawider nicht tut in
dhain weg. Wer aber dawider tet, Das wer gentzlich
wider vns, vnd wolten ouch den ſwerlich darumb pez⸗
zern. Vnd des zu vrchund ſicherhait vnd ewiger ge⸗
tzeugnuzz hiezzen wir vnſer grozz fürſtlich anhangen⸗
des Inſigel henken an diſen brief. Der geben iſt ze
Wienn an ſand Lamprechts tag Nach chriſts geburd
dreutzehenhundert iar, Darnach in dem zwain vnd
achtzigiſten iare.
Beylage Nro. XLII.
È. Rudolph der Zweyte beſtaͤtiget den Freyſtaͤdtern ihre zwey
Wochenmaͤrkte. Am zwoͤlften rata 1582.
ir Rudolph der Under. Vdelemen offentlich mit
dieſem Brief und thun kund allermänniglich, daß uns
finfere getreue liebe N. Burgerimaiftet Richter und
Rath unſerer Stadt Freyſtadt gehorſamlichen an⸗
bracht, wie ſie von Alters hero zwayer ordentlicher
Wochen⸗ Traid⸗ und Weinmärkt, am Montag und
Freytag, zu halten im Gebrauch, aber durch einge⸗
fallne Brunſt, ſonderlichen zu der Beit Künig Ladis⸗
laen, im vierzehnhundert zwey und fünfzigiſten Jahr
entſtandener Kriegsgefährden, ſolcher ihrer Freyhai⸗
ten in Verluſt uud Verderben gerathen, doch nidts |
deſto weniger dieſelben in ſtetem ruebigen Gebrauch
erhalten. Weil dann ſolche Wochenmärkt ju Hand⸗
habung und Vollziehung der hievor ausgangenen Ge⸗
neral und Fürkaufsordnungen dienſtlich und darin—
nen fürſehen, daß auf dem Gäu nicht burgerliche Ge⸗
werb und Hantirung getrieben, auch die Baurſchaft
bey ihren Häuſern außer den Bäcken Burgern und
andern in der Fürkaufsordnung benennten Perſonen
ihre Getreid und andere Victualien nicht verkaufen,
fondern ſolches alles zu failem Kauf ‘an die Wochen⸗
märkt führen ſollen; Gleichfalls auch daß die Bauern
und andere oberlaͤudifche Kaufleut das Wald - und
Landvieh, Sopfen und andere Nothdurften nindert |
anderfi wo al8 auf freyen Wochen⸗ und Viehmärkten
gegen Bezahlung der ZO und Mäuth auffaufen fol
len. So haben fie uns demuthiglich gebethen, von
landsfürſtlicher Macht und Vollfommenbeit wegen
ſolche ihre Wochen⸗Traid⸗ und Weinmärkt zu ver⸗
neuern und zu beſtäten, ihnen auch zu denſelben von
neuem zween wochentliche Viehmärkt, alle Montag
und Freytag, in gemain zu halten, und dieſelben mit
allerlay Waaren, Traid, Wein und Viehmarkts⸗
Pfennwerthen zu ——— und ſonderlich Freyſtadt
file das Ort gu benennen, allda durch die Ausläuder
das Bieh der Ende, fo aus dem Land gehen mill,
fo 449) ceva
die rechte, von Ulters befrenteStrafien auf Frenftadt
gu treiben oder zu führen, dafelbft als an der Gra:
nigniederlag zu erfcufen oder perfaufen, und gegen
ibren landsfürſtlichen Glaitsbrief, fo wir ihnen deft:
balben mittheilen wellen, aus dem Land paffiren zu
laffen. Welches alles und jedes wir in Anſehung der
getreuen Dienſten, die ſie uns und unſern Vorvordern
geleiſtet und damit berühmt werden, mad genugfa:
men eingezogenen Bericht und Erkundigung ihnen
mit Gnaden gewilligt, und darauf anfangs die zween
alten Wochenmärkt, Montags und Freytags, dazu
auch Wein und Getraid, auch Hopfen, Gerften, und
gemainiglich alle andere Hausnothdurften und Wo⸗—
chenmarkts⸗Pfennwerthen feil zu bringen und zu bal:
toni beſtätt, und daneben von neuem allda in der Frey:
ſtadt, als unſer alten Niederlag und Mauthſtatt, die
an der Waldmarch gelegen, und ein Confin gegen der
Paſſaueriſchen Ubten, Behaim, Mähren und Oeſter—
reich unter der Enns iſt, wochentlich von berührten
beden Tagen ihnen und gemainer Stadt Freyſtadt
freye Viehmärkt und allerlay Wald: und Landvieh,
es ſey gleich von Roßen, Ochſen, Küh, Schafen,
Schweinen oder anderm Vieh, zu halten, gnädigiſt
vergunnt und zugegeben haben. Thun das auch hiemit
wiſſentlich und in Kraft dieß Briefs alſo, daß hinfüro
allerley Fürkauf, ſo um den Gezirk Freyſtadt getrieben
wirdet, auch alles Hantiren am Gäu, vermüg unſerer
ausgangenen Kaufsordnung und General verbothen,
und dagegen zween wochentliche Traid- Wein⸗- und
Viehmärkt, nämlichen Montags und Freytags, zu
halten, und darauf allerley Vietualien und Wochen⸗
marktsſachen von Schmalz, Eyer, Hopfen, Malz,
Haar, Garn, Leinwand, Holz, auch Vieh, und derglei—
chen mehr Nothdurften gebracht und failgehalten wer⸗
29
na 450 o
den follen, und ſonſten an kainem andern Det, fo deſſen
nicht befrenet, und neben der Befrenung in ruebigem
Gebrauch, Poſſeß und Inhaben ſeyn. Sonderlichen
aber wellen und ordnen wir hiemit, daß alle die Aus⸗
länder, ſo Vieh in dieſem Gezirk einkaufen, und daraus
ferner aus dem Land treiben wellen, ſolches allein in
der Freyſtadt, als an einem mit der Niederlag und ei⸗
ner kaiſerlichen Mauth fürgeſehenen, auch vor andern
Flecken befreyten Ort erkaufen; denſelben ſollen und
mögen alsdann die von der Freyſtadt, daß ſolche Käuf
ben ihnen beſchehen, ordentliche Schein fertigen, dare
auf dann erſt ſolches Vieh vermauth, veraufſchlagt,
und aus dem Land getrieben und gelaſſen werden mag.
Es follen auch die von der Frenftadt ſich mit Ausſte—⸗
ckung ibrer Wodenmarftfabnen, unter melden die
_ Burger, Hausgefeffenen, Mit: und Inwohner allda
vor Andern den Vorfauf haben ſollen, cine richtige
gleiche Ordnung balfen, mie dann anderer Orten gleie
chermaßen gebraudig; und nad Ubziehung des Fabe
nems die andern Snlander cine Stund darnach, und
dann folgende die Ausländer zu faufen befugt ſeyn.
Desgleichen die In⸗ und Ausländer an ſolchen zweyen
Wochen⸗ Traid⸗ Wein⸗ Viehmarkttagen ſich zu ver⸗
halten ſchuldig ſeyn, wie Woden: und Viehmarkts
Gebrauch iſt; Uns auch von ſolchen Waaren und Vieh
unſer ordentliche Mauth reichen, und zu Hand unſers
Mauthners oder Beſtandinhabers dieſelben unweiger⸗
lichen entrichten, und ſonſten mit dieſen Wochen⸗ und
—— allermaßen gehalten werden, dieſelben
auch alle Recht, Freyheit, Gerechtigkeit und Vörthel
haben, ſo andere dergleichen Wochen⸗ und Viehmärkt
haben, von Recht oder Gewohnheit wegen, und nie⸗
mand ichtes dawider außer ſonderer unſerer Befreyung
zu thun geſtatt werden. Und gebiethen darauf allen
meo 451 — *
und jeden unſern Prälaten, Grafen, Freyen, Herrn,
Rittern, Knechten, u. fm. Geben in unſrer Stadt
Wien, den zwölften Tag des Monaths Martii, nach
Chriſti Geburt fünfzehenhundert und im zwey und
achtzigiſten. Jahr. *
> ®»- tb > te — — — — — — — © — a a Wa Tax Vo > —
Beylage Nro. XLIII.
Ghrifoph von Lichtenſtein bietet den K. Friedrich um cinen
Jahrmarkt fur Leonfelden. Am 17, Ginner 1485.
MWerdurdleucohtigifter Faifer. Sid fügen biemit zu
emern kayferlichen gnaden die von lanfelden, Ewer
kaiſerlichen gnaden vundertan vnd Famerguet. Gu
Maynung ſy mit cimem Sarmarft dafelbs zu begna:
Den. vnd emer È. M. Sn Irem anbringen vernemen
werdet. Bitte ich emer kaiſerlich genad vonn mein yand
meines bruder megen in onndertanigfeit mit diemüti—
gen Fleiss. Ewer kayſerlich Maneftat gerued den von
lanfeldn So genädig zu feini Sp Su Irem anbringen
enädigklich ju hörn vnnd Srer bete genädigklich ju
egniaden. Ungefehen mas In emer kaiſerlich Maye—
fiat genadn beweiſet. das tuet in emer guad Als emer
Foiferliden genaden kamerguet vnnd vnndertan. das
auch mein brueder onnd id) vmb Ewer kayſerlichen
genade Inn vnnderteniger geborfam willigklich vnnd
gernn wollen Verdienen: Seben zu Steyregk an
Sannd Unthoni tag Anno 26. LAXXV.
Bittforift der Leonfeldner an den Kaiſer. Am 20, Ganneri
Allerdurchleuchtigiſter faifer vnnd Allergendbdigi:
fier ber. Emer kaiſerlichen Maneftat gehorfam vnnder⸗
fan vnd erblich binderfaffen. Richter Burger vnnd die
ganng gemain des Mardts Lanfelden Enpemtn Emer
> ie
kaiſerlichen Mayeſtat Sr Willig vnd ſchuldig dinſt in
gantzen trewn beuor. Allergenedigſter Herr. Herr Cri⸗
ſtof von liechtenftein. den wir ditzmals geſworn ſein
vnnd zuuerſprechen ſteen bat ewrn kaiſerlichen gena⸗
Den von vnnſern wegen geſchriben. vnd emer kaiferlich
genad gepettn. den Marft lanfelden als emer gnaden
vndertan vnd kamerguet von ſein vnd ſeins pruder we⸗
gen mit einem Jarmargkht zu begnaden. Allergnädigi⸗
ſter herr. Der Marckt lanfelden ligt auf der grannitz
zu nagſt Behmlannd. vnd iſt in den friegf Jaren mit
mawr ombfangen vnd gu der weer zugericht zu nutz
vnd frumen dem gantzen land. dadurch mir denſelben
Marckht Swerlich behüten müeſſen. SE
Naddem mir Arm ynd ainfeltig lett . Uber zu
folber behutung nicht gwerb mod) banndel haben . ſehn
wir notturftig cine8 Jarmarckts oder zwair dadurch
Der Marckt ju hanndel kom deſterpas furpracht vnd
behüt miig werden. Bitten wir arm vnd ainfaltig lewt
Ewer kaiſerlich gnad Innigklich durch gog millen.
