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Full text of "Sofismi economici"

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Oeſterreichs Handel 
dlteren Zeiten. 


Vor 


Sranzgurz,) 


regul. Chorherrn und Pfarrer gu St. Florian: 





Lin z, A 
ben Cajetan HSasglingier 
1822. 





tuto 
—— 
Ate GT 


























VYorerinnerung. 





Die Uiberzeugung, Daf ſich viel leichter je- 
mand zur Ausarbeitung ciner Geſchichte der 
Negenten unſers Vaterlandes, alg der Dar 
ftellung des inneren Zuſtandes und der zuneh— 
menden Cultur Deffelben entſchließen merde, 
bat mid bewogen, meine hiſtoriſchen Beſchäf— 
tiguingen cine längere Zeit bindurd ganz allein 
der letzteren zu widmen. Ich Babe mir wahrlich 
den mühevollſten Theil unſerer vaterländiſchen 
Geſchichte erwählet, denn vergeblich ſucht man 
da Vorarbeiten; ſogar an den unentbehrlich— 
ſten Quellen erſcheinet allenthalben ein großer 
Mangel. Hätte ich nicht ſeit einer langen Nei 
he von Jahren in Städten, Märkten und 
Schlöſſern noch unbekannte Urkunden aufge— 
ſucht, ſo wäre ich nicht im Stande geweſen 
den Verſuch zu wagen, je einmahl den Anfang 
zu einer ſo nothwendigen und nützlichen Unter— 
nehmung gu machen. 

Ich beginne Oeſterreichs Culturgeſchichte 
mit der Darſtellung des — wohl wiſ⸗ 


— — 


IV Vorerinneruna. 


fend, Daf von Diefem allein die Ausbildung 
cines Volkes nicht abbange. ber dDort, mo 
der Handel blüht, merden ſich bald mande 
Künſte und Wiſſenſchaften, Bekanntſchaft und 
freundſchaftliche Verbindungen mit dem Aus— 
lande, cine gemächlichere und feinere Lebeus— 
weiſe, und noch viele andere heilſame Verän— 
derungen als ſeine Gefährten einfinden. Der 
Geiſt einer handelnden Nation ſchwingt ſich 
ſchnell und raſch empor, während cin ſtumpf⸗ 
ſinniges Volk, das ſich alles Nöthige von 
Fremden herbeybringen laͤßt, immer in tiefere 
Armuth und Traͤgheit verſinkt. Ohne Kennt⸗ 
niſſe und Kunſtfertigkeiten verlebt es in roher 
Unwiſſenheit wie die Thiere des Feldes ſeine 
Tage, bis es zuletzt deg liftigen Negra 
Beute wird. 

Die gegenwärtige Darffetlung des Defter: i 
reichifchen Handels ſehe man al$ cine Vorar⸗ 
beit an, welcher nod gar vieles an der nothi: 
gen Volftandigfeit mangelt. Möge ſich der 
felben ein Anderer bedienen, dem noch meh— 
rere Hulfsmittel als mir zu Gebothe ſtehen. 
Wie viele urkundliche Schätze, die mir unbe- 
kannt geblieben find; mögen ſich in der Reſi⸗ 
denzſtadt Wien und im ganzen Lande unter der 
Enus noch vorfinden! Meine Lage geſtattete 
mir es nicht, dieſelben aufzuſuchen und zu be⸗ 
nützen. Dagegen wird es Den ſpäteren Lieb— 





Vorerinnerung. Vv 


habern der Geſchichte fhwerlih gelingen, im 
Lande: ob der Enns cine bedeutende Nachleſe 
von alten Urfunden, die meiner Sammlung 
nicht ſchon einverleibt waren, balten gu können. 

Zur höchſten Beglaubigung Der gegenwär—⸗ 
tigeu Handelsgeſchichte zeige ich meinen Leſern 
die vorzüglicheren Quellen an, auf welchen 
dieſelbe beruht. Sie ſind theils Originalur— 
kunden, theils Urkundenſammlungen, die ſich 
in ſogenanuten Gedentbudhern dev Stadte und 
ten, deuen alte Privilegien in i 
bſchriften bepliegen. Auch in alten Urbarien 
baben ſich manche merkwürdige Notizen erhal—⸗ 
ten, Die zur Geſchichte des Handels und zur 
Culturgeſchichte des Landes Oeſterreich liber: 
haupt erwünſchte Aufſchlüſſe geben. In unſern 
inländiſchen Chroniken erſcheinen Handelsnach— 
richten äußerſt ſparſam und ungenügend, wo—⸗ 
von die Folge iſt, daß ſich der Geſchichtſchrei— 
ber des Oeſterreichiſchen Handels vorerſt ent— 
ſchließen muß, das Geſchäft eines Quellen— 
ſammlers zu übernehmen, bevor er ſich an die 
Geſchichte ſelbſt wagen darf. Es gewährt mir 
ein hohes Vergnügen, die Nahmen derjenigen 
dankbar zu nennen, welche durch bereitwillige 
Deffnung ihrer Archive und Mittheilung alter 
Handſchriften mein Unternehmen ungemein be: 
fördert und mich in den Stand geſetzt haben, 


7 


VI Vorerinnerung 


cine Handelsgeſchichte Oeſterreichs gu verſu— 
chen. | — 
Der Hoch- und Wohlgeborne Herr Hein— 
rich Graf von Starhemberg, Beſitzer der 
Herrſchaften Wildberg, Lobenſtein, Riedeck 
rc. ꝛc., Der mir in früheren Jahren mit zuvor— 
kommender Gute zur Geſchichte der Baueru— 
kriege und Oeſterreichs unter K. Friedrich dem 
Vierten ſchon ſehr viele Urkunden mitgetheilet 
bat, iſt auch jetzt wieder cin hülfreicher Gön— 
ner meiner neuen hiſtoriſchen Unterſuchungen 
über Den Handel unſers Vaterlandes gewor— 
Den. Gu ſeinem reichen Archiv zu Riedeck were 
Den viele Foliobände aufbewahret, in denen 
ſich Abſchriften von Privilegien der Städte, 
Märkte, Herrſchaften und ihrer Landgerichte, 
der bürgerlichen Innungen, und unzählige 
Proceßacten über verſchiedene Gegenſtände be— 
finden. Die meiſten dieſer dicken Bände wur— 
den im ſechzehnten und ſiebzehnten Jahrhundert 
auf. Veranſtaltung der berühmten Familien— 
häupter des Starhembergiſchen Geſchlechtes 
zuſammengeſchrieben zur Belehrung der Mit: 
glieder deffelben und ibrer Beamten, Ich ba: 
be cinige noch) vorbandene Originale mit die: 
ſen Abſchriften verglichen, und lebtere im Gan 
gen genau befunden, nur ift die Orthoaraphie 
Des Original8, mie Dief ben ſpäteren Abſchrif⸗ 
ten beynahe immer, fogar aud in Veftati: 


Vorerinneruna. VU 


guugsdiplomen der Landesfiirften und RKaifer 
Der Fall ift, in Die damahls übliche abgeän— 
dert worden. Diefe merkwürdige Urkunden 
ſammlung ſchränkt ſich aber beynahe ausſchlie— 
ßend nur auf Oberöſterreich ein. Um auch von 
Unteröſterreich bisher noch unbekannte Notizen 
an das Tageslicht hervorbringen zu können, 
mußten andere Quellen aufgeſucht werden. 
Ein gutes Schickſal führte mich in das Stift 
Seitenſtetten, das unter der Leitung des hoch⸗ 
miirdigften Abtes Columban feit wenigen Fab 
ren in wiſſenſchaftlicher Hinſicht cine ganz neue, 
höchſt erfreuliche Geſtalt bekommen hat. In 
der dortigen ſehr reichhaltigen Bibliothek mach— 
ten mid meine verehrten Freunde: der vor: 
mahlige Bibliothekar , Herr Wolfgang Mit: 
ter, jebt Pfarrer in Aſpach; und der jebige 
Ardivar, Herr Pius Pfeiffer auf zwey 
Handſchriften aufmerkſam, die einen köſtlichen 
Schatz für die Culturgeſchichte Oeſterreichs 
enthalten. Zwey ziemlich dicke Bände, in klei— 
nerem Folio auf Papier zu Ende des fünfzehn⸗ 
ten Jahrhunderts in Wien geſchrieben, ent: 
halten den Schwabenſpiegel, einſtens Die Richt⸗ 
ſchnur der Gerechtigkeitspflege i in Oeſterreich, 
viele Geſetze und Privilegien unſerer Landes: 
fürſten, Verordnungen des Magiſtrates in 
Wien, Verträge mit auswärtigen Fürſten 
und Städten, Zollverordnungen und Beleh— 


VII Vorerinnerunga. 


vungen über den damabligen Münzfuß, über 
Mafe und Gewichte. Gie gleiden vollfommen 
Den zwey Handſchriften in der Vibliothef des 
Freyherrn von Prandau, ang welchen uns der 
gelehrte Adrian Rauch, mein unvergeßlicher 
Freund, ſo viel Merkwürdiges mitgetheilet 
hat *). Mehrere Urkunden davon enthalten 
auch, nur mit veränderter Orthographie , die 
benden Handſchriften von Seitenſtetten, zu: 
gleid aber and noch viel Unbefanntes. us 
mebreren Stellen geht bervor, daß diefe koſt— 
\ bare Sammlung fiir cine Magiftratsperfon in 
Wien ift.verfaft worden. Mit der größten Be- 
teitmwilligfeit erlaubte mir der hochwürdigſte 
Herr Abt Die uneingeſchränkte Benützung die 
fer ſchätzbaren Sammlung, und bende Folio: 
bande wurden mir nad St. Florian nachge— 
ſchickt, wo id alles noch Unbefannte zu mei 
nem Gebrand abſchrieb. Die gegenmirtige 
Handelsgefhichte verdantt diefer giitigen Mit 
theilung febt viel, und and) die folgenden Bäu— 
de liber Defterreihs Culturgeſchichte werden 
ihr noch manchen Bentrag verdanfen. 

Wenn vom Reichthum an Originalurkun⸗ 
Den Die Rede iſt, fo gebührt vor allen Stad: 
ten und Marften Oberöſterreichs der Stadt 





*) Rauch, Scriptores, T.III. p. 1. Hos binos Codices 
Jurium medii aevi Auftriacoràm promptuarium ap- 
pelles, etc. 


f 


Vorerinnerung IX 


Enns unſtreitig der Vorzug. Privilegien ang 
den Zeiten der Steyriſchen Ottokare haben ſich 
nicht erhalten; aber vom Jahre 1212 angefan⸗ 
gen finden ſich alle Urkunden, nur ſehr weni— 
ge unbedeutende ausgenommen, im Originale 
noch vor. Das Mangelnde bat uns cin Urkun⸗ 
den: oder Stadtbuch anfbemabret, das ein 
dortiger Rathsherr ju Ende des vierzebnten 
Jahrhunderts verfaft Bat *). Was die VBor= 
fabren mit lobenswerther Sorgfalt gum Ge- 
branch ihrer Enfel und zur Erbaltuna der wich⸗ 
tigen Vorredte dieſer Stadtgemeinde an Ur— 
Funden erbalten baben, theilten mir die benden — 
auf: einander folgenden Viirgermeifter : die 
Herren Joſeph Reitter und Johann Rain, 
mit großer Freygebigkeit wohlgefällig mit, 
und trugen dadurch vieles zur Ergänzung der 
vaterländiſchen Geſchichte bey. Dieſe reichhal⸗ 
tige und zugleich höchſt reine Quelle habe ich 
in meinen Geſchichtbüchern ſchon oft benützt ); 


*) Diefes Urfundenbud, auf Pergament geſchrieben, ſagt 
am Ende Folgendes aus: „Daz Pued dat geſchriben 
Hanns von Munfpad Petreins des Herifinger Aidem 
ae Enns di geit Uiner Des Nati Dafelbs durò aller meie 
mer Herren pett millen Anno MCCCLXXXXVII in 
der vaften gott laſſ fein fell'im Simmel bei im raften 
ſprecht all Amen liebm Herren durch got: 4 — Die Ure 
funden deg funfzefnten und ſechzehnten Jahrhunderts 
baben fpatere Schreiber diefer Sammiung einverfeibt. 
**) Defterreih unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht; un: 
ter HD: Rudolph dem Vierten; unter Kaiſer Friedrich 
bem Vierten, u. f. w. Ginige Urfunden, Die id dem 





x Borerinnerung. 


ſie bat mir and ben der gegenwärtigen Han⸗ 
delsgeſchichte ganz vorzügliche Dienſte geleiftet. 

Die Stadt Wels hat faſt alle Originale 
der alten Urkunden durch Unglücksfälle, vor— 
züglich in den Bauernkriegen verloren. Ein 
prächtiges Diplom, welches K. Rudolph der 
Zweyte den dortigen Bürgern am 27. März 
1582 verliehen hat, hält uns dafür größten- 
theils ſchadlos, denn faſt alle Urkunden von 
Wels, die ſich damahls noch vorfanden, ſind 
demſelben nach ihrem ganzen Inhalt einver⸗ 
leibt worden. Ein ſolches Beſtätigungsdiplom 
heißt in der diplomatiſchen Sprache cine Pan— 
charta. Unter den vom K. Rudolph beſtätigten 
Urkunden iſt die älteſte vom Jahre 1128. Der 
Biſchof Embrico von Würzburg ſpricht darin 
Alle, welche künftig liber die Bruͤcke zu Wels 
gehen, von der bisherigen Abgabe frey. 
Micht fo glücklich waren die Städte Linz 
und Freyſtadt, wo die Originale ebenfalls 
größtentheils zu Grunde gegangen, und viel 
ſpäter, erſt im ſiebzehnten Jahrhundert, 
Sammlungen der damahls noch vorhandenen 





Freyherrn don Hormayr aus dem Ennfer Archiv mitge— 
theilet habe, hat derſelbe in ſeinem Taſchenbuch 1812 
bekannt gemacht. Oben an ſteht H. Leopolds Stadtrecht 
fuͤr Enns, das mit vollem Rechte im Taſchenbuch 1822 
genannt wird — „ein Epoche machendes Diplom in der 
Hiſtorie des Staͤdteweſens und des dritten Standes in 
Oeſterreich.“ 


Vorerinnerung Xi 


Privilegien veranſtaltet wurden. Das Archiv 
von Riedeck hilft einigermaßen dieſem Mangel 
ab. Eine Paucharta haben dieſe Städte nicht 
aufzuweiſen. Für die Stadt Steyr hat zu 
gutem Glücke Preuenhuber noch früher geſor⸗ 
get, als die Documente durch Bauern und an— 
dere Unfälle zerſtreuet und zu Grunde gerich 
tet wurden. 

Die Märkte auf der Nordſeite der Donau 
ſtanden den Verheerungen der wüthenden Huſ⸗ 
fiten, und ſpäterhin der raſenden Bauern of— 
fen; vieles ging auch durch Feuersbrünſte und 
Mangel an nöthiger Aufſicht verloren. Die 
wenigen Uiberbleibſel habe ich ſorgfältig ge— 
ſammelt, um ſie dem gänzlichen Untergange 
zu entreißen und zu ſeiner Zeit davon Gebrauch 
qu machen. Möchte doch recht bald Aehnliches 
auch im Lande unter der Enns geſchehen! An 
tauglichen Männern, die einem ſolchen hiſtori⸗ 
ſchen Geſchäfte gewachſen find, iſt dort wabre 
lich kein Mangel. | 

Sh glande nicht guirren, wenn id dafür— 
alte, unferer vaterländiſchen Geſchichte durch 
Die Bekanntmachung der in Den Beylagen ent: 
baltenen Urfunden einen nützlichen Beytrag 
geliefert zu haben. Sie Ddienen nicht nur der 
gegenmartigen Handelsgeſchichte Oeſterreichs 
zur Grundlage, ſondern werden auch in der 
Zukunft noch dazu dienen, über manchen Ge— 


xit motertaneritt \ 


genſtand unſerer vaterländiſchen Geſchichte di 
helleres Lit zu verbreiten. Von einigen Ure 
kunden haben fi nur jingere Abſchriften er: 
balten, in melden die Orthographie der Ori⸗ 
ginale nicht mehr benbebalten war. Diefe news 
erdings mieder buchſtäblich gu geben, wäre ei⸗ 
ne unnütze Genauigkeit. Sie erſcheinen alſo 
eben ſo, wie alle jüngeren Urkunden des ſieb— 
zehnten und achtzehnten Jahrhunderts, zwar 
wörtlich genau, aber nach unſerer jetzigen 
Rechtſchreibung. 

Findet mein gegenwärtiger Verſuch Bey⸗ 
fall, ſo werden ihm noch mehrere Abhandlun⸗ 
gen liber Den innern Zuſtand Oeſterreichs wäh— 
rend des Mittelalters nachfolgen, wodurch die 


Culturgeſchichte dieſes Landes — se * 


winnen muß. 











Einleitung 





Defterreid® fnipetter' Handel und älteſte Gandelagefetze. 


£ ebensbedurfniffe, Hang nach größerer Bequemlich⸗ 
keit, Mangel an hinlänglichen Mitteln zur Selbſt— 
vertheidigung oder zum Angriff der Feinde oder mil: 
der Thiere; und noch mehr als dieß alles die Reitze 
eines erhöhten Sinnengenuſſes, zu dem ſich eine 
kindiſche Eitelkeit und Vorliebe zu einem auffallen— 
den Putze geſellen: alle dieſe Dinge drängen auch 
die roheſten Naturmenſchen ihre Wildniſſe zu verlaſ⸗ 
ſen, und entweder als Räuber oder auch als friedli— 
che Nachbarn mit den eultivirteren Anwohnern in ei⸗ 
nigen Verkehr zu treten. Bald wird ein gegenſeiti⸗ 
ger Austauſch mit rohen Naturerzeugniſſen oder auch 
mit Menſchen und Thieren ſich einfinden: der erſte 
Schritt zu einem Handelsverkehr. Lernen ſpäterhin 
ſolche ungebildete Volker den Werth des Geldes und 
die Reitze eines genußvolleren Lebens kennen: ſo wer— 
den ſie mehr und mehr ihre Rohheit ablegen, und 
mit den benachbarten Nationen ihres eigenen Vor 
theiles halber engere und freundſchaftliche Verbin⸗ 
dungen eingehen. Dieß war in den früheſten Zeiten 
den unfern Altvordern der Fall, als ſie noch in un: 
abfebbaren Wäldern wohnten. Dic Deutſchen an 
den Granzen der Nömer ſchätzten fribzeitig Gold 
und Silber megen des Handel8; Die weiter entferne 
, 1 


e I QI , 


ten Stamme blieben noch [Anger der alten Sitte ge 
treu, und tauſchten Waare gegen Waare aus: ge 
wiß nicht immer zu ihrem Vortheile *). co 
Die Römiſchen Legionen trugen viel ben zur Ente 
wilderung der befiegten Gallier und Deutſchen. Der 
| Nomern verdankten dieſe robén Völker cine ausge: 
bildete Sprade, und durd) diefe ibmen ganz neue 
Kenntniſſe. Herrliche Tempel, geſchmackvolle Lande 
häuſer und volkreiche Städte nahmen die Stelle öder 
Wildniſſe und elender, aus Holz und Lehm erbauter 
Hütten ein; Künſte, Wiſſenſchaften und Handel 
wurden ein Eigenthum der überwundenen Nationen, 
welches ſie mit ihren neuen Oberherren gemeinſchaft⸗ 
lich theilten, Und doch waren ſie keineswegs glück⸗ 
lich, denn mit Nömiſcher Bildung kamen auch Rö— 
miſche Laſter nach Deutſchland: cine ſchändliche Ent: 
artung der Sitten, Lift, Betrug, ſchamloſe Hab⸗ 
ſucht, grauſame Unterdrückung der neuen Untertha— 
nen. Die freyen Deutſchen wären in den Stand der 
niedrigſten Selaverey verſunken, hätten ſie ſich nicht 
ermannet, die ſchmachvollen Ketten zerriſſen und die 
entnervten Weichlinge aus dem Deutſchen Vaterlan⸗ 
de vertrieben. Zum Unglück file die Menſchheit bra: 
chen aus Aſiens Steppen und den rauhen Ländern 
des Nordens große Völkerſchwärme hervor, und 





*) Tacitus, de moribus German. C.5. El videre apud 
illos argentea vafa, legatis et principibus eorum mu- 
neri data, non in alia vilitate, quam quae humo fin- 
guntur: quamquam proximi ob ufum commerciorum 
aurum et argentum in pretio habent, formasque quas- 
dam nofirae pecuniae agnofcunt atque eligunt; inte» 
riores fimplicius et antiquius permutatione mercium 

‘ utuntur,' — Cap. 15, Jam et pecuniam accipere dò» 
cuimus. die 


nes. 3 meo 


pertilgten bis auf iwenige Spuren die vorige Eultur 
Deutſchlands. Städte, Palläſte und Kirchen mure 
den zertrümmert, die alten Bewohner des Landes 
erſchlagen, und was der Metzeley entging, verfiel 
in cine unglückliche Knechtſchaft. Unſer Vaterland 
Oeſterreich ward durch Heruler, Sueven, Rugier, 
Longobarden, Hunnen, Avaren ſchrecklich verwüſtet, 
und der Menſchen beraubt neuerdings zur Wilde 
niß; es mußten aus anderen Ländern neue Anſied⸗ 
ler herbeygerufen werden, um die Einöde wieder 
zu bevölkern. 

So verderblich dieſes Drängen der wandernden 
Volfer für den Handel geweſen iſt, ſo findet man 
dennoch in Oeſterreich während rubiger Zwiſchen⸗ 
räume immer einigen Verkehr mit den anwohnenden 
Nationen. Der berühmte Oſtgotiſche König Theo— 
dorich erlaubte ſeinen Unterthanen im Moricum, mit 
Den Alemannen einen Viehhandel zu treiben*). Nach 
dem Zeugniß des Biographen des h. Severin linder—⸗ 
ten Rhätiſche, mit Lebensmitteln beladene Schiffe 
die Hungersnoth, die in Faviana, dem heutigen 





*) Cafsiodor. Variar. L. III. epift. 50. Edit J. Garetii, 
- T.L p. 56. Provincialibus Noricis Theodoricus Rex. .. 
‘praefentibus decernimus, ut Alemanorum boves, qui 
videntur pretiofiores propter corporis grauditatem , 
ed itineris longiriquitate defecti funt, commatari vo- 
bifcum liceat, minores quidem membris, fed idoneos 
Ad labores; ut et illorum profectio fanioribus anima- 
libus adjuvetur, et veltri agri armentis grandioribus 
inftruantur. Die Afemannen fupeten alfo mit Ochſen 
Tauſchwaaren ind Noricum, und fuden dort eine neue 
Fracht auf. Noricum mar einftens eine Provinz von 
grofem Umfang. Es laͤßt fid nicht beftimmt angeben, 
ob die Verordbnung Theodorichs aud dem peutigen Des 
ſterreich einen Handelsvortheil verſchafft habe. 
1 * 


o 4 | va 


Wien, geherrſcht bat *). Die Bürger von Paffaw 
bathen den heiligen Mann, ihnen bey Febanus,. Rbe 

nig der Rugier, die Erlanbnif auszuwirken, mit 
dem beutigen Unteröſterreich Handel treiben zu dira 
fen *). Aud Jahr⸗ oder andere Marfte bat 08 
unter den Rugiern gegeben, welche von vielen Mens 
ſchen beſucht wurden *#*). Ja ſelbſt die rauberiz 
ſchen Avaren und ihre hart bedrängten Unterthanen, 
die Wenden, trieben einen Zwiſchenhandel mit Waa⸗ 
ren, die von Conſtantinopel kamen und Donau auf⸗ 
wärts verſendet wurden **). Als Carl der Große 
dem Reiche der Avaren ein Ende gemacht, kehrte 
in unſer Vaterland und in die benachbarten Provin⸗ 
gen cime längere Nube und größere Sicherheit zue 
rudi, und der: fraftvolle Regent — * 4a 





*)Eugipii, Vita f. Severini, apud Pez, SF. da * 67. Ra- 
tes plurimae de partibus Rhaetiarum, mercibus onu: 
fiae quamplurimis ... — copias fame laborait- - 
tibus detulerunt, 
;:2*):Lo @ p..79. Interea beatum virum cives ‘oppidi 1 mes 
morati (Batiabini) fuppliciter adierunt, ut pergeret 
ad Febanum Rugorum Principem,.mercandi eis li- 
centiam poftulare. 
**#)L. c. p.70. Cum nundinis PIPE EAT — 
P. 72. Cuidam praecepit transvadare Danubium, et 
hominem ignotum in nundinis quaerere barbarorum. 
Velſer hielt dafiir, daf unter nundinae ein Marktflecken 
au verfteben ſey; aber die erite hier angefubrte Stelle : 
cum nundinis frequentibus interefset, widerſpricht diee 
fer Vermuthung. 

$###*) Chron. Fredegarii, ad annum cur. apud Ruinart: 
Gregorii Turonenfis Opera omnia.  Luteciae Parifio- 
rum, 1699, p. 626. Homo quidam, nomine Samo, . 
natione Francus, de pago Sennonago, plures fecum 
negotiantes adfcivit ad exercendum'negotium in Scla- 
vos, cognomento Winidos, perrexit, etc. 


lai 5 lesi 


me Verordnungen für den Handelsoerkehr ſeinen neu 
erworbenen Länder ) 

Die verheerenden Raubzüge der Ungarn — 
ten zwar in den folgenden Lu sa den Zwiſchenhan⸗ 
del Oeſterreichs nach dem Orient und Morden; aber 
vollends unterdrücken konnten ſie ihn nicht. An die 
Stelle der alten Handelsſtadt Lorch, welche in 
Trümmern lag, iſt Die neue Gränzfeſtung Enns— 
burg gekommen, die den Kaufleuten Schutz und 
Sicherheit gewährte. Die Flüſſe Donau, Traun 
und Enns begünſtigten den Waarenzug nad allen 
Richtungen; die Gegenſtände des Handels nennt 
uns der Folltarif È. Ludwigs des Rindes, den er 
in den erften ſechs Jahren des zehnten Fabrbunderts 
fefigefegt bat **). Da uns: diefe Urfunde nicht nur 
von der Zeit Der Regierung Ludwigs des Rindes, 
ſondern aud von nodi früheren Jahren über den 
Handel Oeſterreichs erwünſchte Aufſchlüſſe gibt, ſo 
lohnt es der Müůhe, ben ihr etwas Linger zu verweilen. 

KR Ludwig macht fund, daß ibm Baperns Biſchö— 
fe, Aebte und Grafen cine Klage liber unbillige Folle 
abgaben vorgebracht haben, die man den in die öſtliche 
Granzmarf Reifenden abforderte. Ludwig befahl hier⸗ 
auf dem Oeſterreichiſchen — Arbo, mit den 





Oꝛpiralare Caroli — — — 805: Capitul. IT. c. 7. lapsa 
Baluz. T.I. p.425. ‘De negotiatoribus, qui partibus 
n) Sclavorum et Avarorum pergunt, quousqua procedere 
“cum fuis negotiis"debeant ... Ad Ragenifburg prae- 
videat Audulphus, et ad Lauriacum Warnarius. Et ut 
arma et brunias non ducant ad venundaudum. ot III, 
-pi431. 

pa Octele, Rer. Boic. Seripesioe: TUR pi 718. — C£. Aven- 
tini Annal. Bojor, Ingolltad. 1554; p. 479. — Goldafî, 
Confiit. Imperi! 'T.I.p. 210. Leftere zwey Autoren haben 

den Originaltert nach ihrer Weiſe verſchoͤnert. 

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Richtern der. Provinz die Sade ju unterſuchen, und 
fandte zu diefer Commiffion den Erzbiſchof Dietmar 
von Salzburg, den Biſchof Burchard von Paſſau, und 
den Grafen Otachat, melde in feinem Nabmen alle 
Ungebubr der Zölle abſchaffen follten. Viele der ame 
gefebenften Bemobner der Provinz murden nad Nas 
felftetten *) berufen und aufgefordert, die ihnen Des 
Fannte Wabrbeit eidlich auszufagen. Sie ſchworen in 
Gegenmart der kaiſerlichen Abgeſandten, und befrdfs 
tigten auf die Frage des Markgrafen Urbo, daf feif 
den Zeiten der Könige Ludivig amd Carlmann folgende. 


BZollabgaben beftanden haben: (0. RIE 
Schiffe, mele den Paſſauerwald vorbey fahren, 
und irgendwo anlegen, zahlen eine halbe Drachme, 


das ift, einen Seoter **), und fonnen dann nach Bes 


Qi 





*) Ben'Defele wird diefer Ort Madfolteftetun igenannt, In 
Uften, einer Filialpfarre des Stiftes St, Florian, liegt an 
Der Donau daè Dorf Nafelftetten, Dort murde febr mapra 
ſcheinlich die Commiffion wegen der Verbefferung der Zoll⸗ 
geſetze gebalten, denn es bandelte fich von den Abgaben der 
Schiffe, der Kaufleute und Neifenden, die entmeder auf der 
Donau oder Traun, oder auch zu Lande uͤber Linzy Ebel8 
berg und Enng ſich in die oͤſtliche Grinzmarf, das if, nad 
Oeſterreich unter der Enns begaben, Rafelſtetten lag ſehr 
bequem zu einer ſolchen Unterſuchung. Nicht ferne dabon 
vereiniget ſich die Traun mit der Donau, und auch die 
Landſtraße von Linz uͤber Ebelsberg nach Enns geht in 
einer geringen Entfernung vorbey. — In alten Urbarien 
wird Rafelſtetten immer Raffoltzſtetten genannt, welcher 
Nahme dem alten Nasfolteftetun noch aͤhnlicher klang. 

#*) Obvenit pra theloneo Semidragmam, id eft;Scotil, . 
Es ift cine befannte Sache, daß das Earolingifche Pfund 
aus 240 Pfennigen oder 80 Drachmen beftand. Ludwigs 
Zollgeſetz beſtimmt den Werth eines Scoterg auf ‘cine 
balbe Drachine, alfo auf cinen ganzen und halben Pfennig. 
Der Nahme Scoter fommt nod in viel ſpaͤteren Beiten vor, 
bezeichnete aber dann cine ganz andere Muͤnze. Der Hoch⸗ 


— € SA 


lieben Handel treibenì Schiffe, die bis Linʒ herab fah⸗ 
ven, geben vom Salze drey halbe Metzen oder drey 
Scheffel; von Selaven und andern Waaren wird dort 
kein Zoll bezahlet. Wer dieſe Abgabe erleget bat, kann 
dann ungehindert an allen Orten bis an den Böhmer⸗ 
wald ſeine Waaren feil biethen. Ein Bayer zahlt von 
dem Salze, das er zu ſeinem Hausbedarf mit ſich fort⸗ 
nimmt, keine Abgabe. Derjenige, welcher betriegeriſch 
Kaufmannswaaren verſchweigt, um der: Zollabgabe 
zu entgehen, verliert dieſe ſammt dem Schiffe. Bayern 
und Slaven, welche Lebensmittel einhandeln, find 
ſammt ihren Pferden und Ochſen zollfrey. Fuhrleute 
und Saumer, die auf der Straße über die Enns ſe— 
tzen, ſind frey, ſo wie auch die Schiffe, die aus dem 
Traungau oder aus Bayern fommen®). Die Mährer 
und Boͤhmen geben von einem Saum Wachs einen 
Seoter am Werthe. Eine Sclavinn wird einem männ⸗ 
lichen Pferde gleich geſchätzt; man bezahlt bey der 
Einfuhr derſelben einen Drittelſchilling *) ; von 
einem Sclaven, und von einer, Stutte eine Sai— 
ga ). Die Salzſchiffe, die vor dem: Paffauere 


meiſter Winrich, der 1382 geſtorben iſt, ſchlug eine neue, 
ſehr gute Muͤnze, Scoter genannt, deren zwoͤlf auf einen 
Undgariſchen, acht auf einen Rheiniſchen Gulden gingen. 
o. Aogebue, Preußens aͤltere Geſchichte. Th IN. E. 238. — 
© Birngibl verftand'unter'Scoter einen guten Didpfennig ; 
(TR cin Weftenrieders Beytraͤgen, Th. VIT.'S. 8. 
—*) Defterreid) unter K. Friedrich dem Schoͤnen, S. 441, n. f. 
* De'una ancilla'Tremifamia IL, de'‘caballo mafenlo fimi- 
iter: Das Tremilamia iſt wohl nichts anders; als ein tre- 
— mifsus oDer triens: der Dritte Theil eines Schillings. 
In den Capitularien) I. V. c. 98) heißt er transmifsus ; 
apud Baluz., T.I. p. g61. | 
*6%) Leges Bainuariorum, uberfegt von Joh. Mederer: Ingol⸗ 
ſtadt 1793. Tit. IX. c. 2, ©. 149. Una faica, id et III. 





ì 


se 8 — 


wald vorbey herabfahren, dürfen ihre Ladung nicht 
früher verkaufen, als dis ſie in Eperaspurch (Ebels⸗ 
berg *) angelangt find. Wer mit den Mährern 
Sandel treiben mill, zablt von einem Schiffe einen 

Sdilling. Jüdiſche Rauflente, fie méogen woher im⸗ 

mer kommen, zahlen von Waaren und Selaven einen 

billigen Zoll. 

Der K. Ludwig, der dieſe Zollgeſehe — 
und ſeine Nachfolger auf dem Deutſchen Throne 
mußten alle Kräfte aufbiethen, um ihr Reich gegen 
die Anfälle der ſchrecklichen Ungarn zu ſchützen. Die 
öſtliche Gränzprovinz auf beyden Seiten der Donau 
war ihnen ſchon zur Beute geworden; aber damit 
noch nicht zufrieden, ſetzten ſie auch über den Enns— 
fluß, und verbreiteten zu verſchiedenen Mahlen in 
dem heutigen Oberöſterreich Tod und Verderben 1), 
Der Raifer Otto reftete im Fabre 055 Die Kriegs« 
ehre der — Prato auf dem * * 





denarios. ehalich aber iſt Saiga eben ſo viel ale ein 
Pfennig. C£. le. S. 150, et Schilteri Gloſsarium, Do 

Saiga. Weitlaͤufiger bandeln von diefem Gegenftande Huͤll⸗ 
manné vortreffliche Werke: Deutſche Finanzgeſchichte des 
Mittelalters, S. 182; u. f.; und desſelben Geſchichte des 
Byzantiſchen Handels, S. 74, 0, U. f. 

Ebelsberg liegt freylich nicht an der Donau, * nicht 
weit von der Muͤndung der Traun in den Hauptfluß. Ein 
altes Privilegium dieſer einſtens wichtigen Burg ſicherte 
derſelben ein Stapelrecht zu, wodurch die auf der Donau 
herabfahrenden Schiffe genoͤthiget wurden, dort anzulegen 
und ihre Waaren feil zu biethen. Aehnliches finden mir in 
den ſpaͤteren Jahren bey Enns. Alles Salz, das von Gmun⸗ 
den auf der Traun verfuͤhrt wurde, mußte von der Donau 
in die Enné, Strom aufwaͤrts, gebracht, und in der Stadt 
abgeleget merden. i 

**) Beytraͤge zur Geſchichte des Landes Patenti ob der 
Enns, Th. HI, S. 213, u. f. 


Augsburg, ind zwang die bart gezüchtigten Ungarn, 
ſich mit ihrem Lande zu begnügen. Die öſtliche 
Gränzprovinz ward wieder hergeſtellet und eigenen 
Markgrafen anvertrauet, welche mit hohem Hel 
denmuthe das Land gegen Raubzüge nicht nur ver⸗ 
theidiget, ſondern auch die Gränzen desſelben bis 
an die March und Leitha erweitert haben. Mit der 
erkämpften Nuhe und Sicherheit nahm die Zahl 
der Bevölkerung gu, und mit dem vermehrten Feld⸗ 
bau und Gewerbfleiß begann von Neuem der lange 
unterbrochene Handel älterer Zeiten zum Theile mit 

Oeſterreich ſelbſt, noch mehr aber der Zwiſchenhandel 
durch dieſes Land mit dem Norden, Oſten und Wes 
fien. sUrfunden des zwölften Sabrbunderts frellen uns 
einen ſchon meit ausgebreiteten Zwiſchenhandel Oe⸗ 
ſterreichs dar, von welchem wir das Merkwürdi⸗ 
—* unſern Leſern mittheilen. 

Die Stadt Enns gehörte noch zu Ende des 
zwoölften Jahrhunderts gum Herzogthume Steyer⸗ 
mark. Sie hatte ſchon frühzeitig das Stapelrecht 
und einen Jahrmarkt erhalten, auf welchem ſich 
Kaufleute von Regensburg, Ulm, Coln, Aachen und 
aus den Niederlanden eingefunden haben. Der 
Steyriſche Markgraf Ottokar der Fünfte, der vom 
Jahre 1129 bis 1164 regierte, hat ſchon die Vors 
rechte des Jahrmarktes in Enns, und die Zollabga⸗ 
ben der fremden Kaufleute beſtimmet; ſein Sohn 
Ottokat der Sechſte, der zu einem Herzog erhoben 
ward, beſtätigte im Sabre 1101 die Anordnungen 
ſeines Vaters, und fugte wahrſcheinlich manches 
Nene hinzu 9. Der Snpalt diefer Urfunde fagt aus, 





+ Scheid, Origines Guelt, T. III. praef. 30: ri Carl Theo: 
dor Gemeiner, Reichsſtadt Nege nsburgiſche Ehronit. Th. L 


daß H. Ottokar auf die Bitte der Regensburger ihnen 
und allen übrigen ausländiſchen Kaufleuten die alten 
Vorrechte erneuere, die ihnen ſein Vater früher ſchon 
ertheilet hat. Dieſe beſtanden aber darin. Die Schiffe, 
die am Vorabend vor Mariä Verkündigung in die 
Enns kamen, durften weiter fahren; diejenigen 
aber, welche ſpäter anlangten, mußten dort bis zum 
Ende des Jahrmarktes verweilen, der am Montag 
in Der Bittwoche anfing, und am Vorabend vor 
dem Pfingſtſonntag endigte; übrigens durfte von 
dieſen aufgehaltenen Schiffen keine Abgabe gefor— 
dert werden. Schiffe, die mit Wein und Lebensmitteln 
beladen waren, konnten bis zum Georgitag ungehin⸗ 
dert vorüber fahren; ſpäterhin mußten ſie anlegen 
Nach Beendigung des Jahrmarktes wurden die Füh⸗ 
rer der dort befrachteten Schiffe von. dem Regens— 
burgiſchen Hansgrafen *) und den Magiſtratsperſo⸗ 
nen von Enns **) um die Ladungen befragt, und 
mußten von jedem Centner zwolf Pfennige Zollgebühr 
erlegen, die Fracht mochte dann aus Wachs, aus 
Häuten oder aus was immer für Waaren beſtehen 
Wollten die Magiſtratsperſonen der Stadt den 
Auüsſagen der Schiffer nicht vollen Glauben bey⸗ 


——— 





S. 280, u. f. ⸗Das Original dieſer Urkunde it im dorti⸗ 
gen Stadtarchiv noch vorhanden. Die Nachlaͤſſigkeit des 
Urkundenſchreibers, welcher ri oo ſtatt 1191 geſchrieben 
hat, ſchadet der Echtheit der Urkunde nicht, denn ihr Inhalt 
wird durch andere Urfunden und hiſtoriſche Nachrichten 
vollkommen beftatigeto o; © ——— 
*) Von der obrigkeitlichen Perſon, welche Hansgraf hieß, wird 
in einem der folgenden Abſchnitte weitlaͤufiger gehandelt. 
**) Die Judices der Urkunde find jene Magiſtratsperſonen 
groferer Stibdte, die allgemein unter dem Nahmen der 
Genannten, Nominati, vorkommen. Bon ibren Units: 
geſchaften wird in der Folge Erwaͤhnung geſchehen. 


— |] <«e 


meſſen, fo ftand es dieſen frey, ibt Vorgeben mis 
einem Eide zu befraftigon: Schiffe, welche während 
der Dauer des Jahrmarktes Getreid oder Wein 
herzu brachten, zahlten von einem Muth oder einem 
Fuder 9 zwölf Pfennige. War der Jahrmarkt zu 
Ende und der Hansgraf der Regensburger von Enns 
abgereiſet, ſo zahlte ein Wagen, welcher Waaren am 
Ufer ablud, pool Pfennige; und ein jeder Wagen, 
der über die Brücke fubr, ſechzehn, ohne daß feine 
Ladung berückſichtiget wurde. Der Kaufmann, der zu 
Pferde ſeinem Laſtwagen folgte, war von aller Ubs 
gabe frey; ritt er aber allein über die Brücke, ſo gab 
er einen Obolus, mochte er dann was immer für eine 
Waare bey ſich tragen. Für ein Saumpferd wurden 
ſechs Pfennige bezahlet. Die Wagen, heißt es wei⸗ 
ter; welche nad Rußland gehen oder von dorther 
zurückkommen, geben ſechzehn Pfennige, und dürfen 
nicht aufgehalten werden **). Wagen, welche zu 
Enns befrachtet werden, zahlen zwoͤlf Pfennige. Die 
Regensburger dürfen um Gold und Silber ungehin⸗ 
dert kaufen und verkaufen. Die Kaufleute von Cöln 
und Maſtrich geben dem Herzog ein Quart Wein, 
zwey Pfund Pfeffer, ein Paar Schuhe und ein Paar 
Handſchuhe; auf den übrigen Stationen erlegen ſie 
Die Abgabe, die ſchon zur Zeit der Regierung Mark⸗ 
graf Ottokars des Fünften * hat. Wird die 





” Modius heißt bald ein Metzen, bade ein Muth; letzteres 
enthaͤlt noch heut zu Tage bey uns Drenfig Metzen. Die Ab: 
gabe von zwoͤlf Pfennigen von einem modius meifet ſchon 
auf ein griferes Quantum bin. Bey fluͤſſigen Dingen mach⸗ 
ten dreyßig Eimer ein Fu der, carrada, zwanzig einen 
Dreyling. 
#0) Plnnfri: in Ruziam vel'de Ruzia tendentia XVI. denarios” 
perfolvant, nec retineri debent. 


ac 12 eretti 


gegenwärtige Ordnung uͤbertreten, fo find die Nes. 
gensburger dem Herzog in eine Geldſtrafe von * 
dert Pfund Silber verfallen. 

Eine zweyte Urkunde erhielten die Regengburi 
ger gum Vortheil ibres Handels in Oeſterreich im 
Fabre 1192 vom Herzog Leopold dem Tugendhaf—⸗ 
ten, der ihnen ganz vorzüglich gnädig war und die 
Zollabgaben, die ſie in Oeſterreich bisher hatten 
entrichten müſſen, verminderte *). Zugleich ſchützte 
er ſie gegen den Unfug, welchen ſich ſeine Beamten 
gegen ausländiſche Kaufleute erlaubten, und ſchrieb 
ſeinen Richtern beſtimmte Verhaltungsregeln vor, 
wie ſie ſich gegen die Regensburger benehmen ſoll⸗ 
ten; wenn dieſelben wegen Geldſchulden, Verbrechen 
oder kleinerer Vergehungen bey ihnen angeklagt wür⸗ 
der. Da derley Gegenſtaͤnde nicht hierher, ſondern in 
die Rubrik: Form der alten Gerichte, gehören, ſo 
übergehen wir ſie mit Stillſchweigen. In Rückſicht 
des damahligen Handels in Oeſterreich enthält die 
Urkunde einige bemerkenswerthe Stellen... Der H— 
Leopold erlaubte den Regensburgern einen ganz un⸗ 
eingeſchränkten Handel mit Gold, mit Häuten und al⸗ 
len ihnen beliebigen —— nur das Einhandeln 


è 





*) Scheid, l. c. P. 31 et leq. Inde eft, —* nos pid fideli 
obfequio eivium Ratisponenfium, quod Serenitati noftre 
fepe numero preftiterunt, dignum duximus, €08 plus 
ceteris honorandos, quorum pre ceteris devocionem 
evidentibus rerum argumentis totiens experti fumus, 
De jufticia itaque noftra que nobis folvebatur de re- 
bus, quas in terram nofiram venales adduxerunt ,efo- 
lita liberalitate partem ipfis, remifimus, et contra in- 
folentiam eorum, qui officiis noftris prefunt, ‘eos ve- 
luti familiarius nobis obligatos, fiabili jure protega- 
mus inpofterum. — Gemeiner, a. a. O. S.282. Das. 
Original iſt nud in Regensburg vorpanden. 


neo 13 ——* 


des Silbers ward ibmen verbothen. Die Urſache das 
von läßt fi) leicht erratben, und fpatere Urfunden 
geben fie unumwunden an: der Herzog. bedurfte 
des Silber8 zur Auspragung der Wienerpfennige, 
weßwegen auch nur die Hausgenoffen, nämlich die 
Münzer, und Die mit ibnen verbundenen Goldare 
beiter das Vorrecht hatten, Gold und Silber einzu⸗ 
wechſeln. Goldmünzen wurden damahls in Defterreidy 
noch nicht gepraget, defimegen mard das Gold dere 
RKanfleuten von Negensburg zum Cinbandeln mod 
frey gegeben; in den folgenden Jahren murde die 
allen Sn und Auslandern ſtrenge verbothen, 
Ferner werden in der Urfunde H. Leopolds colnis 
ſche Tücher ermabnet, die nad Oeſterreich eingeführt 
wurden. Von einer Ladung, welche Wagengwant ge⸗ 
nannt wurde, zahlte ein Wagen drey Pfund *); von 
hundert Häuten gab man fünfzig Pfennige. In Maut⸗ 
hauſen, Melk, St, Polten, Stein, Tuln und Wien 
mufife man für eingeführte Waaren, unter welchen 
Kupfer, Zinn, Glockenſpeiſe und Häringe genannt 
werden, eine beſtimmte Zollabgabe entrichten. Den 
Kaufleuten ward auch die Freyheit zugeſtanden, ihre 
Waaren zu Waſſer oder zu Lande nach Oeſterreich zu 





*) De onere plauftri, quod in vulgari dicitur ein Wagen- 
giwant, fi fanibus circumligatis a Colonia ducitur, tria 
talenta folvantur.... Ad quantitatem pannoram, qui 

de Colonia ligativeniunt. — Unter Gemand, veftimen- 
tam, welches Wort in Ddiefer und in andern paufigen Ur- 
funden vorFommt, ift ein jedes Gemebe, cin jeder Zeug, 
er mag aus Garn, Wolle oder Seide verfertiget fepn, 3u 
verftepen, menn er zu Kleidungsſtuͤcken beſtimmt ift. Die 
Gemand: und Tuchſchneider find Kaufleute von geringerer 
Urt, welche Leinwand, Tuͤcher u. f. w. im Kleinen nad der 
Elle verfauften. Man huͤthe fio, darunter einen Kleider 
macher gu perfteben. 


ono 4/) n 


bringen. Die Rußlandshändler zahlten auf ibrer 
Durchreiſe hinein zwey Pfund; auf ihrer Rückkehr 
cin halbes Pfund *). Durch diefe Stelle erhält obige 
Urkunde H. Ottokars die Beſtätigung, daß in Oeſter⸗ 


reich ein Waarenzug nach Rußland ſchon im zwölften 


Jahrhundert in vollem Gange war, mas auch durch 
andere alte Schriftſteller bekräftiget wird **). Daß 
ſich aud Defterreicher an die Regensburger ‘ange: 
ſchloſſen und Untbeil an ibrem Handel genommen 


| baben,fagengzivar die Urfunden nicht aus ; saber höchſt 


wahrſcheinlich find fie nicht fo ftumpffinnig gemefen, 
| Daf fie Caravanert von ausländiſchen Rauflenten 

gleichgültig duro) ihr Vaterland zieben, und mit ge- 
wonnenen Schätzen zurück kehren geſehen hätten, 
ohne ſich zu gleichen Unternehmungen anreitzen zu 
laſſen. —Die Lobſprüche, welche H. Leopold der 





Ru⸗arii, quocunque tempore vadant, duo talenta fol- 
© vant; et in reditu ex Ruzia dimidium talentum. 
*#) Bern, Pez, Tliefaur. anecdot. T.I, P. III p. 175: Hart- 
‘wric nomine, habitans in regione Rufciae, ‘in ‘civitate 
Chiebe dicta. — Vita B. Mariani, in Actis SS. ad g Fe- 
bruarii, p. 369. Tum quidam de Fratribus loci ejufdem 
(vom Soottenflofter in Regensburg) nomine Mauricius è 
ad regem Rulliae perueniens, ab eodem Rege ac Princi- 
pibus.urbis ditiffimae Chios (legendum Chiof) de ferinis 
pellibus pretiofis valentibus centum marcas recepit , at- 
, que eafdem vehiculis ferens, cum negotiatoribus Ratis- 
bonam pacifice peruenit. , Dief geſchah im. Unfana det 
zwoͤlften Jahrhunderts, gu welcher Zeit fon Kaufleute 
von Negensburg nad Kiow reifeten. Daf Die Deutſchen 
mit den Ruſſen ſchon frubseitig Handel getrieben, ift cine 
allgemein befannte Sade. Georg. GSartorius, Geſchichte 
«des Hanfeatifhen Bundes. Th. GS. 194, U.f. — Fried: 
rid Chriſtoph Fonatpan Fiſcher, Geſchichte des teutſchen 
Handels. Th. J. S 515. Hier iſt aber nur vom Zwiſchen⸗ 
handel durch Oeſterreich nad Rußland die Nede, 


— 15 neo 


tteuen Ergebenbeit der Regensburger ertheilte, und 
das Anrühmen ibrer erſprießlich geleifteten Dienſte 
laſſen uns auf ergiebige Geſchenke an ihn, oder auch 
auf Gemeinſchaft des Handels mit ſeinen Unterthanen 
ſchließen. 

Den lebendigen Handel und reichen Waarenzug 
durch Oeſterreich nach allen Richtungen fon während 
des gmolften Jahrhunderts können mir. auch gum 
Theile aus dem Zolltarif abnehmen, den der H. 
Leopold fur Die Mauth in Stein erlaſſen bat *). Die 
darin feftgefebten Zollabgaben beftanden nod ju En . 
de des dreyzehnten Jahrhunderts *), menn gleich 
manche Abänderung während eines ſo langen Zeit⸗ 
raumes mag Statt gefunden haben. 

Das älteſte Stadtrecht in Oeſterreich, das ſich 
bis auf unſere Zeiten erhalten hat, iſt jenes, das den 
Wienern im Jahre 1198 vom H. Leopold dem Glor⸗ 
reichen iſt ertheilet worden *XX). Diefer hochberühmte 
Regent beſtimmte entweder zuerſt, oder erneuerte 
vielleicht nur alte Gewohnheiten, wie man mit der 
Verlaſſenſchaft verſtorbener Ausländer in Wien vere 
fahren ſollte. Dieſes war deſto nothwendiger, da ſich 
die Anzahl der fremden Kaufleute alldort immer ver⸗ 
mebrte. Gs konnte nicht fehlen, daß ſich zwiſchen die: 
ſen ſelbſt, und auch zwiſchen ihnen und den Wienern 
nor 5 Zwiſt und Rechtsſtreit erheben ſollte. 





= Ranclì. Rerum Aufiriac. Scriptores. T. II. p. 106. 

et) Deßwegen wurde diefer Bolltarif dem Rationarium Au» 
firiae, welches Rauch befannt gemacht bat, unter È. Rus 
dolph oder Albrecht dem Erften einverleibt. 

##*) Lazius: Vienna Auftriae. Rerum Viennenfium Com- 
mentarii. Bafileae Libro II. p.73. — Dagfelbe in Deut- 
ſcher Sprade: Abermann, Hiftorifde Befpreibung der 
Hauptſtadt Wien. 3tveptes Bud, S. 85: 


CO 10 TO 


Für ſolche Falle ſchrieb der Herzog beſondere Verhal⸗ 

tungsregeln vor und ſetzte feſt, daß ſich weder ein Aus⸗ 

länder gegen einen Bürger von Wien, noch auch dieſer 

gegen jenen eines Unterkäufers *) zur Zeugenſchaft 

bedienen dürfe; vor Gericht ſollen angeſehene und 
unbeſcholtene Männer, zu welchem Range gewöhnliche 

Unterhändler ſich nicht aufgeſchwungen haben, als 
Zeugen auftreten. 

Um die Handelsgeſchäfte möglichſt zu ſichern und 
allen Streitigkeiten ben Kauf und Verkauf, ben Vers 
yfandungen und Schenkungen vorzubauen, befabl der 
Herzog die Wahl von bundert Genannten, von denen 
wenigſtens zwey als. Zeugen zugegen ſeyn mufiten, 
wenn etwas verkauft, verpfändet oder verſchenkt 
wurde, deſſen Werth ſich auf drey Pfund belief. 
Auf falſche Maße, Gewichte und Ellen ward eine 
Geldſtrafe von fünf Pfund geſetzt 

Dieſe Einrichtungen waren für den Handel al⸗ 
lerdings von großem Nutzen; nur fingen auch jetzt 
ſchon einige Beſchränkungen desſelben an, welche 
der Monopoliengeiſt der Bürger von Wien ſehnlichſt 
gewünſcht, und H. Leopold aus Mangel der nöthi⸗ 
gen Umſicht zu voreilig gut geheißen hat. Bey Stra⸗ 
fe von zwey Mark Goldes ward es fremden Kauf—⸗ 
leuten unterſagt, ihre Waaren ſelbſt nach Ungarn zu 
verführen. Dieſes Vorrecht ſollten nur die Bürger 
Wiens genießen, und ſich durch dieſen Handel berci: 
chern. Noch verderblicher als dieſes waren für den 
freyen Handel in Oeſterreich die verkehrten Maß— 
regeln, die den fremden Kaufleuten verbothen, ſich 
în Wien länger als zwey Monathe mit ihren Waa⸗ 





9 Von den Unterfiufern , Unterhaͤndlern oder —5 
wird weiter unten die Rede ſeyn. 


uo 1 » 


ren aufzuhalten, und diefe jemand anderm als einem 
Burger von Wien zu verfaufen. Zugleich durfte fein 
Fremder Gold oder Silber cinbandeln / was noch vor 
wenigen Jahren erlaubt.mar; und befaf er derglei: 
chen edle Metalle, fo war 8 ibm verbothen, ſie 
einem Andern zu verkaufen, denn dieſen Handel be— 
hielt ſich die herzogliche Kammer bevor. — Solche, 
und noch weit ärgere Handelsgeſetze und Privilegien 
waren vielmehr geeignet, den Verkehr mit dem 
Auslande möglichſt zu erſchweren als ihn zu beför⸗ 
dern, und nur der vortheilhaften Lage des Landes 
hatten es die Oeſterreicher zu verdanken, daß unge— 
achtet eines ſehr ſchweren Druckes der Zwiſchen— 
handel dennoch fortdauerte, und die Landeserzeug⸗ 
niſſe Abſatz fanden. 

Wir haben die wenigen Notizen, die über den 
dlteften Handel. unfers. Vaterlandes einiges Licht 
verbreiten, vorausſchicken wollen, denn die erſten 
rohen Verſuche, den Handel zum Vortheile des 
Staates und der Unterthanen zu beleben und zu 
ordnen, dauerten, ſo unglaublich es ſeyn mag, doch 
einige Jahrhunderte als unübertreffliche Muſter noch 
fort, und das Mittelalter gefiel ſich darin gar ſehr, 
beym Alten ſtehen gu bleiben, nicht leicht etwas 
Neues aufkommen zu laſſen, um nur nicht weiſer 
und klüger werden zu müſſen. Die Belege hierzu 
wird die folgende Geſchichte liefern. 

Wir reden zuerſt von den Hinderniſſen des 
Handels während des zwölften und der folgenden 
Jahrhunderte, und dann von Geſetzen, Privilegien 
und Anſtalten, die zum Ziele hatten, ihn zu beför— 
dern und ubreiten⸗ 





do 


uo 18 “due 


Allgemeine Hinderniſſe des Handels 
vorgtiglioh, aber file fremde Kaufleute. 





Erſter Abſchnitt. — nevi 
Zollerpreſſungen hai T 
Di Grundherrlichkeit war in den alten eite der 
gefährlichſte Feind der Freyheit. Alles mas ſich im 
Gebiethe und auf dem. Boden eines. Grundberrn 
befand , fab" diefer fue fein Cigentium an: die 
Maäenſchen eben fo wie das Vieh. Und gab es gleid 
viele Abſtufungen zwiſchen den Unfreyen und Höri⸗ 
gen, ſo war doch für Alle, die ſich eine längere Zeit 
im Gebiethe eines Grundherrn aufhielten, die per⸗ 
ſönliche Freyheit eben ſo verloren wie für jene, die 
auf demſelben ſchon unfrey geboren wurden. In den 
früheſten Zeiten des Frankenſtaates bildete ein jeder 
Beſitzer eines freyen Eigenthumes gleichſam einen 
Staat im Staate, und herrſchte innerhalb der 
Gränzen desſelben mit unumſchränkter Gewalt 
Dem Anführer des Volkes, der ſchon frühzeitig Kb— 
nig genannt wurde, war er zu keiner Abgabe ver⸗ 
pflichtet, und in den Krieg begleitete er ihn nur 
dani, wenn ein Volksbeſchluß denſelben genehmiget 
hatke. Eben fo wenig erkannte der alte Franke einen 
Richter uber ſich. Hielt er ſich für beleidiget, ſo ver— 
ſchaffte er ſich vermöge des Fehderechtes ſelbſt Gel 
nugthuung. Trieb er's gar zu arg, ſo fielen ſeine 
Nachbarn oder auch der König üher ibn ber, und be— 
dienten ſich ebenfalls des Fauſtrechtes, um dem Un⸗ 
weſen ein Ende zu machen; mod) öfter aber wurde 

i cin Meuchelmord verübt, um ſich von einem läſtigen 


“ue 19 n° 


oder gefürchteten Gegner zu befrenen*). Diefer wil⸗ 
de Zuſtand, in welchem das Recht beynahe nichts, 
Gewalt aber allenthalben gegolten und entſchieden 
hat, dauerte ſo lange fort, bis es den Königen ge— 
lang, auf verſchiedenen Wegen eine Uibermacht 
über die unbändigen Franken zu gewinnen, und 
ihnen mit Uibereinſtimmung der Großen Geſetze 
vorzuſchreiben. 

Der gemeine Freye war nun gedemüthiget und 
durch häufige Geſetze an eine Ordnung gebunden, 
die ihm die Willkühr barbariſcher Könige, oder an 
ihrer Stelle der Uibermuth der königlichen Haus— 
mayer und des Adels auferleget hat. Daf ben die 
ſer Umformung alter Verhältniſſe die Mächtigen 
auf Koſten der gemeinen Freyen ihren eigenen Vor— 
theil gut bedachten, und keine Gelegenheit, ihre 
Macht zu erweitern, unbenützt vorbeygehen ließen, 
darf man nicht nur vermuthen, ſondern man kann 
es auch aus unzähligen Stellen der Urkunden und 
alter Geſchichtſchreiber unwiderleglich beweiſen. 
Schon vor mehr als tauſend Jahren finden wir 
große Grundeigenthümer mit ungemeiner Macht 
und hohen Vorzügen ausgerüſtet, auf welchen das 
ganze Syſtem der ſogenannten Immunitäten der 
Grundherrſchaften beruhte. Aus den von Königen 
verliehenen, oder auch nur angemaßten Vorrechten 
der Grundherrlichkeit gingen alle jene Hinderniſſe 
hervor, welche dem Aufblühen des Handels durch 





*) Dergleichen Unthaten findet man beynahe auf jedem Blatt 
in der Geſchichte Gregors von Tour. Eine vortreffliche 
Uiberſicht uͤber einen Theil der altdeutſchen Verfaffung 
verdanken wir dem Herrn Konrad Mannert: Freyheit 

der Franken. Adel. Sklaverey. Nuͤrnberg und Aftdorf. 


1799. ) 
ì o %* 


— 


fr 20 cow 


viele Jahrhunderte immer mit codici Kraft fi ne | 
entgegen geſtellet baben. 

Wie ben den meiften alten Volkern, * ſah man 
auch in Deutſchland Fremdlinge für Feinde, oder 
doch wenigſtens für verdä ächtige Menſchen an an 
freundſchaftliche Verhältniſſe mit auswärtigen Staa⸗ 
ten dachte man nur zur Zeit der Noth oder eines 
augenblicklichen Vortheils: barbariſchen Völkern iſt 
cin friedlicher Zuſtand verhaßt, denn Beute und 
Sclaven verſchafft mir der Krieg. Daher fam: es 
auch, daß der Reiſende, welcher fremde Länder be⸗ 
ſuchte, immer ein ſehr gefährliches Wageſtück unter⸗ 
nahm, und fidy einer Plünderung, der Sclaveren 
oder gar dem Tode ausſetzen mußte **). Mit dem 
Chriſtenthume hörten dergleichen Gewaltthaten re 
Theile auf; ganz verdrangen fonnte es -diefelben > 
nicht, denn die Grundherrlichkeit — — 
ihre alten Vorrechte. 

Allerdings geſtatteten die “Grimbbdritit: den | 
Fremden freyen Zutritt auf ihr Gebieth, ſuchten 
aber von ihnen für dieſe gnädige Erlaubniß alle 
nur erdenkbaren Vortheile zu erpreſſen. Hielt ſich 
ein Fremder ein ganzes Jahr hindurch im —— 





*) Bey den Roͤmern mar holls die Benennung eines zeindes 
und auch eines Fremdlings. Bey den Deutſchen hieß der 
herrenloſe Auslaͤnder ein Wilder. Im Latein Des Mittel: 
alters nannte man ſolche Fremdlinge Albani. Cf. Du Fref* 
ne. Daber tag jus albanagii, welches dem Landesfuͤrſten 
‘oder dem Grundherrn Die Verlaſſenſchaft eines verſtorbe⸗ 
nen Fremden zueignete, worauf aber die Herzoge von 
Defterreidh ſchon fruͤhzeitig Verzicht gethan haben. 

**) Im Sabre »012 fing man den frommen Pilger Colomann 
zu Stoderau, deffen Sprache man nicht verftand, als einen 
verdadtigen Grembdling, und ping ihn an einen cao 
auf. Pez, Scriptor. T. J. p.97 et feq. i 


se 21 —— 


eines Grundherrn auf, ſo ward er deſſelben höriger 
Diener, und man übte gegen ihn das Wildfangsrecht 
qus'*); die Luft, hieß es, mache eigen. Ram der 
Fremde als Fußgänger an, fo zahlte er für die Be— 
tretung des Bodens dem Grundherrn eine Abga— 
be **).; cin Gleiches geſchah für Pferde und Wa: 
gen da) Aud für die Erlaubniß, auf dem Waſſer 
> bor feinem Grunde vorben zu fabren, dort anzulan: 
den, oder liber cimen Fluf zu fegen, mufte man 
verſchiedene Zolle entrichten. Die grundberrlichen 





tn, Pfeffinger, Vitriarius illuftratus. L. TIT. Tit. XII. c. 22. 
p- 145. Jus Wildfangiatus, eft jus in numerum homi- 
num propriorum cooptandi extra legitimum matrimo= 
nium natos, et adventitios, qui (ua (ponte ad loca, ubi 
advenas hujusmodi inter homines proprios poft certum 
tempus cenferi mos eſt, fe conferunt, et ibidem domi- 
cilium figunt. Das Wildfangorehi hieß auch attractus. 
tag Hier ſollen nur die Nahmen der Zollabgaben ſtehen; die 
Erklaͤrung derſelben findet man bey mehreren Soritiel⸗ 
lern. Wir nennen ganz allein den vortrefflichen Huͤllmann: 
Deutſche Finanzgeſchichte des Mittelalters, S. 223, u. f. 
Pedagium, pedaticum, viaticum, pulveraticum, tran- 
ſtura oder tranfitura. 

1) Rotaticum, temonaticum , volutaticum , plateaticum, 
filvaticam, pontaticum , portaticuam, Thorgeld.  Sag- 
maticum vel faumaticum , falutaticum, cine Natural: 
abgabe von YWaaren; mutaticum, Mauth. Zu Waffer 
ward gefordbert: navaticum, barganaticum, Barken⸗ 
oder Kahngeld; ‘tranaticum , ripaticum È cefpitaticnm, 
Raſengeld fuͤr die Erlaubniß an gruͤnen Platzen anzufah⸗ 
ren, laudaticum, nautum. — Hierher gehoͤrt die Stelle 
Des Zollpatentes H. Leopolds, apud Rauch, T. II. p. 109. 
‘Duo Franzones (granfen , die in Der Stadt Stein anfan: 
den, dent unum denarium cholonienfem; pueri uero 
eorum qui funt infra XII. annos nihil dent, — Bepnahe 
alte oben angefuͤhrte Nahmen der Zollabgaben finden ſich in 
einer Urfunde È. Ludwigs des Frommen fur die Strafi= 
burger Kirche, apud SchoepMin, Alfatia diplom. I. 799. 


—XR 22 se» 


Forderungen an Neifende arteten bald in eine ſcham⸗ 
lofe Geldgierde, und fogar auch in offenbare Naubs 
ſucht aus. Stand irgendwo cine Brücke, fo nöthigte 
man die Neifenden uber fie gu geben, wenn es gleich 
bequemere. und  fiirzere Wege anderswo gegeben 
bat *); ja man mar unverſchämt genug, ganz unnö⸗ 
thige Brücken, fogar auf trodfenem Felde anzulegen, 
um nur unter einem vorgeblichen Vorwand einen 
ergiebigen Brückenzoll erbeben zu fonnen **). Uiber 
Flüſſe wurden Seile gefpannt um die Schiffe 3u 
givingen an das Land zu fabren, und den Grundherrn 
mit mancherley Abgaben. zu bereichern ***). So vie 
ler und fo grofier Unfug wurde unter der fraftvollen 
Regierung Carl8 des Großen getrieben und durch 
wiederhohlte Befeble firenge unterfagt; aber unter 
feinen Nachfolgern friegen die Zollerpreffungen der 
Srundberren auf den höchſten Grad. Bald ſchwach— 
ſinnig, bald durch Noth gedrungen verlieben fie Liebe 





) Capit.I, Caroli M. anno g09.c.19. Utmullus cogatur ad 
pontem ire ad flumen tranfeundum propter telonei cau- 
fam, quando ille in alio loco compendiofius illud flumen 
tranfire poteft. Cf. Capitul. Ludovicii Pii, anno.819+ 
C..17. fi! 

*).Capit. II. Caroli. M. anno g09 , 6. 9. Similiter in plano 
campo , ubi nec pons nectrajectus eſt, ibi omnimodis 
praecipimus ut non teloneum exigatur, 

#*#) Cap. II. Caroli anno 05, c. 13. De teloneis. Nova five 
injufia, ubi vel funes tenduntur,, velcum navibus fub 
pontibus tranfitur, few his fimilia, in quibus nullum 
adjutorium itinerantibus praeftatur ; ut non;exigantur. 
Similiter etiam de his qui fine negotiandi canfa fubftan- 
tiam fuam de una domo [na ad aliam, aut ad palatinm 
Seu in exercitum ducunt. Die neu errichteten Bollftàtte 
ſchaffte Carl ganzlic ab. Cap. V. anno 806, c. 11. De telo- 
neiset cifpitacis ... utubi antiqua confuetudo fuit, exi- 
gantur; et ubi nova fuerint inventa, defiruantur, 


lingen und. aud) gefürchteten Magnaten häufige Zoll⸗ 
privilegien entweder nach Launen umſonſt, oder auch 
gegen bare Bezahlung. Den privilegirten Großen 
eiferten bald Andere nach, und erſchlichen oder ers 
trotzten ſich ein gleiches Vorrecht, big zuletzt, vore 
züglich während des langen Zwiſchenreichs, das eine 
wahrhaft goldene Zeit für das Fauſtrecht und für Une 
maßungen und Gewaltthaten aller Art geweſen iſt, 
an unzähligen Orten cine Zollſtätte errichtet wurde 
zu großem Nachtheile des Handels und aller Gewer— 
be. Und ſtand einmahl ſo ein Haus der Erpreſſung, 
ſo ließ es ſehr ſchwer, dasſelbe wieder abzuſchaffen, 
denn cin jeder Mißbrauch, jeder Unfug, jede Ges 
waltthat, nur einige Mahle verſucht und glücklich 
ausgeführt, ward ſogleich gu einer alten, wohl here 
gebrachten guten Gewohnheit und zu einem Vorrech⸗ 
te, auf das man nur nothgedrungen wieder Vere 
‘ gilt that *).. | 

Dieſes Unweſen vermehrte ſich in den folgenden 
Jahrhunderten nach der Auflöſung der alten Gau— 
verfaſſung noch um Vieles, denn ein jeder Verwalter 
eines königlichen Gutes oder Amtes ſah daſſelbe bald 
für Eigenthum und für eine Erwerbsquelle an, die 
ibn in kurzer Zeit bereichern und auf ſeine Abkömm⸗ 
linge forterben ſollte. Schwache Regenten konnten 
keinen Widerſtand leiſten und mußten dieß alles un: 
geahndet geſchehen laſſen; mehrere von ihnen theil— 
ten mit den zugreifenden Magnaten die wenigen 
Uiberbleibſel noch vorhandener Neichsgüter und Re: 





*) Baluz, T. II. p. 41. Capit. Caroli Calvi anno 847. 
Tit. IX.-c. 6. Ut rapinae et depraedationes, quae 
quafi jure legitimo hactenus factae funt, penitus in- 
terdicantur, et nemo fe impune poft haec eas praefu- 

. mere poſſe confidat. 


galien, und. eigneten die Beute ihrem eigenen 
Stammbaufé zu, ; 

So viele Benfpiele in allen Provinzen Deutſch⸗ 
land$ reigten aud den Oeſterreichiſchen Adel zur 
Nachfolge, und ſchon H. Leopold fand es für nöthig, 
dem alten Landrechte ein Verboth gegen Errichtung 
neuer Mauthen einzuverleiben *). Deſſen ungeachtet 
nahmen ſich mehrere Grundherren in Oeſterreich die 
Freyheit heraus, Reiſenden neue Zölle aufzubürden, 
was vorzüglich während der allgemeinen Verwirrung 
nach I. Friedrichs des Streitbaren Tode und in den 
legten Sabren der Negierung È. Ottofars geſchehen 
ift. Der È. Rudolph ſchaffte dieſen Unfug im Fabre 
1270 in allen Oeſterreichiſchen Provinzen mieder 
neuerdings ab **). Dod) auch diefer kaiſerliche Befehl 
Fonnte das Mibel nicht mit der Wurzel ausrotten, 
denn es gab Zollfrationen in Defterreid) , welche cin 
Eigenthum altadeliger Geſchlechter maren, amd ſeit 
undenklichen Jahren mit Bewilligung der Kaiſer be 
ſtanden ***). Wir machen nur von einer der vorzüg⸗ 





*) Senkenberg, Vifiones diverfae de collectionibus Legnm 
Germanicarum, Lipfiae, 1765. Es ſoll auch niemant meder 
auf maffer nod auf fand newe Maut legen noch nemen in 
ain rechren gefmornen fandfrid an da man gu Recht mauten 
fol es fey dann das Ims der Landesherr erfaub . Wer es dar: 
uͤber tut da fol man gegen richten als gen ain Strafirauber. 

**) Cambader, Oeſterreichiſches Interregnum. S. 119 im Un: 
bang. Item auctoritate Imperiali tollimus et finaliter irri- 
tamus omnes mutas , thelonia,  Vectigalia et pedagia de 
novo impofita per aquas et terras, antiquis fecundum 
tervarum confuetudinem, ab antiquo hactenus obferva- 
tam in fuo robore duraturis. Alioqui contra faciens fe 
fciat noftra gratia cariturum, et fecundum quod nofîra 
providentia dictaverit puniendam. 

##*) Supplementum Codicis Auftriaci. Leipzig, 1748. S. 3 
und 4. Im Lande unter der Euns gab es fieben und fiebaig 


ne 26 


lichſten Meldung, von welcher der Waſſertransport 
nach Oeſterreich geſperrt werden konnte. Dieſe war zu 
Aſchach im Lande ob der Enns. 
Neich an Beſitzungen und mit mehreren regierenz 
den Häuſern verſchwägert waren die unmittelbaren 
Neidhsgrafen von Schaumberg ). Ihr Hauptfig 
war das gleichnahmige Schloß oberbalb Efetding; 
im Mühlviertel befafien fie die ſehr fefte Burg Neu: 
haus. Dort fliefit die Donau von hohen Bergen einge⸗ 
engt in manchen Krümmungen vorben: eine bOdf 
giinftige Lage für Frenbeuter, welche Kaufmannsgü— 
tern auflauerten, die von oben herab nach Wien und 
nach dem Orient, oder von dorther nad) Paffau, Re 
gensburg, und meiter nad) Weſten verführet wurden. 
Zu Aſchach, welcher Marftfleden in alten Urfunden 
ſehr oft Aſchau genannt wird, batten die Grafen die 
geſetzliche Befugniß, den vorbenfabrenden Schiffen 
einen Zoll abzufordern, welches Vorrecht ſie aber 
nad der Sitte der damahligen Zeit ſehr oft miß— 
brauchten. Der Zoll wurde willkührlich geſteigert, die 
Donau bey Neuhaus mit Seilen geſperrt und man: 
ches Schiff, das mit foftbaren Waaren beladen mar, 
weggenommen und fur cin Eigenthum der Grafen ere 
klärt: und dieß alle8 aus feiner andern Urfache, als 
iveil es diefen mächtigen Herren fo beliebte. Selbſt 
feyerlich abgefchloffene Vertrage ſchützten nicht vor 
ſchreyenden Ungeredtigfeiten. sigla 
Dieß baben die Blirger von Regensburg erfah— 
ret, welchen cin reid) beladenes Schiff von den Gra: 
fen ift meggenommen worden. An einen oberricterli: 





Zollfationen , die cin Eigenthum adeliger Geſchlechter und 
verſchiedener Gemeinden waren. 
NOeſterreich unter H:Nudolph dem Vierten. S. 7, u. f. 


ee 26 na 


cen Ausſpruch, der die Grafen zur Genugthuung 
verpflichtet hätte, mar damabls gar nicht. zu denken; 
man nabm alfo feine Zuflucht ju Unterbandlungen, 
die nad) mebreren Jahren die Folge hatten, daf die 
Grafen im Sabre 1332. ihr begangenes Unrecht bee 
Fannten, und einen Erſatz von funfhundert Mark 
Gilber8 verfpracben. Bis zur Erlegung diefer Sum 
me verbiefien fie, fich mit der alten Zollabgabe begnü⸗ 
gen gu molle, die von einem jeden beladenen Schiffe 
in zwey und dreyßig Pfennigen, zwey Pfund Pfeffery 
given Dauben und; men Hutſchnüren beftand *). Unges 
achtet diefe$ Bertrage8 und eines neuen Verſprechens 
des Grafen Heinrich im Fabre 1345, das den Kauf⸗ 
leuten von Cöln, Gmünd und Augsburg volle Sicher⸗ 
beit des Handel zu Waffer und zu Lande verbürg— 
te**), wurden dod) wieder Schiffe der Regensburger 
und Eolner 1361 ***) und 1382 angebalten, und un: 
ter manderlen nibtigen Vorwänden bey Neuhaus an 
der Fortfebung der Reife gehindert ****). Der Grof 
Heinrich wird in den alten Ehronifen als cin milder 
Räuber gefchildert, der ſein Zollreht zur Plünderung 
Der Kaufleute und zur Beeinträchtigung des ganzen 
Landes ſchändlich mifbraudte *****). — Mebrere 





*) Gemeiner, Epronif. Th.I. S. 557, u. f. 
**) Gemeiner, Th. II.S. 45, 
1A 1. D. S. 119. 
nine) Y. a. ID. S, 205. — 
#*#**) Pez, Scriptor. T.I. p.1161. Appendix ad Chron. Hageni, 
ad annum 1381. Des jar friegt Hertzog Ulbredt mit bem 
Gratten von Schaumberkh, der nam ben Choͤlnern zwoͤlf 
Sewm gwantzß (Tucder), und andere habe wol auf taufent 
pfunt, und raubt gu Land und maffer, das dem Land ſcha⸗ 
den bracht, und lie fein mein auf den Land, Das det mein 
fo wohlfail ward, das fein nyempt acht, und trug der an: 
dern jars chaum halben Vngelt in dem Land. — Chron. 


Klöſter erhielten gu verſchiedenen Zeiten von den Gra: 
fen cine Zollfreyheit zu Aſchach *). 

Aber nicht die Adeligen allein thaten durch ihr 
Zollrecht dem Handel großen Ubbrud ; auch die Lan⸗ 
desfürſten der damahligen Zeiten hemmten die Fort: 
ſchritte desſelben durch häufige und übermäſſige Zoll⸗ 
abgaben. Beynahe ein jeder Herzog ſteigerte ſie ohne 
jede andere Rückſicht, als nur ſeinen Finanzen aufzu— 
helfen. Dabey wurde nur ein geringer, oft auch gar 
kein Unterſchied zwiſchen inländiſchen und auswärti— 
gen Producten gemacht. Und um dieſe Geldquelle 
recht reichlich fliefien zu machen, ergriff mandas vers 
Febrte Mittel, den Zollimmer zu erboben, und wähnte 
ſich dadurd) eines reichlicheren Ertrages bemeiftern 
gu fonnen. Aus diefem falſchen Grundſatz ging die 
Folge bervor, dafi die Zollſtationen bis gum Unglaub⸗ 
lichen vermehret wurden, denn man fette voraus, daß 
der Furft defto mebr Einkünfte bezoge, je Ofter die 
Zollabgabe wiederholet mirde. Die Belege biervon 
liefern baufige Zollpatente vom drenzebuten bis zum 
ſiebzehnten Jahrhundert, von welchen im gegenwärti⸗ 
gen Buche an gehörigen Orten weitläufiger Erwäh— 

nung geſchehen wird. Von der Menge der Zollſtatio— 
nen in Oeſterreich zeugen die Urkunden. Kaufleute, 
Die gu Waſſer oder zu Lande von den Boyeriſchen 





Thomae Ebendorfer, lc. T.II. p.218. Erat (Dux AL 
bertus) tardior ad iram, provocatus tamen vix placari 
potuit. Quod et Henricus Comes de $Schaumberg medul- 
litus fenfit pro eo, quod a fuis praedis in Aùftria fe non 
.cohiberet, etc. x 
*) Die Urfunden pieriber finden ſich in Monumentis Boicis, 
im Archiv des Klofters Wilbering, u. f. w. Fuͤr das Kloſter 
VBaumgartenberg find eine Urfunde von 1523, und zwey 
Beſtaͤtigungen derfelben theils abgedrudt, theils angezeigt 
in meinen Beyträgen, Th, II. S. 433, u. f. 


” tro 28 ezine 


Gränzen bis nad Wien ihre Waare verführten, hate 
ten davon nicht etwa cinen Straßen⸗ fondern eigentlich 
cinen Waarenzoll an folgenden Orten zu entrichten: 
in Aſchach⸗ Wels, Linz, Enns, Mauthauſen, Emmer—⸗ 
ſtorf, Ios, Stein, Melk, St. Polten, Tuln, Wien. 
Die meiſten dieſer Zollſtationen kommen ſchon im 
zwölften und dreyzehnten Jahrhundert vor *), beſtan⸗ 
den noch in den folgenden Zeiten, und wurden ſogar 
mit mehreren neuen vermehret. Zu den vielen Zoll⸗ 
ſtationen des Landesfürſten und der Grundherren ka— 
men mod) eben fo viele andere hinzu, als es landes— 
fürſtliche Städte im Lande gab, denn alle, und auch 
die meiſten landesfürſtlichen Märkte, erlangten das 
Vorrecht, von den durch⸗ oder vorbeygeführten Waa⸗ 
ren eine beſtimmte Abgabe zum Beſten der Gemeinde 
zu fordern. Durch ſo viele Beyſpiele aufgemuntert ſich 
mit leichter Mühe zu bereichern, wagten auch die Bes 
ſitzer eines Landgerichtes den Verſuch, durchziehenden 
Kaufleuten cine Zollabgabe unter dem Vorwande ab- 
zufordern, weil ſie fue die Sicherheit der Straßen zu 
wachen hätten. Den ſchlechten Zuſtand der öffentlichen 
Sicherheit für reiſende Kaufleute während des Mit— 
telalters kennen wir genugſam. Deſſen ungeachtet 
drangen die Landgerichtsherren einen langen Zeit—⸗ 
raum hindurch mit ihren Anmaßungen durch: Gewalt 
hat für Recht gegolten *). 

Noch drückender wurden dieſe häufigen Zollabga: 
ben durch die Habſucht der Zollbeamten, die ſich Er⸗ 
preffungen aller Art erlaubten. Schon H. Leopold der 





*) Gn den oben angefuͤhrten Urkunden und in dem Stadtrecht, 
welches H. Albrecht 1287 den Buͤrgern von Stepr verlie⸗ 
ben bat. Preuenpuber, S. 36. 

#*) Die Beweiſe davon merden an einem anderen pete vor⸗ 
kommen. 


ua 209 “0% 


; Slorteide fab ſich bewogen zu befeblen, daf betriegeri: 
ſche Zollbeamte mie die Rauber beſtraft werden folle 
ten*). Daf es wirklich dergleichen verworfene Beamte 
bey den berzoglichen Gerichten und Zollftationen ge: 
geben, erbellet aus dem Privilegium, welches ©. Leo: 
pold 1102 den Blirgern von Regensburg verliehen 
bat**). Aehnliche Befehle find aus ſpäteren Zeiten 
noch baufige vorhanden: cin Beweis immer wieder⸗ 
hohlter Uibertretungen derſelben RNy. Betriegereyen 
der Zollbeamten hatten damahls auch einen weit 
freyeren Spielraum als ſpäterhin. Um läſtigen Une 
terſuchungen ben fo vielen Zollſtationen zu entgehen 
und nicht lange aufgehalten zu werden, mußte ſich der 
Kaufmann zu manchem Opfer bequemen. Und da es 
noch Sitte mar, einen Theil der Waaren anſtatt des 
Geldes als Zollabgabe auszuliefern, ſo war es den 
Beamten ein Leichtes, einen Zank zu erregen, und 
nad dem Beſſeren zu greifen. Manchmahl mögen 
que) die Kaufleute ibre Fracht nicht redlich angegeben 
haben. Mit einem Worte: Ben Zollämtern, woman 
gewöhnlich ſehr willkührlich und habſüchtig verfuhr, 
bei man die hoch PARE alte — und 





— 5 — Vifidn: p. 957. Bir * vnd gente das 
kain Mautner noch kain Zollner kain vnrecht Maut noch 
Zol nem. mer das daruͤber tut den fol man vicpten als uber 
ain rauber, 
**) Scheid | l.c. Contra —— eorum, qui officiis no- 
| firis prefunt, cos familiarius nobis obligatos'ftabili j jure 
protegamus inpofterum. 
* Gemeiner, Chronik, Th. J. S. 479. Im Jahre 1311 ſchrie⸗ 
ben Deputirte von Negensburg dem dortigen, Magifirat 
"aus Wien: „Wir tun iv unt. daz ir grozzen gebreften 
baben von den Mavtendern bienieden je Wienne . des mir 
e vngewon fin gemefen . Daz vns die Mavtenaer anſuchent; 
Die tvellent vns vnſeriv ret brecben, u. f. 10.‘ 


30 22 


Treue nicht ſuchen. Die Regensburger und Cölner 
haben in Aſchach und Wien, und die Bürger der 
Städte Oeſterreichs in ihrem eigenen Vaterlande 
davon ſehr traurige Erfahrungen gemacht. Erlaubte 
man ſich gegen letztere, die doch ſehr begünſtiget 
wurden und von unſeren Landesfürſten durch häufige 
Privilegien genugſam geſichert ſchienen ), grobe 
Erpreſſungen; wie wird man ſich erſt gegen Auslän⸗ 
der und andere gemeine Leute benommen haben? Der 
Unfug wurde fo weit getrieben, daß man ſich bey Zoll⸗ 
ſtationen ſogar das wilde Recht herausnahm, Ne: 
preſſalien gegen Vorbeyreiſende auszuüben, welches 
K. Leopold 1605 den Zollbeamten ſtrenge verbothen 
hat i i Mena _ 
Der ſchwere Drud der Mauthen laftete grofi: 
tentheil8 nur ‘auf fremden Kaufleuten und auf dem 
gemeinen Volfe des Landes. Den Adel hat ſchon 
Das alte Landredt von aller Zollabgabe von Le: 
bensmitteln freni geforocben ***); die Klöſter und 
Stadte zablten son einigen Dingen einen Fleimeren 





*) Aus vielen ſchon befannten und noch unbefannten Bey: 
fpielen nur Eines. Die Stadt Enns bat 1244 vom Herzog 
Friedrich, und 1276 vom Kaifer Rudolph eine vollfomme- 
ne Mautbfrepheit erbalten. Hormayrs Taſchenbuch fuͤr 
1812, S.54. Oeſterreich unter den Konigen Ottofar und 
Albrecht, Th. II. &. 180. Und doch wurden die dortigen 
Buͤrger von verſchiedenen Zollbeamten durch unbillige 

: Gorderungen gequaͤlet. Es waren neue Befehle nothig, wel⸗ 

— che die Bepfage Nro, J.enthaͤlt. 
**) Quarient, Cod. Aufir. Th. U. S. 10. Von den Repreſſa⸗ 
lien handelt ein eigener Abſchnitt, der meiter unten folgt. 

Vorzuͤglich arg benahmen ſich die Juͤdiſchen Paͤchter auf 

Zollſtationen. È. Ferdinand der Zweyte ſchaffte ſie 1627 ab. 

Quarient, TI.I. S. 564. — 

**#) Senkenberg, Vilion. p.263. So fol auch kain edlmann 
nicht Maut geben weder auf Wasſer nod auf Sand was er 


22231 —-- 


Zoll, von andern waren fie gänzlich zollfren erkläret. 
Um die landesherrlichen Gefälle zu vermehren, fing 
man ſchon im Fabre1544 an, die Zollfreyheiten der 
landesfürſtlichen Städte einzuſchränken *). Erſt den 
ſpäteren Zeiten blieb der Ruhm vorbehalten, die bere 
große Zahl der Mauthſtationen beträchtlich zu ver— 
mindern, und Einheimiſche und Fremde vor Placke⸗ 
> * der Zollbeamten möglichſt zu ſchützen. 


8weyt er Abſchnitt. 
Straßenzwang. 


Behy der übergroßen Anzahl von Zollſtätten, die 
ſich in allen Gegenden Oeſterreichs vorfanden, muß 
es deſto mehr befremden, daß man den Kaufleuten des 
In und Auslandes mit großer Strenge die Straßen 
bezeichnete, auf denen ſie ihre Waaren fortbringen 
mußten. Wer außerhalb derſelben ertappet wurde, 
verlor ſein Kaufmannsgut, und verfiel noch überdieß 
in eine ſchwere Geldſtrafe. Eine freye Wahl der 
Straßen, auf welchen Handelsleute ihren Waarenzug 
einleiten wollten, wurde von den Regenten nicht ge 
ſtattet; ſie mußten ſich gar oft weite Umwege gefallen 
laſſen, um nicht ſtraffällig zu werden. Die Urſache 

dieſes Zwanges waren gewoͤhnlich die Stapelrechte 
begünſtigter Städte und Märkte, welche vorbey- oder 
durchreiſenden Kaufleuten die Pflicht auferlegten, ihre 

Waaren dorthin zu bringen und einige Zeit hindurch 
den Bürgern feil zu biethen. War diefes geſchehen, fo 
durften ſie wieder fortziehen. Es hat aber auch in vie⸗ 





în ſeim haus esſen oder trindfen wil das fol er vmb des 
lanndesherrn diemen mit (einem ſchilt. 
*) Quarient, a. a. I. S. 543, u. f. 


— 59 sso. 


Ten Gegenden cin Straßenzwang beſtanden, ohne daß 
dieſelben ſich eines Stapelrechtes zu erfreuen hatten, 
wovon wir mehrere Beyſpiele aus Urkunden anzuge⸗ 
ben im Stande ſind. In ſolchen Fällen konnte demſel⸗ 
ben keine denkbare vernünftige Urſache zum Grunde 
Viegen, als die Verhinderung des Schleichhandels oder 

Die Begünſtigung landesfürſtlicher Städte und Märk— 
te, welche an den vorgeſchriebenen Straßen lagen, und 
aus dem Durchzug der Reiſenden mancherley Vor: 
theile zogen; der Regent gewann und verlor dabey 
nichts. 

Zur bequemeren Uiberſicht der großen Laſt, die 
der Straßenzwang den Handelsleuten zu ihrem Scha⸗ 
den aufbürdete, werden wir von dem großen —35 
an Urkunden, von welchen der größte Theil noch nic 
bekannt gemacht worden, nur diejenigen anfilbren 
welche Oeſterreichs berühmtere Städte und Marfte 
von den Herzogen erhalten haben, und die uns den Una 
fug des alfen Straßenzwanges in feiner ganzen häßli⸗ 
chen Geftalt zeigen. Wir fangemvon Wienan. 

| Den älteſten, uns befannten Strafienzivang zum 
Vortbheile der Wiener enthalt das Privilegium, das 
ihnen H. Leopold 1198 verliehen bat. Dent fremden 
Kaufleuten murde befoblen , ihre Waaren dorthin gu 
bringen, fie aber ja nicht weiter nach Ungarn gu vere 
führen *). Diefe Berfiigung wurde vom Kaifer Rus 
dolph 1278 mit dem barten Zuſatz ermenert, daß die 
Kaufleute ibre Waaren nur auf der Landftrafie, und 
nicht zu Waſſer nach Wien zu bringen verpflichtet 
ſeyn follten; nach Ungarn ju bandeln ward ihnen 





#)Lazius, lc. p.74. Nulli civium de Suevia vel de Ratis- 
bona vel de Patavia liceat intrare cum mercibusfuis in 
Hungariam. " 


— 33 —— 


neuerdings unterſagt *). Es dauerte aber nicht lange, 
daß eine leidige Erfahrung die Wiener belehrte, welche 
ſchädliche Folgen ſo ein Uibermaß von Privilegien 
nach ſich zöge, denn ſie mußten ja die Waaren, die 
man ihnen auf der Achſe aus entfernten Ländern zu— 
führte, deſto theurer bezahlen. Der damahlige Landes: 
verweſer H. Albrecht, der Adel und die Bürger von 
Wien bathen den Kaiſer um Milderung eines höchſt 
verderblichen Straßenzwanges, und dieſer ſtimmte 
ihren Wünſchen ben. Den Kaufleuten ward 1281 die 
Freyheit ertheilet, ihre Waaren nicht nur auf der 
Landſtraße, ſondern auch auf dem Waſſer nach Wien 
gu bringen *. Post 
Im vierzehnten Jahrhundert wurde das Syſtem 
des Straßenzwanges durch viele Verordnungen zum 
Vortheile einzelner Städte, aber auch zum Schaden 
der übrigen Landesbewohner und zur Beeinträchti⸗— 
gung des Handels überhaupt erweitert, und den Kauf⸗ 
leuten verſchiedener Gegenden genau die Strafe be 
ſtimmt, auf welcher ſie nach Oeſterreich kommen, und 
aus dieſem Lande wieder in andere Provinzen fortwan⸗ 
dern mußten. Gleiche Befehle ergingen auch für die 
einheimiſchen Kaufleute und für den Handel im Sn: 





+) Lambacher, im Anhang, S. 156. Nulli homini de Suevia, 
vel Ratis bona, vel Patavia, vel de terris aliis quibuſcun- 
que liceat intraro cum mercibus fuis in Hungarian, fed 
| wiaregia in Viennam procedat tantummodo. 

2%) Lambacher, S. 191. Gn der Urfunde Albrechts heißt es : 
“Band uns und unfern.. Rat ouz den purgern ge Wien: 
men Der vorgenant Sag und der Urtifel den Ehouffeuten 
geften(fremben) ge ſchwer deucht, nu bab mir in den por: 
genatiten rat... alfo geleit undgefazi, Das Die vorgenanten 
Choufleut, die in daz Lant ze Defterreid) arbeitent (Handel 
treiben) mitir Choufſchatz diegemeinen firazze ouf Wazzer 

und ouf Lante fuͤr fich gen Wienne ſchulen varen.“ 

J 


> SA ce 


nern Des Landes; um ſchädlichen Privilegien mancher 


Orte nicht zu nahe zu treten, durften alte, bequeme, 


wohl erhaltene Straßen nicht mehr befahren werden, 
oder blieben doch für gewiſſe Reiſende und Waaren 
gänzlich verbothen. Auf Zeitverluſt durch weite Um: 
wege, und auf größere dadurch verurſachte Frachtko— 
ſten wurde keine Rückſicht genommen. — 

Uiber den Straßenzwang nach Wien hat der K. 
Albrecht eine Verordnung erlaſſen, welche H. Albrecht 
Der Lahme 1351 erneuert bat *). Im Jahre 1361 


verboth H. Rudolph allen Kaufleuten, die Straße 


über Zeyring in der Steyrmark zu befahren, weil ſie 
ausſchließlich nur den Bürgern der landesfürſtlichen 
Städte im Lande ob der Enns angewieſen ſey. Die 
Straße vor Laybach vorbey zu fahren war allen Kauf⸗ 
leuten verbothen **). Etwas vor Wien vorbey, und 
nicht in die Stadt hinein zu bringen, ward 1364 


neuerdings unterſagt Xx). — Der H. Albrecht der 
Dritte hatte es einigen ausländiſchen Kaufleuten er— 


laubt, auch auf anderen Straßen, als die ihnen bisher 
vorgeſchrieben waren, durch Oeſterreich zu ziehen, wor⸗ 


* 





*) Rauch, T. II. p.73. Wir wellen ernfifichen pey onfern 
bulben, das aller kaufſchacz von wann er gefurt wirt, Uuf 
dem fand oder auf dem mwaffer Fn vnfer landt gen oſterreich 
die rechten ſtraſſen fuͤr ſich gen wienn gefurt werde, u. ſ. 1 
**) Rauch, 1. c.p.g1. Der Codex, deffen ſich Rauch bediente, 

bat Die Stelle: „das chain gaft weder von Wehem von ‘Br: 
gern oder von andern lannden nad chainer vnſer purg fur= 
baz mer ziech mit feiner chaufmanfoafft vber die zeyrik denn 
nur allain vnſer purger in vnfern ſteten ob der Enns — 

Der Coder von Scitenftetten bat Die richtigere Lefeart: 


1 — 


„Das kain gaſt weder von Behem, von Vngern oder von 


anndern landen, Nod kainer vnnſer purger fuͤrpas mer 
Bio ..Vber die Zeyrigk.“ 
*#*)L.c.p.94. 


neo j5 «se 


‘ diber ibu aber die Wiener mit Klagen uber die Verle— 

gung ibrer Frenbeiten fo lange beſtürmten, big er ib: 
nen 13609 fein Wort gab, ibre Privilegien Funftig beſ⸗ 
fer pu achten und zu ſchützen *). 

Im Fabre 13608 entftand ein Streit zwiſchen den 
Bürgern in Wien und den Bürgern von Pettau. Leg= 
tere gaben vor, die Frenbeit ju beſitzen, Waaren von 
Venedig über den Karſt führen zu dürfen. Dagegen 
ereiferten ſich die Bürger von Wien und von mehreren 
Steyermarkiſchen Städten gar ſehr, und riefen wider 
ſolchen unausſprechlichen Frevel und Beeinträchtigung 
ihrer theuren Privilegien den landesfürſtlichen Schutz 
an. Der H. Albrecht befürchtete von dieſer Straßen— 
freyheit der Pettauer ſchlimme Folgen fur ſeine Ge 
fälle und auch für die Kaufleute der übrigen Städte, 
wollte aber doch keinen übereilten Ausſpruch thun, oh⸗ 
ne ſich von dem Vorgeben der Pettauer überzeugt zu 
haben. Er forderte alſo die Städte im Lande vb der 
Enns auf, Bericht zu erftatten, ob die Burger von 
Pettau mirflidh das Vorrecht befafien, Waaren von 
Venedig liber den Rarft zu führen, und fie an der Drau 
nad Ungarn zu verfenden. Die Bürger von Linz, 
Enns, Stepr, Wels und Frenftadt betheuerten ben 
ibrer Tote daß die Pettauer nie cin ſolches Borredt 
befeffen haben; morauf H. Albrecht durd einen Ur: 
theilsforud) dem Streit cin Ende machte und den 

Kaufleuten die Strafen bezeichnete, auf melden 
ſchwere und leichte Kaufmannsgüter verführt, und 
das Schlachtvieh getrieben werden ſollte *). Später⸗ 
bin, im Jahre 1386, verboth H. Albrecht den Kauf—⸗ 
leuten, die nach Venedig Handel trieben, ſich der 





*) L.c.p.110- Senkenberg, Selecta juris. T. IV. p. 464. 
®*) VBenfage Nro. II 


LI 


CES 50 osa 


Straße über Den Rarft gu bedienen, und befahl, daß 
ſie ſowohl hinein nach Venedig, als auch von dorther 
zurück nach Oeſterreich über den Semering und durch 
Villach reiſen ſollten; nur den fünf Städten im Lande 
ob der Enns *) ward die Straße über Zeyring nach 
dem Inhalt ihrer Privilegien zu befahren erlaubt, 
wenn fie nach Venedig Handel trieben **). Da unge⸗ 
achtet mehrerer Verbothe doch noch immer Einige 
Die Strafe nad Pettau benützten: fo erging 1389 
cin neuer Befebl, alle Raufleute, die auf dieſem Wege 
betreten würden, fammt ibren Waaren anzubalten, 
daruber dem Herzog Bericht gu erftatten, und weitere 
Verhaltungsbefeble abzumarten 9 

Als die Stadt Grätz 1393 ein Stapelrecht für 
alle Kaufmannsgüter, die von dort nad) der Windi: 
ſchen Mark, oder von derfelben na) der Stepermarf 
gebracht wurden, auf fieben Jahre erbielt: fo febte 
H. Albrecht die ausdrückliche Bedingung hinzu, daß 
dieſe neu verliehene Freyheit weder dem Stapelrechte 
der Stadt Wien, noch auch dem Handel mit Venedig 
einen Nachtheil bringen dürfe. Zugleich wurde den 
Bürgern von Grätz aufgetragen darüber zu wachen, 
daß auf den Straßen über den Karſt und über den 
Hartberg gegen Pettau und nad) der Mark kein Hans 
del getrieben mirde. Träfen fie auf dieſen beyden 
Strafen DanaeiSguter an, fo follen fte diefelben zum 


Î 


*) Diefe funf Staͤdte waren: Linz, Enns, Steyr; Mela 
und Freyſtadt. Voͤcklabruck ift ivaprfdbeintio damahls per: 
pfindet gemefen. Gmunden obgleich cine alte Stadt; 
erſcheinet viel fpater alè cine freye fandesfiirfifiche Stadt. 
Damahls mar fie es ſchon, batte aber wahrſcheinlich Dafe 
felbe Loos, mie Vöcklabruck. 

#*) Beylage Nro. IT, 
#**) Beylage Nro. IV. 





non 357 su 


Vortheil des Herzogs und ihrer Stadt hinwegneh⸗ 
men. Kämen aber Ungariſche Kaufleute mit Waaren, 
die ſie nach Wien verfuͤhren wollten, oder mit Frach⸗ 
ten von Wien nad) Ungarn in die Gegend von Grätz: 
fo dürfte man fie nicht zwingen, Diefelben wegen des 
neuen Stapelrechtes in der Stadt abzuiaden *). 
Spatere Patente iber den Strafenzivang zum 
Vortheil Der Stadt Wien enthalten nichts Merfe 
würdiges; wir übergehen ſie daher mit Stillſchwei⸗ 
en #9). 
} Bevor mit in der Geſchichte des Strafienzmanges 
das Land unter der Enns verlaſſen, miiffen wir noch 
von cimem Marftfleden Erwähnung fhun, der wegen 
feines hohen Alters und feiner Borredte unfre Auf 
merffamfeit verdienet. Es ift dieß der Markt Aſpach 
in einer geringen Entfernung vom Kloſter Seitenſtet⸗ 
ten, welchen vor mehr als tauſend Jahren Kaiſer Carl 
der Große nebſt anderen Gütern dem Biſchof Walde⸗ 
rich von Paſſau — hat **). Aſpach war ſchon 


) Beylage Nro. V. 

#*) Guarient, Th. II. S. 320. Dort findet man Patente uͤber 
den Straßenzwang von den Kaiſern Maximilian II., Ru— 
dolph II, Serdinand IIT., Ferdinand III. und Leopold. ange⸗ 
zeiget. 

Hanfiz, Germania Sacra, TI, p.114 et 155: K. Ludwig 
der Fromme fagt in einer Urfunde fuͤr den Biſchof Reginar 
im Jahre 823: Genitornofter beatas memotiaè piillimus 
Imperator Carolus...; quaedam loca adveandem Eccle- 
fiam Sti Stephani, ubi tune Wialdaricus Venerabilis Epi- 
fcopus pracerat, tradidit,,.in terra Hunnorum Zeyfen- 
murum, Trasmam... Afpach. — Bey der Ermeiterung 
des dortigen Rathhauſes im Sabre 1821 fand man Trim: 
mer Roͤmiſcher Denffteine. Die Uiberbleibfel der Inſchrif— 
ten bat mein verebrter Freund, Herr Wolfgang Mitter, 
vormahls Bibliothekar in Scitenftetten, nun Pfarrer in 
Aſpach, geſammelt 





cd 58 beta 


im dreyzehnten Jahrhundert mit einem eingeſchraͤnk⸗ 
ten Stapelrecht und einem Privilegium des Straßen⸗ 
zwanges begabt ): cin ſeltener Vorzug eines. Markt⸗ 
fleckens in ſo früher Zeit. 

Linz, die Hauptſtadt im Lande ob der Enns, hatte 
nie ein Stapelrecht, oder eine ſogenannte Waarennie⸗ 
derlage, was auch die Urſache iſt, daß es dort keinen 
ſtrengen Straßenzwang gegeben hat. Die Bürger von 
Linz und den übrigen Städten Oberöſterreichs unter— 
lagen aber ſelbſt dem Zwange, daß ſie auf keiner an⸗ 
dern Straße als über Zeyring nach Venedig Handel 
treiben durften *). Indeſſen unterlagen Weine, die 
bey Linz auf der Donau hinaufgeführt wurden, wenn 
nicht alle, doch ganz gewiß einige, dem ſonderbarſten 
Straßenzwang. Sim Jahre 1504 gab der Kaiſer Fer 
dinand den Landſtänden Oberöſterreichs und dem 
Magiſtrat von Linz einen Verweis über ihre Sorg⸗ 
loſigkeit, die Landesprivilegien aufrecht zu erhalten, 
und befahl ihnen, die Neuerung nicht [Anger ju geſtat⸗— 
ten, daß der Erzbiſchof von Salzburg und der Propft 
von Berchtesgaden den alten Frenbeiten des ganzen 
Landes und auch der Stadt Linz zuwider, ihre Weine 
auf dem Waſſer vor Der Stadt vorbenfubren. Die 
Weine follen funffig wieder nad alter Gewohnheit 
niedergelegt, und auf der Achſe nad Salzburg und 





*) Meichelbeck , Hiftoria Frifingenf. T.II. p.84, n. 139. 
Daz chorn oder ſaltz, daz man feurt oberhalb Ardader, oder 
niderhalb Erlach, daz man furfeuren welle, daz ſol man 
feuren ze Aſpach, und ſol ez da vail haben. 

**) Jun der Beylage Nro.IIT. geſchieht ſchon 1386 Ermibnung 

von aften Briefen, nad deren Inhalt die funf Stidte ob 

ber Enns uͤber Bepring nad Venedig handeln bdurften. 

Vielleicht gebort der Urtbeilsfprud 5. Albrechts des Drit⸗ 

ten in der Beylage Nro. II. darunter. Sn der Beylage Nro. 
VI. ift diefe Anordnung ausdruͤcklich enthalten. 


avo 39 ee 


Berchtesgaden verfubrt werden *). — Der Urfprung 
Diefer vorgeblich alten Gewohnheit iſt uns unbekannt; 
er verräth aber deſto mehr eine feindſelige Gefintung 
gegen die genannten geiſtlichen Vorfteber, da wir cin 
gleiches. Benehmen gegen andere Cigenthumer der 
eine, die vor Linz vorben auf der Donau ins Aus» 
land verfubrt wurden, in den Urfunden nicht finden. 
Die Stadt Linz bat 1360 vom I. Albrecht, und 


4477 vom K. Friedrich das Recht erbalten, vom 


Wein cine Abgabe zu nebmen**); daf aber die Lande 
ſtände und der Magiftrat von Linz die Befugnif hate 
ten gu fordern: man folle den Wein dort aus den 
Schiffen nebmen, und auf der Achſe nah Bayern und 
Sal;burg verfubren — darüber hat ſich noch feine 
alte Urfunde vorgefunden **). 

Auf der NMordfeite der Donau in Oberöſterreich 
übten die Bürger von Frenftadi, durch landesfürſtli⸗ 
che Privilegien dazu hevollmächtiget, über das ganze 

obere und untere Mühlviertel einen äußerſt druͤcken⸗ 
den Straßenzwang aus, wodurch aller Handel in der 
dortigen Gegend ungemein erſchweret wurde. Die erſte 
Veranlaſſung dazu bat È. Rudolph gegeben, der den 
dortigen Burgern im Sabre 1277 ein Stapelredt 
verliehen bat ****), das durch ſpätere Privilegien der 


*) Das Datum iſt: Geben in Vnſer Statt Wien, ant 20 tag 
Martii, Anno ꝛc. 64. 
Beylage Nro. VII. 
#1) Vergebens ſucht man im ninditgen Archiv diefes Privile- 
gium. Reichard Strein, der in feiner noch ungedrudten 
Landhandveſt des Erzherzogthums Defterreid viele Privi: 
legien gefammeft bat, fannte es ebenfalls nicht. 
#44) Hefterreid unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht. Th. 
IT. S. 262. Hanc gratiam concedimus, ut finguli Merca- 


tores, undecunque venientes, ibidem abano deponere 
merces fuas, 





an 40 =©% 


nachfolgenden Negenten bis zur Ungebühr erweitert 


mard. Der H. Nudolph erneverte ihnen 1359 dDa8 


Stapelrecht in einer Lateinifohen Urfunde *). Da aber 
Diefelbe der fremden Sprache balber zum täglichen 
GSebraud und zur Beweisführung gegen widerſpän⸗ 
ftige Kaufleute nicht wohl gecignet mar, fo bathen ihn 
die Bürger, ihnen die Urkunde über ihr Stapelrecht 
in Deutſcher Sprache auszuſtellen. Rudolph erfüllte 
1363 ihre Bitte, ließ ſeine Lateiniſche Beſtätigung des 
Stapelrechtes in die Mutterſprache überſetzen, und 
fügte noch neue Freyheiten hinzu. Dieſe beſtanden 
darin, daß innerhalb einer Meile im Umkreiſe von 
Freyſtadt niemand Wein, Meth oder Bier qusfdene 
ken dürfe, wenn er dieſe Getränke nicht von einem dor⸗ 
tigen Bürger gekauft hat, und daß alles Salz und alle 
Kaufmannsgüuter, die zwiſchen den Wäldern aus dem 
Lande unter der Enns herauf, oder auch in dasſelbe 
binab geführt werden, nad Frenftadt gebradt und 
Dorf niedergelegt werden follen **), Es mar ein une. 


- — — 





*) Veplage Nro. VITI, 
**) Um Ende der verdeutſchten Urkunbe 5. Rudolphs peift 
es: Darzue baben wir vnfern ehe genandten VBurgern von 
der Grepitatt Die gnadt gethan, von Neuen dingen fuͤr vns, 
vnſer Brueder, Erben vnd Nadfummen, Vnd thuen aud 
wiſſentlich mit dem Brieff durd fundern nug vnd frumen 
derſelben vnſer Statt, Das Niemandt mer er ſey EdI oder 
vnedi, Inner ainer Meyll vmb die Statt khainen mein, 
Meth noch Pir ſchenckhen ſoll, Er hab es dann gekhaufft 
von ainem Burger in Der Statt daſelbs Was man auch 
khaufmanſchafft fuͤr die Stat zwiſchen den walden auf oder 
Nb ſierdt, Es ſey Saltz Groſſes oder khlaines, oder wie die⸗ 
ſelb khaufmanswar genandt iſt, die fol man in ber Statt 
Niderlegen ohne widerredt vnd geuaͤhrde. Wer aber barivi: 
Der thett, der ſoll verfallen ſein der Peen vnd des wandls, 
die darvor geſchriben ſtuendt. Diſer ſachen ſeyndt gezeugen 
die Ehrwirdigen Paul zu freyſingen vnd Fridrich gu Res 


| na dA se. 


glücklicher Gedanke Rudolphs, den Bürgern von 
Freyſtadt auf Koſten des halben Landes ob der Enns 
und aller durchreiſenden Kaufleute ein ſo auffallend 
ſchädliches Privilegium zu ertheilen; und doch ward 
es auf eine unbegreifliche Weiſe dreyhundert Jahre 
hindurch von ſeinen Nachfolgern in der Regierung 
immer neuerdings beſtätiget und mit vieler Streuge 
in Wirkſamkeit erhalten. Wollten die an Kloſter 
Schlägel, an Weißenbach und Leonfelden angränzen⸗ 
den Boͤhmen Salz oder andere Oeſterreichiſche Waa⸗ 
ren einkaufen, ſo durfte man ihnen dieſe Bedürfniſſe 
nicht auf dem nächſten geraden Wege von Linz über 
Ottensheim, Neufelden, oder auch St. Martin, mo 
cine alte Strafe nad — vorbeyging #); * 





genſpurch Sſwef, pifi getreuen Lieben, Steffan von 
Meiſſau .Difer brief it geben e mienn an Sant Peters. 
vnd Pauls tag der zwelf Potten. Nach Lhriſtes Gebuerth 
da dreytzechen hundert Gar, vnd darnach J In dem drey vnd 
sr ſechtzigiſten Far. Vnſers Alters in dem vier vnd Zwaintzigi⸗ 
‘fem, vnd vnfers gwalts in dem fuͤmfften Far. 
PE Wier der vorgenannt Hertzog Ruedolf ſterkhen difen 
Brieff mit der Vnnderſchrifft vnſer ſelbs Hannden.“ — Aus. 
dem Riedecker Codex. Diefe Urkunde iſt auch ſpaͤteren Be⸗ 
faaͤtigungen einverleibt worden. Die Richtung der Straßen 
wwiſchen den Waͤldern zeigt die Beylage Nro. XIT. 

#) In einer Urkunde, welche K. Conrad 1142 dem Kloſter St. 
Slorian verliehen pat, heißt es: A pofenbach ufque in 
uiam que dicitur regia uiaiuxta ecclefiam faneti Nicolai, 
Letztere war die nun abgebrochene Filialkirche von St. Mar⸗ 
tin im oberen Muͤhlviertel. Die Strafe durch den Haſel- 
graben nad Boͤhmen wird in der Urfunde des Biſchofs 
Wolfker von Paffau 1198 ſchon erwaͤhnet, alè derfelbe die 
Herrſchaft Wildberg den Starbembergen gu Leben gegeben 
pat. Hoheneck, Genealogiſch⸗hiſtoriſche Befbreibung der | 
Stinde. Th, II. S. 511, A CafiroWildperch ad orientem 
eft quaedam antiqua via Savinfiraze (Gaumftrafe) —* 
gariter appellata, quae ducit verſus Bohemiam.. 


no 42 mes 


nicht durd den Gafelgraben iiber Helmonsed nd 
Leonfelden zuführen: fondern man mufte fie von Linz 
querfi nad Freyſtadt, und von dort uber ungebeure 
Berge und «auf elenden Strafien durch meilenmeite 
Umwege nach Leonfelden, Haslach oder Rohrbach 
bringen, um nur nicht das Stapelrecht der Frey: 
ſtädter gu verlegen. Eben fo mühevoll und foftfpielig 
wurde durch diefes verderbliche Vorredt der Waaren⸗ 
transport aus denti Lande unter der Enn8 ber Weytra 
und Kloſtẽr Zwettel herauf. Durd den Königswieſer 
Wald ging ſchon frühzeitig eine gut erhaltene Straße 
über Pierbach, Pregarten und Wartberg nad) Maut⸗ 
hauſen, aber ſie nützte den Kaufleuten nur wenig, 
denn kamen ſie in Pregarten an, ſo durften ſie ihre 
Reiſe mit den Waaren nicht bis gum nahen Mauthau: 
ſen, und von dort nach Enns und Steyr fortſetzen, 
ſondern mußten ſich bequemen nach Freyſtadt zu wan⸗ 
dern, und dann den nähmlichen Weg zurück zu ma— 
chen, oder über Linz und Enns nach Steyr gu fom: 
men, um dort Eiſenwaaren zu kaufen und die mitge— 
brachte Ladung abzulegen. Hatten fie endlich ihr Ziel 
erreicht, fo fing die alte Befchwerde mieder von vorne 
an. Sie durften keineswegs den nächſten und bequeme⸗ 
ren Weg von Stepr über Enné nad Mauthaufen, 
Pierbad und Ronigsmiefen sur Zurückkehr nach Un: 
teröſterreich einſchlagen, fondern mufiten guvor wieder 
nach Frenftadt, um den dortigen Bürgern durch den 
Stadtzoll und Aufentbalt in einem Gaftbaufe cinen 
Vortheil zu verfhaffen. Von, einem Verfauf der 
Waaren fonnte feime Rede fenn, meil man fie ju ci- 
genem Bedarf nad) Unteröſterreich führte. 
Man ſucht vergebens nach einem vernünftigen 
Grund, aus welchem dergleichen ſonderbare Vorrechte 
einer Stadt gefloſſen ſeyn moͤchten, denn ſie beſchränk⸗ 


28 43 n 


ten doch ungestveifelt nicht nur den Handel der Raufe 
leute, fondern audi den Vortheil der Einfaufenden 
auf cine unnütze Woeife. Man findet davon keinen 
anderen Grund als nur die dbamablige verfebrte Une 
ficht alles deffen, mas zur Emporbringung des Sane 
dels taugen fonnte. Da ſich in Pregarten ohnehin 
cine Filialmauth von Freyſtadt wegen des Biebtriea 
bes aus den Waldgegenden nad Mauthaufen befand, 
marum forderre man denn von Frachtwagen und 
Saumtbieren nicht gleich auf der Stelle die beftimmte 
Bollabgabe, fondern zwang fie nach Freyſtadt zu 
gehen ? Uber dann batten die dortigen Burger man: 
chen Vortheil, den fie von Neifenden zogen, entbebren 
müſſen: cin hinlänglicher Grund mabrend des Mit— 
telalters, daß LandeSfilrften zum Nutzen der Stadte 
und Marfte, deren Grundberren fie waren, mit frey⸗ 
gebiger Sand Privilegien ausfpendeten, durd welche 
alle ubrige Untertbanen und die Freyheit des Hans 
dels gar febr beeintradtiget wurden, denn je meitere 
Ummege die Waaren nebmen muften, deſto theurer 
famen fte den Käufern zu ſtehen. Häufige Urfundert 
bezeugen es leider, daß ſo ganz verfebrte Mafregeln 
felbft noch im ſiebzehnten Sabrbundert als koſtbare 
und ehrwürdige Uiberbleibſel eines hochgeſchätzten 
weiſen Alterthums immer erneuert und in voller 
Kraft erhalten wurden. Als Belege führen wir einige 
derſelben unſern Leſern vor. 

Im Jahre 1376 verboth H. Albrecht, ein Salz 
aus Oberöſterreich nach Böhmen auf einer anderen 
Straße als durch Freyſtadt zu führen. Nach einigen 
Jahren, 1393, wurde dieſes Verboth erneuert, und 
auch auf alle übrige Kaufmannsgüter erweitert, mel: 
che aus Oeſterreich nach Böhmen, oder von dorther 
nach Oeſterreich verführet wurden. Vorzüglich wurde 


see 4, ==. 


den Rauffeuten die nähere und bequemere Straße von 
Linz durch den Haſelgraben nach Böhmen unterſagt. 

Solche auffallende und willkührliche Beſchränkungen 

des Handels reitzten zum Ungehorſam, und das obige 
Verboth muß oft übertreten worden ſeyn, weil es in 

den Jahren 1395 und 1598 wieder neuerdings tp) 
ſchärft wurde”). 

Segen cimen fo drückenden Straßenzwang po 
ffanden ba dnfige Klagen und langmierige foft{pielige 
* \SProceffe. ‘Vorziiglidh fanden ſich die Bürger der gros 
fieren Marfte im oberen Mühlviertel gefranft, daf ſie 
ihre Straßen nicht benützen durften, ſondern Waaren 
und auch ſogar manche —— nicht von dem 
nahen Böhmen oder auch von Linz, ſondern von der 
weiter entfernten Freyſtadt auf ſehr beſchwerlichen 
Wegen mit großen Koſten abhohlen ſollten. Wir über⸗ 
gehen Streitigkeiten einzelner Märkte mit Freyſtadt, 
Die mit einem Verbothe der Regierung in Ling fi ogleich 
wieder abgethan waren, mit Stillſchweigen, und ver⸗ 
weilen bey den häufigen Proceßacten des Marktes 
Leonfelden mit Freyſtadt, aus welchen der harte 
Druck, der auf den Handel Jahrhunderte hindurch la⸗ 
ſtete, genugſam erhellet. 


Nach langem Zwiſte, in welchem ſich die Bürger * 


von Leonfelden auf ihre uralte Straße nach Böhmen, 
die deutlich genug einen vormahligen Waarenzug an⸗ 
deutete, und auch auf die wirkliche Benützung derſel⸗ 
ben; die cdr aber fich auf ihre Privilegien be 
riefen, ſprach der H. Albrecht 1428 das Urtheil, daß 
alle Handelswaaren und auch das Salz nach dem 
Stapelort Freyſtadt müßten geführet werden se 


uu 





*) Beylage Nro, IX. 
**) Beylage Nro. X. 


neo /15 2 


Die bequeme Strafie von Linz über Hellmonsed war 
für fie alfo wieder nuglo$ vorbanden. Sn den Fabrett 


| 14501480, nd 1405 wurde der Waarentransport 


auf der Leonfeldbner Strafe immer neuerdings verbo: 
then, bis es endlich den Burgern von Leonfelden 1406 
gelang, vom: È. Marimilian eine Linderung des firene 
gen Stapelrechtes der Freyſtädter zu erlangen, Der 
KRaifer entſchied den neu entftandenen Zwiſt liber die 
Frenbeit der Strafien nad Bohmen auf folgende 
Weiſe: Alle eigentliche Kaufmannsgüter: Tuder, 
Häute, Eiſen, Wachs, Honig, u. ſ. w. ſollen mie gue 
vor nach Freyſtadt gebracht werden; die Lebensmittel 
hingegen: Fiſche, Weitzen, Roggen, Hafer, Schmalz, 
Bier und andere Eßwaaren kann man aus Böhmen 
nach Oeſterreich ſowohl über Freyſtadt, als auch über 
Leonfelden einführen *). Kaiſer Ferdinand beſtätigte 
dieſe Entſcheidung ſeines Großvaters im Jahre 1533, 
und verboth den Unterthanen bey Neichenthal, Schen⸗ 
kenfelden, Weißenbach und der ganzen dortigen Ge— 
gend, mit Gütern oder Eßwaaren eine andere Straße 
zu befahren, als die uber Freyſtadt oder Leonfelden. — 
Mit dem freyen Durchzug der Lebensmittel hat der 
Markt Leonfelden auch an der Zollabgabe von denfel: 
ben gewonnen, die zwar ſchon früher beſtanden hat, 
aber ſich nur auf Waaren erſtrecken fonnte, die von 
Freyſtadt ber für den Bedarf der dortigen Gegend ge 
bracht wurden. 

So gering der Vortheil war, den Der Raifer da 
durch den Bürgern von Leonfelden verlieben bat, fo em⸗ 
porte ſich doch dawider der Monopoliengeift der Frey 
ſtädter und es waren mebrere landesfürſtliche Befehle 
und eine große Strenge nöthig, die Widerſpänſtigen 





9— Beylage Nro. XI 


DON 40 iva 


gum Geborfam gegen kaiſerliche Gebothe zu zwingen. 
Wie weit ihr Trog gegangen, und welcher Mittel fie 
ſich bedienet baben, um den vom K. Marimilian be: 
milligten Waarenzug von Lebensmitteln über Leonfel⸗ 
den gu hindern, fagt cine Urfunde K. Ferdinand$ vom 
Sabre 1533 aus. Die Frenftadter, heißt es in derfel: 
ben, zogeninnabmbafter Unzabl zu Roß und zu Fuß 
mit Büchſen und Harniſchen bewaffnet aus, und lager: 
ten fich) auf dem Grund und Boden der Herrſchaft 
Waxenberg, die eben damahls dem Hoffangzler Nico: 
laus Nabenbaupt verpfandet mar. Dorf fielen fie die 
Kauf- und Fubrleute an, obne zu unterſuchen, ob fie 
verbothene oder erlaubte Wuaaren über Leonfelden 
herführten. Sie drobten auch legteren fo fürchterliche 
Dinge und verbothen ibnen fo ernſtlich die Strafe 
über Leonfelden, daß es niemand mehr wagte diefelbe 
qu befabren. Weil ſich denn, fegt die Urfunde binzu, 
Feine8megs gebubrt fo gu bandeln und ju thun: dem: 
nach find die Vielgedachten von der Frenftadt ſchuldig, 
die Gerichtsfoften und den verurſachten Schaden den 
Leonfeldern gu erfeben, mit angebangtem ernſtlichen 
Befehl, daf bende Partheyen ſich in der Zufunft ge- 
nau nach der Entſcheidung K. Marimilians balten 
follen: alles ben ſchwerer Strafe *). 

Da ein ſo wilder Frevel fo gelinde beftraft wurde, 
wuchs den Frepftadtern der Muth, Aehnliches noch 
öfter zu wagen. Um unnöthige Weitläufigkeiten zu 
vermeiden, uͤbergehen wir mehrere dergleichen Zwiſte 
Der Freyſtädter mit ihren Nachbarn mit Stillſchwei⸗ 
gen, und erwähnen nur einige Vorfälle, die ſich auf 





*) Diefe Urkunde beſindet ſich im Archiv des Marftes Leonfel:= 
den. Der Schluß lautet: „Geben in vnſer Statt Wien am 
22 tag des Monaths Aprilis nach Chriſti Geburt 1535.“ 


N 


ihrer Mautbftation in Pregarten, wo fie mebrere 
Zollaufſeher unterhielten, ereignet haben, denn aus 
ihnen geht ein eckelhaftes Bild des damahligen Stra⸗ 
ßenzwanges hervor. 

Ueber Königswieſen ging eine wohl erhaltene 
Straße nach Pregarten und Mauthauſen, auf wel⸗ 
cher vorzüglich viel Schlachtvieh zur Donau herauf 
getrieben wurde. Von einem Pferde und von einem 
Ochſen wurde dort ein Pfennig, von einem kleineren 
Vieh ein Heller bezahlt; die Frachtwagen mußten 
alle ohne Ausnahme von Pregarten nad Freyſtadt 
fabren und dort den Zoll entrichten. Im December 
1550 kamen mebrere, mit Woeigen beladene Wagen 
an, konnten aber des tiefen Schnees halber unmöglich 
nad Freyftadt fommen. Die Subrleute ſchickten den 
feſtgeſetzten Zoll durd) einen cigenen Bothen nad 
Freyſtadt, und fubren auf der mehr gebabnten Strafie 
nach Linz fort. Dadurch fanden fid) die Frenftadter 
an ibrem Stapelrechte fo ſehr gefranfet, daß ſie den 
Wagen nacheilten, und fie fammt der Befpannung è 

für cine gute Prife erflarten. Da aber der Weitzen 
für das faiferlide Rammergut eingefauft und nach 
Gmunden è beftimmt mar, erlief der Vizdom in Linz 
am erften Jänner 1551 den Befehl, Pferde und Was 
gen ſogleich wieder loszugeben, und fie an ibrer Reife 
nicht weiter zu bindern. 

Erlaubte man ſich, felbft gegen kaiſerliche Made 
renguiter das Stapelrecht mit der größten Strenge 
auszuüben, fo läßt ſich daraus leicht ſchließen, wie man 
mit dem Privatgut eines Bürgers werde verfahren 
ſeyn. Rupert Schuh, Bürger zu Gmunden, kaufte 
1558 achtzig Centner Eiſen, die er auf vier Wagen 
lud, und über Enns nach Mauthauſen und Pierbach 
führte. Dort wurde er aber von den Aufſehern der 


48 «o 


Freyſtädter an ſeiner weiteren Neife Uber Königswie⸗ 
ſen nach Unteröſterreich verhindert und angehalten. 
Vergeblich entſchuldigte er ſich mit ſeiner Unwiſſenheit 
der Freyſtädter⸗Privilegien, und er mußte ſich noch 
glücklich ſchätzen, daß er nicht den ganzen Transport, 
fondern nach dem Urtheil des. Kaiſers nur die Hälfte 
desfelben verlor; deffen ungeachtet mufite er. nodh 
über dieß dreyßig Pfund Pfennige zur Strafe bezah— 
Ten. — Der Burger Wolfgang Grünbäck von Weitra 
wollte given mit Schmalz beladene Wagen über Kde 
nigswieſen nach Linz führen. Weil er nicht nad Frey⸗ 
ſtabt gekommen war, wurde er in Pregarten angehal⸗ 
ten, und erſt nach einer langen Unterſuchung ſprach ihn 
die Regierung von der Confiseation ſeiner Fracht los, 
weil es erwieſen ward, daß er von dem Straßenzwang 
nad Freyſtadt nie cime Kunde erhalten babe. — Wolfe 
gang Millauer, Bürger zu Weitra, kaufte 1572 gu 
Steyr verarbeitetes und robes Eifen, fubr uber Enns 
und Mautbaufen nad) Zell, wurde dort von den Auf: 


ſehern der Freyſtädter angebalten und fammt feinem 


Gifen verbaffet. Es dauerte ziemlid lange, bis die fais 
ſerliche Eutſcheidung anlangte, daß er — „aus Gna: 
den, unangeſehen ſeiner Unwiſſenheit Entſchuldi⸗ 
gung“ — nur die Hälfte ſeiner Fracht verlieren foll.— 
Georg Hochſtraßer, Bürger von Wien, führte 1575 
fünfzehnhundert Ungariſche Schaffelle über Konigs: 
wieſen, Zell und Pregarten nach Linz. Bey Pregarten 
ergriff man ihn, und hielt ihn ſammt ſeinen Fellen in 
Verhaftung. Weil er aber gar nie von dem Straßen⸗ 
zwang nach Freyſtadt gehört hatte, begnadigte ihn der 
Kaiſer, und verwandelte die Confiscation der Pferde 
und des Wagens in eine Geldſtrafe von vier Pfund 
Pfennige. — Da ſich der nähmliche Fall mit Fuhr⸗ 
leuten von Wien febroftercignete, fo darf man annebe 


ne 49 nua 


men. dafi fich die Strafe aus Unteröſterreich über 
Konigswiefen nad) Linz in cinem befferen Zuftande 
| befunden babe al8 die andere von Wien liber Sf. 
Polten nad Enns. 

Eine fo bequeme Strafe lud die Rauflente ein, 
ſich derfelben zu ihrem Woaarentransport zu bedienen. 
Ge mehr aber derſelbe zunahm, deſto heftiger wider—⸗ 
ſetzten ſich die Bürger von Freyſtadt und wollten es 
durchaus nicht geſtatten, daß Kaufmannsgüter auf 
der Straße über Königswieſen nad Pregarten ge: 
führt wurden, wenn man ſie gleich von dort dem Sta— 
pelrechte gemäß nach Freyſtadt brachte. Es entſpann 
ſich zwiſchen den Bürgern von Freyſtadt und Pregar⸗ 
ten cin Proceß, der mebrere Sabre hindurch mit gro— 
fier Erbitterung geführt wurde. Ein Urtheilsſpruch 
endigte ibn *). 

Zwiſchen Frenftadt und Pregarten mar die Nube 
durch die Landesregierung bergeftellet; aber zwiſchen 
dieſer Stapelſtadt und dem Marfte Leonfelden ent: 
ftanden immer fort noch neue Zivifte. Sim Fabre 1548 
machten die Frenftadter die Entdedung, daf die Bür⸗ 





*) Er fautete woͤrtlich: „Beede Thail haben dasjenig, fo 
ibnen pieuor durch Ergangen abſchiedt vnd khay. Declara= 
tion zu ermeifen Auferlegt worden, genuegfamb bewißen, 
derbalben bleibt erſtlichen denen von frevitatt die befreite 
Niederlag nd die bandtierung an der Straf der beſchlag— 
nen wahrn oder khauffmanßhandlung Alain, vnd dann 
fuͤrs ander denen von Pregarten der gebrauchten Straß 
durch den Khuͤnigswißerwalt mit Victualien vnd andern 
fuern, ſouil wilkhierlich dahin khombt, billichen. Es ſein 
auch die von der Freyſtatt die Victualia, die bey Inen 
durchgefüert werden, vnaufgehalten paſſiren zu laſſen ſchul⸗ 
Dig. Die Expens vnd Vncoſſten fein gegen einander com= 

penſiert und ‘aufgebebt. Actum Lynnz, den 23 November 
Anno 89. 

4 


suo 50 so! 


ger von Leonfelden in die ihnen nächſte Böhmiſche Gee 
gend Gifen verfauften. Nach cinem zweyjährigen Pros 
ceß entſchied der Kaiſer, daß die Burger von: Leonfele 
den nur uber Freyſtadt, alfo durd einen ungeheuren 
Umweg, Gifen nad) Böhmen verfubren dürfen. Dod 
nach wenigen Jahren erſchollen neuerdings Klagen der 
Freyſtädter über manche Verletzung ihres Stapelred= 
tes und über Benützung verbothener Straßen. Wir 
machen von ihnen keine Erwähnung. Um alle Strei⸗ 
tigkeiten gänzlich zu beſeitigen, erließ K. Maximilian 
1571 einen Befehl, der den Kaufleuten genau die 
Straßen vorzeichnete, auf welchen ſie durch die beyden 
Mühlviertel ihre Waaren verführen follten *). Der 
Statthalter Erzherzog Ernſt ſah das Nachtheilige 
dieſes Straßenzwanges ein, und erlaubte 1876 zur 
Beförderung des Salzhandels mit Böhmen, daß ſich 
die Kaufleute der Straßen uber Leonfelden und Has: 
lach bedienen durften **); aber È. Rudolph bat dieſe 
Freyheit der Straßen ſchon im folgenden Jahre wie— 
der eingeſchränkt XX5). Ben dieſer letzten Verordnung 
blieb man ſtehen, und K. Leopold der Erſte erneuerte 
ſie 1000 mit dem Beyſatz, daß die Herrſchaften im 
Mühlviertel darüber wachen ſollten, daß ja keine neue 
Seitenſtraße angelegt, und auch keine ſchon beſtehen— 
de mit Kaufmannsgütern oder Lebensmitteln befah— 
ren werde, wenn ſie unter der Zahl der verbothenen 
ſteht ***). Erſt dem achtzehnten Jahrhundert war 





*) Beylage Nro. XII. 
e*) Beylage Nro. XIII. 
e*%) Benlage Nro. XIV. 
na1*) Als der — die Freyheit der dortigen Straße 
wenigſtens fuͤr die Verfuͤhrung der Lebensmittel erhalten 
hatte, eiferte dieſer Vortheil die Buͤrger des nahe gelegenen 
Marktes Schenkenfelden an, ſich ein gleiches Vorrecht zu 


mes 51 --- 


dei Ruhm vorbehalten, den Handel im Innern und 
nad Aufien von fo unmilrdigen Feſſeln des Mittelale 
ter8 zu befreyen. Der verderbliche Strafenzmang 
ward aufgeboben, und an die Stelle des leidigen Vers 
bothes, keine neue Strafie anzulegen, trat der Befebl, 
fie zur Belebung und Forderung des Handels und zur 
Bequemlichkeit und auch gum Vortheile der Untertha: 
men möglichſt zu vermebren. Wahrſcheinlich wird es 
miemanden geben, der den alten Straßenzwang, eine 
Mifgeburt des Mittelalter8, der neueren Handels—⸗ 
frenbeit vorziehen möchte, und mare er auch der innigſte 
Verehrer der lieben alten Zeiten. 

In der Geſchichte Oeſterreichs erſcheinet im Ber: 
gleich anderer Viertel diefes Landes bas Mublviertel 
im dunkelſten Hintergrunde als cine beynahe unbe— 
kannte Gegend. Die Urſache davon iſt, daß von die: 
ſem Theile Oberöſterreichs bisher noch äußerſt wenige 
Urkunden und hiſtoriſche Notizen ſind bekannt gemacht 
worden. Dieſem Mangel abzuhelfen und eine beträcht⸗ 





erwerben. Sie baueten eine Straße, und errichteten ſogar 
eine Zollſtaͤtte. Dadurch fand ſich der Pfandinhaber der 
Herrſchaft Waxenberg, Nicolaus Rabenhaupt von Sue⸗ 
«her, Hofkanzler, an (einem Vorrechte gekraͤnkt, denn Leon: 

felden gehoͤrte zu ſeiner Herrtſchaft Waxenberg. Auf ſeine 
Klage entſchied die Regierung in Wien am 20. November 
1531, Daf dieſe neue Straße von keinem Kaufmann befah⸗ 
ven werden duͤrfe; Fuhrleute und Saumer folle man an: 
balten. Die Burger von Schenkenfelden finnen zwar 
ibre Hausbedirfaiffe auf diefer Strafe heimfuͤhren, alles 
Uibrige muͤſſen fie aber auf den zwey erfaubten Straßen 
uͤber Frepftadt oder Leonfelden herzu oder nad Boͤhmen 
bringen. Die woblverdiente Strafe wurde ihnen jedoch 
vachgeſehen — „in Bedenkung ihres grofen Verderbens, 
ſo ihnen juͤngſtlich und vor durch Brunſt und in ander Weg 
zugeſtanden.“ — Der Raifer beftàtigte diefen Sprud der 
Regierung. 

h * 


neo 52 seo 


liche Lücke im unferer vaterländiſchen Geſchichte mig: 
lichſt auszufüllen, iſt der ſehnlichſte Wunſch des Vers 
faſſers des gegenwärtigen Buches. Daher kam es 
auch, daß die Geſchichte des Straßenzwanges von 
Freyſtadt weitläufiger abgehandelt, und durch mehrere 
—9 — noch unbekannte Urkunden beglaubiget wurde. 

Wir wenden uns nun zur Stadt Steyr. Da auch 
diefe Stadt das Privilegium eines Stapelrechtes oder 
| einer, fogenannten Niederlage, wenn gleid) einge— 
ſchränkter als Frenfradt, befafi, fo gab es auch dort 
fur die Umgebungen cinen Strafienzivang. Dir fon: 
nen uns darüber kürzer faffen, da mir Preuenhuber's 
Steyriſche Jahrbücher im Drucke befiben. Nod Un: 
bekanntes läßt ſich nicht vieles hinzuſetzen, da leider 
alle alten Urkunden dieſer cinft ſehr wichtigen Stadt 
zu Grunde gegangen find. 

Das erfte, uns bekannte Stapelredt auf Gol * 
Eiſen hat die Stadt Steyr 1287 vom H. Albrecht 
erbalten *). Ein jeder, melder Diefe W>aaren zum | 
Verkauf in die Stadt bracdte, mufite dort drey Tage 
vermeifen und'abmarten, ob fie ibm cin Bürger um 
einen billigen Preis abfaufen würde; erſt am vierten 
Tag durfte er damit weiter reifen, ohne auf einen Er- 
fab der Koften, die ibm cin dbrentagiger Aufenthalt 
verurſachte, Anſpruch machen zu Fonnen. — Zu die 
fem Vorrechte gefellfen ſich nach damahliger Sitte 
immerfort neue Freyheiten der Bürger von Steyr, 





*) Preuenhuber, S. 36. Quicunque ferrum vel ligna duxe- 

bit ad civitatem vendenda, per tridunm ‘ibi remaneat, 

ligna fua et ferrum, quod attulit, civibns memoratis foro 

‘et aeflimatione commani, conditione priùs pofita, vendi- 

turus. Quodfi cives iidem infra  dictùm tempus merces . 

ipfiusemere non curarint, liceat venditori cum rebus 
fuis, impedimento remoto, quo voluerit declinare, 


so 53 «sc. 


welche einer weitläufigen Umgebung ‘su großem Nach⸗ 
theil gereichten und die Freyheit des Handels außer⸗ 
ordentlich hemmten Kann man gleich die Zeit, in wel⸗ 
cher ſolche Privilegien ertheilt wurden, aus Mangel 
der Urkunden nicht immer angeben, ſo erhellet doch ihr 
früheres Daſeyn unläugbar aus ſpäteren Streitigkei⸗ 
teri; Die ſich darüber erhoben haben. 
WVorzüglich freygebig mit dergleichen Vorrechte 
bat ſich H. Rudolph det Vierte gegen die Steyrer bee 
wieſen. Nachdem er ihnen 1350 den Holzvorkauf in 
den nahe gelegenen Wäldern eingeräumet, erließ er an 
ſeinen dortigen Burggrafen und die übrigen berzogli: 
chen Beamten 1300 den Befehl, daß ſie darüber wa⸗ 
chen ſollten, daß das Eiſen auf keiner andern Straße 
als über Steyr verführet werde ). Die Aufſicht, daß 
Venetianiſche Waaren nicht auf verbothenen Straßen 
über den Pyrn, über Raſtatt oder durch andere Orte, 
ſondern nur ganz allein über Zeyring eingeführt wer⸗ 
den, hat H. Albrecht 1370 den Bürgern von Steyr 
anvertrauet und'fie bevollmächtiget, alle Uibertreter 
dieſes Straßengebothes ſammt ihren Waaren zu ver⸗ 
ope o mp pro st È doi gen 
Um den Eiſenhandel der Steyrer möglichſt empor⸗ 
qubringen, wurden zum Nachtheil aller Nebenbuhler, 
die doch ebenfalls Oeſterreichiſche Unterthanen waren, 
die ſonderbarſten Befehle erlaſſen. In Waidhofen an 
der Ips gab es ſchon frühzeitig Eiſenarbeiter verſchie— 
dener Art. Um ihrem Handel Einhalt zu thun, erließ 
H. Albrecht 1571 die Verordnung, daß die Bürger 
von Waidhofen aus Eiſenarzt nur ſo viel Eiſen aus: 
führen ſollen, als der Bedarf ihrer Stadt fordere. 





*) L.c. p.56. 
**) L. c. p.57. 


— 


dui 54 0 


Zugleich wurden ibnen alle Verfendungen ibret Fas 
bricate an andere Orte, Steyr und Enns ausgenom⸗ 
men, firenge unterfagt; würden fie diefes Geboth uber 
treten, fo ſollte ihnen zu Eifenarzt gar fein Eiſen mehr 
geliefert werden, und überdieß noch cine andere Strafe 
folgen. Zugleich bat Albrecht die Cinfubr des Böhmi⸗ 
ſchen und Bayeriſchen Eiſens in Oeſterreich gänzlich 
verbothen*). Sogar der Handel nach Venedig wurde 
der Stadt Waidbofen mir mit gemiffen Einſchränkun⸗ 
gen erlaubt, anfiatt daß man ihn möglichſt befordert 
batte **).. , prole Î 
Zu dieſen verFebrten Unftalten, welche allem Han⸗ 
del großen Abbruch thaten, geſellte ſich noch ein arger 
Straßenzwang für die Ausfuhr des rohen Eiſens. 
Daſſelbe mußte vom Bergwerk nach Reiffling ge— 
bracht, von dort auf dem Fluß Enns nach dem ſoge⸗ 
nannten Kaſten, und dann erſt nach Steyr und Enns 
verfubrefmerden ***); andere Straßen, wie z. B. die 
Strafie uber die Heide nad Waidhofen, waren det 
Eiſenfuhren eben fo, mie den mit Venetianiſchen Waa⸗ 
ren beladenen Wagen gänzlich unterfagt; es mar ib- 
nen die Strafe nad Stenr angemiefen 99), Die . 
fem Strafenzmang und aucd dem Stapelredte der 
Stenrer unterlagen die Bürger von Weyer eben fo 
wie Andere, obgleich ſie näher am Erzgebirge lagen 





*) Lic. p.61. Der Tert ift hier dunkel: „Ingleichen ſollen 
die von Waithoven nicht mehr Kauffmannſch afft gen Vene: 
dig fuͤhren, alè mas ſie zu ihrer Stadt bedurffen.// — An⸗ 
ftatt, gen, muß geleſen werden: von Venedig. Dieſes er= 
bellet aus fpateren Urfunden. Albrechts Verordnung ift 
vom K. 13572. 

**#*)L.c. p.61. VomF.1373. 
*4**) L. c. p.63.Bom J. 1379. 


— — 55 22 


und häufige Eiſenarbeiten lieferten. Einen Streit 
zwiſchen ihnen und den Steyrern legte H. Albrecht 
1384 durch folgenden Ausſpruch bey: Wenn die 
Bürger von Weyer Eiſenwaaren gu Waſſer oder gu 
Lande gegen Steyr heraus bringen, fo find ſie vere 
pflichtet, diefelben dren Tage bindurd in der Stadt 
 feilzubiethen, und fie um den Schätzungswerth, vel: 
chen zwey ebrbare Rathsbürger beftimmen werden, 
einem Bürger von Steyr zu verfaufen. Erft am vier⸗ 
ten Tage ſteht es ihnen frey, ihre Waaren an ihnen 
beliebige Orte weiter zu führen *). 