Ewer kaiſerlich gnad molle auſs Fürſtlicher Mildigkait
den Marckt lanfelden Mit einem Jarmargkht oder
zwaien begnadn. Angeſehen das der Herſchaft Wachſn⸗
berg Ewer kaiſerlich Mayeſtat zuegehöruntt Gn maut
vnd zueſtanden von Behm vnd Marhern deſter mer
nutz vnd rännt gefallen mag. Item es dienten auch
ſolch Jarmarckt nach gelegenheit der lannd aus Behm
vnd marhern. vnd mochten den Steten vnd anndern
Jarmarckhten des lanndes ob der enns keinen mangel
noch ſchadn pringen. Item annder Marckt vnd etliche
dorffer Im lannd ſein mit Jarmarckhten begabt. Aber
lanfelden nicht. Nedoch fo iſt von alter zu Lanfelden
ein Jarmarckt geweſen. Aber in der Huſſerey Als der
Marckht vnd die kirchen auſgeprennt iſt worden. Iſt
man deſſelben Jar Marckts auſs der gewonheit komen.
de 455 ai
In Hofnung ewer faire quad volle * al⸗
res. Aud vnnſer Yinfalt vnd armut anfeben. vnd vnn⸗
fern berren berren Griftoffen von liechtenftain vnd
vnns emer faiferliden Maneftat Erblich hinderſäſsen
vnnser gepet nit vertzeihen. Was wir dann ewern kai⸗
ſerlichen gnaden zu erung thuen ſullen nach vnnſerm
vermügen ſeyn mir willig. Wollen auch das vnnderta⸗
nigklich vnd in aller gehorſam vnd diemutigkeit mit
vnnſern willigen vnd ſchuldigen dienſten vmb Ewer
kaiſerlich Mayeſtat verdienen. Dieſelb ewer kaiſerlich
Großmachtigkeit der Allmechtig got In ſundterm we⸗
ſen lannge zeit gelucklich geruech zu behalten.
Actum an ſannd Sebaftian tag Anno LXXXV.
Am fiinften Februar wurde bieranf das kaiſerliche
Privilegium ausgefertiget, im iweldjem ihnen È. Frie-
drich given Jahrmärkte verfieben bat: — „ain Um
achten gotzleichnam tage, vnd den anndern an farind
Symon ond Fudas tag, eden mit fürſtlicher Freyung
vierBeben tag dor vnd viertzehen fag darnach vnd funfi
mit allen Unndern eren rechten vnd gueten gewonhei⸗
ten, als die Sin vnnſern Steten dafelb8 zu Oſterreich
gebalten merden.... Geben zu Lyntz an Sambftag
Nach vnſer liben Framen tag der r liecbtmef nad Chris
fti gepurt viergehenbundert ond Im funf ond achtzigi⸗
ften.. 1
Unmittelbar darauf forgt 3 ,,Uufgoben auf die Sar
marckt, micuil und was fie geftanden fein. Sfem vnn⸗
fermi Herren dem faifer viertzigkh vngriſch gulden.
Item dem Matſchacher procuratori Sibentehen Nei:
niſch gulden. Item Maifter Bernbartten kanntzler
act vngriſch gulden. Item in die fronifen eintzeſchrei⸗
ben cin Reiniſchen gulden. Item gen grag, gen Nicol⸗
ſpurgk, vnd gu Lynntz auf zerung vnd perert, wol zwey
“e 454 TESS
vnd dreiffigf phund phening. Item das man die Jar⸗
merckht zu euerding gerüeſt (lic) bat, ift geſtanden ein
phund phening. Item zu lynntz Newn ſchilling phe⸗
ning. Suma: hundert vnd XXXVI Pfund XXX phes
ning.“ | ts n fanti
Beylage Nro. XLIV.
H. Albrecht erneuert ben Buͤrgern in Rohrbach den alten
Wochenmarkt. Um 17. Janner 1459. Aus dem Original
der Pancharta È. Ferdinands III. im Medio des
Marktes Rohrbach.
Wi Albrecht von Gottes gnaden Erzherzog zu
Oeſterreich .. Befhennen, daß Vuf Vnſer Getreüe,
die Burger vnd Leütt gemainelich Vnſers Markhts zu
Rorbach, haben durch Fr Erbar Potſchafft laſſen für—
bringen, wie Sp durch weyland Vnſer Vorder Für—
ſten zu Oeſterreich mit ainem Wochenmarkht begabt,
vnd aber die fürſtlichen Brieff Ihn durch die Huſſen
in Irem freventlichen gewalt vor Jahren verbrennet
ſein, demüttigelich bittent, Sy mit ainem Wochen⸗
markht gnedigelich widerumb zu uerſehen. Indem Wir
bedenkhen Iren Kummer vnd Verwüeſtung, ſo Sy
von den ehegemelten Feinden erliten haben, vnd auch
Sr treue beſtendigkhait, darin Sy an Vnſern Vordern
vnd Vnß an den gemerckhen daſelbſt Redlich erfunden
ſein: dauon haben Wir alß Herr vnd Landtsfürſt den⸗
ſelben Vnſern Burgern vnd Leütten zu Rorbach ge—
mainigelich vnd Iren Nachkhomen in demſelben Vnſern
Markht ainen Ewigen Wochenmarkht, den all Mons
tag da zu halten, von neüem gegeben, vnd geben wiſ⸗
ſentlich mit dem Brieff, u. ſ. w.“ — Alles, was nun
darauf folgt, ift alter Kanzeleyſtyl. — „Geben zu Linz
us 455 «mo
an St. Antonien Tag Nach Ehrifti Geburt Vierzehen⸗
hundert, vnd in dem Neün vnd fünfzigiſten Jahr.“
An eben demſelben Tage ertheilte ihnen der Erz⸗
herzog ein zweytes Privilegium wegen der Jahrmärk⸗
te: — „Wir Albredht... Bekhennen, daß Vnß Vnſer
Getreüe, die Burger vnd Leütt gemainigelich Vnſers
Markhts zu Rorbach haben durch Ir Erbar Potſchafft
laſſen fürbringen, wie Sy durch weyland Vnſerer
Vordern Fürſten zu Oeſterreich mit zwayen Gare
märkhten begabt, vnd aber Ihr fürſtlich Brieff darüber
erlangt, Ihn durch die Huſſen in Ihrem frevenlichen
gemalt Vor Jaren verbrennet ſein, demüttigelich bite
tent, Sp mit zwayen Jarmärkhten gnediglich wider—
umb zu uerſehen, Indem Wir bedenkhen Iren Rum:
mer vnd Verwüſtung, ſo Sy von den ehegemelten
Feinden erlitten haben, u. ſ. w.“ Das Folgende iſt,
ſo wie auch das Datum, mit der gleich vorhergehenden
Urkunde wörtlich gleichlautend.
Beylage Nro. XLV.
Der Wodenmarft in Gmunden wird von dem Boll des
Nachrichters befrepet. Am 16. November 1379.
ir Albrecht von Gottes Gnaden Herzog zu Deftere
reich. befennen und tbun fund oͤffentlich mit diefem
Brief. Wann mir von unſern getreuen, N. den Bure
gern gemainiglich zu Gmunden aigentlich mit guter
Kundſchaft untereifet fenn, daf der Zoll, den cin
Nachrichter dafelbé unzher genomben hat, ihrem Wos
chenmarkt in der Maß unfüglich ſey, daß unſer Stadt
und alle die Unſern daſelbs merklichs ihres Frummen
und Nutzes davon geirret werden. Davon nach ihr flei⸗
Bigen und demüthigen Bette, durch Frummen und
— 450 =
Befferung willen derfelben unfer Stadt, haben wir mit
guter Vorbetrachtung und'nad Rath unfer8 Natbs —
Denfelben Zoll abgenommen, und den egenannten Wo⸗
chenmarft von fundern Gnaden davon gefreyet mit
furfilicher Macht, und freyen aud wiſſentlich mit
— Kraft Diefes Briefs. Ausgenommen dod) den Zoll
Der un$ in unfer Büchſen dafelb8 in unferm Mauth:
baus: gefallet, der uns bleiben foll, als e8 von Alter
berfommen ift. Mit Urfund dief Briefs, geben zu
Wien am St. Leonhards Tag, nad Ehrifti Geburt
dreyzehenhundert Sabr, und darnach in dem neun und
fiebenzigiften Jahr. | ; “”à
Benlage Nro. XLV. A.
È. Carl ertbeilet den Oeſterreichiſchen Kaufleuten die Freye
heit, ibre Weine durh Mapren nad Boͤhmen und Pohlen
verfubren zu duͤrfen; dagegen fol es den Kaufleuten der
genannten Lander erfaubt fevn, ihr Getreide nad Defter=
rei gu bringen. Am 13. April 1368. Aus dem
Original.
Bi Farl von gottes genaden Römiſcher Faifer ju
allen geitten merer des Reichs vnd Kunig zu Behaͤim.
Befbennen nd thun funt offennlich mit difem briefe
allen den die Ine feben oder hören leſen, daz wir mi
wolbedachtem muete mit Nate onnfer getrewen und
mit Rechter wiſſen das beftellet geboten und gemacht
haben vnd mellen auch daz alle Rauffleute von Deftere
reich dem Hertzogthumb vnd der Herrſchafft mit Iren
Weinen durch Merhern gen Behaim vnd gen Polan
faren mügen on alle Hynndernuſſe, Alſo daz vnnſer
Kaufflewte von Behaim, von Merhern, vnd vot Pos
lan auch Sr getraid allerlay mie man das genennen
ese 457 22
mag gen Oeſterreich gefüren mugen Auch mainen wir
ob die Kaufflewte von Oeſterreich Iren wein zu Mer⸗
hern nach Irem nutze verkauffen vnd ablegen möchten
vnd wolten daz Sy den Fürtail albeg haben, daz Sy
denſelben Iren wein zu Merhern ablegen oder Ine gen
Peham vnd gen Polan fueren mugen, nach Irer wille⸗
kur wie Sy des zu Rate werden Das gebieten wir
allen Fürſten Geiſtlichen vnd weltlichen vnd allen
Ambtlewten vnnſers Künigreichs zu Behaim daz Sy
ſölhes vnnſer gebot vnd ordnung als dauor geſchriben
ſteet, ganntz vnd ſteet haben vnd halten ſullen bey
vnnſern Hulden vnd on alles widerſprechen vnd iſt
vnnſer ſonnderliche maynung daz diſer brief Krafft
vnd macht haben ſulle, vnntz an die zeit daz wir Inen
kuntlich widerruffen. Mit vrkunt des briefs verſiglt
mit vnnſer Kayſerlichen Mayeſtat anhangenden Inn⸗
ſigill der geben iſt zu wienn Nach Criſti geburde drey⸗
zehen hunndert Jar darnach in dem acht ond ſechtzigi⸗
ſten Gar an dem nagſten Donerſtage nach dem Heyli⸗
gen Oftertage Vunfers Reichs in dem zway vnd zwain⸗
rc vnd des Kayſerthumbs in dem viertzehenden
are; i
mecocceoomnrogeoorcocoomsoeoeoeoeocoecoeoeooao vw
Beylage Nro. XLVI.
Die Grafen Meinbard und Heinrich von Goͤrz verbeifen
allen Kaufieuten der Hefterreimifhen Provinzen Shug und
fiheres Geleit. Am cilften May 1351, Aus dem
Seitenftetter Coder.
Mi Meinbart Graff von Görtz ond zu Tyrol, vogt
Der gotßhewſer zu Ugla und zu Triennt vnd ju Brire
fferi, Verjehen mit difem brieffe offennlich für vns vnd
vnſern Lieben Bruder Hainrichen daſelbs, Das wir
fa COS 458 0%
durch pit und Lieb willen Vnſers gertedigen Gern Gere
tzog Albrecht zu Oſterreich, zu Steyer vnd zu kernden,
vns ſelber zu Eren, Vnd allen den, die diſe nachgeſchri⸗
ben ſach antrifft, Zu fride vnd zu einer peſſern gewon⸗
hait Verheyſſen haben, ond verheiſſen mit getrewen
an all argeliſt oder geuerde All kawfflewt, Si ſein arm
oder Reich, Die dem vorgenanten vnſern genedigen
hern zugehoren, Vnd die in ſeinen lannden und ſteten
geſeſſen ſind, wo das ſey, Zu ſchiermen vnd zu ſichern,
In vnser glait zu nemen, Sie auch darinn in all vnser
gepiet, Stet ond veſten, vnd für all die vnſern, wo die
gelegen oder geſeſſen ſind, wie dy genant ſind, mit aller
Irer kauffmonſchatz, an wen die leyt, Hab, leyb vnd
gut, Sie vnd Ir fürer, Dauon vnd darzu zu uaren,
Zu reyten vnd zu geen, Die Stras gen Porth Loſan,
di weyl ſie die varen, Vnd wer da dy vorgenantten
kaufflewt, die vnſerm vorgenanten herrn zugehorent,
als uor geſchriben iſt, oder Ir kahner von vns oder von
Den onfern Gres guts beraubt oder in ander weis bee
ſchedigt, geirret oder aufgebabt wurden (fic) an Recht:
So fepn Wir In gepunden, aber mit gutem ivillen
an geuarde, gu helffen, Das In das ganglich wider—
gethan vnd miderlegt merde. Wir verbenffen and fur
vns vnd für onfern sorgenanten bruder ond die vnſern,
Das wir kain zol oder maut meren ſullen auf kainer
kauffmonſchatz, Sunder das vns die maut ond der gol
gupartlannfen (Ge), Die mit altter gemonbait da vnd
herkommen ift vnd vor genomen find, benugen fol, Vnd
dauon nicht mer nemen follen oder nemen, Diefelb
maut ond gol follen die vorgenanten faufflemt bezalen
vnd geben an alle miderred vnd abgang. Mit vrkund
dits brieffs verfigilten mit onferm anbangunden Inſi⸗
gel, Das mir file ons und vnſern vorgenanten bruder
daran gelegt haber. Geben Zu wienn, Do mon galé
ee 450, ceo
nad Gritti gepurt drenzebenbundert Far und darnach
in dem ains vnd funfftzigiſten Jare, Des nachſten ante
tichs vor Sand Pangragen tag.‘
Zweyte Urkunde des Grafen Meinhard von Goͤrz fuͤr die
Wiener. Am 31. Man 1369.
Bir Meinbart, phalkgraue zu fernden, Graff zu
Görtz vnd zu Tyrol, Vogt der gotfibemfer gu agla, zu
Tryent vnd gu brirffen, Veriechen vnd thun khund Of⸗
fennlich mit dem brieff für vns vnd all vnſre erben,
Vnd thun chund allen den, dy diſen brieff leſen, Das
wir durch beſunder gunſt vnd lieb, So wir haben hintz
allen kawfflewtten, die den hertzogen zu Oſterreich gue
geboren, Vnd die in Fren lannden vid fteten geſeſſen
ſind, wo das ſey, vnd beſunderlich durch meniger gunſt
nd eren willen, So vns die erbern kawfflewt von
wienn gethon haben, Vns ſelber ju eren, Vnſern leut⸗
ten, die Sn vnſern gepiet ſitzend, Zu nutz vnd zu fru⸗
men, Vnd allen den, dy dife hernach geſchriben ſachen
antrifft, Zu fride vnd zu peſſer warhait verheyſſen ha⸗
ben, vnd verheyſſen auch mit guten trewen an arge Liſt
vnd geuerde, Die vorgenanten kauffleut all, arm vnd
reich, Die der egenanten Herſchafft von Oſterreich zu⸗
gehorend, zu beſchirmen, vnd zu ſcherm Vnd In vnser
glait zu nemen. Vnd nemen ſie auch darein Durch all
unfer gepiet, ſtet vnd veſten, Wo die gelegen ſind, Vnd
für all die vnſern, wy die genant vnd wo die geſeſſen
ſind, mit aller Irer kauff monſchatz an wen die leyt,
hab, leib vnd guet, Si vnd Ire fürer zu fürn dauon
vnd darzu zu farn, ju reytten oder ju geen Die ſtraſſen
gen partlannſen, Oder die ober ſtras fur lüentz, Dies
weil ſie da varend. Vnd wer das, das die vorgenanten
kaufflewt, die der vorgenanten herſchafft von oſterreich
zugehorend, oder Ir kainer von vns oder von den vn⸗
see 400 ==
fern Ires guts beraubet, oder anders beſchedigt, geir⸗
ret oder aufgehabt wurden, So ſein wir In gepunden,
aber mit guten trewen, an geuerde, zu helffen, Das in
das gentzlich widertan vnd abgelegt werd. Wann aber
das were, das wir vns des verſahen, das wir die obge⸗
nanten kauffleut alle Leibs vnd guts nicht wol beſchir⸗
men noch befriſten mochtten in der weis, als dauor ge⸗
ſchriben iſt: Das ſollen mir den mit vnſern brieffen gu
wiſſen thuen in den Rat zu wienn Ses wochen an ge⸗
uärde vor, vnd fullen wir dennoch die vorgenanten
Kaufflewt alle dieſelben Sechs wochen beſchirmen vnd
belaitten, Ir hab, leyb vnd guet Durch all vnser ge:
piet, ſtet vnd veſten für vns vnd für die vnſern, Alſo
das ſie mit Leib vnd mit gut vnbeſchedigt vnd vngeirret
dannen wol kumen mugen an alles geuerde. Wir ver⸗
haiſſen auch file vns vnd vnser erben vnd all die vn⸗
Bern, das mir chain Zol oder maut meren ſullen auff
chain kauffmonſchatz, Sunder das vns der Zol vnd
maut zu portlannſen, die mit altter gewonhait dar vnd
herkomen vnd uor genomen ſind, genügen ſol, Vnd
dauon nicht mer nemen ſullen“ — u. ſ. 10. wie oben. —
„Geben ju wienn, ann vnſers Hern gotßleichnambſ—
tag, nach Criſti gepurt Dreytzehenhundert Vnd dar⸗
nach in dem Newnundſechtzigiſten Jare.“
Beylage Nro. XLVII.
Vertrag zwiſchen den Staͤdten Wien und Venzone zur Si⸗
cherung ihres Handels. Am +13. October 1343. Aus dem
Seitenftetter Coder.
Das ift cin abgſchriefft zu Tewtſch des Lateiniſchen
brieffs, den die von wien von den von pewſcheldorff
haben vmb die peen Hundert marck Silbers.
— 461 Dv
Chunt ſey allen den dy da Gegentvurttig fenn oder
kunffttig diſen brieff anſehen, Das wir Burgermaiſter
Vnd der Rat vnd die gemein des erttrichs (terrae) zu
peuſcheldorff gentzlich vnd gar ablaſſen all vngerechttig⸗
kait, Alle laidigung, all aufhalttung, all krieg, die da
geſcheen ſind in vnsern gutern oder In vnsern perſon
vns von dem purgermaiſter von wienn, oder von dem
Richtter, oder von der gemain Wider die gelübd, die
wir vnd ſy ettwan mit einander gethon haben. Vnd das
ſol ſein an all hinderliſt, Wann mir mercken daran
guten frid vnd kunfftigen nutz. Ob ynndert ainer von
der Stat von wienn durch der glub (fic) willen, oder
vngerechttigkait, oder laidigung, oder aufhalten, oder
chrieg in cin pen ueruallen, Die vergebenmir Sn gente
lich, vnd werden Sr freind. Darnad, des got nicht
geb, Ob wir oder vnsern ainer oder die vnſern in Oſter⸗
reich oder in Steir, oder in kernden, oder anderßwo,
do der fürſt von Oſterreich herſcht, oder wo es wer,
Das, mir gelaidigt wurn (Sic) an leib oder an gut von
den furften oder von den feinen Indert kainem: Dare
umb follen wir kainen widerſpruch mit haben gen
dem Burgermaifter oder gegen dem Nat, oder gegen
Der.gemain, oder gegen den Fauffleuten der Stat von
mwienn, Nod fullen (mir) In Sre gutter, nod Sren
kauffſchatz darumb nicht auffhalten moch bindern. Wir
ſullen auch onfern willen darzu nicht geben, Das fie
auffgehaltten wurden. Ob aber wir oder die vnſern in
ettwe wider die egenanten teten, ſo ſullen wir veruallen
ſein hundert marckh ſilbers wienner wag, als offt das
geſchicht. Vnd verpinden vns Zu der peen mit diſem
Gegenburtigen brieff; vnd halben tail der peen, das iſt
funfftzig marck ſullen geben werden dem fürſten von
Oſterreich; Den andern halben tail ſullen wir geben
dem, der verlorn hat. Vnd die Summa, die da iſt hun⸗
463 +
Bott marckh verhaiſſen wir In quien trewen vergelten
In ain monat von der Zeit, Do mon ſie vordert von
vns. Wir verpinden vns auch, das wir die Summa
geben wellen, Vnd (auch) wider geben wellen das do
genumen iſt, vnd genug thun vmb den ſchaden, Als der,
der da verlorn hat, bewern mag, vnd Darumb wellen
wir chain ander Recht vorſchen. Vnd das die obgenan⸗
ten geſchriben (Artikel) alle ſambt Stet vnd vnzepro⸗
chen peleiben, vnd von vns Ewiglich werden gehalten,
So verpinden wir all vnser gut, gegenburttigs vnd
kunffttigs, Vnd vns mit dem gegenburttigen brieff
Dem Burgermaiſter, Richter vnd der gemain vnd den
kaufflewtten der Stat zu wienn, vnd verleihen In den
Gegenburttigen Brieff Verſigelt mit vnſerm Inſigel.
Geben zu pewſchldorff, an der Zal der Far vnſers
Hern Jeſu Criſti dreytzehenhundert Jar Vnd drew⸗
unduiertzig Jar, am dreyzehenden tag des monets oe⸗
tober.“ * STA
Das Lateiniſche Original liefert der Coder nidit.