Von dieſem harten Zwange wurde der Handel 
mit Eiſen und Venetianiſchen Waaren auch im fünf— 
zehnten Jahrhundert nicht befreyet, ſondern durch 
neue Verordnungen immer noch mehr beſchränket. 
Zur Begünſtigung der Steyrer wurde 1410 den 
Kirchdorfern der Vorkauf und die Verführung Vene⸗ 
tianiſcher Waaren über Zeyring und überhaupt auf 
allen Straßen, fo wie auch des Eiſens über die Burch— 
au und über den Pyrn bey Confiscationsſtrafe verbo⸗ 
then **). Aehnliche Befehle erließ K. Friedrich 1443. 
Er verboth den Waidhofern, mehr Eiſen und Venetia: 
niſche Waaren nach Hauſe zu bringen, als ihr eigener 
Bedarf fordert; Handel damit zu treiben, ward ihnen 
und den Bewohnern des Dorfes Hollenſtein never: 
dings unterſagt, und zugleich der alte Straßenzwang 
wieder eingeſchärft ***). — Eine zweyte Verordnung 
K. Friedrichs vom Jahre 1449 ſetzte den Zoll feſt, 
Der für Das aus der Steyermark abgehende Eiſen be⸗ 





*) Lc. p. 66. 
#*)L.c. p. 78. 
+) L.c. p.95. Diefe Verordnung wurde 1460 vom H. Al⸗ 
brecht ernerert. Ibid. p. 113. 


222 56 ur 


zahlt werden mußte; zugleich ward befohlen, daß das 
Eiſen von Vordernberg ohne Ausnahme nach Leoben, 
jenes von Innernberg aber nach Oeſterreich verhandelt 
werden müſſe. In Vordernberg wurden vom Kaiſer 
nur vier Eiſenhämmer, und jedem derſelben nur Eine 
Feuerſtätte erlaubt; in Innernberg verboth er die 
Eiſenhämmer zu vermebren*). Me 
Sn allen diefen Urfunden geſchieht zwar von dem 
wilden Monopolium der Steprer keine Erwähnung, 
welches fie gefeglich in Snnernberg ausübten, und doch 
var es ſchon lange vorbanden. Die dortigen Sammera 
und Radmeiſter durften ibr rohes und geſchlagenes 
Gifen niemanden als nur den Bürgern von Steyr 
verfaufen; legtere Famen nad Smnernberg, erbobett 
Die vorbandenen Vorrathe, und leifteten auf der Stelle 
Die Zablung dafur. Diefe8 Vorrechtes bedienten ſich 
Die Steyrer, fo lange fieim Stande waren, das Eiſen 
in Innernberg zu gablen und zu verfubren. Als aber 
mwabrend der letzten Jahre der unglücklichen Regierung 
K. Friedrichs ganz Oeſterreich von Ungarn, Boͤhmen, 
Freybeutern und auch vom eigenen inländiſchen Adel 
durch Raub, Mord und Brand ſchrecklich verheeret 
wurde, ſank der vorige Wohlſtand der Stadt Steyr, 
Die daben vorzüglich gelitten hat **), fo tief, daß die 
verarmten Bürger nicht mehr ſo viel an Vermögen 
beſaßen, das vorräthige Eiſen in Innernberg auszu: 
zahlen und zu verführen. Dadurch geriethen die dorti: 
gen Hammermeiſter in eine große Verlegenheit; ſie 
durften ihr Eiſen nur allein den Steyrern verkau—⸗ 
fen, und dieſe hohlten die aufgehäuften Vorräthe nicht 
ab. Um-diefem Nothſtande zu entgehen, wendeten ſich 





*) L.c.p.97, î 
**) Defterreid unter È. Friedrich IV. Th. IL S. 73, u. fi 


die Hammermeiſter an den Raifer und bathen um 
Hülfe. Diefer that gu Gra folgenden Ausfprud : 
Den Steyrern bleibt ihr altes Einkaufsrecht des 
Gifens in Innernberg unverletzt, fo lange ſie im 
Stande find, alles dort vorrathige Eiſen zu bezablen 
und fortzubringen. Werden fie aber durd) ibre Ver 
mögenszuſtände daran verbindert, fo baben die Rads 
und Sammermeifter die volle Frenbheit, ibr Eifen mem 
immer zu verfaufen, In dieſem Falle bort aller Zwang 
auf, das Eiſen in der Stadt Steyr niederzulegen; 
esfannungehindert vorbengefubrt werden. Uibrigens 
foll'diefe Einſchränkung des alten Kaufs⸗ und Stra: 
fenzivanges der ‘ Steprer mit dem gegenmartigen 
Kriege wieder aufhören, und mit dem Frieden tritf 
ihr Privilegium neuerdings in feine  vorige Kraft; 
nur müſſen dann die Steyrer nad) alter Sitte wieder 
monathlich das vorrathige Eiſen abboblen und auf der 
Stelle bezablen *) Da der Krieg mit den Ungarn 
und mit den viclen adeligen Frepbeutern im Lande 
mabrend der legten Regierungsjabre È. Friedrichs 
fein Ende nahm: fo gemann dadurd) die Freyheit 
des Eifenbandels immer an Ausdehnung und Kraft, 
und das alte ſchädliche Monvpolium der Stenrer 
mabete ſich ſammt dem damit verbundenen Straßen⸗ 
zwang feimem wohlverdienten Ende. 

Aud der Stadt Waidbofen gelang es nad) einem 
hundertjährigen Streite, ſich eine grofere Freyheit 
ihres Handels zu erringen. Bis gum Sabre 1501 
muffe fie den Stahl und das Eiſen, wenn der Vorrath 
deffelben den Bedarf der Bürger uberftieg, auf der 
beftimmten Strafe nach Steyr und Enns liefern ; 
zugleich durfte ſie aud) nicht mehr Venetianiſche Waa⸗ 





*) Preuenhuber, S. 134 


CTS 58 PRA, i 


ten einführen, al8 die eigenen Bürger gu ihrem tig? 
lichen Gebrauch nöthig hatten: der Handel mit Stahl, 
Eiſen, und ausländiſchen Waaren außerhalb des 
Stadtgebiethes mar den Waidhofern ſtrenge verbo⸗⸗ 
then. Was ſie ſeit langer Zeit ſehnlichſt gewünſcht, 
haben ſie endlich, wiewohl nicht vollſtändig, doch we⸗ 
nigſtens zum Theil erhalten. Eine kaiſerliche Commiſ⸗ 
ſion in Linz ſicherte ihnen die Befugniß zu, innerhalb 
eines Bezirkes von drey Meilen gegen Amſtetten und 
Blindenmarkt den Bewohnern deſſelben Eiſen, Stahl 
und Venetianiſche Waaren zu ihrem eigenen Bedarf 
verkaufen zu dürfen; unter letzteren werden ausdrück⸗ 
lich ſüße Weine, Specerenen, Debl, Scife, Feigen, 
Mandeln, Weinbeeren und Fafttagsfpeifen, das ift, 
Seefiſche genannt *). Der Unfang mar einmahl ge: 
macht, und es fonnte nicht feblen, daß ein Glied nach 
Dem andern von den Feffeln ſich unmerklich auflöſete 
oder auch mit Gewalt zerfprengt murde, unter melden 
der Handel viel gu lange geſchmachtet hat. Es danerte 
indeffen Dod) mod) ein Paar Fabrbunderte, bis die 
alten Stapelredhte ciniger Stadte und der damit vers 
bundene Straßenzwang in Oeſterreich gänzlich vers 
ſchwanden, und einem freperen, lebendigern Handel 
Plag machten. 

Da der Straßenzwang gewöhnlich die Folge 
eines Stapelrechtes gemefen ift, das ciner Stadt 
entmeder ‘auf : alle Kaufmannsgüter oder nur auf 
cinzelne beftimmte Sandelsartifel verliehen wurde: 
fo ift e8 an der Ordnung, von: dieſem vorzüglichen 
Hinderniß des freyen Verkehrs zwiſchen In— und 
Ausländern Erwähnung zu thun. 





*) Lic. p. 170, 176 und 177. 


as. 509 ae 


Dritter AbfOnitf 


e elrechte und Verboth eines laͤngeren Aufenthaltes fuͤr freui⸗ 
e Kaufleute Dieſe duͤrfen auch nur mit den Buͤrgern in 
den Staͤdten Handel treiben. 


Das Stapelrecht mar die Befugniß, die durch— 
oder vorbeyziehenden Kaufleute zu nöthigen, ihre 
Waaren auf cine beſtimmte Zeit abzulegen, und ſie 
den Bürgern zum Verkaufe anzubiethen *). Sehr 
frühzeitig wurde dieſes Recht nicht nur gegen die 
Kaufleute, die durch einen Stapelort zogen, ange— 
wendet, fondern auch auf ſolche ausgedehnet, die in 
einer beträchtlichen Entfernung von einigen Meilen 
vor demſelben mit Waaren vorbeyreiſeten. Beyſpiele 
davon haben wir bereits in dem Abſchnitt über den 
Straßenzwang bey Wien, Freyſtadt und Steyr zur 
Genüge vernommen. 

Was K. Ludivig das Kind in ſeinem Zolltarif file 
die Salzſchiffe, die von oben herab famen, verordnet 
bat, fiebt einem Stapelrechte febr ähnlich; fie durfe 
ten, wenn fie den Paſſauerwald vorbengefabren wa—⸗ 
ren, nicht früher Salz verkaufen, als bis ſie Ebelsberg 
erreicht hatten *5). Gn der Urkunde H. Ottokars fur 
die Regensburger erſcheinet 1190 ſchon ein offenbares, 
wenn gleich nicht uneingeſchränktes Stapelrecht der 





*) Pfeffinger, I.c. L. III. Tit. II c. 46. p. 71. Stapula eſt fo- 
rum feu locus publicus in urbe defignatus, quo, Impera- 
toris ſeu Ducis privilegio, merces exonerandae et venum 
exponendae funt, antequam alio devehantur. — Dieſes 
Vorredt wurde aud jus emporii, frepe Niederlage, 
Soiff = oder Anlandungszwang genannt. 

®*) Oefele, lc. T.I p.718: Naves falinariae, ut fylvam Pa- 
tavienfem tranfierunt, nusquam vendant; donec Epe- 
ragspurch veniant. 


Na 


eo 60 es. 


Stadt Enns, welches derfelben fiir die Dauer des 
Sabrmarftes verlieben war. Siffe, die am Vor— 
abend des Feſtes Maria Verkündigung ankamen, 
konnten ihre Reiſe nach Belieben fortfetzen; war der 
Morgen dieſes Feſttages angebrochen, fo durfte kein 
ankommendes Schiff weiter fortfahren, ſondern muß⸗ 
fe das Ende des Jahrmarktes abwarten *). Die 
Verordnung im Stadtrechte, welches H. Leopold 
1108 den Wienern gegeben bat, daß kein ausländi⸗ 
ſcher Kaufmann mit ſeinen Waaren von Wien hin⸗ 
weg nad) Ungarn fortwandern dürfe **), deutet eben⸗ 
falls ſchon auf ein Stapelrecht hin, und die beynahe 
wörtliche Erneuerung derſelben K. Rudolphs vom 
Jahre 1278 läßt uns hierüber keinen Zweifel mehr 
übrig ***. Gn Steyr mußten Gol = und Eiſen⸗ 
bandler drey Tage hindurch ihre Waaren den Bür⸗ 
gern zum Verkauf anbiethen, und durften erſt al8= 
dann mit denfelben weiter ziehen Xx). 


3 





*) Scheid, l. c. Forma renovationis hec eſt, ut in Annuncia- 
tione beate Marie virginis queque navis Anafum ve- 
niens , ibi maneat usque ad terminationem fori, et nihil 
ab ea exigatur, hoc excepto, quod si in prima vespera 
venerit, transeat, si vero mane, non procedat. i 

€*) Lazius, l. c. p.74. Nulli civium de Suevia, vel de Ratis- 
bona, vel'de Patavia liceat intrare cum mercibuò fuis in 
Hungariam. 

#0) fambacder, im Anhang, S. 156. Nulli homini de Suevia, 
vel Ratisbona, vel Patavia, vel de terris aliis quibùfcun- 
que liceat intrare cum mercibus fuis in Hungariam, fed 
via regia in Viennam procedat tantummodo, et deponat- 
ibi per fingula merces ſuas; quicanque contrarium fe- 
cerit, folvat civitati duo talenta auri. 

4443) Preuenhuber, S. 36. Fn der Beſtaͤttigung der alten privi⸗ 
legien der Stadt Steyr ſagt H. Albrecht im Jahre 1287: 
Quicunque ferrum vel ligna duxerit ad civitatem ven- 
denda, per triduum ibi romaneat, ligna fua et ferrum, 


- 


TOS 61 ma 


Anftatt dergleidjen ‘alte Stapelprivilegion zur 
Erleichterung des Handels einzuſchränken oder gang 
aufzuheben, ernenerten fie unfre Herjoge in Deftere 
reid) immer nenerdings, und ertheilten noch nene bin: 
gu. Im Sabre 1340 befabl H. Albrecht ganz nad 
Dem Beyſpiele feiner Vorfabren, daf man es keinem 
fremden Kaufimann geftatten foll, feine Waaren von 
Wien nad) Ungarn zu verführen, fondern er foll dies 
felben in der genannten Stadt niederlegen und fie 
dort verfaufen *) ; Ungariſche und Italieniſche Weine 
durften innerbalb des Burgfriedens gar nicht einge: 
führet werden **). Eben fo murde die Stadt Enns 
1558 mit cinem neuen Privilegium begnabdiget, wel⸗ 
ches alle Niederlagen von Waaren zwiſchen Sindle 
burg und Ebelsberg unterfagte ***). 





quod attulit, civibns memoratis foro et aeftimatione 
communi; conditione prius pofita, venditurus. Quod fi 
cives iidem infra dictum tempus merces ipfius emere 
non curarint, liceat venditori cum rebus fuis, impedi- 
|| mento remoto; quo voluerit declinare, 
*) Rauch, T. II. p.52. Ouch fol dbainem manne, von Swa⸗ 
‘ben, oder von Negenfpurd, oder von Pazzow, oder von 
fivelbem andern Lande, vrlaub fein gen Vngern je uaren, 
mit feinem choufſchatz, Sunder er fol varen den redten 
weg, gen Wienne, vnd hab da niderleg.“ — Gn dem Bolle 
privilegium, das È. Friedrich den Wienern 1320 verliehen 
bat, werden noch mebrere auslaͤndiſche Kaufleute angege: 
ben: „Alle Smoben «alle Negenfpiirger . Alle Aber . alle 
Megier. Alle Maftrireri: Lc. p. 20, 

#*) Lic. p..58. Verfaufte jemand ſolchen verbothenen Wein, 
ſo befabl das Geſetz: „Daz man in nider ſlach (ausrinnen 

laffe) auf die erde, oder in daz fpital gebe. 

#4*) Wir Aloredt . . enbeuten vnfern lieben getreton, allen 
Hawbtlewten, Purgrafen und Pfegern, den der brief ge= 
zaigt wirt, vnnfer gnad vnd alles gut . Wir gepieten euch 
vnd wellen gar ernſtleich, daz Ir zwiſchen Sundlwurg vnd 
Eblſperg khainer Niderlag mir khainer Khaufmanſchaft me: 


CESSS 62 “© 


Um der verarmien Stadt Geimburg wieder aufe 
subelfen, verlieben ihr die Herzoge Albrecht und Leo- 
polòd auf fünf Fabre ein Stapelrecht, und befreyeten 
die dortigen Burger, welche Handel trieben, auf drey 
Sabre von aller Mauth*). Die Stadt Wels erbielt > 
1372 cin neues Stapelredt fur allen Holzhandel 
auf der Traun und den andern naben Flüſſen auf: 
und abwärts **); auf der Enns und Steyr und in 
den dortigen Gegenden übten die Bürger von Steyr 
daffelbe Necht aus, und waren im alleinigen Befige 
des Holzhandels. Die Bürger des Marktes Aſpach 
hatten ein Stapelrecht auf alles Eiſen, das in ihre 





der auf waſſer noch auf Lanndt geſtattet, denn in vnſer 
Statt ze Enns, dahin ſolch durch an vnſer Mamt khomen 
fol, als es von Alltter herbracht iſt Geben ze Wienn an 
Greptag vor fandi Ugnefen tag (am 19. Jaͤnner) anno 
domini M. CCC.L. actauo.// — Aug dem Ennfer Ar= 
civ. — Hier bedeutet das Wort Niederlage fein Stapel= 
redt im eigentliden Sinne des Wortes, denn ein ſolches 
war zwiſchen Sindlburg und Ebelsberg ohnehin nicht vor= 
banden; man muf Ddarunter ein Waarenlager oder ein 
Waarenmagazin verfteben, welches Kauffeute în derfelben 
Gegend zum Abbruch des Handels der Ennfer nicht anfe: 
gen durften. 

*) Senkenberg, Selecta juris, T. IV. p. 239. Vir Albrecht 
und Leuppolt..becennen... da; wir genedeklich angeſe⸗ 
hen haben manigualtig gepreften vnd befmerung, die un: 
fern purgern und der fiat je Haimburg anligent, davon fi 
groͤslich abchomen und bechrankt find, undbabenin... die 
gnad getam. daz Die egenante purger in der vorgenan: 
ten unfer ftat je baimburg Niderfegung allerley  fauf= 
manſchaft, mie die genant ift, haben fullen fiinf gan— 
cze Far... alfo mannen und von melfen fanden die da: 
bin chumpt, es fei auf waſſer oder auf fande, daz man 
Di daſelbs niderlegen und vercouffen fol an — 
clich widerrede. 

**) Beylage Nro: XV. 


cu 63 —- 


Naäͤhe Fam, feit undenflifen Zeiten *). Die Städte 

Stein und Krems erbielten zur Belobnung der Treue, 
die fie dem Raifer Friedrid) ermiefen haben, während 
er in der Burg zu Wien belagert murde, 1463 das 
Stapelrecht, deffen ſich zuvor die Bürger von Wien 
gu erfreuen hatten **). 

Freyſtadt war einſtens als Gränzfeſtung und als 
Handelsſtadt berühmt. Die dortigen Bürger übten 
das Stapelrecht, das ihnen 1277 K. Nudolph verlie⸗ 
hen und die ſpäteren Landesfürſten fort und fort er⸗ 
neuert haben, mit großer Strenge aus, wie mir die— 
ſes bereits vernommen haben. Ganze, und noch dazu 
ſehr beſchwerliche Tagereiſen mußte man nutzlos, ja 
zu großem Schaden nur dazu verwenden, um dem 
Stapelrechte dieſer Stadt Genüge zu leiſten. Man 
werfe nur einen Blick auf eine Specialcharte des 
oberen und unteren Mühlviertels, und man kann ſich 
leicht von dem ſchweren Druck der Handelsleute 
überzeugen, die man nöthigte, von den weit entfern⸗ 
ten Gränzen Oberöſterreichs mit ihren Waaren nach 
Freyſtadt zu kommen. Dieſem unleidlichen Zwange 
waren auch die Böhmen unterworfen, die nad) Ober⸗ 
öſterreich handelten; ſie mußten ſich bequemen, in 
Freyſtadt ihre Waeren abzulegen und ſie den Bür⸗ 
gern zum Kaufe anzubiethen. Durch die Vortheile, 
welche die Burger von Freyſtadt aus ihrem Stapel⸗ 
rechte von den Böhmen zogen, aufmerkſam gemacht, 
ertheilte der Kaiſer Carl ſeiner Stadt Budweis im 
Sabre 1351 das nähmliche Vorrecht und verordnete, 
Daf alle Sandelsleute, die von Freyſtadt nad Böh⸗ 





*) Meichelbeck, 1. e. T. IT. p.84. Swaz vfené man furt durch 
i di perge, Daz bat Niderlege daz ge Aſpach. 
**) Rauch, T. III. p. 371, i 


ses 6A nu 


— men kämen, gehalten ſeyn follten mad) Budweis ju 
fabren, und dort drey Tage bindurd ibre Waaren 
feil zu biethen So erſchwerte cin Land dem an: 
dern durch unbefonnene Privilegien den gegenfeitigen 
Handel, und: eben dadurd) auch das Emporfommen. 
des Kunſtfleißes und der Landescultur. i dis 
Der Marft Mauthaufen batte cin Stapelrecht 
ganz cigener Art. Waaren, die zu Waſſer dorthin ge 
bracht wurden, fonnten auf den Siffen frey und 
ungebindert an jedermann verfauft werden; fie aber 
an'8 Land gu bringen und dort zu verbandeln, war 
verbothen, denn dieß ware cin Eingriff in die Hans 
delsvorrechte der Bürger des Marftes gemefen. Um 
die naben Umgebungen zu sivingen, ibre Bedurfniffe 
den Bürgern von Mauthaufen abzufaufen, bat ſchon 
5. Albredht der Lahme verbothen, ‘im Marfte Au 
Waaren aus den Soiffen an's Land gu bringen oder 
Magazine für diefelben zu errichten ; fein Sohn, H. 
Albrecht der Dritte, dehnte diefes Berboth aud auf 
das nahe Dorf Albern aus. Ga was noch mebr ift: 
Sagar den hoch begiinftigten Bürgern von Freyſtadt 
war aller Handel nad Mauthaufen zu Lande unter 
fagt; wollten fie dort Waaren verFaufen, fo mußten 
fie diefelben auf Schiffe bringen, und ohne fie aus: 
quladen, dem alten Vorrechte der Maufhaufer gemafi 
quf dem Waſſer verbandeln **). 





*) Pelzel, Kaiſer Earl der Vierte. Th. J. S. 331. 

#*) Beplage Nro. XV. A. Die Originale der Marfturfunden 
von Mautbaufen find bepnabe alfe verforen gegangen. Zu 
gutem Gluͤcke haben ſich Abſchriften davon in einem ſoge— 
nannten Markibuche erhalten, das im Anfange des adt: 
zehnten Jahrhunderts iſt geſchrieben worden. Aus dieſem 
werden die hierher gehoͤrigen Privilegien und Notizen auf⸗ 
gefuͤhrt. — 


e 65 nau 


Mancherley nenere Privilegien über die Stapele 
| — übergehen wir mit Stillſchweigen/ denn ſie ent⸗ 
halten nichts Merkwürdiges *). In einem derſelben 
vom Jahre 1568, in welchem vom Handel mit Häu⸗ 
ten und Fellen die Rede ift, wird Ce: Linz eine Nie⸗ 
derlagftadt genannt **). 
Dasß È. Heinrich der Vogler zur Ausbildung der 
Stadteverfaffung einen neuen Grund geleget, und 
eben dadurch aud den Gemerbfleif und Handel der 
Deutſchen befordert bat, ift eine Thatſache, die feines 
Bemeifes bedarf. Die Stapelredte der Städte wa— 
ren eine Folge davon. Man hat fie als ein Meiſterſtück 
der altdeutſchen Staatsflugheit ſehr hoch angeprieſen. 
Für die Zeiten des Beginnens der bürgerlichen Frey— 
heit und ihrer höchſt erſprießlichen Folgen, zu denen 
auch der Handel gehört, waren Stapelrechte eine vor⸗ 
treffliche Einrichtung, fingen aber in ſpäteren Zeiten 
bey ganz veränderten Verhältniſſen an, einen ſchädli⸗ 
chen Monopoliengeiſt zu ernähren, der Freyheit und 
Regſamkeit des Gandel Abbrud gu thun, und der 
grofieren Anzahl des Volkes cine drückende Laft ju 
werden, Viel zu lange bat der Stapelzwang auf unfe- 
ren Vorfabren gelaftet; freuen ivir uns, daf uns. 
dieſes alte Handelsjoch nicht mehr nöthiget, unfre 
Bedürfniſſe an beſtimmten Plätzen kaufen zu müſ— 
ſen stone 1 

Um Auslander moglichft einzuſchränken und ib: 
nen die Vortheile des Handels zu entreifien, erfann 
man das fonderbare Mittel, ibmen mur einen kurzen 





*) Guarient, Th. II. S. 57, u. f. 
*) A. a. O E. 80. 
e) Fiſcher, Geſchichte des Handels. Th. I. 6.4 413,4. f. Und 
Th. I. S. 314, 4. f. 
5 


ao 06 o 


Uufentbalt in Oeſterreich während eines Sabres gu 
geftatten. Dadurd molte man fie zwingen, ibre wich⸗ 
tigſten Geſchäfte den Bürgern in Stapelſtädten an⸗ 
zuvertrauen, und legterem deſto gewiſſer ein ſehr 
ſchädliches Monopolium einräumen. Dieſe elende 
Erfindung war keineswegs neu, denn in Conſtantino⸗ 
pel hat man, um die dortigen Bürger geſchwinde zu 
bereichern, ſchon viel früher den Ruſſen verbothen, in 
dieſer Stadt zu überwintern. Durch dieſe ſchlechte 
Handelsfpeculation ward aber der ſehr einträgliche 
Zwiſchenhandel in Conſtantinopel zu Grunde gerich—⸗ 
tet, und die klügeren Venetianer eilten, den Ruſſen 
am Duieper die Waaren entgegen zu bringen, die 
erftere quvor in Conftantinopel aufgefauft haben *). 
Un ähnlichen Privilegion feblte es den Stapelftadten 
in Oeſterreich nicht ; daf fie feinen fo großen Schaden 
wie in Conſtantinopel anrichten fonnten; batte unfer - 
Vaterland der flugen Umficht der Bürger zu verdan⸗ 
fen, die ſich dergleichen Begünſtigungen verbatbett, 
meil fie als Handelsleute es beſſer verſtanden, daß 
unwürdige Feſſeln, die man auswärtigen Kaufleuten 
anlegen wollte, auch dem eigenen Handel unausbleib⸗ 
liche Nachtheile zuziehen wurden. 

Die älteſte Urkunde, die ein Verboth eines fort: 
dauernden Aufentbalte8 in Defterreid für auslandi: 
ſche Kaufleute enthalt, ift Das Stadtrecht von Wien, 
welches H. Leopold 1198 erlaſſen hat. Zwey Mona: 
the im Jahre vergönnte Leopold fremden Kaufleuten 
in Wien gu bleiben, und dort ihre Waaren den Bur 
gern zu verkaufen, mit Andern war ihnen aller Han⸗ 
del gänzlich verbothen. Zugleich ward ihnen unter⸗ 
ſagt, Gold oder Silber in Wien zu kaufen; pren 





9 Hůülmann, Geld. des Byzʒantiſchen Handels, S. 121. 


fie aber edle Metalle, fo durfidi fie diefelben miemante 
den al8 nur der herzoglichen Rammer verfaufen*). 
War nur cinmabl cin Privilegium vorbanden, fo 
ward es auch beynahe immer von den nadfolgenden 
Landesfurften al8 eine ehrwürdige Gabe des Vorfahrs 
angefehen, und ohne meitere Unterfudung der guten 
oder ſchlimmen Folgen gnädigſt erneuert, oft auch 
mit neuen Zuſätzen vermehret. H. Friedrich der 
Streitbare glaubte den Bürgern vom Heimburg eine 


koͤſtliche Gabe zu ſpenden, da er fremden Kaufleuten 


verboth, ſich mit ihren Waaren eine längere Zeit hin— 
durch in derſelben Stadt gu vermeilen**). Der vor: 


ſichtige und fluge Kaiſer Rudolph ging bey Neuerun— 


gen in Oeſterreich febr bedächtlich zu Werke, und ließ 
die alten Privilegien dieſer neuen Unterthanen ſeines 
Hauſes, um ſie nicht zum Widerſtande aufzureitzen, 
gänzlich unangetaſtet, und beſtätigte ſie. Wahrſchein⸗ 
lich war er von den Vorurtheilen ſeiner Zeit in Nude 
ficht des Handels eben fo mie die übrigen Fürſten be: 
fangen, denn auch er verboth 1278 fremden Kaufleu⸗ 
ten langer als zwey PMonathe in Wien zu vermeilen, 
und ermenerte wörtlich die alten Verordnungen H. 
Leopolds vom Fabre 1108, welche Auslandern ein 
unerträgliches Joch aufburdeten ***). Dod ſchon 
nach drey Jahren faben es die Defterreicher cin, daß 
unter einem ſolchen Drud der Handel mit dem Uuss 
lande nicht gedeiben fonnte. Der Landesvermefer und 





*) Lazius, l. c.p. 75. Nemo etiam extraneorum mercator 
moreturin civitate cum mercibus fuis ultra duos men- 
*. fes,nec vendat merces quas adduxit extraneo, fed tantum 
civi, et non emat aurum et argentum . Si habeat aurum 
vel argentum, non vendat nifi ad cameram noftram. 
#*) Senkenberg, Vifiones, p. 280. 
#**) fambader, S. 156. 
5 * 


ne. 08 ce 


nachmahlige Herzog Albrecht, der Adel des Landes 
und die Bürger Wiens bathen Rudolphen, ein ſo 
ſchädliches Privilegium aufzuheben, und dieſer gab 
ihren Vorſtellungen cin geneigtes Gehör. Alrecht 
machte eine neue Handelsordnung für Wien bekannt. 
Das Stapelrecht wurde aufrecht erhalten, aber den 
fremden Kaufleuten erlaubt, nach ihrem Belieben oh⸗ 
ne Zeitbeſtimmung ihre Wohnung in Wien aufe 
ſchlagen, und nicht mit den dortigen Bürgern allein, 
fomdern mit Alen ohne Unterſchied, mit Sn- und 
Austandern, bandeln zu dürfen. Zugleid ward ihnen 
verſtattet, ihre Waaren entmeder auf der Landfirafie 
oder aufdem Waſſer — legteres war bisher auf eine 
unbegreifliche Weife verbothen — nad) Wien zu brin⸗ 
gen 9 

Aus dieſem erhellet, daß ſich dem Raifet, feinem 
Sohne Albrecht, dem Udel Defterreih8 und den 
Bürgern von Wien cine traurige Erfabrung des 
bisherigen ſchlechten Zuſtandes, und mit dieſer eine 
hellere Anſicht über die unentbehrlichſten Bedürfniſſe 
eines blühenden Handels aufgedrungen und ſie genö⸗ 
thiget haben, einen Schritt vorwärts zu thun. Damit 
glaubten ſie aber ſchon am Ziele zu ſeyn und ihrer 
Pflicht vollkommen Genüge gethan zu haben. Sie 
ſind zu bedauern, die Kurzſichtigen, deren Blick nicht 
weiter reichte als bloß nur auf das Nächſte und Auf: 
fallendfie; das wahre, innerfte Weſen Des Handels, 
fein eigentliches Leben: die möglichſte Freyheit, durch 





)e.p. 189 et leq. Der Epoufman ſchol do fein mit ſeinem 
Choufſchatz als lang er will, und ſchol ſeinen coufſchatz, 
den er her ze Wienen bringet, ze coufen geben an trug, und 
an boße liſte allen Leuten, purgern, und Geſten ſi ſein inner 
Lants oder auzzer Lants prive von Vngern, oder von 
Swane fi ſein. 


cen (0) 


keine unnützen oder gar ſchädlichen Monopolien— 
Vorrechte beengt, blieb ihren Augen verborgen, ihren 
beſchränkten Einſichten unerreichbar. Nicht einmahl 
ſo weit konnten ſie ſich aufſchwingen, daß ſie das, 
was ſie für die Stadt Wien als ſchädlich erkannten, 
auch für das ganze Land Oeſterreich abgeſchafft batten. 
Ein neues Privilegium für Wien, wodurch ein Theil 
eines älteren abgeſchafft wurde, mar alles mas erfolg⸗ 
tei die übrigen Städte durften mie zuvor mit ihren 
Slabelrechren den ſchändlichſten Unfug treiben. 
Indeſſen war es doch gut, daß wenigſtens in 
Wien ein Beyſpiel einer größeren Handelsfreyheit 
aufgeſtellt wurde, denn dort ſtand es fremden Raufe 
leuten frey fo lange zu verweilen, als es ihre Gee 
ſchäfte forderten, und dort durften ſie ihre Waaren 
Allen ohne Unterſchied verkaufen, mochten ſie Bir 
ger von Wien ſeyn oder nicht; ſogar Fremden war 
es geſtattet, mit anderen Fremden Handel zu trei⸗ 
ben: cime höchſt ſeltene Freyheit im Mittelalter, ge⸗ 
gen welche ſich eine jede Stapelſtadt in Oeſterreich 
möglichſt gu verwahren ſuchte, um den Bürgern den 
Alleinhandel zu ſichern. Deſto mehr muß es auf: 
fallen, daß der alte Mißbrauch zu Ende des fünf— 
zehnten Jahrhunderts neuerdings einen hohen Ver— 
theidiger gefunden hat. Kaiſer Friedrich, deſſen Dene 
kungsart und Benehmen für ſein Zeitalter nicht 
mehr paßten, und der fo manche Befehle gab, die ci 
nen Geiſt früherer Jahrhunderte athmeten und mehr 
ſchadeten als nützten, kam im Jahre 1471 nach 
Steyr. Dort beſtürmten ihn die durch ununterbro— 
chene Kriege verarmten Bürger mit Klagen und ba- 
then um Hülfe. Es ſey mit ihnen, ſagten ſie, ſchon 
ſo weit gekommen, daß mehrere Häuſer in der Stadt 
von ihren Bewohnern verlaſſen worden und nun 


ese 70) --- 


öde ſtünden. Der wahre Grund des allgemeinten Vers 
falles fen darin gu ſuchen: Ein jeder Bürger, wenn 
er auch fein Hauseigenthümer ift, treibe Handel und 
ſchenke Wein aus; der Frevel gehe ſchon fo meit, daß 
man obne Seu die alten Stapelrechte verlege: 
fremdbe Kaufleute handeln mit Fremden mider das 
uralte Serfommen zum Untergange der Burger: 
cinem fo grofien Unbeil fonne und molle die Macht 

und väterliche Gute des gelicbten Landesfiirften 
mwebren*). Das Mittelalter mufite bedrangten Gea 
meinden nicht leicht auf eine andere, und dazu aud 
auf cine wohlfeilere Weife aufzubelfen, als durd Pri 
vilegien, wobey eg nur den Vortheil einer einzelnen 
Stadt oder eines Marftfledens im Auge batte, obne 
das offentliche Wohl des ganzen Landes ju beachten. 
Vom Raifer Friedrid) lief ſich obnebin nichts Beffes 
res erwarten, als eben nur die Aufredthaltung ver: 
rofteter Uiberbleibfel eines roben, untviffenden Alter⸗ 
thums; daber fam es auch, daß er zum Trofte der 
Biirger von Stenr folgenden Befehl erließ: Rein 
Bürger diefer Stadt, der nicht ein eigenes Haus 
befibt, darf Handel — oder Wein ausſchenken. 
Allen Fremden iſt die Treibung eines Gewerbes, ſo 
wie auch aller Handel mit Fremden unterſagt; nur 
zur Zeit eines Jahrmarktes iſt volle Freyheit des 
Handels vorhanden. Eben ſo iſt es fremden Kaufleu⸗ 
ten verbothen, in Steyr ein Waarenlager, und dabey 
einen Handelsdiener zu halten; ein Monath iſt die 
längſte Friſt, während welcher ſie in Steyr verbleiben 
dürfen; nach Verlauf dieſer feſtgeſetzten Zeit müſſen 
ihre Maaren verfauft 5 und ſie ſelbſt die Stadt 
wieder verlaſſen. 





*) Preuenhuber, S. 127. 


è Zi soa 


Die vermöglicheren Bürger und überhaupt alle 
— Hauseigenthümer in Steyr prieſen die Weisheit und 
überſchwänkliche Gute ihres Erretters, der ſie von der 
Theilnahme der drmeren Mitbürger und auch der 
Fremden an ihrem Alleinhandel wieder gnädigſt be: 
frente: Dagegen erſcholl die laute Klage der unbe 
hauſſten Bürger, daß ihnen cin Machtſpruch nicht nur 
den Handel, ſondern ſogar auch die Befugniß, ein 
Gewerb zu treiben, entriſſen habe; ohne Erwerb 
und bey gänzlicher Nahrungsloſigkeit ſey es ihnen 
unmöglich, ſich und den Ihrigen das tägliche Brod 
zu verſchaffen. Sie wendeten ſich an den Urheber 
ihres hoffnungsloſen, höchſt traurigen Zuſtandes, und 
bathen ihn um die Zurücknahme ſeines unſeligen Pri⸗ 
vilegiums, welches Tauſende ins Verderben ſtürzen, 
und nur Wenige bereichern würde. Die Wahrheit der 
Klage lag fo offenbar vor Augen, daß ſich Friedrich 
nicht füglich weigern konnte einen Mißgriff zu ver: 
beſſern, deſſen er ſich ſchuldig gemacht hatte. Am 21. 
Junius 1472 milderte er ſeine drückende Verordnung 
wieder und ſetzte feſt, daß cin jeder Bürger und In⸗ 
wohner, der ſich ausweiſen kann, auf liegenden Gu: 
tern vier und zwanzig Pfund Pfennige angeleget zu 
haben, ungehindert Handel und Gewerbe treiben kön⸗ 
ne, nur müſſe er auch die Laſten der Stadt getreulich 
mittragen helfen. In Rückſicht der fremden Kaufleute 
blieb es beym vorigen Befehl: ſie durften nicht mit 
Fremden, ſondern nur mit den Bürgern von Steyr 
Handel treiben; jedoch wurde der Termin ihres dorti— 
gen Aufenthaltes auf zwey Monathe verlängert, 
nach deren Verlauf ſie fortziehen mußten, ohne in ihrer 
Abweſenheit cin Waarenlager halten zu dürfen. 

Ob man auch in anderen Städten Oeſterreichs 
die fremden Kaufleute ſo ſchnöde behandelt und ſie 


se 79) se 


genöthiget habe, nach cinem Aufenthalt von wenigen 
Wochen wieder fortwandern zu müſſen, ſagen die 
bisher bekannt gewordenen Urkunden nicht aus. Sehr 
wahrſcheinlich iſt es jedoch, daß ſich die Bürger der 
Stapelſtädte dem herrſchenden Monopoliengeiſte ge— 
maäß eifrigſt werden beſtrebt haben, ein fo köſtliches 
Privilegium zu erringen. Bothen ſie, wie wir geſehen 
haben, alles Mögliche auf, den Straßenzwang auf—⸗ 
recht zu erhalten, ſo läßt ſich auch ein vollgültiger 
Schluß darauf machen, daß ſie ſich werden bemühet 
haben, alle Fremden nur geſchwinde wieder aus ihrer 
Stadt zu entfernen, um ausſchließend allein Meiſter 
alles Handels zu bleiben. Dieſer Wunſch wurde deſto 
leichter und gewiſſer erfüllet, da es, Wien allein ſeit 
Dem Jahre 1281 ausgenommen, cin allgemein ange⸗ 
nommener Grundſatz im damahligen Handelsſyſtem 
geweſen iſt, daß Fremde mit Fremden, die Zeit der 
Jahrmärkte ausgenommen, gar nicht, ſondern nur mit 
den Bürgern der Stadt oder des befreyten Marktes 
Handel treiben durften, wohin ſie ihre Waaren zum 
Verkauf brachten. Dieſes Handelsgeſetz war in Dee 
ſterreich ſo, wie allenthalben in ganz Deutſchland ver⸗ 
breitet, und bedarf keiner weitläufigen hiſtoriſchen 
Ausführung, da die Urkunden aller Handelsſtädte 
übereinſtimmend davon Meldung machen. Um jedoch 
in gegenwärtiger Abhandlung uͤber den Handel in 
Oeſterreich keine Lücke übrig zu laſſen, wollen wir 
auch darüber einige Belege liefern. PÒ 
Die given alteften Handelsprivilegien, welche H. 
Ottokar 1100, und H. Leopold 1192 den Regensbur— 
gern verlieben baben, madben von dem Zwange noch 
keine Ermabnung, daß dieſe ausländiſchen Raufleute 
niemanden als nur den Bürgern von Enns oder von 
anderen Städten Oeſterreichs ihre Waaren ſollten 


nes 23 eo 


verkaufen dürfen; vielmebr wird ihnen cine vollkom⸗ 
mene Handelsfreyheit zugeſichert*). Das Stadtrecht, 
welches H. Leopold 1108 den Wienern ertheilet hat, 
enthält aber ſchon die ausdrückliche Vorſchrift, daß 
fremde Kaufleute ihre Waaren nur allein den Bür— 
gern von Wien verkaufen dürfen **). Die folgenden 
Regenten erneuerten dieſes Privilegium, und ſelbſt 
der È. Rudolph wähnte, durch die Beſtätigung deſ⸗ 
ſelben den Wienern cine große Wohlthat zu erwei⸗ 
ſen **, bis man ibn eines Beſſeren belehrte und mit 
ſeiner Einwilligung den fremden Kaufleuten die Frey⸗ 
heit einräumte, mit Allen ohne Unterſchied Handel zu 
treiben ****) Dod nad wenigen Jahren bat man 
ibmen diefe Bewmilligung mieder abgeſprochen, denn 
1312 erließ O. Friedridh den Befehl, daf es kein 
frembder Raufmann, der in Oeſterreich nicht bausfafe 
fig iſt, wagen folle, mit einem andern Frembden zu 
bandeln; zugleich erbielten die inländiſchen Kaufleute 
die Weifung, in Wien feinen Kauf mit Ausländern 





*) Sttofar fagt: Quioquid emere vel vendere cum auro 
vel argento voluerint, poteftatem habeant, Und wenn eg 
in der Urfunde H. Leopolds heißt: Si aliquis eorum (Ra- 
tisponenfium) uni de civibus mercimoniaqualiacunque 
vendiderit, (o erbellet klar daraus, daß fie nicht verpflich⸗ 

tet waren, mit den Buͤrgern allein gu handeln⸗ 

®*) Lazins, 1, c. Nec vendat merces; quas adduxit, extraneo, 
fed tantum civi. 

‘04*) fambader , S. 156. Nemo extraneorum mercatorum., 

« vendat merces fuas, quas adduxit, extraneo, fed tantum 
tivi, ita fi civis ealdem emere voluerit pro foro compe- 
tenti etc. * 

#44) Lambacher, S. 192. Der Choufman... fool do ſein mit 
feinem Choufſchatz als (ang er mill, und ſchol (ibn) se chou⸗ 
fen geben an trug, undan bofe lifte allen Leuten, purgern, 
und Geften, fi ſein inner Lants oder auzzer Lants gefezzen 
von Vngern, oder von Swane fi fein. 


>>> 7) ——- 


gu ſchließen, denn dieſes Vorrecht war nur den Mies 
nern verliehen. Handelten inländiſche Kaufleute zur 
Wien mit einander, ſo durften ſie von allen vorhan⸗ 
denen Waaren nicht weniger als einen Vierteleentner 
kaufen, damit der Kleinhandel der Wiener nicht be— 
einträchtiget würde. Die Herzoge Albrecht der Zweyte 
und Dritte erneuerten 1348 und 1375 dieſe Verord⸗ 
nung H, und die nachfolgenden Regenten traten⸗ in 
ihre Fußſtapfen. 

Demfelben Zwange unterlagen auswärtige Ran. 
leute qud in den Stadten des Landes ob der Enna; 
fie durften nur mit den dort anfdffigen Bürgern, und 
ja mit keinem Fremden Handel treiben, damit das 
Monopolium der Stadte unverletzt erbalten miirde: 
Das Haufieren auf dem Lande mar ihnen gangli 
verbothen, und in Marftfledfen und Dörfern mar 
ihnen der Handel nur mabrend eines. Jahrmarktes 
erlaubt *). Spaterhin erſchien 1426 vom H. Al⸗ 
brecht eine Verordnung, die den fremden Kaufleuten 
auch — eines Jahrmarktes den Waarenaus⸗ 





*) Rauch, T. II. p.121 —126. He Friedrich “ feſt: 
„Wir wellen vnd gebieten veſtichleichen, daz dhain Gaſt, 
oder vroͤmder Chaufman, der in dem lande ze Oſterreich 
nicht hauſe hat, oder daſelbe nicht geſezzen iſt, dhain recht 
oder gewalt habe in der Stat ze Wienne chauffens, oder 
verchaufens, ain gaſt wider den andern gaſt, ez ſei in ſeiner 
herberge oder auzzerhalb der herberge Wir ſetzen auch vnd 
gebieten, daz die Purger vnd Chaufleute die ſint geſezzen in 
den ſteten in Oſterreich ainer von dem andern ze Wienne 
chauffen muͤge Chaufſchaͤtze uͤber ein virtail eines Centen, 
vnd nicht darunder, ez ſei parchant, Scheter, Pfeffer, oder 
ander dinch die man verchauffet mit der wag, mit der gal,” 

oder mit der mazze. Bnd fulfen die felben chaufleute dhai⸗ 
nen chauff haben oder treiben in der Stat ze Wienne mit 
Geſten die auzzerhalbe vnſer Lande n nt geſezgen 
9 Beylage Nro, XVI. 


222 75 PRA 


ſchnitt unterſagte, denn nicht nad) Ellen, ſondern 
nur in ganzen Stücken durften ſie dieſelben vers 
kaufen *). ssd i 
‘Man follte. glauben, dieſe und nod) viele andere 
Einſchränkungen und Bedrudungen würden austin 
diſche Raufleute abgebalten haben, ibr Glück in De: 
fterreid) zu verſuchen; und doch waren die Blicke auch 
ſehr weit entfernter Handelsleute immer nach dieſem 
Lande gerichtet: cin Beweis, daß es dort viel zu ge⸗ 
winnen gab. Der wahre Kaufmann iſt ſehr erfinde⸗ 
riſch, um ſich die Wege zu ſeinem Ziel zu bahnen und 
alle, ſelbſt auch die ſchwerſten Hinderniſſe zu beſeiti— 
gen oder glücklich zu überwinden. Zeigt ſich ibm ir 
gendwo ein reichlicher Gewinn, ſo ſcheuet er keine 
Gefahr, keine Mühe, und opfert freudig einen Theil 
deſſelben auf, um ſeine Wünſche erfüllet zu ſehen. 
Sehr willkommen kam den ausländiſchen Kaufleuten 
die damahls ganz gewöhnliche Geldnoth der Fürſten 
und die Habſucht ihrer Räthe ſchon auf halbem Wege 
entgegen; um Geld konnte man ſich kaiſerliche, könig— 
liche und herzogliche Privilegien aller Art verſchaffen. 
Dieſes allgemein bekannte Geheimniß verſtanden die 
Kaufleute in allen Theilen der Welt, alſo auch in 
Oeſterreich vortrefflich zu benützen. Schon H. Leopold 
ſprach 1192 dankbar und liebevoll von erſprießlichen 
Dienſten, die ihm die Regensburger zu verſchiedenen 
Mahlen erwieſen haben **). Eine gleiche oder ähn— 
liche Sprache führten ſeine Nachfolger in Urkunden, 





Beylage Nro. XVII. 

**) Glorie principis interest propenfius obfequentes am- 
pliori affectione diligere, et eorum utilitatibus curam 
adhibere efficacem. Sic enim rite dignitatis fue privilegio 
fungitur, dum bene meritos itaremunerat, et ad bene 
merendum alios invitat. eto. 


* 76 | o 


die ſie ansa artigen Kaufleuten verliehen haben; 
und geſchieht im manchen derſelben auch keine Er: 
wähnung von ſolchen geleiſteten Dienſten, ſo darf 
man ſie dennoch billig vorausſetzen, denn ohne Nutzen 
pflegte man Ausländern nicht zu ſchmeicheln, ſie nicht 
vor eigenen Unterthanen zu begünſtigen. Alte Stadt⸗ 
rechnungen geben ſogar die Summen an, um welche 
man ſich Privilegien erkauft hat. Wir führen einige 
Beyſpiele davon att. 

H. Friedrich der Schöne begnadigte die Negens⸗ 
burger 1309 mit einer Urkunde, die ihnen in ſeinen 
Ländern Schirm vor unrechter Gewalt und Genug= 
thuung gegen Schuldner vor ſeinen Gerichten ju 
ſicherte *). Nach wenigen Jahren erhob ſich ein bluti⸗ 
ger Kampf zweyer Gegenkönige um die Deutſche 
Krone, während deſſen der Handel der Regensburger 
in Oeſterreich ſehr gefährdet wurde. Um größerem 
Unheile vorzubauen, wurden 1317 Abgeſandte nach 
Wien geſchickt, die mit fo vieler Gewandtheit unter⸗ 
handelten, daß ſie für ihre Stadt im folgenden Jahre 
eine Beſtätigung der vorigen Urkunde mit neuen 
vortheilhaften Zuſätzen erhielten. Die Koſten dieſer 
Abſendung und die Geſchenke am Hof zu Wien be— 
liefen ſich auf die anſehnliche Summe son zwölf— 
bundert Pfund **). Nadh È. Friedrichs Tode im 
Sabre 1330 ward cine Veftatigung der Privifegien 
von den neuen Negenten Oeſterreichs nothig. Sie 
fam auf fieben und ſechzig Mark Silbers zu ſtehen, 
obgleich fi H. Ulbredt febr grofmitbig bewies; 
defto gelbgieriger maren feine und feines Bruders 
Otto Rathe, unter welchen ſich des — Sa 


deli 


n Genteiner, Ehronif, TI. LL S. 471. 
1*)U. 1. O. S. 501 UNd 502. 





ne VAL “=® , 


bewahrer vorzüglich auszeichnete *). Auch H. Rudolph 
ließ ſich 1364 ſeine den Regensburgern verliehene 
Gnade bezablen *) Ob auch ſpätere, den Regens⸗ 
burgern verliehene Begünſtigungen erkauft werden 
mußten, wird zwar nicht angegeben, läßt ſich aber 
nad) damahliger Sitte vermuthen *X). Ohne Zwei⸗ 
fel haben dieſem Beyſpiele der Regensburger auch 
andere Städte gefolget; vorzüglich gegen Nürnberg 
ſind unſre Herzoge Rudolph, Albrecht der Dritte 
und ihre Nachfolger in Ertheilung verſchiedener Vor—⸗ 
rechte ſehr freygebig geweſen ****). Es iſt unnöthig, 
hierüber noch mehrere Beyſpiele anzuführen; das 
Benehmen der Fürſten gegen ausländiſche Kaufleute 
war ſich überall / gleich, um Geld ertheilten ſie ihnen 
Schutz, Gerechtigkeit, Begünſtigungen des Handels. 
In mehreren Urkunden und Handelsgeſetzen werden 
auch ſogenannte hofbefreyte Handelsleute erwähnet. 
Dieſe fonnten Sn oder Ausländer ſeyn und erhielten 
bald aus vorzüglicher Neigung eines Fürſten, bald 





A. a. O. S. 548. Gemeiner erzaͤhlet aus den Acten Fol- 
gendes: „Zwey Stud Bruͤßler Tuch, die der Abge= 
ordnete sur Verehrung Dargebotben, murden alè ein 


ſchimpfliches Gefhenf ausgeſchlagen. Ein Pfarrer, der 


des Herzogs Otto Siegelbemabrer gemefen, lief fid die 
landesfuͤr ſtliche Gnade bezablen. H. Albrecht bewies mehr 
fuͤrſtliche Großmuth.“ — Gn Jaͤhren 1331. und 1337 
erhielten die Regensburger ein zweytes Privilegium, S. 
556, und Th II. S. 11, 1 
 **) Gemeiner, Th.II. S. 135. Den Tert Diefer Urfunde 
findet man bey Senkenberg, Selecta, T. IV. p. 255. 

1*4) A. a. O. S. 192. Fm Fabre 1379 beftitigten die Herzoge 
Alhrecht und Leopold den Regensburgern das Niederlags⸗ 
recht in Wien; und 1398 die Herzoge Wilhelm und 
Albrecht den ungepinderten Handel in Defterreid , 


S. 358. 
"*2*) Jonatban diſcher, Geſchichte, Th. II. S. 242, 258. 


«ne 7 5 sh 


auch gegen Erlegung einer anſehnlichen Summe Gel 
Des das Privilegium, Handel treiben ju dürfen, obne 
zur Gilde der Kaufleute zu gehören. Da ibre Unzabl 
ſich qu febr vermehrte, fab ſich È. Leopold 1660 ver: 
anlaft, diefem Unfug Einbalt zu thun*). 
Gegen dergleichen Begunftigungen erboben die 
inländiſchen Kaufleute, vorzüglich die Wiener, zu vere 
febiedenen Zeiten laute Rlagen und bewogen dadurch 
Die Negenten, mit Handelsprivilegien gegen Auslän— 
Der fparfamer zu werden, und die ſchon ertheilten mög⸗ 
lichſt einzuſchränken *H. Sahen fie ibre Wünſche 
erfüllet und allen Handel beynahe ausſchließend in 
ibren Händen, fo trieben fie es ſo arg, daß ein allge= 
meine Murren über die erkünſtelte Theurung vere 
ſchiedener Gegenftdnde unter dem Volfe faut wurde, 
was die Herzoge bemwog, dem Monopolium der Bür— 
ger durd Ertbeilung neuer Handelsfreyheiten an 
Auswärtige Einhalt zu thun. Von der freyen Zufuhr 
Des Brodes und Fleiſches nach Wien werden mir ant 
cinem anderen Orte ſprechen. Wegen der übergroßen 
Theurung mard 1602. die Einfubr fremder Weine 
und uberbaupt alles Getranfes, und fogar auch frem- 
den Dandwerfsleuten der Verfauf ibrer Fabricate auf 
den Wochenmärkten in Wien gnadigft erlaubet ***). 
Cine ähnliche Frenbeit ertheilet È. Leopold 1684 allen 
ausmartigen Handwerksleuten, vorzüglich ſolchen, de: 
ren Hände man zur Wiederherſtellung der von den 
Türken zerſtörten Gebäude bedurfte. Zimmerleute, 





*) Guarient, Th. J. S. 476, u. f. Aud gum Handel nad 
Venedig wurde Einzelnen ein Privilegium ertheilet, wo— 
von H. Albrecht in einer Urfunde 1372 Meldung machte, 
die in der Beylage Nro. VI. zu finden ift. he 

1)Ua. O. S. 452. 

#**)Xa. DS. 457. 


* 0 o 


Maurer; Schloſſer, Tiſchler, Töpfer, n. f. 0. wurden 
aus allen Gegenden eingeladen, nach Wien und in 
die Umgebungen zu fommen, ohne den beftebenden 
Zunftgeſetzen unterworfen gu ſeyn 9. 

Wenn man einmahl ſchon überzeugt war, daß 
man dem Handel eines Landes nicht beſſer emporhel⸗ 
fen könne als durch alle erdenkbare Einſchränkungen 
ausmartiger Kaufleute: fo ſollte man glauben, daß 
der innere Handel zwiſchen den eigenen Unterthanen 
würde möglichſt begünſtiget, und ihnen gegen Leiſtung 
der vorgeſchriebenen Zollgebühren die größte Dan: 
delsfrenbeit unter ‘cinander cingerdumet worden fenn. 
Dod das Mittelalter, viel zu lange ein Bedrücker 
des gemeinen Volfes, batte auch bierin feine eigenen 
fonderbaren Anſichten, und begunftigte durch Privile: 
gien nur eine geringe Anzahl von Unterthanen auf 
Koſten vieler Tauſende, und beſchränkte auch den inne⸗ 
ren Handel auf vielfache Weiſe. 


—— —— —ñ— — —— 


Hinderniſſe des Handels fuͤr die einheimi⸗ 
ſchen Kaufleute im Inhern des Landes. 





J9J— — und Stovetreibte 
drückten Oeſterreichiſche Unterthanen i in ihrem eigenen 
Vaterlande eben ſo ſehr wie die auswärtigen auf⸗ 
leute. Das Verboth eines längeren Aufenthaltes im 
Lande, welchem Fremde unterworfen waren, ausge⸗ 
nommen, trug der Oeſterreicher mit dem Ausländer 
ben Handelsgeſchäften beynahe gleiche Laſten, ſtand 
ihm ſogar in manchen Begünſtigungen noch nach, 


*)A a. DS. deg 





pera 80 * 


was ibm deſto ſchmerzlicher fallen mußte. Der Grund 

ſolcher verkehrten Maßregeln iſt ebenfalls in der 
übergroßen Vorliebe der Regenten für die Bürger 
——— Städte, Märkte, und ſogar auch für 
die Bewohner der Dörfer zu ſuchen, deren Landesfür⸗ 
ſten und Grundherren ſie zugleich geweſen ſi ſind. Dieſen 
allein konnten ſie damahls willkuüͤhrlich Steuern auf⸗ 
erlegen; dieſe wurden alſo auch mit einträglichen Vor— 
rechten vor allen übrigen Unterthanen reichlich begabt, 
\ um die verlangten Abgaben deſto gewiſſer leiſten gu 
können. Wir heben nur die zwey vorzüglichſten Hin⸗ 
derniſſe aus, welche dem innern freyen Verkehr unter 
den Oeſterreichern ſelbſt im Wege ſtanden. Dieſe wa⸗ 
ren: ausſchließendes Handelsbefugniß der Bürger 
und Meilenrechte. 


/ 
/ 


| 
Vierter Abſchnitt. 
Ausſchließendes Handelsbefugnif der Buͤrger. 


Daf Auslander mit niemanden, als nur mit 
den Bürgern in Stadten und befrenten Marften®) 
° bandeln durften, fagen häufige Urkunden aus, von 
welchen wir bereits mehrere in den vorhergehenden 
Abſchnitten unſern Leſern mitgetheilet haben *. 





tà biefen die Marktflecken, die cin Handelsvorrecht be⸗ 

| fagen. 

**) Urfunde . Leopolds fiir Wien vom Jahre 1198: Nemo 
extraneorum mercator..vendat mercès, quas adducit, 
extraneo, fed tantamcivi. Der È. 2 wiederhohlte 
dieſes woͤrtlich 1278; bey Lambacher, S. 156. — Schon 
fruͤher hat H. Friedrich der Streitbare daſſelbe Privilegium 
der Stadt Heimburg verfieben; apud Senkenberg, Vi- 
fiones, p.280, Spaterbin erſcheinet es als ein allgemei⸗ 
nes Vorrecht der Staͤdte und Maͤrkte. 


uno 81 nuo 


Dem naͤhmlichen Verbothe unterlagen in Oeſterreich 
auch die Eingebornen auf dem Lande, dic nicht fo 
glücklich waren, Mitglieder einer Stadt: oder befrey⸗ 


, fon Marftgemeinde zu ſeyn. Die allgemeine Negel 


⸗ 


lautete fo: Die Jahrmärkte ausgenommen, darf auf 
dem Lande fein anderer Handel, al8 nur mit den 
täglichen Lebensbediirfniffen getrieben werden; alles 

Uibrige mufte man ſich aus einer Stadt oder aus 
cimem privilegirten Marfte, deren e8 aber in früheren 
Zeiten noch menige gab, herbeyſchaffen, und es dort 
nur ganz allein von Bürgern faufen *). Selbſt 
Bürger, die ſich in einer andern inländiſchen Stadt 


‘mit Waaren verfeben wollten, waren an-diefe Negel 


gebunden, und durften nur mit dortigen Bürgern 
Kaufsverträge ſchließen **). Cine Dorfgemeinde 
mochte noch fo zahlreich fenn, fo mar ihr doch aller 
Sandel unter ibren Mitgliedern, ja auch alle Aus: 
übung eines Gewerbes, auf das ein Bürger audi nur 
Den entfernteſten Anſpruch machen fonnte, firenge 
verbothen. Da aufierbalb der Stddte Krämer und 
Kleinhändler damahls noch) äußerſt felten vorfommen, 


und auch das Haufiren nicht erlaubt var, fo lag das 


Monopolium der Burger in Städten und privile: 
girten Märkten deſto ſchwerer auf dem gemeinen 
Landvolk. Aus häufigen Belegen, die ſich hierüber 





*) Die Beylagen Nro. VI. XV. XVI. XLII. und viele Han: 
delsgeſetze bey Guarient, von welchen in Der Folge noch 
Ermabnung geſchehen mird, enthaften Bemeife davon. 

**) VPreuenhuber, S. 65. Hierber gehoͤrt das Privilegium H. 

Albrechts fur Stepr, in welchem er 1382 verorduete, daß 
dieſe Stadt gleides Vorrecht mit Linz, Mel, Enns und 
Freyſtadt haben foll, naͤmlich: Alle Waaren, melche die 
Burger der genannten Staͤdte nad Steyr bringen, duͤrfen 
fie nur den dortigen Burgern verkaufen. 
(6) 


tei 82 n. 


noch vorfinden, mwablen wir nur cin Paar aus, die 
uns die fraurige Lage der unterdrückten Dorfbewoh— 
ner fattfam ſchildern. 

Die Bewohner von Traundorf ben Gmunden 
mwurden1360 als Verletzer der Frenbeiten der benach⸗ 
barten Stadt angeflagt, und H. Nudolph verboth 
ihnen allen Handel, alle Gemerde, fogar auch Schnitz⸗ 
arbeiten aus Holz. Unterſtünden fi) die Traundorfer, 
Diefem Verbothe zumider gu bandelu, fo follen Gmune 
dens Bürger dem Burggrafen des Schloſſes Ort 
ibre Klagen vorbringen; und murde Ddiefer fiumen, 
ibnen Genugthuung zu verfbaffen, fo ertbheilte ihnen 
Rudolph — „volle und ganze Gewalt, dafi fie das 
ernſtlich und feſtiglich beſſern, mebren: und mender . 
von Unfertmegen *): — ein ſchlimmer Beweis von 

ciner ſchlechten Gerechtigkeitspflege, welche gemeinen 
Bürgern die Selbſthülfe gegen Dorfbewohner ge⸗ 
ſtattet 

In einem ganz gleichen Falle, wie die Traundor⸗ 
fer, befanden ſich die Bewohner der Ortſchaft Ufer, 





In der Urfunde H. Rudolphs heißt es: „daß von alter 
Gewohnheit herkommen ſey, daß die Leut gemainiglich 
in demſelben Dorf enhalb der Traunbruck kainer Arbait 
noch Wandlung mit Kaufmanſchaft da pflegen ſollen, weder 
mit Brodbacken, noch mit Leutgeben, noch mit Schneid—⸗ 

werk, noch mit Schnechwerk (ſchnegern iſt: aus Holz 
ausſchneiden, ſchnitzen) noch mit kainerley ander Hands 
werk noch Wandlunge, wie das genannt ift, ohne Gefaͤhr— 
de, und daß auch diefelben Leut fain Freyung da nicht ha- 
ben folten in fainen Meg. Davon wollen sir ernſtlich, feit 
ſich das alſo vor uns erfunden hat... Und geben ibnen 
daruͤber zu Urfund diefen Vrief perfiegelten mit unferm 
flainen anpangenden Inſigel, der geben ift zu Vecklapruckh 
an unferSrauenabend gu der Schiedung (am 14, Auguft) 
nad Chrifti Geburt dreyzehenhundert Jahr und darnach 
in dem ſechzigſten.“ 


ao 85 not 


Linz gegenuber, vormabls Urfarſchad, Urfarſchar, 
dann Urfar genannt, und erft vor wenigen Jahren 
nad der von den Franzofen erlittenen Zerftorung*) 
gu cinem Marfte erboben. Da noch Feine Brücke uber 
Die Donau vorbanden war **), fo mufite es ſich oft 
fiigen, daß viele Neifende ſich gendtbiget faben, in 
Ufer zu übernachten, oder gar cimige Tage zu verwei— 
Ten. Pan erricbtete alfo Gafthaufer, ſchenkte Wein 
aus und fing an, mit Getreide, Gol, Salz und ande: 
ren Sachen einen Handel zu treiben. Dief war in 
den Hugen der Bürger von Linz cin großes Verbres 
chen. Sie flagten im Fabre 1485 dem K. Friedrich, 
der eben in Linz anweſend mar, uber den Frevel der 
naben Dorfbewohner, uber Beeinträchtigung ibrer 
Stadtfrenbeiten, wodurch fie in großen Nachtheil 
geriethen, und bathen ibn um ſchleunige Abhülfe fo 
grofer Befhmerden. Was fid leicht vorausfeben 
ließ, ift gefcheben. Der Raifer verboth den Bewohnern 
Ufers Wein zu ſchenken, Gäſte für Geld zu beher— 
bergen und zu bewirthen, und mit Getreide, Holz, 
Sal} oder mit was immer fur Waaren Handel zu 
treiben ***). Der Notbftand, in welchen die Haus 
befiger in Ufer duro) diefes Verboth geriethen, reigte 
fie zum Ungeborfam; fie fingen bald mieder an, 
Fremde gu bewirthen, und heimlich mit verſchiedenen 
Dingen zu handeln. Auf die erneuerten Klagen der 
Linzer befahl 1406 È. Maͤximilian dem Landeshaupt⸗ 
mann, Georg von Loſenſtein, darüber ſorgfältig zu 





*) Gefchichte der Landwehre in Oeſterreich ob der Enns Tp. 
II. S. 253. 

**) Eine Bride uͤber die Donau zu bauen, pat A. Marimilian 
den Buͤrgern von Linz erfî im Jahte 1497 erlaubt. Beplage 
Nro. XVIII. 

##*) Benlage Nro. XIX. 


6* 


nea 84 nua: 


— daß in bem Dorf Urfarſchad Linz ja kein 
Wein ausgeſchenkt oder irgend ein Handel getrie— 
ben werde, weil dadurch ſeine Stadt Linz in großen 
Schaden käme, — ,, dann Wir das nit erleyden mü ⸗ 
gen‘ 9. 

Ein Dorf mit ſtädtiſcher Handelsf reyheit begabt, 
iſt in Oeſterreich eine höchſt ſeltene Erſcheinung. Ein 
Beyſpiel davon, vielleicht das einzige im ganzen Lande, 
finden wir an Iſchel, welches noch als Dorf im Jahre 
1302 gu folder Ehre gelangte. Die Salzarbeiter zu 
Sallftatt und Laufen erboben ans uns unbefannten 
Urfachen einen Aufſtand, aber die Lente zu Iſchel vere 
Barrten in der pflichtgemäßen Treue, und bewieſen ih⸗ 
rem Landesfürſten einen unwandelbaren Gehorſam. 
Dankbare Anerkennung der Verdienſte gemeiner Leu⸗ 
te um ihre Negenten war im rauhen Mittelalter nicht 
allgemeine Sitte, denn alles, was jene thaten, und 
alle Opfer treuer Grgebenbeit wurden gewöhnlich nur 
eines kalten Blickes gewürdiget, und file weiter nichts 
als für ſtrenge Schuldigkeit geachtet, deren Erfüllung 
keine preiſende Erwähnung verdiente; freundliche 
Danfbarfeit gegen arme Landleute ſchien den Fürſten 
entehrend oder doch übel verſchwendet zu ſeyn. Viele 
der Oeſterreichiſchen Fürſten, milde, leutſelige Väter 
ihrer Unterthanen, machten von dieſer wilden Sitte 
ehrenvolle Ausnahmen, würdigten Verdienſte auch in 
armen Hütten, und ſprachen laut und freudig ihre 
Dankbarkeit aus. H. Albrechts Güte gegen die Bess 
wohner von Iſchel war ſo überſchwänklich, daß er 
ihnen zum Lohn ihrer — ſtädtiſche Freyheit der 





*) Die Urkunde bat das Datum: ,,Geben gu Augſpurg am 
Mituchen nad) Sant Paulus tag Conuerſionis (den 27. 
Jaͤnner), Anno Domini etc. 90. 


= 85 neo 


Gewerbe und des Handels verlich*). Zu einem 
Markt wurde das Dorf Iſchel erſt im Jahre 1400 
vom K. Friedrich) cerboben #*). 

Da die Landesfilrften ſelbſt die Monopolien sa 
Bürger in Stadten und Marften fo ſehr deguinftig= 
ten, fo mußte die Lage der gemeinen Landleute rima 
mer: drückender werden... Die. geringften Gewerbe: 
Weber, Schneider und Schuſter ausgenommen, 
durfte man keines in einem Dorfe ausüben; waren 
doch ſogar Gaſthäuſer verbothen, und in der Nähe 
einer Stadt para es niemand — de zum 





*) Gn der urkunde beige es: Wann un⸗ * die Und: 
borfamen und Aufpruche, die etliche Unfer Hellinger. von 
Hallſtatt und Lauffen zu Diefen Beiten gerban haben, Unſer 
armen Leut in Dem Dorf zu Ifſchel — Unſer Veſt 
gu Wildenſtain, ſunder Gehorſam und Trewe beweiſet 
haben, daß wir darum durch billich Dankbarkeit denfelben 
Unfern getreuen Leuten zu Iſchel die. Gnad und Recht 
gegeben haben, und geben auch mit dem Brief, daß ſi ie nu 

fuͤrbas haben ſollen alle die Recht auf Waſſer und Lande 
mit aller Urbeit und Handlunge, Die Unſer Stadt ob der 
Enné baben ungerabrlid affo, daß  diefelben Unfer Leut 
von Iſchel auch hinfuͤr ſolich Treu und Dienſt ſtaͤttlich an 

uns und Unfern Erben thun und halten Und dieſer Unſer 
Gnad zu Urkund geben Wir den gegenwaͤrtigen Brief 
verſiegelten mit Unſerm Inſiegl. Der geben iſt zu Wien an 
Pfingſtag nad ſand Gilgen Tag (am ‘5. September). 
Nach Chriſtes Geburt dreyzehenhundert Japry Darnad in 
dem zwey und neungzigiften Fapr. 00% 
05 Das Datum diefer Urfunde iſt: Geben ju der Neuftadt, 
VU amgrentag vor dem Suntag Letare in der Faften (am 14. 
Maͤrz) 1466. Die netten Vorrechte, welche Iſchel dadurch 
— tele, waren: Marft= und Buͤrgerrecht, ein Woden= 
markt, Burgfried, eigene Gerichtsbarkeit, die ein erwaͤhlter 
Marktrichter uͤber alle Uibelthater ausitore. Verbrecher, 
‘Die mit dem Tode beſtraft wurden, mußten jedoch dem 
— Landrichteren * is ag ausgeliefert 
merden 


Verkauf zu baden. Fa mas noch mebr ift: fogar det 
Handel mit Getreide murde den Erzeugern deffelben 
unterſagt, und den Bauern ftand es nicht fren, daffelbe 
Allen ohne Unterſchied zu verkaufen. Bald wurden fie 
von ibren Grundherren gendtbiget, ibnen das Bore 
kaufsrecht zuzugeſtehen *), bald geboth ibnen der 
Landesfirft, alles verkäufliche Getreide in die nächſte 
Stadt auf den Wochenmarkt zu bringen **); met 
cines bedurfte,  mufite es von einem Stadt = oder 
Marktbürger fanfen, und nur dieſe hatten das Bore 
recht, von den Bauern in ihren cigenen Häuſern Ges 
treide zu faufen. Dergleichen Privilegien find traurige | 
Velege eines gänzlichen Mangels einer weiſen Geſetz⸗ 
gebung über Handelsgegenſtände, die man in früheren 
Jahrhunderten freylich nicht erwarten darf; aber zu 
bedauerm iſt es, wenn man lieſet, daß ſolche allgemein 
ſchädliche Vorrechte einiger Wenigen zum Nachtheile 
der weit größeren Anzahl der Unterthanen auch noch 
vbn einem K. Maximilian im Jahre 1496, und von 





*) Guarient, Th. . S. 387. Nod im Jahre 1662 ſagte K. 
Leopold: „Uns kommt mißfaͤllig vor, daß theils Obrigkei⸗ 
ten ſich unterſtehen, ihre Unterthanen zur Anfailung ihres 
Getraids zu noͤthigen und zu verbiethen, daß ſie daſſelbige 
nicht anderwaͤrtig verkaufen doͤrffen, u. ſ. w.“ Dieſes mar 
auch in den Bauernunruhen des ſechzehnten Jahrhunderts 
eine der vorzuͤglichſten Klagen des gedruͤckten Landvolkes, 
Daf die Herrſchaften ihre Unterthanen mit dem Vorkaufs⸗ 
rechte bey Getreide und Hornvieh quaͤlten, und ihnen alle 
verkäuflichen Sachen abnoͤthigten Dazu geſellte ſich noch 
Der Muͤhlenzwang, vermoͤge deſſen die Unterthanen ver- 
pfiichtet wurden, ibr Getreide um einen willkuͤhrlich geſetz— 
ten Preid in der oft weit entfernten Hofmuͤhle mahlen gu 
laffen: K. Rudolph der mente bat diefen Untfug 1591, und 
È. Leopold 1661 nenerdings wieder abgeſchafft. Guarienty 
Th. IL..S. 16; und Th. I.S. 107. i 
#*) Beylage Nro. XLII. 1 


une 87 20 


vielen feiner Nadbfolger gutgeheißen, ermenert, und 
in ibrer vollen Wirffamfeit erbalten murden *). 
Um den Landleuten, die nicht Burger waren, alle 
Gelegenbeit zu benehmen, Wein, Getreide oder 
andere Dinge vom jemanden ‘andern als von cinem 
Burger gu faufen, murden baufige Befeble erlaffen, 
daß Dergleichen allgemeine Bedurfniffe ja nirgends 
als in ciner Stadt oder in einem privilegirten Markte 
abgeladen, und dort in Magazinen aufbewahret were 
den follten **). Sogar dazu war cin Privifegium | 
nöthig, um das Brenn⸗- und Baubolz irgendivo aus 





*) Beylage Nro. XX. 

**) Die Herzoge Leopold und Ernft ſchrieben 410 dem fans 
Deshauptmann Reinprecht von Walfee: „Wir mollen 
ernſtlich, daß du ſchaffeſt, daf zwiſchen Sindlburg und 
Ebelsberg kain Niederlegung ſey mit kainerley Kaufmann⸗ 
ſchaft, weder auf Waſſer noch auf Lande, denn in unſerer 
Stadt zu Enns, und daß man auch kainen Wein nindert 
abziehe, denn in dem Engenhagken zu Enns, wann ſolch 
Haͤndel an unſer Mauth zu Enns kommen ſollen, als von 
Alter herkommen iſt. Geben zu Wien, am Freytag nach 
dem Pfingſttag (am 16. Map) anno domini ete. Quadrin- 
gentelimo decimo. — Diefen Befehl erneuerten H. Al⸗ 
brecht 14:18, und KR. griedrid 1451. Leptererfagt: „Uns 
baben unfer Getrewen Fieben, unfer Burger zu Enns, vor» 
bringen laffen, mie ju Walſee, am Peſumoldach zu Mauts 
baufen, am Duͤrnfeld und an andern Ende n ungewoͤhnliche 
Ladſtaͤtte gehalten, Wein, Getreid und ander Kaufmann— 
ſchaft da angenommen und abgelegt, in die gewoͤhnliche 
Ladſtatt daſelbſt hin gen Enns nicht kommen, und uns da: 
durch unſer Mauth und Gerechtigkeit unſrer Stadt daſelbſt 
entzogen werden.“ — Er bevollmaͤchtiget dann die Buͤr⸗ 
ger von Enns, ſolchen Unfug abzuſtellen. — „Geben zu 
Wien, am Samſtag nad St. Veits Tag (am 19. Junius) 
1451.14 — Diefer Befehl wurde noch oft erneuert. — 
Die Ladſtaͤtte heißen in Urkunden auch Laſtaͤtte und Lag= 
fatte, vom Aufladen und Niederlegen. 


it 88 —⸗ 


Schiffen oder von Wagen abladen und Holzſtöße 
errichten gu dürfen H. 
Daß unter fo häufigen Verordnungen, welche die 
Handelsfreyheit beſchraͤnkten, nicht doch einige wenige 
lobenswerthe ſollten erſchienen ſeyn, iſt nicht denkbar. 
Dahin ſind vorzüglich die Verbothe zu rechnen, die 
allen landesfürſtlichen Beamten und derſelben Dienſt⸗ 
bothen, ſo wie auch allen Pfarrern das Weinſchenken 
und allen Handel unterſagten. Von vielen dergleichen 
Verordnungen heben wir nur inige aus. H. Albrecht 
der Lahme verboth ſchon im Jahre 1338 allen ſeinen 
Beamten im Salzkammergut und ihren Dienern, ſich 
mehr Wein, Getreide oder andere Dinge anzuſchaffen, 
als ſie zu ihrer eigenen Hausnothdurft nöthig hätten, 
um ja nicht als Kaufleute oder als Kramer zu erſchei— 
nen *). Aehnliche Verbothe ergingen1300 Und 1412 
an die landesfürſtlichen Beamten in Linz und in an: 
Deren Städten, und wurden von de nachfolgenden 





*) Die Buͤrger des einſtens landesfuͤrſtlichen Marktes Grein, 
der ſpaͤter vom Kaiſer Friedrich zu einer Stadt erhoben 
wurde, hatten das Vorrecht einer ſogenannten Laſtatt fuͤr 
Holz und andere Dinge vom Schloße Werfenſtein ange⸗ 
fangen bis zur Laſtatt des Marktes Perg. Hieruͤber find 
Urkunden vom 1400 big 1491 vorhanden. 

®') Bir Ulbredit.. entbiethen atten unfern Amtleuten, Schrei— 

bern und Hoffdreibern gu Gmunden. und an der Hallftatt 
unfer Gnad und. alleé gut. Wir. mollen und gebiethen es 
euch gar ernſtlich, daß idr, nod euer fainer, noch Fainer 
euer Diener oder Knedt icht fertige mit Wein oder mit 
Traid, und mit fainer Kaufmannſchaft ichtes habe zu 
ſchaffen, denn als viel er in ſein ſelbs Haus bedarf, 
wann mir das nicht geſtatten mollen.. Der Brief ift ge— 
ben zu Wien, am Mittichen nad dem heiligen Kreuztag 
(am 6. Map) anno Millefimo trecentefimo trigefimo | 
octavo. 


222 89 > 


Negenten erneuert ): cin — daß man fi ie ſchlecht 
befolget hat. — Noch preiswürdiger war eine Ver⸗ 
ordnung H. Albrechts vom Jahre 1423, welche die 
Pfarrer auf ihre Berufsgeſchäfte aufmerkſam machte 
und ihnen verboth, Gaſtwirthe und. Kaufleute zu 
fepn ita) atea mu es, daß ſich die Biſchöfe von 





*) Zu der allgemeinen Beſtaͤtigung aller der Stadt 
Linz fuͤgte H. Albrecht 1596 noch hinzu: „Auch thun wir 

* denſelben Burgern ju Linz wiſſentlich die Gnad und mapa 

nen, Daf furbaffer fain unfer Amtmann au unfer Mauth 

daſelbs, weder Mauther, Gegeuſchreiber noch Zahler mit 
denſelben unſern Burgern in der Stadt kainerley Kauf⸗— 
mannſchaft noch Arbait treib, noch handl in dhainem Wege, 
als das von After iſt herkommen, ohn Gefaͤhrd. Daſſelb wir 
auch gu gleicher Weis unfern Juden daſelbs ſetzen und ge: 
biethen, daß ſie auch mit denſelben unſern Burgern kainer⸗ 

ley Arbaiten der Stadt thun noch treiben ohn Gefaͤhrde 

Geben zu Wienne, am Montage vor St. Michels * (am 
25. September) 1396. 

“) Wir Albrecht. . embietben den ebrbaren, unſern lieben 
andadtigen, allen Dedanten unferé Lands ob der Enng, 
Den der Brief gezaigt wird, unfer Gnad und alles Guts. 
Vir babenvernommen, mie daf mance Pfarrer in euren 

Dechanteyen gefeffen, offenTafern haben auf dem Gau, und 
treiben ihren Gemerb mit Weinſchenken und ander Kauf— 
mannſchaft, das fie nit angebort, und daraus unfern Staͤd⸗ 
ten ob der Enns merklich Schad geſchaͤhe Empfeblen mie 
euch und begehren ernſtlich, daf ihr das derfelben Prieftera 
ſchaft, die fol) Handel treiben, verbiethet und nicht geftato 
et, Daf fie das binfitr thun Geſchaͤh aber bag nit, ſo wollten 
wir felber fchaifen und darzu thun, damit eg unterſtanden 
tverde . Geben zu Wien, am Pfingftag vor Judica in der 
Gaften (am «7. Marg) Anno domini etci Vicefimo ter- 
cio.l/— Wir muͤſſen hier die Bemerfung beyfuͤgen, daß 
die Befugniß, Wein auszuſchenken, verſchiedenen Dechan⸗ 

ten und Pfarrern von den Landesfuͤrſten ſelbſt durch Privi— 

legien iſt ertheilet worden. Dergleichen Urkunden und Be— 
ſtaͤtigungen derſelben finden ſich noch in verſchiedenen Ar— 
chiven. So, 3-B. beflatigten die H. Albrecht und Leopold 


dea 90 TS 


Paffau bey fo groben Mißbräuchen des Clerus fehe 
gleichgültig benahmen, und ihre Pfarrer ganz unges 
ahndet allen öffentlichen Anſtand verleben ließen. Leis 
der dauerte dieſer Unfug ungeachtet wiederhohlter 
Verbothe an manchen Orten bis in das achtzehnte 
Jahrhundert noch fort. 
Ungeachtet die Landesfürſten ſich äußerſt angele— 
gen ſeyn ließen, den Bürgern von Städten und Märk—⸗ 
ten allen bedeutendern Handel ausſchließend zu ſichern, 
fo würde man ſich doch irren, wenn man glauben woll⸗ 
te, dieſelben hätten überall in ihrem eigenen Lande, 
und auch ohne Unterſchied mit allen Waaren handeln 
dürfen. Zu einer Zeit, in welcher nicht allgemeine Ge⸗ 
ſetze, ſondern einzelne örtliche oder perſönliche Privile— 
gien der Regierung und den Unterthanen zur Richt⸗ 
ſchnur ihres Benehmens dienten, konnte es keine noch 
ſo einfache Regel ohne häufige Ausnahmen geben, die 
ſich freylich gar oft einander widerſprachen, und eben 
dadurch wieder ein neues Privilegium nöthig machten, 
das dieſen Widerſpruch aufheben ſollte. Stapelrechte, 
gewiſſe hoch befreyte Bezirke, Privilegien für ein Mo⸗ 
nopolium eines beſtimmten Waarenartikels, und auch 
der Straßenzwang beſchränkten ebenfalls die Handels⸗ 
freyheit der Bürger; wollte man fie von dieſer Ein: 
ſchränkung befreyen, ſo ward ihnen zur Begünſtigung 
ein Privilegium ertheilet, das alle privilegirten Hin— 
derniſſe aufhob und eine größere Freyheit herſtellte. 
Als Belege davon führen wir einige Beyſpiele an. 
Die Bürger von Steyr hatten cin Stapelrecht 
auf Holz und Eiſen. Dieſes erregte den Neid oder die 
Eiferſucht der Bürger von Enns, welche ſich durch das 





1375 dem Dechant in Krems dieſes alte Vorrecht; im 
Jahre 1596 wurde es wieder erneuert. 


se 01 so 


Borredt der Nachbarn fur beleidiget und beeinträch⸗ 
tiget bielten, denn ſchwer fiel es ibnen, das ihnen noe 
thige Holz nicht vom erften Eigenthümer deffelben, 
einem Bauer, fondern von cinem Burger in Steyr, 
und noch dazu um einen höheren Preis kaufen ju 
müſſen. Sie mendeten ſich alfo an det He Albrecht 
mit der Vitte, fie von dieſem Zwange gu befreyen. 
Diefer wollte bende Theile ſchonen und verlieh 1356 
den Ennſern cin Privilegium *), im welchem er die 
Verſicherung ertheilte, daß die Frenbeiten beyder 
Staͤdte unverletzt bleiben follten; zugleich drückte er 
den väterlichen Wunſch aus, daß Nube und Freunds 
ſchaft ungetrübt unter ihnen erhalten werden möchte. 
Um dieſes zweyfache Ziel zu erreichen verordnete er, 
daß es den Ennſern erlaubt ſeyn ſollte, Brenn-⸗ und 
Zimmerholz zu ihrem eigenen Bedarf in Steyr auf⸗ 





Wir Albrecht . enbieten vnſſern getrewn dem Richtter vnd 
dem Rat vnd den Purigern ze Enns vnſſer gnad vnd alles 
gut. Wand mir nicht wellen, daz zwiſchen em vnd vnſſern 
getrewn den Purigern von Steyr ſtoſſ oder vnvrewnſchafft 
ſey, vnd daz ir bei ewrn allten rechten vnd guten gwonhai⸗ 
ten, vnd auch die von Steir bei irn brieffen beleiben, ſo 
main mir vnd wellen, wenn ir zymerholcz oder brennholez, 
des ir ſelb weduͤrffet, dacz Steir chawffen wellet, daz ir daz 
tun ſchult mit irm willen, vnd des ſullent ſy ew gunnen an 
irrung, vnd haben in auch daſſelb geſchriben, vnd auch 
vnſſerm getrewn lieben Fridreichen von walſſe von Enns, 
vnd Janſſen dem Schecken purgraff ze Steir enboten, daſ 
ſy ew paidenthalben darzu halten ſullen von vnſſer wegn, 
daz ir daz alſo tut, vnd auch miteinander wol vnd gutleich 
lehet Geben ze wienn an ſand Vlreichs tag (am 4. 
Julius) anno domini MCCCL fexto. — Strenger fiel 
ein Urtheilsſpruch H. Rudolphs zu Gunſten der Stadt 
Wien aus. Er verboth 1359, daß ohne Erlaubniß des Ma⸗ 
giſtrates kein Floß und uͤberhaupt kein Holz von Wien mei 
ter verfuͤhrt werde. Rauch, T.III, p.gsi iL 


de 02 neo 


faufen zu dürfen. Den Steprern wurde anfgetragett, 
Diefes ungeachtet ihres Stapelrechtes ohne Swenge 
geſchehen zu laſſen. 

Den AÄlleinhandel mit Getreide und Ba buben 
mebrere bundert Privilegion den Bürgern zugeſichert; 
aber andere Privilegien ſchränkten ibn wieder auf ge: 
wiſſe Bezirke cin: auf die Granzen der Provinz oder 

auch der Umgebungen ciner vorzüglich begunftigten 

Stadt. Wollte cin bürgerlicher Handelsmann and in 

folchen Begirfen Getreide und Wein abfegen, fo war 

ibm ein neues Privilegium nothig, das er gewöhnlich 
mit leichter Mühe erhielt, wenn er ein begünſtigter 

Liebling des Fürſten, oder auch nur ein Mitglied einer 

bedeutenden Stadtgemeinde war. Um öfteſten geſchah 

es, daß ganze Städte mit ſolchen Vorrechten degna: 
diget wurden. Die Städte Gmunden und Vöckla— 
bruck beſaßen von jeher, vie die übrigen Städte Ober— 
öſterreichs, Das Recht des Alleinhandels mit Wein 
und Getreide in ihren Umgebungen, als ſie ploͤtzlich 
durch die Kunde überraſcht wurden, daß die Bürger 
von Enns 1358 das Privilegium erhalten haben, 

Wein und Getreide dorthin verführen zu dürfen *). 

Dagegen mußten es ſich die Bürger von Enns eben⸗ 

falls gefallen laſſen, daß ihr Weinhandel durch ein 

Privilegium des Stiftes Kloſterneuburg beeintrüchti⸗ 





Wir Albrecht .. enbieten vnſſern getrewn, dem Richtter 
vnd Purigern ze Vecklapruk vnſſer gnad vnd alles gut Gir 
ſein des vberain worden, daz vnſſer puriger von Enns mit 
wein vnd mit getraide ſullen aribaiten vncz hinez dem Stadl 
(ben Lambach), vnd dann reiten gen Gmunden oder gen 
Veclapruk, vnd denſelben wein oder getraid daſelbs ver— 
chamffen. Gebieten wir ew gar ernſtleich ond wellen, daz ir 
ſy daran nicht enget noch irret in dhainem meg. Beben ze 
linez am Phineztag vor Johans waptiſte (am 214 Junius) 
anno MCCCL octavo, 


dea 93 nes 
FÀ 


‘get wurde, indem daffelbe die Frenbeit erlangte, jähr⸗ 
lich fünfzehn Fuder Wein in Enns auszuſchenken, 
den übrigen Vorrath davon aber in Fäſſern zu vere 
Faufen *). Die Bürger von Stockerau batten ſchon 
frühzeitig die Frenbeit erlangt, Holz, Getreide und 
ein auf: und abwärts verführen zu dürfen, was 
ihnen K. Friedrich 1327 neuerdings beſtätigte. Das 
Vortheilhafteſte für dieſe Stadt und das ganze Land, 
nähmlich der Handel mit dem Auslande, ward ihr je 
doch, ſonderbar genug, gänzlich verbothen *). 
© QUollten die Bürger einer Stadt in Unteröſter— 
reich ihren eigenen Bauwein in cine andere benach— 
barte Stadt oder gar in das Land ob der Enns zum 
Verkauf bringen, ſo mußten ſie durch ein Privilegium 
dazu berechtiget werden, weil ſie dem Monopolium 
der dortigen Bürger dadurch einen Abbruch thaten. 
Hier öffnete ſich der damahligen Privilegienſucht ein 
weites Feld; auch war des Streitens der Bürger 
über den Weinhandel kein Ende. Aus einem ſehr 
zahlreichen Vorrath von Urkunden, die hierüber er— 
laſſen worden, wählen mir nur das Wichtigſte aus. 
Den Bürgern son Heimburg ertbeilte È. Frie- 
drich der Schöne das Vorrecht, ihren Baumein allent: 
balben in feime LAnder, und duro) diefe auch ins Aus: 
land verfubren zu durfen, nur mard es ibnen unter: 





*) Mar: Fifher, Merfmirdigere Schickſale des Stiftes und 
Der Stadt Kloſterneuburg. Wien, 1815: TIT. S. 186. 
Das erfte Privitegium pieruber ertheilte H. Friedrich der 
GStreitbare im Fabre 1231. K. Friedrich der Schoͤne beftà- 
tigte 1310 diefe Srepheit, S. 549. — Aus Danfbarfeit fuͤr 

7 geleiftete Freundſchaftsdienſte ertbeilte der Wiener Magi= 
firat 1288 dem Stifte die Befugniß, jaͤhrlich vierzig Fuder 
Wein einzufupren, und innerpalb des Siadtbezirkes zu 
verfaufen. S. 2092. s 

**) Ludewig, Reliquine Manuferiptorum, T. IV. p. 238. 


| uno 04 Seo 


fagt, ihn in die Stadt Wien ju bringen. Den Bürgern 
zu Bruck an der Leitha verlieh er das Privilegium, 
daß fie benm Handel mit ibrem Bauwein diejelbe 
Begiinftigung baben follten mie die Bürger von Heim⸗ 
burg. Lebteren wurde dieſes Vorrecht vom H. Ru: 
dolph dem Vierten, und 1440 neuerding$ vom Rai: 
fer Friedrid) beftatiget *). In Ddiefen und in vielen 
anderen Privilegien wurde Wien immer ausdrücklich 
ausgenommen; den dortigen Bürgern follte das Mos 
mopolium des Weinbandels innerhalb des ganzen 
Stadtbesirfes unverlebt erhalten werden. Es gab nur 
cine cinzige Ausnabme von diefer Regel, welche feit 
undenflichen Zeiten zu ciner gefeglichen Gewohnheit 
geworden, und darin beftand: Bom Michaelistag 
angefangen ſtand es big Martini allen Weinbauern 
und Weinbandlern fren, Weine nad Wien zu brin— 
gen, und fie dort auf dem Plag am Hof in Faffern 
oder auch in fleimeren Maßen zu verfaufen; nad 
Martini mar e8 jedoch allen Ausmartigen, die nicht 
gur Burgergemeinde geborten, firenge verbothen, 
Wein in die Stadt zu bringen, nicht einmahl eine 





*) Die eigenen Worte in der Urkunde Friedrichs fauten fo : 
„Das diefelben vnnfer Burger gemainigelic zw Pruckh Fr 
Pam Mein, die in Jaͤrlich Wachſen, in vnnfer Giirften= 

| tbumb Hefterreid vnd Daraus, mie Spy das guetbedundht, 
auſgenumen in vnfer Statt Wienn, fuͤern, vnd Gren fru— 
men damit fchaffen follen vid mugen, vnd ob Yemandt folche 
Sr Pam Wein von In chaufft, das der diefelben Wein aud 
fuͤern vnd vertreiben mag in den Redten, Alls Sp 
felb8.// — Gm Sabre 1463 erfaubte er ibnen, — „Ire 
Paw Wein, fo nen pe zu Beiten auf dem hungriſchen 
Wachſen, an Die Ladſtat zw fitern, vnd daſelbs aller der 
Freyhait und gerechtigfait, mie ſich das haiſchet, zu gebrau⸗ 
cen! — K. Maximilian beſtaͤtigte ihnen dieſe Freyheiten 
1494, Und K. Ferdinand 1521. 


pera 05 2° 


Itiederlage, cin bleibender Vorrath in Rellern wurde 
ibnen innerhalb des Stadtbezirkes geduldet. 

Dieieſes außerordentliche Privilegium der Wiener 
in Rückſicht des Weinhandels beftritten die Burger 
von Neuftadt und mollten ſich die Frenbeit heraus 
nefmen, das ganze Sabr bindurd in einer eigenen 
Taberne ibre Weine auszuſchenken. Sie ſtützten ſich 
auf alte Privilegien, welche ihrer Stadt für benfpiele 
loſe treue Anhänglichkeit, die für ihren bedrängten 
Landesfürſten kein Opfer für zu theuer hielt, zu eini⸗ 
gem Erſatze ſind ertheilet worden Y. Die Wiener 
konnten freylich keine ſo ehrenvollen Beweiſe erprob⸗ 
ter Treue gegen ihre Regenten aufweiſen, aber zu 
ihrem Glücke waren die Privilegien der Neuſtädter 
in allgemeinen Ausdrücken abgefaßt, die Freyheiten 
der Stadt Wien drückten ſich aber hingegen uber cine 
zelne Gegenſtände des Weinhandels ganz deutlid und 
beftimmt qus. Es fam zwiſchen benden Städten zu 
einem Procef, welchen der neue Landesfurft, der erft 
feit wenigen Wochen die Negierung angetreten batte, 





Ohne Zweifel deuteten die Neuſtaͤdter vorgiiglid auf die 
Urfunde H. Friedrichs bin, die er ihnen 1239 verliehen hat. 
Er erfaubte ihnen einen ganz zolifrepen Handel in allen 
Oeſterreichiſchen Provinzen, Hormapr's Taſchenbuch fur 
die vaterlaͤndiſche Geſchichte, 1812. S. 74 Significamus. 
‘quod nos burigenfibus Novae civitatis, et ipli civitati 
‘pro fide et conftantia, quam circa nos habuerunt, quum 
imperium et fere totus mundus nos manu valida invafe- 
rit, etpro eo, quodipfi ultra omnes burigenfes, quiea 
fide, ficutipfi, nobis tenebantur, fideliter et conftanter 
adftiterint, hanc gratiam imperpetuum et jus conceffi- 
mus obfervandam, ut per omnes terras nofîras et difiric- 
tum de mercimoniis ipforum nullam mutam folvant, 
fed eis femper liceat loca, mutarum libere pertranfire, 
hoc tamen annexo, ut mercimonia fibi non attinentia 
absque folutione mutae fiatuta ac debita non tradi:cant. 


ded 00 242 


der junge $. Rudolph im Jahre 1358 feyerlich zu 
Gunſten ſeiner Hauptſtadt entſchied *). Die Neuſtäd⸗ 
ter mußten ihre Taberne in Wien wieder aufgeben 
und ſich damit begnügen, daß ſie dort ihre Weine wie 
die übrigen Landleute von Michaelis bis Martini auf 
dem Platz am Hof verkaufen durften. Das ſtrenge 
Verboth H. Albrechts des Lahmen, das alle Einfuhr 
nicht nur ausländiſcher, ſondern überhaupt aller aus— 
wärtigen Weine unterſagte, deren Eigenthümer keine 
Bürger von Wien waren, hat H. Albrecht der Dritte 
1369 erneuert. Traf man dergleichen Weinfäſſer ine 
nerhalb des Burgfriedens der Stadt an, ſo befahl das 
Geſetz ihn ausrinnen zu laſſen oder an ein SI ab⸗ 
zugeben **). | | 


Zinfter Abſchnitt. 
| Meilenrechte. 


Groß waren die Vorrechte der Bürger in landes⸗ 
fürſtlichen Städten und Märkten, von denen wir bis— 
her geſprochen haben, und doch begnügten ſie ſich damit 
noch keineswegs. Dem Rechte, daß nur ſie allein im 
Lande Handel treiben durften, ſchien noch immer etwas 


» 





2) Ungeachtet der Urtbeilsforud H. Rudolphs einen betraͤchtli⸗ 

chen Raum einnimmt, ſo hielt man die Urkunde in mancher 

Ruͤckſicht fur merkwuͤrdig genug, ſie nach ihrem ganzen 
Inhalt in der Beylage Nro. XXI. mitzutheilen. 

* Rauch, T.IMT. p.112. Wir ſeczen das niemant chainen 
vngeriſchen weynn oder welyſchen weynn oder froͤmden 
weynn an die ende der Stat furen ſchol zeuerchauffen noch 
zeuertuen vnd wo man in ynndert vindet in dem purkchfrid 

oder in der Stat Da ſchol ander puezz nicht zugehoren 
dann das man in niderſchlach auf dy erden oder in das 
Spital geb. 


22* 97 uo 


qu mangeln, fo lange es in ibrer Mahe Leuté gab, die 
cin eintragliches, und für den Lebensunterbalt ganz 
unentbehrliches Gewerbe trieben; Neid und Habſucht 
ſpornten ſie an, auch diefe Gewerbe an ſich zu reiſſen, 
und viel zu nachgiebige Fürſten erfüllten ihre zudring⸗ 
lichen Bitten. So entſtand das höchſt verwerfliche 
Meilenrecht, vermöge deſſen innerbalb einer Meile 
um einen privilegirten Ort niemand cine gewiſſe Nah⸗ 
rung treiben durfte. So ein Verboth erſtreckte ſich 
gewohnlich auf Speiſe und Trank; manchmahl murs 
den aber auch in dem Umkreis einer Meile gewiſſe Ure 
beiten der Handwerker unterſagt, um den Bürgern 
begünſtigter Städte und Märkte cin vollkommenes 
Monopolium zum Verderben ihrer Nachbarn zu fi: 
cherm. Gewöhnlich waren dort, ino es cin Stapel⸗ 
recht gab, auch Meilenrechte vorbanden, obgleid 
man letztere an cinigen Orten auch ohne die erfteren 
findet. Wer {ich im Befige eines mit einem Moeilenz 
rechte verbundenen Stapelrechtes befand, erſchien in 
den Augen des Mittelalters als der glücklichſte Kauf⸗ 
mamy denn er war nicht nur Herr uber den Waaren⸗ 
zug und uber den Sandel Foftbarerer Dinge, fondern 
in feiner Gemalt befand ſich auch die tägliche Nabrung 
der Menſchen in einem Umfreis ciner Meile: Brod, 
Fleiſch, Bier und Wein. Diefes Monopolium mufite 
auf die Käufer defto verderblicher wirken, da ſich die 
damablige Polizenin dem elendeften Zuftande befand, 
und nod) dazu bon eben denfelben Bürgern vermaltet 
wurde, Deren Sntereffe es forderte, von ibrem Mei: 
lenrechte den möglichſten Mugen zu ziehen. Die Art 
und Weiſe, mie die Frenftadter gegen die Bürger von 
Leonfelden ibren alten Straßenzwang auch dann noch 
mit bemaffneter Hand frogig vertheidigen wollten, als 
er ſchon vom Landesfürſten abgeſchafft mar, läßt uns 
i 


n 98 pero 


cin gerechtes Urtbeil fallen, mit welcher barbariſchen 
Rohheit damabls privilegirte Blirger ibre Vorrechte 
werden ausgeübt haben. Wir wollen einige Verleis 
burigen Des Meilenrechtes naher betrachten. 

‘Ben dem grofien Mangel ſtädtiſcher Urkunden in 
Oeſterreich können wir erſt vom dreyzehnten Jahr⸗ 
hundert angefangen, Beyſpiele eines verliehenen 


Meilenrechtes aufführen. Das älteſte darunter von 


* 


einem H. Leopold, wahrſcheinlich dem Glorreichen, 
iſt jenes, das dem Markte Aſpach in Unteröſterreich 
iſt verliehen worden. Wenn damahls ſchon ein Markt 
mit einem ſolchen Vorrechte begabt erſcheinet, fo kann 
uns nichts hindern für ausgemacht richtig anzuneh⸗ 
men, daß zur nämlichen Zeit auch mehrere Städte 
die Vortheile eines Meilenrechts genoſſen haben, 
denn dieſe lagen dem Landesfürſten näher am Herzen, 
und gaben als die Klügeren und Mächtigeren unter 
dem gemeinen Volke vorzüglich in Handelsgeſchäften 
den Ton an. Innerhalb einer Meile um Aſpach durfte 
man nichts feil haben und auch kein Handwerk trei⸗ 
ben. Von dieſer Regel waren jedoch ausgenommen 


die Pfarrorte und die Burgen des Herzogs . — 


Die Stadt Enns erbielt 1244 cin Meilenrecht vom 
H. Friedrich dem Streitbaren, welches alle Gaſt— 
wirthe abſchaffte und ibmen geboth, ihren Wohnort 
in der Stadt aufzuſchlagen und dort ihr Gewerbe zu 
treiben. Dem nahen Ennsdorf wurden nur zwey ae 
cfer und ein Gaftgeber vergonnet**). 





*) Meichelbeck, T.IT.p. 84. Di haben gefeit, das Ufpad 

der Marcht alfo geftift fi; von dem Hertzogen Liupolden, 

| Daz eimer meil fol nicht vails finan Bedingefteten , und da 

ze pharren. Gn der meil fol aud debein hantwerch fin, an 
Da je pharren, und daz des Hertzogen Burgen, 

*#) Hormayr, Tafhenbud, 1812, S. 54. Nec Caupones 

fint infra Miliare. Sicut hactonus confueuerunt, necin 


— re 


Dieſer Unfug des fi indlichſten Druckes der are 


men Landleute bat im vierzebiiten Jahrhundert nod) 


grofere Fortſchritte gemacht, und die Negenten fpene 
deten mit frengebiger Hand ibren vielgeliebten eige— 
nem, und auch menigen anderen Bürgern, die der 
Herrſchaft eines begunftigten Höflings untermorfen 
waren, Privilegien über Meilenrechte aus. Im 

Jahre 1356 verboth H. Albrecht alles Weinſchenken 
innerhalb einer Meile um Steyr, und nahm davon 
nur diejenigen Gaſtwirthe aus, welche ſchon von je⸗ 
her dazu befugt geweſen ſind *). Daß H. Rudolph 
den armen Bewoͤhnern von Traundorf ben Gmunz 


den allen Handel, das Brodbaden und Weinſchen-⸗ 


ken, und fogar audy alle Arbeiten in Hol, nämlich 


das Schnitzen hölzerner Figuren und die Berfertis 
gung bolzerner Werfzeuge und Baumaterialien (da$ | 


Schneidwerch und Schnechwerch) ſammt allen Sands 
werken 1360 verbothen babe, ift ſchon weiter oben ere 
zählet worden; er mollte dadurd das Meilenrecht 
der Bürger von Gmunden aufrecht erhalten, Auch die 
Linger verdbanften ibm ein ſolches Vorrecht. In einer 
. Urfunde, die er ihnen 1302 verliehen bat, verboth 
er innerhalb einer Meile alle Schenkhäuſer **). Seine 


Brüder Albrecht und Levpold beftdtigten 1300 dieſes 





villa que Enssdorf dicitur ex panificibus nisi tantium duo 
resideant et unus caupo, nec extra murum aliqui cau- 
pones resideant, Sed intrent comuniter civitatem , et ibi 
suas nendiciones exerceant more debito et consueto. 

#) Preuenhuber, S.52, lieferte von diefer Urfunde nur ei: 
nen kurzen Uuszug. Sie hat das Datum: Wien, Ertag 
vor Palmarum (am 17. Yprif) 1356. i 

**) „Auch baben wir gefabt vnd ſetzen mit difem brieff, Das 


Riemandts vmb Lyntz Inwendig einer gantzen Meili wegs 


dhain Schenkhauß hab.“ — Von dieſer Urkunde wird wei— 
ter unten die Rede ſeyn. Beylage Nro, XXXVI. 


1 


ese 1()() «-- 


Meilenrecht, und die fpateren Regenten folgten ih— 
rem. Benfpiele *).. Von dem barten Urtbeile, das 
È. Friedrich 1485 gegen die Bemobner des Ufers 
bey Linz ergeben ließ, ift fon weiter oben Ermabe 
mung geſchehen. Derfelbe hochgeprieſene H. Rudolph 
hat 1363 Das Unheil deg Meilenrechtes auch in der 
Umgebung von Frenftadt verbreitet. Innerhalb einer 
Meile durfte dort niemand Wein, Meth oder Bier 

ausſchenken, ausgenommen man hatte dieſe arco i 
cinem Dortigen Burger abgefauft**) 

Die landesfürſtlichen Märkte a den Stadten 

in Rückſicht des Handels, und wahrſcheinlich alfo auch 
in Rückſicht des Meilenrechtes gleich gehalten. Krie⸗ 
ge, vorzüglich aber die Nebellionen der Bauern und 
Die Unachtſamkeit der bürgerlichen Behörden, welche 
unverſtändliche und unleſerliche Schriften als unnütze 
Dinge ganz unbekümmert ihrem Schickſale überlie— 
ßen, haben die alten Urkunden zu Grunde gerichtet 
und vertilget. Einige wenige ſind im Markte Perg 
vom Untergang errettet worden. Das Privilegium , 
welches K. Ottokar den dortigen Bürgern 1269 apr 





HAlhrechts und Leopoldé Vefratigung bat das — An 
Gant Johanns Abent gu Sunwenden.“ — Ladieélaus er: 
neuerte ſie: „Wir Laslaw .... thuen khundt offentlich.. 
das in ainer Meilwegs vmb Lynb Niemandt khain ſdenck⸗ 
hauß habe, das von hertzog Albrechten vnſern vrehnen vnd 
hertzog Leopoldten ſeinem brueder beſtaͤtt it... Gebén gu 
Wienn, am ſant Erafm tag (am 3. Junius), Nod Chriſti 
geburt 1453-44 

**) Die Beweisſtelle iſt ſchon oben beym Straßenzwang von 
Freyſtadt vorgefommen · „Das Niemandt wer der ſey, Edl 
oder vnedl, Inner ainer Meyll vmb die Statt khainen 
mein, Meth noch Pir ſchenckhen fol, Er hab es dann ge: 

> Fpaufft von ainem Burger in der Statt dafelbs. 


sec 101 —- 


liehen bat *), wurde ihnen von den Gerzogen Albrecht 
und Otto 1335 erneuert **). Der Inhalt deſſelben 
betrifft freylich nur die Mauthfreyheit ihrer eigenen 
Bedürfniſſe, aber im dieſem Vorrechte werden ſie 
ausdrücklich den Bürgern der Städte gleichgeſtellt. 
Die ſogenannten Ladſtätte, die den Landleuten außer— 
halb der privilegirten Märkte unterſagt waren; bür—⸗ 
gerliche Gewerbe und uneingeſchränkter Handel, wie 
ihn die Stadtbürger trieben, waren eben ſo in den 
Bannmärkten wie in den Städten die hohen Vorrech— 

te der Bürger, welche von unſern Landesfürſten vom 
dreyzehnten bis sum achtzehnten Jahrhundert ſehr vft 
find ermenert worden ***), Nur daran könnte man 


*) Heft. unter den Konigen Ottokar und Albrecht, Th. I. S.49. 
#*) Wir Albr (lic) ind Dit, von gottes gnaden Hertzogen je 
Oſterr. vnd ze Steyr. Veriehen vnd tun hunt offenfiden 

mit Difem brief, allen den, Die inanfebent, fefent, oder 
horent fefen, daz wir mit guter gewizzen und chuntſchaft, 
des mol beweiſet ſein, vmb die Leut ze Perge, daz die alleu 
die reht habent ze verfuren ir wein, ir Getrayd vnd andreu 
dinch, der fi bedurfent, auf wazzer vnd auf Land, 
als vnſer Purger ze Ens vnd ze Lyntz, vnd ander vnſer 
Leut in vnſern Steten recht habent, vnd wan die vorge⸗ 
nanten Leut von Perg ir brief, die ſie vber diſelben reht 
habent gehept, verloren habent, beſteten wir in dieſelben 
reht, von beſundern gnaden alſo daz ſie die fuͤrbaz an atte 





ſeumung vnd irrung haben ſullen in aller der weis als vnſer 


burger ze Ens, ze Lintz, vnd ander vnſer Leut in vnſern 
Steten habent, vnd daz in daz alſo ſtete vnd vntzebrochen 
fuͤrbaz beleibe, geben ir diſen brieff ze einem offenn vr— 
chund vnd ſtetichait, beſigeltn mit vnſern anhangunden In⸗ 
figelm . Der je Lintz geben iſt, do man zalt von Chriſtes ge. 
burd taufettt. brevbundert Kar, barnad in den funf vnd 
Dreizzigiften Sar, Des nabiten Samztages vor fand Phi- 
lipps vnd fand Jakobs tag (am 29: Upril). — Zwey anban: 
gende Siegel. 

#**) Lon den Ladfiatten der Buͤrger von Perg geſchieht in den 
Urfunden von Grein oͤfter Erwaͤhnung. Vom Handel der 


zweifeln, ob die Blirger der Marfte Oeſterreichs eben 
fo wie die Bürger der Stadte nad Venedig bandeln 
Durften. Urfunden darüber find bisher noch nicht aufs |, 
gefunden worden; deſſen ungeachtet fann man die 
Moöglichkeit nicht anftreiten, denn zur Zeit, im wel⸗ 
‘ Mer das ganze Negierungsfnftem nicht auf meifen, 
allgemein verbindlichen Geſetzen, fondern nur auf 
Willkühr und Privilegion berubte, famen die fonder: 
barften Dinge zum Vorſchein. Wenn es gleich wirk— 
lich irgend einen allgemeinen Grundfag als Richt⸗ 
ſchnur gegeben bat, fo verſchwand die Befolgung def: 
felben beynahe ganz durch Verleihung unzabliger Pris 
vilegien, die demfelben widerſprachen. So , z. B. be 
fafen in den fruberen Zeiten die Bürger der Stadte 
ausfohliefiend das Recht, Handel und Gewerbe zu 
treiben; doch fpaterbin nabmen auch die Bürger der 
landesfürſtlichen, und fogar and der, verſchiedenen 
Herrſchaften untertbdi.igen, Marfte Antheil an die: 
ſen Vorrechten, und das Dorf Iſchel mard in diefem 
Stücke den Stadten gleicigeftellt. Der Handel nad 
Venedig wurde nur den Städtebürgern erlaubt; aber 
unfre Derzoge fügten in den Urfunden hierüber ſogleich 
den Beyſatz binzu, daß fie ſich das Recht vorbebalten 
mwollten, aud Undere nach Belieben mit diefer Dane 
delsfrenbeit zu begnadigen. Es mogen Viele fo ein 
Privilegium erbalten haben, nur find die Urfunden 
hierüber verloren gegangen. 


Sechſter Abſchnitt. 
Einſchraͤnkungen der Kaufleute in Ruͤckſicht der Kraͤmer. 


Solange es einen Handel gab, hat es auch Kauf⸗ 
leute und Krämer gegeben, das heißt, Leute, die im 








Buͤrger in Maͤrkten ſpricht È. Marimilian in der Verord⸗ 
© nung vom Jahre 1496, welche in der Beplage Nro, XX. 
abgedruckt ift. 


ue 1()3 22 


Ganzen oder Großen bandelten, und Undere , welche 
die Waaren im Kleinen, nad Ellen und Pfunden, 
verFauften. Da auch unter den Waaren ein unges 
mein großer Abſtand fil vorfindet, fo mar es der 


Sitte des Mittelalters und dem allgemeinen Hange, 
fich an feines Gleichen anzu —— —— ⸗ 
mai, daß ſich ſchon fruhzeitig die Kaufleute nach dem 
Unterſchiede der Waaren, mit welchen ſie handelten, 
von einander trennten, und verſchiedene Innungen 
bildeten: es gab dann Kaufleute, Kramer und Tändler. 
Nicht ſoviel koſtbare Waaren: feine Tücher, Sammet, 
Seidenzeuge, u. ſ. w., ſondern eigentlich der Handel 
im Großen oder Kleinen erzeugte den Unterſchied zwi⸗ 
ſchen Kaufleuten und Krämern, obgleich es unter 
letzteren wieder verſchiedene Abſtufungen gegeben hat. 
Die Innungen der Kaufleute und Krämer frane 
den geſchloſſen da, aber noch waren zwiſchen ihnen 
die Graͤnzen nicht beſtimmt, mo der Handel der einen 
aufhoren und der andern anfangen follte. Die Kauf— 
leute bandelten nad) ihrem Belieben bald im Großen, 
bald verſchmähten ſie aud den Kleinhandel nicht, 
und thaten dadurch den Krämern einen empfind— 
lichen Abbruch. Es entſtanden Klagen, welche den 
H. Friedrich den Schönen veranlaßten, durch eine 
Verordnung im Jahre 1312 genauer zu beſtimmen, 
was für Kaufleute und Krämer in Wien Rechtens 
ſey. Es wurde von ihm zu ihrem Vortheile feſtgeſetzt, 
daß ausländiſche Kaufleute miteinander durchaus nicht 
handeln ſollen. Inländiſchen Kaufleuten wurde der 
Handel mit Ausländern in Wien ebenfalls unterſagt, 
aber ſie ſelbſt durften miteinander Handel treiben, je— 
doch mit der ausdrücklichen Bedingniß, daß die Waa⸗ 
ten wenigſtens einen Viertelcentner am Gewicht be— 
tragen mußten, man mochte ſie dann nach der Wage, 


mea 104 2% 
nach der Anzahl oder nach einem gewiſſen Maß vere 


kaufen. Die Aufſicht über die Stadtwage blieb wie 


zuvor Den Kaufleuten und Krämern zugleich über— 
laſſen *). — 
Dieſe Verordnung, welche in den Jahren 1348 
und 1375 erneuert wurde, trug auffallende Gebre— 
chen an ſich, denn da die Gränzlinie zwiſchen Groß— 
und Kleinhandel nach dem Gewichte eines Viertele 
eentners beſtimmt wurde, fo fielen koſtbare und gang 
gewöhnliche, theure und wohlfeile Waaren in eine 
Claſſe zuſammen. Dazu fam noch, daß die Kauf— 
leute, deren Handel dadurch gar zu ſehr eingeſchränkt 
wurde, häufige Auswege fanden, zum Schaden der 
Krämer den Handel ſowohl im Großen als im Kleinen 
gu treiben. Die Klagen der bedrängten Krämer wur—⸗ 
den endlich ſo laut, daß ſie zu den Ohren H. Albrechts 
kamen, der ſich 1432 entſchloß, die Sermetra grane 
ben Unfug der Reichen zu ſchützen, und die Granzen 
der Befugniffe der Kaufleute genquer zu beſtimmen. 
Seine Verordnung enthält Folgendes **): 
Der Herzog hat den Kaufleuten und Krämern ein 
Verzeichniß von Waaren übergeben laſſen, in mel 
chem das Quantum bezeichnet iſt, nach welchem ſich 
der Handel der Kaufleute richten müſſe; weniger, 
als dieſer Maßſtab ausweiſet, von irgend einer Waare 





— * 


*)Ranch, T.TII p. 123. Wir ſetzen auch vnd gebieten, daz 
die Purger vnd Chaufleute die ſint geſe zzen in den ſteten in 
Oſterreich (von Buͤrgern der Maͤrkte geſchieht noch keine 
Erwaͤhnung) ainer von dem andern ge Wienne chauffen 
muͤge Chaufſchaͤtze uͤber ein virtail eines Centen, vnd nicht 
darunder, ez ſei parchant, Scheter, Pheffer, oder ander 


dinch die man verchauffet mit der wag, mit der tzal, oder 


mit der mazze. 
**) Beylage Nro. XXII. 


2 105 28 


zu verkaufen iſt ihnen verbothen, denn dort fängt der 
Kleinhandel der Krämer an*). Der Handel mit ge⸗ 
goſſenem Wachs bleibt ausſchließend den Wachsgie⸗ 
ßern vorbehalten und wird den Kaufleuten ſowohl als 
den Krämern unterſagt. Mit Sammet und Damaſt, 
welche die Krämer nach der Elle verkaufen, können 
die Kaufleute nad Belieben handeln. Ein Eonfect 
von Venedig nach Wien zu bringen, iſt den Kaufleu— 
tenunterfagt, und fie und die Krämer dürfen es nicht 
feil baben und verfaufenz mas fie aber davon zu ibrem 
cigenen Hausbedarf nöthig baben, ift ihnen berbenzue 
bringen erlaubt. Der Handel mit Eonfecten fommf 
ausſchließlich den in Wien anfaffigen Apothekern gu, 
welche Confeete bereiten und verkaufen *). Unge⸗ 


— 


*) Dieſes Regiſter hat ſich leider nicht mehr vorgefunden, wes⸗ 
wegen ein Paar Stellen in der Urfunde dunfel bleiben. 
par Das Vort: Confect, bedeutet uͤberhaupt aus oder mit Zu⸗ 
cker gebacfene Speifen, oder mit Zucker eingemachte efibare 
Dinge. Es ſtammet von dem Lateiniſchen Wort aus dem 
Mittefalter, Confectio, ab, tvorunter man eiti Urzenen= 
mittel verftand; daher Confectionarius, ein Apotheker. 
Mit confectio find Confectae verwandt, welches in Zucker 
cingemadte Frudte bedeutete. Du Fresne: confectae: 
Fructus faccharo conditi, Gall. confitures: Soon im 
Sabre 1333 hießen confectaeZuderbaderenen , alfo auch 
die Bueferbader: Apothefer. Ben dem Worte camer- 
lengus, Kaͤmerer, mird fofgende Stelle angefuͤhrt: Ma- 
jor Chica lengus, fi praefens fuerit, fuum debebit offi- 
| cium perfonaliter exercere , videlicet figillum noftrum 
i fecretum portare... fpecies et confectas, et fructus, cet 
fimilia ad officinm Apothecarii pertinentia, quae extra 
menfam comederemus, facto gustu nobis minifirare, 
etc. + Cf. Cod. Aust, T. ITI, p.271. Ypothefer Ordnung 
vom Fabre 1689. In diefer beifit e8 : ,,Bon etlichen Con: 
fecten , oder mit Zucker uͤberzogenen Arznepen , u. f. m ‘4 
Soon È. Friedrich IL. erließ Berordnungen fur die eigente 
lichen Apotheker. Fiſcher, Handelsgeſchichte, I. 792. — 





db 106 cao 


bleichte Leinwand und Zwillich dürfen mur die Lein⸗ 
wandhändler nach Ellen und Stücken kaufen und ver⸗ 
kaufen; gebleichte oder gefärbte Leinwand und Zwil⸗ 
lich gehören aber nicht mehr zu dem ihrer Innung zu⸗ 
geſtandenen Handel. Die Krämer dürfen nicht nach 
Venedig fahren, reiten, oder jemanden um Waaren 
dahin ſchicken; was ſie von Venetianiſchen Waaren, 
die ihnen zu verkaufen erlaubt ſind, nöthig haben, 
müſſen ſie von den privilegirten Kaufleuten in Wien 
einhandeln. Wollte cin Kramer ſelbſt nach Venedig. 
fahren und ſich dort Waaren einkaufen, ſo müßte er 
aus der Krämerzunft austreten, ‘cin Kaufmann mere 
den, und auf die Krämerey Verzicht thun. Eben ſo 
müßte der Kaufmann, der nicht nach Venedig reiſen 
und ſich mit dem Kleinhandel abgeben wollte, die 
Kaufmannſchaft aufgeben und ein Krämer werden. 
Das Wagehaus behalten die Kaufleute und Krämer 
unter ihrer Aufſicht, wie dieß von jeher gewöhnlich 
war; ſie erwählen vier Wäger und Unterkäufler, 
ſtellen ſie dem Stadtrathe vor, und laſſen ſie von dem⸗ 
ſelben beſtätigen. Die Gefälle, welche auf dem Wa 
gehaus eingehen, werden zum Beſten der Stadt vere 
wendet. Die Urkunden, welche die Kaufleute und 





Beckmann, Beytraͤge zur Geſchichte der Erfindungen, Th. 
II, S.502,0faat: „Es ſcheint, daß man anfaͤnglich nicht 
vermuthet bat, daß die Apotheker bey ihrem Gewerbe ſich 
ſobald und leicht, als jetzt moͤglich iſt, bereichern wuͤrden; 
deswegen hat man ihnen noch mancherley andere Vortheile 
zugewendet, vornehmlich Den Handel mit Confect und Zu 
ckerwerk, worin die beſten Delikateſſen damals beſtanden. 
Von dieſen Leckereyen mußten ſie an vielen Orten, quaſi 
pro recognitione, dem Magiſtrat ju einem Feſte Geſchenke 
machen, und vermuthlich ſchreiben ſich daher, die Neu: 
jahrsgeſchenke an Zucker, Magen-Marſeille, Marzepa— 
nen, u dgl. her.“ ————— 


sno 1)7 «se. 


Kramer über ihre Privilegien erbalten haben, milffett 
auf dem. Rathhaus abgegeben und dort aufbemabret 
werden; haben fie cine oder mebrere derfelben nöthig, 


ſo gibt man fie ihnen heraus, aber fie muffen getreus 


lich wieder zurückgeſtellet werden. Die Berfammluns 
gen der Mitglieder der Innungen in der Stadt find 
ſchon feit Langer Seit verbothen, ausgenommen fie 
werden auf Dem Raͤthhaus in Gegenwart ciner oder 
zweyer Magiftratsperfonen gebalten. Diefes Verboth 
muß aucd von den Kaufleuten und Krämern gehalten 
- werden; ſie dilrfen meder auf dem Wagehaus no 
andersmo cine Verfammlung veranftalten,, wenn 
nicht cime oder 3iwen Magiftratsperfonen, die nicht 
gum Handelftand geboren, derfelben benmobnen. Die 
Uibertreter diefer gegenmartigen Berordnung wird der 
Herzog firenge beſtrafen. 

iefe Berordnung mar nach dem eigenen Geſtänd⸗ 
niß H. Albrechts die Frucht einer reifen Uiberlegung 
und eines langen Berathſchlagens mit feinen Mini: 
ſtern und andern teifen Mannern; und dod fab er 
ſich ſchon im dritten Fabre genöthiget aufrichtig zu 
gefteben, daß er cinen Mifigriff gemacht, und darin 
Manches zu hoch, Manches zu niedrig angeſchlagen 
habe: ſo ſchwer und unklug iſt es, dem Handel alle 
Schritte, die er gehen ſollte, genau vorſchreiben, 
und ihn, aller Freyheit beraubt, immer am Gängel— 
band führen zu wollen *). Der Handel zwiſchen Su: 
und Ausldndern gerieth in fo grofie Verlegenboeiten , 
daß cime ſchnelle Abhülfe nöthig wurde. Det H. AL 
brecht hatte 1435 eben einen Feldzug gegen die ſchreck⸗ 





*) Der goldene Denkſpruch: Lailsez nous faire, war damahls 
noch nicht, freylich zu großem Schaden des Handels, mes. 
der gedacht, noch weniger ausgeſprochen. 


dee 108 = 


ichen Huſſiten angetreten, und befand fi in Brini}. 
aber felbft fo wichtige und gehaufte Geſchäfte konnten 
ihn nicht abbalten, dem Uibel , das feine obige Vere 
ordnung erzeugte, fogleid) cin Ende ju maden, und 
Den Handel von den ſchweren Feffeln, die er ibm ange⸗ 
legt batte, wieder zu-befrenen. Er befahl nun, daß 
man ſich bis zu feiner Zurückkunft aus dem Lager ine 
deſſen an folgende verbefferte Ordnung halten follte®) a 
Den Raufleuten iſt es erlaubt, Waaren, die nad 

Der Wage hingegeben werden, pfundiweife zu verkau⸗ 
fon; weniger als cin Pfund davon zu veräußern if 
ihnen verbothen. Waaren, die nach der Elle wegge⸗ 
hen, dürfen ſie nur in ganzen Stücken verkaufen; 
ausgenommen ſind Seidenzeuge, Sammet, Da— 
maſt, Atlaß und alle Zeuge, in welchen eingewirktes 
Gold oder Silber erſcheinet: ſolche Waaren können 
Die Kaufleute auch ellenweiſe, aber nicht in noch klei— 
nerer Größe verkaufen; und eben ſo auch ganze Spu⸗ 
len Golddraht, aber nicht weniger. Den Kaufleuten 
wird auch erlaubt, mit Oehl und Wachs zu handeln; 
jedoch darf beym Verkauf das Gewicht davon nicht 
geringer als ein Vierteleentner ſeyn. Da durch dieſe 
Anordnung die Krämer in manchen Stücken beein⸗ 
trächtiget wurden, fo ward ihnen zum Erſatz die Be— 
fugniß ertheilet, ſelbſt nach Venedig zu fahren, oder 
durch Stellvertreter ſich von dorther Waaren kommen 
zu laſſen, und alles, was nach der Wage hingegeben 
wird, im Großen und Kleinen zu verkaufen. Krämer 
mußten zuvor an einem beſtimmten Plage ihre Waa⸗ 
ren feil biethen; nun wurde ihnen erlaubt, in ihren 
eigenen Häuſern, wenn ſie eines eigenthümlich beſa— 
ßen, nad der allgemeinen Vorſchrift Handel ju trei⸗ 





*) Beylage Nro. XXIII. 


— 109 ** 
ben. Die Hinderniſſe, die man den Krämern bep dem. 
Wagehaus und aud fonft ben ibrem Handel in den 
Weg legte, verfprad der Herzog ben feiner Zurück— 
kunft aus dem Felde gu befeitigen, und cine unver— 
brüchliche Handelsordnung bekannt zu machen. — 
Spaͤtere Anordnungen über den Handel der Kauf—⸗ 
leute und Krämer übergehen wir als unbedeutende 
Menerungen v) Ci 
‘Was 5. Albrecht fpaterbin in Rückſicht des Ganz 
dels verordnet babe, ift uns unbefannt. Das beftan: 
dige Wechſeln in Aufftellung verſchiedener, ſich wi⸗ 
derſprechender Handelsordnungen war die Folge der 
gänzlichen Unbekanntſchaft mit dem wahren Geiſte des 
Handels. Damahls wahnte man noch, daß es gu ſei⸗ 
nem Flor nicht genüge, ihn durch eine geräuſchloſe 
Oberaufſicht ganz unmerklich zu leiten; man hielt es 
für unentbehrlich, ihn durch mzehlige Befehle und 
Privilegien hervorzurufen, ju befördern und für fei- 
ne Dauer zu ſorgen. Wenn es nur um Befehle zu 
thun wäre, fo würde der Handel gewiß in allen Lana 
dern vortrefflich gedeihen, was doch keineswegs durch 
die Erfahrung beſtätiget wird. Er blühet nur dort, 
wo ihn eine weiſe, uneigennützige und väterliche Auf⸗ 
ſicht des Fürſten vor rauberiſchen Angriffen ſchützt, 
von allen unnützen Feſſeln befreyet, und ihm die 
möglichſte Freyheit geftattet. Ben Straßenzwang und 
haäufigen Stapelrechten, bey übermäßigen Zöllen und 
unausſtehlichen Monopolien verläßt der Handel ein 
unglückliches Land, und ſucht ſich eine ruhigere, mehr 
gaſtfreundliche Stätte, wo ſich ein freyeres, reges 
Leben findet. 
*) Guarient, Th. IT.S. 65. Vertrag zwiſchen den Niederlaͤ⸗ 


gern und “Raufienten in Wien wegen des Kleinhandels, 
‘ pom Fapre 1671. 





nes 110 fede 


Noch muf die Bemerfung bengefiget werben 
daß man das Wort: Krämer, nicht in unſerem heu⸗ 
tigen, ſondern im damahligen Sinne nehmen und 
verſtehen müſſe, wo es im Gegenſatze der Großhänd⸗ 
ler nur Raufleute bedeutete, die den Kleinhandel nad 
der Elle und nad dem Pfunde, jedoch felbft mit den 
Foftbarften Waaren trieben. Sn den nachfolgenden 
Sabrbunderten murden unter den Handelsleuten noch 
ſchärfere Linien des Unterſchiedes gezogen. Die alter 
Krämer ſchwangen ſich zur Würde der Kaufleute, und 
überließen ihren Namen der ärmſten und niedrigſten 
Claſſe unter ihnen, welche ſich mit dem Handel der 
unbedeutendſten Dinge abgaben, die man ſogar in 
Döorfern ohne Widerſpruch der Städtebürger verkau⸗ 
fen durfte. — Da Wien den übrigen Städten bey in: 
neren Einrichtungen faſt immer als Muſter voranging 
und den Ton angab: fo dürfen wir mit vieler Wahr⸗ 
ſcheinlichkeit annehmen, daß obige zwey Handelsord⸗ 
nungen allenthalben als eine allgemeine Regel befoh⸗ 
len oder doch ennen wurden. 


Siebenter Abſchnitt. 


Einſchraͤnkungen der buͤrgerlichen Handwerker in Ruͤckſicht 
des Handels. 


Alle Handelsprivilegien, von melden bisher die 
Rede geweſen iſt, find den Bürgern der landesfürſt— 
lichen Städte und Märkte und noch einigen wenigen 
Begünſtigten verliehen worden, ohne daß ein Unter⸗ 
ſchied zwiſchen ihnen in Rückſicht ihres Gewerbes ge⸗ 
macht wurde: ein jeder Bürger hatte die Befugniß 
Handel zu treiben. Die älteſten uns bekannten Urfune 
den, in welchen vom Handel in Oeſterreich Erwäh— 
nung geſchieht, machen keinen Unterſchied zwiſchen 


— 7 11 — 


Blirgetn, und im drenzebuten Sabrbunderte noch war 
ganz gewiß cin jeder bansgefeffener Bürger berechti= 
get, mit allen ibm beliebigen Dingen:Dandel zu treie 
ben, denn vom Gegentheile erſcheinet auch nidjt die 
mindefte Spur, und die Stadtprivilegien machen 
hierin zwiſchen Bürgern keine Ausnahme. Erft das 
vierzehnte Jahrhundert ſtellte hierüber neue Grund⸗ 
ſätze auf, theilte die Bürger nach ihren Gewerben in 
verſchiedene Claſſen ein, machte einen Unterſchied 
zwiſchen Handwerkern, Gaſtgebern und anderen be— 
hauſeten Bürgern, und beſtimmte einer jeden dieſer 
Claſſen den Antheil, den ſie an den verliehenen Han— 
delsvorrechten zu nehmen befugt ſeyn ſollte. H. Al⸗ 
brecht der Lahme geboth im Sabre 1340, daß kein 
Gaſtgeber in Wien zugleich Kaufmann ſeyn ſollte; er 
ließ aber den Bürgern die freye Wahl, welchen Stand 
ſie von. diefen beyden ergreifen mollten*). Sn Linz 
wurde Diefer Unterſchied zwiſchen Handwerkern und 
anderen Bürgern erſt 1390 geſetzlich beſtimmt, und 
nur letzteren, wenn ſie Haͤuseigenthümer waren, 
der Handel mit Salz und Wein, erfteren aber bloß 
mit ibren Fabrifaten und Allem, was zu ihrem 
Handwerk gehörte, von dem Landesfürſten zugeſtan⸗ 
Den *). Dieſe neue Einſchränkung war den bürgerli⸗ 
chen Handwerkern äußerſt läſtig, und wurde ungeach⸗ 
tet einer neuen landesfürſtlichen Beſtätigung ſchlecht 
befolget. Die Bürger beriefen ſich auf ihr neues aus— 
ſchließliches Vorrecht, und die Handwerker auf ihre 





*) Rauch, T. III. p.53. Swelich purger gaſtgeb iſt, der fol 
weder innerlandes, noch auzzerlandes dhain choufman⸗ 
ſchaft nicht treyben. Er fol bei der ainem bleiben, vnd ſei 
gaſtgeb, vnd nicht coufman/ oder er ſei choufman, vnd 
nicht gaſtgeb. 

**) Beylage Nro. XXIV. 


* 


222112 -+-= 


Handelsbefugniß, die fo alt als die Stadt wäre. 
Beyde Theile mendeten ſich an den RK. Albrecht, und 
dieſer that 1438 den Ausſpruch, daß es bey der Sands | 
delsbefMranfung der Handiwerfer verbleiben follte; 
aber letzteren dürfen es die Bürger nicht verwehren 
Wein und Salz zu ihrem eigenen Hausbedarf von 
wem immer zu kaufen. Der Handel mit Allem, was 
zu ihrem Handwerk gehört , bleibe ihnen frey, und 
mabrend der Jahrmaͤrkte in Linz dürfen fie in ihren 
cigenen Häuſern felbft Wein ausſchenken oder von 
anderen Hauseigenthümern ausſchenken laffen, nur 
muffe diefer Wein nicht von Auswärtigen, fonderti 
von Den Burgern in Linz erfauft werden Zugleidh 
ſprach Albrecht den Handwerkern die Befugniß zu, 
daß ſowohl Bürger von Linz als auch Auswartige in 
den Häuſern derſelben waäͤhrend der Jahrmärkte ihre 
Waaren ablegen und verkaufen dürfen. Zur Auf— 
nahme der Rechnungen über Steuern und andere 
Forderungen und zu Berathſchlagungen über allge— 
meine Angelegenheiten der Stadt ſollen immer drey 
oder vier der tauglichſten Handwerker beygezogen were 
den und auch dem Schrannengerichte beyfitzen, wenn 
ſie mit den nöthigen Kenntniſſen begabt find. Geheime 
Verſammlungen und Bündniſſe ohne Wiſſen und 
Willen des Magiſtrates ſind ihnen verbothen; haben 


ſie gegründete Klagen, ſo ſollen ſie dieſelben dem 


Stadtrichter und den Räthen vortragen; würde man 
ihnen dort nicht Abhülfe leiſten, ſo ſteht ihnen der 
Weg offen, den Landesfürſten oder ſeinen Anwalt um 
Beyſtand anzurufen*). 

Den eigennützigen Bürgern, die kein Handwerk 
trieben, iſt es gelungen, die Handwerker bene von 





*) Beylage — XXV. 


so 115 nova 


allem Handel zu entfernett, und auf diefe Weiſe ihr 
Monopolium immer mehr gu ſichern. Uber nad) eini⸗ 
gen Jahren lehrte die Erfahrung, daß ſich die Lana 
desfürſten, welche den bandelnden Bürgern derglei: 
chen Privilegien ertheilten, geirret, und anftatt ih— 

rem Borgeben gemafi den Stadten dadurch aufzubele 
fen, denfelben einen auffallenden Schaden verurfacht 
haben: Wenige bereicherten ſich, die grofiere Unzabl 
der Bürger verarmte, und die Landesfürſten ſahen 
ſi ch genöthiget, dem wachſenden Uibel —* eine ſchleu⸗ 
nige Abhülfe Einhalt zu thun, und die Strenge unvor—⸗ 
ſichtig ertheilter Monopolienrechte zu lindern. Selbſt 
K. Friedrich, der doch feſt an allem Alten klebte, 
fand die zu große Einſchränkung der Handwerker in 
Rückſicht des Handels ungerecht, und befreyete ſie 
wieder in manchen Stücken von dem harten Drucke 
ihrer habſüchtigen und immer weiter um ſich greifen⸗ 
den Mitbürger. Er verordnete im Fabre 1401, daß 
es den bürgerlichen Handwerkern wieder erlaubt ſeyn 
ſollte, Wein zu ſchenken und mit ihren Erzeugniſſen 
freyen Handel zu treibeni Die nämliche Befugniß 
ward von ihm auch den Rathsmännern und allen 
übrigen Bürgern erneuert, Verehelichet ſich, heißt 
es weiter, ein Bürger oder Bürgersſohn mit der 
Witwe oder Tochter eines Handwerkers, ſo iſt er 
befugt, alle Rechte deſſelben Handwerks auszuüben. 
Eben daſſelbe gilt auch, wenn Handwerker oder ihre 
Kinder in die Familien der Bürger heirathen, die 
kein Handwerk treiben. Begebrt cin Handwerker in 
die Zabl der Bürger aufgenommen zu werden, fo 
darf ibm der Magiftrat die Verleihung des Burger 
rechtes nicht verweigern. Dem Adel Haufer oder 
Grundſtücke innerhalb des. Burgfriedens der Stadt 
zu verfaufen ift verbothen. Geheime Zuſammenkünfte 

te] 


ne 17 4 nes 


und Widerſpänſtigkeit gegen die Hbrigleit Diete pid 
Handwerkern unterfagt 3). 

K. Marimilian erleichterte neuerdings 1408 das 
Schikſal der Handwerker in Linz, und erlaubte ihnen 
den Getreid⸗ und Salzhandel. Die, Befugniß, Wein 
zu ſchenken, ſollten ſie während der Jahrmärkte, wäh⸗ 
rend der Anweſenheit eines Landesfürſten, und jabre 
lich vom Weihnachtstage angefangen bis gum erſten 
Sonntag in der Faften mie dic übrigen Burger ausü—⸗ 
ben und von dem Zwange befrenet feyn, deri Woein, 
den fie ausſchenken, von niemanden als nur vori einem 
dortigen Buͤrger kaufen zu dürfen. Wollen Handwer⸗ 
ker dieſe vortheilhaften Freyheiten genießen ſo müſſen 
ſie in Linz ein Haus eigenthümlich beſitzen. Zu der 
Berechnung und, Austheilung der jährlichen Stadt⸗ 
ſteuer miiffen drey oder vier taugliche Handwerker 
beygezogen werden, welche ein ganzes Jahr — 
Beyſitzer des Stadtrathes verbleiben**). 

Da deſſen ungeachtet zwiſchen den Burgen und 
Handwerkern in Linz immer neue Streitigkeiten über 
Dinge entſtanden, welche in den vorhergehenden 
Stadtordnungen nicht genau beſtimmet wurden, ver⸗ 
nahm È. Ferdinand bende Theile, ſah ihre alten Pri⸗ 
vilegien ein, und machte 1530 folgenden Ausſpruch: 

Nach den Verordnungen K. Friedrichs und K 
Maximilians iſt es den Handwerkern erlaubt, zur 
Zeit der Jahrmärkte, der Anweſenheit Des Landes: 
fueften, und von Weibnachten bis gum erſten Sonn⸗ 
tag in der Faften Wein und Bier zu ſchenken. Wir 
erlauben ihnen, fagt Ferdinand , aber auch für ande⸗ 
re. Zeiten des Jahrs, fo oft ifmen dieß qui und vor⸗ 





*) Beylage Nro. XXVI. 
#*) BeplageNro XXVII. 


ne 115 > 


theilbaft erſcheinet, Wein und Bier im Aus⸗ oder 
Inlande zu faufen, in ihre Häuſer zu bringen, und 
big zur oben beftimmten Zeit des Ausſchenkens liegen 
gulaffen. Handwerker, welche cigene Weingdrten be 
fiben, fonnen ibren Bauwein gleich nad) der Lefezeit 
oder nach iprem Belieben zu cimer andern gelegenen 
Beit in ihre Haufer nad) Linz bringen, jedoch darf 
Die Mauth für Feinen Fall binterliftig umgangen mer 
den; mer ſich dieſes Vergehens ſchuldig madt, wird 
lebensldnglich Diefer hier verliehenen Gnade verluftig, 
und verfallt noch über dieß in eine befondere Strafe. 
Buͤrger und Handwerker ſollen ohne gegenfeitige Sin 
derung ihre Gewerbe wie bisher ruhig forttreiben, ſie 
mögen dann klein oder groß genannt werden. Haben 
Handwerker ihre Häuſer an Inwohner verpachtet, ſo 
haben ſich bisher die Bürger das Recht herausgenom⸗ 
men, die Ausübung der Gewerbe, die auf ſolchen 
Häuſern hafteten, zu verbiethen, und den wahren 
Hausbeſitzern alle Handelsrechte abzuſprechen, tele 
cher Unfug nach der Verſicherung des Kaiſers zum 
Verfall vieler Häuſer und gum Schaden des gemei: 
nen Stadtweſens vieles beygetragen hat. Deswegen 
befahl nun Ferdinand: Wenn ein Handwerker ſein 
Haus, oder wenn er mehrere beſitzt, ſeine Häuſer, 
anz oder gum Theile Bürgern gegen einen Zins 
uͤberläßt, ſollen letztere, ungeachtet ſie nur Inwoh— 
ner ſind, keineswegs gehindert werden, bürgerliche 
Gewerbe zu treiben. Der Bürger, der in ſeinem ei⸗ 
genen, oder im Hauſe eines anderen Bürgers oder 
Handwerkers wohnt, genieße immer gleiche Rechte. 
Eben fo wenig verliere der Handwerker fein Haus 
recht, wenn er einen Theil ſeines Hauſes oder auch 
das ganze Zinsleuten überläßt; weder die Bürger 
der Stadt, noch ſeine Inwohner oder auswärtige 
8 Li 


Pa ie a 1 16 © ® 


Handelsleute koönnen oder dirfen ibn hindern, ſich 
der Keller, Gemolbe und anderer Gemächer ſeines 
Hauſes nad) feinem Belieben zu bedienen, und dort 
Meine und andere Saden aufzubewahren. Um 
Schluße diefer Berordnung forderte der Kaifer von 
Bürgern und Handwerfern die genanefte Befolgung 
Derfelben, und drohte den Uibertretern feine8 Be— 
fehls die kaiſerliche Ungnade und cine {were Strafe 
an). J— 
Um nicht weitläufig zu werden, begnügen wir 
uns mit den angeführten Verordnungen, welche es 
deutlich genug ausſprechen, welch unſeliger Monopo⸗ 
liengeiſt unter der höhern Claſſe der Burger in Linz 
herrſchte, und mie ſich dieſe beſtrebte, die Handwer— 
ker immer tiefer in den Staub zu drücken und von 
allen Handelsvortheilen auszuſchließen. Der bürger⸗ 
lichen Würden und Aemter batten ſie ſich bereits be— 
meiſtert; deſto leichter mußte es ihnen gelingen Pri⸗ 


vilegien zu erſchleichen, welche ihren Anmaßungen 


geſetzliche Kraft gaben. Dieß dauerte fo lange, bis 
die Folgen der Kurzſichtigkeit der alten Fürſten, wel⸗ 
che voreilig zum Schaden der größeren Bürgeran— 
zahl Privilegien verliehen, und auch die Folgen der 
Herrſch-⸗ und Geldſucht der in der Stadt regierenden 
Oberzunft ſo anffallend wurden, Daf ſich die fpateren 
Regenten entſchloßen, dieſes Unmefen nicht Langer 
mebr zu dulden, und die ſchädlichen Borredte eini— 
ger Beglinftigten zu beſchränken oder gänzlich abzue 
ſchaffen. 





#) Das Datum dieſer Urkunde iſt: „Geben in des heilligen 
Reichs fiat zu Augſpurg den zwelifften tag des Monnats 
Sepiembris nad Chriſti geburdt in funfzehenhundert vnd 
dreiſſigſten Jare.“ 


È i no 117 «--. 


In den früheren Zeiten genofi jeder, welcher in 
einer Stadt cin Gewerbe trieb, ſich und die Seini⸗—⸗ 
gen ehrlich ernährte und die Laſten des ſtädtiſchen 
Geimeinweſens mittragen half, Bürgerehre und Bür— 
gervortheile. Man kennt ja den Urſprung der Städte 
und den Stand ihrer erſten Bewohner: Leibeigene 
und Horige machten die größte Anzahl derſelben aus, 
und man nöthigte ſogar die Handwerker der nahen 
Umgebungen, ihre Wohnung in der Stadt aufzu—⸗ 
ſchlagen, um dieſelbe mit allen nöthigen Arbeitern 
genugſam zu verſehen, wie wir dieſes aus einer Enne 
fer Urkunde vernommen haben. Leibeigene, die ſich 
im Städte flüchteten und dort ein Jahr zubrachten, 
erhielten die Freyheit, und wer Bürger werden molle 
te, wurde mit Freude aufgenommen. Damahls gab es 
noch keinen Unterſchied zwiſchen Bürgern und Hand⸗ 
werkern; als ſich aber Einige zu größerem Reichthum 
aufſchwangen und Beſitzer anſehnlicher Häuſer wur— 
den, da ſahen ſie bald auf die ärmere Claſſe ihrer 
Mitbürger, nähmlich auf die Handwerker, mit Ver—⸗ 
achtung herab und wähnten, daß nur ſie die Bir 
gerſchaft eigentlich vorſtellten und würdig wären, die 
Vorrechte auszuüben, welche die alten Fürſten den 
Bürgern verliehen haben. An Privilegien, welche dieß 
alles beſtätigten, hat es damahls den Begüterten nie 
gefehlet: die Landesfürſten ſind mit dieſer Waare 
ſehr freygebig geweſen. Zuvor mar es, um cin voll: 
Fommener Bürger gu fenn, keineswegs nöthig, ein 
Haus in der Stadt zu beſitzen; auch Inwohner, die 
ein bürgerliches Gewerbe trieben, ſind Bürger gewe— 
ſen. Späterhin forderte man den Beſitz eines Hau⸗ 
ſes von Allen, welche an dem Handel Theil nehmen 
wollten. Als die reicheren Bürger in den meiſten 
Städten dieſes erwünſchte Ziel erreicht hatten, wag— 


* 


e 118 cv 


fen fie 08, einen neuen Unterfchied zwiſchen den 
Hausbeſitzern einzuführen: und bald ſprach man da» 
von, ob die Hauseigenthümer, welche Handwerke 
treiben, wohl auch in allen Stücken den eigentlichen, 
nicht arbeitenden Bürgern könnten gleichgeſtellet wer⸗ 
den, Die Antwort auf dieſe Frage fiel mit Bewilli— 
gung der Fürſten verneinend aus; mur waren einige 
derfelben noch billig genug zu befeblen, daß ſich der 
Magiſtrat nicht weigern dürfe, einen bürgerlichen 
Handwerksmann, der mit Hintanſetzung ſeines Sez 
werbes ein vollbürtiges Mitglied des erhabneren 
Bürgerſtandes: ein Gaſtwirth, Krämer oder ein 
Kaufmann werden wollte, ſogleich als einen vollfom- 
menen Bürger gelten zu laſſen und anzuerkennen. 
Da von dem Beſitz eines Hauſes fo große Bore 
rechte abhingen, ſo konnte es nicht fehlen, daß nicht 
einige Rechtsfragen über dieſen Gegenſtand aufge— 
worfen wurden. Eine derſelben verdient ſammt ihrer 
Auflöſung hier angeführet zu werden; von anderen 
ähnlichen, die über die Vorrechte der Häuſer der 


Handwerksleute entſtanden find, iſt in den gleich vor⸗ 


hergehenden Urkunden die Nede geweſen. Der H— 
Albrecht Batte eine Verordnung erlaſſen, daß nie: 
mand, als nur die Hausbeſitzer mit Salz, Wein und 
anderen Dingen ſollten Handel treiben dürfen. Die⸗ 
fer Grundſatz ſchien auf die minderjährigen Bürger— 
kinder, die bey ihrer Volljährigkeit ein Hauseigen⸗ 
thum antreten würden, von großem Nachtheile zu 
ſeyn, denn man ſetzte voraus, daß beym Mangel 
eines großjährigen Eigenthümers das Vorrecht des 
Hauſes gar nicht ausgeübt werden dürfe. Albrecht eta 
theilte 1414 auf den hierüber erſtatteten Bericht fol: 
genden Ausſpruch: Während der Minderjährigkeit 
ſolcher Kinder üben die Handelsgerechtigkeit mit Wein, 


+ 


ev 1109 ‘me 


Sal und anderen Dingen die Vormünder ans, dee 
men die Obforge über fie anvertrauet ift*). Zugleich 
entſchied Albrecht, daß der Bürger, welcher zwey 
Häuſer beſitzt, eines davon, in dem er ſelbſt nicht 
wohnet, einem andern Bürger zur Aufſicht und Be—⸗ 
nützung überlaſſen könne, in welchem Falle letzterer 
val fo wie andere Mitbürger Handelſchaft treiben 
ar de 

Aehnliches, wie in Linz geſchah auch in anderen 
Stadten. Dieſes dürften wir vorausſetzen, wenn ſich 
gleich keine Urkunden, die dieſes beweiſen, erhalten 
hätten, denn im Mittelalter eiferte man Vorgängern 
in Erlangung gewünſchter Vorrechte mit großer Ha⸗ 
ſtigkeit nach, und die Landesfürſten ließen ſich bereit⸗ 
willig finden an einem Privilegium, das ſie einer 
Stadtgemeinde verliehen haben, auch die übrigen 
Städte Antheil nehmen zu laſſen. Wir führen eini⸗ 
ge Beyſpiele davon an. 

Die Stadt Enns hatte am Ende des vierzehnten 
Jahrhunderts durch widrige Zeitumſtände ſehr viel 
von ihrem vorigen Wohlſtand verloren. Sie muß 
auch am der Bevölkerung und an den nöthigen Arbei⸗ 
tern Mangel gelitten baben, weil H. Albrecht im 
Sabre 1377 allen Gandiverfernim Lande die Befuge 
niß erthcilte, aus anderen Städten, Marften und 
Dbrfern mad Enns auszumandern, und dort ohne 
‘alles Gindernif wie die alten Handwerksleute in der 
Stadt ihre Gemerbe auszuüben, ausgenommen cini- 
ge der letzteren wären mit Privilegien verfeben, die 
einen ſolchen neuen Zuwachs an Mitarbeitern unter 





:1*S0, glaube id, muͤſſen die Worte der Urkunde verftane 
den werden, welche in der Beylage Nro. XXVIII. ju fin⸗ 
den ift. 


nes 0) * 


fagten*). Durch die Unfunft einiger Handwerker 
Founte fid die verarmte Stadt freylich nicht in wenis 
gen Jahren erboblen, und es gab fogar cinige Sdus 
ſer ohne Bewohner, deren Beſitzer niemand ſeyn 
bolte Um ihrem gänzlichen Verfalle vorzubauen, 
ſchritt H. Albrecht 1413 zu dem damahls gang ge: 
wöhnlichen Mittel. eines Privilegiums. Er verboth 
allen unbehauſeten Inwohnern und allen Handwer—⸗ 
kern überhaupt, Wein zu kaufen, auszuſchenken, 
oder auf eine andere Weiſe zu verhandeln. Die In⸗ 
wohner, ſagte er, ſollen ſich Häuſer kaufen, und die 
Handwerker ſich mit ihrem Gewerbe begnügen **). 
Es bedarf keiner Erinnerung, daß denjenigen, mel: 
chen aller Weinhandel unterſagt war, deſto mehr 
die Handelſchaft mit anderen Waaren verbothen blieb, 
denn Die Schenkgerechtigkeit hatten in früheren Zei⸗ 
ten alle Bürger ohne Unterſchied, bis ſpäterhin die Gute 
wohner und Handwerker, bald zum Theile bald auch 
ganz, von dieſem Vorrecht ausgeſchloſſen wurden. — 
Der H. Albrecht. bat ſich von obigem Privilegium 
fur die Stadt Enns wahrſcheinlich ſelbſt nicht den be— 
ften Erfolg verfprochen, und hielt es deswegen für 
räthlich, ein wirkſameres Mittel zu ergreifen, um den 
Ennſern einen neuen Wohlſtand zu verſchaffen. Er 
verſprach ihnen in einem zweyten Privilegium, künf⸗ 
tig keine unerſchwingliche Steuer von ihnen fordern 
gu wollen***), 
Auf cine furze Zeit ward die Nube zwiſchen den 
Bürgern in Enng bergeftellet; da aber die Grund: 
urſache Des Mißvergnügens nod) fortdauerte , und 





*) Beylage Nro. XXIX. 
**) Beylage Nro. XXX, 
***) Beylage Nro. XXXI, 


eso 121 co 


die Fleifigen den Mifiggangern, wie man fie mann: 
fe, nachfteben mußten, fo erneuerte ſich immer der 
alte Zant, und wurde länger als cin ganzes Fabr- 
bundert unter manderley Wechſel mit grofier Er: 
bitterumg fortgefebt. K. Marimilian machte endlich 
durch cine neue, von ihm eingefubrte Bürgerordnung 
auf ſeinem Sterbebette in Wels dieſem Unweſen ein 
Ende. Er nahm die bürgerlichen Handwerker gegen 
die Bedrückungen der übrigen Bürger und des Ma— 
giſtrates in ſeinen Schutz; die Scheidewand, mel 

che der Stolz und die Huͤbſucht Der Reicheren einge⸗ 
führt und die Privilegien der Landesfürſten als ge— 
ſetzlich erkläret hatten, konnte auch von ibm nicht 
gänzlich niedergeriſſen und beſeitiget werden, ohne 
die beſtehende Ordnung plötzlich zu ſtören und noch 
größeres Unheil zu ſtiften. Es iſt dieſes ſchon ein 
preiswürdiges Unternehmen geweſen: Dem zuneh— 
menden Uibel Schranken zu ſetzen, und dem Mifie 
brauch der Gewalt und des Eigennutzes Einhalt zu 
thun. 

Die neue Stadtordnung für Enns, welche K. 
Maximilian am zehnten December 1518 erlaſſen hat, 
gibt uns manche erwünſchte Aufſchlüſſe über die da— 
mahlige verderbte Verfaſſung der Bürgergemeinde 
und uber die vom Kaiſer verſuchte Heilung ihrer Ges 
brechen; fie verdient alfo der Vergeffenbeit entriffen 
und befannt gemacht zu werden. Wir beben hier aber 
nur diejenigen Urtifel aus , die den Handel zum Gea 
genſtande haben FA und berfparen die ubrigen an einen 
anderen Ort *). In diefer Stadtordnung heißt es: 

Da die Bürger, welche Handwerker find, und 
auch die ubrigen, welche fein Handwerk zu treiben 





*) VBevlage Nro, XXXII. 


verftehen, ſich von ihrem Handwerk oder von det 
Handelſchaft allein den nöthigen Unterbalt nicht vera 
ſchaffen können, fo: foll man ſich Funftig an folgende 
Regel balten: Die Bürger ohne Handwerk ſind be⸗ 
fugt, Handelſchaft zu treiben mit. Venetianiſchen 
Waaren; mit Tüchern, die ſie nad der Elle vers 
kaufen Durfen; mit Leinwand, Getreide und Salz; 
auch ift ihnen der Ochſenhandel überlaſſen. Der Sane 
del mit Diefen genannten ſechs Stücken ift den bür— 
gerlichen Handwerkern gänzlich verbothen; in allen 
anderen Stücken genießen fie aber mit erſteren gleiche 
Kaufmannsrechte. 

| Die Bürger ſtreiten den Handwerkern bas Recht, 
Wein zu ſchenken, gänzlich ab, und geben als Grund 
zwey Privilegien der Könige Albrecht und Ladislaus 
an, deren Juhalt iſt, daß ſich das Recht des Wein: 
ſchenkens durch Nichtgebrauch verloren, und die Ver⸗ 
jabrung bereits eingetreten ſey. Deſſen ungeachtet 
verordnete È. Maximilian, daß zwar die Burger, 
die kein Handwerk treiben, das ganze Jahr hindurch 
mit Wein und Bier handeln, dieſe Getränke aus: 
ſchenken, und in Fäſſern kaufen und verkaufen kön— 
nen; die Handwerker hingegen ſollten nur ein halbes 
Jahr, nämlich vierzehn Tage nach Oſtern angefan— 
gen ſechs und zwanzig Wochen hindurch, mit Wein 
handeln und ihn ausſchenken dürfen. Die Zeit, wann 
ſie ihn kaufen, nach Enns bringen und in den Kellern 
bis zum Termin des erlaubten Verkaufens und Aus— 
ſchenkens aufbewahren wollten, wurde ihnen freyge— 
ſtellet; nur mußten ſie einen jeden ankommenden 
Transport dem Ungeldsbeamten und dem Stadtrich— 
ter anſagen, und erſterer noch einen Rathsburger 
als Zeugen zu ſich nehmen, damit die Anzahl der 
Eimer unpartheyiſch aufgeſchrieben werden konnte. 


eso 123 «-- ‘ 


Kam alsbann die Zeit des Handels und Ausſchen⸗ 
kens der Handwerker beran, fo war es Pfliht dice 
fer dren genannten Commiſſäre, genau gu unterſu— 
chen, ob die Handwerker von ibren Lageriveinen nicht 
vielleicht gu verbothener Zeit etwas verfauft, und das 
durd dem kaiſerlichen Zoll einen Abbruch gethan 
baben. Raufen die Sandmwerfer cin Marzenbier , 
‘ um Daffelbe auszuſchenken, ſo muß das Nämliche, 
wie oben ben dem Wein, daben beobachtet merden. 
Der Wein, der zum Ausfüllen der Faffer verloren 
geht, muf von der ganzen Summe abgerechnet 
werden. fo ] 
Will cin bürgerlicher Handwerker ſein Gewerbe 
aufgeben und nicht mehr arbeiten: fo zeigt er Diefe$ 
dem Stadtrathe an, tritt dann mit Wiſſen und Wil⸗ 
Ten deffelben in die bobere Claffe der Burger, und 
bat die Beſugniß, mit Wein, Bier, und mit allen 
Ubrigen ibm beliebigen Waaren Handelſchaft zu 
treiben. . I 
Sollten die Handwerker, wie man vorgibt, ges 
gen die übrigen Burger Bündniſſe und Vereiniguns 
gen errichtet und mit ibren Siegeln befraftiget baben : 
fo werden diefe für aufgehoben und ungiiltig erflaret. 
Bisher haben Uneinigfeit und Zwietracht unter ihnen 
geherrſchet, und fie haben cinander verfolgt und vere 
achtet; von nun an foll fie cin enges Band der 
Freundſchaft umfolingen, und mif vereinter Kraft 
werden fie fich beftreben, Ordnung, Rube und Ges 
Borfam gegen die Obrigfeit in der Stadtgemeinde 
aufrecht zu erbalten. Gine ſcharfe Ahndung marfet 
auf Alle, welche Uneinigfeit unter den Bürgern ans 
getteln, und dem gegenmartigen kaiſerlichen Befehle 
nicht Folge leiften werden. Entſtünden zwiſchen den 
Bürgern und Handwerkern neue Streitigfeiten, {o 


% Gee 124 22% 


müſſen bende Partheyen sor dem Stadtrichter und 
dem Rathe erfebeimen. Kommt vor diefer Behörde 
kein gütlicher Vergleich zu Stande, ſo muß das Ge⸗ 
richt ein Urtheil ſprechen, und mas Rechtens ſey ent⸗ 
ſcheiden. — Dieſe Verordnung ſcheinet nicht lange be⸗ 
ſtanden zu haben, denn im Jahre 1646 ward den 
Handwerkern in Enns das Weinſchenken ſchon wie⸗ 
der unterſagt, und vom K. Leopold 1670 nur gue 
Heit cines Sabrmarftes erlaubt*). 
Dem Bepfpiele der Linzer und Ennſer folgten 
die Bürger von Wels. Aud) ſie Flagten über Verfall 
ihres Wohlſtandes, gaben als Urſache davon das 
Weinſchenken und den Handel der bürgerlichen Hand⸗ 
werker an, und bathen den R. Friedrid um Abhülfe. 
Diefer ließ die Bevollmächtigken bender Partheyen 
an fein Hoflager nach Neuftadt abrufen, fie von feie 
nen Räthen vernehmen, und that 1466 den Aus⸗ 
fprud) **): daf die bürgerlichen Handwerker in Wels 
weder mit Wein, nod auch mit irgend einer ande⸗ 
ren Waare Handel treiben dürfen, ſondern ſich mit 
dem Verkauf der Erzeugniſſe ihres Handwerks be— 
gnügen ſollen. Die nöthigen Materialien dazu kön— 
nen ſie ungehindert einkaufen, ſo wie auch den Wein 
zum Hausbedarf; aber es bleibt ihnen unterſagt Den: 
ſelben auszuſchenken oder in Fäſſern zu verfaufen, 
Um die Sandiverfer vor allen Eingriffen in ihre ob- 
nehin befchranften Nechte gu ſichern, verboth der 
Raifer den bandelnden Bürgern, cin Handwerk zu 
freiben; fie follten ſich bloß durch Handelfdhaft den 





*) Guarient, Th. I. S. 297. i 

**) Die Urfunde bat das Datum: Geben zu der Nemnftat, 
Jie Sambftag dem gie Pfingitabent (am 24. Man) 
1466 


— 125 cs. 


weihigen Unterhalt verſchaffen. Dieſe neue Verord⸗ 

nung, ſetzte der Kaiſer binzu, ſoll die nächſten zwey 
Jahre, und dann bis zu ſeinem eigenen oder ſeines 
Nachfolgers Widerruf genau befolget werden; „doch 
behalten Wir Uns vor, dieſelbe in den bemeldten 
zwey Jahren, ob des Noth würde zu ändern, zu 
verkehren, oder ganz abzuthun⸗⸗: ein Beweis, daß 
Friedrich mit ſich ſelbſt nicht einig war, mas er be— 
fehlen ſollte, und was denn eigentlich geeignet wäre, 
den Wohlſtand der Bürger zu vermehren. — Zuletzt 
wurden auch in Wels wie allenthalben die e Berfamms 
lungen der Gandwerfer, Bündniſſe und Innungsge-⸗ 
fege ohne Wiffen und Genehmigung des Magiſtrates 
verbotben *) und ibnen aufgetragen, alle. Rlagen 
und Beſchwerden dem Nichter und dem Stadtratbe 
vorzutragen und von ihnen die geſetzliche Entſcheidung 
— 

Glücklicher war die arbeitende demere Claſſe der 
Bürger in Steyr. Dieſe Stadt hat während des 
verderblichen Bruderzwiſtes zwiſchen K. Friedrich 
und: H. Albrecht, und auch in dem Kriege mit den 
Böhmen und ihren Unbangern in Oeſterreich aufere 
ordentlich viel gelitten: 06 ftanden auch dort wegen 





—* Die eigenen Worte der Urfunde Gute ſo: „Es fotlen auch 
nun hinfuͤr die obgenannten Hanndwercher „vnd andre, 
khain ſundere Beſamung noch Puͤntnuß vnder In ſelbs in 
Iren Zechen haben, machen, noch fuͤrnemen, auch mit 
Aufſatzung von Peen, Pueß, vnd in ander Weg wider 
vnſers Richters ynd Raths daſelbs, mer die pe gu Zeiten da 
ſeyn werden, Gewaltſam vnd gerechtigkheit, vnd on Ir 
Wiſſen vnd willen nichts fuͤrnemen noch handlen, vnd ob 
Sy icht gebrechen hieten oder gewunnen, die ſollen Sy 
sa “i dieſelben ynfer Richter vnd Raͤth bringen , 
u. ſ. m. 


neo 120 = 


der unerſchwinglichen Laſten mebrere Haͤuſer unbe⸗ 
wohnt und verfallen da. K. Friedrich fam 1471 in 
die verarmte Stadt, und war Augenzeuge ihres 
efenden Zuftandes. Unter anderen Klagen trugen 
ibm die Burger auch diefe vor: Daf auch diejenigen 
ibrer Mitbürger, die feine Hausbefiger find, eben 
fo Wein ſchenken und Handelſchaft treiben, wie die 
Eigenthümer cines Haufes. Friedrich verboth hierauf 
allen Inwohnern zu Steyr das Weinſchenken und alle 
andere Handelſchaft *). Aber diefer Befehl erregte 
ben der. zahlreichen ärmeren Elaffe der Bürger cine 
grofie Unzufriedenbeit, die beynahe in cinen Aufſtand 
gegen die reicheren Hausbeſitzer ausgebrochen mare. 
Die bürgerlichen Inwohner machten dem Raifer fo 
eindringliche Vorftellungen gegen feime, ihnen vers 
derbliche Verordnung, daf er ſich im folgenden Fabre 
beivogen fand, diefelbe dabin abzuandern, daß es 
allen Bürgern und Inwohnern, welche cin Vermö— 
gen von vier und zwanzig Pfund Pfennigen aufweiſen 
könnten, erlaubt ſeyn ſollte, Wein zu ſchenken und 
eine beliebige Handelſchaft zu treiben. Da aber dieſe 
Summe Geldes auf einem unbeweglichen Gut mußte 
angelegt ſeyn: fo ward es zur geſetzlichen Gewohn— 
heit, daß dieſelbe von einem jeden, welcher Bürger 
werden wollte, bey dem Magiſtrate hinterlegt wur⸗ 
de, bis er ſich innerhalb des —— ein Haus 
oder cin Grundſtück kaufte. Sn den folgenden Jahren 
murde Diefe Summe auf zwey und dreyßig Gulden 
feftgefebt. Wer ſich mit ſeinem Handwerk allein ſchon 
begnügte, und keinen Anſpruch auf die Handelsge— 
rechtigkeit machte, hatte nicht nöthig, obige Summe 
ben dem Magiſtrate zu erlegen. 





Preuenhuber, S. 127 und 128. 


neo 127 --- 


Dieſe neue Einrichtung beftand.aud im Anfang 
des ſechzehnten Jahrhunderts noch in voller Kraft, 
denn als die ärmeren Bürger wider die Reichen und 
auch wider den Magiſtrat ‘immer neue Klagen ere 
hoben und eine ausgedehntere Freyheit, ſo wie auch 
einen größeren Antheil an dem Stadtregiment vere 
langten, erwiderte ihnen der Rath unter andern: 
Sie ſollen bedenken, daß nur wenige Städte in den 
Oeſterreichiſchen Provinzen anzutreffen ſeyen, in 
welchen die Bürger ohne Unterſchied die Befugniß 
haben, Handwerke und zugleich Handelſchaft nad 
Belieben zu treiben. Nur in Steyr könne jeder Bür⸗ 
ger, welcher vier und zwanzig Pfund Pfennige an: 
liegend auf einem Gut im Burgfrieden beſitzt, er ſey 
ein Handwerker oder nicht, Wein ſchenken, und auch 
mit Venetianiſchen und allen übrigen Waaren Handel 
treiben, obgleich es beſſer wäre, wenn der Handwer⸗ 
ker bey ſeiner Handarbeit, und die übrigen Bürger 
bey ihren Gewerben blieben *). — Steyr machte ale 
fo cime Ausnahme von der beynahe allgemeinen Nes 
Gel: Um Handel treiben zu können, müſſe man cin 
Haus in einer landesfürſtlichen Stadt'oder in cinem 
befrenten Marfte beſitzen und kein Handwerk treiben, 
Die grofie Unzabl der Feuerarbeiter in Steyr, die 
beym dbamabligen Stocken des Handels Feine Arbeit 
und keinen Unterbalt fanden, mag Diefe feltene und 
für fie günſtige Ausnabme nöthig gemadt haben. 
Da diefes im anderen Städten keineswegs der Fall 
gemefen ift, fo muß es defto mehr befremben, daß 
die alfen Landesfürſten gar fo off ihre Uiberzeugung 
in Urfunden ausſprachen, es fen nicht leicht miglio) , 
Daf ſich die bürgerlichen Handwerker von ihrer Hand⸗ 





) Preuenhuber, S. 177. 


arbeit allein den täglichen Unterbalt follten verſchaf⸗ 
fen können. In dieſer Vorausſetzung ließ man ſie 
neuerdings doch einigen Antheil an der Handelſchaft 
nehmen, von Der man ſie ſeit einiger Zeit dem alten 
Brauch zuwider zu entfernen geſucht hat 

Die alten Verfaſſungen der Deutſchen Reichs⸗ 
und Handelsſtädte dienten in einigen Stücken den 
Oeſterreichiſchen Städten allerdings zum Vorbilde, 
aber in vielen weſentlichen Dingen wichen ſie von ein⸗ 


ander gar ſehr ab, denn letztere hingen doch größten⸗ 


theils von dem Willen des Herzogs und von ſeinen 
Privilegien ab. Was in Reichsſtädten die Patricier 
warett, find bey uns die Bürger ohne Handwerk ge 
mefen, nur fam es in Oeſterreich leicht an, ſo cin 
edler Bürger zu werden; man durfte nur der Hand⸗ 
arbeit entſagen, ſo ward man ſchon ein Bürger höhe⸗ 
ren Ranges, cin privilegirter Getreid- und Wein⸗ 
händler, cin Kaufmann, und konnte cin Mitglied 
des wohlweiſen Rathes, Richter und Bürgermeiſter 
werden. Da ein jeder Bürger, und zum Theile auch 
die Handwerker Bier und Wein ausſchenken durften 
und dieſes fur vortheilhaft hielten: fo muß es ſehr 


viele durſtige Gäſte gegeben haben, denn ſonſt hätte 


es der Mühe nicht gelohnet, um die Befugniß des 
Ausſchenkens fo lange Proceſſe zu führen. Db der 


Handel durch die Menge der Verkäufer — alle Bürger 


waren Kaufleute — wahrhaft gewonnen habe, müſ⸗ 
ſen Sachkundige entſcheiden; der gewaltige Druck 
der privilegirten Monopolien iſt ohne Zweifel doch ei 
niger Maßen dadurch erleichtert worden. — Daß der 
Wohlſtand verarmter Städte durch das Ausſchließen 
der Handwerker vom Handel wieder ſoll hergeſtellet 
worden ſeyn, läßt ſich ſchwerlich begreifen, obgleich 
zur Erreichung dieſes Zieles viele Privilegien, die 
dieſen Grundſatz ausſprechen, ſind ertheilet worden. 


— 


"798 129 cc 
Achter Abſchnitt. 


Unſicherheit der Perſonen und des Eigenthums. 


Soll der Handel eines Landes blühen und dente | 
felben grofie Bortheile verſchaffen, fo miiffen vorzüg— 
lid) die Perfonen' und Güter der reifenden Raufleute 
auf den Heerſtraßen und aud im ibren Miederlaffun: 
gen moglichft gefichert fenn. Un Befeblen der Landes: 
furften bat es in diefem Sfide nie gemangelt; aber 
eben aus den unzabligen Wiederboblungen derfelben 
gebt leider hervor, daß fie zu allen Zeiten gar ſchlecht 
find befolget worden. Unter den baufigen Gebrechen 
des ganzen Mittelalters ragt vorzüglich das unbändige 
Fauſtrecht und diemit ibm engeverbundene Raubſucht 
bervor, Die ſich an Alles wagte und der gar nichts heilig 
mar. Gin Diebftabl entebrte unfre roben Altvordern, 
weil er Feigheit verrieth, und deswegen wurde er aud 
ſchimpflich beftraft; der Räuber bingegen verrieth 
einen hohen Muth, eine bemundernsmerthe Unerſchro⸗ 
ckenheit: Grund genug, daß ſelbſt der Adel nach einem 
Ruhme haſchte, der noch dazu jede Mühe, jedes Wag— 
niß reichlich belohnte. Den Bauern geſtattete man ſo 
grofie Freyheit, Reiſende anzufallen und auszuplün— 
dern, aus der doppelten Urſache nicht, weil ſie nicht 
waffenfähig und des Antheiles an der Beute nicht 
würdig waren, die ſich ihre Grundherren vorbehalten 
wollten; dieſe aber genoßen Waffenehre und geitzten 
nach dem Nuhme, im Schlachtengetümmel eben ſo, 
wie im Handgemenge mit Vorbeyreiſenden als wackere 
Ritter zu erſcheinen, und Ehre und Beute zugleich 
einzuernten. In romantiſchen Zeiten befleckte ſo etwas 
die Ehre des edlen Rittermanns nicht, und ſelbſt 
Biſchöfe und Herzoge paßten Kaufleuten und Wande⸗ 
rern auf, warfen ſie nieder, und führten die Geplün— 
Sg 9 


neo 130 + 


Pd 


derten in ibre Vurgen, mo fie dieſelben bis zur Erle⸗ 

gung eines Lbfegeldes in finſteren Kerkern ſchmachten 
liefien®9). Heut zu Tage ift diefer poetiſche Nebel vere. 
ſchwunden, und mir erblicken mit proſaiſchen Yugen 
anſtatt ritterlicher Helden rohe Räuber, aus deren 
Herzen alles Menſchengefühl und der reine Sinn für 
wahre Ehre gewichen find. Was mir an den Afrikani⸗ 
ſchen Raubſtaaten verabſcheuen, iſt einſtens allgemeine 
Sitte in ganz Europa geweſen. 

Einige Fürſten widerſetzten ſich zwar ſolchem Un— 
weſen mit großer Kraft, und thaten der Raubſucht des 
Adels Einhalt, denn ein zahlreicher Waarenzug brach⸗ 
te ihnen große Summen an Zollabgaben ein; aber 
die meiſten derſelben waren nicht im Stande, hren 
Adel mit kraftvollem Arm im Zaume zu halten; fie 
mußten geſchehen laſſen, was fie nicht hindern konn— 
ten. Es iſt unnöthig, uber allgemein bekannte That— 
ſachen Beweiſe zu führen; und eben ſo bekannt iſt es, 
daß ungeachtet häufiger Verbothe der Kaiſer und Rd 
nige, ungeachtet eines beſchwornen und ſehr oft er⸗ 
neuerten Landfriedens und des im eilften Jahrhundert 
eingeführten Gottesfriedens **) die Kaufleute den 





* Da unfre eigene vaterlaͤndiſche Geſchichte kein fo arges 
Beyſpiel aufſtellet, fo werfen mir unfre Blicke auf ein 
benachbartes Land. Die Leute des Herzogs Chriſtoph von 
Bayern zogen auf Raub aus, und pluͤnderten einen Strafi: 
burger Kaufmann. Chriſtoph ſelbſt, ein ſehr beruͤhmter 
Ritter, lauerte dem ihm verhaßten Grafen Nicolaus von 

Abensberg auf der Straße auf, und ermordete ibm. 
Lipowsky, Herzog Chriſtoph. GS. 56 und 73. — Gu 
Gemeinets Chronik von Negensburg erfebeinet ein dor— 
<p Biſchof, der feime Seute auf Raub ausſchickte. Th. I. 

358. 

** Sonatban Fiſcher, Th. I. S. 236, 557 562, und piele 

andere Autporen. 


o 131 -—— 


noch) niemahls vor den adeligen Naubern vollfommen 
ſicher waren. Zabllofe Nitterromane baben mod) vor 
cinigen Jahren unfre Deutſche Jugend uber diefen und 
andre ähnliche Gegenftande ciner fraftvolleren Vorzeit 
binlanglich belebret, und beynahe fommtmanin Ber 
ſuchung zu glauben, daf recht Viele unfrer Zeitgenof: 
fendiefe goldenen Jahrhunderte mit allen ritterthume: 
lichen Eigenheiten wieder zurückwünſchen. 

Bey der allgemeinen Verwirrung der Begriffe 
über wahre Ehre und Schande, über Recht und Une 
recht, wurde auch Oeſterreich von dem Strom der 
Zeit mit fortgeriſſen, und auch hier wurden Reiſende 
und Kaufleute angefallen und geplündert. Doch muß 
man es zur Ehre unſrer Landesfürſten bezeugen, daß 
in unſerem Vaterlande, einige Zwiſchenräume all: 
gemeiner wilder Zerrüttung abgerechnet, die öffent— 
liche Sicherheit mehr als anderswo gehandhabt 
wurde. 


Wenn einheimiſche Urkunden und Chroniken von 


der Unſicherheit der Wege und Straßen, vom Nieder— 
werfen und Ausplündern der Reiſenden Meldung ma⸗ 
chen, ſo müſſen wir jederzeit vorzüglich die Kaufleute 
darunter verſtehen, denn Räuber lauern am liebſten 
denjenigen auf, welche große Güter mit ſich führen. 
Manchmahl werden die Kaufleute auch ausdrücklich 
genannt, die auf ihrer Reiſe durch Oeſterreich von ade⸗ 
ligen und gemeinen Räubern find ausgeplündert wor⸗ 
den. Von der Unſicherheit der Straßen zeugen auch 
häufige Urkunden, welche den Kaufleuten, oft gegen 
Erlegung beträchtlicher Summen, ein ſicheres Geleit 
zu leiſten verſprechen, was ganz unnöthig geweſen wä⸗ 
re, wenn es keine Räuber im Lande gegeben hätte. 
Wir führen als Belege nur wenige Beyſpiele aus den 


fin ſtern und raubſüchtigen Jahrhunderten des Mittel⸗ 
z 


9 


Re 1 52 an 


altersan; wollte man fie alle fammeln und erzablen, 
fo würde fi ie ein dickes Bud nicht faffen. 

Dem Riofter Garften frand vom Fabre 1111 dis 
1142 Dermeit berühmte Abt Berthold vor. Zu diefem 
flüchtete ein Naubritter, Leo, dem das Urtbeil ſchon 
geſprochen war, daß er/feine groben Verbrechen und 

verübten Graufamfeiten am Galgen büßen follte. 

Sogleich befahl Berthold, ibm die Haare abzufdee 
ren und das Ordenskleid anzulegen, und nabm ibn als 
Eonventbruder auf. Raum mar Ddiefes geſchehen, fo 
langten auch ſchon die Gerichtsleute an, und verlange 
ten feime Auslieferung, die ibmen aber verfagt wurde, 
meil der Räuber bereits ein reumitbiges Ordengmite 
glied gemorden mar *). Ein zweyter Räuber, der bey 
Ausplinderung der Kaufleute cine ſchwere Wunde 
erbalten batte, befebrte ſich ebenfalls, mard cin Ora 
densbruder, und fubrie cin benfpielvolles Leben, ob⸗ 
gleich ihm die Fahigfeit mangelte , etwas Wiffene 
ſchaftliches zu begreifen **). 

Als Herzog Friedrich der Streitbare 1230 die 
Negierung Oeſterreichs antrat, zeichnete ſich die erfte 
und mächtigſte Familie unſers vaterländiſchen Adels 


Cani \ 





*) Pez, Scriptor. T. II. p. 97. Feftinus advolat miles quidani, 
Leo nomine, qui praèdis et latrocintis, plurimisque cru- 
delitatis operibus vitam demeruerat, pofitusque in per- 
fecutionem etiam fententia fufpendii damnatus erat... 
Continuo ad poenam requifitus eft, fed exauditi non funt 
inquirentes , quia jam fibi eum fociaverant gii, 
Deo famulantes. 

**) L. c. p. 102. Alium quendam, nomine Einwik, de latro- 

cinio et ipfis, ut ita dicam, mortis faucibus ereptum, Do- 
mino bene converfumconfignavit et fanctum. Ifte, cum 
negotiatores alflumptis fibi concionibus gnafi depraeda- 
turus invaderet, oppido vulneratus eft, et inde femivivus 
afportatus, etc. 


ceo 155 ce» 


durch Widerſpänſtigkeit und rauberifche Heldenthaten 
aus. Die Brüder Heinrich und Hadmar von Chunring 
trotzten auf ihre weit ausgebreiteten Beſitzungen, auf 
die große Anzahl ihres reiſigen Volkes und auf ihre 
Burgen, deren einige, wie Dürrenſtein und Aggſtein, 
für die damahlige Belagerungskunſt als unbezwingbar 
erſchienen. Wenn die Erzählung des Abtes Ebro von 
Zwettel vollen Glauben verdient *), ſo bediente ſich 
der He Friedrich) der bekannten Raubluſt Hadmars von 
Chunring, um dieſen ſeinen gefürchteten Gegner zu 
bändigen, und ihn zur Unterwürfigkeit gegen den Lane 
desfürſten zu zwingen. Ein vom Herzog gedungener 
Kaufmann führte ein Schiff von Regensburg vor 
Hadmar's genannten Feſtungen vorbey, das mit koſt— 
baren Waaren, vorzüglich mit feinen Tüchern beladen 
war. Was man vermuthete, iſt geſchehen. Hadmar eil⸗ 
te mit ſeinen Raubgeſellen herbey; das Schiff ward 
mit leichter Mühe erobert. Man fing an, einen Theil 
der Waaren aus demſelben fortzuſchaffen, als auf ein 
gegebenes Zeichen die Schiffsknechte plötzlich vom 
Lande ſtießen, und aus dem unteren Theile des Schif⸗ 
fes mehrere wohl bewaffnete Soldaten hervorbrachen. 
Hadmar, der ſich ſelbſt auf dem Schiffe befand, ward 
gefangen und nach Wien fortgeführt. Seine Solda— 





*) Link, Anna], Claravallenſ. in libro fundationum ad an- 
num 1232. T.I. p.299. Cum Duci Auftriae Triderico 
rebellarent, et civitatem Chremenfem, quae adhue lig- 
neis tantum inftrumentis, et non muris circumcincta 
erat, fortiter devaftarent, omnesque in navigio Danubii 
defcendentes famuli eorum atrociter fpoliarent, etc. — 
Cf. Chron. Pernoldi, apud Hanthaler, T.I. P. II. 
pi 1313. — Der Abt Ebro, der dieſes erzaͤhlet, ift ſchon 
im Jahre 126. Priefter geweſen; fein Zeugniß iſt alfo 
beynahe gleichzeitig. Deffen ungeachtet macht Hanthaler, 
S. 797, dagegen Einwendungen. 


oso { 54 <= 


ten verloren durch das Mißgeſchick ihres Herrn ſo ſehr 
den Muth, daß Aggſtein von Friedrichs Truppen er⸗ 
obert und zerſtört, und ſogar der feſteſte Thurm der 
berühmten Feſtung Dürrenſtein durch Wurfmaſchinen 
zerſprengt wurde und einſtürzte. Die Chunringe büß— 
ten den begangenen Frevel mit dem Verluſt mehrerer 
Schlöſſer, leifteten Schadenerſatz und wurden Degne 
Diget. 

i Nad dem Tode H. Friedrichs herrſchten Graͤuel 
und Verwüſtung in dem herrnloſen Lande *) ; um 
Ruhe und Sicherheit des hartbedrängten Volkes war 
es geſchehen. Oeſterreich glich einer Räuberhöhle, 
denn zu Waſſer und zu Lande ſammelten ſich ganze 

Scharen von Freybeutern, und lauerten den Reiſen⸗ 
den auf. Bey Krems nahm die Zahl der Schiffe täglich 
gu, denn niemand durfte es wagen, die Reiſe fortzu— 
ſetzen, weil aus allen Schlöſſern Raubritter hervorbra⸗ 
chen und keines Menſchen verſchonten. Endlich erſchien 
ein Retter in der Noth. Albero von Chunring, des 
berüchtigten Hadmars Sohn, erbarmte ſich der Bee 
drängten, und leiſtete den Schiffen ein ſicheres Geleit. 
Es koſtete ihm aber manchen harten Kampf gegen die 
Raubritter, deren mehrere ſeinem Schwerte erla⸗ 
gen **). Die Gegenden, die kein Albero ſchütte, 
blieben ihrem Schickſale überlaſſen. 





) Chron. Pernoldi, 1. c. p. 1319. Poft ejus mortem ineffa- 
bilis calamitas venit fuper Aufiriam, etc, 

**) Chron. Garfienf. ad annum 1247, apud Rauch, T. Î. 

| P: 35. Albero de Chunringe. . videns multitudinem 
nauium, vino et annona copidiivi onuftarum, pofitam 
apud Chrem[f auftrie ciuitatem, mifertus illorum inopie, 
ad quos ipfe naues pertinebant, in danubio ducatum 
prebuit eildem ante caftraet munitiones quaflibet rapere 
acimpedire volentinm.fi valebant. Qui Albero cum fua 
multitudine, quam ducebat, ita militarem gladium ho- 


ceo 155 2 


ui 21 dent letzten Jahren der graufamen Regierung 
KR. Ottofar$ ſtürzten ähnliche Ereigniffe unfer Vatere 
land in den Abgrund eines ſchrecklichen Verderbens, 
denn ſowohl fur den Böhmenkönig, als aud für ſei— 
nen hohen Gegner Rudolph von Habsburg befehdeten 
ſich gegenſeitig die Großen Oeſterreichs, und wütheten 
da mit Feuer und Schwert. Das wildeſte Fauſtrecht 
hatte ſo ſehr zugenommen, daß Rudolphs hoher Ernſt 
und kaiſerliches Anſehen nöthig waren, demſelben 

Einhalt zu fun. Nicht nur aus den Burgen der Gra⸗ 
fen und Nitter, fogar aus den Schlöſſern der Biſchöfe 
zogen Raubgefellen aus, und lauerten den Vorbeyrei⸗ 
fenden auf, rvovon wir ein Benfpiel an dem Schloße 
Marsbad im oberen Mühlviertel haben, welches K. 
Rudolph 1288 aus diefer Urfache filr cin dem Reiche 
Beimgefallenes Gut erflarte, und feinem Sohne AL 
brecht zu Lehen übergab . 

Wabrend Albrechts des Erſten eigenſinniger Nes 
gierung griffen Mißvergnügte öfter zu den Waffen, 
aber die Ruhe wurde in kurzer Zeit wieder hergeſtellet. 
Dieß war auch der Fall, als ſich einige Edle wider den 
H. Friedrich den Shonen nad) dem Tode ſeines Va— 
ters empörten. Der Aufruhr war bald gedämpft, aber 

in kurzer Zeit häuften ſich gemeine und adelige Räuber 





norauit, quod et quoſdam rebelles in nono et ligneo 
perchfr ido ad nocendum fabricato — et Wacidie 
in ore gladii; etc. 

‘ *) Defterreid unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht. Th. IT. 
&. 207. Cum iamdudum Caftrum Morfpach propter , 
varias et iniuftas offenfas; depredaciones et fpolia, de 
ipfo Caftro pro diuerfitate temporum violenter illatas 
tranfeuntibus . . nobis et Imperio fit addictum, etc. Von 
der Berftirung der Raubſchloͤſſer Falfenberg und Rauhen— 
ed, deren fepteres den Wienern grofien Schaden zufuͤgte, 
ift der Th. I. S.226 — 229 nachzuſehen. | 


vo 130 ⸗* 


und Diebe fo febr, daß alle Sicherheit im Lande zu 
Grunde ging. Friedrich nabm feine Zuflucht zu einem 
außerordentlichen Mittel, um das beillofe Gefindel 
ſchnell ju vermindern, denn ausrotten konnte man es 
nicht, ſo ſehr hatte es ſchon an der Zahl zugenommen. 
Im Jahre 1312 truger ſeinem Marſchall / dem edlen 
von Pillichdorf, auf, im Lande herumzureiſen, und den 
Adel eben ſowohl als das gemeine Volk aufzufordern, 
ihm eidlich zu offenbaren, welche Räuber und Diebe 
ihnen bekannt wären. Die Bezeichneten ließ er auf der 
Stelle enthaupten, an den Galgen hängen oder auf 
cine andere Weiſe tödten; die Mächtigen, von. vel: 
chen cin Widerftand zu beforgen war, überließ er dem 
Herzoge felbfi, um an ibnen Gerechtigkeit auszu— 
iiben *). Die Unficherbeit muß damahls einen ſehr bos 
hen Grad erreicht haben, denn um cinem mit Wein 
und Lebensmitteln beladenem Schiffe, das dem Kloſter 
Alteich gehörte, auf der Reiſe durch Oeſterreich nad 
Bayern Sicherheit gu verſchaffen, wendete ſich nicht 
nur der Abt Bernhard, ſondern ſogar auch der Herzog 
von Bayern ſelbſt mit der Bitte an unſeren Herzog, 
das Schiff und die Beute deſſelben vor aller Cere 
that zu ſchützen *. 





*) Chron. Clauſtroneoburg. apud Pez, T,I, p. 482. Dux ex 
inftinetu Baronum terram volens mundare a furibus et 
fpoliatoribus, quibus abundabat, Dominum Dyttricum 
Pilichtarfarinm. . mifit, hujuscemodi malefactores in- 
quirendos et auferendos a terra, quod etiam pro. pofse 
adimplevit...Caeteros autem, qui commode invadere 
non potuit, intitulatos Duci detulit puniendos. 

#*) Pez, Cod. diplom. epift. P, IF. p. 206, Der Herzog von 
Bayern ſchrieb: Cum navis nutrimenti Fratrum ,. jam 
fit, prout dicitur, in afcenfu: Amicitiam veftram roga- 

mus omni ftudio et affectu, quatenus res et homines 
exiftentes in illa, veltra fpeciali protectione et gratia 


“> 157 noe©° 


Unter der vdferliden und weiſen Negierung Al⸗ 
breht8 des Lahmen murde dem Fauftrecht und dem 
Rauben des Adels Einhalt gethan. Aud fein Sohn 
Rudolph wachte mit ſeinem gefürchteten Ernſt fue 
die allgemeine Sicherheit; deſſen ungeachtet fand er 
es doch räthlich und nothwendig, im Jahre 1305 ale 
len Herrſchaften zu befehlen, daß ſie den Profeſſoren, 
Studenten und ihren Dienern, die durch ihr Gebieth 
auf die neu errichtete Univerſität nach Wien reiſen 
würden, das Geleit geben, ſie vor Angriffen ſchützen 
und vertheidigen ſollten; würde jemand durch ihre 
Saumſeligkeit beſchädiget, oder verlangte man von 
denſelben für den geleiſteten Schutz eine Belohnung, 
ſo müßte alles erſetzt und zurückgegeben werden *). 

Wenige Jahre nach Rudolphs Tode erwachte 
das Fauſtrecht wieder mit voller Kraft, und mit dem⸗ 
ſelben kehrten Unruhe und Unſicherheit für das Leben 
und Eigenthum in das unglückliche Land zurück. Das 
Schloß Schönberg im Viertel Obermanhardsberg 
diente adeligen und gemeinen Näubern zum Zufluchts⸗ 
ort. Sie trieben ihr Handwerk fo arg, daß ſich H. Leo⸗ 
pold, Bruder Albrechts des Dritten, entſchloß, das 
Raubneſt zu belagern, und cin abſchreckendes Bey⸗ 
ſpiel an den Bewohnern deſſelben aufzuſtellen. Nach 
der Eroberung des Schloßes kam die ganze Beſatzung 
ohne Unterſchied des adeligen oder gemeinen Stan⸗ 





a 


foveatis, etc. Der Brief des Abtes an unfern Herzog findet 
ſich p. 210, n, 12. 

*) Steyerer, Comment. p. 419. Idem Clerici, Magiftri, 
Studentes vel Scolares, eorum fervitores, famuli vel 
nuncii ,. conductum poftulare debent et exigere a no- 
firis Principibus .. Comitibus, Baronibus.. vel ceteris 
nobilibus.. circa 7 ii quam prenotati ad dictum fiu- 
dium procelferint, 


seo 41 58 << 


des an den Galgen; die Burg aber wurde zertrüm⸗ 
mert *). — Gin gleiches Schickſal batte das fefte 
Schloß Leonftein binter Steyr. Der Beſitzer deffele 
ben, der Naubritter Wilhelm Robrer, trieb die Fred: 
Beit fo meit, daß er ſich damit nicht begnügte, die 
ganze dortige Gegend ausgeplündert, und den Bore 
bepreifenden ihre Habe genommen zu haben, er ergriff 
fogar Abgeſandte des Erzbiſchofes von Salzburg an 
den H. Albrecht, führte ſie gefangen nach — 
und forderte ihnen cin Löſegeld ab. Der Herzog fonnte - 
dieſen Frevel defto weniger ungeftraft hingehen laſſen, 
da die Ubgefandten unter feinem cigenen ſicheren Ge⸗ 
— Teite reifeton, umd fo ſein gegebenes fürſtliches Wort 
durd den Naubritter auf die ſchändlichſte Weiſe ver⸗ 
letzt wurde. Leonſtein murde belagert, miderftand aber 
cine geraume Zeit bindurd allen Angriffen und der 
Kriegsfunft der herzoglichen Truppen. Endlich ge: 
Tang es dem Nitter Zacharias Haderer cine Felfen- 
fpige zu befeBen, von der aus mandas Schloß fo ſehr 
angftigte, daß ſich Rohrer dure einen verborgenen 
Weg aus demfelben flüchtete, worauf ſich die Befa: 
tzung ergab. Die Feftung wurde dem Erdboden gleidh 
gemacht. Ben der Belagerung diefes für unüberwind⸗ 
lich gebalfenen Schloßes bediente man ſich fon des 
Schießpulvers, deffen Wirfung man ben dem Unblid 





*) Pez, Scriptor. T.I. p. 1150. Pezʒ irrte, da er diefes Shin: 
berg fiir das Schaumburg bey Eferding hielt. — Ebendor: 
fer erzablet das Naͤmliche, 1. è. T. II. p.g10. Leopoldus' 
Dux intelligens, in caftro Schoenberg ;. quod non mul- 
tum a Cremfa diftat, quosdamlatrunculos et ftratarum 
publicarum fpoliatores delitefcere, fe propria in perfona 
contra eos accinxit, caftrum praefatum obfidione cinxit . 
et in deditionem accepit, atque quos inibi reperît, ad 
furcas fufpendio damnavit. 


sea 139 ue — 


der ungeheuer grofien Rugeln bewunderte, pelde 
Mauern und Thürme zertrümmert haben *). 

Bon den Räubereyen der Grafen von Schaum⸗ 
berg ift ſchon in dem Abſchnitte von den Zollerpreffuna 
gen Meldung geſchehen. — Ein Staatsvertrag, 
1375, zwiſchen den Herzogen von Oeſterreich und von 
Bayern gut Sicherheit der Kaufleute beyder Länder 
abgeſchloſſen, iſt cin vollgültiger Beweis vorausge: 
gangener Gewaltthaten „die an Reiſenden verübt 
worden ſind; mati mollte diefelben fue die Zukunft 
verbindern +), Sn dem namlichen Jahre murde von 
Raubrittern in Oeſterreich eine Schandthat verübt, 
die uns die grobe Rohheit des damahligen Ritter⸗ 
thums in ihrer vollen Verworfenheit darſtellet. 

Als H. Albrecht mit Beatrix, Tochter des Burg⸗ 
grafen von Nürnberg ſich zu verehelichen beſchloſſen 
batte, bond er den Bifebof iaia von Paffau cin, 





#) Gbendorfer L c. p.813, ſetzt die Eroberung Leonfteing 
irrig auf das Jahr 1388; fiemuf auf 1380 oder hoͤchſtens 
3381 zuruͤckgeſetzt werden. Der Freyherr Reichard Strein 
fuͤhrt in ſeinen noch ungedruckten Annalen cine Urfunde 
von 1382 an, die dieß bemeifet. Der H. Albrecht kaufte dem 
Ritter Wolfgang Rohrer, wahrſcheinlich einem Bruder des 
obigen Wilhelm, den Antheit ab, der ihm von dem zerſtoͤr⸗ 
ten Leonſtein gehoͤrte. Gn der Urkunde Wolfgangs heißt 
es: „Den thaill an der veſſten Leonſtein, die derſelb mein 
herr vor batt niederbrochen.“ — Die neuere Chronik von 
Zwettel ſetzt den Vorfall gar auf das Jahr 1390, apud Pez, 
TI. p. 544. — Genauer erzaͤhlet dieſes Preuenhuber, 
&. 6.4. Dort findet man aud die Inſchrift, melche Baron 
Strein ju den Kugeln verfertiget bat, die ihm Wilbelm von 
Zelking, nachmahliger Befiger ded mieder erbauten Leon⸗ 
frein, gefchenfe, ev aber auf feinem Schloße Frended bat 
eimmauern faffen. Mit diefen Kugeln ift Leonftein beſchoſ⸗ 
fen worden. / 
**) Beylage Nro. XXXIII. 


ne 140 222 


nach Wien zu kommen, um dem hohen Brautpaar 
die prieſterliche Einſegnung zu ertheilen. Als ſich der 
Biſchof auf ſeiner Reiſe in Begleitung eines zahlrei⸗ 
chen Gefolges der Stadt St. Polten in Unteröſter⸗ 
reich näherte, brachen die Brüder Otto und Heinrich 
von Ehrenvels aus einem Hinterhalt hervor, nahmen 
den Biſchof und ſein Gefolge gefangen, und führten 
ibn auf ihr Schloß Chamer in der Steprmarf} mo er 
beynahe ein ganzes Jahr als Gefangener ſchmachtete, 
bis er nach langen Unterhandlungen ſammt ſenes 
Gefolge wieder die Freyheit erhielt *). 

Damahls fehlte es auch nicht an — —— 
Räubern, die aus frommen Eifer für die liebe Gerech⸗ 
tigkeit vorbeyreiſenden Kaufleuten auflauerten und 
ſie ihrer Güter beraubten. Zu dieſer Claſſe gehörte 
Hans von Traun, ein im Lande ob der Enns begliter: 
ter Herr und Befiger des gleichnahmigen Schloßes. 
Von dem Gerichte der Stadt Regensburg wurde in 
einer Rechtsſache, Die Hanſen von Traun ganz fremd 
war, ein Urtheil gefallet, dem er ſeinen Benfall vere 
fagen zu muffen glaubte. Sogleich entſchloß er fio, 
als Vertheidiger der gefranften Parthey aufzutreten, 





*)Chron. Salisburg. apud Pez, T.I. p.423. Albertus epi- 
fcopuùs volens parere mandatis Alberti Ducis Auſtriae, 
cum proficifceretur in via tendens Wiennam, cum perve- 
nit prope civitatem Sancti Ypoliti, litam in Auftria, con» 
tigit, ut ab Ottone et Heinrico, dicti Ernvelfer, Minifte- 
riales Stiriae, cnm fuo exercitu eft captivatus indebite, 
quia non ſuſpicabatur eos fibi adverfari ; et deductus 
in caftrum, dictium Chamer , fitum in Styria Diocefis 
Salzpurgenfis, inclufus fere per annum .Quapropter. . 
praedicti Ernvelfer cum fuis complicibus... funt ex- 
communicati et publice pronunciati .. Tandeni ultimo 

/ idem Albertus Epifcopus Patavienfis cum fuis familiari» 

bus olt per placita abeorum captivitate liberatus, 


ne» 143 * 


und alle Kaufleute von Regensburg als ſeine eigenen 
Feinde zu behandeln. Seine ritterliche Hitze riß ihn 
aber fo fehr dahin, daß er alle Kaufleute, die ihm aufe 
friefien, ungeachtet alles Widerſpruchs und aller Be⸗ 
theurungen für Negensburger anfab und fie als feine 
Gegner bebandelte. So geſchah e6, daß Kaufleute von 
Nürnberg, Franffurt und Negensburg ibres Gutes 
beraubt wurden. Vorftellungen des Magifirates von 
RNRegensburg blieben fruchtlos, und felbft cin Befehl 
H. Albrechts vom Sabre 1304 an den Landeshaupte 
mann Reinprecht von Walfee brachte feine andere 
Wirkung bervor, als daß ſich Sans von Traun ente 
ſchloß, die genommenen Sachen von den Cigenthiie 
mern ſich ablofen zu laffen *). Hätten unſre Herzoge 
jede Beſchimpfung, welche fil Nanbritter gegen dies 
felben erlaubten, jeden Ungeborfam gegen die Landese 
fürſten, jede Gemaltthat, die gegen In- und Austin: 
der verübt worden, nad) Gebühr abuden und geſetzlich 
abftrafen wollen, fo batten fie ſich genöthiget geſehen, 
die meiften Schlöſſer ibres Herzogthums mit großem 
Aufwande zu belagern und zu zerſtören; dazu langten 
aber ihre damabligen Hülfsquellen nicht aus. Welche 
Mühe koſtete es, den Ritter Robrer und die Grafen 
von Schaumberg zu demüthigen! Um die Kraft des 
Staates nicht gegen Einheimiſche zu erſchöpfen und 
auswärtigen Feinden die Spige biethen zu Fonnen, 
mußte man ſich begnigen, einzelne abſchreckende Bey⸗ 
ſpiele aufzuſtellen, und gar oft Widerſpänſtigkeit, 
Trotz und Raubſucht des mächtigen Adels ungeahndet 
hingehen zu laſſen. Die Herren von Ehrenvels, Hans 
von Traun und noch ‘viele Andere ſolchen Gelichters 
haben ihr Unweſen mit vieler Frechheit und gutem 





*) Gemeiner, Chronik, Th. IT. S. zie und 313. 


see 142 22* 


Erfolge getrieben, und find doch aller höheren Ahn⸗ 
dung entgangen. i 
Das finfzebnte Sabrbundert zeichnete fi durch 
eine allgemeine Barbaren und Verfehrtheit, fo mie 
quod durch höchſt unglückliche Ergebniffe aus, derglei: 
chen Defterreich in ſolchem Mafie und einen fo langen 
Zeitraum hindurch nod) nie getroffen haben. Blutige 
Zwiſte im Negentenbaufe felbft, ſchwere Kriege von 
außen und mod) verderblicdere Febden im Innern des 
— Landes folgten auf cinander in einer beynahe unune 
terbrochenen Reibe. Um das Mafi der höchſten Bere 
Febrtheit voll zu machen, rief man ju den zahlreichen 
Nauberbanden, die das Land ſchrecklich verwüſteten, 
fogar mod Austander berben, und gab ihnen anftatt 
Der Löhnung die Habe der unglücklichen Untertbanen 
Preis. Dem Räuberhandwerk ergaben ſich bald Tau: 
fende wüſter Menſchen, jogen als Fleine Kriegsheere 
herum, und nöthigten zuletzt zu ewiger Schande une 
ſers Vaterlandes öfter als einmahl den Landesfürſten 
und die Großen, den Frieden um Geld von ihnen zu 
erkaufen *). In dieſem unglücklichen Jahrhundert gab 
es keine Sicherheit der Perſonen, des Eigenthums, 
des Handels. 
Erndlich ging fur Oeſterreich und auch file ganz 
Deutſchland ein glückliches Geftirn auf. È. Marimi: 
lian, cin Nitter befferer Art, madite dem ritterlichen 
Unmefen ein Ende, und ſchaffte das unfelige Faufte 
recht durch feimen emigen Landfrieden auf immer ab. 
Da nun alle Selbfthulfe wider mabre oder mur citt 
gebildete Beleidiger und Gegner ftrenge verbothett 





“) Defterreid unter È. Friedrich bem Vierten. Beynahe nur 
9— ſchaudervolle Graͤuelſcenen find der Inhalt diefes 
uches. 


— 143 — 


war, Fonnte es Feinen Vorwand mebr geben, Neifene 
den als Feinden aufzulauern, fie ju fangen und zu 
phindern ; anftatt der Fauft follte Das Geſetz herrſchen 
und miemand fein eigener Richter fenn. Wer dagegen 
thun murde, follte als Friedensftorer und Räuber 
bebandelt werden. Viele von Adel bedauerten den 
Verluft eines ſo alten, fo köſtlichen Vorrechtes, und 
Fonnten den Gedanfen und die Schmach nicht ertra: 
gen, nun auf Febden und Frenbeuteren verzichten ju 
ſollen: mur die unausbleibliche Strafe Dielt fie zum 
Theile vonnenen Verbreden zurück. Einige fonnten 
jedoch dem alten Ritterhange nicht ganz widerfteben, 
und wagten neue Angriffe auf Perfonen und Güter. 
K. Ferdinand der Erſte fand beym Untritt feiner 
Regierung ‘der Oeſterreichiſchen Provinzen für nd: 


thig, befannt zu machen, — „daß er feine Mubeund 


Koften ſcheuen merde, alle Schnapphähne und Gedfene 
reiter, deren Unzabl ſich ſeit kurzem mieder vermebret 
batte, in feinen LAndern zu vertilgen.“ — Um feinen 
Befehlen mebr Nachdruck zu geben, ward an einem 
vermeffenen und feimen Stand entebrenden Nitter 
gue Warnung für Andere die geſetzliche Strafe voll- 
ogen. — 
Auf dem Schloße Schwertberg im unteren 
Mühlviertel hauſete der Ritter Bernhard Zeller, 
weit und breit der Schrecken der Kaufleute und 
aller Reiſenden, welche Güter mit ſich führten, und 
ſogar auch der mehr bemittelten Hauseigenthümer, 
welche er und ſeine Geſellen beſuchten, unter welchem 
Ausdrucke man vormahls Raub und Plünderung 
verſtand. Er hatte ſich deſto fürchterlicher gemacht, 
da es allenthalben bekannt war, daß er viele, und 
darunter auch wohlbegüterte Beſitzer von Herrſchaften 
und Söhne angeſehener Familien in ſeinen Bund ge⸗ 


È 144 cueovu 


zogen, die er in feimem Schloße beberbergte, wo audi 
der Naub unter ibnen getheilet wurde *), Nicht mur 
das umtere und obere Miblviertel waren det Schau⸗ 
platz des Krieges, den fie gegen Alle ohne Unterſchied 
führten; aud an den Bayeriſchen und Mähriſchen 
Gränzen und in verſchiedenen Gegenden Oeſterreichs 
wurden Thaten von ihnen verübt, welche das Anden⸗ 
ken an ältere, hoch geprieſene Ritterzeiten zu erneuern 
vollkommen geeignet waren: ſeine Raubgeſellen haben 
nicht nur wacker geplündert, ſondern auch ſich das 
Vergnügen gemacht, brennende Häuſer zu ſchauen, 
und ſich am Jammer unglücklicher Menſchen zu er: 
quicken. 
Schon lange hatte die allgemeine Stimme des 
Volkes den Bernhard Zeller als den Anführer einer 
Räuberbande bezeichnet, aber aus Mangel geſetzlicher 
Beweiſe bat ibn K. Carl von dem Verdacht losge— 
ſprochen und ihm volle Sicherheit ertbeilet. Als 
aber einige ſeiner Raubgeſellen gefänglich eingebracht 
wurden, und ihre eigenen und auch Zellers Schand⸗ 





®) Preuenhuber, S.217, erzaͤhlet die ganze Geſchichte aus 
Den gerichtlichen Procefacten. Zeller nannte als ſeine Mit⸗ 
gehuͤlfen folgende Herren: Ruprecht Reuter von Weider: 
ſtorf und Schoͤneck; Ottmar, Matthaͤus und Bartholomaͤus 
Oberheimer von Marsbach; Georg Ohaimer; Ulrich Hoͤr⸗ 
leinsberger; Georg von Weißbriach; einen Edlen von 
Berneck; Bernhard von Trautmannsdorf; einen Malo— 
wiz; Leo von Hoheneck; Ebner von Rab, und noch meh—⸗ 
rere Audre. So angeſehene Herren brachten viele gemeine 
Knechte mit, welche die Raubzuͤge mitmachten. Andre Ade⸗ 
lige, vie zwar ſelbſt nicht mitzogen, ſtellten doch Mann— 
ſchaft und Pferde, wie z. B. Wolfgang von Loſenſtein und 
Sigismund von Kaufeneck. Einer derſelben, deſſen Nah— 
men Preuenhuber wahrſcheinlich aus Schonung ſeiner 
Familie nicht angibt, hat zu Kirchdorf mit Feueranlegen 
Schaden geftiftet. 


ao 145 <e. 


thaten befatinten, befabl der Erzherzog Ferdinand 
dem Stadtgerichte von Linz, Den Ritter nad) Linz im 
Verhaft zu bringen, und ihn dort als einen Criminal: © 
verbrecher gu unterſuchen, wozu auch ſtändiſche Mita 
glieder zu erſcheinen den Auftrag erhielten. Auf der 
Folter geſtand er ſeine Raubgenoſſen und ihre gemein⸗ 
ſchaftlich begangenen Verbrechen, vorzüglich aber, daß 
ſie an den Mähriſchen und Bayeriſchen Gränzen, und 
auch in der Gegend von Clam, einem Schloſſe im un⸗ 
teren Mühlviertel, viele Kaufleute und Güterwagen 
geplündert, und die Beute in den Schlöſſern Schwert⸗ 
berg, Marsbach und Weiteneck getheilet haben. Im 
Jahre 1521 ward über ibn das Urtheil gefället: er 
ſollte enthauptet werden, was auch an ihm vollzogen 
wurde. Soviel uns bekannt iſt, fiel Zeller unter den 
Adeligen Oeſterreichs als das letzte Opfer einer unfe: 
ligen Geiſtesverirrung, welche wähnte, daß der Adel 
das unverjährbare Vorrecht beſitze, ſich ſeiner Uiber— 
macht gegen Schwächere nach Willkühr bedienen zu 
dürfen. Barbariſchen Zeiten kann man ſolche Rohheit 
bedauernd vergeben; aber Ritter des ſechzehnten 
Jahrhunderts ſind unmöglich zu entſchuldigen, wenn 
ſie Straßenraub für ein heiliges Vorrecht ihres Stan⸗ 
des halten, und es auch wirklich noch ausüben. 
Die Quelle eines fo wilden Unfugs iſt das Fauſt— 
recht geweſen. Ein jeder Adelige, zuletzt auch die 
nichtswürdigſten Menſchen und Abentheurer hielten 
ſich fur berechtiget, einer Markt- oder Stadtge⸗ 
meinde, einem Güterbeſitzer, ja ſogar auch einem 
Herzog, König und Kaiſer den Krieg anzukündigen, 
oder ihm nach damahligem Sprachgebrauch auf 
Raub, Brand und Mord abzuſagen. Wer dieß ge: 
than hatte, der konnte ſeiner Ehre unbeſchadet dann 
alle ihm beliebigen Verbrechen und Grauſamkeiten 
10 


% 146 ce 


pertiben *). Indeſſen hielten ſich viele Nitter an diefe 
Regel nicht, und fielen, um der Beute deſto mehr 
ſicher zu ſeyn, ganz unvermuthet die Reiſenden an, 
wovon man häufige Beyſpiele anführen könnte. Wir 
können uns auf die gleich oben erzählten Gewaltthaten 
Rohrers, der beyden Brüder von Ehrenvels und des 
Hans von Traun berufen: weder den Salzburgiſchen 
Geſandten, noch auch dem Biſchof Albrecht von Paſ⸗ 
ſau und den Kaufleuten von Nurnberg, Frankfurt 
und Regensburg war der Friede abgeſagt, als ſie 
überfallen, ausgeplündert und ins Gefängniß fortge— 
führt wurden. Die Folge ſolches Unweſens war, daß 
ſowohl der K. Maximilian der Erſte ben der Feſtſe— 
tzung des ewigen Landfriedens, als auch ſeine Nach⸗ 
folger in der Regierung die ſogenannten Friedensbre⸗ 
cher oder Abſager wie die Straßenräuber zu behan⸗ 
deln befohlen haben, denn eine jede Fehde, ſie mochte 
angekündiget ſeyn oder nicht, erzeugte unter dem 
ſchuldloſen Landvolke Raub, Mord und Brand, und 
unſäglichen Jammer und Elend. Ret 
Dieſes Uibel bat feit vielen Jahrhunderten ſo tiefe 
Wurzeln gefohlagen, daf es grofie Mühe und Une 
firengung foftete, es zum Beſten der Menſchheit ganz 





* Es if unnoͤthig, hieruͤber Belege anzufuͤhren. Gogar Leute 
aus den unterſten Claſſen des Volkes ſchickten Abſagen, um 
rauben zu fonmnen. Den Fehdebrief des Raubgeſindels, mel: 

ches fi 1477 an die Lichtenſteine anſchloß, an den Kaiſer 
Friedrich findet man abgedrudt in: Deftetreid unter È. 

| Friedrid dem Vierten. Th. II. S. 256, — Ein [ediger Ge: 

. felleines Meſſerſchmides, Sebaftian Mureifen, bat agio 

der Stadt Steyr auf Raub und Brand abgefagt: Preuen⸗ 

huber, S. 193. Daffelbe that auch Ulrich Brandſtetter, 

gin des Landed vermiefener Biirger von Steyr im Jahre 

1512. Er bat ſich damahls in Böhmen aufgepalten , und 
den Steprern auf Mord und Brand abgefagi: S.200.,. 


noe 147 —— 


auszurotten. Für Defterreih bat K. Marimilian in 
feinem legten Cebensjabre, 1518, eine Verordnung 
erlaffen, des Inhaltes: „Abſager, Straßenräuber 
und Heckenreiter ſollen als Landverräther an Leib und 
Gut geſtraft werden. Es ſoll auch ein jeder unter der 
Strafe des Ungehorſams ſchuldig ſeyn, dieſelben mit 
aller Macht zu verfolgen und ins Gefängniß zu brin⸗ 
gen, auch auf hierinfalls geſchehene Signalſchüſſe 
oder Glockenſtreiche ausziehen, und ihnen mit ge 
fammter Sand nachſetzen*).“ Ungeadtet diefer Stren⸗ 
ge, mit welcher Marimilian fur die Erbaltung des 
allgemeinen Landfriedens wachte, erfrechte fid in 
dem nämlichen Sabre ein gewiſſer Sigmund Ufaner, 
eimen Abfagebrief zu ſchicken. Marimilian erflarte ibn, 
feine Unbanger und Helfer und auch Alle, die fie bee 
berbergen oder verbeimlichen würden, indie Acht und 
Oberacht des Reichs, und gab der Leib, das Leben, 
die Habe und Güter derfelben manniglich frep. — Als 
ſich Sigmund Raufmud von Clumb 1533 einen gleis 
cen Frevel gegen K. Ferdinand erlaubte, erging cine 
ähnliche VBerordnung mit dem Beyſatze: Wer diefen 
Kaufmuck lebend Seiner Majeftàt einliefert, erbalt 
dreytauſend Rheiniſche Gulden; wer ibn getodtet eine 
bringt, giventaufend. Auf die Berbaftung der Unhan: 
ger Deffelben wurden zweyhundert Gulden für den 
Kopf gefebt; file einen Getödteten hundert *). Nod 
fpatere VBerordnungen ubergehen mir, und zeigen bloß 

ihr Dafepn an ***). 

‘*) Guarient, Th. I. S. 8. 
#) Aa. O. 
***) Aa. D. Die juͤngſte Verordnung ift vom Fabre 1555. Fn 
der Landgerichtsordnung È. Ferdinands vom Fabre 1656 
werden freylid nod Abſager genannt: A. a. O. S.690} 
aber dieſes bemeifet nur die Moͤglichkeit diefes Verbredens, 
welches damahls nicht mehr begangen murde. 
10 





dee 148 ESSEN 


Wir haben nur wenige Beyſpiele aus vielen aus⸗ 
gehoben, aber fie genügen hinlänglich, um uns von 
der Unficherbeit der Perfonen und des Eigenthums 
während des Mittelalter8 bis gegen die lebte Hälfte 
des ſechzehnten Jahrhunderts ju überzeugen. So oft. 
Kaufleute cin feftes Schloß auf cinem Felſen erblick⸗ 
ten, — und deren gab es allentbhalben in Oeſterreich 
viele —, ſo oft mußten ſie für ihr Leben und ihre 
Waaren zittern, denn auf ſie und ihr Eigenthum wa⸗ 
ren vorzüglich die Blicke der Raubritter gerichtet, die 
ihnen in Gebüſchen und Wäldern, auf offener Lands 
ſtraße und auch auf dem Waſſer auflauerten, ſie nie— 
derwarfen, plünderten, gefangen fortführten, und 
nur gegen ein Löſegeld wieder freyließen. Die Staats⸗ 
verträge, die zwiſchen den Regenten Oeſterreichs 
und Den benachbarten Landesfürſten zur Befordes 
rung des Gandels find geſchloſſen morden, auf die 
vir meiter unten im Verfolg der Geſchichte kommen 
merden, enthalten immer den ftebenden Artikel, daß 
fur die Sicherheit der Kaufleute gegenfeitig geſor— 
get werden folle: ein deutlich ſprechender Beweis, 
daß die Sicherheit der Straßen gar oft gefährdet 
wurde. esta 
Um fid vor ſolchen Unfällen zu ſchützen, gab es 
zwey Mittel: Man begehrte gegen Bezahlung ein 
ſicheres Geleit vom Landesfürſten und auch von dem 
Grundherrn, durch deſſen Gebieth man reiſen woll⸗ 
te *); oder man zog, mie noch) heut zu Tage im Oris 
ent, in zahlreichen Caravanen, um ſich defio leichter 
gegen räuberiſche Ungriffe vertbeidigen zu können. 





*) Pfeffinger, 1. c, L. 1, Tit.VI! 6. 10. p.1995 er L. HI. 
Tit. II: 6. 40. p. 69. Dort wird weitlaͤufig von Geleitsrecht 
gebandelt. 


— 149 ta 


Aber bende Mittel maren foftfpielig ), gar oft audi 
unſicher und fruchtlos. 
Den alten Reichsſatzungen zu Folge war das Ge⸗ 
leitsrecht ein Ausfluß der königlichen Gewalt; wer 
daſſelbe gegen eine gewiſſe Abgabe Neiſenden geſetzlich 
leiſten wollte, mußte vom Reichsoberhaupt die Ber 
fugniß dazu erhalten haben *). Mächtige Grunde 
herren bekümmerten ſich aber wenig um ſolche Reichs- 
geſetze, handelten nach eigener Willkühr und nöthig⸗ 
ten Reiſende, während des Durchzuges durch ihr Ge⸗ 
bieth ein ſicheres Geleit zu nehmen und zu zahlen. Der 
Schwabenſpiegel ſtellte es Wanderern frey, ob ſie mit 
oder ohne Geleit ihre Reiſe fortſetzen wollten; im letz⸗ 
teren Falle liefen ſie jedoch Gefahr, ihr Gut zu verlie⸗ 
ren, das ſie mit ſich führten. Gab aber ein Grund⸗ 
herr ein ſicheres Geleit, ſo ſollte er auch für allen 
Schaden gut ſtehen, welcher Reiſenden während ſei⸗ 
ner Geleitſchaft zugefügt wurde ***).. Fochten Zwey 
mit einander eine Fehde aus, und ſtanden beyde oder 





*) Tolner, Cod. dipl. Palat. p..65. Conradi, epiſe. Ratispon. 
+ diplom. anno 1205. Conductum fimul praeftabimus s et 
lucrum inde acceptum fimul dividemus , et quicunque 
contra velle nofirum nliaupra: vel aligquos conducere vo- 
luerit, etc... . 

1 @2) Schilter, Thefaurus ia ap Teutonic. T. II. hi 
append. Conftitut. Imperial. p. 13. Wir gepieten und fes 
ten, das npemant den andern belait durd das Lande mind 
fain gut, erbab dann das gelait von dem Reich. 

4%) Sn ber Auflage : Durd Yntboni forgen. Augſpurg, 1480. 
Vlatt 60: „Ein pegflid man. ift gelaptes frep. ob er ſein 
gutt wagen mill. Iſt aber vnfrid in dem land. vnnd muttet 
ein Fauffman gelaytes. dag mag jm ein herr mol geben . man 
gebe dem herren dbarumb oder nicht . er fol doch dem kauff⸗ 
man feinen fehaden allegen . mer dem fauffmann gelayt 
gibt. mag im ſchadens beſchicht. das foll der jm gelten der 
in gelaptet. | 


222 150 e 


einer derſelben unter ſicherem Geleite: fo durffe foi: 
ner von ibuen feimen Gegner auf offenter Strafe ana 
greifert; im midrigen Falle ward er mie ein Straßen⸗ 
räuber behandelt *). In Oeſterreich hat erſt K. Fer⸗ 
dinand der Dritte 1056 die Ertheilung eines ſicheren 
Geleites ſich vorbehalten *); in früheren Zeiten war 
dieſes Vorrecht den Anmaßungen und der Gewalt der 
Mächtigen überlaſſen. Albero von Chunring bat es 
aus Mitleiden gegen die Schiffe bey Krems ausgeübt. 

Daß Raubritter ſich um das ſichere Geleit des 
Landesfürſten, und auch um das allgemeine Völker—⸗ 
recht, welches Geſandte in Schutz nimmt, wenig oder 
gar nicht bekümmerten, haben wir aus dem Betragen 
des Ritters Wilhelm Rohrer abnehmen können. Ein 
gleiches Verbrechen hat der Ritter Oberheimer an 
den Geſandten der Eidgenoſſenſchaft verübt, die durch 
Oeſterreich sum König Mathias von Ungarn zogen: er 
überfiel ſie, und beraubte ſie ihrer Habſeligkeiten ) 
Dazu kam noch, daß ſich Grafen und Ritter gar oft 
das Recht herausnahmen, ſelbſt ihrem regierenden 
Landesfürſten den Gehorſam aufzuſagen und ibm ei⸗ 
nen Fehdebrief zuzuſchicken, welche Beſchimpfung 





*)Schilter, lc. p.5. Wo given miteinander urlewgent und 
der gain oder fie paid gefait habent wer den gu laid die firafi 
angreiffet mirt er Des zu recht uͤberzewgt riber den fol man 
richten als uͤber ain Straßrauber. 

*) Guarient, Th.I. S. 668. Fn dieſer Verordnung iſt aber 
nur vom Geleit ſolcher Leute die Rede, die ſi ſich vor ein Ge⸗ 

richt ſtellen ſollten In fruͤheren Zeiten gaben in Oeſterreich 
auch die Staͤdte ſicheres Geleit. Im Jahre 1434 erſuchte 

die Herzogin Eliſabeth, Albrechts, des nachmahligen Kai= 
ſers, Gemablin den Magiſtrat von Krems um ſicheres Gee 
leit fuͤr Katharina Gundorfer. Das Datum diefer Urfunde 

ift: Pfingſtag nach Mariaͤ Geburt. 
#**) Oeſterreich unter K. Friedrich dem Vierten. Th. IT. S. 194. 


ann 151 <— 


vorgiiglià dem K. Friedrich dem Vierten während 
ſeiner langen Regierung gar oft ift zugefügt worden. 
Achteten dieſelben mabrend friedlicher Verbaltniffe 
mit ihrem Regenten ſein ſicheres Geleit nicht, ſo ward 
es zur Zeit einer Fehde mit ihm deſto gewiſſer ganz 
nutzlos. Ein gleicher Fall trat noch weit öfter ein, 
wenn Kaufleute von den Herrſchaftsbeſitzern ſich ein 
Geleit verſchafften. Man hüthe fi, die alte Rittere 
treue nad) der neueften Sitte, mie fie in Nomanen 
poetiſch dargeftellt wird, hoch anzupreifen und ibr 
ein unbegränztes Vertrauen zu ſchenken; die Geſchichte 
liefert nur gar zu viele Beyſpiele vom Gegentheil. 
Wie ſollte man auch vernünftiger Weiſe von Rdue 
Bern erwarten können, daß ſie ihres gegebenen Wore 
tes eingedenk, eine günſtige Gelegenheit nicht benü— 
tzen, und eine reiche Beute unangetaſtet laſſen folle 
ten? Und wenn mir gleich die, von neueren Dichtern 
und Liebbabern des Mittelalters fo ſehr gerühmte 
Rittertreue, der Geſchichte zum Trotz, als nie oder 
nur höchſt felten verlegt annebmen mollten: fo traten 
dem gegebenen fichern Geleite eines Grundherrn doh 
immer neue BHinderniffe in den Weg. Die Grunde 
herrlichkeit mar in fruberen Zeiten noch mebr als jet 
getbeilet, und viele alte Burgen und Edelfige find 
heut zu Tage verfallen oder zu Bauernbofen umgee 

ftalfet, und groferen Herrſchaften einverleibt more 
Den; zuvor wohnten dort eigne Befiber, die mit groe 
fier Strenge. ihre grundherrlichen Rechte ausubten. 
Wie viele ſichere Geleite maren cinem Kaufmann zu 
einer cinzigen Tagreife nothig? Und mie leicht andere 
fen ſich ploͤtzlich die friedlichen Verbaltniffe der benach= 
barten Ritter? Ganz unvermutbet Fonnte ſich der 
Kaufmann auf einem Gebiethe befinden, deffen Herr 
eben cine Fehde ausfocht und defto weniger den Fremd⸗ 


noe 152 ano 


ting ſchonte, der von der Heimath des benachbarten 
Gegners berfam und eine reiche Beute mit ſich führte. 
Da der Kaufmann nicht alle Grundherren, deren 
Gebieth er betreten mußte, mit einer Abgabe für das 
ſichere Geleit befriedigen konnte: fo blieb ibm nichts 
übrig, als auf gut Glück ſeine Wanderſchaft anzutre⸗ 
ten, und ſich wenigſtens des Schutzes der mächtige- 
ren Großen des Landes zu verſichern, die im cada 
maren, die gewöhnlichen RNaubritter von Gewaltth 
then abzubalfen. Albero von Chunring bat in det = i 
| gebung von Krems allen adeligen Räubern ſich fürch— 


terlid) gemacht. Gegen Ritter, mie Zeller und feimes 


gleichen waren, und gegen mächtige Grafen, worun⸗ 
ter die Schaumberge gehörten, konnte xbnehin kein 
Geleit ſichern. 
Zahlreiche und wohlgerüſtete Caravanen, noch 
dazu von Soldaten begleitet, verſchafften freylich 
mehr Sicherheit als geſchriebene Befehle des Landes: 
fürſten, Kaufleute ungehindert und ſicher fortziehen 
zu laſſen; doch iſt dieſes Mittel nur dann anwendbar, 
wenn der Handel zwiſchen Nationen und Provinzen, 
oder auch zwiſchen berühmten Stapelſtädten ſchon im 
Großen getrieben wird. Die Genueſer, Piſaner, 
Venetianer und die Hanſeſtädte ſchützten ihren Handel 
mit bewaffneter Macht; auch mehrere große Handels— 
ſtädte im Deutſchen Reiche thaten dieß, und rächten 
ſehr oft Beleidigungen, einem ihrer Mitbürger juge: 
fügt, auf eine blutige Weiſe und mit Zerftorung der 
Burgen, aus welchen Naubritter das Gut der vor: 
benziehenden Sandelsleute angefallen haben. Wien 
ausgenommen, gab es im Defterreid keine Stadt, 
die im Stande gemefen mare, eine beträchtlichere 
Fehde gegen einen mächtigen Grafen oder Ritter füh— 
ren und aushalten zu können; nur durch cin allge— 


nce 1535 nes 


meines Aufgeboth der Provinz oder durd die Verei⸗ 
nigung der Stadte mit mebreren Adeligen fonnte mani 
gefürchteten Räubern Widerftand leiffen, movon uns 
Die Geſchichte einige Beyſpiele aus dem vierzehnten 
und fünfzehnten Jahrhundert aufbewahrt hat. Von 
Oeſterreichiſchen Caravanen, die ins Ausland zogen, 
geſchieht keine Erwähnung; aber unſre einheimiſchen 
Kaufleute ſuchten und erhielten von auswärtigen Für⸗ 
ſten und Städten ein ſicheres Geleit, wie wir dieſes 
weiter unten vernehmen werden. Für die Sicherheit 
des Waarenzuges durch Oeſterreich ſelbſt ſorgte man 
fo gui, als es Zeit und Umſtände nur immer gus 
ließen. 


Neunter Abſchnitt. 
Strandrecht oder Grundruhr. 
Ein Zeitalter, in welchem ſich der Adel ein Raub⸗ 
recht anmaßt, iſt aller Schandthaten fabig. Daf dere 
gleichen auch wirklich allgemein verübt worden, ere 
hellet vorzüglich aus dem lange vertheidigten Strand⸗ 
recht und dem Rechte der Grundrubr *), Vergeblich 
haben fid) cinige Schutzredner bemüht, Gründe zur 
Vertheidigung einer ſchändlichen Sade, welche die 
Menſchheit entebrte, aufzuſuchen, und durch dere 
Schein cines Rechtes ju beſchönigen; kann es dem 
vielleicht ein Recht geben zu rauben, zu morden, 
ſchuldloſe Menſchen zu ewiger Selaverey zu verur⸗ 
theilen, und Unglückliche in das volle Verderben zu 





*) Das Wort Grundruhr bedeutet eigentlich nichts anders, 
als die Beruͤhrung des Grundes, der das Eigenthum ir= 
gend eines Beſi igers it. Die Ruhr oder Frais des Waffer8 
nti Den Alten fiir cine fanfte oder gemaltige veneaun⸗ 

eſſelben. 


ee 15/ «se 


friirzen? Man berief ſich auch in diefem Stücke nie 
in vielen andern Dingen auf alte Gewohnheiten, fos 
gar auf die Sitten der hoch bewunderten Griedjen 
smer, und der alten Völkerſtämme Deutſcher und 
Slaviſcher Abkunft, die im ganzen weiten Umfang 
Europens ihre Wohnſitze aufgeſchlagen haben. Man 
vergaß aber, daß nicht alles, was Griechen und Römer 
gethan haben, Lob und Nachahmung verdiene, und daß 
man noch viel weniger in die Fußſtapfen barbariſcher 
Völker treten könne, ohne ſelbſt ein Barbar zu ſeyn. 
Das Strandrecht war die Befugniß des Grund⸗ 
oder Eigenthumsherrn eines Ufers, die an demſelben 
geſtrandeten Menſchen, Güter und Schiffe als ſein 
Eigenthum anzuſehen und zu behalten. Das Strand⸗ 
oder Grundruhrrecht iſt eigentlich eines und daſſelbe; 
indeſſen gebrauchten einige Schriftſteller die erſtere 
Benennung bloß vom Geſtade des Meeres und von 


den dort geſtrandeten Schiffen, letztere aber nur von 


Menſchen und Gütern, welche ein ſolches Unglück 
auf einem Fluß erlitten haben *). Wird man ſchon 
durch die bloße Erklärung des Wortes Strandrecht 
mit Unwillen gegen jene Barbaren erfüllet, die daſſel⸗ 
be als ein vorzügliches Befugniß ausgeübt haben ſo 
muß ſich alles menſchliche Gefühl darüber empören, 
wenn man lieſet, daß ſich dieſes ſchändliche Recht 
nicht nur unter Heiden, ſondern auch unter den Chri⸗ 
ſten, und noch dazu bis zum Ende des ſechzehnten 


*) Im Deutſchen hieß dieres Redt: Strandredt, Grunds 
ruhr⸗ oder RNuprredt, von dem Morte Rubren , welches 
Gliefien bedeutete; aut Fabr=, Grund = und Uferredt ; 
letzteres druͤckte aber aud das Recht aus, Reiſende auf 
Schiffen uͤber einen Fluß zu fuͤhren. Die Séiiffer dabep 
hießen Foͤrgen. Fm Latein des Pittelalter8 bief das Strande 
oder Grundruprredt Laganum. 





sue 155 -- 


Jahrhunderts aud in unferm Vaterlande nicht nur 
erhalten, fondern auch von Beit gu Zeit an Ausdeh⸗ 
nung und Graufamfeit zugenommen babe. Wir füh⸗ 
ren bier nur Weniges von dem, mas man alles aus 
dieſem unmenſchlichen Recht als Folge ableitete, Bier 
an, und vermeifen die wißbegierigen Lefer, die Diefen 
Gegenftand nach feinem ganzen Umfang mollen Fennen 
Ternen, auf größere Werfe, die ibn mit vieler Gelehr⸗ 
ſamkeit weitläufig abhandeln *). 

Wurden Schiffer genöthiget, einige Güter zur 
Erleichterung des Schiffes über Bord zu werfen, und 
wurden dieſe durch die Wellen an das Land geſpielet: 
fo gehörten ſie dem Grundherrn, und der Eigenthü⸗ 
mer hatte, wenn er ſich gleich vorfand, all ſein Recht 
darauf verloren. Scheiterte ein Schiff, und retteten 
ſich die Menſchen an das Ufer: ſo ergriff man ſie mit 
den geretteten Habſeligkeiten, und ſie waren von dem 
Augenblicke angefangen, als ſie den Grund und Boe 
den eines Herrn betraten, ſeine Selaven; das Schiff, 
welches auf einer Sandbank oder einem Felfen auffafi, 
war mit allen darauf befindliden Gütern dem Herrn 
verfallen, deffen Grund es berührte . 





Vorzuͤglich verdienen gelefen zu werden: Du Cange, v. 
Lagan feu Laganum. — Muratori , Antiquit, Ital, T. II. 
P. 14 et feq. — Pfeffinger, |, c. L. III. Tit. 18, $. 59, Tom, 
INT. p. 1471 et leq. — Fiſcher, Geſchichte des teutſchen 
Handel8. TN. I. È. 728, u.f. — Die Bemibungen der 
i Lanfeftidie , fi durch Privifegien gegen das Strandredt 
zur Befoͤrderung ihres Handels zu ſchuͤtzen, erzaͤhlet Georg 
Sartorius, in der Geſchichte des Hanſeatiſchen Bundes. 
Th. J.S. 178, 312, und an vielen anderen Stellen. Eine 
lange Reihe von Schriftſtellern, die uͤber das Strandrecht 
geſchrieben haben, findet man bey Pfeffinger. 
*) Chron. Alberti Stadens. apud Jo. Schilter, Scriptores 
Rer. German. T. II, p. 261. Hujus Friderici (Comitis 


ui ces 156 ‘2% 


Dod damit wurde die ſchändliche Habſucht der 
Grofien nod) keineswegs gefattiget, und' Negenten 
und Adelige waren febr erfinderiſch, um das wilde 
Grundruhrrecht auf häufige dalle ausdebnen, und 
ſich recdt viel fremdes Gut zueignen zu fonnen. Ein 
Schiff berührte, ohne Schaden zu Leiden oder figen zu 
bleiben, eine Sandbank; und wehe dem Eigenthümer, 
wenn dieß von einem auflauerndent Beamten bemerft 
und begeugt wurde: das Schiff mar mit der ganzen 
Ladung dem Grundberrn verfallen; die Leute liefiman 
jedoch feit dem dreyzehnten Jahrhundert in den meiften 
Gegenden fortzieben, ohne fie zu Selaven zu machen. 
Fuhr cin Sdiff durd) cine Bride und beribrte nur 
im mindeſten einen Jochbaum, fomard es fammt der 
Ladung ein Eigenthum des Herrn der Brude, wenn 
gleich das Schiff und die Brücke vollfommen unverletzt 
geblieben maren. Das Nämliche geſchah, menn ein 
SOI im Vorbenfabren cine Schiffmühle berührte. 
Fiel ein noch ſo kleiner Theil von der Schiffsladung 
ins Waſſer, ſo griff der Herr, der die Befugniß der 
Grundruhr beſaß, nach beyden: Schiff und Ladung 
ſind ſein Eigenthum geworden. Durch einen ſolchen 
Zufall verloren die Regensburger im Jahr 1396 die 
ganze Ladung eines Floßes, von dem ein Fäßchen 
durch einen Stoß in den Fluß snai it). Nicht 





Stadenfis) avia et mater de Anglia navigantes, in Comi. 
tatu Stadenfi naufragium paffae funt, et fecundum prifci 
‘ juris rigorem tam homines quam res regiae ditioni funt 
—— Dieſes wird von Albert bey dem Jahr 1112 er⸗ 
zaͤhlet 
e) Anſtatt den keſer mit haͤufigen Citaten zu plagen, die man 
in den gleich oben angefuͤhrten Schriftſtellern ſelbſt nach⸗ 
ſchlagen kann, mache ich ihn neuerdings auf ein Werk auf⸗ 
grerffam r das bisher nod gu wenig ift benugt worden. Ge⸗ 


neo 157 sce i 


minder Wandlich verfuhren die Grundeigenthümer ben 
Waarentransporten über Land auf der Achſe. Gin 
Wagen fiel auf der elenden Straße um, oder es brach 
ein Rad, und die Ladung fiel auf den Boden: ſogleich 
eignete ſich der Grundeigenthümer den Wagen und die 
ganze Ladung zu; Die Befugniß dazu gab ibm die 
Grundruhr. Ein Fäßchen oder ein kleiner Theil der 
Fracht fiel aus dem Wagen heraus, und das Ganze 
ging durò Grundruhrrecht verloren. Man trieb 
Schweine, Schafe, Ochſen auf der Landſtraße, und 
einige Thiere verließen die Heerde und kamen auf frem⸗ 
den Boden: der raubfüchtige Grundherr eignete ſich 
dieſe und auch die übrigen zu, welches freylich ganz 
folgerecht gedacht und gehandelt war, da ein kleines 
Faßchen den Wagen und das ganze Shiff dem Grund⸗ 
herrn heimfällig machte. 

Wer könnte ſolche Gräuelthaten leſen, ohne mit 
Abſchen gegen ein Zeitalter eingenommen zu werden, 
welches dergleichen Grauſamkeiten billigte, und ſogar 
mit dem Nahmen eines Rechtes beiligte ? Die gangli: 
che Verderbtheit der damahligen Machthaber, ihre 
Fühlloſigkeit gegen Verunglückte und ihr verſtockter 
Wille fallen deſto mehr auf, da fre, die man ſo fromm 

und gutmüthig zu ſchildern pflegt, von heiligen und 
hoch geachteten Männern: von Päpſten, Biſchöfen 
und zahlreichen Kirchenverſammlungen gu allen Zei⸗ 
ten gebethen, ermahnet, auch ſehr zudringlich aufge— 
fordert und mit dem Kirchenbann bedrohet wurden, 
um ſie zu bewegen, daß ſie auf ein Recht verzichteten, 
durch das die Menſchheit und das Chriſtenthum ente 





meiner, in der Chronik von Regensburg, liefert viele 
Beyſpiele des gegen dieſe Stadt ausgeuͤbten CI 
rechtes; 3.8. Th.II, S. 171, 172, 477, 192, u. f. 


neo 15) «-—- 


ehret werden; fie predigten tauben Ohren. Man follte 
giaubett, daß das Machtgeboth mehrerer Kaiſer auf 
den rohen Adel einen größeren Eindruck würde gemacht 
haben; das llibel hatte aber ſchon ſo tiefe Wurzel ge⸗ 
ſchlagen, daß es anch wiederhohlten Befehlen gefürch— 
teter Kaiſer trotzte; durch ein allgemeines Gefeg konnte 
das Strandrecht aus dem Deutſchen Reiche nicht vera 
bannet werden; höchſtens gelang es einigen weiſen und 
milden Regenten, daſſelbe durch Privilegien für ge⸗ 
wiſſe Städte und Märkte einzuſchränken, während 
andere Fürſten, vorzüglich aber die Könige von Frank— 
reich unverſchämt fortfuhren, die durch das Strand⸗ 
recht erworbene Beute mit den Grundherren zu thei⸗ 
len. Jahrhunderte verfloßen, bis es der Menſchlich⸗ 
keit, dem Chriſtenthume und einer beſſeren Cultur ge⸗ 
lang, den Sieg über die Barbarey zu erringen, und 
verunglückten Reiſenden Mitleiden, Beyſtand und 
Sicherheit der Perſonen und des geretteten Eigen⸗ 
thums zu verſchaffen. Ghit 
Wir haben bisher von der Schändlichkeit des 
Strandrechtes und der Grundruhr im Allgemeinen 
geſprochen und den Unfug gezeigt, welcher damit al⸗ 
lenthalben getrieben wurde. Es darf nicht erſt erinnert 
werden, daß auch Oeſterreich dieſem wilden Zeitgeiſt 
des Mittelalters huldigte; nur erſcheinet auch nicht 
die geringſte hiſtoriſche Spur, daß ſich unſre alten 
Landesfürſten je einmahl ſo ſehr vergeſſen und enteh⸗ 
ret haben, daß ſie ihren Zeitgenoſſen geglichen, und 


mit den Grundherren den Raub der Grundruhr ge⸗ 


theilet hätten. Kann man fie gleich nicht gänzlich ent⸗ 
ſchuldigen, daß ſie bey ihrer großen, beynahe unein⸗ 
geſchränkten Regierungsgewalt kein allgemeines Ge- 
ſetz zur Aufhebung des Grundruhrrechtes erlaſſen ba 
ben: ſo finden ſich doch mehrere Verordnungen, wel⸗ 


Pi 


pren 159 a 


che demfelben in Rückſicht verſchiedener Orte Einhalt 
thaten; und von dieſen ſoll nun die Rede ſeyn. Viel⸗ 
leicht wird die Anzahl derſelben in der Zukunft noch 
vermehret, wenn ſich mehrere Geſchichtsforſcher be⸗ 
mühen, die noch verborgenen Urkunden aus Archiven 
an das Tageslicht zu bringen, und zur Ausfüllung 
der Lücken in unſrer vaterländiſchen Geſchichte bekannt 
zu machen. 
Die älteſte uns bekannte Urkunde uber die Befrene 
ung vom Rechte der Grundruhr hat K. Friedrich im 
Sabre 1237 der Stadt Wien ertheilet. Ihm lag viel 
daran, ſich des Beyſtandes der dortigen Bürger ge⸗ 
gent ibren geächteten Herzog Friedrich den Streitba⸗ 
ren qu verſichern, um Ddefto gemiffer feime eigennützi— 
| gen Plane ausfubren zu können. Dieß war der Grund, 
warum er Wien gu einer unmittelbaren Reichsſtadt 
erhob, die Bürger von dem harten Joch des Herzogs 
gu befreyen verſprach, und ihnen nebſt anderen gro⸗ 
ßen Vorrechten in hochtbnenden Ausdrücken aus der 
Fülle ſeiner angebornen Güte und Gerechtigkeit auch 
die außerordentliche Gnade erwies, daß ſie befugt 
ſeyn ſollten, ihre Güter, die ihnen ein Schiffbruch 
geraubt und Andere den Wellen wieder entriſſen ha⸗ 
ben, zurückzufordern, denn es ſey unbillig und vere 
rathe ein hartes Herz, dasjenige ſich zueignen zu wol⸗ 
len, was mit genauer Noth dem reißenden Strom 
entgangen iſt Im Jahre 1247 bat der Kaiſer nach 


Lambacher, Interregnum, S. 13, im Anhang. De innata 
quoque clementia Sedis noſtrae, quae pacem et juſtitiam 
comitatur, dedernimus et mandamus, ut fi quando ali. 
quis Wiennenfium Civinm nanfragii cafum incurrerit, 
res fuas ab impetu torrentis manus hominis afportaverit, 
libere poflit repetere, et habere a quolibet detentore, 
cum indignum penitus cenfeamus, immifericorditer re- 





ma 160 ceo 


dem Tode H. Friedrichs diefe Gnade wörtlich erneu⸗ 
ert. Das Nämliche geſchah bey einer ähnlichen Ge⸗ 
legenheit vom K. Rudolph von Habsburg im Jah— 
re 1278 *8; er wollte während ſeines Streites mit 
dem Böhmenkönige Ottokar die Wiener bey gutem 
Willen erhalten, und ſeinen Söhnen eine ruhige sp 
gierung in Oeſterreich vorbereiten. > Lie 

. Die Bürger der Hauptſtadt maren son dem un 
heil des Rechtes der Grundruhr befreyet; die Li ge 
Bewohner des Landes Defterreid, die nicht fo glück 
lich waren mit einem ähnlichen Privilegium segna 
gu werden, blieben der Grundrubr mie zuvor noch un: 
— *2 was aus den — — sero 





liquias naufragii detineri per RETE, s quibis auvii 
rapacis taria unda pepercit. — N Psi LI 
2) L.c. p.160, — Bey Rauch, Th. TIT. S.:6., lautet diefe 
:. . Stelle Deutſch alfo : Vnd vonangeporner guetidiait vnſers 
Stuels : der da nachvoligt frid vnd der gerechtichait. So er: 
tail mir vnd gepieten. ob immer ettleich purger je penne 
von der vrapfe der veltguffe him i in den val des ſchefuerder⸗ 
ben mit ſeinem guet vnd die im menſchen hant ab trueg 
Daz er di vreyleichen muge geuodern vnd von einem iſlei⸗ 
chem aufhalden ze haben Wann wir ez ertailen gentzleich 
vnpilleich vnd vnparmzichleich die Gueter di in ſchefuerder⸗ 
ben beleiben vnd von muettender vnde des Raͤupleichen 
wazzer hin choment. cin menſch cufpava ſcholt. — Senken- 
berg; Vifiones , p. 287, U. f. Gn dem Stabdtrecht , wel⸗ 
mes H. Albrecht 1296 verlieben bat, wird dieß deutlicher 
ausgedruckt. „Seit daz rebt iſt nad got, daz ein iſleich mes 
niſch ſein gut, daz im enpfuret, oder entragen wirt, ſpa 
ez daz vindet, mit reht ol behaben mad . fo iſt noch pilli⸗ 
cher ; ſwen ſein gut von der vraiſe des giezzenten wazzers 
wirt entragen, daz er das behabe mit ſeinem aide, fiva er 
ez vindé, oder fiva 6} auf rinne. Wand wir erchennen nad) 
got vnpillich, vnd ari parmunge fines ebenchriſtens, einen 
iffichen meniſchen daz gut fein ze haben, daz dem raupli: 
chem mazzer ovme entrinnet. 


ee 101 ua 


SGs iſt erfreulid), in grofier Finfternif von einem 
Belen Glanz überraſcht gu werden. Eine ſolche Freude 
gewährt uns im finftern Mittelalter cin Bertrag, 
welchen die Herzoge von Oeſterreich und Bayern im 
Jahre 1375 zum Wohl ibrer Unterthanen abgeſchloſ⸗ 
ſen haben. Eine vieljährige Erfahrung hat die Fürſten 
auf ihren eigenen und ihrer Unterthanen Schaden 
‘aufmerffam gemacht, der aus der Unſicherheit der 
Straffen und dem verderbliden Rechte der Grund— 
rubi nothwendig entfpringen mußte. Diefem Uibel: 
ſtande abzuhelfen und den zu Grunde gerichteten 
Handel wieder emporzubringen, ſind ſie über folgende 
Artikel überein gekommen: Die Unterthanen beyder 
Länder ſollen ungehindert und mit voller Sicherheit 
gu Lande und ju Waſſer reiſen und ihre Handelsge⸗ 
ſchäfte beſorgen können. Uibelthäter, welche Reiſenden 
einen Schaden zufügen, müſſen vollkommenen Erſatz 
leiſten; die Herzoge werden dafür Sorge tragen und 
mit firenger Gerechtigkeit darüber wachen, wenn ih⸗ 
nen über dergleichen Fälle innerhalb zweyer Monathe 
nach vollbrachter That eine Anzeige davon gemacht 
wird. Sie verbürgen ſich zur Genugthuung ſogar 
unter der Verpflichtung des Einlagers ). Sie vere 





Einlager, Einritt, Leiſtungsrecht find nur verſchiedene 
Nahmen einer und derſelben Sade. Gm Latein des Mit⸗ 
telalters hieß fie Obftazium, Intrada, Jacentia. Das Ein⸗ 
lager war Diejenige Art der Geißelſchaft oder des Arreſtes, 
nach welcher der Schuldner, in Ermangelung der Bezah— 
lung, in ciner von dem Glaͤubiger oder auch von ibm ſelbſt 
| angemiefenen dffentliden Herberge allein oder mit Mehre⸗ 
ren erfobeinen mußte, und nicht von Dannen geben durfte, 
big er feinen Glaͤubiger befriediget batte. Waͤhrend Des 
Einlagers mußte man auf cigene Koften gebren. Die res 
gierenden Herren ernannten fur ſich Buͤrgen, welche ſich 
zum Leiſtungsrechte verpflichteten. Die Udeligen thaten 
11 


men 102 ovo 


pflichten ſich auch, in Rückſicht des Geleites und ande 
rer Angelegenheiten des Handels keine Neuerung zu 
geſtatten, wodurch die Sicherheit und Freyheit der 
Kaufleute könnte gefährdet werden. Die Ruheſtörer 
werden ſie mit vereinigter Macht nöthigen, die Artikel 
dieſes Vertrages genau zu befolgen. Dann fügen die 
Herzoge noch Folgendes hinzu: Auch ſind wir über— 
eingekommen, und haben alle Grundrechte aufgeho— 
ben, weil wir einſehen und es auch genugſam ſelbſt 
erfahren haben, daß ſie dem Handel zu Waſſer ſchäd⸗ 
lich geweſen; deswegen wollen wir, daß künftig in 
Rückſicht der Grundrechte an keinen Menſchen eine 
Forderung gemacht, noch jemand an Leib oder Gut 
beſchädiget werde. Entſtünde zwiſchen Oeſterreich und 
Bayern ein Krieg, fo follen deſſen ungeachtet die 
Straßen beyder Lander den Kaufleuten geöffnet blei— 
ben, und ſie vollen Schutz und Sicherheit geniefien*). 

So lange dieſer Vertrag gehalten wurde, genoßen 
die Oeſterreicher im Herzogthume Bayern, und eben 
ſo die Bayern in unſerem Vaterland eine damahls noch 
ſeltene Sicherheit, und waren ſogar vom Rechte der 
Grundruhr befreyet; aber leider waren im Mittelal—⸗ 
ter alle, fogar auch die feyerlichſt beſchwornen Vere 
trage gewöhnlich nur von furzer Dauer, und wurden 
aus ſehr geringfiigigen Urſachen leichtfertig verletzt 
oder einſeitig wieder aufgehoben. Bald entzweyeten 
ſich die Fürſten ſelbſt unter einander, bald waren fie zu 
wenig Meiſter ihres unbändigen Adels, welcher auf 
Verträge des Regenten nicht achtete, wenn durch die— 
ſelben eines ſeiner alten Vorrechte beeinträchtiget ur 





demſelben perſoͤnlich Genuͤge. Gewoͤhnlich hielt man das 
Einlager in einem Gaſthof. SCA 
*) Beylage Nro. XXXIII. 


de; ‘unter welchen das Fehde= und Grundrubrredbt 
einen: vorzüglichen Plag bebauptete. Nad menigen 
Jahren entftanden aud) wirklich wieder laute Klagen 
siber die Unſicherheit an den Gränzen Bayerns und 
Oeſterreichs. 
Da unſre Herzoge auch bey dem beſten Willen 
und bey der helleſten Einſicht des Schadens, welchen 
das Recht der Grundruhr erzeugte, eben ſo wenig als 
andere Fürſten im Stande waren, daſſelbe in ihren 
Provinzen abzuſchaffen: ſo thaten ſie wenigſtens, was 
in ihrer Gewalt ſtand, um dieſem MUibel abzuhelfen. 
Nicht ſo viel durch Geſetze als durch Privilegien wur— 
den damahls die Länder regieret; durch Privilegien 
wurde auch der Grundruhr Einhalt gethan. Freylich 
wurden ſolcher Gnaden nur die begünſtigten landes— 
fürſtlichen Städte und Märkte theilhaftig, und die 
übrigen Unterthanen blieben ihrem Schickſale und 
den drückenden Vorrechten gefühlloſer, räuberiſcher 
Grundherren überlaſſen; aber gut war es doch, daß 
Beyſpiele von Befreyung gegeben wurden, durch wel⸗ 
che der Adel in der Ausubung des Grundruhrrechtes 
eingeſchränkt und ſtufenweiſe geleitet wurde, einer 
beſſeren Cultur und billigeren, gerechtern Grund— 
ſätzen den Eingang nicht gu verwehren. 

Die Bürger von Wien haben zuerſt die Be— 
freyung von der Grundruhr erhalten; ihnen eiferten 
die Buͤrger der übrigen Städte Oeſterreichs nach, 
wie dieß auch der Fall bey anderen Handelsvorrechten 
geweſen iſt. Welche Stadt zuerſt nach Wien auf dieſe 
Weiſe begnadiget wurde, und in welchem Sabre die 
ſes geſchehen, laͤßt ſich aus Mangel der Urfunden nicht 
angeben; nur von der Stadt Steyr und dem damab: 
ligen Marfte Grein, welchen erſt K. Friedrich zu 
Ende des funfzebuten Jahrhunderts zu einer Stadt 

Rd” 


ne 104 =% 


erhoben pae; find wenige Drivilegion liber die Grund⸗ 
rubr den Untergang und der Vergeffenbeit entriffen 
worden, Sm Sabre 1381 befreyete der ©. Albrecht 
Die Bürger von Steyr im Lande ob und unter der 
Enns von der Grundrubr und verordnete , dafi fie 
niemanden irgend cime Abgabe zu entrichten ſchuldig 
wären, wenn gleich ihre Schiffe und Flöße auf der 
Donau oder Enns auf den Grund ſtießen; nur folle 
ten ſie verpflichtet ſeyn den Schaden zu erſetzen, wenn 
ſie eine Mühle durch das Anſtoßen beſchädigen wür— 
den *). Eine zweyte Verordnung dieſes Herzogs vom 
Jahre 1394 liefert den Beweis, daß ſchon früher 
einige Milderung des wilden Grundrechtes in Oeſter⸗ 
reich iſt eingeführet worden. Albrecht ſetzte Folgendes 
feſt: Reißt das Hochwaſſer auf der Enns oder Donau 
einem Bürger von Steyr ſein Holz hinweg, und ſetzt 
er demſelben nach: ſo iſt er demjenigen, auf deſſen 
Grund es angeſchwommen iſt, nur eine gebührliche 
Löſung, keineswegs aber den dritten Theil davon gu 
geben ſchuldig *. Wo das Grundrecht in voller 
Kraft beſtand, war alles, was den Boden berührte, 
verloren; hier wird nur vom dritten Theil des ange— 
fſhwemmten Holzes Erwähnung gethan, und ſelbſt 
von dieſem werden die Bürger von Steyr gegen eine 
kleine Erkenntlichkeit freygeſprochen. Dieſes Geſchenk 
hieß Bergegeld oder Bergelohn:***), und wurde fo: 





*) Preuenfuber , S. 65. F 
**)L.c.. 70. to 

***) Da das Wort, Bergen, cigeattià nichts anders sati 

afs eine Sache oder auch Menſchen aus einem Schiffbruch 

an das £and bringen und retten: ſo iſt auch die Bedeutung 

von Bergegeld und Bergelobn Har. Der Begriff von 

Schützen, Netten und unferm Verbergen findet cf d aud in 

dem alten Worte: Halsberg, ein Panzer, der den dn 
und die Bruſt dedite und ii 


a < 165 ut 


dii dent — einer Küſte dies Ufers, welcher 
geſtrandete und geborgene Güter verabfolgen ließ, als 
auch denjenigen zur Belohnung gegeben, welche ge⸗ 
ſtrandete Guͤter geborgen haben *). 

Auch die Bürger des Marktes Grein, der. da⸗ 
mahls noch ein Eigenthum des Landesfürſten war, 
ſind ſo glücklich geweſen, im Jahre 1400 von dem 
Grundrecht auf der Donau hinab und Strom auf—⸗ 
wärts befreyet zu werden, ſie mochten dann mit Schif⸗ 

fen oder Flößen fahren. K. Friedrich hat ihnen 1491 

dieſes Privilegium erneuert **). 

Urkunden des ſechzehnten Jahrhunderts ſagen 
aus, daß zwar mehrere Städte, und wahrſcheinlich 
auch einige landesfürſtliche Märkte, von dem Grund— 
rechte befreyet waren, daß auch mehrere Landesfure 
ſten, der alten Barbarey abhold, zeitgemäße Verord— 
nungen zur Befreyung aller Unterthanen erlaſſen ha⸗ 
ben, welchen ſich aber trotzige Grundherren, zu denen 
ſich auch die Beſitzer der Landgerichte geſellten, unge— 
horſam widerſetzten, indem ſie fortfuhren, auf geſchei— 
terte Güter Anſprüche zu machen. Vergeblich wider— 
ſetzte ſich der menſchenfreundliche Kaiſer Maximilian 
der Zweyte dieſem Unweſen; ſein Sohn Rudolph 
wurde neuerdings mit Klagen über die Hinwegnahme 
oder über großes Loͤſegeld geſcheiterter, aber wieder 





*) Pfeffinger, T. n. p. 1476. Probe notandum, aequitatis 
efse remunerati èos, quorum periculis et anxilio nanfra- 
‘gorumbona in falvam ducuntur, quod praeminm vulgo 
| Barge-Geld, alibi Bergelohn, das Fapr:Redt, Gallis, le 
droit des naufrages , vocari amat, quo foluto; cuncta 
dimittuntur libera, etc. 


#*) Veplage Nro. XXXIV. Diefe Urfunde findet ſich in einer 


Privifegienfammiung verſchiedenen Inhalts, die im ſieb— 
zehnten Jahrhundert geſchrieben wurde. Aufbewahrt wird 
ſie im Archiv des Schloſſes Clam im unteren Muͤhlviertel. 


22 100 ue 


geborgener Güter beſtürmet. Er erneuerte alfo 15809 
die Befehle ſeines Vaters, und unterſagte den Grund⸗ 
herrſchaften und Landgerichten die Vorenthaltung ge⸗ 
borgener Güter. Nur denjenigen, welche ſich bemüh⸗ 

ten, derley Sachen den Wellen zu entreißen und in 
Sicherheit zu bringen, ward es erlaubt, einen mäßigen 


Bergelohn zu fordern*). Aus der Wiederhohlung des 
Befehles liber die Abſchaffung der Grundruhr, È. 
Serdinands vom Sabre 1633, und È. Leopold 1687} 
geht deutlich bervor, daß fich die Grundbercen durch⸗ 


aus nicht bequenten wollten, menſchlicher zu denken 
und bandeln 9). So ſchwer ließ es, und fo viele 
Zahrbunderte maren nothig, um cintief cingemurzele 
tes Raub⸗ und Plünderungsſyſtem auszurotten, und 
Biürger und Bauern vor der wilden Habſucht der 
pont gu ſchützen. 


Zebnter Nbf@nitt. 
pfaͤndungsrecht oder Repreſſalien. 


Kaufleuten, welche die habſüchtigen Zollbeam⸗ 
ten befriediget haben, und dem räuberiſchen Adel 
und verderblichen Strandrechte glücklich entkom— 
men ſind, drohte noch eine andere Gefahr, vor 
welcher keine Behutſamkeit und auch nicht das 
Bewußtſeyn ſchützen konnte, allen Geſetzen und 
Verpflichtungen vollkommen Genüge geleiſtet zu 
haben. Vor dem Pfändungsrechte ſchützte keine 
Unſchuld, und vermöge deſſelben konnte man ſei— 
ne perſönliche Freyheit und alle Güter verlieren. 
Das Pfändungsrecht hatte im Mittelalter mehrere 





*) Beylage Nro. XXXV. 
**) Guarient, Thl. S. 258, und * II. S.282. 


\ 
DI 


CN 1607 new 


Nahmen *), und beftand in dem Befugniß, ſich 
wegen vermeigerter oder verfpateter Genugthuung 
der Obrigfeit ſelbſt Recht zu verſchaffen durch Er: 
greifung aller Perfomen und Güter, welche, mie 
der Schuldner oder Beleidiger, zur nämlichen Herr⸗ 
ſchaft oder Gemeinde gehörten *). Dieſes graue 
ſame Befugniß floß aus dem barbariſchen Rechte der 
Selbſthülfe oder des Fauſtrechtes, ſtiftete unter dem 
Scheine, jedem Gläubiger oder Beleidigten zu ſeinem 
Rechte zu verhelfen, unſägliches Uibel, und ward noch 
dazu nur gar gu oft auf die ſchändlichſte Weiſe gemiß⸗ 
braucht, denn es diente zum Deckmantel einer verkapp⸗ 
ten Räuberey ſowohl beym Adel als auch bey den 
Bürgern der Städte und Marfte. Zugleich gibt uns 
das Pfandungsredt einen unwiderſprechlichen Bee 
weis von der höchſt traurigen Lage, in welcher fi 
die öffentliche Vermaltung der Juſtizpflege damabls 
befand. Fin Paar Benfpiele werden uns die Abſcheu⸗ 
lichkeit dieſes Rechtes deutlich vor unfre Augen frellen, 





*) Daè Pfindungsredt bief aud Febde, Kummer, — daher 
das oftmablige Verboth, niemand zu befiimmern —, recht⸗ 
lie Hemmung, Aufhaltung, gewoͤhnlich aber Nepreffalien 
und Arre. Lateiniſch: Jus reprefsaliarum, talionis, 
diffidationis, pignoracionis, clarigationis.‘ £eftere zwey 
Benennungen find unſchicklich, denn fie vermirren die Bee 
griffe, wie ſchon Pfeffinger darauf aufmerffam gemadt 
bat. L. INI, Tit. III, 6. 6. T.I.p.92. Minus recte a Ponti- 
fice, C. T. de Injur. in 6 Pignorationes appellantur, quan= 
doquidem non tantum nocentes, utin pignorationibus 
fit, fed et innocentes detinentur. Nec Clarigatio, accurate 
loquendo, idem eft, quia haec publica eft, aptamque belli 
denunciationem denotat, cum reprefsaliis non utamur, 
ut bellum denunciemus, 

**) YBeitlaufiger gandeln davon: Pfeffinger, l.c., et T.IIT. 
p-377 — 579; Und Muratori, Antiquit. Ital. T.,IV. 
p. 741 » et feg.; cine vortrefflide Abhandlung. 


ane 168 ⸗ 


Gin Kaufmann von Negensburg bat einem Kauf⸗ 
mann in Wien fur empfangene Waaren zu einer bea. 
ftimmten Beit ſichere Zahlung zu leiſten verſprochen, 
iſt aber ſeinem Worte untreu geworden, oder Unfälle 
hielten ihn ab, ſeinen Gläubiger zu befriedigen. Der 
Regel gemäß ſollte der Gläubiger ſeinem Magiſtrate 
in Wien eine Klage darüber vorbringen, und dieſer den 
Magiſtrat in Regensburg auffordern, den Schuldner | 
gur Zablung zu givingen. War: diefer faumfelig in 
feimem Amte, oder fonnte er vom Schuldner wegen 
feines Unvermogens die Zablung nicht erzwingen, fo 
erbiclt der Glaubiger das Recht, ſich an allen Nes 
gensburgerit ohne Unterſchied, und an allen ibren 
Gütern, deren er habhaft werden könnte, ſchadlos zu 
halten. Dod an ſolche gerichtliche Weitläufigkeiten 
hielt man ſich damahls nur ſelten, und weit öfter griff 
man ſogleich zu, nahm in dem angezeigten Falle einen 
Regensburger, dem die Schuld ſeines Mitbürgers 
ganz unbekannt war, auf dem Wege oder in der Stadt 
Wien gefangen und behielt ihn ſo lange in Verwah— 
rung, bis Anſtalten in Regensburg getroffen wurden, 
den Glaubiger in Wien zu befviedigen, und dadurch 
den gefangenen NRegensburger mieder in Frenbeit ju 
fegen. Nod geſchwinder gelangte der Wiener zum 
Ziele, wenn er fo glidlià mar, Regensburgiſches 
Gigenthum irgendwo aufzufinden. Ging er glimpfe 
lich zu Werfe, fo ließ er ſich durch ſeinen Magiftrat 
fo viel dbavon zueignen, als feine Forderung be: 
trug; gar oft aber griff man ohne alle Formalitàt 
gu, und entſchädigte fidh nad) eignem Belieben. 
Der auf dieſe Weife ausgeplünderte Raufmann ers 
bielt die Weifung , von dem Schuldner oder von 
ſeinen — in Regensburg Erſatz ju vere 
lange. 


228 469 nes 


Klagte ein Unterthan ſeinem Grundherrn, daß ihm 
ein Unterthan einer anderen Herrſchaft die ſchuldige 
Zahlung nicht leiſte: fo trat der Grundherr als Klaͤ⸗ 
ger auf, und verlangte für feinen Grundbolden von der 
Herrſchaft des Schuldners Genugthuung. Konnte 
oder wollte diefe nicht geſchwind genug die Forderung 
erfüllen, fo mußte fie fis gefallen laffen, wenn man 
ibr einen anderen, ganz unſchuldigen Unterthan auf— 
fing, ins Gefangnifi marf, und nur gegen die Bezah— 
lung der Schuld wieder losließ. Ronnte man ein Ei: 
genthum irgend eines anderen Unterthans der Herr= 
ſchaft des Schuldners erhaſchen, fo nahm man e8 
weg, und überließ die weitere Ausgleichung der Sade 
dem Grundberrn. Die Gerechtigkeit des Mittelalters 
blieb gleichgültig dabey, wenn anſtatt des wahren 
Schuldners ein ganz Schuldloſer im Gefängniß 
ſchmachtete, und fuͤr einen, den er oft gar nicht kannte, 
mit ſeinem Eigenthum Erſatz leiſten mußte. Noch 
übler erging es den armen Unterthanen, wenn ſich ein 
Graf oder Ritter von einem andern an ſeinem Beſitz⸗ 
thum oder an ſeiner Ehre gekränkt wähnte, und nicht 
nad Wunſch Genugthuung erbielt. Um dem Gegen⸗ 
theile recht wehe zu thun, bediente man ſich aller mög⸗ 
lichen Repreſſalien, fing Unterthanen ſammt ihrem 
Viehe zuſammen, plünderte die Häuſer und zündete 
ſie an: und dieß alles nach einem wohl hergebrachten 
Rechte, gegen welches Kaiſer und Könige, Päpſte, 
Biſchöfe und Coneilien vergeblich eiferten, ſo lange 
der rohe Adel das Fauſtrecht für den weſentlichſten 
aller ſeiner Vorzüge, und ſeine Unterthanen für eine 
Sache hielt, mit der er nach ſeinem hohen Belieben 
mit ungebundener Willkühr ſchalten könnte. Die Bür⸗ 
gergemeinden eiferten, bald freywillig, noch öſter aber 
nothgedrungen, veda in diefem Stücke nach, und 


Si 1 70 2 


bedienten ſich ebenfalls der Repreffalien, um ihre 
Srenbeiten, Gerechtſamen, und auch die Perfonen und 
das Eigenthum ibrer Genoffen mit gleichen Waffen 
gu vertheidigen. Der gemeine Landmann und frembde 
Kaufleute wurden immer guerft die Opfer der Mächti— 
geren, die ſich ſolchen Unfug erlaubten, theil$ um wah⸗ 
| re oder eingebildete Beleidigungen zu rächen, oder ſich 
Schuldenerſatz zu verſchaffen, theils unter cinem que 
ten Vorwand nach dem Eigenthum Anderer greifen 
zu können. dita 
Zu Ende des dreyzehnten Fabrbunderts war diefe 
Barbarey nicht nurin Deutſchland, fondern auch auſ⸗ 
ſerhalb deſſelben ſo allgemein verbreitet, daß ſich der 
Papſt Gregor und die auf einem Coneilium verſam⸗ 
melten Biſchöfe für verpflichtet hielten, derſelben durch 
einen Beſchluß bey Androhung des Kirchenbanns und 
Interdietes Einhalt ju thun *). Vergeblich hatten die 





*) Annales Steronis, apud Freher, Rer. German. Scriptor. 
Edit. III. curante Struvio. T. J. p. 563. Quia in partibus 
Alemaniae, et forfitan in aliis etiam iniqua confuetudo 
inoleuerat de pignorationibus, in quibus unus pro alio, 
fine innocens pro nocente indobite praegrauatur, contra 
impigneratores huiusmodi Papa Gregorius talem in 
eodem concilio edidit decretalem : Etfi pignorationes, 
quas vulgaris elocutio Repraefalias nominat, in quibus 
alius pro alio praegrauatur, tanquam graues legibus et 
aequitati naturali contrariae, ciuili fint inftitutione pro- 
hibitae; ut tamen earum prohibitio in perfonis ecclefia» 
fiicis tanto amplius timeatur, quanto in illis (pecialius 

‘ inhibentur, eas concedi contra perfonas praedictas feu 
bona ipfarum, aut quantumcunqne generaliter praetextu 
cuiusuis confuetudinis, quam potius reputamus abu- 
fum, fore concelsas : . diftrictinsinhibemus . etc. Ex hac 
tamen falubri conftitutione modica prouenit utilitas, . » 
quia a malis hominibus excommunicationis praecipî- 
tium non timetur. 


ave 17] «-© 


Raifer ſchon früher Befehle gegen die Nepreffalien 
erlaſſen, und vergeblich miderfegten ſich nun denfelbent 
der Papft und die Biſchöfe, denn Gefege, mele den 
Gingriffenin das frembde Eigenthum Schranken fegen 
und Gemaltthaten verbindern mollten, wurden von 
Grafen und Rittern für unziemliche und entebrende 
Feſſeln gehalten, in welche ſich der Adel, ohne ſeinen 
Stand ſchmachvoll zu entehren, nicht fügen dürfte. 
Die Repreſſalien dauerten fort, und wurden ſogar ein 
Gegenſtand gnädiger Privilegien, welche Könige und 
Fürſten als koſtbare Gnaden bald zur Ausübung dieſes 
abſcheulichen Rechtes, bald auch zur Befreyung von 
demſelben verliehen. Beyſpiele davon ließen ſich aus 
der Geſchichte aller Lander anführen *); doch mit 
müſſen uns hier blofi auf Oeſterreich einſchränken, mo 
ebenfall8 mebrere Jahrhunderte bindurd die Reprefe 
falien gum Schaden des Handels und zur Unterdrit: 
ckung des gemeinen Volfes als cin beiliges Vorrecht 
von Adeligen und Bürgern ausgeübt wurden. 

Ginigen Bürgern von Wien ift durch die Bürger 
von Wels, Steyr und Linz ein Schaden zugefügt 
worden. Anſtatt letztere zum Erſatz zu nöthigen, er⸗ 
laubte K. Rudolph den Beſchädigten, ſich des Pfän— 
dungsrechtes gegen ihre Beleidiger zu bedienen, und 
ertheilte ihnen die Freyheit, nach den Beſitzungen und 
eigenthümlichen Sachen der Bürger der genannten 
drey Städte zu greifen und ſie ſo lange zu benützen, 
bis ihnen ein vollkommener Erſatz geſchehen ſeyn 
wird. Nur hat Rudolph den Wienern verbothen, 
einen Angriff auf die genannten Gegner und ihre 
Güter auf den Landſtraßen oder auf ſchiffreichen 





è) — Geſchichte des Hanſeatiſchen Bundes, Th.J. 
S. 216 sb f. 


see 4172 « a 


Strömen ju machen, denn die Sicherheit der Reis 
fenden auf offentlichen Wegen durfte feimem Befehle 
gemaf in feinem Falle gefabrdet werden *). Wenn 
der gute Vater des Volfes und der gerechte Negent 
Rudolph anftatt als Nichter aufzutretten und Scha—⸗ 
denerſatz zu gebietben, den verlegten Wienern citt 
Privilegium der Selbfthulfe durd Pfändung ets 
Taubt : wie tief muffe diefe bofe Gemobnbeit einges 
wurzelt haben; da ihr der höchſte Richter im Deutſchen 
Reiche ſeine Pflicht und oberſte Gewalt zum Opfer 
gebracht, und Selbſtrache der Beleidigten einem rich⸗ 
terlichen Urtheile vorgezogett hat?» di rig 
. Dm Sabre 1287 hat der H. Albrecht den Bür⸗ 
gern von Steyr cin neues Stadtredt verliehen. Gin 
vorzüglicher Artifel deffelben war, daß man den 
Steprernibre Güter nidt aufhalten dürfe als mur in 
Dem cingigen Falle, wenn der dortige Magifirat auf 
eingebrachte Klagen die Genugthuung vermeigerte**). 





) Bodmann, Codex epiftolaris Rudolfi I. Rom. Regis. Lip- 
«——— fiae, 1806. p..238. Volumus effe notum, quod nos dilec- 
torum..quorundam civium Wiennen. fuper bonis et 
rebus eorum, per cives et homines de Welfa, Styra, et 
Linza contra juftitiam ipfis notorie et evidenter ablatis, 
indempnitati confulere cupientes, eiscdem plenam et- 
liberam damus praefentibus facultatem, res, poffelliones, 
et bona civium et hominum civitatum jam dictarum, 
ubicunque locorum illa cives noſtri memorati repere- 
rint, occupandi, ac fuistamdiu juribus et uſibus appli-: 
candi, quousque de praefatis bonis ipfis ablatis indebite, 
— fufficientem acceperint recompenfam. Stratae tamen 
regiae et communis tranfitus libertate , quam tam in 
‘terris quam in aquis ab omni violentia et offenfione 
qualibet penitus exemptam et illaefam elle praecipimus, 

| Semper falva. 
#*) Preuenhuber/ S. 37, Praefentibus duximus adjungen- 
dum, ut ad infiar aliarum Ciuitatum noftri dominii, 


mos 175 no 


Da zu einer ſolchen Befrehung von dem Pfändungs⸗ 
rechte ein eigenes Privilegium nöthig war, ſo erhellet 
daraus das allgemein beſtehende Befugniß der Nes 
preſſalien, das jedoch gegen die landesfürſtlichen 
Städte ſehr eingeſchränkt wurde, as: aus den eige-⸗ 
nen Worten H. Albrechts erhellet. 

Der Kürze halber übergehen mir mehrere der— 
gleichen Beyſpiele mit Stillſchweigen, und wählen 
nur einige der merkwürdigeren aus denſelben aus, um 
die Fortdauer der Repreſſalien in Oeſterreich mabrend 
des vierzebnten Jahrhunderts und auch noch in viel 
“ {pateren Zeiten darzuthun. Der H. Stephan von 
Bayern bat im Fabre 1348 dem Defterreidifchen 
Herrn Dietmar von Lofenftein cin Pferd um vierzig 
Pfund Regensburder Pfennige abgefauft. Da er ihm 
am achten Jänner deffelben Jahres diefe Summe nicht 
bezahlen konnte, verſprach er die Schuld am künftigen 
Jakobi Tag abzutragen. Zu größerer Verſicherung 
der richtigen Bezahlung räumte der Herzog dem Diet: 
mar von Lofenfteim Das Pfandungsrecdt cin, wenn 
derfelbe an dem oben beftimmten Tage das Geld nicht 
erbalten mirde, und fügte noch binzu, daß weder 
Dietmar noch ſeine Helfer dburd) die Ausübung des 
i nisi die herzogliche Huld verlieren mere 
den *). x 





civès ipfi hujusmodi libertate frnantur; quod per ali- 
quem vel aliquos ipfi vel bona eorum usquam arreftari 
‘aut.conveniri non debeant, nifi prius requifita de ipfis, 
coram Judice ſno, Juftitia fuerit denegata. 

*) Wurmbrand , Collectanea genealogico — hiftorica, p. 
229. Bir Stephan .. befennen offentlich mit diefem Brief, 
daf Bir Dietmar Dem Lofenfteimer geben follen und ſchul⸗ 
Dig worden fepn vierzig Pfund Regensburger Pfenning um 
cin Rof, dae er Una darumben gegeben bat, und follen 


oo | TA ia 


Die Stadt Linz murde von H. Rudolph im Sabre 
1362, um das Wobl der Bürger zu befördern, in 
einem Privilegium mit dem Pfindungs: und Meilen⸗ 
rechte zugleich begabt *); die Regensburger bat er 
1304 in Oeſterreich davon befrenet **). Die berzog: 
lichen Brüder Albrecht und Leopold ernenerten den 
Linzern obige Gnade 1360 ganz nach dem wörtlichen 
Inhalt der Urfunde ibres Vruders Nudolph #99). 
Dod verdient bemerft zu merden, daß den Line 
gern das Pfandungsrecht nur innerhalb deg Stadts 
gebiethe8 und nur wegen folder Schulden, die aus 
| Dem Handel in Ling felbft entftanden, cingerdumet 
wurde, während die Wiener daffelbe uneingeſchränkt 
ausüben durften. 

| Ein dem Linzeriſchen ganz gleidhes Pfändungs 
recht batte die Stadt Stenr, worüber im ſiebzehnten 
Sabrbundert zwiſchen diefenbenden Städten ein hefti⸗ 
ger Streit ausgebrochen iſt Rx). — Schuldner durf⸗ 
ten von den Bürgern in Wels in ihrer Stadt bis zur 
geleiſteten Zahlung angehalten und verhaftet werden, 
ſie mochten dann als Unterthanen wem immer zugehö⸗ 





ihme dieſelben Pfenning geben auf St. Jacobs Tag ſchierſt 
fommend Ob Wir das nicht thaͤten, fo bat er Gewalt Ung 
darum zu pfaͤnden, und ſoll er, und wer ihm deß geholfen 
iſt, darumb Unſer Huld nicht verfieren . Urkund dieſes 
Briefs, der geben iſt zu Landshut am Erchtag nach dem 
Obriſten (amg. Jaͤnner) nad Chriſti Geburt Anno 1348. 

MBeylage Nro. XXXVI. 

‘ #0) Senkenberg, Selecta, T. IV. p, 256. Wir tvellent aud und 
gebieten, daz man dhainen purgervon regenfpurg fuͤr der 
andern aufhabe noch phende oder irre. 

#**) DiefeVeftitigung bat das Datum: Geben an Sant Jo⸗ 

banns Abent ju Sunwenden (am 23. Junius) 1369. Dies 

ſes Sprivifegium murde von den nadfolgenden Negenten 
immer evnenert. 

#34) Prenenbuber, S.52, u.f. 


ao 175 nuo 


veti. Diefes Privilegium bat H. Rudolph 1360 der 
Stadt verlieben *). — Die Bürger von Enns hat 
H. Albrecht 1309 vom Pfändungsrechte befrenet: fie 
felbft aber bedienten fi ch deffelben gegen Andere nod) 
im Jahre 1555 auf eine auffallende Weife, wovon 
der angefebene Frepberr Wilhelm von Volfensdorf, 
der nächſte Nachbar der Ennfer, eine franfende Er 
fabrung gemacht bat. Das Aetenſtück, welches den 
Hergang diefes fonderbaren Vorfalle enthält, ift in 
der Beylage zu finden **). — Die Burger von 
Krems und Stein wurden von H. Albrecht 1300 von 
der Ausübung des Pfändungsrechtes gegen fie gna: 
dig befrenet ***), 

pedi feto Candesfurften ihre Uiberzeugung von 
der Rechtlichkeit der Nepreffalien fo oft in Urkunden 
ausſprachen, und diefelben ibren Städten al8 eine be: 
fondere Gnade verliehen: mer könnte es den Bürgern 
verargen, daf ſie ſich dieſes Vorrechtes zu ibrem eige⸗ 
nen Vortheile mit aller Strenge bedienten? Nur 





*) Wir Rudolf ...thuen fhundt, das wir vnfern getreuen, den 
burgern gemainclif ze mell$ die gnad getban baben, vnd 
thuen aud. Swer In idt gelten fol, des Sp Vrief vnd 
prfpundt haben, oder def man Sn an faugen ift, Das Sp 
den, er fep Der berren Holden oder nicht, daſelbs ze Wellß 

aufheben vnd verpieten muͤgen als lang vntz das Sy Irs 
geis genntzlich von Im gewert werden, nach der eh genann⸗ 
ten Irer Brief Sag. Mit vrkhundt dits briefs, geben ze 
wellß, Un vnſer Frauen Abendt ze der Schiedunge (am 14. 
Auguſt), nach Criſtus geburt Tauſſendt dreihundert Jar, 
darnach In dem Sechzigiſten Jare. 

*x) Beylage Nro. XXXVIII. 

M Rauch. T.III.p.368. Wir melfen ernſtlich, daz Sr vnfer 
purger von Stain vnd Krembs mit iren leib vnd gut 
— allenthalben lazzet wandeln vnd aribaiten, vnd ſie weder 
în Den ſteten noch auf dem lande indert aufhaltet noch per: 
bietet mb bbainerfai ſachen in dbainem meg. 


tea 176 2% 


muß es cin jeder Menſchenfreund herzlich bedauern, 
daß ein ſo grober Unfug, welcher Schuldloſe anſtatt 
der Schuldigen ſtrafte, mit dem rohen Mittelalter 
nicht aufhörte zu wüthen, ſondern lange noch ſein 
Unweſen forttrieb. Ein Proceß, melden die Bürger 
von Linz 1601 und im fegenden Jahre mit der 
Stadt Breßlau und mit der Judengemeinde ju Proft- 
nig im Mähren geführt baben, liefert die traurigen 
Beweiſe, daf man das Unſchickliche und Ungerechte 
der Repreffalien damahls ſchon vollfommen eingefe 
ben bat, aber die Heiligkeit der Privilegien und alter, 
moblbergebrachter Gemobnbeiten, mochten fie danni 
noch fo unfinnig ſeyn, frellte ſich ihrer Abanderung - 
oder gänzlichen Aufhebung als cin unüberſteigliches 
Hinderniß enfgegen, big endlich cin gerechter Mo- 
nard das Ungethüm mit ftarfem Muth zu Boden 
ſtürzte, und feine Volfer vor fernerem Unbeil bewahr— 
te. Da die Acten des Proceffes der Burger von Linz 
mit den Brefilauern und den Mähriſchen Juden viel 
Lebrreiches uber die damablige Zeit entbalten, ſo 
wird cin Furzer Auszug aus denſelben unfern Lefern 
nicht unangenebm fepn. 

Einige Brefilauer und Prager Raufleute verſa⸗ 
ben fich in den Legten Sabrmarffen zu Linz mit vere 
ſchiedenen Waaren, verfprachen im nächſten Gabr- 
marft die ſchuldige Zablung zu leiſten, famen aber 
‘ nicht, und ſchickten auch fein Geld. Der Magifirat 
von Linz Flagte desmegen ben den Stadtmagiſtraten 
von Breflau und Prag, und verlangte Geld oder 
Stellung der Schuldner. Da keines von beyden er⸗ 
folgte, bediente man ſich des Pfandungsrecdhtes, nahm 
mebrere Brefilauer und Prager, deren man habhaft 
werden fonnte, gefangen, und verwahrte ſie in Ge— 
fängniſſen. Zu gleicher Zeit wurden auch einige Ju⸗ 


% 


mr 4177 a<% 


den von Profinig gefänglich cingezogen, weil Mitges 
noffen ibrer Gemeinde Schulden nicht bezablten und 
das gegebene Wort nicht hielten, denn feit dem fie 
mit geborgten Waaren Linz verlaffen haben, bat man 
fie auf keinem Jahrmarkt mebr gefeben. Die Magia 
firate von Brefilau und Prag drangen auf die Los— 
laffung der ganz unſchuldigen Burger; das Nämliche 
verlangte die Judenſchaft von Proßnitz für ihre ſchuld⸗ 
loſen in Linz verhafteten Mitglieder; aber die Linzer 
beriefen ſich auf ihr Privilegium des Pfändungsrechtes 
und betheuerten, daß die Gefangenen nicht eher die 
Lora erhalten würden, als bis man ihnen die 
Schuldner ausgeliefert, oder Die noch ausftandigen 
Summen würde erleget haben. 