Der Patriarch von Aquileja beftatigte obigen Vertrag am
14. October 1348. —
| Sancte Legis (Sedis) aquilegenſis Dei gracia nos
patriarcha: Berntranidus de conferifa capituli noftri
aquilegenfis tenore prefenciùm notum fore volumus
Vniuerfis prelentibus et futuris, quod omnia et fingù-
la inita et facta (forslegendum : fancita) per diſcretum
virum matheum notarium et familiarem noftrum
inter prudentes et circumfpectos virum, Magiſtrum
ciuiùm, Confilium et ciues terre noftre vencom (ven-
zonenfis) ex altera — Bier mangelt offenbar etwas
approbamus; confirmamus et Ratificamus Ita, quod
fi‘ predicti noftri de ventzone contra ipfa pacta face-
rent uel venirent, etcentum penam videlicet Marcha-
to 463 us
rum argenti Juxta tenorem ſuarum litteratum Aliquo-
modo Maurent (fic), Et ad hoc nos predictos Magi»
firum ciuium, confilium et ciues Cinitatis Wiennenfis
. weleiufdem Cinitatis mercatores aut aliquem eorum
racionaliter fint onerofum et inſinuatum, ipfos de
Venzono ad reftitucionem rerum ablatarum cum
dampnis et Interelle, et ad ſolucionem huiusmodi et
plenam fatisfactionem pené tociens quociens contra
factum fuerit, conftringere promittimus noftro et
dicte noftre ecclefie nomine ad hec bona'noftra ét
eiufdem ecclefie fpecialiter obligantes. In cuius rei
teftimonium prefentes exinde litteras fieri iuffimus,
noftri Sigilli appenfione munitas, Datum in noftra
patriarchali ciuitate auftria ; die XIII, menfis Octo-
bris; anno natiuitatis dominice MCCC quadragefimo
tercio; Indiccionéundecima. , —.
Daß der alte Abſchreiber kein Latein verftand,
verräth die viel ſchlechtere Schrift — Deutſch ſchrieb
er zierlich —, und manche Stelle ſeiner Abſchrift iſt
ganz unverſtändlich, weil er das Original nicht leſen
konnte. Auf dieſe Lateiniſche Urkunde folgt im Eoder
eine elende Deutſche Uiberſetzung derſelben, die noch
dazu manche Stellen des Originals gar nicht enthält.
Das Capitel von Aquileja beſtätigte die Urkunde des
Patriarchen. Daſſelbe thaten auch „der Richter, Rath
und das Volk und die Gemeine der Stadt Aquileja.“
neo 464 see |
Beylage Nro. XLVII:
Eidesformel fuͤr den Hansgrafen beym Antritt feines Am⸗
> ted 2488. Aus dem Seitenſtetter Coder.
e8 Hanfgrafen aid in oſterreich, Beſcheen durch
Fafparn Rigel, vnnſerm allergenedigiten Herrn dem
konig, anno 88 *). | leg Ci
Se merdet ſchwern, vnnserm allergenedigſten
Hern dem konig getrew gu ſein, Das hanßgraffambt,
So em itzt beuolhen wirt, mit allem fein rechten vnd
frayhaiten hie in der ſtat vnd auf dem lannd getrewlich
Zu hanndln, Vnd dawider weder kauffleuten, purgern,
geſten, noch nyemants anndern chains frembden hann⸗
dels noch frembde ſtraßen nicht zu uerhelffen, noch die
zu erlauben; Auch wider recht nyemant zu beſchwern,
Sunder die gerechttigkait mie von altter iſt Herkomen,
vnd nit mer von einem yden gu nemen Das Sr auch
darob ſeyt, Das die geſt, ſopald ſie das lannd oſterreich
begreuffen mit Irer kauffmonſchatz (lic), Solhe Sn
kauffmonſchatz nyndert annderſwo nyderlegen noch
aufpinden von verkauffens wegen, Dann hie zu wienn,
da die recht nyderlag iſt. Vnd ob Ir ergreifft, die wider
das Hannfigrafambt (deelt: ſich vergehen) miti wel⸗
cherlay war das mer in der Stat oder auf dem lande:
Das Ir dann ſolchs, Als offt ſich das begibt, anbringt,
ond alles gut, So ſich alſo verfellet, zu hannden ſeiner
kon. Mjt., oder wem das zu nemen von ſeiner kon. gnad
beuolhen iſt; Auch der Stat hie vnd ew ſelbs, wie von
alter herkomen iſt, volgen laſſet vnd nicht verſweiget,
vnd In dem allen nicht anſehet weder mit gab, freunt⸗
*) unter dem allergnaͤdigſten Herrn, dem Koͤnig, iſt Ma⸗
thias Corvinus zu verſtehen, der damahls in der ere
oberten Stadt Wien reſidirte.
ne 405. va
ſchafft, veintſchafft, noch kainerlay annder ſachen, ge
trewlich vnd ongeuerlich. |
— —— —— — — —— —û — ——
Beylage Nro. XLIX.
Eidesformel fuͤr einen Zimenter beym Antritt ſeines Amtes.
Da ſie unmittelbar auf die gleich vorhergehende
Eidesformel des Hansgrafen in dem Seitenſtetter
Codex folgt, fo gehört auch ſie zum Sabre 1488.
„Des Zymenter aid in prefencia Regie Maieſtatis
Gregori Holnbrunner, des Rats der ſtat.
FR; werdet ſchwern, vnnserm allergenedigiften Bern
dem konig getrew zu ſein Das Zymentambt Im Land
Oſterreich rechtlich zu hanndeln, Die Gewicht nach
Dem Rechten vater (lic) abteyhen, ainem yeden, der
das begert, zugebn mit dem aufſlahen der zaichen, So
darauff gehorn. So Ir auch die gewicht ye zu zeiten
aufheben (vnd) Ellen vnd maß beſehen wellet: Das tut
mit wiſſen ains Burgermaiſters vnd raths hie, Deß⸗
gleichen in anndern ſteten Im lannd. Vnd was Ir
penuell findet: Die anſagt, als offt ſich das begibt,
Domit ſeiner fon. genad daran nit entzogen werde,
Sunder des halben ſein genad vnd anndern, wie von
alter herkomen, beſcheche. Auch den germitt : (fic) lon
von den gewichten, fo Sr abteilet, von ainen pden ne:
met, Bud damider nyemants befiveret, Sunder e8
damit baldet aud), wie von altter ift herkomen, treulich
vnd vngeuarlich. Eodem modo hic adhibita eft forma
confueta,‘/ |
30
ca 4066 sa
Benfage Nro. L.
Aus zug aus dem Seitenſtetter Codex zur Kenntniß verſchie⸗
dener Gewichte.
rr E; find zu Venedig zwo gros wag, die benffent zu
latein Statera. Fn der ain wigt mont alle groffe vnd
ſchwere kauffmonſchatz, als kuppher, Zyn, pley,
eiſen, ſtahel, veigen, ſchwebffel, ſchmer. Auff der
andern wigt mon cluge (fic) kauffmonſchatz, als pfef⸗
fer, Saffran, Specerei, Rob, Seidn, weinper,
kuml, Saiffen.
Es iſt zu venedig Ein ſchlagh wag, Vnd haiſt zu
latein Wilance. Da wigt man auf (darauf) claine
kauffmonſchatz, dd mon pei dem phund bingeit, Es
{en vfeffer, Saffran, Seydn. Man migft aud auff
Derfelben mag, mas mon pen dem Marckh bingept : 3
als golt, filber ind perlein.
Item merci :-M machet 1 meiler. Item hun⸗
dert } mat 1 centner. ZHeben Hb macen 1 zehener.
Zwelff vntz maden 1 W. Stem acht vntz maden 1
marckh. Item vier quatir machen 1 ong. Item Sagy
ift cin ſechſtail einer ong. Item XXIII karat machend
1 Sagn. Sechſ und drepffig karat machen cin quatir.
Item Sundert ynd XLIII farat machend cin vntz.
Stem ailffhundert Carat machent ein marckh.
Item Merckh, das XVII farat wegen 1 fl. Da
Nidi dich nach, wann cin Gulden zu gering ift.
Du ſolt auch wiſſen, das zweyerlai karat ſind,
Die ein karat nach dem gewicht, da ret Ir Hie von
die ander an dem ſtrich Da Reth er an der goltrait⸗
tung von (fic)..
Sie foltu wiſſen , das II° (zweyhundert) Lx h
rings gewichts mach 1 Ster veigen.
amo 407 =
Sie foltu wiſſen, das XXV H madheni 1 Meder
Item XL meder machend 1 meiler.
Stem Negula von meinper mag, gal und mas. Zu
Wienn find zwo wag. Aine baift preferwag oder ſtang
wag. Damit wigt mon alle groſſe vnd ſchwere Hab
vnd kauffmonſchatz, als iſt: kuppfer, Zin, Sayff.
Die annder wag haiſt Schall wag. Da wigt mon
auff, was mon mit dem pfund verkaufft, es ſey pfefe
fer, Saffran, negl, Ingwer. Und wigt mon dar
auff, mas mon pen der marckh verkaufft, Es ſey fil:
ber, golt oder perleini
Item Negula von dem goltt. Item bundert
macht 1 centner. Stem XXV 4h madit 1 viertl. Item
1% madt XII ong. Stemj 1 (ein balbes Pfund)
macht 1 march. Stem II (ot macht 1 vierding. Item
III quinttat macht 1 lot. Item III A. gewicht madt
1 quinttat. Stem VI feittn macht 1latth (Sic). Item
IIj vnd 1 feith macht 10n8. Item dritthalb quinttat
macht 1 viertl. Item j quintat vnd 1 Helbingewicht
macht 1 achteil.
Hie wis, das cin karg macht II° xx wb.
Item cin Ringer Zenttner zu venedig macht zu
wienn LIMI 3.
Stem ein Ning8 1 gu venedig macht gu wienn
jibj ong.
Stem ein ſchwerer eentner gu venedig macht zu
wienn LXXXIII 3 I; fter.
Stem 1 Swer 36 gu venedig macht zu ivienn III
ſter 1j auintet.
Item VII jꝰ (achthalb hundert) ſwers gewicht zu
venedig macht gu wienn VI jꝰ (ſechs vnd einen
halben Centner).
Item VII vntz vnd XVI karat zu venedig ina zu
wienn ein marckh.
=" 168 -
Sfem 1 Ster weinper zu venedig macht gu wienn
1CXL #.(140 Pfund).
Stem 1 Ster veigen ju venedig macht gu wienn
VCXL (540) 4.
Stem 1 Meiler Del macht zu wienn XI° (1100) B.
Item 1 ampber mein macht ju wienn X1 emer.
Item 1 emer ju venedig macht zu wienn II quart,
cin wenig mer.
Item 1 frefter vin macht zu tvienn 1 emer ond
mer.
Item 10 Schmer zu prag macht zu wienn 10
II.
pae: 1 prager mardh macht zu wienn II j ſter
1 quintet.