Da freundſchaftliche Vorſtellungen und Bitten feis 


nen Erfolg hatten, wendete ſich der Magiſtrat von 
Breßlau an den Kaiſer Nudolph, und rief ihn um 
Schutz an gegen das ungerechte, harte Verfahren der 
Linzer, welche ſich das Recht herausnähmen auswär— 
tige Kaufleute zu verhaften, die nichts verbrochen, 
die ihnen keinen Kreuzer ſchuldig wären. Eben ſo bath 
auch Carl von Lichtenſtein den Kaiſer um Schutz für 
die in Linz gefangenen Juden, welche ſeine Untertha— 
nen waren, und ſtellte als Gründe der Gewährung 
ſeiner Bitte Folgendes vor: 

Es haben ſich im Bezirk ſeiner Herrſchaft Proßnitz 
einige Zeit hindurch Juden, die keine Hauseigenthü— 
mer waren, aufgehalten, die Jahrmärkte in Linz, 
Krems, und anderen Städten beſucht, und von den 
dortigen Kaufleuten verſchiedene Waaren gegen das 
Verſprechen geborget, daß ſie in dem nächſten Jahr⸗ 
markt wieder gewiß erſcheinen und die Schuld bezah— 
len würden. Anſtatt dieſes Verſprechen zu erfüllen 
ſeyen ſie aus Mähren entwichen, und haben ſich nad 

12 


«no 17) s-- 


Pohlen und in andere Lander begeben. In dem letzten 
Oſtermarkte ſeyen andere Juden, welche Häuſer be: 
ſitzen und ebenfalls Lichtenſteiniſche Unterthanen find; 
der Handelſchaft halber nach Linz gekommen. Dieſe 
wußten von den Schulden der aus Mähren entflohe⸗ 
nen Glaubensbrüder nichts, haben alſo auch für die⸗ 
ſelben keine Bürgſchaft geleiſtet; und dennoch wurden 
ſie ſammt ihrer Habe auf eine Klage der Burger von 
Linz verbaftet; und werden als Geißel für Flüchtlinge 
gefangen gebalten , die kein Eigenthum im Lande gue 
rückließen, und deren Aufenthaltsort man nicht anzus 
geben wiſſe. Diefe offenbare Ungerechtigkeit habe noch 
dazu ſehr nachtheilige Folgen für die ganz unſchuldig 
Verhafteten, denn ſie werden an ihrem Handel, dem 
einzigen Erwerbszweige der Juden, und am Beſuchen 
der verſchiedenen Saprmartte verbindert, modurdy 
ibre Familien nothwendig in Noth und Elend gerathen 
müßten. Lichtenſtein folof mit der Bitte — ,jum 
gnädigſte Hülfe und Abfiellung folder ungientiigen 
Arreſte und Beſchwerung.“ 

Der Kaiſer wurde von der Wahrheit der Vorſtel⸗ 
lung Carl Lichtenſteins fo ſehr ergriffen, daß er am 
dritten Julius 1001 ein Reſeript an den Landeshaupt⸗ 
mann aus Prag erließ, Lichtenſteins Beſchwerden 
ihm anzeigte, und zugleich befahl, denſelben auf der 
Stelle abzuhelfen Da dieſer Befehl fur Rudolphen 
höchſt rühmlich iſt, und von ſeinen helleren Anſichten 
alter Mißbräuche, ſo wie auch von ſeiner Gerechtig⸗ 
keitsliebe das ſchönſte Zeugniß gibt: fo können wir 
uns nicht enthalten, den Schluß deſſelben mit den ei 
genen Worten des Monarden berzufeben. Er lautet 
fo: „Weil denn an ibme felbft unbillig it, daß je⸗ 
mand wegen frembder Schulden, für mele er nicht 
Bürge geworden, die Schuldner auch der vorigen 


ao 179 ue 


Jurisdietion nicht mehr unterworfen, und bey ihrer 
neuen Obrigkeit darum beſprochen werden koͤnnen, 
alſo arreſtiret, bekümmert, und an ſeinem Gewerb 
und Hantierung oder Nahrung widerrechtlich verhin⸗ 
dert werden ſoll: hierum fo haben Wir dich dieſer an 
Uns gelangten Beſchwerung hiemit erinnern wollen, 
gnädiglich befehlend, du wolleſt mit Ernſt daran ſeyn, 
daß nicht allein die geklagte Aufhaltung und Arrefti: 
rung obbemeldter angeſeſſener Judiſchheit zu Profte: 
nitz, auch ihrer Hab und Güter abgeſtellt, ſie, die 
Judiſchheit, hinfüro frey und ſicher negociren und 
handeln, ſondern auch, da ſie aus gehörten Urſachen 
mit einigem Arreſt oder Kummer belegt, deſſen als 
bald ohne Entgelt relaxiret und ledig gemacht, und 
die Handelsleute mit ihren Schuldforderungen an die 
Selbſtſchuldner gewieſen werden. Hieran vollziehſt 
du Unſern gnädigſten Willen und Meinung. Gegeben 
auf Unſerm königlichen Schloß zu Prag am drit⸗ 
ten July 1601. 

Ein ähnlicher kaiſerlicher Befehl erging an den 
Magiſtrat in Linz; es ward ibm gebothen, Still: 
ſtand zu halten und die gefangenen Breßlauer, Pra: 
ger, und Juden ſogleich in Freyheit zu ſetzen. Deſſen 
weigerten ſich aber die Bürger von Linz und gaben 
vor, daß der Kaiſer durch einſeitige und falſche Bore 
frellungen bintergangen, cinen Befehl erlaſſen babe, 
Den er ganz gemifi wieder zurück nehmen merde, wenn 
er, von der wabren Lage der Dinge beffer unterriche 
fet, an die Vorrechte der Stadt Linz ſich gnädigſt 
erinnert. Sie übergaben dem Kaiſer eine lange Gegen⸗ 
porfrellung des Inbaltes: Breflauer, Prager, und » 
Suden ſeyen keineswegs widerrechtlich, fondern mit 
gutem gefeglicen Befugnif ſammt ibren Gütern an⸗ 
gehalten und verhaftet worden, denn die Bürger von 

Ia: 


_ «a 180 see 


Linz ſeyen vermbge allerhöchſter Privilegien, weiche 
Die Landesfürſten bis auf den heutigen Tag in unun⸗ 
terbrochener Neibe beftatiget haben , zu dergleichen 
Arreftationen und Pfindungen vollfommen beredhti: 
get: Ließen fie cin fo wichtiges Privilegium von Aus. 
| ivartigen ungeahndet verlegen, fo ginge aller Eredit 
“unter den Kaufleuten verloren, die Sabrmarfte muf- 
ten aufhören, die Stadt Linz würde zu Grunde ge— 
richtet, und die kaiſerlichen Mautbgefalle erlitten cis 
nen großen Verluſt. Einem unpartheyiſchen Beobach⸗ 
ter müſſe es auffallen, daß ſich die Breßlauer und 
Carl von Lichtenſtein durch die Verhaftung ihrer 
Leute für beleidiget halten können, da es doch allge⸗— 
mein bekannt ſeyn müſſe, daß ſich dergleichen Fälle mit 
Kaufleuten von Prag, Eger, Nürnberg und von ans 
deren Städten ſchon oft ereignet haben; auch damahls 
wurden Klagen gegen die Linzer erhoben, und den⸗ 
noch wurden ſolche „Repreſſalien“ von den regieren⸗ 
den Landesfürſten immer gutgeheißen, wie dieß aus 
mehreren Hofsbefehlen erhellet, von welchen ſie die— 
ſer ihrer gegenwärtigen Vorſtellung Abſchriften bens 
legen *). Sie bitten auch jetzt wieder um den aller⸗ 
hoͤchſten Schutz, denn nur durch dieſen können alte, 
wohl hergebrachte Rechte, welche Landesfürſten ihren 
getreuen Städten verliehen haben, von dem Unter⸗ 
gange, die Städte ſelbſt aber von ihrem gewiſſen 

Verfall errettet werden. 

Dieſe Vorſtellung der Linzer brachte die unerwar⸗ 
tete Wirkung hervor, daß K. Rudolph dasjenige nun 
wieder billigte, mas er in ſeinem obigen Befehl an den 
Landeshauptmann für unbillig und widerrechtlich er⸗ 


— 





Von dieſen Hofsbefehlen findet man einen in der Beylage 
Nro. XXXVII. | 


, o 181 neo 


klaͤrt Batte. Letzterer erbielt folgendes Nefeript: „Nu⸗ 
dolff · Edler lieber getrener . Das Bürgermeiſter, 
Richter und Rath Unferer Stadt Linz megen Niclafen 
Leben und etlicher feimer Creditoren bey Uns bittweiſe 
angebracht und gehorſamſt gebethen, das haſt du in 
den Beylagen mit mehrerem zu vernehmen. Weil dann 
die von Linz beſcheinen, daß ſie von unerdenklichen 
Jahren um Schulden, ſo allda gemacht werden, auf 
die Arreſta befreyt, und deſſen in Poſſeß ſeyn: als 
haben Wir dir die obberührte Bitte zufertigen wollen 
mit dem gnädigſten Befehl, daß du Ermeldte von 
Linz bey ſolchen ihren alten poſſedirten Privilegien ih⸗ 
rem Begehren nach handhabeſt, inmaſſen Wir dann 
bey Unſrer Böhmiſchen Hofkanzley Verordnung ge⸗ 
than, dießfalls die Prageriſchen Bürger hinfüro zur 
Gebühr zu halten. Und thuſt hieran Unſern gnadige 
ſten Willen und Meinung. Datum Prag, den ſie— 
benten März 16002.“ — Aus dieſem Befehle geht 
leider die volle Beſtätigung der traurigen Wahrheit 
hervor, daß die Fürſten älterer Zeiten nicht nach 
weiſen Grundſätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit, 
ſondern größtentheils nach dem Inhalt vorhandener 
Privilegien ihre Volker regierten, ohne zu bedenfen, 
daß ſie ihre Machtvollkommenheit weit beſſer dazu 
verwendeten, dieſen alten Sauerteig gänzlich abzu— 
ſchaffen, als ihn noch länger beyzubehalten und zu 
ſchützen. 

Der Unfug der Repreffalien zwiſchen Privatleu⸗ 
ten hat durch den Ausſpruch K. Rudolphs eine neue 
geſetzliche Kraft erhalten und wurde mit großer Stren⸗ 
ge ausgeübt. Endlich erwachte ſelbſt bey Gerichten ein 
menſchlicheres Gefühl gegen unſchuldig Gequälte, und 
moochte man noch ſo ſehr an allem Alten hangen und es 
hochachten, verehren und preiſen: ſo ſah man ſich doch 


henechiget zu geſtehen, daß das wilde Pfä ändungsrecht 
zur Ehre der Menſchheit und der Gerichte müſſe abge— 
ſchafft werden. Dieſer Ruhm war dem K. Ferdinand 
dem Zweyten vorbehalten, der am 21. April 1632 
ein allgemeine8 Geſetz befannt machen ließ, welches 
für die Zukunft alle Repreſſalien und Arreſtationen 
unſchuldiger Menſchen fur Schuldige ben Vermei— 
dung der höchſten Ungnade und einer ſchweren Strafe 
gänzlich unterſagte. Dieſer Unfug, ſagt Ferdinand, 
darf nicht länger geduldet werden, denn er untergräbt 
die öffentliche Sicherheit, ſtört den Handel und Wan⸗ 
del, und trifft immer nur Unſchuldige. Wer etwas 
an einem Andern zu fordern bat, ſoll ſich an denfelben 
oder an ſeine Obrigkeit wenden, und nicht nach dem 
Gut oder nach den Perſonen ſolcher Menſchen grei— 
fen, welche dieſe Forderung: gar nichts angebt*). 

Traurig iſt es, daß man einſtens Pfändungsprivile— 
gien als Gnaden ertheilte; traurig, daß man ſo ſpät 
erſt ſie wieder aufhob; traurig, daß dieſes Verboth 
K. Ferdinands auch in der folgenden Zeit noch ſchlecht 
befolget , ja ſogar durch neue landesfürſtliche Privile— 
gien neuerdings eingeſchränkt, und das Recht der Re— 

preſſalien wieder zugeſtanden wurde, Als Belege hier⸗ 
von führen mir. einige Befehle unſerer Regenten an 
Die Bürger von Linz bedienten ſich der Repreſſalien 
mit ſo vieler Härte und Grauſamkeit, daß darüber 
ſelbſt am Throne K. Ferdinands des Dritten laute 
Klagen erhoben wurden. Der Monarch that hierauf 
1650 folgenden Ausſpruch**) „Daß es bey denen ur⸗ 
alten hergebrachten Linzeriſchen Marltsfreyheitn nubi 





*) Gm Archiv ju Enns it noch ein Hriginal Diefe8 patent 
vorbanden. | 
**) Guarient, Th. I, S. 786. 


*24 185 “ 


derfelben von unerdenklichen Jahren her erſeſſenem ib 
lichem Gebrauch verbleiben, die von Linz dabey ruhi 

gelaſſen, auch gegen männiglich geſchützt und 0 
gehandhabt werden ſollen. Demnach aber vorkom⸗ 
men, als ob die von Linz hierin bisweilen excedirt hät⸗ 
ten: ſo ſollen hinfüro dieſe nachfolgenden Punete in 
Obacht genommen werden.“ Der gar zu großen Will⸗ 
kühr der Linzer in Ausübung eines grauſamen Rechtes 
bat Ferdinand zwar Einhaͤlt gethan, das Pfändungs⸗ 
recht ſelbſt aber unangetaſtet ſtehen laſſen. — Der K. 
Leopold ging mod) weiter, und erlaubte 1673 auf 
Jahrmärkten in Unteröſterreich die Repreſſalien gee 
gen Juden ohne Einſchränkung *). Derſelbe Monarch 
bewilligte 1079 den Linzern gegen die Bürger von 
Budweis das Pfändungsrecht, wenn eine Geldſchuld 
nicht abgetragen würde *), wobey man ſich des Ge⸗ 
dankens nicht erwehren kann, daß es jedem auffallen 
müſſe, warum denn der Kaiſer lieber die Selbſthülfe 
den Linzern geſtattete, als daß er den Magiſtrat von 
Budweis gendthiget batte, mit den dortigen Bürgern 
geſetzlich zu verfahren. — Wenn K. Leopold 1665 den 
Inhabern einer Zollſtation verbothen hat, ſich durch 
Bitten von Gläubigern nicht bewegen zu laſſen, Nes 
preſſalien gegen fremde Unterthanen auf den Mauth⸗ 
ſtätten auszuüben: ſo erlaubte er ſtillſchweigend die- 
ſen Unfug gegen ihre eigenen Grundholden RX). — 
Dieß alles beweiſet, daß man im Mittelalter und 
auch noch ju Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts Kauf⸗ 





Ana. O. S. 564. Ihro Kayſ. Majeſtaͤt haben gnaͤdigiſt reſol⸗ 
virt und bewilligt . daß cin Gud fuͤr den andern iu ſeinen 
Handlungen ſtehen ſoll, und alſo die Repreſſalien ohne 
unterſchied gegen dieſelben gebraucht werden moͤchten. 

*x) Guarient, Th. IL S. 246. 

A a. D.S.10, , 


leute und gemeine Untertbanen für Sachen angeſehen 
habe, die man wie Vieh oder Waaren auspfänden 
könnte, um Schulden hereinzubringen, welche der 
gleichen Unglückliche nicht gemacht, an denen ſie auch 
nicht den mindeſten Antheil genommen haben. 
Der Repreſſalien bediente man ſich nur gegen Ab⸗ 
weſende. Waren der Gläubiger und Schuldner in 
der Stadt vorhanden, ſo wurde die Klage des erſte⸗ 
ren von dem Magiſtrat unterſucht und abgethan. Der 
H. Albrecht der Lahme hat 1340 demſelben folgendes 
Benehmen für die Stadt Wien vorgeſchrieben ): 
Der Gläubiger und der Schuldner mußten ſich 
einen Mann zu ihrem Beyſtand erwählen; zu dieſen 
zwey Gewählten gab der Magiſtrat noch zwey Raths⸗ 
herren hinzu. Dieſe Vier unterſuchten und beratb= 
ſchlagten mit einander, ob es nicht möglich wäre, 
dem Gläubiger mit dem beweglichen Gut des Schuld⸗ 
ners vollkommenen Erſatz ju leiſten. Reichte dieſes da⸗ 
zu nicht aus, ſo wurde auch das Erbgut des Schuld⸗ 
ners mit in Anſclag genommen; und war auch dieſes 
noch nicht hinreichend, die ganze Sub zu bezablen, 
fo mußte der Schuldner dem Gläubiger das Stadt= 
recht leiften, wie es von alten Zeiten ber gewöhnlich 
geweſen ift**). Sat aber der Schuldner einen Theil 
ſeines Vermögens verſchwiegen, und erhält der Gläu⸗ 
biger nicht einmahl den dritten Pfennig: ſo wird dem 
meineidigen Schuldner die Zunge ausgeriſſen. Iſt je— 
mand zwanzig Pfund oder noch mehr ſchuldig, und 
weiß man es zuverlaſſig daß er nicht durch Räuber, 





— 


*) Rauch , T. IIT. p. 52. 

*9) Id geftebe es aufrichtig, daf mir diefer —— Dem 
Glaͤubiger das Stadtrecht leiſten, unbefannt ift. Vielleicht 
wird dadurch die Abtretung der Beſitzungen, vielleicht ce 
cine andere Verpflichtung verftanden. 


Me 485 qua 


Feuer, Uiberſchwemmung oder —* Unglücksfaͤlle, 
ſondern durch Verſchwendung in Armuth gerathen iſt: 
ſo ſoll er das Stadtrecht nicht leiſten, ſondern der 
Magiſtrat ſoll ihn im Kärnthnerthurm *) fo lange 
gefänglich bewahren, bis der Gläubiger zu ſeiner Los— 
laſſung einwilliget. Stirbt er im Gefängniß, fo iſt 
dafür niemand verantwortlich. — Da auch in Juſtiz⸗ 
ſachen keine allgemein verbindlichen Geſetze oder nur 
äußerſt wenige vorhanden waren: ſo wurde auch hie⸗ 
rin nach Privilegien und Ortsgewohnheiten verfah— 
ren, und obiges Geſetz H. Albrechts hat nur für Wien 
als ein Privilegium gegolten. Welches Verfahren ge⸗ 
gen Schuldner in anderen Städten zur Regel diente, 
ſagen die Urkunden nicht deutlich aus; ſehr wahrſchein⸗ 
lich war es an verſchiedenen Orten verſchieden. 


Eilfter Abſchnitt. 
Einſchrankung des Handels nad Venedig. 


— Daß der Handel große Vortheile gewähre, ſahen 
die Herzoge und die Bürger der Stadfe ein, denn 
dieſe trachteten eigennützig nad ausſchließenden Pri⸗ 
vilegien, und jene ertheilten ſie ihnen mit freygebiger 
Hand, Deſto eingeſchränkter erſcheinen uns die Unfids 
ten der Herzoge, Die ſie von den allererſten und unent⸗ 
behrlichſten Grundfagen liber den Handel und Pelethet 





Im Original ftebt : Eherner Tuerm. Hieruͤber migen die 
Autboren zu Nathe gezogen werden, die uͤber das afte Wien 
geſchrieben haben. Ben Abermann, in der Wiberfehung des 
Lazius: Hiſtoriſche Beſchreibung der Hauptſtadt Wien, 
Buch III. S.92, beifit es: „Das Kirner Thor, welches 
in Steyrmarkt vnd Kaͤrnten weiſet.“ — Zu Anfang des 
vierzehnten Jahrhunderts war der Nahme: Strata Karin- 
thianorum, ſchon vorhanden. Chron. Zwetlenſ. —9— 
Pez, T. Ep. 991. 


eso 186 = % 


Einfluß auf das allgemeine Wohl des Staates hat⸗ 
ten, ſonſt wäre es unbegreiflich wie es denn gekom⸗ 
men ſey, daß es nur den Bürgern landesfürſtlicher 
Städte und einigen wenigen hoch Begůnſtigten erlau⸗ 
bet ward, nach Venedig, und zwar nur auf beſtimm⸗ 
ten Straßen zu handeln. Häufige Verordnungen, 
welche die Ausfuhr inländiſcher Produete erſchwerten, 
muß man file deſto ungereimter halten, weil es für 
fremde Kaufleute, die nad Oeſterreich kamen, nur 
ſehr wenige Einſchränkungen in Rückſicht ausländi⸗ 
ſcher Waaren, Die ſie einführten, gegeben hat. 

Die Defterrcidher haben nach allen benachbarten 
und aud) nach cinigen entfernten LAndern Handel. ges 
trieben, vorzüglich aber nad und mit Venedig, mo 
fich cine grofie Niederlage aller orientaliſchen Waaren 
befand. Vergeblich ſucht man in unferen Ehronifen 
beftimmte Nachrichten ber Handelsverbindungen zwi⸗ 
ſchen Oeſterreich und Venedig; nur die Privilegien 
unſerer Städte machen von Handelsgeſchäften zwi⸗ 
ſchen dieſen beyden Staaten zufällig eine ſehr ſparſa⸗ 
me Erwähnung, und dieß erſt in ſpäteren Zeiten, da 
der Handel nach Venedig ſchon in vollem Gange war. 
Ganz daſſelbe iſt der Fall bey dem Handel der Regens⸗ 
burger und der ihrem Beyſpiele ſehr wahrſcheinlich 
nachfolgenden Oeſterreicher nach Rußland, wie wir 
dieſes bereits vernommen haben. Hätten ſich nicht ein 
Paar Urkunden und cine kurze Lebensgeſchichte eines 
Benedietiner⸗Abtes bis in die neueſten Zeiten erhal⸗ 
ten, ſo wüßten wir nichts von einem Handel durch 
Oeſterreich nach Rußland. Die Stellen, in welchen 
son dem Handel mit Venedig Meldung geſchieht, fee 
gen mir nad) ibrer Zeitfolge ber; vielleicht gelingt es 
fpaterbin, ibre Anzahl durch Auffindung, noch unbee 
Fannter Urfunden gu vermebren. 


nor 107 «> 


0 Raufleute von Venedig, die nad) Oeſterreich fas 
men, werden in einer Urfunde genannt, melhe $. 
Griedrid der Streitbare 1244 den Bürgern von Neue 
ftadt verlieben bat *). Dann ſchweigen die Urfunden 
länger als bundert Fabre von dem Handel nad Bee 
| medig; und machen fie in der Folge von ihm wieder 
cine Erwähnung, fo geſchieht dief mur eines Streites 
balber, melden die Wiener gur Einſchränkung des 
fregen Sandels der Burger von Pettau angefangen 
und ſiegreich ausgefochten haben **).. Die Procefiace 
ten machen ausdrücklich Ermabnung von dem Stra 
ßenzwang und von der engen Begrangung des Waa⸗ 
renzuges nad Venedig und von dorther zurück nach 
Kain, Kärnthen und Steyrmark. Eben fo wenig 
erfreulich fur die Beférderung des Handels nad Ver 
nedig waren Die fpateren Verordnungen unferer Dere 
zoge. Wozu follten die wiederhohlten Befeble taugen, 
daß es memanden , als mir den Bürgern gemiffer prie 
“pilegirten Stadte und menigen Begiinftigten, die ein 
cigenes Befugnif erbielten, geftattet werden follte, 
nach Venedig zu bandeln ***) 2 Warum verboth mat 
denn ndbere, und für verſchiedene Gegenden ſehr ge- 
legene Straßen, und nothigte fie, mit Zeitverluft 
und grofierem Koftenaufmand weite Umivege ju mae 
en ****)? Da die Strafen bis zum Uiberfluf mit 





*) Hormayrs Tafdenbud fiir das Fafr 1812), E. 77. Itera 
Veneti dabunt de Saum viginti quatuor frifacenfes dena- 
rios, in reditu vero duodecim frifacenfes et triginta de- 
narios Vienenses ad Wisode. 
**) Beylage Nro. IT. und Nro. IV. 
#**) Beplage Nro. VI. i 
##**) VBeplage Nro. IT. und Nro. III. — Preuenbuber, S. 57, 
wo ein Privifegium H. Albrechts vom Jahre 1370 zu Gune 
ften der Steprer einen Straßenzwang vorſchreibt. 


ua 186 e 


Zollämtern befebt waren, fo folte fi der Staat 
billiger Weiſe nicht cingemenget, und die Kaufleute 
nicht gendthiget haben, daß fie eden nur über den Se: 
mering nad) Wien, nur ganz allein über Zepring nad 
Oberöoſterreich reiſen follten: lauter Maßregeln, die 
dem Staate nichts cintrugen, den Handel nach Bones 
dig erſchwerten und nur darauf ausgingen, einige Sta⸗ 
pelſtädte, nämlich Wien, Steyr und Enns, auf Roe 
ften Anderer gu bereichern. RNA GLI ce. 
Die wir beut zu Tage Kaufleute nennen, hießen 
cinfteng Kramer, ‘unter welchen Nahmen man: alle 
Handelsleute verftand, welche Waaren im Kleinen, 
Das iſt, nad) der Elle und nach dem Pfunde, vere 
kauften. Unfre Grofibandler wurden damahls mit dem 
Nahmen, Kaufleute, bezeichnet. Gin Kramer in 
Wien, cin Kaufmann im jebigon Sinne des Wortes, 
Fonnte cin febr bedeutendes Handelshaus befiben und 
doch ward es ihm verbothen, feine Waaren im Vene⸗ 
dig ſelbſt zu kaufen: ein kurzſichtiges Geboth nöthigte 
ibn, ſie von einem Großhaͤndler in Wien abzuneh⸗ 
men, denn nur Die Gilde der Großhändler war befugt, 
ſich ummittelbar von Venedig mit Waaren ju verſe⸗ 
ben *). Die nothwendige Folge davon war cine Pers 
theuerung Ddiefer ausländiſchen Bedurfniffe, welche 
durch das Monopolium der Grofibandler erzeuget 
murde, Das Unſchickliche diefer Handelsverordnung 
erregte endlich eine ſo große Unzufriedenheit und ſo 
laute Klagen, daß ſich H. Albrecht bewogen fand, den 
Krämern 1435 die Befugniß cinzurdumen, ſelbſt nach 
Venedig zu reiſen, und ſich von dorther ihre Waaren 
kommen zu laffen**). 





— 


Beylage Nro. XXIT. 
*) Beylage Nro. XXIII 


Anſtatt die Oeſterreichiſchen Unterthanen auf alle 
nbgliche Weiſe aufzumuntern, die einheimiſchen Era 
zeugniſſe ins Ausland, und vorzüglich nach Venedig 
gu verführen, wohin fur ausländiſche Waaren jährlich 
große Summen Geldes aus unſeren Provinzen wan⸗ 
derten, hielt man ſie vielmehr durch unkluge Verbothe 
davon qb. Sogar einige landesfürſtliche Städte, die 
doch von jeher mit außerordentlichen Handelsvorrech⸗ 
ten begnadiget wurden, mußten lange noch warten, 
mußten große Opfer bringen und aus treuer Anhäng · 
lichkeit an ihren Monarchen Heldenthaten ausüben, 
bis ſie mit dem Befugniß, nach Venedig handeln zu 
dürfen, allergnädigſt beglückt wurden. Die getreuen 
Städte Krems und Stein hatten 1458 gegen den 
Bohmenkönig Georg mit unerſchütterlichem Muthe 
für ihren Landesfürſten, den Kaiſer Friedrich, ge⸗ 
kämpfet. Um ihn von der Belagerung in der Burg zu 
Wien 1462 zu befreyen, ſchloßen ſie ſich nun an deſ⸗ 
ſelben Bundesgenoſſen, die Böhmen unter dem Prin: 
gen Victorin, an, bewirtheten fie gaſtfreundlich, und 
exflarten den rebelliſchen Wienern nad dem damabe 
ligen Fehderechte den Krieg *). Der aus grofien Ge 
fabren errettete Raifer wußte die hohen Verdienfte der 
braven Burger von Krems und Stein nicht beffer zu 
belohnen, als daß er ihnen 1463 das Vorrecht ein⸗ 
räumte, Waaren nad) Venedig zu führen, andere 
von dorther nad) Defterreid) ju bringen, und fie nad 
ibrem Belieben allentbalben zu verfaufen; nur muß⸗ 

ten fie Davon Den gewöhnlichen Zoll entrichten, und 
mit den Wienern und den übrigen Gegnern des Kai⸗ 
ſers alle Handelsgeſchäfte mit Venetianiſchen Waaren 





Oeſterreich unter K. Friedrich dem Vierten. T).II. E. 49. 


“2 190 2 


vermeiden *). DA fogar die hochverdienten Bürger von 
Stein und Krems den gewöhnlichen Zoll von den Vea 
netianiſchen Waaren erlegen mufiten, fo läßt fich des 
ſto weniger ein zureichender Grund auffinden, mwarum 
man ibnen fo lange Zeit hindurch den Handel nach 
Venedig nidt geftattet, endlich aber dod als deri 
Preis feltener Verdienfte aus kaiſerlicher Gnade vere 
lieben bat. — Bon dem eingeſchränkten Handel der 
Stadt Waidhofen mit Venedig ift ſchon weiter oben 
gefprochen morden. 
Eine Wedfelbanf **), Wedfelbriefe, Poften, 
SHeitungen, gut erbaltene bequeme Landſtraßen und 





*) Rauch, T. III. p.373, et tea. Mir Friderid. Bechennen 
fuͤr Vns, vnſer erben vnd Nachkomen, da; Wir vnſern 
lieben getrewn, dem Richter, Rat vnd vnſern purgern ge» 
mainklich zu Krembs vnd zu Stain von der getrewen vnd 
gehorſam dienſten vnd beiſtandes wegen, ſo ſie Vns in ver⸗ 
gangenen leuffen vntz ber aufrichtigelichen wider vnſer wi⸗ 
derſacher, vnd beſunder ju vnſerm auskomen aus dem bd: 
ſen, in vnſer purgk zu Wienn, darinn Wir mitſambt vn⸗ 
fer lieben Gemahl Efeonoren.. vnd Maximilianen vnſern 
vnerzogenen Sun, durch ettlich vnſer Landlewt in Oſter⸗ 
reich und die von Wienn groͤblich, vnpillich vnd vngetrew⸗ 
lich furgenomen worden, bewaiſt baben.. . die gnad getan 

vnd In erlaubt vnd vergunt baben .. daz ſie nun din fur mit 
allerlai waar vnd chaufmanſchafft, daſelbs von Krembs 
vnd Stain, die Straſſe fuͤr Zell vnd verrer durch Vnſer 
Innere land .. binein gegen Venedig faren, handlen vnd 
wandlen, vnd widerumb heraus andere venediſche chauf— 
manſchafft vid waar, nach irem fueg, dieſelb ſtraſſen furen 
vnd bringen laſſen, vnd die daſelbs zu Krembs vnd Stain 

niderlegen .verchauffen vnd vertreiben muͤgen, u.f. w 
#*) Supplement. Cod. Auſtr. S. 464. Banco del Giro; S. 497, 
Wiener Stadt:Banco Inſtitutum, von den Jahren 1704 
und 1706. — Daß das Wechſelweſen in andern Laͤndern 
ſchon im vierzehnten Jahrhundert beſtanden habe, wiſſen 
wir aus Beckmanns Beytraͤgen, Th. IV. S. 300. Fine De: 


uu 191 = 


Gaſthäuſer *) an denfelben gab es in den früheren gl 
" ten des Mittelalter8 nirgends. Dazu fam nod) det 
Mangel einer gleichen Munze, welcher die Raufleute 
nöthigte, in jeder Provinz , und oft aud in jeder grö⸗ 
fieren Handelsſtadt dort gangbare Pfennige von den 
Geldwechslern mit cinigem Verluſt einzutauſchen. Da 
aber diefe Hinderniſſe des Handels nicht nur in Deftere 
reich, fondern allentbhalben in Europa vorbanden mae 
ren, fo Fonnen fie hier füglich mit Stillſchweigen 
übergangen sita 


— da aci) n eric 


Befoͤrderungen des Handels. 





Da im Mittelalter der Handel nibt nad Grund⸗ 
ſätzen, welche Vernunft und Erfabrung gutgeheifien 
haber, geleitet murde , fondern nur allein von Pris 
vilegien abbing, mele von ibren Ertheilern immer 
als hohe Gnaden angepriefen murden, baben mir aus 
den worbergehenden Unterſuchungen bis zum Uiber⸗ 
druß abgenommen. Bisher baben mir von Privilegien 





ſterreichiſche alte Urfunde hieruͤber aufzuſinden, ift mir bis: 
ber noch nicht gelungen. 

*) Italien ging an Cultur jeder Art unferm Deutſchland vor⸗ 
aus, und doch war lange Beit fuͤr Reiſende ein großer Man- 
gel an Gaftpaufern. Muratori, Antig. T. II. p. 581, etc, 

MEI, Oeſterreich ward nidt ieich ein Gaſthaus in der Naͤhe 
einer landesfuͤrſtlichen Stadt oder eines befrepten Marftes 
geduldet. Man: erinnere ſich, was in einem der vorherge⸗ 
benden Abſchnitte von der Ortſchaft Ufer, Linz gegemiber , 

iſt erzaͤhlet worden. In dem Privifegium . Friedrichs des 
Streitbaren fur Enns 1244 heißt es, bep Hormapr , Ta: 
——— a 1 S. 54: Nec caupones fint infra Mi-. 

mare 


n 192 — 


geſprochen, die dem Handel offenbar mehr geſchadet 
als genützt haben, denn ſie ſchränkten denſelben bloß 

auf einige vorzüglich begnadigte Städte und Märkte 

gum Schaden des übrigen Landes cin, und dann be—⸗ 

guinftigten fie Monopolien zum Nachtheil der Ges 

ſammtheit aller Unterthanen Oeſterreichs, welche pri: 

vilegirten Innungen von Grofhandlern, Kaufleuten 

und Krämern Preis gegeben murden. Aber fo wie die 

Natur Gift und Gegengift erzeuget; eben fo brachte 
das Mittelalter ſchädliche Privilegien bervor, that 
aber ibren verderblichen Wirfungen durch entgegenges 

fegte Privilegion wieder Einbalt, obne das Sonder⸗ 

bare cine8 ſolchen Verfabrens zu abnen, oder nad 

Flugen und feften Grundſätzen etwas Galtbares und 

Gemeinnitgiges bezwecken zu wollen. Die Fürſten frife 

tefen durch ſich widerſprechende Privilegien viel Gus 

tes, obne e8 gumiffen, und beynahe möchte man fas 

gen, ohne es zu wollen, denn fie bandelten nur nad 

Willkühr, und fvendeten verſchwenderiſch bald ume 
ſonſt bald gegen Bezablung Gnaden, das iſt, Privi: 

| Legion, aus, durch die ſowohl Monopolien, alè auch 

ein frenerer Handel begiinftiget wurden, je nachdem 

cine Gemeinde oder ein Giinftling eines von dieſen 

benden gu erbalten wünſchte. | i 


8wölfter Abfhnitt. 
Tabr = und Wodenmirfte: | 
Die häufigen Verbothe der Gerzoge, die allen 
Handel auferbalb der landesfürſtlichen Städte und 
‘ Marfte unterfagten; die Meilenrechte der Städte und 
ibre fogenannten NMiederlagen von allen durchgehen⸗ 
den Waaren; und die Monopolien der Bürger, die 
ſich fo tveit erfirediten, daß fremde Raufleute niemane 


see 193 —-o 


den als nur ibnen allein ihre Waaren verfaufen dufe |. 
ten: alle diefe Einſchränkungen hätten der grofieren 
Anzahl der Landesbemobner bey dem Einfauf unent⸗ 
behrlicher Dinge ſchwere Laften und grofie Unbequem⸗ 
lichFeiten aufgeburdet, wenn nicht Privilegien ciner 
entgegengefebten Art diefen Mibelftand gemildert und 
ertrdglicher gemacht batten. Es wurden nämlich nicht 
nur Städten, fondern auch Marftfleden und Dörfern 
Sabre: und Wochenmärkte erlaubt, an melden jederz 
mann Die volle Frenbeit genof, Waaren aller Urt 
berbenzubringen, und ohne Widerrede der Bürger oder 
der ordentlid) privilegirten Kaufleute Allen ohne Unt: 
terſchied zu verkaufen. Grundberren und Unterthanen 
trachteten dergleichen Privilegien zu erlangen; jene, 
unm von Den anfommenden Raufleuten den gewöhnli— 
chen Marftzoll und oft aud eine Abgabe für den 
Schutz oder das fiere Geleit abfordern zu können; 
diefe aber, um bequemer und wohlfeiler cinfaufen zu 
fonnen, denn dergleichen Sabrmarfte, die zu verſchiede⸗ 
nen Zeifen auch in Marftfleden und Dörfern gebalten 
murden, machten das Reifen im entfernte Staͤdte una 
nothig, und dann verſchafften ſie den Käufern durch 
den Zuſammenfluß mehrerer Handelsleute und Hand⸗ 
werker, die ihre Erzeugniſſe zu Markte brachten, auch 
geringere Preiſe der Waaren. Das Vorrecht, einen 
Wochen-oder Jahrmarkt halten zu dürfen, mar im 
Mittelalter von einem weit höheren Werthe als jetzt, 
denn damahls fiel der Seltenheit halber die Wohlthat 
eines freyeren Handels weit mehr auf als in unſeren 
Tagen, mo alle Hinderniſſe deſſelben und alle Mono: 
polien beynahe gänzlich Defeitiget find. Daher fam e8 
auch, daß Landesfilrften auf dergleichen Privilegien 
in frilberen Zeiten cinen ſehr grofien Werth legten. 
Nur muf es auffallen, daß fie ben Ertheilungen der 
153 


2 194 * 


Wochen⸗ und Jahrmärkte immer von den hohen Vors 
theilen derfelben, von dem Frommen und Uufnebmen 
der Stadte und Marftfleden und ihrer Umgebungen 
fprechen, und dergleichen Privilegien, die ſie nichts fos 
fteten, dbennod als cine fonderbare Gnade anpriefen. 
Was allgemein als nuglid anerfannt ift, follte man 
nicht erſt durch Privilegien wenigen Gemeinden era 
lauben, ſondern allenthalben frey geben, und dieß 
nicht aus Gnaden, ſondern aus Pflicht, um das 
Wohl aller Unterthanen möglichſt zu befördern. 
Um ohne Schwierigkeit die Ausdrücke der alten 
Urkunden, welche Marktfreyheiten enthalten, zu 
verſtehen, iſt es nöthig, die verſchiedenen Begriffe 
des Wortes Markt genau zu beſtimmen. Markt iſt 
ſehr wahrſcheinlich aus der Lateiniſchen Sprache in 
die Deutſche aufgenommen worden, und deutet auf 
Kauf und Verkauf, auf einen öffentlichen Handel *). 
Der Platz, auf welchem zu gewiſſen Zeiten verſchiede⸗ 
ne Dinge gekauft und verkauft werden, wurde davon 
Markt genannt; daher in Städten und Flecken der 
Marktplatz. Auch der zahlreiche Zuſammenfluß der 
Käufer und Verkäufer wurde mit dieſem Nahmen 
bezeichnet: daher der Jahr- und Wochenmarkt. In 
der engſten Bedeutung des Wortes wird darunter ein 
Ort verſtanden, der ein Mittelding zwiſchen Stadt 
und Dorf iſt, wo die Hausbeſitzer mehr oder weniger 





*) Markt von mercatus, mercatum oder mercada. Du Cange 
erffirt e Durd emporium, nundinae publicae, feriae, 
Gallis Marché, foire. Cujacius ad tit. de Nundinis et 
mercatibus, ait mercatus efse parvas nundinas, neque 
adeo celebres ac nundinas; denique mercatum unius 
civitatis aut vici, nundinas vero efse unius provinciae 
aut Imperii. — Das Wort Forum ift in jeder Ruͤckſicht 
gleichbedeutend mit Mercarus. Cf, Du Cange. 


av 195 ove 


befugt find, die Borredte der Biirger in Städten aus⸗ 
quuben, weswegen fie auch Bürger beifen : daber der 
Nahme cines Marftes oder Marktfleckens. Endlich 
muß noch bemerft werden, dafi in Oeſterreichiſchen Ur: 
kunden eben fo, ie in den auswärtigen, die feilgebo: 
thene und die gefaufte Sache, ja fogar der Preis dere 
felben Marft genannt wird *), welche Nedensart 
auch jetzt noch unter uns allgemein üblich ift. 

Das Redt, die Befugnif zur Abhaltung eines 
Marftes zu ertheilen, geborte in den dlteften Zeiten 
unter Die Regalien, welche nur dem Könige zuftans 
den denn auf den königlichen Villen undPfalzen, 
mo fid) der Hof, die Großen des Reichs und ibre zahl⸗ 
reiche Dienerfdaft dfter aufhielten, fanden ſich des 
gemiffen Abfages der Waaren halber bald mehrere 





*) Born auswaͤrtigen Urfunden findet mani Beyſpiele bey Du 
Cange, unter den Wortern foram und mercatus, daß fie 
auch die auf dem Marfte gefauften Sachen bedeuteten ; der 
naͤmliche Ausdruck erſcheinet ebenfalls in Oeſterreichiſchen 
Privileglen, Aus vielen Stellen heben wir nur ein Paar 
aus. In dem Stadtrecht, welches È. Rudolph 1278 den 
Wienern verliehen hat, heißt es, bey Lambacher, S. 156: 
Nemo extraneorum . . vendet merces fuas, quas adduxit, 
extraneo, fed tantum civi, ita fi civis ealdem emere vo- 
luerit pro foro competenti, etc. ©. 161: Teneantar 
fub debito juramento omnibus rebus venalibus con- 
gruum forum imponere; das ift: den Preis beftim: 
men. — Und in der Urfunde H. Albrechts vom Fabre 1296 
beift es, apud Senkenberg, Vifion; p. 290: „Si folit 
mit geſworem aide allen vailen dimgen repten chauf, vud 
tebten Mardi aufſetzen.“ — Pez, I. 535, fino 1312. An- 
‘mona gravi foro oportuit comparari. — L.c. p. 735: 
Fuerunt vina illo anno in bono foro. — L. c. p. 736. 
Vinum fuit in caro foro. et p.737: Fuetunt' vina in 
‘ caro foro, quia modicum crevit. 
NEichhorn, Deutfde Staats⸗ und Rechtsgeſchichte. Gittin: 
gen, 1818. Th.I. S.387 — 3809. 
13." 


> 


co 106 Latine” 


Kaufleute cin, und es entſpann fic an ſolchen Orfen 
cin Handel, der ſich in furzer Zeit in einen privilegir⸗ 
ten Marft vermanbdelte, welcher an beftimmten Tagen 
jährlich gehalten wurde. Die Ertheilung folder 
Marftprivilegien fand defto meniger Schwierigkeiten, 
da die Marfte als cine einträgliche Finanzquelle be— 
trachtet wurden, Denn die Reifenden mufiten den Kde 
nigen für die Erlaubniß, ibren Grund und Boden ju 
betreten oder des Handels halber auf demfelben vere 
weilen gu dürfen, cine gemiffe Abgabe bezablen, wozu 
cine zweyte bingufam, welche die Raufleute für den 
Polizenfhug mabrend ihres Aufenthaltes auf dem 
Grunde des Königs erlegen mußten. Daber entfprang 
die zweyfache Leiftung des Neife = und des Marft- 
zolles *). Diefelbe Veranlaffung zu Markttagen und. 
Marftprivilegien gaben auch hohe Fefte, diein Dome 
kirchen und Klöſtern feyerlich begangen wurden. Da 
ſangen der Biſchof oder der Abt das Hochamt; und 
gab es in der Kirche zugleich hochverehrte Reliquien 
‘eines berühmten Heiligen: fo mar das Zuſtrömen des 
Volkes an dem Gedächtnißtage deſſelben deſto größer, 
und die Kaufleute fanden reichlichen Abſatz. Daher 
wurde der Jahrmarkt, der vorzüglich beſucht und mit 
außerordentlichen Privilegien verſehen war, ebenfalls 
Meſſe genannt *). 





Huͤllmann, Geſchichte des Urſprungs der Regalien in 
Deutſchland. S. 44, u. f. Deſſelben Deutſche Finanz⸗ 
Geſchichte des Mittelalters. S. 229, u.f. 

#*) Pfeffinger, L. c. T. IIII p.167. Nundinae et Mercatus 
folennes Synonyma funt; folennes enim nundinae; frepe 
offene Meffen, nibil aliud funt, quam mercatus folennes 
et privilegiati... quorum initium et finis plerisque în 
locis campanae pulfu denunciatur. Gn Oeſterreich wird 
noch jest der Jahrmarkt in Gleden und Doͤrfern Kirchtag 
genannt. 


> 107 222 


Die Erfahrung hatte die Vortheile gezeigt, welche 
ein Markt dem Grundherrn und auch dem gemeinen 
Volke verſchaffte, weshalb ſich die Großen des Reichs 
und auch Städte und Klöſter eifrigſt beſtrebten, vom 
Konig cin Marktprivilegium zu erhalten. Bald fam 
es unter Carls des Großen ſchwachen Nachfolgern 
dahin, daß ſie ihren Magnaten eine verlangte Gnade 
nicht verſagen durften; daher die häufigen Privilegien 
von Marktrechten. Der König ſchickte ſeinen Gande 
ſchuh einer Stadt zu, und gab derſelben dadurch das 
Marktrecht, und gewöhnlich auch die Befugniß hinzu, 
Münzen zu prägen *). Ein Kreuz oder cime Markt— 
fame Fiindigte dem Volfe und den Handelsleuten die 
erbaltene Marftfrenbeit, und den Raufern und Vere 
käufern volle Sicherheit an **). Als ſich in den ſpäte⸗ 
ren Sabrbundertendie Erblibfeit der Reichslehen und 
die cigene Landesbhobeit der Furftenin Deutſchland 
vollfommen ausgebildet batten, befummerte man ſich 
nicht mehr um kaiſerliche Marftprigilegion ; die neuen 
Landesherren ertheilten ſie ihren Stadten, Marftfle: 


*) Haltaus, glofsarium German. bep dem Worte Handzei⸗ 
. ben: Chirotheca, fymbolum manus. et. confenfus, 
Glofsa Jur. Provine. L. IT. art. 56. Aud mag man feinen 
Marft begen obn des Richters Urlaub. Fa, daß ſolches des 
Reichs Wilte fen, foll'der Kaifer fein recht Handzeichen Defe 
4° zu Urkund auf die Stadt darfenden. C£ Gifher, Th. J. 
Lin De 557. i 
*) Haltaus, bepden Woͤrtern: Creuz und Marftfabne. Creuz, 
pacis publicae fignum, quod olim etiam in mercatu pub- 
lico erigi folebat, et fecuram pacem pollicebatur com- 
| meantibus eorumque rebus ac mercimoniis. — Marfts 
fapne, Signum in foro hebdomadali autoritate publica 
propofitum, quo forum efficitur bannitum et interdic» 
tum, feilicet propolarum et extraneorum rapacitati, 
vulgo ein gebegter Marft. Gn der Beplage Nro. XLII, 
gefchiebt davon Erwaͤhnung. 





ea 108 o 


cken und fogar aud den Dorfern mit frengebiger 
Sand. Zu den Gabrmarften famen fribzeitig Wo 
chenmärkte binzu, und der Handel gemann dadurdh 
immer einen meiteren und freyeren Spielraum. Der 
Drud, welchen Stapel⸗ und Meilenrechte, welchen 
Straßenzwang und Repreſſalien den Kaufleuten und 
auch den Einkaͤufern auferlegten, milderten die vielen 
Jahrmarkts⸗Privilegien in allen Gegenden des Lan⸗ 
des, und trugen zur allmähligen Abſchaffung deſſelben 
vieles bey. Da es keinen Jahrmarkt ohne eigene Vor⸗ 
rechte oder Freyheiten gegeben hat, ſo müſſen wir auch 
dieſe kennen lernen. 

Unter den Freyheiten eines privilegirten Jahr⸗ 
marktes ſtand oben an das ſichere Geleit für die Pere 
ſonen und auch für die Güter der Käufer und Verkäu— 
fer ſowohl auf der Zureiſe zu demſelben, als auch auf 
der Rückkehr: ein köſtliches Geſchenk zur Zeit einer 
allgemeinen Unſicherheit vor gemeinen und adeligen 
Räubern. Dieſes ſichere Geleit hob während der 
Dauer des Jahrmarktes nicht nur das Recht der Res 
preſſalien auf, ſondern unterſagte auch den Gläubi— 
gern, nach ihren Schuldnern oder nach den Gütern 
derſelben zu greifen, und ſie zu verhaften, um ſie zur 
Bezahlung einer Schuld zu nöthigen, die ſie ſchon 
früher und nicht erſt in dieſem Jahrmarkt gemacht 
haben. Ob ſich dieſe Freyheit auch auf Schulden er: 
ſtreckte, die erſt während des Jahrmarktes gemacht 
wurden, blieb unentſchieden; aber allgemein ſtimm— 
te man darin überein, daß es erlaubt wäre, ſich nach 
dem Ausläuten des Jahrmarktes der Perſon des 
Schuldners oder ſeiner Habe zu verſichern. Wollte 
derſelbe durch die Flucht der Bezahlung ſeiner 
Schuld ausweichen, ſo war es erlaubt, ſich des 
Unredlichen auch noch während des Jahrmarktes 


uo 199 neo 


gu verfichern *). Daf diefe allgemeine Regel audi 
in Oeſterreich gegolten bat, bemeifen die Ausnah— 
men davon, melde unfre Herzoge mancder Stadt 
als Privilegien verlieben, und dadurd die Pfans 
dung und den Arreft des Schuldners geftattet ha: 
ben **). Waren die Schuldner feine Kaufleute, fo 
konnte man fich derfelben oder ihrer Güter auch wäh⸗ 
rend des Jahrmarktes bemächtigen und zum Arreſt 
oder zur Pfändung ſchreiten, denn Jahrmarktsfrey⸗ 
heiten wurden nur zu Gunſten der Kaufleute ver⸗ 
liehen. 

Nicht fo allgemein mar die Befreyung der Kauf—⸗ 
leute, die ſich auf einem Jahrmarkt einfanden, von den 
Abgaben aller Art. Sn dieſem Punkte waren die faie 
ſerlichen, und fpaterbin die landesfürſtlichen Priviles 
gien keineswegs übereinſtimmend; vieles hing aud 
von alten Ortsgewohnheiten ab. Bald wurde den 
Kaufleuten ein eigentlicher Waarenzoll, bald wieder 
keiner, dagegen aber cin Schutz⸗ oder Weggeld, oder 
nur eines von beyden abgefordert. Wurde ihnen bey 
entſtandenen Streitigkeiten ein eigener Richter aus 
ihrer Mitte bewilliget: ſo war dieſes ein ſeltener 
Vorzug und eine Begünſtigung, die nur Wenigen zu 
Theile ward. 

Wochenmärkte gehörten sum kleineren alltägli⸗ 
chen Handel; wurden alſo größeren Bürgergemein— 





*) Pfeffinger, T. III. p. 102 et feq. 

**) Stepr und Linz haben ſolche Privilegien erbalten. Bevlage, 
Nro. XXXVI. und Nro. XXXVII. —, Gin Jahre 1382 
befrente der H. Albrecht Alle, welche die zwey Jahrmaͤrkte 
in Wien heſuchten: „das Sp auf dem Jarmarkt vmb fai: 
nerlay erber ſach, oder ſchuld, die ſich aufferbalb des Jar— 
markts vergangen bab, nicht beklagt noch befumert werden, 
in bpain weis. Apud Rauch, T. ILL. p. 130. 


pro. 200. “ 


den in Stadten und Marften ohne Schwierigkeit vere 
liehen. Als in fpateren Zeiten baufige Dorfer zu 
Marftfleden erboben wurden, ward es Sitte, ibmen 
nebft der frenen Wahl cimes Marktrichters zugleich 
auch einen Sabr: und Wochenmarkt zu bemilligen. 
Jahrmärkte murden auf die Bitte der Grundherren 
ſchon frühzeitig ſogar auch Dörfern verliehen. Daß 
das Dorf Iſchel in Handelsbefugniſſen den Städten 
gleichgeſtellt wurde, bleibt für Oeſterreich immer 
eine einzige Seltenheit. 

Hatte der Waarenzug einmahl eine beſtimmte 
Richtung genommen, und fanden ſich die Kaufleute 
an irgend einem Orte zu gewiſſen Zeiten immer wie— 
der ein, ſo ſuchte der Grundherr, er mochte ein Geiſt⸗ 
licher oder Weltlicher ſeyn, oder auch cine Stadtge— 
meinde beym König ein Zoll⸗ und Marktprivilegium 
zu erhalten, und viele hundert Urkunden enthalten den 
Beweis, daß fo eine Bitte gewöhnlich erfüllt wurde. 
Für die Erlaubniß, ſich auf fremdem Boden aufhalten 
und Handel treiben zu dürfen, mußten die Kaufleute 
eine Abgabe bezahlen; dagegen verpflichtete ſich der 
Grundherr oder die Bürgergemeinde, ihnen alle mog: 
liche Sicherheit zu verſchaffen, und während des 
Marktes für die Erhaltung der Ruhe und Ordnung 
zu ſorgen. Dann fehlte gewöhnlich Eines noch: ein 
Vorrath an gemünztem Gelde, das an dem Orte des 
Jahrmarktes von Allen für gangbar erkannt und ane 
genommen wurde. Dieſem Mangel halfen die Könige 
Deutſchlands dadurch ab, daß ſie mit dem Zoll⸗ und 
Marktrechte gewöhnlich auch das Munzredt verlie⸗ 
hen. Daher kam es, daß ſo viele Fürſten, Biſchöfe, 
Aebte und Städte Deutſchlands ſchon frühzeitig das 
Münʒrecht erhielten und ausübten, leider nur gar zu 
oft auf eine ſchamloſe Weiſe und zum Verderben ihrer 


neo 201 O 


geplagten LtntertBanen *). Die Städte und Marftt 
in Oefterreid) mwaren mit Zoll= und Marftredten 
reichlich begabt; aber die Münze bebielten ſich unfre 
Herzoge, mir menige Augnabmen fur Lieblinge aus 
dem Adel und aus den Stadten abgerechnet, als ein 
einträgliches Negale immer bevor. 

Wir fennen nun die gewöhnlichen Befugniſſe der 
Kaufleute auf Jahr⸗ und Wochenmärkten und. die 
Befreyungen und Vorredte, die ihnen durch Marfts 
privilegien zugefichert murden, Als Belege davon, und 
gue Erganzung der Handelsgeſchichte ſollen einige 
Marftprivilegien aufgefubrt merden, mele Stadten, 
Marktflecken und Dorfern in Oeſterreich find erthei: 

let morden. 

Wels gehorte infruberen Zeiten den Grafen von 
Wels und Lambach #*); nad) dem Erlöſchen diefes 
madtigen Hauſes fam es an das Disthum von 
Wurzburg, von dem es H. Leopold der Glorreiche 
Faufte ***). Sn dem Stiftbrief des Kloſters Lambach 
erſcheinet Wels noch) als cin Marftfleden ****); aber 


*) Zum Beichen des ettheilten Muͤnzrechtes ſchickte der Kaifer 
gewoͤhnlich feinen Handſchuh, welcher auch gar oft auf den 
Muͤnzen erſchei net. Du Cange, v. Chirotheca. Speculum 
Saxon. L, II art. 26.$.6. Nemini licet forum erigere, 
vel monetam de novo inftituere fine confenfu ejus loci 
Ordinarii feu Judicis. Etiam Rex in fignum fui confenfus 
fuam ad hoc mittere debet ———— Cf. Senken⸗ 
berg, Reichsabſchied, Nro. XII. c. 14. p 

**) Jofeph Moris, Kurze Geſchichte der Grafen. von gormbach, 
Lambach und Putten. Muͤnchen, 1803. 

®*#) Chron. de finibus Auftriae, apud Rauch, T.I. p. 249. 
Herzog fempolt chawft mider den Pifhof Heinrid von 
| Wiresburd'mels vnd die lewt und alles daz aygen daz da zu 
der ſelben ftat gebort. 

###) Vita beati Adalberonis epifcopi Herbipol. apud Pez, 
Scriptor. T. IL p. 12, Una (filva) mercato Wels inferior, 
alia fuperior. 





nuo 202 2 


im dreyzehnten Jahrhundert neunt es der H. Leopold 
ſchon eine Stadt *), in welcher jedoch das Kloſter 
Lambach immer noch die Gerichtsbarkeit und das 
ZolUtedt ausübte, welche Befugniſſe es dem genann⸗ 
ten Herzog durch Tauſch abgetreten hat. Im zwolften 
Jahrhundert gab es alſo wo nicht ſchon einen Jahr⸗ 
markt, doc) wenigſtens einen Wochenmarkt, auf mele 
chem das Kloſter Lambach die Marktpolizey auslibte, 
und davon die gewöhnlichen Vortheile bezog. Diefer 
Wochenmarkt wurde am Samftag gehalten; aber 
auf die Bitte der Burger verlegte ibn K. Friedrich 
Der Schöne 1328 auf den Mittwoch. Diefe Anord⸗ 
nung bat aber nicht lange beſtanden, denn im funfe 
gebuten Sabrbundert erſcheinet in Urkunden ſchon 
wieder der Wochenmarkt am Samſtag, zu welchem 
H· Albrecht 1412 einen zweyten am Dienſtag hin zu⸗ 
fügte **). Einen Jahrmarkt verlieh erſt È. Friedrich 
der Schöne den Bürgern von Wels, welchen H. 
Albrecht 1417 vom Philippitag auf Maria Geburt, 
und K. Friedrich 1480 auf den darauf folgenden 
Sonntag verleget bat ***). 

Die Abgaben der Raufleute von Regensburg, 
Ulm, Aaden und Con aufdem Fabrmarfte zu Enns, 


*) Meine Veptrige, Th. IM. S.435. Fm Fabre 1061 defti» 
tigte H. Heinrich dem Kloſter Lambach die Beſitzungen: 
Bannum mercati in loco Wels, ete. Und in dem Tauſch⸗ 
inftrument fagt H. Leopold 1222, ibidem, p.451: Nos. 
cum ecclefia Lambacenfi pro totis iuribus que de funda- 
tione fua in civitate Wella libere polfidebat convenimus 
Sub hac forma. Dedimus eidem ecclefie redditus viginti 

| talentorum. et tam abbas quam fratres ĩpſius monafte- 
rii proprietatem et omnia iura que habere in civitate 
predicta non folumin theloneis fed et iudiciis nofceban- 
tur, noftris manibus concorditer obtulerunt. 
| 9%) Benlage Nro. XXXIX. 
#**) Beplage Nro. XL. 





sese 203 --. 


fo wie auch ihre Frenbeiten bat ſchon der Steyriſche 
Markgraf Ottokar der Fünfte, der im Jahre 1104 
geſtorben iſt, genau beſtimmet, und ſein Sohn Otto— 
far 1100 erneuert *), Um den Ennſern, die durch 
Feuersbrunfte viel gelitten hatten, wieder aufzubels 
fen, ertbeilte ibnen H. Friedrid 1244 unter anderen 
Gnaden auch diefe, daf an Sonntagen kein Woden: 
marft mehr gebalten merden durfte **). Diefe Stelle 
der Urkunde H. Friedrichs iſt beym erſten Anblick ſehr 
räthſelhaft, und 68 leuchtet nicht cin, wie denn dieſe 
Anordnung zum Wohl der verwüſteten Stadt etwas 
beytragen konnte. Irren wir nicht, ſo wollte der Her⸗ 
zog einen oftmahligen Zuſammenfluß der Menſchen 
in Enns befördern. An Sonntagen kamen die Lande 
leute ohnehin des Gottesdienſtes halber in die Stadt; 
um ſie neuerdings wieder anzulocken oder zu nöthigen, 
auch an einem anderen Tage die Stadt zu beſuchen, 
verboth Friedrich allen Handel oder den Wochenmarkt 
(denn beydes kann der Ausdruck der Urkunde bedeu— 
ten) an einem Sonntage. — Der alte Wochenmarkt 
wurde jeden Samſtag gehalten; der H. gd füg⸗ 





*) Scheid, Origin. Guelf. T. III. pracf. p. 30. Ut non alia 
jura a Ratisponenfibus, Colonienfibus, Achenfibus, Ul- 
mensibus exigantur, quam ea, quea prime inftitutionis 
tempore, ordinatione patris mei.. Otacheri eis impofita 
fuerunt. 

**) Hormayr, Taſchenbuch, 1812. S. 54. Ad hec ut dicta 
Ciuitas noftra que plerisque incendiis eft vastata . Solite 
nofire gracie recipere debeat incrementum , Statuimus 
et illibata inssimus obseruari; vt'omnia fora diebus do- 
minicis de cetero conquiescant. — In einer Urfunde K. 

Rudolphs vom Fabre 1279 geſchieht ebenfalls vom Wo- 
chenmarft in Enns Meldung. Heft. unter Ottofar und 
Albrecht, Th. II. S. 183. 


e 204 na 


te 1301 Dent zweyten am Dienftag hinzu *). — Der 
alte Sabrmarft gu Enns bat aus uns unbefannten 
Urſachen anfgebort; und muf viele Sabre hindurch 
nicht mebr gebalten worden ſeyn, weil fogar das An⸗ 
denken anibn erlofchenift. Um die treuen Dienſte der 
Ennfer zu belohnen und fie zu neuen anzueifern, vere 
lieh ihnen H. Leopold 1407 das Recht eines. Fabre 
marftes — „acht Tage vor St. Michelstag, mit 
allen den Rechten, Freyheiten und guten Gewohn⸗ 
heiten, als ſittlich iſt, und als andre unſre Städte in 
Oeſterreich und ob der Enns Jahrmärkte baben**). 

Von einem ſchon früher beſtandenen Jahrmarkt ge⸗ 
ſchieht gar keine Ermabnung. 





*) Mir Aldrecht .. Bechenen, daz wir angeſehen haben vnſerr 


Statt gu Enns, und Land vnd leut darumb gelegen merk⸗ 


leich nutz vnd fromen, vnd auch vleiſſig pett alter vnſer bite: 
ger daſelbs, vnd haben derſelben vnſerr Statt zu Enns von 
gnaden gegeben, wiſſentlich aynen wochenmarkt, auf den 
Eritag zuſampt dem wochenmarkt, der vor auf dem Sam— 
ſtag auch da if ... Geben je Wienn an Phintztag vor fand 

Symons und fand Judas tag der bailigen zwelfpoten (ant 
26. Hcetober). Nach frifti gepurde dreupebenbundert Fare, 
darnac in dem Ainen vnd neunpigiften Jare.“ — Aus 
dem Original. Da die meiften Marftprivifegien nad den 
naͤmlichen Kanzleyſtyl abgefaßt ſind, fo verdienen fie nicht, 
ganz abgeſchrieben zu werden. 

**) Gir £eupolt. . Bechennen fur vns, und den Hodgebornen 
Gurften, Hergog Albrechten, der zu feinen befchaiden Farn 
noch nicht fomen.ift, und den wir Junhaben, vngern lieben 
Vettern. Da; mir angefehen vnd betracht haben die ge= 
trewn Dienft ind geborfame, die vnser getreron lieben vnser 
Vurger gemainfeid in vnser Statt gu Enns, vnsern Vor: 
dern. getan babent. Darumb mir nad) billicher Danfoh: 
perfeit gu Irem fromen gnediclich genaigt ſein Vnd baben 
Sn, vnd derfelben vnser Stat Ddafelbà, gegeben.. Minen 
offenn Jarmarkch un fiirbaffer ewiclich dafelb8 zu baben 
Acht tag vor Sand Midbelstag, u.f. m. Geben ze Wienn 
an Ppingtag vor Sand Erafmen tag (am 2. Junius) 1407. 


ì 


\ 


n 205 ue 


1 Viel fodter als Enns erbielt die Stadt Linz den 
Bartholomäus Jahrmarkt. Der H. Albredt begnae 
digte fie mit diefem Vorredt erftim Jahre 1382, und 
verboth dem Udel, feinen Beamten und allen Untere 
thanen, die Käufer und Verfdufer, die diefen Sabre 
marft befuchen milrden, an ihrem Leib oder Sut ju 
beſchädigen. Zugleich befahl er ihnen, den Zureiſen⸗ 
den, wenn ſie es bedürfen, ein ſicheres Geleit ju ge⸗ 
ben, und ſie bey den Marktsfreyheiten zu ſchützen *). 
Uiber den Oſterjahrmarkt bat ſich keine Urkunde vore 
gefunden; er iſt wahrſcheinlich jünger. Letzterer wurde 
im Jahre 15602 auf Befehl des Römiſchen Königs 
Maximilian, aber nur allein fur daſſelbe Jahr, von 
Linz nach Enns verleget. Ein königliches Patent vom 
15. März machte dieß ſowohl den Inländern als auch 
den auswärtigen Kaufleuten bekannt. Als Urſache da: 
von. gab Maximilian Folgendes ans „Wir haben 
Uns fammt Unferer freundlich geliebten Gemahlinn 
und Kindern im verfloſſenen Winter wegen der zu 
Wien eingeriſſenen und noch fortwährenden Sterbe 
läufe mit Unſerer Hofhaltung hierher nad) Linz bege= 
ben, und könnten vielleicht noch eine Zeit lang allda 
verharren.“ — Diefer Bekanntmachung wurde bey⸗ 
gefügt, daß dieſe Verlegung den Freyheiten des Jahr⸗ 
marktes nicht den mindeſten Eintrag thun werde, und 
daß alle Handelsgeſchäfte in Enns für dießmahl nach 
der Elle, dem Maß und Gewichte von Linz müſſen vor⸗ 
genommen werden. — Einen Wochenmarkt batte 
Linz eben ſo wie die Stadt Wels ſehr wahrſcheinlich 
noch früher, als es eine landesfürſtliche Stadt gewor⸗ 
den, welche Wohlthat den dortigen Bewohnern erft 
damahls zu Theile ward, als der H. Leopold Linz mit 





2) Beylage Nros XLI. 


LOS 206 22 


allem, was dazu gehörte, von dem edeln Gotſchalk 
von Hinzberg gekauft hat *). Alle Dienſtage wurde 
in Linz ein Wochenmarkt gehalten, zu dem H. AL 
brecht im Sabre 1395 den zweyten am Samjtag bine 
gufugte **). vi 

Die Stadt Steyr war feit langer Zeit mit einem 
Jahrmarkt begabt, murde aber aus uns unbefannten 
Urſachen deffelben verluftig. Der H. Albrecht verlieh 
den dortigen Bürgern 1347 cin neues Privilegiun 
hierüber ***), 


*)Rauch, T.I. p. 249. Der Gitfhalib von hinczperg gab 
herczogen lewpolten lincz vnd alles das aigen daz darzu ge— 
hort ber zu tal von dem Rinderholcz.“ — Was Lazius, 
und aus ibm Hoheneck, Th. I. S. 641, von diefem Kauf 
des Herzogs erzaͤhlen, iſt offenbar ganz unrichtig, denn die 
Herren von Hinzberg oder Haunsberg maren meder Gra= 
fen von Kirnberg, tod aud Stifter des Kloſters Wilhe— 
ring. Man febe hieruͤber die Urfunden der Stiftung nad: 
in meinen Veptrigen, Th. IV., S. 524, i. f. Dort werden 
verſchiedene Edle non Hunesberg unter den Zeugen aufge= 
fubret: 1146 Friedrich und Gotſchalk; 1154 Gotſchalk 
und fein Sohn Friedrich: S. 526,529, Und 531 — Bey 
Wurmbrand, Collectanea geneal. hift. p.237, fommt ein 
jungerer Gotfhalf von Huenfperd vor, der ſein Schloß 
Wildberg dem Bifhof Wolfker von Paffau uͤbergab, damit 
eg diefer dem. Gundacker von Steyr oder Starbemberg als 
ein Lehen einràumen fonnte, vas aud) 1 198 geſchehen ift. 
#*) In der Originafurfunde H. Albrechts heißt e nad dem 
gewoͤhnlichen Eingang: „Wir gunnen vnd erfauben in 
auch wizzentleich mit dem brief, daz ſi ainen wochenmarkt 
allweg auf den Samſtag daſelbs ze Lyntz gelegen vnd haben 
muͤgen vnd fullen .... Gir maynen auch, da; der wochen⸗ 
markt, den wir In yetzund auf den Samſtag geben haben, 
den wochenmarkt den ſi vor auf dem Eritag haben, dhain 
ſchad nicht full ſein, noch den abnemen in dhainen meg... 
Der geben iſt ze wienn an Samſtag vor ſand Veyts tag (am 
14. Junius) Nach kriſti gepurd dreutzehnhundert iar, vnd 
in dem fuͤmf vnd Newntzigiſten Fare, 
#**) Preuenhuber, S. 50. 





o 207 “> 


Freyſtadt hatte bis gum Sabre 1430 feinen Fabre 
marft und bedurfte aud) feinen, da e8 mit dem Recht 
einer Niederlage und des Strafienzwanges verfeben | 
mar. Als aber in fpateren Zeiten in den dortigen Ume 
gebungen mebrere Marftfleden und Dorfer mit Fabre 
und Wodemmnarften verfeben murden und dadurch 
das Monopolium der Frenftadter in Abnahme fam, 
ward aud) ben ihnen das Verlangenrege, den Nach— 
barn.in diefem Stücke gleichzuſtehen. Sie bathen dere 
K. Albrecht den Zweyten um zwey Fabrmarfte, und 
erbielten fie auch: cinen am nächſten Sonntag vor 
Katharina, den andern am Ghrifti Himmelfahrtstag, 
immer acht Tage vor und nachher *). Als aber am 
Katharinamarkte mebrere Sabre bindurd) äußerſt mes 
nige Käufer erfebienen, verlegte ibn K. Friedrich 1405 
auf die Bitte der Frenftadter auf den Tag Pauli Bes 
Februng**). Wochenmärkte murden in Freyſtadt feit 
undenklichen Zeiten zwey: am Montag und Freytag, 
gehalten. Die alten Privilegien hierüber ſind im Krie⸗ 
ge 1452 und durch andere Unfälle zu Grunde gegare 
gen; deſſen ungeachtet wurden die Wochenmaͤrkte 
nad) alter Sitte fortgehalten. Im Jahre 1582 bathen 





*) Wir Albredt von Gotte8 gnaden Roͤmiſcher Kibinig.. 
thun fund.., Daf uns unfer getreuen. « Die Burger ges 
mainglic gu der Freinftatt fuͤrgebracht haben, mie fie unzt⸗ 
‘ ber feinen Jahrmarkt in derfelben unfer Stadt gehabt ba: 
ben, und batben uns diemutbiglich, daß wir. , ilynen zween 
Jahrmaͤrkt dabin gaben der Stadt und ibnen zu Aufnehmen, 
und aud aller Landſchaft dafelbft um zu Nu und Fru: 
men... Geben am Samftag vor fant Stephanstag Ins 
ventionig (am 10. October) 1439. 

**) Von Ddiefer inbaltélofen Urfunde verdient nichts al8 bas 
Datum abgefbrieben gu werden: ,,Geben gu der Neuen: 
ftat am SambRtag vor fand Johannstag Zu Sunemwenden 
(am 22. Gunius) 1405,‘ 


no 208 ce 


die Blirger den K. Rudolph um die Erneuerung der 
Wodenmarfts-Privilegien und muften es dabin zu 
bringen, daß er ibnen nicht nur die zwey Wochenmärk⸗ 
te, ſondern auch die alten Monopolienrechte der Nie— 
derlage und des Straßenzwanges in ihrer ganzen 
Strenge neuerdings beſtätigte. Getreid, Hopfen, 
Wein und Vieh waren die vorzüglichſten Gegenſtände, 
mit welchen auf dieſen Wochenmärkten Handel getrie⸗ 
ben wurde. Die Urkunde K. Rudolphs ſtellt uns ein 
trauriges Gemählde von den vielen Feſſeln und dem 
harten Drucke auf, unter welchen Käufer und Ver— 
faufer damahls noch ſchmachteten; ſie verdient es in 
bitter Rückſicht, der Bergeffenbeit entriffen zu wer⸗ 
den 7). 

Von Freyſtadt, der einzigen landesfürſtlichen 
Stadt im Mühlviertel, wenden mir uns zu den vore 
züglicheren Martflecken deffelben Kreiſes, von deren 
Sabr= und Wochenmärkten ſich noch einige Urfundere 
erbalten haben. Königswieſen war mod) cin Dorf, al& 
es 1270 vom K. Nudolph mit einem Wochenmarkt 
begnadiget murde **). Rudolph mollte damit die 
Verdienſte Ulrichs von Capellen, dem das Dorf ge: 
borte, belobnen: ein Bemeis, welchen Werth man 
damahls auf'eine foldje Begunftigung legte. Rudolph 
verlieh dieſem Wochenmarkte die nämlichen Vorrechte 
und Freyheiten, welche die Bürger von Enns auf 
ihrem Wochenmarkte genoßen. 





*) Beylage Nro. XLII. 

**) Oeſterreich unter den Koͤnigen Ottokar und Albrecht. Th. IT. 
S. 283. In villa Chunigefwife, utpote loco ad id habili 
et apto, ebdomadale forum feria fecunda perpetuo duxi- 
mus edicendum.. .frequentantes libera fecuritate gau- 
deant, ‘ac eildem iuribus et libertatibus perfruantur; 
quibus forum Ciuitatis Anafi elt dotatum. 


ass 209 222 


Den Bürgern von Mauthauſen bat K.Friedrich 
1469 einen Jahrmarkt vierzehn Tage vor und nach 
Magdalena *); È. Maximilian 1514 einen zweyten 
acht Tage vor und nad) dem Veitstag verlieben**). 

Der Marft Leonfelden batte mit vielen anderen 
Fleden und Dörfern das Unglück, von den Huſſiten 
durd) Fever vermiiftet zu werden, wobey alle alten 
Urfunden gu Grunde gegangen. Zum Glide wurde 
im landesfürſtlichen Schloße Wachſenberg, welchem 
Leonfelden unterthänig mar, ein Urbarium errettet, 
in welchem Abſchriften der alten Freyheiten des Mark— 
tes enthalten waren. Dieſe wurden 1435 in das neue 
Marktbuch eingetragen, und ſpäterhin fügte man alle 
jüngeren Privilegien und wichtigeren Proceßacten 
hinzu ***). Von den Jahrmärkten enthält dieſes 
Marftbud Folgendes: 





*) Geben zu der Newnſtat an Samſtag nad) aller Heiligen (am 
4. November) 1469, 
##) Geben in vnnser Stat Lynntz, den Newndten tag des 
Monats Marcy 1514. 

*#*) Im Archiv zu Leonfelden mird cin Urbarium aufbewahret, 
Das den Titel fuͤhrt: „Vermerkcht den dienft vnd alle quilt 
Im Ambt vnd geticht gu lonuelden verſchribn zu Sannd Mi: 
chels tag Anno domini 0! XXXV.“ — Vor den Artikeln 
der Pontadung heißt es: „Vermerkcht dye Rechten des 
Markchts Lonuelden So durch vns Hernach geſchryben 
Richter vnd Burger In eehafftn tayding berechtent ſein, 
Nachdem vnd der Markcht durch dye Huſſrey verprennt iſt 
worden, Diefelbnn rechten dann In dem alten Markcht 
puech fo verprunnen iſt geſchryben geweſen der yeder man 
gedacht hat vnd nach geſchaͤfft auch mit willen vnd wiſſen 
Vnſers Genadigen Herrn Herrn Reinprechten von Walſſe 
aus dem Vrbarpuech Waͤchſennbergk vernewt ſein worden 
Sn gegenwurt des Edlun Caſparn Hager dyeſelb zeit phle— 
ger daſelbs geſchechn Nach Chriſti gepurdt Tauſent vierhun⸗ 
dert vnd Im fuͤnff vnd dreyſſigiſten Jaren.“ — Reinprecht 

14 


— 210) — 


Der alte Jahrmarkt, der ſchon vor der Huſſiti⸗ 
ſchen Verwüſtung beftanden, murde feit derfelben bis 
zum Fabre 1485 nicht wieder gebalten, bat fid) alfo. 
durch den Nichtgebrauch des fruberen Privilegiums 
gänzlich verjähret. Die Häuſer maren mieder hergeftel: 
let und der Marft fogar mit Feftung8merfen nad) das 
mabliger Sitte verfeben; aber von feinen alten Vor 
ziigen febite nod) immer der Jahrmarkt. Um Ddiefem 
Mangel abzubelfen mendeten ſich die Burger an den 
damahligen Pfandinhaber der Herrſchaft Wachſen— 
berg, Chriſtoph von Lichtenſtein, und bathen ihn als 
ihren Grundherrn, ihnen durch ſeine Fürſprache beym 
Kaiſer ein neues Jahrmarktsprivilegium zu erwirken. 
Chriſtoph verwendete ſich 1485 in dieſer Angelegenheit 
auch ſogleich an den Kaiſer, bath ihn ſchriftlich um die 
gnädige Erneuerung des Jahrmarktes und machte ihn 
zugleich auf die Vortheile aufmerkſam, die dadurch 
dem Aerarium zu Theile würden, da Leonfelden zum 
landesfürſtlichen Kammergut gehörte. Um noch ſiche⸗ 
rer zum Ziele zu gelangen, bath Chriſtoph auch den 
Liebling des Kaiſers, den Freyherrn Sigmund von 
Prueſchenk, Marfdall, Kämmerer und Erbtruchſeß 

von Steyr, den Leonfeldnern zur Erfüllung ihres ſehn⸗ 
lichſten Wunſches verhülflich zu ſeyn Obgleich noch 
vor wenigen Jahren ein dem Kaiſer höchſt verhaßter 
Gegner *), fand Chriſtoph von Lichtenſtein jest doch 
ein geneigtes Gehör, denn er bath nicht ſoviel zu ſei⸗ 
nem eigenen, als zum Nutzen des Kaiſers ſelbſt. Die⸗ 
ſem ließen die Leonfeldner durch ihren Agenten, Hanns 





von Walſe, von dem hier Meldung geſchieht, war damahls 
Pfandinhaber von Wachſenberg. Spaͤterhin folgten in die⸗ 
ſer Eigenſchaft die Herren von Lichtenſtein nach. 

*) Oeſt. unter K. Friedrich IV. Th. II. S. 126 — 128. 


Matſchacher, eine Bittſchrift überreichen, in welcher 
ſie ihre traurige Lage und auch die Vortheile ſchilder⸗ 
ten, die ihrem Grundherrn, dem Kaiſer, und auch 
ihnen ſelbſt durch einen oder zwey Jahrmärkte würden 
verſchafft werden. Nach wenigen Tagen ward ihre 
Bitte erfüllet: der Kaiſer begnadigte ſie mit zwey 
Jahrmärkten. Wie theuer ihnen dieſe Gnade zu ſtehen 
gekommen, und wieviel ſie einem jeden bezahlen muß⸗ 
ten, haben die ehrlichen Bürger eben ſo, wie den Brief 
Lichtenſteins an den Kaiſer, ihre Bittſchrift, und auch 
das neue Jahrmarkts⸗-Privilegium in ihr Marktbuch 
cingetragen*). Ohne Zweifel batte Leonfelden auch 
einen Wochenmarkt, von dem aber keine Erwähnung 
geſchieht. 

Der Markt Rohrbach im oberen Mühlviertel hatte 
ſeit langer Zeit einen Wochenmarkt und zwey Jahr⸗ 
märkte, die aber ſeit der Huſſitiſchen Verwüſtung def- 
ſelben ebenfalls, mie in Leonfelden, nicht mehr gehal— 
ten wurden. Da auch alle alten Privilegien der Landes⸗ 
fürſten bey dem unglücklichen Brand zu Grunde ge— 
gangen ſind, ſo waren Erneuerungen derſelben nöthig, 
welche der H. Albrecht auch willfährig den verarmten 
Bürgern im Jahre 1450 ertheilte, um ihre Noth mög⸗ 
lichſt gu lindern. Der Wochenmarkt am Montag, und 
zwey Sabrmarfte wurden von ibm den Bürgern von 
Rohrbach neuerding$ mieder verliehen**). Cinen die: 
fer Sabrmarfte, der am St. Jacobstage gehalten 
murde, verlegte K. Nudolph 1582 auf den nächſten 
Sonntag nad) dem Fefte der Erſcheinung, meil er zu 
nahe auf das Rirdmeibfeft fam, das am Sonntag 
nad Sf. Ulrich gefenert wurde. — 





*) VBeplage Nro. XLIII. 
**) VBeplage Nro. XLIV. 


ceo 21 2 an 


Die Marfte Haslach ib Sarleinsbadj unterlagen 
gleihfall8 der Wuth der Huffiten: Häuſer und Urfune. 
Den wurden ein Naub der Flammen. Diefi war die Urs 
fache, daß die fpateren Landesfürſten auch den dorti- 
gen Bürgern Wochen? und Jahrmärkte auf dieſelbe 
Weiſe, wie ben Leonfelden und Rohrbach, erneuer⸗ 
“ten, um ihre vorigen Nahrungsquellen nicht ganz 


derfiegen gu laſſen. 


Wir verlaſſen das Mühlviertel, deſſen Wochen⸗ 
und Jahrmarktsurkunden uns zugleich einige erwünſch⸗ 
te Beyträge zur Geſchichte des Huſſitenkrieges in Des 
ſtterreich liefern, und wenden uns zum Salzkammer⸗ 

gut, welches als Eigenthum unſrer Landesfürſten mit 
Handelsprivilegien ganz vorzüglich iſt begünſtiget wor⸗ 
den. Um nicht weitläufig zu werden, ſchränken wir 
uns auf das Merkwürdigſte ein. 

Auf dem Wochenmarkt zu Gmunden war es von 
jeher Sitte, daß der Nachrichter eine Abgabe erhob: 
mabr{beinlich cine Belobnung fur feine Aufficht gue 
Erbaltung der Sicherheit und Ordnung, mie dief 
nod) heut zu Tage an vielen Orten als eine alte Ges 
mwobnbeit für die Gerichtsdiener beſteht. Darüber 
klagten aber die Bürger von Gmunden und gaben 
vor, daß ihr Wochenmarkt dadurch beeinträchtiget 
würde. Auf ihre Bitte hob H. Albrecht 1379 dieſen 
Zoll des Nachrichters auf, behielt ſich aber ſeinen ei- 
genen bevor, der im dortigen Mauthhaus auch ferner 
noch mußte bezahlet merden*). 





*) Beylage Nro. XLV. In den Staͤdten batten der Nachrich⸗ 
ter und der Gerichtsdiener gewoͤhnlich einen Antheil an den 
Strafgeldern. So 3, B. in Heimburg, apud Senken- 
berg, Vifiones, p. 280, befamerfterer cin halbes Pſund, 
und fepterer dreyßig Pfennige, menn der Stadtribter 
ein Strafgeld von einem Pfunde erbob. Fn der Urfunde 


sso 913 «s-s 


Es gab feit langer Zeit cimen Streit zwiſchen den 
Salzfertigern von Gmunden, Iſchel, Laufen und 
Hallſtatt eines Theils, und dom Abt von Lambach, 
den Naufergen, Steurern, Salzleckern und Meiſter⸗ 
knechten am Stadel ben Lambach andern Theils. Die 
ſen Streit endigte È. Albrecht 1430 durch eine neue 
lange Ordnung , die von niemanden durfte überſchrit— 
ten werden. Das Gange ift fur die Geſchichte nicht 
merkwürdig, nur bemeifet cine Stelle, daß man 
ſchon dbamabls den Traunfall mit Schiffen paffiren 
Fonnte *). 

Den Bürgern von Laufen bat ſchon K. Rudolph 
von Habsburg alle Rechte und Freyheiten der Bürger 
von Gmunden ertbheilet**), und Hallſtatt iſt von der 
Königin Elifabeth 1311 zu einem Marft erboben, und 
mit den Frenbeiten von Laufen, Gmunden und den 
übrigen Städten in Oberöſterreich zu Waſſer und gu 
Lande begnadiget morden***). Iſchel bat die volle 
Gandelsfrenbeit der Stadte 1302 noch als Dorf ere 
halten; den Vorzug eines Marktes, einer frenen Nich— 
terwahl und Gerichtsbarkeit aller Vergehen, die nicht 





H Leopolds filr Wien vom Jahre 1108, bey Lazius heißt 
es: Pro quacunque canfa judex civitatis lucretur unum 
talentum, fubjudex et praeco abeo, quiillud dederit, 

‘habeant triginta denarios. È) i 

Item von jeglicher Kuͤrchleutzillen, die durch den Fall ge: 
fubrt wirdet, fulten ben Naufergen gevallen fiinf und Vier= 
zig Phenning... Geben am Mittichen nach ſanckt Peter vnd 
paul tag der heiligen zwoͤlfboten (am =. Julius) Nad 

Chriſti Geburt vierzebenpundert Far vnd darnad in dem 

neun vnd Drepfigiften Far... 

**) Deft. unter K. Sriedrid dem Schoͤnen, S. 462. ,,Daz ſeu 
alle die redt, gnad, und vrepung baben fullent , die vnfer 
Purger von Gmunden paben. 

*) Defterreid unter È. Friedrich dem Schoͤnen. S. 462. 


sue 214 22 


mit dem Tode beſtraft wurden, und eines Wochen⸗ 
marktes am Montag bat K. Friedrich den neuen dor⸗ 
tigen Bürgern im Jahre 1460 verliehen *). 

Wir haben von den Wochen- und Jahrmarkten 
Oeſterreichs ob der Enns gefliſſentlich ausführlicher 
geſprochen weil von dieſer Provinz bisher noch gar ſo 
wenig Geſchichtliches bekannt gemacht worden, und die 
Urkunden, die ſich bis auf unſte Zeiten in Städten, 
Märkten und Schlöſſern in geringer Anzahl noch er⸗ 
halten haben, wahrſcheinlich bald größtentheils dem 
Untergange ſich nahen. Möchte ſich doch auch im Lan⸗ 
de unter der Enns jemand der urkundlichen Uiberbleib: 
fel ähnlichen Inhalts erbarmen, fie ſammeln, befannt 
machen, und dem künftigen Gðlſchiiſchreiber will⸗ 
kommene Materialien liefern! Indeſſen begnügen wir 
uns mit wenigen Hinweiſungen auf gedruckte Urkun— 
den, in welchen von Wochen- und Jahrmärkten im 
Lande unter der Enns Meldung geſchieht. 

Dort erſcheinet urkundlich zuerſt Neuſtadt mit ei⸗ 
nem Jahrmarkt begabt, melden H. Friedrich 1239 





e) Gn A. Friedrichs langer Urkunde heißt es: „Wir haben an⸗ 
— geſehen der Obbenannten von Iſchl fleißig Bette, und ha— 
ben ihnen dadurch und von ſundern Gnaden, auch ihres 
Nutz und Aufnehmens wegen, aus zeitigem Rath und mit 
rechtem Wiſſen als Herr und Landsfuͤrſt das vorgenannt 
Dorf von neuem zu einem Markt erhebt, und die obbe— 
meldten unſer und ander Leut, darin geſeſſen und wohn⸗ 
thaft, zu Burgern geſchoͤpft und gemacht, ihnen Burgere 
recht und alle Gerechtigkeit in allen Handeln , fo andere 
unfer Burger und unfer Maͤrkt in unferm Fuͤrſtenthum Des 
fterrei ob der Enns gemobn(ic haben, gegeben, aud mo= 
chentlib an dem Montag cinen Wochenmarkt dafelbft gu 
Iſchl gu halten vergunt , u. f. w Geben zu der Neuſtadt, 
am greptag vor Dem Sonntag Laͤtare in der Gaften (ant 
14. Marg) 1466. 


meo 215 «—- 


den Bür gern gum Lohn ihrer feltenen, unverbrüchli⸗ 
cen Treue verliehen bat*). 

Wien, ſchon frühzeitig mit dem Nahmen einer 
getreuen und lieben Stadt beehret , erhielt erſt im 
Jahre 1278 vom K. Rudolph zwey Jahrmärkte ***), 
welche ſein Sohn Albrecht**x) und die folgenden Lan: 
desfürſten beſtätigten. Das Privilegium H. Albrechts 
des Dritten vom Fabre 1582 verdient eine ausfubrli: 
chere Ermabmung *****). In demfelben werden die 
zwey Jahrmärkte zu Wien beſtätiget. Der erſte 3— 





A) Hormapr » Tafbenbud. 1812. S. 75. Tusuper damus cis 
in subsidium et promotionem, ut omni anno in festo 
nativitatis beatae Mariae Virginis habeant forum annale, 
quod nundinae appellatur,, et illud per. tres septimanas 
continue observabunt. 

®*) Gm Fabre 1278 wurde Wien vom K Rudolph zum dritte 
Mable gu einer frepen Reichsſtadt erboben : Et ipfa civitas 
inter fideles et dilectas Civitates Imperii fpecialiter com- 
putetur: ben Cambader, S. 59. In der Deutſchen ili: 
berſetzung fautet diefe Stelle: „Die Stat fool funder 
geczalt werden vndern andern getrewn vnd fieben fteten deg 
Reiches“ Apud Rauch, T. III. p. 4. In unſern Tagen 
wurden diefe Ehrennahmen der Staͤdte vorzuͤglich in Frank⸗ 
reich Vee 

*e*) Lambacher, S. 165. Ad haec regia largitate volentes ho- 
norem praedictae civitatis honorabiliter amplius hono- 
rare, liberalitate etlargitione perpetua indulgemus , ut 

> in eadem civitate bis in aunò folemnes et publicae nun- 

dinae frequententur. . in aeftate fefto beati Jacobi Apo- 

ftoli quatuordecim diebus contiguis nundinae celebren- 

tur. Item ante feftum Purificationis gloriofae Virginis 

- Mariae feptem diebus, et poſt, — diebus nundinae 
fimiliter frequententur. 

1008) Senkenberg s Vifiones, p. 294. ©. Albrecht bat in feiner 
VBeftitigung 1296 die Stelle iber die Jahrmaͤrkte woͤrtlich 
aus der gleich angefiibrten Urfunde ſeines Vaters eninom⸗ 
men, fic aber in Deutſcher Sprache gegeben. . 

#*##*) Rauch; T. HI. p.129. 


PETS 210 22* 


vierzehn Tage vor und nach dem Auffahrtstage; der 
zweyte eben ſo lange vor und nach dem Tage der heili⸗ 
gen Katharina dauern. Allen, welche dieſe Jahrmärkte 
beſuchen, wird der landesfürſtliche Schutz zugeſichert. 
Sie find auch gänzlich von dem Pfändungsrechte bee 
frepet, und dürfen wegen feiner Sade oder Schuld, 
Die ſich nicht von dem gleichzeitigen Jahrmarkt bere 
ſchreibt, angeflagt oder gepfandet werden, Wer dies 
ſes Geſetz verletzt, mird als cin Storer der öffentlichen 
Ruhe beftraft. Criminalverbrechern kann jedoch diefe 
Marktsbefreyung nicht zu gute kommen, denn dieſe 
müſſen zu jeder Zeit verfolgt und beſtraft werden. Al⸗ 
len verkäuflichen Dingen, ſie mögen nach der Zahl, 
oder Elle, oder einem Maße hingegeben werden, ſetzt 
der Stadtrath einen beftiminten Preis. Um Käufer 
und Verkäufer vor Unrecht und Beſchädigung mög— 
lichſt zu bewahren und die Freyheiten der Jahrmärkte 
aufrecht zu erhalten, hat der Herzog dem Stadtrichter 
den Hofmarſchall bengefellet, damit bende gemein: 
ſchaftlich für die öffentliche Sicherheit während der 
Jahrmärkte ſorgeten. Beging jemand, der im Dienſte 
des Herzogs ſtand, oder cin Freyherr, Ritter, Edel: 
knecht oder ein Diener derſelben eine Uibelthat: ſo 
halfen der Hofmarſchall und der Stadtrichter zuſam— 
men, den Schuldigen zu verhaften, worauf er nach 
Hofrecht unterſucht und verurtheilet wurde. Uibelthä— 
ter aus dem gemeinen Volke blieben dem Gerichte des 
Stadtrichters überlaſſen. Für dergleichen ſchädliche 
Leute hob der Herzog alle Zufluchtsorte (Aſyle) auf, 
deren es damahls ungeachtet einer früheren Einſchrän— 
kung H. Rudolphs IV.*) noch mehrere gab: bey den 
Schotten, zu St. Stephan und St. Clara, in den 





*) Defterreidh unter 5. Rudolph dem Vierten. S. 127. 


nes 21 7 22 


Freyhäuſern der Landherren und in einigen andern be⸗ 
freyten Orten. Allen Menſchen ſteht es frey, Waaren 
jeder Art zum Verkauf auf die Jahrmärkte zu bringen; 
nur bleibt es verbothen, Weine in die Stadt —8 
ven, denn dadurch würde das Privilegium des Wein: 
handels der Bürger von Wien beeinträchtiget. Von 
den Waaren, die während der vier Wochen zum 
Jahrmarkt herbeygeführt wurden, durfte bey keinem 
Stadtthor eine Mauthabgabe entrichtet werden; den 
herzoglichen Waarenzoll wird der Landesfürſt “nad 
Vernehmung feine8 Nathes und des Stadimagiftra» 
tes beftimmen. Die fogenannte Burg - und Wagen⸗ 
mauth fammt dem Zoll wird man in Einem Haufe zu⸗ 
gleich einfordern, um den Kaufleuten unnotbige Gan 
ge und Zeit zu erſparen. Auch foll zur Zeit eines jeden 
Sabrmarftes ein Pferderennen gebalten werden. Am 
Biele bangt ein Scharlachtuch, das derjenige als Sie 
gespreis erbalt, welcher am erſten dort anlangt. Die. 
Rennpferde, die zu dieſer Beluftigung herbeygeführt 
merden, find in allen Oeſterreichiſchen Propinzen vom 
Strafienzoll befrenet, 

Das Pferderennen nad) einem Scharlach oder 
Mantel war im drepzebuten Fabrbundert und in den 
folgenden Zeiten eine wiederbergeftellte Volfsbeluftie 
gung in Italien, welche bfter mit dem Wettlauf der 
Menſchen mechfelte, und ſich nicht immer innerhalb 
der Gränzen eines geziemenden Anſtandes und einer 
lobenswerthen Sittſamkeit gehalten hat . — 





#) Muratori È Antiquitat. Ital, T. IT. p. 850 et feq. In AAA 
to Populi Mutinenfis anno 1327 decretum fuit: Ut in 
fefto S. Michaelis equi currant ad Scarletum, etc. — An- 
no 1289 Florentini victores moenibus Arretinae Urbis 
inftantes, teltante Joanne Villanio : Fecionvi correre il 
Palio per la felta di San Giovanni, et rizzaronvi più 


es 218 =. % 


ſcheinlich bat man diefe Italieniſche Sitte in Oeſter⸗ 
reich nadigeabmet, um defto mele Fremblinge zu den 
Sabrmarften berbenzuloden. Späterhin wurde an - 
vielen Orfen in der nämlichen Abfiht cin Scheiben⸗ 
ſchießen angeordnet, zu dem jedermann freyen Zutritt 
batte, was fich big auf unfere Zeiten erbalten bat. Zu 
diefer Beluftigung mag der Raifer Marimilian vieles 
bengetragen baben, denn er war felbft ein berühmter 
Schütze, und deforderte an vielen Orten die Schützen— 
geſellſchaften. Dadurch fand ſich aud der ebrfame 
Stadtrath in Steyr bewogen, im Jahre 1506 dine 
Schützengeſellſchaft zu errichten. An einem Sonntag 
wurde mit Scheibenbüchſen, an dem folgenden immer 
wechſelweiſe mit Armbrüſten nach dem Ziele geſchöſ— 
ſen. Anſtatt des Scharlachs ward ein Hoſentuch zum 
erſten Preiſe beſtimmt *). 

Die Stadt Krems erhielt ihren erſten Jahrmark 
1359 vom H. Rudolph IV. **), und den zweyten 
von, den Herzogen Wilhelm und Albrecht im Fabre 
1402 #9), 





difici, e manganaronvifi Afini con la. mitra in capo per 
rimproccio del loro Vefcovo. — Anno 1325 Caftruccius 
Lucenfinm Princeps..in contemtum Florentini Populi 
tria certamina edenda jufsit, praemiis unicnique propo- 
fitis. Primum fuit curfus equorum: fecundum peditum: 
tertium curfus meretricum, CK 

*) Preuenpuber, S. 173. „Darzu aemeine Stadt ein Hofens 
Tuc zum beften zu geben gewilliget“ 

**) Rauch, Lc. p. 363. Fn diefer Urfunde fommt der hochtra⸗ 
bende Ausdrud vor: „Von faiferfider Madt volchomen⸗ 
bait, die Wir von dem heiligen Nei baben in vnferm 
fannde zu Oeſterreich.“ — Diefen Jahrmarkt verfegten die 
Serzoge Wilhelm und Afbredht im Fabre 13596 von dem 

Jakobitag auf den Apofteftag Simonis und Fudéd. 
#**)L.c. p.568 et feq. 


22 219 ua 


Schon K. Carl der Große bat cine Verordnung 
befannt gemacht, welche die Wocdhenmarfte an Sonn: 
| —* unterſagte *). Indeſſen erlaubte er ſie auch an 

onntagen dennoch denjenigen Orten, wo dieſelben 
von jeher an dieſen Tagen find gebalten morden**), 
Dergleichen Befehle murden in den folgenden Jahrhun⸗ 
derten öfter erlaffen***), und als Urſache angege: 
ben, daß es febr unfohicflid) und der Fener des Sonne 
tags geradezu entgegen fen, ibn durch Handelsge—⸗ 
ſchäfte zu entbeiligen. Uber einige Fürſten, melche 
Wochenmärkte vom Sonntag auf einen anderen Tag 
verlegten, ſprechen in ihren darüber erlaſſenen Urkun⸗ 
den keineswegs von der Entheiligung des Sonntages, 
ſondern geben als Grund davon ihre Güte und Gnade 
an, die für die Vermehrung des Wohlſtandes einer 
verarmten Stadt väterlich ſorgte. Um der durch Feu— 
ersbrünſte verarmten Stadt Enns wieder aufzubel: 
fen, verboth H. Friedrich 1244 die Haltung der Wo⸗ 





*) Capitulare primum anni 809, apud Baluzium, T. I. 
p- 466. De mercatis, ut in die dominico non agantur, 
fed in diebus quibus homines ad opus dominorum fuo- 
rum debent operari, 

ne) Capitulare fecundum, l. c. p.471. Ut mercatum in die 
dominico in nullo loco haberi nifi ubi antialifino fuit et 
legitime elle debet. 

12%) Spwabenfpieael, Augsburg, 1480. Blatt 6. Wir gebieten 
das an den funtag niemant nicht fel hab wann eſſen vnd 
trinfen. mer fein gaden auftut oder fein fraum. oder ſein 
Feler daz er icht darauf verkauffen til der ift dem feutpriefter 
funf (billing ſchuldig vnd dem richter auch fouif . Ein yegk⸗ 
lich feirtag den man mit dem bann gebeuͤt ze feiren der hat 
das felt recht als der funtag vnd die drei hochzeit. weinaͤcht. 
oftern vnd pfingſten.“ Diefes alteGefeb murde in Oeſter⸗ 
reich von den Kaifern Ferdinand dem Erften bis Leopold oͤf⸗ 
ter ernevert. Guarient, Th.I.S. 334, U, f. 


Gua 220 PARI 


chenmarffe an einem Sonntag *). Als KR. Ottokar 
1256 den Wochenmarkt in Kloſterneuburg vom Sonn⸗ 
tag auf den Montag verlegte, gab er als Urſache davon 
die Entheiligung des Tagesan**), mar aber ſchwach 
genug, nad wenigen Jahren diefen ſeinen Befehl 
wieder zurückzunehmen, und die Haltung des Wochen⸗ 
marktes am Sonntage zu erlauben, welcher Miß— 
brauch bis zum Fabre 1276 fortdauerte, aber vom È. 
Rudolph wieder abgeſchafft wurde. In der hierüber 
ausgeſtellten Urkunde eiferte derſelbe gegen die Ente 
weihung des Sonntages; aber aus ihrem weiteren 
Inhalt geht klar hervor, daß es den Bürgern von Klo⸗ 
ſterneuburg, die durch Rudolphs Soldaten äußerſt 
hart ſind mitgenommen worden, nicht ſoviel um die 
Sonntagsfeyer, fondern um einen öfter wiederhohl⸗ 
ten Zuſammenfluß von Menſchen in ihrer Stadt zu 
thun war, denn ſonſt hätte Nudolph unmöglich ſich ſo 
ſehr vergeſſen und hinzuſetzen können, daß er ihnen 
durch die Verlegung des Wochenmarktes vom Sonn⸗ 
tag auf den Montag einen Erſatz für den Schaden 
leiſten wolle, den ſie durch ſeine Soldaten erlitten 
i baben pene 





*) Die hieher gehörige Stelle it fon tveiter oben bey den Wo⸗ 
chenmarft von Enns angefuͤhrt worden. 
**) Maximilian Fiſcher, Merkwuͤrdigere Schickſale des Stif⸗ 
tes und der Stadt Kloſterneuburg. Th. IT. S. 241, Forum 
quod aput Niùnburch ex parte clauftri die dominico. 
qui lumen exiftit requietionis celeberrime. populus con- 
fuewit hactenus aufu nefario frequentare, 

#**) Um angefiibrten Orte, S. 265. Forum quod in Civitate 
Niumburgensi ex dictatione principum Auftrie vfitatum 
diebus dominicisab antiquo et de Rege Boemorum Otha - 
caro in diem Lune ad laudem Dei tranflatum, et poftca 
ab eodem ad quorundam peticionem diciturreuocatum 

.. Precipue ad peticionem et clamorem dilectorum no- 


Li 


neo 22 1 ec 


7 Um and von einem Wochenmarkt cine Marfte 
flecfens im Lande unter der Enns ein Benfpiel anzue 
fubren, erwähnen wir der Marftes Stillfried , der 
in unferer vaterländiſchen Geſchichte immer ein ſehr 
merkwürdiger Ort bleiben wird, denn im der Nähe 
deffelben bat È. Nudolph den glanzenden Sieg über 
den K. Ottofar erfochten, der dem Haufe Habsburg 
den Beſitz der Oeſterreichiſchen Provinzen verſchaffte. 
Stillfried erbielt vom H. Albrecht dem Dritten einen 
Wochenmarkt *). 

«Daf der Marft Ufpad) bereità im Unfang des 
dreyzehnten Jahrhunderts ein Stapelredt beſeſſen 
hat, haben wir ſchon weiter oben vernommen. Er war 
aber auch mit einem Wochenmarkt am Dienſtage be⸗ 
gabt, den ſelbſt des Herzogs Grundholden, die am 
Montag mit Feilſchaften vorbeyfuhren, abwarten und 
beſuchen mußten. Aſpach gehörte unter die am meiſten 
begünſtigten Marktflecken, denn er genoß alle damahls 
höchſt erwünſchten Vorrechte des Straßenzwanges, 
der Eiſenniederlage, der Befreyung von der Pfän— 
dung des Meilenrechtes, und ward im Rückſicht der 
Handelsbefugniſſe der Stadt Enns gleichgeſtellet **). 





. ftroram Civium Ciuitatis ejusdem qui per inopinatum 

nostri exercitus ingreſſum lefi fuerant grauiter et Attriti 
. fin recompenfacionem etiam dampnorum ibi datorum, 
; idem forum. ;in diem lune. . tranfferimus. 

‘*) Senkenberg, Selecta, T.IV. p.309. . 

**) Meichelbeck , Hiftor. Frifing. T. IL p.84, n.139. Di 
baben geſeit, daz Aſpach der Marcht alfo geftift fi, von . 
dem Herpogen Liupolden , daz einer meil fol nicht vails fin 
an Zedingefteten, und da ze pharren. Gn der meif fol auch 
debein hantwerch fin, an Da ge pharren , und Dar des Her= 
togen Burgen , Daz di icht fur varen des Montags , -fi fu 
cen den marcht an dem Eritag, ze Aſpach, daz felb reht, 
daz bat des Tumput Siut, und marcht von fant Peter... . 
und Daz fi auch Enfer rept haben , u. ſ. w. 


K. Rudolph beftatigte 1277 zu Gunften des Biſchofes 
Conrad von Frepfingen alle alten  Privilegien des 
Marftes Ufpadh*). sat 

Wir balten es fur überflüßig, une noch länger 
ben Privilegien der Jahr - und Wochenmärkte gu vere 
weilen. Nus den angefubrten Urfunden erbellet zur 
Gemige, daf durd Verleibung der Jahr- und Wo— 
chemmarfte und durch die allmdblige Vermebrung dere 
felben die privilegirten Monopolien immer mehr une 
ſchädlich gemacht, die Bequemlichkeit und der Nugent 
der Einkaͤufer auf dem Lande befordert, und die Bes 
triebfamfeit und der Kunſtfleiß der Gewerbetreiben⸗ 
den im ganzen Lande aufgereget wurden. Uber Sabre 
und Wodenmdrfte mirften guerft und unmittelbar 
nur auf die Beforderung und Uusbreitung eines freye⸗ 
ren Handel$ im Inlande; für den Handel mit dem 
Auslande forgten unfre Landesfiirften durch Staaté: 
vertrage, von melden nun das Merkwürdigſte wird 
ermabnet werden. 


Drenzebuter AbfOnitt. 


Staatsvertrige mit Auswaͤrtigen zur Befoͤrderung des Handels. 


Unbefannt mit der Seele des Handels und gee 
mobnt, nicht nur die gewöhnlichen fondern aud) die 
höheren Geſchäfte des Staates durch Privilegien ab: 
zuthun, nur für den gegenmartigen Augenblick, und 
nicht fur das ganze Volf, fondern nur fur. gemiffe 
Glaffen deffelben zu forgen: mie batten die Landes: 
furften im Mitfelalter den Handel alé cine wichtige 
Staatsangelegenbeit betrachten, und ibn als ſolche 
befordern follen? Daber fommt e8 auch, daß mar 





*) L.c. p. 83. Nos eidem Principi recognofcimus, ratum- 
que habemus jus fibi concellum in foro Afpach, eto. 


m 


ne 223 n 


unter den bdufigen Bündniſſen der damabligen Für⸗ 
ſten fo äußerſt felten einen Handelstraetat findet, mele 
cher benachbarten Volfern alle billigen Vortheile eines 
gegenfeitigen Handelsverkehrs zuſicherte. Und felbfi 
Diefe menigen Handelstractate, die wir vorzüglich aus 
dem vierzebuten Sabrbundert fennen, verratbennod 
immer engherzige Grundſätze und eine ängſtliche 
Furchtſamkeit, dem Syſtem der Privilegien und Moe 
nopole ja nicht gu nabe gu treten, und alle Ausländer 
von der Theilnabme andem Handel nah Thunlichkeit zu 
‘ entfernen, meil man die Moglichfeit nicht einfab, daß 
mebrere Lander zugleid aus gegenfeitigem Verkehr 
Vortheile zieben fonnen. Von Handelstractaten mit 
ausmartigen Furften zeugen folgende Urfunden: 

Mit Regensburg muf fon unter H. Albrecht I 
cin Handelsvertrag beftanden haben, meiler1287 den 
Bürgern von Steyr die Zuſicherung gab, daß fiein Ne 
gensburg nur given Pfennige Zoll bezablen durften*). 

Der Kaiſer Ludmig der Baper ift aus einem Befe 
tigen Gegner ein marmer Freund der Herzoge von 
Defterreidh gemorden, um dem treulofen K. Johann 
von Böhmen das Gleichgewicht balten zu können. Im 
Sabre 1332 beſuchte ibn der H. Otto von Defterreich 
in feiner Reſidenzſtadt München, und Ludwig bemigte 
deffelben Gegenwart zum Vortheile der dortigen Bür⸗ 
ger, Denn auf Zuthun des Kaiſers ertheilte der Her 
30g den Münchnern die Vorrechte, welche die Nes 
gensburger bisher in den Oeſterreichiſchen Provinzen 
als Raufleute genoffen haben **). 





*) Prenenpuber, S. 36. Ratisbonae pro eo, quod compa- 
raverit vel vendiderit Civis Styrenfis, duòs denarios 
pro tlieloneo tantum folvat. ) 

M Roman Zirngibl, Ludwigs des Baiers Lebensgeſchichte. 
Muͤnchen, 1814. &. 340, u. f. 


ur 224 pra” 


Im Sabre 1544 verlieh H. Ludwig sori Bayer 
und Graf von Tnrol allen Raufleuten, welche aus 
Defterreid fommen murden, vorziiglich) aber den De: 
ſterreichiſchen Unterthanen die Freyheit, mit ihren 
Waaren mit voller Sicherheit durch ſein — wan⸗ 
dern zu können *). 

Der K. Carl, fein Bruder MarkgrafJ Johann von 
Mähren und der $. Rudolph von Defterreid) ſicherten 
1360 in ihren Ländern allen gegenfeitigen Unterthanen 
und Kaufleuten einen freyen Durchzug und Sicherheit 
der Perfonen und des Eigenthums zu. Den Kaufleu⸗ 
ten wurde verfprochen, daß man fie mit keiner neuen 
Laft beſchweren, fondern nad alter Gewohnheit be 
bandeln verde. Ein jeder, der fi ich cine Gemaltthat 
gegen fie erlaubete, würde von den Landesfiirften als 


Straßenräuber bebandelt und gendthiget werden, det 


Beſchädigten vollen Erſatz zu leiften — Deſſen unge⸗ 


) Rauch, T. IL p. 65. Wir Ludmeig... Tun unt... das 
wir ſicherhait vnd gelait geben haben mit diſem brief allen 
chauflewten gemainchlichen von wan ſy durch vnſer lieben 
Oheyms des herczogen von Oſterreich lant vnd herſchaft 
varent in vnſer gepiet vnd herſchaft vnd beſunderlich pei na⸗ 
men alle dy chauflewt dy vnſern lieben obgenanten Ohaim 
angehorent und die in feiner herrſchaft geſeſſen ſind, von 
feinen fanden in vnfer herrſchaft, es ſey chaufmanſchaft 
oder mit welcherlay ding das ſey, fi varn gen Tirol oder 
durch kataufers durch den Mienffen oder wo ſy varent in vn= 
fer gepiet, u. fm. 

##) Steyerer, p.312. „Auch follen, und wollen Wir des vor⸗ 
genanten, unſers Eidem des Herzogen , und ſeiner bru⸗ 
dern Koufleute nicht beſueren mit dheiner neuer Strazze, 
noch bſatzunge, ſunder wir ſullen, und wollen ſie beleiben 
lazzen in allen unſern Landen, by ſulcher Wondlung, Straz⸗ 
gen, und guter gewonheit, als ſie mit unſern Vordern 
von alter herkomen ſint.“ — Die gleichlautende Gegenur— 

kunde findet man bey Dobner, T. IV. p.342, doch Mie 
der irrigen Sapresangabe von 1353. sid 





ove 27) «so 


achtet gebt aus cimer fpaferen UrFunde H. Nudolphé | 
vom Sabre 1364 hervor, daß er den Böhmen feines: 
wegs einen freyen Handel in ſeinen Erblanden geſtat⸗ 
tete, denn er erlaubte den Bürgern von Prag nur vom 
fünf und zwanzigſten Februar bis Weihnachten deſſel— 
ben Jahres den Waarenzug durch Wien nach Vene⸗ 
dig, und von dort wieder zurück nach Prag % unterſagte 
ihnen aber ausdrücklich, Italieniſche Weine einzu⸗ 
fubren*). 
i Ginen ahnlichen Vertrag hat H. Rudolph mit 
dem K. Caſimir von Pohlen 1502 abgeſchloſſen. 
Es wurde in demſelben den Wieneriſchen Kaufleuten 
der freye Zutritt in Pohlen und in der Stadt Cra: 
cau; den Pohlniſchen im Gegentbeile die Handels— 
frenbeit in Oefterreidh und Wien. gugéfichert und 
qugleicd dem ſchändlichen Mißbrauch Einbalt gethan, 
Deffen fich bende Nationen durd die Ausiibung det 
Repreffalien fhuldig gemacht haben. Caſimir fam 
mit Rudolphen überein, daf die gegenfeitigen Fordes 
rungen der Poblen und Oeſterreicher von den Ma⸗ 
giſtraten in Cracau und Wien unterſucht, und die 
Gläubiger nach einem geſetzlichen Urtheil befriediget 
werden ra, 9 
” — * der Vierte. dh: ILS. — im Urkunden⸗ 
bud. · „Wir Rudolf . Bechennen, das wir den erbern vnd 
beſchaiden leuten Purgern von Prag erlaupt haben vnd 
erfatiben ouch, daz fie mit irr chaufmanſchaft durch vnfer 
Stad ze Wien gen Venedy entrichez her widerum von Ve: 
nedy durch dieſelben vnſer Stat ze Wien varen vnd gihen 
ſullen an geverde, vncz auff die wienachten dy nu ſchirſt 
koment vnd nicht lenger, auzgenomen allerley welſchen 
Weyn, den wir pn nicht erlaupt haben gu furen. 
##) Rauch, T. III. p.92. Cazimirus rex polonie. recogno- 
ſcimus, quod . Rudolfus quartus . . frater noſter cariſſi- 
mus ‘ex vna, et nos parte ex altera, ex ciuium noſtrorum 


15 





è a We 220 nd 


$. Rudolphs Beſitznahme der Grafſchaft Tirol 
zog cinen Krieg mit den Herzogen von Bayern nad 
fich. Der È. Ludwig von Ungarn ftiftete zwiſchen dere 
benden Krieg führenden Mächten 1364 einen Waf⸗ 
fenſtillſtand, in welchem den Kaufleuten beyder Theile 
während der Dauer deſſelben cine vollkommene Si 
cherheit des Handels ausbedungen wurde ). 
In einem Vertrage, welchen K. Carl mit dem 
H. Albrecht 1308 abgeſchloſſen bat, ertheilte er den 
Oeſterreichiſchen Kaufleuten die Freyheit, ungehindert 
Weine durch Mähren nach Böhmen und Pohlen zu 
führen; fänden ſie es vortheilhaft, dieſelben ſogleich 
in Mähren zu verkaufen, ſo werde ihnen auch dieſes 
geſtattet. Dagegen erhielten Carls Unterthanen die 
Befugniß, mit Getreide aller Art nach Oeſterreich 
gu handeln **). 130) RR 
Der Vertrag, welchen Die Herzoge von Oeſter⸗ 
reich 1375 mit den Herzogen von Bayern zur Sicher⸗ 
heit ibrer Untertbanen in den benderfeitigen Landern 
erricbtet baben ***), batte fur den Handel ſehr ere 
ſprießliche Folgen haben, und zur Entwilderung des 





Cracouienſium, ipſe quoque ex parte ciuium fuorum 
VViennenfinm, omnem dillentionis materiam; contro- 
uerfa impedimenta et arreftationes, que hinc inde inter 
eofdem ex utraque parte a die et data prefencium ufque 
in hodiernum diem viguerunt a retroactis temporibus, 
totaliter amputare cnpientes, etc. 
#) Steyerer, p. 394 et 305. Alfo, daz alle die, di fi und di iren 
angehoͤrent, wie Die genant fein, di felben zeit des frides in 
allen unſern land, und tvider daraus ſicherleich, und frei: - 
leichn arbaitten und tvandellen futten, mit iren Chaufman⸗ 
ſchafft, und mit aller ir hab wandlung auf wazzer und auf 
land an alles gevaͤrd. 
**) Beylage Nro. XLV. A. 
##*) Beylage Nro. XXXIII. 


anse 427 "e 


taubſüchtigen Adels vieles bentragen müſſen, wenn 
die Landesfürſten Macht genug beſeſſen hätten, die 
Großen ihrer Provinzen im Zaume zu halten und 
ſie zu nöthigen, den Geſetzen und Staatsverträgen 
den gebührenden Gehorſam zu leiſten. Aber unſer 
Herzog Albrecht der Dritte und ſeine Nachfolger in 
der Regierung ſahen ſich leider in die traurige Lage 
verſetzt, gegen ihre eigenen Unterthanen, Grafen und 
Ritter, zu Felde zu ziehen, die Raubſchlöſſer derſelben 
zu belagern und zu zerſtören. Ja, was noch mehr iſt: 
einige Fürſten unſers Regentenhauſes ſchwangen, 
von Regierungsſucht verblendet, ſelbſt die Fackel des 
Aufruhrs, zettelten verheerende Bürgerkriege an, 
und gaben das unglückliche Land der Plinderungs: 
wuth ibrer unbezablten Söldner Preis, um nur das 
Zielibres Ehrgeiges durd mas immer für Mittel gu 
erreichen. Vorzüglich ift das funfzeSnte Sabrbundert 
für unfer Baterland fbreden - und jammervoll ge- 
mefen. Nicht der Landesfürſt, nicht die Gefebe re: 
gierten, fondern Gemalt, Fanft und Schwert. Wie 
batte unter ſolchen Umſtänden der Handel blühen 
ſollen ? 

Die Lander Böhmen, Bayern und Schwaben 
ſcheinen aber unſre Kaufleute bey weiten nicht ſo 
angezogen zu haben als Italien; ihre Blicke und 
Wünſche waren vorzüglich nad Venedig gerichtet. 
Alles Köſtliche, wornach ſich die Prachtliebe und der 
Gaumen ſehnen konnten, fand man dort. Daher kam 
es, daß ſich unſre Kaufleute, von ihren Landesfürſten 
unterſtützet, möglichſt beſtrebten, ſich einen freyen und 
ſicheren Durchzug durch Görz und Friaul nad) Ve— 
nedig zu verſchaffen. Es wurden mit den Grafen von 
Görz und mit dem Patriarchen von, Aquileja Dane 
delsverträge geſchloſſen. 


15 * 


— 228 ea 


“Die Grafen Meinhard ib Heinrich von Ser — 
haben 1351 dem H. Albrecht dem Lahmen verſprochen, 
die Kaufleute ſeiner Provinzen auf der Durchreiſe 
durch ihr Gebieth zu ſchützen. Würde deſſen ungeachtet 
eine Gewaltthat an ihnen verübt: ſo würden ſie ihnen 
zu einem vollkommenen Schadenerſatz verhülflich 
ſeyn. Zugleich verhießen ſie, von den Kaufleuten keine 
größere Zollabgabe zu fordern, als dieſelben nach 
alter Gewohnheit bisher entrichtet haben. Den Wie⸗ 
nern verlieh Meinhard 1300 einen eigenen Schutz⸗ 
oder Geleitsbrief, der mit dem vorhergehenden grofi: 
tentheils übereinſtimmt, jedoch den Beyſatz enthält, 
daß er im Falle eines Unvermögens, die Wiener ſei⸗ 
nem Verſprechen gemäß zu ſchützen, dieſes ſogleich 
dem dortigen Stadtmagiſtrat anzeigen, und deſſen 
ungeachtet den genannten Schützlingen noch ſechs 
Wochen hindurch ſicheres Geleit geben werde, damit 
ſie ſich anbef@adiget aus feinem Gebiethe entfernen 
können *). 

Zwiſchen den Städten Wien und Venzone haben 
ſchon frühzeitig Verträge beſtanden, welche den Bite 
gern dieſer beyden Staͤdte Sicherheit der Perſonen 
und ihrer Güter gewährten. Aus uns unbekannten 
Urſachen entſpannen ſich zwiſchen ihnen Uneinigkeiten, 
und die Wiener übten gegen ihre Verbündete von Ven— 
gone das wilde Pfändungsrecht aus. Ein neuer Ver: 
trag ſollte auf Zuthun der Landesfürſten beyder Städ⸗ 
te: des Herzogs von Oeſterreich und des Patriarchen 
von Aquileja, das alte freundſchaftliche Verhältniß 
wieder herſtellen; und dieſer Vertrag kam im Jahre 
1343 auch wirklich zu Stande. Der Bürgermeiſter, 
Der Rath und die Gemeinde von Venzone — * 





*) Beylage Nro, XLVI, 


CTS 220) ue 


Deutſche Nahme dieſer Stadt war Ppeiſhebder 
ſtellten den Wienern eine Urfunde aus, in der ſie den— 
ſelben eine gänzliche Vergebung aller Unbilden zu⸗ 
ſicherten, welcher ſich der Bürgermeiſter, Richter und 
die Bürgerſchaft von Wien gegen die Bürger von 
Venzone den alten Verträgen zuwider ſchuldig ge— 
macht haben; ſelbſt auf die Genugthuung thaten ſie 
Verzicht, welche in dieſen Verträgen auf Beleidigun⸗ 
gen feſtgeſetzt ward. Ferner verſprachen ſie, künftige 
Beſchaͤdigungen der Bürger von Venzone, die derte 
ſelben in irgend einer Oeſterreichiſchen Provinz könn⸗ 
ten zugefüget werden, nicht durch Repreſſalien zu 
rächen. Geſchähe letzteres, ſo verpflichten ſie ſich zu 


einer Geldſtrafe von hundert Marf Silbers, wovon 


die cime Hälfte dem Herzog von Oeſterreich, die ans 
dere dem Beſchädigten geboren folli Dieſe Summe 
Geldes foll von ibnen innerhalb eines Monaths nad 
geſchehener Forderung erleget werden. Uiber dieß foll 
alles, den Wienern abgenommene Gut zurückgegeben, 
und aud noch Schadenerſatz geleiftet werden, Der 
Patriardh Bertrand. beftatigte diefen Vertrag und 
verfprad, die Bürger von Venzone zur genauen Er- 
füllung deffelben anzubalten. — Die Gegenurfunder 
H. Albrechts des. Lahmen und des Magiſtrates von 
Wien baben ſich nicht vorgefunden. Daf fie mit den 
Urfunden der Stadt Venzone und des Patriarden 
Bertrand gleichlautend waren, darf man ohne Zwei⸗ 
fel vorausſetzen. Die Stadt Aquileja hieß dieſen Ver— 
trag ebenfalls gut; iſt alſo wahrſcheinlich demſelben 
beygetreten *). 

Häufige Verträge ſchließen, aber bey der erſten 
günſtigen Gelegenheit ſie wieder verletzen oder gang: 





* Beylage Nro. XLVII. 


Boo 230 sue 


lich aufheben, war allgemeine Sitte des Mittelalters 
Für die Sicherheit der Oeſterreichiſchen Kaufleute in 
Friaul ſchien durch Verträge hinlänglich geſorget 

worden zu ſeyn, und doch wurden ſie im Jahre 13501 
ausgeplündert, und die Räuber weigerten ſich die er: 
beuteten Güter guradpugeber H. Diefe Unbild rächte 
H. Rudolph von Oeſterreich durch einen Krieg, der 
dem Lande Friaul, noch mehr aber dem Patriarchen 
Ludwig ein hartes Loos zugezogen bat *. 

Ob unſere Herzoge zum Vortheil ihrer RKaufleute 
mit der Republif Venedig befondere Vertrage abges 
ſchloſſen, und worin diefe beftanden haben, ift uns un: 
befannt. Da Venetianiſche Kaufleute ſchon frühzeitig 
in Oeſterreich erſcheinen, und eben ſo in häufigen Ure 
kunden von dem Handel der Oeſterreichiſchen Provin⸗ 
zen nach Venedig Erwähnung geſchieht: ſo darf man 
mit vollem Rechte vorausſetzen, daß zwiſchen beyden 
Staaten mancher Handelsvertrag werde beſtanden 
haben. Vielleicht war dieß auch der Fall zwiſchen 
Oeſterreich und dem damahligen Rußland. Die Ree 
gensburger hatten in Chiow ſchon im zwölften Sabre 
hundert eine Miederlaffung: wohl ganz gewiß nach 
einer gepflogenen Unterhandlung mit dem dortigen 
Fürſten und nad) einem gegenſeitigen Vertrag. Sehr 
wahrſcheinlich ſchloßen ſich Oeſterreichiſche Kaufleute 


an die Regensburger an, denn dieſe zogen mit ihren 





0. Fran. deRubeis, Monumenta Ecclef, Aquilejonſ. in 
append. p. 14. Applicuerunt DCCC. homines armigeri 
in Forojulio apud Villam novam, quos Dux Rodulphus 
Auftriae miferat ante fe... pro eo,... quia mercatores 
Domini Ducis per illos de Prampergo, de Civitate et de 

S. Daniele derobati fuerunt, et non fiebat eis reftitutio 
bonorum ablatorum, 


e*) Defterreidh unter H. Nudolph dem Vierten. S. 142, u. f. 


\ 


* 25 ] — 


Waaren là Oeſterreich und genoßen von jeher 
ganz. /vorzügliche Begünſtigungen in unſerem Vater⸗ 
lande, von welchen wir nun das Merkwürdigſte an⸗ 
führen werden. 
Vorrechte, welche unfere Landesfürſten den Bür⸗ 
gern auswärtiger Handelsſtädte verliehen haben, ge- 
hören 5 im ſtrengſten Sinne zu den damahls 
üblichen Privilegien, und können als bloße Gnaden, 
als freywillige Gaben betrachtet werden. Deſſen une 
geachtet kann man ſie doch füglich ebenfalls den Sane 
delsverträgen beyzählen, denn gewöhnlich wurden ſie 
gegen bare Bezahlung verliehen; und dann verpflich⸗ 
teten ſich die Deutſchen Reichsſtädte, in ihren Bezir—⸗ 
ken den Oeſterreichiſchen Kaufleuten eben dieſelben 
Vorrechte einzuräumen, die ihnen als Ausländern in 
Oeſterreich zugeſtanden wurden, wovon ſich noch meh— 
rere Beyſpiele in Urkunden vorfinden. Gin Privile— 
gium unſerer Herzoge für Kaufleute auswärtiger 
Städte batte in denſelben cin ähnliches Privilegium 
für die Oeſterreichiſchen Kaufleute zur Folge, was 
man auch dann als wahrſcheinlich annehmen kann, 
wenn gleich in den herzoglichen Privilegien davon keine 
Erwahnung geſchieht. Reiche und mächtige freye Han- 
delsſtädte konnten mit regierenden Fürſten auch ganz 
füglich Verträge ſchließen; die Hanſeſtädte zwangen 
gar oft Könige zur Verleihung geforderter Privilegien. 
In einer Handelsgeſchichte Oeſterreichs verdient 
vorzüglich Regensburg erwähnet zu werden. Sie lag 
unter den übrigen freyen Reichsſtädten Oeſterreich 
am nächſten, und die dortigen Kaufleute wurden auch 
ganz beſonders von unſeren Herzogen begünſtiget, 
was aus vielen Urkunden erhellet *). 


*) Manches davon iſt zwar ſchon weiter oben im dritten Abe 
ſchnitt vorgekommen, wird aber hier zur leichteren Uiber⸗ 





nce 332 «e 


— 


Der $. Ottofar von der Steyrmark erneuerte 
1100 auf die Bitte der Regensburger die Vorredte, 
die ibnen und den Kaufleuten von Coͤln, Aachen, Mas 

ſtrich und Ulm ſchon fein Vater auf dem Jahrmarkte 
gu Enns verliehen hatte *). Die Regensburger, die 

Diefen Jahrmarkt beſuchten, ſtanden fogar auch dort 

unter der Aufſicht ihres eigenen Handelsrichters, des 

ſogenannten Hansgrafen, der ſie vor Beeinträchtigun⸗ 
gen der Stadtbeamten in Enns ſchützte **), tin. 

Nod gnadiger benahm ſich H. Leopold gegen die 
Negensburger, als er ihnen 1102 das befannte Pris 
vilegium ihrer Frenbeiten in Oeſterreich verlieh. Die 
treuen Dienfte, die fie ibm fon öfter gelciftet batten, 
und die er danfbar belohnen wollte #3), fonnten in 
nichts anderem beftanden baben ‘als int anſehnlichen 
Geldfummen, die fie ibm für ſeine Begünſtigungen 
freudig darbrachten, um daraus einen noch beträcht⸗ 
licheren Gewinn ziehen zu können, Aber weder darge⸗ 
brachtes Geld, noch auch Privilegien konnten ſie vor 





ſicht und Ergaͤnzung der gegenwaͤrtigen Abhandlung geſtiß 
ſentlich wiederhohlet. 

*) Scheid, l. c. p. 30. Jura nundinarum Anasensis ville ad 
inftantiam Ratisponensium . . renovavi. — Gemeiner , 
Regensburgifhe Chronik. Th. I, S. 280, u. f. 

#*) L. c. Peracto foro et ibidem navibus oneratis, Comes 
Ratisponenfis cumjudicibus de villa ad portum veniens, 
a nautis inguirat, quid queque navis ferat, ete, 

#**)L. c. p.31. Nos penfato fideli obsequio civium Ratispo- 
nenfium, quod Serenitati nofire lepe numero prestite- 
‘runt, dignum duximus, eos plus ceteris honorandos, 
quorum pre ceteris devocionem evidentibus rerum. ar- 
gumentis experti fumus. De justitia itaque nofira que 
nobis solvebatur... partem ipsis remifimus et contra 
insolentiam eorum, qui officiis noftris presunt ,. 608 
veluti familiarins nobis obligatos, fiabili jure prote- 
gamus inpoficrum. 


are 2353 --- 


einem neuen Unfall beſchützen, denn ſchon nach ſechs 
Jahren erhielt die Reſidenzſtadt Wien das Vorrecht, 
daß ſich kein auswärtiger Kaufmann dort länger als 
zwey Monathe aufhalten, und ſeine Waaren nieman⸗ 
den als nur einem Bürger verkaufen durfte. Dieſer 
harte Druck wurde den fremden Kaufleuten erſt im 
Jahre 1281/abgenommen,. und dem Handel cine 
gròfiere Freyheit geftattet *). 

Späterhin wechſelten die Schickſale der Regens⸗ 
burgiſchen Kaufleute in Oeſterreich gar ſehr. Im 
Mittelalter ſtanden Willkühr und Gewalt immer 
oben an; den Schwächeren konnten weder Geſetze 
noch anch Vertrage oder Privilegien vor Eingriffen 
in feine Nechte bewahren: alles bing von Umftanden 
ab und vom Willen Des Madtigeren. Oft bat dem 
Handel der Regensburger in Oeſterreich Unheil und 
Verderben gedroht, aber ihre Klugheit hat immer die 
tauglichſten Mittel gewählet, ſich bey dem Beſitz wohl 
erworbener Freyheiten zu behaupten. 

Eine Urkunde H. Friedrichs des Schönen vom 
Jahre 1300 ſicherte die Regensburger vor Gewalt⸗ 
thaten und verſprach ihnen geſetzlichen Beyſtand ge⸗ 
gen Schuldner **); nur veranlaßten ſchon nach zwey 
Jahren Erpreffungen der Zollbeamten in Wien laute 
Klagen und Bitten um Abhülfe #9), Nod ſchlimmer 
verfube man in Oeſterreich mit den Gütern der Re- 
gensburger in den folgenden Jahren, denn fie wurden 
dort für Feinde angefeben, die ſich wider È. Friedrich 
den Schönen an feinen Gegner, È. Ludwig den Baper, 
angefoloffen haben. Eine Geſandtſchaft der Magenta 





*) Davon ift im britten Abſchnue ſchon geſprochen worden. 
#*) Gemeiner, Th. IL S. 471. 
*—9 a. O. S. 479. 


neo 234 +0 


burger, die 1317 trad) Wien abgeordnet wurde, ſollte 
grofierem Unbeile vorbauen und Friedriden die trau? 
rige Lage der Stadt gu Gemüthe fubren, die es dere 
Bürgern unmöglich made, benden Ronigen gleiche 
und moblgefallige Dienfte zu erweiſen. Würden fie 
fich als treue Unbanger Friedrichs erklären, fo ſtünde 
ihnen von Bayerns Seite cin großes Unglück bevor; 
und während ſie ſich nun gegen Ludwigen, um ihn 
nicht zu Feindſeligkeiten aufzureitzen, beſcheiden und 
geſchmeidig benehmen, werde dieſes in Oeſterreich 
für ein Verbrechen angeſehen, und man nehme ihnen 
zu Waſſer und zu Lande ihre Güter hinweg. Der ge— 
rechte Friedrich fällte ein für die Regensburger gu: 
ſtiges Urtheil, verſprach, ſie vor Gewaltthaten in ſei— 
mem Lande zu ſchützeny und ſicherte ihnen volle Gerech⸗ 
tigkeit gegen ihre Schuldner zu. Dieſe Gnade kam 
ihnen aber ziemlich theuer zu ſtehen, denn die Koſten 
der Geſandtſchaft und verſchiedene Geſchenke, zu wel⸗ 
chen man ſich in Wien genöthiget ſah, wurden auf 
zwölfhundert Pfund Pfennige angeſchlagen *). 
Wurden gleich viele Privilegien von Kaiſern, 
Koönigen und Herzogen auf ewige Zeiten verliehen, 
ſo forderten doch ihre Nachfolger, und die Klugheit 
rieth es auch, daß man dieſelben immer wieder von 
dem neuen Regenten beſtätigen ließ. Die Ertheilung 
oder die Beſtätigung eines Privilegiums gehörte gu 
den Finanzquellen der Fürſten im Mittelalter; und 
thaten auch einige derſelben großmüthig darauf Ver⸗ 
zicht, ſo traten ihre Kanzler und Hofräthe auf, und 
verlangten drohend reichliche Gaben für ihre geringen 
Bemühungen. Man mußte ſich in Die Umſtaͤnde file 
gen, denn damahls bat größtentheils Gemalt für 





*) I. a O. S. 501 Und 502, 


ee 255 iaia 


Recht gegolten. Diefes ift den Negensburgern und 
aud anderen Handelsſtädten nicht nur in Oeſterreich, 
ſondern auch in Bayern *) und in vielen anderen 
Provinzen begegnet. Nach dem Tode È. Friedrichs 
hat ſein Bruder Albrecht der Lahme in Geſellſchaft 
He Otto's die Regierung in Oeſterreich angetreten. 
Der Magiſtrat von Regensburg fand es für räthlich, 
die alten Privilegien der Stadt von dem neuen Regen⸗ 
ten beſtätigen zu laſſen, und ſchickte 1330 Abgeſandte 
nach Wien. Albrecht benahm ſich gegen dieſelben ganz 
ſeinem Character gemäß: großmüthig und milde; 
aber mit unverſchämter Geldgier forderten die Hof— 
räthe reiche Geſchenke. Zwey Stück Brüſſler Tuch, 
welche die Geſandten zum Geſchenke anbothen, wur⸗ 
den mit Verachtung zurückgewieſen, denn ſolche Klei⸗ 
nigkeiten geziemten ſich nicht für große Herren. Sogar 
H. Otto's Siegelbewahrer, cin geiſtlicher Herr und 
Pfarrer, mußte wie die Weltlichen befriediget wer— 
den, ehe das erneuerte Privilegium fur die Regens— 
burger ansgefertiget wurde. Die Beendigung diefes 
Geſchäftes Foftete fieben und fedizig Marf Silber8, 
wofür den Negensburgern neuerdings Sicherheit der 
Perfonen und des Eigenthums verbeifien murde **). 





*) Nur cin Paar Beyſpiele, mie es am Hofe È. Ludmiga jus 
ging. Um ſich nur einen Butritt gu ibm zu verfcbaffen, war 
Geld fitr feine Hofpetren unentbebrlid. Sind diefe befrie: 
Diget worden, dann mufite man dem immer geldarmen 
Kaiſer und aud feiner Gemablin grofe Anerbiethungen 
machen, um ein Privifegium oder cin gnadiges Urtbeil in 
einer Streitfade zu erlangen. Gemeiner, Th. II. S. 31, 
32, 36,u.f. — n Zirngibl's Geſchichte dieſes Kaiſers fine 
den ſich baufige dergleichen Bepfpiele. Diefe Sitte, ſich 
Gnaden abfaufen zu faffen, war damahls in allen Laͤndern 
herrſchend. 

**) Gemeiner, Th. I. S. 548. 


24 236 su’ ; 


Im Sabre 1337 erhielten ſie cine zweyte Beſtätigung 
ihrer Freyheiten *), deren Kraft erſt mit dem Tode 
H. Albrechts erloſch. 
Um die Ertheilung der Schuhzprivile gien fe 
fremde Kaufleute noch cintraglicher zu machen, ſchritt 
man unter der Regierung H. Rudolphs IV. zu einem 
neuen Erwerbsmittel: man verlieh ſie nur auf mes 
nige Jahre, um ſie deſto öfter erneuern zu können. 
Rudolph nahm die Kaufleute von Regensburg am 25, 
März 1364 gegen bare Bezahlung **) auf ſechs Saba 
re in feinen Schutz, verſprach ihnen Sicherheit der 
Perſon und des Eigenthums, ein gerechtes Urtheil 
gegen ihre Schuldner, und Befreyung von dem Pfän⸗ 
dungsrecht. Würde er ihnen einmahl ſeinen Schutz 
entziehen, ſo ſoll dieſes ihrem Magiſtrat angezeigt, 
und ihnen noch vier ganze Monathe hindurch der Ge 
nuß dieſes Privilegiums geſtattet werden RXH) Rue 
dolphs Nachfolger beſtätigten 1379 und 1398 nicht 
nur dieſes Privilegium nach ſeinem ganzen Inhalte, 
ſondern auch das Recht einer Waarenniederlage in 
Wien und eines freyen Handels im Herzogthum; 
fogar von dem Zahlungsaufſchub, melden die Herzo— 
ge Wilhelm: und Albrecht ibren eigenen Untertbanen 
bewilliget haben, follten die. Negensburger keinen 
Nachtheil zu befurdten baben****), Der einträgliche 
Handel der Regensburger nad Oeſterreich lockte fie 
an, cine neue Strafe nad) Wien einzuſchlagen, da⸗ 
gegen È. Ludwig der Bayer 1344 einer Regensbur⸗ 
giſchen Geſandtſchaft feines Vortheiles balber Vor⸗ 
ſtellungen gemacht bat *x—6x*). 


*)A.a. O. S. 556. 
*) Gemeiner, Th.IL S. 133. 
**) Senkenberg, Selecta, T. IV. p. 255 — 257.» 
+44) Gemeiner, Th. IT. S. 192 UNÒ 338. 
— A. a. O. S. 41. 





| i une 2537 n 

8. Albrecht der Dritte fing an, ſeinen Privilegien 
am Ende die Formel beyzuſetzen: ,, Dis an Unfer 
Widerrufen.“ Seine Nadfolger in der Regierung 
folgten feinem Benfpiele nad), und auf diefe Weiſe 
wurden Privilegion nicht mehr, ivie guvor, fur cine 
Ewigfeit verliehen, und fonnten fiir. das allgemeine 
Beſte leichter abgeändert oder gar aufgebobenmerden; 
aber defto nöthiger wurden auch die oftmahligen Er: 
neuerungen derſelben, wodurch die Finanzen der Für⸗ 
ſten einen erwünſchten Vortheil erlangten. 
Wie von Regensburg, fo kamen auch von vie: 
len anderen Städten Kaufleute nad) Defterreid *). 
Ohne Privilegien hätten ſie es nicht wagen dürfen, 
bebeutende Geſchäfte dorthin zu unternehmen, ſonſt 
hätten ſie ſich häufigen Gefahren ohne allen Schutz 
blofigeftellet, und wären dem gänzlichen Verderben 
kaum entgangen. Hätten wir auch von anderen Städ⸗ 
ten ſo vortreffliche Chroniken wie von Regensburg: 
{o todren wir im Stande, cine vollſtändigere Geſchich— 
te des Handels in Oeſterreich zu liefern. Das Einzige, 
was ſich deſſen ungeachtet mit gutem Grunde voraus⸗ 
ſetzen laͤßt, iſt dieſes: Die Oeſterreichiſchen Kaufleute 
werden in den auswärtigen Städten, welche von une 
ſern Herzogen vorzüglich begünſtiget wurden, ähnliche 
oder ganz gleiche Vorrechte genoffen haben; im widri— 
gen Galle batte man ſich der Repreſſalien nad) allge— 
meiner Sitte bedienet. 





*) Der H. Ottokar nennt ſchon 1190 Kaufleute bon Regens⸗ 
burg, Coͤln, Aachen, Ulm und Maſtrich, Die den Jahrmarkt 
in Enns beſuchten. Fn dem Stadtrecht, welches KeFrie— 
drich 1320 den Wienern verliehen, werden noch viele 
andere weit entlegene Staͤdte genannt: apud Rauch, 
T. HI, p. 24. Die Venetianer nennt H. Friedrich der 
Streitbare in einer Urfunde fur Neuſtadt. 


ese 235j <--> 


An Handelsverbindungen größerer Art mit See 
mächten murde damahls noch gar nicht gedadt, vb: 
gleich es an Benfpielen nicht gemangelt batte, daß 
Landftadte des Reichs mie Negensburg und N,ürn— 
bergy ibren Handel big in weit entfernte Linder aus: 
gebreitet haben. Erft 1702 ward K. Leopold von ei⸗ 
nem ihm gemachten Vorſchlag beffig ergriffen: Es 
follte der Fluß Oder vermittelft der Mard mit der 
Donau verbunden, und dadurd) dem Oeſterreichiſchen 
Handel eine mene tröſtliche Ausſicht eröffnet werden. 
Sur Ausführung dieſes Projecte8 wurden fogleid) die 
nöthigen Befeble-ertheilet, aber der Canal fam nicht 
gu Stande, und man hat fid init der Hoffnung — 
„der Beforderung der Comercien mit ausländiſchen 
See-Potettzen“! getäuſchet ). | 


\ 3 a | 5 
—— — 
Y $ QUI 


Handels⸗Polizey. 





Vierzehnter Abſchnitt. 
Obrigkeitliche Perfonen: Die Genannten, der Hansgraf 


und die Leihkaufer. 