Stem 1 prager Ellen macht gu wienn dre biertel.
Stem 1 ſchwerer Zenttner ju offn macht gu wienn
1C XIIj #.
Stem 1 Centtner zu krackaw macht gu wienn 10
V B
Item 1 Stain zu krackaw macht zi wienn XVIIII .
Item zu Nurmberg, zu Augsburg, Frankfurt vnd
in andern Steten an dem Rein 10 macht zu
wienn 1C V B.
->e>tè>.eoeoeoreoerceoeocescoreoecrosooocceocvoeoorooo
Beylage Nro. LI.
Die landesfürſtlichen Städte und Märkte hat:
ten das Monopolium des Salzes.
Die Linger ſtreiten mit den Freyſtaͤdtern wegen des Salzes und
Judenfleiſches. Um 22. Junius 1378. Nus dem Original.
Wi Alber von gots gnaden Hertzog ze Oeſterr SA
Embietenynfern getremen.. dem Richter dem Rat ind
. de 469 e.»
den Putgern gemainlich ze Lyntz vnser gnad und allez
gui. Als ir uns geſchriben vnd bei zwain emren mite
purgern emboten habt, Vmb die gepreften, die ir
babt von den Freynftetern von des Flainen Saltzes we⸗
gen, vnd auch vmb das Judenfleiſch, Da beſchaiden
sir euch ainen tag fur vns auf den nechſten fand Ja—
cobstag, alè mir das den Frenftetern auch getan has
ben, ond emphelchen em ernſtlich, daz ir zwen auz
ewrem Rat her ſchiket auf denſelben tag, ſo wellen
wir euch gen einander verhören vnd ſehen, wie wir
euch um daſſelb Saltz gen den egenanten Freynſtetern
auzrichten, vnd auch vmb das Judenfleiſch. Geben ze
Wienn an Eritag vor Johannis bapte. Anno etc.
LXXVII.
Es ift mir unbefannt, morin das Sudenfleifdh be:
ftanden babe.
Sprivilegium ber Linzer wegen des Magenfalzes. Um 31.
Auguft 1390. Aus Dem Original.
Wir Albredt von gotes gnaden Hertzog ze Deft.
ge Steyr... Bechennen, Daz ir onfern getremn
Lieben, dem Richter, dem Nat vnd gemaincleichen on:
fern Purgern ge Ling, durch irr fleiffiger pett, ond
irs gemainen nug willen, die genad getan haben, daz
wir in nad) der ordbenung, die Si vnder in felber ge⸗
feget, und gemachet babent, gunnet vnd erlaubet ha⸗
ben, gunnen vnd erlauben in auch wiſſentleich, daz
Si das wagenſaltz, {o zu in gefürt wirdt, nad) der
firfell der Geufer, Da man es ze recht abfegen fol,
mügen füren vnd abfegen, Alfo daz im ygleichs Haus,
wann das nach der tzirkell vnd ordenung an es chumpt,
auf ainen tag nur ain wagenſaltz gefüret, vnd abge—
ſetzet, werd vnd nicht mer an geuerd. Wir wellen vnd
mainen auch ernſtleich, daz Si die vorgeſchriben vnſer
atei 470 an
genad baben fullen an menieleich irrung, vntz an vite
fer oder vnſerr erben widerruffen. Mit vrchund dig
brief8. Geben je Steyr, an Mittichen vor Sand
Gilgen tag. Nach kriſts gepurt, Dreutzzehen bundert
Sar, Darnach in dem NMeungigiften Fare.
Dieſes Privilegium erneuerten wörtlich — „Wir
Wilhalm vnd Albrecht geuettern . . Geben ze Wienn,
an Sant Anthonien tag 1396.
Das Salz, welches von Gmunden auf der Traun herabge—⸗
fiipret wird, muß nad Reinthal bey Enns gebradt werden. - *
Am 19. April 1535. Dai
Dir Albrecht ind Ott von gotes genaden Herezog
ge Ofterreidh... verjeben offenleich vnd tun chund mit
diſem brieff, daz ein chrieg vnd ein froff aufgeſtanden
was zwiſchen vnſſern burigern von Enns an aim tail,
vnd zwiſchen Gmundnern vnd andern vertigern am
Andern tail vmb da; Gmundiſch Salez, daz dd Trawn
abget, daz di Gmundner ſprachen, daz daz Salez für
ſich abgen ſolt auf der Tunnaw, vnd nicht gen Enns.
Vber denſelben chrieg haben wir weſant vnſſer Stet
von wels, von Steir, von lynez, von der vreinſtat,
vnd auch von Mathawſſen, daraus die eltiſten vnd
Die peſſten vnd ander läwt, Herren dinſtman vnd lant⸗
läwt, vnd haben vns an den erfaren, vnd habent di
auch geſait bei irn trewn, daz von alter gwonhait,
vnd auch ir voruodern gehort haben, daz daſſelb
Gmundiſchs Salez, daz die Trawn abget, gefürt ſol
werden zu der Stat ze Enns in daz Reintal, vnd
ſullen es da wandeln verchauffen oder ablegen in
die chaſten, ob ſi es verchawffen nicht mochten, vnd
daraus verwandeln, wie ſew wellent. Wer aber, daz
ſy daſſelb ſalez zu hant wolten abfürn vnd nicht ablee
gen noch verchawffen, ſo ſchullen ſi daſſelb Salez
—
see /71 --—-
auf cin andern Podn vberfeczenm, er fei ir oder wes
er fen, daz mugen fem mol getun, vnd fol fem daran
mymant irren. Es ſchullen aud di Enffer mit in gute
leich und vrewntleich leben mit chawffen, vnd mit ver-
chawffen, vnd aud wandeln, als zeitleich und pilleich
iſt. Vnd daz diſew ſach furbas Alſo Stet, vnd oneze⸗
brochen beleib, geben wir vnſſern Purigern ze Enns
gu einem offen orchund difen preff weſiglten mit vnſ—⸗
ſern Inſigeln Geben ze Enns am Mitichen in der
Oſterwochen (den 10. April), da nad chriſtes ge
purde ergangen marn drewezehen bundert Sar vnd
darnach in dem funff vnd dreifffiften Far.
H. Albrecht bebt den Zwang, das Salz von Gmunden nach
Enns zu fupren, wieder auf, entſchaͤdiget aber letztere Stadt
mit einer Mautbfrenbeit. Um 7. Map 1340.
Wir Albredht... tun chund offenleid mit difem
preff vmb di invart mit dem Gmundiſchen ſaleze in
| Die Enns, darvmb vnfer puriger von gmunden vnd
auch von Enns froffig gweſen find, daz mir difelben
invart genezleich abgenomen baben, und nemen fi auch
ab mit difem preff. Vnd wan vnſern purigern ge Enns
davon irs geweribes bnd irr aribeit vil abget, fo bar
ben mir denfelben purigern ze Enns dafür di gnad ge—
tan gu einer ergecgung Der egenanten invart, daz fi
vrei ledig varen ſchullen mit mein, mit getraid, mit
wollein und mit leimem tuch auf dem waſſer auf vnd
ab zwiſchen Enns nd wienn vor allen mamtten, an zu
wienn, da fi di mamt ridten ſchullen, vnd zu Ms,
da ſy it gwondleich recht geben ſchullen, nd auch zu
Emerſtorff, da ſchullen fi auch mami geben als ander
vnſer lamt vnd puriger, diemeil onfer liebew Swefter
vraw Agnes weilent chunigin ge vngern lebt, vnd di
ſelben mawt zu Emerſtorff inne hat, vnd darnach nicht
mer. Vnd dafür, diweil ſy diſelben vnſer mawt zu
ese /72 —
Emerſtorff gebent onſer egenanten ſweſter zu irn leb⸗
tagen, haben mir in ſunderleich di gnad getan, daf fy
in onfer Stat zu Steir diſelben vrift vnd vnſer Swe⸗
fter lebt, chain mawt geben ſchullen von ale dem dle,
daz fi da durch fulerent, daz in gugeboret. Wer aber,
daz fi an den vorbenantn mamtten andere läwt gute
verfürten, und davon nicht mawt gaben, wer des
vberfarn würd, der wer vns leibs vnd gutz verfallen.
Was ſi auch oberbalb der Enn8 auf oder ab fiierent,.
da ſchullen fi von Mawt geben als ander. vnſer [Amt
vnd puriger pon andern vnſern Steten. Darumb mel:
Ten wir vnd gepieten ernſtleich, da; in von der mawt
wegn nyemant chain irrung fu an der vreyung, als
por geſchriben ift, es wer dann daz wir ſolichen ſchadn
an vnſern Mawtten nämen, daz wir ſein fürbas nicht
leidn mochten noch woltten, So wellen wir ond ſchul⸗
len doch di vorbenanten vnſer puriger von Enns dere
ſelbn gnadn mit Andern ſachen ergeczen, daz fi davon
vnuerdariben pleiben. Des geben wir zu vrchund diſen
preff weſigelten mit vnſerm Inſigl, der geben iſt zu
wienn, da man zalt von Chriſti gepurd drewezehen
hundert Sar darnach in dem virezkiſten Jar des Suna
tags nach des Heiligen chreuez tag als es funden ward.
Der H. Rudolph erneuerte dieſes Privilegium
1363 wörtlich, nur weicht folgende Stelle von der
Urkunde ſeines Vaters ab:
„Vnd ſullen ouch die egenanten Purger von Ens
dieſelben ir Weyn beſtetten, mit ir Ayde, daz die ir
ſein, vnd nicht ander Leut So beſchaidenlich ſpas
dieſelben Purger von Ens des Gmundiſchen Saltzes
fürent, daz ſi damit varen an den Stetten, alz ez
von alter gewonhait herchomen iſt. Welcher aber bn:
der in des nicht tet vnd vberuaren wurde, der ſol das
Saltz gentzlich verlorn haben, an all gnad vnd ſullen
s seu 73...
ouch wir denfelben dargu pezzern nach vnſern gagen.
Vnd des ze Vrchund, geben wir in diſen brief..
Wienn, an Eritag in den Phingſt Veyrtagen nei
23. Many), Nach kriſtes gepurd Dreutzehen hundert
iar, Darnach in dem drew vnd Sechtzigiſten iare.
Vnſers alters in dem vier vnd zwaintzigiſten, Vnd
vnſers Gewaltes in dem fumften Jare.
F Wir. der. vor. genant, Herzog. Nuodolf. ſterken.
diſen prief. mit dire. underfohrift. ynfer. ſelbs.
| bant. |
Bon diefer Urfunde ift noch das Original vor⸗
Banden.
Auch die Biirger des Marftes Berg im unteren,
Mublviertel und die Biirger von Mauthaufen batter
das Recht, cinen beftimmten Bezirk mit Sal zu
verfebent und die Bewohner deffelben zu notbigen,
ihnen das Sal abzufaufen. Dagegen traten die Enns
fer mit Klagen auf und verlangten, daf die Marfte
Berg und Mautbaufen das: Salz in Enns faufen
follten, mas zu langivierigem Streite Anlaß gab.