Ns dem bisher Gefagten erbellet zur Genüge, daß 
ſich fomobl unfre Landesfürſten als aud) die Defterrei: 
chifchen Sandelsleute, die mur aus Bürgern in Stade 
ten und Märkten nebft cinigen wenigen vorzüglich 
Begunftigten beftanden, cifrigft beſtrebet haben, na 
ibren beſchränkten Anfichten den Handel zu beleben 
und fefter gu begrunden. Daf cine fo wichtige Sache, 





*) Supplement. Cod. Auftriac. p. 446. 


namlich der Handelsverkehr zwiſchen den Untertha⸗ 
men ſelbſt, und auch zwiſchen dieſen und auslän— 
diſchen Kaufleuten, einer obrigkeitlichen Aufſicht une 
terliegen müſſe, bat man auch im Mittelalter eine 
geſehen, wenn man gleich noch nicht im Stande war, 
paſſende Maßregeln für verſchiedene mögliche Falle 
anzuordnen und feſtzuhalten. Wir wollen ehen, wel⸗ 
che Polizeygeſetze fur den Handel damahls erlaſſen 
worden, und welche Perſonen für die Handhabung 
derſelben gewacht haben. Wir reden von letzteren 
uerſt. — 

Die ſtädtiſche Verfaſſung bat ſich in Italien früh— 
zeitig ausgebildet, und die Bürger mehrerer dortigen 
Stadte errangen, von Umſtänden begünſtiget, ſich 
bald die Freyheit, in voller Unabhängigkeit von ihren 
vorigen Lehenherren ein Stadtregiment nach eigenem 
Gutbefinden einzuführen, und das Gemeindeweſen 
ſelbſt zu verwalten. Gelang dieſes gleich auch vielen 
Stddten im Deutſchen Reiche, fo gingen doch die 
Italiener den Deutſchen in Rückſicht des Handels 
und großer merkantiliſcher Unternehmungen gewöhn⸗ 
lich voraus, und gaben ihnen Muſter weiſer Anord⸗ 
nungen im Fache des Handelsverkehrs, bis endlich 
nach der Gründung und Befeſtigung des hanſeatiſchen 
Bundes die Lehrer von ihren Schülern übertroffen 
wurden. Der Stadtmagiſtrat, aus der Mitte der 
Bürger von ihnen ſelbſt gewählet, führte die oberſte 
Aufſicht über das Wohl der Stadtgemeinde und ſorg⸗ 
te fur die Erhaltung der Nube und Ordnung. Sn 
Gegenftanden von minderer Wichtigkeit Uberliefien 
es unfere Herzoge der Einficht des Magifirates, zeit- 
gemafe Anordnungen zum Beften der Bürger zu 
machen; in wichtigeren Angelegenbeiten entſchieden 
ſie aber als Landesfürſten ſelbſt, und erſetzten dadurch 


ceo 240 ra 


die Gebrechen ——— ſaumſeliger, manchmahl 
auch gewinnſüchtiger Stadtbeamten. 
n den früheften Zeiten gab es nur einen Stadt⸗ 
richter und Rathsherren (conlules); die Bürgermei⸗ 
ſter wurden viel ſpäter eingeführet, weil es den Stadt⸗ 
richtern bey Zunahme der Geſchäfte unmöglich ward, 
für die Gerichtspflege und Oekonomie der Stadt zu⸗ 

gleich gui ſorgen *). Unter den Rathsherren gab es cia 
men zweyfachen Nangi Die vornehmeren derſelben, 

unter welchen ſich gewöhnlich Adelige und Wohlha⸗ 

bende befanden, machten den ſogenannten inneren 

Nath aus, der die wichtigſten Geſchäfte der Stadt 

beſorgte. Zum äußeren Rath wurden ärmere, minder 

—5 Pesa ermablet, denen man verſchiedene 





*) Von Bien ivi wir diefes aus detti — *— Den Buͤrgern 
von Linz erlaubte K. Friedrich 1490. die erſte Wahl eines 
Buͤrgermeiſters. In ber Urkunde hieruͤber heißt e8: 
„Wann unſer Getreuen Lieben, N der Nidier, Rath und 
unſer Vurget hie gu Linz dieſer Beit mit Den Kriegslaͤufen, 
Gebaͤuen und ander Arbeit, die ſich taͤglich mehren merklich 
beladen, deshalben unſer Richter daſelbſt von Manigfaltig= 
kait wegen ſolcher Arbeit uͤber ſein Vermuͤgen beſchwert, 
und darum niemands, fo zu ſolchem Amt tauglich, leichtlich 
darzu ju bringen; darzu dieſelb unſer Stadt ain Haupt— 
ſtadt unſers Fuͤrſtenthums Oeſterreich ob der Enns iſt, und 
billichen fuͤt ander unſer Staͤdt daſelbſt geehret, und mit 
ſondern Wuͤrden und Freyhaiten verſehen werden ſoll 
haben mir ihnen die Gnad gethan, vergunt underfaubt., 
wiſſentlich mit dem Brief, daß dieſelben, Richter und Rath 
und ihre Nachkommen nun fuͤran ains jeden Jahrs ain aus 

biihnen, fo darzu tauglich iſt, gum Burgermaiſter und ain 
aus ihnen gum Richter fuͤrnehmen und erwaͤhlen, u. fi w 

Geben zu Linz, am Mittichen nach dem Sontag Reminiſee⸗ 
re in der Faften (ani 10. Marg) 1490.“ — In Steyr wur⸗ 
de 1499 mit Bewilligung des Kaiſers der naͤmlichen Urfa- 
then balber der erfte Burgermeifter erwaͤhlet. Preuenpuber, 
S. 161. — Gn Wels geſchah diefes 1569, In Krems1416. 


* 


neo QU1 *4 


kleinere Geſchäfte anvertrauete. Ben Ereigniſſen von 
der grofiten Wichtigkeit, welche einen allgemeinen Bee 
ſchluß der ganzen Bürgergemeinde nöthig machten, 
berief der innere Rath de äußeren zur gemeinſamen 
Berathſchlagung, wobey letzterer die Geſammtheit 
der Bürger vorſtellte und vertrat. Die Genannten 
gehörten zu dieſer Claſſe des Stadtrathes, oder aus 
ihnen beſtand eigentlich der außere Rath. Der Gegen⸗ 
ſtand ihrer Amtspflicht mar vorzüglich: Für Treue 
und Glauben zwiſchen Käufern und Verkäufern Sorge 
zu tragen, allen Betrug zu beſeitigen, in zweifelhaften 
Faͤllen als Zeugen aufzutreten, und beym täglichen 
Handelsverkehr die geſetzliche Ordnung aufrecht zu ere 
halten. Eine eigene Obrigkeit für den Handel findet 
man ſchon frühzeitig in Italien ) und Deutſchland; 

in unſerm Oeſterreich erſcheinet ſie urkundlich zuerſt 
im zwölften Jahrhundert. In der Folge änderten ſich 
die Verhältniſſe der Amtsgewalt der Genannten zum 
Stadtregiment an verſchiedenen Orten; der Nahme 
der Genannten hoörte auf, und ihre Geſchaͤfte theilten 
der innere und äußere Rath. Da in den älteren Deftera 
reichiſchen Urkunden immer nur ein Stadtrichter mit 


*) Muratori, Antiquit. Ital. T. II. p. 887. Multis in locis 
invaluit mos creandi Confules Mercatorum, qui et ad- 
huc Alicubi perdurat. Multa erat anctoritas ejufmodi mu- 
nere fungentibus tum ad componendas ; aut dirimendas 
mercatorum lites, tum etiam ad puniendos quor umdam 
criminum reos yet ad foedera etiam cum exteris ineunda. 
In Modena, Lucca und in anderen Staͤdten Italiens fome 
men Majores Confules et Confules mercatorum vor: der 
innere und aͤußere Rath. Muratori, Lc. — In Krems und 
Stein erſcheinen 1477: Rath und Genannte. Rauch, TIT, 
313 et 314. — Senkenberg, IV. 465. In Der Urfunde 
H'!Rudolphè IV. vom Jahr 1364 heißt ed: „Der burger⸗ 
maifter , der inner und dev auffer rat.“ 


10 





> 2/2 cs. 


einem Stadtrath und die Genannten vorfommen, fo 
irret man nicht, wenn man unter letzteren geradezu 
den äußeren Rath verſteht. Als Beweiſe dieſer Ber 
hauptung dienen folgende Stellen: ta; 

Um minder Bemitfelte vor der Habſucht der Made 
tigen gu ſichern, befabl ſchon gue Zeit der Frankenkö⸗ 
nige das alte Geſetz, daß cin Kauf nur dann gültig 
ſeyn follte , wenn er vor Gericht in Beyſeyn tauglicher 
Zeugen ift abgeſchloſſen worden *). Diefes Geſetz dau⸗ 
erte unter ciner mebr ausgedebuten Form and noch 
in fpateren Heiten fort, denn es murde in Oeſterreich 
feftgefett, Daf cin jeder Kaufscontract, deſſen Bes 
trag fich uber dren Pfund Pfennige belief, vor wenig— 
ſtens zwey Zeugen follte abgefebloffen werden. Zu die 
fer. Zeugenſchaft waren die. Genannten beftimmet. 
Sehr wahrſcheinlich find unter den Beamtender Stadt 
Enns, mele in der Urfunde H. Ottokars vom Fabre 
1100 Richter heißen, ſchon die Genannten zu verfte: 
ben, denn diefelben waren den Handelsgeſchäften vor⸗ 
gefegt und wachten für die geſetzliche Zollabgabe auf 
dembdortigen Sabrmarft 9). 





*) Balu⸗ius, Capitularia, L. II, Cap. 32.T.T. p. 747. Prop- 
ter provifiones pauperum, pro quibus curam habere de- 
bemus, placuit nobis, ut nec Epifcopi, nec Abbates, 
nec Comites, nec Vicarii, nec Judices, nullusque om- 
nino fub mala occafione vel malo ingenio res paupernm 
vel minus potentum nec emere nec vi tollere audeat; fed 
quifquis ex eis aliquid comparare voluerit,, in publico 
placito coram'idoneis teltibus et cum ratione hoc faciat. 
Ubicunque autem aliter inventam fuerit , factum hoc 
omnino emendetur per jullionem nofiram. 

#+) Scheid, Origin, Guelf. T. 1II. praef. p. 30. Peracto foro 
et ibidem navibus oneratis, Comes Ratisponenfis cum 
judicibus de villa ad portum veniens , a nautis inquirat, 
quid queque navis ferat...Si vero judices ville nautis 


Do 2/5 e 1 


| Mod deutlicher erſcheinen die Genannten und ihre 
Amtsverrichtungen in dem Stadtrechte, welches H. 
Leopold 1198 den Wienern verliehen bat. Er befabl, 
daß aus allen Gaffen der Stadt bundert aus den mei: 
feften Bürgern, deren Nahmen in einem befondern 
Verzeichniß enthalten fenn und den Bürgern befannt 
gemacht. werden müſſen *), ermwablet werden follten, 
Deren Anzahl immer gleich erbalten, und nad dem 
Tode eines derfelben durch cine neue Wahl wieder ere 
gdngt merden muffe. Wir verorduen, fagt Leopold, 
daß aller Kauf und Verfauf, jede Berpfindung oder 
Sdenfung der Landgliter, Häuſer, Weingarten oder 
was immer für Sachen, deren Werth drey Pfund 
überſteigt, und ein jedes wichtiges Geſchäft, deffen 
Verhandlung nicht in Vergeſſenheit gerathen darf, 
vor zweyen oder mehreren dieſer hundert Männer ge: 
ſchlichtet werden ſoll. Hat ein Bürger zwey derſelben 
zu Zeugen und ſtirbt einer von ihnen, ſo genügt das 
Zeugniß des Uiberlebenden in Geſellſchaft eines an: 
dern glaubwürdigen Mannes. Weigert ſich einer aus 
dieſen hundert Männern, vor Gericht als Zeuge zu 
erſcheinen, ſo ſoll ihn der Richter dazu zwingen. Wäre 
aus der Weigerung, Zeugenſchaft zu geben, ein Scha⸗ 
den entſtanden, ſo müßte der Halsſtarrige Erſatz 





non crediderint, de quibuscumque sos impecierint, 
naute juramento fuo fe defendant. Die Genannten fonn= 
ten fuͤglich auch Richter heißen, weil fie nicht nur in Han: 
delsſachen, fondern auch in anderen Geſchaͤften dem Stadt: 
gericbte beyſaßen. 

*) Obne Zweifel biefien fie daber die Genannten, weil ipre 
Nabmen verzeichnet und allen Bewohnern der Stadt be: 
fannt gemacht wurden, damit man fid in Handelsangele= 
gendeiten ohne vieles Nadfragen an diefelben menden und 
fie ju Beugen nehmen fonnte. 


10.* 


+ 


no 24 — 


leiſten ). Dieſes Geſetz H. Leopolds wurde von ſeinen 
Nachfolgern bald wörtlich wiederhohlet, bald mit ei⸗ 
ner Verminderung oder Vermehrung der Anzahl der 
Genannten ernenert, und aud auf andere Stadte 
des Herzogthums Oeſterreich ausgedebmet. 
‘Qu einer Zeit, als die Schreibekunſt auch in 
Städten unter den gemeinen Bürgern immer noch ete 
was Seltenes war, und die meiften Vertrage münd⸗ 
lic) abgeſchloſſen wurden, mufiten nothwendig wegen 
des Mangels geſetzlicher Beweiſe manche Streitigkei⸗ 
ten entſtehen, die ſich nicht leicht entſcheiden ließen, 
da ſich weder glaubwürdige Zeugen noch ſchriftliche 
Aufſätze vorfanden, auf welche der Richter fein Ur 
theil hätte gründen können. Um dem Betrug unred⸗ 
licher, und dem Gezänke gewinnſüchtiger Menſchen 
Einhalt zu thun, war obiges Geſetz vom H. Leopold 
den Wienern gegeben, und hatte gewiß ſehr heilſame 
Folgen. Eine gleiche Wohlthat bat er 1212 den Bür⸗ 
gern von Enns erwieſen, im welcher Stadt ſechs des 
eidigte Männer über den Handel und über alles, was 
der Bürgergemeinde zur Ehre und Wohlfahrt gerei⸗ 
chen konnte, wachen mußten; ihren Beſchlüſſen durfte 
ſich der Stadtrichter keineswegs miderfeben**). Bere 


*) Lazius, J.c. p..73. Statuimus in civitate Centum viros 
fideliores de fingulis vicis prudentiorum,, quorum no» 
mina in chartula Speciali notata juxta privilegium hoc 
Semper: habeantur; et fi unus illoram moriatur, alter 
fiatim in locum fuum communi.confilio fubftituatur. 
Nos ad hoc inftituimus, ut omnis emptio et venditio , 
pignoratio, donatio predioram, domorum, vinearum, 
vel quarumcunque rerum, quae aeftimatae fuerint ultra 
tria talenta, et quodlibet negotium arduum et memoria 
dignum coram duobus vel pluribus illorum Centumvi. 
rorùm celebretur et agatur, etc. 

#*) Hormayr, Taſchenbuch fiir das Jahr 1812. S.52. Sta- 


tuimus, ut fex ydonei ciues iuramento confirment, 





ne- 3/5 --- 


muthlich bat der Herzog Leopold auch noch anderen 
Stadten Aehnliches vorgeſchrieben, aber die Urfune 
Den find verloren gegangen. Seine Berordnung diente 
in den folgenden Jahren den Regenten Oeſterreichs 
gum Mufter. Mit ganz gleichen Worten verordnete 
fein Sohn H. Friedrich der GStreitbare , daß zwanzig 
Bürger in der Stadt Heimburg über alle Handels— 
verträge Zeugenſchaft geben ſollen*). Für die Stadt 
Wien verordnete der K. Rudolph im Jahre 1278 
bundert**), und H. Albrecht der Lahme im Fabre 
13540 zweyhundert Bürger ju diefem Geſchäfte **). 





quod disponant de mercatu et de univerfis que ad hono⸗ 
rem et utilitatem ciuitatis pertinent. Die altdentfche Mi: 
» berfeBung diefer merfmirdigen Urfunbde findet fim in: Des 
tore unter den Konigen Ottofar und Albrecht. Th. IT. 

i ‘251. 

*) Senkenberg, Vifiones, p. 278. Wir fehen zwaintzich man 
in der ffat Die tewriſten auz allen gazzen vnd die meififten , 
der namen in cinem befondern prief geſchriben ond gemercht 

pei diſer bandfeft ze aller zeit bebalten werden ... Dife hab 
mir Darzo gefagt.. daz cin jegleich auf pnd verchauf oder 
bingebung der apgen . der Haufer oder der Weingarten 
oder ſwerherlay gut ez fei, die vber drev phvnt geacht fein 
.. fretichfeich gefcheben vnd getan werden vor zwain oder 
menigerin Der gensuten, u.f. m. 

Lambacher, S. 154, Statuimus centum viros in civita- 
te, vel plures ,..ut omnis emptio vel venditio, pigno- 
ratio, donatio domorum...coram duobus vel pluribus 
illorum denominatorum legitime celebretar, .. Denique 
quicunque illornm denominatorum etc. Die denominati 
find die Genannten ; fo merden fie aud in der Urfunde 
D. Friedrichs fuͤr Heimburg aufgefuͤhret. 

#**) Rauch, T, III. p. 48. Wir ſetzen Zway Hundert man, oder 
mer, ob fein durft i, der getremiften, vnd der weiſeſten 
auz allen firazzen, der namen fullen fein gefchriben bei di: 
fer Hantfeſt .... daz fol ſtetichlich geſchehen vor zwain 
oder vor menigern der genanten, u. ſ. w. 


Sn dem Stadtrechte H. Ulbredht6, das er 1206 dett 
Wienern verlieben hat, ift nicht von den Genannten 
oder vom differen, fondern vom inneren Stadtrath 
die Nede, welcher feimem Willen gemäß aus zwanzig 
Mitgliedern beſtehen ſollte. Dieſen ertheilte er die 
Volimacht , alfen verkäuflichen Dingen gewiſſenhaft 
einen Preis zu beſtimmen, der den Zeitumſtänden 
angemeſſen, und für Käufer und Verkäufer billig pon 
folte *).. 

Die fpateren Urkunden bezeichnen dic Genannten 
und ihr Amt fo deutlich, daß uns kein Zweifel übrig blei⸗ 
ben kann, daß Genannte und äußerer Rath ganz gleich— 
bedeutende Worte ſind. Preuenhuber erzählet aus den 
alten Urkunden der Stadt Steyr, daß in den frühe⸗ 
ren Zeiten jährlich um Weihnachten ein Richter und 
ſechs Rathsherren aus den tauglichſten und angeſe⸗ 
henſten Bürger find erwählet worden. Als ſich ſpä— 
terhin die Volksmenge vermehrte, hat man beyläufig 
fünfzig Burger aus den Gemeinden Steyr und Steyr⸗ 
dorf erwählet, welche Genannte hießen. Sie wurden 
in Eidespflicht wie die Rathsherren genommen und 
in den Stadtrath berufen, um bey wichtigen Vorfäl— 
len im Nahmen der ganzen Burgergemeinde mitzu: 
ftimmen. Was alsdann von dieſem zuſammengeſetzten 
Rath befobloffen wurde, mufite ohne Widerrede von 
allen Stadtbemohnern befolget werden. Als e8 ſich 
fpaterbin aber seigte , daß es ſchwer liefie, von fo vie: 





*) Senkenberg, Vifiones, p. 289. Wir haben auch geſetzet 
.daz von Der gemaine Der ſtat zu dem rat werden erwelt 
zwainzik man in der gefelteftbefte fei der Nichter von der 
ftat.... Si fvln auch mit cefivorem aide allen vaifen Dingen 
rebten auf, vnd rebten Mardt auffeben. daz dem auf: 
far, vnd dem verchauffer nad der geſtalt der geit und auch 
durftichait merde behalten. 


Ten Rathsmännern einen cinftimmigen Schluß zu 
erbalten, fo ward die Einrichtung getroffen, daf die 
urſprünglichen ſechs Rathsherren mie zuvor von der 
Bürgerſchaft ermablet wurden; aber diefe Rathsher⸗ 
ren erbielten die Vollmacht, feb andere Bürger zu 
ifren Mitgliedern zu ermennen. Die jährlich austrea 
tenden ſechs Rathsherren übernahmen das Umt der 
Genannten, welches zuvor von fünfzig Bürgern ver⸗ 
waltet wurde, und ſtanden den Rathsherren i in ih⸗ 
ren Verrichtungen bey . — Gn Enns beſtand der 
Stadtmagiſtrat aus einem Nichter, acht Rathsher— 
ren und vier und zwanzig Genannten **). Sn der neuen 
Bürgerordnung „welche È. Ferdinand am vier zehn⸗ 
ten October 1548 den Welſern vorgeſchrieben bat, 
murde fefigefebt, daß ihr Magiſtrat aus einem Stadt: 
richter, aus acht Nathsherren und zwölf Genannten 
beſtehen ſollte. Erſterer wurde jährlich, letztere wur— 
den nach zwey Jahren erwählet. Alle mußten dem 
Kaiſer ſchwören ihr Amt getreulich zu verwalten. Der 
Stadtrichter und die Rathsherren traten ihre Würden 
erſt nach erhaltener Beſtätigung des Kaiſers, die Ge⸗ 
nannten aber ſogleich nach ihrer Erwählung an ***). 
In dem Privilegium, welches È, Friedrich 1463 den 
Städten Krems und Stein zur Belohnung der ihm 
bewieſenen Treue verliehen hat, werden genannt: 
Bürgermeiſter, Richter, Rath, Genannte und Gee 
meinde der Stadt 99), 

Ob die Genannten ganz alleitt den dufieren Nath 
einer Stadt ausmachten oder nebft diefem cine eigene 





*) Preuenpuber, S. 161. 
**) Beylage Nro. XXXII, 
***) Das Original diefer langen urkunde * fd im Stadt⸗ 
archiv zu Wels. 
#4) Rauch, T, III. p. 378. 


dritte Abtheilung im Stadtregimente bildeten, läͤßt 
ſich im AUgemeinen nicht bejahen, nicht verneinen. 
Als die Handwerksinnungen anfingen, einen Antheil 
am Stadtregiment zu fordern und nicht eher ruhten, 
als bis einige ihrer Genoſſen in den Rath aufgenom⸗ 
men und verſchiedener Stadtämter theilhaftig wur⸗ 
den, geſtaltete ſich die neue Verfaſſung in den Städ⸗— 
ten auf eine verſchiedene Weiſe. In Regensburg gab 
es ungezweifelt einen inneren und äußeren Rath, und 
nebſt letzterem noch Genannte und Vierziger ). Sn 
anderen Städten machten die Genannten den äuße— 
ren Rath aus ), was auch in Oeſterreich nach der 
Ausſage der angeführten Urkunden beſtanden zu haben 
ſcheinet, denn ein äußerer Rath, und nebſt dieſem 
noch Genannte als cin fur ſich beſtehender Rathskör— 
per, werden nirgends angegeben. Sin Wien, mo die 
Genannten in den Urfunden zuerſt erſcheinen, geſchah 
von ihnen im ſechzehnten Jahrhundert keine Erwäh— 
nung mebr***), da ſie doch in anderen Städten Ober⸗ 
öſterreichs, in Enns, Steyr und Wels, unter der 
alten Benennung noch fortgedauert haben. Im ſieb— 
zehnten Jahrhundert verſchwand allgemach der alte 
Nahme der Genannten, und es gab allenthalben nur 
einen inneren und äußeren Rath in Städten und 

Märkten, deſſen Mitgliedern die verſchiedenen Ge— 

ſchäfte der Gemeindeverwaltung anvertrauet waren. 

Es war nöthig, von den Genannten weitläufiger 

gu ſprechen, weil ſie bey dem allgemeinen Handelsver—⸗ 

kehr im Lande eine wichtige Rolle als Vorgeſetzte ge— 
fpielt baben. | i 


*) Gemeiner, Chronif. Th. T. S. 324, uf. i 
#*) Karl Friedrich Eichhorn, Deutſche Staats - und Rechtsge⸗ 
ſchichte Gittingen, 1819. Th. II. S. 280 — 284. 
#**) Ubermann, Bud IN. S. 91. 





ne 249 eco 


Um viele Sabre fpater als die Genannten erſchei⸗ 
met in unfern vaterlandifchen Urfunden eine obrige 
keitliche Perſon, welche Hansgraf genannt ivird. 
Diefes Wort, das aus Hanſa oder Hanſe und Graf 
gufammengefegt.ift, bezeichnet einen Handelsrichter, 
welcher Streitigkeiten zwiſchen Käufern und Verkäu— 
fern zu unterſuchen, und für die Beobachtung der be⸗ 
ſtehenden Handelsgeſetze, ſo wie auch für die Sicher⸗ 
heit der Kaufleute zu wachen hatte *). Er war im ei⸗ 
gentlichſten Sinne nach unſerem heutigen Sprachge⸗ 
brauch der Polizey-Director in Sandel8gegenftane 
den, batte Unterbeamte und Auffeber, die ibm Ber 
rit erftatten muften, und war der Vorſteher des 
Hansgrafenamtes. Dieſe Magiſtratsperſon hat man 
in Oeſterreich ſehr wahrſcheinlich vom Ausland her 
kennen gelernet, für den Handelsverkehr —— 
gefunden und in Wien zuerſt eingeführet. 

Ein Hansgraf von Regensburg wird ſchon in der 
Urfunde ermabnet, welche der Steyriſche Herzog Ot⸗ 
tofar 1190 den Bürgern von Enns für den dortigen 
Sabrmarft verlieben bat**). Gatte damahls fon 
auch in Defterreid ein Hansgrafenamt beftanden, fo 
ware in den vielen Privilegien der Stadte gewiß da⸗ 





*) Georg Sartorius, Geſchichte des Hanfeatif(den Bundes. 
Th. S. 109. Da alte Wort Hanfa oder Hanfe bedeu⸗ 
tete uͤberhaupt eine Geſellſchaft und auch einen Bund. Spa: 
terbin murde e6 bloß von. dem Bunde Der Handeleftadie 
und von einzelnen Handelsgeſchaͤften gebraucht. Das Wort 
Graf bezeichnete einen Richter uͤber einen gewiſſen Bezirk. 
Hansgraf iſt alſo ein Richter, der die Streitigkeiten in 
Handelsſachen unterſucht und entſcheidet. — Jonathan Fi⸗ 
ſcher, Th. J. S. 528, uf. 

*) Scheid, L c. Peracto foro et ibidem pavibus oneratis, 
Comes Ratisponenfis cum judicibus de villa ad portum 
veniens, Ck Gemeiner, Th. I. S. 280, 296, 325, u. f. 


+ 


222250 ⸗ 


von Meldung geſchehen; aber in denſelben erſcheinen 
nur die Genannten, welchen die Aufſicht über den 
Handel anvertrauet war. Indeſſen iſt es wahrſchein⸗ 
lich, daß am Ende des dreyzehnten Jahrhunderts in 
Wien ein Hansgraf über die Befolgung der Handels⸗ 
geſetze gewacht babe, denn im vierzehnten Jahrhun⸗ 
dert reden unfre vaterländiſchen Urkunden von ſeinem 
Amte wie von einer alten Sade. Dieß geſchieht vore 
züglich in den Polizey-Verorduungen, welche H. AL 
brecht der Lahme 1350 für die Wiener erlaſſen bat®). 
Von derſelben Zeit angefangen erſcheinet bis zum acht⸗ 
zehnten Jahrhundert herab in häufigen Urkunden ſo⸗ 
wohl in Wien als auch in Linz ein Hansgrafenamt ay 
Nur muß bemerft werden, daß in ſpäteren Zeiten 
das Wort Sansgraf in Handgraf ift verwandelt 
worden ***), 

Hansgrafenämter gab e8 nur in den siven Faupt 
ſtädten Oeſterreichs: in Wien und Ling. Die vorziig= 


*) Rauch, T. IT, p.70. Es fol auch ain yeglicher vnderfenffel 
Dem Sannfgrafen geborfam fein... Als das von alter her⸗ 
komen ift. i ba È; 

**)Senkenberg, Selecta, T. IV. p. 240. — Pez, Codex 
diplom. P. III. p.433. — ————— Buch II. S. 2. 
Guarientt, Codex Auftriacus, T. I. p. 101,108, 115,127, 
129, 153, 455. T.II. p. 256, 540. — T. IIT. p. 221) 308, 
449,476. Gn Diefen und noch mehreren andern Stellen 
wird vom Handgrafenamt in Wien und Lin; Meldung ge⸗ 
macht. 

#4») Der Mangel einer geregelten Orthographie und die Unkennt⸗ 
niß des alten Stammwortes Hanſe ſind die Urſachen, daß 
das Wort Hansgraf in Handtsgraf, und zuletzt in Hand⸗ 
graf verwandelt wurde. Nach Adelung iſt letzteres aus Han⸗ 
delsgraf zuſammengezogen. Vielleicht wurde Hansgraf in 
Handgraf veraͤndert, um dem veraͤchtlichen Nebenbegriff 
auszuweichen, welchen der Taufnahme Sans in vielen 
Sprachen bekommen hat. Man ſehe hieruͤber: Adelung, 
bey dem Worte Hans. 





— 251 — 2 


lichſten Gegenſtände, welche der Aufſicht cine Hans⸗ 
grafen in Oeſterreich anvertrauet waren, gab ſchon 
Lazius im Anfange des ſechzehnten Jahrhunderts an: 
Er batte ins beſondere über den Viehhandel, und 
über Maß, Elle und Gewicht gu wachen *). Die Des 
ſterreichiſchen Gefege, welche Guarient gefammelt 
bat, beftimmten ibn auch gum Einnehmer  gemiffer 
Taren und Zollabgaben, und zum Auffeber liber ge⸗ 
miffe Kaufe und Berfdufe. Bir führen aus baufigen 
Verordnungen nur einige wenige an, 

Sn der Verordnung $. Albrechts des Labmen 
vom Fabre 1350 erſcheinet der Hansgraf als Vorge⸗ 
ſetzter der Unterkäufler **). Da aller Viehhandel un: 
ter der Aufficht des Hansgrafen geftanden, fo wurde 
nach alter Gemobnbeit, mie 68 in einer Verordnung 
vom Sabre 1017 heißt, ben jedem Ochſenmarkt in 
Wien die Fahne des Hansgrafenamtes ausgeſteckt. 
So lange diefe mebte, batten die Fleiſchhauer vor 
Wien das Vorkaufsrecht. Ein Unterbandler oder ein 
Dolmetſcher durfte auf dem Viehmarkt iniemand fepn 
alg nur die becidigten Unterfaufler Des Sansgra: 
fen ***). Ohne Erlaubnißſchein des Hansgrafenamtes 

durfte aus dem Auslande kein Zug⸗ oder Schlachtvieh 
nach Oeſterreich gebracht werden, damit die Abgabe 
davon deſto gewiſſer ——— würde. Um allem Ber 





*) Abermann, Bud I. S. 2. Der Batbegravei. ift fondere 
lich uͤber den Viech-⸗ oder Ochſenhandel, deren man daͤrlich 
ein groſſe Anzahl auß Vngern durch Oeſterreich in das 
Teutſch Landt wegtreibt: Item uͤber der Verkaͤuffer Ge— 
wicht vnd Maß, mie fie dieſelbige ret haben ſollen, ge— 
ſetzt. Vnd hat auch hierinnen ſeine Mitgehilffen, Rathgeber 
vnd Diener. 

**) Rauch; T. II. p.68— 70, 

***) Guavient, Th. IL S. 78 und 79. 


— 252 —- 


truge hierin vorzubauen, wachten an den Granzett 
Oeſterreichs, vorziiglid gegen Ungarn und die Steyr⸗ 
mar, die Offiziere und Auffeber des Hansgrafen, 
welchen man an verfchiedenen Orten gar übel begeg: 
nete*). Sn Unterofterreidh gab es mebrere Zoliftatio: 
nen, wo das fogenannte Viebauftriebgeld und der 
Viehaufſchlag dem Sansgrafenamte entrichtet werden 
| mufite **). Diefes mar die Urſache cimer Verordnung 
vom Sabre 1611, welche geboth, alles Vieh, el: 
‘.a es gum Verfauf forfgetrieben wurde, ohne Vers 
heimlichung benm Hansgrafenamte anzuzeigen***). 
Das Namlide mar in Rückſicht des Pferdebandel8 
gebothen. Der Tauſch und Kauf eines Pferdes mufite 
benm Hansgrafenamte angemeldet, und dafilr cine 
Tare erleget werden ****). Von Ddiefer Negel waren 
mur die Prafaten, Serren und Ritter, aber ſonſt nie 
mand, fogar aud die Kriegsleute nicht ausgenommen. 
Wier die Anzeige davon zu machen unterliefi , verlor 
das Pferd und verfiel noch in eine andere Strafe. 
Nebſt der Ubgabe des Viehaufſchlages und des Pfers 
dehandels murden vom Hansgrafenamt auch einges 
nommen: der Fleiſchaufſchlags-⸗Pfennig *****) und 
der Fleiſchkreuzer ******): ber Getreid = und Pa: 
pierauffchlag mar ebenfalls deffen Aufſicht anvere > 
trauet *******) Maß, Elle und Gewicht wurden vom 
Hansgrafenamt geſetzlich unterſucht und mit einem 
Zeichen beglaubiget; Betriegereyen von demſelben ge⸗— 





*)L.c. Th L.S 128 — 132, . 
**) L. 0, Th. ILS.378, und Th. TIT. S. 221, 449. 
*) Ara.O. S. 377. 
e A. a. O. S. 256 — 258; und Th. I. S. 132 — 134. 
##4*)A. a. O. Th. INT. S. 389. 
sant’) Ya. DI. Th. J. S. 101-105. 
e*x***) A. a. O. Th. I. S. 108 und 115. 


firaft*). Die Aufſeher in den Städten und auf dem 
Lande, Zimenter genannt, waren dem Hansgrafen 
untergeben, und mußten bepm Antritt ibres Amtes 
einen Eid ablegen, daffelbe getreu zu vermalten. Sn 
früheren Zeiten ftanden fie unter dem Stadtrath **). 
Aus den angeführten Urfunden, die vom ſech⸗ 
zehnten bis in das achtzehnte Jahrhundert herab rei: 
«Men, erbellen die Pflichten cines Hang: oder Sand: 
grafen, die ganz gewiß nach Zeit und Umſtänden cie 
men engeren oder weiteren Wirfungsfreis batten. Der 
Getreid: Papierz und Fleiſchaufſchlag und der Fleifh= 
kreuzer waren in Den fruberen Zeiten ganz unbefannte 
Dinge, fonnten alfo auch nicht der Auffidht des Hans: 
grafen unterliegen; dagegen beftanden damahls noch 
die. firengen Stapelgefege , der Straßenzwang und 





YA. a. I, Th. III. S. 476. 5 9 
**) Der Seitenftetter Coder enthaͤlt aus dem fuͤnfzehnten Jahr⸗ 
bundert folgende Eidesformel, mele unter dem Konig 
Mathias Corvinus nad der Eroberiung Wiens von einem 
Zimenter ift beſchworen worden. 
„Des Bymenter aid. in prefericia Regie Maieftatia 
Gregori Holnbrunner , des Rats der ftat. 
Sr merdet ſchwern, vnnserm allergenedigiften Hern 
Dem Konig getrem ju fein, Das Iymentambt Im Land 
Oſterreich rechtlich ju banndeln, Die gewicht nach demRed= 
ten vater (fc) abtenben, ainem yeden, der des begert, gus 
gebn mit aufflaben der zaichen, So darauff gehorn So Jr 
auch die gewicht pe gu geiten aufheben, (ond) Ellen vnd maß 
befeben mellet: Das tut mit miffen ains Burgermaifter8 
vnd raths hie, Defigleichen in anndern fteten Fm fannd . 
Bnd mas Ir penuell findet, Die anfagt, als offt ſich das be— 
gibt, Domit feiner fon. genad daran nit enfogen merde, 
Sunder des balben fein genad vnd anndern, wie von alter 
ift berfomen, beſcheche Aud den germit( (fic) fon von den 
gewichten, fo Ir abteifet, von ainem yden nemet, vnd 
dawider npemanté beſweret, Sunder es damit baldet auch, 
vie von altter it berfomen, treulich und vngeuarlich.“ 


one $5/ «-- 


das Vorrecht der Burger in Städten, daß nur fie mit 
Fremden Handel treiben durften. Uiber die genaue 
Befolgung diefer Handelsgeſetze mußte der Hansgraf 
wachen: ein Eid verband ihn dazu, den er dem Lane 
desfürſten ben feinem Amtsantritt ſchwören mufite*). 
Aus diefem Eide geht aber aud) die volle Gewißheit 
Bervor, daß fidj die Umtsgemalt eines Sansgrafen 
im funfzebnten Jahrhundert bey; weiten nicht auf fo 
viele Gegenſtände erſtreckte als in den ſpäteren Zeiten, 

Wir werden nicht irren, wenn mir annehmen, 
daß Der Hansgraf die Verpflichtungen der alten Ges 
nannten ‘auf fi nahm, von melden im den Haupt⸗ 
ſtädten Oeſterreichs fpaterbin Feine Ermabnung ge 
ſchieht; in den Provinzialſtädten dauerte ihr Amt noch 
länger fort. Sn Regensburg ernannte den Hausgra⸗— 
fen der Stadtrath; in Wien war er ein Beamter 
der Hofkammer, wurde alſo vom Landesfürſten er— 
nannt**). Manchmahl verfuhren ſie eigenmächtig und 
verletzten die Rechte Anderer, wurden aber vom Nes 
genten ernſtlich ermahnet, ſich genau an die ihnen 
gegebenen Befehle zu halten ***). 





— 


Beylage Nro. XLVIII. 

**) Abermann, Buch III. S. 2. „Die ander Obrigkait (nad 
der Regierung) wuͤrdt der Fiſcus, oder wie wir pflegen zu 
fagen, die Cammer genande.. Unter dieſen ſeynd zway an: 
dere aͤmpter, als, wie mans nennet, das Handtgraven 
vnd Waſſer Mautner Ampt.“ 

***) Ein aͤlteres Beyſpiel findet ſich in den ſtaͤndiſchen Acten des 
Sabres 16.3. Die drep oberen Stinde flagten dem Kaiſer 
Mathias..,,WBir feindt in dem gum hoͤchſten beſchwert, daß 
Eur Khayſ. Mapeftit Handtgraf ſich vnderſteht, Ime feines 

gefallens felbften aigne geſatz vnd ordnung zu machen, vnd 
die Fleiſchhackher, So bin vnd wider im fanndronder vnß 
Seßhafft, vnerſucht Ihrer erften Inſtantz Obrigkheit onder 
ſich zu ziehen, u. ſ. w.“ — Hierauf erfolgte die Reſolution: 


—ar 255 —— 


Zuletzt muf nod) bemerft werden, daß der Gange 
graf der Negensburger die dortigen Kaufleute ing 
Ausland begleitete , um Ordnung unter ibnen bande 
qubaben und ihre Perfonen und das Eigenthum der- 
felben an fremben Orten möglichſt zu ſchützen. So 
finden mir ibn in der Urfunde H. Ottofar8 auf dem 
Sabrmarft in Enns. Aehnliches wird vom Hansgra: 
fen Wiens nirgends erzablet. Er blieb als Auffeber 
über Handelsgeſchäfte in Wien, batte aber an ver: 
ſchiedenen Plagen des Landes Unterbeborden, mo 
fogenannte Sandgrafenamts-Offiziere und Uiberreiter 
für die Beobachtung der vorgeſchriebenen Handelsge⸗ 
ſetze wachten. Bey Abermann kommt ein Obriſter 
und Richter der Kaufleute in Wien vor ): wahrſchein⸗ 
lich ein Hansgraf. RT 
Zur Bequemlichkeit der Raufleute und zur ſchnel⸗ 
leren Beförderung Des Handels gab es ſchon im 
zwölften Sabrbundert privilegirte Unterbandler oder 
Unterfdufer **), welche in den Urkunden Litkau— 





„Dem Handtgranen molle Ire Maveftit ernſtlich verſchaf⸗ 
fen laͤſſen, das Er bey ſeiner Inſtrüction verbleibe, vnd 
darwider nichts fürneme.“ 

* Bud I. S. 95. „Ladislaus Edlasperger, deren Kauff 
Leuth Obriſter vnnd Richter, vnnd Beyſitzer der Oeſterrei⸗ 
chiſchen Raͤth.“ 

#*) In Der Urfunde H. Leopolds vom Jahre 1192 fuͤr die Re- 
gensburger bey Scheid beifit e8 : Si rorte querimonia de 
conventione mercationis eorum orta fuerit, hii, qui 
vocantur Litcofare, contra eos nonadmittantur in te- 
fiimonium; verum honefti viri, qui appellantur hospi- 
tes, item Wirte, et quibus merito credi debeat. — In 
dem Stadtrechte, welches H. Leopold 1108 den Wienern 
verlieben hat, fagt er; Statuimus etiam, ne advena ali- 
quod teftimonium pofsit ferre fuper civem, nec civis fu- 
per advenam, cum his qui dicuntur leykhauf. Lazius 


ans 956 COS 


fer *), Leitkaufer *#) LeibFaufer oder Unterkä ufler ***8) 
astri * Es gab beeidigte, —* ——* —* 





hat hier * Zweifel das alte Litcofar in * neuere Stipe 
faufer feiner Beit permandelt. .· 

*) H. Leopold fuͤr die Regengburger 1190, apud Scheid 1.0» 
Sì forte querimonia de conventione mercationis eorum 
orta fuerit, hii, qui vocantùr Litcofare, contra eos non 
admittantur in teltimonium.,— Sormapr, Taſchenbuch fuͤr 
das Jahr 1842. S. 50. In dem Stadtrecht fuͤr Enns 1212. 
befiehlt H. Leopold. Volumus etiam, ne aduena aliquod te- 
fiimonium pofsit facere fuper ciuem, neque civis fuper 
aduenam, cum hiis qui dicuntur Litchovffaere. So frebt 
ee buchſtaͤblich im Original. Der einfaltige Uiberſetzer diefer 

- Urfunde verftand Diefes Wort im vierzehnten Jahrhundert 
nicht mehr, und ſchrieb leithawſſer bin. DHefterreich unter 
den Konigen Ottokar und Albrecht. Th. II. S. 257. — Die 
Abſtammung und Vedeutung des Mortes Litfaufer erklaͤret 
Adelung bey dem Worte: Leibfauf, Lid oder Lith bief ein⸗ 
ftens cin berauſchendes Getrinf. Das ganze Wort, Litkof, 
Leibfauf, bezeichnet die alte Gemwobnbeit, daf unter den 
gemeinen Volk nad) geſchloſſenem Handel ſowohl der Kaͤu⸗ 
fer als Verkaͤufer ein Geld zuſammenlegten und es mit eins 
ander vertranfen. £eibfauf bedeutet aud das Angeld, das 
der Kaufer bem Verfaufer zur Sicherheit des geſchloſſenen 
Handels entribtet. Die Sade und das Wort befteben noch 
peut su Tage ben uns. — Senfenberg, Selecta, T.IV. 
p.244; ivret, dDa er fagt: Exprimitur Laudemium per 
Leitckouf. Nimirum leit derivatur a leiden , confentire, 
ferre ut aliquid fiat. Unde Leitchouf emtio , confenfus , 
quod eft ipfum Laudemium. Letzteres paft nicht auf Kaͤufe 
unter bem Volfe, wo bey geringeren Sachen der Leibfauf 

_ ben Dienftbothen gegeben mird. In alten Beiten hieß er 
Mercipotus, welcher Ausbrud ſehr bezeichnend mar. 

##) Senkenberg, Vifiones, p. 280. In dem Stadtrecht fuͤr 
Heimburg verordnete H. Friedri Der Gtreitbare: „daß 
dbain gaft gen einen purger mod dbain purger auf cinen 
gaft icht mug erzeugen mit den die da beizzent leitchaufer“ 

###) Rauch, T. III p.51. H. Albrecht febte 1340 felt: „daz 
dhain purger icht mug ergeugen mit den, di da baizzent 
leichouffer oder vnderchouffel.“ 


* 257 22 


und von der Obrigkeit beſtätigte Unterkäufer, welchen 
H. Albrecht der Lahme eigene Verhaltungsregeln vor⸗ 
geſchrieben bat *). Unter ihnen befanden ſich auch Ju⸗ 
den **). Die Unterkäufer waren dem Hansgrafen uns 
tergeben, vor dem ſie ſich nach alter Gewohnheit alle 
Mittwoche ſtellen mußten. Aus der herzoglichen In— 
ſtruction für dieſelben ergibt ſich, daß ſie zugleich das 
Amt geheimer Aufſeher uͤber die Kaufleute und auch 
über die gemeinen unbeeidigten Unterkäufer verwaltet 
haben. Ihre geſetzliche Einnahme von den durch ſie 
beſorgten Handelsgeſchäften waren vier Pfennige von 
einem Pfund des Kaufſchillings. Selbſt Handel zu 
treiben oder mit einem Kaufmann in eine Handelsver⸗ 
bindung zu treten war ihnen ſtrenge unterſagt; auch 
durften ſie nicht mit fremden Kaufleuten auf dem 
Lande herumziehen, noch ſie in das Ausland begleiten. 
Das Recht, Unterkäufer zu ernennen, ſtand den 
Bürgern und Kaufleuten zu, welche es wahrſcheinlich 
durch ihren Stadtmagiſtrat oder doch mit Vorwiſſen 
und Bewilligung deſſelben ausübten. Daher läßt es 
ſich erklären, wie es gekommen ſey, daß der Stadt: 
magiſtrat von Enns den dortigen, öffentlich angeftell 
ten und beeidigten Unterkäufern 1330 mehrere Geſetze 
vorgeſchrieben, und den Uibertretern ſchwere Strafen 
angedrohet bat **). In Wien find ſie nach den ange⸗ 
führten Zeugniſſen ſchon lange vorhanden geweſen; 
als endlich H. Albrecht der Lahme ihrer Innung eine 
genauere Ordnung vorgeſchrieben hat. Im Jahre 
1348 ſchränkte er ihre Anzahl auf Sechs ein — was 





*)L.c.p. 68 — 70, | 
**) Senkenberg, Selecta. T.IV. p. 292. Wir Albrecht Tun 
funt daz mir folman dem vnderkeuflern unferm Juden ge 
mienn die gnad getan, u. f. w. 
a#*) Beylage Nro, XVI. 


17 


lieti 258 uo 


nur von den beeidigten gui verſtehen iſt — und überließ 
ihre Ernennung den Buͤrgern und Kaufleuten; jedoch 
fügte er die ausdrückliche Bedingniß hinzu, daß zu 
Unterkäufern nur ehrbare und verläßliche Leute ſollten 
erwählet werden, welche ihr Geſchäft getreulich beſor⸗ 
gen, und deren Eigenthum wenigſtens fünfzig Pfund 
am Werthe beträgt. Beſäße einer nicht ſo viel, ſo tag 
er Lot Diefe Summe einen Bürgen ftellen®).. 

Uibrigens wiederhohlen wir aud ben den Leih⸗ 
sii Unterkäufern die ſchon öfter gemachte Bemer— 
kung, daß ſich ihre Zahl und auch die Vorſchriften, 
die ſie bey ihren Geſchäften zu befolgen hatten, ohne 
allen Zweifel zu verſchiedenen Zeiten werden geän⸗ 
dert haben; nur ſind wir aus Mangel der Urkunden 
nicht im Stande, Diefe Veränderungen durch cinige 
Jahrhunderte anzugeben. Die Geringfilgigfeit des 
Gegenfiandes lohnet auch nicht der Mühe eines lane 
gen Nachſuchens. Zur Sprade mußte er dennoch 
gebracht werden, um die alten Ausdrücke: Litchouf⸗ 
fare, Underdyouffel, u. ſ. w. unferen Lefern — 
zu machen. 


—— Abſchnitt. 
Map und Gewicht. 


Ohne geſetzliche Mafie, Gewichte und Ellen fann 
an Feimem Orte der Handel gedeiben, denu ohne diefe 





#) Rauch; T.IIL, p. 124. „Die felben purger vnd fauffent 
Mugen feczen Sechs vnder fenffel, u. f. w.“ — Die Unter= 
fiufer geht aud an, mas Friedrich der Shine 2312 für 
den Handel in Wien verordnet hat: Le. pi 123. „Wir 
melfen auch, daz dhain Purger durch leichauf noch durch 
dhainen poſen liſt mit dhainem Gaſt chauffen noch ver: 
chauffen ſulle da den vorgenanten Chaufleuten von Wienne 
ir recht mit ze brochen werde.“ 


ſchwebten der Kaufer und Verfdufer fortwährend in 
Gefahr, fi) cinander nicht zu verſtehen und übervor— 
theilet zu werden. Ein gefeglihes Maf und Gewicht 
gewähret benm Handel Sicherheit und Bequemliohfeit 
den Käufern, befeitiget Mißverſtändniſſe und thut 
Streitigfeiten Cinbalt. Iſt diefes fur einen jeden 
einzelnen Handelsplatz unentbehrlich nothwendig, ſo 
wird es einem ganzen Lande ſehr vortheilhaft und 
wünſchenswerth ſeyn, wenn der Regent deſſelben al: 
len ſeinen Unterthanen ein ganz gleiches Maß und 
Gewicht vorſchreibt, und dadurch für das Wohl des 
Handels und ſeines Volkes väterlich ſorget. Seit den 
Zeiten Carls des Grofien *) fehlte es auch keines⸗ 
wegs in Deutſchland an häufigen und oft wiederhohl⸗ 
ten Befehlen, daß die Mafie und Gewichte einer Pros 
vinz an allen Orten gleid) ſeyn follten, man findet aber 
leider durch alle Jahrhunderte berab, daf fo beilfamen 
Verordnungen feine Folge geleiftet wurde, und dafi 
beynahe cin jeder bedeutender Ort, ein jeder mächtiger 
Grundherr cin eigenes Maf und Gewicht hatte. 

In Oeſterreich ſchrieb ſchon das alte Landrecht 
vor, Daf ſich Alle eines gleichen Metzens **), Eimers 
und. einer gleichen Elle bedienen follten ***); aus 





®) Baluz. , T.I. p. 238, de anno 789. Ut aequales menfuras 
et rectas, pondera jufta et aequalia omnes habeant five 
in civitatibus, five in monafteriis, five ad dandum in 
illis, five ad accipiendum. 

) Man mige mir guitiglt eine kleine Unregelmifigfeit verge⸗ 
ben, die ich mir gegen Adelungs Woͤrterbuch erlaube. Man 
ſollte ſchreiben und ſagen: Die Metze; aber dieſes Wort 
waͤre in Oeſterreich manchem auffallend, manchem gar 

anſtoͤßig. 

e) Senkenberg, Vifiones, p. 238 et ſeq. Wir ſetzen vnd gepie⸗ 
ten das man uͤberal in dem land haben ſol ainen metzen ain 
Emer ain Elln vnd ain geloͤt. 

——— 


* 


* 260 me 
baufigen Urkunden und fpateren Verordnungen geht 


jedoch hervor, daf zu keiner Beit cin ganz gleiches 


Maf in unferm Vaterland beftanden babe. Wir füh⸗ 
ren nur einige Beyſpiele davon an. 

In dem Verzeichniß der Abgaben an uni Lane 
desfürſten, welches zu Ende des dreyzehnten Jahr⸗ 
hunderts verfaßt worden, kommen verſchiedene Ge⸗ 
treidemetzen vor: große und: fleine Metzen; Burge 
und Kaſtenmetzen; Megen nach Tulner: St. Poltnere 
Kremfer = und Neuburger:Maf *). Das Namlidhe 
findet ſich auch in Rückſicht des Eimermaßes: Wien, 
Tuln, Krems, u. ſ. w. hatten verſchiedene, größere 
oder kleinere Eimer *). Ganz daſſelbe war auch in 
Oberöſterreich der Fall. Anſtatt häufiger Stellen, die 
uns Die Urfunden der Städte und Schlöſſer darbö— 
then, laffen mir das Patent ſprechen, welches È. Mas 


— rimilian der Zweyte 1570 erlaffenbat ***). Sn dem⸗ 


felben erflart der Raifer feinen Willen auf folgende 
Weife: Wir wollen, daf beym Getreidehandel im 
Oberöſterreich Fein anderer Metzen gebraudt merden 
foll als der Megen der Stadt Stepr; jedoch muß 
Derfelbe fo cingerichtet werden, daß das nene geftri: 
cene Maß eben fowviel Srthati als das alte aufge⸗ 





*) Rauch, T.IT. p: 20. Modius anenae minoris inenfurae. — 
p-21:)Sex dienſtmut frumenti. Hoc ſunt XL purchme- 
izen. — p. 30: Tres metretas chafltmetzen. — p.23: 
modios auene Tulnenfis menfure. Ibidem: Modium 

> auene Ipolitenfis menfure. — p.76. Modium Niunbur- 
genfis menfure. 

#*) L. c. p. 24. XVIII urnas vini Wiennenfis menfure. — 
Ibidem: Carradam vini menfure Tulnenfis, — p: 29: 
Carradam vini Chremfenfis menfure. E8 mare ein Leich⸗ 
tes, dieſes Verzʒeichniß zu vermehren; doch die angefuͤhrten 
Beyſpiele genuͤgen zum vollſten Bemeife. 

#*) Guarient, 9. ILS. 344. 


haͤufte, denn das Aufhäufen des Megens muf ab 
geſtellet werden. Um aber ben diefer neuen Einrich— 
‘fung weder den Herrſchaften, ben denen man ſich zum 
Ausmeffen des Zins- und Dienfigetreides verſchiede⸗ 
ner Metzen bedicnet, die bald grofier bald Fleiner als 
der Steyriſche find, noch aud den Unterthanen ein 
Unrecht zuzufugen, erlauben wir ben den genannten 
herrſchaftlichen Getreidbeabgaben die Benbebaltung 
der alten gebräuchigen Megen; beym Kauf und Vere 
fauf des Getreides mufi man fich genau an den neuen 
Landmetzen balten. Wir ermabinen zugleich die Land: 
ſtände dafür zu forgen, daß die herrſchaftlichen Metzen 
nach Thunlichkeit auf das Maß des neuen Landme— 
tzens gebracht, und die neuen Erbbriefe der Untertha— 
nen ſo eingerichtet werden, daß die vorigen Getreide— 
abgaben ohne alle Vergrößerung nach dem Maße des 
neuen Landmetzens in denſelben ausgedrückt erſchei⸗— 
nen. Ein Kalk⸗ und Kohlenmetzen enthält auch künftig 
wie bisher einen doppelten Getreidemetzen. Da die 
Linzer Elle weder die größte noch kleinſte, und doch 
unter den ine und ausländiſchen Kaufleuten die befanne 
tefte und gebräuchlichſte iſt: fo mird fie zur allgemein 
guiltigen Elle erhoben; alle übrigen müſſen aufhören. 
Das Linzer Gewicht, welches mit dem Wieneriſchen 
übereinſtimmt, wird beybehalten; eben ſo auch die 
Holzklafter. Zur Erzielung einer Gleichförmigkeit 
müſſen in jeder Stadt ein geſetzlicher Metzen und 
eiſerne Ellen und Klaftern vorhanden ſeyn, und allen 
Beſitzern von Maßen, Ellen und Gewichten ſteht es 
frey, dieſelben gegen Erlegung der Taxe mit einem 
Brandzeichen verſehen, und ſie dadurch für geſetzlich 
erklären zu laſſen. — 

In der Oeſterreichiſchen Geſetzſammlung hat ſich 
eine Vergleichung der Maße von zwey und dreißig 


Marften und Stadten gegen das Wienermaß erbale 
ten *), in welchem jedoch viele Orte mit Stillſchwei⸗ 
gen ubergangen werden, von deren Metzenmaß in den 
Urfunden Erwähnung geſchieht. Nehmen mir noch die 
verſchiedenen herrſchaftlichen Metzen hinzu, ſo geht die 
volle Gewißheit hervor, daß ungeachtet wiederhohlter 
Verordnungen an keine Einförmigkeit der Maße und 
Gewichte im Mittelalter und auch noch in den neueren 
Zeiten gu denken iſt. Und mer könnte bey einer fo alle 
gemeinen Verwirrung etwas Beftimmtes herausbrin⸗ 
gen, in welchem Verbaltnif der Megen verſchiedener 
Sabrbunderte ju unferm jegigen ſtehe? 

Aus dem Gefagten erbellet, dafi in den dlteren 
Zeiten an cin gefeglich cinformiges Landmafi in De- 
ſterreich gar nicht zu denfen ift. Der Magiſtrat eines 
jeden mehr bedeutenden Ortes forgte nur dafür, daß 
in dem Bezirke deffelben das vorgeſchriebene oder alt 
bergebrachte Maß getreulidà gehalten murde **), 
worüber auch unfere Landesfilrften mebrere Befeble 
erlaffen baben, H. Leopold unterwarf alles, was den 
Handel betraf, im Jahre 1198 dem Stadtmagiſtrat 
von Wien: alſo auch ganz gewiß Maße, Gewichte 
und Ellen, was in ſpäteren Urkunden ausdrücklich 
bekräftiget wird n. Zugleich verurtheilte er jeden, 
ben dem man cin falſches Maß, welches damahls 
Ham ****) genannt wurde, oder fo ein Pai oder 





*) Codex J Sh. UI. S. 42. 
#*) Diefes Aufſichtsrecht heißt in den aften dateiniſchen Urkun⸗ 
nd Wargaria oder Wagaria, von Dem Deutſchen Worte : 
age. 
ge. * T.III. p.56. Die mazze weins, metes oder pires, 
als Die purger aufſetzent. 
#+4*) Das Wort Ham druͤckt einen Betrug, eine Hinterliſt, cine 
verſteckte Bosheit zum Schaden Anderer aus. Unfer Hide 
miſch ſtammt davon ab. 


sno 265 -—» 


eine Elle fand, zu einer Geldſtrafe son fünf Pfund ) 

Seine Nachfolger in der Re gierung: H. Friedrich der 
Streitbare **), K. Rudolph ***) und H. Albrecht der 
Lahme ernenerten dieſes Geſetz; letzterer verſchärfte, 
wahrſcheinlich wegen häufiger Uibertretungen, die 
Strafe unrechter Maße und Gewichte, und verord— 
nete: Wird jemand gum vierten Mahle als Maßver—⸗ 
fälſcher überwieſen, fo ſoll ihm der Daumen abge— 
hauen und das Getränk weggenommen werden *—**), 





#) Lazius, l.c. Apud quemcunque in civitate inventa suerit 
injufta menfura, quae dicitur Ham, vel injufta ulna, vel 
injuſtum aliquod genus ponderis, judici folvat quinque 
| talenta. È 
#*) Senkenberg, Vifiones, p. 280. Stadtredt fuͤr Heimburg. 
Daz mem in Der ftat vnrecht mazz fonden mirt daz Die Han 
baizzt. anderò Denn mirg geſatzt haben oder ein vnrechte 
ellen oder welcherlay vnredt demdg . der geb dem ridter 
phunif digg 
er) Lambacher, S. 157. È. Rudolphs Stadtredt fuͤr Wien 
vom Jahre 1278. Apud quemennque injuſta fuerit men-, 
ſura inventa, quae hamm dicitur, vel iniufta ulna, vel 
aliquod injuftum genus ponderis, judici folvat quinque 
talenta. Es fann feinem genauen Beobachter entgeben, daß 
die alten Hefterreichifchen Stadtredte immer auf einem 
dlteren beruben, und dieſes ift das bisher befannte Stadt: 
redt H. Leopolds fur Wien vom Fabre 1198. Vielleicht 
batte auch er ein not fruͤheres Stadtredt vor Augen.: Die 
jungeren Stadtrechte ermeiterten und anderten fi nur 
nach den Bedurfniffen der Zeiten. 

#***) Rauch, T. III. p.54. H. Albrechts Stadtrecht fur Wien 
vom Fabre 1340. Datz wem in der Stat erfunden wirt ein 
vnrecht mazze, ez fei bam, oder vnrecht etten, over ſwelicher 
flat vnrecht mazze, oder mag, oder geloͤt, der geb dem Rich— 
ter fumf phunt. Iſt aber er ein fogtin man, daz er ce vmb 
diefellen tat puezmirdig ift marden oder gemefen, der fol 
allez dinges des Gerichtes weitz leiden vnd mefen vnder= 

“ tan‘/ Des Gerichtes weitz, oder Beitze, iſt die Strafe 
deſſelben, welche, 1. c. p. 56 et 57, angegeben wird: „Die 
mazze weins, metes oDer pires, alè di purger auffegent, 


ave 204 evo 


Aber auch cime fo ſchwere Strafe ſchreckte nicht ab, | 
oder wurde vielleicht aus Nachläſſigkeit der Stadtpos 
lizey nicht vollzogen, denn H. Nudolph der Vierte 
fagte es im feinem Ungeldspatent unumwunden, daß 
die Schenkwirthe bisher nad) ibrem Belieben durch 
falfche Mafie betrogen baben ). Sn Enns, mo der 
Magiftrat eben fo, wie in allen andern Städten, die 
Aufficht über rechtes Maf und Gewicht fubrte **), 
verfubt man mit den fogenannten Maßbrechern gelina 
Der, denn dort zablte der Weinſchenk, der ſich eines 
falſchen Maßes bediente, cinem Beſchluße des Ma: 
gifirate8 zu Folge nur die Geldfirafe von given und 
dreifig Denaren **). Wir übergehen fpatere Verord⸗ 
nungen der Landesfürſten und einzelner Städte mit 
Stillſchweigen, denn alle gehen auf das Namliche 
bingus: den Magifiraten, und fpaterbin aud dem 
Hansgrafenamte, unter welchem die Zimenter oder 
Auffeber diber Mafie und Gewichte ftanden****), mar 
die Sorge fur die gefeglicen Mafie und Gewichte 
angerteguet, und Befeble uber die Einformigfeit dere 





Swer die zepricht ained, zwier oder drei ftund (das ift : 
drepmabl) als oft geber dem Richter ein halb phunt phen= 
ning, vnd an die Stat cin balbphunt, Pridt er eg ge dem 
vierdDen mal an einem vazz, fo fol man dem, Der vor dent 
vazz figet, den dDaumen abffaben, und den mein niderffa= 
Beni, der da vailift, auf die erde, oder man geb in in das 
fvital.4/ 

*) Defterreidh unter H. Rudolph dem Vierten. S. 323. 
Vnd beleibent die leut vnbetrogen pon den leitgeben, die 
vormals nach irm mutmillen geſhenchet haben. 

#*) Hormayr, Tafdenbud, 1812. S.52: Sex ydonei cines 
iuramento confirment, quod disponant de mercatu. 
*x) Beylage Nro. XVI. 
*##*) Die CEibesformel eines Bimenters enthift die Beylage 
Nro. XLIX. 


# 


— 265 es 


felben wurden oftgegeben aber nie befolget, worüber 
uns K. Leopold der Erfte ein unverwerfliches Zeug⸗ 
nif durd) feine fimfmablige Erneuerung deffelben Geo 
bothes vom Sabre 1607 dis 1700 gegeben bat *). 
Mit vollem Rechte werden die Lefer des gegen— 
martigen Aufſatzes erwarten, daß ihnen das Verhält⸗ 
niß eines alten Metzens, Eimers oder Pfundes zu 
unſerem gegenwärtigen angegeben werde. Der Vers 
faſſer dieſes geſteht aufrichtig ſein Unvermögen, die 
ſe Erwartung zu erfüllen. Was einem hochverehrten 
Anton nicht gelungen **), und was der tiefgelehrte 
Lang bey cimem ungebeuren Vorrath von Urfunder 
nur gum fleinften Theile fir Bayern gu Stande 
brachte***), barf man von demfelben fur Defterreidh 
keineswegs ermarten. So lange fein altes Megen: 
oder Eimermafi von irgend einer Stadt aufgefunden 
wird, ift von ciner Vergleichung deffelben mit dem 
unfrigenfeime Nede; und felbft in diefem Falle wüß— 
ten wir nur das Verhaltnif des Megenz oder Eimers 
mafie derfelben Sfadt allein, aber nicht auch der 
übrigen Stade, Marfte und Schlöſſer, denn überall 
bediente man fich eines cigemen, dort üblichen Maßes. 
Sind die Megen und Rlaftern in Oeſterreich noch 
heut zu Tage nidit gleid), fo darf man dief noch menie 
ger im Mittelalter ermarten. Wir feben uns alfo ge? 
nöthiget, cimen Metzen und Eimer vorauszufegen, der 
Dem unfrigen mebroder weniger mag gleichgekommen 
ſeyn. Sn den Urfunden und andern alten Schriften 





*) Guarient, Th. II. S. 540 — 542. 
**) Karl Gottlob Anton; Geſchichte der teutſchen Landwirth⸗ 
ſchaft. Gorliz, 1802. Th. NI S. 234 — 237. 
*#*) Karl Heinrih Ritter von Lang, Baieriſche Jahrbuͤcher. 
Unsbad, 1816. S, 366, u. f. 


2% 260 @ 


kommen aber aud tod andere grofiere und kleinere 
Mafe vor, deren Verhältniß zum Metzen oder Eimer 
angegeben wird. Von diefen muf nothwendig Erwäh⸗ 
nung geſchehen, um unfre Lefer in den Stand zu 
fegen, wenigſtens zum Theile über dergleidjen Dinge 
urtheilen zu können. Nur muß auch hier wieder die 
Bemerkung beygefügt werden, daß ſelbſt die ſehr be⸗ 
ſtimmt angegebenen Verhältniſſe kleinerer Maße zu 
größeren ſich auch während eines kurzen Zeitraums 
nicht gleich blieben, ſondern hald mehr bald weniger 
von einander wieder abwichen und an verſchiedenen 
Orten verſchieden maren. 

Wir ſchöpfen unſere Angaben aus Quellen des 
dreyzehnten und vierzehnten Jahrhunderts, die Allen 
zugänglich find, weil ſie der um die vaterländiſche Ge— 
ſchichte hoch verdiente Adrian Rauch durch den Druck 
bekannt gemacht hat. Es ſind dieß die Verzeichniſſe 
der Abgaben, welche die Grundholden der Herzoge 
von Oeſterreich und der Grafſchaft Steyr an ihre 
Herrſchaften zu entrichten hatten. Durch die Unacht— 
ſamkeit des alten Schreibers ſind einige Stellen in 
den angegebenen Rechnungen verderbt ivorden ; und 
dann muf noch die ſchon von vielen Sohriftftellern 
gemachte Bemerfung beygefügt werden, daß ſich die 
alten Rechner um kleine Bruchtheile nicht immer be— 
kümmerten, ſondern gar oft ſich mit einer runden, 
obgleich nicht ganz richtigen Summe begnügten. 

In den genannten Verzeichniſſen der Abgaben 
kommen folgende Maße und ihre Verhältniſſe zu 
einander vor: 

Große und kleine Metzen werden in denſelben als 
bekannt vorausgeſetzt; daſſelbe geſchieht auch von dem 
ſogenannten Oſtermetzen. Mebſt dem Metzen fommen 
auch Metzel vor, deren beynahe zwey und ein halbes 


os 207 «--« 


cinen Offermeben ausmachten *). Metreta und Mo 
dius waren die gewöhnlichen Lateinifchen Benennune 
gen cine Metzens; Modius bedeutete aber auch gar 
oft ein Muth, welches dreißig gewöhnliche Megen 
enthielt, mas aus mehreren Urkunden und alten Rech— 
nungen erhellet. In dem Privilegium, welches H. Ot⸗ 
tofar 1190 den Regensburgern für den Jahrmarkt 
in Enns verliehen hat, wird ihnen zu Gunſten der 
Zoll für einen Modius Getreide auf zwölf Pfennige 
angeſetzt **). Wer könnte wohl anſtehen, hier den 
Modius nicht mit Metzen, ſondern mit Muth zu über⸗ 
ſetzen? Ein Metzen um zwölf Pfennige im zwölften 
Jahrhundert wäre, eine Hungersnoth ausgenommen, 
ein unerhörter Preis geweſen; wie hätte man alſo 
cime fo große Summe als Zollabgabe fordern fore 
nen? Im Jahre 1224 wurde zwiſchen dem H. Leopold 
und dem Kloſter Gleink ein Tauſch abgeſchloſſen. Der 
Herzog erhielt dadurch mehrere Beſitzungen des Klo— 
ſters, trat dafür andere ab, und fügte zum gänzlichen 
Erſatze noch das Privilegium hinzu, daf das Riofter 
jährlich fünfzehn Fuder Wein und dreifig Modios 





*) Rauch, T. I. p. 391. Zwainzich metzel babern . die tuent 
fiben megen oftermazze. — p. 302. Vier vnd zwainzich 
Metzel habern chlainer mazze . oder geben Mefen offer 
mazze.“ — Es heißt aber aud auf derfelben Seite: 
„Zwen Mettzzen horn, oder vier metzel chlainer mazze.“ 

**) Scheid, lc. Quecunque etiam navis vinum vel frumen- 

+ tum fertin tempore fori, tum de modio frumenti, tum 
de carrada vini XII, denarios perfolvat. Man bemerfe, 
daß von einem Muth Getreide, das breifig Meben, und 
von einem Fuder Wein, das dreißig Eimer entbielt, ein 
gleich grofier Boll bezahlt werden mufte. In Dem moblfei: 
en Sabre 1515 Foftete ein Metzen Roggen vier, * 
zwey, hoͤchſtens drey Pfennige: Chron, Clauſtroneoburg. 
apud Pez, T. I.p. 482. Man darf — daß er ria 
noch weniger gefoftet babe. 


0% 208 ce 


Getreide ohne * Zoll auf der Donau hinauf zu 
ſeinem Hausbedarf führen durfte *). Bon fünfzehn 
Metzen kann hier unmöglich die Rede ſeyn, denn ſo 
eine Kleinigkeit lohnte nicht der Mühe, eine Urkunde 
zur Erleichterung des Kloſters auszuſtellen, da in der 
Zollordnung deſſelben Herzogs ausdrücklich für einen 
Modius Getreide nur eine Abgabe von vier Pfennigen 
feſtgeſetzt war **). Zu Ende des fünfzehnten Jahr— 
hunderts enthielt das Muth in Oeſterreich ganz gewiß 
dreißig Metzen **xx), was auch heut zu Tage noch 
beſteht. 
In alten Urbarien kommen nebſt den Muthen auch 
Muthel vor. Vier und achtzig Muthel, heißt es, ma: 
chen vierzehn Muth großen Maßes **); alſo beſtand 
ein Muth aus ſechs Mutheln. Indeſſen geht aus vielen 





*) Beytraͤge zur Geſchichte des Landes Oeſterreich vd der 
Enns. Th. IH. GS. 336. De uictualibus eorum per aquam 
afcendentibus, fcilicet de XV. carradis nini et frumenti 
XXX. modiis maioris metrete .. uectigal non requi- 
ratur. i 
*#) Forma minoris mutae in Stein, apud Rauch, T. IL. 
p.107. De modio frumenti III. denarios. 
wi#) Der (on oft erwaͤhnte Coder von Seitenftetten erklaͤret 
die verſchiedenen Mafe und Gemichte feiner Zeit. Von dem 
Muth mird Folgendes ermwabnet: „Hie wis, das mon 
dreißig metzen Rait fuͤr ain mut// — Hanthaler, Recenfus 
diplom. genealog. T.II. p. 144, geſtand zwar, daß Mo: 
dius ſowohl ein Muth von dreißig Metzen, als auch einen 
einzeinen Metzen bedeuten koͤnne, fuͤhrte aber fuͤr erſteres 
keine Beweiſe an. — Philibert Hueber, Aufiria ex archi- 
vis Mellicenfibus illuftrata, p. 261, bezeuget es aus Ur= 
funden feines Kloſters: Modius..continet triginta me- 
tretas (Metzen) nofiratis Vindobonenfis menfurae,  Ar- 
chiv. Mellic. et Urbaria noftra Mellicenfia de 13, 14 et 
15 faeculo pafsim. 
vu##) Rauch, T.I. p. 409. Vier vnd ohzich Muttel Die machent 
uierzehen mutte der grozzen mazze. 


--. 269 _.* 


anderen Stellen bervor, daß an vielen Orten ein Mus 
thelzu finf, an anderengar gu vier Megen angeſchla⸗ 
gen wurde. Zu funf Megen erſcheinet cin Muthel in 
folgenden Berechnungen: Drey und ſechzig Muthel 
und zwey Metzen machen zehn Muth und ſiebzehn 
Metzen *). Sechs und fünfzig Muthel und cin Mes 
tzen machen neun Muth und eilf Metzen *. Siebzehn 
Muthel und zwey Metzen machen drey Muth, weni⸗ 
ger drey Metzen ***). — Zu vier Metzen wird ein 

Muthel gerechnet in folgenden Stellen: Hundert 
zwölf Muthel machen fünfzehn Muth weniger zwey 
Metzen ****). Acht und dreyßig Muthel und ein Mes 
tzen machen fünf Muth und drey Megen*****), Wenn 
es in einer Stelle heißt: Sieben und zwanzig Muthel 
machen vier Muth und zwölf Metzen ******), fo iſt 
dieß wohl ganz gewiß ein Drud oder Schreibfehler; 
es follte vier Mutb, weniger zwölf quit heißen. 


*) L. c. p. 410. 
**) L.c. p. 416. 

) Lic. p. 424. Sibenzehen muttel. und zwen metzen. Die 
machent drei mutte. am Drei metzen Der grozzen.“ — 
Das Woͤrtchen: an, ift gleidbedentend' mit: opne , 

oder weniger. Die Stellen: p. 409, 422, 431, ftimmen 
mit der angegebenen Berechnungsweiſe uderein. Nur 
muf bemerft werden, daß S. 422 der halbe Mepen bey 
den ſechs und fiebzig Mutbeln in der Rednung ſcheinet 
weggelaſſen gu ſeyn. 
sn) L, c. p.441. Hundert muttel vnd zwelf Muttel. Die 
machent funfzeben mutte. an zwen meben. der aronen 
mazze. 

####*) L.c. p. 444. An zwai vierzich (das iſt acht und dreißig) 
muttel und ein metzen . Die micheni funf mutte vnd drei 
metzen Der grozien mazze. 

*n88#*) L.c. p. 445. Siben und zwainzich muttel, Die machent 
vier mutte vnd zwelf metzen Der grozzen mazze.“ — Lie: 
fet man anftatt: vnd zwelf, an welf metzen, ſo iſt die 

Rechnung richtig. 





ona I7() «——- 


Gs fommen aber aud Stellen vor, in welchen 
serfleinerte Megen erſcheinen, welche Megel genannt 
werden nach derfelben Weife, mie Muthel von Muth. 
Manchmahl machen zwey Metzel —— einen Me⸗ 
tzen *); in anderen Stellen kommen 29 oder auch 
27 Megel auf einen Megen gu rechnen #9). 

Ein Schaff beftand aus ſechs Megen ***). Bald 
werden drey Schaff ****), bald wieder fünf einem fo: 
genannten Burgmuth gleich geſchätzt *****). Dieſe 
Unverläßlichkeit alter Rechnungen iſt entweder den un⸗ 
gleichen Maßen verſchiedener Orte, oder wahrſchein⸗ 
licher noch der Unachtſamkeit der Schreiber beyzumeſ⸗ 
ſen 5 Sechs Dienſtmuth werden zu vierzig 


*) L.c. p.392. 3wen Metzzen chorns. oder vier metzel 
chlainer mazze. 

#*)L.c. p. 391. Zwainzich metzel babern . die tuent ſiben 
metzen oſter mazze. — p.392. Bier vnd zwainzich Me: 
Bel babern chIaimer mazze . oder zehen Metzen ofter 
mazze. 

##*) L.c. p. 392. Vier Schaf habern. oder vier vnd zwain⸗ 
zich metzen. — In einem Urbarium des Kloſters St. 
Florian aus dem vierzehnten Jahrhundert wird geſagt: 
VI metrete faciunt unum cumulum. Ein fchaphium 
und ein cumulus waren affo gleiviel. 

####) Rauch, T.II. p.51. III fchaphia faciunt bene unum 

paletti 

«**##) L. c. p. 37. V fchaphia faciunt unum purehmut. 

*#4*#**) Rauch, T.I. p. 427. Neun muttel. vnd drei metzen. 
Die machnt zwen mutte vnd drei metzen.“ Wenn man 
den Dienſthafer des Amtes Raumnich, von S. 424 big 
427 zuſammenzaͤhlt, fo fommen, fuͤnf Metzen auf ein 
Muthel gerechnet, richtig neun Muthel und Drep Metzen 
beraus, welches acht und vierzig Metzen betriige. Aber 
dann fann obige Berechnung: die madnt given mutte 
vnd drei mepen, keineswegs beftehen, und Diefe Stelle 
ift offenbar verderbe. Daper muß entiveder ein Muth 
und achtzehn Meben, oder zwey sega weniger zwoͤlf 
Metzen gelefen werden. 





Burgmetzen angefchlagen *); dren Kaſtenmuth made 
ten cin Burgmuth **). : 
“Man muf darauf Verzicht thun, die alten Mafie 
genau beftimmen gu wollen, denn je mehr Daten mart 
hierzu fammelt, defto grofier wird die Verwirrung. 
Mochten die Megenmafie Jon einander auch nodi 
fo febt abmeiden, fo ſorgte man dod an jedem des 
trächtlicheren Orte dafilr, daß Das Maß des dort 
einmabl üblichen Megens von allen Bewohnern ben 
Raufen und Verfdufen bepbehalten würde: Es gab 
cinen geſetzlichen Stadt: Marft und Schloßmetzen, 
der den cingelnen Hausbeſitzern zur Richtſchnur diente. 
- Dabin gielen die vielen Verordnungen der alten Herz 
zoge unſers Vaterlandes und aud der Stadtmagi: 
firate, von welchen ſchon weiter oben die Rede geme: 
fen: 08 follte an allen Orten von eigens dazu beftellten 
Beamten über das geſetzliche Maf eine ſtrenge Auf: 
ſicht geführet werden. Es find aber auch Urkunden 
vorhanden, welche ausdrücklich eines Stadtmetzens 
als einer alten Sache erwähnen. In Steyr bewahrte 
ihn dem Befehl H. Albrechts J. gemäß der dortige 
Brückenmeiſter. Den einheimiſchen Bürgern mußte 
er das Getreide, das ſie zu ihrem Hausbedarf nöthig 
hatten, unentgeldlich meſſen; die andern Verkäufer 
zahlten ihm von einem Metzen einen Pfennig, welche 
Abgabe zur Erhaltung der Brücke ſollte verwendet 
werden ***). In Wien war der Stadtmetzen einem 





*) Rauch, T. IT. p, 21. Sex dienſtmut frumenti. Hoc ſunt 
XL purchmetzen. FI 
**) L.c. p. 28. VIS modios avene. chaftmut . quorum II. 
faciunt unum purchmut. 
#4) Preuenhuber, S. 37.1. Albrechts Privilegium vom Jahre 
1287. Statuimus, ut nullus'in ipfa civitate propriam me- 
tretam teneat, cum magifter pontis îmetretarum omniuna 


due 972 — 


Beamten anvertrauet, der davon den Nahmen: Metz⸗ 
ner, erhalten hat. Der Bürger zahlte für das Meſſen 
eines jeden Metzens einen halben Pfennig; cin Frem⸗ 
der für ein Muth eben ſoviel. Auch hier, wie in Steyr, 
mußte der Verkäufer die Metzenabgabe leiſten *), 
Uiber die Maße flüſſiger Körper iſt im den Urkun— 
den noch weniger angemerft als über das Getreide— 
maß; wir bleiben hierüber ebenfalls, wie über den 
Metzen, in einer großen Ungewißheit. 
Das Wort Modius fommt in manchen —— 
ſowohl beym Mafie des Getreides als auch des Wei⸗ 
mes vor **); heißt alfo bald cin Metzen bald cin Gi- 
mer. So wenig man aus den angegebenen Urſachen des 
ſtimmen fann, mie viel der Megen in ſich entbalten 
babe, eben fo menig läßt ſich uber den alten Eimer 
etwas Beſtimmtes angeben : er war an verſchiedenen 
Orten bald grofier bald fleiner. Wir ſehen uns alfo 
wie beym Megen auch hier wieder genotbiget, einen 
Eimer vorauszuſetzen, deſſen Inhalt mir nicht bee 
ſtimmt anzugeben wiſſen. Sehr wahrſcheinlich bezeich⸗ 
net das alte Wort Urne einen Eimer ***); man bedien⸗ 
te ſich deſſelben ſowohl in der Lateiniſchen als auch in 
der Deutſchen Sprache. Im fünfzehnten Jahrhundert 





efse debeat unicus conſervator, qui indigentibus ipfis 
concedat, de modio menfurato unum denarium, de di- 
midio vero obulum ad pontis aedificationem recepturus 
de manibus venditoris. 

*) Rauch, T. III p. 21. Stadtrecht È. Friedrichs fur Wien, 
vom J. 1320. Iſt daz ain Purger entnimt ain metzzen von 
Dem mefner. fo geit er ein halben phenning von dem me— 
Ben. Etvi vil er von ainem wagen mifet. i 

®*) Anton, Th. III. S. 306. 

ve) Dieſes erhellet vorzuͤglich aus vielen Stellen des — 
rium Auſtriae et Styriae, apud Rauch, T. II. p.24, —* 
152. 


sò Q275 ne 


erſcheinet jedoch in mebreren Zollserordinungen nur 
mehr der Eimer und mandes grofere oder fleinere 
NMa * “ 
| Siad langem vergeblichen Suchen über die Mafe 
flüſſiger Dinge gab der Codex von Seitenſtetten eini— 
ge nähere Aufſchlüſſe, die hier den Leſern mitgetheilet 
werden. Bey dem Weinmaß wird dort Folgendes ange⸗ 
merkt: Sechzehn Pfund machen ein Quart; vier Quart 
machen ein Begnitz, und vier Begnitz cine Ampher *). 
Nur ſcheinet das Wort, Pfund, ein damahliger Kunſt—⸗ 
ausdruck geweſen zu ſeyn, denn gewöhnlich haben 
Pfunde mit der Beſtimmung des Maßes für flüſſige 

dörper nichts gemein. Das Zeichen des Pfundes 
muß alſo mit einem andern uns unbekannten verwech⸗ 
felt werden **). — Der Coder ſetzt ferner hinzu: 
Dreifig Eimer machen ein Fuder, und zwanzig citten 
Drepling ***). Aus det Rammerrednung des Stiftes 


——— ss 





*) pie foltu miffen, das XVI 46 macht quart. Item vier 
quart macht = wegnig . Item pier wegnitz machen ampffer. 
Sn der VBeplage Nro. L. mird die Ampher su cilf Wiener 
Gimern gerechnet. SA ; 

#*) Gemeiner, Chronik, Th. IT. S.77.,,Der chopf balber ift 
genant cin trinchen, deffelben gen ein balbes pfunt din den 
Emer.“ Es muf auffallen, daf auch in Regensburg die 
Theile des Eimers nach dem Pfundgewicht beftimmt wurden. 

#**) Hier merckh, Das XXX emer machen i Fuder. Jtem XX 
emer machen 1 drepling.!/ — Das Lateiniſche Wort Car- 
rada heißt im Deutſchen immer Fuder. Uiber letzteres Wort 
iſt Wachters Glofsarium Germanicum nachzuſehen, und 
Du Freſne, v. catrada. — Ternarius mar ein Dreyling. 
Philibert Hueber , 1.c.p.280, ſtimmt mit dem Seiten: 
ftetter Eoder nicht uberein, Da er fagt: Ternarius vini, 
Auftriacis noftris vulgo Ein Dreyling Wein, id ef, Vin- 
dobonenfis noftrae menfurae triginta urnae; uti ex no- 
ſtris manuforiptis Originariis confiat, — p. 258: Carrara 
vini..quadraginta urne, 


in 


ano 97/ ess 


Kloſterneuburg erhellet, daß im vierzehnten amd finfe 
zehnten Jahrhundert ein Fuder Wein aus zwey und 
dreißig dortigen Eimern beſtanden, und ein Karn ge— 
heißen babe*). — Aud Tafernig wird ohne nabere 
Beſtimmung als cin Weinmaß im dieſem Codex an: 
gegeben **); aus dem Stadtrechte, welches H. AL 
brecht 1340 den Wienern verlieben bat, gebt bervor, 
Daf es beplaufig aus vier Eimern beſtanden babe ***), 
Acht fogenannte Wiener Mak machten 1372 ein 
Viertel ****), 

Von den — Maßen, in welchen Wein, 
Meth und Bier ausgeſchenkt wurden, nennt das 
Ungeldspatent H. Rudolphs IV. ein Viertel, einen 
Stauff und noch kleinere Gefäße, in welchen Getränke 
e tigri tmurden***#*) ; auf feinen Befehl mußten alle 

diefe Mafie um den zehnten Theil verfleinert, deffen 
ungeadhiet aber son den Käufern fo bezablet werden, 
als ivdre mit ibnen keine Veränderung vorgefallen. — 
Ein Achtering enthielt ju Ende des ſiebzehnten Jahr⸗ 


hunderts vier Seitel ******); in Oeſterreich nennt 


man ibn jetzt ſchlechtweg eine Maß. 
Da mit den benachbarten Ländern und Reichs⸗ 
ſtädten unſre Landsleute von jeher einen ſtarken Sane 





*) Gn einer Urfunde des Stiftsarchives von 1340 heißt es: 
Je given vnd Dreizzioi Emmer weins fur ain Fuder. 

**) Ein Gaft...furt er Weliſchen mein berau8, fo geb er 
von 1 Tafernit 24 Pfennige. i 

***) Rauch, T.ILI.p.58. Wir erfouben einem erbern man: 
ne, der fein wert iſt, ain Tafernig, nuer ge virr urn, 
oder minner, in feinem hous felb ze trinchen. 

#***) Rauch, lc. p.116. Sie ſullen weinſchenkchen vnd ver 
chauffen pei ainer mazz, Der achtt cin virtail fuͤllent vnd 
machent, dieſelb mazz genant iſt die wienner mazz. 

##R4*) Oeſterreich unter H. Rudolph IV. S. 322. 

** e*xx) Codex Anuftriacus, Th. III. S. 317. 


275 — — 


del getrieben haben, ſo darf man mit den Nahmen 
der gewöhnlichſten ausländiſchen Maße benachbarter 
Staaten nicht ganz unbekannt ſeyn. Man findet ſie bey 
Anton, Lang; Gemeiner *), und vielen anderen 
Schriftſtellern. 

Uiber das Gewicht, wie es zu Ende des fünf— 
zehnten Jahrhunderts beſtanden haͤt, gibt uns der 
Seitenſtetter Codex eine erwünſchte Aufklärung, 
wenn gleich manches noch für uns dunkel bleibt, wie 
dieſes bey einem ſo verworrnen Gegenſtand auch nicht 
anders möglich iſt. Wir führen die eigenen Worte des 
Eoder in einer beſonderen Beylage an**) und freuen 
uns, über die verſchiedenen Gewichte: Meiler, Ster, 
Meder, Karg, u. ſ. w. belehret zu werden. Dem Vere 
faſſer des Codex war es ſehr darum zu thun, die Le— 
fer in den Stand gu ſetzen, über Mafie und Gewich— 
te, fo wie auch uber den Werth der Münze Defter: 
reichs und benachbarter Lander richtig gu urtheilen: 
cin angenehmes und unentbehrliches Geſchenk für ſei⸗ 
ne Landsleute, die Wiener, die einen ausgebreiteten 
Handel, vorzüglich aber mit Venedig trieben. Letzte— 
res iſt die Urſache, warum ſich der Verfaſſer des Co— 
dex ſo ſehr bemühte, recht viele Handelsnotizen über 
Venedig zu ſammeln. 

Wenn von Gewichten die Rede iſt, ſo darf der 
Saum nicht mit Stillſchweigen übergangen werden. 





*) Da die Kaufleute von Regensburg in Oeſterreich vorzuͤglich 
begiinftiget waren, fo fonnte es ſich leicht fuͤgen, daß in 
Wrfunden aud von ibren Mafen und Gewichten Erwaͤh— 
nung geſchaͤhe. Viele derfelben werden in Der vortrefflichen 
Chronik Gemeiners erflaret. Ben dem Weinmaf zu Negens= 
burg erſcheinen die: Viertel, Kopf, Trunf. Th. IL S.77.— 
Gin Ohm enthielt fuͤnf Eimer; ſechs Ohm madten ein Fu— 
der im Kloſter Prum. Anton, Th. III. S. 306. 

#4) Venlage Nro. L. i 


18; 


22 276 at 


Als Gewicht bedeutet ein Saum 1 gewöhnlich die Laſt, 
welche ein Thier tragen kann. In einer weiteren Be⸗ 
deutung iſt ein Saum ein gewiſſes Maß von flüſſigen 
und auch von anderen Dingen, welche in Gebirgen 
und auch auf dem flachen Lande aus Mangel fabrba: 
rer Strafien durch Laftthiere fortgeſchafft werden. 
Dieß war in früheren Zeiten aud) im Defterreid) die 
Urſache, marum man fich bey Waarentransporten fo 
haufig der Säumer bediente. Sn Zolverordnungen 
gefchieht febr oft.Ermabnung von der Ubgabe, die 
von einem Saum entrichtet werden mufite, obne das 
Gewicht deffelben nad Pfunden zu beftimmen. K. 
Friedrich fette 1320 das Gewicht deffelben auf vier 
Gentiter *). Aber ſchon die Matur der Sade, indem 
nicht alle Thiere gleiche Laften ju tragen vermogen; 
und dann Die allgemeine Erfabrung, daf and die 
gleichnahmigen Mafe und Gewichte nirgends gleich 
waren, laffen uns den folgerechten Schluß ziehen, 
daß man ben dem Worte Saum bald an ein größe— 
tes, bald wieder an ein kleineres Gewicht denken mufe 
fe. Urfunden beftatigen dieſes Urtheil vollfommen. 
Nichts mar gewöhnlicher, als cine gemiffe Anzabl 
ganzer Stücke Tuch einen Saum ju nennen, und ded 
fand es KR. Friedrich der Schöne im Fabre 1320 fur 
nothig, die Unzabl der Stücke , die einen Saum aus: 





*) Man ſehe hieruͤber die gleich ſolgende Note. Ganz anders 
bat È. Ferdinand 1523 das Gewicht eines Saums beftim= — 
met. Cod. Aufîr. T. III p.10et11 ,,Der obangeseigten 
Venediſchen Waar thun drey Centner cinSaimb... Die 
Nuͤrnberger und andere Kaufleute ſagen ihre Zicher nach 
dem Land Saͤmb any und derfelbe Saͤmb haͤlt einer 24 oder 
26 Stuͤck, dieſelben rechnet man hier gu Emerſtorf in Waſ⸗ 
fer: Saͤmb, und machen 16 Stuͤck Tuch einen gantzen Waſ⸗ 
ſer⸗Saͤmb. i 


neo D77 n 


machten, genau gui beftimmen, wobey er, wahrſchein⸗ 
.. Toh wegen ihrer Feinbeif und des groferen Werthes, 

vorzüglich darauf Nudficht genommen bat, in welcher 
Stadt fie verfertiget wurden. Acht Stud Scharlach, 
zehn Stud von Gent, zwölf von Ypern, ſechzehn 
von Hoy, zebn ſchwere und vierzehn geringere von 
Thorn, achtzehn von Aachen, u. f. m. galten ben der 
Zolfration in Wien fur cinen Saum*); und mie 
verſchieden mag der Saum noch bey anderen Waaren 
gemefen ſeyn? Defto mehr muf es auffallen, daß 
K Friedrich in eben derfelben Berordmung der Saum 
cimmabi nad der Unzabl der Stücke Tuches, und 
dann wieder nad) dem Gewichte von vier Centnern 
fefigefest bat. Seinem Beyſpiele ift H. Nudolph IV. 
nadgefolget. Er bat im Sabre 1364 einen Verfrag 
mit der Stadt Nürnberg abgeſchloſſen, in welchem 
beſtimmet wurde, wie viel Tuch von jeder Sorte auf 





Rauch, T.IIT. p. 23. Bur Bequemlichkeit derjenigen mei: 
ner Leſer, welche das Werk des gelehrten Rauch nicht zur 
Hand haben, ſetze ich die merkwuͤrdige Stelle aus Frie— 
drichs Stadtrecht fuͤr Wien ganz ber. „Fuͤrt ein man chram⸗ 
gewant von paiern der geit von dem ſaum zwainzich phen⸗ 
ninge . Iſt daz cin man an Der wider vart pringet ain uarwes 
(gefaͤrbtes) gewant. von wannen er daz furt ., fo geit er von 

dem faum ie vierbid vbenninge. Furt er minner, fo geb. 
alè iz nach dem faum gepurt.Beben tuͤch von gent ift ain 
faum . Acht ſcharlach ift ain faum . Zwelif tuͤch von enver ift 
ain faum. Sechzen td von Hoy if ain faum. Zehen tuͤch 
Swere von dorn ift ain faum Vierzehen mitterev von 
Dorn ift ain Saum . Achzenev von ad ift ain faum . Sed: 
genev von Diredundey ift ain ſaum. zwelfe von Bruͤchſel iſt 
ain faum. Sechiene bepifem ift ain faum . Vnd fvaz 
Chramgewantzs von Golſche oder fivi fo daz genant it oben 
ab ber chumpt des macht immer vier Centen ainen Saum.“ 
Ich geſtehe aufrichtig, Daf ich cinige der hier genannten 

‘ Stidte nad ibrent jetzigen Napmen nicht fenne. 


ose 278 ſ 


einen Saum follte gerechnet werden ). atte der 
Saum allentbalben für ein gewiſſes, allgemein ans 
genommene8 Gewicht gegolten, fo mar es unnöthig 
Die Anzahl der Stücke von verſchiedenen Tüchern ju 
zablen, darüber Befehle zu erlaffen oder Vertrage zu 
ſchließen. — Wie grofi die Laft einer fogenannten 
Wagengmant gemefen ſey, Lap ſich nicht ausmit⸗ 
veln 1 

So wie es allenthalben einen offentlichen geſetzli⸗ 
chen Stadtmetzen gegeben, eben ſo war auch eine 
Stadt: oder Frohnwage ***) vorhanden. In Wien 
mar fie feit den frilbeften Zeiten den Raufleuten und 
Krämern anvertrauet ****); jedoch fand es H. Albrecht 
1432 fur räthlich zu verordnen, daß die vier Wäger 
und Unterfaufler von dem Stadtmagiftrat befraftiget, 
und die Einnahme vom Wagehaus zum Beften der 
Stadt follte vermendet werden *****), Aehnliches fine 


*) Friedrich Chriftoph Fiſchers Geſchichte des teutſchen Hans 
dels, Th.II. S.328. 

#*) Scheid , l.c. Urfunde D. Leopolds pon 1192. De onere 
plauftri , quod vulgari dicitur ein Wagengiwant, fi fu- 
nibus cireumligatis a Colonia ducitur, tria talenta fol- 
vantur. Si vero teloneario vilum fuerit, veſtes (Tuͤcher) 
ejusmodi onus plaufiri, de quo dictum efî, excedere, etc. 
Spaterbin fab man nicht mebr auf cine Wagenlaſt, fondern 
auf die einzefnen geladenen Waaren. Rauch, T. II. p. 22. 
et feq. 

*#*) Das alte Wort Frobn bedeutete nicht nur heilig, vie bey 
Frohnleichnahm; nicht nur grof und hoch, mie bey Fropn= 
altar; fondern auch obrigkeitlich und herrſchaftlich: daber 
Frofngemalt , Frohndienſt. 

oHRauch,; l. o. p.123. In der Urfunde H. Friedriche vom 
Sabre 1312 heißt ed: „Darzu wellen wir auch daz die - 
Vron wage ze Wienne, die di vorgenanten chaufleute vnd 
Chramer mit alter gewonhait ber bracht habent auch furbaz 
in ir gemalt beleibe.“ 

*xxxx) Beplage Nro. XXII, 





— 279 ce 


den wir in Urkunden der Städte und Marfte im 
Land ; mur wachte dort der Magifirat, eil es keine 
Raufmannsgilde gab, für die geſetzliche Wage. 

Von dem Verhältniß des alten Ellenmaßes zu un—⸗ 
ſerm heutigen findet man in Urkunden nichts aufge— 
zeichnet. Durch den Handel mit Venedig wurden die 
Wiener mit den Venetianiſchen Maßen, Gewichten 
und Ellen bekannt. Letztere nannte man in Oeſterreich 
Bretſchen: fo verdeutſchte man das fremdbe Wort 
braccio, Der Codex von Seitenftetten gibt kein Vere 
hältniß der Bretfhen zur Wiener Elle an, ſondern 
macht nur darauf feine Lefer aufmerkſam, daf Tücher 
und Zeuge, Die man von Venedig brachte, cine vere 
ſchiedene Lange und Breite batten*). 


Sechzehnter Abſchnitt. 
Merkwuͤrdigere Polizeyverordnungen uͤber den Handel. 


Ein aus der Mitte der Burger gewählter Magi- 
firat, welchem die Vermaltung des Gemeindeweſens 
anvertrauet war, ift der vorzüglichſte und unentbehr⸗ 
lichſte Beſtandtheil einer frenen bürgerlichen Verfaf: 
fung im Mittelalter gemefen. Die Gerechtigkeitspfle— 
gein peinlichen Fallen handhabte der Rider; für al 
les Uibrige Pra der SpA it pl Der innere md 





9 Merck von n der Ellen mas. Mis, Das alle parchant, dicke 
vnd duͤnne Lofd (vnd) rauche Sariat haben XXV: pretſchen 
an der Seng vnd ain pretſchen an der prait, Item ain prait- 
ter waldackin ift fieben pretfden fangf vnd zway pretſchen 
prait..Diefelb feng vnd prait habent Zigatoni , kamaka, 
Torroſin, purpur, maromat. Item Taffanta vnd farafmat. 
find XVIII. pretſchn fangf vnd vier viertail prait . Hie 
merckh, Das mon von wullein tuch nicht maß gehaben mag, 
mann fie habend manicherlai fenge vnd prait. 


& 


dufere Rath. Zu den Hauptgeſchäften der letzteren 
gehörte die Marktpolizey oder die Aufſicht über den 
Handel *). Die älteſten Stadtrechte, die ſich bis auf 
unſre Zeiten erhalten haben, enthalten die klarſten 


Beweiſe, daß unſere Herzoge die Magiſtrate der 


Städte, und bald hernach auch der vorzüglich begiine 
ſtigten Marktflecken mit der Vollmacht ausgerüſtet 
haben, Verordnungen in Handelsſachen zu erlaſſen, 
und über die Befolgung derſelben zu wachen. Lange 
ten die Einſichten oder Kräfte des Stadtrathes nicht 
aus, fo erſetzten die Herzoge ſelbſt die Mängel def: 
felben , verbefferten alte Gebrechen und Mißbräuche 
und beftrebten ſich, nad ibren obgleich noch febr cin 
geſchränkten Anſichten die Wohlfahrt ibrer Untertha: 
nen durch) einen blubenden Handel zu befordern. Als 
Belege führen mir nur einige Stellen an, in welchen 
die oberfte Aufſicht ber den Sandeldem Stadtmagi: 
firate von den Herzogen anvertranet wird. Der H. Leo: 
pold verorduete im Sabre 1108, daß der Stadtrath 
von Wien aus vier und ;manzig Mitgliedern beftehen, 
und daß man fie aus den vorzüglicheren Bürgern nebe 
men follte. Diefe mufiten ſchwoͤren, nach ihrer beften 
Einſicht RE den Handel und iii für das Wobl 





*) — fuͤr tin Rechtzwziſenſchaſt, heraus ge⸗ 
geben von Savigny, Eichhorn und Goͤſchen. Berlin, 1816. 
Band IT. S. 206, u. f. Fn der vortrefflichen Abhandlung 
Eichhoͤrns uͤber den Urſprung der ſtädtiſchen Verfaſſung in 
Deutſchland wird dargethan, „daß der Inbegriff gewiſſer 
den Staͤdten verliehener Vorrechte, den man im zehnten 

Jahrhundert libertas Romana nannte, nichts anderes als 
die Policeigewalt einer eigenen Behoͤrde in dem Umfange, 
wie fig Die Coͤlniſche Richerzechheit durch ihre Amtleute aus⸗ 
uͤbte, bezeichnen kann, u. f. w.“ In der angefuͤhrten Stelle 
iſt vom Marktrechte und von der Marktpolizey eines Stadt⸗ 
magiftrates die Rede. 


2 e 


der Bilrgergemeinde zu forgen; dem Stadtrichter 
ward verbothen, ſich in diefes Geſchäft cinzumengen*). 

Mit den namlichen Worten wurde auch der Stadtrath 
in Enn8 1212 und nad) wenigen Jahren der Stadfe 
rath von Heimburg bevollmächtiget, das Nothige ber 
den Handel zu verordnen**). Häufige Urfunden enthal⸗ 

ten die Beweiſe, daß Die Stadtmagifirate von jeber 


dieſes Recht aud) wirklich ausgeübt, und leider nur gar 


gu oft Sandelsbefeble erlaffen haben, aus melden 
nicht nur keine Weisheit, fondern Selbſtſucht und 
Neid gegen andere Handelsorte hervorleuchten. 
Der erſte Mißgriff den man ſich mit landes⸗ 
fürſtlicher Einwilligung erlaubte, mar die Feſtſetzung 
beſtimmter Preiſe aller Waaren, die zum Verkauf zu 
Marfte gebracht wurden. Der Hwang, den man da: 
durch) den berbenreifenden Raufleuten anlegte, mußte 
Defto umertraglicher ſeyn, da es' legteren firenge ver- 
bothen mar, mit jemanden andern als nur mit einem 
dert einheimiſchen Bürger ju bandeln. Wollte der 





*) Lazius, J.c. Statuimus, ut XXIII civium, qui po- 
tentiores in civitate inveniri potuerint, juramento con- 
firment, quod difponant de mercatu et de univerfis, 
quae ad honorem et utilitatem civitatis pertinent > ficut 
melius (civerint. Et quidcunque iidem in hoc a agant et 
disponant , judex civitatis nullo modo audeat irritare. 

#*) Hormayr, Taſchenbuch fuͤr 1812. S. 62. Statuimus ut 
fex ydonei ciues inramento confirment, quod disponant 
de mercatu et de nniuerfis , que ad honorem etc. — Sen- 
kenberg, Vifiones, p. 281. Stadtredt fiir Heimbura : 
„Darnach fezzen mir Der purger vier die in der ftat die wei⸗ 
fiften fonden mugen werden daz die mit irm apd bemeren . 
daz alle chaufmanſchaft vnd alles daz Daz gu ere vnd gu nu= 
ben Der ftat gehoͤrt ſezen vnd dar zu raten als aller peſte 
chvnn vnd mizzen . nd waz dieſelben daran tuent vnd 
ſchaffent. daz Der ſtatrichter chainn weis daz tuͤrr (duͤrſe) 
wider ſprechen. 


COS 292 Lula 


fremde Kaufmann feiner Waaren {08 werden, fo 
mußte er fich bequemen , diefelben um den Preis bin 
zugeben, welcher von dem Ortsmagiftrate aus Ne— 
denabſichten wohl nicht immer mit großer Redlichkeit 
iſt feſtgeſetzt worden: gegen die hoch geprieſene alte 
Treue und Verläßlichkeit treten die alten Geſetze und 
taufend wilde Thatſachen auf. Von der Feſtſetzung ci: 
nes beſtimmten Waarenpreiſes im Allgemeinen — 
denn von Fleiſch- und Brodſatzungen wird weiter un⸗ 
ten die Rede ſeyn — ſprechen folgende Urkunden: das 
Privilegium K. Rudolphs, in welchem er Wien nach 
dem Beyſpiele K. Friedrichs IL im Jahre 1278 ju 
einer Reichsſtadt erhoben ); das Stadtredt, mele 
ches fein Sohn Ulbredt der Erfte 1206 **), und das 
Privilegium, welches H. Albrecht der Dritte 1382 
den Wienern verliehen hat ***). Wir übergehen meh⸗ 





*) Lambacher, S. 161. Mandamus, ut de tota univerfitate 
civitatis viginti viri, Deum habentes prae oculis, fa- . 
pientiores, fideliores, et utiliores de potioribus pro 

- confulibus (Rathsherren) eligantur... teneantur fub de. . 
bito juramento omnibus rebus venalibus congruum fo- 
rum (Preis) imponere, et fimiliter omni mercatori - 
emptiones et venditiones inftituere, ita ut vendenti et 
ementi juxta necefsitatis et temporis exigentiam cavea- 
tur. — Deutſch beifit diefe Stelle ben Raucd, T. II p. 8, 
fo: „Vnd ſchullen auch pen irem ſchuldigen apd Recht 
maͤrcht vnd chaͤuf auflegen vnd auf ſeczen allez chaufen vnd 
verchaufen an allen chaufleichen dingen nach der natdurft 
vnd der czeit begier. 

**) Senkenberg , lic. p.290. Gi ſoln auch mit geſworem aide 
alfen vaifen dingen rehten diauf, vnd rebten Marcht auffe= 
Ben, vnd auch allem chanffe. ze chauffen vnd ze verchauffen 
affo auflegen, Daz Dem dauffir vnd dem verchauffer nad 
der geftalt der jeit und auch der duͤrftichait merde behalten. 

#*#*) Rauch, T.III. p. 150. Albrechts Urfunde bandelt von den 
Freyheiten der Gaprmarfte ju Wien. Die hieher gehorige 


neo 285 nese 


rere dergleichen Zeugniffe mit Stillſchweigen und fila 
gen mur die Bemerfung ben, daß fich diefer Unfug, 
auf Wodhen < und Jahrmärkten die Waarenpreife zu 
beſtimmen, bis in die zweyte Hdlffe des fiebzebuten 
Sabrbundert8 an einigen Orten erbalten bat, denn 
K. Leopold der Erfte ſchaffte ihn 1668 in dem Marfts 
flecfen Scheibs und in der Stadt Waidhofen an der 
Ips ben firenger Ahndung ab*). Sebr wahrſcheinlich 
haben die Magifirate anderer Stadte und Marffe 
ſchon viel früher freywillig auf ein fo arges Vorrecht 
verzichtet, deſſen Schädlichkeit für den Handel jeder 
einſehen mußte, det ſich von Eigennutz und unklug ere 
theilten Vorrechten nicht leiten und verblenden ließ. 

Deſto mehr muß es auffallen, daß man in alten 
und neueren Zeiten die Polizeyaufſicht über den Han⸗ 
del und Wandel der Unterthanen ſo weit trieb, daß 
man ſich berechtiget glaubte, nicht nur den Taglöh— 
nern, ſondern auch den Handwerkern und ihren Ge— 
ſellen den Taglohn, und allen möglichen Fabrikaten 
den Preis zu beſtimmen, um welchen ſie verkauft wer⸗ 
den ſollten. Ein fo arger Mißbrauch der Polizeyge— 
walt, der die fo nöthige Handelsfreyheit gänzlich uns 
terdrückte, und Induſtrie und Vervollkommnung der 





Stelle lautet ſo: „Es ſullen auch auf denſelben Jarmerkten 
all kewf, die vmb alle vaile Ding da geſchehent, gegeben 
werden mit der zal, mit der maß, vnd mit der Wag, nach 
Rechter ſatzung des Rats der Stat ze Wienn, durch das 
ainem yegleichen hingeber, vnd kauffer, vnd pedem Mann 
da Recht geſchech angeuer. 
*) Guarient, Codex Auftriacus. Th. IT. &.5. Wir haben 
Uns allergnaͤdigſt refolvirt, Daf es bey deren von Scheibs 
Erbieten, daß fie nemblich feinem feine Waar oder Pfenne 
merth gu tariren , oder femands an Wiederhinwegbringung 
deffen, fo nicht verfauft wird, gu bindern begebren... 
fein Verbleiben haben ſoll. 


Erzeugniſſe lähmte, würde uns heut zu Tage als une 
glaublich erſcheinen, batten wir die Gefebe, die ihn 
begiinftigten, nicht vor unferen Augen. Für die ver: 
ſchiedenen Arbeiter in cinem Weinberg beftimmte 
H. Albrecht im Jahre 1352 funf und höchſtens ſechs 
-Pfennige Taglobn. Der Bürger, welcher einen hoͤhe⸗ 
ren Arbeitslohn gegeben hätte, wäre in eine Geldſtrafe 
von fünf Pfund Wiener Pfennige verfallen. Unter— 
fängt ſich, heißt es weiter, der Weinzierl, ohne Bee 
fehl des Eigenthümers dieſes Geſetz zu überſchreiten, 
ſo bezahlt er ebenfalls fünf Pfund; hat er nicht ſo viel 
Geld, ſo wird ihm zur Strafe eine Hand abgehauen. 
Verlangt ein Arbeiter einen größeren Lohn, oder metis 
gert er ſich um den geſetzlichen in einen Weingarten zu 
gehen und überläßt ſich dem Müßiggange: ſo muß 
man ihn ergreifen und als einen ſchädlichen Menſchen 
behandeln *). Wenn ein Haushälter, um die nöthigen 
Arbeiter deſto gewiſſer zu bekommen, mehr als ſechs 
Pfennige Taglohn gibt, und bloß deswegen eine Hand 
verlieren ſoll: ſo ſchaudern wir zurück und wenden 
unwillig unſre Blicke von einem barbariſchen Zeitalter 
hinweg, das ſelbſt einen weiſen, gütigen, allgemein 
verehrten Fürſten mit ſich fortriß, und zu einem ſo 
graufamen Polizeygeſetze verleiten konnte. Das Hand⸗ 
abhauen haben menſchlichere Grundſätze und eine beſ⸗ 
ſere Verſtandescultur abgeſchafft, aber man hat es 
auch noch im ſiebzehnten Jahrhundert für eine Pflicht 
einer guten Polizen gehalten, den Hauern **), Tag: 
löhnern, Maurern und Zimmerleuten einen Arbeits⸗ 





*) Rauch, lc. p. 75. Als offt es aber der weinczuͤrl an ſeines 
berren gefchefft vnd gehaiffen vberuert, in meliben tvegen 
Daz iſt, Der fol daſſelb mandel geben, bat er der phennig 
nicht, man flach im ab ain pant. 

**) Supplementum Codicis Aufiriaci, S. 515. 


lohn ju beftinimen*) und denjenigen ſchwere Strafen 
anzudrohen, die ſich weigern wurden um denfelben gu 
arbeiten. ©» 

Aber damit hat ſich die viel zu geſchäftige Handels⸗ 
polizey noch keineswegs begnüget: ſie bat beynahe ale 
len erdenklichen Erzeugniſſen der Handwerker noch im 
Jahre 1689 einen Preis beſtimmet in der Uiberzeu— 

gung, daß nur auf dieſe Weiſe dem Wucher Einhalt 
gethan und eine fortdauernde Wohlfeilheit erhalten 
werden fonnte. Das Patent hierüber füllet achtzehn 
klein gedruckte Bogen, und ift fogar mit einem Rus 
pferſtich ausftaffiret, der den Schuhmachern die Form 
anſchaulich machen follte, die der Polizen ben Beftim: 
mung Der Preife verſchiedener Schuhe vor Auger 
ſchwebte **). Diefes on ift pugleioh i der klarſte Bea 





*) Guarient. Th. II. S. 324 — 328. 

**) um den Lefern, welche den Suppfementband det Geſetz⸗ 
ſammlung Guarients nicht zur Hand haben, einen Begriff 
von dieſer ſonderbaren Verordnung zu geben, ſetzen wir 
aus derſelben nur Weniges her. Sie findet ſich am ange— 
fuͤhrten Orte, S. 290 — 359: Preife werden beftimmniet : 
allem Bauholz und hoͤlzernen Gefaͤßen; den Erzeugniffen 
der Binder, Brunngraber, Flintenmader „Buchbinder, 
Buͤrſtenbinder, Decken- und Kotzenmacher, Glaſer, 
Guͤrtler, Schneider, Toͤpfer, Hutmacher, Kupferſchmide, 
Lederer, Riemer, Seiler, Sattler, u. ſ. w. u. ſ w. Ein ein⸗ 
ziger Artikel aus der Rubrik: Gewandſchneider, genuͤ— 
get, um uͤber das Ganze urtheilen gu finnen.— „Ein gro: 
fer, von Brunauer Tuch, anderthalb Ellen fang, mit einer 
palben Tuchweite und Taſchen, voͤllig gefutteter und ausge» 
machter Mannsrocd, worzu fie drey Ellen Tuch, viertebalb 
Ellen Boy, und zehen Dugend Knoͤpfe nebmen follen, 
fammt dem Macherlohn per fieben Gulden dreifig Kreu— 
zer.“ Und fo geht es durch alte Gattungen Der Kfeidungs: 
Rude fort. Die Dauer ſolcher Berorduungen mird kurz, 
und ibre Befolgung feblecht geweſen fenn. Es lohnte nicht 


ano 290 an 


weis von den Damabligen noch äußerſt beſchränkten 
Anſichten und Vorurtheilen über den Handel, denn 
man wähnte, ihm durch unzählige Befehle und durch 
gänzliche Unterdrückung aller Handelsfreyheit aufhel⸗ 
fen zu können. 

Der gemeinſte Mann urtheilet ganz richtig daß 
eine Waare deſto wohlfeiler zu ſtehen kommt, je gro: 
ßer der Zuſammenfluß der Handelsleute iſt, welche 
dieſelbe zum Verkauf anbiethen. Von dieſer Wahrheit 
überzeuget, erließen die Herzoge und der Stadtma— 
giſtrat von Wien viele heilſame Verordnungen, mel: 
che den freyen Verkauf der nöthigſten Lebensmittel 
beförderten und allen Handelsleuten erlaubten, ſie 
ungehindert nach Wien zu bringen. Der Stadtrichter 
in Wien hatte ſich das Recht herausgenommen, den 
Krebſen- und Aalenhändlern einen Zoll abzufordern, 
mas gue Folge batte, daß die beyden genannten Eß— 
waaren febr fparfam zu Marfte gebracht wurden, wo— 
durch ibr Preis in die Höhe frieg. Auf die lauten Kla: 
gen, welche die Burger hierüber erboben, erſchien 
1568 cin Befehl der Herzoge Albrecht und Leopold 
und auch des Magifirates von Wien, welcher die Ub- 
gabe an den Stadtrichter abfdjaffte, und. den Kreb— 
ſen⸗ und Aalenbandel den Bürgern und auch cen 
martigen obne Unterſchied Preis gab, um der Theu⸗ 
rung Einhalt zu thun *). Deſto auffallender iſt das: 
jenige, was eben dieſelbe Verordnung über die Futte⸗ 
rer feſtgeſetzt hat. Die Futterer bildeten in Wien eine 





Der Muͤhe ſie gu verfaſſen und durch den Druck bekannt zu 
machen. 

#) Rauch, lc. p.106, Nyemant geturft kreuzzen noch Allen 
hin geben denn ſie hetten es von Im peſtanden da von groſſe 
tewrung erſtanden. 


uo 2 87 neo 


eigene Zunft und hatten das Vorrecht, die dortigen 
Büurger mit Hafer, Gerſte, Heu, Stroh und Holz 
gu verſehen *). Ein allgemeines Murren gab die über— 
große Anzahl derfelben als die Urſache einer drücken⸗ 
den Theurung der genannten Gegenſtände an. Um 
dem Uibel abzuhelfen ward beſchloſſen, die Zahl der 
Futterer auf ſechzig herabzuſeten; fände der Magi⸗ 
ſtrat es vortheilhaft, dieſe Zahl noch mehr zu min: 
dern, fo ſollte er nach Gutbefinden bandeln**). Es 
iſt gar nicht glaublich, daß ſo verkehrte Maßregeln 
ſollten zum Ziele geführt haben. Der È. Leopold be⸗ 
ſtimmte auch den Futterern den Gewinn, den ſie von 
einem Metzen Gerſte oder Hafer auf eine erlaubte 
Weiſe haben durften ***). Aehnliches hat ſchon H. Al⸗ 
brecht 1340 verordnet ****). | 

Beyfallswürdiger waren manche andere Polizey⸗ 
geſetze uber den täglichen Handelsverkehr, die zwar 
nur für die Stadt Wien erlaſſen wurden, aber auch 
den übrigen Städten und Marktflecken in Oeſterreich 
zum Muſter dienten, welches begierig nachgeahmt 
wurde, ſoviel es Zeitumſtände und Ortsverhältniſſe 
mur immer geſtatteten. 

Allen verkäuflichen Dingen war ein gewiſſer 
Marktplatz angewieſen, auf welchen ſie gebracht, und 
wo ſie ausſchließlich verkauft werden durften. Von 
dieſer Regel waren in den früheren Zeiten weder Kauf⸗ 
leute und Krämer, mod) and Handwerker und Land: 
— die mit Lebensmitteln in die Stadt kamen, aus⸗ 





*) Cod. Aufiriac. T. III. p. 505. 
*#) Rauch, l.c. Des erften das groß ſchaden isla und er: 
ftuenden von der menig vnordenunge der fuetrer ze wienn, 


der gu viel mere da von groffe terorung auf erſtannden ift. 
#**) Cod. Auftr.l. c. 
**#*) Rauch; lc, p.56. 


sso 288 ceo 


geromimen : ein jeder Verkäufer mußte ſich auf dem 
Plage einfinden, der ſeiner Waare von dem Magie 
ſtrat ift angemiefen worden. Die anſehnlicheren — 
leute bothen in Lauben, das iſt, in Haller, Lager: 
oder Kaufhäuſern ihre Waaren feil, und hießen davon 
Laubherren *); aber dieſe Lauben oder Hallen follten 
einer alten Satzung gemaf auf einem beſtimmten Pla 
ge an cinander liegen. Der alte Nabme: unter den 
Tuchlauben, dauert iti Wien noch fort. Die Hands 
merfer von cimer Zunft batten ebenfall8 einen gemein⸗ 
ſchaftlichen Plag, ivo fie auf Seriiften oder Bänken 
ibren Waaren zum Verfaufe ausftellten; daber der 
Nabme: Brodbdnfe, Fleifhbanfe, u. ſ. w. Die öf— 
fentlich gemeinſchaftlichen Marftplage erbielten von 
den Waaren, Die dort verfauft wurden, ibre Benen—⸗ 
nung: Fleifh = Mehl- Rien: Fiſchmarkt. Spdtere 
hin erlangten die Kraͤmer Erlaubniß, ihre Waaren in 
ihren eigenen Häuſern gu verkaufen **). Es ſcheint 
auch kein bloßes Ungefähr zu ſeyn, daß ſich Handwer⸗ 
ker gleicher Art in einer Gaſſe oder Straße an einander 
niederließen; wahrſcheinlich vollzogen ſie auch hierin 
einen Magiſtratsbefehl, durch den die alte Sitte mög⸗ 
lichſt ſollte beybehalten werden, daß cime jede Waare 
auf einem beſtimmten Platz feilgebothen würde, um 
der Stadtpolizey cine bequemere Uiberſicht und leich— 
tere Erhaltung der öffentlichen Ordnung, den Käu— 
fern aber eine Auswahl unter zahlreicher Waare und 
einen billigen Preis zu verſchaffen. Gaſſen und Stras 
ßen erhielten ebenfalls gar oft von den vielen dort 





#) Rauch, 1. c.P. 54. Die hauſgenozzen vnd die loubenherren. 

®#) Beylage Nro. XXIII. Urkunde H. Albrechts vom ‘Fabre 
1455: Welcher kromer ein aigen Haus hat: Der ſol 
freye wal haben, in demſelben ſein haus ein krom zu machen 
vnd zehaben, vnd ſein Handel darInn gu treyben.“ 


eso I 89 tes 


wohnenden Handwerkern ibre Nahmen: Nagler⸗ 
Sohinid a Fdrber: Weißgärbergaſſe. Aus häufigen 
Belegen, die ſich für die Wahrheit obiger Bebaup: 
tung anführen ließen, heben wir nur einige aus, denn 
diefelbe Einrichtung fand ſich allgemein in den vorziig: 
licheren Handelsplätzen, und beſteht Pag Theile noch 
în unſeren Tagen R. 

Von den Bänken oder Tiſchen in Neuſtadt und 
von ihrem Standplatz geſchieht Erwähnung in der Ur⸗ 
kunde, welche H. Friedrich 1244 den dortigen Bite 
gern zu einem öffentlichen Zeugniß ſeiner Dankbarkeit 
und gum Lohn ihrer unwandelbaren treuen Ergeben⸗ 
heit verliehen hat **). Als H. Albrecht 1340 Allen 
ohne Unterſchied erlaubte, Brod, Fleiſch und andere 
Lebensmittel nach Wien zu bringeny fugte er ausdrude 
lich die Bemerfung hinzu, daf eine jede Waare auf 
den für fie beftimmten Plag gebracht und dort verfauft 
werden follte***); Gin Nathsbeſchluß vom Jahre 
1357 wies den Tuchmachern und Tuchbereitern von 
Wien und von Tuln die Plätze an, auf welchen ſie ib: 

re Waare verkaufen ſollten Me, Die Inhhandler 


Siittimann — Geſchichte des Urſprungs der ‘Stinde in 
Dettfohfand. Eh. II S. 132. — Zeitſchrift fuͤr ge— 
ſchichtliche Rechtswiſſenſchaft. Tp. II, S. 213. 

) Hormayr, Tafhenbud, 1812: S. 79. Stationes menfa- 
‘rum fecundum quod * initio locate fuerint, —— 

permanebunt. 

* Rauch, |. c. p.54. Wir wellen ouch, ſwaz man zu der Stat 
fuert, daz man daz gu dem rechten marcht fuer, vnd da ver⸗ 
chouffe, als von alter gewonhait herchomen ift. 

##**) Rauch, l. c. p.g2 und 85: Affo Das die felben tuch peraitter 
vnd die loden würcher von vien mitallemivem giant An= 
derſwo nyndert ften ſullen noch vail haben dann auf dem 
Sait haus an dev ſtat — Wachter, Glofsarium, v. Loden, 
pannus hirfutus.— Wurfen oder WurFen ift gleichbedeu⸗ 
tend mit Machen. Lodenwurcher if alfo ein Tubmader. — 


. 1 9 





0% 290 it 


‘hat noch 1580 È. Nudolph der Zweyte Laubherren 
genannt*). Sie geborten alfo zur Claſſe der eigentli⸗ 
chen Kaufleute, die im Großen verfauften; im Ge 
genfage von ibmen erfcheinen Die Redmer,? nämlich 
die Kleinhändler, welche von ihren Hütten » in denen 
ſie auf dem beſtimmten Marktplatz ihre Waaren ver: 
kauften, auch Wandkrämer genannt wurden ). Bon 
Den Marftplagen verſchiedener anderer Handelsleute 
und Handwerker wird in den folgenden Polizepgefegen 
Meldung gemadt merden. 

Unter allen Sandwerfern zogen vorzüglich die Bd. 
der und Fleifcher die Aufmerffamfeit der Polizen auf 
fi. Um Woblfeilbeit des Brods und Fleiſches, um 
das geſetzliche Gewicht, und zugleich um die gute Be⸗ 
ſchaffenheit deſſelben haben ſich unſre Landesfürſten 
und die Ortsobrigkeiten von jeher bekümmert; dieß be⸗ 
weiſen häufige Verordnungen, deren große Auzahl den 
Leſern läſtig fiele, wenn wir ſie alle der Reihe nach 
anführen tene: Wir beben nur die merkwürdigſten 
fi 


Cudipindier, Handſchneider genannt, hatten in Krems 
ſchon im dreyzehnten Jahrhundert eine Laube, und geno⸗ 
ben mancherley Handelsfreyheiten woruͤber eine merk⸗ 
wuͤrdige Urfunde vom J. 1305 nachzuſehen iſt, apud 
Rauch, L c. p.362. Inciſoribus pannorum fub lubio 
apud Crembfam, qui valgariter Hant{neyder nuncupan- 
tur..jura fua confirmamus. . mandantes, quod nullus 
ciuium Crembfenfium pannos, qualefcunque fuerint, 
incidere aut vendere per ulnas prefumat, nifiinipforum 
confortium , . all'umatur et ftet fublubio (£aube), locum 
ab ipfis receptum in confortium:confueto or dine occu- 
pando. Sancimus etiam quod nullus aduenarum panitos 
nobiles, qui amuar vulgari vocabulo nominantur, vel 
pannos lombardicos vendere per ulnam — 
audeat, eto. 

*) Guarient, Th. S. 759. „Laubherren oder Zuͤchler. 

*) Beplage Nro. XXII, 





vo 29 | 2 


aus, denn der Geift der damabligen Sefeggebung 
ſpricht ſich in diefen ſchon deutlich genug aus. 
Unm dem gewinnſüchtigen Monopolium der Bde 
cker⸗ und Fleiſcherzunft Einhalt zu thun, erlaubte 
H. Albrecht der Lahme 1340, Daf das ganze Jahr 
hindurch Fleiſch, Brod und andere Eßwaaren in die 
Stadt Wien durften eingeführt werden; nur ſollte 
alles auf den dazu beſtimmten Platz gebracht und dort 
verkauft werden. Einem jeden Bäcker, der vom Lande 
in die Stadt ziehen und die Laſten eines dortigen Bür⸗ 
gers übernehmen wollte, ſtand es frey, alle Arten 
Brodes zu backen und zu verkaufen, nur mußte es das 
geſetzliche Gewicht und den Preis haben, welchen die 
Brodſatzung des Magiſtrates vorſchrieb. Fügten ibm 
die alten Stadtbäcker aus Zunftneid irgend einen 
Schaden zu, ſo ſollten ſie ihre Bosheit an ihrem Leib 
oder Gut büßen. Den bürgerlichen Stadtbäckern ere 
laubte der Herzog aus befonderer Gnade, daf fie künf⸗ 
tig wochentlich ein balbes Muth, aber nicht mehr, vere 
backen durften, was ihnen bisher aus uns unbegreifli⸗ 
chen Urſachen verbothen war. Die Strafe der Bäcker 
var nach altem Fürſtenrechte das Schupfen, was Al⸗ 
brecht neuerdings beſtätigte und was bis ins achtzehn⸗ 
te Jahrhundert ſowohl in Oeſterreich als auch in den 
benachbarten Ländern als eine Buße beybehalten wur⸗ 
de, durch welche das durch die Bäcker betrogene gemei⸗ 
ne Volk Genugthuung erhielt und zugleich nach ſeiner 
Weiſe köſtlich beluſtiget wurde. Die Vergehen der 
übrigen Handwerker wurden mit Geld und andern 
üblichen Strafen gebüßt >). 


*) Rauch, p. 54: Die pekchen fol man ſchuphen, alè von altem 
fuͤrſtlichen recht herchomen ift, vnd fullen dbain ander wan⸗ 
del nicht geben 44 — Diefe Strafe war auch in Regensburg 
uͤblich: Gemeiner, Ehronif, Th. I. S. 480, 509, 4. f. — 





Mt 202 ae 


‘ Eine viel größere Mühe Foftete es den Regenten 

und den Ortsobrigfeiten, die Derbbeit, Geminnfudt 
und Haleftarrigfeit der Fleiſcher zu zähmen und fie 

gu motbigen, ſich in die vorgeſchriebene Ordnung zu 

fugen. Ihre Frechheit bat einen ſehr hohen Grad er 

reicht: dieß bezeugen die vielen VBerordnungen, welche 
gue Abhülfe der grofien Noth, in die das Wienervolf. 
durch die Fleiſcher verfebt murde, find erlaffen worden, 

Diefe Zunft batte es ſchon fo weit gebracht, daß fie. 
ſich das Recht herausnahm, Handwerksgeſetze zu ent⸗ 
werfen, wodurch die Macht des Landesfürſten und 
des Magiſtrates gelähmet der Alleinhandel mit 
Fleiſch und auch mit Fiſchen idr für beſtändig gefichert, 
und die ganze Stadt in Rückſicht der Fleiſchpreiſe von 
ihr abbangig gemacht werden ſollte. Dieſer wilde Une 
fug hatte bereits ſo tiefe Wurzeln gefaßt, daß er nicht 
plötzlich, ſondern nur allmählig und mit ausdauernder 
Kraft der Landesfürſten konnte abgeſchafft werden: 

Zu einer Zeit, in welcher nicht allgemeine Geſetze ſon⸗ 
dern unzählige Privilegien und alt hergebrachte Ge⸗ 
crv herrſchten, konnte jeder Mißbrauch ein 





Die ſonderbare Stelle in Albrechts Urkunde lautet ſo: 
„Die purger pekchen ſullen nicht vailes proͤt pachen, danne 
iv (on proͤt, daz ſint ouch wekke fur zwen phenning, vnd 
durch merer gnad, fo erlouben wir, ir igleichem ze pachen, 
einen halben mutt, ze der wochen, vnd nicht mer. mer 
daruͤber mer puech, der muez daz wandel geben, als ez der 
Rat, von der Stat aufſetzet.“ — Was ſoll man denn unter 
dem Loͤhubrod verfteben ? Gn den vielen fpateren Verord 
nungen werden die Obrigkeiten immer ermahnet, uͤber das 
geſehliche Brodgewicht zu wachen, und Die Betriegereyen 
Der Baͤcker unnachſichtlich mit Areſt, Ausſtellung auf der 
Schandbuͤhne, und endlich mit dem Schupfen zu beſtrafen, 
wenn keine Beſſerung erfolgen wuͤrde Guarient, Th, IL. 
S. 325: Th. ILS. 920 und 935. Fn Dérfern durften die 
Baͤcker auch mit einer Geldfirafe belegt werden. 


ene 20 3 c-- 


gefegliches Unfeben erhalten; deſſen ungeachtet kann 
man den Magifirat nicht entſchuldigen, durch defe 
ſen Sorglofigfeit das Uibel fo ſehr zugenommen bat, 
Daf e8 cime grofe Unftrengung koſtete, demfelben 
Cinbalt zu thun. Die Mittel, die man fpaterbin er 
griffen, batte- man viel fruber anvenden, und das 
Volf von dem ſchändlichen Drud der Fleifher be: 
— frenen follen. Die folgenden PolizengefeBe über den 
Fleiſchhandel frellen uns den Fuheren Uibelſtand 
deutlich vor Augen. 
Arme und Reiche erhoben in Wien laute Klagen 

über die Fleiſcher, und bathen die Herzoge Albrecht 
und Otto um Abhülfe der großen Beſchwerden. Ihre 
Bitte wurde gnädigſt erhört und 1331 verordnet, daß 
es den auswärtigen Fleiſchern auf dem Lande wochent⸗ 
lich zwey Mahle, mamlid auf den Wochenmärkten 
Dienſtags und Samſtags von Michaelis bis Georgi 
erlaubt ſeyn ſollte, Fleiſch in die Stadt zu bringen 
und auf dem alten Fleiſchmarkt zu verkaufen. Blieb 
ihnen an den Wochenmärkten noch ein Fleiſch übrig, 
ſo konnten ſie es in den Zwiſchentagen am Heupüchel 
nach alter Sitte verkaufen. Den Stadtfleiſchern mur- 
de zugleich verbotben, auf dem hohen Markt einen 
mit Fiſchen beladenen Wagen oder cin mit Fiſchen 
gefulltes Schaff von einem Uusmartigen zu Faufen, 
ausgenommen er mollte die Fiſche außerhalb der 
Stadt verfaufen ; auf der Herberge der Fiſchhändler 
wurde ihnen diefes jedoch geftattet. Un hohen Marft 
batten Fiſcher und Fleiſcher die volle Srepheit mit 
Fiſchen Handel gu treiben *). 

Sn dem Sabre 1340 fand H. Albrecht für Veg 

cine neue Fleiſcherordnung file Wien feſtzuſetzen. Sie 





*) Ranch, Le.p. 52. 


entbalt folgende Artifel ): Einem jeden ifi es das 
ganze Jahr bindurd) erfaubt, friſches, eingeſalzenes 
oder geräuchertes Fleiſch in die Stadt zu bringen und 
feil zu haben. Unterfingen ſich die Fleiſcher der Stadt, 
die Zufuhr deſſelben zu hindern oder einem Fleiſch⸗ 
| bandler einen Schaden zuzufügen, und würde dieß 
erwieſen: ſo ſind ſie dem Nichter nach dem Urtheil des 
Stadtrathes mit Leib und Gut in eine Strafe verfal⸗ 
len. Wünſcht jemand in die Fleiſcherzunft aufgenom: 
men gu werden und verpflichtet er ſich, die Verbindlich⸗ 
Feiten eines Bürgers gegen die Stadt gu erfüllen: fo 
darf man ibm fein Gefud nicht verfagen, fondern er 
ibt dem Richter und auch der Zeche der Fleiſcher cin 
Dfund Pfennige, und tritt fogleidh in ihre Nechte cin. 
Vermeigerten ibm aber die Fleiſcher die Aufnahme in 
ibre Zunft, fo ſoll er diefen Frevel dem Stadtrathe 
Flagen, der ibn ſogleich der Fleiſcherzunft einverleiben 
muß, ohne zur Zeche das fonfi vorgeſchriebene Pfund 
qu bezahlen; der Richter ift jedoch auch in diefem Falle 
berechtiget, fein Pfund zu fordern; die Fleiſcher vere 
fallen megen ihrer Widerſetzlichkeit i in die vorgeſchrie⸗ 
bene Strafe. Sobald im Sommer zur None gelkutet 
wird, müſſen die Fleiſcher ibre Bänke öffnen und fitt: 
fam ibr Fleifh verkaufen; im widrigen Falle ſtraft ſie 
der Stadtrath, Finniges Fleiſch zu verkaufen iſt nur 
unter folgenden Einſchränkungen erlaubt: So ein 
Fleiſch muß abgeſondert von dem geſunden auf einen 
Tiſch geleget, und den Leuten, die es dennoch kaufen 





2) L.c. p. 55. Davon wurde and ſchon geſprochen in: Des 
ſterreich unter H. Rudolph dem Vierten. S. 137. — In 
den Urkunden von Mauthauſen wird finniges Fleiſch ein 
ungerechtes Fleiſch genannt. Es mußte von den buͤrgerlichen 
Fleiſchbeſchauern weggenommen, in die Donau geworfen, 
oder auf eine andere Weiſe vertilget werden. 


CES 205 sua 


wollen, ausdrücklich gefagt werden, daß diefes Fleiſch 
mit Finnen behaftet ſey. Wer ein finniges Fleiſch auf 
eine andere als dieſe vorgeſchriebene Weiſe verkauft, 
dem nimmt es der Richter weg, und der Stadtrath 
kündiget ihm die gebührende Strafe an. — Die Une 
ſchädlichkeit eines finnigen Fleiſches file die Gefundbeit 
der Menfden hat in den neueſten Zeiten einige Ver— 
theidiger gefunden; deſſen ungeachtet wird man nicht 
anfteben, einer Polizeyverfügung den Vorzug zu ges 
geben, welche alles Ecfelbafte befeitiget und der mög⸗ 
lichen Gefabr guvorfommt, die für die Gefundbeit der 
Menſchen daraus entſpringen könnte, wenn es erlaubt 
würde ein krankes Vieh zu ſchlachten und das Fleiſch 
davon öffentlich zu verkaufen. Die Gränzen des mehr 
oder weniger Schädlichen find i in ſolchen Fallen ſchwer 
qu beftimmen. 

Daf die Fleiſcher dieſer Verordnung Albrechts 
den Gehorſam verſagt und ſich erfrecht haben, nach 
eigenem Belieben Zunftregeln ju entwerfen, die file 
das gemeine Weſen der Stadt ſchädliche Folgen er: 
zeugten, erhellet aus einem zweyten Polizeygeſetze 
deſſelben Herzogs, das im Fabre 1350 iſt bekannt ge⸗ 
macht worden *). Darin wird feſtgeſetzt, daß jeder 
Fleiſcher ſo viele Ochſen, Schweine und Schafe 
ſchlachten könne, als ibm gut dünkt, ohne daß er ver: 
pflichtet werden könne, irgend cine Abgabe zur Flei⸗ 
ſcherzunft zu leiſten. Den Fleiſchern wird verbothen, 
einen eigenen Zunftrichter einzuſetzen, und von gro⸗ 
ßem oder kleinem Vieh einen Zoll zu fordern. Alle 
Verbindungen unter ihnen ſind aufgehoben; nur 
Zwey dürfen ſich in eine Geſellſchaft zu gemeinfamen 
Gewinn und Verluft miteinander vereinigen. Solche 





#)L.c.p. 67, 


% 296 ea i 


Zwey können einen mit Hauſen oder Schuppenfiſchen 
beladenen Wagen kaufen und theilweiſe oder im Gan⸗ 
gen verfaufen. Früher, als dieſes geſchehen iſt, bleibt 
es ihnen verbothen, einen zweyten Wagen kommen zu 
laſſen. Die Zufuhr des Fleiſches von dem Land in die 
Stadt iſt das ganze Jahr hindurch ungehindert er: 
laubt; den Eigenthümern dieſer Waare iſt es jedoch 
unterſagt, derſelben einen Preis feſtzuſetzen; beym 
Einkauf haben Reiche vor den andern Armen kein 
Vorrecht. Geheime Verbindungen und ein eigener 
Zunftrath ſind den Fleiſchern verbothen, denn daraus 
könnten für die Stadt ſchädliche Folgen entſpringen. 
Die Fleiſcher dürfen ohne Mitwiſſen des Magiſtra— 
tes keinen ihrer Knechte oder Handwerksgenoſſen aus 
der Stadt fortſchaffen. Aus der Zunfteaſſe darf ohne 
Wiſſen deg Stadtrathes kein Geld sum Handel ge 
nommen, noch dürfen auch Schulden anders woher 
auf dieſelbe gemacht werden; der Gewinn, welchen ein 
erlaubter Geldvorſchuß einbringt fällt an die Caſſe 
zurück. Die Fleiſcher ſollen zu rechter Zeit auf den 
Viehmarkt kommen. Einer Geſellſchaft, welche aus 
Zweyen beſtehen durfte, ward nur erlaubt zwölf Stück 
auslaͤndiſches oder acht Stück inländiſches Vieh nach 
Wien auf den Markt zu treiben. Alles Vieh, welches 
in den Burgfrieden von Wien gebracht wird, muß am 
Freytag auf dem Wochenmarkt jedem, der es verlangt, 
ohne Widerrede verkauft werden. Da mebrere Flei⸗ 
ſcher im Gefängniß ibre Vergehen gebüßt haben, fo 
müſſen diefelben verſprechen, dieſes an niemanden zu 
rächen. Ein Fleiſcher, der ſich dieſer landesfürſtlichen 
Verordnung widerſetzt, verfällt mit Leib und Gut in 
Die geſetzliche Strafe. — 

Die Mißbräuche der Fleiſcherzunft, — 8 
Albrecht mit wenigen Worten andeutete, enthüllt uns 


È ero 207 ce 


fein Sohn Nudolph vollkommen. Beſtürmt mit neuen 
Klagen des Magiſtrates von Wien über den Unfug der 
Zünfte, entſchloß er ſich, nach dem Beyſpiele vieler 
alten Regenten dem Unweſen ein Ende zu machen, und 
bob zuerſt 1301, und dann zum zweyten Mahle 13604 
alle Zünfte in Wien auf H. Ein vorzüglich ſtrenges 
Gericht iſt wider die Fleiſcher ergangen, denn der 
Druck ihres Fleiſchmonopoliums hat den Magiſtrat 
und die Bürger Wiens zum höchſten Unwillen gegen 
ſie aufgereitzt. Vergebens hat ſich der gewaltige H. 
Rudolph 1301 dem Zunftdeſpotismus entgegenge⸗ 
ſtellt; ſchon nach drey Jahren erboben ſich die alten 
Klagen gegen die Fleiſcher neuerdings wieder, und der 
Herzog erließ während der Belagerung des Baperi: 
ſchen Marktes Ried im heutigen Innviertel cine lange 
Verordnung, welche folgenden Inhaltes iſt **): 
Einem Landesfürſten geziemt es, das Wohl ſeiner 
Unterthanen zu befördern und für Reiche und Arme 
gleiche Sorgfalt zu tragen. Vorzüglich muß deſſelben 
Aufmerkſamkeit auf die täglichen, allen Menſchenelaſ— 
ſen unentbehrlichen Lebensbedürfniſſe gerichtet ſeyn. 
Ungeachtet Wir in einer für die Stadt Wien ſehr beil 
famen Verordnung alle Zechen und Cinigungen der 
dortigen Handwerker und die Zunftfagungen, die fie 
ſich eigenmächtig zum Nachtheil der ganzen Bürger⸗ 
ſchaft entworfen, auf immer abgeſchafft haben, fo ver 
nehmen Wir doch von dem innern und äußeren Stadt: 
rath, daß dieſer Unfug immer noch fortdauert, und daß 
ſich die Zünfte unterfangen gewiſſe Handwerksregeln 
vargiſchreiben die nur ihnen nützlich, allen Uibrigen 





2Oeſterreich unter H. Rudolph dem Vierten, S. 126—1 39 
und 368. 
#*) Senkenberg, Selecta, T.IV. p.465 et feq, 


vo 298 ce 


aber ſehr nachtheilig ſind. Um alles daraus entſpringen⸗ 
de Unheil zu verhüten und die Volkszahl und den 
Wohlſtand der Bürger zu vermehren, haben Wir Fol⸗ 
gendes beſchloſſen: 

Wir erklären durch gegenwärtige Verordnung aus 
landesfürſtlicher Macht alle Zechen, Einigungen und 
Geſellſchaften der Handwerker in Wien, ſo wie auch 
ihre Satzungen, Ordnungen und Zunftgebothe, die 
ſie eingeführt haben oder noch einführen könnten, für 
aufgehoben und kraftlos, Nur der Bürgermeiſter und 
der Stadtrath ſind bevollmächtiget, den Zünften 
Ordnung und Geſetze vorzuſchreiben, was ihr Amt 
ſchon mit ſich bringt und auch unſre Vorfahren in der 
Regierung verordnet haben. Da Brod und Fleiſch die 
gewöhnlichſte Nahrung der Menſchen ausmachen, ſo 
haben der Bürgermeiſter und der Stadtrath von Wien 
fur dieſe beyden Gegenſtände heilſame Anſtalten ge 
troffen, die Wir vollfommen gutheißen und beftatigen. 
Dem zu Folge befeblen Wir} daß kein Fleiſcher je 
manden, er ſey ein Zunftgenoſſe oder nicht, auf dem 
Viehmarkte hindern dürfe ein Vieh zu kaufen; auch 
ſoll keiner es wagen, einen Viehhändler liſtiger Weiſe 
zu nöthigen, ſein Vieh unter dem Werthe deſſelben zu 
verkaufen. Ein jeder Fleiſcher kann zu einer ihm belie⸗ 
bigen Zeit ſo viel Vieh ſchlachten als er will, ohne ſich 
um die bisherigen Zunfteinſchränkungen zu beküm— 
mern; nur müſſen alle Ochſen und auch anderes Vieh, 
wovon das Fleiſch in den gewöhnlichen Fleiſchbänken 
verkauft wird, auf der allgemeinen Schlagbrücke beym 
rothen Thurm an der Donau geſchlachtet werden. Kein 
Vieh darf dort geſchlachtet werden, bevor es nicht von 
den geſchwornen Beamten, die der Magiſtrat jährlich 
ernennt, iſt unterſucht worden; erklären dieſe ein 
Stück für preßhaft, ſo muß demſelben der Zagel 


eq 209 ce 


Schweif) abgehauen werden, um es dadurd) als ein 
gum Fleiſchhandel untaugliches Vieh zu erflaren. 