Im Sabre 1443 fandten die Burger von Berg zwey
Bevollmadtigte ab, welche mit den Ennfern untere
bandeln follten— ,,von des Salcz genfaufs vnd ans
Der geprechen wegen, die vns mider vnſers markchtz
rechten und freibait widergent.“ — Bende Theile bee
riefen ſich auf Privilegien, die ſich aber widerſprachen;
am Ende trugen gewoͤhnlich die Städte den Sieg uber
die Marftfleden davon. Die vorzüglicheren Urkunden,
die hieher gehoren, find folgende:;
H. Albrecht beftatiget ben Ennfern das alte Vorredt, Sala
ins Machland gu verfupren und dort zu verfaufen.
Um 9. Man 1395.
Bir Albrecht... .mechennen, daz wir bnfern ge
treton lieben, den Burigern vnd Stat ze Enns di gnade
ose 7 ⸗*
getan haben vnd tun auch wiſſentleich mit dem brieff,
daz ſi ir ſaltz mügen in daz Machland füeren vnd da
verchawffen vnd vertreiben, als daz von alter hercho⸗
men iſt, vnd ſuſt nyemand ander. Darumb gepieten
mir veſtichleich allen vnſern Hawbtläwten herrn Rit⸗
tern vnd chnechten, Phlegern, Puregraffen Richtern
vnd allen andern vnſern Amptläwten vnd vondertanen,
den der brieff gezaigt wirt, daz ſy di egenantn vnſer pu⸗
riger vnd Stat dapei laſſen weleiben an alle irrung
vnd hindernuſſ, vnd dawider nicht entun noch geſtatten
ze tun in dhainer weiſſ, das iſt gancgleid) vnſer man:
nung. Geben zu Lyntz am Suntag vor fand Pangracii
tag nad Chriſtes gepurde drewezehen bundert Jar
vnd darnacd in Dem fumff vnd Nemnfiften Gar.
$. Wilhelm erlaubt den Buͤrgern von Mautbaufen , Salz
in Gmunden zu faufen, und damit auf dem Lande Handel
gu treiben. Um 22. Mari 1406. Nus dem Original.
Bir Wilbalm von gottes Gnadn Herczog ze Dee
ſterreich ... bekennen, daz tir vnſern getrewn . dert
burgern ze Methauſen (fic) erlaubet habn das. Sp
alles Salcz, daz Spy von vnſerm Ambtman ge Gmun⸗
den Nement vnd kauffend vertun vnd verchauffen mü⸗
gen, auf dem Lande wo Sn das aller fugleichiſt iſt.
Doch vnez an Vns (das iſt: Bis zu Unſerem Widder⸗
ruf). Dauon gebieten wir vnſern getrewn lieben allen
vnſern Ambtleutten, Vndertanen vnd getrewn den der
brief wirdt geczaigt, vnd wellen ernſtleichen, daz Sy
In dawider kain Inuel noch Irrung tun, noch yemand
anderm geſtatten ze tun in dhainen weg. Wan wir das
ernſtleichen mainen. Mit Vrchund ditzs brieues. Ge⸗
ben ze Wienn an Mentag (lic) nach dem Suntag So
man finget Cetare ze Mitternaften. Unno domini 20.
«CCCC Sexto.
nuo 475 S%
Dieſes Privilegiums bedienten ſich die Mauthau⸗
ſer bis zum Jahre 1459; aber dann widerſetzten ſich
ihnen die Bürger von Enns, welche vorgaben, daß
auch ſie Privilegien beſäßen, die ihnen den ausſchließ—
lichen Handel mit Salz zuſprächen. Da beyde Theile
ſich auf wirkliche Privilegien beriefen, ſo ſchien es den
Mauthauſern räthlich, den Beweis zu führen, daß ſie
ſeit langer Zeit das Vorrecht, in Machland mit Salz
gu handeln, wirklich ausgeübt haben. Sie wendeten
ſich deshalb an die Magiſtrate der Märkte Berg,
Pregarten, Zell und Schwertberg mit dem Geſuch,
ihnen Zeugniſſe auszuſtellen, was ihnen von dem
Salzhandel der Mauthauſer bekannt wäre. Ihre
Bitte wurde erfüllet. Das Zeugniß des Marktes
Berg lautete ſo:
Ich Berthold Klaindienſt, Richter zu Perg, und
Wir, der Rath und die ganz Gmain daſelbſt, bekennen
mit dem Brief, daß uns die Ehrbaren und Weiſen:
Richter, Rath und Gmain des Markts Mauthauſen
durch Andre den Sailer und Kainrad Pachanders ge—
bethen haben, ihnen unſer Kundſchaft zu geben von
wegen des Salzes. Sprechen wir obgenannt Richter,
Rath und Gmain, daß uns kund und wiſſentlich iſt,
daß ſie das Salz von den zu Gmunden, auch von an⸗
dern, die das Salz von unſers gnädigſten Herrn und
Landsfürſten Statt der Hallſtatt führent, gekauft fra:
bent, und habent das von Alter alſo hergebracht. Daß
dem alſo ſey, ſprechen Wir obgenannt Richter, Rath
und Gmain bey unſern Treuen und Wahrheiten, als
wir das zu Recht ſollten. Des zu Urkund geben wir
dem vermeldten Richter, Rath und Gmain des
Markts zu Mauthauſen unfer offene Kundſchaft, de
ſiegelt und bewahrt mit unſers obgenannten Richters
aufgedrucktem Inſiegel, doch ihm und uns ohn Scha⸗
den. Geber zu Perg am St Georgen Tag Des h.
Martyrers. Im neun und fünfzigſten Jahr.
Zeugniß des Marktes Pregarten.
Wir, die Geſchwornen des Raths und Burger zu
Pregarten, bekennen, daß file uns kommen ſeynd die,
ehrbaren: Andre Sailler und Georg Hauchlhamber,
Burger zu Mauthauſen, und brachten uns für anftatt
des Richters und Raths und der ganzen Gmain des
Markts zu Mauthauſen, wie fie, die von Mauthaus
fen, mit den von Enns von wegen des Sal; in Irrung
fiunden alfo, daß die von Enns mainten, daß die von
Mautbaufen ihr Sal in dem Machland, noch aud
Riedmarch nicht verfaufen follten; und bathen uns
darauf mit Jleif, ihnen zu ſagen, was mir des bey
unfern Zeiten gedächtig wären, und daf wir das Salz
in dem Marft bier vonibnen fauft bietten, und ihnen
das in unfer Kundſchaft zu geben. Alſo ſprechen wir
bey unſern Treuen an Ayds ſtatt, als wir das vor
Recht thun ſollten, daß die von Mauthauſen ihr Salz
bey unſrer Gedächtnuß allweg und je bisher, ſo oft ſie
des verluſtet hat, her in den Markt geführt haben ohn
alle Irrung. Und daß dem alſo ſey, geben wir ihnen
dieſe offne unſre Kundſchaft, beſiegelt mit der ehrbaren
weiſen, Gleichenpeckh, Petern Schneider, und Petern
des Thraunſchueſter, aller dreyer aufgedruckten Pett⸗
ſchaft, das wir auf unſer Aller Rath auf die Kundſchaft
gedruckt haben; doch uns Allen, unſern Erben und
Nachkommen ohn Schaden. Geben zu Pregarten am
Pfingſtag vor St. Georgen Tag (am 26. April),
Anno etc. Quinquagefimo nono.
Die Zeugniffe von Zell und Schwertberg fagen
aus, daß die Dortigen Bürger ibr Salz entmeder in
Mautbaufen, oder auch in ibren eigenen Häuſern ge-
Pda
kauft haben. Im letztern Falle baben ihnen die Maut⸗
hauſer das Salz ſelbſt zugeführt und feil gebothen.
Deſſen ungeachtet erfolgte ein den Ennſern gün⸗
ſtiges kaiſerliches Endurtheil.
K. Friedrich legt den Streit zwiſchen der Stadt Enns und
dem Markte Mauthauſen wegen des Salzhandels im
Machland bey. Am 15. November 1464.
Wir Fridreich.. Befennen, als zwiſchen vnſern
getrewn lieben N. dem Richter Nat vnd vnſern Bur—⸗
gern gemainelich zu Enns ains, ond vnſers Richter
vnd Burgern gemainelich zu Methawſen (fic) des anne
dern tails von kauffung vnd vertreibung wegen des
Gmundiſchen Saltz in das Machlannd, ſo bed tail
mainen ſich gefreit ze ſein von vnſern voruodern für⸗
ſten von Oeſterreich, auch von des Saltzkaſtens, fo
dieſelben von Enns mainen daſelbs zu Methauſen zu
vertreibung der Saltz auch von gerechtikait wegen ze
haben, Zwitrecht vnd Irrung (entſtanden), Darumb
Sy durch vnſer Rett nach vnſerm beuelhen gehört
worden ſein. Wann aber wir ſolh Irrung vnſerr vn⸗
dertanen nicht gern ſehen vnd albeg lieber wolten, das
Sy ſich miteinander nerten vnd in aufnemen khemen.
Vnd haben darumb dieſelben vnſer Ret auf ſolh vnſer
beuelhen, auch mit beder obgenanter tail potſchafft, ſo
deſhalben für vns geſanndt warn, wiſſen vnd willen,
zu mittler zwiſchen Gn fürgenomen geordent vnd ge⸗
ſprochen, Das nu hinfür die obgenannten vnſer Rich⸗
ter vnd Burger zu Methauſen alles Saltz, ſo ſy in
das Machlannd vnd in die Riedmarch fürn wellen, von
den benannten Richter, Rat, vnd Burgern von Enns,
vnd nyemands andern kauffen, vnd dieſelben von Enns
ſullen In ain yedes phunt kuffl deſſelben Saltz vmb
zwen vnd dreiſſig pfenning ringer vnd nechner (fic)
cose /7) ca
geben, dattn Sp das andern in das Machlaund ond
Riedmard gemainelich verfauffen, vnd diefelben von
Metbaufen damit banndln laffen, immaffen Sp vor
tan und herpracht haben. Dann des obberirten Saltz⸗
Faftens balben fullen Sp es nu hinfür bederfeit halten,
Inmaſſen vnd Sp biſher getan haben und von alter ift
berfomen, vnd ain fail den andern dawider nicht irren,
dringen noch beſwern in dhain weis. Mit vrkund deſ
briefs, der wir peder obberürten tail ain in gleicher
lautt ze geben geſchaffen haben. Geben zu der Newn⸗
ſtat an Phineztag nach ſannd Mertten tag Nach Criſti
geburde im Viertzehen hundert vnd vier ond ſechtzigi⸗
ſten Vnſers kaiſertumbs im Dreytzehenden, Vnfere
Reich des Römiſchen im fünf vnd tzwaintzigiſten vnd
des Hungriſchen im Sechſten Jaren
Die Mauthauſer mußten dießmahl der Gewalt
weichen; aber unter K. Friedrichs Nachfolgern fine
gen ſie wieder an, mit Salz zu handeln, und beriefen
ſich auf das Privilegium H. Wilhelms und die Be⸗
ſtätigungen ſpäterer Fürſten. Die Ennſer, aufgebracht
über die Verletzung ihres Monopoliums, ließen den
Mauthauſern alles Salz wegnehmen und behaupte⸗
ten, der Salzhandel in Machland gebühre nur ihnen
allein. Es entſpann ſich ein Proceß, der von 1078 bis
1680 dauerte. Endlich erfolgte das Endurtheil des
Landeshauptmanns, Helmhard Chriſtoph Grafen von
Weißenwolf, welches den Ennſern verboth, den Salz⸗
handel der Mauthauſer zu irren, weil dieſe cin Privi⸗
legium haben, und ſich im ruhigen Beſitz dieſes Sane
dels befinden.
Zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts wurde
zwiſchen Oeſterreich und Salzburg ein Vertrag errich—
tet, in welchem dem Halleiner und Schellenberger
Salze die freye Ein- und Durchfuhr auf der Donau
F
nese 479: men
iiber Linz dis Korneuburg auf dem linfen Donaunfer
gugeftanden wurde ; auf der Südſeite der Donau folle
te nur Deſte treich ſhes Salz verkauft werden. Im
fünfzehnten Jahrhundert war ſchon ein Verboth der
Einfuhr ausländiſchen Salzes vorhanden, —* K.
Friedrich erneuerte.
Schreiben K. Friedrichs an den Lanbespangimci in Ober⸗
oͤſterreich, Herrn Gotthard von Starbemberg, riber die Eine
fubr Des fremben verbothenen Salzes zu wachen. Am 27.
April 1487. Aus dem Original,
Friderich... Gieber getrewr. Wir werden bericht,
wie Das frombd vnd verbotten Sal in vnſerm Fuͤr⸗
ſtentumb Defterreid ob der Enns vafft gefiirt, und
darin verfaufft wird, Das uns, nachdem vnſer Gmune
diſch Salk dadurd nicht verfiirt mag werden, und
mir an vnnſerm Camergut abganng haben, nicht gee
uellt. Wann aber vormals annder vnser Haubtlewt
pb der Enns von Ambts wegen ſolhs gemertt und vn⸗
derkömen haben, Begern wir an dich mit vleis, emphel⸗
hen dir auch ernuſtlich, daz du daſſelb frömbd Saltz in
das bemellt vnser Lannd ze fürn von vnnſern wegen
verbietteſt, Wo du aber, oder vnnser Ambtlewt zu
Gmunden das darüber darin ankömen werden, das
trennkheſt, die Ros, ſo das tragen, zu dein Hannden
nemeſt, vnd die Semer, die das fürn, zu vnnſern
Hanndn in vennkhnuss nemeſt vnd daraus on vnser
ſonnder geſcheft vnd beuelhen nicht ledig laſſeſt, vnd
dich hierin gutwillig vnd vleiſſig beweiſeſt, damit vnser
Gmundiſch Saltz ſein auſganng deſtbas gehaben müg,
vnd wir an vnnſerm Camergut nicht weitter abgang
gewynnen, Als wir vns des zu dir genntzlich verſehen.
Daran tuſt du vns gut geuallen vnd vnnſer ernſtlich
maynung. Geben zu Nurmberg an Freytag nach
ss /00 *
Sannd Sorgeh fag Anno domini rc. LAXXVII, vnn⸗
fers Faifertumbs im ſechs vnd dreiffigften Fare, |
Gin zweytes kaiſerliches Schreiben an Gotthard von Star:
bemberg. Am 7. Gunius 1488. Aus dem Original.
RFriderich ... Lieber getreme. Wir baben vnnfern
getrewn Cafparn Perfbaimer zu Wolffegf, vnd Hann⸗
fen Oberbaimer zu Valkhenſtain, vnnſern Phplegern,
merinalen geſchriben vnd beuolhen, das frömbd Salk
in vnnſer Fürſtentumb Oeſterreich ob der Enns durch
vnſer herrſcheft Irer verweſung nicht fürn ze laſſen
nach lautt vnnſer brief darumb auſgangen. Lanngt vns
an, wie daſſelb Saltz darüber dadurch bracht vnd
gefürt werde, das vns, nachdem ſolhs an ausführung
onſers Gmundiſchen Salltz merkhlich verhynderung
bringet, vnd wir dadurch an vnſerm kamergut abganng
haben, nicht geuellt. Vnd emphelhen dir ernſtlich vnd
wellen, daz du bey den bemellten Perkhaimer vnd
Oberhaimer, auch an andern Orten, ſo du von vnſern
Ambtlewten daſelbs zu Gmunden bericht wirdeſt, von
vnſern wegen darob ſeiſt vnd beſtelleſt, daz Sp das des
rürtt frömbd Salltz wern, vnd Das durch vnser Herr⸗
ſcheft Srer verweſung nicht mer fürn laſſen, vnd darin
nicht anders tun, damit wir nicht geurſacht werden,
dieſelben vnser Geſlöſſer mit andern Phlegern, die
ſolhen vnſern geſchefftn gehorſamblich nachgeen, zu
beſetzen, vnd wir an vnſerm kamergut nicht weitter ab⸗
ganng gewynnen ond darinn nicht ſewmig ſeiſt. Daran
tuſt du vns gut geualln vnd vnser ernſtliche maynung.
Geben im velld ben Genntt an Sambſtag nad Gotſ⸗
leichnamstag Anno Domini 20, LXXXVIII. Vnnſers
kaifertumbs im ſiben vnd dreiſſigiſten Jare. “
Als Gotthard von Starhemberg dieſen Befehlen
gu Folge die Bayeriſchen Salzhändler in Oberöſter—
reich auffangen ließ, beklagte ſich der Hertzog von
nea 481 ra
Bayern hierüber, und der Kaiſer erließ an erſteren
folgendes Schreiben:
„Friderich . + Lieber getrewr. Vns hat der
Hochgeborn Georg Pfalegraue ben Rein, und Gere
goge in Baprn, vnser Lieber Oheim, Nate vnd
Fuͤrſt anbracht, mie du fein Lewtn, fo mit Saltz
von Scherding aus arbaittn, an demſelben Irm
Hanndl, den Sy von altter her geobt haben Ir⸗
rung tuſt, ettlich aus In zunagſt gefanngen, J Ir Ros
vnd Saltz genomen, vnd In auf gelübd, daz Sy
füran khain Saltz daſelbs zu Scherding mer aufladen,
ſonnder ob Sy das fürn, daz Sy das allain zu
Paſſaw, zu Hofkirchen, oder zu Haßlach heben wel⸗
len, widergeben habſt, des er ſich, nachdem ſein Lewt
ſolhen Hanndl mit Saltz ye vnd albeg gehabt, vnd
die Straſſen auf das Behemiſch vnd Merheriſch ges
braucht haben, beſwert bedunkht, vnd vns diemut⸗
tielich gebetten, die ſein dabey gnedielich beleiben zu
laſſen. Empfelhen wir dir ernſtlich vnd wellen, daz
du des benannten vnſers Lieben Oheim Lewt daſelbs
von Scherding mit Saltz, wie Sy das vormals ze
tun gehabt haben, hanndeln, Sy deshalben ben al:
tem herkomen beleiben laſſeſt und dawider nicht drin-
geſt, noch In daran ainicherlay Irrung tuſt. Wer
aber icht annders darhinder vns in geſchrifft aigent⸗
lich berichteſt, damit wir vns darnach gen demſelben
vnſerm Oheim wiſſen ze halten. Daran tuſt du vns
gut geuallen, vnd vnſer ernſtlich maynung. Geben
zu Trientt an Sambſtag nach Gotzleichnambs tag
(den 20. Junius) Anno Domini ete. LXXXVIII.
Von dem Salzhandel, der von Linz aus nach
dem Mühlviertel, und über Freyſtadt nach Böhmen
getrieben wurde, geſchieht in der Beylage Nro, IX.
weitläufig Ermabnung.
31
nec 482 eo
Die fpateren Verordnungen über de Salzbart:
del J— man bey son Tp.H. S.2600, u. fi |
'-eeeoeeorvroocoecceg>ocrcrcoeorrogseoeroeoororovooercoroo
Beylage Nro. LII.
H. Albrecht erflaubt den Ennfern Stalienifhe Weine einzu⸗
fubren. Am 29. November 1368. Aus ‘dem. Original.
Wi Albrecht son gotes gnaden Hertzog ze Des
ſterreich. . Tun chunt, Daz Wir Vnſern getremn. .
den Purgern ze Ens die gnad getan haben, vnd tun
ouch, Daz ſi durch die egenanten vnſere Land, vnd
vber die Zeyrich gefüren mügen Welhiſchen Weyn,
von dem Tag, alz der brief geben iſt, vntz an vnser
widerruffen, Doch alfo, daz vns von denſelben Wey⸗
nen vnser Mautt geualle, alz ſitlich vnd gewönlich
iſt, an vnſern Mautſtetten, vnd daz ouch dieſelben
Purger von Ens die rechten vnd gewönlichen Strazze
damit varen, daz vns vnſer Mautt dauon nicht ver
fürt werde, Darumb gebieten wir vnſern getrewn
lieben, Allen Lantherren, Rittern, vnd knechten,
Purggrafen, Richtern, Mauttern, vnd allen andern
vnſern Amptleuten vnd vndertanen, den diser brief
getzaigt wirt, vnd wellen ernſtlich, Daz ſi die vor—
genanten vnser Purger von Ens die egenanten We—
liſchen Wein Alſo füren lazzen durch die obgenan—
ten vnſere Land, vnd vber die Zeyrikch, vnd in an
der vorgenanten vnſer gnad chain irrung noch be⸗
ſwerung tun in dhain weiſe, Alle dieweil wir die
nicht widerrufft haben. Mit vrchund dig briefs. Gee
ben ze Ens an fand Andres abent des zwelfbotten.
* 48 3.
Anno domini Millefimo. Trecentefimo, Sexage-
fimo octauo. |
i
———
Beylage Nro. LIII.
Zollabgaben von verſchiedenen Waaren, die
aus Oeſterreich nach Venedig, oder von dorther
nach Oeſterreich gebracht wurden. Ohne Jah—
resanugabe. Aus dem Seitenſtetter Codex.
Hie vermerckt die maut zu Sand Veyt.
tem Ein (Wagen oder Kaufmann) gen Venedig
gibt von einem eennttner Leinens oder queckſilber
Oder wachs oder garn oder Zwilich oder plahen
oder vedern oder ſmer oder Bnflitt oder vel oder
Irich *) ju Maut XXIII d., vnd bat im zap:
pfen IX d.
Stem von aim fuppffer vas zw maut LXXIX, und
bat Im zappffn XXIII A.
Item von aim mailer Zynn LXXIX d., und hat
Im zappffn XXIII d.
Stem. cin Hundert Leinein8 gib ge maut III 9, ’
vnd bat diefelben INI Im 3zappffen.
Item von ainem Teglvaß XII N., vnd bat nichts
Im zapphen.
Item von ainem Tegelſaum II Helbing.