Ohne wichtiges Hinderniß darf der Meifter feinen 
Stellvertreter in die Fleiſchbank ſchicken; er foll in eis 
gener Perfon das Fleiſch aushauen. Witwen und 
Waiſen Fonnen durch Andere das Handwerk treiben; 
| der Fleifhverfdufer darf aber niemahls außerhalb fei- 
ner Banf fteben. Finniges Schweinfleiſch muß außer⸗ 
balb der Fleifehbanf feilgebotben werden, damit es 
jedermann für unrein erkennen könne. Das Fleiſch vere 
ſchiedener Thiere muß an verſchiedenen Orten abgefone 
dert liegen, damit der Käufer nicht Bockfleiſch für 
Schaffleiſch bekomme. Zwiſchen Oſtern und Michae— 
lis darf kein Vieh am Vormittage geſchlachtet werden. 
Langer als zwey Tage darf man ein Fleiſch nicht feil⸗ 
haben. Alles Fleiſch muß nach der Wage, und nicht in 
ganzen Stücken nad dem Yugenmaf verfauft mer 
den; das Gewicht muß mit dem Stadtzeichen verſehen 
ſeyn. Würde ſich ein Fleifcher im dieſes Geboth nicht 
fügen, ſo müßte er auf ein Jahr die Stadt verlaſſen 
und verlöre ſeine Handwerksgerechtigkeit. Den Preis 
für ein Pfund Fleiſch ſetzen der Bürgermeiſter und 
Rath alle Quatemberzeiten, erhöhen oder vermindern 
ihn, je nachdem das Vieh theuer oder wohlfeil iſt, und 
ſorgen immer dafür, daß Reiche und Arme das Fleiſch 
um den nämlichen Preis erhalten, daß aber auch dem 
Fleiſcher für ſeine Mühe noch ein Gewinn verbleibe. 
Köpfe und Füße von Nindern und Schweinen können 
die Fleiſcher, ohne ſie zu wägen, um einen ihnen belie— 
bigen Preis verkaufen. 

Es iſt verbothen ein Kalb zu ſchlachten, ohne es 
zuvor von den Fleiſchaufſehern unterſuchen zu laſſen; 
und auch dann darf ein Kalb nur geſchlachtet werden, 
wenn es vier Wochen alt iſt. Ein Kalb, was über zehen 


avo 200 “è 


Wochen alt ift, darf gar nicht geſchlachtet werden. Be 
leidigungen, die ſich Fleifcher in ibren Banfen gegen 
Käufer erlauben, werden mit einer Geldbuße beſtraft. 
Will jemand das Fleiſcherhandwerk ausüben, ſo darf 
er von den alten Meiſtern daran nicht gehindert wer⸗ 
den, denn das Zunftgeſetz iſt aufgehoben, vermöge 
deſſen niemand Fleiſch aushauen durfte, der nicht ſelbſt 
cin Fleiſcherſohn, oder doch wenigſtens der Ehemann 
einer Fleiſcherstochter war. Den Fleiſchern aller Orte 
ift es erlaubt, das ganze Jahr bindurdh ungehindert 
Fleiſch in die Stadt Wien cinzufubren. Bon Oſtern 
bis zum Beiligen Kreuztag im Herbfte (dem vierzehn⸗ 
ten September) iſt es Pflicht der Fleifcher, die Bänke 
fogleich zu Offnen, fobald zur None gelautet wird; 
nach dem Kreuztag müſſen fie diefelben dem ganzen 
Tag bindurd) offen halten, damit die Leute gu jeder 
Stunde fonnen befriediget werden. — Dic ſpäteren 
Verordnungen *) entbalten nichts Merkwürdiges, 
werden alſo mit Stillſchweigen übergangen. — e) 

Im Cingange der eben angefubrien Verordnung 
macht H. Rudolph von Bäckern amd Fleiſchern Er— 
wähnung, übergeht aber im Verfolge die erſteren, und 
beſchäftiget ſich nur mit letzteren: ein Beweis, daß 
ſich dieſe ganz vorzüglich einer Ahndung würdig ge— 
macht und Urſache gegeben haben, ihre Zunftmißbräu—⸗ 
che neuerdings zu rügen und gänzlich abzuſchaffen. So 
heilſam zum Theile die Verordnungen für Bäcker und 
Fleiſcher zur Abſchaffung der allgemein ſchädlichen 
Monopolien dieſer beyden Zünfte geweſen find, fo 
waren ſie doch nicht im Stande, den freyen Handel mit 
Lebensmitteln im Lande ſelbſt von allem Drucke zu 
befreyen. Dieſer für den Bauersmann unſchätzbaren 





1*) Guarient, Thel. S365 — 571. 


I] 
2 301 uo 


Wohlthat ſtanden noch immer Vorrechte adeliger 
Grundherren im Wege, die ſich aus der rauhen Zeit 
einer allgemeinen Knechtſchaft der Unterthanen bis 
ing ſiebzehnte Jahrhundert herab erhalten haben. 
Wollte der Bauer ein Schlachtvieh oder ein Getreid 
verkaufen, ſo war er verpflichtet, es zuerſt ſeiner Herr⸗ 
ſchaft anzubiethen, welcher es damahls nicht an Mit⸗ 
teln mangelte ibn zu nöthigen, ſeine Waare um einen 
ihr beliebigen Preis hinzugeben. Darin beſtand das 
Vorkaufsrecht der Herrſchaften. Dazu gefellte fich der 
Mühlenzwang, welcher den Grundherren das Recht 
einräumte ihre Unterthanen zu zwingen, daß ſie ihr 
Getreid in der Hofmühle mußten mahlen laſſen: lau— 
ter — — welche die Freyheit des Handels ein⸗ 
ſchrankten, die Lebensmittel vertheuerten und den ar: 
mon Ackersmann in tiefer Armuth und Knechtſchaft 
hinhielten. Den Mühlenzwang ſchaffte È. Nudolph IL 
1591, jedoch vergeblich *); den Getreidvorfauf der 
Herrſchaften gar erft 1001 K. Leopoldab **). Als ein 
trauriger Beweis einer ſehr beſchränkten Anſicht und 
Kenntniß des Handels und als cin gewaltiger Miß— 





KEY MD. Da ci. II. S.16. Nadbem Uns . . mit fonderer Be: 
ſchwaͤr angebracht worden, daß etliche Herrſchaft und Obrig= 
keiten ihre arme Unterthanen benoͤthigen, ihr ſchlechtes 
Getraid auf derſelbigen of: oder andere ihre eigene Muͤh⸗ 
len wider ihren Willen zu fuͤhren und allda ſchratten und 
mahlen zu laſſen ungeacht daß ſie wohl naͤhere Gelegenheit 

haben und mit geringen Unkoſten abfommen moͤchten, dar: 
aus dann nicht allein erfolgt, daß die armen Leut die Zu— 
fuhr oͤfters mit hoͤchſtem Nachtheil und Schaden, und bey 
Haus Verſaumnuß des ihrigen weit und viel Meil Wegs 
ſuchen muͤſſen; ſondern auch wegen Verfuͤhrung des Mahl⸗ 
ters oder Mangel des Waſſers, zumahlen Winterszeiten, 
lange Beit aufgehalten werden: fo wollen Wir aus gnaͤdig⸗ 
und vaͤterlicher Wohlmeinung, u. ſ. m. 

A 0. Th. J. S. 387, u. f. 


nu 302 ne 


griff frebt die VBerordnung K. Ferdinands da, in vele 
cher er 1623 Allen ohne Unterfdied den Unfauf alles 
Schlachtviehes und aller Häute unterfagte, und aus: 
ſchlie ßlich cine Geſellſchaft, welche den Nabmen det 
Landverleger erhalten bat, mit dem Monopolium des 
Vieh⸗ und Häutehandels berechtigte. Sogar anf den 
öffentlichen Viehmärkten durfte es niemand anderer 
als ein Landverleger wagen, Schlachtvieh zu faufen. 
| Und diefes, mabnte K. Ferdinand, würde dem gemei: 
nen Wefen, vorzüglich bey der damabligen Viehtheu⸗ 
rung, gue Woblfabrt gedeiben, und ganz gewiß allent 
Fleiſchmangel abbelfen *). 
Der vielen Faſttage halber, an welchen der Genuß 
der Fleiſchſpeiſen verbothen war, gehörten einſtens die 
Fiſche zu den vorzüglicheren Lebensmitteln. Dieß war 
auch die Urſache, warum die Polizeyordnungen über 
den Fiſchhandel fo Vieles feſtſetzten. H. Albrecht det 
Lahme ſagt 1340 *9: Den verderblichen Vorkauf 
treiben vorzüglich die Fiſcher. Um dieſem Uibel Einhalt 
zu thun, gebiethen wir ernſtlich, doß ein jeder Fiſcher, 
welcher grüne Fiſche, nämlich ſolche, die nicht cingefale 
zen oder geräuchert ſind, auf dem Markte feilbiethet, 
ohne Mantel, ohne Hut, und überhaupt ohne alle 
Kopfbedeckung auf dem Platze ſtehen ſoll, damit ihn 
Sonne und Regen, Kälte und Hitze nöthigen, deſto 
eiliger feine Fiſche um einen geringeren Preis ju ver⸗ 
kaufen. Iſt cin Fiſch zwölf Pfennige oder noch mehr 
werth, und der Fiſcher kann ihn am erſten Markttage 
nicht verkaufen, ſo muß er ihm den Schweif abhauen. 
Wird dieß vom Fiſcher unterlaſſen, ſo bezahlt er dem 
Richter ſechzig Pfennige zur Strafe. Den Fiſchern iſt 





*) Guarient, Th. II. S. 376. 
**) Rauch, l.c.p. 66. ’ 


— 


— 3503 «--» 


es auch verbothen, auf dem Marktplatz cinander Fifhe 
guverfaufen, und fie dann fogleich mieder anderen Lene 
tenfeilzubiethen; aber vor der Stadt oder ben cinem 
Fluß fannjedermann nad Belieben faufen. Wer diefe 
Fiſcherordnung ubertritt, muf mit Weib und Rindern 
die Stadt auf cin ganzes Jahr verlaffen. 
Im Jahre 1350 vermebite H. Albrecht diefe Fi 
ſcherordnung nod mit cinigen Zuſätzen *). Er mies 
ciner jeden Sorte von Fiſchen den Plag an, auf mel: 
chem fie verfauft werden follte. Ungariſchen Fiſchhänd⸗ 
lern, welche die Deutſche Sprache nicht verftanden, 
mußte ein Dollmetſcher beygegeben werden, der aber 
mit ihm in keiner Handelsverbindung ſtehen durfte. 
Die Ungarn brachten Hauſen, Schuppen⸗ und auch 
eingeſalzene Fiſche nach Wien. Nach einem alten 
Rechte durften Bürger und Auswärtige vierzehn Tage 
vor dem Faſching Hauſen und andere Fiſche feil haben, 
jedoch nirgends ſonſt als auf dem hohen Markte. In 
dem Heiligenkreuzer und Zwettler Hof wurden nur 
ganze Hauſen oder Stücke von größerem Gewichte von 
Ausmartigen verfauft. Sn der nämlichen Fiſcherord⸗ 
nung gefchiebt auch Meldung von gemafferten Gaufen, 
und auch von gemafferten und gefalzenen Häringen, 
worüber mir den Kennern der Kochkunſt das Urtbeil 
anbeimfiellen. Seefiſche durften nur auf dem Plag am 
Sof verfauft werden. — Daf audh) die Fleiſcher einen 
Fiſchhandel treiben durften, baben mir bereits vernom: 
‘men, als weiter oben von ibnen die Nede gemefen, 
Wahrſcheinlich genoßen ſie diefes Vorrecht zu einigem 
Erſatz, weil ihrem Fleiſchhandel durch die vielen Faſt⸗ 
tage, vorzüglich aber durch die vierzigtägige Faſten 
ein großer Abbruch geſchah. 





) L. c. p. 70 et leq. 


tei 304 no 


Um die Fiſche zu ſchonen und die zu grofie Ab 
nabine derfelben, woraus nothwendig eine Theurung 
entfteben müßte, moglichft zu verbindern, murden . 
mebrere febr heilfame Verordmingen, beſonders für 
Oberöſterreich erlaffen. Aus der oftmabligen Erneue⸗ 
rung derſelben, vom ſechzehnten bis in das achtzehnte 
Jahrhundert, geht aber die volle Gewißheit hervor, 
daß es ſchwer ließ, die Fiſcher zur genauen Befolgung 
derſelben gu nöthigen. Um die Brut zu ſchonen, wurde 
den Fiſchern die Größe der Spiegel ihrer Netze genau 
beſtimmt; und wurden deſſen ungeachtet kleinere Fi⸗ 
ſche durch Ungefähr mit den größeren herausgezogen, 
ſo mußten dieſelben wieder in den Fluß geworfen wer⸗ 
den. Die Länge und Schwere der edeln Fiſche gaben 
die Fiſchordnungen an, wenn ſie behalten und auf den 
Markt gebracht werden durften. Auch die Zeit wurde 
beſtimmet, während welcher gewiſſe Fiſche gar nicht 
durften gefangen werden. Eigene Aufſeher unterſuch⸗ 
ten die Fiſchbehälter, und waren auf den Fiſchmärkten 
zugegen, um über die Befolgung der beſtehenden Fiſch⸗ 
geſetze zu wachen *). Die Taugſamkeit derſelben bat 
ſich erprobt, denn ſeit der Zeit, als man anfing ſie 
nicht mehr zu beobachten, vermehrten ſich immer die 
Klagen über den Mangel an Fiſchen, und wahrſchein⸗ 
lich werden unfre Enfel einen edeln Fiſch von beträcht⸗ 
licherem Gewichte als eine große Seltenheit an⸗ 
ſtaunen. 

Wir haben bisher von den Polizeygeſetzen —9— 
chen, welche den Handel mit Eßwaaren betrafen; 
übriget noch, Weniges von den Verordnungen der | 
Getränke zu erwähnen. 





*) Sulla, KI. I. &. 353 — 364 — th: HI, S. 473 
und 996. 


—— 305 — 


Weine aus dem Ausland nach Wien zu bringen, 
blieb längere Zeit hindurch verbothen, wurde aber 
endlich doch wieder, bald unter manchen Einſchränkun— 
gen und dann ohne alles Hinderniß, den Wienern er⸗ 
laubt, wovon weiter unten die Nede fenn wird, 
In den Urfunden fommen ſtädtiſche Beamten un⸗ 
ter dem Nahmen der Weinkoſter vor, welche zu den 
Unterfduflern gehört gu haben ſcheinen. Ihre Umts: 
verrichtungen werden nicht beſtimmt angegeben; nur 
das iſt gewiß, daß ſich Auswärtige beym Weinhandel 
mit Bürgern derſelben bedienten oder vielmehr bedie⸗ 
nen mußten, theils um geſchwinde zu erfahren, wo ſich 
ein feiler Wein von einer gewünſchten Eigenſchaft vor⸗ 
finde, theils auch um einen geſetzlichen Zeugen über 
den geſchloſſenen Kauf zu haben, wie es das damahlige 
Geſetz vorſchrieb. Dem Weinkoſter gebührte von je— 
dem gemachten Weinkauf eine beſtimmte Taxe *). 
Durch einen Mißbrauch iſt es in Wien Sitte gewor⸗ 
Dent, daß ſich Die Weinkoſter als unentbehrliche Unter= 
händler aufdrangen und eine Abgabe forderten, wenn 
in der Stadt ein Weinmoſt verkauft wurde. Dieſen 
Unfug bat H. Albrecht der Dritte im Fabre 1368 auf 
immer abgeſchafft **). Ob die Weinkoſter nicht viel⸗ 
leicht über Weinverfälſchung zu wachen hatten, ſagen 
die Urkunden nicht aus **). 
Für die Schenkhäuſer beſtanden folgende Polizey⸗ 
verordnungen 9): Dic Bürger müſſen fur Wein, 
Meth und Bier ein beſtimmtes Maß feſtſetzen. Wer 
ſich in dieſem Maße einen Betrug erlaubt, gibt bey 





9 Beylage Nro.XVI.. 
*) Rauch,.l. c. p.107. STAI AR 
#**) Man vergleiche: Beckmann, Beytrige, Th. S. 103, nf. 
444) Li Cc. P. 56 50-40 58: 
20 


442 306 o 


den eriten drey Mibertretungen dem Richter und auch 
der Stadt cin balbes Pfund Pfennige; wird er gum 
vierten Mable des nämlichen Vergehens iberiviefen 
und ſitzt er vor dem Faße, aus welchem das Getranf 
in einem falſchen Maße verkauft wird *), ſo muß ibm 
der Daumen abgehauen, das Faß aber zerſchlagen, 
und der Wein auf die Erde ausgelaſſen werden, oder 
man gebe ihn dem Spital zu einem Geſchenke. Das 
Getränk mag im Gaſthauſe oder außerhalb deſſelben 
genoſſen werden, ſo muß man es in dem vorgeſchriebe⸗ 
nen geſetzlichen Maße ausſchenken, worüber die dazu 
eigens beſtellten Aufſeher zu wachen haben; dieſe has 
ben die Pflicht, die Maße in den Gaſthäuſern und 
außerhalb derſelben zu unterſuchen. Wird jemand von 
ihnen als ſtrafbar erkannt, ſo muß ihn der Richter 
ohne Gnade verurtheilen. Mit dem Zeichen der Bier⸗ 
glocke bort alles Ausſchenken der Getränke auf. Wel— 
chem Getränke, es mag dann Wein, Meth oder Bier 
ſeyn, die Bürger kein beſtimmtes Maß vorſchreiben, 
deſſen Werth ſoll der Gaſtgeber ausrufen, und dabey 
muß es verbleiben *). Welcher Gaſtgeber Wein, 





*) Bey dieſer Stelle muß man ſich an die alte, ſchon weiter 
oben erwaͤhnte Sitte erinnern, daß nur ſehr wenige Waa⸗ 
ren in Haͤuſern oder Kaufgewoͤlben, die meiſten aber auf 
oͤffentlichen Plaͤtzen feil gebothen wurden. Daſſelbe geſchah 
auch haͤufig mit Wein, Bier und Meth; letzteres Getraͤnk 
wird auch noch peut zu Tage auf Jahrmaͤrkten in Huͤtten auf 
freyem Platze gekauft und getrunfen. Einige dunkle Stellen 
dieſer Urkunde werden durch das Ungeldpatent H. Rus 
dolphs erlaͤutert und verſtaͤndlich gemacht. Oeſterreich unter 
H. Rudolph IV. S. 321. i 

+) Soll diefe Stelle mit dem Vorpergebenden in keinem Wi⸗ 
derſpruche ſtehen, fo muf man nothwendig annehmen, daß 
hier von ganz vorzuͤglichen Getraͤnken die Rede ſey, die 
nicht in den ſonſt gewoͤhnlichen Maßen, ſondern in eigens 


ao J)7 «-- 


Meth oder Bier verheimlicht, und fo cin Getränk 
quod gegen bare Bezablung aus feinem Hauſe nicht 
will forttragentaffen, dem muf man das Faß einſchla⸗ 
gen, das Getranf auslaufen laſſen, ibn felbft aber 
moch darüber firafen, menn er ſich beym Ausſchenken 
Diefes verheimlichten Getranfes innerhalb feines eige⸗ 
nen Hauſes cines falſchen Maßes bedient hatte, denn 
in Diefem Stücke muß der Grundfab feſtgehalten mer: 
den: Das Getränk, welches der Wirth in feinem cige- 
nen Hauſe den Gaften auffegt, muf auch Auswärtigen 
um ibre Bezahlung verabfolget werden. F 
Wird ein Aufſeher uber die geſetzlichen Mafie 
überwieſen, daß er aus Nachläſſigkeit, Beſtechung, 
Partheylichkeit oder unzeitiges Mitleiden ſeiner 
Pflicht nicht Genüge gethan hat, ſo muß man mit 
ibm defto ſchärfer verfahren, weil er den Eid, den er 
bey ſeiner Anſtellung vor dem Stadtrathe geſchworen, 
verletzte; dadurch hat er ſich unfähig gemacht, irgend 
einem Amte der Stadt weiters vorzuſtehen. Ungari⸗ 
ſche und Italieniſche Weine *) darf niemand in dere 





dazu beftimmten Flaſchen verfauft wurden, denn Albrechts 
Geboth ſchrieb ja vor, allen Getrinfen cin Maf gu beftim: 
men. Vielleicht ift in diefer Stelle von gekochten Weinen 
die Nede, die man im Mittelalter ſehr hoch ſchaͤtzte Schon 

zu den Beiten Earls des Grofen gab es Weinfieder. Der Ela: 
ret, der aus Wein, Honig und verſchiedenen Gewuͤrzen 
verfertiget wurde, und der Brombeerwein waren ſehr be: 
liebte Getrinfe. Mepr dartiber findet man bey Unton, Ges 
ſchichte der teutſchen Landwirthfchaft. TI. I. S. 415, und 
E). III. ©. 329. — Pigmenta nannte man die ſuͤßen Weine 
peer Fiſcher, Geſchichte des teutſchen Handels. Th. I. 

284. 

| *) Im Original ſteht: „Den vngeriſchen oder welliſchen 
wein.“ — Das Wort Waͤlſch oder Walliſch kann freylich 
im Allgemeinen etwas Fremdes oder Auslaͤndiſches bedeu⸗ 


20 * 


qua 308 22* 


Burgfrieden der Stadt zum Verkauf bringen ; wer 
gegen dieſes Verboth handelt, verfällt zwar in keine 
perſönliche Strafe, aber ſeine Weine verliert er, die 
man entweder auf die Erde ausrinnen laſſen oder an 
das Spital abgeben muß. Würde ſich ein Richter ſo 
ſehr vergeſſen, daß er innerhalb des Burgfriedens det 
Stadt den Verkauf ſolcher verbothener Weine zugäbe 
oder dieſelben ſich zueignete, ſo zahlt er dem Herzog 


und Der Stadt dreißig Pfund Pfennige zur Strafe. 


Nur aus beſonderer Gnade des Herzogs iſt es ehrba⸗ 
ren Männern in der Stadt erlaubt, ein Tafernitz, zu 

vier Urnen gerechnet, oder noch weniger, zu — 
Gebrauch in ihren Häuſern aufzubewahren, von wel⸗ 
chem ſie zwar auch guten Freunden etwas zu einem 
Geſchenke mittheilen, aber keineswegs um Geld gere 
kaufen dürfen; und auch dann muß über dieß noch 
der Stadtrath hiezu feine Einwilligung ertheilen, 
— um Dergleichen Weine einführen zu dürfen. — Mad 
° Dem Martinitag darf gar fein Wein mebr, fogar auch 
nicht von den eigenen Weingärten der Bürger in die 
Stadt eingeführt werden, es wäre denn, daf ſich die 


Weinleſe fo ſehr verſpätete, daß ſie vor dem Martini— 


tag nicht beendiget werden könnte; in dieſem Falle 
muffen Die Bürger einen fpateren Tag Deftimmen und 
querufen laffen. 

Sn diefer und auch in anderen Polizehverordnun⸗ 
gen geſchieht Erwähnung von der Bierglocke. Sobald 
dieſe ertönte, ſollte in den Gaſthäuſern kein Getränk 
mehr verkauft werden, und —— war verpflich⸗ 





ten, wie 3.B. ein Waͤlſcher * Hier aber fn 4 in en⸗ 
gerer Bedeutung genommen werden, weil font das Wort 
Ungariſch ganz unnuͤtz da ſtuͤnde, und wirklich viel Wein 
aus Italien in Oeſterreich eingefuͤhrt wurde 


A 


tet, auf der Gaffe mit cinem Lichte verfehen gu ſeyn, 

was ben dem Mangel einer allgemeinen Stadtbeleuch⸗ 
tung, welche erft 1687 vom K. Leopold befoblen wur⸗ 
de*), cine febr beilfame Verordnung geweſen ift 19). 
Eine Vierglode wurde aus gleicher Urſache auch in 
anderen Städten geläutet, und iſt ſehr wahrſcheinlich 
in ſpäteren Zeiten Hußglocke genannt worden, nicht 
der grauſamen Huſſiten halber, ſondern vom Befehle, 
eiligſt das Gaſthaus zu verlaffen***), 

Die Ungariſchen und die Italieniſchen Weine aus⸗ 
genommen, welche nur nicht in den Stadtbezirk von 
Wien, aber wohl in die Oeſterreichiſchen Provinzen 
durften eingeführt werden, findet man kein Einfuhrs⸗ 
verboth ausländiſcher Waaren in unſer Vaterland; 
gegen Entrichtung der vorgeſchriebenen Zollabgaben 
konnten ohne Ausnahme alle Erzeugniſſe fremder Lane 
der nach Oeſterreich gebracht und dort verkauft wer— 
den. Erſt nachdem die Königin Eliſabeth von England 
zur Emporbringung des Handels ihrer Unterthauen 





*) Cod. Auſtriac. Th. INI. S. 250. „Wir geben nt zu ver⸗ 
nehmen, was maſſen Wir Uns zu Abwendung und Verhuͤ— 
tung aller, naͤchtlicher Weil eine Zeit her haͤufig in Schwang 
gegangenen und noch befuͤrchtenden Mord und Diebereyen, 

wiie auch zu Einfuͤhrung einer allgemeinen Sicherheit aller— 
gnaͤdigſt entſchloſſen, daß alle Plaͤtze und Gaſſen Unſerer 
Stadt Wien durch Auoſteckung gewiſſer Laternen beleuchtet 
werden, u f. m.// — Uiber den Anfang der Beleuchtung 
der Staͤdte und das Zeichen mit der Brennglocke iſt leſens⸗ 
werth, was Beckmann geſammelt pat: Th.J. S. 62, u. f. 
Und Th. II. S. 439, Ul. f. 

#**) Rauch, 1. c. p..46 et leq. Vnd ivirtein man, nach der 
pvergloffen, auf der firazze an liecht geuangen, und iſt daz 
wizzenlich, daz cin getewr man iſt, fo fei (er) dem Gericht, 
nicht mer, danne zwen, vnd ſechtzig phenning auf gnad 
veruallen, Hateraber ein fiecht, man fol in nicht vahen. 

te) Gemeiner, Chronik, Tp. II. S. 287. 


eee 3510 --= >». 


alle Vorrechte des hanſeatiſchen Bundes aufgehoben 
und alle Vorfrellungen dagegen fruchtlos geblieben, 
bediente ſich 1507 Der Raifer Rudolph der Repreffa: 
lie, und verboth im ganzen Deutſchen Reiche und 
auch in den Oeſterreichiſchen Erblandern die Einfubr 
aller Engliſchen Waaren *). È. Leopold verordnete 
daſſelbe 1074 für Franzöſiſche Waaren, welche nur 
zur Befriedigung des Luxus dienten **), nachdem er 
ſchon im Sabre 1059 die Einfuhr verſchiedener Luxus⸗ 
artikel, deren Ankauf ungeheure Summen Geldes dem 
Vaterland entzogen, gänzlich verbothen bat***). Die 
oftmahlige Wiederhohlung dergleichen Verbothe iſt ein 
klarer Beweis, daß ſie gar ſchlecht ſind befolget worden. 

Die Polizey älterer Zeiten hat ſich des gewöhn— 
lichen Verſehens ſchuldig gemacht, daß ſie ſich um gar 
gu Vieles bekümmerte. Tuchmacher und Tuchbereiter, 
ſo wie auch Zeugfabrikanten und Handwerker aller 
Art ***) erſcheinen ſchon in Urkunden und Chroniken 





*) Guarient, TI. 1, S, 296, 
4) Aa. DS, 374. 


*) A. a. O &.408. Verbothen waren: „Goldene und ſilber⸗ 


ne, oder mit Gold und Silber eingetragene Borten, Spitze 
und Galtonen. Ganz goldene und ſilberne Stud, auch ans 
dere mit Gold und Gilber eingetragene Zeuge. Die mit 
Silber und Gold geſtickte Wehrgehaͤnge, Handſchuhe und 
Hutſchnuͤre, mie auch allerley andere Gaͤlanterien, alè 
Kaͤſtel von Schildkrot, Ohrgehaͤnge, Halsbaͤnder und an— 
dere Bierathen, ſeidene Spitzen, reiche Band von Gold 
und Silber ; ingleichen das Silber von getrieberier und ans 
derer kuͤnſtlicher Arbeit; die ganzen, halben, und viertel 
Caſtorhuͤt, austindifde falſche Borten und Hutfbnur, 
Stuͤtzel, Meffer, Sporn, allerley geſchmelztes Glasmerf, 
Schreibtafeln, und alles was von falſchem Gold gemacht, 
mie aud die weißen Niederfindifhen Spitz.“ 

#4) Gine lange Neibe derſelben erſcheinet bep pe Pez, 
T.III. p. 566 et ſeq. 


neo 511 --- 


des drengebnten Jahrhunderts, und ohne Zweifel ha⸗ 
ben ſich ausländiſche Künſtler in den folgenden Zeiten 
im Oeſterreich niedergelaſſen )Y. Wer konnte auch 
unſern alten inländiſchen Handwerksleuten das Vers 
mögen abſprechen, ſich in ihrem Fache während eines 
Zeitraums von drey Jahrhunderten zu vervollkomm⸗ 
nen? An Muſtern, die zur Nachahmung aneiferten, 
fehlte es bey der freyen Einfuhr fremder Erzeugniſſe 
nicht. Eine vorſichtige Handelspolizey batte die gün⸗ 
ftigen Zeitumftande benützen und die Fabrifanten auf⸗ 

muntern ſollen, die in Oeſterreich viel geſuchten Ges 
genftande in geboriger Menge und Gite gu liefern, 
und dadurch alles Ausländiſche moglichft entbebrlih 
gu machen. Uber anftatt deffen ift man auf den un 
glücklichen Gedanken verfallen, das ganze Defterrei= 
chiſche Volf in viele Elaffen zu theilen und einer jeden 
pünktlich vorzuſchreiben, welcher Tücher und Zeuge 
ſie ſich zur Bekleidung bedienen dürfe. Nichts zu ſa— 
gen von dem zweckloſen Zwange, welchem man die 
Leute unterwerfen wollte, ſo muß man doch geſtehen, 
daß ſolche Polizeyyerordnungen der Induſtrie und 
dem Handel ganz gewiß geſchadet haben. Dergleichen 
vielmahl abgeänderte erläuterte und verbeſſerte Po— 
lizeyordnungen über Luxusartikel und Kleiderpracht 

haben vorzuͤglich K. Marimilian der Zweyte und K. 

Leopold der Erſte bekannt gemacht **). Letzterer iſt fo 
weit gegangen, daß er den unteren Volkselaſſen ſogar 
gewiſſe koſtbarere Speiſen zu gelließen ben Strafe 





NHieher gehoͤren die vielen Stellen der Urkunden de drey⸗ 
zehnten und vierzehnten Jahrhunderts, welche allen Une 
koͤmmlingen in Staͤdten, die ſich dort niederlaſſen wollen, 
vollkommene Freyheit und das Buͤrgerrecht zuſichern. 

*#) Guarient, Th. U.S. 147, 4, f. 


444 3 12 «se 


verbothen Bat, hingegen ift von ibm der Luxus in 
Kleidungen gegen eine gewiſſe Abgabe wieder erlaubt 
worden; Perucken und ſogenannte geſchopfte Hauben 
erbielteni ebenfalle ein ähnliches Privilegium — 

Gedeihlicher für den Handel und eines Geſetzge⸗ 
bers würdiger war die Verordnung H. Albrechts im 
Jahre 1340, welche dem Stadtrathe befahl Aufſeher 
zu beſtellen, die über Waarenverfälſchung wachen 
ſollten. Entdeckten ſie einen dergleichen Betrug, ſo 
mußten ſie die verfälſchte Waare auf öffentlichem 
Markte verbrennen laſſen; der. Richter war in einem 
ſolchen Falle nicht befugt, den ci uber dieß 
noch mit einer Strafe qu belegen *). 

Gewinnſucht verleitet die Kaufieute nur gar zu 
oft zu Bevortheilungen der Kaufer , woraus ſehr 
leicht verwickelte Prozeſſe entſtehen. Für ſolche Fälle 
hat ſchon der H. Leopold in dem Privilegium für die 
Regensburger 1192 Folgendes verordnet: Entſteht 
eine Klage über einen abgeſchloſſenen Kaufsvertrag, 
{o dürfen die Leihkaufer nicht zur Zeugenſchaft zuge—⸗ 
laſſen werden, ſondern man rufe glaubwürdige Män⸗ 





Aa. I. ES. 166. "Ber cine Paruquen, Fontange oder 
ſchopfte Hauben , es mogen die Hauben non Spi oder oh⸗ 
ne Spig, geftidt oder mit Banden geziert ſeyn, tragen 
mill, foll die erfte Claſſe ſechs Gulden, die anderte drey 
846 die dritte einen Gulden dreyßig Kreuzer, die 
vierte fuͤnf und vierzig Kreuzer bezahlen, tvorauf fodann 
Diefe Trachten auf cin Jahr denen bezahlenden Partbeven 
verfiattet ſind.“ 

&#) Rauch, Lc, p.55 Und 56. Swer under den ſaitchouffern, 
valſchen fait wurchet, der ſol dem Michter darumb nichtes 
ſchuldig ſein, aber die purger, Di dartzue geſchaft ſein von 
Dem Mat, Die ſullen daz fait haizzen verprennen offenlichen 
an dem marce. — Ich mage es nicht, die Bedeutung des 
Wortes Gait anzugebén. 


e 51) »- 


ner gu Zeugen auf, fiemogen dann Ausmartige oder 
einheimiſche Hauswirthe von Wien ſeyn. Verkauft ein 
Regensburger einem Bürger von Wien cine Waare, 
und führt ſie dieſer ohne weitere Unterſuchung aus der 
Stadt fort, ſo iſt der Verkäufer keineswegs mehr 
verantwortlich, wenn gleich ſpäterhin eine Klage über 
den Unwerth einer Waare entſteht. Erſcheinet cin vere 
borgener Mangel an der Waare nach abgeſchloſſenem 
Kauf, und der Verkäufer trägt den Schadenerſatz an, 
ſo hat ſich der Richter nicht einzumengen. Wenn ein 
Fremder einem Bürger ein Stück Tuch verkauft, von 
dem ſchon ein Theil iſt abgeſchnitten worden, und erftes 
rer ſchwört, daß er dieſes nicht gewußt hat, ſo iſt er von 
aller Geldbuße frey; weigert er ſich aber zu ſchwören, 
fo zahlt er dem Richter ein halbes Pfund, dem Frohn⸗ 
bothen zwoͤlf Pfennige *). Dieſe Verordnung H.Leo⸗ 
polds ſcheinet H. Albrecht der Lahme vor Augen ges 
habt und erneuert zu haben; der verderbte Text hin⸗ 
dert uns aber, piepiiber etwas Gewiſſes vorzubrin⸗ 
gen *9 
Im Grunde fi nd der Straßenzwang, die Sta: 

pel- und Meilenrechte, die Nepreffalien und alle üb⸗ 
rigen alten Einrichtungen, welche den Handel eine 
ſchränkten oder beforderten, ebenfalls Polizepverord= 
nungen liber den Handel. Alle diefe Gegenſtände find 
aber in den vorhergehenden Abſchnitten bereits weit⸗ 
läufiger abgehandelt worden und bedürfen keiner Wie⸗ 
derhohlung. Eben fo übergehen wir manche Verord— 
nungen der Handelspolizey des ſiebzehnten Jahrhun⸗ 
derts mit Stillſchweigen, denn ſie enthalten nicht viel 
Rider noch weniger aber etwas — 





#) — le. 
**) Rauch, p.51.et 52. 


ass 314 222 


ches, und erfüllen die Leſer gewöhnlich mit Une 
muth und Bedauern gegen ein Zeitalter, das ſo viele 
zweckloſe oder ganz unnütze Handelsverordnungen er⸗ 
zeugte. | 


Verzeichniß der vorzuͤglicheren Waaren, 
mit welchen in Oeſterreich gehandelt 
wurde. 





Siebzehnter Abſchnitt— 
Ausfuhr inlaͤndiſcher Producte. 


O ie Beantwortung der Frage, mit melden Waa— 
ren in Defterreich vorzüglich Handel getrieben wurde, 
ift weit größeren Schwierigkeiten untermorfen als die 
Erorterung der vorbergehenden Abſchnitte uber Sane 
delsgefege und Polizenverordbnungen, welche in⸗ und 
ausländiſchen Kaufleuten in Defterreid) zur genauen 
Befolgung find vorgeſchrieben worden. Wenige Sanz 
delsprivilegien ciniger Stadte und Marfte ausgenome 
ment, fteben uns uber diefen Gegenftand keine anderen 
Quellen zu Gebothe al8 cin Paar Zollverordnungen, 
melche die Abgaben für verfchiedene Waaren beftime 
men. Die Chronifen find mit Madriditen über den 
Handel fo fparfam, daß ſie als biftorifhe Quellen 
uber denfelben bennabe gar nicht in Betrachtung fome 
met. Pan ermarte bier alfo ja nicht einen reichhalti— 
gen, erſchöpfenden Bericht über alle Waaren, mit 
denen in Oeſterreich Handel getrieben wurde; dieſe 
Aufgabe mag cin glücklicherer Geſchichtſchreiber genü—⸗ 
gend löſen, welchem mehrere noch unbekannte Han- 


4 


| ee 315 — 


delsurkunden und Notizen zu Gebothe ſtehen als dem 
Verfaſſer des gegenwärtigen Buchs. 

Zur leichteren Uiberſicht ſprechen wir zuerſt von 
jenen Handelsartikeln, die aus Oeſterreich in fremde 
Lander ausgeführt wurden, und dann von der Ein⸗ 
fubr fremder Waaren in unfer VBaterland. 

Wenn won dem Handel Oeſterreichiſcher Erzeug⸗ 
niſſe die Rede iſt, ſo kann in früheren Zeiten von ete 
ner Ausfuhr des Salzes keine Meldung geſchehen, 
indem das Salzbergwerk zu Iſchel wohl ſchon zu Ende 
des zwölften Jahrhunderts beftanden*), aber nur ei⸗ 
ne geringe Uusbeute geliefert bat, Die ſegensreichen 
Salinen zu Galftatt lie erft die Königin Elifabeth in 
den erften Jahren des vierzebnten Jahrhunderts auf 
ibre Koften bearbeiten**), aber aus Mangel berga 
männiſcher Renntniffe war lange Zeit bindurd die 
Benützung eines unermeßlichen Reichthums des Ber 
ges nicht groß, fonft würde man ſich in Oeſterreich 
nicht genöthiget gefunden haben, ſich mit ausländi⸗ 
ſchem Salze zu verſehen. Und batte auch dieſes Hime 
derniß nicht obgewaltet, ſo wäre der Vortheil für unſre 
Landesfürſten doch immer ſehr gering ausgefallen, 
weil ſie den Salzhandel den Bürgern der landes— 
fürſtlichen Städte und Märkte als ein Monopolium 
übergeben haben ***). Zu allen dieſen Mängeln fam 
noch der Uibelſtand hinzu, daß die benachbarten Lan: 
der, Böhmen und Mähren allein ausgenommen, 
mit Salz im Uiberfluß verſehen waren; und dieſen 





9 Diplomatarium Garſtenſe, illuſtratum ex collectaneis 
—— R. P. Sigismundi Pulch. Viennae, 1754. 


hai. — 9 unter K. Friedrich dem Schoͤnen. S. 458, u. f. 
x) Nus haͤufigen Urkunden werden nur einige auserkoren und 
in der Beylage Nro. LI. aufgefuͤhrt. 


— 316 - 


beyden Laändern wurde aus Bayern, Salzburg und 
Berchtesgaden das ihnen nöthige Salz mitten durch 
Oeſterreich zugeführt. 

Die Durchfuhr fremden Salzes in Oeſterreich zu 
verhindern, ſtand in früheren Zeiten nicht in der Macht 
unſrer Herzoge, denn kaiſerliche Privilegien ſchützten 
den Salzhandel der Reichsfürſten. Vorzüglich ließen 
die Erzbiſchöfe von Salzburg nichts unverſucht, den 
Bau eines neuen Salzbergwerkes im Oeſterreich zu 
bintertreiben *). Die Ronigin Glifabeth eröffnete 
durch die Salinen in Hallſtatt unſerem Vaterlande ei⸗ 
me neue Quelle des Wohlſtandes, und ſchon im vier— 
zehnten Jahrhundert erbellet aus mebreren Urfunden 
der Vorſatz unfrer Landesfurften, durch das Verboth 
der Einfuhr alles ausländiſchen Salzes den Handel 
mit dem inländiſchen zu beben**). Sinderniffe mander 
Art traten jedoch der Ausführung diefes beilfamen 
Planes in den Weg. Bald notbigten Zeitumſtände 
unferen Derzogen Vertrdge mit Bayern und Sal 
Burg ab, welche dem fremden Salze die Einfuhr nach 
Oeſterreich pra offneten, meri waren fie mit 





_*) Defterreich unter den Koͤnigen Ottofar und Albrecht. Th. I. 
S.164, 201. IH, S. 211, 

#*) Um 24. Auguf 1396 erging cin herzoglicher Befehl an den 
Magiſtrat in Krems, kein Salz von Hall und Scellenberg 
vorbeyfuͤhren zu — aber dieſes Berboth befoͤrderte den 
Handel mit inlaͤndiſchem Salze nicht, denn das Haller und 
Schellenberger Salz durfte mam einem Privilegium gu » 
Folge bis Krems fitbren, dort aber mußte es niedergelegt 
und verfauft tverden. Die Burger von Korn euburg waren 
von diefer Regel ansgenommen , und Durften auslaͤndiſches 
Salz vor Krems vorbeyfuͤhren, welche Frevbeit ihnen 1396 
mieder beſtaͤtiget wurde. — Ob das Saf}, mit dem 1526 in 

Wien Handel getrieben wurde, cin infandifhes gemefen 
ſey, laͤßt ſich nicht beftimmen. (Cf. Ranch, T. III. p.2 1. 


nm 617 ca 


Ertheilung von Privile gien für den Salzhandel der 
Auswärtigen zu. freygebig *). Hätte man in Deftere 
reich ſich darauf verſtanden, mehr Salz zu erzeugen 
und im Handel gleichen Schritt mit Bayern, Salz⸗ 
burg und Berchtesgaden zu halten, und hätte man 
ſtrenger auf die genaue Befolgung häufiger Verord⸗ 
nungen gedrungen, welche die Einfuhr fremden Sal: 
zes unterſagten: fo batte man im Salzhandel den 
Auswärtigen gewiß den Vorſprung abgewonnen. 
Erſt im Jahre 1706 ward allem ausländiſchen Salze 
der Eingang in die Oeſterreiſchen Provinzen gänzlich 
verwehret, welches Unternehmen der Spaniſche Erb⸗ 
—— gar ſehr erleichtert und — bat **). 





ì ” Gof. Ernft von goch Sternfeld, Geſchichte des Fuͤrſtenthums 
Berchtesgaden und ſeiner Salzwerke Muͤnchen, 1816 
Buch II. S. 15. Die Herzoge Albrecht und Dito ertheilten 
denm Stifte Berchtesgaden 1353 die Erlaubniß, vierhun⸗ 
dert achtzig Fuder Sal} gegen cine jaͤhrliche Meſſe zollfrey 
zu Linz vorbeyzufuͤhren. —Hierher gehoͤren auch haͤufige Ur⸗ 
kunden, die von unſern und auch von auswaͤrtigen Landes⸗ 
fuͤrſten den Kloͤſtern in Oeſterreich uber Die zollfreye Zufuhr 
des Salzes gu ihrem Hausbedarf find verliehen worden. C£. 
Hanthaler, Recenſus, T.1. p:221 et leq. Aehnliche Pri⸗ 
vilegien finden ſich in allen Kloͤſterarchiven. Baumgarten⸗ 
berg erhielt die Zollfreypeit des Salzes von. den Biſchoͤfen 
in Paſſau, und zu Aſchach von den Grafen von Schaum⸗ 
berg: Meine Beptrige zur Geſchichte des Landes Oeſter⸗ 
reid ob der Enné, Th. II. S. 429, 433. Dem Kloſter 
Schlaͤgel 58 I. Maximilian von Bayern noch int 

Jahre 1614 die alten Privilegien ſeiner Vorfahren, daß es 

aus dem Erzſtift Salzburg jaͤhrlich „ain Pfund des weiten 
und pier Pfund des elainen Pandt Salzes“ zollfrey durch 
Burghauſen und Schaͤrding fuͤhren durfte. 

*Hormayr, Hiſdriſch⸗ſtatiſtiſches Archiv fur Suͤddeutſch⸗ 
land. Th.II, S.94, u f. — Uiber den Salzhandel im Inne— 
ren des Landes finden ſich bey Guarient mehrere Verordnun⸗ 
gen. Th. II, 6. 260, Miber die Salzausfupr aus der Stepr: 


ev 51} e. 


Giner der vorzüglichſten Handelsartikel, welche 
aus Oeſterreich ausgeführt wurden, war der Wein. 
Er wurde nicht nur nach Bayern, Mähren und Bob: 
nen, fondern fogar auch nach Ungarn verfubret *). 
Die Einfuhr fremdber Weine aus Stalien und Ungarn 
nach Wien ift von mebreren Herzogen firenge unter: 
fagt worden, um den Weinbau in Defterreich zu bee 
fordern; aber der -Privilegien, melche Ausnahmen 
von diefer allgemeinen Regel geftatteten, maren bald 
mieder fo viele, daf die Einfuhr Italieniſcher Weine 
doch von grofier Bedeutung ſeyn mufite. Im Fabre 
1340 verboth H. Albrecht Ungariſche und Italieniſche 
Weine in den Burgfrieden der Stadt Wien einzufüh⸗ 
ren, nabm aber alle ehrbaren Männer, die des Vors 
zugs, ausländiſche Weine zu trinfen, werth waren, 
won dieſem Verbothe wieder aus *R). Aus andern Ur⸗ 
kunden erhellet, daß ähnliche Verbothe ausländiſcher 
Weine auch für die übrigen landesfürſtlichen Städte 





marf nad Unteroͤſterreich S. 270, ber die Einfuhr des 
Salzes, u. f.to. Den Handel damit trieben die Buͤrger, 
aber es gab allentbalben landesfuͤrſtliche Zollftationen , mo 
fuͤr das Sal; eine Abgabe mufte entrichtet werden. Man 
findet jedoch auch Beyſpiele, daf Udeligen eine Salzmauth 
geftattet murde. Der Graf Ehriftoph Leopold von Thuͤrheim 
befaf fo ein Vorredt bey feiner Herrfdaft Weinberg in dem 
Marktflecken Kafermarft im Jahre 1669. Cod. Auftr. 
T.III. p. 199. Warum das Sal} 1703 viel theurer gewor⸗ 
den ) findet man Th. IT, S. 298, u. f: angegeben. 

) Rauch, T. III. p.21 et feq. Iſt daz ain Purgergein vngern 
farn wil oder gen pairn auf dem wazzer, fo geit er... gmerr 
phenninge, an von getraide vnd von mein alfein. Cf. 
p..25 et 25. : 

#*) L.c. p.58. Dod von befundern gitaden, fo erlouben wir ei: 
nem erbern manne, Der ſein wert it, ain Tafernig, nuer 
gu vier vrn oder minner, in ſeinem hous felb ge trinchen, 
oder vereren, und nicht vmb phenning ge geben. 


È va 510 see 

in Oeſterreich, und um foviel mebr fur die kleineren 
Marfte und Dorfer find erlaffen morden; aber bald 
mufte man fil Ausnabmsprivilegien zu verſchaffen 
und erhielt die Erlaubniß, Italieniſche Weine einzu⸗ 
führen. Ein ſolches Privilegium hat H. Albrecht 1368 
den Bürgern von Enns ertheilet, ſie aber auch zugleich 
verpflichtet, daß ſie von dieſen Weinen den vorgeſchrie⸗ 
benen Zoll entrichten, und dieſelben auf der Straße 
über Zeyring einführen follten*). Der Mangel be: 
ſtimmter Begriffe über die Natur des Handels und 
der Erforderniſſe, das Wohl des Staates auf feſten 
Grundlagen zu ſichern, brachte dieſes Schwanken der 
Geſetzgeber in ſich widerſprechenden Handelsverord⸗ 
nungen hervor. Vergebens hatte der H. Rudolph noch 
im Jahre 1364 befohlen, daß man vorzüglich auf frem⸗ 
de durchreiſende Kaufleute ein obachtſames Auge ha⸗ 
ben muffe, damit ſie nicht ausländiſche Weine ben ib: 
rem Durchzug in den Oeſterreichiſchen Provinzen ab: 
legem und verfaufen fonnten**); fein Bruder und 
Nacdfolger in der Regierung, Albrecht der Dritte, 

mar viel zu wankelmüthig, als daß er das Ziel feines 
Vorgangers verfolgt batte. Sin Jahre 1368 erlaubt 
er, wie mir gleid) vernommen baben, den Burger 
von Enns, Stalienifhe Weine nad Hefterreid) ju 
. bringen, und im folgenden Sabre ernenerte er das 
Verboth feine8 Vaters, ausländiſche Weine in den 
Burgfrieden von Wien cinzufiibren***). Defto mehr 
fällt die Erlaubniß auf, die er 1370 den Wienern er: 
theilte, cine Taberne qu errichten, in welcher alle Hat- 
tungen auslandifcher Weine verfauft werden durf- 





*) Beylage Nro, LII. 
#*) Pelzel, K. Karl der Bierte. Th. II, 6.536. 
. #**) Rauch, lic. p.iaas; 


uv 320 vu 


ten*). Da ſowohl das Verboth als audi die Erlaub⸗ 
nif, ausländiſche Weine einzuführen, vom ©. UE 
bredt als cine befondere Gnade zur Aufnabme und 
Woblfarth der Stadt Wien gegeben wurde, fo fann 
fein Zweifel übrig bleiben, daß man noch keineswegs 
mit ſich ſelbſt einig war, ob man durch Einſchränkung 
oder Freyheit des Handels mit gewiſſen ausländiſchen 
Waaren das Wohl der Unterthanen mehr befördern 
könne. Unter den damahligen Regierungsgrundſätzen 
behauptete das Zollweſen den erſten Rang; dieſem 
mußten alle andere Rückſichten weichen. 

In den folgenden Zeiten wurde die Einfuhr aus— 
ländiſcher Weine bald verbothen, bald wieder erlaubt. 
Letzteres geſchah vorzüglich aus der Urſache, um der 
Theurung und den hohen Preiſen des Weines Ein— 
halt zu thun**). Die Verbothe Ungariſcher Weine 
wurden auch ſpäter noch ernenert***). Vom Brannt⸗ 
wein kann in früheren Zeiten keine Erwähnung geſche⸗ 
Ben, da er cine ſpätere Erfindung iſt Rex),; aber ge⸗ 





*)L.c.p.i14. Wir haben durch Ir (der Wiener) und der 
Stat nucze vnd frumen millen In die genad getan, das fi 
furbas in Der Stat je wienn ein gemain offenn taffern baben 
ſchullen ind mugen welſch weynn oder anderley fromd 
weynn wie Die genant ſind, ewigleich der Stat ge nucz dar 
in ſchenkchen vnd verfauffen. J— 

**) Guarient, Th. J. S. 457. Verordnung È. Rudolphs des 
Zweyten vom Jahre 1602. Er befahl, „daß insgemein 
maͤnniglichen die freye Ein = und Zufuhr Der Ungariſchen, 
Oeſterreichiſchen, und allerley ober=-und auslaͤndiſchen 
Meine... erfaubt ſeyn ſolle.““ Man ſehe auch Th IL 
S. 418. Ì En 

#4) Guarient, Th. IL. S. 422. Verordnung È. Ferdinands 
des Dritte vom Fabre 1649. * 

uri) Beckmann, Beytraͤge, Th. I. S. 33, tf. — ENI 
S. 277. — Uiber das Branntmein Verfertigen aus Ge- 
treide, — „aus Holler, Obft, Attih und andern dem Metis 


da 
4 as 3521 sea 


kochte Weine bat man audi in Oeſterreich zu bereiten 
> gerftamden*). 00 o 

Daß der Handel mit fremden Weinen cine lange 
Zeit bindurd in Defterreid) verbothen mar, batte als 
Terdings feine gute Urfade. Daf man aber den Unters 
thanen auch fogar den Handel mit inländiſchen Wei 
men febr erſchwerte, läßt ſich gewiß nicht billigen. Zum 
Soaden und zur Bevortheilung Des ganzen Volkes 
batten nur die landesfürſtlichen Bürger und menige 
Begünſtigte das Redt mit Wein zu bandeln. Die 
Herrſchaften ubten mit den Getränken aller Art ein 
| mod) weit ſchlimmeres Vorredt aus, indem fie in ibe 
ren BezirFen den Gaſtwirthen Wein und Bier um ei: 
men ihnen beliebigen Werth aufnotbigten und es ihnen 
ſcharf unterfagten, andersmo cin Getränk zu faufen. 
Dieß nannte mandamabls das Vorlegrecht. DerWein⸗ 
bandel mar alfo wieder cin Monopolium Des Udels 
und der Bürger, welche forgfaltig dariiber wachten, 
daß ja niemand aus der Fremde, wenn er gleich ebent 
{o , mie fie, ein Oeſterreichiſcher Unterthan mar, es 
wagte, einen Wein in ihr Gebieth zu bringen und ibn 





ſchen ſchaͤdlichen Krautern und Samen, fonderlid aber zu 

hitzigen Fiebern und Infectionszeiten“ — finden ſich Ver: 
ordnungen von 1594 big 1699 bey Guarient, Tp. I 
S. 223), inf. 

#) Cod. Aufir. Th. II. S. 244. Die Bubereitung der Wei: 
ne — „von Quitten- Margaranten: Weinſchaͤrling- und 
Ribefelfaft// — mar ein Gegenftand der Apothekerkunſt. 
Daber mag auch der Napme, vinum medicinale, gekom— 

‘ men fepn. Cf. Denis, Codices manufcripti bibliothecae 
,Palatinae. P.I. p. 852. — Obne Zweifel kannte man auch 
in Defterreid Weine, die mit Honig und Gewuͤrzen guberei: 
tet waren; ihre Nahmen maren : Elaret, Pigment, und Hip⸗ 
pocras : ein Lieblingsgetranf der Nitter. Do Sainte Palaye, 
Das MNittermefen des Mittelalterd, uͤberſetzt von Koh. Lud⸗ 
wig Kluͤber. Nuͤrnberg, 1786. Th. I. S. ab. 
21 


Pit 


22 322 Pea 


dort gu verfaufen. Wer fo cin Handelsgeſchäft untere 
nebmen wollte, bedurfte mieder eines befonderen Pri⸗ 
vilegium$, wovon mir cin Paar Benfpiele anführen 

mollen, K. Friedrich der Schöne erlaubte 1319 Dem 

Stifte Kloſterneuburg, jährlich fünfzehn Fuder Wein 

in der Stadt Enns auszuſchenken oder auch in Fäßern 

zu verkaufen *). Dagegen erhielten die Burger von 

Enns 1358 Die Freyheit, nad Gmunden und Vöck— 

labruck mit Wein und Getreide zu handeln**). Die 
Bürger von Stockerau durften zwar vermöge eines 

alten Privilegiums, das ihnen K. Friedrich 1327 ere 

neuert hat, mit Wein, Getreide und Holz in Oeſter⸗ 

reich ſelbſt, aber keineswegs in das Ausland Handel 
treiben **). Auf dieſe Weiſe geſchah es auch bey dem 

Weinhandel, daß ſchädliche, ein Monopolium begun: 

ſtigende Privilegien durch andere Privilegien wieder 
gehindert wurden, einen gar gu großen Schaden an 

zurichten. 


*) Mar. Fifcher, erfmirdigere Schickſale des Stiftes und 
der Stadt Klofterneuburg. Im Urfundenbud, S. 349. 
#) Wir Albrecht. . enbieten vnſern getreton, dem Ritter vnd 
Purigern ze vecffapruf vnfer gnad vnd alles gut. Wir fein 
Des vberain fvorden, Daz vnfer puriger von Enns mit mein 
vnd mit getraide fullen aribaiten vntz ping deitt Stadi fober: 
halb Lambach) und dann reiten gen Gmundn oder gen vecla⸗ 
pruf, und denfelben mein oder getraid daſelbs verchamffen. 
» Gebieten wir em gar ernſtleich vnd wellen, daz ir fp daran 
nicht enget noch irtet in dbainem meg. Geben ge lincz ant 
Phineztag vor Johans maptifte (den 21. Junius) anno do- 
mini MCCCL octauo.“ — Eine zweyte ganz gleichlauten⸗ 
de Urkunde wurde an demſelben Tage an die viper von 
Gmunden ausgefertiget. 

#4*) Ludewig, Reliqu. MSS. T. IV. p. 238. Manches was 
den Weinhandel aͤlterer Zeiten betrifft, iſt ſchon weiter 
oben in den Abſchnitten uͤber das ausſchließende Handels— 
befugniß der Buͤrger und uber die Meilenrechte vorgetra:, 
gen worden. 





* 325 due 


10 Daf unfre Ultvordern den Wein liebten und def: 
fen Anbau mit grofem Fleife beſorgten, wird ihnen 
hoffentlich niemand verargen. Daß ſie aber auch in 
ſehr kalten Gegenden Oeſterreichs, und ſogar im Nor⸗ 
Den des Landes ob der Enns, welchen der rauhe, uns 
wirthbare Böhmerwald umzingelt, Weinberge anlege 
ten und ſich mit cimem effigfauren Safte erquiditen, 
verräth Feinen guten fondern einen ſehr abgeftumpften 
Geſchmack. Schon im achten Jahrhundert erſcheinen 
Weingärten in den Umgebungen von Aſchach oberhalb 
Eferding, von welchen ſich einige Miberbleibfel big auf 
den heutigen Tag erhalten haben. Rechnen es Wein⸗ 
kenner unter die martervollen Strafen, ſo einen Wein 
trinken zu müſſen: was für ein Urtheil würden ſie erſt 
über Weine fällen, die auf den rauhen kalten Bergen 
des oberen Mühlviertels einſtens gewachſen ſind? Und 
doch hat man auch dort, wo nur wenige Obſtſorten ge⸗ 
deihen, ſchon vor tauſend Jahren Reben gepflanzt. 
Herzog Thaſſilo ſchenkte dem von ihm neu geſtifteten 
Kloſter Kremsmünſter zwey Weingärten zu Aſchach, 
und drey am Rotelfluß im heutigen oberen Mühlvier⸗ 
tel, und K. Carl der Große beſtätigte dieſe Beſitzun— 
gen demſelben in einer eigenen Urkunde *). Im drey⸗ 
zehnten und vierzehnten Jahrhundert machen Urkun⸗ 
den verſchiedener Klöſter von Weingärten; und Urba: 
rien mehrerer Herrſchaften und Pfarrhöfe von Wein— 
zehenten in dieſer kalten Gegend noch häufig Erwäh— 
nung. In den wilden Bergen der Pfarren Walding, 
St. Gotthard, St. Martin und Feldkirchen beſann 
man ſich endlich doch eines Beſſeren, rottete die Dein: 
reben aus und ſäete Rocken an, der dort vortrefflich 





*) Rettenpacher, Annal. monaſt. Cremifan. p. 26. Tra- 
dimns ad Aſcha duas wineas, et ad Raotula tres, et 
totidem vinitores. C£. p. 29. 


— 


e 352/ <«-n 


gedeiht. Str den flachen Gegenden um Feldkirchen 
wurden erſt in unſeren Tagen die Weingärten in Korn⸗ 
felder verwandelt, was im unteren Mühlviertel um 
ein Paar Jahrhunderte früher geſchah. 

Beynahe das Nämliche gilt auch vom Tranne und 
Hausruckviertel, mo es in früheren Zeiten ebenfalls 
Weingärten gegeben bat, mas aus alten Zehentregi⸗ 
ſtern hervorgeht. Den Weinzehent in den Pfarren 
Linz und Tabirsheim bat 1111 der Biſchof Udalrich 
von Paffau dem Rlofter St. Florian geſchenkt 9. 
Aber auch dDort wurden ſchon frühzeitig die Weingär⸗ 
ten in Ackerland verwandelt, was wir aus einer Ver⸗ 
ordnung K Friedrichs des Vierten abnehmen können. 





HIn der noch —— Urkunde heißt es: —— 
uini tota in duabuf parrochiif' Tabirfheim et Lintze, et 
ad Atha tref uineal in facrificitm altarium ipfius mona- 
fierii contulimufi — Tabirsheim, Tauersheim oder Tae 
versheim ift Die Pfarre St. Peter in der Bizlau zwiſchen 
Ebelsberg und Linz, einſtens die Mutterkirche der Filiale 
St. Magdalena im Hafefgraben auf der Nordfeite der 
Donau, unterhalb des Marftes Ufer bey Linz. Das Dorf 
Tauersheim hat bis jetzt den alten Nahmen behalten. Vor 
einigen Jahren wußte id dieſe Pfarre nicht anzugeben. 
Man vergleiche meine Beytraͤge, Th, II. S. 480 — 483. 
Daf die Mutterfirde auf dem rechten, die Filialkirche auf 
dem linken Donauufer liegt, darf uns nicht befremben. Die 
Pfarrbezirfe erfirediten ſich ja nody in unferen Tagen big _ 
ur neuen Pfarreintheilung gar oft uͤber die Donau pimiber. 
‘Im Sabre 1682 gehoͤrten Bauernhoͤfe ben Luftenberg ober= 
halb Stenred noch zur Pfarre St. Florian. — Von Wein— 
garten im Dorfe St. Florian ſelbſt macht der Vifchof Alt- 
mann im Fabre 1071 Ermahnung. Gn feiner Reftanra- 
tiong-Urfunde heißt es: Villam in qua ipfum monafte 
rium fundatum ef. cum.omnibus ad eam pertinentibus, 
agri( fcilicet et uinetif. ete. Die Granzen des Dorfes St. 
Gfovian gibt cine Urfunde vom. J. 112: an: In fummitate 
montif defcendit per feptentrionem ufque —* terminum 
uinearum ad orientem. 


X 


Dieſer Monarch war zu Ende des fünfzehnten Jahr⸗ 
hunderts für den Weinbau in Oberöſterreich noch fo 
ſehr eingenommen, daß er Allen, welche i in der Gegend 
von Linz Weingärten anlegen würden, grofi Begün⸗ 
ſtigungen zugeſagt bat *). Sn den Weinländern bat er 
14409 das Bierbrauen und Schenken ganzlid) verbo: 
then; nur den Hausherren und ibrem Gefinde erlaubte 
er in ibren eigenen Häuſern Bier zu trinfen *). — 
Das fogenannte Märzenbier war in Oeſterreich ſchon 
im fünfzehnten Jahrhundert als eine alte Sache be— 
KAann 

Ein ſonderbares Privilegium H. Albrechts erlaub⸗ 
te den Bürgern von Enns im Sabre 1379, daß ſie 
jährlich zwiſchen Lichtmeſſen und Georgi Tag ſechzig 
Dreyling Bier bräuen und ausſchenken durften, aber 
nicht mehr. Zu dieſem Geſchäfte ſollte der Stadtrath 
ſechs Männer beſtimmen, welche in der Stadt ſeßhaft 
und gu einer ſchweren Arbeit untauglich ſind *x*). 


*) In dem Stadtarchiv zu Linz findet ſich folgender Negie: 
rungsbefehl an die dortigen Buͤrger ohne Jahresangabe: 
„Allenn vnd yeglichen ſey ze wiſſen. Der allerdurchlewchti⸗ 
giſte Fuͤrſt vnd Herr Friderich Roͤm. Kaiser vnnser allergne— 
digiſter Herr erlawbt allen vnd yedem, Welh weingartpaw 
auf Iren gruͤntn zu ainer Meyl weyt vnd prayt vmb die 
Stat Lynntz von New wellen Pawn vnd arbaitn Lassen, 
Sat fein fan. genad dieſelbn grundt fuͤran gefrewdt, Das 
Sy Zedenndt Stewr vnd Perigkhrecht frey ſein ſullenn.“ 

HGuarient, Th. J. S. 217. 

***) Beylage Nro. XXXII. 

vst) Mir Albrecht von gots gnaden Hertzog ze Oeſtereich .. Be⸗ 
chennen vnd tun kunt offenlich mit diſem Brief, Daz die er— 
bern vnſer getreton .. Die Purger von Ens für vns komen 
vnd chlagten vns, mie Si grozze vnd manigerlay gepreften 
hieten, von des Pier prewn wegen, davon Si vnd diſelben 
vnſer Stat ze Ens in kunftigen zeiten ze merklichen vnd 
nemlichen ſcheden komen mechten, Nu haben wir angeſehen 
vnd betracht diſelben ir klag vnd gepreſten, vnd haben in die 





4% 520 sua 


Aus Mangel der Renntnif der naberen Umſtände und 
Verbaltniffe bleibt uns der Inhalt diefer Urfunde 
dunkel. 

In den Urkunden von Freyſtadt und einigen 
Märkten des Mühlviertels geſchieht Erwähnung von 
der Ausfuhr des Biers nach Böhmen, die aber uns 
moglid von grofer Bedeutung gemefen fepn fann, 
denn das Bier der Böhmen und ihr Handel mit diefem 
Getranf find feit den früheſten Zeiten allgemein ans 
geriibmt worden. Fubrten deffen ungeachtet die Des 
ſterreicher ein Bier in das angranzende Bohmen, 
fo fann dieß nur von einer Zeit der Noth, und von we⸗ 
nigen nod) deren Gegenden am Böhmerwald gelten. 
Moglich mare es auch, daf man den Böhmen ein 
Marzenbier aus Oeſterreich zugeführt batte. 

Von der Ausfuhr des Getreides in die benachbar⸗ 
ten Provinzen machen mebrere Urkunden und Zollpas 
tente Meldung; von grofier Wichtigkeit fann aber der 
Getreidebandel in das Ausland nicht gemefen fenn, 
Dent Die angranzenden Lander: Bayern, Bopmen, 
Mähren und Ungarn famen von jeber an Fruchtbar⸗ 
Feit des Bodens unferem Defterreid) gleich oder über⸗ 
trafen es noch. Nur eine plogliche Noth, durch Hagel: 





gnad getan, und tun aud, daz Si ierlich zwiſchen vnfer 
framntag ze der Lichtmeſſe, nnd dem neften (fic) fand For: 
gen tag Darnach Premn verſchenken vnd vertun fuln vnd 
mugen Sechtzig Dreiling pier, ez ſey in grozzen oder in 
klainen vefilein und nicht mer, Vnd fol der Nat daſelbs fe 
Ens Sechs darzu alle iar memen vnd fepen, die ge End ges 
ſezzen vnd fefbaft fein und die grojzer vnd anderer arbait 
nicht pflegen noch treiben fiinnen noch verbringen alt das 
von alter ber fomen if, mit vrfund dig brifs Geben ze 
mienn an Suntag alz man finget Oeculi in der vaften (am 
15. Marz) nad friftà gepurde Dreutzehen Hundert Far 
darnac in dem Newn vnd Sybenpigiften Fare. 


ass 35)7 eco 


ſchlag, Rriegsverbeerungen oder Mißwachs herbey ge⸗ 
fuͤhrt, konnte die genannten Völker zwingen, in Oeſter⸗ 
reich Abhülfe ihres Mangels zu ſuchen, wie dieß auch 
in den neueſten Zeiten ſchon öfter der Fall geweſen iſt. 
Gewöhnlicher geſchah aber das Gegentheil; es wurde 
aus dem Ausland Getreide aller Art nach Oeſterreich 
zugeführt ). Eine ſolche gegenſeitige Aushülfe war 
damahls deſto nöthiger, je groͤßer in allen Ländern die 
Sorgloſigkeit der Regierungen für die Herbeyſchaf— 
fung der Lebensmittel zur Zeit der Noth geweſen iſt. 
Das gemeine Volk blieb ſich in ſolchen Fallen ſelbſt 
überlaſſen und hülflos, konnte ſich des ungeheuren 
Preiſes halber kein Brod anſchaffen, und wurde leider 
nur gar zu oft dem ſchrecklichen Hungertode Preis ge⸗ 
geben. Was dieſem entging, ward ein Opfer der nach— 
folgenden Seuche, die unter den Armen große Verhee— 
rungen anrichtete *). 

Wichtiger iſt ohne Zweifel der Eiſenhandel Oeſter⸗ 
reichs in das Ausland geweſen. So gewiß wir dieſes 
vorausſetzen dürfen, ſo ſind die Nachrichten hierüber 
dennoch ſehr ſparſam und ungenügend. Die Stadt 
Steyr genoß ſchon ſeit den früheren Zeiten das 
Vorrecht einer Eiſenniederlage und einer gänzlichen 
Mauthfreyheit für alles Eiſen, das in die Stadt 
eingeführt wurde ***). Aus dem Zollprivilegium, 





*) Rauch, J. c. p. 29. Gin igleich gaſt auzzer landes, welcher⸗ 
laie er herfuͤrt getraide, der geit von dem wagen zwen phen⸗ 
ninge. — p. 25: Ein gaſt der getraide fuͤrt her von vn⸗ 
gern, der geit von dem mutte given phenning. — Man ver: 
gleiche damit auch die Beylage Nro. XLV. A. 

®*) Gine allgemein befannte Sade bedarf nicht vieler Bemei- 
fe. n den Ehronifen bey Pez, T.I. p.375 et482; T. II. 
p- 262, 785, und an vielen anderen Stellen geſchieht von 
Sungersnoth Mefdbung. 

#3*) Preuenhuber, S. 36. Quicunque ferrum vel ligna duxerit 
ad civitatem vendenda, per triduum ibi remanat. 


lati 328 2* 


⸗ 

welches H. Albrecht 1287 den Bürgern von Steyr 
verliehen hat, erſieht man auch, durch welche Gegenden 
ihr Waarenzug gegangen iſt: über Claus, Rotten⸗ 
mann, Katzling oder Zeyring nach ———— 
und Venedig *); auch nad Regensburg und Mine 
chen**); nach Wien, Böhmen und Mabren***). Der 
Gifenbandel im Inlande war den Steyrern mit den 
Bürgern der übrigen Stadte gemein, Aud in Waids 
bofen an der Ips wurde viel Eiſen verarbeitet; daff 
aber Stepr meit mehr begunftiget war, erbellet aus 
dem Verboth 5. Albrechts vom Sabre 1371, da 
nach Waidbofen nicht mehr Eifen, al$ man dort gue 
Arbeit nöthig babe, dürfe gebracbt werden; alles an: 
Dere mußte man nad) Steyr und Enus bringen, da: 
mit das Monopolium der dortigen Bürger aufrecht 
erhalten wurde. Die Einfubr des fremden Eiſens war 
ganz unterſagt ****), 

In Wien gab es Eiſenarbeiter verſchiedener Art, 
welche das Privilegium hatten, keine Wagenmauth 


#) L. c. In Claufa de rebus ſnis, quas ibidem traduxerint, 
nullum folvant teloneum five mutam, in Rotenmono 
vero, in Kazling et apud Dietmanfperg de Sauma folve- 
re pro muitta duos denarios teneantur. . In Ratisbona de 
eo, quod comparaverit vel vendiderit civis Styrenfis, 
duos denarios pro thelonio tantum folvat. Vom Handel 
der Oeſterreichiſchen Staͤdte nach Venedig iſt ſchon weiter 
oben Erwaͤhnung geſchehen. Preuenhuber ſpricht vom Han⸗ 
del der Steyrer dorthin S. 57. 

*) Da H Otto, mie wir an einem andern Orte vernommen 
haben, den Muͤnchnern einen freyen Handel nad Wien ge— 
ftattet hat, ſo verftebt ſich von ſelbſt, daß den Oeſterreichern 
dieſelbe Freyheit in Muͤnchen ertheilet wurde. 

«**) Man erinnere ſich an vie oben angefuͤhrten Handelsvertraͤ⸗ 
ge zwiſchen Boͤhmen und Oeſterreich. Von dem Eiſenhandel 
nach Boͤhmen geſchieht auch Meldung in den Urkunden von 
Freyſtadt und Leonfelden. 

#44) Preuenhuber, S. 56. 





oo 029 n 


für ihre Waaren zu erlegen, wenn fie diefelben in das 
Ausland verführten ). K. Friedrichs Mauthgeſetz 
vom Jahre 1320 macht nur in allgemeinen Ausdrü⸗— 
cken Meldung von dem Eiſen, welches dort von Aus⸗ 
ländern gekauft und ausgeführt wurde **). Die fpates 
ren Verordnungen über den Eiſenhandel enthalten 
nichts Merkwürdiges ***). Die Oeſterreichiſchen Sen: 
ſen und Sicheln ſind auch außerhalb unſers Welttheils 
bekannt; indeſſen müſſen ſie doch ſpät einen hohen 
Grad der Vollkommenheit erreicht haben um Aufſe— 
ben zu machen, denn von unſern Senſenſchmieden ge⸗ 
ſchieht in Urkunden erſt im ſechzehnten, und häufiger 
noch im ſiebenzehnten Jahrhundert Erwähnung. 

Daf man Leinen⸗ und Wollenwaaren son Ober⸗ 
öſterreich nach Wien, und von dort noch meiter vere 
führte, fagt K. Friedrichs Mautbprivilegium vom 
Sabre 1320 für diefelbe Stadt aus ****). Eben daf= 
ſelbe fegt es aufier Zweifel, daß man mit Häuten von 
Wien nad) Venedig gehandelt bat 99944), 

Daf der Hopfenbau einſtens in Oeſterreich mebr 
als jebt getrieben wurde, erbellet aus vielen alten Ur 


*) Rauch, l. c. p.24. Iſt daz ain Hantwercher der bie in der 
ftat gefezzefì ift, erfei ein fimit, ſchlozzer, oder ein fporer, 
oder welcherlaye eiſenwerch iz fei, daz er felbe wuͤrchet, mil 
er iz vzzer landes fitrn, fo fool er nicht wagenmaut geben, 
denne fein purdmaut, zwen phenninge an dem tor. 

%*) L. c. p. 19. Alle geft, die irn chaufſchatz hie verchauft habent, 
ond andern chaufſchatz von hinnen furn mellent , iz fei 
Chramgemant, iveinftain, Eifen, oder wie iz genant ift, 
geit Der gaft fein phontmavt, fo ifter ledich an dem tor. 

8%) Guarient, Th.I. S. 317 — 321. 

#44) Rauch, l.c. p.20. — Gm Jahre 1715 erließ È. Carl eine 
fange Verordnung fiir die Zunft der Weber, denen neuer: 
dings erfaubt wurde, Loden, Miſchling und Bauerntuch zu 
verfertigen und felbft zu malfen. Cod, Aufir. Th. III 
GS. 792. 

»*##)L, c. p.24. Man pergleidhe die Beylage Nro, LIII, 





ee 33() «è 


barien verſchiedener Herrſchaften. Diefem ftimmet K. 
Friedrichs oft genanntes Privilegium bey, welches 
vom Hopfen Meldung macht, der aus Oeſterreich nach 
Bayern und fogar auch nach Böhmen verführt wur— 
de *); darunter mag ſich aber auch ausländiſcher 
Hopfen befunden haben. 

Ein Verzeichniß der Zollabgaben für verſchiedene 
Handelsgegenſtände zeigt uns die Waaren an, die im 
fünfzehnten Jahrhundert aus Oeſterreich nach Vene— 
dig ausgeführt wurden **); aber darunter befinden 
ſich offenbar fehr viele ausländiſche Producte, mit 
welchen in unferm Vaterlande nur cin Zwiſchenhandel 
getrieben wurde, als: Kupfer, Finn, Queckſilber ***), 
1. ſ. w. — Dieß ift alles, was ſich in den älteren 
Seiten von der Uusfubr Oeſterreichiſcher Waaren ins: 
Ausland mit voller Gewißheit fagen last. 


*)L. c. p. 17 et 24. Vom Hopfen und dem fruͤhzeitigen Ge- 
brauch deffelben zur Verfertigung des Biers handelt veck 
mann, Beytraͤge, Th. V. S. 206, u. f. 

***) Beylage Nro. LII. 

) Vom Queckſilber, das durch — nad Venedig ge⸗ 
fuͤhrt wurde, geſchieht oͤfter Erwaͤhnung. Bey Guarient, 
Th. II. S. 198, findet ſich eine Verordnung È. Ferdinands 
vom Sabre 1526, in welcher es heißt: „Wir tragen nicht 
Zweifel, euch ſey gut wiſſend und kund gethan, wie und was 
geſtalt Unſer Bergwerk in Idria durch Uns und die Gewer⸗ 
ken daſelbſt erhebet, in Aufnehmen und Weſen gebracht und 
erhalten worden dermaſſen, daß darvon das Queckſilber 
und Zinnober eine Zeit hero in gutem Werth verhantiret, 
verfuͤhrt, und alſo Uns und denen Gewerken merklich daran 
gelegen iſt, damit ſolches Bergwerk in Weſen und Werthen 
behalten merde. Nun ſeyn Mir aber berichtet, wie an dem 





Boheimermald außerhalb Unferer erblichen Landen auch ein 


Bergwerk aufgericht, darin jetzt jaͤhrlichen in zweyhundert 
Centner Queckſilber und Zinnober gemacht. und durch 
unſere Lande in Italien und andere Ende zu verfuͤhren ſich 
unterfteben ſollen.“ — Deswegen wurde die Durchfuhr 
gaͤnzlich verbothen. 


no 351 ⸗ 
Achtzehnter Abſchnitt. 
Einfuhr fremder Waaren nach Oeſterreich. 


Mögen die Oeſterreicher gleich noch viele andere 
inländiſche Produete ausgeführt haben, ohne daß wir 
ſie nahmentlich angeben können, ſo blieb ihr Handel 
doch immer weit zurück, wenn wir ihn mit dem Handel 
der Ausländer vergleichen, welche fremde Waaren 
nach Oeſterreich brachten. Lebensmittel, vorzüglich 
Schlachtvieh und Fiſche mancher Art; verſchiedene 
Metalle, nur das Eiſen ausgenommen; Tücher und 
Zeuge; endlich auch mancherley Luxusartikel wurden 
in Sefterreid) in fo grofier Menge eingeführt, daf 
ſich unfre Landesfurften, freylich etwas fpat, genöthi—⸗ 
get faben, VBorfebrungen zu treffen, daf nicht alles 
Geld ins Ausland manderte und der Staat nicht gänz⸗ 
lib erarmte. Luxusverbothe und Kleiderordnungen 
halfen, was ſich leicht vorausſehen ließ, dem Uibel 
nur wenig ab, und beſchränkten gar zu ſehr die Frey⸗ 
heit der Unterthanen, des Kunſtfleißes und der Ges 
werbe. Un die Errichtung der Fabriken, welche die 
nöthigen Produete im Inland erzeugten, hat man 
erſt in den letzten zwey Jahrhunderten gedacht *). 





*) Die Wollenzeng-Fabvif in Linz nahm gu Ende des ſiebzehn⸗ 
ten Sahrbunderts ibren Anfang und madte grofies Auffe- 
ben. Guarient, Th.I. S. 271, und Eh. IT. S. 780 und 
858. Andere Fabrifen verdienen faum genannt ju werden, 
mie 3.B. Adam Ignatius Hoͤger's Fabrif, in welcher aus 

Weinkoͤrnern ein Oehl verfertiget wurde, und die 1708 ein 
Privifegium erbalten hat. A. a. I. S.593 und 634. — 
Sranz Clari 309 aus den gepreften Weintrauben eine 
Quinteffenz, und wurde 1624 mit einem Privilegium be⸗ 
gnadiget. Guarient, Th. IT. S. 198. — Fur die Seidenfa= 
brifanten erlief K. Leopold 1669 cin ermunterndes Privi= 
legium. S. 295. 


ne» 352 live 


Auf diefe Weiſe blieb Oeſterreich lange Zeit hindurch 
von fremden Kaufleuten abbangig, die ibre Waaren 
mit reichlichem Gewinn dort abfebten und Wigebeure 
Summen mit fi fortſchleppten. 

Wir übergehen die Gewuͤrze, deren Gebrauch in 
früheren Zeiten weit ſtärker als ſpäterhin war *), 
mit Stillſchweigen, und führen nur die merkwürdi—⸗ 
geren ausländiſchen Handelsartikel an, welche fremde 
Kaufleute nach Oeſterreich brachten. Unter dieſen 
nahmen Tücher und Zeuge den vorzüglichſten Platz 


sit). 





2) Sogar alé Zollabgabe und in Kriegen und Fehden als 
Brandſchatzung wurden Gewuͤrʒe gefordert. Der H. Otto⸗ 
kar ſagt in der Urkunde fuͤr die Regensburger 1190, apud 
Scheid, l c. Mercatores ultra terminos venientes, vidéli- 
cet de Mastrichet, idem de Colonia dimidium fertonem 
vini, libras piporie tres, duos calceos et.cyrotecas duas 
nobis dabunt, — In der Fehde mit dem È Friedrich 1477 
begehrten dieBritder Heinridh und Epriftop ph von Lichten⸗ 
ftein vom Alofter St. Florian alè Brandfdagung tauſend 
Ungariſche Gulden .. vier Pfund Saffran, zehn Pfund 
Pfeffer, zehn Pfund Ingber, u. f. w. Oeſterreich unter È. 
Friedrich dem Vierten, TO. TI, S. 127. — Fn der Beplage 
Nro. LIT. heift eg ebenfalls: „Was ein purger auff wagen 

— son Venedig furt, Da gent ervon ein Pfund pfeffer.“ — 
Die NMeaengburger bezablten im vierzebnten Fabrbundert 
den Grafen von Schaumberg fuͤr ein jedes Schiff als Zoll⸗ 
abgabe zwey und dreißig Pfennige, zwey Pfund Pfeffer, 
u, ſ. w. Gemeiner, Chronif, Sh.I. S. 557, u. f. 

*) Zu leichterer Verſtaͤndlichkeit der alten Woͤrter in Urkun— 
den, die von Tuchern und Zeugen aller Art Meldung ma: 
chen, bemerken wir, daß Wat, Wad, Wand und Gewand 
sein Gewebe aus Garn, Seide oder Wolle bedeute, befon: 

ders aber fo fern es gu einem Kleidungsſtuͤcke beſtimmt ift. 
Sn engerer Bedeutung bezeichnet es ein wollenes Gewebe, 
ein Tuch, und auch cin Kleidungsſtuͤck. Ein Gemandfdnei- 
‘ber war cin Kramer, welcher berechtiget mar, mollene Tui- 
cher und Zeuge auszuſchneiden oder nad der Elle gu per: 


Tuchfabrikanten fommen in Defterreid zu Wien 
amd Krems ſchon frilbzeitig vor; es mar ihnen dort 
ein eigener Marktplatz angewieſen, wie wir dieſes 
ſchon weiter oben vernommen haben. Im fünfzehnten 
Jahrhundert werden Tücher von Tuln genannt, welche 
von ſehr gemeiner Art müſſen geweſen ſeyn, da man ſie 
qu Kleidungen armer Leute beſtimmte *). Dieſe Tuch⸗ 
macher⸗Innungen reichten aber bey weiten nicht aus, 
Oeſterreich mit den nöthigen Tüchern zu verſehen, und 
noch viel weniger waren ſie im Stande, feine Tücher, 
wie ſie der damahlige Luxus verlangte, zu erzeugen. 
Wollten Fürſten, Grafen und Ritter in voller Pracht 
erſcheinen, ſo ſahen ſie ſich genöthiget, zum Auslande 
ihre Zuflucht zu nehmen, und ſich von dorther feine, 
ſchön gefärbte Tücher und Gold: und Silberſtoffe 
kommen zu laſſen. Ausländiſche Kaufleute ſorgten 
reichlich dafür, daß an dieſen Waaren in Oeſterreich 
kein Mangel erſchien, und aus Italien, aus den Nies 
derlanden, und aus vielen damabls blubenden Gan: 
delsftadten murden and aus meiter Entfernung grofe 
Vorrdthe von Tüchern und reichen Heugen berbenges 
ſchafft. Nus vielen Belegen heben wir nur cinige qus, 
um unfre Behauptung zu erproben. 

Sn den Urfunden, welche H. Ottofar 1100, und 
H. Leopold 1192 den Regensburgernverlieben haben, 
werden Rauflente son Coͤln, Aachen, Um und Ma: 





faufen. Daher Jus incidendi pannos ad ulnam, incifor 
‘ ‘pamni, pannicida. Cf. Wachter, Glofsarium, v. Wad ct 
© Wand.— Haltans, v. Gewandfchnitt. 
*) Hopened, Genealogiſch-⸗hiſtoriſche Beſchreibung der Stin- 
de. E). UI.S. 597. Der Nitter Hans von Norbad vers. 
ordnete 1435 imfeinem fonderbaren Teffamente unter ans 
dern Dingen Folgendes: „Bey feiner Begraͤbniß foll'man 
anvep und dreyßig armen Leuten, jedem funf Ellen Tulner 
Tuch, und drey Pfenning geben.“ 


ose 33/ «- 


ſtrich, und unter ihren Waaren ausdrücklich Tücher 
erwähnet *). Die verſchwenderiſche Pracht, welche 
in der erſten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts 
bey Ritterſpielen in Oeſterreich herrſchte, beſchreibt 
uns Ulrich von Lichtenſtein *). Um von Rittern nicht 
übertroffen zu werden, bothen die Fürſten alles Mög— 
liche auf, in einer unerreichbaren Glorie zu erſcheinen. 
Im Fabre 1261 feyerte È. Ottokar die Vermählung 
ſeiner Nichte Kunigunde mit dem Prinzen Vela von 
Ungarn mit einer außerordentlichen Pracht und Vere 
ſchwendung. Von koſtbaren Tüchern und Seidenzeu⸗ 
gen, die man dabey bewunderte, nennt uns Horneck 
folgende: Den Rittern, die zum Turnier auserwählet 
wurden, gab K. Ottokar Hüuͤte, die halb mit rothem, 
halb mit weißem Zendel überzogen waren. Die Sitze 
fur die hohen Gäſte waren mit breitem Sammet, mit 
Paltikein und Pliat bedeckt ***). Der Brautrock wurde 


*) scheid, Lc. Si pannum inciſum hospes uni civium 
dederit, ete. Ad quantitatem pannorum, qui de Colonia 
ligati veniunt, etc. Currus vellium. di 

®*) Frauendienft, perausgegeben von Ludwig Tieck. Zehntes, 
fuͤnfzehntes, achtzehntes, cin und zwanzigſtes, und fiinf und 
zwanzigſtes Capitel: In diefen und auch in mebreren andern 
Stellen geſchieht Ermabnung von foftbaren Tuͤchern, Zeu— 

gen und furusartifeln. 

#**) Apud Pez, T. I.p. 78 et 79. Der yegleichen ward gefannt 
Nin vberczogen Huet, von Zenndal, der waz gut Gebalbirt 
weis und rot. — Dew geſidel er entmurffe, Als ev fem haben 
wolde, Aus Silber und aus Golde Hiez er alle berait Wur= 
chen gem und gerait: Scharlach und Prunat, Paltifein 
und GSiglat, Grab Sermein und punt, Mer den umb 
zwainczkeh tamfend phunt.“ — Yuf der 79. Seite wird 
daffelbe miederbobfet. Mandem meiner Lefer mird es , 
erwuͤnſcht feyn, die Erflivung unbefannter Worter hier 
bepgefeht zu finden. Zendel oder Sendel ift jetzt eine ge: 
ringe Urt Taffets; einſtens gehoͤrte er gu den vorguigliche: 
ren Seidenzeugen. — Paltifein, Patifein, Palczigin, Bal 





> 335 ——. 


aus Purpur — Perlen aus Arabiſchem Gold 
blendeten durch ihren Glanz die Augen der Zuſchauer. 
Der Mantel Kunigundens prangte mit Gold und 
herrlichen Stickereyen. Germelin, ſchwarzbrauner Zo- 
bel, Perlen, Edelſteine und goldene Spangen vollen⸗ 
deten den hoch bewunderten Putz der Braut *). 

Daf dieſe koſtbaren Dinge nicht inländiſche Pro⸗ 
duete waren, darf nicht erſt erinnert werden, und bey 
der Erzählung der Vermählungsfeyer des Markgra⸗ 
fen Hermann von Brandenburg mit der Oeſterreichi⸗ 
ſchen Prinzeſſin Anna im Sabre 1205 bemerkt Hor⸗ 
neck ausdrücklich, daß der Vater der Braut, H. UL 
brecht der Erſte, grauen und bunten Hermelin aus 
Italien, Tücher aber aus Flandern habe kommen 
laſſen **). Von Tüchern war ibm cin deſto größerer 





defin, ift ein ud aus Seide mit eingemengtem Gold. Cf. 
Da Frefne, v, Baldakinus: Pannus omnium ditiffimus, 
cujus utpote ftamen ex filo auri, fubtemen ex ferico tegi- 

tur, plumario opere intertextus, fic dictus, quod Bal- 
dacco feu Babylone in Perfide in occidentales provincias 
deferretur. — Pliat oder Blpand iiberfebt Pez aus einem > 
alten Woͤrterbuch: Edel Seidengewand. Es bedeutet — 
auch uͤberhaupt ein gewiſſes Kleidungsſtuͤck. Du Freſne, v 
Bliaudus. 

#) L. c.p.g0. Den Rokch den man an Ir vant, Der waz ein 
Phele von Tyrant .Manig Tirel chlain als ein Glaim Auf 
dem Ppele mas gepolt Von Arabifhen Gold.“ — Phele ift 

Purpur, manchmahl aud feine Leinwand. Phellol, pal- 

lium, apud Schannat, Glofsarium, h. v. 

. cip. 585. Gra Hermein und Punt, Dez hiez er an der 

Stund Genug von Walben pringen, von Flandern und 
von Charlingen Envollen man dem Furften bolt, Waz er 
Gemants haben ſolt.“ — Wiber die Pelzffeider und Vers 

- bràmungen mit foftbarem Rauchwerk it Beckmanns ge: 
febrte Abbandiung im funften Band feiner Beytraͤge nach— 
zuſehen. S. 51: Mus ponticus iſt wahrſcheinlich Anfangs 
der Sifel, dann das Eichhorn und der Hermelin geweſen. — 


dee 9 3 6 eee 


Vorrath nöthig, da er ſich bey Vertheilung praditiger 
Hochzeitskleider außerordentlich frengebig bezeigte — 
Die Krönung K. Wenzels von Bohmen im Sabre 
1297 übertraf an Pracht und Verſchwendung noch 
weit die hier erwähnten Feſte. Juwelen ließ er in 
Italien aufkaufen, und da ihm die Flandriſchen Tite 
cher nicht genügten, wurden Gewänder aus. dem 
Orient geboblet *): cin böſes Beyſpiel für Pracht⸗ 
luſtige feiner und der folgenden Zeit. — Zur Krö—⸗ 
nung der Ronigin Elifabeth, Albrechts Gemablin, 
murden Edelfteine und foftbare Zeuge von Venedig 
herbeygeſchafft; legfere find in heidniſchen Landern 
verfertiget, und in Wien noch mit — pati i 
reyen verſchönert morden**). 





S. 55: Verſchiedene Benennungen des Hermelins 30: 
bel ward fpater befannt. 

*) Horned, 1. c. p. 596. Darnady fand man meit Ynd in vere 
rem Sant Nad fogetanen Gemant, des man zu Flandern 
vindet nicht In fo choſtleicher Angeſicht, Als Gemant Sey⸗ 
den, Czendel und Platigen, Sameyt und Siglat, Phelle 
und Plyat, Achmartein und Tuch von Taſme, Als man 
bringet vber See.“ — Eine genau beſtimmte Bedeutung 
laͤßt ſich von den meiſten dieſer Woͤrter nicht angeben. Aus 
dem Zuſammenhang erhellet, daß dadurch koſtbare Gewebe 
angezeigt werden. 

#)L.c. p. 631. Auf manigen Sawmern furt man den Venes 
digern Gold und Silber zu. . Dafuer man bermider nam . . 
manche reiche Klaynat Von Gold der peften Wat Man aus 
der Haydenſchaft prat, Der man lang pe gedadt. Dy 
Maifter weis und dard Manig tamfent March Vmb Edel= 
geftain gaben.. Aud kawfften fp da punt Hermlin und 
gra.. Was man gu Derfelben Stunt Gn den Lant Solher 
Lewt erchant, Es ver Weib oder Man, Die fich der Chunſt 
namen an, Daz ſy auf Frawen Wat Mit Reyhen oder mit 
Der Nat, Mit Strichen oder mit Snayſßen Von Perl Ther 
Walayſßen chunden wurden Maiſterleich, Die wurden 
gemacht reich.“ — Sn der letzten Beylage, Nro. LIII. 


evo 357 eco 


Horneck macht Meldung von Tüchern, die aus der 
Geidenfciaft liber das Meer nad Venedig gebracht 
wurden. Diefe wurden in Sndien, Perfien, Griechen⸗ 
land, und aud in Afrifa und Spanien verfertiget, 
und durch Kaufleute von Venedig, Genua und Pifa 
nach Stalien und Deutſchland verführet *). Durch 
Die Kreuzziige wurden Europens Volfer mit der 
Pradt und Schwelgerey des Orients befannt und 
ahmten ſie nach, was zur Folge batte, dafi man feines 
Geldes fonte, um Prunffleider und Lecferbiffen von 
dorther zu erhalten. Diefer Lurus weckte die Betrieb⸗ 
famfeit der Abendländer fo febr, daf fie feine Mühe 
fparten dabin ju gelangen, ähnliche Erzeugniffe aus 
ibren cigenen VWerfftatten ſelbſt liefern zu fonnen. 
Stalien brachte es frühzeitig zu einer grofien Kunſt⸗ 
fertigfeit, webte feine Tücher und reiche bunte Zeuge 
aller Art, und führte ſie nach Deutſchland und Oeſter⸗ 
reich aus. Eine Urkunde H. Rudolphs des Dritten, die 
er 1305 der Stadt Krems verliehen bat, erwähnet 
ſolcher koſtbaren Waaren und Lombardiſchen Tü— 
cher **). Da Rudolph ausdrücklich fagt, daß er nur 


beifit es: „Samat von venedig vnd Sammat von —— 
oder von Haiden land.“ 

*) Muratori, Antiquitat. T. II. p. 599. De textrina et ve- 
ſtibus ſaeculorum rudium. Eine vortreffliche Abhandlung 
nicht nur fuͤr Italien, ſondern auch fuͤr die panico "tia 
Provinjen, 

**) Rauch, T.III. p.362. Uniuerfa et fingula iura ted) qui» 
bus temporibus illufirium principum quondam Leo- 
poldi et Friderici dutum Auffrie funt gauifi, liberaliter 
approbamus...Sancimus etiam, quod. nullus aduena- 
rum pannos nobiles, qui amuar vulgari vocabulo nomi. 
nantur, vel pannos lombardicos vendere per ulnam ali- 
quatenus, andeat , fed ipfos integros exponat et prebeat 
ad vendendum. — In der Forma minoris mutaein Stein 
werden latini panni erwaͤhnet. L.c. T. II. p.107. 


22 





sr 


re 906 “n 


die diteren Privilegien feimer Vorfahren, der Herzoge 
Leopold und Friedrich, ernenere, fo liegt der flare Bee 
weis da, daß Defterreid ſchon im dreyzehnten Jahr⸗ 
hundert mit Italien einen Tuch- und Seidenhandel 
getrieben hat. K. Friedrich der Schöne nennt in ſeinem 
Privilegium für Wien 1320 noch) viele andere Stade 
te, welche Oeſterreich mit Tüchern, unter denen fio 
auch Scharlach befand, verſehen haben i (0 
Das Verzeichniß der Zollabgaben zu Neudorf 
und Salchenau macht uns mit verſchiedenen Tüchern 
und Zeugen bekannt, die von Venedig nach Wien 
gebracht wurden **). Man verlange aber ja nicht eine 
Erflarung der Nahmen baufiger Waaren, die feit 
Jahrhunderten nicht mehr verfertiget merden. Was 
cinMuratori und viele andere hoch berühmte Schrift⸗ 
fteller zu leiften nicht im Stande maren, würde man 
jegt noch vergeblicher zu unternebmen wagen. 

Die jüngeren Verordnungen über den Handel mit 
Tüchern und Zeugen fagen nichts Merfmurdiges aus. 
Den Engländiſchen Kaufleuten und Waaren bat K 
Rudolph 1597 — den Eingang in Deutſchland 





*)L. c.p. 25.et 24. Gurt ein man chramgewant von — 
der geit von Dem ſavm zwanzich phenninge.“ — Kram oder 
Chram hießen alle verkaͤufliche Waaren; Gewand bedeutete 
Tuͤcher und Zeuge zu Kleidungsſtuͤcken, mie wir dieſes be- 
reits angedeutet haben. Haltaus, Glofsarium, v. Kiram: 
Mercimonia, res quae emuntur et venduntur. Nur fiiprte 
das Wort Aram den Nebenbegriff des Kleinhandels mit fio. 

. Gn Der gleich angefuͤhrten Urkunde KeFriedrichs beift es 
weiter: „Zehen tuch von gent iſt ain ſavm Acht ſcharlach 
iſt ain ſavm Zwelif tuch von epper.. Sechzehn tuch von 
HO. . Zehen tuch Swere von dorn ift ain ſavm, u. f. w.“— 
Von dieſer merkwuͤrdigen Urkunde iſt ſchon weiter oben bey 
den Maßen und Gewichten die oi gemefen. 

**) Beylage Nro. LII 


seo 339 222 


unterſagt *). Derſelbe Kaiſer verboth auch 1502 den 
Ausländern, ihre Tücher auf Wochen- und Jahrmärk- 
ten in Oeſterreich nach der Elle zu verkaufen, welche 
Verordnung K. Mathias 1614 mit Dem Beyſatz er 
neuerte, daß ſchlechte, von den Beſchauern nicht gut 
geheißene Tücher gar nicht ins Land gebracht, im Be- 
tretungsfalle aber hinweggenommen werden folle 
ten **): * 

Unter den auslaͤndiſchen Waaren, die in Oeſter⸗ 
reich eingeführt wurden, nennt K. Friedrichs Privi: 
legium vom Jahre 1320 nebſt Honig, Wachs, Syro⸗ 
montan und vielen anderen Dingen auch Fiſche vers 
ſchiedener Art, und ünter dieſen: Haͤuſen und Satin 
ge ***), Verdiente det verrufene Geſchichtſchreiber 
Aventin Glauben, fo batteri ſich die Bürger von Tüln 
im zehnten Jahrhundert den Hauſenfaug widerrecht— 
lich zugeeignet, aber die Großen des Landes hätten 
dieſes Vorrecht auf einem Landtage zu Tuln dem Bi⸗ 
ſchof von Paſſau zuerkannt. Leider vergaß ſich aber 
Aventin ſo ſehr, daß er Männer zu Gerichte ſitzen ließ, 
die ſchon vot längerer Zeit von dem Schauplatz dieſer 
Erde abgetreten waren ****). Dieſer Umftand ; und 
die allgemein anerkannte Unverläßlichkeit Aventins 
hinderten jedoch keineswegs, daß viele Bayeriſche 
Schriftſteller auf das Zeugniß deſſelben ſich ſtützend 
von dieſem Tulner Landtage mie von ciner ausgemacht 
— TRE gefprochen, und daraus manche 


matt mesi 


*) — i. I; S. 296. 
**) Guarient, Th. IT. S. 352 

#9) Rauch, Lc.p:15—-51. 

) Haùifiz, German. Sacta ; T. I; p. 296. Reliqua, quae 
Aventinus narrat; èjus fide ; quoniam alia defunt, refe- 
rimus. — Cf, Calles, Annal. Aufiriae, T. I. p. 2754 
at feq. 





22 * 


so 3 40 no 


eben fo unbaltbare' Folgerung gezogen haben ») 
Für uns ift diefer Landtag eine Erdichtung, rund die 
Verhandlungen deffelben taugen nichts zu einem Bee 
meife, Daf man in Tuln je einmahl einen bedeutenden 
Haufenfang und Haufenbandel getrieben babe. Nah⸗ 
men ir dieſes für wahr an, ſo ließe ſich ſchwer erfla: 
ren, wie der Abt Gozpert von Tegernſee, der zu der⸗ 
ſelben Zeit lebte und im Lande unter der Enns beträcht⸗ 
liche Güter beſaß, dem Grafen Meginhelm ſchreiben 
konnte, daß er den Hauſen erſt durch deſſelben g Frey⸗ 
gebigkeit habe kennen gelernet ). Im vierzehnten 
Jahrhundert kannte man dieſen Leckerbiſſen in Bayern 
ſchon beſſer. Der Abt Bernhard von Alteich forderte 
ſeinen Verwalter der Kloſtergüter in Oeſterreich auf, 
ihm für die Faſtenszeit Hauſen zu ſchicken. Dieſer 
antwortete ihm, daß bisher noch wenige dergleichen 
Fiſche nach Oeſterreich ſind gebracht worden; aber un⸗ 
geachtet der Seltenheit und ihres hohen Preiſes cre 
feine Wünſche dennoch erfiillet merden***), 





*)Nad einer langen Reihe von Vorgisdero trat. 8 ein 
ganz neuer Schriftſteller in ihre Fußſtapfen: Herr Ignatz 
Rudhart, in ſeiner Geſchichte der Landſtaͤnde in Bayern. 
Im Th. J. S. 16, geſchieht and nicht mit Einem Worte 
eine Erwaͤhnung, daß man gegen den Landtag in Tuln mit 
vollem Rechte manches einwenden koͤnne. 

*x) Pez, Cod. diplom. P. I. p, 124. Vix potuimus ſcire, 
quid else. pifces, quos Hufones nominant, nifi elemo- 
fyna veltri. ; 

#**) Pez, Lc. P. II. p. 213. Der Ubt Bernhard fohrieb: Ca. 
rere non pofsumuns, quin. nobis Efoces quatuor: tranf- 
mittatis. Unter den vielen Lateinifhen Nahmen des Hau— 
ſens war einfteng auch Efox, welcher jebt einen andern 
Fiſch bezeichnet. — Der Vermalter antwortete feinem Praͤ⸗ 
laten: Licet adhuc pauci Efoces ad Aufiriam fint dela- 
ti... ideo nec pifcium raritas, mec pretii gravitas, nec 
aliqua efficiet difficultas , quod veftrae contrarier volun- 


ee 54 ] —-_- 


Der Haufen murde immer, und dieß mit vollem 
Rechte, unter die köſtlichſten Fiſche gerechnet. H. Ru⸗ 
dolph der Vierte ſchickte dem Papſte J Stnocenz , um 
ibm ſeine Ergebenheit zu bezeigen, dergleichen Fiſche 
von Oeſterreich nach Avignon, wo man zuvor noch nie 
einen geſehen batte*). — Es iſt allerdings möglich, 
daß man in früheren Zeiten auch in Oeſterreich einige 
Hauſen gefangen habe; der Verwalter des Kloſters 
Alteich ſagt jedoch nichts davon, ſondern bedient ſich 
des Ausdruckes: Obwohl bisher noch wenige Hauſen 
nach Oeſterreich ſind gebracht worden. Sie wurden 
aus Ungarn nach Oeſterreich verhandelt, wovon in 
mehreren Polizeyverordnungen über den Fiſchhandel 
Erwähnung geſchieht, wie wir dieſes ſchon weiter oben 
vernommen haben. Im ſechzehnten Jahrhundert und 
in den folgenden Zeiten gehörte es zu den größten 
Seltenheiten, wenn ein Hauſen in Oeſterreich gefan— 
gen wurde **). 

Nebſt den Hauſen wurden auch Häringe in Oeſter⸗ 
reich eingeführt, und von da noch weiter verfendet. 





tati, — Ad in Defterreid wurde Der Haufen efox ge- 
nannt. Dieß erbetlet aus der Zollverordnung H. Leopolds 
fuͤr die Stadt Stein, apud Rauch, T. If. p.108: De 
efoce integro. VIII denarios: De haufenwampe ITil Jde- 
narios. — Von Wien aus wurde nad Venedig cin Handel 
mit Haufen und Haringen getriében. Beylage Nro. LIII. 
*)Edmundi Martene et Urfini Durand Thefaurus novus 
Anecdotorum. T.II. p.g11. Der Papft danfte dem Her: 
$0g: Ufones tuos, novum apud partes iftas genus pi- 
fciùum,... eo gratius fufcepimus, quoexenii novitas et 
— terrarum plus ſecum complacentiae afferebant. 
€*) Fn dem Werfe des beruͤhmten Aldrovandus : De pifcibus, 
edit. Bononieuf. 1658, L.IV. c. 12. p. 534. findet ſich fol⸗ 
gende Ynecdote: Memoria teneo, Antaceum (Hauſen) 
duobus milliaribus fapra urbem inclytam Viennam cap- 
tum pifcatoribus magno miraculo. 


a 3 42 > 


Dieſer Gandelsartifel fomnt in allen groferen Zoll⸗ 
ordnungen und in Hufigen Polizeygeſetzen vor, die 
über den Handel i im Innern find erlaffen morden. Der 
$. Albrecht der Labme bat in feinen Polizenverord: 
nungen von gefalzenen und auch von ausgemafferten 
Häringen Meldung gemacht*). Daf der Harings- 
* „das Einſalzen, Packen und Verſenden dieſes 
Fiſches viel älter ſind als man einſtens vorzugeben 
pflegte, und daß Wilhelm Beukelſon nicht der Erfine 
der, ſondern nur der Verbeſſerer der Kunſt des Eine 
ſalzens der Häringe geweſen, haben mehrere Schrift⸗ 
ſteller mit überzeugenden Gründen dargethan**). 

In dem Mautbprivilegium für die Stadt Wien, 
von welchem mir oben ausgegangen find, mennt K. 
Friedrich auch Was, Rauchwaaren und Felle vere 
ſchiedener Thiere. Kupfer und Zinn, das von Ungarn 
berauffam, mar zollfren; fubrte man e8 aber aus 
Poblen herbey, fo mufiten vom Centner drey Pfenni: 
ge bezahlt werden. Nach Oeſterreich brachte man fer 
ner Schlachtvieh aller Art, auch geſalzenes Fleiſch 
und Getreide; Oehl, Seife, Feigen und Obſt; Hül⸗ 


*) Ranch, T. HI, p. 71. Man ſol auch all haͤring geſalczen 
oder geweſſert nynnder alſwo vail haben dann vnder den an⸗ 
dern fleiſch penckhen. 

**) Sartorius, Geſchichte des Hanſeatiſchen Vundes. Th. I 
E. 209; u. ti — Bilpelm Robertſons Geſchichte der Regie— 
rung K Carls des Fuͤnften, uͤberſetzt von Julius Auguſt 
Remer. Im fuͤnften Abſchnitt, wo vom Hanſiſchen Han⸗ 
del die Nede iſt, heißt ed: „Es iſt jetzt uͤberall als Irr⸗ 
thum anerkannt, daß der Niederlaͤnder Wilhelm Beukelſon 
am Ende des vierzehnten Jahrhunderts zuerſt die Kunſt er— 
funden babe, Haͤringe einzuſalzen.“ — Bey Rauch, T.IF 
p- 108, kommen ſchon gu Ende des zwoͤlften, oder gleich 
im Anfang Des dreyzehnten Jahrhunderts Haͤringe in Des 
ſterreich vor: De namero allecium qui dicitur laſt, XL 
denarios. 





no 545 22 


ſenfrüchte und verſchiedene andere Lebensmittel; end⸗ 
lich auch Pferde. — Da ſich dieſes Mautbprisilegium 
mit der Aufzablung der verſchiedenen Waaren, die 
nach Oeſterreich eingeführt wurden, nicht befaßt, 
fondern den Boll: größtentheils nad Schiffs- und 
Wagenladungen oder nad) Saumlaften beftimmt: fo 
erſcheinen auch nur einige Benennungen der vorziige 
lichſten ausländiſchen Handelsartikel. Das Verzeich⸗ 
niß derſelben kann aus andern älteren und jüngeren 
Urkunden noch ſehr vermehret werden *). 

Gold in Oeſterreich einzuhandeln hat H. Leopold 
1192 den Regensburgern erlaubt, den Ankauf des 
Silbers aber unterſagt. Nach acht Jahren bat er al: 
len ausländiſchen Handelsleuten auch den Ankauf des 
Goldes verbothen, und ſeine Nachfolger i in der Regie⸗ 
rung haben dieſes Verboth bis in die neueren Zeiten 
herab erneuert **), Edle Metalle durfte jedermann 
nach Oeſterreich bringen, aber ſie niemanden als nur 
ganz allein der herzoglichen Kammer, zu der auch die 
Hausgenoſſen oder Münzer gehörten, verfaufen. 
Dieſe Anordnung wirkte deſto verderblicher auf den 
Handel und gab deſto mehr Gelegenheit zu häufigem 





Hieher gehoͤren die alteſten Zollverordnungen der Herzoge 
Httokar und Leopold fur die Negensburger von Den Jabren 
\ 2190 Und 1192; H. £eopoldg Forma minoris mutae in 
Stein, apud Rauch, T.IL p.106— 109; die Waſſer⸗ 
mauth der Stadt Heimbura , Lc. T.I. p. 206. Fn diefen 
uUrkunden werden haͤufige Waaren genannt, mit welchen 
im zwoͤlften und dreyzehnten Jahrhundert in Oeſterreich 
Handel getrieben wurde. Bon dem Handel mit auslindi: 
ſchen Producten waͤhrend des fuͤnfzehnten Jahrhunderts 
gibt uns die Beylage Nro. LITI. manchen erwuͤnſchten 
Aufſchluß. 
**) Rauch. T.IIT. p.52,101, und in vielen anderen Stellen. 
Aehnliches findet ſich auch bey Guarient. 


22 344 DIES 


VBetrug und gu. Umgehung der Geſetze, da die ſchäd⸗ 
lichen Privilegien der Münzer viel zu lange während 
des ganzen Mittelalters beſtanden haben. Diefe Pri⸗ 
vilegien räumten ihnen das Vorrecht ein, Gold, Sil— 
ber und alte Münzen einzukaufen und Geld zu wech⸗ 
ſeln, wobey es größtentheils der Ehrlichkeit oder 
Willkühr des Münzmeiſters und ſeiner Genoſſen 
überlaſſen blieb, den Preis der Metalle und der alten 

oder fremden, in Oeſterreich nicht gangbaren Mina 
zen gu beftimmen*). 

Aus dem, was wir bisher vom Handel in Oeſter⸗ 
reich unfern Lefernsaus unverwerflichen Urfunden mit= 
getbeilet baben, erbellet deutlidy, daß fich die merfan: 
tilifchen Begriffe derfelben Zeit noch nicht viel uber 
ibre erfte Kindbeit erboben haben, denn alleò, mas 
den Handel betraf, berubte nod auf Privilegien, auf 
unfeligen Stapel= und Meilenrechten und auf der 
moglichften Hintanbaltung Aller, die nicht das Glück 
hatten, Mitglieder einer Brirgergemeinde in landes= 
fürſtlichen Stadten oder Marften zu ſeyn. Nur Giinft: 
linge oder ſolche, welche Vermögen genug befafen 
um ſich cin koſtbares Handelsbefugniß Faufen ju kön⸗ 
nen, durften im Handel mit den Bürgern gleichen 
Sdritt halten. War einer irrigen Meinung zu Folge 
durch baufige Zollftationen fur eine reichliche Aus— 
beute des Landesfürſten, und durch Monopolien für 
‘einen muthmaßlich boben Gewinn der Bürger gefor: 
get: fo glaubte man für den Handel ſchon genug be— 
foblen und geleiftet zu baben; höher fonnte fid die 
Handelsweisheit des Mittelalteré nicht aufſchwingen. 

Ganz anders verhielt es ſich mit dem Handel gro⸗ 
ßer Reichsſtädte und aller derjenigen, die dem Hanfeae 





.) C£. Herrgott s Nummotheca. P.I, p. 254 — asd; 


co 545 ce 


tiſchen Bunde cinverlcibt maren. Freyheit der Pero: 

men, Sicherheit des Eigenthums und die möglichſte 

Beförderung und Ausbreitung des Handels waren die 
erften und vorzüglichſten Gegenſtände, auf welche die. 
VBurgergemeinden ibr Hauptaugenmerk richteten. In 
dieſen Städten wurde der Handel nicht mit Engher— 
zigkeit und neidiſcher Eiferſucht alb ein Erwerbzweig 
einzelner begünſtigter Bürger, ſondern als Gemein⸗ 
gut des ganzen Bürgerſtaates angeſehen. Daher kam 
es auch, daß die Magiſtrate derſelben mit benachbar⸗ 
ten und auch weit entfernten Ländern Handelsverträge 
abſchloßen, oder auch um große Geldſummen der Bür⸗ 
gerſchaft ſehr vortheilhafte Handelsprivilegien in dens 
ſelben verſchafften. Der Gemeingeiſt in dieſen Städten 
ging fo weit, daß die Bürgerſchaft einzelnen Kaufleu⸗ 
ten ſogar den Schaden erſetzte, den ſie auf fremdem 
Boden durch Kriege, Fehden oder Räubereyen erlit— 
ten haben. Eine Beleidigung eines der Mitbürger ward 
für eine Beleidigung der ganzen Stadt angeſehen und 
blutig gerächet, wenn nicht eine zu große Macht des 
Gegners auch die —— Rache zurückhielt. Wäh⸗ 

rend die meiſten Landesfürſten dem Handel ihrer Un— 
terthanen durch verkehrte Maßregeln und mancherley 
Mißgriffe Einhalt thaten und mit ewiger Geldnoth 
qu kämpfen batten, blühte der Handel in den freyen 

Reichsſtädten und in den großen Städten Italiens 
herrlich empor, und in ihren Gemeinden häuften ſich 
ungeheure Schätze und Reichthümer an. Nur die Bates 

ger diefer Stadte baben die Grundſätze des mabren 
Handelsgriftes aufgefafit und denfelben gemäß Ges 

ſchäfte unternommen, die unifre Bemunderung vers 

dienen. Deſto auffallender erſcheinet die Unbehülflich⸗ 

keit vieler Fürſten im Mittelalter, die ſich darauf nicht 

verſtanden, das gegebene Beyſpiel sn grofien Handels⸗ 


eo 540 es 


ſtädte nachzuahmen, fondern vielmehr ihre Untertha- 
nen abhielten, die ſchon betretene Bahn zu verfolgen, 
und ſich aller möglichen Handelsvortheile nach dem 
Muſter berühmter Städte theilhaftig gu machen *). 
Zum Beſchluße der gegenwärtigen Abhandlung 
muß noch bemerkt werden, daß man ſich in Deftere 
reich mehrere Jahrhunderte hindurch des Wortes: 
Arbeiten, bediente, wenn vom Handel die Rede mat. 
Die Burger arbeiteten mit Salz, mit Woein und mit | 
verfebiedenen anderen Waaren, das beift: fie trieben 
Handel damit **). Und weil die Bürger das ausſchlieſ— 
fende Recht, ſich durch Handel ju bereichern, ganz ale 
lein befafien, dagegen aber auch dem Befteurungs: 
rechte der Landesfiirften unterlagen, und aud für die 
Erbaltung und. Vertheidigung ibrer Stadte forgen 
mufiten: fo mar die Verfügung gewiß ſehr billig, daß 
Alle, die in Städten das Bürgerrecht erhalten und 
Handel treiben wollten, verpflichtet ſeyn ſollten, die 
allgemeinen Laſten der Stadt mittragen zu helfen, 
worüber ſich viele landesfürſtliche Befehle in den Ure. 


Anſtatt vieler einzelnen Beweisſtellen fuͤhren wir nur ein 
Paar Werke an, die das Geſagte vollkommen bekraͤftigen. 
Geſchichte des Hanſeatiſchen Bundes von Sartorius, und 
Regensburgiſche Chronik von Gemeiner, 

*) Haͤufige Urkunden enthalten den Beweiß davon; mehrere 
derſelben ſind auch im gegenwaͤrtigen Buche aufgefuͤhrt. Der 
H. Albrecht ſagt in einem Privilegium fuͤr Linz im Jahre 
1590: „Daz nu fuͤrbaz kain vnſer burger, noch nymand 
anders daſelbs ze Lintz, wer der iſt, weder mit wein, noch 
mit Saltz nicht aribaiten ſol noch muge in dhainer weis, er 
hab dann daſelbs ain aigen Haus. — Diefer Ausdruck 

wurde auch im Lateiniſchen beybehalten. Bey Rauch, T. II. 
p. 93, fagt der È. Caſimir von Pohlen: Ciues noſtri Cra- 
couienfes ac alii de regno noſtro polſint et valeant ad 
praedictum ducatnm auftrie, et A pecialiter ad ipfam ci- 
uitatem Wiennenfem laborare. 





ses 54T — 


chiven der Städte noch vorfinden *). Sogar die erſte 
Magiſtratsperſon, der Stadtrichter, — die Bürger⸗ 
meiſter wurden ſpäter eingeſetzt — war davon nicht 
ausgenommen *). 
Dergleichen Befehle haben sorgiiglith den Adel 
getroffen. Grafen, Barone und Ritter kauften fi 
Hdufer in den Städten, nicht um Handel zu treiben, 
was fie cinftens entebret haben mirde , aber theils su 
ibrer Sicherheit, um zur Zeit eines Krieges oder ei⸗ 
ner Fehde einen ſichern Zufluchtsort für ihre Fami⸗ 
lien und beſſern Habſeligkeiten zu haben, theils auch 
gu ihrem Vergmigen, Ungeachtet ſie nun Beſitzer bür— 
gerlicher Häuſer waren, wollten ſie dennoch zu den 
Bedürfniſſen der Stadt nichts beytragen, und entzo— 
gen ſich allenthalben den gemeinſamen Laſten der Bür⸗ 
ger, mit denen ſie doch die Vortheile des Stadtlebens 
genoßen. Dieß gab zu häufigen Klagen der Bürger 
und zu oft wiederhohlten Befehlen der Cognento 





*) Wir Alber vnd Ott. von Gots gnaden pergola — 
ſterreich ze ** vnd ze Chernden Tun chuͤnt offenlich, mit 
diſem prief, daz wir wellen, wer der iſt, der vnſer Stat 
ze Lyntz Statrecht haben wil, vnd da mit arbeiten wil, als 
ander vnſer Burger daſelbs, daz auch der, mit vnſern VBure 
gern trage, vnd leide, an ſtewr vnd an andern ſachen, als 
ander vnſer Burger, Tet er dez nicht, ſo ſol er ouch der Stat 
recht, daſelbs nicht haben. Mit vrchunde dig priefs . Der 
geben iſt, ze Wienn, an ſand Andres tag (den 30. Noe 
vember) Anno domini M. CCC. XXX. Sexto. 

*) Wir Abredt...thuen khundt, bag wir wellen, ſwer vnſer 
Richter iſt ze Wellß, Das der mit der Stat vnd mit den 
burgern daſelbs ze Well diennen foll alè ein ander burger. 
Mit vrchund dits briefs geben je Wellß am Eritag vor vnn⸗ 
fers berrn leichnamstag (am 5. Junius) Anno Domini 
Millefimo trecentelimo quinquageflimo fecundo. — Die: 


fen Befebl ernenerten Albrechts Nadfolger: H. Rudolph 
1559, Und 5. Albrecht 1395. 


Anlaß: Abgaben und andere Leiftungen in Städten 
follten ohne Unterſchied der Perſonen auf den Haus 
fern baften, und in Rückſicht der Hausbefiger feine 
Ausnahme geftattet werden, Bey fortdauernder Wi⸗ 
derſetzlichkeit des Adels kam es endlich ſo weit, daß 
den Bürgern verbothen wurde, künftig einem Adeligen 
ein Haus in einer Stadt ju verkaufen. Der Adel bee 
quemte ſich zuletzt, der unausweichlichen Nothmenz 
digkeit zum Theile nachzugeben, und die Bürger, ih— 
res Vortheils eingedenk, erhoben keine Klagen dage— 
gen, daß der Adel fortfuhr, ſeine Häuſer in Städten 
mit Bewilligung des Landesfürſten von mancher bür— 
gerlichen Laſt zu befreyen. Der Handwerker und 
Kaufmann konnte bald die Bemerkung machen, daß 
die Anweſenheit eines begüterten Adels ihrer Stadt: 
gemeinde mancherley Vortheile gewähre und die Ab— 
nahme ihrer Fabricate und Waaren befördere. Dazu 
kam noch, daß es ein Raubritter, der ein Haus in der 
Stadt beſaß, in welchem ſich ſeine Familie oder koſt— 
bare Habſeligkeiten befanden, nicht leicht wagen durf⸗ 
te, Die Kaufleute derſelben zu plündern. Der Adel 
hörte auf, den Bürger zu verachten, und gewöhnte 
ſich in Städten an ein geſelligeres Leben; und die 
Bürger beeiferten ſich, durch eigene Runfterzeugniffe 
und Herbenfhaffung ausländiſcher Waaren den Gro— 
fien des Landes den Aufentbalt in ibrer Mitte mög— 
lift angenebm zu machen. So murden Runfifleif 
und Handel befordert. 

















AO [ — 


Biglage Nro. ti. 


$. Dito befieblt, die Buͤrger von Enns in Gre 4 zu * 
trachtigen. 1336. Aus dem Original: 


ir Dt von gotes genaden ... Enbieten vnffern 
getremn dem Richter vnd dem Mattter ze Ms vnffer 
gnad und alles gut. Wir wellen und gepiefen em ernſt⸗ 
leich nd veſtichleich bei vnſſern Hulden, daz ir von den 
Newn vaffen, die vnſſer puriger von Enns. binab i in daz 
leſen furent, chain Mawt nempt nod mit nichtew 
weſweret, vnd auch weleiben laſſet an allen ſachen bei 
irn altten rechten, des ſie preff Und vrchund von vnſ⸗ 
ſer vodern felign habent. Des wellen wir nicht en⸗ 
pern. Geben zu Steir an fand Mathias abent Anno 
MCCCXXXVI. 


Zwey andere aͤhnliche Befeble. Ud. S: 

‘Wir Alber. .enbietn vnffern getremn Nuedolffen 
von Lyechtenſtain vnd feimem vettern Nuedolff Otten 
von liechtenſtain vnſſer gnad vnd alles gut. Wand vnf: 
fer Puriger ze Enns alle di recht habend, di vnſſer Pu⸗ 
riger ze Steir habend, wellen wir vnd enphelichen ew 
ernſtleich, daz ir diſelben vnſſer Puriger ze Enns bei 
den rechten an der Mawt ze Cheezlingen weleiben laſ⸗ 
ſet di vnſſer Puriger ze Steir da habent vnd ſi nicht 
verrer nöttet. Mit vrchund des brieffs geben ge wienn 


am Eritag vor dem Auffert tag Cam adten Man) 
anno MCCCXLVMI. 


ar 352 -n® 


Wir Albrecht enbieten unffern getremn Arnolten 
und dem Wucherlein vnſſern Mamttern ju Ratene 
mann (Sic) ynffer gnad und alles gut. Wir gebieten ew 
vnd mellen ernſtleich, daz weder ir noch ewr Anwalt 
vnſſer getrew die chawffläwt von Enns nicht irret an 
der Mawt ze Trieben, vnd ſew weleiben laſſet bei der 
gwonhait vnd dem rechten, als ſie herchomen ſind. 
Tät ir icht anders, daz war ganczleich wider vns. 
Gebn zu Lynez am Eritag vor Sunewenden (am 17. 
Junius) anno MCOCOXLVIII. 

Der H. Rudolph bat 1358 dieſen Befehl erneuert. 


n — è © » © © 


4 Beylage Nro. II. 


Der H. Albrecht fordert die Staͤdte ob der Enns auf, ihm Bee 
richt zu erſtatten, welcher Straßen ſich bisher die Pettauer be⸗ 
® dienet paben. 1368. Aus de Codex von Seitenftetten. 


Mi Albrecht von gottis genaden Hertzog Zu Oſter⸗ 
reich. Empiten vnnſern getrewen Richttern Räten 
Vnd den purgern gemainiglich in allen vnnſern ſteten 
ob der Enns vnnser genad vnd alles gut. Es ſind für 
vns kumen Die purger von pettaw, Vnd haben vns 
geſagt, Wie ſie von altter herbracht haben, Das ſie 
Ir kaufmonſchafft von weliſchen lannden füren ſullen 
vber den karſt Vnd pey der Tre (Go; fpaterhin heißt es im: 
mer Tra) gen Vngern hinwider gen Walhen. Da ent⸗ 
gegen haben wir verhört vnnser purger vnd kaufflewt 
zu wienn vnd ander vnser ſtet in ſteyr, dy ſprechen 
vnd haben vns beweiſt vor vnsern Hern, Das die ege⸗ 
nanten purger von pettaw dieſelben ſtras nicht Recht 
haben zu uarn. Wann ſoltten ſie dy varn, Das wer 
vns an vnſern embttern vnd auch an vnſern land vnd 


ee 35535 —--— 


lewtten groſß ſchad. Nur allain die ſtet pen derTra(fc), 
Die follen füren Sr kauffmonſchatz pen der Tra, vnd 
quod) nicht mer, Dann fi dem lannd.zu frener verfaufe 
fen mugen; Vnd mas fie in dem land ju Steper nicht 
verkauffen mugen oder enmellen, Dad fullen Sie fi: 
ren die ober ſtras gein Gudenburgh vber den pergkh, 
der da Baiffet der femering, die gerechtten firas gen 
ivienn. Dauon empbelben mir em gar ernſtlich Vnd 
mellen, das Sr vns miffen laffet, mwes Sr darumb 
gedencket, Vnd was darinn nuez oder ſchad ſey, und 
uns auch das zu wiſſen thut vnd verſchreybt an ewern 
offen brieff bey ewern trewen. Geben zu Wienn am 
phintztag nach ſand Jacobs tag (am 28. Julius) anno 
etc. LXVIII. 


Antwort der Stadt Enns. 


Dem Edeln Hochgeporen furſten Vnſerm Lieben 
genedigen Hern Hertzog Albrechtten Zu Oſterreich, 
zu Steyer, zu kernden vnd zu krain, Graff zu Ty— 
roll, Empiten Wir, der Richter vnd der Rat vnd die 
gemayn Der Stat zu Enns vleiſſiglich vnſern dinſt 
mit gantzen Trewen. Genediger Herr, Als Ir vns 
vnd andern Ewern Steten Ob der Enns geſchriben 
habt von der petauer wegen vmb die Stras von vene⸗ 
dig. Thun wir ewern furſtlichen genaden zu wiſſen, 
Das mir all vnser tag des gedenckn, Das alle weli⸗ 
ſche Sab von Venedig herauß komen ift Durd den ka— 
nal und durd den Nams, vnd nye vber den karſt, 
Vnd auch fuppffer vnd zyn vnd quedfilber Zu aller 
zeyt von wienn gen venedig vber den Semering ge⸗ 
gangen iſt, Vnd alſo nicht dann nur allain die petauer 
mugen vben den karſt vieh treibn, Ochſſen, ſchwein 
und ſchaff, Vnd herwider aus vber den karſt mugen 
ſie gefüren Rainual (ein Wein), der hieuor Wechſt, 

25 


n 554 < deu 


vnd chain ander Welſche hab nicht, Vnd ſie auch, die⸗ 
ſelben petawer, zu allen Zeytten von beſundern vr 
laub vnd gunft geuaren baben in Emern Landen al- 
fo, das fie an die maut gen Sand Vent fumen Muef: 
fen, Sp füren auf waffer oder auf lande. Vud das 
fagen mir pen vnſern tremen, Das mir des alfo von 
altter her gedenden. Verfigelt mit vnßer der fiat auf: 
gedrucktten Gufigl. 

Pit den naͤmlichen Worten erſatteten ihren Be⸗ 
richt and) die Städte Linz, Wels, Steyr und Frey: 
ſtadt. Gmunden und Vöcklabruck murden nicht be: 
fragt. — Nach diefer vorausgegangenen  Unterfus 
chung erfolgte cin Befehl des Herzogs: 

„An die Städte in Steyr, Karnthen und Krain. 

Wir laſſen euch wiſſen, als Ir vns Empoten 
habt, wes die Stet in Steyer, vnd in kernden vnd Sn 
krain Recht habend, Des wir vns erfarn haben, Das 
die ſtet in krain mit Irem vich vber den karſt gen vene⸗ 
dig mugen arbaiten (handeln), Aber kain ſchwere 
Hab, die von vngern kumbt, als kuppffer, waxs 20. 20. 
(Sc) ſullen ſie nicht vber den karſt füren. Vnd ſullen 
heraus nicht mer kauffmonſchatz furen⸗ Dann yede 
Stat bedarff, Vnd fol auch nicht Sen (Sc) vngern 
gefurt werden. Vnd mas ſie vbrigs vber pede Stat 
notdurfft furen, Das ſullen Sie heraus vber den Se— 
mering furen vnd das verkauffen, wo ſie es zu Recht 
verkauffen ſullen. 

Vnd ſullen auch alle ſtet in kernden der Tra nach 
gen venedig arbaiten mit Irem vich, aber chain ſchwere 
hab als kuppher, wars ꝛc. 20. Die von vngern kumbt, 
ſullen ſie nicht furet, Sy furen ſie dann vber den Se⸗ 
mering, Darüber die ſelb ſchwer hab von recht geen 
ſchol. Vnd ſol yede Stat heraus von venedig furen 
als uil, als ſie bedarff, Vnd was ſie vbrigs furen, 


n 555 ne 


das follen ſie vber den Semering furen vnd verfauf: 
fen, wo fie es zu Recht verfauffen fullen; Aber an das 
vngriſch fol die felb kauffmonſchatz nicht komen. 

Item alle Stet in Steyer ſullen mit Irem viech 
gen venedig arbaiten der Tra vnd der Mur nach, (nach) 
heder ſtat gelegenhait, Uber cain ſchwere hab ſullen 
ſie nicht furen, die von vngern chumbt, Dann ſie fu: 
ren ſi vber den Semering, darüber ſie zu Necht geen 
ſchol, Vnd yede ſtat ſol Ir nottdurfft gen venedig fu⸗ 
tem, vnd das die ſelb chauffmonſchatz nicht gen vngern 
fum, vnd das vbrig vber Ir nottdurfft fol vber den fe 
mering beraus fumen als vor benannt iſt 

Item beſunderlich die ftat pettato (mag) mit Irem 
vied mad der Mur gegen venedig arbaiten, Aber 
cain ſchwere hab von vngern fullen fie furen Dann 
vber den femering als uor, Vnd follen auch beraus 
nicht mer furen, Dann Gr nottdurfft, Bud das die 
felb chauffmonſchatz nicht gen vngern fom. Furtten ſie 
aber Vbrigs, das fie auch vber den Semering furen 
als vor bertirt iſt. — Ohne Datum. 

Unmittelbar nad) diefem berzoglichen Befehl ent 
balt der Codex Folgendes: > 


Vermerdt, mp fid die von Wienn mit Der Hut baltten follen 
auf dem farft. î 

Item e8 fol nyemant farn mit fainerlai kauffmon⸗ 
ſchatz von pettam gen venedig, nodi von venedig gen 
pettam., mod) von pettaw gen vngerit. Wo man das 
anfumbt, bas mag mon ſicherlich anuallen, Es fen 
Innerhalb pettam (oder) auff der firas, die von fens 
firig gen pettam geth. Sfem und ob pemant Fauffinone 
{Mag von venedig heraus furet, oder von Soders*), 


% 





* Soderè, Saders, Suders, ift Bara in Dalmatien. 
——— 


A 550 uo 


oder von. Zeng, oder von allen welliſchen Lanndn; 
welcherlai kauffmonſchatz das mere, Das mag mon 
freyhlich amuallen Zu obern leybach oder zu nydern 
lepbad „oder mo das mere. 

Item Es fol auch kain gaft weder von vngern 
mod von pehen (lch, noch von polan mit ſeinem 
wechſſel die Straß kaine Hin ein nicht varen oder 
reytten, Es ſey ſilber oder ander wechſſel. Wo mon 
das ankumbt, das mag mon freyhlich anuallen. 

Item es mag auch yede Stat danne gearbaiten 
mit getraid, mit viech, mit Ranual (fc) oder mit an⸗ 
derm Wein, Gin frat oder marckhe zu der andern, als 
uil vnd Ir nottdurfft iſt. 

Item es mag auch ein yeder mon varen mit ge⸗ 
wand von einer ſtat oder marckh zu der andern. 

Item es ſol nyemant von vngern gein venedig farn 
mit wachs, kuppffer, Queckſilber, Hewtten, Noch mit 
gewand vber den karſt. Auch wiſt, Das es den von 
wienn vnd den von der Newenſtat auch verpoten iſt. 


— —— — — — —— — —— — — — —— — —— 


Beylage Nro. III. 


H. Albrecht tveifet den Kaufleuten die Straßen an, auf welchen 
fie nach Venedig und wieder zuruͤck reifen follen. 1386. 
Aus dem Seitenft. Coder. 


Bi Albredit von gots genaden Hertzog zu Offer 
rei... Empieten vnferntieben getremen, Dem bur— 
germaiſter, Dem Richtter vnd dem Raft vnd den 
purgern gemainiglic ju wien vnser genad vnd alles 
gut. Wir laſſen euch wiffen, das mir die Straffen von 
venedig vber den karſt, Ynd alle ander vngewonlich 
Stras abgenomen baben, Vnd meinen, das die firas 
gein Venedig vnd heraus fur. Billadh ond vber den 


{ neo 355/ —-@ 
Semering außher Richts (Sic) gein wienn als uon 
alltter berfomen ift, Aufigenomen vnser fünff Stet 
ob der Enns *), Die vber die Zenrid varen mugen 
nach Grer brieff laut. Dauon'emphelben Wir euch 
ernſtlich vnd wellen, das. Sr das Alles auch alfo bal: 
det, Bud all annder firas verpiettet vnd werett. Vnd 
wo darüber dhain chauffmonſchatz gefüret wurde , das 
Ir dy nemet guonfern hannden. Yann mir das ernſt⸗ 
lich mainen. Geben ju pogen an Sand Niclas tag > 
(am ſechſten December) anno domini MCCC vnd Im 

LXXXVI. Jare. 


—— — — — ——— — 


Beylage Nro. IV. 


H. Albrecht befiehlt, daß alle verbothene Waaren, die nad 
Pettau gefuͤhrt merden, ohne Ruͤckſicht auf den Eigenthuͤmer 
gu nebmen, follen — werden. 1389. Seitenſt. 

oder. 


Mi albrecht von gots genaden Hertzog gu Oſter⸗ 
rei... Empieten vnſern Lieben getrewen, vnſern 
ambtleuten in Steyer, in fernden, in frain, Vnd allen 
andern ynfern ambtleuten, Landbern vnd Nittern vnd 
chnechten, phlegern, purdfgraffen, Richttern, Maut— 
tern, zolnern vnd andern vnſern vntterdanen, Den der 
brieff gezaigt wirt, vnser genad vnd alles gut. Wir 
gepieten euch ernſtlich, Ob hyemant were, er wer Landt⸗ 
mon oder gaſt, der verpottne kauffmonſchatz gen Petaw 





*) Aud hier werden Voͤcklabruck und Gmunden nicht zu 
den freyen landesfuͤrſtlichen Staͤdten gerechnet; deſſen 
ungeachtet durfte Gmunden doch nach Venedig handeln, 
denn die dortigen Buͤrger haben dieſelbe Urkunde er— 
halten, die in der Beylage Nro. VI. ſteht. Das Nim- 
lie gilt aud von den uͤbrigen Stidten. 


eco 358 «sibi 


+ 

gefüret hiet oder noch füret wider vnser gepot, das wir 
darauff geſchafft haben ze thun, Das Ir die mitſambt 
derſelben kauffmonſchatz auffhalt, nyderlegt vnd hefftet 
gu vnſern bannden vntz an vns, vnd des nicht laſſet, 
Wann wir das gar Ernſtlich mainen, aufgenomen 
den purgern von petaw Ir ſelbs nottdurfft zu wienn, 
Das wir In gern gunnen, Als auch vnſern ſteten 
und mercktten erlaubt. Geben ju wienn, an Sun⸗ 
tag fand Jacobs tag (am 25. Julius), anno domini 
MCCCLXXXVIIII. i 


— —— — — — — —— —— — ——— —— —— —— 


Beylage Nro. V. 


H. Albrecht verleihet der Stadt Graͤtz auf ſieben Jahre ein 
eingeſchraͤnktes Stapelrecht. 1393. Seitenſt. Coder, 


Wi Albrecht von gote genaden Hertzog zu Oſter⸗ 
reich.. Bechennen fur uns ond fur vnser Lieben vete 
tern und erben, Das mir angefeben vnd betracht haben 
Die mercklichen vnd manigfaltigen gepreftenz So yne 
Ser Stat vnd purger zu Gretz anligund find, Vnd da: 
durch, das diefelben vnſer purger smuerdorben pleiben 
und binder vns gefiben mogen, haben mir under ege⸗ 
nanten fiat gu Greg und auch dem Richter vnd dem 
Rat vnd den purgern dafelbs Die genad gethon vnd 
thumauch mwiffentlich mit dem Brieff, Das ſy dafelbs gu 
Gre dy nachſtkunfftigen ſiben Jar * einander, vnd 
nicht lenger, cin niderleg haben ſullen In Solher mas, 
was man hab, guts vnd kauffmonſchatz da durch Hin 
ab an die Marckh (vnd) herauff in vnser land gen 
Steyr fürtt, Das mon die alle daſelbs zu Greg nider⸗ 
legen, vnd das damit werd gebandelt mit verfauffen 
vnd andern Sachen, Als folber nyderlegung Recht ift, 
Doch der niderlegung vnser ſtat hie zu wienn vnd der 


2 359 XR 


ſtraß gein Venedig an allen Iren Rechtten gantzlich 
vnſchedlich. Dieſelben vnser purger zu Grätz Sullen 
auch die egenannte sent Die verpoten Stras vber den 
farfi, Vnd die Straffen vber defi Hardperg gen petaw 
vnd in die Marckh behuten vnd beſorgen, So peſt Sie 
mugen nach Iren trewen an geuärde, Das die nyemant 
var noch arbeyt. Wer aber, das ſie auf Denſelben 
Zwain verpoten Straſſen icht venediſche hab oder 
kauffmonſchatz ankomen, Die mugen ſie wol vnd 
freylichen zu vnsern vnd der Stat hannden nemen vnd 
anuallen. Sie ſollen auch dieſelbn ſiben Jar kainen 
gaſt von hungern, Der mit ſeinem kauffmonſchafft (Sic) 
gen wienn, vnd wider von dan gen hungern wolt varn, 
gen Graitz (fic) nicht noten zu uarn. Darumb emphel⸗ 
hen wir vnſern getrewen vnd lieben Hertneiden von 
Lichtenſtain, vnſerm Haubtmonen in Steir, oder wer 
vnſer Haubtmon doſelbs iſt, Vnd wellen Ernſtlich, 
Das (ſie) die obgenanten vnßer purger pey diſer vnser 
genad vmb die niderlegung Das vorgenant Zill auß 
(nämlich ſieben Fabre hindurch) veſtiglichen beſchir— 
men vnd haltten von vnſern wegen, Vnd nicht ge⸗ 
ſtaten, Das Gn da wider Imant (Gc) kain Irrung 
oder pewegung thue in chain Weg Datum zu wienn 
an frentag vor lichtmeß (am 31. Sanner)y | anno do- 
mini MCCCLXXXXIII. — 


———— ——— —— — ⸗ 


Beylage Nro. VI. 


H. Albrechts Verordnung uͤber den Handel in Oberoͤſterreich. 
1572. Us dem Original. 


MB, Albrecht von gots gnaden Hertzog ze Oeſter⸗ 
reich ze Steyr ze Kernden vnd ze krain Graf ze Tyrol 
Tun kunt, Wan wir wol beweiſet ſein, Daz man auf 


ne. 3600 ue 


den Gewmarkten ob der En, in den Dorffern und 
bey den kirichen, Dain kaufmanſchaft haben fol, der 
alain auf redten Merkten vnd kirichtagen, do das von 
alter ber beſchehen ift, Vnd daz man alle faufimane 
ſchaft in vnſern Stetten ob der Ens haben, kauffen 
und verfauffen fol, Dauon durch befundern frumen 
derfelben vnſer Stette wellen mir, und mainen ernſt— 
lich, daz furbaz auf dem Gem, noch vor den kirichen, 
kain faufmanfdaft vayl gehabt merde, vnd daz man die 
alain in vnſern Stetten ob der Ens kauff vnd verkauffe, 
vnd nicht anderſwa, an geuer, auſgenomen alain ſolich 
koſt, die man ezzen vnd trinken fol, vnd die man allent⸗ 
halben vail haben vnd verkauffen mag als das von alter 
ber komen iſt. Wir wellen auch, daz nyemant vber die 
zeirek gen Venedi arbait noch kaufmanſchaft füre, nur 
vnſer egenant Stett ob der Ens, vnd auch die, den wir 
das mit vnſern beſundern offnen briefen gegunnen vnd 

erlaubt haben. Davon gebietten wir vnſerm Houbt⸗ 
man, vnſerm Lantrichter, vnd allen andern vnſern 
amptleuten vnd vndertanen ob der Ens, den diſer 
brif getzaigt wirdt, Daz ſi vnſer Stat ze Eng, ond alle 
ander vnser Steet ob der Eng ben denfelbeniren Ned: 
ten, nd vnſern gnadn veſtiklich balten, vnd in daran 
keinen ingriff von nyemant tun, noch beſchehn lazzen, 
in dhainen weg, Mit Vrkund ditz briefs, Gebn ze 
Wienn, an Phintztag nach fand Thomas tag des zwe⸗ 
lif botten (den 23. December), Nach kriſtes gepurt 
dreutzehnhundert iaren, darnach in dem * vnd Si⸗ 
bentzgiſten Jare.“ 

Eine wörtlich gleiche Urkunde von bla demfelben 
Tage bat auch Linz erhalten, Von den übrigen Stade 
ten Oberoſterreichs darf alfo das Nämliche ohne allen 
Zweifel vorausgeſetzt werden, 





— 361 «—-- 


Beylage Nro. VII. 


H. Mbredt erlaubt der Stadt Linz einen 304. 1369. Aus 
dem Riedecker Coder, 


Bi Albrecht von Gottes genaden Herbog... Bes 
khennen vnd thuen fhundt offentlich mit difem briefe, 
Wann mir moll und Aigentlich bemeifet ſein, daß vnſer 
Statt zu Long an Thuernen vnd Mauren, an graben 
vnd an Undern werlichen Pauen Bey Langen Zeiten 
bero großlich Abgenomben vnd zergangen fei, So ve. 
rer man ir khürzlich nit zu hülffe khommet, das denne 
daßelb Pamgar sergee undnidergelig, Vnd mann das — 
vnß, Landt vnd Leutben gar ſchedlich were, Darnad 
alß dieſelb vnſer Statt an vnſern gemerken gelegen iſt. 
Darumb nach gueter vorbetrachtung, vnd zeitigem 
Rathe vnſers Raths, haben wier den Burgern derfele 
ben vnſer Statt gegunnen vnd erlaubt, gunen vnd er: 
lauben auch mit füerſtlicher Macht, das ſie daſelbs zu 
Lyntz ain Zoll haben vnd Aufnemen mügen, Auf waſ—⸗ 
ſer vnd auf Lande, In ſolcher maſſe, alß hienach be— 
ſchaiden iſt, von Jedem fueder weins, zwelf phenning, 
von dem Dreyling weins, Acht phenning, von ainem 
muth Khorns, zween phenning, vnd von Jedem Roff 
zween wienner phenning, vnd ſollen denſelben zoll da 
haben, einnemben vnd veſſen, vntz an vnſer, oder vnſers 
Lieben Brueders hertzog Leopolts widerrueffen *). 
Waß auch dauon geuellet, das ſollen ſie mit ainer 





) Buvor mar es Sitte, daß alle Privilegien auf ewige 
Zeiten ertheilet wurden, wenn ſie gleich ſehr oft wie— 
der ſelbſt von den Ertheilern gebrochen oder aufgeho— 
ben wurden. H. Albrecht der Dritte fing an, behutſa⸗ 
iter zu Werke gu gehen, und fegte gewoͤhnlich bey: 
Bis auf Unfer oder Unferer Erben Widerrufen. Seine 
Nachfolger ahmten fein Beyſpiel nad. 


—R 362 n 


gueten Khundſchafft vnſers haubtman ob der Ennf, 
wer der Je zu den Zeiten iſt, Anlegen vnd begehren 
zu dem Pau der egenanten vnſer Statt, an Thuernen 
vnd Graben, an Mauren und an ander merli Pau, 
da es allerNotduerfftigift ift, Une geuer. Darumb 
gebiethen wir allen... Geben zu mienn, Un Sannt 
peters und St. Pauls Ubent der heyligen zwelfpoten 
(am 28. Junius) Nach Ehrifti gebuert drepzechen 
i bunbert Sars darnach in dem Neun und SUSA 
Gare. 


Im Jahre 1477 ‘enfant È. Friedrich der Stadt Linz 
einen Weinzoll. 


_ Bier Friderid von gottes. genaden Römiſcher 
khayſer ... Befhennen, das wir vnſern getreuen lie— 
ben N. dem Richter, Nath, vnd onfern Burgern zu 
Lyng die funder genad gethan, vnd Inen erlaubt vnd 
vergunnet haben wiſſentlich mit dem brief, das Sy 
nun hinfüran, vntz auf vnſer widerrueffen, verrer 
geſchäfft vnd Beuelchen, zu behüettung onſers gſchlos 
zu Lyntz, von Aim Jeden Dreyling wein, ſo daſelbs 
für Lyntz gefüehrt wierdet, zwen vnd dreiſſig Pfening, 
vnd von dem mehrerm vnd myndterm Panndt, auch 
nach derſelben Anzahl, daſelbs zu Lyntz, zu Auflag 
nemen mügen. Dauon gebieten mir allen... Geben 
zu Wienn, am Mitwochen vor Sand Margrethen | 
tag (am neunten Julius). Nach Criſti gebuerth vier⸗ 
zechenhundert vnd im Siben vnd fibenbigiften.... 





— 565 -- 
Beylage Nro. VIII. 


5. Rudolph IV. beſtaͤtiget den Buͤrgern von Freyſtadt alle 

aften Privilegien uͤberhaupt, nahmentlich aber K. Rudolphs 

Stapelrecht. Am 2. October 1359. Aus dem Riedecker 
Coder. 


Nos Rudolphus Quartus. Dei gratia Palatinus 
Archidux Auftriae. Stiriae et Carinthiae. Princeps 
Sueuiae et Allatiae. Dominus Carniolae. Sacri Ro- 
mani Imperii Supremus Magifter Venatorum. Vni- 
uerfis et lingulis praefentibus et futuris ad quorum 
notitiam praefentes deuenerint in perpetuum uolu- 
mus efse notum, quod accedentes ‘ad noftri principa- 
tus praefentiam fideles noſtri, dilecti Ciues noftri de 
Freiftat nobis-humiliter fupplicabant, quatenus gra- 
tiam ipfis a piae memoriae Domino Rudolpho olim 
Romanorum rege, noftro Proauo indultam, nec non 
conditiones, libertates etJura, quas et quae ab incly- 
tae recordationis Illuftribus Leopoldo et Friderico 
quondam Ducibus Auftriae tenuerunt, Confirmare, 
approbare, et innouare dignaremur iuxta continen- 
tiam litteraram fibi per dictum nofirum proauum 
datarum defuper, quarum tenor fequitur in haec 
uerba , Rudolphus Dei gratia Romanorum Rex, — 
Nun folgt wörtlich K. Rudolphs Urfunde vom Sabre 
1277, die ſchon befannt ift. 

Nos attendentes puritatem conftantis fidei et 
gratorum obfequiorum promptitudinem, quibus dic- 
ti noftri Cines nobis et noftris progenitoribus femper 
immarcefcibiliter aftiterunt, gratiam, Conditiones, 
libertates et Jura comprehenfas in fcriptis litteris, 
quas in feriptura et figillo omni fufpicione carentes 
Vidimus, noftro, Friderici, Alberti et Leopoldi Du- 
cum et domirorum dictarum terrarum nomine, quo». 


fe 304 2 


rum his diebus plenam poteſtatem gerimus, de noftri 
principatus beneuolentia maturo confilio praehabito 
ex certa fcientia approbamus, confirmamus, ac wigo-. 
re praefentium innouamus, etc. Viele Zeugen. Da- 
tumetActum Viennae in ducali noftro palatio. Sexto 
Non. Octobris. Anno natiuitatis Domini Millefimo 
Trecentefimo quinquagefimo nono. Anno aetatis 
noftrae Vicelfimo, Regiminisuero Secundo, indice 
ne Duodecima. 7 

‘Rudolphus Dux praedictus hac fubfcriptione 

manus noftrae praehabita roboramus. 


— — ——— — — —⸗ 


Beylage Nro. IX. 


H. Albrebt Befiente, das Sali aus Defterreid nad Gitmen 
auf feiner anderen Strafe, ala nur riber Freyſtadt qu fuͤh— 
ren, * 24. Maͤrz — Aus dem Riedecker 
Co er. 


Bi Albrecht von Gottes genaden Hertzog gu Dee 
ſterreich .. Embietten vnfern getrenen Lieben, Hain⸗ 
rich von ivalfee, Haubtmann ob der Enns, vnſer gnadt 
vnd Alles quets. Wir Empfelden dir gar Ernfilih 
vnd mellen, Das du Niemandt Sal von Lynz gen 
Behaimb die vngewendlich Straß Lajfeft fieren. Vnd 
das das Saltz khlainß vnd groſſes gen vnſer Statt 
Freyſtatt khume, allß von Allter herkhomen iſt, vnd 
ſy bey den gnaden vnd Rechten, die ſy von vnſern 
voruordern vnd von vns haben, beleiben laſſeſt nach irr 
Brief ſag, vnd ſy darauf veſtiglichen Schiermeſt. 
Wann wir das Ernſtlich alſo mainen. Geben zu wienn 
Am Montag nach dem Sonntag alß man ſyngt Letare 
qu Mitterfaſten. Anno 20. LXXVI. 


| n 365 “= 


Gin zweyter Befebl vom Jahre 1393, daf der Waarenzug 
nach Boͤhmen, und auch von dort heraus nur uber Frey⸗ 
ſtadt gehen ſoll. 

Wir Albrecht ... Embietten vnſern Lieben ge— 
treuen, Reinprechten von walſee, vnſerm Haubtmann 
ob der Ennß, oder mer ye vnſer khunfftiger haubt— 
mann. da wirdt, vnſer gnadt vnd Alles guets. Wir 
laſſen dich wiſſen, das an vns khumen iſt, wie das 
etliche, die von hinen gehn Behaimb, vnd herwiderumb 
aus, mit Sallz vnd anderer khaufmanſchafft arbaitent, 
die Straſſen vber den haſlpach, vnd ander vngewend⸗ 
lich Straſſen faren, alſo das ſie nicht faren die Rechten 
landtſtraſſen für die freyſtatt vnd an vnſer Mauth da⸗ 
ſelbſt, Alß vorher khumen iſt, das nf nit geuelt. 
Daruon Empfelchen wir dir, vnd wellen Ernſtlich, 
das du die Ehegenannt ſtraſſen vber den haſlpach, vnd 
ander vngewendlich Straſſen veſtiglichen wahreſt vnd 
auch ſtecheſt *), vnd Ernſtlich ſchaffeſt von vnſertwe⸗ 
gen, das Sy die Rechte Straſſe für die Freyſtatt, 
vnd an vnſer Mauth hinein vnd herwider aus faren. 
Welche aber darwider thetten, das du derſelben haab 
vnd khaufmannſchafft, wo du daran khumeſt, zu vnſern 
handten verhaffteſt vnd niderlegeſt. Das iſt genzlich 
vnſer Mainung. Geben zu Lynz am Erchtag vor 
Sant Dioniſien tag (am 7. October). Anno Domini 

Millefimo Trecentefimo Nonagefimo tertio, 


Gin dritter Befehl vom J. 1395, aͤhnlichen Inhalts. 


Wir Albrecht von Gottes Genaden zu 
Defterreid ... Embietten vnſern Lieben getreuen, 
Gundtaggern von Starchemberg onfer Gnadt vnd 





*) Das Verwahren und Stechen der Straßen heißt wohl 
nichts anders, als dieſelben verrammeln und abgraben. 


neo 36 6 nu 


alles guelts Vns haben fürbracht vnſer getreuen N 
die Burger Hu der Freinſtatt, das alle khauffman⸗ 
ſchafft von Sallz vnd andern dingen, die zu Linz auß— 
Hiv pngemendliche weeg durch den haßlpach vnd an: 

Dere Stetten geben vnd gefiebrt werden, wider die 
Brief die Sp darumb haben. Daentgegen wier an 
vnſern Meuthen vnd Hellen, vnd fn an ierer rechten 


Niderlegung groß abgang vnd ſchaden nemen. Em⸗ 


pfelchen wier dier vnd wellen gar Ernſtlich, das du das 
von vnſertwegen wereſt vnd vnderſteeſt, vnd auch nit 
geſtatteſt, das yemandt ander weege, mann die Alten 
gewendlich Landtſtraſſen, fare noch baue, Darmit wir 
bey onſern Meuthen vnd Zellen, vnd auch vnſer Bur⸗ 
ger gu det Freinſtatt bey ieren Nechten nach ter Brief 
fage beleiben, das ift genzlicdhen onfer Mainung! Ge 
ben gu wienn am Sonntag Nad Sant Jörgen Tag 
(am 25. April). Anno ete. Nonagefimo quinto. Lita 

SEs iſt auch noch cin vierter Befehl vom I. 1308 
vorbanden. Die Herzoge Wilhelm und Albredt be: 


fablen dem Heinrich von Wildenegg, ihrem Pfleger 


in Freyſtadt, darüber ju wachen, daß Raufmanng= 
güter und Salz weder nach Böhmen hinein, noch auch 
heraus auf verbothenen Straßen durch den Haſelbach 
(jebt ſagt man Haſelgraben) oder durch Ottensheim 
gefubet merden; fondern nur allein durch Freyſtadt. 
Im Uibertretungsfalle — ,,foltu das Saltz oder die 
Fhauffmanfdbafft zu vnſern handten Nider Legen vnd 
verhafften. Das Mainen mir ernſtlich. Geben ze 
wienn am Erchtag Nach Sant Veitztag (n 18. Sus 
— Anno etc. Nonagefimo octauo. 





PA 


> 567 -— 
Beylage Nro. X. 


Di Albrecht entſcheidet einen Streit wegen der Freyheit der 
Leonfeldner Strafe ju Gunſten der Burger von Frepftabdt. 
* Am 25. April 1428. 


Bi Albrecht . <... Befhennen pon der Stoff ind 
Zwayung wegen, die da gemefen findt zwiſchen on: 
fern getrenen Lieben N. den Burgern gemainelich ju 
der Freinftattaines thailß vnd den Burgern zu Lobne 
felden des andern, von der Straff vnd Niderlegung 
wegen, Darumb ſy bederfeits auf heut alls auf deri 
Benennten Tag, den wir ien Beſchaitten betten, file 
vns khumen. Vnd da diefelben Burger vonder Frein 
ſtatt fürlegen, wie ſy von meillendt onfern Vorfordern 
herzogen von Oſterreich Löblicher gedächtnus Begnadt 
ſindt, das man khauffmanſchafft fuer die Statt, zwi⸗ 
ſchen den wälden auf oder ab fiere, es ſey Saltz gros 
oder khlains, oder wie dieſelb khauffmanſchafft genannt 
iſt, die ſollen in der Statt Nidergelegt werden, Vnd 
lieſſen darauf hörn der Ehegemelten vnſer fordern 
gnadenbrieff vnd vnſern Beſtätt Brief darüber, vnd 
Batten bei ſolchen gnaden vnd Freyhaiten gehalten zu 
werden. Dagegen aber die Burger von Lohnfeldt 
füergeben, wie ſy in der Freyſtätter brieff vnd freitum 
nichts weſten ze reden, Aber es wer von Allter her auch 
ain gemaine Straff füer Lohnfeldt gangen, vnd gieng 
auch noch darfüer, vnd mer dieſelb Straſſ mit ſeiner 
khauffmanſchafft farn woldt, der mecht das woll ge— 
thuen, vnd baten darbei gehalten zu werden, wann es 
wider der Freinſtetter Brieff vnd Freyhaiten nicht 
wer. Vnd wann ſich baidt obgemelt Thaill nach meniger 
Irer Redt vnd wider Reth der ſachen lieſſen zu dem 
rechten, habent vnſer herrn vnd Rath, die dazumall 
bei vns ſaſſen, nach vnſer frag zu Necht erkhent, waß 


nes 368 e 


man khauffmanſchafft füer die Statt zwiſchen den 
Walden auf oder Abfierdt, Es ſey Salltz groß oder 
khlains, oder wie dieſelb khauffmanſchafft genant iſt, 
Die ſoll man in der Statt niderlegen ane widerredt 
vngeuerhrlich, alß das die obgemelten Brieff außwei⸗ 
ſen, vnd ſollen wier die obgenanndt vnſer Burger von 
der Freinſtatt darbey halten vnd ſchiermen. Mit vr⸗ 
khundt des Briefs geben ze wienn am Sonntag Nach 
Sant Jorgen Tag. Nach Chriſti gebuerth viertzehen 
Hundert Jar, darnach in dem Acht vnd Zwainzigi⸗ 
ſten Jar. 


Dominus Dux in confilio. 


+ Diefe8 Urtheil wurde durch offene Briefe allen 
Gerren, Rittern, Stadten und herzoglichen Beamten 
im Lande befannt gemacht. 

Im J. 14509 beſtätigte H. Albrecht den Freyſtäd⸗ 
tern in allgemeinen Ausdrücken überhaupt ihre alten 
Privilegien, ſetzte aber wegen ihrer Niederlage aus⸗ 
drücklich hinzu: „Wir haben in der obgemelten Vn⸗ 
ſerer Vorfordern Brief geſehen, daß die ehgerürten 
Vnnſer Burger gemainglich zu der Freinſtat begnadet 
ſein, Vnd durch ainen Fürſtlichen Spruch herbracht 
haben, Alß wan die Leute in der Landſchaft in Vnſern 
Landt Enthalben der Thonaw, zwiſchen Lynz vnd der 
Freinſtatt allenthalben Salz bedörffen, daß ſollen vnd 
mögen Sie zue Lynz kauffen, Vnd daß in vnſerm 
Landt verthuen vnd vertreiben, doch allßo, daß Sie 
daß auf vnſerm Landte gen Beheimb nicht ferer ver⸗ 
kauffen noch verthuen in kainem weeg, Aber alles an: 
der Salzs groſſes vnd klaines vnd all ander Khauf— 
manſchaft, ſo zue Lynz über die Thonaw, vnd zwiſchen 
den Wälden auf oder abgeführet werden, daß ſoll alles 
gehen vnd kommen an die rechte Niderlage gen der 


noe 309 PETS 


Freinſtatt, und fain ander firaffen nidjt. Es * auch 
vnßer Burger von Lynz kain Salz uber die Thonaw 
den Behemben, die daß auß vnſern Landten führen 
wolten, nicht verkauffen in kain weiß; ohn alle geuer⸗ 
de.... Geben ze Lynz, am Freytag nach Sanet Pauls 
tag der befberung (am 26. Sdnner), Nach Chriſti 
Geburt Vierzebenbundert und in dem Neun vnd Funf: 
zigiſten Jahren.“ — Diefe Urfunde wird im Archiv 
der Bürger gu Freyſtadt aufbemabret. 


1489. K. briedrichs Befehl, mit allen Waaren nach Freyſtadt 
zu fahren. 


Wir Fridrich .. Empieten onſern getreuen Lie⸗ 

ben N. dem Burgermaiſter Richter vnd Rath zu der 
Freinſtatt gegenwertigen vnd khunfftigen vnnſer gnadt 
vnd alles guets. Allß ier vnnß VYetzt durch cur Erbar 

Podtſchafft Eur Priuilegi vnd Freyhait habt fuerbrin⸗ 
gen Laſſen, darin ier von vnſern Vorfahrn Fuerſſten 

von Oſterreich gefreidt ſeit, das alles Sallz, groß vnd 
khlainß, auch Venediſche vnd annder wahr vnd khauff⸗ 
manſchafft, ſo aus vnnſerm Landt ob der Ennß geen 

Beheimb oder von dann in daſſelb vnnſer Landt ge 
fierth wird, die Straffen auf diefelb vnnſer Freinftatt 
vnd Mauth dafelbft bracht, da Nidergelegt, und fonft 

fhain ander Straffen zwiſchen den Walden auf no 
ab gefierdt, das auch in giner Meillwegs vmb die be 
melt vnnſer Statt khain mein, Meth noch Pier vom 
Zapffen geſchenkht merden fol, Es feim dan die von 
euch khaufft, Vnd von denfelben vnnfern Vorfaben 

Jarmarckht vnd wochenmarckht babt, und vnß darbei 

Bericht, wie euch an ſolchen Eurn Freihaiten mit Ses 

bung anderer vnd frembter Straffen durch den Haßl⸗ 
bach auf Lohnfeldt vnd vber den Roßberg, vnd ander 
ende damit die obgemelt georndt Straß zu Euch vmb⸗ 

24 


esse 370) adria 


gefaren, und vnnſer Maut ind Zoll bon ſolcher wahr 
vnd khauffmanſchafft nit geraicht. Auch von den vmb⸗ 
ſeſſen des Adels vnd andern in ainer Meillwegs vmb 
euch Wein vnd Pier aus vnſern Fuerſtenthumb Oeſter⸗ 
reich vnd Behaimb gefierdt vnd da außgeſchenkht, 
Darzue eur Jarmarckht vnd Wochenmarckht von fin 
khauffens wegen der täglichen Pfennbert, ſo auf dem 
Landi daſelbſt wider Allts herkhumen beſchechen dar⸗ 
mit deſthalben bey euch Teurung erwachſen, in Ub 
nemen khumen vnd vnbeſucht Beleiben zuſambt vber⸗ 
flerung vnnſer Mauth, vber vunſer Schreiben deß⸗ 
halben Außgangen, Mercklich Irung Thann, vnd 
eur Narung entzogen worden, Vnd vnns diemiettige⸗ 
lich angeruefft vnd gebetten, Euch darin gnedige wen— 
dung ze thuen, vnd ben den beſtimbten Eurn Freyhai⸗ 
ten handtzuhaben. Nun haben wir vnnſern Lieben ge⸗ 
treuen Gottharten von Starchemberg, vnſern haubt⸗ 

mann ob der Ennß, Auch Chriſtoffen von Zelckhing 
vnſern Rath ond Pfleger daſelbſt zu der Freinſtatt 
geſchriben vnd befolchen offentlich berueffen zu laſſen, 
Das Niemant ſolch frembt Straſſen, ſonnder auf die 
Freinſtatt, alß vormalls beſchechen iſt, fare, vnd euch 
bei derſelben, vnd andern Euren Freyhaiten bandtze: 
haben, alß ier ob onnſern offen brieffen vernemen wer⸗ 
det. Empfelchen wir euch ernſtlich, vnd wellen, das 
ier ſambt den Benannten von Starchemberg vnd 
Zelckhing, oder wie euch das am fueglichiſten ſein 
wierdet, allen fleis Thuet, das ſolchen berueffen nach⸗ 
gangen, die frembten Straſſen, vnd dem khauffen 
mein Meth vnd Pier auſſerhalb eur, mit ſambt den 
fuerkhauffen gewerth vnd vnderkhumen merde, Dar⸗ 
mit ier bei denſelben Freihaiten vngeirt beleiben mügt, 
Welch aber das oberfieren, dieſelben, wo ier die an: 
khumbt, zu vnnſern handten gefenklich annemet, ier 


obi -—— 


wahr vnd khaufmannſchafft nemet, ind ont auf vane 
fer verer geſchäfft vnd Beuelden baldet, vnd die Rof, 
die das fieren, gu euren nutz gebrauchet. Bud nachdem 
eud gu vorderift ſolches nutz vnd guett khumbt, darin 
khain vleiß Sparet, alß euch das zu Thain gebiert. 
Daran Thuet ier vnnſer Ernſtliche Mainung. Geben 
zu Lynz am Erchtag Nach Sant Andres tag (am 30. 
November). Nach Chriſti gebuert Ain Tauſent vier⸗ 
hundert Neun vnd Achtzig... 


Commifsio Domini Imperatoris propria. 


È. Maximilian beftdtigte 1495 im Allgemeinen 
die Privilegien der Freyſtädter, — „ond darzue den 
Endtſchiedt, fo der gemelt vnnſer Herr vnd vatter 
Khayſer Friderich zwiſchen Innen (den Freyſtädtern) 
an ainem, vnd Dem Richter vnd vnnſern Burgern zu 

Lohnfelden anders thaillß, von wegen der Straſſen, 
ſo von Linz durch den Haſlbach auf Lohnfelden vnd den 
Roſſberg gebraucht worden, Allſo lautendt, das fue— 
ran zu khunfftigen Zeiten albegen vnd vnwiderrueflich, 
alle wahr vnd khauffmanſchafft, wie die genanndt ſindt, 
nichts Außgenomen, ſo aus dem Landt Behamb in 
vnſer Fuerſtenthumb Oſterreich ob der Ennß zwiſchen 
den walden vnd widerumben von dann aus dem ſelben 
vnnſerm Landt ob der Ennß daſelbſt hin gehn Behamb 
gefierdt, auf die bemelt vnnſer Freyſtatt Mauth vnd 
Niderlag daſelbſt bracht, vnd damit khain ander Straſ⸗ 
ſen weder durch den Haſlbach auf Lohnfelden, noch 
über den Roſſberg, noch ander vngewendlich weeg 
oder Straſſen gebracht noch gefiehrt werden ſollen. 
Es ſoll auch das ſaltz gros vnd khlain Pandts, Stachl 
vnd Eiſen von den bemelten vnnſren Burgern zu der 
Freinſtatt khaufft, vnd gehn Behaimb, als von Allter 
herkhumen iſt, gefiehrt vnd da verkhaufft werden AA 

24 


seo 372 «se 


Geben gu Worbms , am Samftag vor Sant Lauren: 
zen tag des Heiligen Marterers (am 8. Uuguft), Nach 
Chriſti gebuerth viertzehen hundert, vnd Im fun vnd 
neunzigiften.. Jar.“ 

Die nachfolgenden Kaiſer wiederhohlten dieſes 
Privilegium wörtlich; Ferdinand im Sabre 1522, 
und Marimilian 1505. 


CL — — — —— — — — — — — — — — — — — — 
dj i * 


Beylage Nro. XI. 


K. Maximilians Entſcheidung wegen der Leonfeldner Strafe. 
Am erſten October 1496. Aus dem Leonſeldner Archiv. 


i Marimilian... Bekhennen offentlich mit difem 
Drief. Alß weilendt vnfer lieber. Herr und, vatter der 
Romifd Kayſer — gedechtnuß zwiſchen vnſern 
getrewn lieben N. Ricbtern, Reten, vnd Burgern zu 
Der Freinſtat und zu Lanfelden, wie es mit den Straſ⸗ 
ſen durch die Wäldt vnd über den Nosberg füran ge— 
halten werden ſoll, darumb Irrung zwiſchen In ge— 
weſen iſt, ainen Entſchiedt gethan, des ſich die ge— 
melten von Lanfelden aus allerlay vrſachen beſchwert, 
deßhalben vnſer haubtman, Stathalter, vnd Regent 
ten zu Wienn die genanten Partheyen zu bederſeit für 
ſich ervordert, dieſelb ſachen nach der Leng verhört, 
vnd darinen erfunden, daß durch ſolchen Entſchiedt, 
wo Der in Weſen beleiben ſoll, der Markht Lanfeldett, 
daran vnß vnd gemainen Landt nicht klain gelegen iſt, 
gantz verderbt vnd vergenklich wurde, vnd darumb 
nach vnſern Geſchefft vnd beuelch, mit zeitigem Rate 
aus den obberürten vnd andern vrſachen über den ob⸗ 
beſtimmten Entſchiedt ain erklerung getan, alſo, daß 
nu füran alle beflagen vnd gewogen Pfennbert mit 


* 3735 -.. 


ſambt Tüchern, Hewten, Eiſen, wachs, bonig vnd 
anderm, ſo für kaufmansguet geſchetzt wird, die 
Straſſen auf die Freinſtat, vnd nicht auf Lanfelden; 
vnd dagegen alles das, ſo von Behamb heraus zu 
Speis vnd notturft vnſers Lands gefürt würdet, als 
Viſch, Waitz, Korn, Habern, Schmalz, Pier vnd 
andere Speis, auf yegliche der obberürten Straſſen 
gen der Freinſtat oder Lanfelden, weliche dem Kauf⸗ 
man oder Furlewten am beſten fuget, gefürt vnd durch 
die von Der Freinſtat vnd St Nachkomen, noch nye— 
mands andern daran khein verhinderung gethan wer—⸗ 
den ſull, getreulich vnd vngeuerlich. Vnd gebieten da— 
rumb den obgemelten Richtern, Reten vnd Burgern 
daſelbß zu der Freinſtat vnd Lanfelden bei Vermei— 
dung vnſerer vngenadt vnd Straff ernſtlich, vnd wel⸗ 
len, daß Sp Die vorgeſchriben Ordnung vnd Erele⸗ 
rung in allen Iren Punkten nd Artieln ſtet vnd on: 
zerbrochen halten, vnd der ſtrachs on all waigrung 
vnd außzug nachuolgen, vnd dawider nit thuen, noch 
nymandts von Iren wegen zu tun geſtatten in dhain 
weif. Daran tun Sy vnſer ernſtliche Maynung. Mit 
vrkhundt des briefs, geben am Sambſtag nach St. 
Michaelß tag nach Criſti geburde viertzehen hundert 
vnd im Sechs vnd neuntzigiſten. Vnſer Reiche des Rö— 
miſchen im Aindlefften vnd des Hungeriſchen im Sic 
benden Jare.“ 

Daß der Markt Leonfelden auch eine Zollabgabe 
von den durchgeführten Lebensmitteln erhalten hat, 
geht aus einem Privilegium K. Maximilians vom 
Jahre 1506 hervor. — „Wir Marimilian. .. Be— 
khennen, daß für vnß khommen ſein vnſer getrewen 
lieben NM. Richter vnd Nate vnſers Markhts Lanfele 
den, in vnſer herrſchafft Wechſſenberg gehörend, vnd 
gaben vnß zu erkhennen, wie Sy von vnſern Vorfahrn 


ui 374 uo 


Fürſten von Oeſterreich loblicher gedechtnuß, mit den 
hernach geſchriben Artikheln begnadt geweſen, der Sp 
von Alter her, vnd noch alſo in beruelichen gebrauch 
ſein, vnd Inen aber die brief, ſo Sy von den gemel⸗ 
ten vnſern vorfahren darum gehabt, in der jüngſten 
Prunſt des gemelten vnſers Markhts —— ver⸗ 

dorben vnd verprunen waren. Vnd ſein das dieſelben 
Artickl, nemblich welicher Burger oder einwoner das 
ſelbſt zu Lanfelden, oder frembder vnd Außlender 
durch den Markt, oder daſelbſt auf der Straſſen bey 
Dem Markht Salk, wein, traidt oder annder Pfenn: 
bert fürfüret, der fulle von ainer heden groffen khuef⸗ 
fen Salk zwen Pfenning, vnd von aimem Pfundf 
Flaimer khüeffel zwen vnd drenffig Pfenning, von ai: 
nem Emer mein ain Pfenning, vnd von aimem Mes 
gen Traidt ain Haller, vnd von andern Pfennberten 
gin zimblichen Zoll nad gelegenbeit derſelben güter 
geben. Bnd baten unf diemutigelich, daf wir Sn die 
neggemelten Artikl als Herr vnd Landsfürſt von neuem 
gu beſtetten genedigelich geruhten Haben wir angeſe⸗ 
hen die notturft des berürten vnſers Markhts, ſo an 
den Grenitzen gelegen, vnd etweuil Weer vnd huet 
ben Tag ond nacht nottürftig iſt, auch der obgenanten 
vnſer Burger zimblich bete, u. ſ. w.“ — Hier folgt 
die Beſtätigung des Zolles mit dem Beyſatz, daß die 
Einnahme davon — „zu Paw, weer vnd huet des 
beſtimmten vnſern Markhts jerlich angelegt werden 
fol. +. Geben zu Lynz am Andern tag des Moneds 

January nach Chriſti gepurde funffzechen hundert 
vnd im ſechſten . Saren. 





nese 57) ⸗ 


Beylage Nro. XII. tà 


Auszug aus dem gedruckten Patent K. Maximilians des Bivene 

ug in welchem er den Kaufleuten die Straffen beſtimmte, die 

fie durch Hefterreid na Boͤhmen, oder von dorther nach 
Oeſterreich einſchlagen muften. 1571. 


Wovoh von Unſern Vorfordern vom Haus Oe⸗ 
— auch Röm. Kaiſern und Khünigen Unſere 
Freyſtadt im gedachten Unſern Erzh. Oeſt. ob der 
Enns gelegen, gnädigiſt dahin beguadet vnd befreiet, 
auch durch Uns gleichfalls bei ſolchen Freyhaiten ge⸗ 
laſſen wurde, daß alle Kaufmannswaaren, wie die 
genannt find, darzu auch diejenigen Speisnothdurf⸗ 
ten, fo man aus oder durch Unſer Land ob der Enns 
bringt, und. darinnen micht verbraucht, die von oder 
durd Böheim und Defterreid unter der Enns zwi⸗ 
fohen den Walden in Deft. ob der Enns, oder von 
dannen in Bopeim oder Deft. unter der Enns gebracht 
werden wollen, allein in die recht Niederlag zu Frey⸗ 
ſtadt gebracht, und dafelbft ohne Widerred nieder ge 
legt werden follen, die aber deme nicht geleben wur— 
den y in landsfürſtliche Ungnad, und darzu hundert 
Pfund Goldes ju Wandl, halben Thail in Unſer lands— 
fürſtliche Cammer, und der ander halbe Thail denen 
von der Freyſtadt als Beſchwerten verfallen ſeyn ſolle, 
darüber auch Wir als regierender Herr und Landsfürſt 
Inhalts Unſerer vom 25. Tag Martii nächſt verſchie— 
men ſiebenzigſten Jahrs in der Kron Böheim und Erzh. 
Oeſt. publizirten Generalien männiglich gemeſſene 
Ordnung vorgeſchrieben, welche Straſſen, und mit 
was Sorten ein jeder, fo aus Böheim oder Deft. un: 
fer der Enns in das Land ob der Enns, oder daraus 
Dabin fabren, und gemelbte becde Machland- und 
Mühlviertel berühren mill, beſuchen und fommen 
follen; darneben — unſern Mautnern und mad 


ea 376 can 


ſchlägern zu Linz, Mauthhauſen und Englhartszell 
gnadigft auferlegt und befoblen, alle und jede Waa— 
ren und Gattungen, die allein auf Frenftadt zu brin: 
gen geborig find, mann die ben ibnen anfommen, und 
die Kauf- und Fubrleut aus der Mauth zu der Frey: 
ftadt feine Polletenzettel, daß ſolche Waaren auf or 
dentlider und benennter Straß dabin fommen, und 
mit rechter Anfag die Mauth davon gerichtet, fürzu⸗ 
legen haben, ‘als kontrabantiſches Gut zu Unferer Ca: 
mer cingezogen merden folle: 

So fommt Uns dod anfego glaubwürdig vor, 
daß zuwider Unfern Generalien und der Stadt Frey: 
ſtadt Frenbeiten, der Niederlag dafelbft gu grofiem 
Abbrud, auch Schmählerung Unfers Camerguts, 
an beeden Mäuthen zu Frenftadt und Linz, und über⸗ 
dieß zur Entziehung der Gegenfubr auf berührte Mie 
derlag und Mautbftatte, desgleichen zur Verhinde— 
rung der Proviant = Beforderung, und fonften Ung 


und dem Land in viel mehr Wege folcden Unfern Gee © 


neralien zuwider und entgegen gebandelt werden foll. 
Dieweil Uns aber ſolches ferner zu geftatten nicht ges 
meintift: fo haben Wir demnad angeregte Unfre Ge 
- mevalien biemit wiederum vernenert und mollen gnd: 
diglich, Daf manniglich alle beſchlagene Waar und 
gemegen (Gc) Pfennmwerth mit ſammt Tüchern, Häu⸗ 
ten, Gifen, Wachs, Honig und'andern, fo für Kauf⸗ 
mannsgut geſchätzt, und aus Defterreidh in Böheim 
geführt wird, die Straße von Linz aus entweder auf 
Gallneukirchen, Spatendorf, Straßldorf gegen Frey— 
ſtadt, oder aber von Linz aus durch den Haſlgraben 
auf Helmannsöd, Schenkenfeld gegen Freyſtadt, und 
alſo beede Straßen hinaus gen Linz; von Mauthhau⸗ 
ſen aber nach Marbach, Pregarten oder Wartberg, 
Weinberg gen Freyſtadt, von dannen durch Rainbach, 


neo 377 «o 


Kerſchbaum, Unterbaid, Kaplitz, Welſchin, Staina⸗ 
kirchen und Budweis; oder auf der rechten Hand von 
Freyſtadt aus nach Lichlenau Paßberg, Zetwing, Be: 
neſchau, und von dannen gen Schweinz, Wittingau, 
Strobnitz oder Gratzen, und alsdann weiter. Alſo 
auch was von Bobeim heraus, wie nächſt bemeldt 
wurde, fur Kaufmannsgüter und Sorten, oder der— 
ley Speiswaaren und Nothdurften, ſo in Unſerm 
Land nicht verbleiben, ſondern ferner daraus in Bairn 
und ander Orten verführt werden, allein in die jetzt 
benannten Straßen auf Freyſtadt, und nicht gen Leon: 
felden, Saslad oder ander Wege; dasjenig aber, fo 
zu Speis nothdurft Unfers Landes aus Böheim geführt 

wirdet, entweder die vorbemeldt Straß auf Freyſtadt, 
oder aber auf Leonfelden hernach folgende Straßen: 
als von Budweis aus, es ſey durch Kaplitz, Unter⸗ 
haid, oder anderſtwo auf Oberhaid, oder durch Krum⸗ 
mau; Hohenfurt, Kaltenbrunn gen Leonfelden, von 
dannen durch Hellmannsöd auf Linz, welche der er—⸗ 
nannten Straßen gen Freyſtadt oder Leonfelden mit 
ſolchen Speiswaaren zu Nothdurft des Landes denen 
Kauf⸗ oder Fuhrleuten zu beſuchen gelegen ſeyn wird; 
Außer derer aber als ordentlichen Landſtraßen keines 
andern Weges zu gebrauchen zugelaſſen ſeyn ſoll. Und 
dann aus Niederoſterreich von Gmündt oder Weitra 
nach Strobnitz, Beneſchau, Meinhardsſchlag, Zet⸗ 
wing, Paßberg, Lichtenau. Item von Zwettl auf Sas 
ckenbach, Englſtein, Perchtolds, durch den freyen 
Wald auf Rauchenöd gen Freyſtadt; oder aber auf 
Germus, Liebenſtein, Weitersfelden, St. Oswald 
gen Freyſtadt; item auf Napoltenſtein, Arbesbach, 
Weitersfelden, St.Oswald gen Freyſtadt. Vom Kö— 
nigswieſer Wald aber auf Pregarten, und von dannen 
wieder durch berührten Wald wollen Wir allein denen 


ceo 978 Pas 


Saumern Traid und Salz, auch den Viehtrieb, ge⸗ 
richt auf Unſer Filialmauth zu Pregarten zu kommen, 
und allda die Mauth davon ju verrichten hiemit verwil⸗ 
liget, ſonſt aber keine beſchlagene oder gewegn Waar, 
noch ainicherley Kaufmannsgüter und Speiswaaren 
von berührten Orten auf Pregarten zu bringen ſon⸗ 
dern damit allein Unſere Freyſtadt, wie obgemeldt, 
zu beſuchen zugelaſſen haben, in allweg aber von allen 
Waaren und Gütern die gebührlich Mauth mit ordent⸗ 
licher Anſag desjenigen, fo ein jeder führt, unweiger— 
lich bezahlt werden ſolle.“ — Zur Gewißheit der ge 
nauen Befolgung dieſer Verordnung mußte ein jeder 
Fuhrmann bey den Ausbruchſtationen ein Zeugniß 
von Linz oder Freyſtadt vorweiſen, daß er auf der vor⸗ 
geſchriebenen Straße gereiſet ſey. Den Uibertretern 
wurden die Wagen ſammt der Fracht wegge 
und zur landesfürſtlichen Kammer eingezogen. — 
„Geben in Unſer Stadt Wien den achtzehnten Tag 
Juny Anno 2c. im Ain und ſibentzigiſten. “ 
Aus dieſer merkwürdigen Urfunde lernen mir den 
ungemeinen Drud Des Stapelredte8 von Frenftadi 
auf das Mühl- und Machlandviertel, und auch die 
Nichtungen der dbamabligen Strafienfennenz von meh⸗ 
reren derſelben ift feine Spur mehr vorbanden. Es 
ift doch unbegreiflich, mie man ſehr bequeme Strafien, 
3. B. die von Pregarten, mo ſich cine Zollftation be: 
fand, für Frachtwagen verbiethen, und fie nur den 
Saumern und Viehtreibern erlauben fonnte, Auffale 
len muß auch der Unterſchied, den man zwiſchen einge⸗ 
führten Lebensmitteln machte. Diejenigen, die im Cane 
De verzehrt wurden, durften auch über Leonfelden einge⸗ 
führt werden; die andern aber, die weiter ins Ausland 
gebracht wurden mußten alle nach Freyſtadt fommen. 





di 370) — 
Beylage Nro. XII. 


Der Statthalter Erzherzog Ernſt bebt den Straßenzwang bei 
Leonfeldben und Haslach auf, und erklaͤrt fie allen Kaufleuten 
fur gedffnet. 1576. 


Mi Ernſt von Gotte8 genaden Ertzherzog gu Des 
fterreid) ... Empieten N. allen vnd heden der Rom. 
Kan. Mjt. Vnſers genedigften geliebten Herrn vnd 
Bruders Unterthanen, geiſtlichen vnd weltlichen, weſ⸗ 
ſen Standes oder Weſens die allenthalben, vornem⸗ 
lich aber in Machland und Mühelviertel des Erzh. 
Oeſt. ob der Enns wohnhaft ſein, und ſonderlich die 
Obrigkeit, Gericht, oder derſelben Verwaltung im 
gemeldten Erzherzogthum haben, fo mit dieſem uns 
ſern General-Mandat angelangt, erſucht oder derfele 
ben gu wiſſen gemacht werden; auch allen Kauf⸗ San: 
dels = und Fuhrleuten, fo ernennte beede Viertel mit 
ibren Waaren, Roß und Wagen befuchen und be: 
rühren, unfer Gnad, und geben euch gnädiglich gu 
vernemben. Als meilend der allerdurbleucbtigift. . 
Herr Herr Marimiliam der Under. . bievorim verſchie— 
nen gin und fiebenzigften Jahr auf N. Burgermaifter, 
Richter und Rath der Stadt Freyſtadt im gedachten 
Erzh. Def. ob der Enns gelegen , unterthänigſtes 
Anlangen und Bitten gnädigſt bewilliget, daf alle 
Kaufmannswaaren, wie die genennt werden, darzu 
auch diejenigen Speisnothdurften, ſo man aus oder 
durch Land ob der Enns bringt, und darinnen nicht 
verbraucht, die von oder durch Behaim und Oeſter⸗ 
reich unter der Enns zwiſchen den Walden in Oeſt. 
ob der Enns, oder von dannen in Behaim oder Oeſt. 
unter der Enns gebracht werden wollen, allein auf 
die Niederlag Freyſtadt, und nicht auf Lanfelden, 
Haslach oder ander Straſſen gebracht und geführt 


see 35Y}0) se 


werden ſollen, und deswegen fondere General-Man⸗ 
dat ausgehen haben laſſen: Wir aber ſider (ſeither) 
ber in gewiſſer Erfahrung befunden, daß Ihrer Mjt. 
ſolche Sperr der Straßen auf Lanfelden und Haslach 
in mehr Weg, ſonderlich aber in Ausgang und Ver: 
führung Ihrer Mit. Hallſtätter und Iſchler Salz in 
Behaim zu merklichem Nachtl und Abbruch Ihres 
Camerguts geraicht hat, derwegen Ihre Mjt. gar 
nicht gemaint, angeregte Sperr der Straßen auf 
Lanfelden und Haslach länger zu gedulden oder zu 
pene „fürnemlich darumben, daß Ihr Mit. gna: 
| Digft geftimmt und entſchloſſen find, nu furobin Ihr 

Hallftatter und Iſchler Sal in grofer Unzabl auf 
allen Strafien foviel müglich in Behaim eingehen und 
verfubren zu laſſen. So mollen Wir demnad aus 
geborten Urfaden berührte, bievor Anno im ain und 
ſiebenzigiſten Jahr ausgangen General = Mandat vor 
Ihr Mit. wegen hiemit wieder relariret, aufgehebt, 
abgethan, und entgegen die Wiederdffnung der Stra: 
fien auf Lanfelden und Haslach, wie von Alters her 
gebrauchig gemeft, gnädigſt zugelaſſen, erlaubt und 
bemilligt baben. Und gebiethen hierauf allen Ihrer 
Mijf. Landmarſchalchen, Landshauptleuten ... und 
fonderlidh denen, die der Enden Gericht, Gebieth 
und Obrigfeiten haben, ernſtlich und mollen, daß 
ihr ob folcher Unferer Bewilligung mit Eenft bal 
tet, die Kauf⸗Handels- und Fubrleut mit ibren 
Waaren ju Lanfelden und Haslach, mo fie fonften 
nicht auf Die Frenftadt zu fahren mollen, ungeirrt 
und unaufgebalten dem alten Gebraud nad durd= 
kommen und paffiren laffet, darwider ſelbſt nicht hand⸗ 
let, noch andern zu thun geſtattet. Daran vollzieht 
ihr höchſtgedachter Kan. Mjt. und Unſern ernſtli— 
chen Willen und Mainung. Geben in der Stadt 


n 381 * 


Wienn ben 25. Oetobris, Anno im Sechs und Si 
bentzigiſten. 


— — — — — — — — — — — — —— — — — — — — — — — — N 


Beylage Nro. XIV. 


K. Rudolph beſchraͤnkt wieder die frepe Faprt nad Leonfel: 
den 1577. f 


Bi Nudolph der Under.. Embieten N. allen vnd 
yeden onfern Vnterthanen, geiſtlichen vnd weltlichen, 
was. Würden, Stands oder Weſens die allenthal—⸗ 
ben“, u. ſ. w. —, wie in der vorhergehenden Urkunde 
des Erzh. Ernſt. — 
„Wiewohl der durchleuchtig hochgeborn, unſer 
freundlicher lieber Bruder und Fürſt, Ernſt, Erzher⸗ 
zog gu Oeſterreich, durch offne Patenta vom 25. 
Oetobris verſchienen 76 Jahrs die Generalien, welche 
auf Anhalten N. Burgermaiſter, Richter und Rath 
unfer Stadt Freyſtadt durch vnſern geliebten Gerin 
und Vater, weilendt Kayſer Marimilian der Under... 
ausgehen laffen, darinnen Ihr Ranf. Mit. gebothen 
und befoblen haben, daf alle Raufmannémaaren, 
u. ſ. w. (mie in der vorigen Urfunde) —. So feind 
Vns doch fiederbero andere und neue wichtige Beden: 
Fen und. Bewegnuſſen fiirgefallen, in Kraft deren 
Wir die Wirfung vorbemelten Unfer$ Bruders und 
Gurftens offne Mandata bis auf Unfere weitere Res 
folution dergeftalt aufſchieben, nämlich, daß gleich— 
wohl diejenigen, {o zu Linz und in andern Salz⸗Lag⸗ 
ſtätten groß Kuffenfalz laden, mit demſelben Unſern 
Salz jedes Gelegenheit nach auf Lanfelden, Haslach 
oder Freyſtadt zufahren mögen, und auf ſolich Unſer 
Salz allain zu verſtehen, ihnen die Lanfelder und 
Haslacher Straßen nicht geſperrt ſeyn ſollen. Was 


dae 390 ne 


aber fonften andere Waaren in gmain, desgleichen 
die Victualien anberührt: in dem laſſen Wirs aller: 
dings ben Unfers geliebten Heren und Baters im 71. 
Sabr den 18. Juny ausgangen offnen Generalen dere 
seit verbleiben; denenfelben follen ſich Rauf= und 
Gubrleut, In- und Auslander, gemaf verbalten. 
Mer aber ſich folchen Generalien zugegen betreten lie 
fe, den mugen die von der Freyſtadt pfanden sund 
qu gebührlicher Straf bringen. Das iſt alfo Unfer 
gnädiger Willen und Mainen. Geben in Unfer Stadt 
Wienn am 23. Tag Marty Unno im fieben und fies 
bengigiften... | 


Beylage Nro. XV. J 


Die Herzoge Albrecht und Leopold verleihen der Stadt Wels 
ein Stapelrecht fur den Holzhandel. Um 28, April 1572. 
Aus dem Welfer Ario. 


Bi Albrecht und Leupolt brüder bon gotes gnaden 
hertzogen ze Deft.. . Befbennen und thuen fhundt ofe 
fennlich mit difem brief, Das wir angefeben haben die 
gebreften, die unnfer Stat ze Wellß manigualtigelich 
anligundt find, und haben den burgern gmaingelich 
dafelb8 se Wellß die genad geton und thuen auch, 
Swaß man Holtzes oberhalben Well auf der Traun 
oder auf andern waſſern, wie die genannt findi, ab: 
wertz vnd enawe (fonft heißt es gewoͤhnlich nauwaͤrts; daher 
der Nauferg) füert, das daſſelb Holtz nicht verrer ſolt 
gefüert werden, danne geen Wellß, vnd nicht fürbaß, 
vnd das egenant holtz mügen vnd ſollen die vorgenen⸗ 
ten vnſer burger von wellß danne khauffen, vnd ander 
niemant, vnd damit fürbaß wandin und fügn an alle 
Irrung, als lanng vntz wir beede, oder vnſer Ainer 


ce 5}3 --—- 


das tviderrueffen. Mit vrkhundt difs brief geben ze 
Wienn am Mitichen nad Sannt Georgentag. Anno 
Domini Millefimo Trecentefimo Septuagefimo Se- 
cundo, i 


Beylage Nro. XV. A. 


SL. Albrecht beftatiget den Buͤrgern von Mauthauſen zwey 
alte Privilegien. 1402. 


Gir Albrecht von Gottes Gnaden Herzog gu Des 
ſterreich befennen und thun Fund offentlidà mit dem 
Brief, daß fur Uns fommen Unfer Getreuen, der 
Richter und die Burger gu Mauthauſen, und legten 
Uns für und meifen uns auch mit Unſern Städten ob 
Der Enns und Unfer8 Mauthner zu Linz Briefen und 
Kundſchaften, Wie derfelb Unfer Marf zu Maut—⸗ 
Baufen und fie von weiland Unfern Vordern (ob: 
licher Gedächtnuß fold Recht, Gnad und Freybeit 
von Alter ber hätten bracht und gehabt, als ber: 
nad geſchrieben ftebt. Und wann ibnen die Briefe, 
Die ihnen diefelb Unfer Vordern feliger darüber batten 
geben, ungefährlich verbrunnen mwaren, davon fo ba: 
then fie Uns diemüthiglich, daß Wir ibnen die gemeld⸗ 
ten ihre Net, Gnad und Frenbeit von Unfer Gna: 
den geruben von neuem Ding zu geben und beftatten. 
Bon Erften, daf fie vor allen Unfern Mauthſtätten bey 
der Donau mit allen ibren Waaren, Getreid, Sal 
und andern Haben, mie fie die dabin bringen, alle die 
Freyheit, Genad und Recht haben, die ander Unfer 
Burger aus unfern Städten ob der Enns mit ibren 
einen, Getreid, Sal; und andern ibren Haben, 
wann ſie die dahin bringen, haben, ohne Gefabr. 
Item tas jemand, derin dem ebgenannten Markt 


è 


ass 350) «se 


mit wohnhaft oder ſeßhaft ift, feiner Habe auf dem 
Waſſer in Schiffung dabin bringt, es ſey Wein, Gee 
treid oder andere Habe, der mag die auf den Schiffen 
wohl verkaufen und verthun, wenn er will; wollt 
er aber ſolch Wein, Getreid, Salz oder andere Habe 
daſelbſt in Keller oder an das Land legen und es dann 
verkaufen und verthun: des ſoll er nit Gwalt und 
Macht haben, ſondern die Gmain Unſer Burger mö— 
gen es wohl unterſtehen und verwehren, als von Al— 
ter berfommen ift, ungefährlich. Nun baben wir ans 
gefeben derfelben Unfer Burger fleifige Bitt und Bee 
gier, und haben dadurd und durd) gmaines Nutz, 
Srommens und Aufnehmens millen deffelben Unſers 
Marfts und aller Unfer Untertbanen, darinne gefefe 
fen, ihnen und allen ibren Nadfommen die obbes 
ſchriebene Freyheit und Gnad, als fie von Wort gu 
Wort darvor geſchrieben ſteht, und auch all'ander ih⸗ 
re Recht, Frehheit und löblich Gewohnheit, die ſie 
pon Alter herbracht und gehabt haben, verneuet, be⸗ 
kräftiget und beſtätt; verneuen, bekräftigen und be— 
ſtätten ihnen auch die von fürſtlicher Macht wiſſent— 
lib... Geben zu Wien am St. Nicolaus Tag (am 
6. December) nad Chriſti Geburt vierzebenbundert 
Jahr, darnach in dem andern Jahr. uv 


Nur gu Mauthauſen, und nicht gu Au -und Albern, foll eine 
Niederlage ſeyn. 1378. 


Wir Albrecht und Leopold von Gottes Gnaden 
Herzogen zu Oeſterreich . befennen und thun kund 
offentſich mit dieſem Brief. Als Unfer lieber Herr und 
Vater, ſeliger Gedächtnuß, den Burgern gemainig- 
lich zu Mauthauſen ſeinen Brief geben bat, daß das 
ſelbſt zu Mauthauſen, da man Unſer Mauth nimmt, 
all Niederlag feyn ſoll, und kein Niederlag ſeyn ſoll 


neo 385 e 


gu Au; als mainen Wir und wollen ernſtlich, daß es 
> bey demfelben Brief bleib in aller der Maßen, als 
derſelb Brief von Wort zu Wort geſchrieben ſteht. 
Darzu baben Wir fie durd) ihr rechter Nothdurft il: 
Ten ſonderlich begnadet, daß gu Albern auch fein Nies 
derlag ſey gu gleicher Weis alè zu Au. Davon gebie— 
then Wir ernſtlich Unſern lieben Getreuen, den Haupt—⸗ 
leuten ob der Enns, gegenwärtigen und künftigen, 
Grafen, Freyen, Landherrn, Rittern und Knechten, 
Burggrafen, Richtern und Mauthnern, und allen 
andern Unſern Amtleuten und Unterthanen, den die— 
ſer Brief gezeigt wird, und wollen ernſtlich, daß ſie 
die vorgenannten Unſer Burger zu Mauthauſen bey 
derſelben Unſer Beſtätigung und Gnad beleiben laſſen 
und dawider nicht thun in kein Weg. Wer es aber 
darüber thät, der wär gänzlich wider Uns. Des geben 
Wir zu Urkund dieſen Brief beſiegelt mit Unſerem 
Inſiegel, der. geben iſt zu Wien am Samftag vor 
dem Sonntag, als man ſingt Oculi in der Faſten 
(am 20. März), nad Chriſti Geburt dreyzehenhun— 
dert Jahr, darnach in dem acht und ſiebenzigſten 
Jahr. 


Brief Eberhards von Capellen an den Herzog, in welch em 
er bezeuget, Daf Die Freyſtaͤdter keinen Handel in Maut— 
J hauſen treiben duͤrfen. 1392. 


Dem Durchleuchtigen, hochgeborn edlen Fürſten, 
Herzog Albrechten, Herzog zu Oeſterreich, zu Steyr, 
zu Kärnthen und zu Crain, Graf zu Tyrol. 

Mein willig Dienſt war allzeit bevor. Lieber 

- Herr; Wie Eure Burger hie gu Enns, und die Stadt 

und Die ganz Gmain dafelbft verſchreibent, als laß 

ih Euer Gnad auch wiſſen, daf id) jebund und and) 

vor, als lang id Euer Hauptmann gu Enns gemefen 
25 


ETC 39 6 ace 


bin, gedenk, daß Fein Frenftadter mit Recht bat an 
den Stätten, nod in den Rellern binzugeben noch zu 
faufen, wann es Eur arm Leut ju Mautbaufen ihr 
maifteNMabrung ift, mit Wein und Traid da verkau⸗ 
fen und bingeben. Sollenda ander Leut mitſammt fie 
das Recht haben, verſteht Euer Grad wohl, daß e8 
ibr Verderben idr. Geben ju Enns, am St. Lucas 
Tag (den 18. October) anno Domini vete. LXXXX. 
Secundo, ‘ 


Eberbardt von Khappelln. 


Ein zweytes ſolches Zeugniß von Linz. 1392. 


Dem Durchleuchtigen, Hochgebornen Furften, 
Unferm Gnädigen Lieben Herrn Herzog Albredht zu 
Oeſt., 3uStenr... entbiethen mir, der Richter, der 
Rath und quitaindlid) Euer Burger der Stadt zu Linz 
unfer willig Dienft mit ſtetem Gehorfam. Gnädiger 
Herr! Wir thun Euer Fürſtlichen Gnaden zu wiffen, 
daß die Mauthanfer für uns kommen ſeynd, und bas 
ben uns zu wiſſen gethan, wie die Freyſtädter mit 
ihnen arbeiten wollten, des ſie doch nicht Recht hiet⸗ 
ten, und bathen uns, unſer Kundſchaft, als wir ſein 
gedächtig wären, zu fagen. Da verborten wir etlich, 
Die vor Seiten Mauthner und Schreiber der Mauth 
dafelbfi gemefen ſeynd. Die fagten ben ibren Ayden 
und Treuen, und baben es aud von andern ebrbaren 
Leuten wohl vermommen, daß die Freyſtädter mit de: 
nen Mautbaufern nicht andere Rechten habent zu 
arbeiten, denn was fie auf Schiffen daſelbſt hin gegen 
Mauthauſen bringent von Wein und Getreid und fol: 
cher Kaufmannſchaft, das mögen fic auf dem Waſſer 
und an der Zilln wohl verfauffen wem fie wollen; 
‘aber daß fie es auf dem Land und aus den Rellern da: 
felbft zu Mauthauſen verfaufen follen, des haben ſie 


CILS 38 7 ne 


nit Necht. Beſchloſſen unter unſrer Stadt Inſiegl. 
Geben zu Linz, om Sonntag nach Lucas (den 20. Oe⸗ 
tober) Anno Dni etc. LKXXX, Secundo. 


Beyhlage Nro. XVI. 


Urkunden, welche beiveifeti, daf fremde Kauf— 

Tenute aucd im Lande db der Euns eben fo wie un: 

ter der Enn8 mit niemanden, als nur mit den 
Burgern in Stadten Handel treiben durften. 


Statuten des Magiſtrates der Stadt Enné. Am 24. April 
1550. Aus dem Driginal. 


Sir ſtent geſchriben. dié Uuffeb . die der Nat. unt 
Die Gemain bat aufgefagt . der Stat ze nug . vnd ze 
eren. Daz erft iſt daz dller fürchauf verpoten iſt. 
darnach ſchol alleu Mazz geleich féin . befunderlid an 
Wein. den man fent iti die Stat, Als öft der Wein⸗ 
ſchench. die weinmazz pribt. daz er ſei niht vollichlich 
ſent in die Stat. ſo iſt derfelb. ze wandel . vernallen. 
Zwen ont Dreizzich pherining : demi Nibter. ont dem - 
Nabribter. fo ſchol verpoten fein. allen weinchöſtern. 
ont allen onder Chauffern daz fi . init niht dehain 
wandlung febullen haben zwiſchen allen Geften . 
dann als vil. da; der Weinchoſter deri Gaft ziie dem 
Purger ſchol pririgen. der iveiti wil chauffen. vnt 
waz der Gaft . weins chauft. bom derit Purger. fo ſchol 
Der Purger. vor iedem Dreiling weins geben zehen 
phenning wienner munzze dem Weinchoſter . ont de- 
hain Gaſt tibt . brit waz der Gaft. weins geit ge 
chauffen » dem Purger. fo fol . der Purger geben 
vier phenning wienner munzze dem Woeinchofter . 
ont der Gaſt niht vnt waz der vnder chauffel dem 
n0." 


naso 37} cs» - 


Purger dauff . oder verdauft . iz fei Trait . Sals. 
oder Gilber. fo ſchol der Purger . von iedem Stukch 
geben. ain phenningh. ont der Gaft nibt. fo ſchol der 
WMeincdofter . oder die Vuderdauffel. auf debain 
Zulle nibt gen . iz ge. Dann ain Purger mit im. der 
von dem Gaft chauffen iwelle ſwer den aufSatz pribt. 
den die Weinchoſter vnd die Vnderdauffel mit irm 
And gefivarn habent je pebalten . demfelbenifi verpo⸗ 
ten. ain Sar . die Stat. ont dem Purger ift aufge— 
fagt.daz er. dem Weinchoſter oder dem Vnderchauf—⸗ 
fel. fol nibt mer geben dann Zeben phenning . von 
iedbem Dreiling weins oder von iedem Dreiling 
weins. den er. im chauft. ton dem Gaft . vier phen: 
ning . oder von iedem Stukch. i} fei. Drait. Saltz. 
oder Silber + ain phennind) . ont nibt mer. vond ſweli⸗ 
cher Purger. Dazfelb Pot nibt ſtät pebalt. daz er im 
mer geit. vie daz genant ift . dann aufgefagtift. dere 
felb'iftvernallen. ains phunt phenning . an die Stat. - 
vnt von dem felben phunt phenning . {bol man geben. 
Sehtzich phenning. dem Ribter . Wir haben ouch auf 
gefagt. daz ein illeich purger. mitmibt. dehain wand: 
lung ſchol baben Zwiſchen allen Geften. ſwer daz niht 
ſtät hat. der iſt veruallen. ains phunt phenning . an 
die Stat. bater . der phenning nibt. fo fchol . in. der 
Ribter in vandnuffe baben in einem Turn nad) der 
Purgerrat. i; ſchol ouch dehain Gaft. niht weins inle⸗ 
gen. fwelidjer Purger. ſich darvber. vnder windet 
Des weins ze pebalten. dem Gaft . fo ift der Purger. 
veruallen Fiinf phunt phenning wienner mungge . ant 
die Stat. Daz die red. ont die aufSatz ſtät ont un 
uerchert peleib. darvber geben mir. den offen brief ge 
einem warn Gezeug mit hern Perihtoltz Sthefoltz 
zter zeit Stat Rihter ze Ens. Anhangundem Snfigel 
beſtaͤtigt. Der brief iſt geben do von Chriſti geburd. 


neo 389 —— 


warn ergangen. Drebzehen Hondert. Gar. in dem 
Dreizzigſtem Sar. * Eritages an ſanet Geo 
gen fag. 


Ausmartige Kaufleute Dilefen nur mit den Buͤchern von Enns 
bandeln. Am 16. Maͤrz 1379. Aus dem Original. 
Wir Albrecht von gots gnaden Hertzog ze Deftera 
reidy... Bedhennen ond tun chunt offenlich mit difem 
brief. Daz Wir den erbermonfern getremen.. den Pur⸗ 
gern gemaintid ze Eng, Darumb daz fi, vnd diefelbe 
vnser Stat ze Eng, defter paz aufnemen, vnd gepeffert 
‘werden, die gnad getan Baben, nd tun auch, Swas 
man wein oder getraid dahin pringet, daz das chain 
gaſt, ainer dem andern nicht verkauffen ſol, nur allain 
vnſern Purgern daſelbs ze Ens, Vnd ſwas auch Geſte 
ſind, die von obern Landen mit gewand dahin komend, 
daz die daſſelbe gewand auch dhainem anderm Gaſt 
nicht hingeben, noch verſneyden, Sunder ſi ſullen das 
verkauffen den obgenanten vnſern Purgern, an alles 
geuer, Pit orchund ditz briefs Geben ze Wienn, an 
Mittichen vor dem Suntag als man ſinget Letare ze 
mittervaſten, Nach kriſts geburdt dreutzehen hundert 
Sar, darnach in dem Newn vnd Syhbentzigiſten Jare. 


Gin aͤhnlicher Befehl fur die Stadt Linz. Am 10. Decem⸗ 
ber 1394. Mus dem Original. 

Wir Albrecht von gotes genaden Hertzog ze De 
fierreidh .. Befennen, daz wir vnſern getrewn lieben, 
Allen vnſern Burgern ze Long von beſundern gnadere 
die gnad getan baben ond tun aud) wiſſentleich mit 
dem brief, daz Sy allerlan kauffmanſchaft auf dem 
Lande kauffen vnd verkauffen mugent, wie In das 
fügleich iſt, vnd daz auch all ander awzzer Leut, die 
nicht in vnſern Steten ſitzent, noch damit leident, 
dhainerley kauffmanſchafft auf dem Lande nicht alſo 


I 


mes 390 no 


trenben noch bandeln fullent in dbbainen weg, denn in 

vnſern Steten, Dod) vntz an vnfer widerruffen an ge⸗ 

merde. Dauon gepietten mir veſtiklich vnſerm gegen: 

murttigen Sauptman ob der Eng, oder ver ye vnſer 

Gauptman dafelbs ift, vnd auch allen andern vnßern 

Herren, Rittern vnd knechten, Phlegern Purggraueg 
Ricbtern, und andern Amptleuten Vndertanen vnd ge⸗ 
trewn, den der brief getzaigt wirdt, vnd wellen ernſt⸗ 
lich, daz Sy die egenanten vnſer Burger bey diſer 

vnſer gnad veſtikleich halten vnd an Irrung vnd Hin⸗ 

dernuſſe dabey laſſen beleyben, Wan wir das ernſtlich 

maynen. Mit vrkund dig briefs. Geben je Wels an 

Phintztag vor Sand Lucien tag. Anno Domini Mille- 

fimo Trecentefimo Nonagefimo quarto. i 

Gin fur alle Mable wird Bier die Bemerfung bey: 

geftiget, dafi man ja nicht glauben dürfe, al$ waren 
Diefe und ähnliche Privilegien nur der gemannten 
‘ Stadt Enns oder Linz verliehen worden; ſie wurden 
gewöhnlich aud allen übrigen Stadten ganz gleich= 
lautend, nur mit Aenderung des Nahmens der Stadt, 
bald im nämlichen Sabre, bald auch etwas ſpäter ver⸗ 
liehen. Dieſes war auch der Fall bey den zwey letzten 
hier angeführten Urkunden; auch Wels, Gmwunden 
und Freyſtadt haben ſie erbalten. Es mare unnütz, 
ſie von allen Städten abzuſchreiben; es genüget ein 
Exemplar für alle, Die Statuten des Magiſtrates 
von Enns vom Jahre 1330 enthalten viele merkwür⸗ 
dige Notizen, von denen am gehörigen Orte wird Ge⸗ 
brauch gemacht werden. Hier genüge uns die Stelle, 
daß Auswärtige nur mit einem Bürger von Enns 
Handel treiben durften. 





naso 501 cut 


Benlage Nro. XVII: 


H. Mbrecht verbiethet den Austindern, auch waͤhrend der 
Jahrmaͤrkte Waaren zu Kleidungsſtuͤcken ellenweiſe ju vere 
faufen. Am 1, Marg 1426. Aus einem Linzer Coder. 


Mi Albrecht von Gottes genaden Herzog zu De: 
ſterreich Graf zu Mobren.. Embietten onfern lie 
ben getreuen, allen vnſern Haubtleuten, Herrn, Rit⸗ 
tern und Knechten, Pflegern .. alles guets. Wir ſein 
lauter vnderweiſet worden, daß der Gwandtſchnitt, 
vnd Gwandt mit der Ellen zu uerkhauffen, den die 
Geſſt etliche Zeit her auf den Jarmärkten in Stetten 
vnd anderswo in vnſerm Landt nach ihren Willen ge 
than habent, vnſern Khaufleuten vnd Inwohnern 
vnſers Landts zu Oeſterreich vnd ob der Ens ju grof: 
ſen vnd merklichen ſchaden kommen ſein, vnd hinfür 
khomen mechten, wan damit die Geſſt den Gewin, der 
dauon khombt, aus dem Landt zu ihrem Mutz füren, 
des die vnſern, die mit vns vnd dem Land leiden müſ— 
fen, entperen. Nu haben wir denfelben Gwandtſchnitt 
den Geſſten abgenomben, vnd mainen, Das fie den bin: 
füro nicht mehr thun follen; doch ong an vnſer wider— 
ruffen. Dauon iſt onfer mainung, vnd empfelchen euch 
ernſtlich vnd wellen, daß ihr allenthalben in onſern 
vnd euren Gebietten in Stetten vnd auf dem Landt 
offentlich ſchaffet zu beruffen, das nu fürbaſſer khain 
Gaſſt, der nicht heußlich wonhaft in vnſerm Land iſt, 
Gwandt in vnſerm Land zu Oeſterreich vnd ob der 
Ens mit der Ellen verſchneide vnd verkhaufe, ſondern 
welcher Gaſſt Gwandt in das Land bringt, vnd das 
da verkaufen welle, daß er das ganz end nicht verſchnit⸗ 
ten mit der Ellen verfharife, mann wir mainen, daß 
das nur vnſer Inwohner vnd Underſäſſen, vnd nie— 
mandt ander im Land thun ſollen. Welcher Khaufman 


ao 392 nu 


das aber darwider fhet, den mollen wir ſchaffen, ſolch 
fein Gmandt t zu onfern Handten zu nemben. Geben zu 
Wien, am Freytag vor dem Suntag Oculî in der 
Faften. Anno, Domini millefimo Quadringentelizno 
vicefimo Sexto, ‘ 


Beylage Nro. XVIII. 


e. Maximilian ertaubt den Buͤrgern von Lina, dibera die 
Donau, cine Bride gu bauen. Am 3. Maͤrz 1497. Aus 
dem Riededfer Coder, 


Mi Marimilian,. Befhennen für vns vnd vnſer 
Erben offentlich mit diſem brieff vnd thuen khundt Al⸗ 
lermennigelich, das wir gemainem nutz zu füerderung, 
vnſern vnderthanen vnd Lannde ob der Ens zu guet, 
vnſern getrewen lieben N. dem Burgermaiſter Richter 
vnd Rath zu Lynz gegennt vnd in beuolchen haben, 
wiſſentlich mit dem brieff, das ſy vber die Thuenaw 
daſelbs zu Lynz, mo ſy am fueglichiften ond beſſten 
bedundbt, aim Pruggen Pauen, die mit Polmerden, 
fo dargue Notturfftig wirdet, verſorgen vnd bewah⸗ 
ren, die Paullich vnd weſſentlich halten, vnd von ainem 
Jeden Menſchen, vnd aller khauffmannſchafft vnd 
guet, ſo darüber gefüert, getriben oder getragen wirdt, 
ain zimblich Pruggelt, dauon ſy Ir außgaben ond dar⸗ 
legen, das fn auf Pau, vnd bewahrung derſelben 
Bruggen thuen, widerumb aufheben, vnd die In beu⸗ 
lichen weſen behalten, nemen mügen, darfür wir, noch 
vnſer Erben Niemaͤndt freyen wellen. Wir haben auch 
denſelben von Lynz zuegeſagt, Indie Jezt genannt 
Pruggen in Ewig zeit nicht gu nemen, noch ſonſt nie⸗ 
mandt Andern Inzuhaben, vnd zu uerweſen beuelchen, 
ſondern ſy vnd Ire Nachkhomen dabey berueblich, vnd 


ohne Irrung bleiben, der gebrauden vnd genieffen zu 
laſſen, ond das ſie auch alle die frenbait, vnd recht, wie 
ander Pruggen In onferm fürſſtenthumb Oſterreich 
darzue haben, vnd gebrauchen ſollen, von aller menni⸗ 
gelich vnuerhindert. Mit vrkhundt des brieffs geben am 
freytag vor dem Suntag Letare zu Mittfaſſten, nach 
Chriſti gebuert vierzenhundert, vnd Im Syben vnd 
Neungigiffen., .Zabr, 


Beylage Nro. XIX. 


K. Friedrich verbietbet den Bewohnern des Dorfes Ufer, 
Linz gegeniiber, das Weinſchenken, Gafbaufer und allen 
Handel. Am 17. Map 1485. Nus dem Riedecker Coder. 


IM ir Fridrid von Gottes genaden Römiſcher Khay⸗ 
fer... Befbennen, als zwiſchen vnſern getrewen liebere 
N. dem Richter Rath end vnſren Burgern gemaines 
lich zu Lynz, Ain, und N. den Leuten ond balten 
(Solden)y Um Vrfahr zu Scharlynz gegen Lyn} vber 
des Andern Thail8, von weinſchenckhs vnd anderer 
handlung wegen, fo dieſelben leuth, dafelb8 am Vrfahr 
geuebt, vnd etwas zwitracht vnd Irrung geweſt ſeyen, 
vnd vns aber dieſelben vnſer Burger In beyweſen 
Etlicher derſelben leuth, von der Gemain auß onßer 
Erfordern darzue georndtnet, durch Jer Priuilegien 
Freyhait, vnd Alts herkhommen, Inen von weillendt 
vnſern vorfordern, fuerſſten von Oſterreich loblichiſter 
gedechtnuß, gegeben, vnd durch vnß Genedigelich bee 
ſtätt, Aud mit Iren Statt vnd Mauth Puechern ge⸗ 
nuegſamblich bericht haben, das den bemelten leutten 
am vrfahr, weder weinſchenckhen, Gaſſtung noch ans 
dere Handlung vnd wandlung, Es ſey mit Traydt holtz 
ſaltz oder andere wahr, khaine aufgenommen, erlaubt 


ESS 304 noe 


wehre, ſondern das ſolche bandlung. alle ledigelich ben 
derfelben vnſer Statt Die fein folle, vnd ob diefelben 
Leuth am Vrfahr weder brieff, khundtſchafft noch Une 
ders, dardurch ſy ſich wider fold der von Lynz Frey: 
bait vnd Altß herkhomen bebelffen mechten, fuerbrad: 
ten, daß wir Sn dazumahlen fo weinſchenkhen, Gaff 
tung, Auch all ander handlung Abgethuen, vnd die 
füro diſen tag nicht mehr zu gebrauchen noch zu üben 
beuelchen, dem ſy dann von der ganzen gemain wegen, 
daſelbs am vrfahr willigelich vnd gehorſamblich nach⸗ 
zukhommen erbotten, vnd zuegeſagt, wo aber das 
nicht beſchäch, das wir denſelben von Lynz ſich bey ſol⸗ 
chen Iren Freyhaiten ſelbs zu handthaben vnd zu hal⸗ 
ten vergundt vnd erlaubt haben. Dauon gebieten wir 
den Edlen onſern lieben getrewen, N. allen vnſern 
baubtleuthen... Geben zu Lynz am Erichtag bor dem 
beiligen Pfingfitag. Nach Chriſti gebuerdt, vierzehen⸗ 
hundert vnd Im fuͤmff vnd adgigiften... Jahr. 


— 
Nei 


Beylage Nro. XX. 


Verordnung È. Marimiliane : Der Handel mit Wein, Ges 
treibe und anderen Dingen foll blof in den Stadten und 
Marften, keineswegs aber unter der Bauerſchaft auf dem 

Lande getrieben merdben. Um 13. December 1496. . 
Nus dem Original. 


MB, Marimilian von gots gnaden Römiſcher Ku⸗ 
nig.. Embieten vnnſerm lieben getrewn Georgen von 
Loſenſtain vnnſerm Rate vnd Hawbtman ob der Enns 
oder wer kunfftielich vnnſer Hawbtman daſelbs ſein 
wirdet Vnnser gnad vnd alles gut. Vns haben vnnſer 
getremn..pnnfer Stete vnd Panmerkht Burger def 
ſelben vnſern Fürſtenthumbs ob der Enns anbracht. 


: 
Wiewol Sp von meilennt vnnſern vorfaren Fürſten 
pon Oſterreich loblicher gedechtnuſs loblichen gefrent. 
vnd von allter alſo herkomen were. Das der kaufflag 
mit Wein Traid vnd annderm Gewerb allain in den 
Stetten vnd Merkhten die ſunſt khain annder narung 
hieten ſein vnd geübt werden ſollt. So merde doch dere 
ſelb Hanndl durch den Pawrſman auf dem Gew, dem 
das von Recht noch aus Freyhait nicht zugehöret, fo 
gemainelich vnd dergeſtallt gebraucht das des der mes 
rertail auf das Gew wuchſe mit dem Sp in ganntz vere 
derben komen vnd die Stet und Merkht dadurch vere 
see wurden, daz Sy vns fürbas fo ſtatlich als Sy biſ⸗ 
her getan heten nicht mer gedienen noch in Stewrn Au⸗ 
ſlegen vnd annderm Helffen möchten. Vnd vns als 
Iren Herrn vnd Lanndffürſten vmb hilff diemutielich 
angeruffen vnd gebeten. Vnd ſo vns nu gebürt, vnd 
gemaint iſt, die vnnſern bey Iren Freyhaiten alltem 
herkomen vnd Narung zu hanndthaben. Emphelhen 
wir dir ernnſtlich vnd wellen ſo ferr ſolher hanndl vnd 
Gewerb wider der genanntten vnnſer und ander Bur⸗ 
ger Freyhait vnd allt herkomen auf dem Gem ynzimlie 
cher weiſe geübt wirdet. Daz du dann allennthalben 
in vnnſer Hawbtmanſchafft deiner verweſung offennlich 
beruffen vnd verbieten laſſeſt damit füran nymannd 
auf dem Gew der nicht Burger oder des ſunſt gefreyt 
ſey oder gerechtikait hab khainerlay Gewerb oder kawff⸗ 
manſchafft nicht vb oder treib Sonnder die widerumb 
in die Stete vnd Merkht wie von allter herkomen iſt 
gewenndet vnd daſelbſt geſucht Dadurch vns vnnſer 
Camergut vnd Dinſtperkait nicht entzogen noch not 
werde mit ſtraffen vnd in annder weeg hir Innen ju 
handeln daran tuſt du vnnſer ernnſtliche mannung. 
Geben am Eritag ſannd Lucientag ni 13. Decem: 
ber) Anno domini etc, LXXXXVI., — 


\ CIS 306 ce 


Un eben demfelben Tage beſtatigte Maximilian 
H. Albrechts Verordnung vom Jahre 1372, über den 
Handel Oberoſterreichs, und foster mr woörtli ch. 
Sie findet fi | inder —— Nro. VI 


Beylage XXI 


Di Nudolph entſcheidet einen Streit — din —— 
von Neuſtadt und Wien wegen des Weinhandels in letzte— 
rer Stadt. Am 10. November 1358. Aus dem Seiten⸗ 

di fierter Eoder. 


Mi. Ruedolf von gotz genaden Hertzog 8 Oſter⸗ 
reich Tun kund, (bas) zwiſchen den erbern und wei⸗ 
ſen, vnſern lieben Getrewen, den Burgern gemainkch— 
leichen Zw wienn an ainem tail, vnd den andern Bur⸗ 
gern ze. der Newnſtatt an dem andern fail geweſen 
ſind Soleich mißhelung vid Stözz, als hienach ge— 
ſchriben ſtett. Da iſt zu merkchen, das die vorgenanten 
vnser Burger von der Newnſtatt aus den Hanndtue⸗ 
ſten vnd briefen, die ſy habent von vnſern vorvodern, 
ſich vndertziechen wellen Soleicher recht, das ſy all ir 
ein, wie offt, wie viel, vnd au zu welicher zeitt in 
dem Jare fp: des Luſtett, fueren folten und machten 
(möchten) in die Stat zu wienn, vnd das ſy diefelben 
it wein da nyderlegen vnd verkauffen, Vnd ir offenn 
Taffern vnd lewthewser daſelbs zu wienn haben ſolten 
an alle Irrung in allen den Rechten als die Burger 
ſelber zu wienn. Vnd zugen ſich des an die egenant Ir 
Hanntfeſt, vnd chomen für ons ond für vnſern e 
Das habent diefelben purger vom wienn widerſprochen 
vnd gehennt (Sc) all gemainkleich, Das die vom der 
Newnſtat bey allen Sren geitten kain offenn nod) kain 
gemain Nyderlegung, noch Tafern, noch lewthewſer 


— 


de 
iN 


uo 597 are 


gehabt habent noch ze recht haben ſullen; Das ſy and 
kain Iren wein durch nyderlegung noch verkawffens 
willen gen wienn füern ſullen, An alain zwiſchen Sand 
Michels tag vnd Sand Merteins tag, So mugen fy. 
mol ir wein fileren gen wienn auf den Doff, ALS ander. 
vnſer landtlewtt tunt in derſelben zeitt, Vnd als es von 
alter Her chomen iſt vngeuerlich. Vnd zugen ſich des 
an dieſelben von wienn Auch an dy Hanntveſt vnd 
brief, die vnnser voruodern bey alten zeiten geben ha⸗ 
bent den vorgenanten vnſern Burgern von der Newn⸗ 
ſtatt, vnd paten vns auch, das wir ſew vor der egenan⸗ 
ten nyderlegung zu Schirmen geruchen Genadigklei⸗ 
chen, Ob wir in vnſerm Ratt erfunden, Das es Necht 
wer. Vnd wann wir nach volkomenhait des gewalts 
fürſtleicher wirdigkait als ein vollaiſter des Rechttens 
vnd ain guetter Mittler aller mißhelung den vorgenan⸗ 
ten vnſern Burgern von payden Stetten, vnd all'atte 
dern vnſern getrewen Schuldig vnd gepunden ſein 
ſchirmes vnd frides nach Beſchaidenhaitt Vnd dem 
Rechten: darumb haben wir die vorgenanten vnser 
burger von der Newnſtatt mit den egenanten Iren 
Hantfeſten Vnd briefen an ainem tail; Vnd die Burs 
ger von wienn an dem andern tail für vns vnd fur one 
ſern Ratt gen wienn in vnſer purgf berueffet vnd betagt 
wiſſentlich auf den tag, als diſer brief geben iſt. Vnd 
ſein deſſelben tags nyder geſeſſen mit rechter wiſſen zu 
vnſern Ratt, Dabei geweſen fein onfer lieber Ohaim, 
der Hochwirdig Graue Albrecht von Hochenberg, Bi⸗ 
ſchoff zu Freiſing; Der Erwirdig vnser lieber freundt, 
Abbt Pernhart von Reichenaw; Dartzw vnser lieb ge⸗ 
trewen, die Edln Reinprecht von waltſſee von enns; 
Eberhartt von waltſee, vnser Haubtman ob der Enns; 
Vlreich von waltſee, vnser Hawbtman In Steyr; 
Vnd eberhartt von waltſee, Fridreich von Baltfee(fic), 


‘eno 308 suo 


des egenanten Vlreichs prueder; Graffyban von perns 
ſtain; Fridreid von pettam; Nuedolf von Liechten⸗ 
ſtain; Purgfhartt der altt von Ellerwach (lic); Her⸗ 
man von Lanberg, vnſer Marſchalh in Oſterreich; 
Ruedolf Von Stadegf; Hainreich von Hackenbergk, 
vnser Hofmarſcharlich; Johanns von Titers vori Naus 
chennegk; Fridreich von waltſee, vnser Camermaiſter; 
Albrecht der Schennckch von Ried, vnser Hofmaiſter; 
Maiſter Hanns von Platzhaim, vnser Cantzler, vnd 
ander erber Herrn, Ritter vnd chnecht, die zu dem 
malln bey vns warn. Vnd do wir vnd dieſelben vnser 
Ratgeben verhorten vnd Ingenomen aigenlichen mit 
gueten ſitten, gar wiſſenlich von payden Stetten, vnd 
funderleich die egenanten btief, in die ſy ſich paidenthal⸗ 
ben Zugen: Da funden wir vnder andern Stukchen 
an denſelben briefen Die Artigkel, damitt ſich die ob⸗ 
genanten Burger von der Newnſtatt behelffen wolten 
Irer maynung vnd der vorgeſchriben Irer furgab. 
Vnd dieſelben Artigkl, die in den vorgenanten Hant⸗ 
feſten Latein verſchriben ſind, Lautent In Dewtſch 
alſo: Das vnſer vordern denſelben vnſern Burgern 
von der Newnſtatt durch ſoleich beſundre trew vnd 
nemleich (Sic) dienſte, die ſy an In Sunderleichen ber 
alten zeitten vnd Newleich erfunden habent, Soleich 
genad getan, vnd die recht vnd freyhaitt geben haben, 
Das ſy vnd all ir nachkomen Ewigkleich in allen vn⸗ 
ſern Stettn vnd auf dem Lande zu Oſterreich mit aller 
Irer kaufmanſchatz vnd kauflichen Dingen, groſſen 
vnd chlainen, vnd mit allen Iren valen (feilen) gue— 
tern wanndlen ſullen vnd mügen, mit allem verkawf⸗ 
fen vnd mit kawffen freyleich vnd ledigkleich an Maut 
vnd an Zoll, vnd an all ander Irrung, Vnd das ſy 
auch damit vben ir Recht, freyhait vnd gnad, die ander 
vnser ſtet vnd Märkcht haben, dahin zu Wandlen an 


co 1399 e 


alles geuerde in difen vorgeſchriben punten vnd Stu 
chen die egenanten Artickl nad) begaibenteicher krafft 
vnd befunderr aigenſchafft der morter der Rechtten, 
ale ſy in dem Rechten begriffen vnd gefebt find, Haben 
mir vnd Die vorgenanten vnser Ratgeben, paide phafe 
fen vnd layen, mit vleiſſiger vnd gueter vorbetrachtung 
vnd beſchaidenhait erfunden vnd (nach) dem Rechten, 
Das die vorgenanten vnser Burger ze der Newnſtatt 
mit allen Iren guetern, kaufmanſchafft vnd verkawfli⸗ 
chen dingen, groſſen vnd klayn, die man in gewelben 
vnd in kramen gewöndlichen vail hatt, vnd die man 
auch gewöndlichen vail hatt an offen Merckchten, 
Straſſen vnd plätzen: Als viech, viſch vnd ander ding, 
vnd mit allen andern Stukchen, die in dem wertt der 
kawfmanſchafft begriffen ſind, Die ſein groß oder klain, 
wanndlen ſullen vnd mügen in allen vnſern Stetten 
ond Märkchten frey vnd ledig vor aller Mawtt, vor 
allem Zoll, vor aller ander Irrung, Bud an als ge⸗ 
uerde, Vnd ſullen auch damit in allen vnſern ſtetten 
vnd Märkchten fürbas zu Ir ſelbs rechten Soleich 
freihait vnd recht Haben Als ander vnser Burger. Das 
aber die von der Newnſtatt Ir offenn Tafern oder 
lewthewser, vnd ir Niderlegung mit Irn wein Zu 
Wienn haben ſullen, Das kunden wir vnd dy vorge⸗ 
nanten vnser Ratgeben Nach den vorgeſchriben Ur 
tikeln nicht erfinden, Sunderleich darumb, Wann 
wein In vnſerm Land zu Oſterreich ein ſoleich groſs, 
namhafts vnd Redleich Stukch iſt, Das ſich all vnser 
Stett, vnd Sunderleich die Statt Zw Wienn aller 
maiſt betragent, vnd auch nachent Ir aller groſſiſter 
paw ond peſtew arbaitt iſt, Vnd auch in allen vnſern 
Stetten von alten Zeiten her wol geſetzt vnd geordent 
iſt, Wie ſy allenthalben Sunderleich mit allen Iren 
wein wanndlen ſullen, Souerr das daſſelb Stukch 


400 <- 


auch pilleich begriffen ift und Sunderleich mit den 
namen in den briefen ind Santueften, die bnfer voruo= 
Dern Den egertanten Burgern von der Newnftatt ge: 
ben Habent, wer (mare) balt ir maynung alfo gemefen. . 
Yann aber des nicht geſchechen iſt, vnd Sunderleichen, 
ivann nad) gemannem gotleichen Rechten fain groſs 
nambaft noch) redleich Stufd in ainer gemainſchafft 
begriffen werden mag, Vnd auch fain mynners das 
merer nicht beſchlewſſet, Wie das mynner begriffen 
mirt; Vnd mann qud) die vorgenanten Burger von 
Der Newnſtat weder Tafern, noch lewthewser noch 
Niderlegung Mit Irm wein in Rechter vnd geruebter 
gewer, noch mit offner Noch Redleicher gewonhaitt 
Sn der Statt Zw Wienn Nie gehabt habent: 
Darumb nach erkanntnuſs vnſer ſelbs Vnd der vor— 
genanten vnser Ratgeben, Vnd auch ir aller gemain 
vnd ainhelligem Ratt Haben mir Vnderſchaiden vnd 
gelewtertt die vorgenanten Hanntueſt vnd brief, vnd 
auch die krieg, die vmb die egenanten ſach geweſen ſind 
Zwiſchen den vorgenanten vnſern purgern von paiden 
Stetten, vnd ſprechen, das die vorgenanten Burger 
von der Newnſtaͤtt weder Taffern, noch lewthewfer, 
noch kain Niderlegung Zw Wienn Haben ſullen, Vnd 
auch kain wein durch verkawffens willen da hin füern 
ſullen, An allain Zwiſchen Sand Michels tag vnd Sand 
Marteinstag: Do mügen ſy wol ir mein auf vnſern 
Hof füern ze wienn, Vnd den da Hin geben, verkawf⸗ 
fen vnd verſchennkchen in der egenanten Zeitt, als 
ander vnſer Landtlewt gewondlich tuent, vnd als es 
von alter Her komen iſt an als geuerde. Darumb wel⸗ 
len wir vnd maynen gar ernſtlichen, das die vorgenan⸗ 
ten vnser purger von wienn fürbas ewigkleich vnbe— 
kumert beleiben von den Burgern von der Newnſtatt 
in der egenanten ſach. Vnd darumb ge Vrkundt geben 


OSS 401 2 


wir den vorgenanten Vnſern Sulla Zw Wienn die 
ſen brief verſigelt mit Vnſerm klainem gewondlichen 
Inſigel vntz auf die zeit, das vnser groſs fürſtleich 
Inſigel beraitt werd, Vnder dem ſy dann den * 
nanten vnſern ausſpruch vernewet nemen ſullen In 
aller der maſs als vor beſchaiden iſt. Das geſchach 
vnd wart diſer brief geben Fm wienn Um Sambg: 
tag nach aller Heiling tag, Nach Criſti geburt drewt⸗ 
zehenhundert Jar, Darnach in dem * vnd funf⸗ 
tzigiſten Jare. 


— — — — — — — — — — — — — — — — — —— — — — — — — —— 


Beylage Nro. XXII. 


Di Albrecht entſcheidet einen Streit zwiſchen den Kaufleuten und 
Kraͤmern in Wien, und bezeichnet die Graͤnzen ihres Handels. 
Am 23. Junius 1432. Aus dem Seitenſtetter Codex. 


Mi; albredit von gots genaden Hertzog zu Oſter⸗ 
reich .. Marckgraff zu merbern.. . Bechennen vnd 
thuen funth offenlich mit dem brieff Als etlich zeyt 
ber zwiſchen vnſern getrewen, Den Fauffleutn gemai⸗ 
niglichen an ainem tail, Vnd den kramern gemainig⸗ 
lich vnſer Stat Zu vo auf dem andern tail, Etwas 

zwayung vnd mißhelung find geweſen von Irer kauff⸗ 
monſchatz, gewerbs vnd handlung wegen, So ſie zu 
paiderſeit handeln, vnd die kauffleut gemein haben, 
Das ſie in Iren gewelben verkauffen, vmb uil oder 
vmb wenig hanndeln vnd verkauffen ſollten vnd mod: 

ten, tie Sn die fuglich wer. Da engegen als die fro- 

mer fürgeben haben, Das In mit folpen Henndeln 
ond uerfauffen, als die kaufflewt vor in hietten vnd 
menig gent ber alfo nicht gemefen fen, Daraus Sr pers 
derben gegangen wer, vnd nod) gieng, Wann fo die 
Fauffleut Sn Sren gemelben alle claine ding verfauff- 

ten, Dievormaln die wenndkromer vnd die am lichten 

20 


so 402 Ss 


fieg, Bieten verfaufft vnd gebandelt, So modten fie 
fich nicht betragen noch generen, Vnd murden Wir, 
nachdem vnd Sr bie uil gefeffen find, an vnſern ſtewern 
vnd rentten mercklich abgangk baben gehabt, Als ſich 
des in Warhait woll ervinden mocht. Vnd wann wir 
die vnd ander meniger zweiung, die ſie vns zu peider 
ſeyten haben erzelt, lauter vnd aigentlich haben ver— 
numen: Haben wir wolbedechtlich vber die ſach gefefe 
ſen, vnd nad) vnſerm Nat ond etlicher ander vnſer vnt⸗ 
tertan rat ein ſoliche ordenung zwiſchen in gemacht, 
Setzen vnd machen auch die mit. dem brieff, als her— 
nad geſchriben ſtet. Des erſten, das all Kaufflewt, 
die in der egenanten vnßer Stat zu wienn geſeſſen ſind, 
all Ir kauffmonſchatz in kainer myndern Sum nicht 
verkauffen ſullen, weder uil mod) wenig in Iren ge⸗ 
welben, noch auſwendig Irer gewelb, Dann als in 
vnſern beſigeltten Regiſter, der wir In ains, vnd den 
fromern gu gleicher weis ains haben geanttwurt, be: 
griffen iſt; aber hinüber über dieſelben Sum, als in 
dem Regiſter iſt begriffen, mugen ſie verkauffen aller: 
lay kauffmonſchatz, wie hoch, wie tewer, wie uil ſie 
wellend oder mugen. Was aber ander phenwert ſein, 
Die in demſelben Regiſter nicht begriffen ſein, Damit 
fol gehandelt werden mit der wag, mas ond ellen, 
vnd nach Irem wert, al andre ſolche phenbert, die 
in dem vorgenanten Regiſter begriffen find, angeſchla— 
gen merden, vngeuärlich. Item fo fegen mir, das we— 
der kauffleut noch framer nod) pemand ander Hie goſ⸗ 
ſen wachs chauffen noch verfauffen follen, Dann allain 
Die Wadsgieffer follen damit bandeln, vnd mit as . 
mif) chauffen und verfauffen, wie das nad gelegen: 
bait diefer war fugfam iſt, vngeuärlich. Item Samat 
vnd Tamafd mogen die fauffleut, der die Fromer mit 
oder pey der ellen bingeben, chauffen oder verkauffen, 


eo 403 ceo 


wy fie Des ftat vinden. Stem es follen auch die kauff⸗ 
leut chain connifect von venedig nicht berbringen, vnd 
file, noch die framer das hie nicht pailbaben noch vers 
kauffen, aufgenumen wes fie des Sn Iren hewſern 
felber bedurffen, Das mugen fie felber darSnnen nu⸗ 
Ben; vnd nyemand andérn verkauffen, Sunder die 
appoteder, hie geſeſſen, ſullen ſolch connfect machen 
vnd damit handeln, als in zugepürt. Es ſullen auch 
die kauffleut noch die kramer Alle Nobe leinbat, es 
ſey zwilich, ruphen oder ander Robe leinbat, Stud: 
weiß oder ellenweis nicht verkauffen noch kauffen, 
Sunder die leinwater ſullen damit handeln vnd Ir ge⸗ 
werb damit treiben, als Srem handel zugepurd, are 
geuer. Da entgegen ſollen die leinwater chain geuerbte 
noch plaichte leinbat ſtuckweis, puo) mit der ellen nicht 
vailhaben mod) die verkauffen. Stem fo mugen die fro: 
mer hinder fagurig, dapey vnd binuber, als in vn— 
fermi egenanten tegifter begriffen ift, gange ſtuck, vil 
oder menig verkauffen mit der wag, mit der maß vnd 
mit der ellen, wie ſie geluſt. Item es ſullen auch die 
kromer nicht gen venedig varen, reitten noch ſchicken 
nach kauffmonſchatz, die mon daſelbs kaufft, Sunder 
nur ſolhe vorgeſchribne pfennwert, mas ſie der bedurf— 
fen, Hie zu wienn kauffen, Vnd von den kauffleuten, 
die hie Recht habend hin zu geben, vnd Fe verrer nicht 
dringen noch beſwern, vngeuerlich. Item Welcher 
kramer gen venedig faren wolt vmb kauffmonſchatz, 
der ſey ein kauffmon vnd nicht ein kromer; der ſol 
kein kramerey treyben. Zu gleicher weis, welch er kauff⸗ 
mon gen venedig vmb kauffmonſchatz nicht varn wolt, 
vnd wolt kramerey treiben, Der ſey ein kromer vnd 
nicht ein kauffmon. Vnd das wachßhaus *) fol gebalt= 
*) Wachshaus; es muf ohne allen Zweifel Wagehaus gelefen 
werden, welche Leſeart durch mehrere andere Urfunden 

20 





eno 404 su 


fer werden als von alter ber fomen ift, Dod alfo, 
das die Fauffleut vnd die fromer das Sumbaben, Vnd 
Darzu vier Weger und vnnderfeuffel ainhelliglichen fe- 
tzen vnd erwelen, Vnd die fur den Nat pringen, vnd 
daſelbs Sr gerechtigfait thun fullen, vnd von dem 
Rat aufgenumen vnd beftett werden als ander vnser 
egenanten Staf geſetz, ordnung (und) gemonbait 
iſt. Vnd was nub zu dem Wachßhaus genallen, Die 

fullen der fiat gu gemeinem nug genallen vnd geraicht 
werden, Es fen fel, meut oder mag, mie ſich das al: 
les begent. Aud) meinen vnd fegen mir: was die 
Faufflemt vnd auch fromer brieff vntz ber gebabt ba: 
ben, die Sr frenbait vnd kauffmonſchatz beriirent, mie 
die genant fein: Diefelben brieff alle Sullen fie in das 
ratbaus legen gu Srer paider tail banden Sn ſolcher 
maß, welcher taill der bedurffen wurde, Wenn vnd 
mie offt deg not geſchicht, Das den die geantwurdt 
werden, Vnd darnach wider dabin gelegt werden. Als 
vor geit aufgefebt ift und gepoten, das chain fambnung 
unndert in der ftat fein full'dbann in dem ratbhaus, Das 
pen einer oder zween des rats fein: alfo Meinen vnd 
feben Wir, Das die faufffeut vnd fromer fainerley 
famung baben meder in waghaus (Sic) nod) anderſwo, 





bekraͤftiget wird. Und felbft in diefer Urfunde geſchieht wie 
der Meldung von den Einfiinften, mele von Strafgele 
dern, von Den Mautben und von der Wage der Stadt an- 
beim fiefen; und gugleich werden Verfammiungen auf dem 
Wagehaus verbothen. Uiberbaupt band fib der Schreiber 
deg Coder an gar feine fefte Rechtſchreibung; fromer und 
framer, faufmon und fauffmann, u. f. tv. wechſeln bepnabe 
auf jeder Zeile. CE Rauch, T. INI p. 124. H. Friedrich 
ſagt 1312: Es iſt vnſer fage und gebot, daz Die Vron ma- 
ge se Wienne die di vorgenanten chaufleute vnd Chramer 
mit alter gewonhait ber bradt babent auch furbaz in ir ge- 
walt befeibe. 


ess /()5\--o 


In verde dann einer oder givenn Des Rats zugeſchafft, 
Die des Handels nicht ſein, an geuerd. Wer aber da⸗ 
wider thät, vnd die egenante ordenung vnd (geſatz) 
nicht ſtet hielt vnd vberfur, es wer in ainem oder me⸗ 
niger ſtucken, Das wiſſentlich gemacht wurd, an ge⸗ 
uerd, Es wern kauffleut oder kromer oder yemand 
ander: Den oder die woltten wir ſchwerlich darumb 
ſtraffen vnd peſſern an leib vnd an gut an genad. Vnd 
des zu vrkund geben wir In diſen brieff beſigelt mit 
vnſerm fürſtlichen groſſen anhangunden Inſigel, Der 
geben iſt zu wienn an Sand Johanns abent zu Sun⸗ 
wenden, nach crifti gepurd vierzehenhundert vnd dar⸗ 
nach i in dem zwayunddreyſſigiſten Jare. 


——— — — — — — —— — —— —— —— - = 


Beylage Nro. XXIII. 


H. Albrechts verbeſſerte Handelsordnung fuͤr Kaufleute und 
Kramer. Am eilften Julius 1435. Seitenſt. Codex. 


Di Aufſchrift von außen lautete: Den Erbern 
weyſen getrewn Lieben, Dem Burgermaiſter Dem 
Richtter vnd dem Rat Zu Wienn.“ 

Erbern, weyſen lieben Hern, getrewn. Als ew 
wiſſentlich iſt vmb die ſatzung, So wir zwiſchen vnſern 
kauffleuten vnd kromern Zu wienn mit vnſern brieffen 
vnd beſigilten Regiſtern gemacht haben, Hat vns nach⸗ 
malen ettwo uil angelangt, Wi die ſelb Satzung an 
etlichen ſtucken zu hoch, vnd an etlichen zu uyder für⸗ 
genumen vnd gemacht ſey, Dadurch geſt vnd Inwo⸗ 
ner Ir Händel nicht mugen notdurfftiglich vben noch 
treyben. Nun haben wir für vns genumen, ſolich ge— 
prechen zu wenden, Doch mit ſolicher ordnung vnd 
vnderſchaid, das kauffleut vnd kromer wiſſen, wes ſie 
ſich zu peder ſeyt haltten ſollen, Vnd ſein der hernach 


geſchriben fagung ainig worn, Vnd meinen und wel⸗ 
ten, Das ſich kaufflewt vnd framer der alfo baltten , 
Vus das mir dig vnſers geuertz (Heerfabrt) miderumb 
gein wienn fumen, Damit Sr arbeit (Handel) ju pai 
derfeit mit geften vnd mit Inwonern deſterpas mug ge⸗ 
triben vnd geübet werden. Vnd fo wir gein wienn cho— 
men, fo wellen wir ong verrer im. den fachen eruarn. 
Wurd dann verftanden etwas notdurfftiglich dar Inn 
(zu) endern, darzu oder daruon Zu ſetzen: das wellen 
mir thun, Vnd das dann da mit vnſern brieffen bee 
ftaten, Damit das ein fürgangkhehab und beleiblich 
ſey. Emphelhen mit cud vnd wellen ernſtlich, Das 
Sr die egemelten vnser kauffleut vnd kromer an uer— 
ziehen für euch vordert, vnd von vnſern wegen ernſtlich 
mit In ſchafft, Das ſie die gegenburttig vnser Sa— 
tzung alſo haltten Vnd daraus nicht treten, noch da— 
wider thun in chain weg, Wann welich das vberfurn, 
vnd dy gegenburttig ſatzung nicht hieltten, Die wolt— 


ten mir ſchwerlich darumb peſſern an leib vnd an guet. 


auch Iſt vnser mainung, das Ir der (von diefer) ord⸗ 
nung kauffleuten vnd kramern abgeſchriefft gebt, Das 
ſie ſich zu paiderſeit darnach wiſſen zu richten. Vnd iſt 
Das die egemelt Satzung: Die kauffleut ju wienn ſul⸗ 
len vnd mugen alle gewegne phenbert, ſchwer oder 
Ringe, verkauffen mit dem phund oder hinüber; Aber 
dahinder dem phunde nicht. Sie ſullen auch alle ge— 
meſſne phenbert verkauffen ſtucksweyſe, vnd nicht mit 
der ellen, Außgenumen guldine ond ſilbrine tücher, 
Sammat, Tamaſch, attlas, vorſtat, vnd alle ſey— 
dine tücher: die ſullen ſie mit der Ellen vnd hinüber 
verkauffen vnd nicht dabinder: Sic ſullen auch goltz⸗ 
ſpulen gang ſpulenweis verkauffen vnd hinüber, wie— 
uil ſie wellen; aber hinder einer ſpulen ſullen ſie nicht 
hingeben. Es ſullen auch die kauffleut öl vnd wachs 


ovo 40 T n 


verkauffen mit einem viertel aims centtners. Da ent⸗ 
gegen mögen (fc) die kromer auch gen venedig varn 
oder ſennden, vnd auch alle gewegne phenwert vere 
kauffen vnd hingeben pey elain vnd pey gros, wy ſy 
die ſtat vindent. Vnd welcher kromer cin aigen Haus - 
hat: Der ſol freye wal haben, in demſelben ſein haus 
ein krom zu machen vnd zehaben, vnd ſein Handel 
dar Inn zu treyben, als dann ein kramer zugepürt. 
Vmb das wagßhaws (lic), Aud vmb die eingriff, die 
deri fromern von etlidjen in Irer Handlung befche 
bendt, als mir vermemen, Wellen mir nach dem, vnd 
wir onfer$ geuertz gein wienn kumen, auffundig ma: 
chen, pey wem es dann furpas Darumb befteen full. 
Geben zu brun, an montag vor Sand margrethen 
tag, anno Domini ete. Tricelfimo quinto. ©. 

Unmittelbar. mac) dieſer Berordnung ftebt im 
Codex Folgendes: „Es fol fain kauffmon dI verfaufe 
fen, dann mit dem pannt, Wie das öl genannt ift. 
Es fol nyemant dI anftreidien, Dann die öler, 
Schmerber, kertzumacher, als das Sr fürſtlich Brieff 
ausweiſt.“ 

Anno domini MCCCCXX primo, Sub tempore 
Rudolffi angeruelder Magiftro ciuium in Wienna Iſt 
aufgefagt vnd gepoten nd geruefft von meinem Hernn 
dem Hergogen und dem Nat der ftat gu wienn, das 
kain vurger, kaufleut oder hantwercher , Was weſens 
fie in der Stat fein, fain famung hinfür nicht mer 
baben fullen, nod) zufamen fumen fullen, dann al: 
Tain in dem Nathaus gu wienn, Da mögen fie einfue 
men, Vnd dafelb8 purger, Fauffleut und hantwercker 
Irer fad ainig werden, Dod alfo, da ne gu den 
geifen won einem purgermaifter (oder) von einem Nat 
aus dem Rath ainer oder Ziven Darzu gefhafff mer 
den ynd geben. Wer dawider thet, der ift gem vnſern 


se 40 8 ne 


geneding Hern vngenad veruallen al8 cin snodi 
famer.. 


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Beylage Nro. XXIV. 


In Linz duͤrfen nur die bebaufeten Birger mit Mein und Sali, 
die buͤrgerlichen Handiwerfer aber nur mit ipren Erzeugniffen 
bandeln. Am 16. Junius 1390, Aus dem Original. 


Bi Albrecht son gote gnaden Hertzog ze efter: 
rei... Bedennen, daz wir den erbern, vnſern ge: 
tremn, dem Richter, dem Nate ond den burgern ge: 
mainleich ze Ling , durch derfelben vnſer Statt gemai: 
nes nutzes vnd frumes millen, die genade getan haben, 
vnd tun auch) wiffentleich mit dem brief, daz nu fürbaz 
Fain vnſer burger, mod nymand anders dafelb8 ze 
Ling, mer der ift, weder mit mein, nod mit Salk, 
nicht aribaiten fol noch muge in dbainer weis, er hab 
dann daſelbs ain aigen Haus, Aber all Hantwerkleut 
daſelbs, wie die genant ſind, mügen ir yegleicher all 
kaufmanſchaft vnd Handlung, die ir Hantwerkch anrü⸗ 
rent, wol treiben vnd handeln nach irr notdurfft an all 
irrung. Dauon emphelhen wir vnſerm lieben getrewn 
Reinprechten von Walſſe, oder wer pe dann zu den 
tzeiten vnfer Haubtman dafelbs ze Ling iſt, vnd mellen 
ernſtleich, daz er die egenanten vnfer Burger dafelb$, 
Arm und Reich, ben difer vnſer genad halte vnd ſchir⸗ 
me von vnfern megen, Dod vntz an ynfer, oder on: 
fer erben widerruffen. Mit vrchund dig briefs. Geben 
ze Wells an Phingtag nad Sand Vepts tag. Nach 
Frifti gepurd Dreutz ehenhundert Jare, darnach in dem 
Newntzigiſtem Jare. 





ove 4009 222 


Beylage Nro. XXV. 


K. Albrecht entſcheidet den Streit ivegen des Handel8 zwiſchen 
den Buͤrgern und Handwerkern in Linz. Um 30. Maͤrz 1438. 
Aus dem Linzer Coder. 


N. Albrecht von Gottes Genaden König zu Sun: 
gern, Dalmatien vnd Eroatien, ermeblter König zu 
Bebeimb, Herzog zu. Defterreid ... Befennen mit 
Dem Brief. Als vnſer Getreuen, die ‘Gandwerfer ge 
mainiglich zu Linz in der Sfatt nd vor der Statt ge- 
feffen nd mobnbaftig, ſtößig gemefen find mit nfern 
getreuen N. dem Rat vnd den Burgern dafelb8 von 
den nachgeſchrieben Stud vnd Artifel wegen, die fie 
Vns haben Klagmeis fürbracht, vnd darauf die Bur: 
ger ihr Antwort baben getban. Diefelben Sachen all, 
vnd etlich ander Zwiträcht, die zwiſchen ibnen mas 
ren, ſie zu baiderſeits nach ihrem Fürbringen, Red 
vnd Widerred, gänzlich zu vnſern Genaden geſetzt, 
vnd vns angeruft haben, ſie darumben zu entſcheiden, 
daß ſie wiſſen, mas ſich jedweder Thail hinfür ſoll bal: 
ten: daß wir wohlbedächtlich vnd nach Rath vnſerer 
Räthe durch vnſer Stadt vnd ihr Aller Nutz, Frum— 
men vnd Aufnehmens willen ain ſolche Ordnung zwi⸗ 
ſchen ihnen geſetzt vnd gemacht haben; ſetzen vnd ma⸗ 
chen auch mit rechtem Wiſſen vnd Kraft dig Briefs, 
als bienad) begriffen ift. Des Erften: als die Hand⸗ 
werker begehrt baben ihnen zu gönnen der gemainen 
Arbeit mit Wein, Traid vnd Salz, bond auch ander 
Gewerbung vnd Handlung zu treiben, die ihre Vor— 
vodern zu Linz vnd ſie vom Anfang der Stadt gehabt 
haben; dawider aber vnſer Burger vorgaben, wie die 
Handwerker ſolcher Arbait vnd Handlung nicht Recht 
hätten, mann das wider der hochgeboren Fürſten lob: 
licher Gedächtnuß, Herzog Albrechts vnſers lieben 


an 41 0 EeTa 


Ennen, nd Herzog Albrechts vnſers lieben Herrn vnd 
Vaters Gnadenbrief vnd Geſchäftbrief wär, damit 
ſie die Stadt Linz fürgeſehen vnd begnadt haben; die: 
ſelben Brief und ander Brief ſie dazumal fürbracht, 
die wir auch gehört, vnd darauf geſatzt vnd geordnet 
haben, alſo, was dieſelben vnſers Ennen vnd vnſers 
Vaters Brief inhalten, daß ſich beyde Thail deſſen 
halten vnd dawider nicht thun ſollen in keine Weis un⸗ 
gefährlich, doch mit ſolcher Unterſchaid, daß vnſre 
Handwerker zu Linz in der Stadt vnd vor der Stadt 
geſeſſen vnd wohnhaft, kainerlay Kaufmannſchaft oder 
Handlung mit Wein vnd Salz nicht treiben ſollen, 
ausgenommen was ihrer jeder Wein vnd Salz in ſeine 
ſelbſt Behauſung zu Speiſung ſein ſelbſt vnd ſeines 
Geſinds, ond nicht ferner zu verthun bedarf, das 
mag er. kaufen vnd zuwege bringen um ſein Pfenn⸗ 
werth oder um Geld von Burgern oder Gäſten, wie 
er des ſtattgehaben mag ungefährlich, und ſollen ihm 
unſere Burger zu Linz kaine Irrung daran thun. Es 
mögen auch alle Handwerker daſelbs, wie die genannt 
ſind, und ihrer jeglicher alle Kaufmannſchaft und 
Handlung, die ihre Handwerke anrühren, treiben 
und handeln nad) ihrer Nothdurft ohne alle Irrung. 
Item dieſelben unſer Handwerker mügen in den offnen 
Jahrmärkten zu Linz, ſo lang dieſe währen, in ihren 
eigenen Häuſern wohl feilen Wein ſchenken, oder ans 
dern geſeſſenen Leuten zu Linz gunnen, feilen Wein 
darinnen zu ſchenken, doch nur ſolche Wein, die von 
unſern Burgern zu Linz, und nicht von Gäſten gehebt 
werden, ohne Gefährde. Desgleichen mügen auch die⸗ 
ſelben unſer Handwerker andern Leuten gunnen, ſie 
ſeyen Burger oder Gäſte, daß ſie in der Handwerker 
cigenen Häuſern ihre Waare und Kaufmannſchaft in 
den offnen Jahrmärkten ablegen und verthun, als 


«> 411 a 


des unſer Burger gu Linz in ibren Häuſern Necht hac 
ben, ungefährlich. Wann aud) unſre Burger gu Ling 
Steur und andre Forderung anfangend Raittung 
thun oder aufnehmen, oder andre: gemaine Baden, 
welche den Nath und Gemain berühren, vorbanden 
haben: fo follen fie alliveg drey oder vier aus den 
Handiverfern, die dazu nug find, gu ihnen fordern,. 


die foldje Saden fammt ihnen bandelm nad Moth 


durften, darinnen dann die Handwerker auch follen 
ohne Widerred geborfam ſeyn, ohne Gefährde. Aud 
follen die Sandiwerfer, die dazu vernunftig find, wenn 
man Die gebaben mag, an die Schranne gefegt vere 
Den, mie die Burger dafelbs. Es follen auch die Sands 
werker, mod) jemand ander. Feine. befondere Befam= 
mung oder Bindnuf unter ihnen felbft baben, machen 
oder thun, ohne des Nichter8 und des Naths Wiſſen 
und Willen; und ob fie icht Gebrechen batten, die 
ſollen fi? guͤtuch an den Richter und Rath bringen, 
damit ihnen dieſelben gewendet werden, als fer das 
rechtlich ift, Würden ibmen aber diefelben nicht gewen⸗ 
Det, fo mugen fie die an uns oder unſern Anwald brin⸗ 
gen, mann mir mainen, daß die gegenmartige unfre 
Ordnung hinfür merde gehalten, und daß auch aller 
Unwill, wie ſich der bis auf diefen beutigen Tag zwi— 
ſchen den Burgern und Handwerkern jugetragen und 
verloffen bat, gänzlich verricht und hingelegt ſeyn 
foll. Getreulich und ohne Gefährde. Wer auch dami: 
der thäte in ainem oder menigen Stücken, das wiſſent⸗ 
lich gemacht würde ungefährlich, den wollten wir da: 
rum ſchaffen zu beſſern an Leib und Gut. Und des zu 
Urkund geben wir jedem Thail unſeren Brief gleiches 
Lauts, verſi igelt mit unſerem Inſigel. Geben am Sonn⸗ 
tag Judiea in der Faſten, nad Chriſti Geburt 1438, 
Unſers Reichs zu Hungern in dem erſten.“ 


eo 112 um 


Ich hielt es für unnütz, die Abſchrift des Coder 
buchſtäblich beyzubehalten, da er das Original zwar 
wörtlich getreu liefert, aber die Orthographie deſſelben 
in Die jüngere ſeiner eigenen Zeit verändert darſtellt. 
Die Worte habe auch ich möglichſt in ihrer alten Form 
beybehalten, aber zur Erleichterung des Leſers, des 
Schriftſetzers und auch des eigenen Abſchreibens bin 
ich der beſſeren Orthographie näher gerückt, mas uns 
fer gleichen Umſtänden noch öfter geſchehen wird . 


——— —— — — — —— — —— —— ——— —— — 


Beylage Nro. XXVI. 


K. Friedrichs neue verbefferte Buͤrgerordnung für Ling. Am 
fiebenten October 1491. Aus Dem Riededfer Coder. | 


Mis Friderich son Gottes Genaden Rösmiſcher 
Kaiſer.. Bekennen, daß wir um Aufnehmens willen 
dieſer unſer Stadt Linz, damit die mit Wein, Traid, 
und andern Nothdurften deſter bas fürgeſehen, und 
daran nicht Mangel merde, ain Ordnung und Sa— 
tzung gemacht haben wiſſentlich mit dem Brief. Alſo, 
daß fuͤran die Handwerker, ſo unſer Burger hie ſeyn, 
Wein vom Zapfen zu ſchenken, und ander Händel 
von ihrem aigen Guet, und daß ſie niemands damit 
zu Hilf nehmen, zu treiben, als die andern unſer Bur— 
ger des Raths und Handelleut, Burger daſelbs, zu 
thun; desgleichen dieſelben vom Rath und Kaufleut 
wiederum all Recht, Uibung und Gerechtigkait, ſo 
die obbemeldten Handwerker gebrauchen, haben und 
genießen ſollen. Und ob ſich derſelben Burger oder ih⸗ 
rer Kinder ains oder mehr zu ainer Wittiben oder 
Tochter der beſtimmten Handwerk mit Heirath kehret: 
ſo ſoll als oft denſelben die Recht, ſo daſſelb Handwerk 
bat, gu gebrauchen zuſtehn und verfolgen. Desglei⸗ 


POT 413 224 


chen, ſo die bemeldten Handwerker oder ihr Kinder zu 
den vorgemeldten unſern Burgern deg Raths oder ans 
dern Kaufleuten daſelbs heirathen: daß dieſelben ihr 
Recht zu hantiren auch haben ſollen. Wär aber, daß 
ain Handwerker Burgerrecht zu haben an Burgermai⸗ 
ſter, Richter und Rath hie begehren wurde, das ſollen 
ſie ihm nicht verzeihen (verweigern), ſondern dazu 
kommen laſſen, der ſich gegen ihnen als ander unſer 
Burger daſelbs gehorſamlich halten ſoll. Es ſollen auch 
kain unſer Burger noch Inwohner hie zu Linz, den 
vom Adel, Häuſer noch ander Grind in dem Burge 
fried hie gelegen nicht verfaufen, nudi) in ander Weg 
in ihr Hand fommen, fondern ihren Genoſſen dafelbs 
die wiederfabren laffen, darauf die obgenannten Hand⸗ 
werker dem bemeldten Burgermaifter, Nidter und 
Nath hie von unfertmegen geborfam und gewärtig 
ſeyn, und kain Befammung nod) Aufruhr wider fie 
machen, da entgegen fie diefelben Handwerker gütlich 
balten, und in unbillig Weg nicht dringen follen. 
Welcher Thail aber diefen unfern Entſchaid nicht bal: 

ten und dawider bandeln wurde, der foll zwainzig 
Mark löthigs Golds, halb uns als Gerrn und Lands: 
fürſten in unfer fürſtliche Camer, und den andern hal⸗ 
ben Thail der geborfamen Parthey verfallen ſeyn. 
Zu Urfund bat jeder Thail ain ſolchen Vrief in glei: 
cher Laut mif unferm anbangenden Inſiegl befiegelt. 
Geben zu Linz, am Freytag nad fant Francifcen 
Tag; nad Chriſti Geburt vierzebnbundert und im 


aiin und neungigiften.. Saren, 


K. Marimilian bat diefes Privilegium wörtlich 
beftatiget. —“ Geben Zu Cöllen, am Montag nad 
fannt Peter und Pauls der beilligen zwelf Potten tag 
(am 30. Junius) 1404. 





o 414 ee 


Beylage Nro. XXVII. 


K. Maximilians Buͤrgerordnung fuͤr Linz. Am 29. December 
1498. Nus deu Niededer Eoder. 


Wi, Marimilian von Gottes Genaden Römiſcher 
Künig.. Bekennen, als ſich zwiſchen unſern getreuen 
Lieben, unſern Burgern zu Linz an ainem, und den 
Handwerksleuten daſelbs andern Thails Irrung und 
Spänn halten, und aber dieſelben gütlich hingelegt, 
quo) ferrer Mib; Koſt und Schaden, fo daraus ere 
wachſen möchte, verhüt werden, baben wir aus 
Obrigkait als regierender Herr, und Landsfürſt der 
Billichkait nach ain Ordnung fürgenommen, die baid 
Thail annehmen, und hinfür ohn alle Waigerung 
und Aufzug halten ſollen, wie hernach folgt. Des 
Erſten, * band Partheyen, Burger und Hands 
merfer, Madt baben follent, nach ihrem Gefallen mit 
Raufen und Verfaufen des Traid$s zu bandlen; aud 
das Salz abzulegen, mie vormahls die Burger ge: 
than baben, darin fain Parthey die ander irren noch 
verbindern foll. Stem des Weinſchenkens balb mellen 
wir, daß unſer Burger zu Linz laut ibrer Frenbait 
der Handwerker halb unverbindert ſchenken mügen; 
doch ſoll den Handwerkern zugelaſſen ſeyn, zu baiden 
Jahrmärkten von Anfang bis gu End; desgleichen ju 
den Zeiten, fo ain Landsfürſt zu Linz if, und darzue 
des Jahrs von dem Chriſttag anzufaben bis auf den 
Sonntag Snvocavit, an demfelben aufzuboren, gu 
ſchenken in aller Map, wie die Burger ſchenken, der 
Burger balben ungeirrt. Es follen auch die Handwer— 
fer Macht baben, in den jeb gemeldten Zeiten Wein 
nad) ibrem Gefallen, mo es ihnen füglich ſeyn mill, 
nicht allain von den Burgern, ſondern aud von der 
Gäſten gu faufen; doch ſollen die obbemeldten Urtifl 


und Stud allain den Handwerkern, fo in der Stadt 
Linz bebauft fenn, und alfo häuslich in der Stadt fi: 
ben, zugelaffen fenn, und ſonſt niemands auferbalb. 
Item fo jährlich die Stadtfteur zu Linz angelegt murs 
de, Daf dann ſolches mit der Naittung und Unfegung 
beſchehe Inhalt ibrer Frenbait von Künig Albrecht 
ausgangen, wie dann folches von Alter ber gebraucht 
ift alfo; daß die Burger. dren oder vier ju ſolchen ob: 
gemeldten Sandeln aus den Sandmerfern, fo dazu 
täuglich fenn, erfordern follen; und welche alfo er« 
fordert werden), die follen das Jahr aus alfo für und 
für ben ſolchen Handeln bleiben. Alles treulich und une 
gefährlich. Mit Urfund dieß Briefs. Geben zu In— 
forud am Samftag nach dem beiligen Chriſttag, nad 
Chriſti Geburt Vierzehenhundert und im acht und 
neunzigiſten; Unſerer Reiche des Römiſchen im zwölf⸗ 
ten, und Des Hungeriſchen im achten Fabre. 

? Per Regem. Comifsio domini regis in confilio, 
Stuerzl, Cannzler. Sm Sabre 1521. beftatigte Fer 
dinand mortlid) diefes Privilegium. „Geben in onn: 
fer Stat Grag, am 28. tag des Monats Oetobris, 
nach Chriſti geburt 1521. 

Per Principem. Ad mandatum Serenifsimi do- 
mini principis Archiducis in confilio. Threit Saur 
wein. 


oo 


Beylage Nro: XXVIII. 


H. Albrechts Verorbnung uͤber die Handelsgerechtigfeit der 
buͤrgerlichen Haͤuſer, mele unmindigen Kindern geboren. Am 
14. October 1414. Aus dem Linzer Coder. 


Wi Albrecht von Gottes Genaden Herzog zu Oe⸗ 
ſterreich.. Befennen, als wir nad Bitte unfer Bür⸗ 


è.» 4 1 6 ua 


ger gu Linz vor Zeiten aufgefebt hätten, daß mit 
Sal, Wein und ander Kaufmannſchaft in derfelben 
unfer Stadt niemand arbaiten follte, er batt denn 
ain aigen Haus. Iſt feitemalen- an uns bradt, daß 
Derfelb Auffag den Burgerfindern, die nicht vogtbar 
feind und aigne Häuſer habent, ſchädlich wäre. Davon 
haben mir ibnen die Gnad gethan, und thun aud wife 
fentlich mit dem Brief: Was Burgerfinder feind, die 
nicht vogtbar feind, und die aigne Häuſer in der vor 
genannten unfer Stadt habent, dafi die, den fie die: 
felben ibre Häuſer hinlaffen oder empfeblent, in den: 
felben Häuſern ihre Arbait mit Salz, Wein und an: 
deren Kaufmannſchaft getreiben mügen als ander 
Burger daſelbs thun, als lang, ung daß dieſelben 
Kinder zu vogtbaren Jahren fommen, und diefelben 
| ihre Haufer felber inhaben und verivefen. Aud mellen 
mir, welcher Burger unter ihnen zwey Haufer bat, 
daß er das ain Haus, darinnen er nicht wobnbaft ift, 
cinem andern empfeblen und binlaffen müge, und daß 
der, dem cr es binlaffet oder empfilchet, darin mit 
aller obgenannten Kaufmannſchaft gearbaiten, und 
ſein Gewerb getreiben müge, als ander unſer Burger 
daſelbs Recht habent; doch untz an unſer Widerrufen 
ohn Gefährde. Mit Urfimb dieß Briefs. Geben zu 
Linz, am Sonntag nad St. Colmanns Tag. Anno 
Domini Quadringentefimo decimo quarto. 


— att 


Beylage Nro. XXIX. 


H. Albrecht erlaubt den Handwerkern in Oeſterreich, ſich in 
Guns niederzulaſſen, und dort ihre Arbeit zu treiben. Um fie= 
benten May 1577. Aus dem Original. 


Mi Albrecht von gotes gnaden Hertzog ze Oeſier⸗ 
reich, ze Steyr, ze Kernden, vnd ze Krain, Graf ze 


ico 412 ue 


Tyrol. Tun hunt, Daz wir vnſern getrettin.. dett Pur⸗ 
gern gemainlich vnſerr Stat ze Ens die gnad getan 
haben, vnd tun auch, Swelicherlay aribaitter ſich auz 
andern Stetten, Merkten, oder Dörffern in die vor— 
genant vnser Stat gen Ens ziehen, und daſelbes mos 
nen wellent, es ſein ledrer, fleiſchhakcher, Schuſter, 
oder ſwie ſi genant ſein, daz die freilichen in derſelben 
vnſerr Stat ir aribait treiben vnd vben mügen, vnd 
ſullen, an vnſer, vnd menichliches irrung, vnd hinder⸗ 
nuſſe, in aller der mazze, alz die andern, die vormalz 
darinne geſezzen ſind, Ez ſey danne, daz dieſelben, die 
vor da geweſen ſind, von vnſern vordern, oder von vns 
ſölich brief, vnd vrchund haben, der Si in der ſache ge⸗ 
niezzen wellen, die ſullen ſi fürbringen, vnd vns die zai⸗ 
gen, wes fi dann recht habent, dabey wellen wir fi gerne 
halten, vnd ſchirmen, alz das pillich iſt. Mit vrchund 
ditz briefs. Geben ze wienn an dem heiligen Auffart 
tag. Nach kriſtes gepurd Dreutzehenhundert iar, dare 
nach in dem Siben vnd Sibentzigiſten Jare. 


—— —————————— — ——— 
Beylage Nro. XXX. 


Nar die Hausbeſitzer, die fein Handwerk treiben, duͤrfen in 
Enne mit Wein bandeln und ihn ausſchenken. Ym 30. 
May 1413. Nus dem Original. 


Wi Albrecht Bon gotes gnaden Hertzog ze Seſter⸗ 
reich. Bechennen. Wan wir aigenleich Vnderweiſet 
ſein, daz vnser Stat ze Enns von ſolher geprechen 
wegen, die Sp ong bet manigualtieleich gehebt (Lic) 
bat in grozz abremen kömen iſt, Bud menigere name 
baffte Hewser da vngeſtifft vnd ode ligent. Haben mir 
durch aufnemens millen, derfelben onfer Stat, Vnd 
Pon fundern gnaden, onfern getremwn .; den Burgern 
27 


“> 419 20% 


gemtainelei daſelbs, die grad getan, Vnd tun aud 
wißentleich mit. dem brieue daz nu fürbazzer dhain 
Inwoner, der nicht aigen Haus da bat, noch dhain 
Hantwericher der ſein Hantwerich treibet, oder ar⸗ 
baittet, mit Weinkauffen, wein verſchenkchen, oder in 
ander weg ze vertun, Da nicht arbaitten ſol in dhainen 
weg, Sunder daz die, die alſo mit Wein da arbaitten 
wellen aigne Hewser kauffen vnd darinn damit iren 
gewerib treyben, als ander Burger in iren aignen 
Hewſern geſezzen tunt. Vnd daz auch die Hantwericher 
ir Hantwerich arbaitten vnd ſich der betragen angeuer. 
Dod vntz an vnser widerruffen. Mit. ordunt dig 
brief8. Geben ze Wienn an Eritag bor dem beiligen 
Auffarttag Nach kriſti gepurde Viertzehen — 
Jar, Darnach in dem dreyzehenden Jare. 


—e—— —— 


Beylage Nro. XXXI 0 


H. Albrecht verfpridt, kuͤnftig von der Stadt Enns eine 
geringere Steuer gu fordern, meil dort mebrere Haͤuſer oͤde 
fiegen. Am 25: Junius 1413. Nus dem Original, 


MW; Albrecht. + Befennen, vnd fun fune offerti 
mit dem Brief. Man mir aigenleich vnderweiſet fein, 
daz vnser Stat zu Enns, ettleich zeit ber, vaſt abge- 
nomen bat, Alfo, daz menigere Hewſer dar Inn gele⸗ 
gen öd vnd abkomen find, dadurch vnser Burger ge: 
maineleich daſelbs, die Summ der gewönleichen Lant⸗ 
ſtewr, als die vor zeiten auf Si gelegt iſt, hinenthin 
(Gc) nicht vermügen, als vormalen iſt ber komen. Ha 
ben wir In, die gnad getan, vnd tun auch mit dem 
Brieue, wenn ſich gepüret, daz wir hinfür ein gemaine 
Lant Stewr, auf vnser Land legen werden, daz wir In 
denn nicht die Summ, als Sy vor geſtewret habent, 


ESSCA 41 (9) 2% 


nuflegen ivellen, Sunder cin ſöliche Summ, die Sp 
vermilgen, vnd al wir andern vnſern Stetten ob der 
Enns auflegen an geuerd. Dod) vng an onser wider⸗ 
ruffen. Mit orfunt dig briefs. Geben ze Wienn an 
Suntag nad Sant Fohanns tag zu Sunemenden. 
Nach frifti gepurd, Viertzehenhundert Sar, Darnach 
in Dem pit pito Gar. 


i —— Nro. XXXIL. 


* è 
È. Maximilians verbefferte Buͤrgerordnung fr Enns. Am 
gebnten December 1518. Aus dem Original. 


Wi Marimilian von gots gnaden Erwelter Nömi⸗ 
ſcher Kaiſer gu allen geitten merer des Rei)... Bee 
khennen für vnns vnd vnnſer Erben vnd nadfommen 
offennlich mit diſem brieff, Wiewol hieuor verſchinen, 
vnnſer lieben getrewen Wolffgang Joörger vnnſer 
Lanndſhauptman, vnd vnnſer Hauß Rete onſers File 
ſtenthumb Oſterreich ob der Enns, Vnd wir nachmals 
durch vnnſer HoffNete, in den Srrungen, Spennen, 
vnd widerwillen, fo ſich zwiſchen vnnſern getretven 
lieben. . onnfern Burgern zu Enns an ainem, Vnd 
dann aber vnnſern Burgern, ſo Hanndtwerckher ſein, 
vnd dieſelben Ire Hanndtwerckh treiben, am anndern 
teil, ein lannge zeit her gehallten, ettlich Entſchid, 
Ordnung vnd Lewtterung getan, ond gegeben haben, 
Wie es hinfür zwiſchen Inen Irer Handthierung hal⸗ 
ben gehallten, auch ſonſt dieſelb vnnſer Statt Enns 
mit gueter Ordnung vnd Regiment fürſehen werden 
ſoll. Bud aber zwiſchen den vorgemelten vnnſern Bur⸗ 
gern, wie obſteet, allein der Burger Henndel betragen, 
vnd dann der anndern vnnſern Burgern daſelbſt, die 
tI” 


** 420 ce - 


Hanndtwerckher dancben fein, ſeidther weiter Irrung 
vnd widerwertigkeit dermaſſen eingefallen, Wa wir 
der pillichheit nach nit darein ſehen, das in kunfftig 
zeit nichtz annderſt, dann mercklich abfall vnd verder⸗ 
ben derſelben vnnſer Statt daraus erwachſſen möcht, 
Solhs ju uerchuetten, vnd damit Sp zu baiden Pare 
theyen zu gueter Rue, Frid, vnd einigkeit komen, auch 
nu hinfür in derſelben vnnſer Statt Enns ein gut or: 
denlich Regiment vnd Pollicey gehalten werde, So 
ſetzen, erkleren vnd Ordnen Wir, als Regierender 
Herr vnd Landffürſt in Oſterreich wiſſentlich in krafft 
dif briefs, Wie hernach volgt. 

Vnd nemlichen zum Erſſten, Als vnnſer Burger 
gu Enns biſher in gebrauch geweſſt, vnd noch ſein, das 
Sy allwegen vber zway Far; vongeuerlichen vmb 
Sandt Jörgen tag die Ratserwelung thun, mit Fünff 
von Burgern, vnd vier Hanndtwerckhern, dar Inn der 
Statt Richter begriffen ſein ſoll, Das Sy nu hinfür 
allwegen einen aus dem Rat vnd den Genannten, der 
cin Burger, vnd kein Hanndtwerckher iſt, zu Richter 
erwelen, Vnd gu ſolher Wal eines yeden Richters, 
auch der Antzal der Vier von Burgern, Vnd dann der 
Vier von Hanndtwerckhern, Ratſgenoſſen, auch 
Mautner, vnd annder der Statt Enns Ambtleutten, 
ſament vnd ſonderlichen, wie ſich das zutregt, ſollen 
alltzeit allein, die Inn oder vor der Statt im Burckfrid 
Enns aigen Hewſer haben, erfordert, Ir Stym geben, 
vnd von Inen aufgenomen werden, Vnd weiter hinfür 
keiner mer, Er were von Burgern, Genannten, oder 
Hanndtwerckhern, macht haben, ein ander perſon, Im 
gefellig, ſo Er aus dem Rat abſteet, an ſeiner ſtatt, wie 
biſher ein mißgebrauch geweſt ſein mag, in Rat zu er⸗ 
welen, ſonnder die welung in diſem fall, wie obſteet, 
vnd ſonſt nit annderſt beſchehen. | 


ne 2] <--- 


Item es follen auch Vierzeben aus den Bur: 
gern ond zehen aus den Hanndtwerckhern ju Gee 
nannten erwellt, vnd wie von allter her geſetzt 
werden. 

Item ſo auch einer mer aus dem Nat, oder 
Genannten abfterben, follen Sy nad derfelben ab- 
gang, nach vier Wochen ungeuerlich, Ein, oder mer, 
mie es ſich begibt, in Nat, oder zu Genannten, mie not 
angeigt ift, ermelen; vnd von Inen allen, vnd Sr ye— 
Dem, tie von altem herkomen, Ratsphlicht aufgeno⸗ 


men werden. 


Vnſer naynung iſt Das die Ihenen (Lic) fo 
Burgerichaft pu Enns begeren, anzunemen, hinfür 
nit allein durch ein Richter, ſonnder durd Richter onò 
Regi angenomen werden: follen. 

‘Berner ond diemeil ſich die Burger, fo Gambe i 
—— ſein, Ires Hanndtwercks allein nit wol betra⸗ 
gen, vnd dauon erneren mögen, Dergleichen auch die, 
ſo Burger ſein, vnd kein Hanndtwerckh kunden, ſich mit 
Iren Henndeln vnd Hanndtierungen auch nit wol ent: 
ballten:(Gc) kunden, ordnen vnd ſetzen mir, daß hinfür 
von dato diß briefs anzuraytten, die nachfolgende one 
derſchid zwiſchen Inen gehallten werden ſoll, Nemli— 
chen ſo wellen wir, das vnnſer Burger zu Enns, die 
kein Hanndtwerckh treiben, hinfür alle kaufmanſhenn⸗ 
del, Venedigiſche Waar, Tuchſchnit, Leynwat, Trait, 
Salltz, vnd den Ochſſenhanndel haben, vnd ſich des 
mit kauffen vnd verkauffen gebrauchen, Vnd dann 
vnnſere Burger die Hanndtwerckher, ſollen ſich ſolher 
kaufmanſhanndtierung in obangezeigten Sechß Stu⸗ 
cken gar entſlagen, vnd weiter nit gebrauchen, ſonnder 
allein die Burgerlichen Henndl vnd Hanndtierung, 
ſo hieuor nit antzeigt noch begriffen ſein, neben den 
Burgern treiben. 


* 422 22 


Dann von wegen Irer Irrthumben, ſo Sy des 
Weinſchenckens halben biſher gegen einander gehabt, 
Setzen vnd Ordnen wir (dieweil die Freyheiten, der 
ſich vnnſer Burger gu Enns von weilendt onnferm vor⸗ 
farn kunig Albrechten, vnd kunig laßlawen berüemen, 
die da vermögen, das Sy allein, vnd keiner vnnſer 
Burger daſelbſt, der cin Hanndtwerckh fan, Wein 
ſchenken, ſonnder Sy Irer Hanndtwerckh betragen 
ſollen, aus der Vrſach, das Sy derſelben Freyheit biſ⸗ 
her nit in völligem gebrauch geweſſt, beſeript (fic) vnd 
verweylt genannt werden mögen) das hinfür, doch nur 
bis auf vnnſer vnd vnnſer Erben wolgefallen, vnnſer 
Burger zu Enns, ſo nit Hanndtwerckher ſein, durch 
das gantz Jar mit dem Wein vnd pier handeln, Wein 
vnd pier auſſchenken, vnd vnnder den rayffen kauffen 
vnd verkauffen, Vnd dann vnnſer Burger, fo hanndt⸗ 
werckh können, vnd dieſelben prauchen, allein das halb 
Jar, ond nemlichen allwegen vierzehen tag nach dem 
heiligen Oſſtertag anzufahen, vnd Sechſundzwaintzig 
Wochen nacheinander mit dem Wein hanndeln, vnnder 
den Rayffen kauffen vnd verkauffen, vertreiben vnd 
auſſchenken, Vnd denſelben Wein im Herbſt, vnd bis 
auf die Zeit, ſo wir Inen, wie vorſteet, zu ſchenken 
zugelaſſen haben, wann Inen das am gelegniſten iſt, 
kauffen, füeren, vnd einlegen, Doch in der geſtallt, 
Welher dieſelben Wein gen Enns bringet, det ſoll 
ſolhs vnnſerm Phleger vnd verweſer vnnſers Vnn⸗ 
gellts gegenwurtigen vnd einem yeden künfftigen vnn⸗ 
ſerm Vngellter, auch Statt Richter daſelbſt anſagen, 
Derſelb verweſer vnnſers Vngellts vnd ein Burger 
von Nat, den der StattRichter dartzu verordnet, ſol⸗ 
len alſdann dieſelben Wein aigentlichen aufſchreiben, 
vnd ſo die zeit kumbt, das Sy nach Innhalt obbe⸗ 
ſtimpts vnnſers Entſchids ſchenken mögen, Alſdann 


ese 235 222 


ſolh eingelegte Wein widerumb beſichtigen, damit 
mitler zeit nicht dauon verkaufft noch auſgetrunken 
werde, das vnns zu abpruch vnnſers Camerguts vnd 
Vngellt raichen möcht, Es ſollen auch dic gedachten 
Hanndtwerckher, die Mertzenpier zu auſſchenken kauf⸗ 
fen, mit anſagen vnd aufſchreiben derſelben, wie mit 
den Weinen gehallten werden, Wes auch yeder 
Handtwerckher für Wein einlegt, dem ſoll durch obbe⸗ 
melten Verweſer vnnſers Vngellts, vnd den, ſo von 
Richter dartzu verordnet wirdet, die full zu den Wey⸗ 
ten, wes Er der bis auf die zeit, fo Gin zu ſchencken 
erlaubt ift, vngefarlich bedarf, gemeſſigt, aufgeſchri⸗ 
ben, vnd an der Summa abgetzogen werden, Dod bin 
widerumb vergonnen, vnd erlauben mir den gedachten 
vnnſern Burgern, fo hanndtwerckher ſein, und Burger: 
Recht zu Enns haben, Wa einer oder mer derfelben, 
Irer Hanndtwerckh abfieen, vnd nit arbeiten wellen, 
ſo ſollen Sy ſolhs einem Rat zu Enns antzeigen, vnd 
mit wiſſen derſelben nachmaln mit dem Wein vnd pier 
handeln, auſſchenken, vnd ſunſt alle annder kaufmanſ⸗ 
handtirung vnd burgerliche Handlung, wie annder 
vnnſer Burger zu —— gleicherweiſe treiben vnd 
degni 
Zum letſten, nachdem vorgemelt vnnſer Burger 
zu Enns, in obangegeigter ſachen gegen vnd wider Ire 
Burger, ſo hanndtwercker ſein, ſonnder Pündtnus vnd 
verainigung vnnder Iren Pettſchafften aufgericht ha⸗ 
ben ſollen, Soferr dann ſolhem alſo iſt, Wellen wir 
ernſtlichen, das nego alſdann, vnd dann als yetzo, all 
ſolh pündtnuß vnd verainigutig ; deßgleichen alle vn⸗ 
ainigkeit vnd Zwitracht, ſo Sy biſher zu vnd wider 
einander geübt vnd gehandelt haben; gantz aufgehept, 
abgetan, vnd tod ſein, Vnd keiner den anndern ferrer 
vnuerſchulter ſachen verachten, Sonnder Sy ſollen 


ass 52) «-- 


hinfür in guetem tvillen miteinander Leben, Vnnſer 
StattEnns in gueterOrdnung;Negiment,ondPollicey 
enthallten, und allbeit Sr Aid vnd phlicht, damit Spy 
vnns al Irem Rechten Erbberren vnd Sanbffieften 
verwandt fein, betrachten, dardurd weiter Pündtnuß, 
Confpiracion, und vnainigfeit zwiſchen Inen zu baiden 
teiln verhüet beleiben, als lieb Inen allen, vnd Ir 
yedem ſey, vnnſer ſwer vngnad vnd ſtraff zu uermei—⸗ 
den. Wer aber ſach, das ſich pe Bu Zeitten auſſerhalben 
obbegriffner Ordnung vnd ſatzung etwas frembder 
Irrungen vnd beſwerungen zwiſchen vnnſern Burgern 
vnd Handtwerckern zutragen wurden vnd anfielen, 
Dieſelben ſollen für einen Statt Richter vnd ein gan⸗ 
tzen verſamelten Rat vnnſer Statt Enns fürgefordert, 
vnd durch Sp fleiſſ fürgewendt werden, ſolh Irrungen 
guetlich hinzulegen vnd zu uertragen, Wa Sy aber ein 
Rat derhalben ye nit vergleichen möcht, vnd ſolhs bey 
den Partheyen nit ſtatt haben wollt, So ſollen Sy die 
von Rat das alltzeit an Ir Ordenlich Gericht gelangen 
laſſen, daſelbſt zu Hinlegung derſelben Irer Irrthum⸗ 
ben gehandelt werden ſoll, was pillichen vnd Nedtift. 
Vnd gebieten darauf obberürten vnd ainem heden 
kunfftigen vnnſerm Lanndſ hauptman, vnd HauſReten 
vnnſers Fürſtenthumb Oſterreich ob der Enns, vnd 
dartzu einem yeden vnnſerm Phleger in bemelter vnn⸗ 
fer Statt Enns ernſtlich mit diſem brief, vnd wellen, 
das Sy von vnnſern wegen ernſtlich darob vnd daran 
ſeyen, damit ſolhem vnnſern gegeben Entſchid vnd 
Ordnung von baiden tailn vnnſer Burger gehorſamli⸗ 
chen gelebt, vnd ferrer in ainen oder merern Artigkeln 
hiewider weiter nit gehandelt merde, Alles ben vorbe— 
rürter vnnſer ſweren vngnad vnd ſtraff, Das mainen 
wir ernſtlichen, Des zu vrkhundt haben wir diſen Ent⸗ 
ſchid, given ingleicher laut, vnnder vnnſerm anhangen⸗ 


oo 425 -— 


den Snnfigel verfertigonz vnd hedem teil ainen vberant⸗ 
wurten laffen, Geben im vnnſer Statt Wells am ze⸗ 
henden tag Des Monats Decembris, Mad Criſti vnn 
ſers lieben herren geburdt, Fünffzehenhundert vnd im 
Achtzehenden, Vnnſer Reiche des Nömiſchen im 
Dreyunddreiſſigiſten, Ynd des Hungeriſchen ini 
Newnundzwaintzigiſten Jaren. m⸗ 
Gee per Cefarem. 
Diefe Unterſchrift ſcheinet Marimilians cigene Sand: 
ſchrift zu ſeyn. on 


— — — — — — —— — —— ——— —— — 


Beylage Nro. XXXIII. 