Item von ainem centner pley INI N. Item von
ainem centner ſpeck INI A. auf genad.
Stem auf grabe (graue) tud vnd weyſſe, gib (für)
ain * I R., sud bat nichts Im zappffen.
*) rid, cin weiches Fell oder Leder. Iricher, ein Weißgaͤrber.
31
224 484 ue
Item ain Sant ſwert VIA.
Stem ain Sam prennt (Gc) III À,
Stem Heraus von venedighi > |
Stem cin pefoblagner centner gent Ju maut XLIII &,
—
drey vnbeſchlagn centner geben XLIMI R
cin Sam (fic) weinper gept LVIIL A...
cin Saum Sayffprantz gent ein j % dh
(bas ift ein halbes Pfund).
eim meiler dI LXXX .d. — cit Saum veigen
LÀ. — ein mepler si LXVI Dr
ein Amph mein ILL ß VI-.2, — cin Saum
wein XX A. auf genad.
cin vas Terrant —* d. — cin Saum et
tant ILA:
von einem Cotpoln XII 9. von einer gia
truben IX dr.
von aim Centner poxhörnl md
was die wag nicht getragen mag * ein
ecentner beſchlagner Hab XXXII d., oder
drey vnbeſchlagen als uil. Aber vmb das
Zappfgelt wert (werdet) ſelber vberain, Da |
mit meinen Hern und den Fauffleuten recht
geſchech.“ — Das hier ermabnte Zapfengeld
kann vielleicht ein Zollbeamter erklären, der
mit den alten Satzungen bekannt iſt!
Item das Sind der purger recht von Wienn an der
gen Newdorff vnd zu Salhennaw.
Was ein Burger auf einem beſchlagen —
Hineinwertz aus dem Lannde vber den pergh gen ve:
nedig furt, Es ſey Zynn, kuppfer, pley, Huttrauh,
Hewt oder Leineins, Lampvel oder vedern, Spece⸗
rey, ſchmer, vufilit, gewant geverbtß oder vnge⸗
222 485 n.
uerbts, Hawſen, Hering, viſch, Salk oder ander
kauffmonſchatz, wie die genant iſt, von ydem wagen
IR. vnd nicht mer. Item was er auf einem Nos
furt IL N. Item was er tregt TA. Item was ein
purger ein gantze wochen (fic) kauffmonſchatz auff ma-
gen von Venedig furt, da geyt er von (davon) 1 46
pfeffer und nicht mer. Stem von ainem Fracbffenmagen
mit glas VI M.ond XXIII d. (fic). Item von ainen
korb mit glas VI <A. Item von maltglas was einer
tregt HA.
Item es follen aud) Ledrer, Furfner, ſchueſter oder
annder Hanntwerckher, die auff den marckht bin dife
balb des pergs varn, Der fol iglicher all diedren bot:
geit *) zwen phening, oder miteinander VI. (geben)
So ift er das gang Gar fren. Stem was ein purger
alts gemant tregt, will ers verkauffn; der geb 1 4.
Stem von dem newen wullein gemandt von dem pufin
(wahrſcheinlich Puſchen) 1 4. Item was ein purger
kurſngewant auf ain imagen auf ein Sarmarft furt oder
in einer kiſtn IIN. Item von taufent pillichmeuſein IIII
A Item mas Ein purger eſſunds ding bedarff in fein
Haus, oder von aſſach (fic) preßpoting, Grautſchaff,
magen Reder, Vaß, Naiff oder mie das Hawsgereth
genand ift, dauon geit er nichts, Er chauff dann wein,
Da geb (er) vom fuder VID. Item von feimen par:
mein geit er nichts.
Gem alle die, dy in des Gergogen lannden gefeffett
find zu Oſterreich, gu Steyr, gu kernnden, vnd die ſein
*) Die drey Hochzeiten find Oſtern, Pfingſten und Weih⸗—
nachten. Die Geſchenke oder Abgaben, die man zu
dieſen Feſten bringen mußte, hießen Weiſat oder Vis
ſode. Spieß, Aufklaͤrungen in der Geſchichte und Di:
plomatik. S. 37.
‘n 486 e»
purger fein, Der gent heraus von Venedig von aim
Saum, er fey beſchlagen oder vnbeſchlagen, Ein gaft
XXIII di. Item won einen Saum öls UII A. Furt er
Weliſchen mein heraus, fo geb er von einer Tafernig
XXIII dA. Furt er Del oder Saiffn heraus in vaffen,
fo geb er bon iglichem vas XII A. Furt ers in lagelen,
fo geb er von dem Sam III 9. Furt ainer ainuarbs
gemant vber den perg herüberwerts, der geit vom Sam.
XXIII A. Item hineinwerts fo gent cin gaft von einem
Fuppffermagen XII W. von einem Zynwagen XII dr.
von einem wagen mit Huttrich (Gc) XII da. bon einem
graben tuch IT W. von aim ganfen wagen mit viſch
XXIIII M. son einem gangen Hawſen III A. von ain
Drum viſch XI A, von ainer wann viſch XII A. von
aim Sumper vifd VI R. von gin centner dürr vifh
TIII A. pon ainer Thun Hering U Md. Stem mas ein
erber mon von effunden ding ju feinen hawßbedarff,
Des er micht empern mag, es ſey mein, dl, vengn,
viſch, Hering 20. 20., Röckh Tuch oder mantltud 20.20.
(fic) Zimmerholg, prennwid, kalckh, maurftain, zigl
oder annderlay, wie das genant ift, das er gu wienn
Faufft an geuarde, da geit er nichts von.
Nota. (Ein Raucher Samat zu venedig bat zu
wien XX ellen lang vnd III; quart prait. Hie foltu wife
fen, Das alle fammat von lautern fenden follen ſein.
Aud mis, das Zweyerlay fammat find: Samat von
venedig (vnd) Sammat von Rewſſen oder von Gaiden
land; diefelben find kurtzer. |
Stem ein prantter Waldackin bat zu tvienn IIII
ellen langf und VII quart prait. Vnd als Lang vnd als
prait Habend Zugatoni, famada, Eorofyn, Spintel,
purpur, Maromat. Item Taffata vnd Sarafimat
Sind XIII ellen langf vnd III; viertl praitt. Die wis,
das mon (fc) das obgenant gemand vindet guideins,
ara 497 sue
filbereins vnd ſeidens, vnd von balben feiden vindet
mon es auch. Item es fol fenn von zweyen feden didfb.
Item gefoten Zenndelond rab fanndalin find XVI ellen
langkh vnd III; viertl prait. Stem lang Hendel Spndal
haben XXIII ellen an der leng. Item zenndl vorftat
oder frippol baben chain gemife mas, Sp fein aber Ij
quart broat (Sic). Hie wiſs, das mon file manigerlay
vindet: Halbe vnd gang gefbledt, gemerbelt, Sime
plig vnd duplig, Das ift, aing Vadens vnd Zwayer
veden. Stem von gangen feiden oder von Halben ſei⸗
den. Stem alle pardjant, Naube vnd ploffe, vordre vnd
metle (Sic) vnd Ringe von mailand, von Turan (Tu
rin), von montam (Mantua), geuerbte, geſchmirte
RNambeis (oder Bambeis) tud lofd (fc), die haben
Zw Venedig XXV pretſchen langf, vnd gu wienn XX
ellen lanckh oder mer. Stem ſcheter haben 3u wienn VII
ellen land oder mer. Item Engliſch Sait babn zu
mienn XXXVI ellen land. Item Romiſche pewtl tuch
baben zu wienn IX ellen Lang. Item pewtl tud) von fara
ment (dieſes Wort ift zweydeutig zu lefen) babend
cain gewife maſs. Stem zu venedig ain pretſchen macht
zw wienn IIIj viertl. —
DOrudfebler.
Seite: Beile: = ftatt: > Ties:
30 30 Quarient, Guarient, |
suine agio TRN iso + Wal
andro i 38 — ——
77 26 Sn Sahren Sn den Jahren
136 22 Beute Leute
108.1... 4 Der . Den
204 36 un i cioe i
221 21 Pfandung des Pfandung, des
288 12 ibren ihre I
295 9 gegeben geben
327 36 remanat. remaneat.
353 31 ben bober
52
i!
db
CGinfleitnuna.
Seite
Oelerreichs fruͤheſter Handel und aͤlteſte Handelsgeſetze 1
Allgemeine Hinderniſſe des Handels, vorzüglich
aber für fremde Kaufleute.
Erſter Abſchnitt. Bollerpreffungent . +. . 18
Zweyter Abfhnitt. GStrafengwang. . . . 31
Dritter Abſchnitt. GStapelredte und Verboth
eines Cangeren Aufentbaltes fur fremde Kaufleute.
Diefe duͤrfen auch nur mit den Buͤrgern in den
GStidten Handel treiben . . . +. +. +. i 59
— Sinderniffe Des Handels fur die einheimiſchen
Kaufleute in Innern des Landes.
Vierter Abſchnitt. Ausſchließendes Handels:
befugnif der Vilrger . . +... +. + 80
Fünfter Abſchnitt. Meilenrehte +... . 96
Sechſter Abſchnitt. Einſchraͤnkungen der Kauf-⸗
leute in Ruͤckſicht der Kraͤne.. 4102
Siebenter Abſchnitt. Einſchraͤnkungen der buͤr—
gerlichen Handwerker in Ruͤckſicht des Handel . 110
Achter Abſchnitt. Unſicherheit der Perfo:
nen und des Eigenthums +. +. +. 129
Seite
Neunter Abfbnitt. Strandredt oder Grund:
quor (I . . . . . è. . . . » . . +°153
Zebnter Abſch nitt. Pfaͤndungsrecht oder Nes
preffalien O E OR e i CI SI DS e ot 166
Cilfter Abſchnitt. Einſchraͤnkung des Han:
Pelo mad Pentbig 0. 6 6
Beforderungen des Handels.
Zwölfter Abſchnitt. Jahr- und Wochen⸗
BROAD RR EAT
Dreyzehnter Abfdhnitt. GStaatsvertrige mit
Auswaͤrtigen zur Befirderung des Handel$ . . 222
Sandelspolizen.
Vierzebnter Abſchnitt. Obrigfeitlide Perfo:
nen: Die Genannien, der Hansgraf und die Lei:
" Vie eta DE
Fünfzehnter Abfdnitt. Maf und Gewicht. 266
Sechzehnter Abſchnitt. Merfmardigere Poli:
gepverordnungen uber den Handel ., +... + . 279
Verzeichniß der vorzüglicheren Waaren, mit
welchen in Oeſterreich gehandelt wurde.
Siebzehnter Abſchnitt. Ausfuhr inlaͤndiſcher
Producte. lai . — . é . . 4 . . . v 314
Ach tzehnter Abſchnitt. Einfuhr fremder Wa-
ia init de a i A
*
ö ———x
Gedrüuckt bey Joſ. Feichtinger, fel., Witwe.
a,
— — — ⸗ — — —— — — — —— — — — ——
32*
——
DI
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Kurz, Franz
Qesterreichs Handel in
alteren Zeiten.