Vertrag zwiſchen den Herzogen von Oeſterreich und von 
Bayern zur Sicherheit der Straſſen und Fluͤſſe. Das Recht 
der Grundruhr wird abgeſchafft. Am dreißigſten April 

1375. Mus Dem Original ) 


Bi Stephan der Elter mir Ulbredt fein Bruder 
se Holland, mir Stephan der Fong wir Fridreich vnd 
mit Johanns geprüder, dez egenanten, Herezog Ste⸗ 
phaus Sün von Gotes genaden, all Pfallenezgrafen 
bej Rein vnd Herezogen in Bayrn bechennen vnd verie⸗ 
ben offenlich mit dem brif wann grozz gepreſten und 
mankchveltig beſwärung, in vnſern Landen ze bayern, 
vnd in der Hochgeporen fürſten, vnſerr liebenDebanm 
Herezog Albrechts vnd herezog Leuppolz geprüder von 
Oſterreich, irr land vnd läut ze Oeſterreich anligent, 
von den Strazzen, di durch vnſerew vnd irew land gen 
fullen di lang zeit Irtrung heten ettwivil öd vnd vngear⸗ 
bait, von ſumleichs vnfrides wegen gelegen ſind auf 





*) Diefe Urfunde findet man aud in Hormayr's Ardio 
fur Suͤddeutſchland, Th. I, S. 240. 


so 426 neo 


wazzer vnd duf Land. So daz di chaufläut und ander 
arbaitter, die Darin vnd dDaraus geraift, vnd gemandelt 
find, an leib vnd an Gut ſchaden namen bechumbert ge⸗ 
laidigt vnd beſchedigt wurden, mit gewallt an recht, des 
wir vnd di vnſern auch vaſt engolten haben Darumb 
ſein wir aynmutichleich mit den oben genanten vnſern 
lieben Oehaimen den herezogen von Oeſterreich vber⸗ 
ain chömen, bedächtichlich vnd vnuerſchaidenlich, vnd 
haben vns nach vnſers Raez Rat, vnd mit anweiſung 
anderr vnſerr herren, vnd Steten in vnſern Landen 
verpflicht, vnd hinfur des verpunden, fur vns vnd fur 
vnſer nachkomen: vnd gehaizzen bei vnſern furſtleichen 
trewn, vnd bei der heiligen waren gerechtichait. bei 
dem erſten, wenn, oder als offt, daz geſchiht, daz 
Chaufläut oder ander arbaitter ainer oder menigere in 
vnſern landen ze Bayhern, an ir leib, oder an ir Gut auf 
wazzer oder auf land, angevallen beſchedigt oder be— 
ſwärt werdent, daz wir gebannt vnd vns daz chvnd ges 
tan wirt, darezu vnuerczogenlich gegen denſelben Tae 
term, vnd gein allen den di fem darczu behauſent hellf⸗ 
fent oder baiment, tun wellen vnd ſchullen, in der mazz 
daz in widerchert ond fi vnchlaghaft gemacht werden: 
dauon gepieten ond empbelben wir ernſtleich allen 
vnſern Ambtläuten, Vieztumen pflegern Richtern und 
allen andern, di wir in vnſern landen ye zu der zeit 
haben veſtichlich bei vnſern genaden vnd hulden daz ſi 
di Strazzen vberal alſo beſchirmen und ſichern ie 
der aller manichlich niemt ausgenomen, vnd niemand 
geſtatten vnd vndernuaren, daz die Chaufläut oder ar- 
baitter. mer, oder von wann di ſeinn yndert gewalt 
oder vnrecht geſcheh, vnd welher darezu fo er des gemat 
wurd vngeuärlich an aufſchuf (Gc) nicht tät, al$ vere 
in leib vnd gut mert, inder mainung als oben-begriffen 
ift den wolten wir darumb pezzern baidew an leib vnd 


n 42 7 —— 


an gut: gar ſwärlich: dannod mainten vnd wolten 
wir als wir daz verſprochen haben, den ſelben kaufläu⸗ 
ten oder arbaitern di verloren hieten: nach der fluſt 
(fic) vnd in wideruaren war in den nachſten kunftigen 
zwain Moneiden felb widerchern, vnd fem vnchlaghaft 
machen: daz ſullen ſi haben daez vnſern furſtlichen 
genaden vnd tremn. Täten mir das nicht So habent 
vnſer vorgenanten Oehaym di bercgogen von Oeſter⸗ 
reich: oder ir ainer der di weil waltig iſt ong. oder 
vnſerr aimen . Der diſelben zeit ze bayern waltig iſt dare 
umb zu ze ſprechen vnd monen ze laiſten von der läut 
wegen di in vnſern landen. auf der Strazzen beſchedigt 
oder beſwärt wären vnd nach irr monung vnuerezogen⸗ 
lich an allew waigerung ſullen wir zehen erber diener 
mit zwainezk pfärſten (Sic) gein wels in ir Stat in 
legen vnd da laiſten, alſo in legens, vnd laiſtens recht 
iſt: vnd nicht aus bechomen, vnez den flüſtigen läuten 
alles daz geendet vnd volrecht wirt, daz oben an dem 
brief geſchriben ſtet ze geleicher weis ſind vns vnſer vor⸗ 
genanten öhaym di herezogen ze Oeſterreich aller der 
pünd vnd artikel ſchuldig ze volfüren ob ez in irem 
Lande öſterreich geſcheh, So ſullen ſi vns laiſten in 
der ſelben maſſ gein Prawnaw in vnſer Stat Auch ſein 
mir namleich vber ain komen. daz mir nyemand dhai⸗ 
ner newung vnd gelaittes noch dhainer lai daz wider 
dew ſicherhait der arbait vnd kaufmanſchaft wär: nin⸗ 
dert geftaten mwellen .. furbaz nad) dem vnd der brif 
geben ift, Sunder verfpreden mir aud mit vnſern 
tremn ongeuärlich: ob ſich nemand ſazt oder fralt ant 
vnſern gemerkchten der do wider tät daz der gegenwur— 
tig brief fagt, So ſullen mir, vnd vnſer lieb Debannt 
von öſterreich getrewlid an cin ander gehollffen ſein 
vnez wir di darezu bringen: und bendtten daz fi do 
— bej beleiben fo di brief (auttent. di wir darumb an ein 


on (28 — 


ander geben haben, in ainer mainwng an geuär. Auch 
werin (fic) wir, vnd ſein baidenthalben vber ain komen 
Daz wir allew Gruntrecht abgenomen haben. wann 
wir verſten: vnd wol emphunden haben, daz ſi der 
arbait auf dem wazzer ſchedleich geweſen ſind, vnd 
wellen daz furbaz niemand daruinb anigevodert noch 
nindert beſwärt werd an leib noch an gut vnd in wel⸗ 
bem Land ez geſcheh, do fol ez diſelb herſchaft vnder 
ſchaffen: wär aber daz wir, oder di vnſern chünftichlich 
gegen ein ander ſtözzig oder ze chrig werden, wenn, 
oder vmb wew daz geſchäh des Got vor ſei. So maia 
nen vnd wellen wir doch, daz vnſer Strazz ze beden 
ſeiten auf Land vnd auf wazzer zu der arbait vnd kauf⸗ 
manſchaft bei der ſicherhait vnd dem Schorm (fc) fur 
ſich berubleichen beleiben, in der maff als oben an dem 
brief begriffen und verſchriben ift Mit vrchund des 
briefs, der beftgelt ift. mit vnfer filmfer der egenanten 
Herczogen von Bayern grozzen anhangunden Inſi⸗æ 
geln darumder mir. vns mit vnſern tremn: an aides 
fiat verpinden für vns: fur vnſer eriben. vnd fur all 
vnſer nachkomen ſtätichleich an allew geuär, Bad ju 
einer geczewgnuſſ veftigung vnd merern bedächtichait 
mit des Edln wolgeporen Johannſen lanntgraf ze dem 
Lewtenberg vnſers pfleger in Nidernbayern: vnd mit 
der erſamen vnſerr liben getrewen Görgen des wald⸗ 
ekker vnſers vieztumbs in Nidernbayern: Görgen des 
Ahaymer vnſers pfleger ze Ried, Seiezen Törringer, 
wilhalm des Maſſenhauſer Marſchalich in obern 
baiern Inſigeln verſigelten: Geben an ſand phillipps. 

vnd Jacobs abent Nach Chriſti gepurd dreuczehen⸗ 
hundert Jar vndi in dem fümf vnd Sihenezgiſten Sar: 





nec 429 —— 
Beylage Nro. XXXIV. 


Der Markt Grein mird von den Herjogen Wilhelm und 
Albredt von dem magre Der — defrepet. n 


Mir: Wilhalm ond Albrecht Vettern, von Goltes 
genaden Herzogen zu Oeſterreich . bekheunen. Alß 
dann vnſer Vorfordern Fürſten von Oeſterreich löb⸗ 
licher Gedechtnuß vnſer Burger zu Grein gefreit, vnd 
mit gnaden fürgeſehen haben, daß fp vor andern 
Schiffungen vnd Arbait auf der Thuenau Gerechtig⸗ 
keit haben, vnd ſich der gebrauchen mügen, ſeyn Wir 
mit demüthiger Bitte von In angelangt, In ſolche 
ihr Priuilegy vnd Freyhait, auch ander Ire guet Gee 
wonhait, ſo ſy bey vnſern Vorfordern löblich her— 
bracht haben, zu beſtetten, des Wir auch alſo ge— 
than.“ — Nun folgt die Beſtätigung ihrer Privile⸗ 
gien überhaupt, ohne eines nahmentlich anzugeben. 
Dann heißt es weiter: — „Wir thun In auch die 
ſondere Gnad, daß ſy, ihr Erben vnd Nachkhomben 
mit Irer Laſtatt, ſo ſy haben, von dem Geſchloß Wer⸗ 
fenſtain vntzt gen Behaimb in Perger Laſtatt, was ſy 
darauf füeren, in vnſer Fürſtenthum Oeſterreich ab⸗ 
wärts auf der Thonau, vnd wider das waſſer, es ſey 
mit Flößen oder Schiffung, mie die genant ſeyn oder 
| genennt mügen werden, der fhainerlai auggenomben, 
als ob ſich begab, daß ainer oder mebr der bemelten 
vnſer Burger zu Grein nu binfiiro künftiglich ab⸗ 
wärts, oder mider das Waſſer fcheitert oder auffubr, 
es mare auf Haufen, Griesſtöck oder Stain, daf als 
dann derfelb Grundrechtfrey fen vnd fenn foll, bon 
meniglich vngebindert. Es mag and) derfelb Schiff— 
gillen gu feim Guet nemben, wo ibm die am beſten 
füegen, vnd er der mitdem geringiften befommen mag, 


ceo 4530 oss 


darin ibn auch niemands irren nodi nachlomben ſoll. 
Wir begnaden fie noch mehr, daß ſie ſich Irer Viſch⸗ 
waid, ſo ſie haben, von dem bemelten Schloß Werfen⸗ 
ſtain enhalb und dißhalb der Thonau ontzt gen Dor⸗ 
nach ſich der üben und gebrauchen ſollen und mügen, 
und anders niemands, auch von meniglich unvergriffen 
und ungehindert. Davon empieten Wir den edlen un⸗ 
ſern lieben getreuen M., allen Landherrn, Rittern ..... 
Geben zu Wien am Freptag vor St. Untonien Tag. 
Anno Domini Millefimo quadringentelimo. C 
Im Archiv zu Clam findet ſich eine ſogenannte 
Pancharta K. Rudolphs des Zweyten, vom ſechzehn⸗ 
ten Auguſt 1581, welche er der Stadt Grein verlie— 
ben bat. Die alten Privilegien, die in derfelben morte 
lid) entbalten find, fagen nidyt8 Merkwürdiges aus; 
mur eines derfelben verdient in einem Auszug befannt 
gemacht gu werden. Im Sabre 1491 machte È. Friee 
drich befannt, — „daß für Uns fommen fenn die Ed: 
Ten vnſer lieben getreuen , Siegmund Prueſchenkh, 
Obriſter Schenk in Oeſterreich, auch Truchſeß in 
Steyr, vnſer Hofmarſchalkh vnd Camerer; vnd Hain⸗ 
rich Prueſchenkh, Gebrüder, Freyherrn zu Stetten⸗ 
berg, vnſer Rath vnd Pfleger zum Sarmingſtain, vnd 
haben vns zu erkennen geben, wie ihre Burger zu 
Grein, ſo von Uns in Auswechſelweis an ſie khumben 
ſeyn, und Wir yetzt gu ainer Stadt erhebt, menig Pri⸗ 
vilegi und Freyhait von Uns und Unſern Vorvordern 
Fürſten von Oeſterreich gehabt, der ſie Uns ains 
Thails fürbracht haben, und die andern in der Beſa—⸗ 
tzung daſelbs zu Grein vor etwas Zeiten von den Be⸗ 
haimbiſchen beſchechen, im Abbrennen von Grein, als 
es ein Markt geweſen, verdorben wären; und haben 
Uns demüthiglich gebethen, daß wir denſelben ihren 
Burgern die bemelten ihre Privilegi und Freyhait und 


löblich gut Gewohnhait gu erneuern, zu confirmiren 
und zu beſtäten, beſonder dieſelben Freyhait, die noch 
vorhanden, von Wort zu Wort darin begreifen zu 
laſſen geruhten.“ — Nun folgt die gleich vorhergehen⸗ 
de Urkunde von 1400. Das Datum der Beſtatigung 
Friedrichs lautet ſo: „Geben zu Lynz am Freytag 
nach St. Bartholomes tag des heiligen Zwelfpoten 
(am 26. Auguſt) nach Chriſti Geburt — —— 
dert vnd im ain vnd neunzigiſten. “ 

Das Jahr, in welchem die Böhmen den Markt 
Grein durch Feuer verwüſtet haben, läßt ſich nicht be— 
ſtimmt angeben: Der Ausdruck: Vor etwas Zeiten, 
ſcheinet doch einen Zeitraum von mehreren Jahren 
anzudeuten. Weil Friedrich nicht, wie es ſonſt ſeine 
Sitte war, die Huſſiten nennt, welche die beyden 
Mühlviertel zu verſchiedenen Mahlen ſchrecklich vere 
heeret haben, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß dieſes Un⸗ 
glück den Markt Grein während des Krieges mit dem 
Böhmenkönig Georg getroffen habe: vielleicht bey 
dem Einfall des königlichen Prinzen Vietorin , oder 
bey dem Gefecht, in welchem der Oeſterreichiſche Adel 
den Böhmiſchen ben Grein im Jahre 1476 überwun⸗ 
den hat **). Den Markt Grein hat K. Friedrich am 
27. Auguſt 1491 zu einer Stadt erhoben, und derſel⸗ 
bennebft dem ſchon beſtandenen Jahrmarkt einen zwey⸗ 
ten, und auch einen Wochenmarkt verliehen. Geben zu 
Linz, am Samſtag nach St. Bartholomes Tag. 
Diee echten Huſſiten haben den alten Markt Clam 
im Jahre 1422 ganz zerſtöret, das Schloß aber ver⸗ 

geblich belagert. Oftmahlige Feuersbrünſte verödeten 
fpaterbin den Markt fo febr, daf nur cin elendes Dorf 


+) Def. unter K. Friedrich dem Vierteni, Th. II S. 93 
und 94. 


) A. a. O.S. 121. 





oso. 432 n-- 


fibrig Blieb , welches K. Ferdinand der Dritte neuer⸗ 
dings mieder auf die Bitte Sottfrids von Elam zu 
einem Markte erbob. Der alte Marff batte. Privile⸗ 
gien von 1384 bis 1504 aufzuweiſen, bon a 
ſich Abſchriften erhalten haben. 

Das Unglid, von den Huſſiten zerſtöret gu werden, 
hat auch Wartberg und Pregarten getroffen, was 
durch folgenden Ablaßbrief bezeuget wird: Alexander, 
divina miſeratione S. Laurentii in Damaſo S. Roma- 
nae ecclefiae presbyter Cardinalis, Patriarcha Aquile- 
gienfis vulgariter nuncupatus. .. Cupientes igitur, ut 
parochialis eccletia S. Mariae Virginis gloriofae fupra 
Warttberg prope Freinftatt, et S. Wenceslai, et S. 
Annae in Pregarten, ejusdem ecclefiae filiae; Pata- 
vienfis Dioecefis, quae quondam: per Hufsitas ignis 
voragine combuftae ac devaftatae fuerunt; congruis 
frequententur honoribus et. etiam conferventur, ac 
ut Chrifti fideles eo libentius devotionis caufa con- 
fluant ad easdem, et ad confervationem ac ſtructuram 
ipfarum manus promptius porrigant ‘adjutriees. 
omnibus vere poenitentibus , , duos annos indulgen- 
tiarum.. . relaxamus. Datum Viennae Patavienfis 
dioecefis . . die duodecima Menfis Decembris, Anno 
Domini Millefimo quadringentefimo quadragefimo 
tertio, Sacrofancta Synodo Bafileenfi durante, 


Benlage Nro. XXXV. 


K. Rudolph ſchafft das Recht der Grundrupr ab. Am i; 
September 1589 *). 


Mi Rudolph der Under von Gottes Genaden 
ermabiter Römiſcher Raifer... Entbiethen N. allen 


*) Guarient, Eh. IL ©. 282, 





sue /33 — 


und jeden, geiſtlichen und weltlichen, was Würden, 
Stands und Weſens die ſeyn, ſonderlich denen Lande 
gerichts⸗ und Grundobrigkeiten in unſerm Erzherzog⸗ 
thum Oeſterreich ob der Enns unſer Gnad und alles 
Guets, und geben euch gnädigelich zu vernehmen, daß 
uns durch unſer Städt berührts Erzherzogthums 
Oeſterreich ob der Enns mit ſonder Beſchwer fürkom⸗ 
men: Obwohl hievor zu mehrmahlen, inſonders aber 
durch weiland Kaiſer Maximilian des Andern, unſers 
geliebten Herrn Vatern hochlöblichiſter und ſeliger Ge— 
dächtnuß, gegebnen Reſolution wegen der geſcheiter⸗ 
ten, und auf der Obrigkeiten Gründen aufrinnenden 
Gütern fürgeſehen vnd verordnet worden, daß name 
lich dieſelb ertränkte und aufgefangene Gilter, in mas. 
Landgericht ſoliches befchieht, durd den Auffacher 
dem Landgericht angezaigt, drey Wochen nach cine 
ander mit Nahmen offentlich verruft und auf den 
Kanzlen verkündt, folgunds demjenigen, ſo ſie zuge— 
hörig und ihme glaubwürdig beſcheint wirdet, gegen 
Darraichung ainer Verehrung deme, ſo die Mühe ge⸗ 
habt und die Güter aufgefangen, wiederumben juge 
ſtellt werden ſollen; Daf doch zuwider ſolcher Refo: 
lution und Verordnung, ungeacht daß etliche Staͤdt 
in denen Fällen, wann ſie mit ihren Gütern auf der 
Enns, Donau oder andern ſchiffreichen Waſſern in 
oder außer Gußzeiten und über Gewaſſern oder an: 
dern Unfällen an Mühlen, Fiſchörhern (Fiſcharchen), 

Bruck oder ſonſt ſcheitern und auf a oDer anfahren, 

oder ihnen ibre Güter und Hol} in ander Weg ver: 
rinnen, infonderbeif befrent ſeyn, berubrte  unfre 
Stadt, mie. auch andere Perſonen, da ſich derglei- 
cen Fall gutragen, ain als den andern Weg dermaf: 

fen beſchwert und benachthailt werden follen, daß 
diejenigen, denen die Grind, darauf ſolche Güter 

28 


suo 434 o 


zurinnen, oder Die Mühlarch und Bruden, daran 
Die Beſcheiterung beſchehen, zugehörig, diefe geſchei⸗ 
terte oder ſonſten in Gußzeiten verrinnete Güter für 
völlig einziehen wöllen, oder ſich hierumben mit ib: 
nen zu vergleichen begehren, auch dieſelben geſcheiterte 
und verinnte Güter deſthalben ihnen vorzuhalten vere 
meinen, welches unſern Städten und Andern zum 
höchſten beſchwerlich. Wann uns dann als Herrn 
und Landsfürſten ſolche Beſchwerungen keineswegs 
zuzuſehen gemaint, ſondern handzuhaben obberührte 
hievor deſtwegen ergangene Reſolution, und bierin: 
nen billiches Einſehen zu thun gebühren mill: Dem⸗ 
nad). fo wollen wir mehrgemeldte ergangene Nefolu: 
tion hiemit wiederumben verneuert, und euch, Land⸗ 
gerichts⸗ und Grundobrigkeiten allen und jeden, alles 
Ernſts befohlen haben, daß ihr derſelben künftig und 
hinfüro in allen Punkten und Artikeln endliche und 
gewiſſe Vollziehung laiſtet, wider ſolche ergangene 
Reſolution in kainerley Weis noch Weg beſchweret, 
noch jemand zu thun geſtattet. Daran vollzeucht ihr 
unſern ernſtlichen Willen und Mainung. Geben in 
unſer Stadt Wien, den erſten Tag Septembris, 
Anno ꝛc. im neun und achtzigiſten. 


Seyfridt Breyner Freyherr, Stathalter. 
Sigmundt von ödt, Canzler. Helbmhardt Jörger 
Freyherr. 
Beylage Nro. XXXVI. 


Privilegium H. Rudoiphs: Legen Geldſchulden baben die 
Linzer das Pfaͤndungsrecht; und innerhalb einer Meile darf 
fein Schenkhaus fepn. Am legten Februar 1562. 


ir Nudolff der Vierdt von Gottes Genaden Erg: 
berzog ge Oſterreich - » thun fund file uns und die 


ns 435 «-- 


hochgeborn Fürſten, Friederichen, Albrechten und 
Leopolden, Herzogen und Herrn mitſammt uns der 
egenannten Lande und Herrſchaften unſer lieb Brit: 
der, der aller als der ältiſt unter ihnen wir vollen 
und ganzen Gwalt haben, und für unſer Erben, daß 
wir unſern getreuen, den Burgern zu Linz, durch ihr 
Nothdurft willen, und zu Beſſerung ihrer Stadt die 
Gnad gethan haben, und thun auch wiſſentlich mit 
dieſem Brief: was rechte Wandelung um dhainerley 
Geldſchuld geſchieht in der vorgenannten Stadt zuLinz, 
daß ſie wohl darum in derſelben Stadt mügen gepfän⸗ 
den und aufheben, und ſoll ſie niemands daran irren. 
Auch haben wir geſatzt und ſetzen mit dieſem Brief, 
daß niemands um Linz inwendig einer ganzen Meil 
Wegs dhain Schenkhaus hab. Davon wellen mir 
ernſtlich, daß all unſer Hauptleut, Landherrn, Nite 
ter und Knedit r all Burggrafen, Amtleut und ander 
unſer Untertban die egenannten unfer Burger von 
Linz ben den vorgenannten unfern Gnaden und Gefeg: 
ten ewigelich beleiben laffen ohn alle Srrung. Mit 
Urfund dief Brief: Geben ze Wien, am Pfingfitag 
vor Judiea in der Faften. Nach Chriſti Geburt drey⸗ 
zehnhundert Jahr, darnach in dem zwey und ſechzigi⸗ 
ſten Jahr, unſers Alters in dem drey und zwanzigi⸗ 
ſten, und unſers gewalts in dem vierten Jahr. 
Wir der vorgenannt Herzog Ruedolff ſterkhen di⸗ 
ſen brief mit dir vnderſchrifft vnſer ſelbs handt. 





29 * 


Beylage Nro. i XXXVII 


Nefeript Des Kaifers Ferdinand des Erſten an den MPogificat in 
Linz, in welchem das Pfindungsredt Der dortigen Stadi. gutge: 
heißen wird. Um fuͤnften April 1549. 


erdinand, von Sottes Genaden Romſcher Raifer; 
in Hungern und Böheim König. Getreue und Liebe. 
Uns hat der edel unſer getreuer lieber Balthaſar von 
Profing, Freyberr gum Stain, unfer Rath ind 
Landshauptmann in Oeſterreich ob der Enns, euren 
Bericht, Lorenzen Feihel, Burger ju Eger betref⸗ 
fend, neben Abſchriften eurer Privilegien in Untertha: 
nigkeit überſendet, die wir auch mit Gnaden angehört 
und erwogen haben. Und wiewohl wir befunden, daß 
die Handelsleut der Contraete und Handlung halben, 
ſo ſie bey euch üben und treiben, einander zu helfen 
und aufzuhalten Fug haben; und damit aber die Hand⸗ 
lung zwiſchen dem Gifenvogt vonNurmberg und dem 
Feihel bey euch zu Linz, da die ergangen und anhän⸗ 
gig worden, wie Marktsgebrauch it, zu End gehan— 

delt und erörtert werde: haben wir denen von Eger 
mit Ernſt auferlegt und befohlen, den Feihel wiederum 
gen Linz in das Verboth, aus welchem er über ſein 
Gelübd gewichen zu ſtellen, daſelbſt die angefangene 
Handlung, wie ſich gebührt, auszutragen, oder wo 
er Leibsſchwachheit oder anderer ehehaften Urſachen 
halben je nicht erſcheinen möchte, doch ſeinen vollmäch⸗ 
tigen Gewalttrager gen Linz zu Erbrterung der Hand: 
lung zu ſchicken, damit dafelbft dasjenig fo ſich ge 
bührt und recht iſt, gebandelt werden möge; daß fie 
ſich auch mit des Feihel Perſon dermaßen verſichern, 
auf daß ſeines Nichterſcheinens, Entweichens oder 
Ungehorſams halber der Gegentheil nicht zu Schaden 
komme, und ſich wider ſie mit Fug nicht zu beklagen 


ne 457 — 


habe. Das wir euch zu Erinnerung unſers gnädigen 
Gemüths und gnädiger Mainung nicht verhalten wol⸗ 
len. Und ihr thut daran unſern ernſtlichen Willen 
und Mainung. Geben auf unſerm königlichen Schloß 
Prag, den fünften Aprilis, im 49 Jahr. 


Benylage Nro. XXXVIII. 


9. Albrecht befreyet die Buͤrger von Enns und ihre Guͤter von 
dem Pfaͤndungsrecht. Um 7. Maͤrz 1369. Aus dem Original. 


Mi Albrecht .. enbietem vnſern getremn, allen 
Richttern vnd Mawttern vnd allen andern pnfern 
Amptlewten vnd vndertanen, den diſer brieff gezaigt 
wirt, vnſer gnad vnd alles gut. Wir gepieten ew gar 
ernſtleich vnd wellen vnd maynen auch, daz ir vnſer 
Puriger von Enns, weder ſi ſelb noch ir hab nicht ver⸗ 
pietet noch hefftet weder auf waſſer noch auf land. Hat 
yemant aber icht ze ſprechen, der fu daz an den reche 
ten mawtſteten je lynnez, ze Ms, oder 3e Stain, 
da man daz recht erchennen oder erfinden fol, als daz 
vom Alter herchomen ift. Geben ze wienn am ‘Miti: 
cen vor dem Suntag, als man finget Letare (am 
7. Marz) ze mitter vaften anno domini MOCCLX 
Nono. 
Hieher geboren auch folgende Urfunden, movon 
Die Originale ebenfall$ noch vorbanden find. 


$. Albrecht befiehlt, daß kein Burger von Enns dem Richter 
cine Strafe bezahlen ſoll, wenn er nicht im oͤffentlichen Gerichte 
dazu verurtbeilet wird. Um 22. Map 1341. 

Wir Albrecht von gotè gnaden Hertzog ze Oftere 
reid ze Styr (bic) vnd ze ferndn. Tun dunt mit dis 
fem brif. Daz wir unfern Purgern ze Ens di gnad 


se 458 CES 


getan haben. Daz der Purger chainer dhaines mani: 
dels dem Richter veruallen fein fol. e; fei denne daz 
dem Richtter daz wandel in der Schranne mit vrag 
vnd mit vrtail vernalle: Darzu gebieten mir gar ernſt⸗ 
lichen vnd wellen aud. daz man onfern Nat ze Eng 
in erenbab alz pilleich vnd recht iſt. Der in darvber 
ichtes tet daz vnpillich wer mit marfen oder mit Ives 
richen . Den mellen wir ſwerlichen darvmb pegzerm. 
‘Der brif iſt geben. ze ivienn an Montag vor dem 
Auffarttag Anno domini Millefimo. CCC. Quadra- 
gefimo primo. 


H. Rudolph beſtaͤtigte dieß, und erfaubte zugleich den Fremden 
gegen Fremde in Enns das Pfaͤndungsrecht. Am zweyten 
November 1358. 


Wir Rudolf von Gottes gnaden Hertzog ze Oſter⸗ 
reich ge Steyr vnd ze kernden. Embieten vnſern ge 
tremen.. dem Richter. dem Nat... nd den Pur: 
gern gemainlich ze Ens vnſer gnad vnd all gut, Als 
vnſers lieben Herren vnd vatters ſeligen, Hertzog Al⸗ 
brecht von Oſterreich mainung vnd will iſt geweſen, 
Alſo mainen vnd wellen ouch wir ernſtlich, Swaz in 
der vorgenanten vnſer Stat geſchiecht, welcherlay 
das iſt, daz das daſelbs in der Stat ze Ens gericht 
werde, Swelich gaſt ouch einem andern gaſte gelten 
ſol, der mag in darumb in der egenanten Stat ze 
Ens wol verpieten vnd aufgebaben, auf ein recht. Ge⸗ 
ben ze Wienn an freytag nach aller Hailigen tag. 
Anno domini Milleſimo. CCC. L:Octauo, 

Diefes Privilegium bat der H. Albrecht wörtlich 
beſtätiget.“ Geben ze Ling an Suntag vor Pangracit 
(am achten Man) Anno domini M. CCC. LXXIIII. 

Der Seltenbeit wegen erwähnen mir ciner Ge: 
richtsurkunde, welche der Landeshauptmann Bal: 


thafar Freyherr vom Prefing am zwanzigſten Jänner 

1557 an Den Magiſtrat von Enne ausfertigen ließ. 

Da fie viel zu weitlaufig iſt, um ibrem ganzen Gue 

balte nad bergefegt ju werden forgentige ein treuer 

Auszug. 

Der Freyherr Wilhelm von Volkensdorf ſchritt 
nad) dem Tode ſeiner erſten Gemahlin im Jahre 1555 
zur zweyten Ehe 9. Als Brautigam erſchien er auf 
dem Landtag , der in demfelben Jahre zu Linz gehal 
ten wurde. Dort waren auch al8 Abgeſandte von 

Enns anweſend: Johann Winter, ein Rathsfreund, 
und Wilbold Scholl, Stadtſchreiber. Dieſe Zwey 
bathen den Herrn Wilhelm von Volkensdorf als ih— 
ren nächſten Nachbar **), daß er der Stadt Enns 
die Ehre erweiſen und ſeine Vermählung dort feyern 
möchte; es würde gewiß alles aufgebothen werden, 

um Dem geehrten Nachbar den guten Willen der Bür⸗ 
ger darzuthun. Volkensdorf nahm den Antrag freund⸗ 
lich auf, gab aber dennoch ſeine Einwilligung nicht, 
ſondern wollte auch verſichert ſeyn — „vom Conſens, 

Verwilligen, Zuſehen und Gedulden“ des Magi: 
ſtrates von Euns. Der Richter ind Rath ſandten 
deswegen den Wolf Widmayr und Ulrich Wipfinger 
zum Herrn von Volkensdorf, um ihn einzuladen, ſeine 
Hochzeit in Enns zu halten; letztere erbothen ſich auch, 
für den Einkauf der nöthigen Dinge qu fotgen. Vol: 
kensdorf übergab ihnen bundert Pfund Pfennige zu 
dieſem Behuf, und vertraute ihnen Wein, > agli 





*) Hoheneck /Genealog. und hiſtoriſche Beſchreibung der Her⸗ 
ren Staͤnde in Deft. ob der Enns. Eh HT. S 786. 

**) Die Burg Volfensdorf fiand auf cinem Huͤgel in kleiner 
Entfernung von dem Platz, auf welchem Tillysburg er 
bauet wurde. Hefterreich unter den Kinigen Ottofar und 
Afbredt. Th. L S. 80, u. f. — 


“di 440 tea 


ſchirr und andere in einer Truhe verwahrte Dingo. Gift > 
jegt fandte Bolfensdorf feine Bothen mit —* Einla⸗ 
dungsſchreiben an ſeine Freunde aus, deren mehrere 
ſich ſogar im Ausland aufhielten, beſtinmte ihnen Ren 
Hochzeitstag und bath ſie, nad Enns ju fommen. 
Als der Tag der Bermablung fon nabemar, 
fam Widmayr ganz unerivartet nad) Volfensdorf, und 
entboth dem Herrn Wilhelm im Nahmen des Stadt⸗ 
rathes von Enns: Wenn er einen Bauer, der ein 
Unterthan des Spitals zu Enns iſt, und ſchon ſeit 
längerer Zeit in ſeinem Gefängniß ſitzt, nicht ſogleich 
in Freyheit ſetzt ſo wird ihm nicht geſtattet, ſeine 
Vermählungsfeyer in Enns zu begehen. Aeußerſt be 
troffen erwiderte Wilhelm: Er habe. den Bauer Fei: 
neswegs unſchuldig, ſondern cines Verbrechens bal: 
ber auf eine Klage des kaiſerlichen Forſtmeiſters und 
auf Befehl des Landeshauptmanns verhaften laſſen; 
vergeblich führte er ihnen zu Gemüthe, daß allen Ade— 
ligen nach alter Sitte die volle Freyheit zukomme, an 
cinem ihnen beliebigen Orte gegen bare: Bezahlung 
cin Gaſtmahl zu halten: er befam zur Untmort, daß 
e$ dem Widmayr und Wipfinger von dem Magiftrate 
ſey verbothen worden, dem Herrn von Volkensdorf 
in dieſer Angelegenheit noch länger zu dienen. 
Der Hochzeitstag war ſchon ſo nahe, daß keine 
Beit mebr übrigte, die meit entfernten Gafte gu be: 
nachrichtigen, daß ſie fi nicht in Enns, fondern an 
cinem andern Orte cinfinden möchten, Um dem Schim⸗ 
pfe gu entgeben, daß man fie in Enns nicht fortſchaf⸗ 
fe, entſchloß ſich Wilhelm son Volfensdorf zu einem 
fur ibn gemif febr peinvollen Schritte. — „Des ans 
dern Tag8, am letzten April, bat er auf gehorte ibre 
Abſchlagung fie (die Ennſer) durd die wohlgebornen 
Herren: Herrn Hannſen von Prag, Freyherrn zu 


i 22 441 TOS 


Windhag; Herrn Caſimirn Freyherrn von Polbaim 
und Wartenburg; Herrn Hans Caſparn Herrn von 
Volkenſtorf; und auch den edlen veſten Hilipranten 

Jörger zu Brandeck und Ottensheim Beſchicksweiſe 
erſuchen laſſen, daß ſie ibm ihr vorgehörtes Bewilli— 
gen, Zuſehen und Gedulden nicht hindern, ſondern 
das angefangene chriſtliche Werk bey ihnen, darauf 
er inner und außer Lands den Tag ſchon ausgeſchrie—⸗ 
ben, und in ſolcher Kürze zeitlich nicht mehr abkünden 
möchte, verbringen laſſen wollten. Hätten ſie alsdann 
des gefangenen Bauern halber Sprüche zu ihm: die 
ſollen ſie in ander gebührlich Wege erſuchen“. — Auch 
dieſe wohl gegründeten Vorſtellungen blieben ohne 
Erfolg, und der Richter und Rath verharrten darauf: 
Entweder müſſe der Bauer gleich losgelaſſen werden, 
oder der Herr von Volkensdorf dürfe in Enns ſeine 
Hochzeit nicht halten. Letzterer fab ſich alſo genöthi— 
get, mit neuen, ganz unnöthigen Koſten Eilbothen 
an die geladenen naberen Gäſte auszuſchicken, und in 
Linz Anßalten zur Hochzeitsfeyer zu treffen. Dadurch 
war die Rechgierde der Eunſer, wahrſcheinlich wegen 
anderer frühern Beleidigungen des Wilhelm von Vol: 
Fensdorf , nod nicht erfattiget; fie bedienten ſich über 
dieß noch des Pfändungsrechtes, — „ſo daß er auch 
fein Silbergeſchirr, Wein und anders, fo ihren dar— 
gu verordneten Mitbirgern durch ihne geben worden, 
hier in Linz zum höchſten Schaden und Verkleinerung, 
Schimpf, Schand und Spott entbehren mußte, alfo 
Daf: er neben dem darauf gewendten Unkoſten und 
Schaden, fo er hierdurch erlitten, noch dazu lieber 
dreytauſend Ungeriſche Gulden getrathe⸗ (entbehren), 
als ſolchen Unkoſten, Schaden, Simpy}, Schand 
und Spott, Den ſie ihm hierdurch zugefügt haben, 
gedulden wollte.“ 


442 —— 


In der hierüber ausgeſtellten Gerichtsurkunde des 
Landeshauptmanns heißt es weiter, daß der Herr von 
Volkensdorf auf eine gütliche Weiſe von den Ennſern 
Genugthuung verlangt, aber keine erhalten habe; 
nicht einmahl ſeine ihm vorenthaltenen Sachen habe 
man ihm ausgeliefert. Deswegen habe er ſich mit einer 
förmlichen Klage an den Landeshauptmann gewendet, 
und um einen gerichtlichen Ausſpruch gebethen. Die 
Ennfer wurden zur Verantwortung nach Linz gefore 
Dert, find dorf erſchienen, — „haben aber zu Ab⸗ 
lainung ſolch ſein, des Herrn von Volkenſtorf, La: 
dung und Klag Erceptionsmeis fürbracht, daß ſie in: 
halt ihrer Freyheiten vor dieſem Gericht im Rechten 
zu antworten nicht ſchuldig fenn.... Darauf ich ſammt 
den Beyſitzern des Landrechtens zu Recht erkennt: 
Die von Enns ſeyn auf ihre fürbrachten Freyheiten 
von des von Volkenſtorf Rechtsklag vor dieſem Gericht 
ledig und müßig. Will aber der Herr von Volfenfiorf 
Die von. Enns ferrer Sprüch nicht erlaffen, fo ſteht 
ihme an den Orten als ſich gebührt, zu erſuchen bevor. 
Nach Verlefung ſolches Urtels bat gedachter von 
Volkenſtorf ſich beſchwert, und daſſelb ſar königlicher 
Majeſtät Regierung der Niederöſterreichiſchen Lande 
appellirt und gedingt, aber ſolche Aypellation wieder⸗ 
um fallen laſſen, und mich demaach angerufen und 
gebethen, ihme def Gerichtsurkind mitzutheilen, des 
ihme alſo mit Recht erkennt, and ich ihme hie mit mei⸗ 
nem anhangenden Amtsſeget verfertigt gib. Aetum 
Linz, den zwanzigſten Tas January, Anno im ſieben 
und fünfzigſten⸗ 

Das Exe dieſes Streites iſt mir unbefannt. 





con Db 
Beylage Nro. XXXIX. 


®. Friedrich verlegt den Wochenmarkt gu Wels vom Samſtaß 
auf den Mittwoch. Am 22. Jaͤnner 1528. 


Wi Friedrich von Gottes Genaden Romiſcher Ku— 
nig, alle Zeit ain Mehrer des Reichs. Thun kund 
offentlich mit dieſem Brief, daß wir unſern getreuen 
lieben N., den Burgern von Wels die Gnad gethan 

aben, und thun auch mit dieſem Brief, daß ſie für— 

as ihren Markttag zu Wels haben ſollen an dem 
Mittichen in aller der Weis und in allen den Nech—⸗ 
ten, als fie ibn vor an dem Samftag gehabt haber. 
Und davon gebiethen wir allermanniglich und wellen, 
daß man denfelben Marft fürbas ſuche auf den Mite 
tichen und nicht auf den Samftag. Und des ju ainem 
Urfund geben mir ihnen diefen Brief verfiegelt mit une 
ferm Foniglidjen Snfiegel. Der ift geben zu Wels am 
Freytag vor Sanct Agnefen Tag, da man zählt von 
Chriſtes Geburt drenzebenbundert Jahr, und darnach 
in dem act und zwainzigiſten Jahr, in dem vierzehen⸗ 
ten Jahr unfers Reiches.“ 

Diefe und die folgenden Urfunden von Wels find 
alle in der Pancharta È, Rudolphs wörtlich enthalten, 
die er am 27. März 1582 den dortigen Bürgern ver— 
liehen hat. Die erſten Originale davon ſind verloren 
gegangen. 

H. Albrecht verleihet den Welſern einen zweyten Wochenmarkt. 
Um 25. Februar 1412. 


ir Albrecht von Gottes Genaden Herzog zu O— 
ſterreich, zu Steyr, zu Kärnthen und zu Krain, Graf 
gu Tyrol. Bekennen, daß Wir unfern getreuen lie—⸗ 
ben N. den Burgern und der ganzen Gemain unſerer 
Stadt ju Wels durch Frummen, Nutz und Unfueb: 


— 44 —> 


men ihr felb8, und derfelben unfer Stadt die Genad 
getban haben, und thun aud wiſſentlich mit dem 
Brief, daf fie nun hinfür bafer alle Wochen an dem 
Eritag ainen Wochenmarkt i in derfelben unfer Stadt 
baben follen und mugen ju dem Wodenmarft, den 
Sie am Samſtag da haben, in ſolcher Maße, daß 
jedermann ab (lic) dem Lande, wem das gefället, 
Fleiſch, Brod, und alle Speiſe und Gewerb an dem⸗ 
ſelben Eritag dahin bringen oder führen mag in aller 
Maße, als an dem Samſtag mit Alter herkommen 
iſt. Es ſollen und mügen auch all Fleiſchhacker und 
Bäcken, die ab dem Lande mit Fleiſch und Brod in 
die Stadt fahren, und an demſelben Eritag und auch 
an dem Samſtag über und über ſtehen, und Fleiſch 
einſchroten und Brod hingeben von Handen, ohne 
Irrung, als ihnen das weiland unfer lieber Better 
Herzog Wilhelm ſeliger, mit ſeinem Brief auch er 
laubt hat; doch unz (bis) an unſer oder unſer Erben 
Widerrufen, ungefabelic. Mit Urfund dief Briefs, » 
geben zu Wien am Sanct Mathias Tag des Zwölf⸗ 
bothen, nad Chriſti Geburt vierzehenhundert Jahr 
und darnach in dem zwölften Jahr. 


Beylage Nro. XL. 


H. Albrecht verleget den Ppilippi Fahrmarft , welchen K Frie⸗ 
drich der Schoͤne den Welſern verliehen bat, auf Maria Geburt. 
Am 20. Maͤrz 1417. 


Mi; Ulbredit. .Befennen, als meiland der — 
läuchtig Fürſt Friedrich von Rom, unſer Vorvorder 
löblicher Gedächtnuß, unſer Stadt zu Wels begnadet 
hat *), daß ſie jährlich am St. Philipps Tag ein Jahr⸗ 


*) Die Jahrmarktsurkunde K. Friedrichs bat ſich nicht vorge⸗ 
funden. 





n 445 -- 


marft da haben follt; find bor Unſer getvefen die 
Burger derfelben unfer Stadt, und haben uns flei⸗ 
ßiglich gebethen, denfelben Jahrmarkt ju verändern 
und gu legen auf unfer Frauen Tag zu der Geburt, 
mann der ibnen und derfelben unfer Stadt auf dem 
vorgenannten Sanct Philipps Tag nicht nuglid nodi 
füglich war. Nu haben Wir angeſehen Bethe und 
haben dadurch, und auch durch Nutz und Frummen 
und Aufnehmens willen der egenannten Stadt den 
obgenannten Burgern zu Wels und allen ihren Nach— 
kommen denſelben Jahrmarkt auf den egenannten un⸗ 
ſer Frauen Tag zu der Geburt, acht Tag vor und 
acht Tag hinach, gelegt wiſſentlich mit Kraft dieß 
Briefs alſo, daß ſie den nun fürbaſer jährlich auf 
dieſelb Zeit da haben ſollen und mügen mit allen den 
Rechten, Freyheiten und Gnaden, als fie den auf dem 
vorgenannten Sf. Philipps Tag haben gehabt, und 
als ander unfer Stadt auf ibren Jahrmärkten haben; 
ohn Gefähr. Davon gebiethen Wir feftiglich allen une 
fern Untertbanen und Getrenen , edlen und unedlen, 
mie die genannt fenn, den diefer Brief gezaigt wirdet, 
und wollen ernſtlich, daß fie die obgeſchrieben unfer 
Burger ben diefer unfer Gnad laffen beleiben, und 
ibiten die nicht brechen mod damider thun in dhain 
Weiss. Wann mer das überführe, das war ſchwer— 
li) wider uns. Und des zu Urfund biefien Wir dieſen 
Brief bewähren mit Unſerm größeren fürſtlichen J In⸗ 
ſiegl, der geben iſt zu Wien, am Samſtag vor Letare 
in Mitterfaſten, nach Chriſti Geburt vierzehenhun— 
dert Jahr, darnach in dem ſiebenzehnten Jahr. 
A. Friedrich verlegt dieſen Jahrmarkt auf den Sonntag nach 
Mariaͤ Geburt. Am ſiebenten September 1480. 

Friederich, von Gottes Genaden Römiſcher Rai: 

fer.. Getreuen Lieben. Als ihr durch eur Bothſchaft, 


fo ihr jetzt bey uns gehabt, an uns begehren und bits 
ten babt laſſen, euch gu vergunnen, den Jahrmarkt, 
fo vormahls am unfer lieben Frauen Tag Nativitatis 
gu Wels gemefen ift, des Sonntag8 darnad ju bal: 
ten, haben wir vernommen, und vergumnen Das. Em⸗ 
pfeblen euch auch ernſtlich und mellen, daß ibr num 
fiiran denſelben Jahrmarkt ains jeden Jahrs auf den 
bemeldten Sonntag haltet, inmaſſen ihr den vormahls 
am unſer lieben Frauentag darvor gehalten habt, das 
auch bey euch offenlich berufen laſſet. Geben zu Wien 
am Pfingſttag unſer lieben Frauen Abend Nativitatis 
Anno Domini LXXX. Unſers Kaiſerthums im neun 
und zwanzigſten Jahre. * 
Die äußere Aufſchrift lautet fo: „Vnnſern ge: 
treuen Lieben N. dem Richter vnnd Rathe Ze Wellß.“ 


Beylage Nro. XLI. mia 


9. Albrecht verleibet, der Stadt Linz das privilegium des 
VBartholomai Faprmarftes. Am 27. September 1382. 
Aus dem Original. 1 


Bi Albrecht von gots gnaden Hergog ze Deftets 
reich jeStept... Befennen ond tun chunt offenlich 
mit Difem brief. Wan mir angeſehen haben die gebre⸗ 
fien die unfer Statize Lyng, von dirieges und ander 
namlichen ſachen wegn, peg lang zeit angelegen ift. 
Vnd haben vnſern Purgern dafelb8 je Lyntz, zu erge: 
tzung der egenanten ſcheden, vnd ouch durch nutzes, 
aufnemen, vnd beſunders frumes willn der vorge— 
nantn vnſer Stat ze Lyntz, ainen ewigen Jarmarkt 
geben, vnd in die genad getan, vnd tun ouch wizzent⸗ 
lid) mit Diſem brief. Dag fi auf ſand Bartolomes tag 
alle are, ainen Jarmarkt daſelbs ze Lyntz haben, und 


nu 447 sc 


den da fudjen lazzen full, nach gemonbait des Landes 
in Oeſterreich. Vnd fol oud da menibleid) , mer das 
bin auf denfelben Sarmarft chumpt, gewonlich frey⸗ 
ung, als auf andern vnſern Jarmerkten in Oeſterreich 
vmb all erber ſachen, viertzehn tag vor ſand Bartolo⸗ 
mes tag, vnd viertzehn tag hinnach, haben vnd niez⸗ 
zen, vngeuerlich. Darumbe gebieten wir vnſerm Haubt⸗ 
man ob der Ens, wer der pe zu den zeiten da iſt, ale 
len vnfern Heren Rittern ynd knechten, purggrafen , 
pblegern amptleuten, Richtern Mauttern, Purgern 
vnd allen andern Vnſern Vndertanen, oberhalb vnd 
niderhalb der Ens, enhalb vnd hiediſhalb der Tunaw, 
vnd wellen gar ernſtlich. Swer auf den genanten Jar⸗ 
markt oder von dannen, mit ſeiner choufmanſchaft 
oder ſuſt, zeuhet, Daz it den ſicher leibs vnd guts 
ziehen lazzet, vnd belaittet wo der des bedurffe, vnd 
bey den gnaden vnd freyungen die vorgenant zeit be⸗ 
haltet vnd beleiben lazzet, vnd dawider nicht tut in 
dhain weg. Wer aber dawider tet, Das wer gentzlich 
wider vns, vnd wolten ouch den ſwerlich darumb pez⸗ 
zern. Vnd des zu vrchund ſicherhait vnd ewiger ge⸗ 
tzeugnuzz hiezzen wir vnſer grozz fürſtlich anhangen⸗ 
des Inſigel henken an diſen brief. Der geben iſt ze 
Wienn an ſand Lamprechts tag Nach chriſts geburd 
dreutzehenhundert iar, Darnach in dem zwain vnd 
achtzigiſten iare. 


Beylage Nro. XLII. 


È. Rudolph der Zweyte beſtaͤtiget den Freyſtaͤdtern ihre zwey 
Wochenmaͤrkte. Am zwoͤlften rata 1582. 


ir Rudolph der Under. Vdelemen offentlich mit 
dieſem Brief und thun kund allermänniglich, daß uns 


finfere getreue liebe N. Burgerimaiftet Richter und 
Rath unſerer Stadt Freyſtadt gehorſamlichen an⸗ 
bracht, wie ſie von Alters hero zwayer ordentlicher 
Wochen⸗ Traid⸗ und Weinmärkt, am Montag und 
Freytag, zu halten im Gebrauch, aber durch einge⸗ 
fallne Brunſt, ſonderlichen zu der Beit Künig Ladis⸗ 
laen, im vierzehnhundert zwey und fünfzigiſten Jahr 
entſtandener Kriegsgefährden, ſolcher ihrer Freyhai⸗ 


ten in Verluſt uud Verderben gerathen, doch nidts | 


deſto weniger dieſelben in ſtetem ruebigen Gebrauch 
erhalten. Weil dann ſolche Wochenmärkt ju Hand⸗ 
habung und Vollziehung der hievor ausgangenen Ge⸗ 
neral und Fürkaufsordnungen dienſtlich und darin— 
nen fürſehen, daß auf dem Gäu nicht burgerliche Ge⸗ 
werb und Hantirung getrieben, auch die Baurſchaft 
bey ihren Häuſern außer den Bäcken Burgern und 
andern in der Fürkaufsordnung benennten Perſonen 
ihre Getreid und andere Victualien nicht verkaufen, 
fondern ſolches alles zu failem Kauf ‘an die Wochen⸗ 
märkt führen ſollen; Gleichfalls auch daß die Bauern 
und andere oberlaͤudifche Kaufleut das Wald - und 
Landvieh, Sopfen und andere Nothdurften nindert | 
anderfi wo al8 auf freyen Wochen⸗ und Viehmärkten 
gegen Bezahlung der ZO und Mäuth auffaufen fol 


len. So haben fie uns demuthiglich gebethen, von 


landsfürſtlicher Macht und Vollfommenbeit wegen 
ſolche ihre Wochen⸗Traid⸗ und Weinmärkt zu ver⸗ 
neuern und zu beſtäten, ihnen auch zu denſelben von 
neuem zween wochentliche Viehmärkt, alle Montag 
und Freytag, in gemain zu halten, und dieſelben mit 
allerlay Waaren, Traid, Wein und Viehmarkts⸗ 
Pfennwerthen zu ——— und ſonderlich Freyſtadt 
file das Ort gu benennen, allda durch die Ausläuder 
das Bieh der Ende, fo aus dem Land gehen mill, 


fo 449) ceva 


die rechte, von Ulters befrenteStrafien auf Frenftadt 
gu treiben oder zu führen, dafelbft als an der Gra: 
nigniederlag zu erfcufen oder perfaufen, und gegen 
ibren landsfürſtlichen Glaitsbrief, fo wir ihnen deft: 
balben mittheilen wellen, aus dem Land paffiren zu 
laffen. Welches alles und jedes wir in Anſehung der 
getreuen Dienſten, die ſie uns und unſern Vorvordern 
geleiſtet und damit berühmt werden, mad genugfa: 
men eingezogenen Bericht und Erkundigung ihnen 
mit Gnaden gewilligt, und darauf anfangs die zween 
alten Wochenmärkt, Montags und Freytags, dazu 
auch Wein und Getraid, auch Hopfen, Gerften, und 
gemainiglich alle andere Hausnothdurften und Wo⸗— 
chenmarkts⸗Pfennwerthen feil zu bringen und zu bal: 
toni beſtätt, und daneben von neuem allda in der Frey: 
ſtadt, als unſer alten Niederlag und Mauthſtatt, die 
an der Waldmarch gelegen, und ein Confin gegen der 
Paſſaueriſchen Ubten, Behaim, Mähren und Oeſter— 
reich unter der Enns iſt, wochentlich von berührten 
beden Tagen ihnen und gemainer Stadt Freyſtadt 
freye Viehmärkt und allerlay Wald: und Landvieh, 
es ſey gleich von Roßen, Ochſen, Küh, Schafen, 
Schweinen oder anderm Vieh, zu halten, gnädigiſt 
vergunnt und zugegeben haben. Thun das auch hiemit 
wiſſentlich und in Kraft dieß Briefs alſo, daß hinfüro 
allerley Fürkauf, ſo um den Gezirk Freyſtadt getrieben 
wirdet, auch alles Hantiren am Gäu, vermüg unſerer 
ausgangenen Kaufsordnung und General verbothen, 
und dagegen zween wochentliche Traid- Wein⸗- und 
Viehmärkt, nämlichen Montags und Freytags, zu 
halten, und darauf allerley Vietualien und Wochen⸗ 
marktsſachen von Schmalz, Eyer, Hopfen, Malz, 
Haar, Garn, Leinwand, Holz, auch Vieh, und derglei— 
chen mehr Nothdurften gebracht und failgehalten wer⸗ 
29 


na 450 o 


den follen, und ſonſten an kainem andern Det, fo deſſen 
nicht befrenet, und neben der Befrenung in ruebigem 
Gebrauch, Poſſeß und Inhaben ſeyn. Sonderlichen 
aber wellen und ordnen wir hiemit, daß alle die Aus⸗ 
länder, ſo Vieh in dieſem Gezirk einkaufen, und daraus 
ferner aus dem Land treiben wellen, ſolches allein in 
der Freyſtadt, als an einem mit der Niederlag und ei⸗ 
ner kaiſerlichen Mauth fürgeſehenen, auch vor andern 
Flecken befreyten Ort erkaufen; denſelben ſollen und 
mögen alsdann die von der Freyſtadt, daß ſolche Käuf 
ben ihnen beſchehen, ordentliche Schein fertigen, dare 
auf dann erſt ſolches Vieh vermauth, veraufſchlagt, 
und aus dem Land getrieben und gelaſſen werden mag. 
Es follen auch die von der Frenftadt ſich mit Ausſte—⸗ 
ckung ibrer Wodenmarftfabnen, unter melden die 
_ Burger, Hausgefeffenen, Mit: und Inwohner allda 

vor Andern den Vorfauf haben ſollen, cine richtige 
gleiche Ordnung balfen, mie dann anderer Orten gleie 
chermaßen gebraudig; und nad Ubziehung des Fabe 
nems die andern Snlander cine Stund darnach, und 
dann folgende die Ausländer zu faufen befugt ſeyn. 
Desgleichen die In⸗ und Ausländer an ſolchen zweyen 
Wochen⸗ Traid⸗ Wein⸗ Viehmarkttagen ſich zu ver⸗ 
halten ſchuldig ſeyn, wie Woden: und Viehmarkts 
Gebrauch iſt; Uns auch von ſolchen Waaren und Vieh 
unſer ordentliche Mauth reichen, und zu Hand unſers 
Mauthners oder Beſtandinhabers dieſelben unweiger⸗ 
lichen entrichten, und ſonſten mit dieſen Wochen⸗ und 
—— allermaßen gehalten werden, dieſelben 
auch alle Recht, Freyheit, Gerechtigkeit und Vörthel 
haben, ſo andere dergleichen Wochen⸗ und Viehmärkt 
haben, von Recht oder Gewohnheit wegen, und nie⸗ 
mand ichtes dawider außer ſonderer unſerer Befreyung 
zu thun geſtatt werden. Und gebiethen darauf allen 


meo 451 — * 


und jeden unſern Prälaten, Grafen, Freyen, Herrn, 
Rittern, Knechten, u. fm. Geben in unſrer Stadt 
Wien, den zwölften Tag des Monaths Martii, nach 
Chriſti Geburt fünfzehenhundert und im zwey und 
achtzigiſten. Jahr. * 


> ®»- tb > te — — — — — — — © — a a Wa Tax Vo > — 


Beylage Nro. XLIII. 


Ghrifoph von Lichtenſtein bietet den K. Friedrich um cinen 
Jahrmarkt fur Leonfelden. Am 17, Ginner 1485. 


MWerdurdleucohtigifter Faifer. Sid fügen biemit zu 
emern kayferlichen gnaden die von lanfelden, Ewer 
kaiſerlichen gnaden vundertan vnd Famerguet. Gu 
Maynung ſy mit cimem Sarmarft dafelbs zu begna: 
Den. vnd emer È. M. Sn Irem anbringen vernemen 
werdet. Bitte ich emer kaiſerlich genad vonn mein yand 
meines bruder megen in onndertanigfeit mit diemüti— 
gen Fleiss. Ewer kayſerlich Maneftat gerued den von 
lanfeldn So genädig zu feini Sp Su Irem anbringen 

enädigklich ju hörn vnnd Srer bete genädigklich ju 

egniaden. Ungefehen mas In emer kaiſerlich Maye— 
fiat genadn beweiſet. das tuet in emer guad Als emer 
Foiferliden genaden kamerguet vnnd vnndertan. das 
auch mein brueder onnd id) vmb Ewer kayſerlichen 
genade Inn vnnderteniger geborfam willigklich vnnd 
gernn wollen Verdienen:  Seben zu Steyregk an 
Sannd Unthoni tag Anno 26. LAXXV. 


Bittforift der Leonfeldner an den Kaiſer. Am 20, Ganneri 

Allerdurchleuchtigiſter faifer vnnd Allergendbdigi: 

fier ber. Emer kaiſerlichen Maneftat gehorfam vnnder⸗ 

fan vnd erblich binderfaffen. Richter Burger vnnd die 

ganng gemain des Mardts Lanfelden Enpemtn Emer 
> ie 


kaiſerlichen Mayeſtat Sr Willig vnd ſchuldig dinſt in 
gantzen trewn beuor. Allergenedigſter Herr. Herr Cri⸗ 
ſtof von liechtenftein. den wir ditzmals geſworn ſein 
vnnd zuuerſprechen ſteen bat ewrn kaiſerlichen gena⸗ 
Den von vnnſern wegen geſchriben. vnd emer kaiferlich 
genad gepettn. den Marft lanfelden als emer gnaden 
vndertan vnd kamerguet von ſein vnd ſeins pruder we⸗ 
gen mit einem Jarmargkht zu begnaden. Allergnädigi⸗ 
ſter herr. Der Marckt lanfelden ligt auf der grannitz 
zu nagſt Behmlannd. vnd iſt in den friegf Jaren mit 
mawr ombfangen vnd gu der weer zugericht zu nutz 
vnd frumen dem gantzen land. dadurch mir denſelben 
Marckht Swerlich behüten müeſſen. SE 

Naddem mir Arm ynd ainfeltig lett . Uber zu 
folber behutung nicht gwerb mod) banndel haben . ſehn 
wir notturftig cine8 Jarmarckts oder zwair dadurch 
Der Marckt ju hanndel kom deſterpas furpracht vnd 
behüt miig werden. Bitten wir arm vnd ainfaltig lewt 
Ewer kaiſerlich gnad Innigklich durch gog millen. 
Ewer kaiſerlich gnad molle auſs Fürſtlicher Mildigkait 
den Marckt lanfelden Mit einem Jarmargkht oder 
zwaien begnadn. Angeſehen das der Herſchaft Wachſn⸗ 
berg Ewer kaiſerlich Mayeſtat zuegehöruntt Gn maut 
vnd zueſtanden von Behm vnd Marhern deſter mer 
nutz vnd rännt gefallen mag. Item es dienten auch 
ſolch Jarmarckt nach gelegenheit der lannd aus Behm 
vnd marhern. vnd mochten den Steten vnd anndern 
Jarmarckhten des lanndes ob der enns keinen mangel 
noch ſchadn pringen. Item annder Marckt vnd etliche 
dorffer Im lannd ſein mit Jarmarckhten begabt. Aber 
lanfelden nicht. Nedoch fo iſt von alter zu Lanfelden 
ein Jarmarckt geweſen. Aber in der Huſſerey Als der 
Marckht vnd die kirchen auſgeprennt iſt worden. Iſt 
man deſſelben Jar Marckts auſs der gewonheit komen. 


de 455 ai 


In Hofnung ewer faire quad volle * al⸗ 
res. Aud vnnſer Yinfalt vnd armut anfeben. vnd vnn⸗ 
fern berren berren Griftoffen von liechtenftain vnd 
vnns emer faiferliden Maneftat Erblich hinderſäſsen 
vnnser gepet nit vertzeihen. Was wir dann ewern kai⸗ 
ſerlichen gnaden zu erung thuen ſullen nach vnnſerm 
vermügen ſeyn mir willig. Wollen auch das vnnderta⸗ 
nigklich vnd in aller gehorſam vnd diemutigkeit mit 
vnnſern willigen vnd ſchuldigen dienſten vmb Ewer 
kaiſerlich Mayeſtat verdienen. Dieſelb ewer kaiſerlich 
Großmachtigkeit der Allmechtig got In ſundterm we⸗ 
ſen lannge zeit gelucklich geruech zu behalten. 

Actum an ſannd Sebaftian tag Anno LXXXV. 


Am fiinften Februar wurde bieranf das kaiſerliche 
Privilegium ausgefertiget, im iweldjem ihnen È. Frie- 
drich given Jahrmärkte verfieben bat: — „ain Um 
achten gotzleichnam tage, vnd den anndern an farind 
Symon ond Fudas tag, eden mit fürſtlicher Freyung 
vierBeben tag dor vnd viertzehen fag darnach vnd funfi 
mit allen Unndern eren rechten vnd gueten gewonhei⸗ 
ten, als die Sin vnnſern Steten dafelb8 zu Oſterreich 
gebalten merden.... Geben zu Lyntz an Sambftag 
Nach vnſer liben Framen tag der r liecbtmef nad Chris 
fti gepurt viergehenbundert ond Im funf ond achtzigi⸗ 
ften.. 1 

Unmittelbar darauf forgt 3 ,,Uufgoben auf die Sar 
marckt, micuil und was fie geftanden fein. Sfem vnn⸗ 
fermi Herren dem faifer viertzigkh vngriſch gulden. 
Item dem Matſchacher procuratori Sibentehen Nei: 
niſch gulden. Item Maifter Bernbartten kanntzler 
act vngriſch gulden. Item in die fronifen eintzeſchrei⸗ 
ben cin Reiniſchen gulden. Item gen grag, gen Nicol⸗ 
ſpurgk, vnd gu Lynntz auf zerung vnd perert, wol zwey 


“e 454 TESS 


vnd dreiffigf phund phening. Item das man die Jar⸗ 
merckht zu euerding gerüeſt (lic) bat, ift geſtanden ein 
phund phening. Item zu lynntz Newn ſchilling phe⸗ 
ning. Suma: hundert vnd XXXVI Pfund XXX phes 
ning.“ | ts n fanti 


Beylage Nro. XLIV. 


H. Albrecht erneuert ben Buͤrgern in Rohrbach den alten 

Wochenmarkt. Um 17. Janner 1459. Aus dem Original 

der Pancharta È. Ferdinands III. im Medio des 
Marktes Rohrbach. 


Wi Albrecht von Gottes gnaden Erzherzog zu 
Oeſterreich .. Befhennen, daß Vuf Vnſer Getreüe, 
die Burger vnd Leütt gemainelich Vnſers Markhts zu 
Rorbach, haben durch Fr Erbar Potſchafft laſſen für— 
bringen, wie Sp durch weyland Vnſer Vorder Für— 
ſten zu Oeſterreich mit ainem Wochenmarkht begabt, 
vnd aber die fürſtlichen Brieff Ihn durch die Huſſen 
in Irem freventlichen gewalt vor Jahren verbrennet 
ſein, demüttigelich bittent, Sy mit ainem Wochen⸗ 
markht gnedigelich widerumb zu uerſehen. Indem Wir 
bedenkhen Iren Kummer vnd Verwüeſtung, ſo Sy 
von den ehegemelten Feinden erliten haben, vnd auch 
Sr treue beſtendigkhait, darin Sy an Vnſern Vordern 
vnd Vnß an den gemerckhen daſelbſt Redlich erfunden 
ſein: dauon haben Wir alß Herr vnd Landtsfürſt den⸗ 
ſelben Vnſern Burgern vnd Leütten zu Rorbach ge— 
mainigelich vnd Iren Nachkhomen in demſelben Vnſern 
Markht ainen Ewigen Wochenmarkht, den all Mons 
tag da zu halten, von neüem gegeben, vnd geben wiſ⸗ 
ſentlich mit dem Brieff, u. ſ. w.“ — Alles, was nun 
darauf folgt, ift alter Kanzeleyſtyl. — „Geben zu Linz 


us 455 «mo 


an St. Antonien Tag Nach Ehrifti Geburt Vierzehen⸗ 
hundert, vnd in dem Neün vnd fünfzigiſten Jahr.“ 

An eben demſelben Tage ertheilte ihnen der Erz⸗ 
herzog ein zweytes Privilegium wegen der Jahrmärk⸗ 
te: — „Wir Albredht... Bekhennen, daß Vnß Vnſer 
Getreüe, die Burger vnd Leütt gemainigelich Vnſers 
Markhts zu Rorbach haben durch Ir Erbar Potſchafft 
laſſen fürbringen, wie Sy durch weyland Vnſerer 
Vordern Fürſten zu Oeſterreich mit zwayen Gare 
märkhten begabt, vnd aber Ihr fürſtlich Brieff darüber 
erlangt, Ihn durch die Huſſen in Ihrem frevenlichen 
gemalt Vor Jaren verbrennet ſein, demüttigelich bite 
tent, Sp mit zwayen Jarmärkhten gnediglich wider— 
umb zu uerſehen, Indem Wir bedenkhen Iren Rum: 
mer vnd Verwüſtung, ſo Sy von den ehegemelten 
Feinden erlitten haben, u. ſ. w.“ Das Folgende iſt, 
ſo wie auch das Datum, mit der gleich vorhergehenden 
Urkunde wörtlich gleichlautend. 


Beylage Nro. XLV. 


Der Wodenmarft in Gmunden wird von dem Boll des 
Nachrichters befrepet. Am 16. November 1379. 


ir Albrecht von Gottes Gnaden Herzog zu Deftere 
reich. befennen und tbun fund oͤffentlich mit diefem 
Brief. Wann mir von unſern getreuen, N. den Bure 
gern gemainiglich zu Gmunden aigentlich mit guter 
Kundſchaft untereifet fenn, daf der Zoll, den cin 
Nachrichter dafelbé unzher genomben hat, ihrem Wos 
chenmarkt in der Maß unfüglich ſey, daß unſer Stadt 
und alle die Unſern daſelbs merklichs ihres Frummen 
und Nutzes davon geirret werden. Davon nach ihr flei⸗ 
Bigen und demüthigen Bette, durch Frummen und 


— 450 = 


Befferung willen derfelben unfer Stadt, haben wir mit 
guter Vorbetrachtung und'nad Rath unfer8 Natbs — 
Denfelben Zoll abgenommen, und den egenannten Wo⸗ 
chenmarft von fundern Gnaden davon gefreyet mit 
furfilicher Macht, und freyen aud wiſſentlich mit 
— Kraft Diefes Briefs. Ausgenommen dod) den Zoll 
Der un$ in unfer Büchſen dafelb8 in unferm Mauth: 
baus: gefallet, der uns bleiben foll, als e8 von Alter 
berfommen ift. Mit Urfund dief Briefs, geben zu 
Wien am St. Leonhards Tag, nad Ehrifti Geburt 
dreyzehenhundert Sabr, und darnach in dem neun und 
fiebenzigiften Jahr. | ; “”à 


Benlage Nro. XLV. A. 


È. Carl ertbeilet den Oeſterreichiſchen Kaufleuten die Freye 
heit, ibre Weine durh Mapren nad Boͤhmen und Pohlen 
verfubren zu duͤrfen; dagegen fol es den Kaufleuten der 
genannten Lander erfaubt fevn, ihr Getreide nad Defter= 
rei gu bringen. Am 13. April 1368. Aus dem 
Original. 


Bi Farl von gottes genaden Römiſcher Faifer ju 
allen geitten merer des Reichs vnd Kunig zu Behaͤim. 
Befbennen nd thun funt offennlich mit difem briefe 
allen den die Ine feben oder hören leſen, daz wir mi 
wolbedachtem muete mit Nate onnfer getrewen und 
mit Rechter wiſſen das beftellet geboten und gemacht 
haben vnd mellen auch daz alle Rauffleute von Deftere 
reich dem Hertzogthumb vnd der Herrſchafft mit Iren 
Weinen durch Merhern gen Behaim vnd gen Polan 
faren mügen on alle Hynndernuſſe, Alſo daz vnnſer 
Kaufflewte von Behaim, von Merhern, vnd vot Pos 
lan auch Sr getraid allerlay mie man das genennen 


ese 457 22 


mag gen Oeſterreich gefüren mugen Auch mainen wir 
ob die Kaufflewte von Oeſterreich Iren wein zu Mer⸗ 
hern nach Irem nutze verkauffen vnd ablegen möchten 
vnd wolten daz Sy den Fürtail albeg haben, daz Sy 
denſelben Iren wein zu Merhern ablegen oder Ine gen 
Peham vnd gen Polan fueren mugen, nach Irer wille⸗ 
kur wie Sy des zu Rate werden Das gebieten wir 
allen Fürſten Geiſtlichen vnd weltlichen vnd allen 
Ambtlewten vnnſers Künigreichs zu Behaim daz Sy 
ſölhes vnnſer gebot vnd ordnung als dauor geſchriben 
ſteet, ganntz vnd ſteet haben vnd halten ſullen bey 
vnnſern Hulden vnd on alles widerſprechen vnd iſt 
vnnſer ſonnderliche maynung daz diſer brief Krafft 
vnd macht haben ſulle, vnntz an die zeit daz wir Inen 
kuntlich widerruffen. Mit vrkunt des briefs verſiglt 
mit vnnſer Kayſerlichen Mayeſtat anhangenden Inn⸗ 
ſigill der geben iſt zu wienn Nach Criſti geburde drey⸗ 
zehen hunndert Jar darnach in dem acht ond ſechtzigi⸗ 
ſten Gar an dem nagſten Donerſtage nach dem Heyli⸗ 
gen Oftertage Vunfers Reichs in dem zway vnd zwain⸗ 
rc vnd des Kayſerthumbs in dem viertzehenden 
are; i 


mecocceoomnrogeoorcocoomsoeoeoeoeocoecoeoeooao vw 


Beylage Nro. XLVI. 


Die Grafen Meinbard und Heinrich von Goͤrz verbeifen 
allen Kaufieuten der Hefterreimifhen Provinzen Shug und 
fiheres Geleit. Am cilften May 1351, Aus dem 
Seitenftetter Coder. 


Mi Meinbart Graff von Görtz ond zu Tyrol, vogt 
Der gotßhewſer zu Ugla und zu Triennt vnd ju Brire 
fferi, Verjehen mit difem brieffe offennlich für vns vnd 
vnſern Lieben Bruder Hainrichen daſelbs, Das wir 


fa COS 458 0% 


durch pit und Lieb willen Vnſers gertedigen Gern Gere 
tzog Albrecht zu Oſterreich, zu Steyer vnd zu kernden, 
vns ſelber zu Eren, Vnd allen den, die diſe nachgeſchri⸗ 
ben ſach antrifft, Zu fride vnd zu einer peſſern gewon⸗ 
hait Verheyſſen haben, ond verheiſſen mit getrewen 
an all argeliſt oder geuerde All kawfflewt, Si ſein arm 
oder Reich, Die dem vorgenanten vnſern genedigen 
hern zugehoren, Vnd die in ſeinen lannden und ſteten 
geſeſſen ſind, wo das ſey, Zu ſchiermen vnd zu ſichern, 
In vnser glait zu nemen, Sie auch darinn in all vnser 
gepiet, Stet ond veſten, vnd für all die vnſern, wo die 
gelegen oder geſeſſen ſind, wie dy genant ſind, mit aller 
Irer kauffmonſchatz, an wen die leyt, Hab, leyb vnd 
gut, Sie vnd Ir fürer, Dauon vnd darzu zu uaren, 
Zu reyten vnd zu geen, Die Stras gen Porth Loſan, 
di weyl ſie die varen, Vnd wer da dy vorgenantten 
kaufflewt, die vnſerm vorgenanten herrn zugehorent, 


als uor geſchriben iſt, oder Ir kahner von vns oder von 


Den onfern Gres guts beraubt oder in ander weis bee 
ſchedigt, geirret oder aufgebabt wurden (fic) an Recht: 
So fepn Wir In gepunden, aber mit gutem ivillen 
an geuarde, gu helffen, Das In das ganglich wider— 
gethan vnd miderlegt merde. Wir verbenffen and fur 
vns vnd für onfern sorgenanten bruder ond die vnſern, 
Das wir kain zol oder maut meren ſullen auf kainer 
kauffmonſchatz, Sunder das vns die maut ond der gol 
gupartlannfen (Ge), Die mit altter gemonbait da vnd 
herkommen ift vnd vor genomen find, benugen fol, Vnd 
dauon nicht mer nemen follen oder nemen, Diefelb 
maut ond gol follen die vorgenanten faufflemt bezalen 
vnd geben an alle miderred vnd abgang. Mit vrkund 
dits brieffs verfigilten mit onferm anbangunden Inſi⸗ 
gel, Das mir file ons und vnſern vorgenanten bruder 
daran gelegt haber. Geben Zu wienn, Do mon galé 


ee 450, ceo 


nad Gritti gepurt drenzebenbundert Far und darnach 
in dem ains vnd funfftzigiſten Jare, Des nachſten ante 
tichs vor Sand Pangragen tag.‘ 


Zweyte Urkunde des Grafen Meinhard von Goͤrz fuͤr die 
Wiener. Am 31. Man 1369. 


Bir Meinbart, phalkgraue zu fernden, Graff zu 
Görtz vnd zu Tyrol, Vogt der gotfibemfer gu agla, zu 
Tryent vnd gu brirffen, Veriechen vnd thun khund Of⸗ 
fennlich mit dem brieff für vns vnd all vnſre erben, 
Vnd thun chund allen den, dy diſen brieff leſen, Das 
wir durch beſunder gunſt vnd lieb, So wir haben hintz 
allen kawfflewtten, die den hertzogen zu Oſterreich gue 
geboren, Vnd die in Fren lannden vid fteten geſeſſen 
ſind, wo das ſey, vnd beſunderlich durch meniger gunſt 
nd eren willen, So vns die erbern kawfflewt von 

wienn gethon haben, Vns ſelber ju eren, Vnſern leut⸗ 
ten, die Sn vnſern gepiet ſitzend, Zu nutz vnd zu fru⸗ 
men, Vnd allen den, dy dife hernach geſchriben ſachen 
antrifft, Zu fride vnd zu peſſer warhait verheyſſen ha⸗ 
ben, vnd verheyſſen auch mit guten trewen an arge Liſt 
vnd geuerde, Die vorgenanten kauffleut all, arm vnd 
reich, Die der egenanten Herſchafft von Oſterreich zu⸗ 
gehorend, zu beſchirmen, vnd zu ſcherm Vnd In vnser 
glait zu nemen. Vnd nemen ſie auch darein Durch all 
unfer gepiet, ſtet vnd veſten, Wo die gelegen ſind, Vnd 
für all die vnſern, wy die genant vnd wo die geſeſſen 
ſind, mit aller Irer kauff monſchatz an wen die leyt, 
hab, leib vnd guet, Si vnd Ire fürer zu fürn dauon 
vnd darzu zu farn, ju reytten oder ju geen Die ſtraſſen 
gen partlannſen, Oder die ober ſtras fur lüentz, Dies 
weil ſie da varend. Vnd wer das, das die vorgenanten 
kaufflewt, die der vorgenanten herſchafft von oſterreich 
zugehorend, oder Ir kainer von vns oder von den vn⸗ 


see 400 == 


fern Ires guts beraubet, oder anders beſchedigt, geir⸗ 
ret oder aufgehabt wurden, So ſein wir In gepunden, 
aber mit guten trewen, an geuerde, zu helffen, Das in 
das gentzlich widertan vnd abgelegt werd. Wann aber 
das were, das wir vns des verſahen, das wir die obge⸗ 
nanten kauffleut alle Leibs vnd guts nicht wol beſchir⸗ 
men noch befriſten mochtten in der weis, als dauor ge⸗ 
ſchriben iſt: Das ſollen mir den mit vnſern brieffen gu 
wiſſen thuen in den Rat zu wienn Ses wochen an ge⸗ 
uärde vor, vnd fullen wir dennoch die vorgenanten 
Kaufflewt alle dieſelben Sechs wochen beſchirmen vnd 
belaitten, Ir hab, leyb vnd guet Durch all vnser ge: 
piet, ſtet vnd veſten für vns vnd für die vnſern, Alſo 
das ſie mit Leib vnd mit gut vnbeſchedigt vnd vngeirret 
dannen wol kumen mugen an alles geuerde. Wir ver⸗ 
haiſſen auch file vns vnd vnser erben vnd all die vn⸗ 
Bern, das mir chain Zol oder maut meren ſullen auff 
chain kauffmonſchatz, Sunder das vns der Zol vnd 
maut zu portlannſen, die mit altter gewonhait dar vnd 
herkomen vnd uor genomen ſind, genügen ſol, Vnd 
dauon nicht mer nemen ſullen“ — u. ſ. 10. wie oben. — 
„Geben ju wienn, ann vnſers Hern gotßleichnambſ— 
tag, nach Criſti gepurt Dreytzehenhundert Vnd dar⸗ 
nach in dem Newnundſechtzigiſten Jare.“ 


Beylage Nro. XLVII. 


Vertrag zwiſchen den Staͤdten Wien und Venzone zur Si⸗ 
cherung ihres Handels. Am +13. October 1343. Aus dem 
Seitenftetter  Coder. 


Das ift cin abgſchriefft zu Tewtſch des Lateiniſchen 
brieffs, den die von wien von den von pewſcheldorff 
haben vmb die peen Hundert marck Silbers. 


— 461 Dv 


Chunt ſey allen den dy da Gegentvurttig fenn oder 
kunffttig diſen brieff anſehen, Das wir Burgermaiſter 
Vnd der Rat vnd die gemein des erttrichs (terrae) zu 
peuſcheldorff gentzlich vnd gar ablaſſen all vngerechttig⸗ 
kait, Alle laidigung, all aufhalttung, all krieg, die da 
geſcheen ſind in vnsern gutern oder In vnsern perſon 
vns von dem purgermaiſter von wienn, oder von dem 
Richtter, oder von der gemain Wider die gelübd, die 
wir vnd ſy ettwan mit einander gethon haben. Vnd das 
ſol ſein an all hinderliſt, Wann mir mercken daran 
guten frid vnd kunfftigen nutz. Ob ynndert ainer von 
der Stat von wienn durch der glub (fic) willen, oder 
vngerechttigkait, oder laidigung, oder aufhalten, oder 
chrieg in cin pen ueruallen, Die vergebenmir Sn gente 
lich, vnd werden Sr freind. Darnad, des got nicht 
geb, Ob wir oder vnsern ainer oder die vnſern in Oſter⸗ 
reich oder in Steir, oder in kernden, oder anderßwo, 
do der fürſt von Oſterreich herſcht, oder wo es wer, 
Das, mir gelaidigt wurn (Sic) an leib oder an gut von 
den furften oder von den feinen Indert kainem: Dare 
umb follen wir kainen widerſpruch mit haben gen 
dem Burgermaifter oder gegen dem Nat, oder gegen 
Der.gemain, oder gegen den Fauffleuten der Stat von 
mwienn, Nod fullen (mir) In Sre gutter, nod Sren 
kauffſchatz darumb nicht auffhalten moch bindern. Wir 
ſullen auch onfern willen darzu nicht geben, Das fie 
auffgehaltten wurden. Ob aber wir oder die vnſern in 

ettwe wider die egenanten teten, ſo ſullen wir veruallen 
ſein hundert marckh ſilbers wienner wag, als offt das 
geſchicht. Vnd verpinden vns Zu der peen mit diſem 
Gegenburtigen brieff; vnd halben tail der peen, das iſt 
funfftzig marck ſullen geben werden dem fürſten von 
Oſterreich; Den andern halben tail ſullen wir geben 
dem, der verlorn hat. Vnd die Summa, die da iſt hun⸗ 


463 + 


Bott marckh verhaiſſen wir In quien trewen vergelten 
In ain monat von der Zeit, Do mon ſie vordert von 
vns. Wir verpinden vns auch, das wir die Summa 
geben wellen, Vnd (auch) wider geben wellen das do 
genumen iſt, vnd genug thun vmb den ſchaden, Als der, 
der da verlorn hat, bewern mag, vnd Darumb wellen 
wir chain ander Recht vorſchen. Vnd das die obgenan⸗ 
ten geſchriben (Artikel) alle ſambt Stet vnd vnzepro⸗ 
chen peleiben, vnd von vns Ewiglich werden gehalten, 
So verpinden wir all vnser gut, gegenburttigs vnd 
kunffttigs, Vnd vns mit dem gegenburttigen brieff 
Dem Burgermaiſter, Richter vnd der gemain vnd den 
kaufflewtten der Stat zu wienn, vnd verleihen In den 
Gegenburttigen Brieff Verſigelt mit vnſerm Inſigel. 
Geben zu pewſchldorff, an der Zal der Far vnſers 
Hern Jeſu Criſti dreytzehenhundert Jar Vnd drew⸗ 
unduiertzig Jar, am dreyzehenden tag des monets oe⸗ 
tober.“ * STA 
Das Lateiniſche Original liefert der Coder nidit. 
Der Patriarch von Aquileja  beftatigte obigen Vertrag am 
14. October 1348. — 

| Sancte Legis (Sedis) aquilegenſis Dei gracia nos 
patriarcha: Berntranidus de conferifa capituli noftri 
aquilegenfis tenore prefenciùm notum fore volumus 
Vniuerfis prelentibus et futuris, quod omnia et fingù- 
la inita et facta (forslegendum : fancita) per diſcretum 
virum matheum notarium et familiarem noftrum 
inter prudentes et circumfpectos virum, Magiſtrum 
ciuiùm, Confilium et ciues terre noftre vencom (ven- 
zonenfis) ex altera — Bier mangelt offenbar etwas 
approbamus; confirmamus et Ratificamus Ita, quod 
fi‘ predicti noftri de ventzone contra ipfa pacta face- 
rent uel venirent, etcentum penam videlicet Marcha- 


to 463 us 


rum argenti Juxta tenorem ſuarum litteratum Aliquo- 
modo Maurent (fic), Et ad hoc nos predictos Magi» 
firum ciuium, confilium et ciues Cinitatis Wiennenfis 
. weleiufdem Cinitatis mercatores aut aliquem eorum 
racionaliter fint onerofum et inſinuatum, ipfos de 
Venzono ad reftitucionem rerum ablatarum cum 
dampnis et Interelle, et ad ſolucionem huiusmodi et 
plenam fatisfactionem pené tociens quociens contra 
factum fuerit, conftringere promittimus noftro et 
dicte noftre ecclefie nomine ad hec bona'noftra ét 
eiufdem ecclefie fpecialiter obligantes. In cuius rei 
teftimonium prefentes exinde litteras fieri iuffimus, 
noftri Sigilli appenfione munitas, Datum in noftra 
patriarchali ciuitate auftria ; die XIII, menfis Octo- 
bris; anno natiuitatis dominice MCCC quadragefimo 
tercio; Indiccionéundecima. , —. 

Daß der alte Abſchreiber kein Latein verftand, 
verräth die viel ſchlechtere Schrift — Deutſch ſchrieb 
er zierlich —, und manche Stelle ſeiner Abſchrift iſt 
ganz unverſtändlich, weil er das Original nicht leſen 
konnte. Auf dieſe Lateiniſche Urkunde folgt im Eoder 
eine elende Deutſche Uiberſetzung derſelben, die noch 
dazu manche Stellen des Originals gar nicht enthält. 
Das Capitel von Aquileja beſtätigte die Urkunde des 
Patriarchen. Daſſelbe thaten auch „der Richter, Rath 
und das Volk und die Gemeine der Stadt Aquileja.“ 





neo 464 see | 
Beylage Nro. XLVII: 


Eidesformel fuͤr den Hansgrafen beym Antritt feines Am⸗ 
> ted 2488. Aus dem Seitenſtetter Coder. 


e8 Hanfgrafen aid in oſterreich, Beſcheen durch 
Fafparn Rigel, vnnſerm allergenedigiten Herrn dem 
konig, anno 88 *). | leg Ci 

Se merdet ſchwern, vnnserm allergenedigſten 
Hern dem konig getrew gu ſein, Das hanßgraffambt, 
So em itzt beuolhen wirt, mit allem fein rechten vnd 
frayhaiten hie in der ſtat vnd auf dem lannd getrewlich 
Zu hanndln, Vnd dawider weder kauffleuten, purgern, 
geſten, noch nyemants anndern chains frembden hann⸗ 
dels noch frembde ſtraßen nicht zu uerhelffen, noch die 
zu erlauben; Auch wider recht nyemant zu beſchwern, 
Sunder die gerechttigkait mie von altter iſt Herkomen, 
vnd nit mer von einem yden gu nemen Das Sr auch 
darob ſeyt, Das die geſt, ſopald ſie das lannd oſterreich 
begreuffen mit Irer kauffmonſchatz (lic), Solhe Sn 
kauffmonſchatz nyndert annderſwo nyderlegen noch 
aufpinden von verkauffens wegen, Dann hie zu wienn, 
da die recht nyderlag iſt. Vnd ob Ir ergreifft, die wider 
das Hannfigrafambt (deelt: ſich vergehen) miti wel⸗ 
cherlay war das mer in der Stat oder auf dem lande: 
Das Ir dann ſolchs, Als offt ſich das begibt, anbringt, 
ond alles gut, So ſich alſo verfellet, zu hannden ſeiner 
kon. Mjt., oder wem das zu nemen von ſeiner kon. gnad 
beuolhen iſt; Auch der Stat hie vnd ew ſelbs, wie von 
alter herkomen iſt, volgen laſſet vnd nicht verſweiget, 
vnd In dem allen nicht anſehet weder mit gab, freunt⸗ 





*) unter dem allergnaͤdigſten Herrn, dem Koͤnig, iſt Ma⸗ 
thias Corvinus zu verſtehen, der damahls in der ere 
oberten Stadt Wien reſidirte. 


ne 405. va 


ſchafft, veintſchafft, noch kainerlay annder ſachen, ge 
trewlich vnd ongeuerlich. | 


— —— —— — — —— —û — —— 


Beylage Nro. XLIX. 
Eidesformel fuͤr einen Zimenter beym Antritt ſeines Amtes. 


Da ſie unmittelbar auf die gleich vorhergehende 
Eidesformel des Hansgrafen in dem Seitenſtetter 
Codex folgt, fo gehört auch ſie zum Sabre 1488. 

„Des Zymenter aid in prefencia Regie Maieſtatis 

Gregori Holnbrunner, des Rats der ſtat. 


FR; werdet ſchwern, vnnserm allergenedigiften Bern 
dem konig getrew zu ſein Das Zymentambt Im Land 
Oſterreich rechtlich zu hanndeln, Die Gewicht nach 
Dem Rechten vater (lic) abteyhen, ainem yeden, der 
das begert, zugebn mit dem aufſlahen der zaichen, So 
darauff gehorn. So Ir auch die gewicht ye zu zeiten 
aufheben (vnd) Ellen vnd maß beſehen wellet: Das tut 
mit wiſſen ains Burgermaiſters vnd raths hie, Deß⸗ 
gleichen in anndern ſteten Im lannd. Vnd was Ir 

penuell findet: Die anſagt, als offt ſich das begibt, 
Domit ſeiner fon. genad daran nit entzogen werde, 
Sunder des halben ſein genad vnd anndern, wie von 
alter herkomen, beſcheche. Auch den germitt : (fic) lon 
von den gewichten, fo Sr abteilet, von ainen pden ne: 
met, Bud damider nyemants befiveret, Sunder e8 
damit baldet aud), wie von altter ift herkomen, treulich 
vnd vngeuarlich. Eodem modo hic adhibita eft forma 
confueta,‘/ | 





30 


ca 4066 sa 


Benfage Nro. L. 


Aus zug aus dem Seitenſtetter Codex zur Kenntniß verſchie⸗ 
dener Gewichte. 


rr E; find zu Venedig zwo gros wag, die benffent zu 
latein Statera. Fn der ain wigt mont alle groffe vnd 
ſchwere kauffmonſchatz, als kuppher, Zyn, pley, 
eiſen, ſtahel, veigen, ſchwebffel, ſchmer. Auff der 
andern wigt mon cluge (fic) kauffmonſchatz, als pfef⸗ 
fer, Saffran, Specerei, Rob, Seidn, weinper, 
kuml, Saiffen. 

Es iſt zu venedig Ein ſchlagh wag, Vnd haiſt zu 
latein Wilance. Da wigt man auf (darauf) claine 
kauffmonſchatz, dd mon pei dem phund bingeit, Es 
{en vfeffer, Saffran, Seydn. Man migft aud auff 
Derfelben mag, mas mon pen dem Marckh bingept : 3 
als golt, filber ind perlein. 

Item merci :-M machet 1 meiler. Item hun⸗ 
dert } mat 1 centner. ZHeben Hb macen 1 zehener. 
Zwelff vntz maden 1 W. Stem acht vntz maden 1 
marckh. Item vier quatir machen 1 ong. Item Sagy 
ift cin ſechſtail einer ong. Item XXIII karat machend 
1 Sagn. Sechſ und drepffig karat machen cin quatir. 
Item Sundert ynd XLIII farat machend cin vntz. 
Stem ailffhundert Carat machent ein marckh. 

Item Merckh, das XVII farat wegen 1 fl. Da 
Nidi dich nach, wann cin Gulden zu gering ift. 

Du ſolt auch wiſſen, das zweyerlai karat ſind, 
Die ein karat nach dem gewicht, da ret Ir Hie von 
die ander an dem ſtrich Da Reth er an der goltrait⸗ 
tung von (fic).. 

Sie foltu wiſſen , das II° (zweyhundert) Lx h 
rings gewichts mach 1 Ster veigen. 


amo 407 = 


Sie foltu wiſſen, das XXV H madheni 1 Meder 
Item XL meder machend 1 meiler. 

Stem Negula von meinper mag, gal und mas. Zu 
Wienn find zwo wag. Aine baift preferwag oder ſtang 
wag. Damit wigt mon alle groſſe vnd ſchwere Hab 
vnd kauffmonſchatz, als iſt: kuppfer, Zin, Sayff. 
Die annder wag haiſt Schall wag. Da wigt mon 
auff, was mon mit dem pfund verkaufft, es ſey pfefe 
fer, Saffran, negl, Ingwer. Und wigt mon dar 
auff, mas mon pen der marckh verkaufft, Es ſey fil: 
ber, golt oder perleini 

Item Negula von dem goltt. Item bundert 
macht 1 centner. Stem XXV 4h madit 1 viertl. Item 
1% madt XII ong. Stemj 1 (ein balbes Pfund) 
macht 1 march. Stem II (ot macht 1 vierding. Item 
III quinttat macht 1 lot. Item III A. gewicht madt 
1 quinttat. Stem VI feittn macht 1latth (Sic). Item 
IIj vnd 1 feith macht 10n8. Item dritthalb quinttat 
macht 1 viertl. Item j quintat vnd 1 Helbingewicht 
macht 1 achteil. 

Hie wis, das cin karg macht II° xx wb. 
Item cin Ringer Zenttner zu venedig macht zu 

wienn LIMI 3. 

Stem ein Ning8 1 gu venedig macht gu wienn 
jibj ong. 

Stem ein ſchwerer eentner gu venedig macht zu 
wienn LXXXIII 3 I; fter. 

Stem 1 Swer 36 gu venedig macht zu ivienn III 
ſter 1j auintet. 

Item VII jꝰ (achthalb hundert) ſwers gewicht zu 
venedig macht gu wienn VI jꝰ (ſechs vnd einen 
halben Centner). 

Item VII vntz vnd XVI karat zu venedig ina zu 

wienn ein marckh. 


=" 168 - 


Sfem 1 Ster weinper zu venedig macht gu wienn 
1CXL #.(140 Pfund). 

Stem 1 Ster veigen ju venedig macht gu wienn 
VCXL (540) 4. 

Stem 1 Meiler Del macht zu wienn XI° (1100) B. 

Item 1 ampber mein macht ju wienn X1 emer. 

Item 1 emer ju venedig macht zu wienn II quart, 
cin wenig mer. 

Item 1 frefter vin macht zu tvienn 1 emer ond 
mer. 

Item 10 Schmer zu prag macht zu wienn 10 
II. 

pae: 1 prager mardh macht zu wienn II j ſter 

1 quintet. 

Stem 1 prager Ellen macht gu wienn dre biertel. 

Stem 1 ſchwerer Zenttner ju offn macht gu wienn 
1C XIIj #. 

Stem 1 Centtner zu krackaw macht gu wienn 10 
V B 


Item 1 Stain zu krackaw macht zi wienn XVIIII . 

Item zu Nurmberg, zu Augsburg, Frankfurt vnd 
in andern Steten an dem Rein 10 macht zu 
wienn 1C V B. 


->e>tè>.eoeoeoreoerceoeocescoreoecrosooocceocvoeoorooo 


Beylage Nro. LI. 


Die landesfürſtlichen Städte und Märkte hat: 
ten das Monopolium des Salzes. 


Die Linger ſtreiten mit den Freyſtaͤdtern wegen des Salzes und 
Judenfleiſches. Um 22. Junius 1378. Nus dem Original. 


Wi Alber von gots gnaden Hertzog ze Oeſterr SA 
Embietenynfern getremen.. dem Richter dem Rat ind 


. de 469 e.» 


den Putgern gemainlich ze Lyntz vnser gnad und allez 
gui. Als ir uns geſchriben vnd bei zwain emren mite 
purgern emboten habt, Vmb die gepreften, die ir 
babt von den Freynftetern von des Flainen Saltzes we⸗ 
gen, vnd auch vmb das Judenfleiſch, Da beſchaiden 
sir euch ainen tag fur vns auf den nechſten fand Ja— 
cobstag, alè mir das den Frenftetern auch getan has 
ben, ond emphelchen em ernſtlich, daz ir zwen auz 
ewrem Rat her ſchiket auf denſelben tag, ſo wellen 
wir euch gen einander verhören vnd ſehen, wie wir 
euch um daſſelb Saltz gen den egenanten Freynſtetern 
auzrichten, vnd auch vmb das Judenfleiſch. Geben ze 
Wienn an Eritag vor Johannis bapte. Anno etc. 
LXXVII. 

Es ift mir unbefannt, morin das Sudenfleifdh be: 
ftanden babe. 


Sprivilegium ber Linzer wegen des Magenfalzes. Um 31. 
Auguft 1390. Aus Dem Original. 


Wir Albredt von gotes gnaden Hertzog ze Deft. 
ge Steyr... Bechennen, Daz ir onfern getremn 
Lieben, dem Richter, dem Nat vnd gemaincleichen on: 
fern Purgern ge Ling, durch irr fleiffiger pett, ond 
irs gemainen nug willen, die genad getan haben, daz 
wir in nad) der ordbenung, die Si vnder in felber ge⸗ 
feget, und gemachet babent, gunnet vnd erlaubet ha⸗ 
ben, gunnen vnd erlauben in auch wiſſentleich, daz 
Si das wagenſaltz, {o zu in gefürt wirdt, nad) der 
firfell der Geufer, Da man es ze recht abfegen fol, 
mügen füren vnd abfegen, Alfo daz im ygleichs Haus, 
wann das nach der tzirkell vnd ordenung an es chumpt, 
auf ainen tag nur ain wagenſaltz gefüret, vnd abge— 
ſetzet, werd vnd nicht mer an geuerd. Wir wellen vnd 
mainen auch ernſtleich, daz Si die vorgeſchriben vnſer 


atei 470 an 


genad baben fullen an menieleich irrung, vntz an vite 
fer oder vnſerr erben widerruffen. Mit vrchund dig 
brief8. Geben je Steyr, an Mittichen vor Sand 
Gilgen tag. Nach kriſts gepurt, Dreutzzehen bundert 
Sar, Darnach in dem NMeungigiften Fare. 

Dieſes Privilegium erneuerten wörtlich — „Wir 
Wilhalm vnd Albrecht geuettern . . Geben ze Wienn, 
an Sant Anthonien tag 1396. 


Das Salz, welches von Gmunden auf der Traun herabge—⸗ 
fiipret wird, muß nad Reinthal bey Enns gebradt werden. - * 
Am 19. April 1535. Dai 

Dir Albrecht ind Ott von gotes genaden Herezog 
ge Ofterreidh... verjeben offenleich vnd tun chund mit 
diſem brieff, daz ein chrieg vnd ein froff aufgeſtanden 
was zwiſchen vnſſern burigern von Enns an aim tail, 
vnd zwiſchen Gmundnern vnd andern vertigern am 
Andern tail vmb da; Gmundiſch Salez, daz dd Trawn 
abget, daz di Gmundner ſprachen, daz daz Salez für 
ſich abgen ſolt auf der Tunnaw, vnd nicht gen Enns. 
Vber denſelben chrieg haben wir weſant vnſſer Stet 
von wels, von Steir, von lynez, von der vreinſtat, 
vnd auch von Mathawſſen, daraus die eltiſten vnd 
Die peſſten vnd ander läwt, Herren dinſtman vnd lant⸗ 
läwt, vnd haben vns an den erfaren, vnd habent di 
auch geſait bei irn trewn, daz von alter gwonhait, 
vnd auch ir voruodern gehort haben, daz daſſelb 
Gmundiſchs Salez, daz die Trawn abget, gefürt ſol 
werden zu der Stat ze Enns in daz Reintal, vnd 
ſullen es da wandeln verchauffen oder ablegen in 
die chaſten, ob ſi es verchawffen nicht mochten, vnd 
daraus verwandeln, wie ſew wellent. Wer aber, daz 
ſy daſſelb ſalez zu hant wolten abfürn vnd nicht ablee 
gen noch verchawffen, ſo ſchullen ſi daſſelb Salez 


— 


see /71 --—- 


auf cin andern Podn vberfeczenm, er fei ir oder wes 
er fen, daz mugen fem mol getun, vnd fol fem daran 
mymant irren. Es ſchullen aud di Enffer mit in gute 
leich und vrewntleich leben mit chawffen, vnd mit ver- 
chawffen, vnd aud wandeln, als zeitleich und pilleich 
iſt. Vnd daz diſew ſach furbas Alſo Stet, vnd oneze⸗ 
brochen beleib, geben wir vnſſern Purigern ze Enns 
gu einem offen orchund difen preff weſiglten mit vnſ—⸗ 
ſern Inſigeln Geben ze Enns am Mitichen in der 
Oſterwochen (den 10. April), da nad chriſtes ge 
purde ergangen marn drewezehen bundert Sar vnd 
darnach in dem funff vnd dreifffiften Far. 

H. Albrecht bebt den Zwang, das Salz von Gmunden nach 
Enns zu fupren, wieder auf, entſchaͤdiget aber letztere Stadt 
mit einer Mautbfrenbeit. Um 7. Map 1340. 

Wir Albredht... tun chund offenleid mit difem 
preff vmb di invart mit dem Gmundiſchen ſaleze in 
| Die Enns, darvmb vnfer puriger von gmunden vnd 
auch von Enns froffig gweſen find, daz mir difelben 
invart genezleich abgenomen baben, und nemen fi auch 
ab mit difem preff. Vnd wan vnſern purigern ge Enns 
davon irs geweribes bnd irr aribeit vil abget, fo bar 
ben mir denfelben purigern ze Enns dafür di gnad ge— 
tan gu einer ergecgung Der egenanten invart, daz fi 
vrei ledig varen ſchullen mit mein, mit getraid, mit 
wollein und mit leimem tuch auf dem waſſer auf vnd 
ab zwiſchen Enns nd wienn vor allen mamtten, an zu 
wienn, da fi di mamt ridten ſchullen, vnd zu Ms, 
da ſy it gwondleich recht geben ſchullen, nd auch zu 
Emerſtorff, da ſchullen fi auch mami geben als ander 
vnſer lamt vnd puriger, diemeil onfer liebew Swefter 
vraw Agnes weilent chunigin ge vngern lebt, vnd di 
ſelben mawt zu Emerſtorff inne hat, vnd darnach nicht 
mer. Vnd dafür, diweil ſy diſelben vnſer mawt zu 


ese /72 — 


Emerſtorff gebent onſer egenanten ſweſter zu irn leb⸗ 
tagen, haben mir in ſunderleich di gnad getan, daf fy 
in onfer Stat zu Steir diſelben vrift vnd vnſer Swe⸗ 
fter lebt, chain mawt geben ſchullen von ale dem dle, 
daz fi da durch fulerent, daz in gugeboret. Wer aber, 
daz fi an den vorbenantn mamtten andere läwt gute 
verfürten, und davon nicht mawt gaben, wer des 
vberfarn würd, der wer vns leibs vnd gutz verfallen. 
Was ſi auch oberbalb der Enn8 auf oder ab fiierent,. 
da ſchullen fi von Mawt geben als ander. vnſer [Amt 
vnd puriger pon andern vnſern Steten. Darumb mel: 
Ten wir vnd gepieten ernſtleich, da; in von der mawt 
wegn nyemant chain irrung fu an der vreyung, als 
por geſchriben ift, es wer dann daz wir ſolichen ſchadn 
an vnſern Mawtten nämen, daz wir ſein fürbas nicht 
leidn mochten noch woltten, So wellen wir ond ſchul⸗ 
len doch di vorbenanten vnſer puriger von Enns dere 
ſelbn gnadn mit Andern ſachen ergeczen, daz fi davon 
vnuerdariben pleiben. Des geben wir zu vrchund diſen 
preff weſigelten mit vnſerm Inſigl, der geben iſt zu 
wienn, da man zalt von Chriſti gepurd drewezehen 
hundert Sar darnach in dem virezkiſten Jar des Suna 
tags nach des Heiligen chreuez tag als es funden ward. 

Der H. Rudolph erneuerte dieſes Privilegium 
1363 wörtlich, nur weicht folgende Stelle von der 
Urkunde ſeines Vaters ab: 

„Vnd ſullen ouch die egenanten Purger von Ens 
dieſelben ir Weyn beſtetten, mit ir Ayde, daz die ir 
ſein, vnd nicht ander Leut So beſchaidenlich ſpas 
dieſelben Purger von Ens des Gmundiſchen Saltzes 
fürent, daz ſi damit varen an den Stetten, alz ez 
von alter gewonhait herchomen iſt. Welcher aber bn: 
der in des nicht tet vnd vberuaren wurde, der ſol das 
Saltz gentzlich verlorn haben, an all gnad vnd ſullen 


s seu 73... 

ouch wir denfelben dargu pezzern nach vnſern gagen. 

Vnd des ze Vrchund, geben wir in diſen brief.. 

Wienn, an Eritag in den Phingſt Veyrtagen nei 

23. Many), Nach kriſtes gepurd Dreutzehen hundert 

iar, Darnach in dem drew vnd Sechtzigiſten iare. 

Vnſers alters in dem vier vnd zwaintzigiſten, Vnd 

vnſers Gewaltes in dem fumften Jare. 

F Wir. der. vor. genant, Herzog. Nuodolf. ſterken. 
diſen prief. mit dire. underfohrift. ynfer. ſelbs. 
| bant. | 

Bon diefer Urfunde ift noch das Original vor⸗ 

Banden. 

Auch die Biirger des Marftes Berg im unteren, 

Mublviertel und die Biirger von Mauthaufen batter 

das Recht, cinen beftimmten Bezirk mit Sal zu 
verfebent und die Bewohner deffelben zu notbigen, 
ihnen das Sal abzufaufen. Dagegen traten die Enns 
fer mit Klagen auf und verlangten, daf die Marfte 
Berg und Mautbaufen das: Salz in Enns faufen 
follten, mas zu langivierigem Streite Anlaß gab. 
Im Sabre 1443 fandten die Burger von Berg zwey 
Bevollmadtigte ab, welche mit den Ennfern untere 
bandeln follten— ,,von des Salcz genfaufs vnd ans 
Der geprechen wegen, die vns mider vnſers markchtz 
rechten und freibait widergent.“ — Bende Theile bee 
riefen ſich auf Privilegien, die ſich aber widerſprachen; 
am Ende trugen gewoͤhnlich die Städte den Sieg uber 
die Marftfleden davon. Die vorzüglicheren Urkunden, 
die hieher gehoren, find folgende:; 

H. Albrecht beftatiget ben Ennfern das alte Vorredt, Sala 

ins Machland gu verfupren und dort zu verfaufen. 
Um 9. Man 1395. 
Bir Albrecht... .mechennen, daz wir bnfern ge 
treton lieben, den Burigern vnd Stat ze Enns di gnade 


ose 7 ⸗* 


getan haben vnd tun auch wiſſentleich mit dem brieff, 
daz ſi ir ſaltz mügen in daz Machland füeren vnd da 
verchawffen vnd vertreiben, als daz von alter hercho⸗ 
men iſt, vnd ſuſt nyemand ander. Darumb gepieten 
mir veſtichleich allen vnſern Hawbtläwten herrn Rit⸗ 
tern vnd chnechten, Phlegern, Puregraffen Richtern 
vnd allen andern vnſern Amptläwten vnd vondertanen, 
den der brieff gezaigt wirt, daz ſy di egenantn vnſer pu⸗ 
riger vnd Stat dapei laſſen weleiben an alle irrung 
vnd hindernuſſ, vnd dawider nicht entun noch geſtatten 
ze tun in dhainer weiſſ, das iſt gancgleid) vnſer man: 
nung. Geben zu Lyntz am Suntag vor fand Pangracii 
tag nad Chriſtes gepurde drewezehen bundert Jar 
vnd darnacd in Dem fumff vnd Nemnfiften Gar. 


$. Wilhelm erlaubt den Buͤrgern von Mautbaufen , Salz 
in Gmunden zu faufen, und damit auf dem Lande Handel 
gu treiben. Um 22. Mari 1406. Nus dem Original. 


Bir Wilbalm von gottes Gnadn Herczog ze Dee 
ſterreich ... bekennen, daz tir vnſern getrewn . dert 
burgern ze Methauſen (fic) erlaubet habn das. Sp 
alles Salcz, daz Spy von vnſerm Ambtman ge Gmun⸗ 
den Nement vnd kauffend vertun vnd verchauffen mü⸗ 
gen, auf dem Lande wo Sn das aller fugleichiſt iſt. 
Doch vnez an Vns (das iſt: Bis zu Unſerem Widder⸗ 
ruf). Dauon gebieten wir vnſern getrewn lieben allen 
vnſern Ambtleutten, Vndertanen vnd getrewn den der 
brief wirdt geczaigt, vnd wellen ernſtleichen, daz Sy 
In dawider kain Inuel noch Irrung tun, noch yemand 
anderm geſtatten ze tun in dhainen weg. Wan wir das 
ernſtleichen mainen. Mit Vrchund ditzs brieues. Ge⸗ 
ben ze Wienn an Mentag (lic) nach dem Suntag So 
man finget Cetare ze Mitternaften. Unno domini 20. 
«CCCC Sexto. 


nuo 475 S% 


Dieſes Privilegiums bedienten ſich die Mauthau⸗ 
ſer bis zum Jahre 1459; aber dann widerſetzten ſich 
ihnen die Bürger von Enns, welche vorgaben, daß 

auch ſie Privilegien beſäßen, die ihnen den ausſchließ— 
lichen Handel mit Salz zuſprächen. Da beyde Theile 
ſich auf wirkliche Privilegien beriefen, ſo ſchien es den 
Mauthauſern räthlich, den Beweis zu führen, daß ſie 
ſeit langer Zeit das Vorrecht, in Machland mit Salz 
gu handeln, wirklich ausgeübt haben. Sie wendeten 
ſich deshalb an die Magiſtrate der Märkte Berg, 
Pregarten, Zell und Schwertberg mit dem Geſuch, 
ihnen Zeugniſſe auszuſtellen, was ihnen von dem 
Salzhandel der Mauthauſer bekannt wäre. Ihre 
Bitte wurde erfüllet. Das Zeugniß des Marktes 
Berg lautete ſo: 
Ich Berthold Klaindienſt, Richter zu Perg, und 
Wir, der Rath und die ganz Gmain daſelbſt, bekennen 
mit dem Brief, daß uns die Ehrbaren und Weiſen: 
Richter, Rath und Gmain des Markts Mauthauſen 
durch Andre den Sailer und Kainrad Pachanders ge— 
bethen haben, ihnen unſer Kundſchaft zu geben von 
wegen des Salzes. Sprechen wir obgenannt Richter, 
Rath und Gmain, daß uns kund und wiſſentlich iſt, 
daß ſie das Salz von den zu Gmunden, auch von an⸗ 
dern, die das Salz von unſers gnädigſten Herrn und 
Landsfürſten Statt der Hallſtatt führent, gekauft fra: 
bent, und habent das von Alter alſo hergebracht. Daß 
dem alſo ſey, ſprechen Wir obgenannt Richter, Rath 
und Gmain bey unſern Treuen und Wahrheiten, als 
wir das zu Recht ſollten. Des zu Urkund geben wir 
dem vermeldten Richter, Rath und Gmain des 
Markts zu Mauthauſen unfer offene Kundſchaft, de 
ſiegelt und bewahrt mit unſers obgenannten Richters 
aufgedrucktem Inſiegel, doch ihm und uns ohn Scha⸗ 


den. Geber zu Perg am St Georgen Tag Des h. 
Martyrers. Im neun und fünfzigſten Jahr. 


Zeugniß des Marktes Pregarten. 


Wir, die Geſchwornen des Raths und Burger zu 
Pregarten, bekennen, daß file uns kommen ſeynd die, 
ehrbaren: Andre Sailler und Georg Hauchlhamber, 
Burger zu Mauthauſen, und brachten uns für anftatt 
des Richters und Raths und der ganzen Gmain des 
Markts zu Mauthauſen, wie fie, die von Mauthaus 
fen, mit den von Enns von wegen des Sal; in Irrung 
fiunden alfo, daß die von Enns mainten, daß die von 
Mautbaufen ihr Sal in dem Machland, noch aud 
Riedmarch nicht verfaufen follten; und bathen uns 
darauf mit Jleif, ihnen zu ſagen, was mir des bey 
unfern Zeiten gedächtig wären, und daf wir das Salz 
in dem Marft bier vonibnen fauft bietten, und ihnen 
das in unfer Kundſchaft zu geben. Alſo ſprechen wir 
bey unſern Treuen an Ayds ſtatt, als wir das vor 
Recht thun ſollten, daß die von Mauthauſen ihr Salz 
bey unſrer Gedächtnuß allweg und je bisher, ſo oft ſie 
des verluſtet hat, her in den Markt geführt haben ohn 
alle Irrung. Und daß dem alſo ſey, geben wir ihnen 
dieſe offne unſre Kundſchaft, beſiegelt mit der ehrbaren 
weiſen, Gleichenpeckh, Petern Schneider, und Petern 
des Thraunſchueſter, aller dreyer aufgedruckten Pett⸗ 
ſchaft, das wir auf unſer Aller Rath auf die Kundſchaft 
gedruckt haben; doch uns Allen, unſern Erben und 
Nachkommen ohn Schaden. Geben zu Pregarten am 
Pfingſtag vor St. Georgen Tag (am 26. April), 
Anno etc. Quinquagefimo nono. 

Die Zeugniffe von Zell und Schwertberg fagen 
aus, daß die Dortigen Bürger ibr Salz entmeder in 
Mautbaufen, oder auch in ibren eigenen Häuſern ge- 


Pda 


kauft haben. Im letztern Falle baben ihnen die Maut⸗ 
hauſer das Salz ſelbſt zugeführt und feil gebothen. 
Deſſen ungeachtet erfolgte ein den Ennſern gün⸗ 
ſtiges kaiſerliches Endurtheil. 


K. Friedrich legt den Streit zwiſchen der Stadt Enns und 
dem Markte Mauthauſen wegen des Salzhandels im 
Machland bey. Am 15. November 1464. 


Wir Fridreich.. Befennen, als zwiſchen vnſern 
getrewn lieben N. dem Richter Nat vnd vnſern Bur—⸗ 
gern gemainelich zu Enns ains, ond vnſers Richter 
vnd Burgern gemainelich zu Methawſen (fic) des anne 
dern tails von kauffung vnd vertreibung wegen des 
Gmundiſchen Saltz in das Machlannd, ſo bed tail 
mainen ſich gefreit ze ſein von vnſern voruodern für⸗ 
ſten von Oeſterreich, auch von des Saltzkaſtens, fo 
dieſelben von Enns mainen daſelbs zu Methauſen zu 
vertreibung der Saltz auch von gerechtikait wegen ze 
haben, Zwitrecht vnd Irrung (entſtanden), Darumb 
Sy durch vnſer Rett nach vnſerm beuelhen gehört 
worden ſein. Wann aber wir ſolh Irrung vnſerr vn⸗ 
dertanen nicht gern ſehen vnd albeg lieber wolten, das 
Sy ſich miteinander nerten vnd in aufnemen khemen. 
Vnd haben darumb dieſelben vnſer Ret auf ſolh vnſer 
beuelhen, auch mit beder obgenanter tail potſchafft, ſo 
deſhalben für vns geſanndt warn, wiſſen vnd willen, 
zu mittler zwiſchen Gn fürgenomen geordent vnd ge⸗ 
ſprochen, Das nu hinfür die obgenannten vnſer Rich⸗ 
ter vnd Burger zu Methauſen alles Saltz, ſo ſy in 
das Machlannd vnd in die Riedmarch fürn wellen, von 
den benannten Richter, Rat, vnd Burgern von Enns, 
vnd nyemands andern kauffen, vnd dieſelben von Enns 
ſullen In ain yedes phunt kuffl deſſelben Saltz vmb 
zwen vnd dreiſſig pfenning ringer vnd nechner (fic) 


cose /7) ca 


geben, dattn Sp das andern in das Machlaund ond 
Riedmard gemainelich verfauffen, vnd diefelben von 
Metbaufen damit banndln laffen, immaffen Sp vor 
tan und herpracht haben. Dann des obberirten Saltz⸗ 
Faftens balben fullen Sp es nu hinfür bederfeit halten, 
Inmaſſen vnd Sp biſher getan haben und von alter ift 
berfomen, vnd ain fail den andern dawider nicht irren, 
dringen noch beſwern in dhain weis. Mit vrkund deſ 
briefs, der wir peder obberürten tail ain in gleicher 
lautt ze geben geſchaffen haben. Geben zu der Newn⸗ 
ſtat an Phineztag nach ſannd Mertten tag Nach Criſti 
geburde im Viertzehen hundert vnd vier ond ſechtzigi⸗ 
ſten Vnſers kaiſertumbs im Dreytzehenden, Vnfere 
Reich des Römiſchen im fünf vnd tzwaintzigiſten vnd 
des Hungriſchen im Sechſten Jaren 

Die Mauthauſer mußten dießmahl der Gewalt 
weichen; aber unter K. Friedrichs Nachfolgern fine 
gen ſie wieder an, mit Salz zu handeln, und beriefen 
ſich auf das Privilegium H. Wilhelms und die Be⸗ 
ſtätigungen ſpäterer Fürſten. Die Ennſer, aufgebracht 
über die Verletzung ihres Monopoliums, ließen den 
Mauthauſern alles Salz wegnehmen und behaupte⸗ 
ten, der Salzhandel in Machland gebühre nur ihnen 
allein. Es entſpann ſich ein Proceß, der von 1078 bis 
1680 dauerte. Endlich erfolgte das Endurtheil des 
Landeshauptmanns, Helmhard Chriſtoph Grafen von 
Weißenwolf, welches den Ennſern verboth, den Salz⸗ 
handel der Mauthauſer zu irren, weil dieſe cin Privi⸗ 
legium haben, und ſich im ruhigen Beſitz dieſes Sane 
dels befinden. 

Zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts wurde 
zwiſchen Oeſterreich und Salzburg ein Vertrag errich— 
tet, in welchem dem Halleiner und Schellenberger 
Salze die freye Ein- und Durchfuhr auf der Donau 


F 


nese 479: men 


iiber Linz dis Korneuburg auf dem linfen Donaunfer 
gugeftanden wurde ; auf der Südſeite der Donau folle 
te nur Deſte treich ſhes Salz verkauft werden. Im 
fünfzehnten Jahrhundert war ſchon ein Verboth der 
Einfuhr ausländiſchen Salzes vorhanden, —* K. 
Friedrich erneuerte. 


Schreiben K. Friedrichs an den Lanbespangimci in Ober⸗ 
oͤſterreich, Herrn Gotthard von Starbemberg, riber die Eine 
fubr Des fremben verbothenen Salzes zu wachen. Am 27. 
April 1487. Aus dem Original, 


Friderich... Gieber getrewr. Wir werden bericht, 
wie Das frombd vnd verbotten Sal in vnſerm Fuͤr⸗ 
ſtentumb Defterreid ob der Enns vafft gefiirt, und 
darin verfaufft wird, Das uns, nachdem vnſer Gmune 
diſch Salk dadurd nicht verfiirt mag werden, und 
mir an vnnſerm Camergut abganng haben, nicht gee 
uellt. Wann aber vormals annder vnser Haubtlewt 
pb der Enns von Ambts wegen ſolhs gemertt und vn⸗ 
derkömen haben, Begern wir an dich mit vleis, emphel⸗ 
hen dir auch ernuſtlich, daz du daſſelb frömbd Saltz in 
das bemellt vnser Lannd ze fürn von vnnſern wegen 
verbietteſt, Wo du aber, oder vnnser Ambtlewt zu 
Gmunden das darüber darin ankömen werden, das 
trennkheſt, die Ros, ſo das tragen, zu dein Hannden 
nemeſt, vnd die Semer, die das fürn, zu vnnſern 
Hanndn in vennkhnuss nemeſt vnd daraus on vnser 
ſonnder geſcheft vnd beuelhen nicht ledig laſſeſt, vnd 
dich hierin gutwillig vnd vleiſſig beweiſeſt, damit vnser 
Gmundiſch Saltz ſein auſganng deſtbas gehaben müg, 
vnd wir an vnnſerm Camergut nicht weitter abgang 
gewynnen, Als wir vns des zu dir genntzlich verſehen. 
Daran tuſt du vns gut geuallen vnd vnnſer ernſtlich 
maynung. Geben zu Nurmberg an Freytag nach 


ss /00 * 


Sannd Sorgeh fag Anno domini rc. LAXXVII, vnn⸗ 
fers Faifertumbs im ſechs vnd dreiffigften Fare, | 
Gin zweytes kaiſerliches Schreiben an Gotthard von Star: 

bemberg. Am 7. Gunius 1488. Aus dem Original. 

RFriderich ... Lieber getreme. Wir baben vnnfern 
getrewn Cafparn Perfbaimer zu Wolffegf, vnd Hann⸗ 
fen Oberbaimer zu Valkhenſtain, vnnſern Phplegern, 
merinalen geſchriben vnd beuolhen, das frömbd Salk 
in vnnſer Fürſtentumb Oeſterreich ob der Enns durch 
vnſer herrſcheft Irer verweſung nicht fürn ze laſſen 
nach lautt vnnſer brief darumb auſgangen. Lanngt vns 
an, wie daſſelb Saltz darüber dadurch bracht vnd 
gefürt werde, das vns, nachdem ſolhs an ausführung 
onſers Gmundiſchen Salltz merkhlich verhynderung 
bringet, vnd wir dadurch an vnſerm kamergut abganng 
haben, nicht geuellt. Vnd emphelhen dir ernſtlich vnd 
wellen, daz du bey den bemellten Perkhaimer vnd 
Oberhaimer, auch an andern Orten, ſo du von vnſern 
Ambtlewten daſelbs zu Gmunden bericht wirdeſt, von 
vnſern wegen darob ſeiſt vnd beſtelleſt, daz Sp das des 
rürtt frömbd Salltz wern, vnd Das durch vnser Herr⸗ 
ſcheft Srer verweſung nicht mer fürn laſſen, vnd darin 
nicht anders tun, damit wir nicht geurſacht werden, 
dieſelben vnser Geſlöſſer mit andern Phlegern, die 
ſolhen vnſern geſchefftn gehorſamblich nachgeen, zu 
beſetzen, vnd wir an vnſerm kamergut nicht weitter ab⸗ 
ganng gewynnen ond darinn nicht ſewmig ſeiſt. Daran 
tuſt du vns gut geualln vnd vnser ernſtliche maynung. 
Geben im velld ben Genntt an Sambſtag nad Gotſ⸗ 
leichnamstag Anno Domini 20, LXXXVIII. Vnnſers 
kaifertumbs im ſiben vnd dreiſſigiſten Jare. “ 

Als Gotthard von Starhemberg dieſen Befehlen 
gu Folge die Bayeriſchen Salzhändler in Oberöſter— 
reich auffangen ließ, beklagte ſich der Hertzog von 


nea 481 ra 


Bayern hierüber, und der Kaiſer erließ an erſteren 
folgendes Schreiben: 

„Friderich . + Lieber getrewr. Vns hat der 
Hochgeborn Georg Pfalegraue ben Rein, und Gere 
goge in Baprn, vnser Lieber Oheim, Nate vnd 
Fuͤrſt anbracht, mie du fein Lewtn, fo mit Saltz 
von Scherding aus arbaittn, an demſelben Irm 
Hanndl, den Sy von altter her geobt haben Ir⸗ 
rung tuſt, ettlich aus In zunagſt gefanngen, J Ir Ros 
vnd Saltz genomen, vnd In auf gelübd, daz Sy 
füran khain Saltz daſelbs zu Scherding mer aufladen, 
ſonnder ob Sy das fürn, daz Sy das allain zu 
Paſſaw, zu Hofkirchen, oder zu Haßlach heben wel⸗ 
len, widergeben habſt, des er ſich, nachdem ſein Lewt 
ſolhen Hanndl mit Saltz ye vnd albeg gehabt, vnd 
die Straſſen auf das Behemiſch vnd Merheriſch ges 
braucht haben, beſwert bedunkht, vnd vns diemut⸗ 
tielich gebetten, die ſein dabey gnedielich beleiben zu 
laſſen. Empfelhen wir dir ernſtlich vnd wellen, daz 
du des benannten vnſers Lieben Oheim Lewt daſelbs 
von Scherding mit Saltz, wie Sy das vormals ze 
tun gehabt haben, hanndeln, Sy deshalben ben al: 
tem herkomen beleiben laſſeſt und dawider nicht drin- 
geſt, noch In daran ainicherlay Irrung tuſt. Wer 
aber icht annders darhinder vns in geſchrifft aigent⸗ 
lich berichteſt, damit wir vns darnach gen demſelben 
vnſerm Oheim wiſſen ze halten. Daran tuſt du vns 
gut geuallen, vnd vnſer ernſtlich maynung. Geben 
zu Trientt an Sambſtag nach Gotzleichnambs tag 
(den 20. Junius) Anno Domini ete. LXXXVIII. 

Von dem Salzhandel, der von Linz aus nach 
dem Mühlviertel, und über Freyſtadt nach Böhmen 
getrieben wurde, geſchieht in der Beylage Nro, IX. 
weitläufig Ermabnung. 

31 


nec 482 eo 


Die fpateren Verordnungen über de Salzbart: 
del J— man bey son Tp.H. S.2600, u. fi | 


'-eeeoeeorvroocoecceg>ocrcrcoeorrogseoeroeoororovooercoroo 


Beylage Nro. LII. 


H. Albrecht erflaubt den Ennfern Stalienifhe Weine einzu⸗ 
fubren. Am 29. November 1368. Aus ‘dem. Original. 


Wi Albrecht son gotes gnaden Hertzog ze Des 
ſterreich. . Tun chunt, Daz Wir Vnſern getremn. . 
den Purgern ze Ens die gnad getan haben, vnd tun 
ouch, Daz ſi durch die egenanten vnſere Land, vnd 
vber die Zeyrich gefüren mügen Welhiſchen Weyn, 
von dem Tag, alz der brief geben iſt, vntz an vnser 
widerruffen, Doch alfo, daz vns von denſelben Wey⸗ 
nen vnser Mautt geualle, alz ſitlich vnd gewönlich 
iſt, an vnſern Mautſtetten, vnd daz ouch dieſelben 
Purger von Ens die rechten vnd gewönlichen Strazze 
damit varen, daz vns vnſer Mautt dauon nicht ver 
fürt werde, Darumb gebieten wir vnſern getrewn 
lieben, Allen Lantherren, Rittern, vnd knechten, 
Purggrafen, Richtern, Mauttern, vnd allen andern 
vnſern Amptleuten vnd vndertanen, den diser brief 
getzaigt wirt, vnd wellen ernſtlich, Daz ſi die vor— 
genanten vnser Purger von Ens die egenanten We— 
liſchen Wein Alſo füren lazzen durch die obgenan— 
ten vnſere Land, vnd vber die Zeyrikch, vnd in an 
der vorgenanten vnſer gnad chain irrung noch be⸗ 
ſwerung tun in dhain weiſe, Alle dieweil wir die 
nicht widerrufft haben. Mit vrchund dig briefs. Gee 
ben ze Ens an fand Andres abent des zwelfbotten. 


* 48 3. 


Anno domini Millefimo. Trecentefimo, Sexage- 
fimo octauo. | 


i 
——— 


Beylage Nro. LIII. 


Zollabgaben von verſchiedenen Waaren, die 

aus Oeſterreich nach Venedig, oder von dorther 
nach Oeſterreich gebracht wurden. Ohne Jah— 

resanugabe. Aus dem Seitenſtetter Codex. 


Hie vermerckt die maut zu Sand Veyt. 


tem Ein (Wagen oder Kaufmann) gen Venedig 
gibt von einem eennttner Leinens oder queckſilber 
Oder wachs oder garn oder Zwilich oder plahen 
oder vedern oder ſmer oder Bnflitt oder vel oder 
Irich *) ju Maut XXIII d., vnd bat im zap: 
pfen IX d. 

Stem von aim fuppffer vas zw maut LXXIX, und 
bat Im zappffn XXIII A. 

Item von aim mailer Zynn LXXIX d., und hat 
Im zappffn XXIII d. 

Stem. cin Hundert Leinein8 gib ge maut III 9, ’ 
vnd bat diefelben INI Im 3zappffen. 

Item von ainem Teglvaß XII N., vnd bat nichts 
Im zapphen. 

Item von ainem Tegelſaum II Helbing. 

Item von ainem centner pley INI N. Item von 
ainem centner ſpeck INI A. auf genad. 

Stem auf grabe (graue) tud vnd weyſſe, gib (für) 
ain * I R., sud bat nichts Im zappffen. 





*) rid, cin weiches Fell oder Leder. Iricher, ein Weißgaͤrber. 
31 


224 484 ue 


Item ain Sant ſwert VIA. 
Stem ain Sam prennt (Gc) III À, 


Stem Heraus von venedighi > | 


Stem cin pefoblagner centner gent Ju maut XLIII &, 


— 


drey vnbeſchlagn centner geben XLIMI R 

cin Sam (fic) weinper gept LVIIL A... 

cin Saum Sayffprantz gent ein j % dh 
(bas ift ein halbes Pfund). 

eim meiler dI LXXX .d. — cit Saum veigen 
LÀ. — ein mepler si LXVI Dr 

ein Amph mein ILL ß VI-.2, — cin Saum 
wein XX A. auf genad. 

cin vas Terrant —* d. — cin Saum et 
tant ILA: 

von einem Cotpoln XII 9. von einer gia 
truben IX dr. 

von aim Centner poxhörnl md 

was die wag nicht getragen mag * ein 
ecentner beſchlagner Hab XXXII d., oder 


drey vnbeſchlagen als uil. Aber vmb das 


Zappfgelt wert (werdet) ſelber vberain, Da | 
mit meinen Hern und den Fauffleuten recht 
geſchech.“ — Das hier ermabnte Zapfengeld 
kann vielleicht ein Zollbeamter erklären, der 
mit den alten Satzungen bekannt iſt! 


Item das Sind der purger recht von Wienn an der 


gen Newdorff vnd zu Salhennaw. 


Was ein Burger auf einem beſchlagen — 


Hineinwertz aus dem Lannde vber den pergh gen ve: 
nedig furt, Es ſey Zynn, kuppfer, pley, Huttrauh, 
Hewt oder Leineins, Lampvel oder vedern, Spece⸗ 
rey, ſchmer, vufilit, gewant geverbtß oder vnge⸗ 


222 485 n. 


uerbts, Hawſen, Hering, viſch, Salk oder ander 
kauffmonſchatz, wie die genant iſt, von ydem wagen 
IR. vnd nicht mer. Item was er auf einem Nos 
furt IL N. Item was er tregt TA. Item was ein 
purger ein gantze wochen (fic) kauffmonſchatz auff ma- 
gen von Venedig furt, da geyt er von (davon) 1 46 
pfeffer und nicht mer. Stem von ainem Fracbffenmagen 
mit glas VI M.ond XXIII d. (fic). Item von ainen 
korb mit glas VI <A. Item von maltglas was einer 
tregt HA. 

Item es follen aud) Ledrer, Furfner, ſchueſter oder 
annder Hanntwerckher, die auff den marckht bin dife 
balb des pergs varn, Der fol iglicher all diedren bot: 
geit *) zwen phening, oder miteinander VI. (geben) 
So ift er das gang Gar fren. Stem was ein purger 
alts gemant tregt, will ers verkauffn; der geb 1 4. 
Stem von dem newen wullein gemandt von dem pufin 
(wahrſcheinlich Puſchen) 1 4. Item was ein purger 
kurſngewant auf ain imagen auf ein Sarmarft furt oder 
in einer kiſtn IIN. Item von taufent pillichmeuſein IIII 
A Item mas Ein purger eſſunds ding bedarff in fein 
Haus, oder von aſſach (fic) preßpoting, Grautſchaff, 
magen Reder, Vaß, Naiff oder mie das Hawsgereth 
genand ift, dauon geit er nichts, Er chauff dann wein, 
Da geb (er) vom fuder VID. Item von feimen par: 
mein geit er nichts. 

Gem alle die, dy in des Gergogen lannden gefeffett 
find zu Oſterreich, gu Steyr, gu kernnden, vnd die ſein 





*) Die drey Hochzeiten find Oſtern, Pfingſten und Weih⸗— 
nachten. Die Geſchenke oder Abgaben, die man zu 
dieſen Feſten bringen mußte, hießen Weiſat oder Vis 
ſode. Spieß, Aufklaͤrungen in der Geſchichte und Di: 
plomatik. S. 37. 


‘n 486 e» 


purger fein, Der gent heraus von Venedig von aim 
Saum, er fey beſchlagen oder vnbeſchlagen, Ein gaft 
XXIII di. Item won einen Saum öls UII A. Furt er 
Weliſchen mein heraus, fo geb er von einer Tafernig 
XXIII dA. Furt er Del oder Saiffn heraus in vaffen, 
fo geb er bon iglichem vas XII A. Furt ers in lagelen, 
fo geb er von dem Sam III 9. Furt ainer ainuarbs 
gemant vber den perg herüberwerts, der geit vom Sam. 
XXIII A. Item hineinwerts fo gent cin gaft von einem 
Fuppffermagen XII W. von einem Zynwagen XII dr. 
von einem wagen mit Huttrich (Gc) XII da. bon einem 
graben tuch IT W. von aim ganfen wagen mit viſch 
XXIIII M. son einem gangen Hawſen III A. von ain 
Drum viſch XI A, von ainer wann viſch XII A. von 
aim Sumper vifd VI R. von gin centner dürr vifh 
TIII A. pon ainer Thun Hering U Md. Stem mas ein 
erber mon von effunden ding ju feinen hawßbedarff, 
Des er micht empern mag, es ſey mein, dl, vengn, 
viſch, Hering 20. 20., Röckh Tuch oder mantltud 20.20. 
(fic) Zimmerholg, prennwid, kalckh, maurftain, zigl 
oder annderlay, wie das genant ift, das er gu wienn 
Faufft an geuarde, da geit er nichts von. 

Nota. (Ein Raucher Samat zu venedig bat zu 
wien XX ellen lang vnd III; quart prait. Hie foltu wife 
fen, Das alle fammat von lautern fenden follen ſein. 
Aud mis, das Zweyerlay fammat find: Samat von 
venedig (vnd) Sammat von Rewſſen oder von Gaiden 
land; diefelben find kurtzer. | 

Stem ein prantter Waldackin bat zu tvienn IIII 
ellen langf und VII quart prait. Vnd als Lang vnd als 
prait Habend Zugatoni, famada, Eorofyn, Spintel, 
purpur, Maromat. Item Taffata vnd Sarafimat 
Sind XIII ellen langf vnd III; viertl praitt. Die wis, 
das mon (fc) das obgenant gemand vindet guideins, 


ara 497 sue 


filbereins vnd ſeidens, vnd von balben feiden vindet 
mon es auch. Item es fol fenn von zweyen feden didfb. 
Item gefoten Zenndelond rab fanndalin find XVI ellen 
langkh vnd III; viertl prait. Stem lang Hendel Spndal 
haben XXIII ellen an der leng. Item zenndl vorftat 
oder frippol baben chain gemife mas, Sp fein aber Ij 
quart broat (Sic). Hie wiſs, das mon file manigerlay 
vindet: Halbe vnd gang gefbledt, gemerbelt, Sime 
plig vnd duplig, Das ift, aing Vadens vnd Zwayer 
veden. Stem von gangen feiden oder von Halben ſei⸗ 
den. Stem alle pardjant, Naube vnd ploffe, vordre vnd 
metle (Sic) vnd Ringe von mailand, von Turan (Tu 
rin), von montam (Mantua), geuerbte, geſchmirte 
RNambeis (oder Bambeis) tud lofd (fc), die haben 
Zw Venedig XXV pretſchen langf, vnd gu wienn XX 
ellen lanckh oder mer. Stem ſcheter haben 3u wienn VII 
ellen land oder mer. Item Engliſch Sait babn zu 
mienn XXXVI ellen land. Item Romiſche pewtl tuch 
baben zu wienn IX ellen Lang. Item pewtl tud) von fara 
ment (dieſes Wort ift zweydeutig zu lefen) babend 
cain gewife maſs. Stem zu venedig ain pretſchen macht 
zw wienn IIIj viertl. — 











DOrudfebler. 

Seite: Beile: = ftatt: > Ties: 

30 30 Quarient, Guarient, | 
suine agio TRN iso + Wal 
andro i 38 — —— 

77 26 Sn Sahren Sn den Jahren 
136 22 Beute Leute 

108.1... 4 Der . Den 

204 36 un i cioe i 
221 21 Pfandung des  Pfandung, des 
288 12 ibren ihre I 
295 9 gegeben geben 

327 36 remanat. remaneat. 

353 31 ben bober 











52 


i! 


db 
CGinfleitnuna. 
Seite 
Oelerreichs fruͤheſter Handel und aͤlteſte Handelsgeſetze 1 
Allgemeine Hinderniſſe des Handels, vorzüglich 
aber für fremde Kaufleute. 
Erſter Abſchnitt. Bollerpreffungent . +. . 18 
Zweyter Abfhnitt. GStrafengwang. . . . 31 
Dritter Abſchnitt. GStapelredte und Verboth 
eines Cangeren Aufentbaltes fur fremde Kaufleute. 
Diefe duͤrfen auch nur mit den Buͤrgern in den 
GStidten Handel treiben . . . +. +. +. i 59 
— Sinderniffe Des Handels fur die einheimiſchen 
Kaufleute in Innern des Landes. 
Vierter Abſchnitt. Ausſchließendes Handels: 
befugnif der Vilrger . . +... +. + 80 
Fünfter Abſchnitt. Meilenrehte +... . 96 
Sechſter Abſchnitt. Einſchraͤnkungen der Kauf-⸗ 
leute in Ruͤckſicht der Kraͤne.. 4102 
Siebenter Abſchnitt. Einſchraͤnkungen der buͤr— 
gerlichen Handwerker in Ruͤckſicht des Handel . 110 
Achter Abſchnitt. Unſicherheit der Perfo: 
nen und des Eigenthums +. +. +. 129 


Seite 
Neunter Abfbnitt. Strandredt oder Grund: 


quor (I . . . . . è. . . . » . . +°153 


Zebnter Abſch nitt. Pfaͤndungsrecht oder Nes 
preffalien O E OR e i CI SI DS e ot 166 


Cilfter Abſchnitt. Einſchraͤnkung des Han: 
Pelo mad Pentbig 0. 6 6 


Beforderungen des Handels. 
Zwölfter Abſchnitt. Jahr- und Wochen⸗ 
BROAD RR EAT 


Dreyzehnter Abfdhnitt. GStaatsvertrige mit 
Auswaͤrtigen zur Befirderung des Handel$ . . 222 


Sandelspolizen. 


Vierzebnter Abſchnitt. Obrigfeitlide Perfo: 
nen: Die Genannien, der Hansgraf und die Lei: 
" Vie eta DE 
Fünfzehnter Abfdnitt. Maf und Gewicht. 266 


Sechzehnter Abſchnitt. Merfmardigere Poli: 
gepverordnungen uber den Handel ., +... + . 279 


Verzeichniß der vorzüglicheren Waaren, mit 
welchen in Oeſterreich gehandelt wurde. 


Siebzehnter Abſchnitt. Ausfuhr inlaͤndiſcher 
Producte. lai . — . é . . 4 . . . v 314 


Ach tzehnter Abſchnitt. Einfuhr fremder Wa- 
ia init de a i A 


* 





ö ———x 


Gedrüuckt bey Joſ. Feichtinger, fel., Witwe. 


a, 
— — — ⸗ — — —— — — — —— — — — —— 


32* 


—— 
DI 


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Kurz, Franz 
Qesterreichs Handel in 
alteren Zeiten.